Moscheebaukonflikte in Österreich: Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter 9783737001533, 9783847101536, 9783847001539

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter
 9783737001533, 9783847101536, 9783847001539

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Wiener Forum für Theologie und Religionswissenschaft

Band 7

Herausgegeben im Auftrag der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien von Karl Baier und Christian Danz

Die Bände des Wiener Forums für Theologie und Religionswissenschaft sind peer-reviewed.

Ernst Fürlinger

Moscheebaukonflikte in Österreich Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter

Mit zahlreichen Abbildungen

V& R unipress Vienna University Press

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0153-6 ISBN 978-3-8470-0153-9 (E-Book) Veröffentlichungen der Vienna University Press erscheinen im Verlag V& R unipress GmbH. Forschungsprojekt gefördert durch den FWF (2009 – 2012); Publikation gefördert durch die Abt. Wissenschaft und Forschung der NÖ Landesregierung. Ó 2013, V& R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Titelbild: Modell des ursprünglich eingereichten Moscheebaus Bad Vöslau (2007). Mit freundlicher Genehmigung kosaplan+partner gmbh, Leobersdorf Druck und Bindung: CPI Buch Bücher.de GmbH, Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

»Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.« Vereinte Nationen, Generalversammlung vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 A (III), Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1.

Inhalt

I.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkt der Arbeit . . . . . . . . . . . 2. Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Forschungsfragen und -probleme . . . . . . . 4. Forschungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . 5. Verortung innerhalb der Religionswissenschaft 6. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . .

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II.

Historisch-politischer Kontext: Globale Migration, Islam und Rechtsradikalismus in Westeuropa seit 1945 . . . . . . . . . . 1. Globale Migration nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Religiöse Pluralisierung und neue muslimische Präsenz in Westeuropa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vom Migranten zum Muslim: Der Islam als »Feind des Westens« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Politisierung des Immigrations- und Islamthemas: Der Islamdiskurs rechtsradikaler Parteien in Westeuropa . . . . 4.1 Front National . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Vlaams Blok . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Freiheitliche Partei Österreichs . . . . . . . . . . . . . 4.4 Schweizerische Volkspartei . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Die Schweizer Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Reflexion von Grundbegriffen: Moschee und Minarett . . . 1. Die umkämpfte Bedeutung des Minaretts . . . . . . . . . 1.1 Die historische Entwicklung des Minaretts . . . . . 1.2 Das Symbol Minarett und Identitätspolitik . . . . . 2. Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

2.1 Die Einrichtung von Moscheen als Teil der Institutionalisierung des Islam . . . . . . . . . . . . 2.2 Moscheen als multifunktionelle Zentren . . . . . . . 2.3 Moschee, Religion und Sozialkapital . . . . . . . . . 2.4 Die gewandelte Identität der Moschee im Generationenverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Moscheeräume aus der Perspektive der »Materialen Religion« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Die Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich: 1960er Jahre bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Anfänge der Institutionalisierung des Islam in Österreich . 2. Phasen der Entwicklung muslimischer Räume und Bauten in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Nutzung temporärer Räume für die islamischen Hauptfeste (b) Einrichtung der ersten Gebetsräume in den 1970er Jahren . (c) Kauf eigener Gebäude für muslimische Zentren Ende 1980er/ 1990er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Einrichtung großer islamischer Zentren in umgebauten Gebäuden ab 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Neubau islamischer Zentren bzw. Moscheen ab 2008 . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich . . . . 4.1 Wien: die erste repräsentative Moschee Österreichs . . . . 4.2 Herzogenburg (Niederösterreich) . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Ternitz (Niederösterreich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Hohenems (Vorarlberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Felixdorf (Niederösterreich) . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien 1. Phasen der Politisierung des Moscheebauthemas in Österreich 2. Fallstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Traun (Oberösterreich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Freistadt (Oberösterreich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Bludenz (Vorarlberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Spittal an der Drau (Kärnten) . . . . . . . . . . . . . . . .

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VI. Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007) . . . . . . . . 1. Einleitung: Aspekte der Geschichte von Bad Vöslau . . . . . . .

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IV.

V.

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Inhalt

2. Der Konflikt um den Bau einer neuen Moschee in Bad Vöslau: Darstellung des Konfliktverlaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Darstellung einzelner Akteure des Konflikts . . . . . . . . . . . 4. Analyse zentraler Aspekte und Themen . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Migration und religiöse Pluralisierung . . . . . . . . . . . . 4.2 Die transnationale Dimension von ATI˙B . . . . . . . . . . . 4.3 Der Gastarbeiter, der Türke, der Muslim: Die Dynamik ethnischer Grenzziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Politik und Religion: Die Rolle freikirchlicher evangelischer Christen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Interreligiöse Beziehungen vor Ort . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Mediation mit ethnisch-religiösen Minderheiten: Umgang mit asymmetrischen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Die Sichtbarkeit der Moschee im öffentlichen Raum . . . . 4.8 Die normative Frage der Religionsfreiheit . . . . . . . . . . 4.9 Die Arena der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.10 Integrative Wirkung von Moscheebaukonflikten? . . . . . . 4.11 Konfliktdiagnose: Konflikttheoretische Aspekte . . . . . . . 5. Schluss: Unterschiedliche Bewertungen des Moscheebauprojekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter : Elemente einer Theorie der Moscheebaukonflikte . . . . . . . . . 1. Globale Aspekte lokaler Moscheebaukonflikte . . . . . . . . . 1.1 Die Dynamik globaler Konflikte und der islamfeindliche Mythos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Transnationale Religion und die Logik des Nationalen . . 1.3 Konflikte um die Religionsfreiheit von Minderheiten im Spannungsfeld zwischen globalem Menschenrechtssystem und nationaler Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Suche nach der Identität des säkularen Europa und der Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Transformation der religiösen Landschaften in Europa . . 2.2 Prozesse und Bewegungen der »kulturellen Verteidigung« 3. Nationale Politik des religiösen Raums und Politisierung von Ethnizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Lokale Ethnopolitik in Bezug auf den Islam . . . . . . . . 3.2 Moscheebaukonflikte als Medien der nationalen Gemeinschaftsbildung und Selbstverständigung . . . . . .

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Inhalt

3.3 Nationale Politik des religiösen Raumes: Großbritannien und Österreich im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Grenzziehungen im nationalen Raum . . . . . . . . . . . 3.5 Dynamik inter-ethnischer Beziehungen: Vorurteile und Stereotypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Raumwissenschaftliche Perspektiven auf Moscheebaukonflikte 4.1 Das neue sozialwissenschaftliche Raumdenken . . . . . . 4.2 Raum und Macht aus der Sicht der Soziologie Pierre Bourdieus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Historischer Exkurs – Die Gestalt religiöser Bauten als Seismograph der Position einer religiösen Minderheit im sozialen Raum: Das Beispiel des Synagogenbaus . . . . . VIII. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . Danksagung . . . . . . . . . . . . . Literatur- und Quellenverzeichnis . Anhang: Verzeichnis der Interviews

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I. Einleitung »Es giebt nur ein perspektivisches Sehen, nur ein perspektivisches ›Erkennen‹; und je mehr Affekte wir über eine Sache zu Worte kommen lassen, je mehr Augen, verschiedne Augen wir uns für dieselbe Sache einzusetzen wissen, um so vollständiger wird unser ›Begriff‹ dieser Sache, unsere ›Objektivität‹ sein.« Friedrich Nietzsche: Zur Genealogie der Moral.1

1.

Ausgangspunkt der Arbeit

Gesellschaftlicher Wandel, die Veränderung bisheriger sozialer Machtverhältnisse, ist mit Konflikten verbunden, die wiederum den Wandel der Gesellschaft weitertreiben. Diese grundlegende Einsicht der zeitgenössischen Konfliktforschung gilt auch für die gesellschaftlichen und politischen Konflikte rund um die Errichtung von Moscheen und Minaretten in den letzten Jahren in Österreich, die den Gegenstand dieser Studie bilden. Zu einem Thema, das mich nicht mehr los ließ, wurden diese Konflikte durch die Organisation der Konferenz »Islam in Sicht. Moscheekonflikte in Österreich«, die ich im Jahr 2007 konzipierte und von 3. bis 4. März 2008 an der Donau-Universität Krems in Kooperation mit der Integrationsfachstelle der niederösterreichischen Landesakademie durchführte.2 Den Hintergrund bildeten die heftigen gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen rund um muslimische Bauprojekte in Österreich, vor allem rund um den Minarettbau in Telfs (2005/2006), den Neubau einer Moschee in Bad Vöslau (2006/2007) und rund um die Erweiterung des muslimischen Zentrums in der Dammstraße in Wien-Brigittenau (ab 2007). Diese Konferenz – die erste wissenschaftliche Tagung zu diesem Thema in Österreich – fand ungeplant gerade zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Frage der Errichtung sichtbarer, repräsentativer Moscheen in der Öffentlichkeit besonders intensiv diskutiert wurde – nämlich kurz nach dem Beschluss über eine Änderung der Kärntner Bauordnung am 12. Februar 2008 mit der expliziten Intention ein rechtliches Instrument zu schaffen, um den Bau sichtbarer Moscheen in Kärnten über die Landesebene verhindern zu können, und kurz vor dem Beschluss der Änderung der Bauordnung in 1 Nietzsche (1999) 365. 2 Website der Konferenz: http://www.donau-uni.ac.at/de/department/wbbm/veranstaltungen/ id/11243/ (Zugriff: 17. 5. 2013).

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Einleitung

Vorarlberg am 9. April 2008, der den geplanten Moscheebau in Bludenz ursprünglich zum Anlass hatte. Durch die Teilnahme von Dr. Eva Grabherr, der Leiterin der Vorarlberger Integrationsfachstelle »okay. zusammen leben«, des Bludenzer Bürgermeisters Josef Katzenmayer und weiterer Mitarbeiter des Magistrats in Bludenz an dieser Konferenz kam ich in Kontakt mit zentralen Akteuren eines lokalen Konflikts rund um ein Moscheebauvorhaben, dessen Politisierung, Skandalisierung und parteipolitische Instrumentalisierung kurz vor der Konferenz, ab Jänner 2008, eingesetzt hatte und bald eine immer stärkere politische Dynamik und überregionale Bedeutung erreichen sollte. Einer der Referenten, der Soziologe Stefano Allievi (Universität Padua), einer der führenden Experten für den Islam in Italien und Moscheebaukonflikte in Westeuropa, stellte die Verbindung zur westeuropäischen Dimension des Themas her. Stefano Allievi lud mich im Anschluss an die Kremser Konferenz ein, in einem Sammelband über Konflikte rund um Moscheebauten in einigen europäischen Ländern, die in der Hinsicht noch wenig erforscht waren, den Beitrag zu Österreich verfassen (Fürlinger 2010). Für diesen Artikel führte ich im März 2009 eine erste Recherche-Reise zum Thema Moschee- und Minarettbau nach Salzburg (Saalfelden), Tirol (Innsbruck) und Vorarlberg (Bludenz) durch. Die Genehmigung eines religionswissenschaftlichen Forschungsprojekts zum Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau durch den »Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung« (FWF) ermöglichte es, einen einzelnen lokalen Konflikt empirisch umfassend zu erforschen. Das Forschungsprojekt wurde von mir am Institut für Religionswissenschaft der Universität Wien im Zeitraum Juli 2009 bis Juli 2012 durchgeführt. Die Entscheidung für diesen Moscheebau wurde zunächst aus pragmatischen Gründen getroffen, weil die Nähe von Bad Vöslau zu meinem Wohnort Wien es ermöglichte, intensive Feldforschung zu betreiben und mich häufig in Bad Vöslau aufzuhalten. Erst im Lauf der Beschäftigung wurde mir bewusst, dass es sich um ein historisch bedeutendes Bauprojekt handelt: nämlich um den zweiten repräsentativen, als Moschee geplanten und im öffentlichen Raum architektonisch als Moschee erkennbaren Sakralbau in Österreich (nach der Wiener Moschee am Hubertusdamm von 1979) – und um den ersten repräsentativen Neubau einer Moschee durch die ehemaligen Arbeitsmigranten muslimischer Zugehörigkeit aus der Türkei in Österreich. Im Rahmen des Forschungsprojekts untersuchte ich weitere Moscheebaukonflikte in Österreich (Traun, Bludenz, Freistadt, Spittal an der Drau), um den Fall Bad Vöslau in einen größeren Kontext stellen zu können – allerdings nur in einem begrenzten Umfang und auf einer schmäleren empirischen Basis. Das Ergebnis dieser mehrjährigen wissenschaftlichen Beschäftigung ist die erste monographische, forschungsbasierte, religionswissenschaftliche Arbeit zu Moscheebaukonflikten in Österreich. Elemente dieser Studie sind der Aufriss des historisch-politischen Kontextes dieser Auseinandersetzungen auf westeu-

Aufbau der Arbeit

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ropäischer Ebene sowie der historischen Entwicklung der muslimischen Gebetsräume und Zentren in Österreich in den letzten 50 Jahren, weil ich davon überzeugt bin, dass die gegenwärtigen Konflikte rund um Moschee- und Minarettbauprojekte in Österreich ohne diesen größeren Kontext nicht wirklich verständlich sind.

2.

Aufbau der Arbeit

Die Arbeit verbindet historische, empirische und analytische Aspekte des Themas: Nach dieser Einleitung erfolgt im zweiten Kapitel ein Abriss des größeren historisch-politischen Kontextes, in dem die Moscheebaukonflikte der letzten Jahre stehen: globale Migration, religiöse Pluralisierung und Aufstieg rechtsradikaler Parteien in Westeuropa. Das dritte Kapitel bildet einen Zwischenschritt, nämlich die Reflexion und sachgerechte Darstellung der Grundbegriffe Minarett und Moschee. Das vierte Kapitel enthält eine zusammenfassende Darstellung der Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich seit den 1960er Jahren, als ein wichtiges Element der Institutionalisierung des Islam in Österreich. Dieses Kapitel betrachtet das Thema also von der internen Entwicklung der muslimischen Gemeinschaften her ; durch diesen historischen Rückblick können die jüngsten Neubauten von Moscheen als bestimmte Phase in der Entwicklung der muslimischen Gemeinden und ihrer Infrastrukturen in Österreich verortet werden. Neben der Skizze der verschiedenen Entwicklungsphasen und einem Überblick zu den jüngsten Entwicklungen im Bereich des Moscheebaus in Österreich stehen »Porträts« der Entwicklung einzelner, ausgewählter lokaler muslimischer Gemeinschaften und ihrer Zentren. Das fünfte Kapitel bietet einen Überblick über die Moscheebaukonflikte in Österreich, in Form einer chronologischen Darstellung und mehrerer Fallstudien ausgewählter Konfliktfelder (Traun, Freistadt, Spittal a. d.Drau, Bludenz). In diesem Kapitel lege ich eine Systematisierung der Entwicklung der Moscheebaukonflikte in Österreich in Form von neun Phasen vor. Darauf folgt im sechsten Kapitel eine ausführliche Fallstudie zum Konflikt um den Bau der neuen Moschee in Bad Vöslau (2006 – 2007), die den Schwerpunkt des empirischen Teils bildet. Nach diesem historischen und empirischen Teil werden abschließend im siebten Kapitel Elemente einer Theorie der Moscheebaukonflikte entwickelt, indem mehrere analytische Perspektiven verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen auf das Phänomen der Konflikte rund um muslimische Religionsbauten angewendet werden. Bei diesem Zugang berücksichtige ich sowohl die globale, die europäische als auch die nationale Dimension dieser Auseinandersetzungen. Eine zentrale Kategorie der Analyse, die mit den empirisch erho-

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Einleitung

benen Befunden in Beziehung gesetzt wird, bildet »Raum«: Wie der Untertitel »Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter« zum Ausdruck bringt, stehen die Moscheebauprojekte und die damit verbundenen Konflikte im komplexen Spannungsfeld unterschiedlicher – globaler, europäischer, lokaler – Räume und zugleich am Kreuzungspunkt unterschiedlicher Raumvorstellungen.

3.

Forschungsfragen und -probleme

Die empirische Forschung für diese Studie kann in fünf Teilprojekte gegliedert werden: (1) die Untersuchung des Konflikts rund um den Neubau einer Moschee in Bad Vöslau; (2) die Befragung von Vertreterinnen und Vertretern der ersten Generation der Arbeitsmigranten aus der Türkei in Bad Vöslau; (3) vier Fallstudien zu weiteren Moscheebaukonflikten in Österreich (Traun, Spittal an der Drau, Freistadt, Bludenz); (4) die Forschung zur historischen Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren seit den 1960er Jahren in Österreich; (5) fünf Fallstudien zur historischen Entwicklung von muslimischen Zentren in Österreich (Wien, Herzogenburg, Hohenems, Felixdorf, Ternitz). (ad 1) Den Kern der empirischen Forschung für diese Studie bildet die Untersuchung des Konflikts rund um den Neubau einer Moschee in Bad Vöslau (Niederösterreich) in den Jahren 2006/2007. Die Untersuchung wurde von folgenden Fragestellungen geleitet: Wie ist der Konflikt im Detail verlaufen (Konfliktdynamik)? Wer sind die zentralen Akteure in diesem Konflikt, welche Positionen vertraten sie und welche Strategien setzten sie ein? Wie haben Mitglieder des Moscheevereins, der den Neubau errichtete, den Konflikt erlebt? Welche Positionen haben sie vertreten, was den politischen Umgang mit dem Bauprojekt und die Frage der architektonischen Gestalt betrifft? Wie ist die Mediation, in der eine neue architektonische Gestalt des Moscheebaus zwischen Vertretern der Stadtregierung und dem Moscheeverein verhandelt wurde, verlaufen? Wer waren die Mitglieder des Mediationskreises? Welche inhaltlichen Standpunkte haben sie jeweils vertreten, was das äußere Erscheinungsbild der Moschee und den politischen Umgang mit dem Bauprojekt betrifft? Wie setzt sich die Gruppe »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur« zusammen, die gegen den Moscheebau mobilisierte? Was sind die jeweiligen Begründungen und Motive für die Ablehnung des Moscheebaus? Welche Haltung und Rolle haben andere gesellschaftliche Akteure – etwa Priester der örtlichen katholischen und

Forschungsfragen und -probleme

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evangelischen Gemeinden – im lokalen Moscheebaukonflikt eingenommen, und wie wird diese Haltung begründet? Insgesamt ging es um eine umfassende Rekonstruktion der Konfliktdynamik, die zugleich eine Dynamik der Machtverhältnisse ist, bei der die unterschiedlichen Sichtweisen und Interessen der handelnden Personen erhoben und dargestellt werden sollten. Diese minutiöse, »mikroskopische« Erforschung der Dynamik eines lokalen Konflikts rund um die Errichtung eines muslimischen Sakralraums durch ehemalige Arbeitsmigranten aus der Türkei in einer niederösterreichischen Kleinstadt zu Beginn des 21. Jahrhunderts sollte die empirische Basis für ein genaueres, geschärftes analytisches Verständnis der sozialen Prozesse, die mit der Errichtung sichtbarer Moscheebauten verbunden sind, zur Verfügung stellen. (ad 2) Die Befragung von Vertreterinnen und Vertretern der ersten Generation im Moscheeverein ATI˙B Bad Vöslau bildet eine eigenständige Einheit der Fallstudie Bad Vöslau. Denn im Fall dieser Gruppe bestand generell keine Bereitschaft und Erlaubnis, über den konkreten Konflikt rund um den Neubau der Moschee mit mir zu sprechen. Es dominierten große Vorsicht, Scheu und Ängstlichkeit, mit jemand »von außen« über die politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu reden. Es war aber möglich, ausführliche biographisch-narrative Interviews (s. Maindok 1996) zur persönlichen Migrationsgeschichte und –erfahrung durchzuführen. Die Interviews wurden von einem Mitglied der türkischen Community in Bad Vöslau der zweiten Generation vermittelt und organisiert, das während der Interviews auch meine Fragen auf Türkisch übersetzte und die Antworten auf Deutsch zusammenfasste. In der Regel wurden die Interviews rund um das Freitagsgebet in der neuen Moschee in Bad Vöslau durchgeführt, großteils in einem Klassenzimmer, teilweise in der Gebetshalle. Das Material dieser Interviews wurde nicht unmittelbar in der Textfassung der Studie verwendet und zitiert, da sie sich auf den Moscheebaukonflikt konzentriert. Für mich bildeten diese Interviews eine wichtige Hilfe, die eigentlichen Bauherren der neuen Moschee – die Mitglieder des Vorstands des Moscheevereins und weitere Vertreter der ersten Generation im Moscheeverein – persönlich kennenzulernen und die Bedeutung des Moscheeneubaus für die erste Generation im Kontext ihrer Migrationsgeschichte zu verstehen. Die Fragen bei diesen Interviews richteten sich auf den ursprünglichen Herkunftsort, die Herkunftsfamilie und ihre soziale Verortung, auf die Ausbildung, auf Migrationserfahrungen innerhalb der Türkei, auf die Art der Anwerbung, auf die Art der Fahrt nach Österreich, auf die ersten Erfahrungen in Österreich, auf die anfängliche berufliche Situation, auf die konkrete Art der Arbeit (z. B. in der Kammgarnfabrik in Bad Vöslau), auf die Beziehungen zu den österreichischen Arbeitskollegen und Nachbarn, auf die Art der Freizeitgestaltung, auf den Stellenwert und die Möglichkeiten der muslimischen religiösen Praxis in dieser

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Einleitung

Zeit in Österreich sowie auf die Bedeutung des Moscheeneubaus aus ihrer persönlichen Sicht. Von allen Interviews wurde in einem zweiten Schritt von einer Übersetzerin eine Übersetzung aus dem Türkischen ins Deutsche verfasst. Nachdem eine Mehrzahl der 14 Interviews in der Moschee durchgeführt waren, teilweise unter tatkräftiger Unterstützung des Imams Hizir Uzuner, kam es zu einer Krise in den Beziehungen zwischen dem Forschungsprojekt und dem Moscheeverein, zu einer Art »Immunreaktion« des beforschten sozialen Systems auf die Intervention des Forschungsprojekts, wie sie beim Einstieg in Institutionen als Forschungsfeld vorkommen kann (cf. Flick 2005, 90): Vertreter des Moscheevereins schienen ungeduldig, man wollte bereits erste konkrete Ergebnisse der Befragung sehen, und es entwickelte sich seitens einiger Vertreter im Moscheeverein eine für mich schwer durchschaubare Atmosphäre der Unduldsamkeit und Unerwünschtheit. Die Interviewserie mit Vertretern der ersten Generation in der Moschee selbst wurde daraufhin von mir abgebrochen und in Privatwohnungen der Interviewpartner fortgesetzt. Letztlich bildete die neue Interviewsituation einen Zugewinn, durch den Einblick in die Wohnungssituation der pensionierten Arbeiter und Arbeiterinnen türkischer Herkunft in Bad Vöslau. (ad 3) Bei den vier weiteren exemplarischen Fallstudien zu Moscheebaukonflikten in Österreich (Traun, Bludenz, Spittal an der Drau, Freistadt) stand ebenfalls die Rekonstruktion des Konfliktverlaufs und der Konfliktdynamik im Vordergrund. Im Unterschied zur Fallstudie Bad Vöslau basieren diese Untersuchungen allerdings auf einer schmäleren empirischen Materialbasis, da die Ressourcen des Forschungsprojekts auf die Fallstudie Bad Vöslau konzentriert waren und eine ebenso intensive Erforschung weiterer Fälle aus Zeitgründen nicht möglich war. Das primäre Forschungsziel bestand bei diesen Fallstudien darin, über den Informationsstand der medialen Berichterstattung hinaus die Sichtweisen zentraler Akteure aus erster Hand zu erheben und auf jeden Fall die Perspektiven von verantwortlichen Funktionären der jeweiligen Moscheevereine selbst einzuholen, die in der Medienberichterstattung häufig keine Stimme erhalten. Die Auswahl der vier Fälle erfolgte nach folgenden Kriterien: Mit Bludenz (Vorarlberg) und Spittal an der Drau (Kärnten) wurden jeweils die Anfangspunkte von politischen Prozessen untersucht, die schließlich zu den Änderungen der Bauordnungen in den beiden Bundesländern führten. Durch die sorgfältige Rekonstruktion und empirische Untersuchung der beiden Bauprojekte wird sichtbar, dass sie zu Aufhängern einer strategischen Ethno-Politik seitens politischer Parteien wurden, die von den konkreten Bauprojekten und ihren Trägern letztlich völlig abgelöst war. Mit dem Beispiel Traun konnte ein Konflikt rund um die Frage von Moscheebauten dargestellt werden, der sich bereits über mehrere Jahre und verschiedene Etappen dahinzieht. Der Fall

Forschungsfragen und -probleme

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Freistadt (Oberösterreich) sollte einen in der Öffentlichkeit weniger bekannten Moscheebaukonflikt in einer ländlichen Region repräsentieren, sodass nicht nur die überregional bekannt gewordenen, spektakulären Moscheebaukonflikte behandelt werden. Ein weiteres Kriterium war der Zugang zu Vertretern der jeweiligen Moscheevereine; ihre Befragung erschien mir für eine sachgerechte Darstellung dieser Prozesse unabdingbar. Dieses Kriterium war im Fall von Traun, Bludenz, Spittal an der Drau und Freistadt erfüllt. (ad 4) Die Darstellung der historischen Entwicklung muslimischer Gebetsräume und Zentren in Österreich seit den 1960er Jahren bedürfte eines eigenen Forschungsprojekts und einer eigenen Monographie. Meiner begrenzten Möglichkeiten bewusst, entschied ich mich dennoch für die Erarbeitung eines eigenständigen Kapitels zu diesem Thema, da ohne die Nachzeichnung der schrittweisen Entwicklung dieser grundlegenden Infrastrukturen für die religiöse Praxis von Muslimen die Darstellung von Neubauten, die nun zur Sichtbarkeit des Islam im öffentlichen Raum beitragen, vor allem ab Anfang des 21. Jahrhunderts buchstäblich in der Luft hängen würde. Um diese jüngere Phase der Institutionalisierung des Islam und des Sichtbarwerdens der Muslime in Österreich verstehen zu können, bedurfte es einer – zumindest groben – Nachzeichnung der Phasen der Entwicklung der muslimischen Zentren in den letzten 50 Jahren in Österreich. Die leitenden Fragestellungen waren: Welche unterschiedlichen Phasen der Entwicklung der muslimischen Gebetsräume und Zentren in Österreich können in einer systematischen Sicht identifiziert werden? Wie können sie zeitlich verortet werden? Welche sozialen Prozesse innerhalb der migrantischen Communitys spiegeln sich in ihnen wider? Inwiefern zeigen sich regionale Unterschiede in der Entwicklung der muslimischen Gebetsräume und Zentren? Die Erforschung der Geschichte der islamischen Zentren in Österreich seit den 1960er Jahren erwies sich als besonders mühsam und schwierig, da fast keine wissenschaftlichen Vorarbeiten vorliegen und weil die muslimischen Vereine selbst keine Daten und Dokumente zu ihrer Entstehung gesammelt haben. Die Gründer der türkischen Moscheevereine beispielsweise, die teilweise im Besitz von Dokumenten sind, sind entweder bereits gestorben oder in der Pension in die Türkei zurückgekehrt. Dazu kommen zwei weitere Probleme, was die Datierung von Vereinsgründungen und der Einrichtung der ersten Gebetsräume durch die Moscheevereine betrifft: (1) Die Moscheevereine begannen ihre Tätigkeit in einigen Fällen bereits vor einer offiziellen Registrierung im Vereinsregister – in manchen Fällen war den Arbeitsmigranten muslimischer Zugehörigkeit die Vorschrift, den Verein behördlich anzumelden, anfangs nicht bekannt. (2) Es existiert eine Konkurrenz zwischen den großen Dachverbänden, was den Anspruch auf die ältesten Moscheegründungen in einem bestimmten

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Einleitung

Bundesland betrifft. Ich war dadurch mit einander widersprechenden Zeitangaben, bezogen auf die Einrichtung der ersten Gebetsräume z. B. in Niederösterreich und Vorarlberg, durch führende Funktionäre der Islamischen Föderation und der ATI˙B konfrontiert. Eine verlässliche empirische Datenlage zur Anfangsphase und Geschichte der muslimischen Vereine und ihrer Zentren in Österreich könnte nur durch ein umfangreiches historisches Forschungsprojekt hergestellt werden. Der betreffende Abschnitt in meiner Studie bietet nur eine Vorarbeit dafür. (ad 5) Die Auswahl dieser vier Fallbeispiele zur historischen Entwicklung von Moscheen beruht auf pragmatischen Voraussetzungen: dem Zugang zu Vertretern der Moscheevereine und ihrer Bereitschaft zu Interviews zu diesem Thema. Der Schwerpunkt auf Niederösterreich ergibt sich vorwiegend durch die Kontakte und den langsamen Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu einzelnen muslimischen Funktionären, die sich im Laufe des Forschungsprozesses zur Fallstudie Bad Vöslau und im Rahmen eines weiteren Forschungsprojekts »Muslimische Vielfalt in Niederösterreich«, das ich an der Donau-Universität Krems leitete (Fürlinger 2012; 2013), entwickelt haben. Ternitz und Herzogenburg waren interessante Fälle hinsichtlich des Themas Moscheebaukonflikte, weil zur Zeit der Untersuchung ein neues größeres Gebäude als Moscheezentrum adaptiert wurde (Herzogenburg) und ein Neubau einer Moschee geplant wurde (Ternitz). Um das Übergewicht niederösterreichischer Beispiele etwas auszugleichen, wurde der Fall Hohenems (Vorarlberg) hinzugenommen, wo der Kontakt über die Zentrale des Dachverbands ATI˙B hergestellt werden konnte. Die leitenden Fragestellungen bei diesen Fallstudien waren: Wann entstand der erste Gebetsraum des Vereins, wie war er ausgestattet? Unter welchen Bedingungen konnte er eingerichtet werden? Welche Bedeutung nahm der erste Gebetsraum bzw. das erste Zentrum für die damaligen Migranten ein, welche Funktionen hatte er für sie? Wie viele Gläubige nahmen in der Anfangszeit des Zentrums an den Freitagsgebeten und an den Festen teil? Wie wurden die Zentren weiterentwickelt, welche sozialen Prozesse spiegeln sich darin wider? Kam es in den einzelnen Entwicklungsphasen zu Konflikten mit Anrainern bzw. mit Teilen der Bevölkerung? Wie haben sich die Beziehungen zwischen dem Moscheeverein und der lokalen Mehrheitsbevölkerung im Lauf der Zeit entwickelt?

4.

Forschungsmethoden

Für alle vier Teilprojekte der empirischen Forschung für diese Studie wurden grundsätzlich folgende Grundlagen und Quellen verwendet:

Forschungsmethoden

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(a) Auswertung von Medienberichten (Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehberichte) und Internetquellen; (b) qualitative Experteninterviews; (c) Erhebungen über Telefon und e-mail-Kommunikation primär bei Beamten (v. a. Bauämter der Gemeinden, Sekretariate der Bürgermeister ; Gemeinderäte; Meldeämter der Gemeinden) und bei Funktionären muslimischer Vereine; (d) Auswertung von in der Regel öffentlich zugänglichen Sitzungsprotokollen von Gemeinderäten, Landtagen und des Bundesparlaments. Dazu kam im Fall von Bad Vöslau die Methode der teilnehmenden Beobachtung in Form des intensiven Aufenthalts – etwa einen Tag in der Woche über einen Zeitraum von mehreren Monaten 2009 und 2010 – in der neuen Moschee und im Bereich der Siedlung der türkischen (und ex-jugoslawischen) Community rund um die Moschee. Im Kontext der Forschung in Bad Vöslau wurde ein Forschungstagebuch geführt; für alle Interviews wurde ein Dokumentationsbogen angelegt. Die Entscheidung für qualitative Methoden der Sozialforschung wurde aus folgenden Gründen getroffen: Es erschien als erfolgversprechender, die zentralen Akteure der einzelnen Moscheebaukonflikte aufzusuchen und ausführlich zu befragen, als standardisierte Fragebögen zu versenden – einerseits vom zu erwartenden dürftigen Rücklauf her, aber vor allem von der Qualität und Detailliertheit der erhobenen Daten und Informationen, einschließlich der zusätzlichen Informationen durch den Eindruck von der jeweiligen Persönlichkeit im Rahmen des Kommunikationsprozesses, die Art des Sprechens und Momenten der Redeverweigerung, die Gestik und Körpersprache, im Fall von Interviews in der Privatwohnung des jeweiligen Gesprächspartners durch die Zeichensprache der Wohnumgebung usw. Die qualitative Methode ist Teil eines prozessorientierten, explorativen Forschens im Sinne der »Grounded Theory« von Anselm Strauss: Durch das offene Interview sollten sich Informationen und Sichtweisen erschließen, die nicht schon vor Beginn des Forschungsprozesses zur Verfügung gestanden sind. Überdies hat sich gezeigt, dass die Zusendung von Fragebögen an Vertreter muslimischer Organisationen (zu baulichen Details von Moscheebauprojekten) trotz telefonischer Vereinbarungen und mündlicher Zusagen erfolglos blieb und keine Rückantworten erfolgten – mit der Ausnahme von ATI˙B Frastanz, wo Informationen zur neuen Moschee per email kommuniziert werden konnten. Zum Moscheebaukonflikt Bad Vöslau war eine Kombination qualitativer und quantitativer Methoden vorgesehen, in Form einer repräsentativen quantitativen Erhebung mit standardisierten Fragebögen unter der Bevölkerung von Bad Vöslau, mit der die Einstellungen zum Moscheeneubau und zur türkisch-muslimischen Bevölkerungsgruppe empirisch

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Einleitung

untersucht werden sollten. Die Gegner des Moscheebaus waren mobilisiert und beriefen sich häufig auf die »Mehrheit der Bevölkerung« – die Umfrage sollte die Haltung in der schweigenden, nicht mobilisierten Mehrheit vor Ort mit Methoden der empirischen Sozialforschung erheben und eine Einschätzung der Mehrheitsmeinung auf eine fundierte Datenbasis stellen. Nachdem ein Mitarbeiter, der eigens für dieses Teilprojekt angestellt werden sollte, nach längeren Vorbereitungsarbeiten für die Erhebung überraschend ausfiel, konnte diese Umfrage leider nicht mehr rechtzeitig vor Abschluss des Forschungsprojekts (Juli 2012) realisiert werden. Als zentrale Erhebungsmethode wurde das Verfahren des qualitativen (nichtstandardisierten), offenen, explorativen, leitfadenorientierten ExpertInnen-Interview eingesetzt.3 Sämtliche Interviews wurden von mir als Einzelforscher persönlich, mündlich und in der Regel in Form von Einzelinterviews organisiert, durchgeführt, aufgezeichnet und ausgewertet. Im Rückblick sehe ich es als Manko an, im Zuge des qualitativen Forschungsprojekts keine Forschungsgruppe eingerichtet zu haben, mit der eine kontinuierliche Kommunikation und Reflexion zu inhaltlichen und methodischen Fragen möglich gewesen wäre.4 An einzelnen Interviews nahmen mehrere Personen teil; an den Interviews mit Vertretern der ersten Generation von Migranten aus der Türkei und aus ExJugoslawien in Bad Vöslau wirkte ein Übersetzer (aus dem Türkischen ins Deutsche und umgekehrt) mit. Für jedes Interview wurde ein eigener, stichpunktartiger Leitfaden anhand der jeweiligen Forschungsinteressen erstellt und eingesetzt. In der Regel wurden die Interviews über eine Zeitdauer von 60 bis 90 Minuten durchgeführt; manche Interviews dauerten etwa zwei bis drei Stunden, ein Interview dauerte fast fünf Stunden. Alle Interviews wurden in digitaler Form als Tonaufnahmen aufgezeichnet und als MP3-Dateien gespeichert. Lediglich die für die im jeweiligen Teilforschungsprojekt leitenden, spezifischen Fragestellungen und Erkenntnisinteressen relevanten Teile des erhobenen Datenmaterials bzw. der aufgezeichneten Kommunikationsinhalte – nicht die gesamte Aufzeichnung eines Interviews – wurden transkribiert, analysiert und ausgewertet (s. Strauss 1991, 266; Meuser/ Nagel 1991, 455; Kowal/ O’Connell 2004, 443). Eine Ausnahme bilden die Interviews mit VertreterInnen der ersten Generation von Arbeitsmigranten aus der Türkei in Bad Vöslau, die vollständig ins Deutsche übersetzt und transkribiert wurden. Das gesamte In3 S. zum qualitativen Interview: Hopf 2004, 349 – 360; Lamnek 2005, 329 – 407; Flick 2005, 117 – 167; Przyborski/ Wohlrab-Sahr 2009. Zum Experteninterview als Methode der qualitativen Sozialforschung: Meuser/ Nagel 1991 (Internetquelle: Social Science Open Access Repository, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-24025, Zugriff: 13. 7. 2009); Bogner/ Menz 2009; Meuser/ Nagel 2009. 4 Für den Hinweis darauf danke ich Univ.-Prof. Dr. Martin Jäggle als Mitglied der Habilitationskommission.

Forschungsmethoden

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terviewmaterial und alle weiteren Quellen der Studie sind in digitalisierter Form auf einem Datenträger im Zentrum Religion und Globalisierung der DonauUniversität Krems nach Vereinbarung einsehbar. Insgesamt wurden von mir für die wissenschaftliche Studie in einem Zeitraum von drei Jahren (2009 – 2012) 80 qualitative, in der Regel mindestens einstündige Interviews geführt, aufgezeichnet und ausgewertet, sowie zusätzlich 45 unterschiedlich lange telefonische Interviews mit Expertinnen und Experten durchgeführt. Nach den einzelnen Abschnitten bzw. Schwerpunkten der Studie können diese Interviews folgendermaßen gegliedert und zugeordnet werden: - III.2 »Die Entwicklung der Moscheen in Österreich«: 10 Interviews mit führenden Funktionären muslimischer Dachverbände und lokaler Vereine - III.3 »Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich«: fünf Interviews (je ein Interview in Ternitz, Hohenems, Herzogenburg; zwei Interviews in Felixdorf) - IV.1 »Phasen der Politisierung des Moscheebauthemas in Österreich«: drei Interviews zum Minarettbaukonflikt in Telfs - IV.2 »Moscheebaukonflikte in Österreich – Fallstudien«: 18 Interviews (drei Interviews zu Traun, zwei Interviews zu Freistadt, fünf Interviews zu Bludenz, drei Interviews zu Telfs, drei Interviews zu Spittal an der Drau; ein Interview zum Moscheebaukonflikt Wien-Rappgasse, das für die Studie nicht direkt ausgewertet wurde; ein Interview Präsident ATIB Union) - V »Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau«: 42 Interviews (Verband ATI˙B: 20 Interviews, davon 14 mit Vertretern der ersten Generation der Migranten aus der Türkei; Stadtregierung und Verwaltung Bad Vöslau: sieben Interviews; AEK: vier Interviews; weitere Personen: 11 Interviews) Alle durchgeführten Interviews sind im Anhang dokumentiert. Über diese faceto-face-geführten Interviews hinaus wurden telefonische Interviews mit ExpertInnen geführt, die kürzer (in der Regel 15 – 30 Minuten) gedauert haben und deren zentrale Inhalte handschriftlich notiert wurden. Ein Verzeichnis befindet sich im Anhang. Im Fall der Interviews zum Moscheebaukonflikt Bad Vöslau war das Kriterium für die Auswahl der Gesprächspartner, nach Möglichkeit alle zentralen Akteure im Konflikt und deren ExpertInnenwissen, ihre jeweiligen Perspektiven auf den Prozess zu erfassen und gegenüber zu stellen, vor allem die Mitglieder des Mediationskreises. Dies gelang überwiegend. Der Mediator war auf mehrmalige Anfrage explizit nicht zu einem Interview bereit. Der Projektleiter des Moscheebaus seitens des Vereins ATI˙B Bad Vöslau war trotz zahlreicher Anfragen und Versuche mehr als ein Jahr lang nicht zu einem Interview bereit; erst durch meine Anfrage deswegen direkt bei der Zentrale des Dachverbands ATI˙B in Wien kam ein Interviewtermin zustande, bei dem allerdings nur ein kurzes

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Einleitung

Interview geführt werden konnte. Ein Interview mit einem weiteren Vertreter von ATI˙B Bad Vöslau im Mediationskreis wurde äußerst kurzfristig abgesagt und kam in der Folge nicht mehr zustande. Der Kontakt zum zuständigen Beamten der niederösterreichischen Landesregierung, der das positive Gutachten betreffend Moscheebau und Ortsbildschutz erstellt hatte und zum Zeitpunkt des Forschungsprojektes bereits pensioniert war, kam leider trotz einer schriftlichen postalischen Anfrage nicht zustande. Im Fall der anonymen Gruppe, die organisiert gegen den vorgesehenen Moscheeneubau mobilisierte (AEK), war das primäre Ziel, die Mitglieder dieser Gruppe überhaupt zu identifizieren, zu finden und für ein Interview zu gewinnen; hier wurde in einem Schneeballsystem von einem Mitglied der Gruppe zum nächsten vorgegangen. Bezogen auf die Interviews war die methodische Reflexion wichtig, dass die Intervention des Interviews innerhalb eines höchst konfliktiven Systems mit einer starken Tendenz zur Polarisierung erfolgte, in das der Forscher von außen eintritt. Die Dynamik der polarisierten Diskussionen und Haltungen zum Moscheebauprojekt in Bad Vöslau wirkte sich u. a. dahingehend auf die Interviewsituation aus, indem der Versuch seitens der Interviewpartner spürbar war, mich von der Richtigkeit der eigenen Position zu überzeugen, mich im Konflikt auf die eigene Seite zu ziehen und mich zu einer expliziten Äußerung meiner Position im Konflikt zu bringen. Gerade in dieser Situation erschien es mir unabdingbar, in der Interviewsituation eine strikt neutrale, nicht-wertende Position einzunehmen. Damit musste ich das Risiko bzw. den Preis hinnehmen, dass diese Haltung als Interviewer – das aktive Zuhören und die Nichtintervention auch bei radikalen Sprachhandlungen (z. B. rassistischen Äußerungen) von islamfeindlich eingestellten Personen – bei manchen Interviewpartnern vermutlich als Form der Zustimmung zu solchen Aussagen bzw. als Unterstützung der eigenen Position interpretiert wurde.5 Bei den weiteren Fallstudien zu Moscheebaukonflikten war es nicht möglich, die Untersuchung in dieser Breite durchzuführen. Bei diesen Fällen bildete das Kriterium für die Auswahl der Gesprächspartner, zumindest Interviews mit Vertretern des jeweiligen Moscheevereins führen zu können sowie nach Möglichkeit Interviews mit Vertretern der jeweiligen Gemeinde- bzw. Stadtregierung oder –verwaltung zu führen, um die Datenlage der medialen Berichterstattung durch ihre jeweiligen Informationen und Sichtweisen ergänzen und die jeweiligen Darstellungen gegenüberstellen und verifizieren bzw. falsifizieren zu können. Bei der Fallstudie Spittal an der Drau stellte der Bürgermeister trotz 5 Ich distanziere mich an dieser Stelle ausdrücklich von diskriminierenden, rassistischen oder islamfeindlichen Aussagen, die in diesem Text – vor allem bei der wörtlichen Wiedergabe von Interviewpassagen mit Moscheebaugegnern, Interneteinträgen, Leserbriefen usw. – zitiert werden.

Verortung innerhalb der Religionswissenschaft

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mehrmaliger Anfrage keinen Termin für ein Interview zur Verfügung; der Stadtamtsdirektor war zu einem Interview bereit. Seitens eines Vertreters des Dachverbands bosnisch-muslimischer Vereine wurde ein Interview mit dem bosnischen Imam in Spittal an der Drau, der im betreffenden Konflikt eine interessante Rolle spielte, untersagt. Im Fall Traun kamen geplante Interviews mit Vertretern der Stadtregierung und des AMS aufgrund meiner damals knappen Zeitressourcen und aus Terminproblemen der Interviewpartner leider nicht zustande. Im Fall Bludenz waren Interviews mit dem Bürgermeister, zwei für das Moscheebauprojekt verantwortlichen Beamten des Magistrats, der Leiterin der Integrationsfachstelle in Dornbirn sowie dem Obmann des Vereins ATI˙B Bludenz und weiteren Mitgliedern möglich. Im Fall Freistadt kamen aufgrund meiner eigenen knappen Zeitressourcen nur zwei Interviews mit dem in der Zeit des Moscheekonflikts amtierenden Bürgermeister sowie dem ehemaligen Obmann des Moscheevereins zustande, wodurch die empirische Basis der Falldarstellung schmal geblieben ist. Im Abschnitt zur historischen Entwicklung der muslimischen Gebetsräume und Zentren in Österreich sollten Interviews mit führenden Funktionären der großen muslimischen Dachverbände aus der ersten Generation – gewissermaßen Zeitzeugen dieser Entwicklung – die Informationen aus Zeitungen und Zeitschriften, vor allem der Auswertung der Zeitschrift »Der gerade Weg« des Moslemischen Sozialdienstes, ergänzen. Es gelang, zwei Mitglieder des Moslemischen Sozialdienstes aus der Anfangszeit des Vereins, die noch leben, in Wien zu finden. Mit dem einen hochbetagten Mitglied des damaligen Vorstands kam es zu einer bewegenden Begegnung; ihm waren die historischen Details aus dieser Zeit aber nicht mehr im Gedächtnis. Mit dem ersten Imam des Vereins, der heute als Religionslehrer in Wien tätig ist, kam während des Zeitraums der Erstellung der Studie trotz mehrerer Anläufe leider kein Interview zustande. Seitens des Dachverbands Union Islamischer Kulturzentren in Österreich (UIKZ) wurden keine Interviewtermine zur Verfügung gestellt bzw. kamen keine Interviews zustande. Dieser Umstand erklärt, warum in der Darstellung der historischen Entwicklung die Moscheen und Zentren dieses Verbands kaum behandelt werden, obwohl sie zu den ältesten muslimischen Zentren in Österreich gehören.

5.

Verortung innerhalb der Religionswissenschaft

Religionswissenschaft und empirische Forschung Mit der empirischen Erforschung eines Aspekts im Themenkomplex Migration und Islam in Europa bzw. der religiösen Pluralisierung im Zuge von internationalen Migrationen v. a. seit den 1960er Jahren in Westeuropa und den ge-

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sellschaftlichen Reaktionen auf den damit verbundenen sozialen Wandel steht die Arbeit in einer breiten Strömung innerhalb der Religionswissenschaft, bei der nicht die historisch-philologische Methode, sondern die religionsempirische Untersuchung zeitgenössischer Entwicklungen im religiösen und gesellschaftlichen Feld im Vordergrund steht. Die Studie reagiert auf einen Mangel an empirischer Religions- bzw. Sozialforschung in Österreich, was die muslimischen Organisationen, die Wahrnehmung der muslimischen Präsenz durch die Mehrheitsbevölkerung und die Konflikte und Politisierungsprozesse rund um die wachsende Sichtbarkeit der Muslime im öffentlichen Raum betrifft. Empirischer qualitativer Forschung könnte es gelingen, den öffentlichen und politischen Diskurs rund um »den Islam«, »den Moscheebau« zu erden und die konkreten Bauprojekte, die Menschen und Organisationen, die dahinter stehen, klarer sichtbar und greifbar zu machen, aber auch das Profil, die Interessen und Motive von Personen und Organisationen, die gegen Moscheebauten mobilisieren, und von Verantwortlichen in Politik und Administration, die mit diesen neuen Fragen konfrontiert sind, für Österreich schärfer zeichnen zu können. Als ein wichtiges Ergebnis der Studie könnte man es sehen, dass sich in der Frage der Errichtung muslimischer Sakralbauten in einem christlich geprägten Gebiet nicht einfach homogene Blöcke gegenüberstehen, sondern die verschiedenen Akteurs-Gruppen – Politiker, muslimische Vereine, Gegner von Moscheeprojekten, die christlichen Kirchen usw. – in sich sehr vielfältig, heterogen, spannungsvoll sind und unterschiedliche, auch widersprüchliche, kontroverse Haltungen und Sichtweisen repräsentieren. Religionswissenschaft und Multidisziplinarität Die lokalen Konflikte rund um Moscheebauten können nicht isoliert, sondern nur in einem breiten historischen und politischen Kontext verstanden werden, der sowohl die globale, europäische als auch die nationale Dimension in die Analyse einbezieht. Eine solche Kontextualisierung erfordert einen multidisziplinären Zugang, u. a. den Bezug auf migrationswissenschaftliche, kultur- und sozialanthropologische, soziologische, religionsgeographische und politikwissenschaftliche Forschungen. Eine religionswissenschaftliche Untersuchung dieses Gegenstands kann sich nicht hinter die Grenzen der eigenen akademischen Disziplin zurückziehen. Um der Frage auf den Grund zu gehen, welche komplex interagierenden Dynamiken und Prozesse bei diesen Konflikten wirksam sind, wird ein disziplinübergreifender Dialog mit anderen Fächern gesucht, die andere theoretische Perspektiven zur Verfügung zu stellen. Metaphorisch gesprochen, müssen die Augen der Religionswissenschaft durch andere Augen ergänzt werden, um sich einem Verständnis der Moscheebaukonflikte zu nähern. Der religionswissenschaftliche Analyserahmen muss erweitert werden, um die Frage beantworten zu können: Warum können gesetzlich er-

Verortung innerhalb der Religionswissenschaft

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laubte Bauten einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft in einer säkularen und weitgehend säkularisierten modernen Gesellschaft derart wuchtige politische und gesellschaftliche Kontroversen, Reaktionen und Emotionen auslösen? Mit dem Fokus auf die Kategorie »Raum« im analytischen Teil (Kapitel VII) nimmt die Arbeit den spatial turn in den Sozial- und Kulturwissenschaften auf und stellt sie sich in die Linie von theoretischen Ansätzen, die das neue Raumdenken der Sozial- und Kulturwissenschaften für religionswissenschaftliche Fragestellungen fruchtbar machen, vor allem in einschlägigen Arbeiten der britischen Religionswissenschaftlerin Kim Knott. Mit dem Bezug auf die Soziologie Pierre Bourdieus schließt sie an eine kritische Gesellschaftsanalyse an, die den Zusammenhang von Raum und Machtverhältnissen systematisch analysiert und versucht, sie für das Verständnis der Moscheekonflikte anzuwenden. Bereits der ausführliche Überblick zum Forschungsstand (I.6) zeigt die multidisziplinäre Orientierung der Studie an und bringt das implizite Verständnis von Religionswissenschaft als empirischer Kulturwissenschaft in engem Austausch mit anderen kultur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen zum Ausdruck. Religionswissenschaft und Normativität Ein weitgehender fachlicher Konsens besteht darüber, dass Religionswissenschaft – im Gegensatz zur Religionsphilosophie und Theologie – ihrem Selbstverständnis nach eine eigenständige nichtreligiöse, nichtnormative Wissenschaft ist (Wach 1924) und einen empirischen Standpunkt vertritt (cf. Figl 2003a, 38). Religionswissenschaft als empirische Kulturwissenschaft enthält sich davon, religiös begründete Praktiken und Lehren normativ oder moralisch zu bewerten. Das gilt auch für diese Arbeit: Ein wichtiger Teil des Forschungsprozesses war es, die eigenen Positionen und Hypothesen zum Gegenstand zu reflektieren, zu überprüfen, immer wieder in Frage zu stellen und eine Haltung der Distanz zum Forschungsgegenstand einzunehmen. Moschee- und Minarettbauten sind in vielen europäischen Ländern Gegenstand heftiger parteipolitischer und öffentlicher Kontroversen; im Kontext eines verhärteten islamskeptischen bis –feindlichen gesellschaftlichen Klimas steht die kommunale Politik bei diesen Bauprojekten in der Regel unter erhöhter öffentlicher, medialer Aufmerksamkeit und einem enormen Handlungsdruck. Das Thema ist hoch emotionalisiert. Die schrittweise Entwicklung eines analytischen, systematischen, theoriebezogenen Zugangs zum Gegenstand und die damit verbundene Entschleunigung der Beschäftigung sind gerade bei diesem Thema von Vorteil. Die notwendige Haltung wissenschaftlicher Distanz bedeutet aber nicht einfach Standpunktlosigkeit und das Vermeiden von Werteentscheidungen:

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Einleitung

Denn Normativität, die ethische Dimension ist in einer anderen Hinsicht für die Religionswissenschaft – wie für die anderen Disziplinen – beim Thema Religionsvielfalt und den damit verbundenen gesellschaftlichen und politischen Konflikten in der globalisierten Einwanderungsgesellschaft und transnationalen Lebenswelt relevant: Als Teil der Universität in der liberalen, rechtsstaatlichen Demokratie und der zivilen Weltgesellschaft ist sie den ethischen Normen der Aufklärung, des Humanismus und den universalistischen Prinzipien des modernen Verfassungsstaats verpflichtet – vor allem den individuellen Menschenrechten (bei diesem Thema v. a. der Religionsfreiheit), die unabhängig von kulturellen, religiösen, ethnischen Zugehörigkeiten und unabhängig vom Geschlecht gelten. Bei einem politisch und ideologisch gegenwärtig derart kontroversen, umkämpften Thema wie des Islam und des Moscheebaus in Europa bieten diese Normen der Demokratie und des Verfassungsstaats der religionswissenschaftlichen Reflexion eine verlässliche, sichere Richtschnur, an der ich mich in dieser Studie orientiere. Mit einer normativen Ausrichtung in diesem Sinn verstehe ich die Arbeit als Teil einer engagierten, kritischen, angewandten Religionswissenschaft (s. Figl 2003a, 42 f), die ein aktuelles Konfliktfeld in Europa im Kontext von Migration und Globalisierung als Thema aufgreift, einen wissenschaftlichen Beitrag zu einer bedeutenden gesellschaftlichen Auseinandersetzung liefert und damit seitens der Universität mit Politik und Gesellschaft kommuniziert.

6.

Forschungsstand

Die Forschungen, die öffentliche Auseinandersetzungen um Moscheebauten in Westeuropa zum Gegenstand haben, sind Teil eines Stranges der wissenschaftlichen Forschung zum Islam in Europa, der sich mit den öffentlichen, rechtlichen und politischen Verhandlungen über kulturelle Diversität, mit dem Platz der Muslime als ethnisch-religiöse Minderheit innerhalb des Nationalstaats und ihrer symbolische Repräsentanz im öffentlichen Raum beschäftigt. Daneben existiert der Strang der Erforschung der kulturellen und religiösen Praxis von Muslimen in Westeuropa und jener der Erforschung der Prozesse der Institutionalisierung des Islam in Europa (cf. Maussen 2005, 5ff). Zur gleichen Forschungsperspektive können die zahlreichen Studien über die Auseinandersetzungen um das islamische Kopftuch in Westeuropa gezählt werden. Zum Thema der Moscheebaukonflikte existieren seit Anfang der 1990er Jahre wissenschaftliche Arbeiten in verschiedenen Ländern und in unterschiedlichen Disziplinen, von der Soziologie über die Geographie bis zur Rechtswissenschaft. Maussen hat einen instruktiven Forschungsüberblick über Studien zu Islam und Moscheebau in Westeuropa verfasst (Maussen 2005). Demnach gehören zu den

Forschungsstand

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frühesten Arbeiten über öffentliche Debatten um Moscheebau in Westeuropa die französischen Arbeiten von Gilles Kepel über die Situation der muslimischen Bevölkerung in Frankreich, einschließlich der Behinderung von Moscheebauten durch die öffentlichen Behörden (Kepel 1991; 1994), der Beitrag des britischen Soziologen und Anthropologen John Eade zu London (Eade 1996), die niederländischen Studien zu Rotterdam (Buijs 1998) und Amsterdam (Lindo 1999) und der französische Beitrag über Strasbourg und Mulhouse des Politikwissenschaftlers Franck Fregosi (Fregosi 2001). Die Übersicht von Maussen, was die frühesten Arbeiten zum Thema betrifft, wäre zu ergänzen wäre mit dem sehr frühen Beitrag von Henry Hodgins zum Moscheebau in Birmingham in den 1970er Jahren (Hodgins 1981), für Deutschland mit den Arbeiten über den Konflikt zum Moscheebau in Mannheim (Albert/ Kamran 1995; Alboga/ Albert 1996). Der Forschungsüberblick beschränkt sich auf eine Auswahl wichtiger deutsch- und englischsprachiger Publikationen in mehreren Disziplinen, ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Im Bereich der Religionswissenschaft im deutschsprachigen Raum beschäftigt sich vor allem Martin Baumann (Religionswissenschaftliches Seminar, Universität Luzern) mit dem Thema der gesellschaftlichen und politischen Konflikte um religiöse Bauten, Symbole und Praktiken in Europa, u. a. mit Konflikten rund um Moschee- und Minarettbauten und den Gebetsruf. In einem frühen Aufsatz (Baumann 1999) analysierte er die Konflikte um den Muezzinruf in Duisburg-Laar in den Jahren 1996/97 sowie um die religiösen Aktivitäten eines Hindu-Tempels der ISKCON (International Society for Krishna Consciousness) in Großbritannien in den 1980er und frühen ’90er Jahren. Baumann bezog sich dabei auf einen soziologischen Konfliktbegriff: Unter Bezug auf Max Weber versteht er Konflikte als soziale Auseinandersetzungen, in denen es »… um Forderungen nach und Teilhabe an gesellschaftlich knappen Ressourcen, Status, Repräsentanz und Macht« geht (Baumann 1999, 190). Bei den betreffenden Konflikten, in denen religiöse Symbole, Bauwerke und Aktivitäten im Zentrum stehen, gehe es primär um die Frage der Teilhabe am bzw. des Ausschlusses aus dem öffentlichen Raum. In der Folge bezieht sich Baumann auf die Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Raum beim britischen Soziologen John Rex; unter »öffentlichem Raum« versteht dieser die politischen, ökonomischen, juristischen und edukatorischen Bereiche der Gesellschaft, im weiten Sinn die nationale Kultur, den »way of life« einer bestimmten Gesellschaft (cf. Baumann 1999, 192). Unter Bezug auf John Rex, Talal Asad und Steven Vertovec betont Baumann, dass der öffentliche Raum keineswegs eine neutrale Sphäre bilde, vielmehr durchzogen sei von bestimmten Wertvorstellungen, die von den dominanten Gruppen der Gesellschaft bestimmt werden – der öffentliche Raum als normiertes, zensiertes und verteidigtes Terrain (cf. Baumann

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1999, 193 f). Die Widerstände gegen die Symbole und Bauten religiöser Minderheiten und Neuankömmlinge könnten von daher »als eine Verteidigung des Überkommenen und der hergebrachten Normierung des öffentlichen Raumes« interpretiert werden (cf. Baumann 1999, 194). Aus der Sicht der Mehrheitsgesellschaft müsse die bisherige »normative Besetzung« des öffentlichen Raums geschützt und verteidigt werden. Darin werde der religionssoziologisch wichtige Sachverhalt deutlich, dass auch in den weitgehend säkularisierten europäischen Gesellschaften der gesellschaftliche Zusammenhalt nach wie vor »mittels Rekurs auf Religion und religiös begründete Normen« erfolge (cf. Baumann 1999, 203). In der Monographie Migration – Religion – Integration (Baumann 2000) behandelt er auch Konflikte um religiöse Stätten und vergleicht dabei gesellschaftliche Auseinandersetzungen um Bauten verschiedener Religionsgemeinschaften in Deutschland (Baumann 2000, 179 – 182). Bereits zu den Konflikten um Moscheebauten in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre in Deutschland (Beispiel: Yavuz Sultan-Moschee in Mannheim, errichtet 1993 – 95) stellt Baumann fest, dass sie sich durch den Grad der Emotionalität der Auseinandersetzungen und des öffentlich-medialen Interesses von Konflikten rund um Bauten buddhistischer und hinduistischer Gemeinschaften unterscheiden (cf. Baumann 2000, 181). Baumann greift das Thema später erneut auf, nicht zuletzt vor dem aktuellen Hintergrund der Lancierung der Minarett-Kampagne in der Schweiz im Jahr 2008 (Baumann 2009). Baumann schärfte nun den Begriff des öffentlichen Raums, indem er sich absetzt von einem Verständnis der Stadt- und Sozialgeographie, die den urbanen öffentlichen Raum als soziale Arena auffasst, in der sich verschiedene Menschen treffen (Märkte, Straßen, Einkaufszentren, Parks, Schwimmbäder, Restaurants, Bahnhöfe, Postämter usw.). Das Interesse gilt nicht konkreten Plätzen, sondern – unter Bezug auf raumtheoretische Reflexionen der britischen Religionswissenschaftlerin Kim Knott (Knott 2005) – der symbolischen Konfiguration von Raum bzw. den semantischen Eigenschaften von Raum (Baumann 2009, 143). Baumann verwendet einen Begriff von »öffentlicher Raum«, der diesen als metaphorisches Terrain auffasst, dem Bedeutungen eingeschrieben sind: »Public space is not void and neutral; rather it is ›filled‹ with attributed meanings and semantics, hard-won rights and claims for partaking by competing social groups.« (Baumann 2009, 143)

Die sozialen Konflikte rund um den Bau von Moscheen und Minaretten in der Schweiz wie in anderen westeuropäischen Ländern könnten aus dieser Sicht verstanden werden als Zusammenprall zwischen der Inanspruchnahme von Rechten durch neue religiöse Akteure und der Verweigerung des Rechts auf Zugang zum öffentlichen Raum und des Rechts auf Anerkennung durch ein-

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flussreiche etablierte Akteure der Gesellschaft. Baumann stellt fest, dass bis zum Jahr 2000 die Errichtung neuer religiöser Gebäude – selbst wenn sie in der typischen architektonischen Gestalt der jeweiligen Religion erfolgte – in der Schweiz keine Kontroversen ausgelöst habe. Erst nach dem 11. September 2001 sei die Errichtung von Moscheen und Minaretten im Kontext einer hitzigen, stereotypen Debatte über »den Islam«, die sich mit der »Ausländer«-Debatte vermengte, zu einem politischen Thema geworden (cf. Baumann 2009, 147). Nach einer Darstellung der betreffenden politischen Debatten in der Schweiz schließt Baumann mit einem historischen Vergleich, nämlich mit dem Bau repräsentativer, monumentaler Synagogen im späten 19. Jahrhundert, die den sichtbaren Ausdruck der politischen Emanzipation der Juden darstellten. Er illustriert damit die Bedeutung von kontextuellen Faktoren wie Politik und das gesellschaftliche Bild von einer bestimmten Religion, die einen starken Einfluss hätten auf die gesellschaftliche Inklusion oder Exklusion einer nichtchristlichen Minderheit. In einem jüngeren Beitrag (Baumann/ Tunger-Zanetti 2010) beschreiben die Autoren zunächst die Pluralisierung der Religionslandschaft in der Schweiz und illustrieren sie mit dem Dokumentationsprojekt »Kuppel – Tempel – Minarett«.6 Schließlich greifen sie im dritten Teil des Beitrags den Begriff des »öffentlichen Raums« als umkämpftes Terrain aus systematischer Perspektive auf: »Religiöse Symbole von neu hinzutretenden Religionsgemeinschaften im öffentlichen Raum stellen etablierte Verhältnisse auf die Probe. Sie sind Zeichen der Neuverhandlung gesellschaftlicher Repräsentanz und Teilhabe.« (Baumann/ Tunger-Zanetti 2010, 154)

Der öffentliche Raum wird als gesellschaftlich konstruiert verstanden, als Ergebnis von Verhandlungen zwischen verschiedenen Ansprüchen und Interessen, das nun aber von den etablierten Bevölkerungsgruppen entgeschichtlicht werde und als etwas verstanden wird, das »immer so gewesen« sei, als »Normalität«. Die Veränderungen des öffentlichen Raumes würden im Normalfall unbemerkt, graduell, »fließend« erfolgen. Wenn der gesellschaftliche Wandel (z. B. in Form von Prozessen der Zuwanderung) beschleunigt erfolge, dann komme es zu einem krisenhaften Ablauf der Aushandlungen über den öffentlichen Raum: »Erst dadurch rückt der öffentliche Raum ins Bewusstsein weiter Teile der Bevölkerung und wird als sensibel und als ›verteidigenswertes Terrain‹ wahrgenommen. Es gelte, 6 Das Projekt wird seit 2007 vom Zentrum Religionsforschung der Universität Luzern (Schweiz) durchgeführt. Die Prozesse rund um die Errichtung neuer religiöser Bauten im Gefolge von Zuwanderungen in der Schweiz (nach 1945) werden dabei dokumentiert und erforscht. Zentrum Religionsforschung der Universität Luzern: Website »Kuppel – Tempel – Minarett. Religiöse Bauten zugewanderter Religionen in der Schweiz«. Internetquelle: www.religion enschweiz.ch/bauten.

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Vorhandenes zu bewahren und dem bedrohenden Neuen und Fremden Einhalt zu gebieten.« (Baumann/ Tunger-Zanetti 2010, 172)

Die Autoren illustrieren diese These mit zwei Beispielen aus der jüngeren Schweizer Geschichte, nämlich dem Bau des Goetheanums in Dornach durch die anthroposophische Bewegung Rudolf Steiners um 1920 und dem Minarettbauantrag in Wangen 2005. Sie machen auf diese Weise Kontinuitäten zwischen diesen Fällen, die mehr als 80 Jahre auseinander liegen, sichtbar : die Vorwürfe an neue religiöse Gruppierungen, dass sie »fremd« seien und nicht in die Schweiz passen würden, dass sie das Land schleichend unterwandern wollten, die Vermengung mit ausländerfeindlichen Ressentiments, die Errichtung öffentlich sichtbarer Bauten und Symbole als Kristallisationspunkt von gesellschaftlichen Kontroversen, usw. Im Kontext der Schweizer Volksabstimmung über die Aufnahme eines Minarettverbots in die Bundesverfassung (29. November 2009) erschienen mehrere wissenschaftliche Veröffentlichungen, nicht zuletzt aus religionswissenschaftlicher Sicht. Samuel M. Behloul, Dozent am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Luzern, wählte in seinem Beitrag Minarettinitiative. Im Spannungsfeld zwischen Abwehr-Reflex und impliziter Anerkennung neuer gesellschaftlicher Fakten den Zugang, diese politische Initiative und die dadurch ausgelöste öffentliche Debatte im historischen Kontext – der longue dur¦e europäischer Wahrnehmungen des Islam einerseits und des westlichen Islamdiskurses nach 9/11 andererseits – zu betrachten (Behloul 2009). Er identifiziert mehrere Analogien zwischen den historischen und den aktuellen Thematisierungen des Islam: Die Dynamik der (negativen) Thematisierung des Islam korrespondiere jeweils (1) mit einschneidenden »Schlüsselereignissen«, wie der Eroberung Konstantinopels, der Belagerung Wiens, der Islamischen Revolution im Iran und der Anschläge des 11. September 2001, (2) mit sozialen und politischen »Umbruchs- und Krisenphasen Europas«, wie die Expansion des Osmanischen Reichs oder heute die Prozesse der Zuwanderung aus muslimisch geprägten Ländern, und (3) mit der Wahrnehmung eines »Systemkonfliktes« zwischen zwei homogenen Blöcken »Islam« und »Westen« (cf. Behloul 2009, 117 f). Ein weitere Überlegung lautet, dass sich in der Minarett-Debatte ein sozialer Umbruch artikuliere: Die Errichtung von repräsentativen Moscheen und Minaretten werde als Indikator wahrgenommen, dass die Migranten muslimischer Zugehörigkeit keine »Gäste auf Zeit« seien, sondern bleiben werden, ein Teil der Gesellschaft werden (cf. Behloul 2009, 119ff). Wie durch den Untertitel seines Beitrags deutlich wird, stellt Behloul das Argument in den Vordergrund: Die Minarett-Initiative anerkenne dieses Faktum gerade durch ihre Bekämpfung des Aufbaus einer religiösen Infrastruktur durch muslimische Organisationen. Er arbeitet jedoch nicht heraus, wie diese Prozesse gesell-

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schaftlichen Wandels und die Moscheebaukonflikte aus einer konflikttheoretischen Sicht genau zusammenhängen. Der Schweizer Religionswissenschaftler und Soziologe Oliver Wäckerlig, der im Rahmen des Schweizerischen Nationalen Forschungsprogramms »Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft« (NFP 58) an einer Masterarbeit zum Minarettkonflikt in der Schweiz arbeitet, hat einen Beitrag zum Ausgangskonflikt der Schweizer Minarettabstimmung im Jahr 2009 verfasst, zum Minarettkonflikt in Wangen (Solothurn). Analytisch bezieht er sich auf die Arbeiten des Geographen Thomas Schmitt (s. u.), wenn er die Auseinandersetzungen um den Minarettbau als »lokalen Rangordnungskonflikt« einordnet, bzw. auf die Arbeiten des Soziologen Jörg Hüttermann (s. u.), wenn er als Konfliktkomponente den sozialen Aufstieg der ehemaligen Gastarbeiter von »unsichtbaren peripheren« zu »sichtbaren avancierenden Fremden« betont (Wäckerlig 2011). Im Rahmen des NFP 58 wurde in den Jahren 2007 – 2011 das Forschungsprojekt »Sichtbar gemachte religiöse Identität, Differenzwahrnehmung und Konflikt« unter der Leitung von Dorothea Lüddeckens, Christoph Uehlinger und Rafael Walthert (Religionswissenschaftliches Seminar der Universität Zürich) durchgeführt. Neben »Kleidung« bestand das Teilprojekt »Bauten«, das nach den Identitäts- und Differenzkonstruktionen in den Diskursen um gegenwärtige religiöse Bauten in der Schweiz fragte. Zwei der sechs Fallbeispiele behandelten die Errichtung eines Minaretts in Wangen und in Langenthal. Die Beispiele belegen, dass nicht nur islamische Bauwerke auf lokaler (und später auf nationaler) Ebene Opposition erfahren, sondern ebenso der Bau einer serbisch-orthodoxen Kirche und eines Hindu-Tempels in Belp (Kanton Bern). Die AutorInnen des Schlussberichts reflektieren die Frage, warum in der Schweiz Bauten, die die Identität einer fremden Religion sichtbar machen, im öffentlichen Diskurs problematisiert werden, aber nicht religiöse Kleidung. Sie stellen die These auf, dass Kleidung in den Bereich der individuellen Wahlfreiheit falle, religiöse Bauten jedoch an der Ebene der Gemeinschaft ansetzen und diese als Gefahr betrachtet würden. Sie betonen die hohe Bedeutung der symbolischen Dimension religiöser Pluralität sowohl aus der Innenperspektive der Bauherren religiöser Bauten wie der Außenperspektive der Umgebung. Welche Bedeutungen den polysemischen religiösen Symbolen von außen bzw. im öffentlichen Diskurs zugeschrieben werden, könne dabei von den Bauherren nicht kontrolliert werden. Die Autoren kommen zu dem Befund, dass die öffentlichen Konflikte nicht an der religiösen Dimension der Bauten ansetzen würden, sondern dass diese als Verkörperung einer fremden Kultur und fremden politischen Ordnung negativ klassifiziert werden (Lüddeckens/ Uehlinger/ Walthert o. J.). Beiträge von Religionswissenschaftlern sind im Band Mosques in Europe. Why a solution has become a problem enthalten, der vom Soziologen Stefano Allievi (Universität Padua) herausgegeben wurde (Allievi 2010): neben dem Beitrag des Autors über

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Moscheebaukonflikte in Österreich (Fürlinger 2010) der Beitrag von Maria Bombardieri über Moscheekonflikte in Italien und Göran Larsson über diese Art sozialer Konflikte in Schweden. Die Beiträge konzentrieren sich auf die Darstellung von einzelnen Fallbeispielen, repräsentieren also der Aufgabenstellung des Herausgebers entsprechend einen deskriptiven, keinen analytisch-systematischen Zugang. 2003 legte Thomas Schmitt mit Moscheen in Deutschland die erste monographische Studie zu Moscheebaukonflikten im deutschsprachigen Raum vor (Schmitt 2003), die disziplinär im Bereich der Geographie verortet ist. Es handelt sich um die gekürzte und überarbeitete Fassung seiner Dissertation an der Technischen Universität München 2002. Sie ist zu Unrecht im Forschungsfeld weniger bekannt als das Buch von Hüttermann Das Minarett, vermutlich weil das Buch im Selbstverlag erschienen und etwas schwerer zugänglich ist.7 Von seiner Verortung in der Sozial- und Politischen Geographie aus sucht Schmitt für ein Verstehen der Moscheebaukonflikte v. a. den Austausch mit Ansätzen in der Konfliktforschung. Den Kern bilden fünf Fallstudien der Prozesse rund um die Errichtung und Nutzung von Moscheebauten in Deutschland, und zwar in Gladbeck, Lauingen, Bobingen, Lünen und Duisburg. Methodisch wählte Schmitt für die Untersuchung der Fallbeispiele den Zugang der qualitativen Sozialforschung. Im Sinne eines qualitativ-explorativen Vorgehens entwickelte er aus dem empirischen Material der Fallstudien einen konflikttheoretischen Rahmen, der u. a. zwischen drei Konfliktdimensionen unterscheidet: raumbezogene, ethnisch-kulturelle und religionsbezogene (Schmitt 2003, 109 – 148). Sie lassen sich zwar theoretisch trennen, gehen jedoch in den konkreten Konfliktfällen ineinander über, z. B. wenn sich negative Erfahrungen mit türkischen Jugendlichen (ethnische-kulturelle Ebene) in einer Abwehr der Moschee (religionsbezogene Ebene) niederschlagen (cf. Schmitt 2003, 347). Für die Differenzierung von Konfliktarten bezieht er sich zunächst auf die Unterscheidung von Bernhard Giesen zwischen Rangordnungskonflikten, Verteilungs- und Ressourcenkonflikten sowie Regel- und Wertkonflikten und ergänzt diese Konfliktarten um die Kategorie von Identitäts- und Anerkennungskonflikten (cf. Schmitt 2003, 94 f). Auch hier hält er fest, dass ein bestimmter Konfliktfall rund um Moscheebau und -nutzung nicht einer einzigen Konfliktart zugeordnet werden sollte, sondern dass diese Konflikte gleichzeitig Elemente verschiedener Konfliktarten aufweisen können und bestimmte Konfliktarten unterschiedliche Phasen des Konfliktverlaufs dominieren können (ibid.). Auf der ethnisch-kulturellen Ebene des Konflikts siedelt Schmitt Ängste vor einer Veränderung der 7 Mittlerweile ist das Buch im Internet verfügbar : Website Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften Göttingen. Internetquelle: www. mmg.mpg.de/fileadmin/user_upload/…/Moscheen_in_Deutschland.pdf (Zugriff 30. 5. 2013).

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vertrauten Umgebung, vor einem Verlust des bisherigen Charakters oder des Rufs des Ortes, einer »Türkisierung« der eigenen Lebenswelt, verbunden mit Formen offener Fremdenfeindlichkeit, die sich vor allem gegen die türkischstämmige Bevölkerung richte (cf. Schmitt 2003, 348). Dazu trete der Anspruch von Vorrechten der »etablierten« Bevölkerung gegenüber den »Fremden«. Auf der religionsbezogenen Ebene der von ihm untersuchten Moscheekonflikte ortet Schmitt eine Ablehnung des Islam, der als homogener Block, von einem Teil der Akteure als »antichristliche Religion« wahrgenommen werde (cf. Schmitt 2003, 349). Die raumbezogene Ebene der Konflikte umfasse Anrainerinteressen, z. B. die Angst vor Ruhestörung durch den Moscheebetrieb, oder städtebauliche Einwände – die aber auch vorgeschoben werden könnten, um die eigentliche, ethnisch-kulturelle oder islambezogene Ablehnung zu kaschieren (ibid.). Insgesamt besticht die Studie durch ihr sorgfältiges, systematisches Vorgehen und die klare Gliederung. Vor allem seine Bezugnahme auf Giesens Modell von Rangordungs-, Verteilungs- und Wertkonflikten für die Erklärung der Konfliktdynamik um Moscheebauten sollte sich in der Folge als einflussreicher theoretischer Rahmen erweisen (z. B. bei Hohmann 2007). Seine wichtige Einsicht, dass die Moscheebaukonflikte nicht auf eine Konfliktart reduziert werden sollten, wird dabei manchmal übersehen. Als Mangel könnte man reklamieren, dass Schmitt zwar die hohe Bedeutung der symbolischen Ebene in den Konflikten um die Errichtung und Nutzung von Moscheen erwähnt (cf. Schmitt 2003, 354), aber nicht theoretisch darauf eingeht, und dass er neuere raumwissenschaftliche Zugänge nicht berücksichtigt. Aufbauend auf die Dissertation von 2003 hat Schmitt weitere Arbeiten zum Thema Moscheebaukonflikte in Deutschland vorgelegt (u. a. Schmitt 2004; Kraft/ Schmitt 2008), zuletzt eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Dissertation, ergänzt durch eine aktuelle Darstellung neuerer Entwicklungen, u. a. einem Vergleich zwischen den völlig verschieden ablaufenden Moscheebauprozessen in Duisburg-Marxloh und in Köln-Ehrenfeld (Schmitt 2013).8 Im Bereich der Soziologie im deutschsprachigen Raum ist Jörg Hüttermann mit sozialwissenschaftlichen Arbeiten zu Moschee- und Minarettbaukonflikten hervorgetreten. Er ist seit 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld, das von Wilhelm Heitmeyer geleitet wird. Zwischen November 2000 und Oktober 2002 führte Hüttermann das Forschungsprojekt Konflikte um religiöse Symbole: Moscheebau und Muezzinruf in deutschen Städten durch. Es handelte sich um die Erforschung von zwei Fallbeispielen: um den Konflikt um den Minarettbau in Halle (Westfalen) und um den Verlauf des Baus einer repräsentativen Moschee in Duisburg-Marxloh, bei dem es zu keinem Konflikt kam. Methodisch wurde 8 Ich danke Herrn PD Dr. Thomas Schmitt für die Zusendung dieses Artikels.

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die Erhebung auf Basis narrativer Interviews, ethnographischer Feldforschung sowie der Auswertung von Archivdokumenten und Medienberichten durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in Form eines Artikels (Hüttermann 2003), der Monographie Das Minarett. Zur politischen Kultur des Konflikts um islamische Symbole (Hüttermann 2006) und in weiteren Artikeln (Hüttermann 2007a; 2007b) veröffentlicht. Hüttermann stellt in diesem Buch einleitend fest, dass die Konflikte um muslimische Symbole im öffentlichen Raum erst jetzt, Jahrzehnte nach der Zuwanderung der Arbeitsmigranten aus der Türkei, auftreten, »…weil sich die Figurationen, die impliziten und expliziten Machtbeziehungen zwischen Menschen beziehungsweise zwischen sozialen Großgruppen im öffentlichen Raum, erst jetzt deutlich verändern. Es ist der durch das Kristallisationsereignis Islam schlagartig beleuchtete und zugleich verdunkelte Figurationswandel, der den Konflikt erzeugt, und häufig … ist der Konflikt um islamische Symbole das Medium, in dem sich der Figurationswandel realisiert.« (Hüttermann 2006, 15)

In den Konflikten rund um die Errichtung von Moscheen und Minaretten durch die muslimische Minderheit gehe es nicht nur um Regel- und Ressourcenkonflikte, sondern um Rangordnungskonflikte: In ihnen werde die gesellschaftliche Rangordnung, die Hierarchie zwischen den »Etablierten« und den »Außenseitern«, zwischen Alteingesessenen und Zuwanderern verhandelt (cf. Hüttermann 2006, 15 f). Hüttermann nimmt hier eine Kategorisierung von Konflikttypen durch Bernhard Giesen (Giesen 1993) auf, auf die sich bereits Thomas Schmitt in seiner Analyse von Moscheekonflikten in Deutschland bezogen hatte (Schmitt 2003).9 Hüttermanns analytischer Zugang stützt sich u. a. auf den Begriff der »Figuration«, den Norbert Elias Anfang der 1970er Jahre einführte. Nun ist der Figurationswandel für Elias ein langfristiger Prozess, der mindestens drei Generationen umfasse (cf. Elias 2006, 109).10 Hüttermann müsste also, wenn er das Konzept als zentralen Begriff der Analyse von Moscheebaukonflikten einsetzt, die Dynamik der Veränderungen der Position der Arbeitsmigranten im »sozialen Raum« in ihrer Verflechtung, ihrer wechselseitigen Abhängigkeit mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft über einen längeren Zeitraum hinweg herausarbeiten. Tatsächlich wird der »Figurationswandel« von Hüttermann in dieser Publikation nur erwähnt, aber nicht dargestellt. Ein weiterer zentraler Begriff in Hüttermanns Analyse ist das Gastrecht. Er stützt sich dabei auf den Anthropologen Julian Pitt-Rivers, der für seine Forschungen zum Thema Ehre und Scham in traditionellen Gesellschaften bekannt geworden ist. Hüttermanns interessante Überlegung lautet: Unterhalb der 9 Hüttermann erwähnt an dieser Stelle die Arbeit von Schmitt nicht. 10 Hinweis: Treibel 2009, 140 f.

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Ebene des modernen Rechts im demokratischen Staat sei es in der lebensweltlichen Wirklichkeit in Wahrheit das traditionelle Gastrecht, das in den Moscheeund Minarettbaukonflikten den normativen Bezugsrahmen für die Konfliktparteien – die »Alteingesessenen« und die »Zugewanderten« – bilde. Die muslimische Konfliktpartei würde dem Gastrecht entsprechend z. B. akzeptieren, dass man sich den Regeln des Gastgebers zu fügen habe. In der Bezugnahme auf das Gastrecht, die in den Moscheebaukonflikten wirksam sei, werde die soziale Asymmetrie zwischen den sozialen Gruppen, zwischen »Gast« und »Gastgeber«, bekräftigt (Hüttermann 2006, Kap. 3; vgl. Hüttermann 2003). Ein Defizit dieses Zugangs lag in der Begrenztheit der empirischen Daten, die Hüttermann anhand eines einzigen Fallbeispiels (Minarettbau in Halle) erhoben hat, und den generalisierenden Schlussfolgerungen, die er daraus zog. Dieser Befund bestätigt die Kritik von Matthias Koenig, dass »es den Befunden der überwiegend deskriptiv vorgehenden mikroorientierten Forschung häufig an Generalisierbarkeit« (Koenig 2010, 145 f) mangelt. Als Beispiel nennt Koenig das Buch von Hüttermann Das Minarett. In einem jüngeren Artikel (Hüttermann 2011) analysiert er die Soziogenese der Moscheekonflikte aus figurationssoziologischer Sicht, indem er sich wie schon in Das Minarett auf die Gastrechtsideologie in der Einwanderungsgesellschaft bezieht. Er unterscheidet dabei idealtypisch vier Phasen des Figurationswandels in Deutschland: (1) Den Fremden (»Gastarbeitern«) wurde von den Etablierten (»Gastgebern«) ihr Platz in der gesellschaftlichen Hierarchie, am Rand der Gesellschaft zugewiesen; diese Rollenverteilung wurde vom Gastrecht legitimiert. In dieser frühen Phase waren die Neuankömmlinge als »periphere Fremde« im öffentlichen Raum nicht sichtbar. (2) Es traten ab den 1970er Jahren »soziale Anwälte« im Bereich der Gewerkschaften, der Kirchen usw. auf, die für die Neuankömmlinge eintraten und für sie sprachen. Dadurch kam es zu einer minimalen Verschiebung der Machtbalance zugunsten der Zugewanderten. (3) In den 1990er Jahren begannen die Migranten der zweiten Generation, ihre Interessen selbst zu vertreten und an den öffentlichen Diskussionen als Anwälte in eigener Sache mitzuwirken. Aus dem Gast wurde der »avancierende Fremde«, der in der Öffentlichkeit mit seinen Ansprüchen und seinem Protest sichtbar und hörbar wird. Diese Überschreitung der von der Mehrheit festgelegten Grenzen, die Veränderung der Machtbeziehungen löst Rangordnungskonflikte aus. (4) Spätestens seit 9/11 wird der avancierende Fremde als »muslimisches Kultursubjekt« konstruiert und kulturalistisch verfremdet. Das geschieht vor allem auf der visuellen Ebene, wenn Medienberichte über Migranten aus islamischen Ländern überwiegend mit Bildern betender Männer oder

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Frauen mit Kopftuch illustriert werden, aber auch durch akademische Diskurse, die ein essentialistisches Verständnis muslimischer Identität, Kultur und Religion vertreten. Erst in den letzten beiden Phasen (»Sequenzen« 3 und 4) seien Konflikte um die Errichtung von Moscheen manifest geworden. Hüttermann vertritt nun die These: (a) Die ehemaligen Zuwanderer stellen wegen ihres sozialen Aufstiegs, ihres Selbstbewusstseins, ihrer Einforderung von Rechten (z. B. des Baus repräsentativer Moscheen) die überkommenen gesellschaftlichen Rangordnungsgrenzen in Frage. (b) Gerade deshalb werden sie zu »gefährlichen Fremden« und Kultursubjekten stilisiert (cf. Hüttermann 2011, 50). M.a.W.: Die Stigmatisierungen der muslimischen Minderheit wurzeln in einem innergesellschaftlichen Rangordnungskonflikt, den diese zugleich vorantreiben (cf. Hüttermann 2011, 60). Die zeitgenössischen Konflikte rund um islamische Symbole versteht Hüttermann also dezidiert nicht als Kultur-, Religions- oder Wertekonflikte (cf. Hüttermann 2011, 58): Es handle sich vielmehr um ein soziales Problem, das sozial erklärt werden müsse (cf. Hüttermann 2011, 60). »Die soziale Natur des Konflikts um islamische Symbole in der deutschen Einwanderungsgesellschaft besteht in dem sich als Intergruppenkonflikt vollziehenden Rangordnungskampf zwischen Alteingesessenen und Zugewanderten, der schon in den 1960er Jahren einsetzt.« (Hüttermann 2011, 75)

In einem weiteren Schritt ordnet er bestimmte Moscheebauprojekte den vier Phasen des Figurationswandels zu. In der Phase 1 und 2 konnten vorgesehene Moscheebauprojekte einfach aufgrund der Machtposition der einheimischen Eliten und der mangelnden Kenntnisse der Rechtslage durch die Moscheevereine verhindert werden, wie Hüttermann am Beispiel von Espelkamp (Nordrhein-Westfalen) veranschaulicht. Er schildert aber auch den Fall der Errichtung einer Moschee in Lauingen (Bayern) in den Jahren 1993 – 96, in dem der Paternalismus des örtlichen Bürgermeisters das entgegengesetzte Ergebnis hervorbrachte: Der muslimische Verein hatte ein neutrales Gebäude ohne äußere Kennzeichen einer Moschee vorgesehen, der Bürgermeister forderte jedoch den Bau einer repräsentativen, »richtigen« Moschee mit Minarett und Kuppel und unterstützte den Verein bei der Durchsetzung des Bauprojekts (cf. Hüttermann 2011, 64 f; Kraft 2002, 116ff). Der Phase 3, in der die »avancierenden Fremden« ihre Anliegen selbst in die Hand nehmen und Rechtsansprüche geltend machen, ordnet er den Konflikt um den Antrag (Ende des Jahres 1995) eines türkischen

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Moscheevereins auf den lautsprecherverstärkten Gebetsruf in Duisburg-Laar zu. Für die Phase 4 bringt Hüttermann das Beispiel des überregional bekannt gewordenen Konflikts um die DI˙TI˙B-Moschee in Köln-Ehrenfeld. Wortmeldungen von intellektuellen Gegnern des Projekts wie Ralph Giordano und Dieter Wellershof werden von ihm als Beispiel für einen kulturalistisch gewendeten öffentlichen Diskurs über Zugewanderte muslimischer Zugehörigkeit gebracht. Kritisch anzumerken ist, dass Hüttermann die vier »Sequenzen des Figurationsprozesses« selbst als idealtypisch einschränkt, dann aber der Suggestivität des vereinfachenden Schemas zu erliegen scheint. Konflikttheoretisch reduziert Hüttermann meines Erachtens die Komplexität von Moscheebaukonflikten, wenn er sie allein als soziale Rangordnungskonflikte einordnet, dabei aber die bedeutende Rolle von (möglichen) genuin religiösen und kulturellen Faktoren in der Konfliktdynamik ausblendet bzw. kategorisch ausschließt. Damit fällt er hinter die Differenzierung ethnisch-kultureller, raumbezogener und religionsbezogener Konfliktdimensionen zurück, die Schmitt in seiner Studie eingeführt hatte (Schmitt 2003). Im Bereich der Soziologie in Italien ist Stefano Allievi (Universität Padua) der führende Experte für das Thema der Konflikte rund um muslimische Bauten und Symbole in Europa. In seinen Beiträgen stellt er diese in den allgemeinen Kontext der Kritik, Ablehnung und Infragestellung des Islam (cf. Allievi 2009, 12; 2010, 38 f). Wie Baumann unterstreicht er in mehreren Beiträgen (Allievi 2003; 2009) aber auch spezifische Aspekte, nämlich die Bedeutung des öffentlichen Raumes und seiner symbolischen Ladung: Bei den Moscheebauprojekten gehe es nicht allein um architektonische und städtebauliche Fragen, vielmehr berühren sie »… die Wahrnehmung der Kontrolle über das Territorium, seine symbolische Prägung« als »… ein sehr konkretes und materielles Zeichen von Herrschaft und Macht« (Allievi 2003, 7 f; cf. Allievi 2009, 38 f). Der Streit um den europäischen öffentlichen Raum im Falle von Moscheebauten drehe sich um die Frage der »symbolischen Aneignung von Territorium« (ibid.; cf. Allievi 2009, 13). Allievi erklärt von daher die heftigen gesellschaftlichen Reaktionen auf die Errichtung von Moscheen, die Auslösung einer »Wir/Sie«-Dynamik, eines Identitätsreflexes, der im Fall anderer umstrittener Bauwerke in der Regel nicht erfolge (cf. Allievi 2009, 39). Er vertieft jedoch diesen Erklärungsansatz auf der Achse »Raum – Symbol – Macht« theoretisch nicht, sondern konzentriert sich auf die deskriptive Darstellung von Fallbeispielen aus verschiedenen europäischen Ländern. Im Bereich der Architektur ist die Dissertation der Architektin und Kunsthistorikerin Sabine Kraft erschienen, in der sie sechs Moschee-Neubauten in Deutschland analysiert, und zwar in Aachen, Hamburg, Lauingen, Mannheim, München und Pforzheim (Kraft 2002). Für die architekturtheoretische Einordnung der Bauten wendet sie drei Kategorien von Moscheen in der westlichen

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Diaspora an, die der Architekturkritiker Omar Khalidi (Khalidi 2000) entwickelt hat: (a) ein rein traditioneller Moschee-Stil: die direkte Übernahme von architektonischen Vorbildern aus islamischen Ländern, die ohne Änderungen in den europäischen Kontext verpflanzt werden – ohne »auf die Umgebung, also den städtebaulichen Zusammenhang oder die regionale Bauweise einzugehen oder diese sogar zu ignorieren« (Kraft 2000, 204); (b) eine neue Interpretation der traditionellen Moscheearchitektur, u. a. durch eine Kombination oder Synthese von traditionellen Moschee-Elementen mit Elementen europäischer Architektur ; als gelungene europäische Beispiele dafür führt Kraft die große Moschee in Rom (»Islamic Centre Mosque«) an (cf. Kraft 2000, 207), ebenso die in den 1960er Jahren entstandene Bilal-Moschee in Aachen (cf. Kraft 2002, 88); (c) die architektonische Innovation, die Neuinterpretation des islamischen Sakralbaus, die sich von einem ethnisch-nationalen Geschmack und historischen Stil löst; das Problem dabei stelle aber dar, dass solche Moscheen von den Nutzern oft abgelehnt würden (cf. Kraft 2000, 207). Anhand der Beispiele der Moscheen in Pforzheim und Mannheim arbeitet sie die Homogenität in der Architektursprache der Moscheen heraus, die in den 1990er Jahren durch türkisch-muslimische Institutionen in Deutschland gebaut wurden und die einen rein historistischen Zugang repräsentieren, nämlich den Rückgriff auf einen neo-osmanischen Moscheebaustil. Sie interpretiert diese architektonischen Entscheidungen, die sie kritisch »verpflanzte Traditionsmoschee« (Kraft 2000, 208) nennt, als Versuch der türkischen Migranten, mittels traditioneller architektonischer Elemente einen heimatlich-vertrauten Ort inmitten der als fremd erlebten Gesellschaft zu schaffen, der für die zugewanderten Menschen eine identitätsstärkende Funktion hat: »Als Symbol geben sie emotionalen Halt und verschaffen ihnen ein Gefühl der Heimat, indem sie die architektonische Erinnerung an die Sakralbauten des Herkunftslandes wachrufen.« (Kraft 2000, 221; vgl. 217)

Konflikthafte Auseinandersetzungen, die mit den Neubauten verbunden waren, sind Teil der Darstellung der sechs Moscheebauprojekte, werden aber nicht vertiefend analysiert. Ihr Fokus liegt auf der architektonischen Gestalt der Moscheebauten, die allerdings einen nicht unwesentlichen Faktor für die Konflikte mit der Umgebung bildet: Eine Moschee, die als exotischer »Fremdkörper« wahrgenommen werde, könne unter Umständen negative Wirkungen erzeugen (cf. Kraft 2000, 203). Sie berücksichtigt allerdings zu wenig, dass auch neutrale Gebäude muslimischer Organisationen ohne klassische bauliche Elemente einer Moschee heftige Widerstände hervorrufen, wie zum Beispiel die Fälle der Er-

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richtung eines islamischen Zentrums in Wiener Neustadt (2011/12) oder der geplante Ausbau des islamischen Zentrums in Wien-Brigittenau (Dammstraße) durch den Dachverband ATI˙B zeigen. Im Bereich der Politikwissenschaft ist 2004 ein Beitrag über Diskurse zu Moscheebau in den Niederlanden in den Jahren zwischen 1980 und 2002 von Marcel Maussen erschienen, der die öffentlichen Diskussionen über Moscheebau am Beispiel von Rotterdam untersucht (Maussen 2004). Er zeigt darin, wie sich die Interpretation großer, repräsentativer Moscheen parallel zur Veränderung des politischen und gesellschaftlichen Klimas gegenüber den muslimischen Zuwanderern wandelt: Wurden die Moscheebauten in den Niederlanden in der Mitte der 1990er Jahre positiv als Zeichen der kulturellen und religiösen Diversität betrachtet und in Programme der Stadtplanung und Stadterneuerung integriert, so wurden sie nach 2001 und nach dem Erfolg der anti-muslimisch agierenden Partei von Pim Fortuyn als Symbol der rückwärtsgewandten Haltung der Migranten und ihrer Integrationsunwilligkeit kritisiert und in der Öffentlichkeit heftig debattiert. 2009 publizierte er die vergleichende Studie Constructing Mosques. The governance of Islam in France and the Netherlands (Maussen 2009). Es handelt sich um eine Dissertation, die Maussen im gleichen Jahr an der »Amsterdam School for Social Science Research« einreichte. Er vergleicht darin die öffentlichen Diskussionen um die Errichtung von Moscheebauten in Frankreich und den Niederlanden, verstanden als Teil der sozialen Prozesse, mit denen die Integration des Islam in den westeuropäischen Gesellschaften zu regulieren versucht wird. Diese Diskussionen werden vor dem Hintergrund der jeweiligen nationalen Modelle der Regulierung der institutionellen Beziehungen zwischen Staat und Religion, besonders der Regelungen zur staatlichen Finanzierung von Gotteshäusern, betrachtet. Ein zentrales Element bilden die empirischen Fallstudien zu den über dreißig Jahre andauernden Diskussionen über Moscheebauprojekte in Rotterdam und Marseilles. Maussen analysiert sie im Kontext des jeweiligen kolonialen Regimes des Islam durch Frankreich und die Niederlande. Die Religionswissenschaftlerin Bärbel Beinhauer-Köhler (Universität Frankfurt am Main) legte zusammen mit dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie eine Monographie Moscheen in Deutschland vor (Beinhauer-Köhler/ Leggewie 2009). In ihrem Beitrag stellt sie im ersten Teil die Geschichte des Moscheebaus in Deutschland dar, wobei sie auch die Frage der zeitgenössischen Moscheearchitektur kurz behandelt, im zweiten Teil die traditionellen Funktionen der Moschee. Das Thema Moscheekonflikte wird in diesem Buch von Leggewie behandelt, aufbauend auf eine frühere Publikation (Leggewie/ Joost/ Krech 2002) sowie auf die Tagung »Sakralbauten und Moscheekonflikte. Zur Formgebung religiöser Freiheit« von 5. bis 6. Mai 2008 des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen, dessen Direktor Leggewie ist. Er konzeptualisiert

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Moscheekonflikte als »hochbrisante symbolische Anerkennungskonflikte« (Leggewie 2009, 122), in denen es um weit mehr geht als um Auseinandersetzungen um Lärm, Parkplätze und die konkrete Funktion der Moschee. Im Unterschied zu Nachbarschaftskonflikten, die teilbar sind, in denen ein Dissens in der Sache besteht und Kompromisse (z. B. Entschädigungen) ausgehandelt werden können, würden Moscheekonflikte als unteilbare Konflikte erscheinen, in denen es um zentrale Prinzipien und um die Identität von sozialen Gruppen gehe (cf. Leggewie 2009, 122) und die deshalb schwieriger zu lösen sind. Die Aufgabe bestehe darin, »… unteilbare in teilbare Konflikte zu verwandeln, also aus dem ›Entweder-oder‹ ein ›Mehr oder Weniger‹ zu machen.« (Leggewie 2009, 123) Er nimmt hier die Unterscheidung von zwei Konfliktarten auf, die von Albert O. Hirschman stammt: Dieser behandelt »… teilbare Konflikte des Mehroder-Weniger im Gegensatz zu den kategorischen Konflikten des EntwederOder beziehungsweise des Unteilbaren« (Hirschman 1994, 301).11 Als Beispiele für letztlich teilbare Konflikte nennt er den gesellschaftlichen Streit um die Verteilung des Sozialprodukts, als Beispiel für unteilbare Konflikte den Streit um den Multikulturalismus oder um die Abtreibung. Man könnte die beiden Konfliktarten auch als Interessenskonflikte versus Anerkennungs- und Identitätskonflikte charakterisieren. Nach diesen analytisch allgemeinen Bemerkungen von Leggewie folgen mehrere Fallbeispiele von Moscheebaukonflikten in Deutschland (u. a. Essen, Frankfurt, Köln, München, Berlin) sowie pragmatische Handlungsempfehlungen zugunsten eines konstruktiven Verlaufs von Moscheebauprojekten (cf. Leggewie 2009, 202 – 218). 2010 erschien die politikwissenschaftliche Dissertation von Farid Hafez, die öffentliche Aussagen der politischen Parteien rund um die Moschee- und Minarettbauverbote durch die Länder Kärnten und Vorarlberg untersucht (Hafez 2010). Im Kern handelt es sich um eine diskursanalytische Untersuchung von Presseaussendungen der politischen Parteien sowie der entsprechenden Landtagsdebatten in Vorarlberg und Kärnten in den Jahren 2007 und 2008. Die Bedeutung des Buches liegt in einer breiten Dokumentation des parteipolitischen Diskurses rund um die Änderungen der Bau- und Raumordnungen in Kärnten und Vorarlberg. Eine kurz gefasste Darstellung der Diskurse rund um die Änderungen der Bau- und Raumordnung in Kärnten und Vorarlberg bietet der Artikel von Farid Hafez und Richard Potz (Hafez/ Potz 2009). Neben diesen umfassenden Studien sind zahlreiche Fallstudien zu einzelnen Moscheebaukonflikten in einzelnen Ländern, Regionen und Städten aus der Perspektive verschiedener Disziplinen erschienen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen einige wichtige Publikationen angeführt werden. Die Grenzen 11 Diese Unterscheidung wurde bereits von Schmitt für die Analyse von Moscheebaukonflikten aufgegriffen (cf. Schmitt 2003, 96).

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werden allein sprachlich gezogen, wodurch mir z. B. die wissenschaftliche Literatur in Französisch und Niederländisch zum Thema nicht zugänglich ist.

Österreich: Für Österreich existiert ein kurzer Beitrag zum Konflikt rund um den geplanten Ausbau eines ATI˙B-Zentrums in Wien, 20. Bezirk (Dammstraße) aus politikwissenschaftlicher Sicht (Kübel/ Pfeffer/ Stöbich 2008). Im gleichen Jahr erschien die politikwissenschaftliche Diplomarbeit von Jana Kübel zum gleichen Fall (Kübel 2008); im analytischen Teil (84 – 97) übernimmt sie zur Erklärung der Konfliktdynamik hauptsächlich das anthropologische Konzept des »Gastrechts« auf Basis von Hüttermann (Hüttermann 2006). In einem jüngeren Beitrag vergleicht sie die Konflikte rund um den Ausbau des ATI˙B-Zentrums Dammstraße in Wien-Brigittenau und um den DI˙TI˙B-Moscheebau in Köln-Ehrenfeld (Kübel 2012). Deutschland: Für Deutschland liegen u. a. die frühen Untersuchungen zu den Konflikten rund um den Moscheebau in Mannheim 1993 – 95 vor (Albert/ Kamran 1995; Alboga/ Albert 1996; Spuler-Stegemann 1998, 17 – 27).12 Einzelne Fälle von Moscheebaukonflikten untersuchen auch die sozialgeographische Arbeit zum Moscheekonflikt in Wächtersbach im Bundesland Hessen (R. Schmitt 2003), der sozialanthropologische Beitrag zu einem Moscheebaukonflikt in Berlin (Jonker 2005) sowie soziologische Diplom- bzw. Magisterarbeiten zum Moscheebauprojekt in Schlüchtern im Bundesland Hessen (Brunn 2006; Hohmann 2007). In einer religionswissenschaftlichen Magisterarbeit an der Universität Heidelberg untersucht Hanna L. Bauschke den Konflikt um den Moscheebau in Köln-Ehrenfeld (Bauschke 2010). Niederlande: Für die Niederlande liegen u. a. die Studie zum Bau einer türkischen Moschee in Tilburg durch Hermann Beck (Beck 2002), die Fallbeispiele zu den drei Städten Deventer, Driebergen und Utrecht (Landman/ Wessels 2005), die die überraschend geringe Intensität und den begrenzten Umfang der Moscheekonflikte in diesen Fällen belegen, sowie die beiden Fallbeispiele zu Driebergen und Rotterdam (Landman 2010) vor. Wichtige Publikationen zum Thema hat Thijl Sunier (Universität Amsterdam) vorgelegt, unter anderem eine theoretisch anspruchsvolle und sorgfältige Analyse der Entwicklungen rund um den Moscheebau in den letzten 25 Jahren in Rotterdam (Sunier 2005). Großbritannien: Eine Pionierarbeit geht auf die Verhandlungen zu Moscheebauten zwischen muslimischen Organisationen und lokalen Behörden am Beispiel von Birmingham ein; bei der Planung von Moscheebauten wurde durch die 1970er Jahre hindurch von den Behörden Druck ausgeübt, dass die Gebäude nicht wie Moscheen aussehen sollten. Zahlreiche Einreichungen wurden abgelehnt, weil sie als zu »orientalisch« befunden wurden (Hodgins 1981). In einem 12 Hinweis: Baumann 2000, 181, Fn. 7.

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späteren Beitrag stellte Nielsen fest, dass Birmingham eine neue Politik eingeschlagen und sich die Situation für die muslimischen Organisationen verbessert habe (Nielsen 1988). Gale (2004; 2007) schließt an diese frühen Arbeiten zu Birmingham an, indem er die Interaktion zwischen den lokalen Bau- und Planungsbehörden und muslimischen Organisationen beim Bau von Moscheen untersucht. Die Artikel stehen in einer Reihe instruktiver Beiträge zur Rolle der Stadtplanung und der Baubehörden bei der Errichtung von Religionsbauten ethnisch-religiöser Minderheiten in Großbritannien (Gale 1999; Gale/ Naylor 2002; Peach/ Gale 2003); sie zeigen u. a. den Widerstand der lokalen Stadtplanungsbehörden bei der Errichtung von kleinen Arbeiter-Moscheen auf. Naylor und Ryan untersuchen die Geschichte des Baus der ersten Moschee in London; sie interpretieren die öffentlichen Debatten über die Errichtung von Moscheen als Verhandlungen über den ethnischen und religiösen Ausdruck des Rechtes zur Stadt zu gehören (Naylor/ Ryan 2002). Ein Beitrag über die Planung und Errichtung von Moscheen in Bradford untersucht die Umstände, warum es im Fall von Bradford zu keinen Moscheebaukonflikten gekommen ist (McLoughlin 2005). Ein politikwissenschaftlicher Beitrag beschäftigt sich mit der Verhinderung eines Moscheebaus in Dudley (West Midlands) im Jahr 2007 (Reeves/ Abbas/ Pedroso 2009). Eine kurze Studie der Sheffield Hallam University untersucht die Errichtung einer großen Moschee in der nordenglischen Stadt Sheffield (Bashir/ Flint 2008). Italien: Moscheebaukonflikte in Norditalien untersuchen Saint-Blancat und Schmidt di Friedberg aus politikwissenschaftlicher Sicht (Saint-Blancat/ Schmidt di Friedberg 2005). Slowenien: Die Kontroversen rund um die Planung der ersten repräsentativen Moschee in Slowenien in Ljubljana behandelt ein Artikel von Srecˇo Dragosˇ (Dragosˇ 2005). Griechenland: Zu den politischen Debatten und Kontroversen rund um die Einrichtung einer repräsentativen großen Moschee in Athen sind u. a. Beiträge von Anna Triandafyllidou und Ruby Gropas erschienen (Triandafyllidou/ Gropas 2009; Anagnostou/ Gropas 2010) erschienen. Frankreich: Einen Überblick über die Situation des Moscheebaus in Frankreich bietet der Beitrag von Jocelyne Cesari (Cesari 2005b). Spanien: Der Soziologe Avi Astor vergleicht die Region Katalonien mit anderen Regionen Spaniens und geht der Frage nach, warum im Umraum von Barcelona die Opposition gegenüber Moscheebauten besonders stark ist, während sie um Umraum von Madrid nicht existiert (Astor 2009). Im August 2011 legte er an der Universität Michigan in Ann Arbor (USA) die Dissertation »Mobilizing against Mosques: The Origins of Opposition to Islamic Centers of Worship in Spain« vor. Aus der Dissertation ging eine Fallstudie zum Mo-

Forschungsstand

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scheekonflikt in Badalona (Katalonien) hervor, wo die größte Kampagne gegen einen Moscheebau organisiert wurde (Astor 2012). Finnland: Im Rahmen seines Überblicks über Muslime in Turku beschreibt der finnische Religionswissenschaftler Tuomas Martikainen den Konflikt um den Bau eines islamischen Zentrums in Turku, der die nationalen Medien erreichte und auf lokaler Ebene über mehrere Monate debattiert wurde (Martikainen 2000). Der von Stefano Allievi herausgegebene Sammelband Mosques in Europe (Allievi 2010) bietet einen Überblick über Moscheebaukonflikte in verschiedenen europäischen Ländern, u. a. in Österreich (Fürlinger 2010).

II. Historisch-politischer Kontext: Globale Migration, Islam und Rechtsradikalismus in Westeuropa seit 1945

Einleitung Religion kann nur auf einer abstrakten Ebene als isolierte Gegebenheit betrachtet werden – in Wirklichkeit ist sie immer in soziale, politische, kulturelle, rechtliche, wirtschaftliche, historische Kontexte und Machtverhältnisse eingebettet, mit ihnen verwoben und von ihnen geprägt. Von daher befinden sich auch die Institutionalisierung des Islam und der Moscheebau in Europa am Kreuzungspunkt historischer, politischer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, kultureller, rechtlicher und religiöser Entwicklungen. Sie sind Gegenstand verschiedener gesellschafts- und kulturwissenschaftlicher Disziplinen wie Politikwissenschaft, Soziologie, Anthropologie, Geographie und Religionswissenschaft. Diese Entwicklungen erfolgen in einer Dynamik der »Glokalisierung« (Robertson 1998), in der lokale und globale Räume und Prozesse verschränkt sind. Ein religionswissenschaftlicher Zugang zu den Themen Moscheebau und Moscheebaukonflikte muss versuchen, dieser Durchdringung verschiedener Dimensionen so weit wie möglich gerecht zu werden, indem - der Gegenstand über die religiösen Phänomene hinaus um andere Dimensionen erweitert wird; - die Perspektive der Religionswissenschaft mit der anderer wissenschaftlicher Disziplinen ergänzt wird; - die lokalen Vorgänge im europäischen und globalen Kontext betrachtet werden. Aus diesem Grund beginne ich die Darstellung und religionswissenschaftliche Analyse österreichischer Moscheebaukonflikte mit einem Aufriss des internationalen historisch-politischen Kontextes, in dem sie stehen: die Entwicklung der globalen Migration nach 1945, die Transnationalisierung von Religion und die Pluralisierung der religiösen Landschaften Europas, die Entwicklung der muslimischen Präsenz in Europa und des globalen Feindbildes »Islam« sowie die politische Antwort auf diese tiefgreifenden Veränderungen durch rechtsradikale Parteien in Europa. Ein solcher historischer Querschnitt ist notwendig selektiv

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Historisch-politischer Kontext

und vereinfachend. Die Wahl dieser Themen ist jedoch sachlich begründet: Sie ergibt sich als Konsequenz der Ergebnisse der empirischen Untersuchung von Konflikten rund um die Errichtung von Moscheebauten in Österreich und greift jene Faktoren auf, die sich als besonders relevant erweisen. Das Kapitel gliedert sich in vier Teile: a) Im ersten Teil stelle ich – gestützt auf Ergebnisse der Migrationswissenschaft – überblicksartig Aspekte der globalen Migration ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar. Der Schwerpunkt liegt auf der »Gastarbeitermigration« der 1960er und 70er Jahre, in deren Kontext die untersuchten Moscheebaukontroversen stehen: Türkische Arbeiter der ersten Generation, die in dieser Zeit nach Österreich geholt wurden, und später deren Familien haben seither wie in anderen Teilen Westeuropas eine sunnitisch-muslimische Infrastruktur aufgebaut, was lange Zeit ohne jede öffentliche Aufmerksamkeit erfolgte. Im selben Maß, in dem die Ausländer – hier die aus der Türkei stammenden Arbeiter – als »Muslime« wahrgenommen werden, der Islam als Gefahr gesehen wird und die zu Bürgern des Landes gewordenen Migranten mit ihren Bauten im öffentlichen Raum sichtbar werden, werden diese Bauprojekte in den letzten Jahren zum Gegenstand heftiger nationaler Debatten und lokaler Auseinandersetzungen. b) Im zweiten Teil gehe ich auf die Folgen der internationalen Migrationen seit 1945 für das religiöse Feld Westeuropas ein: auf die religiöse Pluralisierung und die neue muslimische Präsenz. c) Im dritten Teil behandle ich die Transformation der gesellschaftlichen Wahrnehmung der Arbeitsmigranten aus dem Mittelmeerraum – von »Gastarbeitern« zu »Muslimen«, ebenso die Wahrnehmung des Islam als neuer Feind des Westens. Ein islamfeindliches, zugleich immigrations- und ausländerfeindliches gesellschaftliches Klima bildet den unmittelbaren Kontext für die Ablehnung der Institutionalisierung und des Sichtbarwerdens der Muslime in Europa, die in den Moscheebaukonflikten manifest wird. d) In vierten Teil skizziere ich – gestützt auf sozialwissenschaftliche Forschungen zu den rechtsradikalen Parteien in Europa – den Islamdiskurs einiger wichtiger Vertreter dieser Parteienfamilie seit den 1970er Jahren. Ein Abschnitt geht ausführlich auf die Anti-Minarettinitiative in der Schweiz ein, insofern sie den bisherigen Höhepunkt der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen um den Moscheebau in Europa darstellt und für die Debatten zu diesem Thema in anderen Ländern einflussreich ist. Mit diesem historisch-politischen Rückblick stütze ich die These, dass ein Narrativ, das islamfeindliche Haltungen auf die Anschläge des 11. Septembers 2001 zurückführt, zu kurz greift und zu vereinfachend ist.

Globale Migration nach 1945

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Dieser Einstieg, der historische, gesellschaftliche, politische und religiöse Entwicklungen der letzten 50 Jahre umreißt, soll die österreichischen Moscheekonflikte kontextualisieren. Die Beschreibung der Phasen der Einrichtung von Moscheen in Österreich (Kapitel IV) und der Moscheebaukonflikte in Österreich (Kapitel V und VI) sind vor diesem historisch-politischen Hintergrund zu lesen.

1.

Globale Migration nach 1945

Migrationprozesse sind ein globales Phänomen. Seit 1980 hat sich die Zahl der internationalen Migranten und Migrantinnen weltweit mehr als verdoppelt (GCIM 2005). 2010 betrug die Zahl der Migranten weltweit rund 214,2 Millionen, das sind etwa 3 % der Weltbevölkerung. Der größte Anteil (69,9 Mill.) der internationalen Migranten lebt in Europa; er ergibt sich einerseits aus der Zuwanderung nach Europa aus Asien (19 Mill.), aus Afrika (7,7 Mill.), aus Lateinamerika (3,9 Mill.), andererseits aus der steigenden Mobilität innerhalb Europas (37,3 Mill.). Neben Europa sind Asien (61,3 Mill. Migranten), die USA (50 Mill.) und Afrika (19,3 Mill.) bedeutende Ziele von Zuwanderung.13 Die Zahl der internationalen Migranten, die in Ländern des Südens geboren wurden und in den Süden wanderten, betrug im Jahr 2010 73 Mill. (34 % der Migranten weltweit) – fast genauso viele wie Migranten, die aus dem Süden in den Norden wanderten (74 Mill., 35 %).14 In diesen Zahlen zeigt sich die veränderte Topographie internationaler Migrationen, die multi-direktional geworden sind – vom Süden in den Süden, vom Süden in den Norden, aber auch vom Norden in den Süden usw. Zu berücksichtigen ist angesichts dieser Zahlen zu globalen Migrationen, dass die globalen Binnenmigrationen größer sind als die internationale Migration (s. Esipova/ Publiese/ Ray 2013).15 War Europa über Jahrhunderte ein Auswanderungskontinent, so gehört es mittlerweile global gesehen zu den Zentren der Zuwanderung.16 Üblicherweise werden Migrationen nach Europa ab 1945 anhand dreier Kategorien unterschieden: 13 United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Division: Population Facts no. 2012/3 (June 2012). Internetquelle: http://www.un.org/esa/population (Zugriff 1. 8. 2012). 14 Ibid. 15 Für den Hinweis auf diese Tatsache und den Artikel danke ich Dr. Bernhard Perchinig (ICMPD, Wien). Die Entwicklung von Schätzungen der Binnenmigration auf globaler Ebene steht allerdings erst am Anfang. 16 Überblick: Penninx/ Berger/ Kraal 2006. – Zur europäischen Migrationsgeschichte: Moch 1992; Bade 2002; Bade/ Emmer/ Lucassen/ Oltmer 2007.

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Historisch-politischer Kontext

- postkoloniale Migrationen im Zuge der Auflösung der europäischen Kolonien nach 1945 (nach Großbritannien, Frankreich, Portugal, Niederlande) - Arbeitsmigrationen u. a. in Form einer »Gastarbeiter«-Politik - Fluchtmigrationen im Kontext von Krieg, Genozid, ethnischen Konflikten, politischer Verfolgung usw. Tatsächlich sind Migrationsmuster aber komplexer. So zeigt sich beispielweise bei Formen ökonomisch motivierter Migration, das »freiwillige« und »erzwungene« Formen der Migration nicht immer einfach trennbar sind, sondern miteinander »vermischt« und verschränkt sein können (Van Hear/ Bessa 2009; Van Hear 2010). Auch postkoloniale Migration und Arbeitsmigration sind nicht eindeutig und einfach trennbar. Seit den 1980er Jahren sind die Migrationsmuster noch vielfältiger und komplexer geworden (Düvell 2006). Die Wende von einem Auswanderungs- zu einem Einwanderungskontinent setzte mit der Zuwanderung aus den ehemaligen europäischen Kolonien ein.17 Im Zuge der Dekolonisierung Indonesiens siedelten sich zwischen 1946 und 1968 rund 300.000 Bewohner des ehemaligen Niederländisch-Ostindien in den Niederlanden an. 1951 kamen 12500 Molukker in die Niederlanden, später folgten die Zuwanderungen von Surinam und von den Antillen. Im gleichen Zeitraum, zwischen 1948 und 1960, wanderten rund 200.000 Bewohner der Westindischen Inseln, den britischen Kolonien in der Karibik, in Großbritannien ein. Der »British Nationality Act« von 1948 gewährte allen Bewohnern des Vereinigten Königreichs und des Commonwealth die freie, unbeschränkte Einreise nach Großbritannien, bis 1962 durch den »Commonwealth Immigrants Act« das Recht auf Zuwanderung aus den ehemaligen Kolonien eingeschränkt wurde (Lunn 2007). Auch aus den ostafrikanischen Staaten Tansania, Uganda und Kenia, die unabhängig geworden waren, kam eine große Zahl an Zuwanderern nach Großbritannien (Marret 1989). Frankreich, das besonders ab der Mitte des 19. Jahrhunderts unter starkem Arbeitskräftemangel litt, warb zehntausende Arbeiter aus europäischen Ländern und aus Nordafrika für die Industrie, Armee und den Bergbau an; schon vor dem Ersten Weltkrieg stieg die ausländische Bevölkerung in Frankreich auf über 1 Million an. In den 1960er Jahren verstärkte sich die Zuwanderung nach Frankreich aus den ehemaligen Kolonien im Maghreb, in Indochina (heutiges Vietnam), im subsaharischen Afrika (vor allem Mali und Senegal) und in der Karibik. In Portugal wanderten ab den 1970er Jahren Arbeitsmigranten aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien Angola und Mosambik ein, die ab 1974/75 unabhängig waren. Parallel dazu begannen die meisten westeuropäischen Länder in der Phase des Aufbaus und des Wirtschaftswachstums nach dem Zweiten Weltkrieg massiv 17 Siehe dazu Bosma/ Lucassen/ Oostindie 2012; zu den Niederlanden: Oostindie 2011.

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mit der Rekrutierung von Arbeitskräften.18 Ab den 1960er Jahren wurde die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte von einer Sache verschiedener Institutionen, Firmen oder Einzelpersonen zu einer staatlich gelenkten Aktion, vor allem mittels bilateraler Verträge zwischen Sende- und Aufnahmeländer. Die Entsenderländer verfolgten dabei bestimmte wirtschaftliche Interessen, u. a. bezogen auf die Entlastung der eigenen Budgets und der Arbeitsmärkte, aber auch auf den Transfer von Knowhow aus den westlichen Industriestaaten.19 Die Migrationspolitik in Westeuropa nach 1945, vor allem in Deutschland und Österreich, knüpfte an Prinzipien einer Regulierung der Zuwanderung vor dem Zweiten Weltkrieg an, unter anderem in Form von Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Teilen des Arbeitsmarktes, Verhinderung von Niederlassung und Beschränkungen der Zuwanderung insgesamt. So wurde 1925, u. a. vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit, in Österreich das »Inlandarbeiterschutzgesetz« verabschiedet, das Ausländern ohne Beschäftigungsbewilligung die Beschäftigung in Österreich verbot und Kontingente für slowakische, ungarische, kroatische Wanderarbeiter in der Landwirtschaft festlegte (John 2007). Die Entwicklung der Migrationspolitik nach 1945 ist aber auch vor dem Hintergrund von Strukturen der Arbeitskräftebeschaffung und der Zwangsarbeit durch das NS-Regime zu sehen. Fassmann stellt zu dieser Kontinuität zwischen der nationalsozialistischen Fremdarbeiterpolitik und der Gastarbeiterpolitik fest: »Die Art und Weise, wie Migranten ausgesucht, in die Fremde expediert und dann in dieser eingewiesen und untergebracht wurden, unterschied sich nur graduell, aber nicht grundsätzlich von der deutschen Fremdarbeiterpolitik im Dritten Reich. Es galt das Prinzip: ökonomischer Nutzen ist sehr weit vor den Respekt vor der Würde des Menschen zu reihen.« (Fassmann 1995, 192)

Zwischen 1945 und der »Ölkrise« im Herbst 1973 setzten die Regierungen massive Bewegungen von Arbeitsmigranten aus den Mittelmeerländern nach Nord- und Westeuropa in Gang. Arbeitsmigranten und –migrantinnen kamen aber auch von Irland nach Großbritannien und von Finnland nach Schweden (Castles/ Miller 2009, Kap. 4). Am intensivsten waren die Migrationsbewegungen zwischen 1960 und 1973, den »goldenen Jahren« des europäischen Kapitalismus. Während die Zahl der Ausländer in West- und Nordeuropa 1960 rund fünf Millionen betrug, stieg die Zahl auf fast 9,5 Millionen im Jahr 1970, auf rund 13 Millionen im Jahr 1976 und auf 14 Millionen 1981. Besonders stark wuchs die ausländische Bevölkerung in der Schweiz, in Westdeutschland, in Belgien, in Großbritannien und in Frank18 Überblick: Baganha et al. (2006); Castles/ Miller 2009. Überblicke für Österreich: Fassmann/ Münz 1995a; Bauböck/ Perchinig 2006; Gächter 2008; Perchinig 2010; Biffl 2011; Kraler 2012. 19 Für diesen Hinweis danke ich Dr. Bernhard Perchinig, e-mail-Kommunikation 22. 6. 2013.

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reich. In Westdeutschland stieg sie von 686.000 im Jahr 1960 auf 2,9 Millionen (1970), 3,9 Millionen (1976) und 4,6 Millionen (1981; 7,5 % der Gesamtbevölkerung). Damit stellte Deutschland bereits damals das wichtigste Einwanderungsland in Europa nach 1945 dar. Das Ausmaß der türkischen Migration nach Europa ab 1960 war besonders groß und verlief sehr rasch.20 1973 betrug die Zahl der Migranten und Migrantinnen aus der Türkei in Europa nach den offiziellen Zahlen rund 790.000, davon lebte der überwiegende Teil (78 %) in Westdeutschland (615.000). Im April 1993 lebten bereits 2,5 Millionen türkische Staatsbürger in Europa, davon allein in Deutschland 1,8 Millionen. Die Zahlen haben sich seither wenig verändert: 2009 lebten 2,4 Millionen türkische Staatsbürger in der EU-27. Die Verringerung gegenüber 1993 ist vor allem durch die Annahme der jeweiligen nationalen Staatsbürgerschaft zu erklären. Die Türken und Türkinnen bildeten damit die größte Gruppe unter den Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft in der EU (2009: 7,5 %). 2008 lebten 1,8 Millionen türkische Staatsbürger in Deutschland (das sind 76 % der türkischen Staatsbürger in der EU insgesamt), 220.000 in Frankreich, 109.000 in Österreich, 93.000 in den Niederlanden, 73.000 in der Schweiz, 73.000 in Großbritannien, 70.000 in Belgien, 28.000 in Dänemark (Vasileva 2009).21 Dazu kommen jene Personen, die die jeweilige nationale Staatsbürgerschaft angenommen haben, aber in der Türkei geboren wurden: 1,2 Millionen ethnische Türken bzw. Kurden aus der Türkei sind mittlerweile Staatsbürger verschiedener EU-Mitgliedsstaaten. Die Mehrheit davon (730.000) lebt in Deutschland, gefolgt von Frankreich (174.000), den Niederlanden (174.000) und Österreich (80.000).22 In Österreich lebten 2012 insgesamt 274.700 Personen türkischer Herkunft (2011: 280.400). Davon sind 161.500 bzw. 59 % Zuwanderer der ersten Generation (2011: 168.000), die in der Türkei geboren wurden; 113.100 Personen bzw. 41 % sind Angehörige der zweiten Generation, die bereits in Österreich geboren wurden und deren beide Eltern in der Türkei geboren wurden (2011: 112.400). Unter den Angehörigen der ersten Generation der Zuwanderer aus der Türkei nach Österreich besitzen 86.700 bzw. 54 % die türkische Staatsbürgerschaft (2011: 87.900), unter den Angehörigen der zweiten Generation 23.600 bzw. 21 % (2011: 22.900).23 20 Siehe dazu Paine 1974; Abadan-Unat 1976; 1995; 2011; Martin 1991; Caglar/ Soysal 2004; Karakas¸og˘lu 2007; Akgündüz 2008. 21 Die Zahlen für Großbritannien und Belgien wurden übernommen von Karakas¸og˘lu 2007, 1054. 22 Zahlen für 2004. Quelle: Düvell 2011, 2. 23 Statistik Austria, Bevölkerungsstruktur : Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung, »Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Überblick (Jahresdurchschnitt 2012«. Internetquelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/bevoelkerungsstruktur/bevoelke rung_nach_migrationshintergrund/033240.html (Zugriff 30. 5. 2013).

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Faktoren für die Massenmigration aus der Türkei waren neben der aktiven Anwerbung von Arbeitskräften durch die Aufnahmestaaten auf Basis von Anwerbeverträgen u. a. die aktive Förderung der Arbeitsmigration durch die türkische Regierung, hauptsächlich mittels der »Türkischen Agentur für Arbeit und Arbeitsvermittlung« (I˙I˙BK), das starke Bevölkerungswachstum und der Arbeitsplatzmangel in der Türkei, das große Lohngefälle zwischen der Türkei und den westeuropäischen Ländern, und nach 1980 (Militärputsch) auch die politische Situation in der Türkei. Die Türkei besaß gegenüber der EU eine Sonderstellung, die im Assoziationsvertrag EWG – Türkei, das am 12. September 1963 in Ankara unterzeichnet wurde, und im Zusatzprotokoll von 1970 zum Ausdruck kam. Mit dem Vertrag sollte die Türkei in drei Phasen an die Gemeinschaft herangeführt werden. Aufgrund der Beschlüsse des Assoziationsrats betreffend die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedsstaaten der EWG und der Türkei hatten Arbeitnehmer aus der Türkei eine deutlich bessere Rechtslage als andere Drittstaatsangehörige.24 Zugleich war und ist die Zuwanderung in die Türkei bedeutend: Zwischen 1923 und 1997 wanderten mehr als 1,6 Millionen Menschen – hauptsächlich aus den Balkanstaaten – in die Türkei ein (cf. Kirisci 2003).25 Das »Gastarbeiter-System« Das Gastarbeiter- oder Rotationssystem wurde vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz etabliert.26 Man versteht darunter ein staatliches Migrationssystem, das durch folgende Prinzipien gekennzeichnet ist: - Befristung des Aufenthaltes für eine bestimmte Zeit und die Verhinderung von Niederlassung und Familienzusammenführung; - Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt; - äußerst restriktive Einbürgerungspolitik; - Unterscheidung zwischen Staatsbürgern und Ausländern als Kriterium für den Zugang zu sozialen und politischen Rechten. Im Unterschied zu Ländern wie den USA, Kanada und Australien, die als traditionelle Einwanderungsländer Zuwanderung im Kontext von Bevölkerungsund Wirtschaftswachstum (»nation-building«) gestalteten, und zur Migrationspolitik von Großbritannien und Schweden wurden die Migranten und Migrantinnen in den »Gastarbeiter«-Ländern nicht als zukünftige Staatsbürger betrachtet, sondern als temporäre Arbeitskräfte, die wieder in ihre Herkunftsländer zurückgehen sollten. Das Modell dafür war die Schweiz, die über bila24 Für den Hinweis danke ich Dr. Bernhard Perchinig. 25 Hinweis: Düvell 2011, 2. 26 Siehe dazu Rogers 1985; Castles 1985; 1986; Castles/ Miller 2009.

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terale Abkommen ausländische Arbeitskräfte für die Industrie und den Dienstleistungssektor ins Land holte.27 Um die Arbeitsmigration je nach den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes steuern zu können, wurde ein Rotationssystem eingeführt, d. h. der Aufenthalt von ausländischen Arbeitern wurde zeitlich befristet und sollte nicht automatisch erneuerbar sein. In Österreich setzte die staatliche Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte erst einige Jahre später als in der Schweiz und in Deutschland ein,28 mit Hilfe von Abkommen u. a. mit der Türkei (1964) und mit Jugoslawien (1966) sowie Anwerbestellen in Istanbul und Belgrad. Wie in der Schweiz wurde ein Rotationssystem eingerichtet, bei dem die Beschäftigungsbewilligung nur für eine kurze Frist erteilt und der Aufenthalt mit der Beschäftigungsbewilligung gekoppelt wurde. Arbeitsmigranten und –migrantinnen sollten nach einer bestimmten Frist wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren und gegen neu Einreisende ersetzt werden. Von der »Gastarbeit« zur Zuwanderung Das Rotationsprinzip, das Teil fast aller Arbeitsverträge war, wurde praktisch nicht umgesetzt. Die Arbeitgeber wollten bereits angelernte Arbeiter behalten und nicht durch neue, ungelernte Arbeiter und Arbeiterinnen ersetzen. Die Arbeitnehmer selbst wollten länger bleiben, um hier genügend Geld zu verdienen, um später eine Existenz im Herkunftsland zu gründen. Die erste »Ölkrise« im Oktober 1973, mit der nach dem Boom eine Phase der ökonomischen Stagnation und Rezession einsetzte, führte zu einem Stopp der staatlichen Rekrutierung von Arbeitern und Arbeiterinnen aus dem Ausland in allen europäischen Ländern, die Arbeitskraft importiert hatten. Eine liberale Einwanderungspolitik wurde durch restriktive Regelungen abgelöst. In der Schweiz erfolgte diese Wende bereits früher (1970), ebenso in Schweden (1972). Teilweise versuchte man, durch finanzielle Anreize die Rückkehr in die Herkunftsländer zu fördern. Ausländische Arbeitnehmer mussten nun fürchten, nicht mehr oder nur mehr unter großen Schwierigkeiten einreisen zu können. So entschloss sich ein Großteil, das Land nicht zu verlassen, sondern zu bleiben und die Familie bzw. Kinder nachzuholen, wenn sie nicht schon mit ihnen zusammenlebten. Die Verfestigung des Aufenthalts hatte starke aufenthalts- und sozialrechtliche Sicherungen mit sich gebracht, so dass eine Politik des Rückkehrzwangs, wie sie etwa in Deutschland im Kaiserreich und in der Weimarer Republik angewendet worden war, nicht mehr eingesetzt werden konnte (Bade/ Bommes 2000). Versuche der Regierungen, die Familienzusammenführungen zu verhindern, wurden durch die Gerichte vereitelt (Joppke 1998). Was von den Staaten als temporäre Arbeitsmigration geplant war, wurde zur 27 Zum Folgenden: Vuilleumier 2005. 28 Zum Folgenden: Bauböck/ Wimmer 1984; Fassmann/ Münz 1996.

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ungewollten und ungeplanten Einwanderung. Der Stopp weiterer Arbeitsmigration und der Übergang zu einer restriktiven Einwanderungspolitik der westeuropäischen Regierungen in der Phase zwischen 1970 und 1974 (cf. Hammar 1985, 246ff) führte nicht zur Reduzierung der ausländischen Bevölkerung, sondern im Gegenteil zu einem starken Anstieg v. a. aufgrund von Familienzusammenführung. Damit bildet die Migration nach Westeuropa zwischen den 1950er und Mitte der 1980er Jahre ein eindrückliches Beispiel für die starke Eigendynamik und Eigenlogik von Migrationsprozessen bzw. für die Grenzen der nationalstaatlichen Steuerbarkeit von Migrationsprozessen.29 Staatliche Reaktionen auf die Einwanderung Die europäischen Regierungen reagierten mit einer unterschiedlichen Politik und unterschiedlich rasch auf die Tatsache der Einwanderung. Großbritannien gehörte zu den Pionieren einer multikulturellen Politik. Schweden, das zwischen 1949 und 1971 Arbeitskräfte vor allem aus Finnland und Südeuropa angeworben hatte, führte 1975 eine multikulturell orientierte Politik der Inklusion der Migranten ein, die gekennzeichnet war durch gleiche Rechte der dauerhaft bleibenden Einwanderer, einschließlich dem lokalen Wahlrecht bereits vor der Einbürgerung und gleichem Zugang zum Wohlfahrtssystem sowie dem Recht, ihre Herkunftskultur weiter zu pflegen, falls sie das wünschten (Hammar 1985a; Westin 1996). Die niederländische Regierung erkannte ab Anfang der 1980er Jahre die Tatsache an, dass die Arbeitsmigranten und –migrantinnen aus den Mittelmeerländern sowie jene aus den ehemaligen Kolonien Einwanderer waren und sich im Land niederließen. 1981 formulierte der Staat eine Neuausrichtung der Migrationspolitik, die die gesellschaftliche Teilhabe der Einwanderer sicherstellen sollte, und zwar durch die Verbesserung ihres rechtlichen Status’, ihrer Situation auf dem Arbeitsmarkt und des Zugangs zu sozialen Diensten. Die meisten Regierungen – wie die der Schweiz, Deutschlands und Österreichs – hielten weiter daran fest, sich nicht als Einwanderungsland zu verstehen, obwohl in der Schweiz 1983 bereits fast eine Million Ausländer und Ausländerinnen lebten, in Deutschland 1984 bereits 4,4 Millionen, die meisten von ihnen bereits länger als zehn Jahre. In Österreich stieg die ausländische Wohnbevölkerung von rund 290.000 im Jahr 1981 (3,9 % der Gesamtbevölkerung) auf rund 517.000 im Jahr 1991 (6,6 %) und 711.000 im Jahr 2001 (8,9 %).30 2008 betrug der Anteil der im Ausland geborenen Einwohner und Einwohnerinnen an der gesamten Bevölkerung bereits 15,2 %. 29 S. Baldwin-Edwards/ Schain 1994; Cornelius et al. 2004. 30 Statistik Austria, Internetquelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/ volkszaehlungen_registerzaehlungen/bevoelkerung_nach_demographischen_merkmalen/ index.html (Zugriff 29. 7. 2010).

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Historisch-politischer Kontext

Diese Abwehrhaltung kann als »defensive Erkenntnisverweigerung« (Bade 1996, 423) charakterisiert werden. In der Folge wurde es verabsäumt, zeitgerecht eine umfassende Politik der Inklusion der Migranten und Migrantinnen auf nationaler Ebene zu entwickeln und strukturelle Maßnahmen, die der verstärkten ethnisch-religiösen Pluralität gerecht werden, einzuleiten. Man ging nach wie vor von der offiziellen Position aus, die Migranten und Migrantinnen würden in die Herkunftsländer zurückkehren und betrachtete sie nicht als Zuwanderer. Die meisten Länder gingen erst in den 1990er Jahren dazu über, eine nationale Integrationspolitik zu entwickeln (Penninx 2005). In Österreich wurden die »Gastarbeiter« in den 1990er Jahren – vor allem auf Druck der Gerichte – zögernd und schrittweise rechtlich und sozial integriert, u. a. durch Verbesserungen der Aufenthaltssicherheit und die Reform des Zugangs zur Notstandshilfe. Gesellschaftlich bleiben sie jedoch Fremde: »In our narratives, migrants, and Turks in particular, appear as perpetual guest workers, arrested in a state of cultural and social liminality« (Soysal 2003, 493). In den österreichischen Moscheebaukonflikten, in denen es primär um Bauprojekte der ersten Generation der Arbeiter und Arbeiterinnen aus der Türkei geht, zeigt sich der Zwischenzustand der Liminalität, in dem sie und ihre Familien keine Migranten mehr sind, aber als nationsfremd gelten, bereits überwiegend Staatsbürger und Staatsbürgerinnen, aber nicht in die staatsbürgerliche Solidarität einbezogen. Sie sind aus der Vorstellung eines weißen, christlichen/ säkularen Europas ausgeschlossen, sodass ihnen vermittelt wird: »You are here but don’t (really or fully) belong. Your sojourn is temporary, so don’t grow too comfortable« (Goldberg 2006, 347). Wichtig für unser Thema der Moscheebaukonflikte ist: Im gesellschaftlichen und politischen Umgang mit dem Aufbau der muslimischen Infrastruktur leben in der Grundtendenz Logik und Geist des Gastarbeitersystems – Beurteilung von Menschen nach wirtschaftlicher Nützlichkeit, sozialer Ausschluss, rechtliche Diskriminierung – nach wie vor weiter. In den Jahren ab 2001 kommt es in Europa zu einer Abkehr von multikultureller Politik, von der Idee des liberalen Multikulturalismus allgemein und zu einer Verstärkung nationaler Identitätspolitik und Formen einer »autoritären Integration« (Olivier Roy), die deutlich mit der negativen Wahrnehmung des Islam und der Abgrenzung von ihm im Zusammenhang stehen.31 Vielfach sieht man die gesellschaftliche Kohäsion und die kulturelle Identität in den westlichen Demokratien durch ein Zuviel an kultureller und religiöser Differenz und ihrer institutionellen Anerkennung gefährdet. Eine solche Wende erfolgte auch – in unterschiedlicher Form und in unterschiedlichem Maß – in den wenigen Ländern wie Schweden, Großbritannien und den Niederlanden, die eine offizielle, 31 S. Joppke 2004; Vertovec/ Wessendorf 2006, 182ff; Bauböck 2008; Vertovec/ Wessendorf 2010.

Religiöse Pluralisierung und neue muslimische Präsenz

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institutionelle multikulturelle Politik etabliert hatten. Diese Entwicklung manifestiert sich in Europa u. a. in der Beschränkung der Rechte von Muslimen, je nach Land entweder in Form von Kopftuch-, Schächt- oder Minarettbauverboten, sowie in restriktiveren Formen staatlicher Integrationspolitik oder im erschwerten Zugang zur Staatsbürgerschaft.32 In Österreich manifestiert sich eine restriktivere staatliche Integrationspolitik vor allem im Bereich des Moscheebaus, indem versucht wird, die Sichtbarkeit von Moscheen – vor allem in Form von Minarettbauten – im öffentlichen Raum einzuschränken.

2.

Religiöse Pluralisierung und neue muslimische Präsenz in Westeuropa

Prozesse der Globalisierung, einschließlich der Migration, bilden die stärksten Faktoren der demographischen Veränderungen und des sozialen Wandels in Europa. Die Migrationen nach Europa ab 1945 aus vorwiegend muslimisch, hinduistisch oder buddhistisch geprägten Ländern, aus nichtchristlichen Teilen der Welt tragen zur tiefgreifenden Veränderung und Pluralisierung der Religionslandschaften in Europa bei – neben anderen Faktoren wie dem Aufstieg neuer Religionen, der internen Pluralisierung des Christentums und dem Anstieg einer institutionell ungebundenen, individualisierten und alternativen Religiosität.33 Zuwanderung aus allen Teilen der Welt hat einerseits die Diversität der christlichen Gemeinschaften vergrößert – etwa durch den Zuzug von afrokaribischen Christen nach Großbritannien oder von Christen der verschiedenen orthodoxen und altorientalischen Kirchen -, andererseits die Präsenz der großen Religionen wie Hinduismus, Buddhismus, Islam, Sikhismus in Europa massiv verstärkt. Die Zahl der Sikhs in Europa wird heute auf eine halbe Million geschätzt, von denen der Großteil in Großbritannien lebt; aber auch in anderen europäischen Ländern sind die – in sich sozial und religiös heterogenen – SikhGemeinschaften im Wachsen begriffen (cf. Jacobsen/ Myrvold 2011). Der größte Gurdwara Kontinentaleuropas derzeit befindet sich in der Schweiz, in Langenthal (Kanton Bern), eingeweiht 2006; einer der größten Gurdwaras in Kontinentaleuropa ist in Oslo entstanden. Im Zuge postkolonialer Migration entstand in Europa zuerst eine große Hindu-Diaspora in Großbritannien und den Niederlanden, später – vor allem ab den 1980er Jahren – auch in anderen europäischen Ländern.34 Der größte Hindu-Tempel Kontinentaleuropas befindet sich 32 In Österreich durch die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts 2006 (s. dazu C ¸ inar 2010). 33 Zu den Themen ›Pluralität innerhalb der Religionen‹: Synek 2003; Neue Religionen: Figl 2003; Clarke 2006; alternative Religiosität: Hödl 2003. 34 Siehe dazu Baumann/ Luchesi/ Wilke 2003; Wilke 2007; 2013.

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Historisch-politischer Kontext

in Deutschland: der 2002 eingeweihte hindu-tamilische Kamadchi-Tempel in Hamm-Uentrop. Die Situation religiöser Pluralität ist in den einzelnen westeuropäischen Ländern verschieden und wird von den Migrationsformen und dominanten Herkunftsgebieten der Zuwanderer bestimmt. Durch die völlig unterschiedlichen Zuzugsgebiete aus dem ehemaligen britischen Kolonialreich – vor allem vom indischen Subkontinent und aus den Westindischen Inseln (Karibik) – ist die religiöse Diversität der Migranten in Großbritannien besonders hoch. Bei der Volkszählung vom April 2001 – bei einer Gesamtbevölkerung von rund 57,1 Millionen Menschen – wurde folgende Religionszugehörigkeit angegeben: 41,01 Millionen Christen (71,82 %), 1,58 Millionen Muslime (2,78 %), 558.000 Hindus (0,98 %), 336.000 Sikhs (0,59 %), 267.000 Juden (0,47 %) und 149.000 Buddhisten (0,26 %). Rund 8,59 Millionen gaben an, keiner Religion anzugehören (15,05 %). Damit umfasst die gesamte nichtchristliche Bevölkerung in Großbritannien 3,059 Millionen Menschen (5,36 % der Gesamtbevölkerung). Die Zugehörigkeit zu anderen Religionen (z. B. Jaina, Baha’i, Zoroastrier) gaben 159.000 Personen an (0,28 %). 4,43 Millionen (7,76 %) machten bei der Volkszählung zur – freiwilligen – Frage nach der Religionszugehörigkeit keine Angaben.35 Mit dieser enormen Vielfalt großer nichtchristlicher Religionsgemeinschaften bildet Großbritannien in Europa eine Ausnahme – in anderen westeuropäischen Ländern dominiert der Islam als Religion von Zuwanderern, ist die mit Migration verbundene Bevölkerung weit homogener. In Österreich beispielsweise wird sie vorwiegend durch sunnitische Muslime aus der Türkei und Südosteuropa, die zur hanafitischen Rechtsschule gehören, gebildet – daneben existieren nur kleine Gruppen von Buddhisten, Hindus, Sikhs und anderen religiösen Traditionen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich die Landschaft des Christentums in Österreich aufgrund von Zuwanderung ebenfalls erheblich pluralisiert hat, u. a. durch den Zuzug orthodoxer Christen. Bei der letzten Volkszählung 2001, bei der das Religionsbekenntnis erhoben wurde, wurden – bei einer Gesamtbevölkerung von 8,032 Millionen Menschen – folgende Angaben erhoben: Rund 6,5 Millionen sind Christen, das sind 80,6 % der Gesamtbevölkerung. Davon sind 5,91 Mill. römisch-katholisch (73,6 %), 376.000 evangelisch (4,7 %), 180.000 orthodox (2,2 %) und 14.600 altkatholisch (0,2 %). Die zweitgrößte Religion bildet der Islam mit 338.000 Muslimen (4,21 %). Juden bilden mit 8.140 Personen insgesamt 0,1 % der Bevölkerung. Zu den weiteren Religionsgemeinschaften gehören 10.400 Buddhisten (0,12 %) und 23.000 35 Office for National Statistics (2004): Focus on Religion (Summary Report, 11 Oct 2004). Internetquelle: http://www.ons.gov.uk (Zugriff 27. 7. 2012). Zum Census 2001 und der Transformation der religiösen Landschaft in Großbritannien: Peach 2005.

Religiöse Pluralisierung und neue muslimische Präsenz

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Zeugen Jehovas. 963.263 sind ohne Religionsbekenntnis (11,99 %) – nach den Christen die zweitstärkste Gruppe. Keine Angaben dazu machten 160.000 Personen (2 %).36 Im Zuge der globalen Migrationsprozesse seit dem Zweiten Weltkrieg ist die muslimische Bevölkerung in Westeuropa besonders stark gewachsen.37 Die drei Kategorien, die im ersten Abschnitt erwähnt wurden, können mit Blick auf die religiöse Zugehörigkeit der Migranten angewendet werden: 1) Im Zuge postkolonialer Migration kamen Migranten muslimischer Zugehörigkeit aus den ehemaligen Kolonialländern (Indien, Pakistan, Bangladesch, Westafrika) nach Großbritannien, aus Indonesien in die Niederlande. 2) Vor allem ab Ende der 1950er Jahre und den 60er Jahren erfolgte eine Zuwanderung von Arbeitsmigranten in großem Maßstab – aus der Türkei hauptsächlich nach Deutschland sowie nach Frankreich, Niederlande, Österreich, Schweiz, Belgien, – aus Marokko, Algerien und Tunesien hauptsächlich nach Frankreich, sowie nach Spanien, Italien, Belgien, Niederlande. Diese ersten Wellen der Migrationsbewegungen legten den Grundstein für die »neue islamische Präsenz in Westeuropa« (Gerholm/ Lithman 1988), die durch Prozesse der Familienzusammenführung nach 1973 und durch die Nachkommen der ersten Generation muslimischer Zuwanderer verstärkt wurde. 3) Dazu kommt die Fluchtmigration, u. a. aus dem Iran nach 1979, aus dem Irak, aus Somalia, Afghanistan, Bosnien, Tschetschenien und der Türkei. Später kam es auch in den südeuropäischen Ländern zu starken Zuwanderungsbewegungen aus muslimisch geprägten Ländern, in Italien ab den 1980er Jahren v. a. aus Nordafrika und Albanien, in Griechenland ab den 1990er Jahren v. a. aus Albanien, in Spanien ab Anfang der 1990er Jahre v. a. aus Marokko.38 Der Islam war bereits seit Jahrhunderten – über Kunst und Architektur hinaus – Teil der europäischen Geschichte gewesen. Seit dem Mittelalter leben Millionen von Muslimen in Osteuropa, aber auch muslimische Minderheiten u. a. in Polen, Finnland und Griechenland. Wenn heute darüber debattiert wird, ob der Islam zu Europa gehört, dann werden diese historischen Fakten meist aus der kollektiven Erinnerung verdrängt. Aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich eine zahlenmäßig starke muslimische Bevölkerung in 36 Statistik Austria, Volkszählung 2001, Bevölkerung nach demographischen Merkmalen. Internet: http://www.statistik.at (Zugriff 1. 8. 2012). 37 Zum Islam in Europa s. die Überblicke: Buijs/ Rath 2002; Mar¦chal et al. (2003); Nielsen 2004; Dassetto/ Ferrari/ Mar¦chal 2007. 38 Quelle: Migration Information Source, Country Resources, http://www.migrationinforma tion.org (Zugriff 1. 8. 2012).

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den meisten Ländern Westeuropas, die rasch gewachsen ist: Für Ende der 1980er Jahre wurde die Gesamtzahl der Muslime in Westeuropa auf etwa 7 Millionen geschätzt (Nielsen 1995, 315), für Ende der 1990er Jahre auf 11 bis 12 Millionen (cf. Dassetto 2003, xv). Eine Schätzung von 2002 kommt auf 13,1 bis 14,3 Millionen Muslime in Europa.39 2007 ging man von einer Zahl von etwa 15 Millionen Muslimen aus (cf. Dassetto/ Ferrari/ Mar¦chal 2007, 2), das sind etwa 3 – 4 % der Gesamtbevölkerung Westeuropas.40 Dabei ist der Anteil der muslimischen Bevölkerung in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich (Nielsen 2009), z. B. - Frankreich: geschätzte 4,5 Millionen Muslime (7,1 % der Bevölkerung) - Deutschland: geschätzte 3,1 – 3,4 Millionen (Zahlen von 2006), davon haben 1,0 – 1,1 Millionen die deutsche Staatsbürgerschaft - United Kingdom: rund 1,5 Millionen (Volkszählung 2001), 2,2 Millionen geschätzt für 2009 - Spanien: geschätzte 800.000 – 1 Million (2,2 %) - Niederlande: geschätzte 857.000 Muslime (auf Basis von 2007) - Belgien: geschätzte 450.000 Muslime (4 %) - Dänemark: geschätzte 221.000 (Zahlen von 2009), 4 % In Westeuropa leben nach diesen jüngeren Daten und Schätzungen rund 16 bis 18 Millionen Muslime. Die osteuropäischen Länder mit alten muslimischen Gemeinschaften (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Bulgarien, Kosovo, Serbien und Montenegro) werden auf etwa 7,4 Millionen geschätzt. Nimmt man die minimalen und maximalen Schätzungen zur Zahl der Muslime in Europa zusammen (Ost- und Westeuropa), dann gelangt man zu einer Zahl zwischen mindestens 23,8 Millionen und maximal 25,1 Millionen Muslimen (ohne Russland). Das sind bei einer Gesamtbevölkerung von rund 450 Millionen etwa 5,5 % der gesamten Bevölkerung. In Österreich gaben bei der Volkszählung 2001, bei einer Gesamtbevölkerung von 8,03 Millionen, insgesamt 345.906 Personen den Islam als Religion an (4,3 % der Bevölkerung), davon waren rund 97.700 Menschen österreichische Staatsbürger (28,3 % aller Muslime). Der größte Teil der muslimischen Bevölkerung (125.631 Personen) besaß die türkische Staatsbürgerschaft (36,3 % der Muslime), die nächstgrößten Gruppen nach den Muslimen mit österreichischer Staatsbürgerschaft bildeten Muslime aus Bosnien und Herzegowina (66.497; 19,2 % der Muslime), aus Serbien, Montenegro und Kosovo (22.954; 6,6 % der 39 Mar¦chal 2002. Zitiert nach Buijs/ Rath 2002, 7. 40 Es liegen keine offiziellen Daten zur Gesamtzahl der Muslime in der EU durch Eurostat vor, da einige Mitgliedsstaaten keine statistischen Daten über die Religionszugehörigkeit sammeln.

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Muslime) und aus Mazedonien (11.263; 3,3 % der Muslime). Für 1. 1. 2009 wurde die Zahl der Personen mit muslimischer Religion auf 515.914 (6,2 % der Gesamtbevölkerung) geschätzt. Von ihnen besitzen rund 250.000 die österreichische Staatsbürgerschaft, das sind 49 % aller Muslime (cf. Marik-Lebeck 2010). Aufgrund von Fluchtmigration bilden heute Muslime aus Tschetschenien eine neue große ethnische Gruppe unter den Muslimen (2009: 18.350 Personen).41 Die Kategorie ›Muslim‹ kann die große interne Heterogenität und Differenzierung nicht wiedergeben – in Sunniten, Schiiten, Aleviten, Alawiten, Ahmadis usw., in unterschiedliche ethnische (türkische, bosnische, albanische, arabische, afrikanische, …) Communities, in unterschiedliche Richtungen und Organisationen des politischen Islam usw. Die innere Vielfalt machen Formen einer stärker an den rechtlichen und moralischen Vorschriften oder stärker an einer spirituellen Vertiefung orientierten religiösen Praxis ebenso aus wie Formen islamischer Glaubenspraxis außerhalb der muslimischen Institutionen oder selektive kulturelle Bezüge zum Islam. Die starken innermuslimischen religiöspolitischen Spannungen, Gegensätze und Konflikte stehen im Kontrast zu einem offiziellen, nach außen gerichteten muslimischen Diskurs der weltweiten Einheit der Muslime. Es wird geschätzt, dass etwa ein Drittel der muslimischen Bevölkerung in Europa ihren Glauben praktiziert, während die große Mehrheit entweder eine agnostische, indifferente Haltung zur Religion einnimmt oder sich als kulturelle Muslime versteht, die sich sehr individuell und selektiv auf den Islam beziehen (cf. Dassetto/ Ferrari/ Mar¦chal 2007, 7 f). »Believing without belonging« (Davie 1994), eine Form der Zugehörigkeit, bei der man sich als Angehöriger einer Religionsgemeinschaft versteht, aber keine oder kaum Beziehungen zu religiösen Institutionen hat, trifft auch auf einen großen Teil der Muslime zu. Das widerlegt das »essentialistische Dogma« (Olivier Roy), das Menschen mit einer Herkunft aus muslimisch geprägten Ländern auf eine religiöse, muslimische Identität festlegt. In der Religionssoziologie wird mittlerweile eine Diskussion geführt, in der die Engführung der Religionsforschung auf religiöse Gemeinschaften und Organisationen kritisch betrachtet wird und der Stellenwert von informellen, nicht-institutionellen Ausdrucksformen von Religion im Bereich des Säkularen unterstrichen wird.42 Vor diesem Hintergrund wird für den Bereich des Islam das Thema der nicht-organisierten Muslime in letzter Zeit systematisch aufgegriffen.43 Die vielfältige Wirklichkeit muslimischen Lebens erschöpft sich also nicht 41 Da die Registerzählungen seit 2001 das Religionsbekenntnis nicht mehr erfassen, wurde die Zahl auf Basis einer Fortschreibung der Ergebnisse der Volkszählung von 2001 geschätzt. 42 Cf. Cadge/ Smilde/ Levitt 2011, 441 ff. 43 S. Ethnic and racial studies 34 (2011) 7, Special Issue: Methods in the study of non-organised Muslim minorities; Nielsen/ Jeldtoft 2012.

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Historisch-politischer Kontext

in Formen der gemeinschaftlich organisierten religiösen Praxis, in der Moschee. Die Konzentration meiner Studie auf (sunnitische) Moscheen und die damit verbundenen Organisationen ergibt sich aus dem Thema.

3.

Vom Migranten zum Muslim: Der Islam als »Feind des Westens«

Ab der zweiten Hälfte der 1970er Jahre kam es zu Entwicklungen in der islamischen Welt, die als »islamisches Wiedererwachen« bezeichnet wurden, mit der Revolution im Iran 1979 als Höhepunkt (s. Pullapilly 1980; Esposito 1984). Sowohl in den muslimischen Ländern als auch auf der Bühne der Weltpolitik verstärkte sich die öffentliche Präsenz des Islam als soziale, politische und religiöse Kraft. Vor dem Hintergrund von Prozessen einer Re-Islamisierung in muslimischen Ländern, den Anschlägen und Terrorakten im Namen des Islam in den 1980er Jahren und der Entwicklung des islamisch orientierten politischen Aktivismus (»politischer Islam«) zu einem globalen Phänomen wurden die Arbeitsmigranten in Westeuropa nicht mehr länger als Gastarbeiter und Ausländer, sondern zunehmend als Muslime wahrgenommen. Das Erkennen einer jungen, rasch wachsenden muslimischen Bevölkerung in Westeuropa kam einem Schock gleich (cf. Peach 2007, 7). Bereits in der Phase nach der iranischen Revolution, verstärkt ab 1989 (Fatwa gegen Rushdie; Kopftuchstreit in Frankreich) entwickelte sich das Bild des Islam als fanatische, gewalttätige, intolerante Religion und als primärer Feind des Westens, das das Feindbild Kommunismus nach dem Ende des Kalten Krieges ablöste und sich immer mehr verfestigt hat.44 Dazu trugen die Bilder von Verbrennungen von Rushdies Buch The Satanic Verses durch britische Muslime in Bolton und Bradford ebenso bei wie Anschläge algerischer Gruppen in Frankreich in den Jahren 1994 und 1995. Umfragen aus den 1980er Jahren/Anfang der 1990er Jahre zeigen, dass Skepsis und Abwehr gegenüber den muslimischen Zuwanderern in Westeuropa bereits zu dieser Zeit vorhanden waren und die Position, Islam und westliche Kultur seien unvereinbar, schon damals verbreitet war. In einer Umfrage in Dänemark von 1985 gaben 47 % der Befragten an, dass die Muslime kulturell zu verschieden von den Dänen seien, um in einen sinnvollen Austausch treten zu können. In einer Umfrage in Frankreich von 1990 assoziierten 71 % den Islam mit Fanatismus; 63 % betrachteten es als normal, dass Muslimen erlaubt wird, Moscheen zu bauen – aber nur 43 %, dass in ihrer Nachbarschaft eine Moschee gebaut würde. In einer Umfrage in Dänemark von 44 Zum Thema »Islam als neuer Feind des Westens« s. Esposito 1992; Rotter 1993; Hippler/ Lueg 1993; Heine 1996; Qureshi/ Sells 2003.

Vom Migranten zum Muslim: Der Islam als »Feind des Westens«

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1991 lehnten es 55 % ab, dass Muslimen der Bau von großen Moscheen erlaubt wird (cf. Betz 1994, 94). Bei der SOFRES-Studie zu den Parlamentswahlen in Frankreich 1995 verneinten 43 % die Frage, ob es für Muslime, die in Frankreich leben, normal sei Moscheen zu haben, um ihre Religion zu praktizieren.45 Ab 2001 kommt es zu einer Reihe von Ereignissen, die das politische Klima global und in Europa drastisch verändern: die Anschläge des 11. September 2001, die darauf folgenden Kriege in Afghanistan und im Irak, der djihadistische Terroranschlag in Madrid (März 2004), der Mord an Theo van Gogh in den Niederlanden (November 2004), der Bombenanschlag von vier Selbstmordattentätern in London (Juli 2005), die Unruhen in den Pariser Banlieues (Herbst 2005), die Mohammed-Karikaturen-Krise (2006) etc.. Diese Ereignisse wurden mit der Migrationspolitik in Beziehung gesetzt und als Bestätigung der negativen Folgen von Zuwanderung und multikultureller Politik in Europa interpretiert. Der Diskurs vom Islam als neuer Feind des Westens, der nach dem Ende des Kalten Krieges an die Stelle des Kommunismus tritt, erhielt eine zusätzliche, enorme Wucht und Verstärkung. Ein islamskeptisches bis islamfeindliches Klima hat sich seither verstärkt. Jüngere religionswissenschaftliche Studien erforschen die Wahrnehmung und Akzeptanz von religiöser Pluralität, gerade vor dem Hintergrund einer stark angestiegenen Islamfeindlichkeit. Im Forschungsprojekt »Die Legitimität des religiösen Pluralismus« des Lehrstuhls für Religionssoziologie der Universität Münster wurden im Sommer 2010 die Einstellungen gegenüber nichtchristlichen Religionsgemeinschaften unter der Bevölkerung in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark und Portugal untersucht (Pollack 2010; Yendell/ Friedrichs 2012; Pollack 2013). An dieser Stelle sollen nur einige wenige Ergebnisse referiert werden, die für das Thema Moscheebaukonflikte besonders relevant sind. Über 70 % der Befragten in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden beurteilen die wachsende religiöse Pluralität als Ursache von Konflikten, in Frankreich 59 %. Gleichzeitig kennzeichnen etwa 80 % der Befragten in Dänemark, den Niederlanden, Frankreich und Portugal die religiöse Vielfalt als kulturelle Bereicherung, in Westdeutschland dagegen 53,3 %, in Ostdeutschland 46,3 %. In Deutschland ist die Ablehnung von Muslimen im Vergleich zu den anderen Ländern besonders groß: 57,7 % der Befragten in Westdeutschland haben eine negative Einstellung gegenüber Muslimen (gegenüber Juden 28,2 %, gegenüber Hindus 24,1 %, gegenüber Buddhisten 18,1 %, gegenüber Christen 7 %), in Ostdeutschland 62,2 % – in Dänemark dagegen 35,6 %, in den Niederlanden 35,9 %, in Portugal 33,5 %.46 In Westdeutschland sind 64,8 % der Befragten gegen den Bau von Moscheen im eigenen Land, in 45 Cf. Boy/ Mayer 1997, Annex 4; zitiert nach Fetzer/ Soper 2003, 248. 46 Cf. Pollack/ Friedrichs/ Müller/ Rosta/ Yendell 2010, 21 f.

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Historisch-politischer Kontext

Ostdeutschland 73,7 % (Dänemark 41,7 %, Frankreich 32,4 %, Niederlande 32,5 %, Portugal 22,9 %). Gegen den Bau von Minaretten sind in Westdeutschland noch mehr Befragte, nämlich 75 %, in Ostdeutschland 79,5 % (Dänemark 68,4 %, Frankreich 52,9 %, Niederlande 48,7 %, Portugal 38,3 %).47 Interessant ist der Vergleich mit Ergebnissen des Religion and Diversity Survey in den USA (Wuthnow 2003), die zeigen, dass das Bild des Islam in europäischen Ländern im Durchschnitt weit negativer ist als in den USA. Ein Beispiel: Während in Westdeutschland 72,6 % das Wort Islam mit »Fanatismus« verbinden (Niederlande: 73,7 %, Dänemark: 69,2 %, Frankreich: 40,9 %, Portugal: 54,3 %), verbinden 47 % in den USA das Wort »fanatisch« mit der muslimischen Religion (cf. Wuthnow 2004, 164). Insgesamt stimmen die Ergebnisse dieser Untersuchung mit anderen Befunden überein, die einen hohen Grad der Ablehnung gegenüber Muslimen und ein sehr negatives Bild des Islam aufweisen. Der Pew-Report Unfavorable Views of Jews and Muslims on the Increase in Europe (Pew Research Center 2008) beispielsweise zeigt auf, dass die negativen Haltungen gegenüber Muslimen in Europa im Vergleich zu früheren Jahren gestiegen sind. Die weltweite Umfrage vom Frühjahr 2008 ergibt, dass in Spanien 52 % der Befragten eine negative Sicht von Muslimen haben, 50 % in Deutschland, 46 % in Polen (2005: 30 %), dagegen 38 % in Frankreich (2005: 34 %) sowie 23 % in Großbritannien (2005: 14 %) und 23 % in den USA. Gegenüber 2006 sind die negativen Haltungen in Spanien (2006: 61 %) und in Deutschland (2006: 54 %) im Frühjahr 2008 leicht gesunken. Im gleichen Zeitraum seien auch die negativen Einstellungen gegenüber Juden in den meisten europäischen Ländern angestiegen. Die Umfrage 2008 ergibt, dass in Spanien 46 % der Befragten eine negative Sicht von Juden haben (2005: 21 %), in Polen 36 % (2005: 27 %), in Russland 34 % (2004: 25 %), in Deutschland 25 % (2004: 20 %), in Frankreich 20 % (2004: 11 %), in Großbritannien dagegen nur 9 %, in den USA 7 %. Bevölkerungen, die Juden gegenüber negativ eingestellt sind, tendieren gleichzeitig dazu, Muslime in einem negativen Licht zu sehen (Pew Research Center 2008, 2). Die negativen Haltungen gegenüber Juden und Muslimen werden auch von den gleichen Gruppen in der Bevölkerung (u. a. Personen über 50, mit geringerer Bildung) vertreten. Weit stärker als im Westen sind die negativen Einstellungen gegenüber Muslimen in Asien: 61 % der Japaner haben eine negative Haltung gegenüber Muslimen, 56 % der Inder, 55 % der Chinesen und 50 % der Südkoreaner (Pew 2008, 15). Eine einfache Erklärung der negativen Haltungen gegenüber Muslimen in den verschiedenen Ländern würde zu kurz greifen. Ein Narrativ, das einen einfachen Zusammenhang zwischen Terrorakten des internationalen Djihadismus und islamfeindlichen Einstellungen herstellt, bietet keine Erklärung, warum Länder 47 Cf. Pollack/ Friedrichs/ Müller/ Rosta/ Yendell 2010, 69.

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas

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wie Großbritannien und die USA, in denen Attentate stattgefunden haben, eine weit niedrigeren Anteil an negativen Haltungen gegenüber Muslimen aufweisen und warum parallel mit negativen Haltungen gegenüber Muslimen in den gleichen Ländern auch antisemitische Haltungen im Steigen begriffen sind.48 Meine These ist, dass der Faktor der politischen Kultur – der Entwicklungsgrad der Demokratie, die Struktur der jeweiligen Medienlandschaft, die Stärke radikaler Rechtsparteien und ihres Einflusses auf die nationale Politik und die politischen Mitbewerber usw. – eine bedeutende Rolle dafür spielt. Je nach ihrer Stärke sind rechtsradikale und rechtspopulistische Parteien im Kontext einer veränderten Medienlandschaft imstande, die soziale Konstruktion der Wirklichkeit zu prägen, das dynamische Gewebe mentaler Bilder und Bedeutungen einer Gesellschaft, die öffentliche Meinung und die staatliche Politik zu beeinflussen – einschließlich der »Fakten« über Zuwanderung, Islam und multikulturelle Politik.

4.

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas: Der Islamdiskurs rechtsradikaler Parteien in Westeuropa49

In den 1980er Jahren erfolgte ein Aufstieg neuer rechtsradikaler Parteien in Westeuropa, der sich in signifikanten Wahlerfolgen in den 1990er Jahren und in 48 Pickel beispielsweise schreibt, die höhere Skepsis gegenüber Muslimen habe 9/11 als Ausgangspunkt (Pickel 2012, 246 und 255). Er gibt Ergebnisse des Pew-Berichts 2008, was die Einschätzung von Muslimen betrifft, wieder, erwähnt aber die steigenden Zahlen für Antisemitismus im gleichen Bericht nicht. 49 Bei der Begrifflichkeit »Rechtsradikalismus« folge ich Minkenberg, der den Begriff »Rechtspopulismus« als oft unscharf kritisiert. Mit »Rechtsextremismus« charakterisiere der Staat nur Parteigruppen, die in einer Gegnerschaft zur Verfassung stehen, und erfasse damit nicht derartige Positionen in Medien, Milieus und Orientierungen der Bevölkerung. Minkenberg unterscheidet zwischen einem parteiförmigen und einem nicht-parteiförmigen Rechtsradikalismus, der wiederum in bewegungsförmige Ausprägungen (Organisationen, Netzwerke) und einem aus Kleingruppen bestehenden subkulturellen Milieu differenziert werden könne (cf. Minkenberg 2011a, 41 f). – Die Problematik der Unterscheidung zwischen »populistischen rechtsradikalen Parteien« und »nicht-populistischen extremen Rechten« (Neofaschismus, Neonazismus) durch Mudde (Mudde 2009, Kap. 1) besteht meines Erachtens in der unklaren Einschätzung rechtsradikaler Parteien in ihrem Verhältnis zur modernen liberalen Demokratie: Die populistische radikale Rechte sei (nominell) demokratisch, auch wenn sie sich gegen fundamentale Werte der liberalen Demokratie richte, während die extreme Rechte wesentlich antidemokratisch bzw. demokratiefeindlich sei (cf. Mudde 2009, Kap. 1). Skenderovic unterscheidet Rechtspopulismus und Rechtsextremismus wie folgt: Im Unterschied zum Rechtspopulismus stehe der Rechtsextremismus in einer grundsätzlichen Gegnerschaft zur liberalen Demokratie mit dem Ziel der Errichtung eines autoritären politischen Systems, betrachte die Anwendung von Gewalt als legitimes Mittel und vertrete eine biologische Form des Rassismus und einen offenen Antisemitismus (cf. D’Amato/ Skenderovic 2008, 22). Zu berücksichtigen sind ideologische und organisatorische

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Historisch-politischer Kontext

der Etablierung dieser Parteien im jeweiligen politischen System niederschlug, eine dritte Welle rechtsradikaler Mobilisierung nach 1945, nach einem Schub in der unmittelbaren Nachkriegsära und der Phase in den 1960er und frühen 1970er Jahren (cf. Minkenberg 2011, 115). Aus einer modernisierungstheoretischen Sicht stellt der Rechtsradikalismus eine radikale politische Antwort auf die fundamentalen ökonomischen, sozialen und kulturellen Veränderungen und Modernisierungsschübe ab 1945, auf den Übergang in eine Phase des postindustriellen Kapitalismus dar (s. Betz 1994; Minkenberg 1993; 1998a; 2001; 2008) – eine Reaktion auf den raschen sozialen Wandel, einschließlich einer Veränderung der Frauenrollen und Familienstrukturen, einer tiefgreifenden Pluralisierung und Säkularisierung der Gesellschaft, einer Auflösung traditioneller sozialer und politischer Bindungen, einer verstärkten sozialen und wirtschaftlichen Unsicherheit im Kontext des globalisierten Kapitalismus, eines PorösWerdens nationaler Grenzen im Rahmen der EU-Integration und der Globalisierung usw.. Vor diesem Hintergrund setzen diese Parteien auf den »anti-universalen, antidemokratischen Mythos der nationalen Gemeinschaft« (Minkenberg 2001, 3), die sie schützen und wiederherstellen wollen. Sie sprechen die Bedürfnisse nach intakten, exklusiven lokalen Räumen (»Heimat«), »Tradition«, »Ordnung«, »Sicherheit«, traditionellen Werten und fester, abgeschlossener »kultureller Identität« an – bei gleichzeitigem Kampf gegen alle Prozesse und Faktoren, die diese zu stören und gefährden scheinen. Sie präsentieren sich populistisch als Stimme der »kleinen Leute« gegen die Eliten der EU und gegen die etablierten Parteien, die die Bevölkerung diesen Veränderungen ungefragt ausgesetzt hätten.50 Mit dieser Linie waren die nationalpopulistischen Parteien vor allem ab Anfang der 1990er Jahren bei Wahlen sehr erfolgreich und setzten dadurch die etablierten Parteien unter enormen Druck. Der politische Aufstieg und elektorale Erfolg dieser Parteien in mehreren europäischen Ländern ist wesentlich mit dem Migrationsthema verbunden. Dabei kann nicht von einer Korrelation zwischen dem Ausmaß der Zuwanderung/ der Zahl der Immigranten, ihrer räumlichen Konzentration und dem Erfolg der radikalen Rechtsparteien ausgegangen werden: Studien zeigen, dass

Übergänge zwischen dem rechtsradikalen populistischen und dem rechtsextremen Spektrum, ebenso personelle Verbindungen und Verflechtungen zwischen rechtsextremen (außerparlamentarischen) Gruppen und radikalen rechtspopulistischen Parteien, die auf parlamentarischer Ebene tätig sind. 50 Diese Erklärung bietet aber keine Antwort, warum rechtsradikale Parteien in postindustriellen Gesellschaften mit ähnlichen sozialen Entwicklungen und ökonomischen Problemen (z. B. Schweden) bei Wahlen nicht erfolgreich waren (cf. Rydgren 2002; 2005). Rydgren plädiert daher dafür, dass zusätzlich die Mechanismen »expandierender und kontrahierender politischer Gelegenheiten« (Rydgren 2005, 417) zu berücksichtigen sind.

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas

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sie in Gebieten erfolgreich sind, in denen keine Migranten leben und umgekehrt in Gebieten mit hohen Migrantenzahlen nicht immer unterstützt werden.51 In der politischen Mobilisierung über die Themen Zuwanderung/ Islam findet die erneuerte politische Ideologie der europäischen radikalen Rechten ihren konkreten Ausdruck. Sie ist verbunden mit dem größeren ideologischen Rahmen des Ethno-Nationalismus und der Ablehnung liberaler Grundwerte (cf. Rydgren 2004, 157; Mudde 2000). Bei allen nötigen ideologischen Differenzierungen zwischen den unterschiedlichen radikalen Rechtsparteien in Europa (cf. Minkenberg 2008) finden sich starke ideologische und strategische Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten, auf deren Basis man von einer Parteifamilie sprechen kann. Nach Rydgren (Rydgren 2004; 2005) lassen sich grenzübergreifende Lernprozesse beobachten: Die Front National entwickelte – nachdem der biologische Rassismus und Antisemitismus der Rechtsextremen 1945 völlig diskreditiert war – einen neuen ideologischen Rahmen, eine »modernisierte Abwehrstrategie gegen Immigration und Integration« (Minkenberg 2011, 115). Damit gelang der FN 1984 der politische Durchbruch, was den Ausbruch der extremen Rechten aus der jahrzehntelangen politischen Marginalisierung bedeutete. Ab dieser Zeit diente die erfolgreiche FN – später aber auch andere erfolgreiche Parteien wie die FPÖ (cf. Rydgren 2005, 429) – als strategische und ideologische Vorreiter und Stichwortgeber für andere rechtsradikale Parteien in Europa. Die zentralen Motive und Elemente des neuen ideologischen Rahmens der rechtsradialen Gruppierungen sind bei allen Parteien ähnlich, aber unterschiedlich gewichtet: (a) »Ethnopluralismus«/ »kultureller Rassismus«: Jede ethnische bzw. kulturelle Gemeinschaft (»Volk«) muss ihrer Natur entsprechend, d. h. »unter sich« und in ihrem separaten, kulturell homogenen Territorium leben. Die verschiedenen Kulturen sind miteinander wesentlich unvereinbar. Die (essentialistisch und deterministisch verstandene) Kultur der nicht-europäischen, muslimischen Immigranten ist ihnen inhärent und mit der kulturellen Lebensform des Aufnahmelandes inkompatibel, sodass eine Assimilierung und Integration in die ethno-nationale Gemeinschaft nicht möglich ist; sie stellen aufgrund ihrer kulturell-religiösen Unterschiede eine Bedrohung für die Identität, Kultur, Sicherheit und Wohlfahrt der nationalen ethnischen und kulturellen Gemeinschaft dar (»Überfremdung«).52 51 Cf. Skenderovic 2007, 156 f; Rydgren 2004, Kap. 5; Karapin 2002. 52 Das Wort »Überfremdung« steht in Kontinuität mit dem Vokabular des Nationalsozialismus: Der »Duden« (12. Aufl., 1941) definierte es mit »Eindringen Fremdrassiger und fremden Volkstums«. 1933 spricht Goebbels von der »Überfremdung des deutschen Geisteslebens durch das Judentum« (»Rassenfrage und Weltpropaganda«, 2. 9. 1933, in: Signale der neuen Zeit. 25 ausgewählte Reden von Dr. Joseph Goebbels, München: Zentralverlag der NSDAP,

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Die eigene Kultur hat das Recht, sich zu verteidigen und sich gegen die Bedrohung durch »fremde Kulturen« zur Wehr zu setzen, u. a. durch die organisierte Rückführung nichteuropäischer Immigranten.53 (b) Ethnokratie (»Das eigene Volk zuerst«): Wenn schon Zuwanderer anderer Ethnien/ Kulturen im ethnisch bzw. kulturell homogen gedachten Nationalstaat leben, dann gilt der Primat der autochthonen ethnischen Bevölkerung gegenüber den Zuwanderern. Die ethnische Zugehörigkeit stellt das entscheidende Unterscheidungsmerkmal und die entscheidende Voraussetzung für den Zugang zu den gesellschaftlichen und staatlichen Machtpositionen und ihre Kontrolle sowie die Teilhabe an den staatlichen Leistungen (v. a. Sozialsystem) dar. Demokratie wird in ethno-nationalistischen bzw. ethnokratischen Kategorien als Volksdemokratie oder als »ethnische Demokratie« (Smooha 1997) verstanden, in der der Wille der dominanten ethno-nationalen bzw. kulturellen Mehrheit entscheidend ist, und nicht universalistische Prinzipien unabhängig von ethnischen oder religiösen Kriterien gelten sollen.54 (c) Populismus: Darstellung der eigenen Partei als einzige Opposition gegen die »politische Klasse« im Namen des »einfachen Volkes«, aber nicht gegen die Demokratie an sich. Der Wechsel von einem traditionellen, biologischen Rassismus zu einem kulturellen Rassismus (Differentialismus) ermöglicht es diesen Parteien, »fremdenfeindliche und rassistische öffentliche Meinungen zu mobilisieren, ohne als rassistisch stigmatisiert zu werden« (Rydgren 2005, 428). Der Wechsel zu einer populistischen Strategie gegen das politische Establishment und einem ethnokratischen Konzept von Demokratie erlaubt es, die liberale rechtsstaatliche 1934, 213). Der Begriff wurde im biologisch-rassistischen Sinn verwendet: »Aber nach Anschauung des Nationalsozialismus kann ein Volk als politische Einheit nur bestehen und sich entfalten, wenn es in seiner blutsmäßigen Zusammensetzung ungebrochen, d. h. in diesem Sinne artgleich ist. Diese Artgleichheit muss aber verlorengehen, wenn der Volkskörper durch fremdes, d. h. artfremdes Blut, überfremdet wird, und wenn sich diese blutsmäßige Überfremdung vor allem in denjenigen Volksschichten zeigt, die Anspruch auf politische Führung haben.« (Otto Koellreutter : Grundfragen unserer Volks- und Staatsgestaltung, Berlin: Junker & Dünnhaupt, 1936, 11 f.) Quelle: Schmitz-Berning 2000, 615 f. – Zum Überfremdungsdiskurs s. Fröhlich/ Müller 1995; Misteli/ Gisler 1999; Jawhari 2000; Kury 2003; Skenderovic 2003. 53 Dieses Konzept, v. a. entwickelt Ende der 1960er/ Anfang der 1970er Jahre von der »Neuen Rechten« in Frankreich um Alain de Benoist, stützt sich nicht mehr auf einen biologischen Rassismus bzw. auf die Idee der Rassenhierarchie. Es wird unterschiedlich als »neuer Rassismus« (Baker 1981; Balibar 1991), »kultureller Rassismus« (Taguieff 1990; Wieviorka 1998), »differentialistischer Rassismus« (Taguieff 2000) oder »kultureller Fundamentalismus« (Stolcke 1995) bezeichnet. S. dazu Hervik/ Gingrich 2011; zum Konzept des »Ethnopluralismus«: Fischer 1995; Globisch 2011. S. dazu S. 472 f. 54 S. dazu Griffin 1998; Minkenberg 2000; Minkenberg 2001; Butenschøn 2001.

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Demokratie abzulehnen und auszuhöhlen, ohne in der breiten Öffentlichkeit als antidemokratisch identifiziert zu werden. Der Kampf gegen den Islam, der in einen fundamentalen Gegensatz zur liberalen Demokratie gesetzt wird, macht es strategisch möglich, immigrations-, islamfeindliche, rassistische Kampagnen durchzuführen und sich gleichzeitig öffentlich als Verteidiger liberaler Werte, der Demokratie, von Menschen- und Frauenrechten und des christlichen Europa darzustellen (s. Betz/ Meret 2009, 321ff; Akkerman 2005). Mit dem neuen Master-Narrativ konnten mehrere radikale Rechtsparteien innerhalb des jeweiligen politischen Systems große Erfolge erzielen, vor allem die Freiheitliche Partei in Österreich, die Schweizer Volkspartei (SVP), der Vlaams Blok in Belgien, die Front National in Frankreich und die Fremskrittspartie (»Fortschrittspartei«) in Norwegen. Weitere bedeutende Parteien der radikalen Rechten in Europa sind die Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti) sowie die Soziale Bewegung (MSI)/Nationale Allianz (AN) und die Lega Nord in Italien.55 Während die Front National in Frankreich auf nationaler Ebene und der Vlaams Blok (seit 2004: Vlaams Belang) in Belgien auf allen Ebenen von Ämtern und Koalitionen ausgeschlossen sind, da von den anderen Parteien ein cordon sanitaire errichtet wurde, waren populistische rechtsradikale Parteien in Österreich, Italien, den Niederlanden und der Schweiz an der Regierung beteiligt. Die neofaschistische Alleanza Nazionale und die Lega Nord bildeten 1994 eine Koalition mit der Forza Italia unter Silvio Berlusconi; die FPÖ bildete 2000 in Österreich eine Regierungskoalition mit der ÖVP. Auch die Schweizer Volkspartei ist Teil der Regierung, ab 2003 sogar mit zwei Sitzen. Auffällig ist, dass sich in Großbritannien, Deutschland, Schweden und Finnland keine Massenunterstützung für rechtsradikale bzw. rechtsextreme Parteien entwickelte. Weder die britische »National Front« und die »British National Party« (Solomos 2003, Kap. 8), die nach 9/11 eine »Campaign to Keep Britain Free of Islam« startete (cf. Hussein 2004, 126), noch Parteien wie die »Republikaner« (REP) oder die NPD in Deutschland konnten auf nationaler Ebene wahlpolitische Erfolge erzielen. Der Islamdiskurs in Europa seit dem 11. September 2001 Die Terrorakte von 9/11 und in Europa wurden von rechtsradikalen und rechtsextremen Parteien in Europa als historische Gelegenheit erkannt und genutzt, ihre politische Position zu stärken und die etablierten politischen Parteien über das Migrations- und Islamthema unter enormen Druck zu setzen. 55 Zur Analyse des Phänomens des Wiedererstarkens rechtsradikaler und rechtsextremer Parteien in Westeuropa s. Eatwell/ Mudde 2004; Rydgren 2004; Decker 2004; Betz 2004; Schain/ Zolberg/ Hossay 2002; Gibson 2002; Hainsworth 2000; Kitschelt/ McGann 1995.

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Mit dieser Strategie konnten sie große Erfolge bei Wahlen erzielen (s. Betz 2007; Betz 2008): Die »Dänische Volkspartei« (Dansk Folkeparti, DF) unter Pia Kjærsgaard beispielsweise hatte bereits Ende der 1990er Jahre mit ausländerund islamfeindlichen Positionen politisch mobilisiert. Vor den Parlamentswahlen am 20. November 2001 verschärfte sie diesen Kurs. So führte etwa Mogen Camre, Mitglied des Europaparlaments für die DF, bei der Jahresversammlung der Partei am 15. und 16. September 2001, wenige Tage nach dem Anschlag auf die Twin-Towers, aus:56 »Es geht darum, diese böse Ideologie aus der westlichen Zivilisation auszutreiben. Der Islam soll niemals einen Platz in unseren Ländern bekommen.« (Det drejer sig om at drive denne ondskabens ideologi ud af den vestlige civilisation. Aldrig skal islam f” plads i vore lande.)

Und weiter : »Alle westlichen Länder sind infiltriert mit Muslimen. Einige von ihnen reden nett mit uns, während sie darauf warten, ihre Zahl zu vergrößern und uns zu entfernen.« (Alle Vestens lande er infiltreret af muslimerne – nogle af dem taler pænt til os, mens de venter p” at blive nok til at sl” os ihjel.)

Der Vorsitzende der DF Odense, Vagn Eriksen, forderte bei derselben Veranstaltung: »Alle Muslime sollen aus Dänemark hinausgeworfen werden.« (Alle muslimer skal smides ud af Danmark.)

Michael Rex (DF) führte aus: »… Islam ist keine Religion im traditionellen Sinn. Er ist eine Terrororganisation, die versucht, an die Weltherrschaft durch Gewalt zu kommen.« (… islam er ikke en religion i traditionel forstand. Det er en terrororganisation, som prøver at opn” verdensherredømmet ved vold.)

Hier wird der Islam mit Terrorismus identifiziert, Muslime als solche werden dämonisiert. In einer 200-seitigen Wahlkampf-Broschüre »Dänemarks Zukunft – Euer Land, Eure Wahl« (Danmarks fremtid – dit land, dit valg) ging es ausschließlich um das Thema Ausländer. Dem Islam wurde der Status als Religion abgesprochen, er sei ein »politisches Programm«, das mit der westlichen Demokratie unvereinbar sei (cf. Betz 2002, 253). Mit dieser Kampagne erzielte die DF schließlich im November 2001 12 % der Stimmen (22 Sitze) gegenüber 7,4 % im Jahr 1998 und wurde zur drittstärksten Partei in Dänemark; bei der Parlamentswahl 2005 erzielte die DF 13,2 % (24 Sitze), im Jahr 2007 13,9 % (25 Sitze). 56 Quelle der folgenden Zitate: Panhumanism.com (Blog des dänischen Autors Rune Engelbreth Larsen), Rubrik »Danish hate speech & xenophobia documented«, Internetquelle: http://www.panhumanism.com/xenophobia/index.php (Zugriff 24. 7. 2010).

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Ein anderes, prominentes Beispiel für die enorme Bedeutung der Politik mit dem Islam nach 9/11 in der europäischen politischen Landschaft ist die 2002 gegründete Lijst Pim Fortuyn (LPM). Der ehemalige Soziologiedozent und Kolumnist Pim Fortuyn war bekannt für seine offene Islamfeindlichkeit, zunächst im Kontrast zur Mehrheit der politischen und intellektuellen Elite. 1997 veröffentlichte er das Buch Tegen de islamisering van onze cultuur (›Gegen die Islamisierung unserer Kultur‹; Fortuyn 1997). Ab November 2001 leitete er die Partei Leefbaar Nederland (›Lebenswerte Niederlande‹), wurde im Februar 2002 ausgeschlossen und gründete die Liste Pim Fortuyn, die bei den nationalen Wahlen in den Niederlanden (15. Mai 2002) auf Anhieb 17 % der Stimmen und mit 26 der 150 Sitze zweitstärkste Partei im niederländischen Parlament wurde. Der Grund für den Ausschluss: In einem Interview hatte er die Muslime scharf kritisiert, den Islam als »rückständige Kultur« bezeichnet57 und vorgeschlagen, keine neuen Asylbewerber aufzunehmen und den Artikel 1 der Verfassung abzuschaffen (Verbot der Diskriminierung), wenn er nicht sagen dürfe, was er wolle (cf. Sunier/ van Ginkel 2006, 113). In einem Artikel bezeichnete er den Islam als »größte Bedrohung des Weltfriedens, wobei die Unterscheidung zwischen liberalem und fundamentalistischem Islam relativ ist« (zitiert nach Sunier/ van Ginkel 2006, 114). Fortuyn trat für drastische Zuwanderungsbeschränkungen und harte Maßnahmen gegen Kriminalität ein, polarisierte aber auch mit Aussagen zum Tier- und Umweltschutz. Am 6. Mai 2002, neun Tage vor der Parlamentswahl, wurde er von einem militanten Tierschützer ermordet. Der Wahlerfolg bedeutete für die Niederlande eine Zäsur : Zum ersten Mal erzielte eine Partei mit populistischen immigrations- und islamfeindlichen Positionen bei Parlamentswahlen einen Durchbruch (cf. Koopmans/ Muis 2008, 1). Der Erfolg war nur von kurzer Dauer : Bei den darauffolgenden Parlamentswahlen im Jänner 2003 stürzte die Liste auf 5,7 % ab (minus 11,3 %) und war der große Verlierer der Wahl. 2006 kam die Liste nur mehr auf 0,21 % und wurde 2007 aufgelöst. Doch immigrations- und islamfeindliche Positionen waren nun Teil der politischen Landschaft in den Niederlanden geworden. Im Februar 2006 gründete Geert Wilders die Partij voor de Vrijheid (PVV), bei der strategisch und programmatisch eine extreme Form der Islamfeindschaft im Zentrum steht. Bei den niederländischen Parlamentswahlen im November 2006 konnte die Partei aus dem Stand 5,89 % der Stimmen (9 Sitze) gewinnen, bei den EU-Wahlen 2009 wurde sie zweitstärkste Partei in den Niederlanden. Teil der politischen Taktik von Wilders ist es, Muslime mit extremen Aussagen und Aktionen zu provozieren und Reaktionen von muslimischen Fundamentalisten 57 ›De islam is een achterlijke cultuur‹, Interview mit Pim Fortuyn: De Volkskrant, 9. 2. 2002. Internetquelle: http://www.volkskrant.nl/den_haag/article153195.ece/De_islam_is_een_achterlijke_cultuur (Zugriff 14. 7. 2010).

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herbeizuführen, die dann als Beweis für die »totalitäre Bedrohung« durch den Islam dienen. So bezeichnete Wilders den Koran als »faschistisches Buch«, vergleichbar mit Hitlers »Mein Kampf«, und verlangte ein Verbot des Koran in den Niederlanden. In seinem Film »Fitna«, der im März 2008 veröffentlicht wurde, wurde diese Denunzierung des Koran mit krassen Mitteln einer antiislamischen Polemik illustriert.58 2009 wurde Wilders wegen Volksverhetzung angeklagt, der Prozess begann im Jänner 2010 in Amsterdam und endete im Juni 2011 mit dem Freispruch Wilders. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl am 12. September 2012 erreichte die PVV nur mehr 10,08 % der Stimmen (2010: 15,45 %).59 Im Frühjahr 2012 veröffentlichte er in den USA sein Buch »Marked for Death: Islam’s War Against the West and Me«.60 Europäische Vernetzung der extremen Rechten rund um das Thema Islam In den vergangenen Jahren verstärkte sich die transnationale Vernetzung von rechtsextremen und rechtsradikalen Parteien. Parteien wie die FN, der VB und die FPÖ haben sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder bei ihren Kampagnen gegenseitig inspiriert; Motive, Slogans und Ideen der verwandten Parteien in anderen Ländern wurden übernommen.61 Die transnationale Vernetzung bedient sich u. a. des Themas Islam. Dafür wurde am 17. Jänner 2008 das sogenannte »Städte-Bündnis gegen Islamisierung« von führenden Vertretern der FPÖ (u. a. Heinz-Christian Strache), des Vlaams Belang (VB) und der rechtsextremen Stadtratsfraktion »Pro Köln« in Antwerpen, der Hochburg des VB, gegründet. Die Charta des Bündnisses begründet den Kampf gegen Moscheen in Westeuropa mit der Behauptung: »Moscheen funktionieren wie Katalysatoren für die Islamisierung der gesamten Umgebung, da sie, als zentrale Autoritäten, die strikte Observanz des Islam betonen. Auf diese Weise behindern sie die weitere Integration von muslimischen Minderheiten.«62 58 Website: http://www.themoviefitna.com (Zugriff: 4. 3. 2010). 59 Quelle: Website Norwegian Social Science Data Services (NSD), European Election Database, Netherlands, Parliamentary Elections, http://eed.nsd.uib.no (Zugriff 30. 5. 2013). 60 S. dazu die kritische Auseinandersetzung des Arabisten Jan Jaap de Ruiter (2012). Online verfügbar unter : http://rozenbergquarterly.com/?p=4785 = Teil 1 (Zugriff 24. 6. 2013). 61 Im September 2007 wurde die Fraktion »Identität, Tradition, Souveränität« (ITS) im Europäischen Parlament gegründet, in der sich 20 Abgeordnete der Front National, der FPÖ, des Vlaams Belang, der bulgarischen Ataka u. a. zusammenschlossen und die sich nach dem Austritt der rumänischen Abgeordneten nach zwei Monaten wieder auflösen musste. Ein Nachfolgeprojekt ist die »Europäische Allianz für Freiheit«, die 2010 gegründet wurde und die keinen Fraktionsstatus im Europäischen Parlament innehat. Im Oktober 2007 führte die rechtsextreme deutsche Partei »Die Republikaner« (REP) in der Rheingold-Halle in Mainz einen »Europakongress« unter dem Titel »Europa der Nationen« durch, an dem HeinzChristian Strache von der FPÖ und Filip Dewinter vom Vlaams Belang als Redner teilnahmen. 62 Website »Cities against islamisation« (Original: Englisch, eigene Übersetzung), Internetquelle: http://www.citiesagainstislamisation.com/En/2/(Zugriff 4. 3. 2010).

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Entsprechend haben radikale Rechtsparteien in den letzten Jahren in ganz Europa das Thema Islam/ Zuwanderung von Muslimen in den Mittelpunkt von politischen Kampagnen gestellt und vor allem gegen den Bau von Moscheen und das islamische Kopftuch als Symbole der »Islamisierung Europas« mobilisiert. Einen Höhepunkt der Mobilisierung bildete die Initiative für die Aufnahme eines Bauverbots für Minarette in die Schweizer Bundesverfassung, die im November 2009 angenommen wurde und bei der die führende politische Partei der Schweiz, die Schweizerische Volkspartei (SVP), einer der Hauptakteure war. Auch wenn sich diese Studie auf die österreichischen Moscheebaukonflikte konzentriert, ist die Behandlung des Spektrums rechtsradikaler Parteien in anderen westeuropäischen Ländern für das Thema relevant: Sie kann die konkreten Formen, den Grad und die Konsequenzen der zunehmenden transnationalen Vernetzung dieser Parteien deutlich machen und Parallelen in den politischen Strategien, der Rhetorik und der ideologischen Inhalte aufweisen. Im folgenden Abschnitt konzentriere ich mich exemplarisch auf vier politisch besonders erfolgreiche Parteien, die der Familie rechtsradikaler Parteien zugeschrieben werden: Front National, Vlaams Blok, FPÖ und Schweizerische Volkspartei. Ich werde jeweils den Aufstieg dieser Parteien auf Basis der vorhandenen Forschungsliteratur kurz skizzieren, um danach die Entwicklung der Mobilisierung mit dem Thema Islam/ Zuwanderung von Muslimen durch die jeweiligen Parteien darzustellen, die weit vor 9/11 zurückreicht. Die Darstellung der FPÖ und ihrer politischen Verwendung des Islamthemas ist ausführlicher, da sie einen wichtigen Faktor in den Moscheebaukonflikten in Österreich bildet. Eine ausführliche Darstellung ist der Anti-Minarettinitiative in der Schweiz (Frühjahr 2007-Ende 2009) gewidmet, weil davon eine erhebliche Wirkung auf ähnliche Auseinandersetzungen rund um Moscheebau in Österreich ausging, nicht zuletzt durch den Rückenwind, den die FPÖ in ihrer politischen Mobilisierung über die Themen Islam und Moscheebau aufgrund des Erfolgs der Schweizer Initiative erhielt.

4.1

Front National

Die Front National (FN) von Jean-Marie Le Pen – gegründet 1972 – steht in der Tradition eines autoritären Nationalismus in Frankreich (s. Shields 2007). Ab den 1980er Jahren erlebte die Partei einen raschen und enormen Aufstieg.63 Innerhalb von zehn Jahren stieg der Stimmenanteil der FN von 0,33 % (Parlamentswahlen 1981) auf 12,7 % (Parlamentswahlen 1993) und auf fast 14 % bei 63 S. dazu Hainsworth 1992; Marcus 1995; Simmons 1996; Davies 1999; Davies 2002; Rydgren 2003.

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Historisch-politischer Kontext

den Regionalwahlen 1992. Bei den Kommunalwahlen im Juni 1995 gelang es der FN, die Stadtregierung der großen südfranzösischen Städte Toulon, Orange und Marignane zu übernehmen. Ende der 1990er Jahre kam die Partei auf einen durchschnittlichen Anteil von 15 % bei den Regional- und Parlamentswahlen. Bei den Regionalwahlen 2004 kam die FN auf einen durchschnittlichen Stimmenanteil von 14,7 %. Hatte Le Pen bei der Präsidentenwahl von 1974 nur 0,74 % der Wählerstimmen erzielt, so kam er bei der Präsidentenwahl 1988 in der ersten Runde auf 14,4 % (4,4 Millionen Stimmen), 1995 in der ersten Runde auf 15 %. 2002 konnte Le Pen in der ersten Runde gegen den Amtsinhaber Jacques Chirac 16,8 % erreichen und schaffte den Sprung in die zweite Runde, in der er 17,79 % (5,5 Millionen Stimmen) erhielt. Damit erreichte die Partei den bisherigen Höhepunkt ihrer Wahlerfolge. Bei den Präsidentschaftswahlen 2007 erreichte die Partei Le Pens nur 10,44 %. Im April 2012 erhielt die FN, nun unter der Führung von Marine Le Pen, in der ersten Runde der Präsidentenwahlen mit 17,9 % fast gleich viele Stimmen wie beim Wahlerfolg der FN im Jahr 2002. Dieser markante Aufstieg einer unbedeutenden politischen Gruppierung zu einem wichtigen und konstanten Faktor der französischen Innenpolitik und der europäischen politischen Landschaft erfolgte von Anfang an durch die politische Mobilisierung mit dem Thema Zuwanderung, sodass man in den 1980er Jahren die FN als »Ein-Thema-Partei« charakterisieren konnte. Ab Mitte der 1990er Jahre erweiterte die Partei ihre inhaltlichen Schwerpunkte um die Themen Verteidigung traditioneller Werte sowie das Thema der politischen Eliten, die dem »Volk« die Macht genommen hätten (cf. Mayer 1998, 17). Die zentrale Strategie der FN war und ist die direkte, ursächliche Verknüpfung gesellschaftlicher Probleme mit der Zuwanderung. Bis heute bildet dieser Themenblock (Zuwanderung als »Invasion Frankreichs«, als Ursache von gesellschaftlichem Verfall, Kriminalität und Arbeitslosigkeit) den harten Kern der Ideologie des FN, mit dem andere Themen wie innere Sicherheit oder die radikale Ablehnung der wirtschaftlichen und kulturellen Globalisierung verknüpft werden. Ebenso sind die Leugnung der Shoa und (ab 1989) der Antisemitismus Elemente der politischen Strategie der FN.64 1978 erklärte Le Pen in einem Artikel in Le Monde, die Lösung für die Arbeitslosigkeit sei die Rückführung von zwei Millionen ausländischen Arbeitern und ein Zuwanderungsstopp (cf. Simmons 1996, 79 f). Neun Jahre später gaben in einer Umfrage der Zeitung L’Express vom März 1986 67 % der Wähler von Le Pen die Rückführung der Arbeitsmigranten als Lösung für das Problem der Arbeitslosigkeit an (cf. Schmidt 64 Am 13. September 1987 bezeichnete Le Pen bei einer Podiumsdiskussion den Holocaust als »Detail des Zweiten Weltkriegs«. Er stellte in Frage, ob die Existenz der Gaskammern eine »geoffenbarte Wahrheit« sei, an die jedermann zu glauben habe. Das Thema sei ein »Gegenstand der Debatte unter Historikern«.

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1991, 173). 1983 erlebte die FN den politischen Durchbruch, als der Generalsekretär der FN und die rechte Hand von Le Pen, Jean-Pierre Stirbois, in der Stadt Dreux die Zuwanderung zum zentralen Thema des Wahlkampfes machte und eine Wahlkampagne führte mit dem Slogan »Zwei Millionen Arbeitslose entsprechen zwei Millionen Zuwanderern zuviel« (cf. Hainsworth 1996, 650). Stirbois konnte bei der Wahl einen Stimmenanteil von 16,7 % erreichen, und es kam zu einer Koalition zwischen den Konservativen (RPR) und der FN, in der Stirbois Vizebürgermeister von Dreux wurde.65 Politische Beobachter ziehen den Schluss, dass diese Koalition die politische Isolation der FN beendete, die Partei legitimierte und damit der weitere Aufstieg der Partei grundgelegt wurde (cf. Hainsworth 2008, 30; Schain 1987). Bei den Wahlen zum Europaparlament 1984 erreichte die FN bereits 11,4 % und zehn Sitze. Die Islamfeindlichkeit bildet ein zentrales Element der Ideologie und der Strategie der FN (cf. Davies 1999, 145 – 155). Die Warnung vor der »islamischen Gefahr« wurde von der FN schon Anfang der 1980er Jahre in die politische Diskussion eingeführt. Der Islam wird diskursiv als absolut fremde Religion und als absoluter Gegensatz zu »Europa« konstruiert. Damit übernimmt die FN von der französischen Neuen Rechten (Nouvelle Droite) rund um Alain de Benoist das Konzept des Ethnopluralismus, das von der Existenz einer »Vielfalt von Kulturen« ausgeht, die jeweils mit einem bestimmten Territorium verbunden und in sich homogen sind. Diese Kulturen müssten von jeder »Vermischung« rein und von fremden Einflüssen abgeschirmt gehalten werden, um die jeweilige kollektive kulturelle Identität zu bewahren. Diesen Begriff von Kultur, der im Denken der Neuen Rechten an die Stelle des Begriffs »Rasse« tritt, wendete die FN im Migrationsdiskurs vor allem auf die Themen »muslimische Zuwanderer« und »Islam« an. So schreibt beispielsweise Pierre Vial, der in den 80er Jahren von der Nouvelle Droite zur FN gewechselt war, im Jahr 1990: »Der Islam ist nicht nur geteilt und unterentwickelt… In historischen Begriffen ist er in ständigem Konflikt mit Europa. … Zwischen dem siebten und 19. Jahrhundert haben Konflikte [zwischen den beiden Zivilisationen] nie aufgehört. … Die neue kulturelle und religiöse Erneuerung [des Islam war] anti-europäisch. … Die Pflicht des Islam ist es, alle Ungläubigen für den Islam zu gewinnen.«66

In der gleichen Ausgabe der Zeitschrift Identit¦ des FN heißt es:

65 Die Ex-Bürgermeisterin von Dreux und Soziologin FranÅoise Gaspard verfasste ein Buch über die Ursachen für den Aufstieg der FN in Dreux: Une Petite Ville en France, Paris: Gallimard, 1990. Übersetzung : A Small City in France: A Socialist Mayor Confronts Neofascism. Transl. A. Goldhammer, Cambridge, MA/London: Harvard University Press, 1995. 66 Identit¦, Mar-Apr 1990, no.6. Zit. nach Davies 1999, 124; eigene Übersetzung.

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»Die totalitäre Essenz [des Islam] … ist völlig unvereinbar mit der europäischen Kultur … Überall in Europa hat eine demographische Explosion zu einem kulturellen und religiösen Wiedererwachen geführt und so zu einer neuen Gefahr für Europa.«67

Für Le Pen gilt: »Die Geschichte hat gezeigt, … [dass] eine friedliche Koexistenz zwischen Europa und Islam unmöglich ist.«68 – [Der Islam], der bereits die zweitgrößte Religion in Frankreich ist, … bedroht unsere Identität.«69 – »Die muslimischen Zuwanderer wollen uns ihre Bräuche aufzwingen: die Moscheen und ›Kopftücher‹ und Schleier heute, Polygamie und das Gesetz des Koran für Heirat und staatliches Leben morgen«.70

Mit dem negativen, essentialistischen Stereotyp eines unveränderlichen, wesentlich gewalttätigen und expansiven Islam, der im Gegensatz zur westlichchristlichen Identität Frankreichs und Europas stehe, wird der »nationale Widerstand« und die Feindschaft gegenüber muslimischen Zuwanderern legitimiert. Dieser Widerstand wurde von der FN unter den Slogan Non — l’islamisation de la France gestellt. Der Islamisierungs-Diskurs enthält verschiedene Elemente: Die höhere Geburtenrate unter muslimischen Einwanderern gegenüber Franzosen wird mit dem alten Motiv des Islam als erobernde Religion in Beziehung gesetzt und als Gefährdung der nationalen Identität, als Mittel der »Islamisierung« Frankreichs dargestellt. Muslimische Symbole – das Kopftuch und die Moschee – werden als Zeichen der fortschreitenden »Islamisierung«, »Invasion« und »Kolonisierung« Frankreichs interpretiert. Zuwanderer werden auf einen Teil ihrer Identität, nämlich ihre religiös-kulturelle Zugehörigkeit, reduziert, und diese religiös-kulturelle Zugehörigkeit wird als unüberbrückbarer Gegensatz zur nationalen Identität Frankreichs verstanden. Diesen Diskurs nutzte die FN ab Ende der 1980er Jahre für die politische Mobilisierung und eine Vergrößerung ihrer Anhängerschaft. Im Oktober 1989 ereignete sich in Frankreich die affaire du voile: Elf Schülerinnen maghrebinischer Herkunft wurden in der Stadt Creil vom Unterricht ausgeschlossen, weil sie das islamische Kopftuch trugen. Der Vorfall löste die erste nationale Debatte zum Thema aus (s. Silverman 1992; Gaspard/ Khosrokhavar 1995), weitere folgten. Schließlich wurde im März 2004 das Tragen religiöser Kleidung und Symbole an öffentlichen Schulen verboten. Die FN versuchte, in dieser Debatte ein bestimmtes »Framing«, nämlich negative, polemische Deutungen des Kopftuchs wie »Fahne des erobernden Islam« und »Symbol der Integrationsverweigerung« durchzusetzen (cf. Davies 1999, 161). M¦gret bezeichnete das 67 Ibid. 68 Ibid. 69 Jean-Marie Le Pen (1985) La France est de retour, Paris: Editions Carrere/ Michel Lafon, 218. Zitiert nach Rydgren 2004, 177. 70 Jean-Marie Le Pen in: Pr¦sent, 28. 10. 1989; zitiert nach Rydgren 2004, 177.

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Tragen des Kopftuchs als sichtbares Zeichen der »islamischen Invasion« in Frankreich – der Islam pflanze sich damit symbolisch in französische Erde.71 Le Pen rief die Franzosen dazu auf, die Augen für »eine kulturelle und religiöse Kolonisation« zu öffnen, die die Zuwanderung von Muslimen darstelle.72 Das Kopftuch und die Moschee als angebliche Symbole der Eroberung Frankreichs durch muslimische Zuwanderer wurden dabei in einem Atemzug von der FN genannt: »Das Kopftuch (foulard) und die Moschee zu erlauben entspricht zuzugestehen, dass Frankreich ein Land des Islam ist, was es nie war.«73

Die FN verlangte deshalb Ende 1989 eine Volksbefragung zum Thema Moscheebau und stellte ihre Kampagne unter das Motto »Nein zu Moscheen, Nein zum Tschador« (cf. Davies 1999, 162).74 Einige Zeit nach der Kopftuchdebatte wurde die rechtsnationale Mobilisierung neuerlich mittels des Migrationsthemas verstärkt: Der damalige Ideologe der FN Bruno M¦gret arbeitete ein 50-Punkte-Programm zum Thema Zuwanderung (50 mesures concrÀtes du FN pour r¦gler le problÀme de l’immigration) aus, das 1991 präsentiert wurde. Hier wurde u. a. die Bevorzugung von Franzosen im Bereich Wohnen und am Arbeitsmarkt gefordert, ebenso die Festlegung von Quoten für Kinder von Zuwanderern in Schulen, der Ausschluss von Migranten von bestimmten Sozialleistungen, die Einrichtung getrennter Wohlfahrtssysteme, die Abschiebung illegaler Migranten, das Verbot des Moscheebaus (cf. Le Gallou/ Olivier 1992, 83 – 90). Das Programm vertritt eine systematische Politik »nationaler Bevorzugung«, die auf einer sozialen Klassifizierung anhand ethnisch-kultureller Kriterien und der Hierarchisierung von ethnischer Mehrheit und ethnisch »Fremden« in Frankreich basiert. Die Partei bekannte sich darin zum Widerstand gegen die »Implantierung des Islam in Frankreich« als Religion, die der Identität Frankreich fundamental fremd sei.75 Das Programm fordert zum ersten Mal konkrete Maßnahmen gegen muslimische Zuwanderer und wurde zum Modell für ähnliche Forderungskataloge in anderen Ländern, u. a. für das »70-Punkte-Programm zur Lösung des Zuwan71 72 73 74

Zit. in Freedman 2007, 33. Ibid. National hebdo, 26 Oct-1 Nov 1989, no. 275. Zit. nach Davies 1999, 162. Die »Neue Rechte« in Frankreich rund um Alain De Benoist distanzierte sich von der Opposition der FN gegenüber Kopftuch und Moschee und unterstützte Bestrebungen ethnischer Gruppen in Frankreich, ihre kulturelle und religiöse Identität zu bewahren. Dahinter stehen die Ablehnung des republikanischen Werts der Gleichheit und eines politischen (nicht ethnischen) Begriffs der Bürgerschaft sowie ein Multikulturalismus im Sinne der Existenz paralleler, in sich geschlossener »Kulturen«. 75 Bruno M¦gret: ›Cinquant propositions‹: Pr¦sent, 22. November 1991, 7. Zitiert nach Betz/ Meret 2009, 314.

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Historisch-politischer Kontext

derungsproblems« des Vlaams Blok von 1992 (cf. Betz 2007, 44) und das Volksbegehren »Österreich zuerst« der FPÖ von 1993. 1996 mobilisierte die lokale FN in Orange gegen die Erweiterung einer lokalen Moschee durch den Bau einer Koranschule, und zwar durch eine kommunale Volksbefragung, deren Text die ablehnende Haltung der Stadtregierung von Vornherein deutlich machte (cf. Davies 1999, 187 f). Auch in anderen Städten wie Quimper und Vitrolles waren das Moschee-Thema und der Diskurs über die »Islamisierung« der Stadt Teil der kommunalen Politik der FN. Zusammenfassend kann man sagen, dass die FN die gesamten 1990er Jahre hindurch die Themen Kopftuch und Moscheen für politische Kampagnen benutzte. Das Wort »Islamisierung« wurde von der FN in diesen Jahren in den politischen Diskurs in Frankreich eingeführt und erlebte seither eine steile Karriere als polemischer Begriff in der islam- und einwanderungsfeindlichen Rhetorik in Europa. Damit bildet die Front National den frühen Vorreiter für die strategische Orientierung der europäischen extremen Rechten, Wähler mit Hilfe des Themenkomplexes »Zuwanderung/ Islam/ nationale Identität« zu mobilisieren. »Worte sind Waffen«, wie der Chefideologe der FN, Bruno M¦gret, zu sagen pflegt.76 Die Prägung des Begriffs »Islamisierung« ist Teil einer Diskursstrategie, die mit neuen Wortbildungen arbeitet (cf. Davies 2002, 139): So wie ausländerfeindlicher Nationalismus bzw. ein nationaler Sozialismus in eine positive Formulierung gekleidet und als »nationale Bevorzugung« (pr¦f¦rence nationale) von gebürtigen Franzosen bezeichnet wird, so präsentiert sich der anti-arabische und anti-afrikanische Rassismus der französischen extremen Rechten affirmativ als »Widerstand gegen eine schleichende Islamisierung«, mit dem die Republik und ihre Werte verteidigt würden.

4.2

Vlaams Blok

Wie die Front National war auch der belgische Vlaams Blok (VB) eine neue Partei, die 1979 gegründet wurde und in den 1980er Jahren einen spektakulären Aufstieg erlebte.77 Die separatistische und immigrationsfeindliche Partei tritt für die Auflösung Belgiens und den autonomen Staat Flandern mit Brüssel als Hauptstadt ein, kämpft gegen Zuwanderung und gegen das liberale demokratische Establishment in Belgien. In den ersten Jahren setzte der VB auf den ethnischen (flämischen) Nationalismus und Separatismus, war damals aber wenig erfolgreich. Erst mit der verstärkten Politisierung des Einwanderungsthemas, einer Verjüngung der Parteiführung und der verbesserten Organisation 76 Cf. Mayer 1998, 17. 77 S. dazu: Swyngedouw 1998; Mudde 2000, 87 – 115; Ivaldi/ Swyngedouw 2001.

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas

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der Partei ab Mitte der 1980er gelang es dem VB, sich politisch zu etablieren. Die Kampagne zu den Parlamentswahlen 1987 wurde unter dem neuen Slogan »Das eigene Volk zuerst!« (Eigen volk eerst!) geführt. Bereits damals wurde nicht nur mit flämischem Nationalismus, sondern auch mit islamfeindlichen Motiven mobilisiert. In der Zeitschrift des VB verurteilte die Partei z. B. das Recht auf rituelle Schlachtung: »Es ist falsch, dass mehr und mehr fremde Kulturen, und dass mehr und mehr fremde Bräuche und Traditionen, die oft eine Jahrhunderte alte zivile und kulturelle Degeneration mit einschließen, von uns Schutz erhalten.«78

Bei den Parlamentswahlen 1987 kam der VB auf 3 % und konnte damit seine Mandate im Parlament verdoppeln (cf. Mudde 2000, 88). In einem »Dossier Gastarbeit« von 1989 wird die »Masseninvasion von Ausländern«, d. h. vor allem Türken und Marokkaner, als »die vielleicht größte Bedrohung unserer ethnischen Gemeinschaft« bezeichnet.79 Sie werden für den »moralischen Verfall« Belgiens, Arbeitslosigkeit und Kriminalität verantwortlich gemacht: »Die Anwesenheit zahlreicher Zuwanderer verändert unsere Welt, langsam aber sicher. Das Straßenbild ändert sich, die Kriminalität steigt, Arbeitslosigkeit wächst…«.80

Bei den Gemeinderatswahlen 1988 gelang dem VB der politische Durchbruch. Der größte Erfolg konnte in Antwerpen erzielt werden, wo die Partei auf 17,7 % der Stimmen kam (cf. Mudde 2000, 88). Als Reaktion darauf schlossen die fünf größten flämischen Parteien am 10. Mai 1989 eine Vereinbarung, in der jede politische Koalition und jegliche Vereinbarungen mit dem VB auf allen Ebenen ausgeschlossen wurden, ebenso die Unterstützung von Resolutionen des VB, gemeinsame Pressekonferenzen oder Veröffentlichungen. Dieser cordon sanitaire wurde allerdings von einigen Mitte-Rechts-Parteien bereits nach kurzer Zeit aufgekündigt (cf. de Lange 2007, 24). Bei den belgischen Parlamentswahlen im November 1991 gelang dem VB der Durchbruch auf nationaler Ebene; die Partei kam auf 10,3 % der Stimmen.81 Bei den Parlamentswahlen 1999 wurde der VB mit 15,3 % zur drittstärksten Partei in Flandern, noch knapp vor der flämischen Sozialistischen Partei; das entspricht 9,9 % bezogen auf Gesamtbelgien. Bei den Wahlen 2003 erreichte die Partei in Flandern 17,9 %, das entspricht bezogen auf Gesamtbelgien 11,5 % (18 Sitze in der Abgeordnetenkammer). Bei 78 VLB 8/1987; zitiert nach Mudde 2000, 100. 79 Gerolf Annemans/ Filip Dewinter (1989) Dossier Gastarbeid; zitiert nach Mudde 2000, 97. 80 Filip Dewinter (1991) Weg met ons? – Antwoord aan Paula D’Hondt (Weg mit uns? – Antwort auf Paula D’Hondt) Antwerpen: TYR; zitiert nach Swyngedouw 1998, 66. 81 Sie konnte sich in der Abgeordnetenkammer von zwei auf zwölf Sitze (6,6 %), im Senat von einem Sitz auf sechs Sitze (6,8 %) verbessern. Im Kanton Antwerpen erreichte die Partei 25,5 %.

78

Historisch-politischer Kontext

den Parlamentswahlen 2007 kam der VB auf 19,2 % in Flandern, das entspricht 11,9 % (17 Sitze in der Abgeordnetenkammer). 1992 veröffentlichte die Partei ihr »70-Punkte Programm zur Lösung des Fremdenproblems«.82 Eine erste Version war von Filip Dewinter im Juni 1992 beim Kolloquium Immigratie: het Westen voor de keuze (Einwanderung: der Westen vor der Wahl) vorgestellt worden. Der Text stützt sich deutlich auf das 50Punkte-Programm der Front national in Frankreich. Das 70-Punkte-Programm stellte eine Konkretisierung der ethno-nationalistischen und ethno-pluralistischen Ideologie des VB dar. Es forderte vor allem einen Einwanderungsstopp und die systematische Rückführung der nicht-europäischen Ausländer, die Anwendung des Prinzips »Das eigene Volk zuerst« (Eigen volk eerst!) in allen Bereichen – vor allem auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt und bei den Sozialleistungen -, den Schutz der »kulturellen Identität des eigenen Volkes«, die durch die Zuwanderung vor allem von Türken und Marokkanern gefährdet sei, ein hartes Vorgehen gegen kriminelle, illegale und arbeitslose Ausländer und eine Verschärfung der Kriterien für die Einbürgerung. Das Programm wandte sich gegen das Wahlrecht von Ausländern und gegen Subventionen von Ausländerorganisationen bzw. ausländerfreundlichen Organisationen. Mehrere Punkte des Programms richteten sich direkt gegen den seit 1974 in Belgien staatlich anerkannten Islam und die muslimische Bevölkerung, die sich hauptsächlich aus maghrebinischen und türkischen Einwanderern zusammensetzt. Punkt 12 etwa fordert, die Anerkennung des Islam rückgängig zu machen, da er »eine anti-westliche und intolerante Religion« sei und ein »fundamentaler und unüberbrückbarer Gegensatz besteht zwischen dem Islam und den westlichen Wertgütern«.83 Punkt 13 fordert: »Die Anzahl der Moscheen drastisch vermindern«. Die Begründung lautet: »Der Wildwuchs von Moscheen muss gestoppt werden. Überall schießen Moscheen wie Pilze aus dem Boden. Da sich das soziale Leben der muslimischen Gemeinschaft rund um die Moschee konzentriert, bedeutet das Einpflanzen einer Moschee in einem kommunalen Viertel einen bedeutenden Faktor der Entfremdung. Die Maghrebinisierung des Viertels ist meistens eine Folge der Einpflanzung einer Moschee. Der Vlaams Blok will die Ghettobildung so weit wie möglich unterbinden. In Erwartung der begleiteten Rückkehr der nicht-europäischen Ausländer in ihr Herkunftsland ist der Vlaams Blok aber überzeugt, dass die hier verbleibenden Muslime das Recht haben, sich zu ihrer Religion zu bekennen. Der Vlaams Blok schlägt auch einen Moscheestopp

82 Filip Dewinter (1992) Immigratie: de Oplossingen. 70 Voorstellen ter Oplossing van het Vreemdelingenprobleem, Nationalistisch Vormingsinstituut. 83 Internetquelle: http://www.blokwatch.be/content/view/62/39/lang,nl (Zugriff: 24. 2. 2010). Original: Niederländisch, eigene Übersetzung.

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas

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vor, gefolgt vom systematischen Abbau der Zahl von Moscheen. Räume außerhalb der Stadtzentren können als Gebetsräume zur Verfügung gestellt werden.«84

Islamfeindlichkeit bildet den Kern der xenophoben Position des VB (cf. Mudde 2000, 103). Aus der Sicht der Partei sei der Islam in sich fundamentalistisch: »Eine Doktrin, die den Heiligen Krieg, Mord, erzwungene Konversion, Unterdrückung von Frauen, Sklaverei und Auslöschung von ›Ungläubigen‹ predigt, wird automatisch zu dem führen, was wir heute Fundamentalismus nennen.«85

Nach der Veröffentlichung des 70-Punkte-Programms wurde der ursprüngliche cordon sanitaire und damit eine Politik der Isolierung des VB wiederhergestellt. 2000 unterzeichneten die belgischen Parteien eine »Charta für Demokratie«, die den cordon sanitaire gegenüber dem VB bekräftigte (cf. de Lange 2007, 25). Nach einer Klage der Antirassismus-Agentur der belgischen Regierung86 wurde die Partei 2004 wegen Verletzung des belgischen Gesetzes gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (»Moureaux-Gesetz« vom 30. Juli 1981) gerichtlich verurteilt. Durch das Urteil wurde der Vlaams Blok gezwungen, die Partei unter dem Namen Vlaams Belang im November 2004 neu zu gründen und u. a. einige Elemente des Programms zu ändern, um die staatliche Förderung für Parlamentsparteien weiterhin erhalten zu können (cf. Erk 2005). Statt einer zwangsweisen Rückführung aller Zuwanderer fordert die Partei nun in ihrem neuen Programm: »Fremde, die sich in Flandern niederlassen wollen, haben unsere Gesetze zu respektieren. Sie haben sich unserer Kultur anzupassen, unseren Standards und Werten, unserem Lebensstil und wichtigen traditionellen Prinzipien der europäischen Zivilisation, wie die Trennung von Kirche und Staat, die Meinungsfreiheit und die Gleichheit von Mann und Frau. Für Ausländer und Zugewanderte, die diese Prinzipien ablehnen, vernachlässigen oder bestreiten, ist eine Rückführungspolitik zu entwickeln.«87

Der VB vermischt hier strategisch den Diskurs über verschiedene Dimensionen von Integration: nämlich die Forderung nach einer Integration von Migranten in die politische Kultur des Rechtsstaats einerseits mit der Forderung nach ihrer kulturellen Assimilation andererseits. Trotz einer vorsichtigeren, kodierten Sprache des neuen Programms ist klar, dass bei der Forderung einer Rückführung primär die muslimischen Zuwanderer in Belgien gemeint sind. Denn etwas vorher wird im Programm über »Ausländer mit muslimischer Herkunft« pauschal gesagt: 84 Ibid. 85 VLB [Zeitschrift des Vlaams Blok] 6 (1993). Zitiert nach Mudde 2000, 103; eigene Übersetzung. 86 Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding (CGKR). 87 Website Vlaams Belang, http://www.vlaamsbelang.org/57/2 (Original: Englisch, Zugriff 3. 3. 2010).

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Historisch-politischer Kontext

»Die Kulturen dieser Völker unterscheiden sich in hohem Maß von unserer Kultur, vor allem wenn es um Werte wie die Gleichheit von Mann und Frau, Redefreiheit und die Trennung von Kirche und Staat geht, die Grundprinzipien unserer westlichen Demokratie sind.«88

Auf Basis eines essentialistischen, statischen Kultur- und Religionsbegriffs und eines stereotypen Islambilds wird implizit in Frage gestellt, ob Muslime überhaupt in der Lage sind, sich in Europa zu »assimilieren«, da der Islam an sich im Gegensatz zu den europäischen Werten und zur europäischen Kultur stehe. Damit blieb der VB bei seiner grundsätzlichen islamfeindlichen Position des 70Punkte-Programms von 1992, dass der Islam von seinem Wesen her eine »intolerante Religion« repräsentiere, die unvereinbar mit westlichen Werten sei. Die bloße Tatsache, dass Muslime im Verfassungsstaat ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit in Anspruch nehmen und ihre Religion in Belgien öffentlich praktizieren und ausdrücken, bedeutet für den VB, dass sie die geforderte Assimilation an die flämische Kultur verweigern und deshalb der Staat aufgefordert ist, sie in ihre Herkunftsländer (bzw. die ihrer Eltern oder Großeltern) zurückzuführen. Dass dies tatsächlich die dekodierte Aussage des neuen Programms ist, machte der Fraktionsvorsitzende des VB (seit 1992) Filip Dewinter klar, indem er in einem Fernsehinterview am Tag der Gründung des Vlaams Belang feststellte, das muslimische Kopftuch sei ein Vertrag über eine Rückführung ins Herkunftsland.89 Die ideologischen Elemente des Islam-/Migrationsdiskurses der radikalen Rechtspopulisten werden auf besonders markante Weise in einer Rede von Filip Dewinter deutlich, die er im September 2008 zum Gedenken an die Schriftstellerin und Publizistin Oriana Fallaci hielt. Dewinter führt darin aus: »Massenzuwanderung ist nun das trojanische Pferd einer Religion und einer gesellschaftlichen Ideologie geworden, die der historische ursprüngliche Feind Europas ist: der Islam.«90

Der Islam befinde sich im Krieg mit Europa. Der Koran sei eine »Lizenz zum Töten«.91 Seit fast vierzehn Jahrhunderten widerstehe Europa der »Islamisierung« des Kontinents. Die erste islamische Invasion sei 732 vor Poitiers gestoppt worden, die zweite 1683 vor Wien. 88 Ibid. 89 Fernsehen Nederland 3, Sendung »Buitenhof«, 14. November 2004. Internetquelle: http:// www.vpro.nl/programma/buitenhof/afleveringen/19518526/items/19938791/ (Zugriff: 4. 3. 2010) 90 »Memorial Oriana Fallaci« (publiziert 12. September 2008, Original: Englisch), Website Filip Dewinter, http://www.filipdewinter.be/memorial-oriana-fallaci (Zugriff: 4. 3. 2010). 91 Hier zitiert Dewinter möglicherweise den Film »Fitna« von Geert Wilders (2008). Im Film erscheint der Satz »Quran license to kill« als Untertitel.

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»Es geht nun darum, die derzeit ablaufende dritte islamische Invasion zu stoppen und den Islam zurückzuwerfen, wo er hingehört: auf die andere Seite des Mittelmeers.«92

Zur Taktik einer Unterwanderung gehöre die größere Zahl von Kindern in muslimischen Familien. Bereits jetzt zähle Europa 50 Millionen Muslime. Die Europäer hätten genug von Burka, Hija¯b und Kaftan, vom »unermesslichen ˙ Auftauchen von Moscheen, Koranschulen und Minaretten.« »Wenn wir Europa retten wollen, dann müssen wir die Islamisierung zurückwerfen und den grünen Faschismus des radikalen, totalitären Islam beenden!«93

Islamfeindschaft sei deshalb »eine Pflicht für jeden, der Europas Zukunft retten will.« Das Bild von der »anderen Seite des Mittelmeers« hatte Dewinter zum ersten Mal in einer Rede unter dem Titel Het groene totalitarisme: De kolonisatie van Europa (Antwerpen, 20. November 2002) verwendet. Darin bezeichnete er den Islam als »grünen Totalitarismus« und als »Religion der Eroberung, die unsere Werte, Normen und unseren Lebensstil verachtet und ablehnt.«94 Durch Naivität und falsch verstandene Toleranz habe es Europa bisher verabsäumt, die Bedrohung der »Kolonisierung Europas durch den Islam« in Form eines »kulturellen Djihad« zu erkennen. Erst wenn Europa beginnen würde, seine kulturelle Identität, Werte und Normen zu behaupten, werde es möglich sein, »den Islam zurückzuwerfen, wo er hingehört – auf die andere Seite des Mittelmeers.«95 Anfang 2009 veröffentlichte Dewinter das Buch Inch’Allah? De islamisering van Europa,96 in dem er seine islamfeindlichen Positionen zusammenfasste.

4.3

Freiheitliche Partei Österreichs

Die »Freiheitliche Partei Österreichs« (FPÖ) ging aus dem »Verband der Unabhängigen« (VdU) hervor, der als Sammelbecken der ehemaligen NSDAPMitglieder im Zusammenhang mit der Wahl von 1949 zugelassen worden war.97 Vom Gründer der VdU, Herbert Kraus, wurde der Gründungsparteitag der FPÖ im April 1956 als lange vorbereitete »›Machtübernahme‹ durch einen kleinen Kreis von Rechtsextremisten und ehemaligen Naziführern« interpretiert. Der 92 93 94 95

Ibid. Ibid. Zitiert nach Betz 2005, 35. Dr. Susanne Winter, damals Obfrau der FPÖ Graz, verwendete die gleiche Formulierung in ihrer Rede beim Neujahrstreffen der FPÖ am 13. Jänner 2008 in Graz im Kontext der Gemeinderatswahlen in Graz; für die Rede wurde sie ein Jahr später wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren gerichtlich verurteilt. 96 Filip Dewinter (2009) Inch’Allah? De islamisering van Europa, Brussel: Uitgeverij Egmont. 97 Zum Folgenden s. Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands 1993.

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erste Obmann Anton Reinthaller war Mitglied der Landesleitung der NSDAP Österreich gewesen, der zweite Obmann (1958 – 1978) Friedrich Peter ein Offizier der Ersten SS-Infanteriebrigade. Von ihrer Geschichte her ist die FPÖ also keine neue rechtsradikale Protestpartei, wie zum Beispiel die »Partei für die Freiheit« von Geert Wilders in den Niederlanden, sondern eine »… Traditionspartei – eine Partei, die von führenden Funktionären der NSDAP gegründet wurde und die in der immer wieder betonten Kontinuität des Nationalsozialismus steht.« (Pelinka 2005, 98) Bis 1986 nahm die FPÖ innerhalb der politischen Landschaft eine marginale Stellung ein. Bei den Nationalratswahlen in den 1970er Jahren lag sie fast durchgehend bei etwa 5 % Stimmenanteil. 1986 setzte sich das national-radikale Lager gegen den liberalen Flügel der FPÖ durch: Norbert Steger wurde gestürzt, Jörg Haider wurde beim Parteitag in Innsbruck am 14. September 1986 zum Bundesobmann gewählt. Ab diesem Zeitpunkt schwenkte die Partei auf einen offensiven, rechtsradikalen und autoritär-populistischen Kurs ein, der auf Haider zentriert war (s. Pelinka 1987). Die FPÖ erlebte einen raschen Aufstieg: Bei der Nationalratswahl 1986 erhielt die FPÖ 9,7 % der Stimmen, 1990 16,6 % und 1994 bereits 22,5 %. Bei der Nationalratswahl 1999 – im gleichen Jahr erfolgte der Durchbruch der SVP in der Schweiz – erzielte die FPÖ mit 26,9 % ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Parlamentswahl und kam auf den zweiten Platz nach der SPÖ, mit einem Abstand von nur 290.000 Stimmen.98 Die FPÖ wurde innerhalb von 13 Jahren »die stärkste und erfolgreichste rechtsextreme Partei Europas« (Bailer/Neugebauer 1993, 358). Nach der Bildung der Regierungskoalition mit der ÖVP im Februar 2000 erlebte die FPÖ Stimmenverluste, zuerst bei den Landtagswahlen in der Steiermark im Oktober 2000, bei den Wahlen im Burgenland im Dezember 2000 und besonders dramatisch bei der Nationalratswahl 2002, bei der die FPÖ auf einen Stimmenanteil von 10,01 % abstürzte (-16,9 %) und 34 Mandate verlor (Picker/ Salfinger/ Zeglovits 2004). Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2004 kam die FPÖ nur mehr auf 6,4 % und verlor vier von bisher fünf Mandaten. Bei den Nationalratswahlen 2008 erreichte die FPÖ wieder 17,5 %, bei den Gemeinderatswahlen in Wien im Jahr 2010 25,77 % und damit den zweiten Platz nach der SPÖ. Wie bei den anderen rechtsradikalen Parteien in Westeuropa war der Aufstieg der FPÖ in den 1990er Jahren – neben anderen Faktoren – mit der Politisierung des Zuwanderungsthemas verbunden. Analysen der Motive der FPÖ-Wähler zeigen, dass die FPÖ zwischen 1986 und dem Ende der 1980er Jahre als Protestpartei gegen das politische Establishment und die »Privilegienwirtschaft« betrachtet und deshalb gewählt wurde (s. Plasser/Ulram 2000). Ab der Nationalratswahl 1990 wurden als Wahlmotive an erster Stelle der Protest (»Denk98 In Prozent gleichauf mit der ÖVP, in Stimmen knapp vor der ÖVP.

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas

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zettel« für die beiden Großparteien), an zweiter Stelle die »Ausländerfrage« genannt (s. Plasser/Ulram 1990; Ulram 2001). Die weltanschaulichen Grundlagen für die Politisierung der »Ausländerfrage« – die ethno-nationalistische Ideologie der organischen, homogenen »sozialen Volksgemeinschaft« – waren im FPÖ-Programm und bei Jörg Haider seit langem präsent (cf. Galanda 1987, 29ff; Bailer/Neugebauer 1993, 368 f). Man kann den Modellcharakter der Strategie der Front National bzw. die Übernahme von Ideen, Strategien, Motiven der FN durch die Haider-FPÖ erkennen. So verwendete Haider ab 1987 wie Le Pen die Aufrechnung der Zahl der Arbeitslosen gegen die Zahl der »Ausländer«: Die Presse berichtete am 17. 9. 1987 über eine Wahlkampfveranstaltung Haiders: »Die ersten Bravorufe heimste der FPÖ-Chef ein, als er die Frage stellt, ob Österreich angesichts der 180.000 Arbeitslosen wirklich 140.000 Gastarbeiter haben müsse.«99 1993 mobilisierte die FPÖ mit einem 12-Punkte-Programm beim Volksbegehren »Österreich zuerst« (25. Jänner – 1. Februar 1993).100 In Österreich hatte es dazu mehrere Vorläufer-Initiativen von neonazistischen Gruppen gegeben, v. a. die »Volksinitiative für Ausländerbegrenzung« der NDP unter Norbert Burger, die 1974 von der Generalversammlung der NDP beschlossen wurde, das »Volksbegehren zum Schutze Österreichs gegen Überfremdung und Unterwanderung« der NDP, das 1982 gestartet wurde, aber nicht zustande kam (cf. Scharsach 2000, 202). Das 12-Punkte-Programm des Volksbegehrens der FPÖ von 1993 umfasste u. a. Forderungen nach einem Einwanderungsstopp, nach der Einfügung der Bestimmung »Österreich ist kein Einwanderungsland« in die Verfassung, nach der Ausweispflicht von Ausländern am Arbeitsplatz, einer Beschränkung des Anteils von »Schülern mit fremder Muttersprache« in Pflichtund Berufsschulen auf 30 % und der Schaffung von Ausländerklassen. Haider interpretierte das Volksbegehren in einem völkischen Sinn als Verteidigung des »Rechts auf Heimat« durch das »Volk«.101 Im Jahr des Volksbegehrens erschien Haiders Buch »Die Freiheit, die ich meine«. Darin bezieht er sich an einer Stelle auf den Islam, in Form einer stereotypen Entgegensetzung von »Islam« und »Westen«: »Die Gesellschaftsordnung des Islam ist unseren westlichen Werten entgegengesetzt. Menschenrechte und Demokratie sind mit der mohammedanischen [sic!] Glaubenslehre ebensowenig vereinbar wie die Gleichbehandlung der Frau. Das Individuum und sein freier Wille zählen im Islam nichts, der Glaube und der Glaubenskampf – Djihad,

99 Zitiert nach Galanda 1987, 111 (cf. Bailer/Neugebauer 1993, 393). Sechs Jahre vorher, bei den Parlamentswahlen 1981, hatte auch der Vlaams Blok in Belgien den Slogan verwendet: »400.000 arbeitslos, also warum dann Gastarbeiter?«. Zitiert nach Mudde 2000, 102, Fn. 9. 100 Zur Diskursanalyse des Volksbegehrens s. Reisigl/ Wodak (2000). 101 Neue Freie Zeitung 13. 1. 1993. Zitiert nach Bailer/Neugebauer 1993, 387; vgl. 398.

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der heilige Krieg – alles. Keine Weltreligion verbreitet sich derzeit so schnell wie der Islam.« (Haider 1993, 93).

Aber insgesamt nahm das explizite Thema »Islam« damals noch keinen großen Stellenwert ein, weder in den Büchern von Haider noch in den Kampagnen dieser Zeit. Wenn die FPÖ Salzburg 1994 mit dem Slogan »Wenn schon eine Moschee in Salzburg, dann auch eine Kirche in Mekka« Wahlkampf führte, dann war das Thema »Islam« ein Thema unter mehreren – der Schwerpunkt der damaligen Kampagne zur Salzburger Landtagswahl im März 1994 war der Slogan »Allein gegen die Mafia«, die Kritik an Proporz und parteipolitischem Postenschacher.102 Die FPÖ arbeitete damals auch mit dem Slogan »Überfremdung«, bezogen auf die Möglichkeit der Einbürgerung nach sechs Jahren und auf die Osterweiterung der EU und ihre Folgen für die nationale Identität. Erst in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre – vor allem mit dem neuen Parteiprogramm von 1997 – rückte das Religionsthema, innerhalb des Paradigmas eines »Kampfes der Kulturen«, in den Vordergrund. Eine Schlüsselrolle dafür spielte ein Vertreter des kirchlichen Flügels in der FPÖ, der damalige Klubobmann Dr. Ewald Stadler. Das Grundsatzprogramm (»Linzer Programm«) basierte auf einem Entwurf von ihm. Stadler thematisierte 1997 in der ORF»Pressestunde« den »Vormarsch des Islam« in Europa: »Es stellt sich die Frage, ob wir tolerieren müssen, dass bei uns eine Moschee nach der anderen entsteht.«103 Er stellte die Behauptung auf, dass die Errichtung von Moscheen staatlich subventioniert werde. Stadler begründete seine Gegnerschaft zu Moscheen in Österreich mit der Gefahr des Vordringens islamischer Fundamentalisten: »Es besteht die Gefahr, daß über die Moscheen und Gebetshäuser der islamische Fundamentalismus auch bei uns verbreitet wird. Das kann nicht in unserem Sinn sein.«104 Im Fall von Stadler verbindet sich der klassische rechtsradikale und -extreme Diskurs über die »Islamisierung Europas« auf der Linie des Front National mit dem tiefverwurzelten religiösen Islamhass der Piusbruderschaft, der Stadler nahesteht – neben dem Antisemitismus einer der Gründe, warum die katholischen Ultratraditionalisten das Zweite Vatikanische Konzil der römisch-katholischen Kirche mit seiner weitreichenden Neubestimmung der Haltung gegenüber Juden, Muslimen und den asiatischen Religionen nicht anerkennen. Das Parteiprogramm von 1997 bedeutete einen Bruch mit der antiklerikalen Tradition des Dritten Lagers, indem unter dem Einfluss Stadlers ein Bekenntnis zu einem »Christentum, das seine Werte verteidigt« (in der ursprünglichen 102 Telefoninterview mit Mag. Dr. Richard Voithofer, Direktor des Landtagsklubs der FPÖ Salzburg, 7. Juli 2011. 103 »Stadler : ›Kirche hat sich mißbrauchen lassen‹«: Kurier, 7. April 1997. 104 »Die blauen Ritter auf der Suche nach Feindbildern«: Kurier, 8. April 1997.

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Fassung: »wehrhaftes Christentum«) und zur »Bewahrung der geistigen Grundlagen des Abendlands« – als Gegensatz zum Islam – aufgenommen wurde (cf. Luther 2006). Dieser mühelose »Wechsel vom antiklerikalen Deutschnationalismus … hin zum klerikalsozialen Österreichpatriotismus« (Heinisch 2004, 251) und der Verteidigung des christlichen Europa ist ein Beleg für die Wandlungsfähigkeit dieser Art von Parteien. Im neuen Programm heißt es: »Der zunehmende Fundamentalismus eines radikalen Islams und dessen Vordringen nach Europa … bedrohen den Wertekonsens« Europas als »christlich-abendländische Wertegemeinschaft«. Die Begründung einer immigrations- und islamfeindlichen Politik unter Bezug auf die christlichen Wurzeln der nationalen Kultur korrespondiert im Übrigen mit ähnlichen Veränderungen der Strategie bei anderen rechtsradikalen Parteien in Europa wie z. B. des belgischen Vlaams Blok und der italienischen Lega Nord ab den 1990er Jahren (cf. Mudde 2009, 85). Im Fall der FPÖ wurde der Brückenschlag zu rechtskatholischen Kreisen verfestigt, der seither gerade bei der Bekämpfung von Moscheebauten und Bauten anderer nichtchristlicher Religionsgemeinschaften zu Tage tritt. Zugleich wurden die Grundlagen für die Prominenz des Religionsthemas in der taktischen Ausrichtung der FPÖ gelegt – eine Linie, die von den politischen Entwicklungen nach 2001 verstärkt und in den politischen Kampagnen manifest wurde. Trotz der programmatischen Wende von 1997 stand das Kulturkampf-Thema bei der Kampagne der FPÖ zum Nationalratswahlkampf im September 1999 nicht im Vordergrund. Sie appellierte an ausländerfeindliche Ressentiments, mit Slogans wie »Stopp der Überfremdung!« und »Stopp dem Asylmissbrauch!«. Das Thema Islam setzte die FPÖ prominent erst beim Wahlkampf zu den Gemeinderatswahlen in Wien am 23. Oktober 2005 ein (cf. Hafez 2010, 19). Hintergrund war der Absturz der FPÖ nach ihrer Regierungsbeteiligung 2000: die Niederlagen der FPÖ bei den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen im März 2001 (-7,78 %), bei den Nationalratswahlen im November 2002 (-16,9 %) und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2004 (-17,1 %) sowie die Spaltung der Partei im Frühjahr 2005 und die Gründung des BZÖ durch Haider, die die Partei in eine schwere Krise stürzte. Offenbar entschloss sich die FPÖ in dieser Situation, die verbreitete Verunsicherung und die angstvolle, islamskeptische und -feindliche Stimmung nach den terroristischen Anschlägen in Madrid und London als politische Gelegenheit zu nutzen und mit einem radikal xenophoben und islamfeindlichen Wahlkampfs aus ihrem Tief zu kommen.105 Unter dem neuen Bundesparteiobmann Hans Christian Strache (ab 105 Diese Einschätzung wird neuerdings vom Vorsitzenden der FPÖ Oberösterreich, Manfred Haimbuchner, bestätigt, der über den Wahlkampf der FPÖ im Jahr 2006 sagt: »Das war damals eine ganz andere Situation, da hat die FPÖ ums Überleben gekämpft. Damals hat man eben auf härtere Botschaften gesetzt.« (»Die FPÖ ist keine Führerpartei«: Der Standard 11./12. 5. 2013, 8). Der Slogan »Daham statt Islam« entfaltet seither ein Eigenleben. In der

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April 2005) verschärfte die FPÖ ihr »Gegenprojekt Populismus«.106 Die Partei plakatierte beispielsweise im Wiener Wahlkampf ein Sujet, in dem Strache vor dem Hintergrund des Stephansdoms seinem Gegner Bürgermeister Dr. Häupl vor dem Hintergrund einer großen türkischen Moschee gegenüberstand. Sowohl die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich als auch die Katholische Aktion Österreich und die Evangelische Kirche Österreichs kritisierten in öffentlichen Stellungnahmen die Verwendung religiöser Symbole im Wahlkampf und die Gefährdung des Zusammenlebens der Religionen. Zur Nationalratswahl am 1. Oktober 2006 führte die Partei erneut einen aggressiven ausländerfeindlichen Wahlkampf. Man verwendete in der Kampagne radikale, eingängige Slogans wie »Sozialstaat statt Zuwanderung«, »Österreich zuerst«, »Sichere Pensionen statt Asylmillionen« und den Slogan »Daham statt Islam«, in Verbindung mit der österreichischen Nationalfahne, sowie »Pummerin statt Muezzin«. Die Bundes-FPÖ setzte also weiter auf die suggestive Wirkung des nationalen Symbols »Stephansdom« und seiner großen Glocke, das mit einem islamischen Symbol kontrastiert wird. Unter dem Eindruck der Minarettinitiative der Schweizer SVP, die im Frühjahr 2007 gestartet wurde, stellte die FPÖ die politische Mobilisierung über das Islamthema noch stärker ins Zentrum. Von Straches Rede am Parteitag der FPÖ am 2. Juni in Innsbruck und bei der Pressekonferenz am 4. Juni 2007 berichtet der Pressedienst der FPÖ: »Der Islam ist nicht nur eine Religion, sondern auch ein totalitäres Rechts- und Gesellschaftssystem und eine politische Anschauung mit eigenen Gesetzen für die Gläubigen. Er sehe die Welt als Kriegsschauplatz, bis die gesamte Menschheit islamisch sei. ›Der Islamismus ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts.‹ Das Symbol dieser Ideologie sei die Moschee mit dem Minarett.«107

Die Charakterisierung des Islam als totalitäre faschistische Ideologie und Bewegung steht in einer Linie mit Aussagen von Politikern wie Geert Wilders von der niederländischen Freiheitspartei oder Søren Krarup von der dänischen Volkspartei (cf. Betz/ Meret 2009, 320). Es gehört zur Strategie rechtsradikaler Parteien, um den Preis einer gesellschaftlichen Polarisierung mit kalkulierten, Nacht auf 9. 5. 2013 wurde beispielsweise der Sockel der Basilika in Mariazell mit der Aufschrift »Daham oder Islam« in schwarzer Schrift in einer Höhe von bis zu einem Meter und auf einer Länge von 18 Metern von einem unbekannten Täter beschmiert (»Wallfahrtsbasilika erneut beschmiert«: Kurier 9. 5. 2013, Internetquelle: http://kurier.at/chronik/ oesterreich/mariazell-sockel-der-wallfahrtsbasilika-erneut-beschmiert/11.895.888, Zugriff 20. 5. 2013). 106 Werner A. Perger : »Abendland in Christenhand«: Die Zeit, 30. April 2009. 107 »Strache: Islamismus ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts«. OTS-Presseaussendung des Freiheitlichen Parlamentsklubs – FPÖ, 4. Juni 2007. Internetquelle: www.ots.at (Zugriff 16. 7. 2012).

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massiven Tabubrüchen und Provokationen eine starke Resonanz in den Massenmedien und hohe Aufmerksamkeitsgewinne zu erhalten. Für die Politisierung des Islamthemas wurde auch die parlamentarische Ebene genutzt. Am 6. Juni 2007 brachte die FPÖ-Fraktion einen Entschließungsantrag ein, um ein Bauverbot für Minarette und die Verpflichtung der Religionsgemeinschaften zur Verwendung der deutschen Sprache bei Gottesdiensten in die Verfassung aufzunehmen. In der Nationalratssitzung vom 27. 9. 2007 brachte der FPÖ-Klub dazu einen dringlichen Antrag ein. Der unmittelbare politische Kontext war die Verhaftung des radikalen Islamisten Mohamed Mahmoud in Wien am 12. September. Im Antrag heißt es u. a.: »Der Islamismus ist nicht nur eine Religion, sondern auch Rechtssystem und politische Anschauung mit eigenen Gesetzen, die aus den Versen des Koran bestehen. Ziel ist es, die gesamte Menschheit zu islamisieren. (Siehe etwa Sure Al-Baqara 2,191: ›Tötet, wo ihr sie findet‹, At-Tauba 9,29: ›Kämpft mit den Waffen gegen diejenigen, die nicht an Allah glauben…). Das Symbol dieser Religion ist die Moschee mit dem Minarett.«108

Im Antragstext wird der Islam explizit mit Islamismus gleichgesetzt, während jedoch Strache in seiner Rede zum Antrag zwischen dem Islam, der als Weltreligion Wertschätzung und Respekt verdiene, und Islamismus differenzierte.109 Am 22. Jänner 2008 verabschiedete der Parlamentsklub der FPÖ das Positionspapier »Wir und der Islam«.110 Der Text vertritt eine Dichotomie zwischen dem Islam »als eine der monotheistischen Weltreligionen«, die Respekt verdiene,111 und dem »Zuwanderungs-Islam«, der als Problem betrachtet wird. Sie ist Ausdruck der Ideologie des Ethnopluralismus, nach der nationalstaatliche Gemeinschaften in sich kulturell und ethnisch homogen und diese homogenen Ethnien separiert sein müssen. Der Islam verdiene Respekt – aber nur im Kontext der islamischen Gesellschaften. In Europa stelle der Islam in Form »der muslimischen Massenzuwanderung«112 einen Fremdkörper und eine Gefahr dar. Er sei »kein Teil österreichischer oder europäischer Leitkultur«. Der religionsrechtliche Status des Islam, die staatliche Anerkennung in Österreich seit 1912, 108 Republik Österreich, Parlament, Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats am 27. 9. 2007, S. 169. Internetquelle: http://www.parlament.gv.at (Zugriff 25. 7. 2012). – Ein wortidentischer Antrag für ein Bauverbot von Minaretten wurde am 2. 12. 2009 von den »Freiheitlichen« im Südtiroler Parlament eingebracht. 109 Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrates, op. cit., S. 173. 110 Internetquelle: http://www.fpoe-parlamentsklub.at/fileadmin/Contentpool/Parlament/PDF/ Wir_und_der_Islam_-Freiheitliche_Positionen.pdf (Zugriff 16. Juli 2010). 111 Freiheitlicher Parlamentsklub: »Wir und der Islam. Freiheitliche Positionen zur Religionsfreiheit, zur islamischen Welt und zur Problematik des Zuwanderungs-Islam in Europa« (Wien, 22. Jänner 2008). Internetquelle: www.fpoe-parlamentsklub.at/fileadmin/Content pool/Parlament/PDF/Wir_und_der_Islam_-Freiheitliche_Positionen.pdf (Zugriff 22. 6. 2011). 112 Ibid., 3.

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sei »zu überdenken«: »Dem Zuwanderungsislam können keineswegs automatisch die Rechte der autochthonen muslimischen Bosniaken aus Zeiten der habsburgischen Monarchie zustehen.«113 Im Positionspapier wird die grundsätzliche politische Strategie und Rhetorik der FPÖ in Sachen Islam deutlich: nämlich eine Politik pauschaler Diffamierung, Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen muslimischer Zugehörigkeit und damit einer Verletzung der Prinzipien der europäischen Demokratie zu verfolgen, und dies aber unter dem Deckmantel der »Verteidigung der europäischen Demokratie« (im kulturalisierten Sinn als »christliches Abendland«), um so als Fürsprecher der eigenen, dominanten nationalen Mehrheit auftreten zu können. Im Mai 2009 nahm FPÖ-Bundesobmann H.C. Strache an der Demonstration gegen den Ausbau des Islamischen Zentrums Wien-Dammstraße teil und führte in der Abschlussrede bei der Kundgebung hinter dem Wiener Rathaus aus:114 Hier stehe das anständige, couragierte Wien, das nicht bereit sei, bestimmte Entwicklungen hinzunehmen. Wenn man vor Gefahren warne, vor dem militanten Islamismus, dann werde man als Alarmist und Ausländerfeind bezeichnet. »Wir respektieren alle Religionsgemeinschaften. Ich lasse nicht zu, dass linksgrüne Faschisten gegen euch hetzen.«115 An einer Stelle der Rede kam die bekannte Szene, in der Strache ein goldenes Kreuz für einen kurzen Moment in die Höhe hielt: »Abendland in Christenhand – ich sage das ganz bewusst mit dem Zeichen des Kreuzes. Dazu stehen viele Gläubige und Christen. Das christlich-europäische Abendland – darum geht es uns. Das ist unsere christlich geprägte Kultur – wir wollen nicht erleben, dass sie untergeht. Wir wollen uns zu unserer europäisch-christlichen Wertegemeinschaft bekennen. In wessen Hand wollen Grüne und Sozialisten uns führen? (…) Im 113 Ibid., 5. 114 H.C. Strache, Abschlussrede bei der Demonstration gegen den Ausbau des ATIB-Zentrums Dammstraße, 14. Mai 2009. Eigene handschriftliche Notizen. 115 In seiner Rede führte Bundesobmann Strache weiter aus: Die SPÖ habe Verrat betrieben an den Bürgern des 20. Bezirks, deren Sorgen würden nicht ernstgenommen. Wenn es mit dem Islamismus so weitergehe, dann werde ein Imam in Zukunft »Spritzer« und Schweinsstelzen verbieten. Der Verfassungsschutz habe aufgezeigt, dass Moscheen Anwerbezentren für Terrorismus seien. Radikal ausgerichtete Prediger würden die Gläubigen in den Moscheen beeinflussen. Die Verbreitung djihadistischer Ideen – das habe hier nichts verloren. Man müsse genau sehen, was in den Koranschulen und Moscheen geschehe. Wenn gewaltsame Revolution gepredigt wird, dann hätte man als Bürger das Recht zu wissen, was geschieht. Der Islamismus dringe immer weiter vor. Strache zitierte die deutsche Soziologin Necla Kelek: Das Kopftuch sei eine Körperverletzung. Dadurch würden Frauen unterdrückt und zum Sexualobjekt gemacht. Der Islam sei Politik und Religion zugleich. Strache wiederholte den Forderungskatalog der FPÖ u. a. aus dem Positionspapier von 2008: Imame sollten nur mehr auf Deutsch predigen dürfen. Der Religionsunterricht müsse in deutscher Sprache abgehalten werden. Verbot von Minaretten durch eine entsprechende Änderung der österreichischen Verfassung. Verstärkte Überwachung von Moscheen, die als Rekrutierungsorte für extremistische Strömungen dienen würden.

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Rathaus – das sind nicht Volksvertreter, sondern Volksverräter. Sie haben mit unseren Steuergeldern Parallelgesellschaften subventioniert. (…) Ein Gebetshaus darf nur von anerkannten Religionen geführt werden. Was hat der kulturell-politische Verein ATI˙B mit Religion zu tun? Das ist in Österreich gesetzlich nicht vorgesehen. Was wäre, wenn der ÖAMTC Kirchen bauen würde? Auch außerhalb Wiens erleben wir die Entwicklung, dass eine Moschee nach der anderen aus dem Boden gestampft wird. ATI˙B dient dazu: Die Türkei will, dass sich Türken erst gar nicht integrieren. Erdogan hat in Köln gesagt: Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Niemand hat sich aufgeregt. Wenn Bürger gegen Moscheen und Veranstaltungszentren mit tausenden Besuchern protestieren, dann bricht Entrüstung aus, dann zieht die Moralmafia alle Register. Wenn man sich Ylmaz, Korun, al-Rawi angehört hat, musste man erkennen, dass alle für das Zentrum eingetreten sind – aber kein einziges Wort für die Bürger. AlRawi hat gesagt: Muslime müssen sichtbar sein. Herr al-Rawi, wir sehen Muslime sehr deutlich, durch die verfehlte Politik des Rathauses. Wir sehen es am Speiseplan der städtischen Horte und Schulen, wo das Schweinefleisch gestrichen wurde. Das Kreuz hat man bereits in Schulen und Kindergärten abgenommen. Ich will, dass das Kruzifix aufgehängt wird als sichtbares Zeichen unserer Kultur. (…) In Telfs wurde ein Minarett gebaut. In Vöslau eine Moschee. Immer steckt der politische Verein ATI˙B dahinter. Es geht darum, dass der von der Türkei gesteuerte Islamismus hier Fuß fasst. Erdogan sagte: Die Moscheen sind unsere Helme, die Minarette unsere Bajonette. Das hat nichts mit Frieden zu tun. In Vorarlberg hat man gehandelt und sichergestellt durch ein Landesgesetz, dass den Bau von Moscheen mit Minaretten verhindert. Das will ich auch in Wien umsetzen, wenn ihr helft, diesen präpotenten Bürgermeister abzuwählen. Ein solches Gesetz brauchen wir auch auf Bundesebene. Es muss die Verpflichtung für alle Religionsgemeinschaften geben, dass in der deutschen Staatssprache gepredigt wird. Ich werde als Bürgermeister wöchentliche Sprechstunden geben. Dann wird es keine Genehmigung für die Dammstraße geben.«116

Dieser Auftritt von Bundesobmann Strache ist im Rahmen der FPÖ-Kampagne für die Wiener Gemeinderatswahlen 2010 und die Wahlen zum EU-Parlament im Juni 2009 zu sehen. Der Wiener Kardinal Dr. Christoph Schönborn OP setzte darauf den ungewöhnlichen Schritt, in seiner Predigt beim Hochamt am Fest Christi Himmelfahrt im Wiener Stephansdom am 21. Mai 2009 die politische Instrumentalisierung des Kreuzes, das ein Zeichen der Liebe sei, öffentlich zurückzuweisen und damit die FPÖ indirekt zu kritisieren: »Dieses Zeichen darf daher auch nicht politisch missbraucht werden, quasi als Kampfsymbol gegen andere Religionen, gegen andere Menschen«.117 Die Kritik des Kardinals hielt die FPÖ nicht davon ab, in der Wahlwerbung für die Wahlen zum EU-Parlament am 7. Juni 2009 die FPÖ-Parolen wie »Für Österreich da, statt für EU & Finanzmafia« sowie »Abendland in Christenhand« zu verwenden. Die steirische FPÖ setzte sich in ihrer Kampagne zur Landtagswahl am 26. September 2010 eben116 Eigene schriftliche Notiz während der Rede. 117 »Kardinal Schönborn liest Strache die Leviten«: Die Presse, 21. Mai 2009.

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falls für ein Bauverbot von Moscheen und Minaretten ein. Die Partei stellte unter dem Titel »Moschee-Baba« am 30. August ein Spiel ins Internet, bei dem man aus der Grazer Stadtlandschaft wachsende Minarette sowie »rote und grüne Muezzine« durch Wegklicken stoppen konnte. Das Kampagnenmittel war von der Schweizer Werbefirma Goal AG Alexander Segerts entwickelt worden, die das gleiche Online-Spiel bereits in der Kampagne für das Minarettverbot in der Schweiz verwendet und für die Steiermark adaptiert hatte.118 Der Spitzenkandidat der FPÖ Steiermark Dr. Gerhard Kurzmann verteidigte die Aktion: »Das [Moscheen mit Minaretten] wollen wir nicht, die Steiermark soll Teil des christlichen Abendlands bleiben und nicht muslimisiert werden.«119 Das Moscheebau-Thema dominierte auch die FPÖ-Kampagne für die Wiener Gemeinderatswahlen 2010, die bereits das ganze Jahr 2009 über mit enormem Mitteleinsatz geführt wurde. Die FPÖ versuchte propagandistisch, den politischen Gegner, den amtierenden Bürgermeister, mit Moscheebau zu assoziieren, während Strache als Kämpfer gegen den Bau von Moscheen und Minaretten positioniert wurde – und zwar unabhängig von der Tatsache, dass in Wien gar kein sichtbarer, repräsentativer Moschee- und Minarettbau geplant war. Das Sujet eines Inserats in der Gratiszeitung Heute trug den Titel »Aus für Moscheen & Minaretten«. Im Text hieß es: »Seit Jahren verharmlosen SPÖ-Häupl und VP-Hahn die Gefahren des radikalen Islamismus. Gewaltbereite und demokratiefeindliche Extremisten können sich ungehindert ausbreiten. Gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung schießen Moscheen und Minarette wie Schwammerl aus dem Boden. Radikale Religionslehrer werden auf die Kinder losgelassen.«120

Im Inserat wird dagegen das »FPÖ-Anti-Islamismus-Paket« propagiert, das Maßnahmen wie ein Bauverbot für Moscheen und Minarette, Predigten nur in deutscher Sprache und ein Kopftuchverbot in öffentlichen Gebäuden enthält. Anfang 2010 nahm die FPÖ-Bundespartei eine kurzfristige taktische Änderung vor, um sich ein seriöses, gemäßigtes Image zu geben und dadurch neue Wählergruppen erreichen zu können. Man distanzierte sich öffentlich von der 118 »Wer das Minarett trifft, hat gewonnen«: Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 18.10. 2009. Internetquelle: http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2009/10/18/Schweiz/ Wer-das-Minarett-trifft-hat-gewonnen (Zugriff 24. 5. 2013); »Anti-Minarett-Initiative als Online-Spiel«: Standard 18. Oktober 2009. 119 »FPÖ stellte ›Anti-Minarett-Spiel‹ online«: steiermark ORF.at, 31. 8. 2010. Internetquelle: http://stmv1.orf.at/stories/466595 (Zugriff: 16. 7. 2012). – Nach Anzeigen der steirischen Grünen und der Islamischen Glaubensgemeinschaft wurde das Online-Spiel nach drei Tagen per richterlicher Verfügung vom Netz genommen. Am 14. Oktober 2011 wurden der steirische FPÖ-Chef Kurzmann und Segert vom Grazer Straflandesgericht von der Anklage der Verhetzung nach § 283 StGB freigesprochen. 120 Heute, 17. April 2009, 15.

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Abbildung 1: Gratiszeitung »Heute«, Inserat der FPÖ (Wien, April 2009)

»Daham statt Islam«-Linie.121 Auf den Großplakaten im Frühjahr 2010 in Wien kam das Thema Islam und Zuwanderung nicht vor. Faktisch wollte die Partei weiterhin nicht darauf verzichten, das Islamthema zur politischen Mobilisierung einzusetzen. So war Strache Hauptredner bei der Demonstration der Bürgerinitiative Rappgasse in Wien-Floridsdorf gegen das neue ATI˙B-Zentrum in der Rappgasse am 18. Juni 2010. Die Politisierung religiöser Symbole bildete weiterhin einen Schwerpunkt im Wahlkampf der FPÖ zu den Gemeinderatswahlen in Wien im Oktober 2010. Nationale Symbole wie der Stephansdom und die »Pummerin«, die große Glocke des Doms, die nur zu wichtigen Anlässen geläutet wird, wurden dafür instrumentalisiert. Ihren Höhepunkt erreichte diese politische Strategie bei der Abschlusskundgebung zum Wahlkampf zu den Wiener Gemeinderatswahlen am Abend des 7. Oktober 2010 am Stephansplatz, bei der der Klang der »Pummerin« per Band eingespielt, der Stephansdom als Hintergrund der Wahlkundgebung mit der Parteifarbe Blau beleuchtet und so symbolisch von der FPÖ vereinnahmt wurde.122 121 »›Daham statt Islam‹ wird es nicht mehr geben« (Interview Saskia Jungnikl und Lukas Kapeller mit FPÖ-Vizeparteiobmann Norbert Hofer): derStandard.at, 20. Mai 2010. Internetquelle: http://derstandard.at/1271377103333/Daham-statt-Islam-wird-es-nichtmehr-geben (Zugriff 24. 5. 2013). 122 Der Sprecher der Erzdiözese Wien distanzierte sich von der »Instrumentalisierung des Stephansdoms für parteipolitische Zwecke« (»Stephansplatz: Verbot von Parteievents?«,

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Neuere Stellungnahmen zum Islamthema auf der Website der Bundes-FPÖ sind Aussendungen der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Susanne Winter gegen den Moscheebau in Graz vom März 2011 und September 2011.123 Im Zusammenhang mit der Errichtung der neuen bosnischen Moschee in Graz stellte Winter im April 2012 eine Anfrage an die Innenministerin betreffend angeblicher Verbindungen eines Grazer bosnischen Imams zu salafistischen Kreisen in Bosnien und in Wien. Im April 2013 richtete sie eine Anfrage an die Innenministerin, in der es um die Finanzierung dieses Moscheebaus geht und in der nach Ermittlungen des Innenministeriums gefragt wird, ob das Bauprojekt von Saudi-Arabien, Ägypten oder der Muslimbruderschaft finanziell unterstützt werde.124 Die politische Kommunikation und Strategie der FPÖ ist offenbar darauf ausgerichtet, die bosnisch-islamische Gemeinschaft in Graz, die den Neubau trägt, in die Nähe des radikalen Salafismus zu rücken. Im Kontext der Finanzkrise hat sich der inhaltliche Schwerpunkt der Kampagnen der FPÖ auf das Thema EU/ Schuldenkrise/ Griechenland verschoben. Das bedeutet aber nicht, dass die FPÖ nicht weiter auf die ethnopolitische Mobilisierung über das Islamthema setzen würde, in Graz massiv über den Neubau einer repräsentativen, architektonisch qualitätsvollen Moschee mit Minarett durch eine bosnisch-muslimische Gemeinschaft. Am 5. 7. 2011 erfolgte eine Anfrage der FPÖ im steirischen Landtag betreffend das Bauprojekt; der FPÖ-Gemeinderatsklub in Graz stellte am 7. 7. 2011 den Antrag, »sämtliche Unterstützungstätigkeiten« hinsichtlich des Projekts seitens der Stadt einzustellen, solange die Frage einer Verbindung der Bauherren mit radikalen salafistischen Gruppierungen in Bosnien nicht geklärt sei.125 In ihrer Kampagne für wien.ORF.at, 10. 10. 2010, Internetquelle: http://wiev1.orf.at/stories/475050, Zugriff 17. 7. 2012). 123 »FPÖ: Winter : Kein Mega-Minarett in Graz!«, Website der FPÖ, 30.3. 2011. Internetquelle: http://www.fpoe.at/aktuell/detail/news/fpoe-winter-kein-mega-minare/ (Zugriff: 16. 7. 2012). 124 Quelle: Republik Österreich, Parlament, Parlamentarische Materialien, Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, eingelangt am 4. 4. 2013, Internetquelle: http://www.par lament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_14393/fnameorig_297399.html (Zugriff 30. 5. 2013). 125 Dringlicher Antrag von Klubobmann Mag. Armin Sippel (FPÖ-Klub im Grazer Gemeinderat) »Moscheenbau der bosnisch-muslimischen Gemeinde in Graz« (7. 7. 2011). Internetquelle : www.graz.at/cms/…/07_DA%20Sippel%20 %20MOscheenbau.pdf (Zugriff 21. 6. 2013). Antrag des FPÖ-Klubs im steirischen Landtag (5. 7. 2011). Internetquelle: http://www.landtag.steiermark.at/cms/beitrag/11399593/58064506 (Zugriff 21. 6. 2013). – Den Hintergrund der Anträge bildete ein Artikel der »Kleinen Zeitung« drei Tage vor der Gemeinderatssitzung, in dem der Sicherheitsdirektor der Steiermark, Josef Klamminger, zitiert wird: »Man befürchte, so der Sicherheitsdirektor, dass der Bau der bosnischen Moschee von radikalen Gruppen unterstützt wird.« Es gebe Verbindungen zwischen der Steiermark und einem Zentrum des radikal-salafistischen Islam in Bosnien, dem Dorf Gornja Maoca. »Deshalb bereitet uns der Bau der bosnischen Moschee solches Kopfzerbrechen.« (»Diese Entwicklung ist besorgniserregend«: Kleine Zeitung, 4.7.2011). In seiner Stellungnahme zum dringlichen Antrag des FPÖ-Klubs berichtete Bürgermeister Mag. Nagl von einer von der Grazer ÖVP sofort anberaumten öffentlichen Diskussionsveran-

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die Gemeinderatswahlen in Graz am 25. November 2012 verwendete die Grazer FPÖ unter Mario Eustacchio beispielsweise ein Plakatsujet mit vier Fotos. Diese zeigen einen maskierten Einbrecher, der eine Tür aufbricht, eine große Moschee mit hohem Minarett, einen Auto-Stau und einen bettelnden bärtigen Mann. Der Text lautete: »Das hat uns die Nagl-ÖVP eingebrockt: Kriminalität, Schulden, Stau, Bettelei, Moscheen.«126 Nicht nur wird »Moschee« auf einer Linie mit Kriminalität genannt, sondern es wird auch ein Bild einer großen traditionellen orientalischen Moschee mit Minarett verwendet, die mit der architektonischen Gestalt der beiden geplanten Bauten in Graz nichts zu tun hat.127 In seiner Rede zum Wahlkampf-Auftakt der FPÖ in Graz griff Bundesobmann H.C. Strache am 12. Oktober 2012 das Thema erneut auf: »Es hat ein Minarett in Graz, aber auch anderswo nichts verloren. Das ist ein Siegessymbol über das Christentum. Das ist ein politisches Siegessymbol, das nichts mit Religion zu tun hat.«128 Auch im aktuellen »Handbuch F-Politik« wird das Thema Moscheebau ausführlich behandelt und ein Bauverbot für Moscheen und Minarette gefordert.129

4.4

Schweizerische Volkspartei

Die Entwicklung der »Schweizerischen Volkspartei« (SVP) zeigt ein ähnliches Muster wie die der Front National, der FPÖ und des Vlaams Blok.130 Im Unterschied zu ihnen ist die SVP aber keine Neugründung nach 1945, ihre Ge-

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staltung am 6.7. mit Emir Serdarevic, einem Sprecher der bosnisch-muslimischen Gemeinschaft, und Sicherheitsdirektor Klamminger. Dieser habe bei der Veranstaltung angesprochen, dass sich eine Gruppe von der bosnisch-muslimischen Gemeinschaft, die den Neubau der Moschee trägt, abgespalten habe und dass diese abgespaltene Gruppe ihm Sorgen mache (Sitzung des Gemeinderats vom 7. Juli 2011, Dringlichkeitsanträge, S. 186. Internetquelle: http://www.graz.at/cms/beitrag/10174210/410977/ – Zugriff 21. 6. 2013). Diese Richtigstellung hält die FPÖ nicht davon ab, weiter mit der Aussage des steirischen Sicherheitsdirektors gegen das Grazer Bauprojekt zu mobilisieren, zuletzt in der parlamentarischen Anfrage Dr. Winter vom 4. 4. 2013. Internetquelle: Website FPÖ Graz, http://www.fpoe-graz.at/plakate_2012_2.html (Zugriff 17. 10. 2012). Siehe dazu das Interview mit Mario Eustacchio: Donja Noormofidi, »Die Regeln der Demokratie«: Falter 41 (2012), 35. Videodokumentation der Rede auf YouTube, http://www.youtube.com/watch?v=3EbSYn nja5 g (Zugriff 22. 10. 2012). FPÖ-Bildungsinstitut: Handbuch freiheitlicher Politik, Wien: o. J., 3. Auflage«: Website FPÖ, http://www.fpoe.at/dafuer-stehen-wir/handbuch-f-politik (Zugriff 20. 5. 2013). Wörtlich heißt es darin: »Das Errichten von Symbolen, die einen fremden Herrschaftsanspruch über unsere Heimat verkörpern, und von politisch-religiösen Siegeszeichen wie Minaretten widerspricht der Errungenschaft der Säkularisierung und soll in Österreich unterbleiben.« (S. 53) Zur Entwicklung der SVP siehe u. a. Skenderovic 2009; Niggli 2009, 28 – 38; D’Amato/ Skenderovic 2008; Mazzoleni/ Skenderovic 2007; Betz 2005; Altermatt/ Kriesi 1995.

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schichte reicht vielmehr bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Das erklärt ihre Verankerung in breiten Bevölkerungsschichten (cf. D’Amato/ Skenderovic 2008, 127). Die SVP geht auf Bauernparteien zurück, die nach dem Ersten Weltkrieg in der deutschsprachigen Schweiz gebildet wurden. 1971 schloss sich die BGB – die 1936 auf nationaler Ebene gegründete »Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei« – mit den Bündner und Glarner Demokraten zur SVP zusammen. Über Jahrzehnte war sie die kleinste der vier Parteien, die die Regierungskoalition bildeten. Bei den Wahlen zum Nationalrat 1975 erreichte die SVP 9,9 %, 1979 11,6 %, 1983 11,1 % und 1995 14,9 %.131 Der spektakuläre Durchbruch der Partei kam mit der Nationalratswahl 1999, bei der die SVP 22,5 % der Stimmen erreichen konnte, ex aequo mit den Sozialdemokraten (SPS). Die Partei hatte vor allem mit der Lancierung einer eidgenössischen Volksinitiative »gegen Asylrechtsmissbrauch« mobilisiert und den Wahlkampf dadurch dominiert. Bei den Nationalratswahlen im Oktober 2003 wurde die SVP stärkste Partei mit 26,7 % (SPS: 23,3 %). Sie erhielt 2003 einen zweiten Sitz in der siebenköpfigen Regierung (Bundesrat), den der Vorsitzende der SVP, Christoph Blocher, bis zu seiner Abwahl 2007 einnahm. Bei den Nationalratswahlen 2007 konnte die SVP ihren Stimmenanteil auf 28,9 % vergrößern. Der elektorale Durchbruch der SVP in den 1990er Jahren steht im Zusammenhang mit einer Professionalisierung der Organisation und der Kampagnenführung sowie mit einem Strategiewechsel und einer politischen Radikalisierung vor allem im Bereich der Zuwanderungs- und Asylpolitik (cf. D’Amato/ Skenderovic 2008, 115ff). Die Partei wandelte sich unter der Führung von Blocher, der von 1977 bis 2003 Vorsitzender war, in eine rechtsradikale, populistisch agierende Partei. Die immigrationsfeindliche Rechte in der Schweiz ist kein Phänomen erst der 1990er Jahre (s. Skenderovic 2009). Die Politisierung des Themas Zuwanderung auf nationaler Ebene begann in der Schweiz bereits ab den frühen 1960er Jahren. Damals formierte sich die »Bewegung gegen Überfremdung«, die sich aus vier kleinen rechtsradikalen Parteien zusammensetzte132 und sich mittels Straßenpropaganda und Massenveranstaltungen für eine Verschärfung der Politik gegen Zuwanderung und Ausländer in der Schweiz – vor allem gegen italienische Arbeitsmigranten – einsetzte. Die Zuwanderung wurde als Bedrohung der ethnischen und kulturellen Identität der Schweiz dargestellt. Eine starke Mobili131 Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Statistik, Internetquelle: http://www. bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/17/02/blank/key/national_rat/parteienstaerke. html (Zugriff 25. 3. 2010). 132 Nationale Aktion (1961 gegründet als »Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat«, 1990 umbenannt in Schweizer Demokraten), Vigilance, Schweizerische Republikanische Bewegung, Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU); cf. Skenderovic 2007, 165.

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sierung konnte die Bewegung, angeführt von James Schwarzenbach, durch die Abstimmungsinitiative mit dem offiziellen Titel »Gegen Überfremdung« (allgemein »Schwarzenbach-Initiative« genannt) im Jahr 1970 erreichen, bei der über die Begrenzung der Zahl der Ausländer auf 10 % der Bevölkerung abgestimmt wurde. Die Annahme hätte eine drastische Reduzierung der Zahl von Bewohnern mit ausländischer Staatsbürgerschaft bedeutet. Die Initiative wurde mit 54 % Nein-Stimmen nur knapp abgelehnt.133 In den darauffolgenden Jahren lancierten die Parteien der Bewegung weitere Initiativen, die auf eine Restriktion der Zuwanderungs- und Integrationspolitik der Schweizer Regierung gerichtet waren. Die Bewegung bildet so einen frühen Vorläufer der rechtsradikalen Parteien und Bewegungen in Westeuropa (s. Skenderovic 2009, Kap. 3).134 In den 1990er Jahren entstand diesen kleinen rechtsradikalen Parteien eine mächtige Konkurrenz durch die SVP, die sich in dieser Zeit zu einer Vertreterin eines radikalen Rechtspopulismus entwickelte, die gegen »die politische Klasse« (die anderen Parteien), die sich vom »Volk« entfernt hätte, auftrat, und die ab dieser Zeit die Themen Migration, Asyl, Sicherheit sowie die Gegnerschaft zu einem EU-Beitritt der Schweiz in das Zentrum ihrer Arbeit rückte.135 Der neue Kurs der Partei, der auf Druck der SVP im Kanton Zürich unter Christoph Blocher eingeschlagen wurde, manifestierte sich in verschiedenen direkt-demokratischen Initiativen (s. D’Amato/ Skenderovic 2008, 136ff): Die SVP reichte 1993 die eidgenössische Volksinitiative »gegen die illegale Einwanderung« ein, die 1996 zur Abstimmung kam und mit 46,3 % Ja-Stimmen knapp abgelehnt wurde. Damit begann eine Reihe von Volksabstimmungs- und Gesetzesinitiativen der SVP im Bereich der Migrationspolitik. Im Jahr 2000 reichte die SVP die Initiative »gegen Asylrechtsmissbrauch« ein, die bei der Volksabstimmung 2002 mit 50,1 % sehr knapp abgelehnt wurde.136 Im Februar 2008 wurde die Initiative »für die Ausschaffung krimineller Ausländer« von der SVP eingereicht, die am 28. November 2010 zur Abstimmung kam und mit 52,3 % der Stimmen angenommen wurde.137 Insgesamt lässt sich sagen, dass das Instrument der direkten Demokratie von der SVP extensiv genutzt wird. Es dient einer Art Dauermobilisierung, einem »permanent geführten Abstimmungskampf« (Skenderovic/

133 Cf. Damir Skenderovic: »Fremdenfeindlichkeit« in Historisches Lexikon der Schweiz. Internetquelle: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16529 – 1-1.php (Zugriff 4. 6. 2010). 134 Zur »Bewegung gegen Überfremdung« s. Altermatt 1982; Buomberger 2004; Kury 2003; Skenderovic 2003. 135 S. dazu: Husbands 2000; Betz 2005, 25; Skenderovic 2009, 159 ff. 136 Website der Schweizerischen Bundeskanzlei (Themen/ Volksabstimmungen): http://www. admin.ch (Zugriff: 5. 4. 2011). 137 Schweizerische Bundeskanzlei, Volksabstimmungen, Chronologie, Volksabstimmung vom 28. November 2010. Internetquelle: http://www.admin.ch/ch/d/pore/va/20101128/index. html (Zugriff 26. 6. 2013).

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D’Amato 2008, 233), mit dem die Partei als Opposition auftreten kann, obwohl sie in der Bundesregierung ist. Das Islamthema wurde in der Schweiz nur langsam und – im Vergleich zum Beispiel mit Frankreich – erst spät politisiert. Einzelne Versuche finden sich ab 1989: Rudolf Keller, damals Präsident der »Nationalen Aktion für Volk und Heimat«, beschwor die Gefahr einer »Islamisierung Europas«;138 die Zeitschrift der Partei brachte 1990 einen Artikel mit dem Titel »Der Vormarsch des Islam«, in dem die Zuwanderung von Muslimen als »bewusster geplanter Angriff auf unsere europäisch-christliche und schweizerische Eigenständigkeit« dargestellt wurde.139 Im gleichen Jahr warnte die »Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz« (AUNS), die 1986 aus der Mobilisierung gegen einen Beitritt der Schweiz zur UNO entstanden war, vor einer »Überfremdung durch Muslime«.140 1990 erschien das radikale, rechtsextreme Pamphlet Der Islam wird uns fressen! Der islamische Ansturm auf Europa und die europäischen Komplizen dieser Invasion von Beat Christoph Bäschlin (Kreis 2010, 50). Ein Kapitel war dem »Widerstand gegen Moscheen« gewidmet. Er beschreibt darin mehrere Moscheeprojekte in Frankreich, die er als »wie ein Sandsturm über das Land hereinbrechende islamische Invasion« charakterisiert (Bäschlin 1992, 36). Die »Einwanderer-Invasion« sei Teil einer weltweiten Manipulation, die von bestimmten »Hintergrundmächten«, nämlich den Freimaurern, gesteuert werde, um gezielt eine »Rassenmischung« und »Bastardisierung« Europas herbeizuführen (cf. Bäschlin 1992, 93 f).141 Diese einzelnen Manifestationen von Islamfeindlichkeit müssen aber im Schweizer Kontext einer »stabilen und noch nicht von Anti-Gefühlen stark geprägten Zeit« eingeordnet werden (Kreis 2010, 50). Eine direkte, explizite Politisierung des Themas Islam durch die SVP erfolgte erst ab etwa Ende der 1990er Jahre, als beispielsweise die SVP Zürich 1998 in einem Positionspapier die Unmöglichkeit einer Integration muslimischer Zuwanderer betonte, »mit denen ein Zusammenleben auf einer multikulturellen Basis schlicht undenkbar ist.«142 Dies wird mit unüberbrückbaren, religiös fundierten Unterschieden zwischen »islamischer Kultur« und liberaler Demokratie begründet: Auf der Basis des Korans sei für Muslime die Gleichberechtigung der Frau sowie die Trennung von Staat und Religion nicht akzeptierbar ; der Islam fordere für den Glaubensabfall die Todesstrafe. »Der Islam erweist sich mehr und mehr als eigentliches Integrationshemmnis.«143 Ein Positionspapier 138 139 140 141 142

Volk + Heimat Nr. 2/1989; zit. nach Kreis 2010, 50. Volk + Heimat Nr., 8/ 1990; zit. nach Skenderovic 2006, 91. AUNS-Pressedienst Nr. 23/1990; zitiert nach Kreis 2010, 50. Analyse des Textes: Kreis 1999. Hinweis: Mayer 2011, 12. SVP Stadt Zürich: »Ausländerkonzept« (Zürich, 23. Dezember 1998), Punkt 5.3. Internetquelle: http://www.svp-stadt-zuerich.ch/index.php?PageID=36 (Zugriff 3. 6. 2010). 143 Ibid.

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas

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der SVP zur Asyl- und Ausländerpolitik »Unsere Regeln gelten für alle« vom März 2006 stellte fest: »Die Zuwanderung führt (…) zur immer offensichtlicheren Unterwanderung der christlich-abendländischen Kultur unseres Landes.« Vor allem die Zuwanderer aus nicht-europäischen, muslimisch geprägten Ländern würden die staatliche und die öffentliche Ordnung untergraben; als Beispiele werden Zwangsehen und Mädchenbeschneidungen genannt. Den Neuankömmlingen wird die Schuld an steigender Kriminalität und sozialer Verwahrlosung bestimmter Stadtteile gegeben.144 Am 26. September 2004 fand die Volksabstimmung über eine erleichterte Einbürgerung für Jugendliche der zweiten Generation und den Erwerb des Bürgerrechts für die dritte Generation bei der Geburt statt. Beide Vorlagen des Bundesrates wurden abgelehnt. Die SVP hatte gegen die beiden Vorlagen mobilisiert, Ängste im Zusammenhang mit dem muslimischen Bevölkerungsanteil geschürt und das Thema der Einbürgerung mit dem Djihadismus der Al-Kaida verbunden. So veröffentlichte das »Überparteiliche Komitee gegen Masseneinbürgerungen« rund um Nationalrat Ulrich Schlüer (SVP Zürich) in mehreren Tageszeitungen ganzseitige Inserate sowie Plakate mit der Schlagzeile »Muslime bald in der Mehrheit?«,145 in denen davor gewarnt wurde, dass durch automatische Einbürgerung die Muslime im Jahr 2040 in der Schweiz in der Mehrheit sein würden. Die Behauptung, der Anteil der Muslime in der Schweiz würde sich alle zehn Jahre verdoppeln, wurde mit einer Grafik auf Basis von Hochrechnungen des Bundesamts für Statistik untermauert. Der »Ethikrat der öffentlichen Statistik der Schweiz« stellte klar, dass nur die Zahlen für 1990 und 2000 vom Bundesamt stammten und korrekt waren, aber nicht die Prognosen zur Entwicklung des muslimischen Bevölkerungsanteils für den Zeitraum 2010 bis 2040, die keinerlei wissenschaftliche Grundlage hatten. Der Ethikrat verurteilte den irreführenden Bezug auf das Bundesamt für Statistik.146 Andere Beispiele aus dieser Kampagne: Die Junge SVP im Kanton Wallis verwendete ein Plakat mit einer Schweizer Identitätskarte, die das Foto von Osama Bin Laden zeigte. Die SVP im Kanton Basel mobilisierte mit dem Porträt von Bin Laden auf dem Schweizer Kreuz, zusammen mit dem Text »Jetzt Flagge zeigen«.147 Im Diskurs von SVP-Politikern wird die Differenzierung aufgehoben zwischen Bürgern und Bürgerinnen muslimischen Glaubens, die Teil der 144 SVP: »Unsere Regeln gelten für alle«. Positionspapier zur Asyl- und Ausländerpolitik (März 2006). Internetquelle: http://www2.svp.ch/display.cfm/id/100777/disp_type/display/file name/060320-auslaenderpolitik-d.pdf (Zugriff: 3. 6. 2010). 145 Inserat, Weltwoche Nr. 37, 9. 9. 2004. Internetquelle: http://www.rhetorik.ch/Aktuell/Ak tuell_Sep_16_2004.html (Zugriff 20. 7. 2010). 146 Ethikrat der öffentlichen Statistik der Schweiz, Eingabe durch die Kommission am 26. 11. 2004. Internetquelle: http://www.stat.ch/docs/ethics/ethics-case412.pdf ?PHPSESSID= 9685c29851914148af29d433595c3448 (Zugriff 20. 7. 2010). 147 Internetquelle: http://www.rhetorik.ch/Aktuell/Aktuell_Aug_31_2003.html (Zugriff 20. 7. 2010).

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Schweizer Bevölkerung sind, und gewalttätigen radikal-islamistischen Gruppen, die international tätig sind, den Westen bekämpfen und in ihren Ländern eine »islamische Ordnung« errichten wollen. Es wird behauptet, der Islam, die muslimische Glaubenspraxis an sich sei mit einer demokratischen Rechtsordnung prinzipiell unvereinbar. So schreibt Nationalrat Christoph Mörgeli im Dezember 2004: »Ein gläubiger Moslem ist immer auch ein politischer Moslem. Wer die religiösen Gesetze befolgt, muss also zwangsläufig mit einer demokratischen Rechtsordnung in Konflikt geraten.«148 Ein SVP-Positionspapier zum Thema Migration vom 2. Mai 2009 kritisierte die Folgen, die aus Sicht der Partei mit der »Massenzuwanderung« verbunden seien: ein Ansteigen der Kriminalität, vor allem durch Ausländer, »Ghettos und Chaos« in Schulen sowie eine »Verabsolutierung der Religionsfreiheit«: »Damit zusammen hängend bewirkt die massive Immigration aus gewissen Kulturkreisen, dass die Religionsfreiheit immer mehr verabsolutiert und über andere Bürgerpflichten gestellt wird (etwa beim Turnunterricht, im Militärdienst oder beim Respekt anderer Grundrechte), was dazu führt, dass heute, insbesondere aufgrund der islamischen Immigration die grosse Gefahr von Parallelgesellschaften besteht.«149

Die SVP spricht im Positionspapier davon, dass sie eine »Unterwanderung unserer Schweizer Rechtsordnung durch religiös/kulturelle Regelungen, insbesondere durch aus der Scharia abgeleitetes Recht« bekämpfe. Sie stellt so eine islamistische Subversion des Rechtssystems als etwas Gegebenes hin, ohne dies zu begründen oder zu belegen. Erstaunlich ist, dass die Themen Minarett und Moschee im Positionspapier nicht vorkommen – obwohl genau zu dieser Zeit die Kampagne für die Minarett-Initiative lief. Aus der Sicht des offiziellen SVPPositionspapiers gibt es offenbar verschiedene Probleme im Zusammenhang mit den Muslimen in der Schweiz – aber keine, die mit dem Minarett oder mit Moscheen zu tun hätten.

4.5

Die Schweizer Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten«

Den bisherigen Höhepunkt einer Politisierung der Themen Islam/ Moschee in Europa bildet die Schweizer Volksinitiative »gegen den Bau von Minaretten«, die 2007 auf nationaler Ebene gestartet wurde und eine Teilrevision der Verfassung 148 »Die größten Probleme der Schweiz, Teil 4: Auswüchse einer falschen Einwanderungspolitik«, SVP Pressedienst, 6. 12. 2004, 4. Internetquelle: http://www.svp.ch/display.cfm/id/ 100146/disp_type/display/filename/041206d.pdf (Zugriff 20. 7. 2010). 149 »Migrationspapier 2009 der SVP«, verabschiedet beim Sonderparteitag am 2. Mai 2009. Internetquelle: http://www.svp.ch/display.cfm/id/100803/disp_type/display/filename/d20 09 – 05Migrationspapier_def.pdf (Zugriff 28. 7. 2010).

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in Form eines strikten, ausnahmslosen Verbots von Minarettbauten forderte.150 Die Initiative wurde bei der Volksabstimmung am 29. November 2009 überraschend angenommen. Bei einer überdurchschnittlich hohen Beteiligung von 53 % stimmten rund 1.534.000 Stimmberechtigte (57,5 %) für die Initiative, rund 1.135.000 dagegen (42,5 %). Der Artikel 72 Absatz 3 »Der Bau von Minaretten ist verboten« ist seither Teil der Bundesverfassung der Schweizer Eidgenossenschaft. Die Volksinitiative ist eine der wenigen, die angenommen wurden: Zwischen 1891 und 2012 wurden 164 Initiativen eingereicht, von denen nur 16 angenommen wurden.151 Die Vorgeschichte der Minarettinitiative Ausgangspunkt für die Initiative waren Proteste gegen den geplanten Bau von Minaretten in Langenthal (Kanton Bern), in Wil (Kanton St. Gallen) und in Wangen bei Olten (Kanton Solothurn) im Jahr 2006.152 Zu dieser Zeit existierten in der Schweiz drei Minarette (Zürich, Genf, Winterthur). In Langenthal trat Daniel Zingg gegen den Minarettbau auf. Er ist Geschäftsführer des evangelikalen Vereins »Aseba« und Sprecher der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU), einer protestantischen Partei, die in mehreren kantonalen Parlamenten vertreten ist.153 Sie war bereits in den 1960er Jahren Teil der »Bewegung gegen Überfremdung« gewesen und hatte sich in den 1990er Jahren in Richtung einer radikalen Opposition gegen muslimische Zuwanderung entwickelt (cf. Skenderovic 2007, 170). Im September 2006 lancierte die SVP-Fraktion mit Unterstützung der Schweizer Demokraten und der Eidgenössisch-Demokratischen Union im Kanton Zürich eine Initiative, Baubewilligungen für Gebäude mit Minaretten generell nicht zu erteilen und das kantonale Baurecht entsprechend zu ändern. Ebenso setzte die SVP in den Kantonen St. Gallen154 und Bern eine parlamentarische Initiative, den Bau von Minaretten und religiöser Architektur der obligatorischen Volksabstimmung zu unterstellen. Diese Initiativen wurden von den Kantonsräten abgelehnt. Die Regierung des Kantons St. Gallen begründete ihre Ablehnung des Antrags der SVP in ihrer Stellungnahme vom 31. Oktober 150 S. dazu: Tanner/ Müller/ Mathwig/ Lienemann 2009; Lienemann 2009; Gross/ Krebs/ Stohler 2009; Mayer 2011. Aus rechtlicher Sicht: Stüssi 2008; Schaer 2008; Zimmermann 2009; Biaggini 2010; Kley 2010; Kley/ Schaer 2010. 151 Bundesversammlung – das Schweizer Parlament: Bundesamt für Statistik, Abstimmungsstatistik BFS – Ergebnisse von Volksinitiativen, fakultativen und obligatorischen Referenden 1848 – 2012. Internetquelle: http://www.bfs.admin.ch (Zugriff 22. 7. 2012). 152 Zur Vorgeschichte der Volksinitiative s. Zimmermann 2009, 830 ff. 153 Zur EDU s. D’Amato/ Skenderovic 2008, 39; 105 – 108; Skenderovic 2009, 92 – 99. 154 Motion 42.06.21 »Bau von Minaretten und religiöser Architektur der obligatorischen Volksabstimmung unterstellen« vom 25. 9. 2006. Internetquelle: http://www.ratsinfo.sg.ch (Zugriff 24. 7. 2012).

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2006 einerseits mit der Baufreiheit auf Basis der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV), mit dem Willkürverbot (Art. 9 BV), andererseits mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15 BV) und der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV).155 Auch die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn sowie des Bundesgerichts rund um den Minarettbau in Wangen bestätigten die rechtliche Zulässigkeit eines Minarettbaus, sofern die Bauvorschriften eingehalten werden (s. Schaer 2008, 1134). Es wurde klar, dass auf Basis der bestehenden rechtlichen Grundlagen Minarettbauten in der Schweiz nicht verhindert werden konnten. Zingg gründete daraufhin zusammen mit Walter Wobmann, Abgeordneter der SVP im Nationalrat, der in der Nähe von Wangen wohnt, das »EgerkingerKomitee«, um ein Minarettverbot mit den Mitteln der direkten Demokratie in der Bundesverfassung zu verankern. Zu ihnen stießen der ehemalige Präsident der EDU Christian Waber (Nationalrat 1997 – 2009) sowie Ulrich Schlüer von der SVP, der frühere Privatsekretär von James Schwarzenbach und Chefredakteur der »Schweizerzeit« (Nationalrat 1995 – 2007; 2009 – 2011).156 Das Komitee bestand insgesamt aus 16 Personen, davon 14 Vertreter der SVP – die Hälfte davon Nationalräte – und 2 Vertreter der EDU. Das Komitee meldete im Frühjahr 2007 die eidgenössische Volksinitiative, mit der ein Bauverbot für Minarette Teil der Bundesverfassung werden sollte, formal an. Sie wurde am 8. Juli 2008 mit 113.540 gültigen Unterschriften eingereicht, etwas mehr als die 100.000 Unterschriften, die für eine Teilrevision der Bundesverfassung nötig sind.157 Die Volksinitiative hatte das Ziel, den Artikel 72 der Verfassung von 1999 zum Verhältnis Kirche und Staat um ein Minarettbauverbot zu ergänzen und hatte folgenden Wortlaut: »Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert: Art. 72 Abs. 3 (neu) 3 Der Bau von Minaretten ist verboten.«

Die Volksabstimmung von 1893 über die Aufnahme des Schächtverbots in die Verfassung Schon allein aufgrund dieser Vorgeschichte der Volksinitiative für ein Bauverbot von Minaretten springen die Parallelen zwischen der Minarettkampagne und dem Einsatz der direkten Demokratie durch die antisemitische Bewegung in der 155 Antrag der Regierung vom 31. Oktober 2006 [zur Motion 42.06.21]. Internetquelle: http:// www.ratsinfo.sg.ch (Zugriff 24. 7. 2012). 156 Cf. Salvador Atasoy : »Die Minarett-Scharia-Gleichung«: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Dezember 2009. Internetquelle: http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA 85A49C26FB23A0/Doc~EE591135DA7124C17B984F36274066B34~ATpl~Ecommon~Scon tent.html (Zugriff: 3. Juni 2010). 157 Schweizerische Eidgenossenschaft, Schweizerische Bundeskanzlei: Chronologie Volksinitiativen. Internetquelle: http://www.admin.ch/ch/d/ff/2008/6851.pdf (Zugriff 3. 6. 2010).

Politisierung des Immigrations- und Islamthemas

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Schweiz Ende des 19. Jahrhunderts ins Auge (s. Vatter 2011; Loretan-Saladin 2005). Diese Vorgänge sollen deshalb kurz gestreift werden: 1886 reichte der »Centralvorstand der Schweizer Thierschutzvereine« beim eidgenössischen Innendepartment den Antrag ein, das Schächten (die rituelle Schlachtung) als »rituelle Handlung, an welcher die Mehrzahl der Bürger gegründeten Anstoß nehme«, zu verbieten.158 Ein zentrales Argument der Tierschutzbewegung war, dass das Schächten kein genuiner Teil des jüdischen Kultus sei (cf. Petry 2011, 368) – so wie man 116 Jahre später seitens der Befürworter eines Verbots des Baues von Minaretten argumentierte, diese würden nicht unter die Kultusfreiheit fallen, da sie keinen religiösen, sondern einen politischen Charakter hätten und nicht Bestandteil der islamischen Religion seien. Der Antrag der Tierschutzvereine wurde vom Bundesrat 1887 abschlägig beschieden, da der Beweis fehle, dass das Schächten als Tötungsart für die Tiere quälend und daher unsittlich sei.159 Die Aargauer Kantonsregierung ersuchte den Bundesrat 1888, die Frage des Schächtens auf Bundesebene zu entscheiden und begründete dieses Ersuchen: »… wir können eine umständliche Gesetzesberathung und eine möglicher Weise mit Agitation und Aufregung verbundene Volksabstimmung über diese leicht die Volksleidenschaften entfesselnde Frage nicht vor sich gehen lassen, wenn in Aussicht steht, dass ein solcher Gesetzeserlaß ohnehin seiner zeit vom Bundesrathe kassirt wird.«160

Kantonale Vorschriften, die das Schächten verboten hatten, wurden daraufhin 1888 vom Bundesrat als mit der Kultusfreiheit nicht vereinbar erklärt. Petitionen von jüdischen Gemeinden aus 36 Orten in der Schweiz aus dem Jahr 1888 wiesen darauf hin, dass das Schächten integraler Bestandteil ihrer Glaubenspraxis sei und ein Verbot im Widerspruch zu der durch die Bundesverfassung von 1848 garantierten Glaubens- und Kultusfreiheit (Art. 49) stehe. In seinem Entscheid vom 17. März 1890 wurden die Eingaben der jüdischen Gemeinden von der Bundesregierung schließlich positiv beschieden, insofern ein absolutes Schächtverbot Art. 50 Abs. 1 der Verfassung verletze, der die »freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung« gewährleistet.161 Die antisemitisch orientierte Tierschutzbewegung in der Schweiz gab jedoch nach dieser Klärung durch die Regierung, die die Grundrechte der Schweizer Juden verteidigte, nicht auf und beschritt nun den politischen Weg. Sie nutzte das 1891 eingerichtete demo158 Bundesblatt vom 17. März 1890, 642. Internetquelle: Bundesarchiv »Digitale Amtsdruckschriften 1848 bis heute« DA1848 – 2011 (ADS), http://www.amtsdruckschriften.bar.admin. ch (Zugriff 24. 7. 2012). 159 Ibid. 160 Ibid. 161 Bundesblatt vom 17. März 1890, 662 f.

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kratische Recht auf Volksinitiativen für eine Teilrevision der Bundesverfassung. Im September 1892 wurde die Volksinitiative »für ein Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung« vom Komitee »Kantonale Tierschutzvereine von Bern und Aargau sowie Antisemiten« eingereicht. Das Parlament empfahl die Ablehnung der Volksinitiative. Am 20. August 1893 fand die Volksabstimmung statt, bei der die Initiative mit 60,1 % der Stimmen angenommen wurde, bei einer Beteiligung von 49,1 %. Mit dem Schächtverbot wurde eine klar diskriminierende Bestimmung in der Schweizer Verfassung verankert, mit der eine einzelne religiöse Gruppe ausgesondert wurde. Der Islamdiskurs des Initiativkomitees Das Initiativkomitee bediente sich in seiner Kampagne gängiger islamfeindlicher Stereotypen. So sprach beispielsweise Christian Waber (EDU) bei der Pressekonferenz der Initiative am 3. Mai 2007 dem Islam den Status einer Religion ab: »Der Islam ist keine Religion, sondern eine Kriegserklärung an die christliche und andersgläubige Welt.«162 Diese Aussage liegt auf der Linie der offiziellen Position der EDU zum Thema »Islam in der Schweiz« aus dem Jahr 2006. Im Positionspapier heißt es u. a.: »Eine einflussreiche Minderheit von Moslems erweist dem Koran strikten Gehorsam, kombiniert mit einer radikalen Interpretation. Dabei ist die Ermordung von Ungläubigen (d. h. Nichtmoslems) oder die Bestrafung von gemässigten und liberalen Moslems ausdrücklich erlaubt. Der Islam anerkennt die Grundlage der Demokratie bzw. die Gleichheit und Freiheit aller Bürger nicht. Die Lehre des Korans ermöglicht die Missachtung der Frauen und die Bestrafung/ Tötung Andersdenkender. Die westliche Gesellschaft wird als so dekadent und gottlos betrachtet, dass sie entweder erobert und zwangskonvertiert oder vernichtet werden muss.«163

Die Begründung für ein Minarettverbot, die das »Egerkinger Komitee« gab, ist in der Stellungnahme von Walter Wobmann, Präsident des Initiativkomitees, bei der Pressekonferenz im Oktober 2009 enthalten. Sie wurde in den verschiedenen Stellungnahmen des Komitees nur geringfügig variiert und umfasst folgende Elemente: 162 Christian Waber »Ist der religiöse Frieden in der Schweiz gefährdet?«. Referat bei der Pressekonferenz am 3. Mai 2007. Internetquelle: Website der Eidgenössischen Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten«, http://www.minarette.ch/ref_11.html (Zugriff 27. 7. 2010). Waber wurde am 22. Mai 2007 wegen Verletzung des Antirassismus-Artikels in Zürich angezeigt. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Aufhebung der Immunität, die Rechtskommission des Nationalrats gab dem Antrag nicht statt. Siehe Wabers eigene Darstellung, in der er die Aussage wiederholt und bekräftigt: EDU-Standpunkt 27 (2007) Nr. 12, 12. 163 EDU, Positionspapier »Islam in der Schweiz«, 5. 5. 2007 (in der Kategorie »Sicherheit«). Internetquelle: http://www.edu-schweiz.ch/cms/index.php?id=265 (Zugriff 28. 7. 2010).

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- Das Minarett sei kein religiöses Symbol (wie ein Kirchturm), sondern das Zeichen eines politisch-religiösen Machtanspruchs des Islam. Das Verbot der Errichtung von Minaretten verstoße daher nicht gegen die durch die Schweizer Verfassung garantierte Religionsfreiheit: »Das Minarett als Bauwerk hat keinen religiösen Charakter. Es wird weder im Koran noch in anderen heiligen Schriften des Islam erwähnt. Es stellt vielmehr ein religiöspolitisches Machtsymbol dar. Somit verstösst ein entsprechendes Verbot in keiner Art und Weise gegen unsere Glaubens- und Religionsfreiheit.«164

- Die Errichtung von Minaretten sei Teil des Versuchs einer islamischen Expansion in der Schweiz, »ein weiterer Schritt in der Strategie der Islamisierung unseres Landes«.165 - Den Minaretten folge der Gebetsruf/ Muezzin: »Der Bau von Minaretten führt früher oder später unweigerlich zur Forderung nach dem Gebetsruf. 5 mal am Tag.«166

- Die Frage des Minarettbaus wird mit dem Thema Scharia verquickt: »Gleichzeitig gewinnt die Scharia in der Schweiz und in Europa immer mehr an Bedeutung. Orientiert am Scharia-Recht beginnen sich so genannte Parallelgesellschaften zu bilden – unter Missachtung der geltenden Verfassung und geltender Gesetze.«167 »Das Minarett, der Muezzin und die Scharia stehen miteinander in direktem Zusammenhang. Sie und die von ihnen ausgehenden Ansprüche sind mit unserem freiheitlich-demokratischen Gesellschaftssystem nicht vereinbar.«168

In einem Interview stellte Wobmann im Juni 2009 fest: »Viele haben Angst vor der Islamisierung. Mit dem Bau von Minaretten wird ein Machtanspruch des Islams formuliert. Er ist ein erster Schritt, der Muezzin ist der zweite und die Einführung der Scharia, des islamischen Rechtes, ist der dritte und entscheidende Schritt. Das wollen wir von vornherein verhindern.«169

In einer Internet-Fragestunde der Tageszeitung »Blick« erläuterte Ulrich Schlüer die Verbindung folgendermaßen: Minarette seien das Symbol einer »Islamisierung des Rechts«, der »politischen Islamisierung«, bei der die Scharia 164 Ibid., S.2. 165 Walter Wobmann: »Ja zur Volksinitiative ›Gegen den Bau von Minaretten‹« (Medienkonferenz am 22. Oktober 2009), S.1. Internetquelle: http://www.minarette.ch/pdf/Pressekon ferenz-Votum_Wobmann.pdf (Zugriff 3. Juni 2010). 166 EDU: Video »Minarettstop«, abrufbar auf www.youtube.com (Zugriff 17. 7. 2012). 167 Ibid. 168 Wobmann: »Ja zur Volksinitiative«, op. cit., S.3. 169 ›Minarette sind nur ein Anfang‹ in Gross/ Krebs/ Stohler 2009, 39 – 41, hier 40.

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schrittweise in der Schweiz eingeführt werde – ohne diese Verknüpfung von Minarett und Recht zu begründen.170 Die Diskursstrategie ist deutlich: Der negativ aufgeladene Begriff Scharia wird direkt mit »Minarett« assoziiert; man insinuiert damit, ein Minarett sei genauso wenig mit der Verfassung vereinbar wie die Scharia, und man müsse den Bau von Minaretten stoppen, um weitergehende Forderungen nach Einführung des islamischen Rechts in der Schweiz von Vornherein zu blockieren. Dieser Argumentationsrahmen prägte die öffentliche Diskussion über die Volksinitiative. Die EDU begründete ihre Unterstützung eines Minarettverbots im Unterschied zum »Egerkinger Komitee« mit religiösen Argumenten. Die Frage, ob muslimische Gemeinschaften einen Gebetsturm errichten können, wird für Christen zur Bekenntnisfrage erklärt. Im Argumentarium der EDU Warum gegen Minarette? – verfasst von Daniel Zingg vom evangelikalen Verein »Aseba« – heißt es einleitend: »Der Islam verdrängt einerseits zusehens [sic] die christlich-abendländischen Werte … und lehnt andererseits Jesus Christus als wahren Gott ab. Deshalb fordert die MinarettDebatte die gläubigen Christen zum Bekenntnis heraus. Und das Bekenntnis zu Jesus Christus als Sohn Gottes beinhaltet die Ablehnung einer Ideologie, die einen anderen Gott als Christus propagiert.«171

Es gehe darum zu zeigen, dass Schweizer Christen zu ihrem Glauben stehen und der islamischen Mission etwas entgegensetzen. Der Dialog seitens der Muslime sei nur eine verschleierte Form der Ausbreitung des Islam. Die Bibel verlange eine aktive Haltung von Christen gegen die Strategie der Islamisierung. Das christliche Verhältnis zum Islam wird unter Bezug auf das Alte Testament als Frage der Entscheidung zwischen dem wahren Gott und den Götzen interpretiert. Einen sehr wichtigen Aspekt der Islamdebatte im Zuge der Volksinitiative bildete die Frauenfrage, also problematische Aspekte innerhalb des Islam, was die Benachteiligung von Frauen betrifft. Die Ablehnung des Islam und die Befürwortung des Minarettverbots aus feministischen Gründen kristallisierte sich im Aufruf der prominenten Autorin Julia Onken im November 2009, die dazu aufforderte, das Minarettverbot aufgrund der frauenfeindlichen Aussagen des Koran zu unterstützen.172 170 Blick, Chat mit Ulrich Schlüer, 19. 11. 2009. Internetquelle: http://www.blick.ch/news/ schweiz/schlueer-chat-das-protokoll-133776 (Zugriff 28. 7. 2010). 171 Aseba: Flyer »Warum gegen Minarette? Warum soll sich ein Christ in der Debatte positionieren?«, Website Eidgenössisch-Demokratische Union, http://www.edu-schweiz.ch, Thema Minarett/ Islam, Downloads zur Initiative (Zugriff 24. 7. 2012). 172 Ida Sandl: »Julia Onken kämpft gegen Minarette«, Tagesanzeiger 17. 11. 2009. Internetquelle: http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Julia-Onken-kaempft-gegen-Mina rette/story/11032319 (Zugriff 30. 5. 2013). – Der »Interreligiöse Thinktank« – ein Zusam-

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Die Behandlung der Volksinitiative durch Regierung und Parlament und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit ihr Am 27. August 2008 unterbreitete die Bundesregierung (Bundesrat) dem Bundesparlament (Bundesversammlung) die Regierungsvorlage zur Volksinitiative.173 Darin wurde die Initiative für gültig erklärt, da sie gegen die drei von der Verfassung (Art. 139 Abs. 3) vorgesehenen Ungültigkeitsgründe – Verletzung der Einheit der Form, der Einheit der Materie und zwingender Bestimmungen des Völkerrechts (ius cogens) – nicht verstößt.174 Zugleich wurde vom Bundesrat »beantragt, die Volksinitiative ›Gegen den Bau von Minaretten‹ Volk und Ständen ohne Gegenentwurf zur Ablehnung zu empfehlen.«175 Begründet wurde die Empfehlung zur Ablehnung u. a. damit, dass die Initiative einerseits gegen das Völkerrecht, v. a. gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) Art. 9 (Schutz der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) und Art. 14 (Diskriminierungsverbot) sowie möglicherweise gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte Art. 27 (Minderheitenschutz) verstößt, andererseits gegen Grundsätze der Schweizer Bundesverfassung, u. a. Art. 8 (Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot), Art. 15 (Glaubens- und Gewissensfreiheit), Art. 5 Abs. 2 (Verhältnismäßigkeit) und Abs. 4 (Achtung des Völkerrechts).176 Trotz der Völkerrechtswidrigkeit und des Verstoßes gegen Grundprinzipien der Verfassung wurde die Initiative von der Bundesversammlung auf Antrag der Regierung für gültig erklärt und zur Ab-

173 174

175 176

menschluss von jüdischen, christlichen und muslimischen Theologinnen und Wissenschaftlerinnen in der Schweiz – veröffentlichte am 18. 11. 2009 einen offenen Brief an Julia Onken, in dem u. a. sachlich falsche Aussagen über den Koran (»Der Koran, der für Moslems als Gesetzesquelle gilt, schreibt frauenfeindliche und Frauen verachtende Regeln vor, z. B. Verhüllung des ganzen Körpers, außer Hände und Gesicht. Zwangsheirat. Ehrenmord.«) in der Aussendung von Onken kritisiert wurden. Internetquelle: http://www.interrelthink tank.ch/statements2.htm (Zugriff 30. 5. 2013). Zur Bedeutung des Motivs der Verteidigung moderner Errungenschaften von Aufklärung und Emanzipation, die man durch den Islam gefährdet sieht, für die Islamkritik und -feindlichkeit s. Bielefeldt 2011. Botschaft zur Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten«: Bundesblatt Nr. 37 (16. September 2008) 7608 – 7651. Internetquelle: www.admin.ch (Dokumentation). Bei seiner Bestimmung der zwingenden Normen des allgemeinen Völkerrechts (ius cogens) bezieht sich der Bundesrat auf die klassische Definition, wie sie z. B. der Internationale Gerichtshof der UN getroffen hat: »Der größte Teil der Lehre und Praxis zählt die folgenden zentralen Völkerrechtsnormen zum Bestand des zwingenden Völkerrechts: das zwischenstaatliche Gewaltverbot (Art. 2 Abs. 4 Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945) sowie elementare Garantien der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts wie das Folterverbot, das Verbot der unmenschlichen Behandlung, der Schutz vor willkürlicher Tötung, das Verbot des Sklavenhandels, der Piraterie und das Verbot des Völkermordes.« (Botschaft, BBl Nr. 37, 7610). Nach dieser Definition gilt die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, wie sie u. a. EMRK Art. 9 garantiert, nicht als zwingendes Völkerrecht. Botschaft, BBl Nr. 37, 7651 (s. Biaggini 2010, 328ff). Botschaft, BBl Nr. 37, 7650 f.

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stimmung unterbreitet, da die Bundesverfassung die Möglichkeiten der Ungültigerklärung stark begrenzt (s. Biaggini 2010, 329ff). Der Bundesrat widersprach also dem Initiativkomitee, das behauptete, die Initiative bedeute keine Verletzung der Religionsfreiheit. Die Initiative sei unnötig, unverhältnismäßig und verfehle ihr Ziel: »Wenn das Ziel darin besteht, das Fortschreiten des Islam in der Schweiz aufzuhalten und zu verhindern, dass unser Rechtssystem von der Scharia verdrängt wird, ist das Verbot für den Bau von Minaretten keine wirksame Maßnahme, um dies zu erreichen. Eine Moschee kann in missbräuchlicher Absicht besucht werden, unabhängig davon, ob sie ein Minarett aufweist oder nicht.«177

Bei der Behandlung der Initiative durch die Staatspolitische Kommission des Nationalrats am 23. Oktober 2008 stellte der Abgeordnete Andreas Gross (Sozialdemokratische Fraktion) den Antrag, die Volksinitiative entgegen der Empfehlung des Bundesrats für ungültig zu erklären, der (mit 17 zu 4 Stimmen) mehrheitlich abgelehnt wurde. Bei der ersten Behandlung der Initiative durch den Nationalrat am 4. März 2009 stellte Gross erneut diesen Antrag. In seiner Rede ging er auf die entscheidende Frage nach der Definition des ius cogens – also die Beschränkung der Souveränität der Schweizer Nation durch das internationale Völkerrecht – ein und argumentierte, »dass das zwingende Völkerrecht viel unbestimmter ist, als es zum Teil suggeriert wird.«178 Es stehe dem Nationalrat frei, diese völkerrechtliche Norm zu interpretieren, sie nicht auf den klassischen Inhalt (u. a. Folter-, Genozid-, Sklavereiverbot) zu reduzieren, sondern auch die Religionsfreiheit einzubeziehen. Im Ständerat (Zweitrat) wurde die Volksinitiative in der Sitzung am 5. Juni 2009 behandelt, bei der der Abgeordnete Theo Maissen (Christlichdemokratische Volkspartei) beantragte, die Initiative für ungültig zu erklären. Er begründete den Antrag damit, dass bei der Abwägung zwischen Volksrechten und Religionsfreiheit für die Religionsfreiheit einzutreten sei. Durch die Annahme würde ein Widerspruch zwischen Minarettverbot und Art. 15 (Glaubens- und Gewissensfreiheit) in die Verfassung aufgenommen werden. Laut dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge von 1969, der wichtigsten Kodifikation des Völkerrechts (Art. 53 und 64) würden zu den zwingenden Normen des Völkerrechts in jedem Fall das Gewaltverbot, das Verbot des Völkermords und die elementaren Menschenrechte, einschließlich der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, gehö-

177 Botschaft, Bbl Nr. 37, 7628. 178 Nationalrat, Amtliches Bulletin: Frühjahrssession 2009, dritte Sitzung am 4. 3. 2009. 08.061 Gegen den Bau von Minaretten. Volksinitiative [Stenographisches Protokoll]. Internetquelle: http://www.parlament.ch/ab/data/d/n/4807/290457/d_n4807_290457_290626.htm (Zugriff: 22. 7. 2012).

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ren.179 Sowohl im Nationalrat als auch im Ständerat wurden die Anträge auf Ungültigerklärung mehrheitlich abgelehnt; beide Kammern schlossen sich dem Antrag der Exekutive (Bundesrat) an, die Volksinitiative als gültig zuzulassen und zur Ablehnung zu empfehlen. Eine Mehrheit der Parlamentarier war dafür, sich der Debatte und der Volksabstimmung zu stellen und ging davon aus, dass die Initiative ohnehin bei der Volksabstimmung verworfen werden würde (cf. Marty 2009, 91). Auf der zivilgesellschaftlichen Ebene erteilten zahlreiche politische Parteien, die Gewerkschaften und Unternehmerverbände sowie Religionsgemeinschaften der Schweiz der Minarettinitiative eine Absage, darunter die katholische Bischofskonferenz, der Evangelische Kirchenbund, die Evangelische Allianz, der Verband evangelischer Freikirchen, die Dachorganisationen der Juden sowie der Rat der Religionen. Die ultratraditionalistische katholische Schweizer PiusBruderschaft unterstützte dagegen die Initiative (cf. Mayer 2011, 15). Die Initiative arbeitete wie frühere Kampagnen der SVP mit Hysterisierung, Schüren von Ressentiments und Ängsten sowie Präsentation der Partei als Stimme des »Volkes« gegen das Establishment, um über längere Zeit große öffentliche bzw. mediale Aufmerksamkeit zu erhalten. Im Abstimmungskampf verwendete die Initiative ein Plakat, das eine schwarz verschleierte Frau zeigte sowie sieben massive, schwarze Minarette, die auf einer Schweizer Fahne aufgerichtet sind. In Städten wie Basel, Fribourg, Neuenburg, Lausanne wurde das Anbringen des Plakats auf öffentlichem Grund verboten, in anderen wurde es zugelassen.180 Die Radikalisierung islamfeindlicher Positionen während des Abstimmungskampfes zeigt u. a. ein Artikel in der Schweizerzeit vom 13. November 2009, verfasst vom Präsidenten der »Schweizer Demokraten« Thurgau, Willy Schmidhauser. Darin verwendete er das Motiv der prinzipiellen Unvereinbarkeit von Islam und Demokratie. Er zieht daraus am Ende des Artikels den Schluss, dass es keine Alternative dazu gäbe, die Muslime in ihre Heimatländer zu deportieren: »Die Einwanderung und Einbürgerung von noch mehr Muslimen muss sofort überdacht werden. Da der Koran verbindlich ist, bleibt meines Erachtens nur die Massenheimschaffung der Muslime – andernfalls wird unser Land und Volk zerstört werden auf dem ›Weg zurück ins Mittelalter‹.«181 179 Ständerat, Amtliches Bulletin, Sommersession 2009, 10. Sitzung am 5. 6. 2009 [Stenographisches Protokoll]. Internetquelle: http://www.parlament.ch/ab/data/d/s/4809/301878/ d_s_4809_301878_301879.htm (Zugriff: 22. 7. 2012). 180 Zur rechtlichen Beurteilung der Kampagne: Naguib 2009; zur öffentlichen Debatte der Kampagne: Angst 2011. 181 Willy Schmidhauser : »Mit dem Islam zurück ins Mittelalter?«, Schweizerzeit, 13. 11. 2009. Der Chefredakteur, Ulrich Schlüer, distanzierte sich am 16. 11. 2009 in der Schweizerzeit von dieser Aussage und entschuldigte sich dafür. Am 15. 2. 2010 erstattete der Dachverband der

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Die Volksinitiative für ein Verbot des Baus von Minaretten in der Schweiz wurde in der Volksabstimmung vom 29. November 2009 angenommen. Das unerwartete Ergebnis bildete einen Auftrieb für immigrations- und islamfeindliche Parteien in Europa. Unmittelbar nach der Abstimmung übernahmen die Front National, die British National Party und die deutsche »pro NRW« das Sujet der Kampagne der SVP und adaptierten es.182 Die steirische FPÖ engagierte für die Leitung ihrer Kampagne für die Landtagswahl im September 2010 Alexander Segert, der 2009 die Kampagne der SVP zur Minarettinitiative geleitet und auch die Vorarlberger FPÖ beraten hatte. Segert adaptierte das Onlinespiel, das in der Kampagne für die Minarettinitiative verwendet wurde, für den steirischen Wahlkampf der FPÖ, wo es unter dem Namen »Moschee-Baba« eingesetzt wurde.183 Heiner Bielefeldt, UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, stellt resümierend fest: »Kein Minarett nimmt sich in der europäischen Baulandschaft annähernd so fremd aus wie das Minarettverbot in der europäischen Verfassungslandschaft. Neben Grundrechten, Staatszielbestimmungen und Staatsorganisationsnormen fällt es völlig aus dem Rahmen. Außerdem steht dieses Verbot gegen alles, was Karl Jaspers einstmals als den ›Geist Europas‹ beschrieben hatte: Weltoffenheit, Toleranz, Freiheitlichkeit« (Bielefeldt 2011, 135 f).

Für den Historiker Urs Altermatt markiert das Ergebnis der Initiative »den Anfang eines neuen Kulturkampfes, weil sie die politische Korrektheit der liberalen Gesellschaft und den Ruf nach voller Toleranz gebrochen hat.«184 Der neue religiöse Ausnahmeartikel steht in der Tradition der Kulturkämpfe des 19. Jahrhunderts in der Schweiz, in denen Verfassungsartikel gegen religiöse Gruppen verabschiedet wurden (cf. Kley/ Tophinke 2000, 94ff): - 1848 das Verbot des Jesuitenordens, das in die revidierte Verfassung von 1874 (Art. 51) übernommen wurde. Es wurde erst 1973, im Zuge des Beitritts der Schweiz zur EMRK, aufgehoben. - das Verbot, neue Klöster zu errichten oder aufgehobene Klöster und Orden wiederherzustellen (Art. 72 der Verfassung von 1874; aufgehoben 1973);

Genfer Muslime (l’Union des organisations musulmanes de GenÀve) Strafanzeige gegen Schlüer und Schmidhauser (Quelle: Tagesanzeiger, 15. 2. 2010) wegen Verletzung der Strafnorm gegen Rassendiskriminierung (Artikel 261 des Schweizerischen Strafgesetzbuches). 182 Im März 2010 verfügte ein französisches Gericht nach einer Klage von »SOS Racisme« ein Verbot des Plakats der FN. Quelle: Berner Zeitung, 12. März 2010. 183 Siehe S. 90. 184 »Das ist der Anfang eines Kulturkampfes« (Interview: Michael Furger), NZZ am Sonntag, 6. 12. 2009. Hinweis: Mayer 2011, 17.

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- die Bestimmung, dass nur Schweizer Bürger weltlichen Standes in den Nationalrat wählbar sind (Art. 75 der Verfassung von 1874), womit man den Einfluss der katholischen Kirche im Parlament verhindern wollte; - 1893 die Volksinitiative für ein Schächtverbot, die gegen die Juden gerichtet war, gegen die Empfehlung des Parlaments angenommen wurde und das Verbot in der Bundesverfassung (Art. 25) verankerte. Es wurde 1973 durch einen Tierschutzartikel ersetzt; das Schächten ist in der Schweiz per Tierschutzgesetz von 1981 (Art. 20) bzw. Tierschutzgesetz von 2005 (Art. 21) nach wie vor verboten.

Die Minarett-Initiative als Kampf gegen die säkulare Gesellschaftsordnung der Schweiz Wesentlich ist, hinter der Islamdebatte, die in der Kampagne für das Minarettverbot im Vordergrund stand, auf die tiefer liegende politische Agenda der Initianden SVP und EDU zu blicken. Diese Dimension der Auseinandersetzung kam bei der parlamentarischen Debatte der Volksinitiative im Schweizer Nationalrat am 4. März 2009 deutlich zur Sprache.185 Im Jahr 1999 erhielt die Schweiz durch eine Totalrevision eine neue Verfassung. Die Verfassung wurde damals in die internationalen Verträge eingebettet. Die Privilegierung des Christentums vor anderen Religionen entfiel, die Schweiz wurde zum säkularen Staat. Beide Parteien – an vorderster Stelle Nationalrat Ulrich Schlüer (SVP), später ein führendes Mitglied des Egerkinger Komitees – hatten erfolglos gegen diese Totalrevision der Schweizerischen Bundesverfassung angekämpft. Der konfessionelle Ausnahmeartikel eines Bauverbots für Minarette bringt die traditionelle konfessionelle Ordnung der Schweiz – die Privilegierung des Christentums und die Diskriminierung einer nichtchristlichen Religion – zum Ausdruck; er steht in der Linie von konfessionellen Ausnahmeartikeln des 19. Jahrhunderts, die spätestens mit der neuen Schweizer Verfassung der Vergangenheit angehörten. Die Initianden stellen sich damit in einen direkten Widerspruch zur säkularen Ordnung des Staates, der staatlichen Neutralität gegenüber allen Religionen. Der Erfolg der Volksinitiative für ein Minarettverbot bedeutete einen entscheidenden Punktegewinn der politischen Parteien der radikalen populistischen und christlich-fundamentalistischen Rechten bei ihrem Kampf gegen den säkularen Staat. Das Thema bedeutet eine sich »ausdehnende politische Gelegenheit« für diese politischen Gruppen: Eine mögliche 185 Nationalrat, Amtliches Bulletin: Frühjahrssession 2009, dritte Sitzung am 4. 3. 2009. 08.061 Gegen den Bau von Minaretten. Volksinitiative [Stenographisches Protokoll]. Internetquelle: http://www.parlament.ch/ab/data/d/n/4807/290457/d_n4807_290457_290626.htm (Zugriff: 22. 7. 2012).

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Anfechtung des Minarettverbots durch den Europäischen Menschengerichtshof in Straßburg dürfte als weitere Gelegenheit dienen, mit einer Entgegensetzung der Souveränität des Schweizer Volkes als Verfassungsgeber und der Herrschaft ausländischer (europäischer) Richter, die den »Volkswillen« in Frage stellen würden, in einem nationalpopulistischen Sinn zu mobilisieren.186 Das Verhältnis zwischen Demokratie und Rechtsstaat Zentral für die Debatte um das Schweizer Minarett-Bauverbot ist eine demokratische und rechtsstaatliche Problematik, nämlich die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts der Schweizer Nation in Ausübung der direkten Demokratie gegen die Grundrechte, die von der Verfassung und vom Völkerrecht (v. a. EMRK) garantiert sind, vor allem der Religionsfreiheit und des Diskriminierungsverbots.187 Aufgrund dieser normativen Dimension hat die Aufnahme des Verbotsartikels in die Schweizer Verfassung zu Recht international breite Aufmerksamkeit erhalten: Die Annahme einer völkerrechtswidrigen Initiative, die eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung diskriminiert, berührt den normativen Kern des modernen liberalen, demokratischen Rechtsstaats, wie er in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. In ihm wird die demokratische Selbstbestimmung der Bürger nicht allein über die Volkssouveränität realisiert, vielmehr wird die Volkssouveränität bewusst über die rechtsstaatliche »Herrschaft der Gesetze« stark eingeschränkt und die Einhaltung der Normen der Verfassung insgesamt u. a. durch Verfassungsgerichte kontrolliert. Rechtsstaatlichkeit umfasst gerade »die Schutzfunktion des Rechtes auch und gerade gegenüber dem (zufälligen) Mehrheitswillen« (Lienemann 2009, 58), d. h. den Schutz gegen einen Übergriff des Willens der Mehrheit auf Freiheitsrechte der Einzelnen und von Minderheiten.188 Gerade darin besteht das »konstitutionelle Ethos« jener neuen Form von Demokratie, die in Europa nach 1945 aufgrund der Erfahrung des Totalitarismus geschaffen wurde. Sie definiert sich im Gegensatz zu totalitären Vorstellungen von Demokratie im Sinne der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« und der kommunistischen »Volksdemokratie«, indem die konstitutionellen Elemente der demokratischen Ordnung verstärkt werden und die Volkssouveränität dadurch begrenzt wird (cf. Müller 2013). Mehrere völkerrechtswidrige Volksinitiativen wie die Initiative »für eine 186 Tatsächlich ist z. B. die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) seit ihrer Ratifizierung durch die Schweiz im Jahr 1974 Bestandteil der Schweizer Verfassungsnormen, also Schweizerisches Recht, cf. Kley 2005, 339. 187 Siehe dazu Vatter/ Danaci 2010; Christmann 2011; Christmann/ Danaci (2012). 188 Zum Zusammenhang von Rechtsstaat und Demokratie im Sinn einer Gleichursprünglichkeit des rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzips: Habermas 1992, 151 – 165; 1996; 2003; Nay 2009.

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vernünftige Asylpolitik« der Schweizer Demokraten 1992 (1996 vom Parlament für ungültig erklärt), die Verwahrungsinitiative von 2004, die Minarettinitiative 2009 oder die Ausschaffungsinitiative 2010 der SVP machen die Klärung des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und Landesrecht, Menschenrechten und politischen Rechten in der Schweiz dringend nötig (Auer 2008). Es existieren eine Reihe von Reformvorschlägen von Seiten der Rechtswissenschaft (Schlegel/ Suter 2011) sowie parlamentarische Initiativen. So reichte am 5. Oktober 2007 Daniel Vischer (Grüne) die parlamentarische Initiative ein, den Artikel 139 Abs. 2 der Bundesverfassung zur Ungültigerklärung einer Volksinitiative um die Einbeziehung des einfachen Völkerrechts zu erweitern.189 Im März 2010 legte der Bundesrat den Bericht »Das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht« vor; er befasste sich u. a. mit der Frage, wie mit völkerrechtswidrigen Volksinitiativen umzugehen sei, die zwar nicht gegen zwingende Normen, aber gegen das einfache bzw. weitere Völkerrecht verstoßen. Im Zusatzbericht des Bundesrats vom 30. März 2011 über das Verhältnis von Völkerrecht und Landrecht wurden zwei Maßnahmen vorgeschlagen: - die Erweiterung des Vorprüfungsverfahrens von Volksinitiativen: eine materielle Vorprüfung von Volksinitiativen bezüglich ihrer Gültigkeit bereits vor der Unterschriftensammlung, in Form einer juristisch nicht bindenden Stellungnahme des Justizministeriums und der Direktion für Völkerrecht; das Ergebnis der Vorprüfung sollte auf den Unterschriftenbögen vermerkt werden. - die Erweiterung der Normen der Verfassung für die Ungültigerklärung von Volksinitiativen: Es sollten Initiativen für ungültig erklärt werden können, wenn sie z. B. den unantastbaren »Kerngehalt der Grundrechte« (BV Art. 36 Abs. 4) der Bundesverfassung verletzen. Dadurch sollten völkerrechtswidrige Volksinitiativen faktisch verhindert werden. Der Ständerat unterstützte nur eine Motion an den Bundesrat in Richtung der ersten Maßnahme – mit dem Argument, die zweite Maßnahme würde eine zu starke Beschneidung der Volksrechte, die Verfassung zu ändern, bedeuten. Der Nationalrat ging einen Schritt weiter : Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats schlug vor, in Form der Motion 11.3468 »Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit den Grundrechten« vom 19. Mai 2011 die Regierung zu beauftragen, entsprechende Vorlagen für das Parlament zu erarbeiten, einschließlich einer Verfassungsvorlage zur zweiten Maßnahme, die in der Motion erweitert wurde: Die Ungültigkeitsgründe sollten erweitert werden, 189 Der Text der parlamentarischen Initiative (07.477) lautete: »Die Bundesverfassung sei dergestalt zu ändern, dass eine Volksinitiative dann ungültig ist, wenn sie materiell gegen den Grundrechtsschutz und gegen Verfahrensgarantien des Völkerrechtes verstösst.«

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»z. B. mit dem Gebot der Beachtung des Kerngehalts der Grundrechte der Bundesverfassung oder des Kerngehalts der EMRK«.190 In der Sitzung des Nationalrats vom 20. Dezember 2011 wurde diese Motion mehrheitlich (99 zu 59 Stimmen) angenommen. In diesen Initiativen zeigt sich das Bemühen, im Rahmen des besonderen politischen Systems der Schweiz, in dem die Möglichkeiten der direkten Demokratie stark ausgebaut sind, dem »konstitutionellen Ethos« des modernen Verfassungsstaats entsprechend den Grundrechtsschutz zu verstärken.

190 Bundesversammlung, Curia Vista – Geschäftsdatenbank. Motion 11.3468. Internetquelle: http://www.parlament.ch.

III. Reflexion von Grundbegriffen: Moschee und Minarett

1.

Die umkämpfte Bedeutung des Minaretts

Einleitung Mittels visueller Symbole beziehen sich Menschen und Gemeinschaften auf eine spezifische religiöse Tradition. Mit Medien wie Kleidung, Zeichen, Bauten usw. kommunizieren sie ihre spezifische religiöse Zugehörigkeit – damit auch ihre religiöse Differenz – und machen diese im öffentlichen Raum sichtbar (s. Lüddeckens/ Uehlinger/ Walthert o. J.). Das gilt auch für das Minarett als das vorrangige architektonische Symbol des Islam. Als markantes visuelles Symbol muslimischer Präsenz steht das Minarett neben dem islamischen Kopftuch – wie im vorigen Kapitel deutlich geworden ist – im Zentrum gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzungen, in denen es letztlich um die Frage der Inklusion der Muslime in Westeuropa geht. Wie im Fall des hija¯b ist auch der ˙ Bedeutungsgehalt des Symbols Minarett heute ein politisch umkämpftes Terrain. Umso wichtiger ist es, in einem ersten Schritt der Frage der historischen Entwicklung des Minaretts, seiner Funktion und symbolischen Bedeutung nachzugehen und sie sachgerecht darzustellen. In einem zweiten Schritt bringe ich einerseits Beispiele für gegenwärtige sprachliche Handlungen (überwiegend von Politikern), über die Interpretation des Symbols Minarett den Islam und die Muslime in Europa pauschal zu diffamieren und anzugreifen, andererseits einen Vorschlag, wie diese Handlungen analytisch gefasst werden könnten.

1.1

Die historische Entwicklung des Minaretts

Aus historischer Sicht war das Minarett (arab. mana¯r, »Zeichen, Wegweiser, Markierung«) ein Zeichen für die Präsenz des Islam.191 Wurde von der älteren 191 Zum Folgenden: Hillenbrand 2013; Bloom 1989; 1991; 2002; 2010.

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Reflexion von Grundbegriffen

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Forschung, vor allem von K.A.C. Creswell (Creswell 1926a,b,c), noch angenommen, dass die zentrale Funktion des Minaretts der Gebetsruf (arab. adha¯n, ¯ »Ankündigung«) sei, so stellt Jonathan Bloom auf Basis der jüngeren Forschung fest: »Das Minarett diente also dem Zweck, der durch seinen populärsten Namen angezeigt wurde: Es wurde primär als Markierung und Hinweis der Präsenz des Islam eingeführt, nicht spezifisch als Ort für den Ruf zum Gebet.« (Bloom 2002). Erst später trat die Funktion dazu, dass vom Turm aus der Ruf zum Freitagsgebet und zu den fünf täglichen Gebeten erfolgte. Zur Zeit Muhammads und noch in der Generation danach erfolgte der Gebetsruf von einem hoch gelegenen Platz, dem Dach der Moschee, von der Stadtmauer oder einem Hausdach aus. In der gesamten Zeit der Umayyaden – bis auf die Ausnahmen der Moscheen in Medina und Mekka – wurden den Moscheen noch keine Türme dazugefügt. Die ersten Minarette entstanden erst später : Erst ab dem 9. Jahrhundert, unter der Herrschaft der Abbasiden, wird durchwegs ein Minarettbau zur Moschee hinzugefügt. Die Geschichte des Minaretts ist also mit der Geschichte des – weit älteren – Gebetsrufs nicht identisch. Das Minarett ist keine Einrichtung, die auf den Propheten Muhammad zurückgeführt werden kann – das ist der Grund, warum der orthodoxe wahhabitische Islam das Minarett als spätere, überflüssige »Neuerung« (bid a) ablehnt und die zeitgenössischen Moscheen rund um die Ka ba in Mekka keine Minarette aufweisen. Der Minarettbau zeigt – je nach Region, historischer Phase und religiöser Richtung im Islam – eine enorme Diversität: Seit frühester Zeit haben manche Moscheen mehrere Minarette, manche nur eines, manche haben kein Minarett. Manche Minarette – wie die der großen Moschee in Damaskus und wie später jene in Nordafrika und Spanien – sind quadratisch, manche rund, manche schlank und hoch aufragend wie die osmanischen Minarette, andere haben eine zylindrische Form wie Minarette im Iran und Afghanistan. Man folgte den jeweiligen regionalen Traditionen von Turmbauten. Unterschiedlich waren auch die verschiedenen Bezeichnungen für das Minarett (mana¯r, »Zeichen«; mid’dhana, »Ort des Gebetsrufs« und sawm a, ursprünglich »Mönchszelle«), die in unterschiedlichen Kontexten und Zeiten eine unterschiedliche Bedeutung hatten und erst später die Bedeutung ›Turm, der einer Moschee beigefügt ist‹ annahmen. Das Minarett war ein einfaches Zeichen der Präsenz von Muslimen; der hohe Turm hob die Moschee als religiöse Institution und als Zentrum der muslimischen Gelehrten ( ulama¯’) symbolisch hervor. Das Minarett konnte als Zeichen der muslimischen Eroberung dienen, wie das hölzerne Minarett, das Sultan Mehmet nach der Eroberung Konstantinopels auf der Hagia Sophia errichten ließ (s. Emerson/ van Nice 1950; Mainstone 1988, 11 f) und andere Minarette, die den byzantinischen Kirchen als äußeres Zeichen der Umwandlung in eine Moschee beigefügt wurden. Der 72,5 Meter hohe Qutb-Minar in Delhi, mit dessen Bau 1199 begonnen wurde, war das machtvolle Symbol der muslimischen Er˘

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Die umkämpfte Bedeutung des Minaretts

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oberung Nordindiens (s. Pande 2006). Zur Zeit der Expansion des osmanischen Reichs nach Syrien, Ägypten, Nordafrika, Griechenland und auf den Balkan bildeten die hohen, schlanken Minarette ein Symbol der osmanischen Herrschaft. Bis in die Neuzeit war das Minarett in großen Teilen der islamischen Welt – z. B. in Malaysia und in Ostafrika – unbekannt. Erst im 20. Jahrhundert kommt es zu einer Homogenisierung der unterschiedlichen regionalen Formen islamischer Architektur in Form einer Moschee mit Kuppeln und hohen Türmen. Diese charakteristische Form entwickelte sich zu einer neuen internationalen »islamischen« Norm. Ebenso entwickeln sich im 20. Jahrhundert Interpretationen des Minaretts in einer modernen Architektursprache. Worauf es in unserem Zusammenhang ankommt, ist die Tatsache, dass das Minarett nicht eine einzige, feststehende Funktion, Bedeutung und Rolle im Islam hat, sondern je nach unterschiedlichen historischen Phasen, in unterschiedlichen Weltregionen, in unterschiedlichen politischen Kontexten und je nach religiösen Richtungen etwas Unterschiedliches bedeuten kann und seine Bedeutung, Funktion und seinen Stellenwert verändern kann und wandelbar ist. So wie der Islam insgesamt keine monolithische, statische Einheit bildet, so kann auch das Symbol Minarett nicht auf eine einzige, gleichbleibende, essentielle Bedeutung festgelegt werden. Eine sachgerechte Beurteilung wird auf jeden Fall berücksichtigen, dass das Minarett und die Kuppel seit Jahrhunderten bis in die Gegenwart als charakteristische Ausprägung islamischer Architektur und als visuelle Symbole muslimischer Identität und Präsenz betrachtet werden. Gleichzeitig ist das Minarett nicht nur »eine Botschaft der Präsenz und Sichtbarkeit für Muslime und Nichtmuslime«, sondern auch »ein Zeichen der Würdigung von etwas Heiligem für die Muslime« (Ettinghausen/ Grabar/ JenkinsMadina 2001, 21 f). Wie dieses klassische Element islamischer Architektur zeitgenössisch, ortsbezogen, im europäischen Kontext interpretiert und baulich umgesetzt werden kann, ist eine Frage, die Architekten, Planer, Bauherren, Baubehörden usw. heute beschäftigt.192

192 Zur architektonischen Auseinandersetzung mit islamischen Sakralbauten im österreichischen Kontext siehe z. B. die von Ass.-Prof. Azra Aksˇamija (MIT Program in Art, Culture and Technology, Cambridge, USA) kuratierte Ausstellung »Innenansicht Südost – Erkundungen islamischer Glaubensräume«, die das Architekturforum Oberösterreich 2012 in Linz durchführte und die 2013 – für Vorarlberg adaptiert – vom Vorarlberger Architekturinstitut in Dornbirn gezeigt wurde.

116 1.2

Reflexion von Grundbegriffen

Das Symbol Minarett und Identitätspolitik

Diese Bedeutung des Symbols Minarett wird in den symbolischen Kämpfen gegen Muslime in Europa negiert. Um Minarettbauten in Europa zu verhindern, greift man zu polemischen Verzerrungen des Symbols »Minarett«. Minarettgegner beziehen sich auf eine bestimmte historische Phase – z. B. die osmanische Expansion – und legen das Symbol auf diese Bedeutung fest: Das Minarett sei das Zeichen des islamischen Triumphes schlechthin – so als könnte man die Arbeitsmigration nach Europa im 20. Jahrhundert und die Expansion des osmanischen Imperiums im 16. Jahrhundert in eins setzen. Manche Zuschreibungen und Benennungen des Minaretts und der Moschee bilden Formen sprachlicher Gewalt, in denen ein extremes Feindbild ›Islam‹ zum Ausdruck kommen kann. Die elementare diskursive und ideologische Operation besteht darin, terroristische Gewalttaten von Splittergruppen oder Einzeltätern, die sich missbräuchlich auf die Religion beziehen, mit »dem Islam« in eins zu setzen. Das Minarett repräsentiert dann innerhalb dieses Weltbilds den Islam als totalitäre Ideologie und Herrschaft. Ich bringe acht Beispiele: - 2005, im Zusammenhang mit dem Mord an Theo van Gogh (November 2004), bezeichnete der rechtsradikale Politiker Geert Wilders die Moscheen als »Paläste des Hasses«.193 - Die »Bürgerbewegung Pax Europa e. V.« definiert auf ihrer Website unter der Kategorie FAQ Moscheen folgendermaßen: »Moscheen sind im Gegensatz zu Synagogen, Kirchen und Tempeln keine reinen Stätten der Gottesanbetung, des Gebets und des Gottesdienstes, sie sind vielmehr Orte der ›Niederwerfung‹ vor Allah. Sie sind keine Gotteshäuser, wo nur das Ritualgebet stattfindet – vielmehr können sie auch dazu dienen neue Feldzüge, kriegerische Attacken und andere Vorgehensweisen gegen die ›Kuffar‹ [Ungläubigen] zu planen und vorzubereiten. Sie können und dürfen auch als Waffenlager benützt werden.«194

- Der FPÖ-Abgeordnete Dr. Gerhard Kurzmann führte in seiner Rede im Plenum des österreichischen Nationalrats am 27. September 2007 – vor dem Hintergrund der Verhaftung des radikalen Islamisten Mohamed Mahmoud in Wien – aus: »Der österreichische Nationalrat muss sich fragen: Werden in den Moscheen die österreichischen Gesetze überhaupt noch eingehalten? Dienen diese Moscheen wirk193 NRC-Handelsblad, 9. 2. 2005. Zitiert nach Maussen 2005, 3. 194 Internetquelle: www.buergerbewegung-pax-europa.de, Homepage, Kategorie FAQ (Zugriff 6. 4. 2012).

Die umkämpfte Bedeutung des Minaretts

117

lich der Integration? In der Bundesrepublik sind die Moscheen Keimzellen einer sogenannten Gegengesellschaft.«195

- Der Publizist Hans-Peter Raddatz versuchte in einem Artikel in der katholischen Zeitschrift »Neue Ordnung«, die vom Institut für Gesellschaftswissenschaften der Hochschule der Dominikaner in Walberberg (Deutschland) herausgegeben wird, diskursiv einen Zusammenhang, eine »Wirkungskette« zwischen Minarett, Moschee und Scharia herzustellen.196 Die Funktion des Minaretts aufgrund seiner Verbindung mit der »politischen Relevanz des Gebets« mache »eine ungeprüfte Einbeziehung in die Religionsfreiheit problematisch«: »Es ist nicht allein ein Signal der Macht, welches das möglichst hoch aufstrebende Minarett optisch aussendet; es ist vor allem das Zusammenwirken des vom Minarett ausgehenden Gebetsrufs mit der Gebetsversammlung in der Moschee und dem dort fortwährend wiederholten Gemeinschaftserlebnis, das mit dem Wissen um die weltweite Gleichartigkeit dieses Vorgangs die Ehrfurcht vor Allahs alleiniger und fortwährender Schöpfungsmacht sowie die daraus folgende, aggressive Verachtung des Nichtislam verstetigt.« (Raddatz 2008, 297)

Der religiöse Charakter von Moschee, Minarett und muslimischem Gemeinschaftsgebet wird in Frage gestellt und unterlaufen, um den Versuch einer Herauslösung aus dem rechtlichen Schutzbereich der Religionsfreiheit zu begründen. Raddatz behauptet, dass aus dem Zusammenwirken der religiösen Akte des Gebetsrufs, des gemeinsamen Gebets zu Gott und des damit verbundenen Gemeinschaftserlebnisses im Sakralraum quasi zwangsläufig eine »aggressive Verachtung des Nichtislam« folgen würde, ohne diesen Zusammenhang zu begründen. Raddatz konstruiert diskursiv, mit hohem rhetorischen Aufwand, eine militärisch-aggressive Bedeutung des Minaretts, wenn er beispielsweise von den »schießschartenartigen Öffnungen« des Rundminaretts als »Machtsymbol Allahs« spricht (Raddatz 2008, 299): »Da es vom Kampfgedanken des Djihad beherrscht wird, um sich trotz seiner Perfektion gegen Unglauben und Abweichung zu behaupten, bestätigen auch die speerspitzenartigen Aufsätze des Minaretts den militärischen Charakter islamischen Denkens.« (Raddatz 2008, 299)

195 Republik Österreich, Parlament, Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats am 27. 9. 2007, 211 f. Internetquelle: http://www.parlament.gv.at (Zugriff 25. 7. 2012). 196 Für den Hinweis auf den Artikel danke ich Frau Professor Dr. Ulrike Bechmann (Institut für Religionswissenschaft der Universität Graz). Zur Kritik an Raddatz s. Widmann 2008; Benz 2009; 2012.

118

Reflexion von Grundbegriffen

- Auf der Linie der Interpretation des Minaretts durch Raddatz liegt eine der zentralen Zuschreibungen seitens des Initiativkomitees für ein Minarettverbot in der Schweiz: »Das Minarett ist gleichsam Speerspitze der Scharia.«197 Dr. Heinz Gstrein, einer der aktivsten Unterstützer der Kampagne der EDU für ein Minarettverbot, verglich das Minarett in einer Fernsehdiskussion kurz nach der Volksabstimmung mit Symbolen der Nazis und der Kommunisten: »Denn das Minarett ist genau so ein Zeichen, in erster Linie ein Zeichen für die Unmenschlichkeiten, die passieren in der muslimischen Welt, genauso wie Hakenkreuz für die KZ und Hammer und Sichel für den Gulag.«198

- In einem Beitrag für den Christian Science Monitor schrieb Ayaan Hirsi Ali im Dezember 2009, nach der Schweizer Volksabstimmung: »Political ideas have symbols: A swastika, a hammer and sickle, a minaret, a crescent with a star in the middle (usually on top of a minaret) all represent a collectivist political theory of supremacy by one group over all others. (…) The minaret is a symbol of Islamist supremacy, a token of domination that came to symbolize Islamic conquest.«199

- In einem APA-Interview am 22. August 2010 äußerte der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, den Wunsch, dass langfristig in jeder Landeshauptstadt eine nach außen erkennbare Moschee »mit Kuppel und Minarett« stehen solle. Am gleichen Tag reagierte der Generalsekretär der FPÖ, Nationalratsabgeordneter Harald Vilimsky, mit einer Aussendung: »Schon heute sind Moscheen Brutstätten des radikalen Islams, Hassprediger agieren offen gegen die Republik Österreich und ihre Gesellschaftsordnung, der Verfassungsschutz kommt gar nicht mehr damit nach, all diese Aktivitäten in Summe zu überwachen. Sollten weitere Moscheen vor allem mit Minaretten in Österreich errichtet 197 Abstimmungskomitee »Ja zum Minarettverbot«: Tatsachen und Meinungen zur Minarettverbots-Initiative 01, 18. 2. 2009, »Minarett: Speerspitze der Scharia«. Internetquelle: www.minarette.ch (Zugriff 25. 7. 2012). 198 Schweizer Fernsehen 1, Der Club, Sendung »Minarettverbot – Volksentscheid zwischen Triumph und Konsternation«, 2. 12. 2009. Internetquelle: http://www.youtube.com (Zugriff 24. 7. 2012). 199 Ayaan Hirsi Ali: ›Swiss ban on minarets was a vote for tolerance and inclusion‹: Christian Science Monitor, December 5, 2009. Internetquelle: http://www.csmonitor.com/layout/set/ print/content/view/print/266274 (Zugriff 3. 2. 2010). – Vgl. die Aussage eines Parlamentsabgeordneten der Dänischen Volkspartei, Søren Krarup: »Ich habe gesagt, dass der Schleier, das Kopftuch, ein totalitäres Symbol ist, und daher ist es vergleichbar mit den totalitären Symbolen, die wir vom Kommunismus und vom Nazismus kennen.« Zitiert nach Hervik 2011, 1; zu Krarup ibid., 25.

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werden, käme das einer indirekten Förderung von Islamismus und gesellschaftlicher Spaltung gleich. Minarette werden ja auch von gläubigen Muslimen als Siegessymbol des Islam über andere Gesellschaften bewertet.«200

- In der Sondersitzung des Wiener Landtags unter dem Titel »Minarette als Symbole des radikalen Islamismus widersprechen dem historischen Stadtbild – Wiener Bauordnung ändern!« am 21. September 2010, die vom FPÖ-Klub beantragt wurde, führte der Abgeordnete Johann Gudenus (FPÖ) aus: »… ein Minarett hat mit Toleranz und Religionsfreiheit überhaupt nichts zu tun, denn jedes Minarett, das bei uns errichtet wird, ist für die islamistischen Fanatiker im Grunde nichts weiter als ein Aufruf zum Dschihad.«201

Wie kann der Einsatz dieser und anderer extremer sprachlicher Bilder und Metaphern erklärt werden? Im Kapitel VII (»Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter«) werde ich diese diskursiven Formen der Ausgrenzung von islamischen Symbolen in einen umfassenden theoretischen Kontext einordnen und als Element von »Ethnopolitik« und ethnisch-religiöser Grenzziehung im Nationalstaat analysieren. An dieser Stelle nur zwei Überlegungen: - In bildtheoretischer Hinsicht könnte man die Verwendung solcher islamfeindlicher sprachlicher Bilder als Teil eines »Kriegs der Bilder« in der Phase des globalen Kriegs gegen den Terror betrachten – ein Prozess, den der USamerikanische Kunsthistoriker W.J.T. Mitchell analysiert hat. Es sind Bilder, die genauso wie visuelle Bilder (die Zerstörung der Twin-Towers, der »Kapuzenmann« von Abu-Ghraib usw.) global, in den technologischen Venen der Weltgesellschaft zirkulieren und »den Feind« beleidigen, diffamieren, delegitimieren, demoralisieren, schockieren, zum Schweigen bringen sollen. Mitchell unterstreicht, dass es nicht genügt, den irrealen Charakter der Bilder, auf ihren mangelnden Realitätsgehalt hinzuweisen – auch wenn sie falsch sind, besitzen sie eine äußerst lebendige, wirkmächtige Realität (cf. Mitchell 2011, 18 f). Es erfordert die Anstrengung von Bildkritik (s. Mitchell 1994), um der suggestiven, gewalttätigen Kraft solcher Bilder etwas entgegenzusetzen. - In einer anderen Perspektive könnte man den Einsatz dieser sprachlichen Bilder und Metaphern als aktuelle Beispiele für die Technik der modernen politischen Mythen interpretieren, die Ernst Cassirer (1874 – 1945) analy200 »Vilimsky : Schakfeh-Forderung nach Minaretten in allen Bundesländern ist Provokation der Sonderklasse!«, OTS 0002, 22. 8. 2010. Internetquelle: http://www.ots.at/presseaussen dung/OTS_20100822_OTS0002 (Zugriff 4. 6. 2011). 201 Wiener Landtag, 34. Sitzung vom 21. September 2010, s. dazu S. 445. Wörtliches Protokoll, 7. Internetquelle: www.wien.gv.at/mdb/ltg/2010/ltg-034-w-2010 – 09 – 21.doc (Zugriff 19. 4. 2012).

120

Reflexion von Grundbegriffen

sierte. Sprache nimmt bei diesen politischen Mythen eine entscheidende Rolle ein – der politische Einsatz von Sprache, Metaphern, Vorstellungen, Bildern, Mythen, um Massen zu bewegen, heftige Gefühle aufzurühren und an paranoide Ängste zu appellieren. Cassirers 1946 erschienene Überlegungen dazu haben heute angesichts neuer politischer Mythen – beispielsweise über »den Islam« an sich als Erzfeind des Westens und die Muslime in Europa als fünfte Kolonne, über die gezielte Invasion Europas durch den Islam, über den Islam als wesentlich gewalttätige, totalitäre Religion, über das politische Projekt einer Transformation Europas in »Eurabia«, über Minarette als »Speerspitze der Scharia« usw. – nichts an Bedeutung verloren: »Wenn wir unsere modernen politischen Mythen und den Gebrauch, der von ihnen gemacht wird, studieren, so finden wir in ihnen zu unserer großen Überraschung nicht nur eine Umwertung aller unserer ethischen Werte, sondern auch eine Umwertung der menschlichen Sprache. Das magische Wort gewinnt die Oberhand über das semantische Wort. (…) Neue Worte sind geprägt worden; und selbst die alten sind in einem neuen Sinn verwendet; sie haben einen tiefen Bedeutungswandel durchgemacht. Dieser Bedeutungswandel folgt aus der Tatsache, dass jene Worte, die früher in einem beschreibenden Sinn gebraucht wurden, jetzt als magische Worte gebraucht werden, die bestimmt sind, gewisse Wirkungen hervorzubringen und gewisse Affekte aufzurühren. Unsere gewöhnlichen Worte sind mit Bedeutungen geladen; aber diese neugeformten Worte sind mit Gefühlen und heftigen Leidenschaften geladen.« (Cassirer 2002, 369)

2.

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

Einleitung Nach der Auseinandersetzung mit dem baulichen Symbol Minarett soll nun die Moschee als einer der Grundbegriffe dieser Studie reflektiert werden – als Basis für das nächste Kapitel, in dem es um die Entwicklung der Moscheen in Österreich ab den 1960er Jahren gehen wird. Dabei erörtere ich in diesem Abschnitt nicht die Entwicklung der Moschee aus einer kunstgeschichtlichen Perspektive, vielmehr konzentriere ich mich auf die Frage der Bedeutung, des Stellenwerts und der Funktion der Moschee im Kontext von Migration. Die Moschee bildet das räumliche Zentrum islamischer Gemeinschaften und hat traditionell eine mehrfache Funktion: eine liturgisch-rituelle Funktion als Ort des Gebets, eine Bildungsfunktion als Ort der Weitergabe islamischer Bildung und eine soziale Funktion als Ort, an dem man sich trifft und sich die Gemeinschaft konstituiert. Die Bedeutung der Moschee als Versammlungsort ergibt sich aus dem gemeinschaftlichen, kongregationalen Charakter des Islam,

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

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˘

der – wie auch das Christentum – durch das Judentum und seine Struktur lokaler religiöser Gemeinschaften geprägt ist. Es ist der Ort, wo Menschen die muslimischen Rituale in Gemeinschaft praktizieren, vor allem das rituelle Gebet (sala¯t), das Freitagsgebet (sala¯t al-jum a), das nur in der Moschee verrichtet ˙ ˙ werden kann, sowie die Feiertagsgebete, und damit die Regeln zu den rituellen Pflichten der Muslime ( iba¯da¯t) erfüllen. Es ist der Ort, an dem die Koranrezitation (tila¯wa) erfolgt, die muslimischen Gläubigen gemeinschaftlich das Totengebet verrichten und sich so vom Toten verabschieden. Die Moschee ist – neben der Familie – traditionell der Ort der islamischen Bildung und der religiösen Sozialisation, u. a. der Korankurse für die Kinder und der religiösen Unterweisung der Erwachsenen vor allem im Fastenmonat Ramada¯n. In sufis˙ tisch geprägten Strömungen (u. a. UIKZ) werden in der Moschee verschiedene spirituelle Praktiken (wie v. a. dhikr) gemeinschaftlich vollzogen. Seit früher Zeit wird die Moschee »Gotteshaus« (bayt Alla¯h) genannt – eine Bezeichnung, die ursprünglich nur für die Ka ba in Mekka verwendet wurde (cf. Hillenbrand 2012a). Die bedeutendsten Elemente des Gebetsraumes sind die Gebetsnische (mihra¯b) in der kibla-Wand, die nach Mekka gerichtet ist, und die ˙ ˙ Kanzel (minbar), von der aus Ankündigungen an die Gemeinde und die Predigt (khutba) beim Freitagsgebet erfolgen. ˙ ˘

˘

2.1

Die Einrichtung von Moscheen als Teil der Institutionalisierung des Islam

Moscheen sind ein wesentliches Element der religiösen Infrastrukturen, die Migranten mit muslimischer Zugehörigkeit in den letzten Jahrzehnten in den verschiedenen europäischen Ländern schrittweise aufgebaut haben. Dieser Prozess, den zuerst Landman als »Institutionalisierung des Islam« (Landman 1992) bezeichnete,202 erfolgt in den verschiedenen europäischen Ländern unter unterschiedlichen institutionellen, gesetzlichen und politischen Bedingungen, nicht zuletzt innerhalb unterschiedlicher Systeme der Beziehungen zwischen Religion und Staat – Faktoren, die diesen Prozess wesentlich beeinflussen.203 Soysal spricht vom jeweiligen »Inkorporationsregime« (incorporation regime), unter dem sie sowohl die Muster des politischen Diskurses als auch die Muster der institutionellen, organisatorischen Rahmenbedingungen eines Landes versteht, nach denen ein System der Inkorporation von Zuwanderern konstruiert ist (cf. Soysal 1994). Jüngere Arbeiten betonen nicht nur die politische Dimension, 202 Hinweis: Sunier 2010, 116. 203 Siehe dazu u. a. Rath/ Groenendijk/ Penninx 1991; Rath 2001; Rath/ Penninx/ Groenendijk/ Meyer 2001; Fetzer/ Soper 2005.

122

Reflexion von Grundbegriffen

sondern die Mehrdimensionalität der Prozesse der Inkorporation von Migranten, die neben politischen und rechtlichen auch soziale, kulturelle und ökonomische Dimensionen umfassen (cf. Plabinger 2012, 9ff). Neben allgemeinen Faktoren, die Migranten unterschiedlicher ethnischer und religiöser Herkunft betreffen – wie z. B. die jeweilige Migrationspolitik, das Modell der Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften und die politische Kultur (u. a. die Stärke rechtsradikaler Parteien, die Qualität der Medien) – spielen im Fall von Migranten muslimischer Zugehörigkeit spezifische Faktoren eine Rolle, vor allem der von negativen globalen Ereignissen stark geprägte öffentliche Diskurs über den Islam. Aufgrund der Unterschiede bei den komplexen Elementen, aus denen sich nationale Inkorporationsregime zusammensetzen, verlaufen die Prozesse der Institutionalisierung des Islam in den verschiedenen europäischen Nationalstaaten unterschiedlich – wie sich gerade am Beispiel des staatlichen, politischen und gesellschaftlichen Umgangs mit dem islamischen Kopftuch (hidja¯b) und mit Moscheebau zeigt. ˙ ¯ Buijs und Rath (2002, 26ff) unterscheiden sieben Bereiche der Institutionalisierung des Islam in Europa,204 von denen der religiöse Bereich einen primären Rang einnimmt. Der Aufbau religiöser Infrastrukturen umfasst verschiedene Elemente, u. a. - die Einrichtung von Gebetsräumen bzw. Moscheen; - die Bildung von muslimischen Organisationen (v. a. Moscheevereine, Dachverbände von Moscheevereinen); - die Anstellung und Ausbildung von Imamen; - die Schaffung von Einrichtungen für die Schächtung; - die Organisation islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen; - die Organisation der muslimischen kategorialen Seelsorge (Krankenhaus, Gefängnis, Armee); - die Einrichtung von islamischen Abteilungen auf Friedhöfen bzw. von eigenen islamischen Friedhöfen. Die Einrichtung von Moscheen bildet ein Kernelement der Institutionalisierung des Islam. Wie bei anderen Religionen (s. Chaves 2004; Ammerman 2011), so nehmen auch im Fall der Muslime die lokale Kongregation und der Raum, den sie für ihre Versammlungen benützt, im Migrationskontext eine zentrale Rolle für die Reproduktion, Weitergabe und Kontinuität der eigenen religiös-kulturellen Identität und Tradition ein.

204 Religiöse Sphäre, rechtliche Sphäre, Sphäre der Bildung, sozio-ökonomische Sphäre, soziokulturelle Sphäre, Gesundheitssphäre, politische Sphäre.

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

2.2

123

Moscheen als multifunktionelle Zentren

Außerhalb des Herkunftslandes erhält die traditionelle Moschee eine neue, gewandelte Funktion. So wie für andere religiöse Gemeinschaften von Migranten die religiöse Praxis, die soziale Vernetzung und gegenseitige Unterstützung rund um ein religiöses Zentrum ineinandergreifen,205 so entwickeln sich die Moscheen im Laufe der Jahre – mit dem Übergang von einem temporären Aufenthalt zur Ansiedlung – zu multifunktionellen Zentren des religiösen Gemeindelebens und des sozialen Lebens der Migrantengruppe. Folgende Funktionen können unterschieden werden:

Abbildung 2: Moschee »Eyüpsultan Camii«, ATI˙B Felixdorf, Frauen beim Koran-Studium im Ramada¯n (Sommer 2010) ˙

- die Moschee als Ort der religiösen Praxis (v. a. Freitagsgebet, Feiertagsgebete) und der religiösen und spirituellen Bildung, u. a. des Religionsunterrichts für Kinder am Wochenende, des Studiums religiöser Schriften; - die Moschee als sozialer Treffpunkt – und zwar auch teilweise für Mitglieder der lokalen ethnischen Gruppe, die sich nicht als praktizierende, gläubige Muslime verstehen; 205 S. Ebaugh/ Chafetz 2000; Baumann 2000, 19 f; Baumann 2002, 106; Martikainen 2004, 81.

124

Reflexion von Grundbegriffen

- die Moschee als Ort einer Reihe von Bildungs-, Beratungs- und sozialen Aufgaben und Aktivitäten, u. a. für Kinder, Frauen, Jugendliche oder neu angekommene Migranten; - die Moschee als Ausgangspunkt sozialer Aktivitäten – genauso wie im Fall anderer lokaler religiöser Gemeinschaften206 -, etwa Hilfsaktionen im In- und Ausland; - die Moschee als Ort nichtreligiöser Dienstleistungen, vom Teelokal und Restaurant bis zum Friseur sowie Buch- und Lebensmittelgeschäft. Es handelt sich um eine ökonomische Infrastruktur, mit der sich die Vereine neben den Mitgliedsbeiträgen finanzieren und die Erhaltung der Moschee möglich wird. Neben den Einnahmen hat diese Infrastruktur auch den Zweck, Besucher zur Moschee anzuziehen.207 - die Moschee als regionale muslimische Anlauf- und Servicestelle – sowohl für neue, nachkommende Migranten, für Personen muslimischen Bekenntnisses, die keine Migranten sind, Studierende, als auch für Muslime anderer ethnischer und nationaler Herkunft (s. Yang/ Ebaugh 2001). Damit verkörpern die Moscheevereine in der Regel eine Kombination von zwei idealtypischen Modellen von migrantischen religiösen Organisationen, die Ebaugh und Chafetz (2000, 347ff) beschrieben haben: den Typ des Gemeindezentrums (congregational centre), das überwiegend auf religiöse Dienstleistungen wie Gottesdienste, Rituale und religiöse Erziehung konzentriert ist, und den Typ des Gemeinschaftszentrums (community centre), das religiöse Dienstleistungen um kulturelle, sportliche Veranstaltungen und soziale Dienstleistungen ergänzt.208 Bereits die traditionelle Moschee bildete das Zentrum verschiedener sozialer Gebäude und Funktionen. Ceylan vertritt die Ansicht, die neuen islamischen Zentren in Europa würden diese Traditionen wieder beleben (cf. Ceylan 2008, 188). Eine wohltätige, gemeinnützige, fromme Stiftung (arab. Wakf, türk. Kül˙ liye) betrieb einen Komplex, der in unmittelbarer Nähe eine Moschee, eine Armenküche, eine Hochschule, eine Elementarschule, ein öffentliches Brunnenhaus, eine Bibliothek, ein Bad, ein Waisenhaus, ein Spital, eine Karawanserei

206 S. Marti/ Kraft/ Walter 2010; Stolz/ Ballif 2010; Stolz/ Chaves/ Monnot/ Amiotte-Suchet 2011. 207 Für den Hinweis auf diesen Aspekt danke ich Herrn Arch. Metih Yerlikaya, Besichtigung der ATIB-Zentrale Wien, 19. 5. 2011. 208 Hinweis: Martikainen 2004, 78 f. – Für die muslimischen Vereine in Turku kommt Martikainen zum gleichen Schluss, dass sie Merkmale des Gemeindezentrum-Typs und des Gemeinschaftszentrums-Typs vereinen (Martikainen 2004, 211).

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

125

für Durchreisende bzw. Pilger, einen Sufi-Konvent usw. umfassen konnte.209 Auch bei anderen Religionsgemeinschaften finden wir religiöse und sozial-caritative in enger räumlicher und organisatorischer Nähe, wodurch die Verbindung religiöser Praxis mit sozialer Verantwortung zum Ausdruck kommt. In gewisser Hinsicht kann man Ähnlichkeiten zwischen der Institution der traditionellen frommen Stiftung, die rund um die Moschee verschiedene soziale Einrichtungen organisierte, und einigen Funktionen der islamischen Zentren in Westeuropa sehen. Aber man sollte den Vergleich nicht – wie Ceylan – überspannen. Tatsächlich haben die neu entstandenen islamischen Zentren in Westeuropa in dieser Form in der islamischen Welt und Tradition kein Vorbild (cf. Nielsen/ Jeldtoft 2011, 1117). Sie stehen für den Aufbau einer MigrantenInfrastruktur, wie sie auch für andere Religionsgemeinschaften im Diasporakontext charakteristisch ist.

Abbildung 3: Moschee ATIB Bad Vöslau (»Haci Bayram Camii«), Gebetshalle, Freitagsgebet (Juni 2010)

So wie andere Immigranten-Gemeinschaften und ihre Versammlungsorte als unterstützende, sichere öffentliche Räume in einer fremden Umgebung erfahren werden, so stellen auch die muslimischen Diaspora-Gemeinschaften rund um lokale Moscheen eine Form von »Heimat« und einen wichtigen Rückzugsort dar 209 Siehe dazu: Art. ›Wakf‹ in Encyclopedia of Islam, Second Edition, Brill Online, 2012; Syed 2005; Hartung 2005. ˙

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Reflexion von Grundbegriffen

(Diop-Michalak 1996; Nederveen-Petersen 1997). Die Moschee und die mit ihr verbundene Gemeinschaft werden auch deshalb zu einem »sicheren Hafen«, weil man hier mit Respekt behandelt wird – umso mehr, wenn man in der Gesellschaft Diskriminierungen und Ablehnung erfährt (cf. Schiffauer 1988, 151) und die soziale Anerkennung verweigert wird. Migranten erhalten dort das, was Religion Migranten generell bieten kann: Zuflucht (im Sinn von Zugehörigkeit und Teilhabe), Respekt (im Sinn von Anerkennung als Mitglied der religiösen Gemeinschaft) und Ressourcen (in Form von Informationen, Kontakten, Orientierung, Bildungsangeboten usw.). Es sind in der Formulierung von Hirschman die drei R: refuge, respectability, resources (cf. Hirschman 2004, 1228). Es gibt aber auch die andere Seite: Gerade wenn die sozioökonomische und politische Situation der betreffenden sozialen Gruppe von Migranten aus der Türkei im Aufnahmeland durch alltägliche Benachteiligungen, bürokratische Hürden und Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt geprägt ist, kann die Moschee zu einem Knotenpunkt eines Re-Ethnisierungsprozesses und eines intraethnischen Unterstützungsnetzwerks werden, von dem die Migranten umso mehr abhängig werden können (cf. Hürlimann/ Aratnam 2011, 389). Man versucht, die kulturelle, religiöse und sprachliche Identität, Kleidungstraditionen, Essgewohnheiten, moralische Regeln usw. aus dem Herkunftsland zu bewahren, nicht zuletzt durch die religiöse Erziehung der Kinder in der Moschee und das Vollziehen der vorgeschriebenen Rituale im islamischen Jahreskreis. Der Wunsch nach repräsentativen, erkennbaren Moscheen, nach würdigen Kultstätten repräsentiert den Wunsch nach öffentlicher Anerkennung des eigenen Glaubens als auch der eigenen Ethnie. So sehr sie eine bestimmte Gruppe bindet, so sehr ist die Moschee zugleich der Schauplatz von Fraktionierungen und ideologischen Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen ideologischen, politischen und religiösen Richtungen unter den Muslimen. Prozesse der Abspaltungen und Teilungen der muslimischen Vereine und der forcierten Übernahme einer Moschee durch eine bestimmte Gruppe gehören auch zur Geschichte und Gegenwart der Moscheen in Österreich. Die interne Fraktionierung und Diversität von Moscheevereinen muss berücksichtigt werden, um die homogenisierende Wahrnehmung »der Muslime« oder eines bestimmten Dachverbands von außen zu korrigieren. Sie spielt auch beim Moscheebau eine Rolle, insofern er Teil der Repräsentationspolitik muslimischer Organisationen auch nach innen ist und einen wichtigen Konkurrenzfaktor auf dem innermuslimischen »religiösen Markt« darstellt: Je repräsentativer und ästhetisch bzw. konzeptionell ansprechender die Moschee ist, desto mehr kann die jeweilige Gemeinschaft Gläubige – auch aus anderen, umliegenden Vereinen – anziehen. Die Vielfalt der innerislamischen Richtungen stellt zugleich ein Problem dar, weil Außenstehende in der Regel keinen oder wenig Einblick in das Spektrum muslimischer Strömungen und Splittergruppen

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

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haben und es deshalb schwer ist, zwischen radikal-islamistischen Gruppen, die eine Moschee okkupieren, und dem Mainstream muslimischer Gruppen zu unterscheiden. Andererseits beobachtet man immer wieder die Unsicherheit von Vertretern der Zivilgesellschaft, u. a. der Kirchen, die Personen und Gruppen aus dem radikal-islamistischen Spektrum in einen Dialog einbeziehen wollen – mit der Gefahr, unter dem Titel »Interreligiöser Dialog« von ihnen instrumentalisiert zu werden.210

2.3

Moschee, Religion und Sozialkapital

Für die Haltung gegenüber der muslimischen Bevölkerung in Westeuropa ist entscheidend, dass der Aufbau von muslimischen Gemeindezentren vielfach negativ interpretiert wird. Unter Hinweis auf die Multifunktionalität wird ihnen von ausländerfeindlich, immigrations- und islamfeindlich orientierten Parteien und Gruppen ihr religiöser Status abgesprochen und daraus abgeleitet, dass die Religionsausübungs- und Kultusfreiheit für die islamischen Zentren keine Gültigkeit habe.211 Manche Moscheegegner setzen die angeblich »rein spirituellen Sakralräume« der Juden und Christen den multifunktionellen Moscheen entgegen, während tatsächlich z. B. Kirchen nicht nur religiöse Aufgaben erfüllen, sondern immer schon auch soziale, wirtschaftliche, pädagogische und politische Aufgaben (cf. Krech 2012, 56). Vor dem Hintergrund einer negativen Haltung gegenüber Zuwanderung und Islam werden sie als Beispiele für die Entwicklung einer »Parallelgesellschaft«, von »Ghettos« und als Integrationshemmnis negativ klassifiziert und abgewertet (cf. Behloul 2005, 157 f). Gilles Kepel beispielsweise spricht vom »Kommunalismus« (communautarisme) islamischer Bewegungen in den USA, Großbritannien und Frankreich, der eine gefährliche soziale und politische Fragmentarisierung der Gesellschaft mit sich bringe (Kepel 1997). Auch in der Forschung zur Institutionalisierung des Islam 210 Ein Beispiel ist der muslimische Gebetsraum im Afro-Asiatischen Institut in Wien, der Teil der interreligiösen Aktivitäten der katholischen Institution ist. Das Freitagsgebet wurde jahrelang von Shaker Assem organisiert und als Imam geleitet. Er ist Sprecher der global agierenden sunnitisch-islamistischen Hizb ut-Tahrir al-Islami (Partei der islamischen Befreiung), die ca. 1953 gegründet wurde und gegen Nationalismus und Demokratie und für die Wiedererrichtung des Kalifats in der muslimischen Welt eintritt. Der Geschäftsführer des AAI vertrat die Position, dass es wichtig sei, auch mit Vertretern einer solchen Organisation im Gespräch zu bleiben. Nach Zeitungsberichten im Zusammenhang mit einer geplanten Konferenz der Organisation (Erich Kocina: »Wien: Kalifatsanhänger predigt im Kircheninstitut«: Die Presse, 24. 2. 2012) untersagte der Erzbischof von Wien Kardinal Schönborn die Leitung des Freitagsgebets im AAI durch Assem. Zur HT s. ›Hizb ut-Tahrir‹: World Almanac of Islamism (http://almanac.afpc.org) des American Foreign Policy Council. 211 Siehe Kap. V, S. 211 ff (Debatte im österreichischen Parlament am 27. 9. 2007).

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Reflexion von Grundbegriffen

in Europa gibt es unterschiedliche Bewertungen der muslimischen Selbstorganisation in religiösen Gemeinschaften – als Voraussetzung für Emanzipation und Integration, als Fortsetzung einer vor-modernen Unterdrückung des Individuums oder als Verbindung von Unterstützung und Unterdrückung des einzelnen Mitglieds (cf. Buijs/ Rath 2002, 16). Diese negative Bewertung steht im größeren Kontext einer vielfach skeptischen und negativen Beurteilung von Religion – vor allem des Islam – als Barriere für den Inklusionsprozess von Migranten in Westeuropa, als Problem. Sie unterscheidet sich auf signifikante Weise von der positiveren Bewertung von Religion/ religiöser Gemeinschaften für die Inklusion der Neuankömmlinge in den USA – als Hilfe, sich zu adaptieren und als Weg, im Mainstream der Gesellschaft anzukommen (s. Foner/ Alba 2008). Die größere Bedeutung der religiösen Zentren für Zuwanderer, für die Erhaltung ihrer kulturell-religiösen Identität, als Unterstützungsnetzwerk und religiös gestützte Hilfe zur Integration ergibt sich aus einer Situation der cultural transition im Zuge von Migration, in der die soziale Identität gefährdet ist. Religion kann eine Hilfe sein, die eigene Identität und das Selbstwertgefühl zu stabilisieren (cf. Bruce 2002, 34 f). Dieser Stellenwert religiöser Zugehörigkeit und institutioneller Formen des Religiösen für Migranten steht im Kontrast zur Säkularisierung im Sinne einer generellen Abnahme der sozialen Bedeutung von Religion in der modernen Gesellschaft (cf. Pollack 2009, 23 f). Aus Sicht der jüngeren sozialwissenschaftlichen (u. a. religionssoziologischen) Diskussion über das Verhältnis von Sozialkapital und Religion212 können Moscheevereine so wie andere religiöse Gemeinschaften generell als freiwillige zivilgesellschaftliche Netzwerke charakterisiert werden, die sich auf einer religiösen Basis entwickeln und in denen »soziales Kapital« gebildet wird, d. h. nichtmaterielle Werte wie Solidarität, gegenseitige Unterstützung, Integration und Vertrauen. Putnam unterscheidet zwischen einer bridging-Funktion des Sozialkapitals, das die Integration der Gesellschaft fördert, und der bondingFunktion des Sozialkapitals, durch das die Integration der betreffenden Gruppe nach innen gefördert wird. Die Frage, ob Moscheevereine stärker ein Sozialkapital entwickeln, das als Brückenfunktion zur Gesamtgesellschaft fungiert, oder eher eine innere Integration der Gruppe durch Abgrenzung von der Umgebung entwickeln, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt von vielfachen Faktoren ab, vor allem von den jeweiligen Phasen des Inklusionsprozesses. Beispiele türkisch-muslimischer Moscheevereine in Österreich zei-

212 Stepick/ Rey 2010; Traunmüller 2012. Übersicht: Pickel 2011, 294 – 308. – Die empirische Studie von Traunmüller ergibt u. a., dass die Muslime in den neun untersuchten westeuropäischen Ländern jene Religionsgruppe sind, die den geringsten Grad an zivilgesellschaftlicher Partizipation im Sinne des Engagements in Vereinen (u. a. religiösen Vereinen) aufweisen, Protestanten dagegen den höchsten (cf. Traunmüller 2012, 125ff).

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

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gen,213 dass es beim Übergang der Führungsfunktionen von der ersten, noch stark auf die Türkei orientierten Generation der Funktionäre auf die zweite, bereits in Österreich aufgewachsene Generation in letzter Zeit zu einer Transformation des vorherrschenden bonding-Modus des Netzwerks in Richtung des bridging-Modus kommt: Allein schon auf Grund der besseren sprachlichen Möglichkeiten und der Vertrautheit mit dem gesellschaftlichen und institutionellen Umfeld kommt es zu Schritten der Öffnung der Moscheevereine gegenüber der Umgebung, in Form der aktiven Kontaktaufnahme zur lokalen Politik, der Mitwirkung an zivilgesellschaftlichen Aktivitäten vor Ort, zu Angeboten von Moscheeführungen und Begegnungsveranstaltungen usw. Auch in den bosniakisch-muslimischen Vereinen in Österreich ist es in den letzten Jahren zu einem massiven Generationswechsel bei der Führung der Vereine und bei den Imamen gekommen, die zu einer starken Dynamik der Öffnung und der Brückenbildung zum Umfeld führen. Ein Beispiel ist der neue Präsident des Verbands der bosniakisch-muslimischen Vereine in Österreich (seit 2012) und Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinde Klagenfurt für das Bundesland Kärnten, Esad Memic, der ein Vertreter der jungen Generation ist.214 Ebenso setzt sich der Vorstand des Dachverbands ATI˙B-Union mit Sitz in Wien seit 2010 zunehmend aus jungen Vertretern der zweiten Generation zusammen. Vielfach ist eine innere Pluralität in dieser Hinsicht zu beobachten: Im gleichen Moscheeverein können sowohl Gruppen vertreten sein, die sich stärker aus ideologisch-religiösen Gründen nach innen zurückziehen und abschotten, als auch solche, die sich für die nicht-muslimische Umgebung aktiv öffnen. Intern erfolgt dann ein Tauziehen zwischen den Fraktionen, dessen Ergebnis sich in den Vorstandswahlen niederschlägt. Die Errichtung großer, repräsentativer, würdiger Moscheebauten ist für dieses »bridging« von Bedeutung, da sowohl das Bauprojekt selbst notwendig eine Fülle von Kontakten zu Behörden, Politik und Ortsgesellschaft mit sich bringt, andererseits der repräsentative Moscheeraum bessere Möglichkeiten für Begegnungsveranstaltungen, Moscheeführungen und Besuche durch Nicht-Muslime bietet. Indirekt kann die konstruktive Kooperation mit dem gesellschaftlichen, administrativen und politischen Umfeld einen Einfluss auf die »Innenpolitik« der Moscheevereine ausüben, indem jener Teil eine Unterstützung und Stärkung erfahren kann, der für eine Politik der Öffnung, der konstruktiven Kooperation mit dem Umfeld, der aktiven Öffentlichkeitsarbeit und Herstellung von Transparenz eintritt. 213 Ich stütze mich hier v. a. auf eigene religionsempirische Forschung im Rahmen der Studie »Muslimische Vielfalt in Niederösterreich« (Teilprojekt: Muslimische Organisationen und Infrastrukturen), die 2010 – 2012 am Department Migration und Globalisierung, DonauUniversität Krems im Auftrag des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung erstellt wurde (Fürlinger 2012; 2013). 214 »Esad Memic: ›Als Muslime stolze Kärntner‹«: Kleine Zeitung, 15. 6. 2012.

130

Reflexion von Grundbegriffen

Abbildung 4: Besuch einer Schulklasse in der neuen Moschee Bad Vöslau, mit Imam Hizir Uzuner (Juni 2012)

Bezogen auf die neuen, repräsentativen Moscheen kann sicherlich mit Recht eine grundsätzliche bridging-Funktion dieser Räume festgestellt werden: Neue, würdige, große Räumlichkeiten ermöglichen es erst, größere Besuchergruppen (z. B. Schulgruppen) zu empfangen und Moscheeführungen für sie durchzuführen. Die neuen repräsentativen islamischen Sakralgebäude stellen attraktive Reiseziele für interessierte Gruppen dar, wie das starke Besucherinteresse im Fall der neuen Moschee in Bad Vöslau seit der Eröffnung aus ganz Österreich zeigt; die Moscheeführungen bieten eine Gelegenheit für Gespräche und Begegnungen.

2.4

Die gewandelte Identität der Moschee im Generationenverlauf

Die spezifische Identität der Moschee ist eng verbunden mit der sozio-kulturellen Situation ihrer Betreiber und ihrem Platz in der Gesellschaft, und daher auch mit dem Wandel dieser Situation. Die erste Generation der Zuwanderer vertritt in der Regel ein defensives, traditionelles, herkunftsorientiertes Konzept der Moschee. Dieses Konzept wird von manchen Vertreterinnen und Vertretern der nächsten, jüngeren Generation, die in Europa aufgewachsen ist, allmählich überschritten. Sie fühlen sich von den traditionellen Moscheen nicht angesprochen, lösen sich vom Islamverständnis ihrer Eltern und Großeltern und

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

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entwickeln neue Konzepte der Moschee in den europäischen Städten – Moscheen, die sich für ihre Umgebung öffnen und sich bewusst in den europäischen Kontext stellen. Markante Beispiele dafür sind die Moschee in Penzberg (Oberbayern) unter der Leitung von Imam Benjamin Idriz, das Konzept für die »Polder-Moschee« des niederländischen Architekturbüros CONCEPT0031 für Rotterdam, die geplante Zentralmoschee des Vereins »Zentrum Islam in Europa« in der Altstadt von München, an der ebenfalls Imam Idriz mitwirkt. Österreichische Beispiele sind die geplante neue Moschee der bosnischen Muslime in Graz und die bosnische Moschee in Rankweil, die seit Herbst 2012 im Bau ist.

Abbildung 5: Projekt Islamisches Kulturzentrum Graz, Ansicht von der Straße aus Ó gsp-architektur

Im September 2008 wurde die Polder-Moschee in Amsterdam (Bezirk Slotervaart) eröffnet, initiiert von Mohammed Cheppih. Architektonisch war sie nicht interessant, auf 3500 m2 in einem alten Bürogebäude untergebracht. Das Konzept einer »niederländischen Moschee« aber ist innovativ : Die Jugendmoschee wurde von einer jungen Frau geleitet, Frauen (einschließlich einer nichtmuslimischen Niederländerin) waren im Vorstand, gepredigt wurde nur auf Niederländisch. Frauen und Männer beteten zusammen im gleichen Raum (wenn auch die Frauen im hinteren Teil weniger Platz zur Verfügung haben). Die Moschee war Ort für Diskussionen, Konzerte und Vorträge und wurde auch von Christen besucht.215 Man versuchte, das Zentrum finanziell unabhängig zu 215 Bruce Mutsvairo: ›Woman mosque leader blends »roots of Islam«, European norms‹: USA

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Reflexion von Grundbegriffen

führen – im November 2010 wurde die Moschee aus finanziellen Gründen geschlossen.216 In Altach in Vorarlberg entstand 2012 auf dem neuen islamischen Friedhof ein architektonisch innovativer Gebetsraum, der vom Vorarlberger Architekten Bernardo Bader entworfen wurde und dessen Innenraum von der aus Bosnien stammenden Künstlerin und Professorin Azra Aksˇamija gestaltet wurde. Hier werden Elemente einer neuen Phase im Prozess der Inklusion der ehemaligen Migranten und ihrer Religion sichtbar : die gewandelte Interpretation der eigenen Tradition im neuen Umfeld. Der orientalistische Prozess der Verortung des Eigenen und Fremden, der scharfen Grenzziehung zwischen ›Uns‹ und ›Ihnen‹ wird – von beiden Seiten – schrittweise durchkreuzt und überwunden. Diese rasch ablaufenden Transformationen, die gewandelte soziale Position der BürgerInnen muslimischer Zugehörigkeit, können dazu verhelfen, die gängigen, stereotypen Bilder des Islam und die Beziehungen zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu verändern.

2.5

Moscheeräume aus der Perspektive der »Materialen Religion«

Das neue religionswissenschaftliche Konzept der »Materialen Religion« bzw. der Religionsästhetik untersucht, wie sich Religion auf materialer Ebene, in Ritualen, Handlungen, Räumen, Bildern, Klängen usw. verkörpert und wie diese sinnlich, emotional und intellektuell erfahren werden. Diese Forschungsrichtung ergänzt die bisher weitgehend textbezogene und historische Orientierung der Religionswissenschaft.217 Die Anwendung der religionsästhetischen Perspektive auf das Thema Moscheebau ist wichtig um zu verhindern, dass in einem gespannten Klima politischer Kontroversen rund um den Moscheebau in Europa die Frage der Moscheearchitektur auf Identitätspolitik bzw. Repräsentation muslimischer Identität reduziert wird (s. Verkaail 2012). Wichtig ist zu sehen, welche Gesichtspunkte für muslimische Gruppen selbst bei der Planung, Gestaltung und beim Today 12. 4. 2010. Internetquelle: http://www.usatoday.com/news/religion/2010 – 04 – 12muslims-europe_N.htm (Zugriff 10. 8. 2011). 216 Benjamin Dürr : ›Mitten in den Niederlanden«: Zenith. Zeitschrift für den Orient, 21. 11. 2010. Internetquelle: www.zenithonline.de/deutsch/politik//artikel/mitten-in-den-nieder landen-001231/ (Zugriff 10. 8. 2011). 217 Zum theoretischen Konzept der Materialen Religion: Morgan 1998; 2005; 2009; Morgan/ Meyer/ Paine 2005; Houtman/ Meyer 2012; Meyer 2012. Überblick: Prohl 2012. Deutschsprachige Beiträgen zur Religionsästhetik u. a.: Lanwerd 2002; Prohl 2004; Mohr 2006; Koch 2004; 2007; Hödl 2009; Kugele/ Wilkens 2011; Website des Arbeitskreises Religionsästhetik der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft: http://www.religions aesthetik.de.

Die Moschee in Europa im Schnittfeld von Migration und Religion

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Bau einer Moschee in Europa relevant sind. Verkaail unterscheidet analytisch drei Aspekte: a) die Bedeutung von Identitätspolitik: die repräsentative Dimension der Moschee in einer weitgehend nicht-muslimischen Umgebung; b) die Bedeutung der religiösen Tradition: der Bezug zur muslimischen diskursiven Tradition; c) die Bedeutung der affektiv-ästhetischen Dimension des Gebäudes für die religiöse Praxis und Erfahrung (Höhe, Weite, Erhabenheit des Raumes, Lichteinfall, Farben, Objekte, Gerüche usw.). Aus meiner Sicht müsste man ergänzen, dass die affektiv-ästhetische Dimension nicht nur wichtig ist in Bezug auf die religiöse Erfahrung, sondern auch für das menschliche Empfinden von Sicherheit, Behaglichkeit und Vertrautheit in einem Raum, der die eigene religiös-kulturelle Zugehörigkeit ausdrückt und zugleich bestätigt – für das Empfinden von Selbstrespekt und Stolz in einem repräsentativen, sichtbaren, großen, neuen Gebäude, gerade für eine gesellschaftliche Gruppe, die vielfach isoliert und diskriminiert ist. Die Moscheegemeinschaft und das neue Gebäude intensivieren so den Charakter der Moschee als »comfort zone« (Ebaugh/ Chafetz 2000, 36) für Migranten, in der ihre Sprache, Gebräuche und Identität frei gelebt werden können und reproduziert werden. Die Bedeutung dieses Aspekts wurde in der empirischen Untersuchung des Moscheebaus in Bad Vöslau bestätigt. In Gesprächen mit älteren und jungen Angehörigen des Moscheevereins wurde häufig der Aspekt der Würde und des Respekts betont – wie wichtig der repräsentative, schöne Moscheebau für die Würde, das Selbstbewusstsein und die Selbstachtung der Muslime sei, nachdem man über 30 Jahre auf einen sehr engen, notdürftig adaptierten Raum beschränkt war. Cem Firat formuliert es im Interview so: »Man muss auch sagen, es geht nicht nur um die Religion. Es ist ein gewisser psychologischer Aspekt, ich nenn’ das so Ausländersyndrom, ein Gastarbeitersyndrom. Das ist folgendermaßen: Die Leute, wenn man sich die Leute anschaut hier, fühlt man sich als zweitklassiger Mensch. Vom Bildungsniveau her ist man ganz woanders als die Österreicher, natürlich leben die nicht in so tollen Wohnungen wie die Österreicher. (…) Was passiert da: Die haben eine andere Religion, eine andere Sprache, die meisten können nicht so gut Deutsch, anderen können auch nicht wirklich Türkisch. Wir sind in der Türkei Ausländer, hier sind wir es auch wirklich. (…) Uns wird immer eingeredet: Ihr seid’s keine Österreicher. Irgendwann sagen wir : Okay, dann sind wir halt kane. Türken sind wir auch keine – wos samma dann eigentlich? (…) Es gibt Leute – das ist unglaublich -, der würde nie in eine Moschee gehen, der sauft sich jeden Tag an, der spendet am meisten Kohle. Hauptsache, da kommt ein Minarett rauf, Hauptsache das Gebäude. (…) Es ist für ihn ein Stolz. (…) Wo ein Türke ist, der hackelt, der gedemütigt wird in einer Firma, und eigentlich seine Kinder auch hoffnungslos

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Reflexion von Grundbegriffen

Hilfshackler werden oder Arbeitslose werden – der einzige Stolz, wo er sein Image retten kann, ist das Gebäude.«218

Da die geplante traditionelle Außengestalt der Moschee in den Verhandlungen mit der Stadt eingeschränkt wurde, wird die ästhetisch-affektive Dimension nun vor allem durch die traditionelle, farbenprächtige Gestaltung des großen Gebetsraums im Inneren gewährleistet, für die man alle Materialien und eigene Handwerker, u. a. für die Gestaltung der Kalligraphien, aus der Türkei brachte.

218 Cem Firat, Interview 26. 3. 2009.

IV. Die Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich: 1960er Jahre bis heute

Einleitung In den letzten vierzig Jahren wurden in Österreich zahlreiche muslimische Gebetsräume und Zentren eingerichtet. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich gibt auf ihrer Website die Zahl von 205 Moscheen – im Sinne islamischer Zentren mit Gebetsräumen, in der Regel in umgebauten, umgewidmeten Gebäuden – an, die bei der IGGiÖ registriert sind.219 Die Gesamtzahl islamischer Zentren ist weit höher anzusetzen. Für Niederösterreich (Islamische Religionsgemeinde St. Pölten) beispielsweise werden von der IGGiÖ 28 registrierte Moscheen angeführt, man kann jedoch von einer Mindestzahl von 50 kleineren und großen islamischen (sunnitischen) Zentren ausgehen.220 Die Mehrzahl der jeweiligen Moscheevereine gehört den großen Dachverbänden an: 1) Avusturya Türk ˙Islam Kültür ve Sosyal Yardımlas¸ma Birlig˘ i (ATI˙B) Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich – untersteht dem »Präsidium für religiöse Angelegenheiten« (Diyanet ˙I¸sleri Bas¸kanlıg˘ı, DIB) der türkischen Regierung mit Sitz in Ankara 2) Avusturya ˙Islam Federasyonu Österreichische Islamische Föderation – österreichischer Zweig der »Islamischen Gemeinschaft Milli Görü¸s e.V.« (IGMG) mit der europäischen Zentrale in Kerpen (Deutschland) 3) Avusturya Islam Kültür Merkezleri Birlig˘i Union Islamischer Kulturzentren (UIKZ) – österreichischer Zweig des europäischen »Verbands der Islamischen Kulturzentren« (VIKZ) bzw. der transnationalen Süleymancı-Bewegung, einer vom türkischen Religionsgelehrten Süleyman Tunahan (1888 – 1959) gegründeten Bildungsbewegung 219 www.derislam.at (Zugriff 19. 8. 2012). 220 S. dazu Fürlinger 2012; 2013.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

4) Islamska Zajednica Bosnjaka u Austriji (IZBA) Verband der bosniakischen-islamischen Vereine in Österreich – nach dem Zusammenschluss der beiden gespaltenen bosnischen Dachverbände neu gegründet im März 2012; Mitglied der »Islamischen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina« (Islamska zajednica u Bosni i Hercegovini) unter der Leitung des Riyasat bzw. des Rais-ul-ulama (Großmufti) mit Sitz in Sarajevo 5) Avusturya Türk Federasyon (ATF) Türkische Föderation Österreich – österreichischer Zweig der »Föderation der Türkisch-Demokratischen Ülkücü-Vereine in Europa« (Avrupa DemokratikÜlkücü Türk Dernekleri Federasyonu, ADÜTDF), bekannt als »Graue Wölfe« 6) Union albanischer Muslime in Österreich (UAMÖ) Daneben gibt es autonome Moscheevereine, die sich keinem Dachverband angeschlossen haben – in vielen Fällen deswegen, weil die Mitglieder unterschiedlich orientiert sind und man im Fall eines Beitritts zu einem Dachverband eine Spaltung des Vereins befürchtet. In den österreichischen Medien, aber auch seitens Regierungsstellen ist es heute üblich geworden, von insgesamt vier Moscheen in Österreich zu sprechen (Wien, Bad Vöslau, Telfs, Saalfelden); als Kriterium für die Definition von »Moschee« wird das beigefügte Minarett angewendet. Es müssten aber meiner Ansicht nach folgende Differenzierungen vorgenommen werden (s. Fürlinger 2010): a) als repräsentative Moschee errichtete Gebäude mit Minarettbauten: Wien, Bad Vöslau Zurzeit (Stand Juni 2013) existieren in Österreich zwei islamische Bauten, die neu als repräsentative Moscheen mit Minaretten und Kuppel errichtet wurden: das Islamische Zentrum Wien in der Nähe der UNO-City mit einem Minarett (eröffnet 1979) sowie die ATI˙B-Moschee in Bad Vöslau in Niederösterreich mit zwei Minaretten (eröffnet 2009), deren Sichtbarkeit als Moschee allerdings eingeschränkt ist. Zurzeit erfolgt der Neubau eines großen islamischen Zentrums mit Minarett in Graz (Steiermark) durch einen Verein bosnischer Muslime. In Rankweil (Vorarlberg) wird zurzeit eine Moschee bosnischer Muslime in einer zeitgenössischen Architekturform ohne Minarett errichtet. Andere aktuelle Neubauten von Moscheen erfolgen in der Regel in Form entweder (1) als neutrale Gebäude ohne jede äußerlich sichtbare architektonische Kennzeichen einer Moschee (z. B. bosnische Moschee in Enns; ATI˙B-Moschee in Frastanz; UIKZ-

Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

137

Moschee in Reisenberg) oder (2) mit einer Kuppel und ohne Minarett (z. B. bosnische Moschee in Linz, ATI˙B-Moschee in Ternitz). b) als islamische Zentren adaptierte Gebäude mit Minarett: Telfs, Saalfelden

Abbildung 6: ATI˙B-Moschee in Saalfelden (Salzburg) im März 2009

Davon zu unterscheiden sind bestehende Gebäude, die als islamische Zentren adaptiert wurden und bei denen ein Minarett errichtet wurde: das islamische Zentrum in Telfs (Tirol), die ehemalige Rettungszentrale, bei dem 2006 ein 15 Meter hohes Minarett dazugebaut wurde sowie das islamische Zentrum in Saalfelden (Salzburg), eine ehemalige Lagerhalle, die zwischen 2001 und 2005 umgebaut wurde und bei der ein 9 Meter hohes Minarett errichtet wurde. Dieses erste Minarett im Land Salzburg wurde ohne Konflikte errichtet und deshalb erst im Dezember 2009 einer größeren Öffentlichkeit bekannt.221 Beide Moscheen gehören zum Dachverband ATI˙B.

221 Claudia Lagler : »Das Minarett, das keiner kennt«: Die Presse, 5. 12. 2009; s. S. 458.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

c) ein Gebetsraum mit Minarett in einer Einrichtung der katholischen Kirche: Innsbruck

˘

Weiters existiert der spezielle Fall eines kleinen muslimischen Gebetsraums im »Integrationshaus« der Caritas in Innsbruck. Ursprünglich beherbergte das Haus die bosnisch-muslimische Gemeinschaft, die um die Erlaubnis eines Minarettbaus anfragte. Mit Erlaubnis des römisch-katholischen Diözesanbischofs Dr. Scheuer wurde im Oktober 2001 ein kleines, fünf Meter hohes Minarett aus Holz im Hof hinter dem Integrationshaus aufgestellt, das von österreichischen und bosnischen Jugendlichen gebaut wurde und von dem beim Freitagsgebet der Gebetsruf per Lautsprecher erschallt.222 Je nach Definition der »Moschee« fällt die Zählung unterschiedlich aus. Versteht man unter einer Moschee in einem engen Sinn (a) ein neu als Moschee errichteter Bau, (b) dessen äußere Gestalt von den traditionellen architektonischen Merkmalen der Moschee – Kuppel und Minarett(e) – geprägt ist und (c) die als Moschee im öffentlichen Raum frei sichtbar und erkennbar ist, dann existiert in Österreich genau genommen zur Zeit nach wie vor nur eine Moschee, nämlich das »Islamische Zentrum« in Wien-Floridsdorf. Alle anderen Räume wären nach dieser engen Definition als islamische Zentren mit integriertem Gebetsraum zu klassifizieren. Dagegen kommt man auf eine Zahl von hunderten Moscheen in Österreich, wenn man den alltäglichen Sprachgebrauch vieler Muslime selbst anwendet: Die Bezeichnung »Moschee« (arab. masdjid oder ¯ ja¯mi ; türk. cami) wird nicht nur für als Moscheen errichtete, neugebaute, repräsentative Gebäude mit Kuppel und Minaretten verwendet, sondern für islamische Zentren in dafür adaptierten Räumen bzw. umgebauten Gebäuden, deren Kern der Gebetsraum bildet – auch wenn diese Räume oft winzig, improvisiert und von außen nicht erkennbar sind. Diesen Sprachgebrauch werde ich im Folgenden übernehmen. In diesem Kapitel stelle ich in einem ersten Schritt den Stellenwert und die gewandelten Funktionen der Moschee im Migrationskontext dar. Darauf folgt ein Überblick über die Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich seit den 1960er Jahren. Diese Entwicklung soll abschließend anhand von Fallstudien verschiedener Moscheevereine illustriert werden.

222 Quelle: Interview mit dem Leiter des Integrationshauses der Caritas Innsbruck Dr. Jussuf Windischer, Integrationshaus Innsbruck, 3. 3. 2009.

Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

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Abbildung 7: Minarett beim Integrationshaus der Caritas in Innsbruck (Tirol), Dr. Jussuf Windischer (März 2009)

140

1.

Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

Die Anfänge der Institutionalisierung des Islam in Österreich

Methodische Vorbemerkung: Während die Prozesse der Institutionalisierung des Islam in verschiedenen europäischen Ländern ab den 1980er Jahren breit erforscht wurden,223 existiert für Österreich nur eine schmale Forschungsbasis.224 Zur Entwicklung der Einrichtung von Gebetsräumen bzw. Moscheen in Österreich existieren einige wenige Arbeiten, die Hinweise zu diesem Thema enthalten, u. a. ein früher Überblick zu den Moscheen und Moscheevereinen in Österreich (Arat 1987), ein kurzer Abriss der Geschichte des Islam in Österreich (Balic´ 1995) und die Untersuchung von Dachverbänden von Moscheevereinen türkischer MigrantInnen in Österreich (Kroissenbrunner 2000; 2003). Die folgende Darstellung stützt sich primär auf die erstmalige Auswertung der wichtigen Zeitschrift »Der gerade Weg« des Moslemischen Sozialdienstes sowie auf Interviews mit Funktionären muslimischer Dachverbände und Vereine.225 Die Institutionalisierung des Islam in Österreich wurde in den 1960er Jahren vom Verein »Moslemischer Sozialdienst / Muslim Social Service« (MSS) betrieben. Er wurde von einigen österreichischen Muslimen bosnischer Herkunft in Wien gegründet, unter ihnen Dr. Ismail Balic´, Dipl.-Ing. Teufik Velagic´ und Husein Gradascevic. Der Verein wurde am 19. Juli 1962 in Wien registriert. Zu den Mitgliedern des MSS gehörten Muslime aus Österreich, Deutschland, Itaˇ SSR, Jugoslawien, Afghanistan, Albalien, Türkei, Schweden, der damaligen C nien und aus arabischen Ländern. Prominentes Mitglied war der Anthropologe Umar von Ehrenfels, der lange Jahre in Madras und am Südasien-Institut in Heidelberg als Professor wirkte. Der Verein war von Beginn an international vernetzt und Teil eines transnationalen muslimischen Netzwerks. Bereits ab Juli 1958 hatte Smail Balic´ die mehrsprachige Zeitschrift Der gerade Weg/ SI˙RATI˙ MÜSTEKI¯M. Mitteilungsblatt für muslimische Flüchtlinge in Österreich und Deutschland herausgegeben, die ab 1966 zur Zeitschrift des MSS wurde. Die Orientierung der Zeitschrift und des Vereins kommt in einer programmatischen Erklärung in der ersten gedruckten Ausgabe der Zeitschrift zum Ausdruck: »Liberal in ihrer Denkweise, exakt in ihren Arbeitsmethoden und dem islamischen Ideal des Humanismus verbunden, will die Redaktion in bescheidener Weise zur Konsolidierung des Islam in Europa beitragen.«226

Der MSS widmete sich zunächst der sozialen Unterstützung hilfsbedürftiger muslimischer Flüchtlinge und Studierender sowie dem muslimischen Religi223 224 225 226

Literaturüberblick: Maussen 2007. Aktueller Überblick: Heine/ Lohlker/ Potz 2012. Ein Verzeichnis der Interviews findet sich im Anhang. Der gerade Weg. Eine Vierteljahresschrift für Europa NS Nr. 1 (1975) 2.

Die Anfänge der Institutionalisierung des Islam in Österreich

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onsunterricht für Kinder. Anfang März 1963 sandte der Verein einen Bericht über die schwierige Situation der Muslime in Österreich an alle diplomatischen Vertretungen islamischer Länder in Österreich. Mit Hilfe der Spenden, die daraufhin eintrafen – vor allem von reichen Bosniaken aus dem Ausland und der irakischen Botschaft in Wien – konnte im März 1964 ein Büro des MSS eingerichtet werden. Es handelte sich um eine kleine Wohnung in der Münzgasse 3/1 im 3. Bezirk in Wien,227 gleich in der Nähe der Privatwohnung von Dr. Balic´ in der Ungargasse. Sie umfasste ein Zimmer, daneben ein Kabinett, eine kleine Küche beim Eingang und einen Vorraum, insgesamt ca. 30 – 35 Quadratmeter. Im Kabinett wurde die Gebetsnische (mihra¯b) eingerichtet. Je nach Bedarf ˙ verwendete man auch das vordere, größere Zimmer für das Gebet. In dieser Anfangszeit kamen in der Regel etwa 15 Personen zum Freitagsgebet – vorwiegend Bosniaken sowie einzelne türkische Muslime und österreichische Konvertiten.228 Im gleichen Jahr beschloss der Verein, seine Aktivitäten auszuweiten – in Form der Einrichtung eines Gebetsraumes, eines Studentenheims und einer Bibliothek. Ebenso beschloss man bei der Generalversammlung am 6. Juni 1964, ein Gremium für die Vertretung der islamischen Gemeinschaft in Österreich einzurichten. Der schrittweise Aufbau einer institutionellen Infrastruktur bildete den Schwerpunkt der Vereinstätigkeit in den kommenden Jahren. Ein besonders dringendes Anliegen war die religiöse Bildung der muslimischen Kinder und Jugendlichen, die in Österreich aufwuchsen. Dr. Smail Balic´ schrieb 1966 in der Zeitschrift des MSS: »Es ist kaum zu verstehen, dass sie [die islamische Welt] sich nicht mehr um jene jungen Menschen kümmert, die hier als Muslime geboren sind und infolge Ermangelung einer systematischen religiösen Unterweisung allmählich dem Islam verloren gehen.«229

Ab 25. April 1965 fand im Rahmen des MSS jeden Samstag ein muslimischer Religionsunterricht für Kinder statt. Religionslehrer war zunächst ein junger Ägypter, Ing. Kamel Estwakel Solaiman, damals Vizepräsident des MSS,230 danach Abdul Moun¦m Al-Toundji.231 Ein vordringliches Ziel war die Aktualisierung der staatlichen Anerkennung des Islam in Form des »Islamgesetzes« von 1912 und damit verbunden die 227 Der gerade Weg 1 (1966) Nr. 1, 7. 228 Interview Irfan Buzar, Präsident des Dachverbands der bosnischen Gemeinden in Österreich, 1. März 2011, Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, Bernardgasse, Wien. Buzar war ab 1965 Mitglied des MSS und war bis Frühjahr 2012 Präsident des Dachverbands. 229 Der gerade Weg 1 (1966) Nr. 1, 4. 230 Der gerade Weg 1 (1966) Nr. 1, 6. 231 Der gerade Weg 1 (1966) Nr. 2.

142

Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

Gründung einer islamischen Kultusgemeinde, um so die Lage der Muslime zu verbessern. 1968 begannen die ersten Gespräche mit Vertretern des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst. Am 26. Jänner 1971 stellte der MSS den Antrag auf die Genehmigung der Errichtung und der Statuten einer Religionsgemeinde der Anhänger des Islam nach hanafitischem Ritus in Österreich mit Sitz in Wien. Der Anerkennungsbescheid wurde nach langjährigen Verhandlungen am 2. Mai 1979 durch Bundesminister Dr. Fred Sinowatz erteilt, auf Basis des »Islamgesetzes« vom 15. Juli 1912 und des Staatsgrundgesetzes vom 20. Mai 1874.232 Damit wurden die Muslime in die spezifische Form der institutionellen Kooperation zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften in Österreich eingegliedert. Als klar wurde, dass ein Neubau einer Moschee für den MSS nicht finanzierbar war, beschloss der Verein, eine große Wohnung in der Werdertorgasse 4 im ersten Wiener Gemeindebezirk, in der Nähe der Börse, zu mieten. Durch den massiven Zuzug der Arbeitsmigranten aus der Türkei und aus Jugoslawien verstärkte sich der Bedarf nach einem großen muslimischen Gebetsraum. Es fehlten aber die Mittel für die Adaptierung der Wohnung. In dieser Situation sprang die »World Islamic Call Society« (WICS) mit Sitz in Tripolis (Libyen) ein und stellte mehr als 400.000,– ÖS für Möbel und Bürobedarf zur Verfügung.233 Aus Anlass der Eröffnung des neuen Zentrums fand am 2. Mai 1976 eine Festakademie des MSS im Albert Schweitzer Haus statt, an der bedeutende Vertreter der islamischen Welt teilnahmen, u. a. der Präsident des Präsidiums für religiöse Angelegenheiten der Türkei, der Generalsekretär der WICS, der jugoslawische Großmufti sowie der ägyptische Kulturminister.234 Das neue Zentrum umfasste vier Räume: einen Gebetsraum, einen Vortragsraum, ein Büro mit einer Bibliothek und einen Wohnraum für den Imam. Der Gebetsraum bot Platz für maximal 130 Personen. Als Imam arbeitete zu dieser Zeit Dr. Salim Hadzˇic´ für den MSS, der von der obersten islamischen Behörde Jugoslawien nach Wien entsandt worden war.235 Er war der erste Imam, der von Jugoslawien offiziell nach Österreich entsandt wurde, auf Basis einer Vereinbarung zwischen Dr. Balic´ und dem damaligen Großmufti (Reis-ul232 Zur Anerkennung der islamischen Glaubensgemeinschaft: Balic´ 1979; Potz 1993; Balic´ 1995, 29 f.; Potz 1998. 233 Teufik Velagic´ : ›Viribus Unitis‹: Der gerade Weg, 22. Dezember 1976, 11 – 14, hier 12; Der gerade Weg NS Nr. 1 (1975) 2. – Die »World Islamic Call Society« wurde 1972 vom libyschen Staat gegründet mit dem Ziel, den Islam weltweit zu verbreiten. Die Society hat heute Mitgliedsorganisationen in 36 Ländern. Seit Mitte der 1980er Jahre gehört die WICS zu den internationalen muslimischen Organisationen, die im christlich-muslimischen Dialog engagiert sind, u. a. mit dem World Council of Churches und dem Vatikan (cf. Siddiqui 1997, 184ff). 234 Der gerade Weg NS Nr. 2/3 (1976) 9. 235 »Zwei Gebetsräume für 50.000«: Die Presse, 24. Dezember 1975.

Die Anfänge der Institutionalisierung des Islam in Österreich

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Ulema) von Bosnien, Naim Hadzˇiabdic´ (1975 – 1987).236 Mangels finanzieller Mittel entstand also nicht das geplante große Zentrum in der Stadtmitte, aber dennoch ein kleines aktives Zentrum, in dem das Freitagsgebet abgehalten wurde, Feiertagsgebete, Feste und Vorträge stattfanden und der Religionsunterricht für Kinder durchgeführt wurde. Vom Zentrum in der Werdertorgasse aus betrieb der MSS die Aktualisierung der Anerkennung des Islam in Österreich und die Einrichtung einer islamischen Kultusgemeinde. Solange die bosnischen und türkischen Muslime den Gebetsraum zusammen benutzten, ergaben sich sprachliche Probleme. Beide Gruppen wollten das Freitagsgebet, v. a. die Ansprache, in ihrer Sprache abhalten. Man griff zu der Lösung, dass in einer Woche der bosnische Imam das Gebet leitete, in der nächsten Woche ein türkischer Vorbeter.237 Hier kam es zu einem frühen »Moscheekonflikt«: Noch im Jahr der Eröffnung wurde dem Verein von der Hauseigentümerin gekündigt. Als Grund wurde genannt, dass sich andere Hausbewohner durch die muslimischen Gläubigen gestört fühlen. Die Verwendung der Wohnung als Bethaus stelle eine »unzumutbare Belästigung« der übrigen Hausbewohner dar. Kamen in das Zentrum des MSS in der Münzgasse am Anfang noch maximal 30 bis 35 Leute, kamen nun in das größere Zentrum in der Werdertorgasse rund tausend Besucher, und zwar überwiegend türkische Muslime. Den Hintergrund bildete die starke Zuwanderung von »Gastarbeitern« vor allem in den Jahren 1969 bis 1973 (s. Münz/ Zuser/ Kytir 2003). Man griff zu der Lösung, dass man das Gebet zwei- oder dreimal hintereinander durchführte, aufgrund der Vorschriften jedes Mal mit einem anderen Vorbeter. Bei einem der großen muslimischen Feste kamen so viele Besucher, dass man den Andrang nicht mehr bewältigen konnte. Damals hätten die Schwierigkeiten mit den Nachbarn und der Besitzerin begonnen: »Und es ist einfach so, dass sie uns einfach nicht mehr dort haben wollten.«238 Buzar charakterisiert die damalige Lage als Notsituation: »Wenn einmal oben im 2. Stock alles voll war, sind die Leute im Hof gestanden, weil sie nicht mehr rein können. … Wir waren der Situation nicht gewachsen. Dann hat man begonnen, Räume in der Stadthalle zu mieten, für die Feste, wo dann 10-, 15-, 20tausend Leute das Gebet verrichtet haben.«239

Es kam zu einem gerichtlichen Vergleich zwischen dem MSS und der Hausverwaltung.240 Der Verein musste jedoch ab nun für sein Freitagsgebet und für Feste ins Albert Schweitzer Haus der evangelischen Kirche in Wien übersiedeln. 236 237 238 239 240

Interview Irfan Buzar, 1. 3. 2011. Ibid. Ibid. Ibid. Ewald König: »Wien bekommt eine zweite Moschee«: Die Presse, 29. Juli 1981.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

In dieser prekären Situation suchte man nach einem Ort für ein neues Zentrum, das vor allem Platz für einen Gebetsraum für rund 300 Personen bieten sollte, ebenso Unterrichtsräume und eine Wohnung für den Mufti und seine Familie.241 Der Verein kaufte 1978 das Gebäude und das dazugehörige Grundstück in der Bernardgasse 5 im 7. Wiener Gemeindebezirk. Es handelt sich um die ehemalige Akkumulatorenfabrik Ing. Robert Feilendorf, die 1894 gegründet wurde.242 Dr. Fuat Sanac, der gegenwärtige Präsident der »Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich« (IGGiÖ), beschreibt den damaligen Zustand der ehemaligen Fabrik als »Ruine«, die zuerst ausgeräumt und dann über Jahre – aus Kostengründen schrittweise – renoviert wurde.243 Das Haus wurde der Sitz des neuen Zentrums des MSS und zugleich des Oberseniorats der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Nach der Gründung der IGGiÖ auf Basis des Anerkennungsbescheids 1979 gingen die offiziellen Funktionen des MSS (z. B. Bestätigung von Konversionen, Heiraten usw.) auf die IGGiÖ über. Die Funktion des MSS ging verloren, der Verein wurde aber weitergeführt und besteht bis heute in Wien; im Mai 2013 eröffnete der »Moslemische Sozialdienst« ein eigenes neues Zentrum mit Gebetsraum in Wien-Favoriten.244 Die Kontinuität zwischen dem MSS und der IGGiÖ zeigt sich auch räumlich: Im ehemaligen (dritten) Zentrum des MSS in der Bernardgasse 5 befindet sich bis heute der Sitz der IGGiÖ.

2.

Phasen der Entwicklung muslimischer Räume und Bauten in Österreich

Die Phasen der Einrichtung muslimischer Gebetsstätten und Zentren durch Arbeitsmigranten verlaufen überall in Westeuropa grundsätzlich nach dem gleichen Muster (s. Shahid/ Koeningsfeld 1995, 23 f): 241 Der gerade Weg NS Nr. 7/8 (1977) 28 (Suchanzeige). 242 Cf. Industrie-Compass Österreich 1931/32, Wien: Compassverlag 1931, 1017. – Der Fabrikant Feilendorf, Sohn des Kaufmanns und Exporteurs Philip Feilendorf und von Helene Feilendorf geb. Bettelheim, starb am 1. Jänner 1936 im Alter von 70 Jahren an einer Lungenentzündung und ist in einer der jüdischen Abteilungen des Wiener Zentralfriedhofs begraben (Wiener Zentralfriedhof, 1. Tor, Gruppe 6, Reihe 19, Grab 47). Seine Frau Sofie geb. Liebermann wurde am 9. November 1879 in Wien geboren. Ihre letzte Adresse ist das Sammellager in Wien-Leopoldstadt, Große Schiffgasse 18. Quelle: Website »A Letter to the Stars« www.lettertothestars.at (Liste der Opfer). Zugriff: 9. 5. 2011. Sie wurde am 20. August 1942 von dort nach Theresienstadt deportiert und starb dort am 17. Februar 1943 (Für telefonische Auskünfte danke ich Herrn Mag. Wolf-Erich Eckstein, Matrikenamt der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, 9. Mai 2011). 243 Interview Dr. Fuat Sanac, 21. April 2011, Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, Wien. 244 Telefonische Auskunft Hr. Irfan Buzar, ehemaliger Präsident der bosniakischen-islamischen Vereine in Österreich, 15. 5. 2013.

Phasen der Entwicklung muslimischer Räume und Bauten in Österreich

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- Mit der Dauer und der Verstetigung des Aufenthalts wird die Infrastruktur verbessert – von der temporären Anmietung von Räumen für die wichtigsten Feiertagsgebete, später die Einrichtung einfacher, gemieteter Räume für das gemeinschaftliche Gebet über verbesserte, größere und permanente Räume durch den Umbau bestehender Gebäude (z. B. ehemalige Fabriksgebäude oder Lagerhallen) bis zum Neubau von Moscheen. - Parallel dazu erweitern sich die Funktionen der muslimischen Zentren: Zur gemeinschaftlichen rituellen Praxis (v. a. Freitagsgebet) tritt der Religionsunterricht der Kinder am Wochenende, aber auch die Beratung, die Durchführung von Bildungsveranstaltungen sowie die Einrichtung von Geschäften. - Mit der Zahl der Muslime an einem Ort vergrößert sich die Diversität der muslimischen Gebetsstätten bzw. Zentren entlang ethnischer Zugehörigkeit, aber auch entlang muslimischer Richtungen bzw. politisch-religiöser Strömungen. Diesem Muster folgt auch der Aufbau muslimischer Gebetsstätten und Zentren durch die türkischen Arbeitsmigranten in Österreich. Es handelt sich um einen langsamen Prozess,245 in dem sich die Veränderung der Migrationsmuster spiegelt.246 Im Folgenden werden die verschiedenen Phasen der Entwicklung islamischer Räume in den letzten 50 Jahren überblicksartig dargestellt, die mit den verschiedenen Phasen des Integrationsprozesses korrespondieren. Ich unterscheide dabei folgende Phasen: (a) Nutzung temporärer Räume für die islamischen Hauptfeste (b) Einrichtung der ersten Gebetsräume in den 1970er Jahren (c) Kauf eigener Gebäude für muslimische Zentren Ende 1980er/ 1990er Jahren (d) Einrichtung großer muslimischer Zentren in umgebauten Gebäuden ab 2000 (e) Neubau islamischer Zentren bzw. Moscheen ab 2008 Für jede Phase werden Beispiele in den verschiedenen Bundesländern angeführt; es kann aber kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden.247 Da245 Die Ansiedlung von Muslimen aus den ehemaligen Kolonien in Westeuropa war von Beginn an permanent und folgte daher anderen Mustern. Hier konzentriere ich mich nur auf den Aufbau der muslimischen Infrastruktur durch Arbeitsmigranten. 246 Baumann (2002) entwickelte ein Phasenmodell der Diaspora, angewendet auf die HinduDiaspora in Europa; es kann aber auch in den Grundzügen auf die muslimische Diaspora in Westeuropa angewendet werden. Im idealtypischen Modell wird die Unterscheidung »Herkunftsland«/ »Gastland« betont, die meines Erachtens den komplexen Interaktionen und der Gleichzeitigkeit gegenläufiger Prozesse in zunehmend transnationalen Räumen nicht mehr gerecht wird. 247 Für Informationen danke ich jenen Vorsitzenden der Islamischen Gemeinden in den ein-

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nach folgen fünf Fallstudien, beginnend mit der Darstellung des Wegs zur ersten repräsentativen Moschee in Österreich, dem Islamischen Zentrums Wien, auf Basis einer Auswertung der Zeitschrift »Der gerade Weg« des Moslemischen Sozialdienstes. Im Unterschied zu den weiteren vorgestellten Moscheen handelt es sich bei der Wiener Moschee nicht um ein Projekt der ehemaligen »Gastarbeiter« von unten, vor Ort, sondern um eine Initiative arabischer Botschaften. Es schließen »Porträts« österreichischer Moscheevereine an, in denen der Entwicklungsprozess von muslimischen Zentren bzw. einzelne Phasen dieses Prozesses am Beispiel einer lokalen muslimischen Gemeinschaft dargestellt werden: Herzogenburg, Hohenems, Ternitz und Felixdorf. Die Auswahl ergab sich auf Grund von Kontakten zu Moscheevereinen, die hergestellt werden konnten.

(a)

Nutzung temporärer Räume für die islamischen Hauptfeste

˘

Was Schiffauer (2000, 17) für die türkischen Arbeiter in Deutschland konstatiert, trifft auch für Österreich zu: Im Vordergrund stand für die jungen Männer das Geldverdienen, die Arbeit, das unabhängige Leben im Ausland – die religiösen Interessen waren nicht ausgeprägt.248 Überdies gab es so gut wie keine Infrastruktur für gemeinsame Gebete. Religiös orientierte Migranten benutzten in den Arbeiterwohnheimen, Werkswohnungen und privaten Quartieren das eigene Zimmer für das islamische Pflichtgebet, teilweise hatte man dort kleine, unbenutzte Räume im Keller oder im Dachboden zu Gebetsräumen umfunktioniert.249 Viele Muslime wollten zumindest die beiden Hauptfeste im islamischen Jahreskreis begehen: - das Fest des Fastenbrechens (arab. ¯ıd al-fitr, türk. ramazan bairam oder ˙ küˇcük bairam) am Ende des Ramada¯n;250 ˙

˘

zelnen Bundesländern, die eine schriftliche Anfrage zu den verschiedenen Phasen beantwortet haben. 248 Interview mit Hr. Yurdakul Uyar, Vizepräsident der Islamischen Föderation Wien, 7. April 2011, »Islamische Föderation«, Rauchfangkehrergasse 36, Wien. – Zum gleichen Befund führen die Interviews mit Angehörigen der ersten Generation der Arbeitsmigranten aus der Türkei in Bad Vöslau. Dieser Befund ist wichtig, weil er ein statisches, essentialisierendes Bild des »an sich (stark) religiösen Muslims« korrigiert. 249 Für den Vergleich mit der parallelen Entwicklung der Gebetsräume türkischer Arbeitsmigranten in Deutschland s. Ceylan 2008. 250 Im Fastenmonat wird die Herabsendung des Koran (inza¯l al-Qur’a¯n) erinnert (Koran 2,185). Er entwickelte sich historisch aus der Übernahme des Fastens am jüdischen Ver¯ shu¯ra¯’), des Bußtags am Ende der zehntägigen söhnungstag (hebr. Yo¯m Kippu¯r, arab. A Bußzeit, an dem die Juden die Übergabe der Gesetzestafel an Mose feiern, durch die Muslime in Medina. Das a¯shu¯ra¯’-Fasten wurde später auf einen Monat ausgedehnt (zur Entstehung des Ramada¯n: Goitein 1966; Wagtendonk 1968, 41ff; Neuwirth 2002, 64 f.). Im ˙ ˘

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˘

- das Opferfest ( ¯ıd al-adha¯ ; kurban bairam) als Abschluss der Riten der hajj, ˙˙ ˙ der Pilgerschaft nach Mekka, das auch als das »große ¯ıd« ( ¯ıd al-kabı¯r) bezeichnet wird, das gleichzeitig von den Muslimen, die nicht auf Pilgerschaft sind, begangen wird.251 ˘

˘

Dafür musste man große Räume organisieren. In Wien mietete die Türkische Botschaft für diese Feiertage die Stadthalle B.252 Es handelt sich um ein großes Handballfeld, auf dem das Gebet stattfand. Yurdakul Uyar, der 1968 als Zwölfjähriger von seinem Vater nach Österreich nachgeholt wurde, wurde von ihm zu den Festen in die Stadthalle mitgenommen. Er erinnert sich: »Jeder ist dort in der Früh angekommen und hat das Gebet gemeinsam verrichtet, dann sind wir dort wieder auseinander. (…) Jeder hat seinen Teppich mitgenommen von zu Hause. (…) Diese Feste sind in der Türkei eine große Tradition, und die Leute haben das in der Familie gefeiert. Und jetzt ist man in der Fremde und abgeschnitten von dem ganzen Fest. Und wenn man trotzdem irgendwie zusammenkommt, ist es ein schönes Gefühl. Da ist jeder gekommen, religiös, nicht religiös. Manche sind sogar betrunken gekommen.«253

Damals seien etwa 2000 Leute – nur Männer – zur Feier am Morgen in die Stadthalle gekommen. Wie Der gerade Weg berichtet, nahmen am Bayram-Gebet am 21. November 1970 rund 3000 Personen teil. Im Artikel wird bitter festgestellt, dass man in Wien für ein islamisches Gebet 7000 Schilling zahlen muss:

Ramada¯n wird der Koran, der in 30 gleich lange Abschnitte (juz’, pl. Ajza¯’) eingeteilt ist, zur Gänze˙ rezitiert. Ebenso werden zusätzliche Gebete in der Nacht (sala¯t al-tara¯wı¯h) ver˙ »der Macht«˙(laylat richtet. Besonders hervorgehoben ist die »Nacht der Bestimmung« oder al-qadr), von der Sure 97 des Koran spricht, als Höhepunkt des Fastenmonats. Sie wird gemeinhin als Nacht des 27. Tages des Ramada¯n betrachtet. In ihr wird die erste Rezitation des Koran an Muhammad bzw. manchmal ˙auch die Herabsendung des gesamten Koran ˙ erinnert (cf. Wagtendonk 2004, 181). 251 Die gesamte Institution der hajj wird auf Abraham zurückgeführt, ihre Rituale werden mit Ereignissen aus dem Leben ˙Abrahams verbunden. Den Höhepunkt der Pilgerriten bildet das Opferfest, bei dem sich die muslimische Tradition darauf bezieht, dass Abraham bereit war, Gott zu gehorchen und seinen Sohn zu opfern, Gott ihm aber anstelle dessen ein Tier zur Verfügung stellte (Koran 37, 83 – 113). Für den männlichen Familienvorstand, der das Tieropfer für seine Familie zu vollziehen hat, besteht die Möglichkeit sich vertreten zu lassen und ein bereits geschlachtetes Tier zu kaufen. Die rituelle Schlachtung von Schafen, Kamelen oder Rindern am Opferfest erfolgt nicht als stellvertretendes Sühneopfer, sondern in Erinnerung an die Stiftung des Tieropfers durch Abraham und als Nachahmung seiner Handlung; das Tieropfer besitzt nach Koran 22,36 f. keine sinnstiftende, magische, sühnende Wirkung (cf. Neuwirth 2007, 64ff). 252 »Muslime warten auf Moschee. Vor gesetzlicher Zulassung der ersten islamischen Gemeinde«: Wiener Zeitung (ohne Datum); abgedruckt in: Der gerade Weg NF, 6 (7. 5. 1972) Nr. 9, 1. 253 Interview Yurdakul Uyar, 7. 4.2011.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

»So viel Geld muß nämlich die in den letzten Jahren stark angewachsene muslimische Arbeiterkolonie auf den Tisch legen, will sie etwa in der Wiener Stadthalle auf dem blanken Boden der Halle B ihr Gebet verrichten.«254

Vorbeter war der türkische Religionsattach¦. Eine Möglichkeit für die Schlachtungen am Opferfest, die im Anschluss an das Gebet vorgesehen sind, existierte damals in Wien nicht. Erst später in den 70er Jahren fand man Schlachthöfe, in denen die rituellen Schächtungen offiziell durchgeführt werden konnten. In Vorarlberg lebten 1971 rund 5.500 Personen mit muslimischem Bekenntnis, 1981 rund 14.400, der überwiegende Teil waren türkische Staatsbürger. Für das Feiertagsgebet verwendete man Räume in alten Fabriksgebäuden. Katholische Pfarren, z. B. in Hörbranz, Altach und Lauterach, stellten ihre Säle für das Feiertagsgebet zur Verfügung. Aus dieser Zeit haben sich bis heute gute Verbindungen zwischen muslimischen Vereinen und einzelnen Pfarren erhalten.255

(b)

Einrichtung der ersten Gebetsräume in den 1970er Jahren

Erst mit dem Nachzug der Familien ab Mitte der 1970er Jahre kommt es zur Entwicklung lokaler Gemeinschaften: »Die Anwesenheit bzw. der Nachzug von Kindern und Frauen, und damit die Frage der religiös-kulturellen Prägung der Kinder in der fremden Umgebung, bildet einen der wichtigsten Faktoren, eigenkulturelle und religiöse Strukturen auszubilden.« (Baumann 2000, 18).256 Erst jetzt wird damit begonnen, eine verbesserte religiöse Infrastruktur zu entwickeln, nicht zuletzt für den Unterricht der Kinder und für die gemeinschaftliche religiöse Praxis. Mit dem Nachzug der Frauen und Kinder, dem Zusammenleben der Familien erhöht sich der Stellenwert des Komplexes Religion, Moral und Tradition. Nun gewinnt es eine erhöhte Bedeutung, die eigene ethnische, nationale und religiöse Identität beizubehalten, sich auf die eigene religiöse Tradition zu beziehen und die von ihr vorgesehenen Rituale zu praktizieren (Levitt 2003; Hirschman 2004; Allen 2010). Es entstehen erste improvisierte, bescheidene, meistens gemietete Gebetsräume. Ab 1975 differenzieren sich die muslimischen Zentren und Vereine in Wien 254 »7000 Schilling kostet ein islamisches Gebet in Wien«: Der gerade Weg 6 (NF 8) 27. 1. 1972. 255 Interview mit Hr. Mustafa Pacali, ehemaliger ATIB-Koordinator für Vorarlberg, 25. 3. 2011, ATIB-Moschee Bregenz. Herr Pacali ist seit der Wahl im März 2010 Gemeinderat (Stadtvertreter) in Bregenz (ÖVP) und stellvertretender Vorsitzender des Integrationsausschusses. 256 Für die Hindu-Diaspora in Europa stellt Baumann die gleiche Bedeutung des Nachzugs der Frauen und Kinder für die Gemeinschaftsentwicklung und die Schritte in Richtung einer Institutionalisierung der Religion heraus (Baumann 2002, 102).

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entlang ethnischer Linien aus. Praktizierende Muslime aus der Türkei, die vorher teilweise die Moschee des MSS besucht haben, richten nun ihre eigenen Räume ein. Mit dem Nachzug der Ehefrau bzw. der Familie ziehen die Männer aus den Arbeiterwohnheimen in Kleinwohnungen um, meistens ein Zimmer und Küche. Man beginnt Vereine zu gründen und für die Vereins- bzw. Gebetsräume günstige Kellerlokale zu mieten, die oft feucht, muffig und fast nicht beheizbar sind. Dem Provisorischen der Wohnungen und Vereinsräume entspricht das Provisorische des Lebens im Ausland: Anfangs investiert man wenig in die Vereinsräume wie auch in die Privatwohnungen, weil man von der Vorstellung ausgeht, dass man nur kurze Zeit in Europa bleiben und bald in die Türkei zurückgehen würde.257 Beispiele für erste türkische Zentren mit Gebetsräumen in Wien, für die man Kellerräume adaptiert, sind die ehemalige »Fatih-Moschee« in der Schottenfeldgasse 71 im siebten Bezirk und die »Süleymaniye-Moschee« in der Quellenstraße 61 im zehnten Bezirk, die zur »Union Islamischer Kulturzentren« (UIKZ) gehören (cf. Arat 1987, 113). Aus den Provisorien werden dauerhafte Einrichtungen, die man nach und nach verbessert und ausbaut; die Moschee der UIKZ in der Quellenstraße existiert bis heute. Das erste große türkisch-muslimische Zentrum in Wien, das sich nicht im Keller befindet, ist die Ayasofya Camii (ca. ab 1984/85) in der Neubaugasse 8 im siebten Bezirk, getragen vom »Verein moslemischer Arbeiter« (cf. Arat 1987, 112). Das Zentrum bildet den Ursprung des Verbands »Islamische Föderation«, der 1987 gegründet wird.258 Auch wenn die Moschee sich nicht mehr in Kellerräumen befand, so war sie von außen nicht sichtbar. Der Gebetsraum befand sich auf der zweiten Stiege im 1. Stock; im Erdgeschoss befand sich eine Kantine des Vereins. Der Gebetsraum war ca. 150 m2 groß und bot Platz für etwa 150 Personen – zu dieser Zeit eine relativ große Moschee. Für die Adaptation als Moschee investierte man in die gemieteten Räume. Der Preis der Immobilie stieg später sehr hoch. Im Verein bestand der Plan das Gebäude zu kaufen; man konnte sich aber innerhalb des Vereins nicht einigen, und jemand anderer kaufte das Objekt. Der neue Besitzer wollte das Gebäude möglichst gut wirtschaftlich verwerten und für diesen Zweck den muslimischen Verein aus dem Haus haben. Man kündigte den Vertrag unter dem Vorwand, dass Änderungen an der WC-

257 Interview Yurdakul Uyar, 7. 4. 2011. 258 Interview Dr. Fuat Sanac, 21. 4. 2011, Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, Bernhardgasse, Wien. – Dr. Sanac war zum Zeitpunkt des Interviews Fachinspektor für den islamischen Religionsunterricht und Mitglied des Obersten Rats der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Er ist seit November 2011 Präsident der IGGiÖ.

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Anlage ohne Genehmigung vorgenommen worden seien. Der Verein prozessierte mehrere Jahre gegen die Kündigung und wurde dann delogiert.259 In den »Kellermoscheen« sind die Mitglieder der muslimischen Vereine mehr oder weniger unsichtbar, unauffällig und auch so gut wie unhörbar. Mit dem Schritt aus den Kellerlokalen beginnen erste Konflikte mit den Anrainern, Beschwerden von Nachbarn wegen Lärm usw. Die muslimischen Vereine reagieren, indem man die Nachbarn über die religiösen Zusammenkünfte informiert, vor allem im Fastenmonat Ramada¯n, in dem täglich abends gemeinsame Gebete ˙ stattfinden. Arat zählte 1987 insgesamt 52 Moscheen türkischer Vereine in Österreich, im Sinn von Gebetsräumen mit angeschlossenem Vereinslokal, davon 14 in Wien (cf. Arat 1987, 111ff). Der Großteil der Moscheen in Wien gehörte den drei großen türkischen Verbänden an: fünf der Milli Görü¸s-Bewegung, drei der »Union Islamischer Kulturzentren« und zwei dem Präsidium für religiöse Angelegenheiten des türkischen Staates (Diyanet), das mit seinen Aktivitäten in Westeuropa erst später begonnen hatte. Daneben existierte ein kleiner Raum in der Lindengasse 1 im siebten Bezirk in Wien, der von Vereinen arabischer Studenten eingerichtet worden war, nämlich von der »Muslim Studenten Union in Wien« und der »Islamischen Union«. Daraus entstand später die »Liga Kultur«. In Oberösterreich wurde im September 1974 der »Kulturverein für gegenseitige Hilfeleistung der Türkischen Arbeiter in Oberösterreich« gegründet und im Mai 1975 der erste Gebetsraum in Oberösterreich in der Badgasse 7 in der Altstadt von Linz eingerichtet; seit 1992 ist dieser Verein Mitglied des Dachverbands ATI˙B. Ein weiterer früher Gebetsraum wurde in den 1980er Jahre in der Glimpfingerstraße 1 in Linz eingerichtet, interessanterweise in der ehemaligen Neuapostolischen Kirche, die mit städtischer Unterstützung saniert wurde (cf. Reiter 2007, 60). Ab 1988 bis 2011 befand sich dort der Sitz der in diesem Jahr gegründeten Islamischen Religionsgemeinde für die Bundesländer Oberösterreich und Salzburg.260 Die Verwaltung der Moschee wurde vom Verein der Bosniaken NUR übernommen, die dort einen Neubau (zu einem geringen Teil unter Einschluss der alten Bausubstanz) der Moschee vorgenommen haben, der im Frühjahr 2014 fertiggestellt wird – die erste neugebaute repräsentative Moschee (mit Kuppel, ohne Minarett) in Oberösterreich.261 259 Ibid. 260. Das Zentrum in der Badgasse befand sich im Erdgeschoss und bestand aus drei Räumen: Gebetsraum (ca. 20 – 25 m2), einem Aufenthaltsraum (ca. 20 m2) und einem Büro (ca. 15 m2). Information: Hr. Murat Baser, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde Oberösterreich, Telefonisches Interview 8. 10. 2012. 260 E-Mail-Kommunikation Hr. M. Baser, 13. 9. 2012. 261 E-Mail-Kommunikation Hr. Mutapcija Elvis, Obmann des Vereins der Bosniaken NUR in Linz, 2. 9. 2012; s. S. 162 ff.

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Die erste Organisation der türkischen Muslime in Vorarlberg bildete der »Türkisch-Islamische Bund«, der sich 1994, als der Dachverband ATI˙B gegründete wurde, diesem anschloss.262 Der Verein richtete das erste Zentrum samt Gebetsraum in Vorarlberg in Hörbranz im Jahr 1981 ein, mit einer Fläche von ca. 80 bis 90 m2. Man wollte für die religiös Orientierten eine Alternative zu den türkischen Lokalen schaffen, und man wollte nicht mehr länger um Räume für die Feiertagsgebete betteln müssen. Der gemietete Raum befand sich im Keller unterhalb des »Spar«-Geschäfts in Hörbranz. Man informierte Kollegen in anderen Orten in Vorarlberg, wie eine Vereinsgründung praktisch durchzuführen ist. So entstanden weitere lokale Vereine des »Türkisch-Islamischen Bundes«, die kleine Zentren mit Gebetsräumen einrichteten – nach Hörbranz ca. ein halbes Jahr später in Hohenems, dann in Dornbirn, in Bludenz, in Lustenau und weiteren Orten Vorarlbergs, in denen türkische Arbeiter lebten. In Kärnten entstand die erste Moschee im Vergleich mit den anderen Bundesländern erst spät, 1992, in Villach in einem kleinen, gemieteten Einfamilienhaus in der Trattengasse, in der Nähe der Bundespolizeidirektion. Dieses Zentrum gehörte zur »Union islamischer Kulturzentren« (UIKZ).263 Neben türkischen Muslimen wurde das Zentrum (»Tuna-Moschee«) auch von bosnischen und albanischen Muslimen besucht. Ab 1994 wechselten sich Esad Memic als bosnischer Imam und ein türkischer Imam beim Freitagsgebet wöchentlich ab. Aus der Moschee gingen die drei heutigen, großen Moscheen in Villach hervor, die jeweils rund 1000 Personen Platz bieten: die ATI˙B-Moschee, die bosnische Moschee und die Moschee der UIKZ. Daneben benützen marokkanische Muslime einen kleineren, gemieteten Raum. Der erste bosnische Gebetsraum in den Bundesländern entstand 1991 in Gmunden (Oberösterreich), auf etwa 50 m2, danach 1993 in Klagenfurt (Kärnten).

(c)

Kauf eigener Gebäude für muslimische Zentren Ende 1980er/ 1990er Jahren

In der ersten Phase (1970er Jahre/ Anfang 80er Jahre) bestand das Problem für die muslimischen Vereine, dass sie schlechte billige Räume – oft in Kellern – mieteten und diese renovierten. Wenn die Räume renoviert waren, kam es häufig vor, dass die Vermieter dann kündigten und die gesamten Investitionen verloren 262 Zum Folgenden: Interview Pacali, 25. 3. 2011. 263 Für die telefonische Auskunft (26. 8. 2012) danke ich Herrn Fachinspektor Esad Memic, seit Frühjahr 2012 Präsident des Verbands der bosniakischen-islamischen Vereine in Österreich sowie Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde Klagenfurt für das Bundesland Kärnten.

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waren.264 Die Vereine gingen in den 1990er Jahren dazu über, Räume und Gebäude zu kaufen. Parallel dazu fingen die türkischen Einwanderer an, privat Eigentumswohnungen und Häuser in Österreich zu kaufen – ein klarer Trend in diese Richtung setzte etwa 2000 ein. Darin drückte sich die Entscheidung aus, hier zu bleiben. Dr. Fuat Sanac, gegenwärtig Präsident der »Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich«, erläutert: »Dann haben sie entschieden hier zu bleiben, und dann haben sie gesagt: Ja, warum investieren wir in diese Wohnungen – und dann später müssen wir sie immer verlassen, oder der Besitzer kommt: Warum haben sie das gemacht und jenes gemacht, und ich erhöhe die Miete, dann muss man zum Gericht gehen – sie haben immer Schwierigkeiten gehabt. Und dann haben sie gesagt: Also kaufen wir…«265

Unter den bosnischen Vereinen war der »Dachverband der bosnisch-islamischen Vereine in Österreich« der erste, der 1994 ein Haus in der Buchengasse 44 im zehnten Wiener Gemeindebezirk kaufte und zu seinem Zentrum umbaute, das bis zu 1000 Personen fassen kann.266 1999 kauften die bosnischen Muslime, die 1996 einen eigenen Verein gegründet hatten, ein etwa 800 m2 großes Gebäude in Villach, das neben dem Gebetsraum einen Frauen- und Jugendraum, Seminarräume und Büros umfasst.267 Die ersten Gebäude, die die Vereine, die zur »Islamischen Föderation« (IF) gehören, kauften, befanden sich außerhalb von Wien: Als erster Moscheeverein der IF kaufte der Verein in Herzogenburg (Niederösterreich) sehr früh – nämlich 1981/82 – ein Gebäude, später auch die Vereine, die zur IF gehören, in Krems, Traiskirchen, Sollenau und Bad Vöslau. In Oberösterreich wurde die heutige Zentralmoschee des Vereins ATI˙B Linz in der Humboldstraße 46 in Linz im Februar 1987 vom »Kulturverein für gegenseitige Hilfeleistung der türkischen Arbeiter in Oberösterreich« gekauft und am 10. Mai 1987 durch den damaligen stellvertretenden Präsidenten des Diyanet Dr. Fahri Demir eröffnet. In Salzburg kaufte der IF-Verein 1992 ein Firmengebäude mit Lagerhalle, um dort ein islamisches Zentrum einzurichten, das bis heute besteht. In Vorarlberg war das erste Gebäude, das von einem muslimischen Verein gekauft worden war, die heutige ATI˙B-Moschee in der Vorklostergasse 58 in Bregenz. Der Kauf erfolgte Ende 1999, zu einem Preis von 7,5 Millionen Schilling. Das Grundstück umfasst eine Fläche von 715 m2, die Nutzfläche beträgt 450 m2. Das Gebäude, vorher ein China-Restaurant, wurde um 3,5 Millionen 264 265 266 267

Interview Buzar, 1. 3. 2010. Interview Dr. Sanac, 21. 4. 2011. Ibid. Telefonisches Interview FI Esad Memic, 26. 8. 2012.

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Schilling als Zentrum des Vereins adaptiert.268 An den Hauptfeiertagen ist das Haus jedoch zu klein, und der Verein mietet die Stadthalle in Bregenz.

(d)

Einrichtung großer islamischer Zentren in umgebauten Gebäuden ab 2000

Ab etwa 2000 kommt es zu einer starken Dynamik, was die Einrichtung von großen multifunktionalen islamischen Zentren in Österreich betrifft, die häufig Platz für rund 1000 Personen bieten. Diese Zentren sind in umgebauten Gebäuden eingerichtet, werden als »Moschee« bezeichnet und haben keine äußerlich sichtbaren, traditionellen architektonischen Merkmale einer Moschee wie Kuppel und Minarett. Solche großen Zentren entstehen nicht nur in Wien, sondern auch an verschiedenen Orten in den Bundesländern. Faktoren, die diese Dynamik ausmachen, sind einerseits das Wachsen der Bevölkerung mit muslimischer Religionszugehörigkeit, vor allem aber die bessere wirtschaftliche Situation der Mitglieder der Moscheevereine, nachdem die Kinder nun erwachsen und Wohnungen bereits abbezahlt sind. Die zweite und dritte Generation verfügt bereits teilweise über bessere berufliche Positionen und höhere Einkommen. Im Fall der bosnischen Flüchtlinge kamen während des Jugoslawienkrieges viele Personen mit guter Ausbildung nach Österreich.269 Als weiteren Faktor kann man auch von höheren Ansprüchen an die muslimische Infrastruktur ausgehen, nachdem die Rückkehroption endgültig aufgegeben wurde. Hier können nur einige Beispiele angeführt werden: In Wien schlossen sich mehrere kleinere Vereine der IF zusammen, um 2004/05 in der Dresdnerstraße 51 im 20. Bezirk ein großes Moscheeprojekt, die Ridvan camii, zu realisieren. Im vorderen Gebäude befinden sich zwei Kindergärten, ein Supermarkt und andere Räume.270 Es wurde ein Gebetsraum mit einer Fläche von ca. 300 m2 eingerichtet, in dem 300 bis 400 Leute Platz haben. Dahinter stand der Wunsch, aus den Kellern herauszukommen, nach einem würdigen Sakralraum: »Früher hatten sie nur die Räumlichkeiten, aber jetzt wollten sie, dass diese Räumlichkeiten wie eine Moschee aussehen … im Inneren.«271

Im 10. Bezirk kaufte 2006 der Verein »Anatolische Hilfsorganisation«, der zum Dachverband IF gehört, ein über 3000 m2 großes, dreistöckiges, ehemaliges 268 269 270 271

Zum Folgenden: Interview Pacali, 25. 3. 2011. Ibid. Interview Yurdakul Uyar, 7. 4. 2011. Interview Dr. Sanac, 21. 4. 2011.

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Fitnesscenter in der Gudrunstraße 115 und adaptierte es als Zentrum. Der Gebetsraum umfasst ca. 300 m2. Der in Österreich größte muslimische Dachverband ATI˙B kaufte Mitte 2005 ein großes fünfstöckiges Bürogebäude in der Gudrunstraße 189 im 10. Wiener Gemeindebezirk und baute es bis Ende 2006 als Zentrale des Verbands um. Der Umbau wurde vom Wiener Architekten Dipl.-Ing. Melih Yerlikaya (Architekturbüro BG4) geplant und ausgeführt.272 Das Gebäude umfasst eine große Gebetshalle für Männer, eine kleinere für Frauen, Veranstaltungs- und Verwaltungsräume, Klassenräume sowie ein Studentenheim im 5. Stock. Im Erdgeschoss befinden sich Geschäfte für Brot und Fleisch, eine Bank, ein Friseur und ein Restaurant. Ein Verein bosnischer Muslime erwarb 2011 ein rund 1000 m2 großes Gebäude in Klagenfurt – ein ehemaliges Firmengebäude mit einer Halle und einem 272 Allgemein wird das Gebäude von den Besuchern Cami (türk., »Moschee«) genannt. Das Gebäude blickt in der südlichen Richtung direkt auf den evangelischen Friedhof Matzleinsdorferplatz mit der »Christuskirche« (1858 – 60), bei der Architekt Theophil Hansen islamisch-orientalisierende Elemente einsetzte (Al-Madhi 1973, 101 f). Um die religiöse Verwendung des Gebäudes architektonisch zum Ausdruck zu bringen, plante der Architekt einen hohen Eingangsbogen an der Südseite, zu dem ein monumentaler Treppenaufgang führen sollte. Ebenso plante der Architekt eine Kuppel über der Gebetshalle im ersten Stock, im Inneren des Gebäudes, um den Moscheeraum dadurch nach oben zu öffnen und ihm einen großzügigen Charakter zu verleihen. Für den Aufgang bestand aber zu wenig Platz an der Seite des Gebäudes, und durch die Kuppel hätte man viel Platz im zweiten Stock des Gebäudes verloren, den man für die Verwaltung und Veranstaltungen brauchte. Diese architektonischen Ideen, die den sakralen Charakter betonen sollten, wurden deshalb nicht realisiert. Das nüchterne Äußere des früheren Bürogebäudes wurde erhalten, nur innen wurde das Gebäude völlig ausgehöhlt und um rund 4 Millionen Euro umgebaut. Die beiden nach Geschlecht getrennten Gebetsräume befinden sich im ersten Stock. Die große Gebetshalle für Männer bietet Platz für 340 Personen, der kleinere Gebetsraum fasst 70 Frauen. Bei den großen Festen wird auch der Veranstaltungsraum im zweiten Stock für das Gebet genutzt, in dem noch einmal 480 Personen Platz finden. Die große Gebetshalle hat eine Ellipsenform – die geplante Kuppel wurde gewissermaßen in den Grundriss gekippt. Die gesamte Westseite besteht aus einer weißen Glaswand, in die dreimal 33 rote Glassteine eingesetzt sind. Sie stehen für die 99 Schönsten Namen Gottes (asma¯$’ al-husna¯, Sure 7,180), ˙ der Glaswand denen die 99 Perlen der Gebetskette (tasbı¯h) entsprechen. In der Mitte ˙ formen die roten Glasteile das Wort Allah in arabischer Schrift. Ursprünglich hatte der Architekt eine schlichte, zeitgenössische Ästhetik für die Gebetshalle vorgesehen, die den Raum im Hier und Jetzt verorten sollte: eine Verkleidung der Seitenwände aus Nussholz, einen einfärbigen roten Teppich, ein Lichtband oben an der Wand, um die Rundung des Raumes zu betonen, und einen minbar (Predigtstuhl für die Freitagspredigt) aus Sichtbeton, um die Einfachheit des Menschen vor Gott auszudrücken. Der damalige Präsident der ATIB Union Harun Özdemirci setzte aber eine »türkische Moschee« durch, d. h. eine traditionelle osmanische Ausgestaltung des Moscheeraumes mit ornamentalen Keramikfliesen an der Wand, ornamentalen Teppichen und einem mit Fliesen verzierten minbar – die türkischstämmigen Besucher sollten sich »heimisch« fühlen können. (Für die Informationen und das Interview danke ich Herrn Architekt DI Melih Yerlikaya – Besichtigung des Gebäudes am 19. Mai 2011).

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neuen Gebäude im Rohbau, in dem Büros eingerichtet wurden und das als Sitz der Islamischen Religionsgemeinde Klagenfurt für das Bundesland Kärnten vorgesehen ist. Auch die drei großen Moscheen in Villach (ATI˙B, UIKZ, bosnische Muslime) bieten Platz für rund 1000 Personen.273 In Frastanz (Vorarlberg) wurde im Mai 2012 das neue Zentrum des »Türkisch-islamischen Vereins für kulturelle und soziale Zusammenarbeit« in der Feldkircher Straße 4 eröffnet. Der Verein besteht seit 1976 und ist Mitglied des Dachverbands ATI˙B. Er benützte von 1976 bis 2011 ein Gebäude der Firma Rondo Ganahl AG, die Wellpappe-Rohpapiere erzeugt, die es dem muslimischen Verein ohne Miete zur Verfügung stellte und in dem ein Gebetsraum für Frauen und einer für Männer (insgesamt für maximal 150 Personen) sowie eine kleine Teeküche zur Verfügung standen. Mitte 2009 kaufte der Verein das Gebäude und Grundstück (ca. 3500 m2) der ehemaligen Bertsch Strumpffabrik KG, die Ende 2008 schließen musste. Es liegt im Siedlungsgebiet in zentraler Lage. Das Gebäude wurde nach erfolgter Genehmigung durch die Baubehörde ab September 2010 umfassend umgebaut und renoviert.

Abbildung 8: Moschee »Yeni Camii«, ATI˙B Frastanz (Vorarlberg), Gebetshalle (Mai 2012)

Es hat eine Nutzfläche von insgesamt 1050 m2 auf vier Etagen. Im Erdgeschoss stehen ein großer Gebetsraum (320 m2) für 270 Männer und 110 Frauen, Klassen und eine Bibliothek zur Verfügung, im Untergeschoss zwei kleine Gebetsräume jeweils für 273 Telefonisches Interview Hr. FI Esad Memic, 26. 8. 2012.

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Frauen und Männer (insgesamt 90 Personen), eine Küche, die Kantine und ein großes Besprechungszimmer. Im ersten und im zweiten Stock befinden sich Wohnungen, u. a. für den Imam und seine Familie.

Abbildung 9: Moschee »Yeni Camii«, ATI˙B Frastanz (Juni 2012)

Das Gebäude mit der Bezeichnung Yeni Camii hat außen eine neutrale Gestalt und trägt keine baulichen Kennzeichen einer Moschee.274 Obmann Ahmet Yilmaz schreibt dazu: »Da dieses Gebäude nicht nur als Moschee dient, sondern auch als ein Kulturzentrum, haben wir von Anfang an keine Kuppel und kein Minarett geplant. Deshalb haben wir einen solchen Antrag der Gemeinde nie gestellt.«275 Es gab keine öffentlichen Proteste gegen das Bauprojekt: »Durch politische Parteien hatten wir weder Probleme noch Schwierigkeiten. Ein paar Unstimmigkeiten hatten wir in der Nachbarschaft. Wir sind auf deren Wünsche eingegangen und konnten so das Problem schnell lösen.«276 Vor dem Umbau hatte der Verein die Anrainer zu einem Abendessen eingeladen und sie über das Vorhaben informiert. Die Eröffnung des neuen Gebäudes habe in einer guten Stimmung stattgefunden; Ehrengäste waren u. a. Landesrat Ing. Erich Schwärzler, der Vertreter des Diyanet Direktor Dr. Yasar Yigit, der Präsident der ATI˙B Union Seyfi

274 Fotos des neu renovierten Gebäudes und von der Eröffnung sind auf der Homepage vorhanden: http://www.atib-frastanz.at (Zugriff 13. 10. 2012). 275 Hr. Ahmet Yilmaz, Obmann ATIB Frastanz, E-Mail-Kommunikation, 21. 10. 2012. Ich danke Hr. Erol Yasar (ATIB Union, Wien) für die Vermittlung. 276 Ibid.

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Bozkus, Bürgermeister Mag. Eugen Gabriel sowie der türkische Generalkonsul Ayhan Enginar.277

(e)

Neubau islamischer Zentren bzw. Moscheen ab 2008

In mehreren österreichischen Orten erfolgt – beginnend mit dem Bau der Moschee in Bad Vöslau ab März 2008 – der Neubau von islamischen Zentren bzw. Moscheen durch ehemalige Migranten muslimischer Zugehörigkeit. Die Bauwerke dieser neuen Phase könnten u. a. nach folgenden Gesichtspunkten unterschieden werden: - Art und Weise der Kommunikation des Bauprojekts in der Öffentlichkeit und der Kooperation mit der lokalen Kommune; - Errichtung von Zweckbauten ohne Architekten oder von architektonisch anspruchsvollen Bauten; - Umgang mit traditionellen architektonischen Elementen der Moschee wie Kuppel und Minarett durch die Bauherren, Architekten und Baubehörden, z. B. Verzicht auf traditionelle Elemente und Errichtung eines außen neutralen Gebäudes, Aufnahme einzelner Elemente in einer konventionellen oder in einer neuen, unkonventionellen architektonischen Form; - Grad der Sichtbarkeit der Nutzung als Moschee von außen. Der Grad der Sichtbarkeit als islamischer Sakralbau von außen ist bei den einzelnen Projekten unterschiedlich: Bei der neuen bosnischen Moschee in Linz z. B. wurde eine Kuppel aus Glas eingebaut, ebenso im Fall der neuen ATI˙B-Moschee in Ternitz (Niederösterreich). Der Verzicht auf traditionelle äußere Zeichen einer Moschee kann ganz unterschiedliche Gründe haben: Er kann Teil der Moscheebaupolitik des jeweiligen Dachverbandes sein wie im Fall der UIKZ, er kann die Folge von (informellen) restriktiven Auflagen seitens der Baubehörden bzw. Politik sein, vor allem was Minarettbauten betrifft,278 er kann aufgrund einer zeitgenössischen architektonischen Orientierung der Erbauer erfolgen oder um von Vornherein Schwierigkeiten und Proteste gegen das Bauprojekt oder Verzögerungen des Baus (wie im Fall der bosnischen Moscheen in Rankweil und Linz) möglichst zu vermeiden. Zurzeit sind es häufig finanzielle Gründe, die die muslimischen Organisationen daran hindern, große, repräsentative, als Moschee erkennbare Bauten – ob in einer traditionellen oder zeitgenössischen Architektursprache – zu realisieren. Je mehr eine Moschee als repräsentativer, sichtbarer Sakralbau und nicht als 277 Ibid. 278 Diese Auflagen stützen sich in der Regel auf die Autorität und Macht der kommunalen Baubehörde erster Instanz (die Bürgermeister), nicht auf die gesetzlichen Grundlagen.

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neutrales Gebäude gestaltet ist, desto höher ist der finanzielle Aufwand. Ein weiterer Grund besteht aber auch in der Schwierigkeit, die lokalen muslimischen Vereine über die ethnischen Zugehörigkeiten und Abgrenzungen hinweg für die Idee einer gemeinsamen repräsentativen inter-ethnischen Zentralmoschee zu gewinnen – wie im Fall des Projekts eines großen islamischen Zentrums in Linz, das vom Verein Al Andalus betrieben wurde und das sowohl an der Finanzierung wie an dieser Frage scheiterte.279 Einige Beispiele für Neubauprojekte in Österreich (Stand Juni 2013), die die Vielfalt der Ansätze und die gegenwärtige starke Dynamik im Bereich des Moscheebaus in Österreich verdeutlichen: Gänserndorf, Niederösterreich (Türkische Föderation) Der »ATF Türkischer Frauenkulturverein« in Gänserndorf gehört zum Dachverband der »Türkischen Föderation« (Avusturya Türk Federasyon, ATF), dem österreichischen Zweig der »Föderation der Türkisch-Demokratischen ÜlkücüVereine in Europa« (Avrupa Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu, ADÜTDF). Der Verein kaufte 2000 ein Grundstück am Hafergrubenweg 36 in Gänserndorf und errichtete bis 2002 ein dreistöckiges islamisches Zentrum, das 2010 mit einem vierten Stock ausgebaut wurde. Das Gebäude umfasst einen Gebetsraum (ca. 120 m2), ein Lokal, Büros, Seminarräume und drei große Zimmer für je 30 Jugendliche. Das Gebäude hat ein neutrales Aussehen und keine traditionellen baulichen Attribute einer Moschee.280 Graz, Steiermark (UIKZ) In der Lazarettgasse 26 in Graz ist ein vierstöckiges Gebäude geplant, das von außen wie ein Wohnhaus aussieht; es vereint ein Internat mit Gebetsräumen. Die Einreichung bei der Baubehörde ist für 2014 geplant.281 Enns, Oberösterreich (bosniakisch-muslimischer Verein) Bosnisch-österreichisches Kulturzentrum »Der gerade Weg«, errichtet zwischen August 2011 und August 2012, am Rand von Enns in der Industriestraße gelegen. Das Gebäude hat eine Grundfläche von ca. 440 m2. Es umfasst einen Gebetsraum (Fläche ca. 140 m2 für etwa 200 Personen; Balkon für die Frauen mit ca. 50 m2), einen Sozialraum, ein Kaffeelokal, eine Bibliothek, Büros etc. Das Gebäude be279 Telefonische Auskunft Hr. Murat Baser, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde Oberösterreich sowie Mitglied des Verein Al Andalus, 5. 10. 2012. 280 Telefonisches Interview mit dem Vorsitzenden der ATF, Hr. Ali Can, 15. 10. 2012. 281 Quelle: Helmut Bast, »Moscheebau in Graz gestartet«: Kleine Zeitung 16. 3. 2013. Internetquelle: http://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/graz/3268375/moscheebau-gestartet. story (Zugriff 30. 5. 2013).

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Abbildung 10: Entwurf, islamisches Zentrum, UIKZ Graz, Präsentation Mai 2010

steht aus einem Teil mit Dachziegeln, unter dem sich der Gebetsraum befindet, und einem Teil mit einem Flachdach. Der Verein wünschte sich ein modern aussehendes Gebäude; ein Minarett oder eine Kuppel waren für die Einreichung des Neubaus nicht vorgesehen. »Ein Minarett ist momentan nicht vorgesehen.« Der gestalterische Entwurf stammt von Nerkez Kulauzovic´, einem in Österreich lebenden Baumeister aus Bosnien. Die Mitglieder bezeichnen den Neubau entweder als Moschee oder als Kulturzentrum.282 Rankweil, Vorarlberg (bosniakisch-muslimischer Verein) Die »Bosniakisch-Muslimische Gemeinschaft Vorarlberg« (gegründet 1990) in Feldkirch errichtete 2012/13 ein neues Zentrum in der Churergasse am Ortsrand von Rankweil – der erste Neubau einer Moschee in Vorarlberg. Der Baubeginn erfolgte im September 2012, die offizielle Firstfeier am 14./15. Juni 2013.283 Dem Bauprojekt ging eine zweijährige Vorbereitungsphase voraus, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Neubau der Moschee ohne Konflikte durchgeführt werden konnte und eine Politisierung des Projekts auf Ebene der 282 Telefonisches Interview mit Hr. Gemeinderat Mustafa Selimspahic, Enns, 26. 8. 2012. 283 Für schriftliche Informationen zum Bauprojekt danke ich Herrn Josef Gojo, Stelle für Gemeinwesenarbeit »Mitanand« in Rankweil, und Frau GR Dr. Daniela Ebner, e-mailKommunikation 26. 9. 2012.

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Abbildung 11: Bosnisch-österreichisches Kulturzentrum »Der gerade Weg« Enns (September 2012)

Abbildung 12: Moschee der Bosniakisch-Muslimischen Gemeinschaft Vorarlberg in Rankweil Ó entner architektur

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Landespolitik – wie im Fall des geplanten Moscheeneubaus in Bludenz – trotz der historischen Bedeutung dieses Bauwerks für Vorarlberg nicht stattfand.284 Das Bauprojekt wurde von Beginn an von Dr. Eva Grabherr (Geschäftsführerin der Projektstelle für Zuwanderung und Integration »okay. zusammen leben«), von Gemeinderätin Dr. Daniela Ebner (Vorsitzende des Integrationsausschusses Rankweil, ÖVP) und von der Stelle für Gemeinwesenarbeit »Mitanand« in Rankweil begleitet. Die Strategie bestand in einer möglichst offenen, transparenten Informationspolitik zum Bauvorhaben auf lokaler Ebene, bei dem in konzentrischen Kreisen vorgegangen wurde: Zuerst wurde der innere Kreis der unmittelbaren Anrainer aus erster Hand informiert, dann die weitere Nachbarschaft in einer großen Wohnhausanlage in der Nähe des Neubaus. Auf die Ängste und Befürchtungen betreffend Lärm und Störung der Nachtruhe wurde mit konkreten planerischen und baulichen Maßnahmen reagiert. Ende September 2011 fand eine Präsentation des Projekts für die Anrainer statt, im Februar 2012 eine weitere, öffentliche Präsentation. Im Gemeindeblatt wurde das Bauprojekt, der Bauherr und der architektonische Entwurf ausführlich vorgestellt. Wesentlich war, dass diese Informationsveranstaltungen in den Räumen der Marktgemeinde durchgeführt wurden, wodurch die offizielle Rückendeckung für das Projekt durch die Gemeinde zum Ausdruck gebracht wurde. Architektonisch wurde ein zweistöckiger Flachbau auf einem rechteckigen Grundriss realisiert. Der bosnische Verein entschied sich für einen Bau in einer zeitgemäßen Architektursprache und für die Vorarlberger Architektin DI Sonja Entner, von der der Entwurf für das Gebäude stammt. Das Zentrum des Gebäudes bildet der Gebetsraum, der als eigener Baukörper im Gebäude frei im über zwei Geschosshöhen reichenden Foyer steht und das restliche Gebäude um ein halbes Stockwerk überragt. Seitlich davon angeordnet liegen Büro- und Seminarräume, Bibliothek, Teeküche, Sanitärräume und eine Wohnung für den Imam. Aus Sicht der Architektin habe der muslimische Verein vorauseilend auf ein konventionelles Minarett verzichtet, um die Genehmigung für den Bau ohne Probleme bekommen zu können, rasch bauen und an den neuen Standort umsiedeln zu können. Grundsätzlich sei ein Minarett aber ein Wunsch des Vereins gewesen; aus architektonischer Sicht sei das Minarett als Erkennungszeichen, in dem die Nutzung des Bauwerks zum Ausdruck kommt, ein wesentlicher Bestandteil einer Moschee.285 Das Minarett wird nun auf unkonventionelle 284 Zum Folgenden: telefonisches Interview mit Fr. Architektin DI Sonja Entner (Göfis, Vorarlberg), 24. 5. 2013; DI Entner, e-mail-Kommunikation, 19. 6. 2013. 285 Telefonisches Interview DI Entner, 24. 5. 2013.; DI Entner, e-mail-Kommunikation, 19. 6. 2013.

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Weise im Bau repräsentiert, indem ein zylindrischer Hohlraum mit einer kreisrunden Deckenöffnung – die Umkehrform des Minaretts – durch eine Lichtquelle am Boden ausgeleuchtet wird.286

Abbildung 13: Moschee des Vereins der Bosniaken NUR, Linz-Kleinmünchen (Juni 2013)

Linz, Oberösterreich (bosnische Moschee): Das Gebäude in der Glimpfingerstraße 1 (ehemalige Neuapostolische Kirche) in Linz-Kleinmünchen, das seit 1988 als Moschee und als Sitz der Islamischen Religionsgemeinde Oberösterreich genutzt wurde, wurde völlig umgestaltet. Der »Verein der Bosniaken NUR Linz« (gegründet 1994) errichtete ein zweigeschossiges Gebäude auf einer Nutzfläche von 450 m2. In einem geringen Maß wurde die alte Bausubstanz verwendet, der Großteil wurde abgebrochen. Es handelt sich um die erste von außen erkennbare, repräsentative Moschee, um den ersten von Vornherein als Moschee geplanten und gewidmeten Bau in Oberösterreich. 286 DI Entner, e-mail-Kommunikation, 19. 6. 2013. – Bei dieser Umsetzungsidee wird auf den arabischen Begriff mana¯r(a) – »Ort des Feuers (arab. nu¯r), von dem »Minarett« abgeleitet ist – zurückgegriffen. Laut Hillenbrand bezeichnete der Begriff mana¯r(a) im vorislamischen Arabien eine erhöhte Stelle, von dem aus mittels Feuer und Rauch Signale gesendet wurden. Hier wird er im Sinne von »Licht« interpretiert, und das Minarett wird als spirituelles Symbol der vertikalen Verbindung zwischen Welt und Gott gedeutet. Hillenbrand kritisiert explizit eine solche Interpretation des Minaretts (cf. Hillenbrand 2013).

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Die architektonische Gestaltung stammt vom aus Bosnien stammenden Architekten DI Ibrahim Sahinovic, der in Linz wohnt. Die wichtigsten Vorgaben für den Entwurf der neuen Moschee waren durch den Bebauungsplan gegeben: Der Neubau durfte weder größer noch höher werden als das vorher bestehende Gebäude. Sahinovic übersetzte in seiner Gestaltung die klassischen Elemente der Moschee in eine zeitgenössische architektonische Sprache. Die Funktion des Gebäudes als Moschee bzw. der Charakter als Sakralbau wird durch mehrere Elemente in der Außengestalt angezeigt: - Das Gebäude besitzt eine Kuppel aus Glas mit 7 Meter Durchmesser, die von einem Stahlgerüst getragen wird und vier Oberlichten besitzt, die zusammen mit der Kuppel die fünf »Säulen« (arka¯n) des Islam symbolisieren. Auf der Kuppel ist ein Halbmond aus Edelstahl angebracht. - Die hohen, oben abgerundeten Fenster unterstreichen den Charakter des Sakralbaus. In die Fenster sind innen arabische geometrische Ornamente in einer zeitgenössischen Form mittels Sandstrahlung eingeätzt. - Für die Fassade wurde der Naturstein Kalk-Travertin verwendet, der in Bosnien traditionell im Moscheebau verwendet wird.287 Auf ein weiteres traditionelles architektonisches Element der Moschee, das Minarett, hat der bosnische Verein verzichtet. Es bestand zwar ursprünglich der Wunsch – aber nach Diskussionen entschied sich der Verein für den Kompromiss, das Bauprojekt zwar mit einer Kuppel, aber ohne Minarett beim Bauamt einzureichen, um keine Konflikte oder Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Bauwerks auszulösen. Im architektonischen Entwurf von Architekt Sahinovic ist ein Ort für ein eventuelles zukünftiges Minarett vorgesehen – das jedoch aus religiöser und aus architektonischer Sicht nicht unbedingt nötig sei.288 Das Gebäude umfasst eine Hauptgebetshalle für ca. 250 – 300 Personen im Erdgeschoss. Sie ist in schlichtem Weiß gehalten. Die Gebetsnische (mihra¯b) ist ˙ in einer modernen Form aus Beton gestaltet, mit einer Glasumrandung, d. h. offen nach außen.289 Weiters umfasst die Moschee einen Gebetsraum für die Frauen im Obergeschoss sowie einen kleinen Saal im Keller. Ein Lokal, Seminarräume und Büros stehen im gegenüberliegenden Vereinshaus zur Verfügung.

287 Quelle: Cultural Broadcasting Archive, Sendung »Innenansicht Südost – Erkundungen islamischer Glaubensräume« (Reihe Architekturforum), 4. 7. 2012. Gestaltung: Margit Greinöcker. Internetquelle: http://cba.fro.at/61254 (Zugriff 21. 6. 2013); sowie telefonisches Interview mit Arch. DI Ibrahim Sahinovic, 29. 6. 2013. Er wurde 1960 in Travnik (Bosnien) geboren, studierte Architektur in Sarajevo und flüchtete im Krieg in Ex-Jugoslawien 1993 nach Österreich. Für den Kontakt danke ich Frau Arch. Mag. Margit Greinöcker. 288 Telefonisches Interview mit Arch. DI Sahinovic, 29. 6. 2013. 289 Ibid.

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Abbildung 14: Moschee, Verein der Bosniaken NUR, Linz-Kleinmünchen, Informationsblatt

Für die großen Festgebete, zu denen über 1000 Besucher kommen, weicht man in einen großen Saal in Linz aus. Der Obmann des Vereins Elvis Mutapcija betont, man hätte an einer anderen Lage in Linz günstiger bauen können – der Verein wollte aber sein Zentrum auf jeden Fall in einer zentralen Lage und nicht an der Peripherie der Stadt haben.290 Die baubehördliche Bewilligung erfolgte am 13. Mai 2008, der Spatenstich im Februar 2011. Die Fertigstellung ist für Frühjahr 2014 geplant. Die Kosten betragen ca. 1,5 Millionen Euro; die Stadt Linz subventioniert den Bau mit ca. 10 % der Baukosten.291 Reisenberg, Niederösterreich (UIKZ) 1999 kaufte der türkisch-muslimische Verein, der zum türkisch-muslimischen Dachverband »Union Islamischer Kulturzentren« (UIKZ, Avusturya Islam Kültür Merkezleri Birligi) gehört, das 1885 erbaute Gebäude an der Reisenbergerstraße 11 (Neu-Reisenberg, Bezirk Baden), in dem sich bis 1995 ein Gasthaus befand.292 Gleichzeitig kaufte der Verein das angrenzende Grundstück samt 290 Telefonat mit Hr. Elvis Mutapcija, Obmann des Vereins der Bosniaken NUR (seit Februar 2012), 10. 10. 2012. 291 Quelle: Website Linz_Hotspot, Presseaussendung 31. 8. 2011. Internetquelle: http://www. linz.at/hotspot_portal/news_58629.asp (Zugriff 30. 8. 2012). 292 Website: Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich: Die Arbeitslosen von

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Gebäude an der Reisenbergerstraße 13. Der gesamte Gebäudekomplex wurde renoviert und darin die Valide Sultan Camii eingerichtet. Die gesamte Grundstücksfläche beträgt 3924 m2. Am 11. Mai 2005 erfolgte die Bewilligung eines Neubaus im Hof des Komplexes, der als Gebetshaus und Internat dient und 2012 fertiggestellt wurde. Die baubehördliche Bewilligung erfolgte für ein »Jugendheim mit Beträumen für Frauen und Männern und dazugehörigen Nebenräumen«. Das neu errichtete Gebäude umfasst vom Keller bis Dachgeschoss vier Ebenen auf einer verbauten Fläche von 580,5 m2 : Im Erdgeschoss (431 m2) befindet sich der Gebetsraum für Männer, eine Kantine, Waschräume, im 1. Stock (429 m2) der Gebetsraum für Frauen, Waschräume und zwei Klassenräume zu je 60 m2, im Obergeschoss (371 m2) befinden sich acht Schlafräume (je 20 bis 28 m2) sowie Waschräume für Frauen. Das Gebäude hat eine neutrale Architektur, die gesamte Anlage besitzt den Charakter eines Wohnhauses und ist von außen – bis auf ein Schild – nicht als Moscheezentrum mit Internat erkennbar. Gegen den Moscheebau gab es keine öffentlichen Proteste.293 Wels, Oberösterreich (albanische Moschee) Der »Verein albanischer Muslime in Wels Mesxhid El Resul« (gegründet 1994), einer von zehn muslimischen Vereinen in Wels, kaufte im Frühjahr 2012 ein Grundstück am Trauseneggerdamm (im Westen von Wels), in einem alten Siedlungsgebiet an der Peripherie der Stadt, das von Einfamilienhäusern geprägt ist, um dort ein neues Zentrum zu errichten. Der derzeitige Plan sieht ein Gebäude mit zwei Kuppeln über dem Gebets- und über dem Veranstaltungsraum sowie ein Minarett vor. Architekt ist Alen Jasarevic, der den innovativen Moscheebau in Penzberg (Deutschland) entworfen hat. Der Veranstaltungsraum ist für ca. 120 – 150 Personen ausgelegt. Die Anrainerversammlung Ende August 2012 verlief nicht kontrovers; die dominierenden Themen waren die Zufahrt zum neuen Zentrum sowie die Parkplätze.294 Eine Einreichung des Projekts bei der Baubehörde in Wels steht noch aus (Stand Juni 2013). Graz, Steiermark (bosnische Moschee) Der 1992 gegründete bosnisch-islamische Verein »Muslimische Gemeinschaft Steiermark – Kulturkreis der Muslime« – seit 2012 umbenannt in »Islamisches Kulturzentrum Graz« – umfasst rund 800 Familien, die aus Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Serbien, Montenegro und Albanien stammen. Marienthal, Häuserbuch Marienthal, Weblink: http://agso.uni-graz.at/marienthal/marie nthal_neu_reisenberg/00.htm (Zugriff 13. 10. 2012). 293 Telefonisches Interview mit Hr. Vizebürgermeister Robert Beierl (SPÖ), Obmann des Bauausschusses der Marktgemeinde Reisenberg, 15. 10. 2012. 294 Mündliche persönliche Auskunft von Fr. Claudia Glössl, Integrationsbeauftragte der Stadt Wels, Wien, 29. 9. 2012.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

Abbildung 15: Islamisches Kulturzentrum Graz, Schaubild Eingangsbereich. Ó gsp-architektur, Graz

Aufgrund des Wachstums der Gemeinschaft sind die bisherigen Räume in Graz zu klein geworden.295 Die Religionsgemeinschaft errichtet seit Frühjahr 2013 in der Laubgasse 2/ Herrgottwiesgasse in Graz auf einem 12.000 m2 umfassenden Grundstück eine repräsentative Moschee mit Minarett und ein Kulturzentrum in einer zeitgenössischen Architektursprache. Beim Projekt handelt es sich um die erste Moschee in Österreich, für die ein internationaler Architekturwettbewerb ausgelobt wurde. Der Entwurf stammt vom Grazer Architekten DI Gerhard Springer (GSP Architektur), dessen Entwurf von einer Jury unter Vorsitz von Architekt Alfred Bramberger aus neun Projekten ausgewählt und im September 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.296 Die Gestaltung basiert einerseits auf Vorgaben der Baubehörde für den internationalen Architekturwettbewerb, andererseits auf dem Wunsch der Religionsgemeinschaft nach einer zeitgenössischen architektonischen Form der Anlage. Aber nicht nur die Architektur ist innovativ : Der Vereinsvorstand vertritt das Konzept einer bewussten Öffnung der Moschee für den westeuropäischen, österreichischen Kontext – nach dem Modell der Moschee in Penzberg (Deutschland). 295 Website Islamisches Kulturzentrums Graz: http://www.islamgraz.org (Zugriff 21. 6. 2013). 296 Den 2. Preis erhielt der aus Bosnien stammende Architekt Alen Jasarevic, der die innovative Moscheearchitektur in Penzberg (Deutschland) entworfen hat. Cf. »Grazer können Pläne für Moschee vergleichen«: Kleine Zeitung, 7. 10. 2011.

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Abbildung 16: Islamisches Kulturzentrum Graz, Schaubild Gebetshalle innen. Ó gsp-architektur, Graz

Das Projekt (verbaute Fläche 5500 m2) umfasst eine würfelförmige Moschee auf 400 m2 im Süden der Anlage, daneben ein 22 Meter hohes Minarett (ohne Gebetsruf und Lautsprecher) als Zeichen der Präsenz der muslimischen Gemeinschaft sowie eine Multifunktionshalle für etwa 1000 Personen, einen Kindergarten, ein Administrations- und Lehrgebäude sowie ein Geschäftsgebäude mit Restaurant.297 Die Grundsteinlegung erfolgte im 12. Mai 2012; im März 2013 war der Keller für das Moscheefoyer errichtet, die Fertigstellung des Rohbaus ist für Ende 2013 geplant.298 Aus diesem Überblick zu jüngsten Bauprojekten in Österreich wird ersichtlich, dass in Österreich der Neubau von Moscheen in einer qualitätsvollen architektonischen Form gerade am Beginn steht. Weiters wird deutlich, dass sich Neubauprojekte von bosnisch-muslimischen Organisationen durch innovative Ansätze in der inhaltlichen Konzeption und damit verbunden in der Architektur der Moschee im österreichischen Kontext auszeichnen, was mit dem Schichtund Bildungshintergrund sowie mit dem – seit dem 19. Jahrhundert – europäisch geprägten Islamverständnis der bosnisch-muslimischen Bauherren zu tun haben könnte. Die Entwicklung muslimischer Infrastrukturen in Form von muslimischen Zentren bzw. Moscheen verläuft nicht linear, sondern komplex und ungleichzeitig: Viele muslimische Vereine haben auch heute noch nur einfache Keller297 Website: Islamisches Kulturzentrum Graz, http://www.islamgraz.at (Zugriff 26. 8. 2012). Entwürfe: http://www.gsp-architektur.at. 298 Quelle: Helmut Bast, »Moscheebau in Graz gestartet«: Kleine Zeitung 16. 3. 2013. Internetquelle: http://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/graz/3268375/moscheebau-gestartet. story (Zugriff 30. 5. 2013).

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räume für ihre Zusammenkünfte und Gebete zur Verfügung. Moscheen großer Verbände existieren nach wie vor in Kellern, wie z. B. die Moschee der UIKZ in der Quellenstraße im 10. Wiener Gemeindebezirk oder die ATI˙B-Moschee in der Keinergasse im 3. Bezirk. Aus verschiedenen Gründen entstehen sogar noch heute neue muslimische Zentren mit Gebetsräumen in Kellern: Die Zentrale der »Türkischen Föderation« in Wien, die im Frühjahr 2011 eröffnet wurde, befindet sich im Untergeschoss eines Hauses im 12. Wiener Gemeindebezirk.299 Neben den wenigen Neubauten bildet die Adaptierung bestehender Gebäude – ehemaliger Fabriksgebäude, Firmengebäude, Supermärkte, Lager usw. – als islamische Zentren zur Zeit nach wie vor den Normalfall. In Vorarlberg z. B. sind in jüngster Zeit große Betriebsgebäude von den Moscheevereinen ATI˙B Bregenz, VIKZ Bregenz, ATI˙B Hohenems, VIKZ Hohenems und AIF Feldkirch gekauft worden.300 Oft fürchten die Moscheevereine die höheren Kosten für einen Neubau. In manchen Fällen fehlt den Vereinen aber auch der Mut und das Selbstbewusstsein, aus den eingefahrenen Mustern – sich mit dem Umbau eines Gebäudes zu begnügen – herauszutreten und einen Neubau in Angriff zu nehmen. Vereinzelte Stimmen in einem Verein, die sich für einen solchen Schritt einsetzen, vor allem in der jüngeren Generation, können sich nicht durchsetzen, wie z. B. im Fall des IF-Vereins in Herzogenburg.

3.

Zusammenfassung

Der improvisierte, vorläufige Charakter muslimischer Infrastrukturen der Anfänge weicht in den letzten Jahren permanenten, verbesserten Einrichtungen. Abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit entstanden sehr große Moscheen und Gebetsräume (teilweise für rund 1000 Gläubige), die aber von außen nicht erkennbar sind – nicht nur in Wien, sondern auch in den Bundesländern. Die nächste, aktuelle Phase, in der Muslime und ihre Bauten aus der Verborgenheit heraus und in den Bereich der öffentlichen Sichtbarkeit treten, wird von einem großen Teil der Bevölkerung als Überraschung oder Überrumpelung erlebt – weil man aufgrund der sozialen Distanz zu den Fremden die bisherige dynamische Entwicklung nicht kennt und oft nicht bekannt war, dass Muslime schon 20 oder 30 Jahre lang eine – von außen nicht erkennbare – Moschee am Ort betrieben haben. Zugleich kollidiert diese Phase der Institutionalisierung des

299 Führende Repräsentanten der IGGiÖ betrachten diese »neue Kellermoschee« sehr kritisch (Interview Dr. Sanac, 21. 4. 2011, IGGiÖ, Wien). 300 Für den Hinweis danke ich Dr. Elisabeth Dörler, Islambeauftragte der Diözese Feldkirch, Telefonat 28. 8. 2012.

Zusammenfassung

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Islam auf der Ebene muslimischer Bauten mit einem verhärteten islamskeptischen oder –feindlichen Klima in Teilen der Gesellschaft. Durch die Errichtung großer, sichtbarer, erkennbarer muslimischer Bauten objektiviert sich räumlich, - dass die Migranten die Absicht, wieder ins Herkunftsland zurückzukehren, aufgegeben haben, dass sie zu permanenten Bewohnern und Bürgern des Landes geworden sind, die bleiben werden; - dass sie einem Assimilationsdruck widerstehen und ihre eigene kulturelle und religiöse Identität beibehalten (cf. Baumann 2002, 103); - dass sie sich nicht mehr länger als temporäre Gäste, sondern als gleichberechtigte Bürger verstehen und ihre Rechte in Anspruch nehmen; - dass sie den Anspruch stellen, in ihrer religiös-kulturellen Identität, die sie von der Mehrheit unterscheidet, öffentlich anerkannt und in die nationalstaatliche Solidarität einbezogen zu werden. »In den achtziger Jahren fühlten sich die Muslime fremd. Früher hat man versteckt gebetet, ob in der Firma oder im Krankenhaus, in öffentlichen Gebäuden überhaupt nicht. Heute kann er sagen: Ich will einen Gebetsraum. Und natürlich ist viel Arbeit dahinter gewesen in den zwanzig Jahren, in denen wir gearbeitet haben.«301

Ein Ausdruck dieses neuen Selbstbewusstseins und dieser Orientierung auf Österreich ist auch die Kandidatur von Einwanderern aus der Türkei bzw. Österreichern mit türkisch-muslimischem Hintergrund auf Listen politischer Parteien oder die Bildung eigener politischer Listen. Genau in diesem Moment werden latente Konflikte und Feindlichkeiten manifest, reagieren Teile der Politik und der Bevölkerung mit einer verschärften Grenzziehung, mit der Weigerung, die Definition der Nation zu erweitern und den multikulturellen und -religiösen Gegebenheiten anzupassen.302 Die Informationen über einzelne Bauprojekte in den verschiedenen Bundesländern fügen sich zu einem klaren Bild zusammen: Der verstärkte Assimilationsdruck bzw. Formen einer »autoritären Integration« dominiert zurzeit gerade beim politischen und behördlichen Umgang mit der Sichtbarkeit muslimischer religiöser Bauten in Österreich. Je nach dem zeitlichen Verlauf der Zuwanderung ereignet sich dieser Wendepunkt des öffentlichen Sichtbarwerdens der Muslime, der Forderung nach Anerkennung und der damit auftretenden Konflikte von Land zu Land unterschiedlich: In Frankreich beispielsweise war die muslimische Präsenz bis An301 Interview Hr. Mehmet Is¸ik, Obmann des Islamischen Kulturvereins St. Pölten, 8. 2. 2010, Islamischer Kulturverein St. Pölten. 302 Für ähnliche Konflikte im Fall der Hindu-Diaspora in Deutschland und Großbritannien: Baumann 2002, 106 f.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

fang der 1980er Jahre – damals bereits etwa 2,5 Millionen Muslime – kaum ein öffentliches Thema. Sie werden erst in den 1980er Jahren sichtbar, vor allem durch Schritte und Forderungen in Bezug auf die Institutionalisierung des Islam in Frankreich (cf. MacMaster 2003, 296 f). In Österreich erfolgte dieser Prozess – das Bewusstsein, dass man hier bleiben werde, der Aufbau permanenter Strukturen und die Einforderung der gleichen Rechte – später, etwa ab Mitte der 1990er Jahre.

4.

Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich

4.1

Wien: die erste repräsentative Moschee Österreichs

Bereits vor 1909 hatten in Wien unter Bürgermeister Dr. Karl Lueger Pläne für den Bau einer repräsentativen Moschee bestanden.303 Damals lebten in Österreich rund 1450 Muslime, davon 390 in Wien, 240 in Niederösterreich, 330 in der Steiermark, 230 in Dalmatien und im Küstenland (Volkszählung 1910).304 In seiner Eingabe an das Ministeriums für Kultus und Unterricht betreffend der Anerkennung des Islam im Jänner 1909 hatte der Österreichische Orientverein auf diese Pläne Luegers hingewiesen und sich darauf berufen (s. Rösler 2002, 196).305 Die Zeitung »Neues Wiener Journal« berichtete in der Ausgabe vom 1. Februar 1929 über das Moscheebauprojekt in Wien: Bürgermeister Lueger habe vorgehabt, einen Architekturwettbewerb für den Moscheebau auszuschreiben. Hintergrund sei das politische Bündnis der Monarchie mit der Türkei sowie die intensiven wirtschaftlichen Verbindungen mit der Türkei gewesen. »Es war zweifellos, dass die Erbauung einer Moschee in Wien, die das sichtbare Zeichen der österreichischen Freundschaft für die Türkei sein sollte, weit über die Türkei hinaus in der islamischen Welt einen mächtigen Widerhall finden wird. Auch die Anhänglichkeit der mohammedanischen Bosnier und Herzegovzen, die stets mehrere Regimenter in Wien stationiert hatten, sollte durch den Umstand, daß die Truppen ihren Kult in einem eigenen, entsprechend eingerichteten Gotteshaus verrichten konnten, gefördert werden.«306

303 In einem 1909 erschienenen Artikel heißt es: »Es wäre gut, wenn die Erbauung einer Moschee, die Dr. Karl Lueger in der österreichischen Hauptstadt plant, nicht nur der Einfall einer vorübergehenden Laune, sondern ein Symbol sein würde.« (Charmatz 1909, 278). 304 Quelle: »Der Islam in Österreich« (Miszelle): Österreichische Monatsschrift für den Orient 38 (August 1912) Nr. 8, 137. 305 Ich danke Herrn Univ.-Prof. Dr. Richard Potz für den Hinweis auf die Dissertation von Mag. Rösler. 306 »Das Projekt einer Moschee in Wien«: Neues Wiener Journal 29 (1. 2. 1921) 2.

Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich

171

Das Stadtbauamt habe Vorstudien zum Bau einer Moschee eingeleitet. Ein Ergebnis sei gewesen, dass die Moschee nicht wie geplant im Maria-Josefa-Park (heutiger Schweizergarten vor dem Arsenal) errichtet werden solle, sondern im Türkenschanzpark. »Auf der Anhöhe, die als Baugrund ausersehen war, sollte der weiße Kuppelbau der Moschee mit dem hochragenden, schlanken Minarett weithin sichtbar sein.«307 Kaiser Franz Josef I. seien die Pläne vorgelegt worden, der sich darüber positiv geäußert habe. Während des Krieges sei das Projekt erneut aufgegriffen worden: 1915 habe sich ein Komitee mit dem Industriellen Baron Theodor von Liebig (1872 – 1939), damals Mitglied des österreichischen Reichsrats, als Präsident und dem Wiener Bürgermeister Dr. Richard Weiskirchner (1861 – 1926) als Ehrenpräsident gebildet. Nach dem Tod von Kaiser Franz Josef (im November 1916) seien die Pläne von der Stadtbaudirektion an das Kriegsministerium gegangen. Die Realisierung des Bauprojekts sei in einem Armeebefehl unter Kaiser Karl in Aussicht gestellt worden, »der, wie es heißt, besonders den bosnischen Regimentern Freude bereitete.«308 Kaiser Karl unterstützte das Vorhaben auch finanziell, indem er am 7. August 1918 insgesamt 30.000 Kronen für den Baufond spendete.309 Durch die wirtschaftlichen Bedingungen nach dem Krieg konnte das Großprojekt nicht mehr weiter verfolgt werden: »Das Bauen ist so teuer geworden, dass die Errichtung der projektierten Moschee mehr als zwanzig Millionen kosten würde. Dieser Betrag ist nicht aufzubringen.«310 In den Jahren nach dem Krieg waren die Bedingungen nicht mehr gegeben, um das Projekt realisieren zu können. Ende der 1960er Jahre/ Anfang der 1970er Jahre gab es in Wien deshalb nur wenige, sehr kleine muslimische Gebetsräume: u. a. im MSS in der Münzgasse, in der ägyptischen Studentenmission und im Afro-Asiatischen Institut in der Türkenstraße (9. Bezirk). Für die Gebete an den wichtigen muslimischen Festen verwendete man 1966 u. a. den Gebetsraum der islamischen Studenten im Gewerkschaftshaus in der Treitlstraße 3 (4. Bezirk). In den Jahren 1967, 1968 und 1969 behalf man sich mit den Räumlichkeiten im »Lehrlingsheim Franz Domes« in der Theresianumgasse 18 (4. Bezirk).311 Das Problem verschärfte sich mit dem starken Zuzug von muslimischen Studierenden, Beamten, Diplomaten, Geschäftsleuten und vor allem von Arbeitern aus der Türkei und Jugoslawien. Für 307 Ibid. 308 Ibid. 309 Kriegsarchiv B/999: XXI (Nachlass Reinhold Lorenz), fol. 763. Hinweis: Biehl 1991, 597 (Fn. 13). – In der Literatur und in Presseartikeln (z. B. Wiener Zeitung 11. 3. 1972, 3) findet sich häufig der Hinweis, Kaiser Franz Josef habe 25.000 Goldkronen für den geplanten Moscheebau in Wien gespendet. Die Quelle dafür scheint die Schrift von Smail Balic´ »Die Muslims im Donauraum« (Balic 1971) 7; 10; 20 zu sein, der dort aber keine Primärquelle für diese Information angibt. 310 ›Das Projekt einer Moschee in Wien‹: Neues Wiener Journal 29 (1. 2. 1921) 2. 311 Cf. Der gerade Weg 2 (1967) Nr. 1, 4; Nr. 2, 9.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

1971 wurde die Zahl der Muslime in Österreich auf 24.000 (0,3 % der rund 7.491.000 Personen umfassenden Gesamtbevölkerung) geschätzt.312 Man führte wegen der Frage eines eigenen Versammlungsraums der Muslime Gespräche mit der Stadt Wien, die aber ohne Resultat blieben.313 Ende der 1960er Jahre entwickelten sich zwei unterschiedliche Initiativen, ein großes islamisches Zentrum in Wien zu errichten. 1967 wurde die Stiftung »Vienna Islamic Center« gegründet, um in Wien eine Moschee und ein islamisches Zentrum zu errichten. Ursprünglich war eine Moschee, flankiert von vier Minaretten, geplant, was von Vertretern der österreichischen Muslime kritisiert wurde.314 Der Stiftung gehören die Botschaften der islamischen Länder in Wien an. Der eigentliche Akteur war jedoch der saudi-arabische Staat, der den Bau hauptsächlich finanzierte. 1968 kaufte die Stiftung, vertreten durch den damaligen Botschafter Saudi-Arabiens in Österreich, A.K. Muhtasib, von der Stadt Wien ein 8.301 m2 großes Grundstück im Gelände des »Donauparks« im 21. Bezirk, in der Nähe der Wiener UNO-City. Das Projekt hatte weder einen Bezug zu den alteingesessenen österreichischen Muslimen rund um den MSS noch zu den muslimischen Arbeitsmigranten aus Jugoslawien und der Türkei. Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte am 29. Februar 1968. Der Beschluss des Wiener Gemeinderats über die Flächenwidmung und den Bebauungsplan für das Islamische Zentrum erfolgte am 26. April 1968. Das Projekt geriet jedoch danach ins Stocken. Nun formierte sich eine Initiative von Muslimen in Wien: Ende 1969 schlossen sich mehrere muslimische Organisationen zusammen, um einen Fond für die Errichtung eines islamischen Zentrums in Wien zu schaffen: die »Muslim-Studenten Union«, die »Islamisch-Iranische Studentengemeinschaft zu Wien«, der »Moslemische Sozialdienst« und der »Geselligkeitsverein türkischer Arbeitnehmer für Wien und Umgebung«. Diese Organisationen verfassten im Jänner 1970 einen Aufruf, den neu eingerichteten »Islamischen Kulturfond« finanziell zu unterstützen. Das Ziel war, mit den Mitteln des Fonds geeignete Räumlichkeiten für ein islamisches Zentrum zu finanzieren. Es sollte im Stadtzentrum von Wien liegen und leicht erreichbar sein. Die Sammlung dauerte vier Jahre und erbrachte schließlich eine Summe von 250.000 ÖS. Die meisten Spenden kamen von türkischen Arbeitern. Der Bau einer Moschee hätte aber weit mehr Mittel erfordert. »Es war damals so: Wir waren nicht in der finanziellen Lage, dass wir dann die Richtung bestimmen konnten. Uns ist das – so wie ich schon gesagt habe – aus Mangel an Mitteln entgleist. Dann haben wir gesagt: Okay, wir schaffen es nicht. Damals 312 Cf. Ladstätter 1986, 275 (Tabelle 1). 313 »7.000 Schilling kostet ein islamisches Gebet in Wien«: Der gerade Weg 6 (NF 8), 27. 1. 1972. 314 »Endlich eine Moschee für Wien«: Der gerade Weg NS Nr. 7/8 (1977) 30.

Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich

173

bräuchten wir einige Millionen Schilling, und das war damals für uns nicht möglich zusammenzubringen. Und dann hat sich natürlich ein Investor bereit erklärt. Für uns war wichtig, dass eine Moschee gebaut wird. Wir hätten die Moschee wirklich mit anderen Absichten – nicht mit diesen Absichten – gebaut. Wir haben geglaubt, es wird eine Moschee sein, wo sich dann praktisch alle Muslime in Wien dort konzentrieren. Aber leider Gottes: Der, der zahlt, hat das Sagen.«315

Heute bestehe die – anormale – Situation, dass die »Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich« als offizielle Körperschaft der Muslime mit der Moschee neben der UNO-City nichts zu tun habe. Die Kluft setzt sich also bis heute fort. In den 1970er Jahren charakterisierten die Verantwortlichen des MSS ihr eigenes Vorhaben – eine Zentralmoschee für alle Muslime in Wien in der Stadtmitte – sehr deutlich im Gegensatz zur von Saudi-Arabien finanzierten »Botschaftsmoschee« am Rand der Stadt. In einem ungezeichneten Artikel in der Wiener Zeitung, der in seinem Duktus die Autorschaft von Dr. Smail Balic´ vermuten lässt, heißt es: »Die im Donaupark projektierte Moschee wird von den in Wien ansässigen Moslems eher skeptisch beurteilt. Wegen ihrer Lage sei zu erwarten, daß sie die meiste Zeit leerstehen und daher keineswegs ihren Zweck als Gebetshaus erfüllen werde. Im Interesse des Islams wäre es vielmehr gelegen, an Stelle einer Diplomaten- und Repräsentationsmoschee – als Baukosten werden 125 Millionen S genannt – lieber eine kleinere Moschee zu bauen und das dabei ersparte Geld der religiösen Betreuung der Moslems zuzuführen.«316

Ing. Teufik Velagic´, einer der führenden Mitarbeiter des MSS, schrieb 1976 in einem aufschlussreichen Überblick zur bisherigen Arbeit des Vereins: »Vor zehn Jahren wurde seitens einiger Botschafter in der Donaustadt ein Bauplatz gekauft, an dem eine Moschee errichtet werden sollte. Es war eine isolierte Aktion, deren edle Absichten wir nicht absprechen möchten. Sie wurde ohne Kontakt und Beratung mit den Muslimen, die in Wien leben, initiiert und durchgeführt. Obwohl es vom Anfang an klar war, daß eine Moschee jenseits der Donau fast keine Wirkung auf das religiöse Leben der Muslime in Wien haben kann, obwohl sie ungünstig liegt, wie ein Museum, das als touristische Attraktion dienen könnte, wurde der Grundstein feierlich gelegt. Und es blieb alles dabei. ›Gott sei Dank‹, können wir dazu sagen. Für die Summe, die für den Bauplatz ausgegeben wurde, hätte man ganz große Räume in der Stadt kaufen und ein ganzes islamisches Zentrum errichten können.«317

Anlässlich der Eröffnung der neuen Moschee, des »Vienna Islamic Centre« in Wien-Floridsdorf (Am Bruckhaufen) im Jahr 1979 erschien in der Zeitschrift des 315 Interview Irfan Buzar, 1. 3. 2011. 316 »Muslime warten auf Moschee«: Wiener Zeitung; wiederabgedruckt in: Der gerade Weg NF 6 (7. 5. 1972) Nr. 9, 1. 317 Teufik Velagic´ : ›Viribus Unitis‹: Der gerade Weg, 22. Dezember 1976, 11 – 14, hier 12.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

Abbildung 17: Islamisches Zentrum Wien, Am Bruckhaufen, Wien-Floridsdorf

MSS Der gerade Weg ein sehr kritischer Artikel von Ali Kaufmann. In ihm wird der Nutzen des Bauwerks für die in Wien lebenden Muslime in Frage gestellt, wegen seiner ungünstigen Lage an der Peripherie Wiens und wegen des Fehlens von sozialen Einrichtungen wie Wohnungs- und Stellenvermittlung für die Studenten und Gastarbeiter : »Als Kenner dieser Stadt ist es mir schwer verständlich, wie man in Anbetracht der bestehenden Lage ein solches Bauwerk außerhalb des Stadtkernes errichten konnte. Natürlich ist ein Moscheebau als solches nicht abzulehnen, aber es stellt sich immer wieder die Frage: Dient er der Masse der Moslems oder dem Wunschdenken seiner Erbauer.«318

˘

Man kann davon ausgehen, dass im Hintergrund dieser Spannung ein ideologischer Konflikt zwischen verschiedenen Strömungen innerhalb des globalen Islam steht: zwischen der orthodoxen wahhabitischen Strömung, die vom saudiarabischen Staat propagiert wird, und der modernistischen Richtung auf der Linie der Reformdenker D - -jama¯l al-Dı¯n al-Afg- h- a¯nı¯ (1838 – 1897) und Muhammad Abduh (1849 – 1905). Diese Linie wurde im MSS vor allem von Dr. ˙ 318 Ali Kaufmann: ›Gedanken zur Moschee-Eröffnung‹: Der gerade Weg NF (21. 11. 1979) Nr. 15/16, 18.

Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich

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Smail Balic´ repräsentiert, der sich in seinen Texten immer wieder positiv darauf bezog.319 Ein scharfer innerislamischer Richtungsstreit kommt zum Beispiel in einem anonymen Artikel in der Zeitschrift Der gerade Weg zum Ausdruck, der wenige Monate nach der Eröffnung des »Vienna Islamic Center« erschien. Darin heißt es, dass die Arbeit der europäischen Muslime, die die Dialogbereitschaft des Islam und seine Zukunftsorientiertheit glaubhaft machen wollten, durch die »islamische Renaissance« in Form eines Aufstiegs des integristischen, traditionalistischen, fundamentalistischen Islam in Frage gestellt werde. Ein Beispiel dafür sei die neu eröffnete Moschee in Wien: »So sehr es z. B. erfreulich ist, daß nunmehr auch in der österreichischen Hauptstadt eine Moschee steht, so berechtigt ist die Befürchtung, daß dieses Gebetshaus, sollte es in falsche Hände geraten, zum Ausgangspunkt einer fragwürdigen Islam-Präsentation werden könnte. Eine solche Präsentation wäre z. B. jene, die heute von fundamentalistischen Kreisen betrieben wird. Sie brächte die Gefahr mit sich, die Muslime zu Außenseitern der Gesellschaft zu machen.«

So vorsichtig der Autor konjunktivisch formuliert, so klar ist die Kritik an den Verantwortlichen des neuen islamischen Zentrums und so deutlich ist die Distanzierung von dieser Interpretation des Islam. Als Indiz für eine wahhabitischfundamentalistische Orientierung wird auf die Eröffnung der Moschee verwiesen: »Leider scheint sich das veraltete, auf die arabische Wüste zugeschnitzte Islamverständnis angedeutet zu haben: bei der Moscheeeröffnung am 20. November 1979 durften nämlich nach dem ursprünglichen Plan keine Frauen teilnehmen. Dies führte begreiflicherweise zu Unmutsäußerungen in der österreichischen Öffentlichkeit. Auch für Millionen Muslime in Europa, der Sowjetunion und der Türkei ist diese Haltung nicht verständlich.«320

Im Rückblick kann man eine auffällige Kluft zwischen der positiven Haltung der österreichischen Politik und Öffentlichkeit zur neuen Wiener Moschee und der innermuslimischen Kritik durch die damals führende Organisation der österreichischen Muslime konstatieren. Während die Politik die Zusammenarbeit mit dem saudi-arabischen Ölstaat beim Moscheebau unter dem Eindruck der Ölkrise 1973 (im Kontext des arabisch-israelischen Krieges) offenbar als Mittel der österreichischen Außen- und Wirtschaftspolitik betrachtete, befürchteten die Muslime rund um den Reformdenker Balic´ den negativen Einfluss des wahhabitischen Islam mittels der von Saudi-Arabien finanzierten und verwalteten 319 Siehe z. B. den Vortrag von S. Balic´ über Abduh im Rahmen des interreligiösen Seminars »Große Lehrer im Judentum, Christentum und Islam« im Hedwig-Dransfeld-Haus in Berndorf (Deutschland) 1977. Publiziert in: Der gerade Weg NS Nr. 7/8 (16. August 1977), 2 – 5. 320 ›Neue Zeiten – neue Sorgen‹: Der gerade Weg NF (1979) Nr. 13/14, 6.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

Moschee auf die muslimischen Entwicklungen in Österreich – eine Warnung, die damals kein Gehör fand.

4.2

Herzogenburg (Niederösterreich)

Herzogenburg ist eine Stadtgemeinde im Bezirk St. Pölten-Land (Niederösterreich) im unteren Traisental. Der Ort wird geprägt vom Augustiner-Chorherrenstift, das 1112 gegründet wurde und sich seit 1244 in Herzogenburg befindet; der heutige Barockbau stammt aus dem 18. Jahrhundert. Überliefert ist die Existenz von Juden in Herzogenburg im 14. und 15. Jahrhundert (cf. Lind 2002, 19). Die jüdische Gemeinde wurde im Zuge der Wiener Gesera zerstört – der Judenverfolgung der Jahre 1420/21 unter dem Habsburger Herzog Albrecht V., bei der die Juden aus Wien und aus Orten in Ober- und Niederösterreich vertrieben, zwangsgetauft oder ermordet wurden. Die Herzogenburger Juden flüchteten großteils nach Wiener Neustadt – die einzige jüdische Gemeinde, die nach der Gesera noch bis Ende des 15. Jahrhunderts bestand (s. Brugger/ Wiedl 2005). Später siedelten sich Juden in Herzogenburg und wie an anderen Orten in Niederösterreich wieder an; für das 18. Jahrhundert existieren Belege für die Ansiedlung von Juden in Herzogenburg (s. Lind 2002, 20). 1860 lebten in Herzogenburg und Umgebung über 20 Juden und Jüdinnen, 1910 22 Juden und Jüdinnen.321 Laut den Daten der Volkszählung von 1934 lebten im Gerichtsbezirk Herzogenburg 51 Juden, davon 11 in Herzogenburg und 9 in Radlberg (cf. Lind 2002, 181). Herzogenburg gehörte zur Israelitischen Kultusgemeinde St. Pölten und besaß keine eigene Synagoge. Wie an anderen Orten wurden Herzogenburger jüdischer Zugehörigkeit nach 1938 enteignet, beraubt und vertrieben, ab 1941 in die nationalsozialistischen Lager deportiert und ermordet, u. a. nach Maly Trostinec (Weißrussland), Bergen-Belsen (Deutschland), Theresienstadt, Sobibor und Lagow-Opatow (Polen).322 Die Anfänge des Industriestandorts Herzogenburg liegen in der Ansiedelung der Firma Grundmann im Jahr 1875, die erstmals Schlösser maschinell herstellte. 1880 errichteten die Gebrüder Grundmann eine eigene Fabrik in Oberwinden, die sich zur größten Schlosserwarenfabrik der Monarchie entwickelte (cf. Stadler 2006, 332 f). Die Grundmann-Werke gehören heute zu zwei Schweizer Konzernen – zum Gießerei-, Maschinenbau- und Anlagenbaukonzern Georg Fischer und zur Kaba Group – und sind in den Bereichen Schließtechnik, Eisengießerei und Leichtmetallgießerei tätig. Die meisten Arbeitsmigranten aus 321 Quelle: Dr. Martha Keil, Leiterin des Instituts für Geschichte der Juden in Österreich, St. Pölten, auf Basis der Recherche von Dr. Christoph Lind; e-mail Dr. Keil vom 6. 6. 2013. 322 Fallbeispiele für den Gerichtsbezirk Herzogenburg: Lind 2002, 181 – 195.

Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich

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der Türkei und ihre Kinder in Herzogenburg und Umgebung sind dort beschäftigt. Bereits Anfang der 1960er Jahre wurden Arbeiter aus der Türkei an die Grundmann-Werke vermittelt. In den 1960er Jahren und Anfang der 1970er Jahre existierte in der gesamten Region noch kein muslimischer Gebetsraum.323 Die praktizierenden Muslime benutzten für das gemeinsame Gebet den Schlafraum einiger türkischer Arbeiter, die im örtlichen Gasthaus eingemietet waren – man legte einen Gebetsteppich auf und betete neben den Betten. Damals fragten Vertreter der muslimischen Migranten aus der Türkei im Stift Herzogenburg an, ob man einen Raum im Stift benutzen könnte, es gab aber keinen Platz.324 Etwa 1975/76 fand man im Keller eines Wohnhauses, in dem türkische Ar2 beiter untergebracht waren, einen ca. 25 m großen Raum, den man ausräumte und für die gemeinsamen Gebete während des Ramada¯n benützte. »Wir waren ˙ froh, dass wir das gekriegt haben.«325 1978 wurde in Herzogenburg der erste muslimische Gebetsraum eingerichtet. Zu dieser Zeit existierte in der Region nur in St. Pölten, in einer Baracke der Glanzstoff-Fabrik, ein Gebetsraum. Der erste Gebetsraum in Herzogenburg bestand aus einem ca. 50 m2 großen Raum in einem Familienwohnhaus am Auring, den vorher die »Zeugen Jehovas« benutzt hatten. Er wurde mit einer Gebetsnische (mihra¯b) und einer provisorischen Kanzel (minbar) ausgestattet. ˙ Zum Freitagsgebet kamen zu dieser Zeit etwa 150 Personen. Ab dieser Zeit holte man auch einen Imam aus der Türkei. Die Miete war hoch, sodass man sich den Raum »nur mit Ach und Krach leisten« konnte. Man überlegte deshalb den Kauf eines Gebäudes und erwarb 1981/82 ein ehemaliges Steinmetzwerk in der Bachgasse 13, in einem Wohngebiet am Rand von Herzogenburg auf 1100 m2 Grund. Das Gebäude umfasst einen Gebetsraum für Männer und einen für Frauen, insgesamt ca. 100 m2 groß, sowie einen Raum für Jugendliche und ein kleines Geschäft. Es war das erste als Moschee genutzte Gebäude in Österreich, das von Muslimen gekauft wurde. Damals – vor dem Beitritt zur EU – war es Ausländern nicht erlaubt, Häuser, Wohnungen oder Grund in Österreich zu kaufen. Der Kauf erfolgte deshalb über die kurz 323 Interview Herr Abdullah Seker, ehemaliger Obmann des Vereins (IF Herzogenburg), 12. 10. 2010, Privathaus, Unterwinden. Herr Seker kam 1967 im Alter von neun Jahren nach Unterwinden, wo sein Vater in der Eisengießerei arbeitete. Damals war er das einzige türkische Kind im Ort und das erste türkische Kind in der Volks- und Hauptschule. – Ich danke Herrn Seker für das ausführliche Interview und die Gastfreundschaft. 324 Zwischen dem Moscheeverein und dem Stift Herzogenburg bestehen gute Kontakte. So führte man gemeinsam nach den Anschlägen des 11. September 2001 am 25. Jänner 2002 ein interreligiöses Gebet in der Stiftskirche durch. Die Veranstaltung »Muslime zu Gast im Stift« am 17. Mai 2012 einschließlich eines muslimisch-christlichen Gebets und eines Festes war Teil des Programms zum 900-Jahr-Jubiläum des Stiftes. 325 Interview Seker, 12. 10. 2010.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

vorher konstituierte »Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich« als öffentliche Körperschaft, die bis heute im Besitz des Gebäudes ist. Einzugsgebiet für die Moschee ist Herzogenburg, Traismauer und Oberwölbling. Gegenwärtig hat der Moscheeverein 180 – 200 offizielle Mitglieder. 97 % der Besucher der Moschee haben einen türkischen Hintergrund, ebenso kommen albanische, arabische und einige tschetschenische Muslime. 2006/07 kaufte der Moscheeverein ein Areal mit Gebäuden, ein ehemaliges Tanklager der Firma Merkl am Rand von Herzogenburg, zwischen der Kremser Schnellstraße (S 33) und der ÖBB-Bahnstrecke. »Dort stören wir niemand.« Die Grundfläche beträgt 10.500 m2. Als ehemaliger Obmann hatte Seker dem Verein 2008 konkret vorgeschlagen, nach 40 Jahren Provisorien nun einen Neubau einer repräsentativen, erkennbaren Moschee zu planen. Die Muslime hätten von den gesetzlichen Bestimmungen her das Recht darauf – man solle ein solches Projekt aber nicht über das Recht durchsetzen, sondern zusammen mit der Bevölkerung erreichen. »Wenn es nicht geht, ist es für die Muslime auch kein Problem. Es muss nicht sein.326 Der Vorschlag eines Neubaus wurde jedoch von der Mehrheit strikt abgelehnt – sie war der Meinung, dass ein Neubau aus finanziellen Gründen zu lange dauern würde und vertrat die bisherige Linie, ein bestehendes Gebäude umzubauen: »Viele sagen, es genügt für uns, wir bauen es um.« Nur die jungen Leute im Verein seien auf seiner Seite gewesen. Eine Zeit lang bestand die Überlegung, auf dem neuen Areal einen Neubau mit einer niedrigen Glaskuppel und vier symbolischen, etwa 1 m hohen Minaretten zu errichten. Man ließ Vorpläne zeichnen und verwendete sie bei verschiedenen lokalen Firmen, um die Kosten für das Projekt prüfen zu können. Die Pläne wurden der lokalen FPÖ und der Presse zugespielt. Die Partei instrumentalisierte das Thema im Wahlkampf zur Gemeinderatswahl im März 2010: Sie warb auf Plakaten mit dem Slogan »Mit uns keine Moschee«. Im Frühjahr 2011 wurden die Unterlagen für das neue muslimische Zentrum – in Form eines Umbaus der bestehenden Gebäude und eines Zubaus – eingereicht. Die lokale FPÖ charakterisierte es in der Parteizeitung als »islamische Kleinstadt mitten in Herzogenburg«;327 abgesehen von Artikeln in FPÖ-Aussendungen hat die Partei aber keine öffentlichen Aktionen gegen das neue Zentrum durchgeführt. Zum neuen Zentrum hat der Moscheeverein bisher keine Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt, obwohl die Stadtgemeinde angeboten hatte, eine Pressekonferenz zu organisieren; die Mehrheit im Verein ist dagegen,

326 Interview Seker, 12. 10. 2010. 327 »Die islamische Kleinstadt mitten in Herzogenburg«: FPÖ Niederösterreich, Freiheitlicher Gemeindekurier Nr. 510672/2010, S. 2. Internetquelle: www.st-poelten.fpoe-noe.at (Zugriff 15. 8. 2012).

Fallstudien zur Entwicklung von Moscheen in Österreich

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Abbildung 18: Islamisches Zentrum Herzogenburg, Baustelle (Juli 2013)

weil man befürchtet, noch mehr Widerstände gegenüber dem Bauvorhaben auszulösen.328

4.3

Ternitz (Niederösterreich)

Ternitz ist eine Stadtgemeinde im Bezirk Neunkirchen im südlichen Niederösterreich, die bis heute durch die 1870 gegründeten Stahlwerke Schoeller (ab 1924 Schoeller-Bleckmann) geprägt ist. Der 1946 verstaatlichte Konzern wurde Anfang 1995 privatisiert.329 Ab den 1960er Jahren waren ArbeiterInnen aus der Türkei in Ternitz sowie im Semperitwerk im benachbarten Wimpassing beschäftigt. Durch die Arbeitsmigration veränderte sich die Bevölkerungsstruktur der Gemeinde: 2011 betrug der Anteil der Bevölkerung mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft 8,1 % (2001: 7,7 %), 12,3 % der Bevölkerung sind im

328 Telefonisches Interview mit Herrn Richard Waringer (Jugendgemeinderat, SPÖ), 17. 8.2012. 329 Website Schoeller-Bleckmann Edelstahlrohr, Unternehmensgeschichte, Weblink: www. sbr.at (Zugriff 11. 5. 2012).

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Ausland geboren.330 Bei der Volkszählung 2001 gaben 1436 Personen (9,42 % der Bevölkerung) ein muslimisches Religionsbekenntnis an. Damit ist der muslimische Bevölkerungsanteil in Ternitz mehr als doppelt so hoch wie der der österreichischen Gesamtbevölkerung im Jahr 2001 (4,21 %).331 Eine Studie zur Situation der Migranten aus der Türkei in Ternitz weist auf Phänomene der sozio-ökonomischen Prekarität und Exklusion hin, u. a. auf durchschnittlich niedrige Einkommen und ein erhöhtes Armutsrisiko (Horvath 2006, 181ff). Etwa um 1981/82 wurde ein erster muslimischer Gebetsraum eingerichtet.332 Er bestand aus einem etwa 40 m2 großen Raum sowie einem kleinen Vorraum. Damals gehörte die Moschee zur Bewegung der SüleymanÅi, der vom türkischen Religionsgelehrten Süleyman Tunahan gegründeten islamischen Bildungsbewegung. 1991 kam es zur Gründung des Vereins ATI˙B Ternitz und wie an vielen Orten zu einer Spaltung der muslimischen Gemeinde: Sie trennte sich in eine SüleymanÅi-Gruppe, die später nach Neunkirchen zog, und in eine Gruppe, die der religionspolitischen Linie des »Amts für religiöse Angelegenheiten« (Diyanet) des türkischen Staats folgt und über das Amt einen Imam zugeteilt bekommt. Im gleichen Jahr mietete der Verein ATI˙B einen ehemaligen Supermarkt in der Dr. Fraundorfergasse 3 als Vereinszentrum und Gebetsraum. Alle fünf Jahre wurde ein weiterer Teil des Gebäudes dazugemietet und adaptiert, sodass nun eine Fläche von rund 250 m2 zur Verfügung steht, davon etwa 110 m2 für den Gebetsraum, der etwa 150 Menschen fasst. Heute umfasst der Verein 250 Mitglieder, 1991 waren es rund 50 zahlende Mitglieder. Der Vermieter will das Gebäude, solange er lebt, nicht verkaufen. Für den Verein ergibt sich dadurch das Problem, dass er seit 21 Jahren in einem Provisorium untergebracht ist, in das man nicht wirklich investieren kann und will. Etwa 2009 hatte der Verein die Absicht, ein Haus gegenüber in der F.– Lichtenwörther-Gasse für das neue Vereinszentrum zu kaufen. Laut Obmann Ing. Ergül hätten damals die Probleme begonnen: »Dann sind alle Bürger einmal zum Bürgermeister gegangen: Sie wollen das nicht, hin und her. Da hat die Politik ein bissl mitgespielt – wollen das nicht, hin und her. Sie wollen keinen islamischen Verein, keine Moschee, hin und her, im Wohngebiet. Dann sind wir von dem wieder zurückgegangen: Also o.k., lassen wir euch das da, da wollen wir nichts.«333 330 Quelle: Statistik Austria, »Ein Blick auf die Gemeinde«, 31839 – Ternitz, Bevölkerungsstand und -struktur 1. 1. 2011. Weblink: www.statistik.at/blickgem (Zugriff: 11. 5. 2012). 331 Quelle: Statistik Austria (Hg.) Volkszählung. Hauptergebnisse I – Niederösterreich, Wien 2003, 146. 332 Quelle der folgenden Angaben: Interview mit dem Obmann des Vereins ATIB Ternitz, Ing. Ümit Ergül, Moschee Ternitz, 25. 3. 2012. Für die Vermittlung danke ich Hr. Mehmet Fatih Mercan. 333 Interview Ergül, 25. 3. 2012.

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Abbildung 19: bisherige Moschee ATI˙B Ternitz, Dr. Fraundorfergasse, Gebetsraum. V.l.: Ing. Ümit Ergül, Obmann; Atak Ilhan, Kassier (März 2012)

Die Gemeindeführung habe damals dem Verein angeboten, ihm bei der Suche nach einem anderen Objekt oder Grundstück behilflich zu sein und auch die Erschließungskosten des Grundstücks zu übernehmen, »wenn wir verzichten auf dieses eine Gebäude und woanders, bissl weiter weg von der Stadt [hingehen]«.334 2010 wurde schließlich seitens der Gemeinde ein Grundstück außerhalb des Wohngebiets, in der Wassergasse, vorgeschlagen. Um Befürchtungen in der Bevölkerung gegenüber dem Bau einer Moschee zu zerstreuen, griff Bürgermeister Landtagsabgeordneter Rupert Dworak (SPÖ) zur Sprachregelung, es sei ein »Integrationshaus« geplant, »wo Frauen und Kinder in deutscher Sprache unterrichtet werden.«335 Weiters sei ein »straffer Vertrag« mit dem Verein ATI˙B vorgesehen: Das Grundstück werde an ATI˙B Ternitz zu einem jährlichen Baurechtszins von 8.000 Euro verpachtet und bleibe im Besitz der Stadtgemeinde. Die bauliche Gestalt sei Teil des Baurechtsvertrags zwischen Stadtgemeinde und Verein; damit solle der Bau einer Moschee mit Minarett verhindert werden. Der Bürgermeister stellte klar, dass der Verein über den Pachtvertrag kontrolliert werden sollte: »Sollte der Verein bis zu diesem Zeitpunkt so arbeiten, dass es tatsächlich Integrationsarbeit ist, ist es okay. Falls nicht, hat die Gemeinde die 334 Ibid. 335 »›Integrationshaus‹: Straffer Vertrag mit Türken-Verein«: mein bezirk, Bezirksblatt Ternitz, 11. 5. 2011. Zitiert nach Website Stadtgemeinde Ternitz, Bürger-Forum. Weblink: www. ternitz.gv.at/service_dialog/forum/forum.php?show=1712 (Zugriff 13. 5. 2012).

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Möglichkeit, den Verein sofort zu delogieren.«336 Die Gemeinde beharrte darauf, dem Verein ATI˙B kein Grundstück für das islamische Zentrum zu verkaufen, sondern nur zu verpachten. Obmann Ing. Ergül zitiert einen Gemeindevertreter : »Er ist ein waschechter Österreicher – und solange er halt da ist, verkauft er an uns nichts. Es geht nur Verpachten.«337 Der österreichische Dachverband ATI˙B Union war mit diesen Bedingungen nicht einverstanden und schlug dem Verein vor, ein Grundstück zu suchen, das man unbefristet und autonom benutzen könnte. Der Verein suchte daraufhin in Eigenregie ein privates Grundstück und kaufte schließlich nach neunmonatigen Verhandlungen im Frühjahr 2012 ein 3.900 m2 großes Grundstück im Industriegebiet, etwa 5 Minuten vom Bahnhof entfernt in der Werkstraße 12. Auf dem Grundstück befindet sich ein Gebäude, eine ehemalige Dreherei der Stahlwerke Schoeller-Bleckmann, die als Diskothek benutzt worden war, danach etwa acht Jahre leer stand und in einem schlechten baulichen Zustand ist. Der Verein überlegte verschiedene Optionen: das alte Gebäude zu renovieren und aufzustocken, es zu renovieren und zusätzlich einen Neubau daneben zu errichten oder das alte Gebäude abzureißen und nur ein neues Gebäude zu bauen. Das Problem des Vereins besteht darin, dass die Ersparnisse aus 21 Jahren für den Grundstückskauf und die Gebühren (rund 280.000 Euro) verbraucht worden sind und für den Neubau kein finanzieller Spielraum besteht. Dazu kommt die Miete von 1050 Euro für das derzeitige Zentrum, solange das neue Gebäude nicht benützbar ist. Schließlich entschied sich der Moscheeverein für die Variante, einen Neubau mit Kuppel zu errichten und das angrenzende alte Fabriksgebäude zu sanieren. Schon vor dem Grundstückskauf wurde der Plan für den Neubau der Stadtgemeinde vorgelegt, um zu verhindern, dass der Kauf erfolge, aber die Stadtgemeinde eine Baugenehmigung verweigere. Der Bau eines Minaretts ist beim Neubau nicht vorgesehen. Obmann Ergül erläutert im Interview: »Minarettenverbot – das hat uns die Gemeinde schon gleich am Anfang gesagt, das wollen sie nicht. Da haben wir auch gesagt: Wir wollen keinen provozieren. Weil, was bringt uns ein Minarett, haben wir gesagt, wenn eh keiner raufsteigt und der Muezzin also runterschreit, sage ich einmal. Das wollen wir sowieso nicht. Wir wollen keinen provozieren, das war unsere Grundvoraussetzung. Wir wollen nur ein Gebäude haben, weil hier – hab’ ich gesagt – da schämen wir uns wirklich, wenn jemand zu Besuch kommt. Weil es ist immer dazu gebaut worden, es ist nicht wirklich Geld investiert worden. Es ist nur gepfuscht, gepfuscht, gepfuscht.«338

336 »›Integrationshaus‹: Straffer Vertrag mit Türken-Verein«: Bezirksblatt, op. cit. 337 Ibid. 338 Interview Ergül, 25. 3. 2012.

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Abbildung 20: neue Moschee ATI˙B Ternitz (Juni 2013)

Die SPÖ-dominierte Gemeindeführung (26 von 37 Mandaten) hatte dem muslimischen Verein signalisiert, von vornherein von baulichen islamischen Symbolen abzusehen oder diese möglichst wenig sichtbar zu gestalten. Der ATI˙B-Obmann gibt die entsprechenden Verhandlungen zwischen Verein und Gemeindeführung über die architektonische Gestalt des neuen islamischen Zentrums so wieder : »Bei unseren Gesprächen haben die gesagt: Wann wir sich [sic] bitte, also solche Sachen weglassen könnten, dass man halt die Bevölkerung nicht provozieren, so auf die Art. Die Kuppel – da wollten sie schon, dass wir die Seitenwände in die Höhe tun, dass man’s nicht sieht. Wir überlegen ehrlich gesagt, ob wir überhaupt eine Kuppel wollen, eine Kuppel, weil’s teuer ist, weil wir kein Geld haben. Nur, in unseren Köpfen ist es völlig wurscht, ob wir ein Minarett haben – das kost’ ein Geld, die Kuppel kost’ ein Geld. Wir wollen nur ein Gebäude haben, wo man wirklich in modernen Verhältnissen leben kann, als normaler Mensch. (…) Wir sind auch Menschen, wir haben auch das Recht, dass wir ein Gebäude modern einrichten können, damit wir dort unseren Verein haben.«339

Nachdem der Verein ATI˙B nun ein Grundstück für das neue Vereinszentrum gekauft hat, geht es der Stadtgemeinde weiterhin darum, das islamische Zen339 Ibid.

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trum mit dem Begriff »Integrationshaus« sprachlich unsichtbar zu machen bzw. die Unsichtbarkeit des Zentrums im öffentlichen Raum hervorzustreichen, um Befürchtungen in der Bevölkerung gegenüber dem Bau einer »Moschee« auszuräumen. Das Bezirksblatt berichtet, dass ein Neubau mit einer »kleinen Glaskuppel« geplant sei, und zitiert Bürgermeister Dworak, der beteuert: »Diese wird von außen allerdings kaum sichtbar sein.«340 Im Interview erzählt Obmann Ergül eine Anekdote, die etwas vom Klima im Ort anschaulich macht: Der Moscheeverein habe den Bauern, der ihm regelmäßig Milch liefert und mit dem er in gutem Kontakt ist, angefragt, ob er gegen Bezahlung mit dem Traktor Gerümpel vom Baugrundstück wegtransportieren könnte. Der Bauer habe den Auftrag abgelehnt – denn was würden die Leute sagen, wenn sie erfahren würden, dass er für den Moscheebau arbeitet.341

Abbildung 21: neue Moschee ATI˙B Ternitz, Gebetshalle innen, Kibla-Wand (Juni 2013)

Der Moscheeverein entschied sich schließlich für die Lösung, das alte Fabrikgebäude zu renovieren und daneben einen Neubau mit einer Glaskuppel

340 »Glaskuppel für das Gebetshaus«: mein bezirk.at, 8. 5. 2012. Weblink: http://regionaut.meinbezirk.at/neunkirchen (Zugriff 11. 5. 2012). 341 Interview Ergül, 25. 3. 2012.

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und ohne Minarette zu errichten. Mit dem Bau wurde im Mai 2012 begonnen, die Eröffnung ist für September 2013 vorgesehen.

4.4

Hohenems (Vorarlberg)

In Hohenems bestand über mehr als 300 Jahre eine bedeutende jüdische Gemeinde. Ihre Spuren sind bis heute im Ort sichtbar, u. a. in Form der ehemaligen Synagoge aus dem Jahre 1772, des Ritualbads und des jüdischen Friedhofs. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde beginnt mit der Ansiedlung der ersten Juden im Jahre 1617.342 Der Höhepunkt der Entwicklung der jüdischen Gemeinde lag in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Staatsgrundgesetz von 1867 ermöglichte den Juden die freie Wahl des Wohnortes, viele jüdische Familien wanderten von Hohenems vor allem nach Wien und in die Schweiz aus. 1935 hatte die Jüdische Gemeinde nur mehr 16 Mitglieder, 1940 wurde sie von den Nationalsozialisten aufgelöst. Die letzten verbliebenen Juden wurden in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Nach dem Krieg lebten jüdische Überlebende der NS-Lager als »Displaced Persons« einige Jahre in Hohenems. Das Jüdische Museum Hohenems erinnert heute an die Geschichte der landjüdischen Gemeinde, ihr Ende und die Zeit nach dem Weltkrieg. In Hohenems entstand der erste muslimische Gebetsraum auf dem Betriebsgelände der Textilfirma Josef Otten in der Schwefelbadstraße. In der 1941 gegründeten Firma waren hunderte türkische Arbeiter beschäftigt, die in den Werkswohnungen auf dem Gelände wohnten.343 Der Verein hatte damals ungefähr 40 bis 50 Mitglieder. Der Gebetsraum wurde in einem landwirtschaftlichen Gebäude eingerichtet, darüber befand sich der Heuboden. Der ca. 50 m2 große, von der Firma gemietete Raum war sehr niedrig und hatte sehr kleine Fenster. Im Raum stand ein Holzofen, und im Winter brachte jeder Holz zum Beheizen mit. Gebetsnische und Kanzel gestaltete man selbst aus Holz. Ab 1988 wurde zusätzlich der Raum darüber, der ehemalige Heuboden ohne Fenster, für den islamischen Unterricht der Kinder und andere Zwecke genutzt. Es gab keine Tische, die Kinder saßen auf dem Boden. An den Hauptfesten legte man bei gutem Wetter noch draußen Teppiche auf, um mehr Platz zu schaffen. Als die Firma Otten 1992 das Betriebsgelände verkaufte, musste der Verein den Raum verlassen. Er mietete 1992 eine Halle (ca. 300 m2) in einer Schlosserei in der 342 Zum Folgenden: Website des Jüdischen Museums Hohenems, Kategorie »Geschichte«. Internetquelle: http://jm-hohenems.at (Zugriff 8. 10. 2012). 343 Zum Folgenden: Interview mit Osman Güvenc (Obmann Verein ATIB Hohenems seit Februar 2009), Ersan Ünal (Schriftführer des Vereins) und Cuma Cakici (Obmann in den Jahren 1988 – 1994). Ich danke ihnen für die Gastfreundschaft und das ausführliche Interview am 26. 3. 2011 in der ATIB-Moschee »Imam Azam« in Hohenems.

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Robert Koch-Straße. Für die Adaptation der Halle – Einrichtung des Gebetsraums, Teppiche, Trennwände, Sanitäranlagen – wurden ca. 400.000 Schilling investiert. 2002 ging der Schlossermeister in Pension und wollte das Gebäude verkaufen. Der Verein musste sich rasch entscheiden, ob er als Mieter bleiben sollte – mit dem Risiko, dass der nächste Besitzer den Vertrag kündigt -, ob er umsiedeln sollte und damit die Investitionen verlieren würde, oder ob er selbst das Gebäude kaufen sollte. Der Verein kaufte 2002 das Objekt – in dieser Drucksituation laut eigenen Angaben überteuert, um 14 Millionen Schilling. Von den damals etwa 200 Mitgliedern (2011: rund 400) hatte etwa die Hälfte zu dieser Zeit bereits die österreichische Staatsbürgerschaft, sodass der Kauf der Immobilie und der Bankkredit möglich waren. Man richtete ein Lokal ein, um die Einnahmen zu vergrößern, eine Wohnung für den Imam usw. Der Gebetsraum der »Imam Azam-Moschee« für Männer bietet Platz für etwa 300 Personen, der Gebetsraum für Frauen etwa für 150 Personen.

4.5

Felixdorf (Niederösterreich)

Felixdorf ist eine kleine Gemeinde im Bezirk Wiener Neustadt (Land) im niederösterreichischen Industrieviertel, zehn Kilometer von Wiener Neustadt entfernt. Bei der Volkszählung 2001 wurden insgesamt 4288 Einwohner gezählt, davon haben 612 Personen (14,3 %) eine ausländische Staatsbürgerschaft (423 davon türkische Staatsbürgerschaft). 730 Personen haben bei der Volkszählung 2001 die islamische Religionszugehörigkeit angegeben. Das entspricht einem muslimischen Bevölkerungsanteil von 17 % – nach Waldegg (Niederösterreich) einer der höchsten in Österreich. Wie an vielen Orten in Österreich ist die Arbeitsmigration nach Felixdorf eng mit der Industriegeschichte verbunden. Im Viertel unter dem Wiener Wald, im Süden von Wien, in dem der Ort liegt, nahm die Industrialisierung im heutigen Österreich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Ausgangspunkt. Die Region entwickelte sich zu einem Kerngebiet der Industrialisierung der Habsburgermonarchie. 1802 wurde die Pottendorfer Baumwollspinnerei gegründet, die den Beginn der modernen Fabrikindustrialisierung in Österreich markiert (s. Matis 2007). Bis 1814 entstanden im Wiener Becken elf weitere große Baumwollspinnereien, u. a. in Schwadorf, Teesdorf, Sollenau und Münchendorf. 1837 waren in den Spinnfabriken in der Region rund 5200 Personen tätig (cf. Hahn 2002, 87). In Felixdorf, das 1822 vom Wiener Neustädter Bürgermeister als Siedlung gegründet worden war, bestanden seit Mitte der 1820er und Anfang der 1830er Jahre zwei Baumwollspinnereien, 1872 kam eine Spinnerei und 1893 eine Spinnfabrik dazu. Durch die Fabriken wuchs die Bevölkerung rasch: von 160

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Einwohnern vor den Fabriksgründungen auf 311 Einwohner im Jahr 1831, auf 899 im Jahr 1869 und auf 1727 im Jahr 1880, davon waren drei Viertel Zuwanderer (cf. Hahn 2002, 88). 1880, im Zuge der starken Expansion der Fabriken, kam bereits ein Drittel der Bevölkerung aus Böhmen, 6 % stammten aus Mähren; die Arbeiter waren in den Kronländern systematisch angeworben worden (cf. Hahn 1992, 122). Ab 1917 gehörten die Felixdorfer Werke zusammen mit den Baumwollspinnereien in Neunkirchen, Pottendorf u. a. zum Konzern Isaak Mautner und Sohn, zur »Österreichischen Textilwerke AG«, die 1905 gegründet worden war und sich zum größten Industrieunternehmen der Donaumonarchie entwickelte (cf. Otruba 1990). In der Weltwirtschaftskrise brach das Mautner-Imperium zusammen, die Beteiligungen gingen an die Creditanstalt über, die nun u. a. der Besitzer der Spinnereien in Felixdorf und Pottendorf war. Ab 1942 waren in Räumen der Felixdorfer Weberei Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten (»Ostarbeiter«) untergebracht, die für die Flugzeugwerke in Wiener Neustadt arbeiteten (cf. Zimmerl 2008, 363 f). 1944 kam es zu Bombardierungen in Pottendorf und Felixdorf, die Fabriken mussten stillgelegt werden und wurden im Mai 1945 wieder in Betrieb genommen. Nachdem bereits vorher im benachbarten Lichtenwörth ein Lager für jüdische Zwangsarbeiter, die man aus Ungarn nach Österreich deportiert hatte, eingerichtet worden war, wurde ab Jänner 1945 auch die zerbombte »Engelmühle« in Felixdorf als Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter verwendet. Rund 2700 Menschen kamen am 5. Jänner 1945 in 35 Waggons in Felixdorf an. Es handelte sich um SchanzarbeiterInnen am »Südostwall«, überwiegend Frauen, die krank und nicht mehr arbeitsfähig waren und deren sich die Gauleitungen entledigen wollten. 600 noch Arbeitsfähige wurden als Zwangsarbeiter an Betriebe abgegeben, 2000 Menschen starben an Flecktyphus, der im Lager ausbrach. 1950 errichtete die Gemeinde einen Gedenkstein auf dem Massengrab, das als jüdischer Friedhof von der Wiener Kultusgemeinde betreut wird (cf. Lappin-Eppel 2009; Lappin-Eppel 2010, 374ff). Das Unternehmen wurde 1962 in »Pottendorfer Textilwerke AG« umbenannt. Die Pottendorfer Spinnerei wurde 1978, die Spinnerei in Felixdorf, die sich zuletzt im Besitz der »Linzer Textil AG« befand, 2005 geschlossen. Ab ca. 1969 kamen die ersten Arbeitsmigranten aus Zentralanatolien nach Felixdorf, um in den Textilwerken zu arbeiten. Sie bildeten die Nachfolger der Arbeitsmigranten, die ab Ende des 19. Jahrhunderts mehrheitlich aus dem böhmisch-mährischen Raum gekommen waren (cf. Hahn 1992; Hahn 2008, 196). Seit dieser Zeit war der Ort wesentlich durch die Fabrik und die Arbeitsmigration geprägt. Dabei folgten ihnen die türkischen ArbeiterInnen nicht nur in ihrer Funktion für die Produktion nach, sondern auch in ihrer sozialen Stellung: Wie die Tschechen als Lohnarbeiter und als Protestanten mehrfach

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fremd gewesen waren (cf. Hahn 2008, 202), so waren (und sind) nun die »Türken« von der sozialen Schicht her, kulturell, sprachlich und religiös Fremde. Direkt angrenzend an das Fabrikgebäude der »Pottendorfer« existierte eine Siedlung aus sechs Baracken, in der 48 Familien lebten, sowie ein Arbeiterwohnhaus für ca. 35 Familien.344 In den Baracken lebten die Familien in zwei Zimmern auf 26 Quadratmeter ; je zwei Familien teilten sich das WC und die Dusche am Gang. Mit den Kindern lebten rund 400 Menschen in dieser Arbeitersiedlung auf dem Fabrikgelände, die Mehrheit von ihnen sunnitische Muslime aus Anatolien, einige Aleviten und einzelne serbische sowie kroatische Familien mit orthodoxer Konfession. Die Arbeiter waren dort von der österreichischen Bevölkerung isoliert: Von der Schichtarbeit in der Fabrik ging man direkt in die Dienstwohnungen. Die Siedlung befand sich wie die Fabrik außerhalb des Ortsgebiets. Man hatte keine Deutsch sprechenden Nachbarn und traf Österreicher nur beim Einkaufen. Manchmal kamen Felixdorfer beim Spaziergehen an der Siedlung vorbei und schauten die Bewohner, die vor den Baracken oder unter den Bäumen saßen, aus der Ferne an. Aufgrund der niedrigen Einkommen war man damals aber faktisch gezwungen, in den Arbeiterwohnungen zu bleiben. 2001 wurden die Baracken abgerissen. Die soziale Situation der türkischen Arbeitsmigranten erinnert an die Isolation, wie man sie generell von den Arbeitersiedlungen in der Nähe der Fabriken Ende des 19. Jahrhunderts kennt. Sie erinnert auch an die völlige Isolierung der Arbeitsmigranten aus Italien in Österreich, die Ende des 19. Jahrhunderts u. a. im Eisenbahnbau, im Straßenbau und in den Ziegelwerken – teilweise auch im Bergbau – eingesetzt wurden, in Notunterkünften untergebracht waren, in der gesellschaftlichen Hierarchie ganz unten standen und von der einheimischen Bevölkerung angefeindet wurden (cf. Konrad 1981, 367ff). Wie überall in Österreich existierte auch in Niederösterreich zu Beginn der Arbeitsmigration aus der Türkei noch keine Infrastruktur für die Muslime. Man feierte nur die beiden muslimischen Hauptfeste. Für das Gebet mietete man für etwa zwei Stunden die Halle der Gewerkschaft und des Dorotheums in der Wiener Straße in Wiener Neustadt.345 Damals kamen rund 300 bis 400 Arbeiter 344 Zum Folgenden: Interview Mehmet Fatih Mercan, Sollenau, 2. 8. 2010. Mercan wuchs in der Barackensiedlung neben der »Pottendorfer« auf und war zur Zeit des Interviews Obmann des Vereins ATIB Felixdorf (Jänner 2010 – Oktober 2011) – der erste Obmann der zweiten Generation der Arbeitsmigranten aus der Türkei in Felixdorf, die schon in Österreich aufgewachsen ist. Von Mai 2010 bis Oktober 2011 war er Koordinator für ATIB Niederösterreich, Wien und Steiermark (Quelle: e-mail-Kommunikation M. Fatih Mercan, 25. 5. 2013). 345 Zum Folgenden: Interview mit Herrn Sait Tunca, Mitglied ATIB Felixdorf, ATIB-Moschee Felixdorf, 18. August 2010. Herr Tunca ist 1950 in Istanbul geboren, war in der Türkei professioneller Ringer und kam 1973 über das türkische Arbeitsamt in die Spinnerei Walek und Co. (Wiener Neustadt).

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aus der Türkei zusammen. Als Miete zahlte man ca. 1000 Schilling; jeder spendete ein paar Schilling für die Miete. Was übrig blieb, spendete man dem Personal, das die Halle putzte. Herr Tunca erinnert sich an das Feiertagsgebet in Wiener Neustadt: »Das ist ganz primitiv gewesen: eine Halle, jeder nimmt seinen Teppich mit – einen kleineren, zum Beten (…).« Der Vorbeter sei kein ausgebildeter Imam gewesen, sondern einer der Arbeiter, der besser rezitieren konnte »und eine Ahnung von der Religion hatte.«346 Nach ein paar Jahren, 1976, fragte einer der türkischen Arbeiter jemanden von der Betriebsleitung in der »Pottendorfer« in Felixdorf, ob die muslimischen Arbeiter einen Raum für das Gebet bekommen könnten. Man erhielt die Erlaubnis, ein sehr kleines Gebäude, das nicht verwendet wurde und leer stand, ohne Miete verwenden zu dürfen. Es handelte sich um die ehemalige, aus zwei Räumen bestehende Leichenkammer in der Mühlstraße 7, in einem Wäldchen am Rand des Betriebsgeländes. Man half zusammen, das Gebäude in Stand zu setzen: Es wurde gereinigt, die Wände wurden gestrichen, Tischler renovierten den Boden, der dann mit Teppichen ausgelegt wurde. Der damals 26-jährige Sait Tunca – damals einer der Jüngsten unter den Arbeitern aus der Türkei – hatte die Idee, den Innenraum mit kreisförmigen Kalligraphien der Namen Allah, Muhammad und der ersten Kalifen auszustatten; die von ihm mit Ölfarben gemalten Kalligraphien sind bis heute zu sehen. Damit existierte 1976 die erste, winzige Moschee in Niederösterreich und eine der ersten in Österreich; der Raum ist bis heute erhalten und steht leer. Man nutzte den Raum nicht täglich, sondern nur für das Freitagsgebet und am Wochenende, u. a. für den Unterricht im Koranlesen für die Kinder.347 Im Gebäude gab es weder Strom noch eine Toilette. Anfangs benutzte man Kerzen, später Gaslampen und schließlich einen Benzingenerator, um die Moschee zu beleuchten und einen Lautsprecher zu versorgen. Es existierte eine primitive Wasserleitung, sodass man die Waschungen vor dem Gebet dort vornehmen konnte. Sofort nach der Fertigstellung der Moschee kamen viele Leute aus der gesamten Umgebung, vor allem zum Freitagsgebet. Die zwei kleinen Innenräume boten Platz für etwa 30 Leute. Man nutzte die Fläche vor dem Gebäude, indem man Teppiche ausbreitete und die Rezitation mit Lautsprecher ins Freie übertrug. Auch wenn man bei Regen und bei Schnee am Freitag draußen im Freien beten musste – das sei egal gewesen. Da zu dieser Zeit sonst keine Moschee in der Gegend existierte, kamen zu Beginn an den Hauptfesten rund 500 Leute. Man richtete aber nicht nur eine religiöse Infrastruktur für die Migranten aus der Türkei ein – schon ab Anfang der 70er Jahre gab es auch türkische Filme 346 Ibid. 347 Zum Folgenden: Interview Mercan, 2. 8. 2010.

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Abbildung 22: erster, ehemaliger Gebetsraum in Felixdorf, Innenansicht (Sommer 2010)

in Felixdorf, die von einem der türkischen Arbeiter organisiert wurden: Er mietete stundenweise am Sonntag das lokale Kino für die Vorführung türkischer Filme, vor allem Liebesfilme.348 348 Interview Tunca, 18. 8. 2010.

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Auch wenn es nur ein sehr kleines Gebäude war, das als Gebetsraum benutzt werden konnte, so hatte es doch für die muslimischen Migranten eine große Bedeutung. Sait Tunca drückt diesen Stellenwert im Interview so aus: »Am Anfang war es unser Lieblingshaus, Lieblingsstück in unserem Leben.«349 Mehmet Fatih Mercan, der heutige junge Obmann, beschreibt es so: »Es war eine Verbindung zu unserer Religion und Kultur. Wenn wir uns dort getroffen haben, haben wir unsere Religion praktiziert, unseren Religionsunterricht bekommen, und das war auch Teil unserer Kultur, ja. Es war damals für uns ein Ort, wo wir uns wohler gefühlt haben, wo wir uns anerkannt gefühlt haben (…) Obwohl dass wir irgendwie so abgegrenzt, ganz abseits waren – es war trotzdem ein Ort, mit dem unsere Identifikation verbunden war. Da haben wir immer das Gefühl gehabt: Da bin ich in einem guten Stand, wo ich mich identifizieren kann, wo ich meine Religion ausüben kann. Das hat eine große Rolle gespielt.«350

Die Einrichtung der ersten Moschee inspirierte muslimische Arbeiter an anderen Orten, ebenfalls einen Gebetsraum einzurichten. Etwa ein Jahr später, ungefähr 1977, fragten türkische Arbeiter bei der Leitung der (schon 1803 gegründeten) Baumwollspinnerei in Teesdorf in der Umgebung von Felixdorf an, ob man einen Raum für das Gebet bekommen könnte. Die Betriebsleitung stellte ein größeres Zimmer in den Dienstwohnungen neben der Fabrik ohne Miete zur Verfügung. Der Raum wurde von Sait Tunca wieder mit Kalligraphien ausgestattet. Danach entstanden an weiteren Orten im Industrieviertel kleine muslimische Gebetsräume: Nach Felixdorf und Teesdorf entstand eine Milli-Görüs¸Moschee in der Bahngasse in Wiener Neustadt, die später nach Sollenau übersiedelte.351 Aus heutiger Sicht ist bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit die Firmenleitungen damals in den 1970er Jahren den Arbeitern aus der Türkei Räumlichkeiten für Moscheen zur Verfügung stellten, noch dazu kostenlos. Der Bericht von Sait Tunca gibt einen Eindruck davon, wie sich die muslimischen Arbeiter, die ihre Religion in der Diaspora praktizieren wollten, in dieser Anfangsphase ihre religiöse Infrastruktur selbst schufen: »Wir brauchten einen Vorbeter, und Bekir Hoca hatte mehr Erfahrung. Das haben wir gesehen. Er war in der Türkei Hilfs-Imam gewesen. Dann haben wir alle zusammen entschieden: Ja, er darf beten, er weiß, er hat viel Ahnung, und seine Stimme – alles okay.«352

Er fungierte dann – ehrenamtlich, ohne Bezahlung – als Vorbeter. Nach nicht einmal zwei Jahren schlug er vor, die Moschee in ein größeres Haus in der 349 350 351 352

Ibid. Interview Mercan, 2. 8. 2010. Interview Tunca, 18. 8. 2010. Ibid.

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Fischaugasse in Wiener Neustadt zu übersiedeln, da immer mehr Leute kämen und das Gebäude in der Mühlstraße in Felixdorf zu klein werde. Der Imam traf die Vereinbarung mit dem Besitzer des Hauses in der Fischaugasse, mietete das Haus, und die Moschee wurde dorthin verlegt. Der Vorgang spiegelt eine Änderung der Verhältnisse innerhalb der kleinen Gemeinschaft wider : von der demokratischen Struktur der Anfänge (»alle zusammen«) zur autoritären Entscheidung des Vorbeters. Allmählich habe man aber entdeckt, dass der Imam nicht den vom türkischen Staat anerkannten Islam vertrete, sondern die Richtung der SüleymanÅı. Es kam zur Spaltung: Die Felixdorfer Gruppe zog ungefähr Anfang der 80er Jahre wieder nach Felixdorf zurück und fing hier von vorne an; aus der Moschee in der Fischaugasse entwickelte sich die heutige große Moschee der »Union Islamischer Kulturzentren« in Wiener Neustadt. Etwa Mitte der 1980er Jahre wurde vielen Familien aus der Türkei klar, dass sie hier in Österreich bleiben würden. Einige Familien, wie die Familie von Fatih Mercan, unternahmen einen Versuch, wieder nach Anatolien zurückzugehen, aber man erlebte, dass man dort fremd geworden war. Zu dieser Zeit, ungefähr 1986, fand man für die Moschee einen anderen Ort in der Bahnstraße. Es handelt sich um Gebäude der »Pottendorfer«-Fabrik, in denen Dienstwohnungen eingerichtet waren und in der zahlreiche türkische Familien wohnen. Die Moschee, die man dort einrichtete, wurde Eyüpsultan Camii genannt. Dort waren Strom, Wasser und Toiletten vorhanden. Wieder stattete Sait Tunca den neuen Gebetsraum mit Kalligraphien aus. Zu dieser Zeit habe man sich damit begnügt, einen Ort zum Beten zu haben. Aber langsam seien die Probleme bzw. die Notwendigkeit, die Aktivitäten des Vereins zu erweitern, bewusst geworden: »Wenn die Kinder keine gute Ausbildung haben, dann kommen sie nicht weiter, dann landen sie auf irgendeiner Baustelle oder irgendeiner Firma, wo sie erstens sehr wenig verdienen und zweitens auch wirklich auch, manchmal auch beleidigt werden, wie ohne Namen sagen – pff pff – ihn durch Pfeifen herzuholen. Das hat die Menschen manchmal gestört. Wir haben gesagt: Wieso werden wir so schlecht behandelt oder wieso müssen wir in diesen schlechteren Wohnungen wohnen? Was müssen wir machen?«353

Man erkannte, dass höhere Bildungsstandards und bessere Sprachkenntnisse den Schlüssel zu einer grundlegenden Veränderung bilden und dass der Verein dafür Räumlichkeiten brauchen würde. Das war der Ausgangspunkt für Überlegungen, in Felixdorf ein neues größeres Zentrum einzurichten, in dem man u. a. den Jugendlichen Räume zur Verfügung stellen könnte. Ungefähr 2004 kaufte der Dachverband ATI˙B ein großes, ehemaliges Betriebsgebäude in der 353 Interview Mercan, 2. 8. 2010.

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Abbildung 23: Moschee »Eyüpsultan Camii«, ATI˙B Felixdorf, Bahnstraße (August 2010)

Schulstraße 57 in Felixdorf auf einer Fläche von etwa 2.000 m2. Es wird seither zu einem neuen Zentrum umgebaut, um dort Schulungen, Nachhilfe vor allem für Jugendliche, Deutschkurse für Frauen anbieten zu können sowie eine Bibliothek, neue Gebetsräume für Männer und Frauen sowie Räume für die Waschungen einzurichten. Geplant ist, dass die Administration des Zentrums von der Zentrale an den lokalen Verein übergeben wird. Minarette sind nicht geplant, sondern kuppelförmige Vordächer über den drei Eingängen.354 Die FPÖ setzte das Thema des neuen ATI˙B-Zentrums in ihrem Wahlkampf für die Gemeindewahlen am 14. März 2010 ein. In einer Postwurfsendung der FPÖOrtsgruppe Felixdorf hieß es: »Felixdorf darf nicht Bad Vöslau werden!« Da hinter dem Umbau ATI˙B stehe, werde es sich um ein Gebetshaus »der fundamentalistischen Sorte« handeln. Man wisse nicht, ob Minarette geplant seien – aber man stellte schon einmal die Forderung auf: »Keine Minarette in Felixdorf!« In einem anderen Teil der Wahlkampfbroschüre wurde neben dem Foto der Klingelanlage eines Wohnhauses mit mehreren türkischen Namen die Aussage getroffen, die »einheimische Bevölkerung« werde bei der Vergabe von

354 Interview Mercan, 2. 8. 2010.

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Entwicklung von muslimischen Gebetsräumen und Zentren in Österreich

günstigen Wohnungen benachteiligt. Gefordert wurde, die Vergabe von Wohnungen nach einem Nationalitätenschlüssel vorzunehmen.355 Fast vierzig Jahre lang lebten die sozialen Gruppen, die »Eingesessenen« und die »Neuankömmlinge« in Felixdorf getrennt voneinander. »Es war immer so ein Nebeneinander – kein Konflikt, aber auch keine Beziehungen (…).«356 Man kannte sich nicht, man grüßte sich nicht auf der Straße. Die Fremden blieben Fremde. Im November 2009 startete der neue, junge Obmann des Vereins ATI˙B Mehmet Fatih Mercan die Initiative, auf die Integrationsfachstelle des Landes und auf den Bürgermeister von Felixdorf zuzugehen. Es entwickelten sich zahlreiche Aktivitäten, wie Mitwirkung von Mitgliedern des Vereins ATI˙B an der lokalen Blutspendeaktion, am Weihnachtsmarkt usw. Dass über diese Aktivitäten in der Gemeindezeitung zunächst nicht berichtet wurde, empfanden die Mitglieder des Vereins als Zurückweisung. Man zog sich wieder zurück. Es wird deutlich, dass die über Jahrzehnte verfestigte soziale Distanz zwischen den Bevölkerungsgruppen, die Figuration »Etablierte – Außenseiter« nicht in einigen Monaten überwunden werden kann.

355 FPÖ Niederösterreich: Freiheitlicher Gemeindekurier Nr. 501312/2010. 356 Ibid.

V. Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

Einleitung In Österreich sind Konflikte rund um die Präsenz und die schrittweise Institutionalisierung der Muslime kein neues, rezentes Phänomen. Ihre Intensität hat sich aber in den letzten Jahren verstärkt, ebenso die öffentliche Aufmerksamkeit, die bis auf die Ebene der bundesweiten Medien und Politik reicht. Um die gesellschaftliche und politische Dynamik rund um die Errichtung muslimischer Infrastrukturen und Bauten der letzten Jahre zu verstehen, muss auf Entwicklungen zurückgegangen werden, die vor allem ab Anfang der 1990er Jahre einsetzen, aber weitgehend verschüttet oder unbekannt sind. Eine solche Betrachtung über einen längeren Zeitraum widerlegt ein vereinfachendes Narrativ, nach dem die Problematisierung des Moscheebaus und die politische Mobilisierung dagegen erst nach 9/11 eingesetzt hätten. Bei diesem historischen Rückblick werden bestimmte Muster sichtbar : - die Kontinuität in den Prozessen der nationalen Abgrenzung gegenüber den »Fremden«, - die Wandlung der Grenzlinie von Ausländern/ Gastarbeitern zu »Muslimen«, - die Verstärkung der ethno-politischen Instrumentalisierung des Themas Islam/ Moschee durch rechtsradikale Parteien und die stetige Intensivierung der öffentlichen Islamdebatten ab 2005 im Kontext globaler Spannungen und Konflikte. Die Entwicklung der Politisierung des Moscheebau-Themas in Österreich kann nach dem derzeitigen Kenntnisstand chronologisch in folgende Phasen eingeteilt werden: Phase 1: vereinzelte öffentliche Thematisierung von lokalen Diskussionen rund um die Einrichtung von Moscheen in den 1980er Jahren (Beispiel: Telfs) Phase 2: Einsetzen der ethno-politischen Instrumentalisierung des »Moschee«Themas durch die FPÖ ab 1993 (Beispiele: Salzburg, Bad Gastein)

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

Phase 3: der Konflikt in Traun (1998 – 2001) als erster überregional bekannter Moscheekonflikt in Österreich Phase 4: nationale Islamdebatten anhand des Themas Minarett- und Moscheebau ab 2005 – Minarettbau in Telfs, geplanter Moschee- und Minarettbau in Bludenz, Moschee- und Minarettbau in Bad Vöslau Phase 5: Kontroversen um die Errichtung islamischer Zentren ohne architektonische Merkmale einer Moschee Phase 6: Moscheebau als Gegenstand parlamentarischer Initiativen und Debatten im österreichischen Nationalrat ab Juni 2007 Phase 7: Anschluss an lokale Initiativen gegen islamische Zentren oder Tarnung in Form einer »Bürgerbewegung« als Mobilisierungsstrategie der FPÖ ab 2007 Phase 8: staatliche Beschränkung der Religionsfreiheit der Muslime ab 2008 – die Bau- und Raumordnungsnovellen in Vorarlberg, Kärnten und Niederösterreich Phase 9: Versuche einer Deeskalation der Moscheedebatten und Schritte einer Gegenwehr gegen die Politisierung des Moscheethemas In diesem Abschnitt sollen die einzelnen Phasen der Politisierung des Moscheeund Minarettbauthemas in Österreich dargestellt werden. Darauf folgen vier Fallstudien zu Moscheebaukonflikten in Österreich: Traun, Spittal a. d. Drau, Freistadt und Bludenz. Dem Konflikt um den Neubau einer Moschee in Bad Vöslau ist das Kapitel VI gewidmet. Für den Abschnitt zum Minarettstreit in Telfs wurden neben der Auswertung von Medienberichten und Internetquellen am 24. März 2011 in Telfs drei Interviews geführt, aufgezeichnet und ausgewertet: mit Mag. Ewald Heinz (Integrationsbeauftragter der Marktgemeinde Telfs), Demir Temel (ehemaliger Obmann ATI˙B Telfs), Mehmet Baykan (Obmann ATI˙B Telfs).

1.

Phasen der Politisierung des Moscheebauthemas in Österreich

Phase 1: vereinzelte öffentliche Thematisierung von lokalen Diskussionen rund um die Einrichtung von Moscheen in den 1980er Jahren Öffentliche Diskussionen rund um die Einrichtung von Gebetsräumen und Vereinszentren der Muslime in Österreich tauchen vereinzelt ab Anfang der 1980er Jahre auf. So berichtet die Tiroler Tageszeitung in ihrer Ausgabe vom 28. Juli 1981 unter dem Titel »Telfs: Bedenken wegen Moschee« über Pläne, eine neue Moschee in Telfs zu bauen. Die Zeitung zitiert Gemeinderäte, die die Position vertreten: Eine Moschee gehört nicht zu den Aufgaben unseres Ortes. Der katholische Pfarrer von Telfs habe angeregt, die Moschee in Innsbruck zu er-

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richten, wo »sie proportionsmäßig besser hinpassen würde.«358 Zu dieser Zeit lebten rund 400 Türken in Telfs, die für die Arbeit in der Telfser Textilindustrie in der Türkei angeworben worden waren, vor allem in Konya, Denizli und Trabzon am Schwarzen Meer. Ein kleiner Gebetsraum existierte ab ca. 1975 am Wiesenweg, in einer Garage in einem Wohnhaus, das einem türkischen Besitzer gehörte. Es war der zweite Gebetsraum nach Innsbruck, der in Tirol eingerichtet wurde. 1986 kam der erste Imam aus der Türkei nach Telfs, und die Muslime konnten mit Hilfe des damaligen Bürgermeisters eine große Wohnung für das Freitagsgebet mieten.359 Ab Herbst 2005, ein Vierteljahrhundert später, ereignete sich ein neuer Konflikt, nun wegen der Errichtung eines Minaretts durch den Verein ATI˙B Telfs, als Ergänzung zum bestehenden Gebäude. Teile der Bevölkerung und der Politik vertraten nach wie vor die Haltung wie in den 80er Jahren: Ein islamisches Symbol passt nicht hierher. Was sich seither geändert hatte, war die Intensität der Politisierung des Bauprojekts und der öffentlichen, medialen Aufmerksamkeit dafür. Das Beispiel Telfs zeigt die Entwicklung des Themas in den letzten zwei Jahrzehnten: Handelte es sich früher um ein Thema, das lokal und regional Aufmerksamkeit erhielt, so sind nun die Moschee- und Minarettprojekte – gerade seit dem Telfser Minarettstreit 2005/2006 – Gegenstand hoch politisierter Konflikte und nationaler wie internationaler Medienberichterstattung. Phase 2: Einsetzen der ethno-politischen Instrumentalisierung des »Moschee«Themas durch die FPÖ ab 1993 Das erste bekannte Beispiel der ethno-politischen Mobilisierung mit dem Thema Islam/ Moschee in Österreich findet sich im Vorfeld der Salzburger Landtagswahlen am 13. März 1994. Die FPÖ-Landespartei unter ihrem neuen Obmann Karl Schnell verwendete bei ihrer Wahlkampagne u. a. den Slogan: »Wenn schon eine Moschee in Salzburg, dann auch eine Kirche in Mekka.«360 Hintergrund war das Vorhaben des ältesten Salzburger Moscheevereins, der zur »Islamischen Föderation« (Milli Görü¸s) gehört, eine Moschee mit Kuppel und einem Minarett zu bauen.361 Nach dem Wiener Islamischen Zentrum (1979) hätte es sich um die zweite repräsentative, von außen erkennbare Moschee in Österreich gehandelt. 1992 hatte der Verein ein ca. 3000 m2 großes Grundstück 358 »Telfs: Bedenken wegen Moschee«: Tiroler Tageszeitung Nr. 172, 28. Juli 1981, 3. 359 Quelle: Interview mit dem ehemaligen Obmann des Vereins ATIB Telfs (ab 1991/92 bis 2008), Hr. Demel Temir. Rathaus Telfs, 24. 3. 2011. Herr Temir wurde in Trabzon geboren, kam 1971 nach Österreich und lebt seit 1987 in Telfs. 360 Zitiert bei Alfred Pfeiffenberger : ›Wahlkampf damals. Mafia, Transit, U-Bahn‹: Salzburger Nachrichten 20. 2. 1999, 3; Balic´ (1995) 31. 361 Quelle: Telefonisches Interview mit Hr. Kemal Ata, Islamische Föderation Salzburg (in dieser Zeit Kassier des Vereins, danach Obmann 1996 – 2001), 29. Juli 2011.

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

in der Gnigler Straße 16d gekauft, auf dem sich ein Firmengebäude befand. Auf diesem Grundstück wollte die »Islamische Föderation« eine neue Moschee errichten. Für die Moschee existierten bereits Pläne eines Salzburger Architekten, die dem Magistrat Salzburg vorgelegt wurden. Es begannen Gespräche mit Vertretern der Stadt über die Höhe des Minaretts, das auf keinen Fall höher als ein Kirchturm im Stadtviertel sein durfte. Zu einer Einreichung der Pläne kam es nicht. Der Verein adaptierte das bestehende Firmengebäude als Zentrum mit Gebetshalle für rund 400 bis 500 Personen und benützt es in dieser Form bis heute. Bei den Feiertagsgebeten, zu denen weit mehr Leute kommen, wird zum Teil im Freien gebetet, und man nützt alle Räume im Gebäude für das Gebet. Die Politisierung des Moscheebauprojekts durch die Landes-FPÖ blieb damals auf einem niedrigen Niveau, im Zentrum der Wahlkampagne standen andere Themen, dominant die Themen Proporz und Sicherheit.362 Die FPÖ erreichte mit 19,5 % (+ 3,1 % gegenüber 1989) ihr bisher bestes Ergebnis in Salzburg. Der lokale Konflikt rund um das Moscheebauprojekt blieb einer breiteren Öffentlichkeit damals fast so gut wie unbekannt. Die Strategie der Landes-FPÖ, mit dem Thema Islam/ Moschee zu mobilisieren, folgte dem Modell der Front National in Frankreich, die ab Ende der 1980er Jahre das Thema Islam/ Kopftuch/ Moschee verstärkt aufgegriffen hatte.363 Diese Strategie der FPÖ wurde auch auf lokaler Ebene umgesetzt. Die Salzburger Nachrichten berichteten in ihrer Ausgabe vom 8. März 1994, dass ein geplantes Zentrum türkisch-muslimischer »Gastarbeiter« in einer leerstehenden Galerie an der Kaiser-Wilhelm-Promenade in Badgastein für Aufregung in der Gemeindeverwaltung sorgte. »Daß am ›schönsten Punkt Badgasteins‹ keine Moschee entstehen darf, darüber sind sich ÖVP und FPÖ einig.«364 Der Plan der Stadtpolitik sei es gewesen, die Muslime auszubooten, indem man in den Räumlichkeiten eine eigene Galerie der Gemeinde einrichteten würde365 - ein Plan, der aber nicht realisiert wurde. Bei dem Gebäude handelt es sich um einen ca. 100 m2 großen, klassischen Pavillon mit Oberlichte, der vom Bozener Architekten und Stadtbaumeister Walter Norden entworfen und ungefähr zwischen 1923 und 1926 errichtet wurde,366 und der zur Villa Peter Behrens gehört. Der Pavillon wurde ab den 1950er Jahren bis 1992 von der Gemäldegalerie Otto gemietet und stand dann leer. Der Versuch der örtlichen türkischen Muslime, im 362 Salzburgs Politiker ziehen mit »Sicherheit« in den Wahlkampf«: Salzburger Nachrichten 8. November 1993, 15. 363 S. dazu Kap. II 4.1; S. 73 ff. 364 »Kaiser-Wilhelm-Promenade: ›Keine Freude‹ mit Moschee«: Salzburger Nachrichten, 8. 3. 1994, 14. 365 Ibid. 366 Für Hinweise zum Gebäude danke ich Hr. Architekt DI Thomas Ikrath, Bad Gastein; telefonisches Interview 6. 4. 2012.

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Frühjahr 1994 dort einen Gebetsraum einzurichten, wurde von Bürgermeister Friedrich Kreuzer (FPÖ) im Verein mit der ÖVP abgewehrt – vermutlich ein politisches Vorspiel der Bürgermeisterdirektwahlen im Oktober 1994, die im Land Salzburg zum ersten Mal stattfanden. In Bad Gastein wurde dabei Bürgermeister Kreuzer vom SPÖ-Kandidaten Manfred Gruber abgelöst (cf. Thaler 2008, 29ff). Bei diesem Fall wird bereits die Tendenz sichtbar, muslimische Zentren entweder möglichst aus dem Ortszentrum zu halten bzw. ganz zu verhindern und mit dem Thema »Moschee« Politik zu machen. In Bad Gastein besteht bis heute kein Gebetsraum für die Muslime im Ort.367 Der europäische politische Kontext, in dem die FPÖ beginnt, das MoscheeThema strategisch einzusetzen, ist von Husbands als »Extreme-right Explosion« in Westeuropa charakterisiert worden (Husbands 1992). Die wieder erstarkenden rechtsextremen Tendenzen in Europa waren in mehreren Ländern mit Gewalt gegen Migranten, vor allem Asylbewerbern und türkische Arbeitsmigranten, verbunden. In Deutschland kam es in Mölln im November 1992 und in Solingen im Mai 1993 zu Brandanschlägen durch Neonazis an Häusern mit türkischen Bewohnern, bei denen acht Menschen starben. Im gleichen Jahr wurden in Österreich mehrere Brandanschläge auf Quartiere, die von türkischen und jugoslawischen Gastarbeitern bewohnt wurden, verübt, u. a. in Schwarzach (Vorarlberg) im Oktober 1993,368 in Lamprechtshausen (Salzburg) am 18. November 1993369 sowie in Götzis (Vorarlberg) am 5. Dezember 1993.370 Damals kam es zu keiner breiten öffentlichen Diskussion der Gewalttaten rechtsextremer und immigrationsfeindlicher Kreise. Sie setzte erst ein, als Österreich von einer Serie von Briefbombenanschlägen des Attentäters Franz Fuchs ab Anfang Dezember 1993 erschüttert wurde, die gegen Zuwanderer sowie gegen prominente Persönlichkeiten gerichtet waren, die sich für Flüchtlinge und Muslime einsetzten und für eine offene, plurale Republik standen. Den Bomben war ein Schreiben beigelegt, in dem sich der Täter mit dem Verteidiger Wiens gegen die Türken identifizierte: »Wir wehren uns! Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg«. 1995 wurden vier junge Roma in Oberwart von Fuchs mittels einer Rohrbombe getötet.371 Im Rückblick bildet der österreichische rechtsextreme, immigrationsund islamfeindliche Terror 1993 einen Vorläufer der terroristischen Attentate in 367 Bei der Volkszählung vom 15. Mai 2001 gaben 262 Personen in Bad Gastein als Religionsbekenntnis »islamisch« an (4,5 % der Bevölkerung). Quelle: Statistik Austria, »Ein Blick auf die Gemeinde«, Volkszählung 2001, Demographische Daten, Gemeinde Bad Gastein. Internetquelle: www.statistik.at (Zugriff 5. 4. 2012). 368 Salzburger Nachrichten, 19. Oktober 1993, 15. 369 Salzburger Nachrichten, 19. November 1993, 21. 370 Salzburger Nachrichten, 6. Dezember 1993, 13. 371 S. dazu die Erzählung »Katzenstreu« von Stefan Horvath, des Vaters von Peter S‚rközi, eines der Opfer des Terroranschlags (edition lex liszt 12, Oberwart 2007).

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Oslo und Utøya im Juli 2011: Verbunden werden die Gewaltakte durch (a) ein Standardmotiv der extremen Rechten, nämlich die Politisierung der historischen Erinnerung an die Türkenabwehr 1683 in Wien, (b) das Motiv des gewalttätigen Widerstands gegen Zuwanderung und (c) die Auswahl der Opfer, nämlich vorwiegend Vertreter einer liberalen Haltung gegenüber Zuwanderung, Migranten und Muslime. Phase 3: der Konflikt in Traun (1998 – 2001) als erster überregional bekannter Moscheekonflikt in Österreich Der erste Moscheebaukonflikt in Österreich, von dem in regionalen und bundesweiten Medien intensiv und über mehrere Jahre berichtet wurde, waren die Auseinandersetzungen rund um das Vereinszentrum der »Islamischen Föderation« (Milli Görü¸s) in der oberösterreichischen Stadt Traun in den Jahren 1998 bis 2001. Im April 1998 mietete der Verein einen Kiosk in der Fußgängerzone in Traun und adaptierte ihn als Vereinslokal mit Gebetsraum. Man hatte aber keine Genehmigung für den Innenumbau eingeholt, auch keine Konzession für das kleine Geschäft. Der Bürgermeister als Baubehörde untersagte die Fortsetzung der Bauarbeiten und die Benützung des Gebäudes. Der Sprecher des Vereins, Günther Ahmed Ruznak, und der Verein entschlossen sich zu einem Konfrontationskurs: Sie stellten das Zentrum trotzdem fertig und eröffneten die Moschee im Mai 1998. Im November ordnete die Baubehörde den Abbruch des Gebäudes aus feuerpolizeilichen Gründen an. Trotz Protestmaßnahmen der Muslime, u. a. öffentliche Freitagsgebete in der Trauner Innenstadt im Juni 2000, wurde das Gebäude am 28. März 2001 unter Polizeischutz abgerissen.372 Der Verein ist heute in einem kleinen Gebäude in der Nähe des Bahnhofs untergebracht. Phase 4: nationale Islamdebatten anhand des Themas Minarett- und Moscheebau ab 2005 – Minarettbau in Telfs, Moscheebau in Bad Vöslau, geplanter Moscheebau in Bludenz Ab 2005 erfolgt in Österreich eine Zuspitzung und Intensivierung der politischen Auseinandersetzungen und Debatten rund um die Muslime, und zwar anhand des Themas muslimischer Bauten. Diese breite politische Islamdebatte setzt in Österreich – wie auch in der Schweiz – im Vergleich mit anderen Ländern relativ spät ein (cf. Dolezal/ Helbling/ Hutter 2008). Sie ist vor allem durch die politische Mobilisierung der FPÖ und des BZÖ mit dem Islamthema geprägt, die verstärkt und offensiv ab dem Jahr 2005 erfolgt.373 Den internationalen Kontext bildet die sehr angespannte politische Situation und das verschärfte islam372 Siehe Fallbeispiel Traun, S. 229 ff. 373 S. Kap. 2.2, S. 85 ff.

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feindliche Klima, im Zuge der Kriege der USA und ihrer Verbündeten im Irak und in Afghanistan und des djihadistischen Terrorismus mit den Anschlägen in Madrid 2004 und London 2005. Diese globalen politischen Entwicklungen kollidieren zeitlich mit einer spezifischen Phase des Integrationsprozesses der muslimischen Gemeinschaften in Österreich wie in anderen europäischen Ländern, nämlich dem verstärkten Ausbau der muslimischen Infrastrukturen, vor allem in Form des Neubaus oder Ausbaus großer islamischer Zentren. Die nationalen Islamdebatten, die zum Beispiel in Frankreich auf das Thema Kopftuch konzentriert sind, erfolgen in Österreich fokussiert auf das Thema Minarett- und Moscheebau. An diesem Thema wird die nationale Debatte über den Islam und die Muslime aufgehängt. Der Minarettbau in Telfs Diese nationale Islamdebatte setzt erstmals 2005 ein, anlässlich des Minarettbaus in Telfs – des ersten und bisher einzigen Minaretts in Tirol.374 Die heftigen Debatten erreichten diesmal auch die Landes- und Bundespolitik: Sowohl der Innsbrucker Bischof als auch der Tiroler Landeshauptmann nahmen dazu öffentlich Stellung. Geplant war ursprünglich die Errichtung eines 30 Meter hohen Minaretts neben dem bestehenden Gebäude,375 der ehemaligen Einsatzzentrale des Roten Kreuzes, durch den Verein ATI˙B Telfs, der das Gebäude 1998 um 9 Millionen Schilling kaufte und zum Vereinshaus (Eyüp Sultan Camii) mit einem Gebetsraum für mehr als 300 Personen umbaute. Es war das erste Mal, das eine muslimische Organisation – in diesem Fall die ATI˙B Union – in Tirol ins Grundbuch eingetragen wurde.376 In den Verhandlungen mit der Gemeinde hatte der Verein ATI˙B Telfs von Vornherein auf den Gebetsruf vom Minarett aus verzichtet, was vertraglich mit der Gemeinde vereinbart und ins Grundbuch eingetragen wurde. Schließlich wurde ein 20 Meter hohes Minarett eingereicht. Mehrere Anrainer verfassten eine Petition gegen den Minarettbau, die bis Anfang November 2005 von rund 2400 Personen unterzeichnet wurde und am

374 Wenn man von dem sehr kleinen (5 Meter hohen), auf dem Boden stehenden Minarett absieht, das hinter dem Integrationshaus der Caritas in Innsbruck im Oktober 2001 errichtet wurde. Es gehört zu dem kleinen muslimischen Gebetsraum, der sich im Integrationshaus befindet. Der Minarettbau erfolgte durch österreichische und bosnische Jugendliche, mit Erlaubnis des Diözesanbischofs. Durch den Lautsprecher auf dem Turm erfolgt am Freitag der Gebetsruf – neben Wien (Islamisches Zentrum) und der ATIBMoschee in Felixdorf nach meinem Wissen der einzige Gebetsruf im Freien in Österreich. Für Auskünfte danke ich dem Leiter des Integrationshauses, Dr. Jussuf Windischer. 375 Interview mit Hr. Demel Temir, von dem die Initiative für den Minarettbau stammte. Rathaus Telfs, 24. 3. 2011. 376 Ibid.

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

7. November dem Bürgermeister übergeben wurde.377 Davon stammten 456 Unterschriften von Personen außerhalb von Telfs, 618 Unterschriften waren ohne Ortsangabe.378 Man befürchtete, dass eine Moschee mit Minarett ein Anziehungspunkt für die Muslime aus ganz Tirol werden würde. Bürgermeister Dr. Stephan Opperer (ÖVP) erklärte auf Basis eines Rechtsgutachtens, dass alle rechtlichen Auflagen für den Bau erfüllt seien und er deshalb bewilligungspflichtig sei. Es gäbe keinen Grund, den Turm zu verhindern, wenn das Projekt baurechtlich in Ordnung sei. Trotz anonymer Morddrohungen hielt er an dieser Position fest.379 Bundespräsident Dr. Heinz Fischer unterstützte die klare Haltung des Bürgermeisters: Er nehme mit Respekt zur Kenntnis, »dass der Bürgermeister eine humane und mutige Haltung eingenommen hat.«380 Gegen den Minarettbau meldeten sich vor allem Politiker der FPÖ zu Wort, darunter Bundesobmann Heinz-Christian Strache: Es gelte die Religionsfreiheit, »aber auch Religionen müssen sich in ihrem Auftreten der Leitkultur anpassen.«381 Dagegen betonte der Generalvikar der Diözese Innsbruck Jakob Bürgler den Dialog und die Kooperation der Religionen in einer Aussendung: »Ein Minarett erinnert Muslime an das Gebet. Es erinnert uns Christen auch an die Tatsache, dass wir mit Menschen anderer Religionen zusammenleben. Einem Minarett, das als Zeichen des Glaubens und des Gebetes und nicht als Zeichen der Provokation verstanden und im Einvernehmen mit den Verantwortlichen vor Ort errichtet wird, wollen wir als Kirche nicht entgegenstehen, denn Religion und Frieden gehen Hand in Hand.«382

Der Bischof der Diözese Innsbruck Manfred Scheuer betonte in einem Interview das Bekenntnis der katholischen Kirche zur Religionsfreiheit: »Das heißt, dass Muslime in Österreich das Recht haben, ihren Glauben öffentlich auszudrücken. Dazu gehören auch Gebäude.«383 Der Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa gab dem Telfser Bürgermeisters Rückendeckung: Die rechtlichen Bestimmungen seien einzuhalten und das Minarett zu genehmigen, sonst würde der Bürgermeister Amtsmissbrauch begehen. Er wolle in Telfs vermitteln und die Muslime »bitten, die Toleranzgrenze nicht überzustrapazieren«, was die Höhe

377 »Unterschriften gegen Minarett«: Website oesterreich.ORF.at, 7. 11. 2005. Internetquelle: http://tirol.orf.at/stories/68719, (Zugriff 2. 2. 2009). 378 »Weiß nicht, was der Turm ändern soll« (Interview mit Bürgermeister Dr. Opperer): Tiroler Tageszeitung 16. 11. 2005, 11. 379 »Drohungen gegen Telfser Bürgermeister«: Tiroler Tageszeitung 8. 11. 2005, 10. 380 »Kein Kleingeld auf EU-Kosten« (Interview mit Bundespräsident Fischer): Tiroler Tageszeitung 18. 11. 2005, 3. 381 »Minarett lässt die Volksseele kochen«: Tiroler Tageszeitung 11. 11. 2005, 11. 382 Ibid. 383 »Der Bischof verteidigt das Minarett in Telfs«: Tiroler Tageszeitung 12./13. 11. 2005, 13.

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des Minaretts betreffe.384 Der Bund der Tiroler Schützenkompanien appellierte am 12. November an die Muslime in Telfs, auf das Minarett zu verzichten, und an die Landesregierung, durch eine Gesetzesnovelle »derartige gravierende Eingriffe und Auswirkungen auf das Landschafts- und Kulturbild der Tiroler Gemeinden« zu verhindern.385 Bei der Bauverhandlung am 14. November wurde der Bau von einem Anrainer beeinsprucht, der ein niedrigeres Minarett forderte. Der Verein ATI˙B Telfs erklärte sich daraufhin bereit, die Höhe des Minaretts um 5 Meter auf 15 Meter zu reduzieren; der Einspruch wurde zurückgezogen. Ebenso wurde ein Antrag der SPÖ und der Grünen Telfs, den Bebauungsplan zu ändern, um das Minarett verhindern zu können, am 17.11. von den beiden Parteien zurückgezogen.386 Ein positiver Baubescheid wurde erteilt. Vor dem Hintergrund der Gemeinderatswahlen in Innsbruck im Frühjahr 2006 mobilisierte die Tiroler FPÖ im November mit dem Minarett-Thema, u. a. mit einem propagandistischen Flugblatt, das eine riesige Moschee mit zwei Minaretten vor den Tiroler Bergen zeigte: »Ist das die Zukunft von Tirol? Zuerst ein Minarett in Telfs, dann ein Minarett in Hall und bald auch Minarette in ganz Tirol? Mit uns bleibt die Kirche im Dorf«.387 Am 2. Dezember veranstaltete die FPÖ Tirol ihren Parteitag in Telfs, mit Bundesobmann Strache als Redner. Das Minarett wurde 2006 errichtet. Es gibt muslimische Stimmen, die sagen: Lieber kein Minarett als ein solch plumper Bau. Denn durch die Verkürzung stimmen die Proportionen zwischen Gebäude und Turm nicht mehr, und der Turm wurde auf Vorschlag der Telfser Baufirma Fritz aus Fertigbetonrohren gebaut.388 Eine GMK-Umfrage im Auftrag der Bezirksblätter Tirol aus dem Jahr 2007 ergab, dass 38 % der befragten Telfser das Minarett ablehnen, ebenso vielen ist es egal, 22 % befürworten es. 73 % sind gegen einen weiteren Zuzug von Ausländern.389 Der Minarett-Konflikt in Telfs bildete den Hintergrund für den Tatort-Film »Baum der Erlösung« (Drehbuch: Felix Mitterer), der von ORF 2 am 4. Jänner 2009 in der Hauptsendezeit gezeigt wurde. Der Film war Teil eines Themenabends des ORF zu Rassismus und Integration. Mit dem Minarettbau in Telfs erreicht das Thema Moscheebau endgültig die nationale Öffentlichkeit. Der Verlauf der Auseinandersetzungen rund um das

384 »Kirche stößt sich nicht am Minarett. Van Staa warnt vor ›Religionskrieg-Stimmung‹«: Tiroler Tageszeitung 11. 11. 2005, 1. 385 »Minarett ist für Schützen Provokation«: Tiroler Tageszeitung 14. 11. 2005, 13. 386 »Wende im Streit um Telfser Minarett«: Tiroler Tageszeitung 18. 11. 2005, 15. 387 »Ausländerwahlkampf der FPÖ in Innsbruck« (Interview mit dem Tiroler FPÖ-Obmann Gerald Hauser): Tiroler Tageszeitung 28. 11. 2005, 4. 388 Interview mit Hr. Demel Temir, 23. 2. 2011. 389 »Telfer haben sich mit Minarett abgefunden«: ots-Presseaussendung, 16. 10. 2007. Internetquelle: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20071016_OTS0259/telfer-haben-sichmit-minarett-abgefunden (Zugriff 2. 2. 2009).

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

Abbildung 24: Moschee »Eyüp Sultan Camii«, ATI˙B Telfs, Tirol (Jänner 2008)

erste Tiroler Minarett strukturiert den Rahmen, in dem die nächsten muslimischen Bauprojekte interpretiert wurden, u. a. (a) die Dominanz eines neo-nationalistischen, durch den Diskurs rechtsradikaler und –populistischer Parteien geprägten »Framing« des Gegenstands (Moschee- oder Minarettbau als Skandal, als Provokation islamistischer Kreise, als Zeichen einer wachsenden Islamisierung, als Störung der nationalen Kultur und Landschaft); (b) die Naturalisierung einer ethnokratischen Auffassung von Demokratie, nach der die Dominanz der ethnisch-nationalen Mehrheit über die nationale öffentliche Sphäre vor dem Grundrecht auf Religionsfreiheit einer religiösen Minderheit rangiert; (c) die Erfahrung, dass der Aufbau von großem öffentlichem Druck die muslimischen Bauherren zu einem symbolischen Nachgeben führt; (d) die Erfahrung der politischen Parteien im rechtsradikalen und –populistischen Spektrum, dass in einem Kontext sich verstärkender und verhärtender Islamangst und -feindlichkeit über das Moschee- und Minarettbauthema mit wenigen Mitteln eine starke politische Mobilisierung und hohe öffentliche Aufmerksamkeitsgewinne erzielt werden können. Rechtsradikale Parteien sind zusammen mit anderen Bewegungen und Netzwerken vor allem im christlich-fundamentalistischen Spektrum zunehmend imstande, in einem generellen Klima der Skepsis, Ängstlichkeit oder Ablehnung

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gegenüber dem Islam ihre Deutung des Symbols »Moschee« oder »Minarett« durchzusetzen und die anderen politischen Parteien damit unter Druck zu setzen. Dieser Deutungsrahmen bestimmt die nächsten großen Auseinandersetzungen rund um Bauprojekte muslimischer Zuwanderer aus der Türkei: den Bau einer repräsentativen Moschee in Bad Vöslau (2006 – 2009) und das Vorhaben einer Moschee mit Minarett in Bludenz (2008). Ebenso wird er in der öffentlichen Debatte um die Aussage des damaligen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich Anas Schakfeh in einem APA-Interview am 22. 8. 2010 wirksam: Auf lange Sicht werde in jeder Landeshauptstadt eine nach außen erkennbare Moschee mit Minarett stehen. »Denn auf lange Sicht kann man Menschen nicht verbieten, ihre wirkliche religiöse Freiheit, die verfassungsgeschützt ist, auszuüben.«390 Er löst damit eine heftige, mehrtägige, bundesweite politische und mediale Debatte aus, die von der gleichen Struktur einer Skandalisierung und politischen Instrumentalisierung geprägt ist. So fordert der Bundesobmann der FPÖ Strache am nächsten Tag eine Volksbefragung u. a. über ein Bauverbot von Moscheen mit Minaretten und ein Kopftuch- und Burkaverbot im öffentlichen Raum.391 Auf Antrag des FPÖ-Klubs findet am 21. September eine Sondersitzung des Wiener Landtags unter dem Titel »Minarette als Symbole des radikalen Islamismus widersprechen dem historischen Stadtbild – Wiener Bauordnung ändern!«. Den unmittelbaren politischen Kontext bildet der Wahlkampf für die Gemeinderatswahlen in Wien am 10. Oktober 2010 und zu den Landtagswahlen in der Steiermark im September 2010. Auch die steirische FPÖ nutzt die politische Gelegenheit, die die öffentlichen Aussagen von Schakfeh geschaffen haben, sofort für ihren Wahlkampf. Phase 5: Kontroversen um die Errichtung islamischer Zentren ohne architektonische Merkmale einer Moschee Die massive Politisierung des Symbols »Moschee« durch die großen österreichweiten Islamdebatten ab dem Minarettstreit in Telfs führt dazu, dass die Errichtung bzw. Einrichtung islamischer Zentren generell zum Gegenstand von Protesten und Kontroversen wird – auch wenn es um Gebäude geht, die architektonisch neutral sind und keine baulichen Merkmale der traditionellen Moschee wie Kuppel und Minarett aufweisen. Beispiele sind einerseits Neubauprojekte muslimischer Vereine wie in Mauthausen (2007/08), Hörbranz (2007/ 390 ›Schakfeh für Minarett in jedem Bundesland‹: krone.at, 22. 8. 2010. Internetquelle: http:// www.krone.at/Oesterreich/Schakfeh_fuer_Minarett_in_jedem_Bundesland (Zugriff 19. 4. 2012). 391 ›Strache: Volksbefragung über Islam-Themen soll in Wien starten‹: FPÖ Website, 23. 8. 2010. Internetquelle: http://www.fpoe.at/aktuell/detail/news/strache-volksbefragung-zuisl/(Zugriff 19. 4. 2012).

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08), Leoben-Donawitz (2010) oder Wiener Neustadt (2011) (cf. Fürlinger 2010), andererseits Umbauten bestehender Gebäude zu islamischen Zentren, wie z. B. im Fall des ATI˙B-Zentrums in der Rappgasse in Wien (21. Bezirk). Man kann nicht länger davon ausgehen, dass primär die traditionellen architektonischen Merkmale der Moschee den Auslöser heftiger Auseinandersetzungen bilden, vielmehr werden Bauprojekte muslimischer Organisationen an sich Gegenstand politischer Instrumentalisierung und öffentlicher Entrüstung. In den meisten Fällen vermengen sich klassische Anrainerprobleme wie Lärm und vermehrtes Verkehrsaufkommen durch die Zentren mit ausländer- und islamfeindlichen Motiven; häufig dienen die Anrainerthemen als gesellschaftsfähige Form, eine tieferliegende Abwehr und Ablehnung der »Fremden« auszudrücken. Es zeigt sich: Auch eine neutrale oder zeitgenössische Architektur schützt islamische Zentren nicht vor Anfeindungen.392 Unterhalb der nationalen Islamdebatten und neben den großen bekannten, national debattierten Moschee- und Minarettbaukonflikten in Österreich entwickelt sich eine Landschaft zahlreicher lokaler Konflikte rund um islamische Zentren, ebenso politisch-administrative Behinderungen und Verzögerungen von Umbauten islamischer Zentren, die keine derartige mediale und öffentliche Aufmerksamkeit wie Telfs, Bludenz oder Bad Vöslau erhalten. Eine Ausnahme bildet die Errichtung eines 9 Meter hohen Minaretts als Anbau zum bestehenden Gebäude des Vereins ATI˙B Saalfelden, einer früheren Lagerhalle am Ortsrand, die zwischen 2001 und 2005 als islamisches Zentrum adaptiert wurde. Die Stadtgemeinde war froh, dass der muslimische Verein aus dem Zentrum an den Ortsrand zog. Es gab keinerlei politische Opposition zum Bau des ersten Minaretts im Land Salzburg, und daher blieb das Bauwerk einer breiteren Öffentlichkeit völlig verborgen. Selbst der »Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich« war das Minarett über Jahre unbekannt, auf ihrer Website war lediglich von den Moscheen mit Minaretten in Wien, Telfs und Bad Vöslau die Rede.

392 Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat daran erinnert, dass der Bau von Synagogen im zeitgenössischen Stil am Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland den Juden nicht die Anerkennung als Deutsche eintragen konnte. Der darin zum Ausdruck gebrachte Integrationswillen der Juden an die Mehrheitsgesellschaft konnte die Synagogen nicht vor ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten 1938 bewahren. Korn stellt bezogen auf die gegenwärtigen Kontroversen rund um Moscheebauten fest: »Eine Entschärfung der Auseinandersetzungen ausschließlich über gestalterische Anpassung von Moscheen an das städtebauliche Umfeld durch Vermeidung islamischer Symbole wird scheitern. Selbst im Stil moderner Architektur stünden repräsentative Moscheen bei vielen Nichtmuslimen weiterhin unter Verdacht, Bastionen und Stützpunkte der konspirativ betriebenen Islamisierung Europas zu sein.« (Korn 2008).

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Beispiele für lokale Konflikte, die meistens nicht überregional bekannt werden Linz (Oberösterreich): 2006 schlossen sich mehrere muslimische Vereine zum Kulturverein Al Andalus zusammen, um in Kooperation mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in O.Ö. ein großes zentrales islamisches Zentrum einschließlich Gebetsraum in Linz-Kleinmünchen zu errichten. Als Grundstück war ein rund 6000 m2 großes Areal in der Wahringerstraße in der Nähe der Betriebsgeländes der Voest-Alpine vorgesehen. Im September 2007 wurde die Umwidmung des Grundstücks vom Linzer Gemeinderat beschlossen.393 Im Kontext der öffentlichen Diskussionen über das geplante Zentrum betonte der katholische Diözesanbischof Ludwig Schwarz, dass die katholische Kirche immer für Religionsfreiheit eingetreten sei. Es müsse ja »nicht gleich eine Moschee mit Minarett sein, aber gegen ein Zentrum spricht nichts.«394 Die FPÖ führte eine Kampagne gegen das Projekt, obwohl noch keine Einreichung vorliegt. Ebenso bildete sich die Initiative »Keine Moschee«, die von der rechtsextremen, 2007 von Robert Faller gegründeten »Nationalen Volkspartei« (NVP) getragen wird; die Website von »Keine Moschee« betreut Wolfgang Schrögendorfer, der damalige Bundespressesprecher der NVP.395 Wie die »Pro-Bewegung« in Deutschland ist diese Form islamfeindlicher Mobilisierung eine Tarnung, mit der die rechtsextreme Partei Anschluss an die gesellschaftliche Mitte und Unterstützer zu erreichen versucht. In der Nacht auf den 1. Jänner 2008 wurden Schweineköpfe auf drei Pflöcken aufgespießt und auf dem geplanten Gelände aufgestellt. Fotos der Aktion waren noch im Jänner 2009 auf der Website der NVP und der Initiative »Keine Moschee« veröffentlicht.396 Der Verein Al Andalus erstattete keine Anzeige. Das Projekt scheiterte letztlich an der Frage der Finanzierung und an der Schwierigkeit, die kommunalen muslimischen Vereine über die ethnischen Abgrenzungen hinweg zu einer Unterstützung eines gemeinsamen Bauprojekts einer Zentralmoschee zu gewinnen.397 Mauthausen (Oberösterreich): Der Verein ATI˙B Mauthausen, gegründet 1987, benützt seither ein Gebäude im Zentrum der Marktgemeinde Mauthausen (Promenade 6). Der Verein plante die Einrichtung eines neuen, großen Zentrums auf 1000 m2 Nutzfläche mit einem Gebetsraum, Seminarräumen, Jugendraum, Geschäft, Sportanlagen usw. Für diesen Zweck beantragte der Verein die Umwidmung des betreffenden Grundstücks im Ortsteil Albern. Es bildete sich eine Bürgerinitiative, die rund 2000 Unterschriften gegen das Projekt sammelte. Der Antrag wurde bei der Sitzung des Planungsaus393 »Linz: Islamisches Zentrum genehmigt«: Die Presse, 20. 9. 2007. 394 »Blaue Angst vor ›Moschee‹ in Linz«: Der Standard, 20. 9. 2007. 395 »Neonazi-Disput um germanische Kameraden«: Der Standard, 18. 12. 2008. – In einem Falter-Artikel (Apfl 2008) über den Betreiber der Website »Keine Moschee« wurde der parteipolitische Hintergrund von Schrögendorfer nicht erwähnt. 396 Website der NVP: http://www.nvp.at/schweine_moschee/schweine_moschee, Website der Initiative »Keine Moschee«: http://keine-moschee.at, Website »Altermedia« am 31. 12. 2007, http://at.altermedia.info/allgemeines/schweinische-neujahrsgruesse_193.html#more-193. Gegenwärtig sind die Fotos von den Websites gelöscht. Ein Foto der Aktion wurde für die Illustration eines Zeitungsartikels verwendet (Apfl 2008). 397 Telefonisches Interview mit Hr. Murat Baser, Mitglied des Vereins Al Andalus und Vorsitzender der Islamischen Gemeinde Oberösterreich, 5. 10. 2012.

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schusses der Gemeinde am 31. 1. 2008 einstimmig abgelehnt. Bürgermeister Thomas Punkenhofer (SPÖ) begründete die Ablehnung mit dem Hinweis auf die Raumordnung und die Integration: Das große islamische Zentrum »würde alle laufenden Anstrengungen für ein gutes Zusammenleben« zunichte machen; man wolle keine parallele Gesellschaft von Muslimen und Nicht-Muslimen. Das islamische Zentrum widerspreche dem bestehenden Ortsentwicklungskonzept, man befürchtete ein regelmäßiges Verkehrsaufkommen von 300 bis 400 PKWs.398 Man würde den Verein aber bei der Suche nach einem Alternativstandort für ein kleiner dimensioniertes Zentrum unterstützen. In der Gemeinderatssitzung am 7. 4. 2011 stellte die FPÖ den Antrag auf Durchführung einer Bürgerbefragung über den Bau eines Gebetshauses, der mehrheitlich abgelehnt wurde. Im Mauthausner Bürgermeisterbrief vom 18. 5. 2011 informierte Bürgermeister Punkenhofer, dass es mittlerweile »einen breiten Konsens über die Verlegung des Gebetshauses gibt.« Als neuer Standort wurde ein 5.600 m2 großes Grundstück im Ortsteil Heinrichsbrunn, dem ehemaligen Rübenlagerplatz, das am Ortsrand liegt, ins Auge gefasst. Im April 2012 wurde das Grundstück vom Verein ATI˙B Mauthausen gekauft. Ende Juni 2012 beschloss der Gemeinderat mit den Stimmen der SPÖ, ein Verfahren auf Umwidmung des Grundstücks einzuleiten, das im September abgeschlossen wurde.399 Der Standort liegt etwa zwei Kilometer vom Ortszentrum entfernt, am Ortsrand, in unmittelbarer Nähe zu einem metallverarbeitenden Betrieb. Mehrere Gutachten der oberösterreichischen Landesregierung (u. a. Abteilung Raumplanung) kamen deshalb zum Schluss, dass der Rübenplatz »für das Gebetshaus nicht gutzuheißen ist«.400 Im Dezember 2012 beschloss der Gemeinderat die Umwidmung des Grundstücks am Rübenplatz für die Errichtung des neuen ATI˙B-Zentrums. In seiner öffentlichen Information über das geplante Bauvorhaben im Dezember 2012 betonte Bürgermeister Punkenhofer, ohne das Wort Minarett zu verwenden, dass die Höhe des Bauwerks auf maximal 9,5 Meter festgelegt werde. »Somit kann [sic!] weder ein drittes Stockwerk noch andere hohe Gebäude errichtet werden.«401 Der Moscheeverein plant am neuen Standort den Bau eines modernen, neutralen Gebäudes auf 600 m2 verbauter Fläche mit einer Gebetshalle, Räumen für Frauen und Jugendliche usw. – ohne traditionelle Symbole in der Außengestalt, um keine zusätzlichen Schwierigkeiten auszulösen. Zurzeit ist eine Einreichung des Bauprojekts nicht möglich, da die Landesregierung als Baubehörde zweiter Instanz die Umwidmung des 398 »Moschee-Plan vom Tisch: ›So etwas wird es in Mauthausen nicht geben‹«: OÖ Nachrichten, 4. 2. 2008, 29; cf. »Es darf kein Ort im Ort entstehen«: Rohrbacher Sonntagsrundschau, 3. 2. 2008, 15. Ich danke Fr. Christa Leitenbauer für die Zur-Verfügungstellung der Zeitungsartikel. 399 Telefonisches Interview: Hr. Martin Mühlberger, Marktgemeinde Mauthausen, Schriftführer des Gemeinderats, 29. 8. 2012. 400 Philipp Hirsch: »Mauthausener Gemeinderat votiert für neues Gebetshaus am Rübenplatz«: Oberösterreichische Nachrichten, 17. 12. 2012. Internetquelle: http://www.nach richten.at/oberoesterreich/muehlviertel/Mauthausener-Gemeinderat-votiert-fuer-neuesGebetshaus-am-Ruebenplatz;art69,1028572 (Zugriff 28. 6. 2013). 401 »Vorwort« in: Mauthausener Bürgermeisterbrief 7/2012 (20. 12. 2012), S.3. Internetquelle: http://www.mauthausen.at/system/web/zeitung.aspx?bezirkonr=0& detailonr= 223772224& menuonr=221259737 (Zugriff 28. 6. 2013).

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Grundstücks im gemischten Baugebiet nicht genehmigt hat. Der Obmann des Vereins ATI˙B Mauthausen kommentiert diese bereits mehrjährige Odyssee: »Wir können nicht drinnen sein im Zentrum, wir können nicht draußen sein – ich weiß nicht, wo wir hinsollen.«402 Nenzing (Vorarlberg): Der Verein ATI˙B Nenzing musste wegen des Baus einer neuen Straße seinen alten Gebetsraum räumen, den er seit 1983 nutzte. Im Juni 2007 informierte Bürgermeister Florian Kasseroler (FPÖ) den Gemeinderat, dass der Verein wegen eines neuen Standorts mit ihm Kontakt aufgenommen habe und im Gespräch sei. Da der Umzug im Interesse der Gemeinde war, unterstützte sie den Verein auf der Suche nach einem Ersatzstandort.403 Der ATI˙B-Verein unterzeichnete einen Vertrag mit der Gemeinde, dass im Fall des Neubaus eines islamischen Zentrums keine Kuppel und kein Minarett vorgesehen sind. Unter diesen Auflagen stimmte die Gemeinde dem Verkauf eines 1.500 m2 großen Grundstücks im Siedlungsbereich an den Verein zu – mit der Auflage, dass der Verein den Vertrag über die äußere Gestalt des Gebäudes einhält. Der Neubau auf ca. 650 m2 sah einen Gebetsraum für 200 Personen, ein Teelokal, einen Jugendraum und eine Wohnung für den Imam vor. Für den Bau existierte bereits ein Plan des K+Ü-Architekturbüros in Esslingen, das einen einstöckigen modernen Bau zeigte.404 Im Frühjahr 2009 startete ein Nachbar des geplanten Baus die Initiative »Pro Wiesengrund« gegen die Errichtung des Zentrums, die 200 Unterschriften sammelte und sie dem Bürgermeister übergab.405 Eines der Gerüchte, die verbreitet wurden, bestand darin, dass die Muslime den Ort für die rituelle Schächtung verwenden würden. Das Projekt wurde zum Gegenstand der bundespolitischen Auseinandersetzung, weil das BZÖ der FPÖ vorwarf, den Bau der Moschee zu unterstützen. Einerseits wegen des Drucks der Anrainer, andererseits aus finanziellen Gründen nahm der Moscheeverein im Mai 2009 vom Plan eines Neubaus Abstand und stellte die Planungen ein. Er kaufte schließlich ein ehemaliges Betriebsgebäude aus dem Konkurs der Chemiebau-Handelsgesellschaft, das am Ortsrand liegt, und adaptierte es als Zentrum. Leoben-Donawitz (Steiermark): Der muslimische Verein »Friede und Barmherzigkeit« benützt seit 1994 einen kleinen Gebetsraum mit 30 bis 40 m2 in der Lorberaustraße. Es handelt sich um einen Verein arabischer, bosnischer, afrikanischer, tschetschenischer Muslime, der zu keinem Dachverband gehört. Der Verein kaufte im Oktober 2009 ein rund 1000 m2 großes Grundstück in der Johann-Sackl-Gasse im Siedlungsgebiet

402 Telefonisches Interview mit Hr. Mithat Cavuslu, 28. 6. 2013. – Herr Cavuslu ist 1980 in Mauthausen geboren und seit 2009 Obmann des Vereins ATI˙B Mauthausen. 403 »Ich habe für den Standort gestimmt« [Interview mit Bürgermeister Florian Kasseroler, FPÖ]: Standard.at, 22. 5. 2009. Internetquelle: http://derstandard.at/1242316416333/FPOeIch-habe-fuer-den-Standort-gestimmt (Zugriff 27. 7. 2013). 404 »Moschee-Neubau im Walgau«: Vorarlberg Online, 6. 3. 2009. Internetquelle: http://www. vol.at/moschee-neubau-im-walgau/news-20090306 – 08330177 (Zugriff 5. 5. 2010). 405 »›Moschee-Plan B‹ in Nenzing«: Vorarlberg Online, 11. 12. 2009. Internetquelle: http://www. vol.at/moschee-plan-b-in-nenzing/news-20091211 – 06002977 (Zugriff 5. 5. 2010).

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(Stadtteil Donawitz) und plante den Bau eines neuen Zentrums auf 170 m2 Grundfläche. Im Ort kursierten Gerüchte, es sei eine Moschee mit Minaretten geplant. Am 16. 3. 2010, fünf Tage vor der Gemeinderatswahl, berichtete die Kleine Zeitung zum ersten Mal vom Projekt und betonte, dass kein Minarett geplant sei.406 Im Kontext der Gemeinderatswahlen wurde die »Parteiunabhängige Bürgerliste Reiter Walter« (ein ehemaliges Mitglied der SPÖ) gegründet, die eine Kampagne gegen das Projekt eines neuen islamischen Zentrums in Form einer Unterschriftenaktion startete und in sehr kurzer Zeit 950 Unterschriften sammelte, vor allem in Gasthäusern.407 Mit Hilfe des Themas konnte die neu gegründete Liste drei Sitze im Gemeinderat gewinnen. Am 12. 4. 2010 veranstaltete die SPÖ Donawitz zusammen mit dem muslimischen Verein eine öffentliche Diskussionsveranstaltung, die von ausländer- und islamfeindlichen Beiträgen aus dem Publikum dominiert wurde.408 Bei der Veranstaltung präsentierte der Verein zum ersten Mal die Entwürfe für das neue Gebäude, einen modernen Zweckbau ohne Kennzeichen einer Moschee. Vizebürgermeister Maximilian Jäger (SPÖ) betonte im Rahmen der Diskussion, dass die Stadtgemeinde verpflichtet sei, einen positiven Bescheid für den Bau zu erlassen, wenn die rechtlichen Bedingungen erfüllt sind. Vizebürgermeisterin Eva Maria Lipp (ÖVP) betonte das Recht der Muslime auf freie Religionsausübung. »Deshalb kann und darf es nur ein grundsätzliches Ja zu diesem Gebetshaus geben.«409 Zu einer Einreichung des Neubaus ist es nicht gekommen – einerseits aus finanziellen Gründen, andererseits aus Angst seitens des Vereins, dass es weiterhin zu Konflikten, zu Verzögerungen und vielleicht sogar zu Übergriffen kommen würde.410 Der Verein mietete stattdessen 2012 einen zusätzlichen, ca. 105 m2 großen Gebetsraum in Leoben-Leitendorf.

Phase 6: Moschee- und Minarettbau als Gegenstand parlamentarischer Initiativen und Debatten im österreichischen Nationalrat ab Juni 2007 Am 6. Juni 2007 brachte der FPÖ-Parlamentsklub den selbständigen Entschließungsantrag 248/A (E) »Verbot des Bauens von Minaretten sowie die Verpflichtung für nicht abendländische Religionen zur Verwendung der deut406 Andreas Schöberl: »Donawitz bekommt ein neues Gebetshaus«: Kleine Zeitung, 16. 3. 2010. Internetquelle: http://kleinezeitung.at/steiermark/leoben/2314947 (Zugriff 5. 5. 2010). 407 Andreas Schöberl: »Ja zum Gebetshaus, Nein zum Standort«: Kleine Zeitung, 20. 4. 2010. Internetquelle: http://kleinezeitung.at/steiermark/leoben/2337279 (Zugriff 5. 5. 2010). 408 Andreas Schöberl: »Gebetshaus: Explosive Stimmung bei Bürgerinfo«: Kleine Zeitung, 14. 4. 2010. Internetquelle: http://kleinezeitung.at/steiermark/leoben/2333475 (Zugriff 5. 5. 2010). 409 Ibid. 410 Telefonisches Interview mit Hr. Mahmoud Abdelhadi, stellv. Obmann des Moscheevereins »Friede und Barmherzigkeit« Leoben, 29. 8. 2012. – Hr. Abdelhadi stammt aus Kairo und kam 1991 nach Österreich. Im Telefonat schildert er seinen Eindruck von den damaligen Auseinandersetzungen: »Ich habe das nie erwartet. Ich habe gedacht, die Leute sind offen, wir sind in Europa. Das war Hass. Das habe ich mir nie vorgestellt. Die Politiker haben es ausgenützt.« Er sei auf offener Straße bedroht worden, wenn er mit dem Projekt weitermache. »Die Leute wollen ein gemeinsames Feindbild, die Politiker haben geschafft, einen gemeinsamen Feind zu geben. Aber sie denken nicht an morgen. Wie kann ich zu meinen Kindern sagen: Du bist Österreicher, wenn sie außen stehen.«

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schen Sprache bei der Abhaltung von Gottesdiensten und Predigten« mit dem Ziel der Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in die Bundesverfassung im Nationalrat ein. Der Antrag steht im Zusammenhang mit der Lancierung der Minarett-Initiative in der Schweiz, die im Frühjahr 2007 von der SVP und EDU gestartet wurde. Der Text des Entschließungsantrags bezieht sich direkt auf die Schweizer Initiative und zitiert u. a. die Aussage des EDU-Abgeordneten Waber bei der Pressekonferenz am 3. Mai 2007, »der Islam sei keine Religion, sondern eine Kriegserklärung an die christliche und andersgläubige Welt«.411 Zu einer Diskussion des Minarett- und Moscheethemas im Plenum des österreichischen Parlaments kam es in der 31. Sitzung des Nationalrats am 27. September 2007. Der unmittelbare politische Kontext war die Verhaftung eines radikalen Islamisten, Mohamed Mahmoud, in Wien am 12. September aufgrund eines Drohvideos im Internet. In der emotional geführten Parlamentsdebatte wurden sieben Anträge betreffend Bekämpfung der Gefahr des islamistischen Terrors in Österreich gestellt. In seiner Rede zum dringenden Antrag der FPÖ stellte Abgeordneter Strache fest,412 dass zur Ausübung der Religionsfreiheit keine Moscheen und Minarette nötig seien: »Wie in der Eigendefinition zugegeben wird, handelt es sich dabei nicht wie beim Christentum oder beim Judentum um spirituelle Sakralbauten und um rein spirituelle Treffpunkte, nein, da wird bewusst festgehalten, dass es sich bei Moscheen um Zentren des politisch-kulturellen Zusammentreffens handelt, weil es für viele Moslems selbstverständlich ist, dass Politik, Religion und Gesetzgebung untrennbar miteinander verbunden sind.«413

In der darauffolgenden parlamentarischen Diskussion stellte der Klubvorsitzende der SPÖ Dr. Josef Cap fest, dass zwischen Moscheen als Sakralbauten – für die die Religionsfreiheit gelte – und Moscheen als »Zentren einer Gegengesellschaft« zu differenzieren sei, d. h. Moscheen nicht von Vornherein als »Zentren 411 Entschließungsantrag 248/A(E) XXIII.GP der Abgeordneten Strache, Aspöck, Haimbuchner und weiterer Abgeordneter, eingebracht am 6. 6. 2007. Internetquelle: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/A/A_00248/fnameorig_080124.html (Parlamentarische Materialien) Zugriff 25. 7. 2012. – Der Antrag wurde an den Verfassungsausschuss überwiesen, der in der Sitzung vom 28. 11. 2007 die Behandlung des Antrags vertagte. Aus der Information über den Stand der Behandlung des Antrags 248/A(E) auf der Website des Parlaments geht hervor, dass das parlamentarische Verfahren nicht weitergeführt wurde. 412 Der dringliche Antrag 309/A(E) der FPÖ lautete, das Parlament möge die Regierung dazu auffordern, »die von ihr praktizierte, falsch verstandene Toleranz gegenüber dem Islamismus aufzugeben und durch die strikte Anwendung der bestehenden Rechtsordnung dafür Sorge zu tragen, dass unser Staat vor der fortschreitenden Islamisierung und den damit verbundenen Terrorgefahren effektiv geschützt wird, ohne dass der Errichtung eines Polizei- und Überwachungsstaats Vorschub geleistet wird.« Republik Österreich, Parlament, Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats am 27. 9. 2007. Internetquelle: http://www.parlament.gv.at (Zugriff 25. 7. 2012). 413 Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats, op. cit., 175.

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der Gegengesellschaft« zu klassifizieren seien. Dr. van der Bellen (Grüne) erinnerte an das Toleranzpatent von 1781, das den Evangelischen den Bau von Kirchen erlaubte, aber nur ohne Türme. Das BZÖ erwähnte in der Debatte das Vorhaben von Landeshauptmann Haider für Kärnten, Moscheen und Minarette über die Bauordnung zu verhindern, und brachte den Entschließungsantrag ein, den Wirtschaftsminister aufzufordern, die Bauordnungen der Bundesländer zu vereinheitlichen in Form einer Musterbauordnung, »die Moscheebauten und Minarette ausschließt«.414 Der Abgeordnete Ing. Westenthaler (BZÖ) schlug vor, »im Kampf gegen den Islam eine 24-Stunden-Überwachung und, jawohl, auch verstärkte Online-Überwachungen« einzuführen.415 Er bezog sich dabei auf eine Forderung (Punkt 10) im Entschließungsantrag des BZÖ 309/A(E), sämtliche islamische Vereine, Einrichtungen und Gebetshäuser generell 24 Stunden zu überwachen. Im Text des Entschließungsantrags mit dem Titel »Bekämpfung der terroristischen Gefahr in Österreich« wird dieses Thema unmittelbar mit dem Thema Moschee und Minarett verbunden: »Moscheen und Minarette gehören nicht zum traditionellen Stadt- und Ortsbild in Österreich. Minarette stellen in der österreichischen Baulandschaft einen Fremdkörper dar. Sie stören die bauliche Einheit, welche sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte entwickelt hat. Darüber hinaus spricht sich die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung gegen den Bau von Minaretten aus. Weiters sind Minarette weder aus religiösen noch aus architektonischen Gesichtspunkten erforderlich. Sie symbolisieren einzig den Herrschaftsanspruch des Islam über alle anderen Religionen.«416

Der Abgeordnete Dr. Kurzmann (FPÖ) führte in seiner Rede aus: »… die Moscheen sind Multifunktionshäuser. (…) Deshalb ist die Frage eines Moscheebaus in Graz auch keine Frage der Glaubensfreiheit, sondern eine politische Angelegenheit. Man wird dem nicht mit Bau- und Vereinsrecht beikommen; die sind da sicher überfordert. Der österreichische Nationalrat muss sich fragen: Werden in den Moscheen die österreichischen Gesetze überhaupt noch eingehalten? Dienen diese Moscheen wirklich der Integration? In der Bundesrepublik sind die Moscheen Keimzellen einer sogenannten Gegengesellschaft.«417

414 Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats, op. cit., 193. 415 Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats, op. cit., 194. – Der Entschließungsantrag des BZÖ 309/A(E) im Nationalrat wurde an den Bauten-Ausschuss überwiesen und in der Sitzung des Bauten- Ausschusses am 23. 4. 2008 vertagt. Die Forderung von Abg. Martin Graf (FPÖ) in der Sitzung, das Thema in einer parlamentarischen Debatte zu behandeln, wurde abgelehnt. Die Abgeordneten Zinggl und Kogler (Grüne) plädierten mit dem Hinweis auf Religionsfreiheit und Minderheitenschutz für die Ablehnung des Antrags (cf. Parlamentskorrespondenz Nr. 357, 23. 4. 2008). 416 Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats, op. cit., 195. 417 Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Nationalrats, op. cit., 211 f.

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Der Abgeordnete Rudolf Parnigoni (SPÖ) betonte die Aufgabe des Staates, die Religionsfreiheit zu schützen und die Aufgabe der Religionsgemeinschaften dafür zu sorgen, dass der rechtliche Rahmen der Republik geachtet wird. Alle erwähnten Anträge wurden von der Mehrheit im Nationalrat abgelehnt. Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Thema Moschee und Minarett wurde zum ersten Mal im österreichischen Parlament im Zusammenhang mit dem Thema islamistischer Extremismus und Terrorismus diskutiert. Dieser Interpretationsrahmen wurde von den Rednern der FPÖ und des BZÖ verwendet, die die Diskussion damit prägen konnten. Das übereinstimmende Argument beider Parteien lautete: Moscheen und Minarette seien nicht Teil der islamischen Religion, sondern hätten vor allem eine politisch-kulturelle Funktion, so dass sie nicht unter den Schutz der Religionsfreiheit fallen würden. Dieses Argument wurde auch vom Initiativkomittee für ein Minarettverbot in der Schweiz verwendet und spielte bei der Volksabstimmung über ein Bauverbot eine entscheidende Rolle. Parlamentarier der SPÖ, ÖVP und der Grünen nahmen zu dieser grundrechtlichen Frage in der Nationalratsdebatte entweder keine oder keine explizite, eindeutige Stellung. Phase 7: Anschluss an lokale Initiativen gegen islamische Zentren oder Tarnung in Form einer »Bürgerbewegung« als Mobilisierungsstrategie der FPÖ ab 2007 Das ATI˙B-Zentrum in der Dammstraße 37 in Wien-Brigittenau (20. Bezirk) wird – im Zusammenhang mit dem Wahlkampf für die Wiener Gemeinderatswahlen im Oktober 2010 – ab dem Jahr 2007 zu einem Kristallisationspunkt ethnopolitischer Mobilisierung der FPÖ sowie rechtsextremer und christlich-fundamentalistischer Gruppen, vor allem der Splitterpartei »Die Christen«. Obwohl es um die Erweiterung des islamischen Zentrums in Form eines architektonisch neutralen Veranstaltungs- und Bürogebäudes geht, das an den alten Gebäudeteil mit dem Gebetsraum angrenzt, wird das Bauprojekt unter der emotionalisierenden Bezeichnung »Moschee« bekämpft und von Gegnern der Eindruck erweckt, man wehre sich gegen den Bau einer traditionellen Moschee mit Kuppel und Minarett. Nachdem im Frühjahr 2007 vom Verein ATI˙B Brigittenau Pläne für die Erweiterung des Zentrums eingereicht wurden, bildete sich eine Anrainergruppe, die unter der Bezeichnung »Moschee ade« seit Juli 2007 dagegen ankämpft, die Verlegung des Zentrums fordert, den Ausbau des Zentrums als Zeichen der Islamisierung Österreichs bezeichnet und rund 4000 Unterschriften gegen das Projekt sammelte. Die Anrainergruppe wird von der FPÖ unterstützt, u. a. über die Finanzierung der Website. Die Initiative »Moschee ade« rief zusammen mit der FPÖ und der ÖVP Brigittenau zu einer Demonstration am 13. September 2007, dem Beginn des Ramada¯n, auf, die vor dem ATI˙B-Zentrum ˙ begann. Über 700 Personen nahmen am Demonstrationszug teil, darunter H. C. Strache und der Obmann der Bezirks-ÖVP Wolfgang Aigner sowie etwa hundert

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Neonazis aus Organisationen wie »Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik« (AFP) und der »Nationalen Volkspartei« (NVP), die Slogans wie »Hier marschiert der nationale Widerstand« riefen. Am Ende des Marsches, vor dem Bezirksamt, wurde von einer Vertreterin der Bürgerinitiative ein Modell einer klassischen Moschee präsentiert, während ein Teil der Menge »Anzünden!« schrie.418

Abbildung 25: Demonstration gegen den Ausbau des ATI˙B-Zentrums Dammstraße, 13. 9. 2007. Foto: Robert Newald

Diese Entwicklungen sind ein österreichisches Beispiel dafür, dass das islamund immigrationsfeindliche politische Klima im Kontext globaler Konflikte zu einer Revitalisierung rechtsradikaler, rechtsextremer und nationalpopulistischer Gruppierungen führt, die an die Öffentlichkeit gehen und beim Islam- und Moscheethema auf eine Anknüpfung mit der gesellschaftlichen Mitte setzen. Die Stadt Wien und die Bezirksverwaltung starteten eine Serie von Mediationsprojekten, die zu Änderungen des Bauvorhabens führten, v. a. zu starken 418 »Aufgeheizte Stimmung bei Islam-Demo«: wien.ORF.at, 13. 9. 2007. Internetquelle: http:// wiev1.orf.at/stories/221582 (Zugriff 30. 3. 2009); »Heftige Proteste bei Islamischem Zentrum«: oe24.at, 13. 9. 2007. Internetquelle: http://www.oe24.at/oesterreich/politik/HeftigeProteste-bei-Islamischem-Zentrum/146574 (Zugriff 30. 3. 2009); »Kulturkampf in der Brigittenau«: Der Standard 13. 9. 2007, 11; »Hitzige Demo gegen Islam-Zentrum«: Der Standard 14. 9. 2007, 3; »Demonstration gegen Kulturzentrum: Ein Abend im Hass«: Kurier 14. 9. 2007, 4.

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Zugeständnissen von ATI˙B betreffend Maßnahmen der Lärmvermeidung. Die Wahrnehmung des Projekts und der politische Kampf dagegen hatte sich aber bei den Anrainern sehr früh von Sachfragen wie Verkehrsaufkommen und Lärm abgelöst und auf die Ebene eines unteilbaren Konflikts im Modus »EntwederOder« bewegt (cf. Kübel/ Pfeffer/ Stöbich 2008; Kübel 2008), während politische Parteien wie die FPÖ und »Die Christen« sowie Neonazi-Gruppen das Projekt unabhängig vom konkreten Vorhaben für die politische Mobilisierung benutzen und sich dabei die Anknüpfung an die Brigittenauer Anrainerinitiative zu Nutze machen – eine Strategie, die auch die rechtsextreme deutsche Partei »pro Köln« anwendet (cf. Häusler 2009, 132). Die gleiche politische Taktik, in Form einer unverfänglichen, vermeintlich neutralen kommunalen »Bürgerinitiative« zu agieren, wendet die FPÖ auch im Fall des Moscheebaus in Bad Vöslau an.419 Am 14. Mai 2009, im Kontext des Wahlkampfs für die Wiener Gemeinderatswahlen, kam es zu einer zweiten Demonstration der »Moschee ade«-Initiative und der FPÖ, gegen den Erweiterungsbau des ATI˙B-Zentrums Dammstraße (Wien-Brigittenau). Die Demonstration startete vor dem Bundeskanzleramt und führte über die Ringstraße zum Rathaus; etwa 700 Personen nahmen teil.420 Die Demonstration begann mit Reden von Hannelore Schuster als Vertreterin der Anrainer-Initiative, von Dr. Rudolf Gehring (Die Christen) und Bundesobmann H. C. Strache (FPÖ) und endete mit einer langen Ansprache von H. C. Strache gegen die »Islamisierung Österreichs«, bei der er in einem Moment der Rede ein goldenes Kreuz vor sich hielt.421 Im April 2011 schließen sich die Initiativen gegen das ATI˙B-Zentrum Dammstraße, gegen das ATI˙B-Zentrum Rappgasse, gegen das Zentrum Trostgasse und gegen das neue Zentrum des Vereins Havas in Wiener Neustadt zur 419 S. dazu Kapitel VI, S. 357. 420 Mit dem Bau wurde schließlich am 4. Februar 2013 begonnen. Die Spatenstichfeier aus Anlass der Fertigstellung des Fundaments erfolgte am 16. Mai 2013. Außer der Nationalratsabgeordneten Mag. Alev Korun (Grüner Klub im Parlament), der Bezirksrätin Sabrina Sehr (Grüne Wien-Brigittenau) und den Vertretern der MA 17, Christian Loibnegger und Hanife Anil (MA 17 Nord, Regionalstelle 2., 20. und 21. Bezirk) nahmen keine Politiker bzw. Bezirksvertreter an der Feier teil. Eine Aktion der Gegner des Bauprojekts bei Baubeginn oder bei der Spatenstichfeier fand nicht statt. Die Fertigstellung des Baus ist für September 2014 geplant. Quelle: Telefonisches Interview Irfan Altindag (Mitglied des Vorstands ATIB Dammstrasse), 25. 5. 2013. 421 S. Kap. II 4.3. – Diese Bildstrategie kann als kodierte Handlung interpretiert werden, mit der der Politiker möglicherweise die Haltung der Skulptur von P. Marco d’Aviano imitiert. Die Skulptur wurde 1935, zur Zeit des Austrofaschismus vor der Franziskanerkirche am Neuen Markt in Wien aufgestellt. D’Aviano wurde vom autoritären Ständestaat als Symbol des Widerstands der Stadt und des »christlichen Westens« gegen die Türken im Jahr 1683 inszeniert, das auf die damalige Gegenwart, auf die Abwehr des Kommunismus als neuer Gefahr aus dem »Osten« projiziert wird (s. Luksan/ Schlösser/ Szanya 2007). Falls diese Interpretation zutrifft, dann stellt sich Strache performativ in diese Tradition, nun gegen den neuen »Feind im Inneren«.

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

Abbildung 26: Demonstration gegen das ATI˙B-Zentrum Dammstraße, Dr.-Karl-Renner-Ring, Wien, 14. 5. 2009

»Bewegung pro Österreich« (BPÖ) zusammen – offensichtlich nach dem Vorbild der 2005 gegründeten »Bürgerbewegung pro Deutschland« (BPD), die aus der »Bürgerbewegung pro Köln« hervorging. Die BPD bildet eine neue Partei innerhalb der Landschaft der extremen Rechten in Deutschland, die in Gestalt einer angeblichen lokalen bzw. regionalen »Bürgerbewegung« auftritt und primär auf die Gegnerschaft zum Islam und auf Kampagnen gegen Moscheebau konzentriert ist (s. Häusler 2008; 2009; 2010). Die Zusammenarbeit mit der FPÖ und »Die Christen« wird bei der Gründungspressekonferenz der BPÖ am 7. April 2011 in Wien sichtbar, durch die Ansprachen des Wiener FPÖ-Obmanns Mag. Johann Gudenus und des Bundesparteiobmanns »Die Christen«, Dr. Rudolf Gehring.422 422 Die Rede bildet ein Beispiel für die Diskursstrategie rechtsradikaler Parteien: In seiner Ansprache verweist Gudenus auf den Verfassungsschutzbericht des österreichischen Bundesministeriums für Inneres von 2009, der festgestellt habe: »Es passiert eine Rekrutierung aus österreichischen Gebetshäusern durch Terrorcamps in islamischen Ländern.« (Rede Johann Gudenus bei der Gründungspressekonferenz »Bewegung pro Österreich« (BPÖ) am 7. 4. 2011, Videodokumentation verfügbar auf http://sosheimat.wordpress.com/ 2011/04/07/grundung-burgerbewegung-pro-osterreich/(Zugriff 26. 8. 2012). Der entsprechende Passus im Verfassungsschutzbericht im Abschnitt VII.2 »Islamistischer Extremismus und Terrorismus« lautet tatsächlich: »Insbesondere besteht das Risiko im Zusam-

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Phase 8: Staatliche Beschränkung der Religionsfreiheit der Muslime – die Bauund Raumordnungsnovellen in Vorarlberg, Kärnten und Niederösterreich ab 2008 Ab Februar 2008 erfolgen die Novellen der Bau- und Raumordnung der Bundesländer Kärnten (Februar 2008), Vorarlberg (April 2008) und Niederösterreich (Oktober 2010) mit der öffentlich deklarierten Intention, in Hinkunft den Bau von repräsentativen Moscheen mit Minaretten über die Landesebene verhindern zu können. Die Religionsfreiheit wird damit auf ungleiche Weise eingeschränkt. Die Novellen bilden ein frühes, österreichisches Pendant zu staatlichen Maßnahmen in anderen europäischen Ländern, mit denen eine demonstrative, symbolische Grenzziehung gegenüber den Muslimen und eine Einschränkung ihrer Grundrechte vorgenommen wird, vor allem indem sichtbare Symbole des muslimischen Kultus aus dem öffentlichen Raum ausgeschlossen werden sollen.423 Islamskeptische bis -feindliche Haltungen und Stimmungen werden nun zum ersten Mal auf Landesebene in gesetzgeberischstaatliche Handlungen umgesetzt, wobei der Neutralitätsgrundsatz des säkularen Staates (Huster 2002; Bielefeldt 2011a) und das Gebot der strikten Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften verletzt wird. Diese Maßnahmen bilden eine Vorwegnahme von politischen Entwicklungen in der Schweiz, die in der Aufnahme eines Minarettbauverbots in die Schweizer Bundesverfassung mündeten. Die Befürworter für die Aufnahme eines Minarettverbots in der Schweizer Verfassung bezogen sich immer wieder auf die gesetzlichen Maßnahmen in Kärnten und Vorarlberg. So führte der Nationalratsabgeordnete Walter Wobmann, Präsident des Initiativkomitees für ein Minarettverbot (SVP), in seiner Rede bei der ersten Behandlung der Volksinitiative im Schweizer Nationalrat am 4. März 2009 aus: »Die fortschreitende Islamisierung wird auch im übrigen Europa, vor allem in Mitteleuropa, zunehmend zum Problem; darum gibt es dort auch immer mehr Widermenhang mit einer potentiellen Radikalisierung und Rekrutierung sowie einer Teilnahme an terroristischen Ausbildungslagern bis hin zur möglichen Umsetzung konkreter Aktivitäten terroristischer Natur.« (Republik Österreich, Bundesministerium für Inneres: Verfassungsschutzbericht 2009, 49) Zur Situation in Österreich sagt der Bericht, dass »auch einzelne Personen aus Österreich sich in terroristischen Kreisen in Pakistan aufhalten.« (Verfassungsschutzbericht 2009, 53 f). Internetquelle: www.bmi.gv.at/BMI_Verfassungs schutz/VSB_2009_Online.pdf (Zugriff 26. 8. 2012). 423 Staatliche Maßnahmen sind u. a. die gesetzlichen Verbote des Tragens von Kopftüchern durch muslimische Lehrerinnen in Deutschland, die seit 2004 in acht Bundesländern beschlossen wurden; das Bauverbot von Minaretten, das im November 2009 durch eine Volksabstimmung in die Schweizer Verfassung aufgenommen wurde; das gesetzliche Verbot des Gesichtsschleiers an allen öffentlichen Orten durch das belgische Parlament im April 2010; das gesetzliche Verbot des Gesichtsschleiers im April 2011 in Frankreich; das Schächtverbot, das vom niederländischen Parlament im Juni 2011 beschlossen wurde und das Juden wie Muslime gleichermaßen betrifft.

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stand. So haben z. B. vor einem Jahr die österreichischen Bundesländer Kärnten und Vorarlberg entsprechende Gesetze für islamische Sakralbauten erlassen, die Minarette eigentlich verbieten oder praktisch verhindern.«424

Die Novellen sind für Österreich ein signifikantes Beispiel für direkte, substantielle »Interaktionseffekte« (s. Minkenberg 1998a; Minkenberg 1998b; Minkenberg 2001; Downs 2001) zwischen etablierten Parteien und Parteien der radikalen Rechten in Regierungskoalitionen bzw. in gesetzgebenden Organen, im Fall von Vorarlberg und Niederösterreich. Die damit verbundenen politischen Prozesse bestätigen die These von Minkenberg, dass die Wirkungen der Regierungsbeteiligung radikaler Rechtsparteien vor allem ein Ergebnis der strategischen Interaktion zwischen der radikalen Rechten und den etablierten Parteien sind: Im Fall der Novellierung der Bau- und Raumordnung entschieden sich die ÖVP-Regierungsfraktionen in Vorarlberg und Niederösterreich dafür, die rechtspopulistische Agenda beim Thema Moscheebau nicht zu konfrontieren, sondern zu kooptieren. Phase 9: Versuche einer Versachlichung der Moscheedebatten und Schritte einer Gegenwehr gegen die Politisierung des Moscheethemas Die Wirkungen der öffentlichen Auseinandersetzungen und des enormen politischen Drucks auf die muslimischen Organisationen äußern sich in einer Politik der pragmatischen Adaptation: Um große Schwierigkeiten und Widerstände seitens Behörden, Politik und Öffentlichkeit bei Neubauten oder Umwandlungen von Gebäuden in islamische Zentren nach Möglichkeit zu vermeiden, verzichten Moscheevereine in der Regel auf die äußere Erkennbarkeit islamischer Bauten, vor allem auf den Bau von Minaretten. Unter den türkisch-muslimischen Dachverbänden scheint der größte Dachverband ATI˙B eine Art Vorreiter- und Eisbrecher-Rolle einzunehmen: Die anderen Verbände beobachten, was die gesellschaftlichen und politischen Reaktionen auf die Moschee- und Minarettbaupolitik der ATI˙B in Österreich sind. Im Gespräch erläutert der damalige Präsident der ATI˙B Union Seyfi Bozkus¸, dass man, was den Bau von Minaretten betrifft, nicht nachgeben werde – nicht weil sie aus der Sicht von Muslimen für eine Moschee unabdingbar wären, sondern weil sie zu einem Symbol der Anerkennung bzw. Nichtanerkennung der Muslime und ihrer Rechte in Österreich geworden seien.425 Manche muslimische Funktionäre erwarten eine Phase in der Zukunft, in der sich der politische Druck legt, eine bessere Inklusion und die finanziellen 424 Nationalrat, Amtliches Bulletin der Bundesversammlung, Frühjahrssession 2009, 95. Internetquelle: http://www.parlament.ch (Zugriff 25. 7. 2012). 425 Interview mit dem Präsidenten der ATI˙B Union, Herrn Botschaftsrat Seyfi Bozkus¸, ATI˙BZentrale, Gudrunstraße, Wien, 26. 9. 2012.

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Möglichkeiten der muslimischen Organisationen gegeben sind, um repräsentative, würdige, große, neue Moscheen bzw. Minarettbauten zu errichten. Innerhalb der muslimischen Verbände und Vereine besteht in der Frage eine Vielfalt von Positionen: Während manche muslimische Funktionäre die Vorstellung haben, in Zukunft zu den bestehenden, zu islamischen Zentren umgebauten Gebäuden ein Minarett zu errichten, lehnen andere diese Lösung ab und vertreten die Ansicht, dass es aus ästhetischen und architektonischen Gründen nur bei repräsentativen Neubauten von Moscheen sinnvoll ist, einen Minarettbau zu errichten. Das prominente Negativbeispiel ist das plump wirkende, verkürzte Minarett in Telfs, das zum bestehenden umgebauten Moscheegebäude dazugebaut wurde. Gleichzeitig hat man die Lektionen aus den Skandalisierungen von Moscheebauprojekten (wie z. B. in Bludenz) gelernt. Politische Gemeinden und muslimische Organisationen suchen nach praktischen Wegen, um zu einer Normalisierung der Situation zu kommen und die Schaffung der nötigen muslimischen Infrastrukturen in einer gezielt entpolitisierten, pragmatischen und sachlichen Weise zu gewährleisten. Als Schlüssel wird die Transparenz des gesamten Vorhabens betrachtet – die rechtzeitige offene Information der Anrainer und der Bevölkerung. Beispiele sind die aktuellen Moscheebauprojekte in Graz, bei denen die Stadtregierung unter Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl (ÖVP) – nach anfänglicher Unsicherheit – nun das Recht auf Religionsfreiheit verteidigt und strategisch auf maximale Transparenz und Partizipation der Bevölkerung in Form einer offensiven Informationspolitik setzt.426 Ein anderes Ergebnis der Lernprozesse ist, dass der Minarettbau aufgrund der Skandalisierungen in den letzten Jahren sowohl bei muslimischen Bauherren wie in der Politik bzw. den Baubehörden zu einem Angst- und Tabuthema geworden ist. Seitens der muslimischen Gemeinschaften, die neue Moscheen errichten, verzichtet man großteils von Vornherein auf ein Minarett, um Schwierigkeiten und Verzögerungen des Bauprojekts zu vermeiden. Seitens der Politik wird ein Minarett 426 In der Sitzung des Grazer Gemeinderats vom 20. 1. 2011 antwortete Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl auf die Anfrage von Gemeinderat Mag. Armin Sippel (FPÖ), ob sich der Bürgermeister dafür einsetzen werde, dass über die beiden Moscheeprojekte in Graz eine Bürgerbefragung durchgeführt werden wird: »Ich sage Ihnen ganz ehrlich, darüber habe ich ja im Vorfeld schon Auskunft gegeben und habe das klar verneint, weil es in der Republik Österreich Gesetze gibt, und wir werden sicherlich nichts abfragen, was in der österreichischen Gesetzeslage klar genehmigt ist und wir unterstützen beide Projekte als Stadt Graz, damit die Menschen in unserer Stadt dann auch einmal merken, dass Schreckgespenster, die von vielen verbreitet werden, dann gar nicht eintreffen, sondern dass das gläubige Menschen sind, die zu ihrem Gebet gehen, die einen sehr offenen Dialog führen, den leider noch immer nicht alle annehmen.« (Gemeinderatsprotokoll. Internetquelle: http://data.graz.gv.at//katalog/verwaltung%20und%20politik/Gemeinderatsprotokolle/2011_01_20.txt (Zugriff 30. 8. 2012).

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wegverhandelt, um den rechtsradikalen Parteien keine zusätzlichen politischen Gelegenheiten, mit einem Moscheeprojekt gegen die anderen politischen Parteien zu mobilisieren, einzuräumen. In diesem Kontext diente im Fall des Bauprojekts in Graz der Architekturwettbewerb offenbar auch dazu, die Kontrolle über die architektonische Gestalt, vor allem was die Minarette betrifft, zu behalten.427 Modellhafte Beispiele stammen gegenwärtig aus Vorarlberg: - Bau des ersten islamischen Friedhofs Vorarlbergs in Altach, eröffnet am 2. Juni 2012:428 Auf einem 8500 m2 großen Grundstück an der L 190 zwischen Hohenems und Götzis entstand ein Gräberfeld für ca. 700 Gräber, eine Anlage für die rituelle Waschung, ein Bereich für die rituelle Verabschiedung des Toten sowie ein kleiner Gebetsraum (cf. Grabherr 2012, 94). Die Planung erfolgte ab 2007 durch den Dornbirner Architekten Bernardo Bader, der den Auftrag auf Basis der Jury-Entscheidung eines Architekturwettbewerbs erhielt. Der Gebetsraum wurde durch die österreichische, in Sarajevo geborene Architekturhistorikerin und Künstlerin Azra Aksˇamija, die als Professorin am Massachusetts Institute of Technology (MIT) unterrichtet, künstlerisch gestaltet. Das Friedhofsprojekt wurde von Beginn an gemeinde- und konfessionsübergreifend konzipiert: Er steht Muslimen aller Kommunen und aller konfessionellen Richtungen in Vorarlberg zur Verfügung. Es kam zu einer institutionellen Kooperation zwischen der Landesregierung, dem Gemeindeverband, den islamischen Organisationen in Vorarlberg und Vertretern der Katholischen Kirche (cf. Grabherr 2012, 96). Grundlage für den Entscheidungsprozess bildete die Studie »Eine Begräbnisstätte für Musliminnen und Muslime in Vorarlberg« von Dr. Elisabeth Dörler, Islambeauftragte der Diözese Feldkirch, die im Herbst 2004 veröffentlicht wurde (Dörler 2004). Der fast neun Jahre dauernde, partizipative Prozess wurde fachlich von der Vorarlberger integrationspolitischen Einrichtung okay-zusammen leben unter der Leitung von Dr. Eva Grabherr koordiniert und begleitet. Abgesehen von einigen wenigen Stimmen und Leserbriefen, die das Projekt eines eigenen islamischen Friedhofs als Zeichen der Segregation beurteilten, stieß das Friedhofsprojekt »nur auf wenig öffentlich geäußerte Kritik«.429 Durch die 427 S. die Aussage von Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl in seiner Stellungnahme zum dringlichen Antrag des FPÖ-Klubs: Die Stadt Graz stellte in der Jury des Architekturwettbewerbs für die neue bosnische Moschee die Mehrheit, »damit man (sic!) nicht diese Debatten über Gebetstürme etc. haben« mache (Sitzung des Gemeinderats vom 7. Juli 2011, Dringlichkeitsanträge, S. 186. Internetquelle: http://www.graz.at/cms/beitrag/10174210/ 410977/ – Zugriff 21. 6. 2013). 428 Information: Website »okay-line für Zuwanderung und Integration in Vorarlberg« http:// www.okay-line.at (Aktuelles/ Info-Box: »Islamischer Friedhof Altach Eröffnung 2012). 429 Broschüre »Islamischer Friedhof Altach. Eine Geschichte des Projekts. Zur Eröffnung am

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Abbildung 27: Islamischer Friedhof Altach, Bereich für die Verabschiedung des/der Toten mit dem Musala Tasi, auf dem der Sarg bei der Verabschiedung steht

breite Kooperation verschiedener überregionaler Institutionen und der muslimischen Gemeinschaften sowie die aktive, transparente Information der Öffentlichkeit konnte das wichtige, historische Projekt einer politischen Polemik und Instrumentalisierung entzogen werden. Sicher trägt auch die hohe architektonische und künstlerische Qualität des Bauwerks zur Akzeptanz bei. Der Bau erhielt den Piranesi-Preis für Architektur 2012 und ist für den Aga Khan-Preis für Architektur nominiert.430 - Neubau einer Moschee in Rankweil durch die »Bosniakisch-Muslimische Gemeinschaft Vorarlberg«: Bei diesem Projekt handelt es sich um den ersten Neubau einer Moschee in Vorarlberg, mit dem im September 2012 begonnen wurde. Das Projekt konnte ohne öffentliche Proteste und Konflikte durchgeführt werden. Das Bauvorhaben wird in einer konstruktiven Kooperation zwischen der bosniakischen Gemein2. Juni 2012«. Internetquelle: http://www.okay-line.at (Infobox »Islamischer Friedhof Altach Eröffnung 2012«). Text: Dr. Eva Grabherr. 430 Website okay.zusammenleben, Internetquelle: http://www.okay-line.at/deutsch/aktuelles/ islamischer-friedhof-altach-eroeffnung-2012/architektur-und-bau-des-islamischen-fried hofs-altach.html (Zugriff 25. 5. 2013).

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Abbildung 28: Moschee, Bosniakisch-Muslimische Gemeinschaft, Rankweil, Ansicht Nordwest Ó entner architektur

schaft, der Gemeindepolitik und den Integrationsfachstellen organisiert, die Partizipation der Anrainer ist gewährleistet. Als Schlüssel für den modellhaft verlaufenden Prozess erweisen sich folgende Faktoren:431 (1) der transparente, offene Umgang des Vereins mit dem Bauvorhaben und die partizipative Einbeziehung der Anrainer: Lange vor einer offiziellen Einreichung bei der Baubehörde trat der Verein in Gespräche mit der Gemeinde ein, ebenso wurden die Anrainer als unmittelbar Betroffene sehr frühzeitig (ein Jahr vor Baubeginn) informiert. Befürchtungen der Anrainer betreffend Parkplätze und Lärm wurden vom Verein aufgegriffen und in die Planung einbezogen. Als günstig erweist sich, dass der Vorstand des Vereins aus Personen besteht, die gut Deutsch sprechen und die das Vorhaben aus erster Hand überzeugend präsentieren können, z. B. eine Lehrerin, die in Vorarlberg aufgewachsen ist und Deutsch unterrichtet. (2) die qualitätsvolle zeitgenössische Architektur : Der Moscheeverein entschied sich, ein zeitgenössisches, einladendes, nach außen transparentes Gebäude zu planen, das den Kontext berücksichtigt, und mit der Planung des Gebäudes eine Vorarlberger Architektin zu betrauen. (3) eine kluge Strategie der öffentlichen Kommunikation des Projekts: Allen beteiligten Akteuren gelingt es, die Diskussion des Projekts vor Ort zu halten und damit bei denen, die es unmittelbar angeht, vor allem den Anrainern. Basis dafür ist eine frühzeitige Abstimmung zwischen der Religionsgemeinschaft, der Gemeinde und den Integrationsfachstellen, was die Art und Weise der Öffentlichkeitsarbeit betrifft. 431 Telefonisches Interview mit Hr. Josef Gojo, Leiter von »Mitanand. Stelle für Gemeinwesenarbeit Rankweil«, 1. 10. 2012. Die Stelle begleitet das Projekt im Auftrag der Marktgemeinde Rankweil. Ich danke Frau Dr. Elisabeth Dörler (Batschuns) für die Vermittlung.

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Zweifellos hat auch der Verzicht auf ein konventionelles Minarett durch den muslimischen Verein zu diesem konfliktfreien Verlauf des Prozesses beigetragen. Auch bei den jüngsten Neubauten von islamischen Zentren in Reisenberg (Niederösterreich) durch die UIKZ und in Linz durch einen bosnischen Verein gab es keine großen politischen Proteste; der Neubau in Reisenberg blieb einer größeren Öffentlichkeit unbekannt. Die Eröffnung des neuen großen islamischen Zentrums eines bosnischen Vereins in Graz, das auf äußere architektonische Merkmale verzichtet, im Frühjahr 2012 erfolgte ohne jede öffentlichmediale Aufmerksamkeit und politische Debatte.432 Vermutlich wird die Errichtung von Moscheeneubauten in einer qualitätsvollen und innovativen, ortsbezogenen architektonischen Gestalt, bei der traditionelle Moscheetypen aus islamischen Länder nicht einfach kopiert werden – z. B. in Linz, Graz, Rankweil und Wels – auf die Diskussion rund um Moscheebau positiv ausstrahlen und einen frischen Impuls in die Debatte in Österreich bringen. Fallweise werden Um- und Neubauten islamischer Zentren seitens der öffentlichen Hand subventioniert, etwa im Fall der großen bosnischen Moschee in Villach (2010) und im Fall des Um- bzw. Neubaus der Moschee des Vereins der Bosniaken NUR Linz in der Glimpfingerstraße (2011).433 Bezogen auf das Projekt eines neuen, großen, zentralen islamischen Zentrums in Linz – das nun nicht zustande kommt – hatte Vizebürgermeister und Planungsstadtrat Klaus Luger (SPÖ) im November 2007 angekündigt, dass die Stadt im Sinne der Gleichbehandlung wie bei Bauten anderer anerkannter Religionsgemeinschaften eine Subvention von zehn Prozent der Baukosten übernehmen würde.434 Ob diese Entwicklungen bereits eine neue Phase eines »Aufbruchs zur Vernunft« (s. Weidner 2012), eines sachlichen, nüchternen, konstruktiven Umgangs mit der Institutionalisierung des Islam in Österreich und einer schrittweisen Öffnung des Selbstverständnisses der Nation, in das die Bürger muslimischer Konfession einbezogen sind, anzeigen, ist offen. Es wird sich zeigen, welche Reaktionen zukünftige Neubauprojekte repräsentativer Moscheen, bei denen 432 Hinweis: Interview Anas Schakfeh, ehemaliger Präsident und Ehrenpräsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Islamische Fachschule für soziale Bildung Dr. Abdullah-Karl Hammerschmidt, Wien, 18. 7. 2012. 433 »Moschee in Linz: FPÖ protestiert gegen Subventionen«: Die Presse, 31. 8. 2011. Internetquelle: http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/689790/Moschee-in-Linz_FPOeprotestiert-gegen-Subventionen (Zugriff 25. 5. 2013). – Der Gemeinderat Linz beschloss am 7. 7. 2011 mit den Stimmen aller Fraktionen (außer FPÖ) eine Subvention von 150.000 Euro für den Umbau der Moschee, die im Zuge der Sanierung eine Glaskuppel erhalten wird; cf. »Stadt Linz subventioniert Moscheenbau«: Der Standard, 31. 8. 2011. Internetquelle: http:// derstandard.at/1314652661832/Stadt-Linz-subventioniert-Moscheenbau (Zugriff 31. 5. 2013). 434 »OÖ gibt grünes Licht für islamisches Kulturzentrum«: Die Presse, 29. 11. 2007.

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

die Bauherren nicht auf Minarettbauten verzichten, erfahren und wie die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure und Eliten damit umgehen werden. Moscheebauprojekte als Teil eines umfassenden Konfliktsystems Die einzelnen, individuell verlaufenden lokalen und überregionalen Konflikte rund um islamische Zentren in Österreich können als gesamtes, komplexes Konfliktsystem betrachtet werden, bei dem sich die einzelnen lokalen Konflikte und die politischen Vorgänge rund um das Thema Moscheebau in den unterschiedlichen Bundesländern gegenseitig beeinflussen. Bei der Analyse der einzelnen lokalen Konflikte zeigt sich mit der Zeit, dass sie nicht isoliert voneinander betrachtet werden sollten, sondern insgesamt ein dynamisches Konfliktfeld bilden. Auf der Ebene der Landespolitik zeigt sich diese Dynamik beispielsweise, indem nach Kärnten weitere landespolitische Akteure und Landesregierungen die Vorgehensweise aufgreifen, durch Änderungen der Bau- und Raumordnung den Bau von Moscheen mit Minaretten zu behindern bzw. zu verhindern zu versuchen und sich bei der Gesetzesformulierung an den Vorgängern orientieren. Dabei entwickelt sich eine Art Gewöhnungseffekt: Kam es bei der Änderung der Bauordnung – intendiert als Verhinderung von Moschee- und Minarettbauten – in Kärnten 2008 noch zu internationalen Medienberichten und intensiven öffentlichen Debatten in Österreich, so ging eine ähnliche Änderung der Bauordnung in Niederösterreich im Dezember 2011 ohne große öffentliche Diskussion vonstatten. Auf der Seite muslimischer Organisationen wird dieses übergreifende Konfliktsystem erkennbar, wenn die Wiener ATI˙B-Zentrale den Moscheebau in Bludenz zurückstellt, weil sie gerade in intensive Auseinandersetzungen um das Bauprojekt in Bad Vöslau und den Ausbau des Zentrums Wien-Dammstraße involviert ist. Sowohl Integrationsfachstellen und Politiker als auch Moscheevereine haben aus dem Umgang mit dem Moscheeprojekt Bludenz ihre Lehren gezogen und versuchen gezielt, konkrete Moscheebauprojekte aus einer Dynamik der Ethnopolitik und parteipolitischen Bewirtschaftung herauszuhalten. Ein weiteres Beispiel für die Interaktion zwischen lokalen Konfliktprozessen ist der Streit um den Bau eines islamischen Zentrums in Wiener Neustadt ab Frühjahr 2010: Offenbar beeinflusst vom Verlauf des Moscheekonflikts in Bad Vöslau in der Region griff die Stadtregierung zum gleichen Mittel, den muslimischen Verein von einer Unterbrechung des Einreichverfahrens zu überzeugen und eine Mediation zu beginnen. Man setzte auch den gleichen Mediator wie im Fall von Bad Vöslau ein. Ein weiteres Beispiel für diese Dynamik gegenseitiger Beeinflussung und von Nachahmungseffekten sind die Bürgerinitiativen, die gegen islamische Zentren in Wien ankämpfen: Der Initiative gegen das islamische Zentrum Wien-Dammstraße schloss sich die Initiative gegen das ATI˙B-

Fallstudien

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Zentrum in Wien-Rappgasse an, 2011 schloss sich ihnen die Initiative gegen ein islamisches Zentrum in Wiener Neustadt an. Zugleich sind die lokalen Konflikte in eine umfassende globale Konfliktlandschaft, in die gespannten Verhältnisse zwischen westlichen und islamischen Ländern eingebettet. Dieser globale Kontext lokaler Konflikte wird im Kapitel VII behandelt. Für die Analyse ergibt sich die Konsequenz, dass einzelne lokale Konflikte nicht isoliert, sondern als Teil eines umfassenden Konfliktsystems betrachtet werden sollten.

2.

Fallstudien

Einleitung Nach diesem Überblick erfolgt eine Mikroanalyse einzelner Auseinandersetzungen rund um die Einrichtung von muslimischen Bauten in Österreich. Die Fallbeispiele wurden anhand mehrerer Kriterien ausgewählt: Sowohl unterschiedliche Bundesländer als auch der ländliche Raum sollten repräsentiert sein. Mit Traun wurde der markante Moscheekonflikt Ende der 1990er Jahre ausgewählt; zugleich wird am Beispiel von Traun gezeigt, wie sich die politischen Querelen und Blockaden der Einrichtung eines neuen muslimischen Zentrums seit Jahren hinziehen. Mit Spittal an der Drau und Bludenz wurden zwei Orte von Konflikten ausgewählt, die Ausgangspunkte für besonders markante, weitreichende politische Prozesse bildeten, die schließlich in der Änderung der Bauordnungen in Kärnten und in Vorarlberg mündeten. Der besonders ausführlichen und detaillierten Fallstudie des Moscheebaus in Bad Vöslau ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Am Beginn der Fallstudien steht jeweils eine geraffte Darstellung von Elementen der Lokalgeschichte, die die Geschichte von religiösen Minderheiten – seien es Juden oder Protestanten – und die Migrationsgeschichte am jeweiligen Ort betreffen. Es soll damit ein häufig vernachlässigter Zusammenhang in den Blick gerückt werden, nämlich die komplexe Interaktion zwischen Städten und religiöser Differenz – die Bedeutung eines spezifischen städtischen Raums, seiner Geschichte, der räumlichen Bedingungen für die soziale, alltägliche Konstruktion von Minderheiten, ethnisch-religiöser Gruppen und religiöskultureller Differenz. Durch den ausgedehnten Erinnerungsraum sollen spezifische mentalitätsgeschichtliche und strukturelle Kontinuitäten, Ähnlichkeiten und untergründige Verbindungen, was die räumlichen Differenzierungen und die macht- und gewaltförmigen Beziehungen zwischen Mehrheit und Minderheit betrifft, sichtbarer werden. Dieser Zugang nimmt die Kritik an einer Konstruktion der Nationalgeschichten auf (s. Bade/ Emmer/ Lucassen/ Oltmer 2007; Hintermann/ Johansson 2010), die sie ethnisch und religiös homogen, »rein«

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

herstellt und dabei sowohl die vielfältigen Migrationsgeschichten als auch die Unterdrückung und Eliminierung von Minderheiten (Juden, Protestanten, Slowenen, Roma, Behinderte, …) aus dem nationalen Selbstbild und aus dem kollektiven historischen Gedächtnis löscht – immer mit der Gefahr einer »Wiederkehr des Verdrängten«. Für die vier Fallstudien wurden Medienberichte und Internetquellen ausgewertet sowie 13 leitfadengestützte qualitative Interviews durchgeführt, die – bis auf Ausnahmen – digital dokumentiert und ausgewertet wurden: Traun: Ugur Boz (Generalsekretär »Mevlana-Moschee« Traun, UIKZ), Muammer Targil (Kassier, »Mevlana Moschee« Traun), Werner Ringer (ehemaliger Leiter des Integrationsbüros Mosaik der »Volkshilfe« Traun), Temel Coban (»Kulturhaus der Jugend« in Traun, IF), Mag. KsR. Franz Wild (Generaldechant, Pfarrer der röm.-kath. Stadtpfarre Traun) Freistadt: Tekin Eroglu (ehemaliger Obmann der »Islamischen Jugendorganisation Freistadt«, IF), Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler (ehemaliger Bürgermeister) Bludenz: Volkan Deve (Verein ATI˙B Bludenz), DI Thorsten Diekmann (Leiter der Abt. Stadtplanung, Stadt Bludenz), Adnan Dincer (Obmann NBZ, Vorstandsmitglied Arbeiterkammer Vorarlberg), Dr. Eva Grabherr (Leiterin »okay. zusammen leben. Projektstelle für Zuwanderung und Integration«, Dornbirn), Msgr. Mag. Peter Haas (Pfarrer der röm.-kath. Pfarre Heilig Kreuz, Bludenz), Josef Katzenmayer (Bürgermeister der Stadt Bludenz), Hayretin Kösem (Obmann, Verein ATI˙B Bludenz), DSA Oliver Mössinger (Leiter der Abt. Jugend und Integration, Stadt Bludenz). Spittal an der Drau: Turgut Akca (Obmann, Verein ATI˙B Spittal), Murat Kurt, Firat Yildiz, Durak Gülay (Mitglieder des Vereins ATI˙B Spittal, Angehörige der 2. Generation); Mag. Erich Kofler (Stadtamtsdirektor, Stadtgemeinde Spittal an der Drau), Günter Krammer (Bezirkssprecher der Grünen, Spittal).

2.1

Traun (Oberösterreich)

Aspekte der Stadtgeschichte Die Stadt Traun (Bezirk Linz-Land, Oberösterreich) ist bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts stark durch Migrationen geprägt. Ursprünglich ein kleines Bauern- und Fischerdorf am Fluss Traun, veränderte sich der Ort durch die Industrialisierung, die in Oberösterreich ab den 1830er Jahren einsetzte. Auch für Traun gilt: Die Geschichte der Fabriken wird »zugleich zur Geschichte des Ortes« (Jahoda/ Lazarsfeld/ Zeisel 1980, 33).435 Ab 1830 siedelten sich in Traun mehrere, v. a. baumwollverarbeitende Fabriken an, die die Mühlbäche für den Antrieb der Maschinen und für den Transport nutzten, u. a. 1842 die mechanische Baumwollspinnerei von Anton Grimm (cf. Kropf 1981, 54). Mitte des 19. Jahrhunderts war Traun – neben dem benachbarten Kleinmünchen, das man Ende des 19. 435 Zitiert nach Hahn 2008, 193.

Fallstudien

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Jahrhunderts als »Manchester Oberösterreichs« bezeichnete (cf. John/ Stadler 1988, 119) sowie Linz – einer der wichtigsten Industriestandorte im Großraum Linz. Die Impulse für die Gründung der Industrie kamen von außen: Die Unternehmer in der Baumwollindustrie stammten fast zur Gänze nicht aus der Region, sondern aus Wien, Böhmen, Mailand und der Schweiz (cf. Neuhofer 1989, 5ff; Lackner/ Stadler 1990, 460ff). Da im Raum Traun-KleinmünchenEbelsberg-Linz nicht genügend Arbeitskräfte für die Fabriksarbeit zur Verfügung standen, wurden die Fabriken zu Motoren der Migration: Man warb sowohl billige Arbeitskräfte als auch qualifizierte Arbeiter aus den Kronländern Böhmen, Mähren und aus dem Ausland. Die tschechischen Arbeiter aus Böhmen – einem Land mit längerer Industrietradition – wurden eingesetzt, um die Arbeitskräfte aus der ländlichen Umgebung an den Maschinen anzulernen (cf. Kropf 1981, 71). Die Tschechen waren politisch aktiv und die treibenden Kräfte der beginnenden österreichischen Arbeiterbewegung; so organisierten sie 1885 die Kampagne für den Elfstundentag in den Trauner Textilfabriken (s. Konrad 1981, 232; 370ff). Ein weiterer Migrationsfaktor waren die Facharbeiter, die die Unternehmer für den Aufbau und die Betreuung der Maschinen aus ihren Herkunftsländern mitbrachten. So brachten die Gebrüder Enderlin, die 1846 eine große Druckwarenfabrik in Traun ansiedelten, evangelische Facharbeiter aus der Schweiz mit (cf. Neuhofer 1989, 37). Der Anteil der Protestanten in Traun wuchs dadurch auf 35 Familien, sodass man 1851 eine eigene evangelische Schule eröffnete.436 Auch die Kinder der Arbeitsmigranten wurden für die Arbeit in den Textilfabriken herangezogen. Durch Schutzbestimmungen versuchte die oberösterreichische Landesregierung die Arbeitsbedingungen der Kinder zu verbessern, scheiterte dabei aber über Jahre am Widerstand der Fabrikbesitzer (cf. Marckghott 1986, 234 ff.). In der Periode des Wirtschaftsbooms 1867 bis 1873, der auch Traun erfasste, siedelten sich weitere moderne Textilfabriken, u. a. 1869 die Weberei von Friedrich Graumann sowie eine Papierfabrik, an. Es kam zu einem sehr raschen Bevölkerungswachstum: von 971 Einwohnern im Jahr 1834 auf 1233 im Jahr 1849, 1613 im Jahr 1856, 1601 im Jahr 1869 und auf 2617 Einwohner im Jahr 1880 (cf. John/ Stadler 1988, 121ff), 1890 bereits 3308. Nach 1945 wuchs die Trauner Bevölkerung sehr stark – und zwar durch die Kriegsgefangenen, durch innerösterreichische Zuwanderer u. a. aus dem Mühlund Hausruckviertel und durch die Fluchtmigration von Angehörigen der deutschsprachigen Bevölkerung in Ostmitteleuropa (»Volksdeutsche«), die flüchteten, umgesiedelt oder vertrieben wurden. Nach dem Krieg kamen rund eine halbe Million Menschen aus der Tschechoslowakei, Ungarn, Polen, Rumänien und Jugoslawien nach Österreich (s. Scheuringer 1983; 1995), ein Teil 436 Der Bote des Evangelischen Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung (Darmstadt) 11 (1853) 68 f.

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davon in die großen Flüchtlingslager in der unmittelbaren Umgebung von Traun, in Wegscheid (»Wegscheid II«), St. Martin und in Haid, damals das größte Lager für Volksdeutsche. Mit der Ansiedlung der Flüchtlinge – vor allem Donauschwaben, Sudeten- und Böhmerwalddeutsche, Siebenbürger Sachsen, Deutsche aus dem Buchenland – ab 1950 entstanden in Traun die größten geschlossenen Siedlungen der evangelischen Siebenbürger Sachsen (cf. Sattler 1991, 52) und der Rumaer (Siedlung »Neu-Ruma«) in Österreich. Arbeitsmigrationen nach Traun Die dritte große Zuwanderung bildeten die »Gastarbeiter« aus Jugoslawien und der Türkei, hauptsächlich von der Schwarzmeerküste, die ab der ersten Hälfte der 1960er Jahre nach Traun kamen. Wichtige Betriebe, die damals in Traun und Umgebung Arbeitskräfte anstellten, waren zum Beispiel die VOEST in Linz, die Papierfabrik in Nettingsdorf, die Papierfabrik Feurstein, die Brillenfabrik Anger, die ehemalige Fabrik der Geflügel-Stanzel GmbH in Haid, Bauunternehmen und andere Betriebe. Insgesamt stieg die Bevölkerungszahl von 5985 Einwohner (1939) auf 21.215 (1971).437 Die Volkszählung 2001 ergab eine Zahl von 23.470 Einwohnern, davon hatten 3585 Personen eine ausländische Staatsbürgerschaft (15,3 %; in Oberösterreich: 7,2 %) – 1341 Personen die Staatsbürgerschaft Bosnien-Herzegowinas, 756 der Türkei, 439 von Kroatien, 435 von anderen exjugoslawischen Staaten, 90 von Rumänien. 2579 Personen gaben bei der Volkszählung 2001 als Religionsbekenntnis islamisch an (10,98 % der Bevölkerung; in Oberösterreich: 4,0 %, in Österreich: 4,2 %).438 Im Juli 2012 lebten in Traun 25.431 Personen, davon 4864 mit ausländischer Staatsangehörigkeit (19,12 %).439 Im Jahr 2010 beschloss der Stadtrat Traun, in Zukunft bei der Grundverkehrskommission Einspruch zu erheben, falls ein Nicht-EU-Ausländer Haus, Grund oder Wohnung erwerben will.440 Die Ablehnung der türkischen und jugoslawischen Neuankömmlinge durch die »Heimatvertriebenen« – die ehemaligen Flüchtlinge, die heute die Etablierten sind – ist besonders stark:

437 Quelle: Stadtamt Traun (Hg.) 1993, 190. 438 Statistik Austria: Volkszählung 2001. Hauptergebnisse I – Oberösterreich, Wien 2003, 121. Internetquelle: http://www.statistik.at (Zugriff 27. 8. 2012). 439 Stadt Traun, Meldeamt, Einwohnerstatistik 2012. Für die Zusendung danke ich Hr. Josef Leitner, Leiter des Meldeamts, Rathaus Traun, 26. 8. 2012. 440 »Traun ist ›am Limit‹: Keine Häuser mehr für Ausländer«: Oberösterreichische Nachrichten, 7. 7. 2010; »Wirbel um Maßnahmen gegen Ausländerzuzug in Traun«: Kleine Zeitung, 8. 7. 2010; »Marginalie: Traun: Eine überforderte Stadt«: Die Presse, 9. 7. 2010; »Trauner Ortschef sieht sich hilflos«: Der Standard, 11. 7. 2010. Internetquelle: http://derstandard.at/ 1277337861778/Hauskaufverbot-fuer-Fremde-Trauner-Ortschef-sieht-sich-hilflos (Zugriff 26. 8. 2012).

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»Nun sind genau diese Gruppen die größten Gegner der neuen Zuwanderer. Also, die größte Ablehnung passiert eigentlich aus dem Bereich der Siebenbürger und teilweise aus dem Bereich der Donauschwaben, aber bei den Donauschwaben ist der Hass auf die Jugoslawen größer (…).«441

Die ehemals Fremden identifizieren und klassifizieren nun die ›Anderen‹, die nicht dazugehören. Gerade dadurch soll ihre nunmehrige Zugehörigkeit zur Mehrheitsgruppe bestätigt und zum Ausdruck gebracht werden.442 Ein Vorwurf der ehemaligen Flüchtlinge an die Neuankömmlinge lautet, dass sie damals – nach dem Krieg – hart arbeiten mussten, um sich in Österreich eine neue Existenz aufzubauen, die heutigen Zuwanderer es aber weit leichter hätten und vom ausgebauten Wohlfahrtsstaat profitieren. Der Trauner Moscheestreit 1998 – 2001 Die Suche nach geeigneten Räumen für die muslimischen Vereine in Traun hat bereits eine lange Geschichte. Im Frühjahr 1998 musste ein Verein, der zur »Islamischen Föderation« (Milli Görü¸s) gehört, aus dem bisherigen Lokal ausziehen. Der Verein mietete im April einen eingeschossigen Kiosk in der Bahnhofstraße 4 – 6, im Zentrum von Traun, in dem sich vorher eine Eisenhandlung befunden hatte. Der Verein adaptierte das Gebäude als neues Vereinszentrum, indem man das Gebäude innen umbaute und auf der Rückseite – im Hof – einen Zubau aus Holz errichtete, der als Gebetsraum genutzt wurde. Der Gebetsraum der Mescid Ül Aksa bot Platz für etwa 90 Personen, das Vereinslokal für etwa 40 Personen (cf. Wieshaider 2001, 163ff). Da für die Adaptierung und Erweiterung des Gebäudes keine Baubewilligung vorlag, untersagte der Bürgermeister Dr. Peter Schlögl (SPÖ) im April die Fortsetzung der Bauarbeiten. Ebenso bestand für das kleine Geschäft im Vereinslokal keine Konzession.443 Eine zentrale Rolle im Konflikt spielte der Trauner Kaufmann Günther Ahmed Rusznak, der 1995 zum Islam konvertierte und heute das »Islamische Informations- und Doku441 Interview mit Werner Ringer, Leiter des Integrationsbüros Mosaik der Volkshilfe in Traun, 28. 7. 2010. 442 Zu Gruppenspannungen zwischen Etablierten und Außenseitern s. Elias/ Scotson 1993. Die Soziologen untersuchten die Beziehungen zwischen den Bewohnern von drei verschiedenen Zonen eines britischen Arbeitervororts. Sie stießen auf das Phänomen, dass sich der Konflikt zwischen ihnen weder auf ethnische oder soziale Unterschiede stützt, sondern allein auf den Zeitpunkt der Ansiedlung: Der Konflikt bzw. die Rangordnung läuft zwischen den Familien, die sich vor mehreren Generationen angesiedelt haben, und jenen, die erst später hergezogen sind – zwischen Alteingesessenen und Neuankömmlingen. Elias und Scotson klassifizieren diese Verhältnisse als Grundfiguration menschlicher Beziehungen. 443 Quelle: Darstellung des Konflikts durch Günther Ahmed Ruznak, der damals als Sprecher des Trauner Vereins auftrat: Website »Forum Religionsfreiheit in Europa (FOREF): Traun 1 – Der ›Trauner Moscheenstreit‹« Internetquelle: http://foref.info/religionen/islam/traun1chronologische-auflistung-der-ereignisse-teil-1« (Zugriff 7. 7. 2011).

230

Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

mentationszentrum Österreich« (IIDZ) leitet. Er trat in der Angelegenheit als Sprecher des Vereins auf, ohne Mitglied zu sein.444 Er und der Verein beschlossen offensichtlich, auf Konfrontation mit dem Bürgermeister zu gehen: Man stellte die Moschee fertig und eröffnete sie am 16. Mai 1998. Kurz danach wurde per Bescheid die Benützung des Gebetsraumes untersagt. Im Juli führte die lokale FPÖ eine Postwurfsendung ihres Organs »FPÖDialog« durch, mit der Überschrift »Traun: Existenz der Geschäfte bedroht. Die ›Moschee‹ in der FUZO vertreibt potentielle Kunden«. Darin heißt es, dass sich die »Türken« nun in der Fußgängerzone wohler fühlen würden, da eine Moschee eingerichtet worden sei, aber die »Österreicher« unwohler. Es bestehe die Gefahr, dass Kunden vertrieben werden und Geschäfte abwandern. Am Schluss hieß es: »Die Freiheitlichen fordern die Behörden nun auf, die Mittel der Bauordnung und der Gewerbeordnung voll auszuschöpfen, um die existenzbedrohenden Zustände zu beenden. Für uns Freiheitliche kommen eben die Österreicher zuerst.«445

Im November 1998 erging ein Bescheid durch die Baubehörde erster Instanz, dass der Zubau aus Holz aus feuerpolizeilichen Gründen abzubrechen sei. Der Verein ging darauf durch alle Instanzen gegen den Bescheid vor. Der Konflikt eskalierte immer mehr : Am 23. Juni 2000 verrichteten rund 200 Muslime ein Freitagsgebet am Madlschenterplatz (heute: Graumannplatz) in Traun, als Protest gegen den bevorstehenden Abriss des beanstandeten Gebäudeteils.446 Das öffentliche islamische Gebet in Traun ist mit ähnlichen Gebeten als Protestform von Muslimen in Europa (s. Göle 2010) vergleichbar. Am Freitag findet am Platz auch der wöchentliche Bauernmarkt statt – das öffentliche Gebet wurde als sehr provokant erlebt. Am geplanten Tag der Demolierung des Gebetsraums am 14. März 2001 besetzten ca. 50 Muslime das Gebäude und verhinderten den Abbruch. In der sehr angespannten Situation bot der katholische Pfarrer von Traun Mag. Franz Wild dem Verein als Überbrückung für drei Monate das Pfarrheim an; das Angebot wurde vom Verein aber nicht angenommen.447 Am 23. März 2001 fand erneut ein öffentliches Freitagsgebet statt.448 Am 28. März 2001 wurde der Zubau unter Polizeischutz abgebrochen – in Anwesenheit des Bezirkshauptmannes von Linz-

444 Telefonisches Interview mit Günther Ahmed Ruznak, Vorsitzender des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrums Österreich, Traun, 9. 5. 2010. 445 FPÖ Dialog – Die Freiheitlichen, Juni 1998. 446 »Streit um Moschee in Trauns Innenstadt«: Der Standard 24./25. 6. 2000, 13. 447 »Pfarre Traun bietet muslimischer Gemeinde Pfarrsaal für Gebet an«: Kirchenzeitung der Diözese Linz 2001/13, 27. 3. 2001. 448 »Muslime demonstrieren für Trauner Moschee«: Der Standard 20. 3. 2001, 13.

Fallstudien

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Land Dr. Rudolf Doleschal, der für die Durchführung des Abbruchbescheides zuständig war.

Abbildung 29: Moschee »Kulturhaus der Jugend«, Islamische Föderation, Traun (Mai 2012)

Der muslimische Verein übersiedelte ab Jänner 2002 in ein kleines Gebäude in der Bahnhofstraße 56a. Die Moschee wird heute unter der Bezeichnung »Kulturhaus der Jugend« geführt.449 Bei diesem Konflikt handelt es sich um einen speziellen Fall, der kontroversiell beurteilt wird: Die Leitung der »Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich« lehnte es ab sich in der Sache zu engagieren – auch der muslimische Verein sei verpflichtet, sich an die Bauordnung zu halten. Der Wiener Religionsrechtler Wolfgang Wieshaider wiederum kommt bei der Behandlung des Falles zum Schluss, »daß die politische Gemeinde es dem Moscheenverein aus politischen Motiven verunmöglicht, auf ihrem Gebiet einen Gebetsraum einzurichten« (Wieshaider 2001, 169). Es bestehe die Gefahr, dass bauliche Vorschriften dafür instrumentalisiert werden, die Ausübung des Islam einzuschränken. So sehr diese Bemerkung grundsätzlich zutrifft und so sehr ein Schutzreflex im Fall einer diskriminierten Minderheit verständlich ist, so sehr 449 Interview mit Hr. Temel Coban, »Kulturhaus der Jugend«, Traun, 4. 5. 2012.

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

könnte es im betreffenden Fall irreführend sein, die Sichtweise bzw. das Framing eines zentralen Akteurs im Konflikt – »Muslime als Opfer rassistischer Politik« – direkt zu übernehmen. Mitglieder des Trauner Vereins selbst interpretieren heute die Vorgänge so, dass der damalige Sprecher den Verein und den Konflikt für seine eigenen Interessen benutzt habe. Lokale Insider in Traun charakterisieren den Konflikt als Privatfehde zwischen dem damaligen Bürgermeister und Rusznak, die die Medien ausschlachteten – eine Fehde auf dem Rücken des muslimischen Vereins. Anstatt Versäumnisse des Bauherren einzugestehen, was die nötigen behördlichen Bewilligungen betrifft, inszenierten der Sprecher des Vereins und seine Unterstützer die Angelegenheit als Verstoß gegen die Religionsfreiheit, als Akt eines antimuslimischen Rassismus und forcierten eine starke Polarisierung und Eskalation des Konflikts. Was eine differenzierte Beurteilung erschwert, ist der Umstand, dass mehrere Ebenen verquickt sind: die Sachebene (Verstöße des Vereins gegen rechtliche Vorschriften, die seitens der Behörden zu ahnden waren), eigene Interessen des Vereinssprechers, Interessen der Stadtpolitik sowie tatsächliche neorassistische Aussagen der Trauner FPÖ gegen die türkischstämmigen Muslime und ihre Moschee. Werner Ringer (Integrationsbüro Mosaik der Volkshilfe) meint, dass der Konflikt um die Milli-Görü¸s-Moschee zum ersten Mal gezeigt habe, dass es in der Bevölkerung eine ablehnende Grundstimmung gegen die türkischen Zuwanderer gibt: »Die Leute differenzieren schon. Also sie sagen schon oft ganz offen… Also wenn man heute von Ausländern… Exjugoslawen sagen oft: ›Ihr meint eigentlich die Türken, und schimpft mit uns, so auf die Art. Bitte differenziert ein bissl – es gibt nicht nur Schwarz und Weiß.‹ Sie [die Leute] meinen im Prinzip, wenn es Probleme gibt, meinen sie zu 99 % die Türken. Und bei ihnen ist immer diese unbekannte Komponente: der Glaube, ein anderer Glaube. Dann kommt oft sehr schnell: Das sind ja lauter Terroristen, es wird sehr schnell mit Islamisten irgendwie z’sammghaut.«450

Die schwierige Suche der UIKZ-Moschee Traun nach einem neuen Standort Neben dem kleinen Verein der Milli Görü¸s-Bewegung existiert in Traun eine zweite, große Moschee (Mevlana Camii) in der Fabrikstraße 6. Sie gehört zur »Union Islamischer Kulturzentren«, dem österreichischen Zweig der türkischen SüleymanÅı-Gemeinschaft. Ein zweites Gebäude des Vereins in der Christlgasse, das 1997 gekauft wurde, wird als Gebetsraum für Frauen genutzt. Das Einzugsgebiet der beiden großen Trauner Moscheen der UIKZ reicht von Traun, Ansfelden (Volkszählung 2001: 1475 Muslime, 9,97 % der Bevölkerung), St.

450 Interview Ringer, Volkshilfe Traun, 28. 7. 2010.

Fallstudien

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Martin bei Traun, über Nettingsdorf bis Kematen (2001: 78 Muslime), St. Florian (93) und Neuhofen an der Krems (198).451 Der erste Gebetsraum entstand 1981 in einem Kellerraum unter dem katholischen Pfarrheim in Traun, der etwa 70 Personen Platz bot;452 im gleichen Jahr wurde der Verein gegründet. Die muslimischen Arbeiter aus der Türkei hatten bei der Pfarre angefragt, und diese stellte ihnen den Raum kostenlos zur Verfügung, nur die Heizungs- und Stromkosten fielen an. Zu dieser Zeit existierten in der Umgebung keine muslimischen Gebetsräume – in Linz mieteten Muslime einmal in der Woche für das Freitagsgebet einen Raum in einem alten Gebäude hinter dem Linzer Hauptbahnhof, in dem etwa 60 bis 70 Personen beten konnten; für die Feste mietete man Sporthallen in Linz. Ab 1982 wurde für die Moschee in Traun der erste Imam angestellt. Für diese Zeit wird die Zahl der türkischen Muslime in Traun und Umgebung auf 100 bis 150 Familien geschätzt. Nachdem der Kellerraum unter dem Pfarrheim wegen eines Wasserschadens nicht mehr benutzt werden konnte und der Raum ohnehin zu klein war, zog der Verein ca. 1985/86 nach Ödt, dem westlichen Stadtteil von Traun, wo man ein zweistöckiges Einfamilienhaus in der Neubaustraße in der Nähe des Sportplatzes mietete, für eine Miete von ÖS 16.000,– pro Monat. Der Gebetsraum bot Platz für 100 bis 120 Personen, ebenso bestanden ein Gesellschaftsraum und eine Wohnung für den Imam unter dem Dachgeschoß. In der Lage gab es Probleme mit den Anrainern wegen Lärm und dem Verkehrsaufkommen – vor allem im Fastenmonat Ramada¯n, in dem die Abendgebete täglich spät stattfinden. Au˙ ßerdem suchte man nach einem Gebäude in zentraler Lage in Traun, damit die Besucher die Moschee zu Fuß erreichen könnten. Die Suche gestaltete sich schwierig: Es habe stets eine Ablehnung gegeben, sobald der Eigentümer erfahren habe, dass eine Moschee herkommen solle. »Ich verstehe schon eher, wenn es heißt: Okay, wir wollen uns da einmieten und da kommen 100, 150 oder 200 Leute jeden Freitag – da verstehe ich es noch eher, dass ein Vermieter oder Eigentümer dann sagt: Naja, für diese Sache möcht‹ ich es eigentlich nicht hergeben. Es muss ja nicht unbedingt jetzt wegen der Religion sein.«453

Damals sei es schon ein Problem gewesen, als Ausländer eine adäquate Wohnung zu finden: »Es hat ja angefangen mit dem – das hätt‹ ich fast vergessen: Wenn du Ausländer warst, hast du nichts gekriegt. (…) Ich würde es so definieren, dass es nicht konkret eine 451 Statistik Austria: Volkszählung 2001. Hauptergebnisse I – Oberösterreich, Wien 2003, 120. Internetquelle: http://www.statistik.at (Zugriff 27. 8. 2012). 452 Quelle der folgenden Informationen: Interview mit Hr. Ugur Boz, Generalsekretär des Moscheevereins (UIKZ), und Hr. Muammer Targil, Kassier, »Mevlana-Moschee« der UIKZ, Traun, 4. 5. 2012. 453 Interview Boz, 4. 5. 2012.

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

Ablehnung gegen die Religion war, aber gegen das, dass man halt anders ist, Ausländer ist – da war sicher damals schon die Ablehnung groß, das schon. Die Religion ist dann nachher noch dazugekommen.«454

1990 mietete man das derzeitige Gebäude in der Fabrikstraße 6, ein ehemaliges Bauernhaus, das in Traun zentral liegt, aber keine direkten Nachbarn hat. Anfangs benützte man nur einen Teil des ersten Stocks, später wurde auch das Erdgeschoß dazu gemietet. Der Verein würde das Gebäude, das er nun seit 22 Jahren gemietet hat, gerne kaufen, der Besitzer will aber nicht verkaufen. Im Gebäude werden rund 250 m2 vom Verein genützt, einschließlich des Gebetsraums für ca. 250 Personen, einer Küche, einem Gesellschaftsraum und einem Büro. An den Festen kommen rund 400 Personen, so dass man auch im Stiegenhaus und im Bereich vor dem Gebäude betet. Der Verein würde gerne seine beiden Zentren in Traun in der Fabrikstraße und in der Christlgasse (direkt an das AMS angrenzend) an einem Standort zusammenführen und ein größeres Gebäude zur Verfügung haben. Man entschied sich, ein Grundstück zu suchen und einen Neubau durchzuführen. 2006 begannen die ersten Gespräche mit dem Bürgermeister Ing. Harald Seidl (SPÖ), der seit 2003 Bürgermeister von Traun ist, über dieses Vorhaben. Verschiedene Grundstücke waren im Gespräch gewesen. Ringer schildert die Vorgänge so: »Jahrelang ist es immer gescheitert an Anrainerprotesten. Sobald ein Projekt irgendwie öffentlich geworden ist, wenn man etwas gehört hat: Ma, die wollen immer bauen – sofort ist der große Sturm der Entrüstung, quer durch.«455

2008 ergab sich eine unerwartete Chance: Das AMS Traun plante eine Erweiterung ihres Gebäudes in der Christlgasse und wollte dafür das angrenzende Gebäude nutzen, das der UIKZ-Verein Traun 1997 gekauft hat und als Frauenmoschee nützt. Als Alternative dafür bot die Stadt dem Verein ein 3000 m2 großes Grundstück im Betriebsbaugebiet am Oberen Flötzerweg – in der Nähe der Trauner Kreuzung Richtung Hörsching – an, an der Peripherie der Stadt. Es bestanden bereits konkrete Pläne für ein dreistöckiges, äußerlich neutrales Gebäude auf einer Fläche von 450 m2.456 In der Sitzung des Planungsausschusses der Stadt im Juni 2008 wurde diese Lösung jedoch von der ÖVP und FPÖ abgelehnt. Die ÖVP begründete die Ablehnung damit, man brauche das Betriebsbaugebiet und man befürchte die Entwicklung eines überregionalen islamischen Zentrums.457 Das AMS entschied sich dann gegen den Ausbau in Traun 454 455 456 457

Ibid. Interview Ringer, 28. 7. 2010. »Deal ermöglicht Bau einer Moschee«: Bezirksrundschau Linz, 25. 2. 2010. E-Mail-Kommunikation Gerhard Peterseil, Grüne Fraktion im Gemeinderat Traun, 30. 8. 2012.

Fallstudien

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und für einen Neubau, so dass der Tausch hinfällig wurde und der Hebel – das Eigeninteresse der Stadt – für eine Umsiedelung des Moscheevereins wegfiel. Der Obmann des Moscheevereins Ugur Boz interpretiert die Folgen so: »Seither haben wir halt das Durcheinander. Es war schon – ich sag‹ einmal: nicht offiziell, aber inoffiziell – fast spruchreif, dass man sagt: Okay, das kann man sich vorstellen – das war halt in der Nähe der Trauner Kreuzung, das Grundstück (…). Dann ist es halt von heut auf morgen abgeblasen worden.«458

Nach der Absage sei der Moscheevorstand mit den Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen in Traun zusammengekommen, wobei zwei Themen im Vordergrund gestanden seien: die architektonische Gestalt der Moschee und die Frage, ob ein großes, überregionales Zentrum entstehen würde. Aus diesem Grund bereitete der UIKZ-Verein für die nächste Sitzung mit den Trauner Politikern zum ersten Mal Entwurfszeichnungen für das neue Zentrum vor, die von einem türkischen Architekten aus Wien stammen. Sie zeigen einen flachen Bau in einer zeitgenössischen architektonischen Form, ohne die traditionellen Kennzeichen einer Moschee. Das Zentrum soll einen Gebetsraum, Seminarräume, eine Mehrzweckhalle sowie Büros umfassen, die teilweise auch vermietet werden und der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollen. Im Herbst 2010 wurden vom Gemeinderat zwei Arbeitskreise im Bereich der Integrationspolitik eingerichtet: einerseits zum Thema »Bildung«, andererseits zum Thema »Stadtentwicklung«, der im Herbst 2011 das Thema Moscheebau behandeln sollte. Im Herbst 2011 wurden diese Arbeitskreise allerdings stillgelegt und später aufgelöst.459 Bei der Gemeinderatssitzung am 31. März 2011 beantragte die FPÖ-Fraktion eine Volksbefragung über den Bau einer Moschee in Traun. Der Wortlaut sollte heißen: »Sind Sie für den Neubau eines moslemischen Gebetshauses (bzw. Moschee) auf dem Trauner Stadtgebiet?« Der Dringlichkeitsantrag wurde von allen anderen vier Fraktionen abgelehnt.460 Der Moscheeverein wartet derzeit auf ein Signal der Stadtpolitik – ein eigenständiges Vorgehen bei der Grundstückssuche ist für den Moscheeverein keine Option, weil man befürchtet, danach bei den nötigen Umwidmungen und Genehmigungen Schwierigkeiten seitens der Stadt zu bekommen. Die lokale Politik in Traun scheint die Behandlung des brisanten Themas Moscheebau, jede Vereinbarung oder Planung einer Vorgehensweise zurzeit zu vermeiden. Die politischen Parteien bleiben gewissermaßen in Deckung, weil jede Partei in einem latent ausländer-, immigrations- und islamfeindlichen Klima das politische Risiko einer Befürwortung oder Unterstützung des Moscheebauprojekts 458 Interview Boz, 4. 5. 2012. 459 E-Mail-Kommunikation G. Peterseil, 30. 8. 2012. 460 Gemeinderatssitzung 31. 3. 2011. Internetquelle: http://traun.gruene.at/gemeinderat (Zugriff 8. 7. 2011).

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

vermeiden will. Ein Vertreter der Fraktion der Grünen im Trauner Gemeinderat schildert diese Situation anschaulich aus der Sicht seiner Partei: »›Ausländer‹, ›Türken‹, ›Moschee‹ sind Reizwörter in Traun. Wir haben einen hohen Migrantenanteil und quer durch SPÖ, ÖVP und klarerweise FPÖ gibt es eine ziemliche Ablehnung dem Thema ›Migranten‹ gegenüber. Sollen wir für einen Moscheebau den Kopf weit hinaus halten und öffentlich geköpft werden? (Minarett!! Muezzin!!)«461

2.2

Freistadt (Oberösterreich)

Aspekte der Stadtgeschichte Freistadt ist eine Stadtgemeinde im Mühlviertel und seit der Revolution 1848 Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks. Im Gegensatz zu den übrigen landesfürstlichen Städten Oberösterreichs (Linz, Wels, Steyr, Enns, Gmunden, Vöcklabruck) entwickelte sich Freistadt nicht aus einer Handelsniederlassung allmählich zu einer Stadt, sondern geht auf eine Gründung am Anfang des 13. Jahrhunderts als Grenzstadt nahe der böhmischen Grenze zurück. Der Name »Frienstat« ist 1241 zum ersten Mal urkundlich erwähnt (cf. Rappersberger 1984). Die mittelalterliche Altstadt einschließlich der Befestigungsanlagen ist bis heute erhalten. Die Stadt lag an einem wichtigen Verkehrsweg nach Böhmen und entwickelte sich zu einer kleinen, aber wohlhabenden Handelsstadt. Der Schwerpunkt des Handels lag auf Salz sowie Eisen und Eisenwaren. Die Stadt besaß im Mittelalter das Monopol auf den Export von Salz aus dem Salzkammergut nach Böhmen. Mit den Händlern und Waren wanderten auch die neuen religiösen Bewegungen des 16. Jahrhunderts, die Täufer und die Protestanten. Wie in den anderen landesfürstlichen Städten in Oberösterreich war die Reformation in Freistadt sehr erfolgreich, und der überwiegende Teil der Bevölkerung war am Ende des 16. Jahrhunderts evangelisch.462 Einen Vorgeschmack der Gegenreformation erhielten die Freistädter, als eine kaiserliche Kommission im Jänner 1589 in Freistadt erschien, um die Einsetzung eines katholisch orientierten Pfarrers und die Restituierung des katholischen Glaubens durchzusetzen. Der Stadtrat verteidigte sein Patronatsrecht über die Pfarrkirche und erreichte, dass der neue Pfarrer schriftlich zusicherte, »sie bei ihrer Augsburgischen Konfession … und bishero fürgehaltenen lutherischen Religion unreformiert zu lassen«.463 461 E-Mail-Kommunikation G. Peterseil, 30. 8. 2012. 462 Zum Folgenden s. Mecenseffy 1953. Der Artikel beruht auf ihrer kirchengeschichtlichen Habilitationsschrift an der Universität Wien über die evangelischen Städte Freistadt und Steyr im 16. Jahrhundert (Mecenseffy 1951). 463 Landschaftsakten Ed. 837, Oberösterreichisches Landesarchiv Linz, zit. bei Mecenseffy 1953, 188.

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Während der Gegenreformation, die in Oberösterreich 1592 begann, wurde zunächst der Handlungsspielraum der Protestanten eingeengt. Nach der Niederschlagung des Bauernaufstands 1596/97 wurde eine durchgreifende Rekatholisierung möglich. Am 6. Mai 1597 erließ Kaiser Rudolph II. eine Resolution, in der die Abschaffung der evangelischen Prediger und die Rückgabe der reformierten Pfarren an die katholische Kirche gefordert wurden (vgl. Mecenseffy 1956, 95). Die Gegenreformation in den evangelischen Städten Oberösterreichs begann mit Freistadt:464 Anfang Dezember 1597 erschien eine Kommission mit dem Landeshauptmann Hans Jakob Löbl an der Spitze in Freistadt und zwang den Stadtrat unter Androhung von Gewalt dazu, einen Revers über die Abschaffung der evangelischen Prediger, die Rückgabe der Kirchen und über den Schutz der katholischen Glaubenspraxis zu unterzeichnen. Die Rekatholisierung wurde unter Löbl in Enns, Wels, Vöcklabruck, Steyr, Gmunden und schließlich in der Landeshauptstadt Linz fortgesetzt. Mit nachlassendem Druck konnte der Protestantismus im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts in Österreich noch einmal aufblühen. In Freistadt hatte eine illegale protestantische Praxis weiterbestanden, 1614 wurden evangelische Kirchenämter offiziell wieder eingeführt (vgl. Mecenseffy 1956, 142). Es handelte sich aber nur um eine kurze Phase, bevor das evangelische Leben in Oberösterreich – wie in anderen Landesteilen – unter Ferdinand II. zerstört wurde:465 Die kaiserlichen Patente vom 30. August und 4. Oktober 1624 ordneten an, dass alle protestantischen Prediger und Lehrer innerhalb von acht Tagen das Land zu verlassen haben. Die Protestanten wurden vor die Alternative gestellt, entweder den katholischen Gottesdienst zu besuchen oder auszuwandern. Im Mai 1626 brach im Mühlviertel der Bauernaufstand aus; die Bauern wehrten sich gegen die bayrische Besatzung und gegen die Zwangskonversion. Freistadt wurde von den Bauern im Juli 1626 erobert. Der Kampf der Bauern um Religionsfreiheit wurde Ende 1626 mit militärischen Mittel niedergeschlagen. 1628 wurden alle Protestanten gezwungen, aus Oberösterreich auszuwandern. Im Mühlviertel verschwand der Protestantismus vollständig. Seit 1872 besteht eine evangelische Gemeinde in Gallneukirchen. Arbeitsmigration ab den 1960er Jahren Ab Ende der 1950er/ Anfang der 60er Jahre kamen bereits die ersten Arbeiter aus der Türkei nach Freistadt, die damals in der Gerberei Böck arbeiteten. Später wurden Arbeiter aus der Türkei vor allem in den Steinbrüchen in Mauthausen und in Windhaag bei Freistadt angestellt. 1949 gründete der Architekt Albert Friepess eine Steinmetzfirma in Linz, die seither im Mühlviertel 464 Zum Folgenden s. Reingrabner 1981, 88; Mecenseffy 1953, 193 ff. 465 Zum Folgenden s. Reingrabner 1981, 122ff; Mecenseffy 1956, 164 ff.

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mehrere Steinbrüche betreibt, v. a. in der Gemeinde Windhaag bei Freistadt. Aufgrund des hohen Arbeitskräftebedarfs der VOEST in Linz entwickelte sich in den 1960er Jahren ein Arbeitermangel im Mühlviertel.466 1968 stellte Friepess die ersten Gastarbeiter aus Jugoslawien für die Arbeit im Steinbruch ein. Österreichische Arbeitskräfte konnte man für die schwere, ungesunde Arbeit in den Steinbrüchen kaum mehr bekommen. Ungefähr ab 1970 wurden die jugoslawischen Arbeiter durch Arbeiter aus der Türkei ersetzt. Der ehemalige Betriebsleiter Herr Rosenthaler gibt im Gespräch den Grund für den Wechsel an: »Die Jugoslawen waren so frech, sie haben nicht gefolgt. Die Türken waren in der Leistung etwas schwächer, aber sie können gut arbeiten.« Der Höchststand an türkischen Arbeitern betrug 65. Die Arbeiter wurden von Rosenthaler direkt in Istanbul angeworben, der dafür dreimal in die Türkei reiste. Als Probe mussten die Kandidaten vor ihm Steinmetzarbeiten durchführen. Später kamen die Familien der Männer aus der Türkei nach, die Söhne wurden für den Steinbruch angelernt. Am Beginn wohnten die »Gastarbeiter« in der Umgebung, 1974 wurden Sozialheime für sie errichtet. Die besseren Arbeiter wurden als Steinmetze eingesetzt, die anderen als Hilfsarbeiter beim Verladen und Zerkleinern von Steinen. Der Steinbruch »Windhaag II« in Spörbichl ist mit 30 Hektar heute einer der größten Steinbrüche in Österreich; in Oberwindhaag bei Freistadt befindet sich das Verarbeitungswerk der Firma. In den Steinbrüchen arbeiteten viele Arbeitsmigranten aus der Türkei, die in den 1980er Jahren die Familien nachholten und aus den Arbeiterheimen auszogen. In dieser Phase, in der sich die Bevölkerung mit türkischer Herkunft vergrößerte, kam es zu Problemen, zu einer Kritik an der hohen Konzentration von Mietern türkischer Herkunft in Wohnhäusern. Laut dem früheren Bürgermeister von Freistadt Mag. Josef Mühlbachler seien Freistädter Privatvermieter für diese Entwicklung in starkem Maße mitverantwortlich gewesen: »Aus dem Grund, weil ja ursprünglich ›den Türken‹ miserablichste Wohnungen zu horrenden Preisen angeboten worden sind.«467 Sie hätten dadurch zu den Angeboten der öffentlichen Wohnbauträger gedrängt. Heute leben bereits die Enkel der ersten »Gastarbeiter« aus der Türkei in Freistadt und Umgebung. Bei der Volkszählung 2001 gaben 350 Personen in Freistadt ein islamisches Religionsbekenntnis an (4,75 % der Gesamtbevölkerung), 2005 lebten 475 Muslime (5,8 %) in Freistadt. Mit 1. 1. 2010 betrug die gesamte Bevölkerung von Freistadt 7437 Personen. 412 Personen haben eine ausländische Staatsbürgerschaft; die größte Gruppe (38,8 %) darunter bilden Personen mit türkischer 466 Zum Folgenden: Telefoninterview mit dem ehemaligen Betriebsleiter der Firma Friepess, Hr. Anton Rosenthaler (Linz), 19. 8. 2010. 467 Interview mit Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler, 9. 8. 2010, Privatwohnung, Schulgasse 2, Freistadt. – Mag. Mühlbachler, geb. 1945, war von 1988 bis 2007 Bürgermeister von Freistadt und von 1985 bis 2002 für die ÖVP Abgeordneter zum Nationalrat.

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Staatsbürgerschaft (160 Personen); 249 Personen sind in der Türkei geboren.468 Der Bezirk Freistadt (Ausländeranteil 2001: 2,2 %) gehört in Oberösterreich zu den Bezirken mit sehr niedrigem Ausländeranteil (Oberösterreich gesamt, 2001: 7,2). Der Streit um die Einrichtung eines islamischen Zentrums 2005 Die Moscheen in Freistadt und Umgebung haben bereits eine längere Geschichte:469 1987 mieteten muslimische Arbeiter aus der Türkei, die im Steinbruch in Windhaag arbeiteten, einen kleinen Raum für das Freitagsgebet. Der erste kleine Gebetsraum in Freistadt entstand etwa zur gleichen Zeit in der Böhmergasse, in der Nähe des Hauptplatzes. Der Raum wurde zu klein, und man richtete einen Gebetsraum in Rainbach im Mühlkreis ein. Wie an anderen Orten spalteten sich die Muslime in der Umgebung von Freistadt in den 1980er Jahren: Ein Teil der Moschee in Rainbach schloss sich dem Dachverband ATI˙B an und blieb dort, der andere Teil ging nach Freistadt und schloss sich der »Islamischen Föderation« (Milli Görü¸s) an. In Freistadt bestand ab 1991 ein Gebetsraum der »Islamischen Jugendorganisation Freistadt«. Anfangs war nur ein kleiner, ca. 40 m2 großer Raum der Pfarrgasse zur Verfügung, ab 1993 ein größerer, ca. 100 m2 großer Raum in der Waaggasse 10 in der Altstadt von Freistadt, in einem spätgotischen Bürgerhaus.470 Der Raum dort wurde für die muslimische Gemeinschaft zu klein. Der Moscheeverein überlegte, ob man einen Neubau errichten oder ein bestehendes Gebäude kaufen und adaptieren sollte. Mit dem Projekt trat die muslimische Gemeinschaft zum ersten Mal aus den bisherigen provisorischen, schlecht geeigneten Räumen heraus in die öffentliche Sichtbarkeit – genau in dieser Phase kam es zu Konflikten. Der Verein trat in Kontakt mit der Stadt und informierte über das Vorhaben eines neuen islamischen Zentrums: »Es war so: Wir waren, bevor wir ein Gebäude gekauft haben, in Verbindung mit der Gemeinde. Wir haben ganz offen gesagt: Wir haben so etwas vor – entweder Grund kaufen und bauen oder ein fertiges Gebäude kaufen und umbauen, wie es halt besser ist. Ja, die waren eh behilflich, am Anfang, und haben uns einige Grundstücke und Gebäude gezeigt, die aber nicht gepasst haben. Dann haben wir selbst ein Gebäude ge-

468 Quelle: Statistik Austria. Internet: http://www.statistik.at/blickgem/pr2/g40601.pdf (Zugriff 6. 3. 2011). 469 Für die folgenden Informationen danke ich Hr. Tekin Eroglu, zur Zeit des Konflikts Obmann des Moscheevereins in Freistadt, Interview am 9. 8. 2010, Islamisches Zentrum Freistadt, Linzerstr. 29. – Herr Eroglu ist Briefträger in Freistadt. Für die Vermittlung danke ich Hr. Alexander Osman (Wien). 470 Quelle: Hr. Tekin Eroglu, E-Mail-Kommunikation 4. 12. 2009.

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kauft. Die waren nicht dagegen, dass wir so etwas machen, die waren sogar sehr behilflich.«471

Aus finanziellen Gründen entschied sich der Moscheeverein für den Kauf eines alten Hauses in der Schmiedgasse – das ehemalige Gusenbauerhaus – in der Altstadt. Seitens des Vereins war geplant, eine Informationsveranstaltung über das Projekt für die Anrainer durchzuführen. Im August 2004 reichte der Verein die ersten Pläne für den Umbau des Gebäudes ein. Das Zentrum sollte einen Gebetsraum für 200 Männer (ca. 150 m2), einen Gebetsraum für Frauen, einen Raum für die Jugendlichen sowie eine Kantine umfassen.472 Äußerliche bauliche Merkmale einer Moschee waren nicht vorgesehen und wurden bei der Baubehörde nicht eingereicht, sondern nur Adaptationen im Inneren. Im Bauausschuss der Stadt wurden einige Details im eingereichten Plan abgeändert, von den gesetzlichen Grundlagen her stand einem positiven Bescheid nichts im Weg. Der damalige Bürgermeister von Freistadt Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP) bestätigt im Interview: »Man war sich aber dessen bewusst, dass eigentlich ein Anrecht auf Realisierung besteht.«473 Die Bewohner der Schmiedgasse sind in Freistadt bekannt dafür, dass sie eine eingeschworene Gemeinschaft und einen geschlossenen Kreis bilden, beispielsweise gemeinsam Fasching feiern und Maibaum aufstellen. Einige von ihnen starteten nun eine Unterschriftenaktion gegen das Projekt, die sich auf ganz Freistadt ausweitete. Befürchtungen der Anrainer, die Lärm und Parkplatzprobleme sowie eine Entwertung ihrer Grundstücke und Häuser betrafen, mischten sich mit der Angst vor einer »fundamentalistischen islamischen Gruppe«. Die Freistädter Rundschau zitiert eine Anrainerin: »Wir haben nichts gegen Ausländer, die es in unserer Gasse ja schon gibt. Aber wir fürchten uns vor der Entwertung unserer Liegenschaften durch den Neubau. Und wir fürchten uns vor fundamentalistischen Gruppierungen.«474

Woher stammte diese Einschätzung des muslimischen Vereins? Am 11. März 2005 fand ein Treffen der Bewohner der Schmiedgasse mit dem Freistädter Politiker und Nationalratsabgeordneten Ing. Norbert Kapeller (ÖVP) statt.475 Bei diesem Vortrag warnte er vor dem Verein und wies darauf hin, dass die »Islamische Gemeinschaft Milli Görü¸s«, zu der er gehöre, in Deutschland unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen würde. Diese Aussagen wur471 472 473 474 475

Interview Eroglu, 9. 8. 2010. Ibid. Interview Mag. Mühlbachler, 9. 8. 2010. »Unterschriften gegen Gebetshaus für Moslems«: Freistädter Rundschau Nr. 11, 17. 3.2005, 3. Ing. Kapeller war 2000 – 2006 Referatsleiter bei der Kriminalpolizei Oberösterreich, 2000 bis 2011 Bezirksparteiobmann der ÖVP Freistadt und 2002 bis 2011 Nationalratsabgeordneter der ÖVP; 2011 trat er aus der ÖVP aus.

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den von der regionalen Presse breit aufgegriffen, unter anderem mit der Aussage: »Freistadt entwickelt sich zu einem Zentrum für den radikalen Teil der Moslems.« Mit dem Verein war der Politiker nie direkt im Kontakt. Auch der lokale FPÖ-Mandatar äußerte sich gegen das Zentrum: »Freistadt darf nicht Klein-Istanbul werden.«476 Der Moscheeverein lud sechzehn Bewohner der Schmiedgasse zu einem Gespräch ein, bei dem das Umbauvorhaben vorgestellt werden sollte – was von diesen abgelehnt wurde, mit der Begründung, dass nur fünf Personen eingeladen worden seien.477 Am 18. April 2005 kam es zu einem Gespräch zwischen Bürgermeister Mühlbachler und Vertretern der Anrainer, unter ihnen Vertreterinnen der »Kongregation der Armen Schulschwestern« – der Garten des Klosters grenzt an das Gebäude in der Schmiedgasse an, das für ein neues islamisches Zentrum gekauft worden war. Von den Anrainern wurde betont, dass nicht der Islam, sondern die Parkplatzfrage das Problem darstelle. Im Rückblick beurteilt Bürgermeister Mühlbachler die Motive für die Proteste: »Nun haben aber damals Anrainer Protest erhoben – jetzt nicht deswegen, weil sie den Muslimen ein Gebetshaus verwehrt hätten, sondern deswegen, weil sie gesagt haben: In der Gasse ist zu wenig Platz. Das hat natürlich schon etwas für sich gehabt, ohne Zweifel. Aber bei gutem Willen hätte man das Problem auch lösen können. Faktum war : Der Wille zur Lösung war eigentlich bei den Freistädtern, bei den Schmiedgasslern nicht da.«478

Die Anrainer schlugen vor, das Gebäude in der Schmiedgasse gegen Grundstücke außerhalb der Stadt zu tauschen. Da diese Grundstücke nicht umgewidmet werden können, schlug der Bürgermeister den Tausch mit einem Grundstück des Klosters in unmittelbarer Nähe des vorgesehenen Hauses vor. Im Gespräch mit dem Bürgermeister hätten Vertreterinnen des Klosters diese Option als denkbar angesehen und im Prinzip zugestimmt, und der Bürgermeister informierte den Moscheeverein über diese Möglichkeit. Um die Spannungen zu verringern und zu einer Lösung beizutragen, organisierte Bürgermeister Mühlbachler für 4. Mai 2005 im Salzhof eine öffentliche Diskussion des Projekts eines neuen islamischen Zentrums. Die Veranstaltung wurde von der Stadtgemeinde als Auftakt eines Integrationsprojekts in Freistadt geplant. Für diesen Zweck wurde die Islambeauftragte der Diözese Feldkirch und Leiterin des Säkularinstituts »Werk der Frohbotschaft Batschuns« (Pia Unio), 476 »Gebetshaus: Offene Ablehnung von der FPÖ«: Freistädter Rundschau 24. 3. 2005, 3. 477 Brief von Bürgermeister Mag. Josef Mühlbachler an Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer vom 10. 5. 2005. Ich danke Herrn Mag. Mühlbachler, der mir eine Kopie des Briefes freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. 478 Interview Mag. Mühlbachler, 9. 8. 2010.

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Dr. Elisabeth Dörler, zu einem Vortrag eingeladen. Diese Veranstaltung wurde von rund 200 Personen besucht, davon rund 80 Personen aus der Schmiedgasse. Der Bürgermeister hatte bewusst eine Expertin der katholischen Kirche für den Abend eingeladen, da der Protest gegen das islamische Zentrum von konservativen katholischen Kreisen in der Schmiedgasse getragen wurde. Der Verständigungsversuch scheiterte: Die Referentin war mit einer scharfen Kritik von Bewohnern der Schmiedgasse und der Klosterschwestern konfrontiert, die vehement gegen den Standort des islamischen Zentrums in der Schmiedgasse auftraten: Der Vortrag sei eine Täuschung der Bevölkerung, die Aussagen von Dörler seien unwahr, die Christen in der Türkei dürften auch keine Kirchen errichten, die Türken werden die ganze Schmiedgasse verparken. Man ging uneinig auseinander. Der Bürgermeister kommentiert den Verlauf der Veranstaltung im Nachhinein: »Das hat mich wirklich sehr stark verwundert. Ich habe vorher einmal das Buch gelesen: ›Die vierzig Tage des Musa Dagh‹. Da habe ich mir gedacht: Mein Gott, das war damals auf dem Musa Dagh – das selbige könnte in Freistadt passieren, dasselbe könnte in Zwettl oder wo immer passieren. Gescheiter sind wir nicht worden.«479

Am Tag nach der Veranstaltung informierte das Kloster den Bürgermeister, dass der Orden das Grundstück für das islamische Zentrum nicht zur Verfügung stellen würde. »Dann sind sie natürlich von den Bewohnern der Gasse derartig – glaube ich – gedrängt worden, dass schließlich diese Variante keine Zustimmung seitens des Klosters mehr gefunden hat. Damit war im Grunde genommen ein absoluter Stillstand einmal herbeigeführt.«480

Nach diesem Rückzug wurden in der damaligen Diskussion um den neuen Standort der Moschee Grundstücke vorgeschlagen, die weit außerhalb der Stadt liegen. Tekin Eroglu, der damalige Obmann des Moscheevereins, sagt im Rückblick dazu: »Das wollten wir nicht. Wir Muslime wollen auch zentral, unter den Menschen bleiben und nicht Außenseiter sein, das wollten wir.«481

Unter den Vorschlägen war auch ein Grundstück auf der ehemaligen Mülldeponie als neue Möglichkeit im Gespräch, das man sanieren müsste und der islamischen Gemeinschaft zur Verfügung stellen würde.482 Der Verein lehnte diese Option ab, u. a. weil die Sanierung mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde und unklar war, wer die Kosten dafür tragen würde. 479 480 481 482

Interview Mag. Mühlbachler, 9. 8. 2010. Ibid. Interview Eroglu, 9. 8. 2010. »Mülldeponie als letzter Ausweg für Gebetshaus«: Freistädter Rundschau, 7. 7. 2005, 3.

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Wie sich auch in anderen Konflikten rund um Moscheebauprojekte zeigt, waren auch die Diskussionen rund um die Einrichtung des neuen islamischen Zentrums in Freistadt 2005 in Teilen der Bevölkerung von zahlreichen Gerüchten und Beschwörungen einer Bedrohung der eigenen Kultur und Religion durch die Muslime geprägt: »Es hat sich gezeigt im Lauf der Debatte über die Errichtung des Gebetshauses, dass die Diskussion in einer Art und Weise geführt wurde, die ja jenseits von jedweder Realität ist. So nach dem Motto: Bürgermeister, du wirst es schon sehen, in zehn Jahren gehen nicht mehr wir in die katholische Kirche, sondern die Muslime in die katholische Kirche. Dann werden eben so Märchen erzählt, insbesondere auf Stammtischen, wo’s einem die Haare zu Berg stehen lässt. Wo einer behauptet, es hat ihm ein anderer Türke gesagt, er hätte beobachtet, dass einer mit seinem Buben am Hauptplatz hinaufgegangen ist zur Kirche hin und gesagt hätte: In 20 Jahren gehört die Kirche uns – und lauter solche G’schichterl aufgetischt werden, die jeder Realität und jedes Wahrheitsgehaltes entbehren…«.483

Der muslimische Verein kapitulierte schließlich, weil man zwar mit einem positiven Baubescheid rechnen konnte, aber sich nicht in Feindschaft mit den Anrainern dort niederlassen wollte. Außerdem habe die Stadt bzw. die Baubehörde – nach Beginn der öffentlichen Diskussionen über das neue islamische Zentrum – begonnen, Schwierigkeiten bezüglich der Genehmigung zu machen, immer neue Planänderungen gefordert, und man habe befürchtet, dass die Sache in die Länge gezogen werden würde. Der damalige Obmann Eroglu erinnert sich: »Wir haben geglaubt, es ist ein geeigneter Platz. Und dann haben wir gesehen: Das wird wahrscheinlich nichts, weil es so viele Gegner gibt. Und dann haben wir gesagt: Wir fangen keinen Konflikt an, von Anfang an nicht. Wir haben gesehen, dass immer mehr Druck kommt, dann haben wir es aufgegeben. Nicht weil wir Angst gehabt haben, sondern weil wir diese Konflikte langjährig oder langzeitig nicht weiterführen wollten.«484

Der Verein verkaufte das Haus in der Schmiedgasse. 2006 kaufte der Verein ein großes Gebäude in der Linzer Straße 29, mit einer Fläche von 600 m2. Es liegt im Gewerbegebiet außerhalb der Altstadt, gegenüber der Messehalle; früher war darin der »Konsum« untergebracht. Es hat den Vorteil, dass es größer ist, zentral liegt und keine direkten Nachbarn hat. Das Gebäude wurde als Zentrum des Vereins mit einem großen Gebetsraum für ca. 120 Männer und einem kleineren Gebetsraum für Frauen adaptiert. Auf Anraten von Bürgermeister Mühlbachler erfolgte sowohl der Kauf als auch der Umzug möglichst unauffällig, um neuer483 Interview Mühlbachler, 9. 8. 2010. 484 Interview Eroglu, 9. 8. 2010.

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Abbildung 30: Moschee der »Muslimischen Gemeinschaft« Freistadt (August 2010)

liche Agitationen zu vermeiden. Auf eine Eröffnungsveranstaltung wurde aus diesem Grund verzichtet.485 Als Fazit zu den Auseinandersetzungen 2005 sagt der damalige Bürgermeister Mühlbachler, sie hätten ihn erschüttert. Er werde erinnert an die Bücher von Erika Weinzierl über den Nationalsozialismus und die Judenverfolgung in Österreich, »… wo ich wirklich glaub’, das kann jederzeit wieder passieren. Man muss jetzt da nicht großartig reden von Geschichtsbewältigung – nein, gar nicht. Nur die Formen sind eben vielleicht anders geworden. Aber eigentlich ist es immer noch dasselbe.«486

Das neue Zentrum ermöglicht nun durch seine repräsentativen Räume einen besseren Austausch mit dem Umfeld, durch Besuche von Schulen, der Pfarre, von Beamten usw. Seit dem Bezug des neuen Zentrums hat der Verein bereits drei Mal einen »Tag der offen Tür« veranstaltet, zu dem teilweise auch die damaligen Gegner kamen, ebenso einige Vertreter des »Ring Freiheitlicher Jugend« in Freistadt, die seit April 2010 über Facebook gegen das Zentrum agitieren und die vom Verein zu einem Gespräch eingeladen worden waren. Im Mai 485 E-Mail T. Eroglu, 4. 12. 2009. 486 Interview Mag. Mühlbachler, 9. 8. 2010.

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Abbildung 31: Moschee der »Muslimischen Gemeinschaft« Freistadt, Vorraum zur Gebetshalle

2010, einige Tage vor dem »Tag der offenen Tür« in der Moschee am 22. Mai, feuerten vier Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren aus einem fahrenden Auto mit einem Jagdgewehr und einer Schreckschusspistole Schüsse auf das Gebetshaus ab und riefen rechtsextreme Parolen wie »Sieg Heil«, »Heil Hitler« und »Scheiß Türken«. Drei der Jugendlichen hatten im Frühjahr 2010 bereits eine sogenannte »Kugelbombe« in einem Wohnlager von campierenden Roma in Pregarten (Bezirk Freistadt) gezündet. Die Jugendlichen wurden im Mai 2012 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung und teilweise wegen gefährlicher Drohung von einem Linzer Geschworenengericht zu bedingten Haftstrafen verurteilt.487

487 »›Sieg Heil‹ und Schüsse auf Moschee«: Oberösterreichische Nachrichten, 23. 5. 2012. Internetquelle: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/Sieg-Heil-und-Schuesse-auf-Mo schee;art4,891261 (Zugriff 28. 8. 2012); »Schuldsprüche nach Schüssen auf Moschee: ›Depperte Bubenstreiche‹«: OÖ Nachrichten, 25. 5. 2012. Internetquelle: http://www.nach richten.at/oberoesterreich/Schuldsprueche-nach-Schuessen-auf-Moschee-Depperte-Bu benstreiche;art4,892872 (Zugriff 28. 8. 2012).

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

Bludenz (Vorarlberg)

Aspekte der Migrationsgeschichte Bludenz ist eine Kleinstadt in Vorarlberg, die im 13. Jahrhundert gegründet wurde. Die Stadt und ihr Umland ist ein wichtiger Industrieort. Bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert ist sie Standort großer Textilindustrieunternehmen. Die »Getzner Textil AG« wurde 1818 gegründet und ist bis heute tätig. 1819 wurde die mechanische Spinnerei in Brunnenfeld, einem Vorort von Bludenz, errichtet – die zweite industrielle Spinnerei in Vorarlberg. 1836 wurden Baumwollspinnereien in Bludenz und im angrenzenden Bürs errichtet (Scheuch 1961, 13). Wie Vorarlberg insgesamt ist Bludenz seit der zweiten Industrialisierungsphase (1870 – 1914) von der Arbeitsmigration aus dem Inland (v. a. Ostösterreich) und Ausland geprägt. Nach 1870 begannen die großen Textilfirmen und die Bauwirtschaft in Vorarlberg, italienische Arbeiter und Arbeiterinnen anzuwerben, einerseits aus Mangel an Arbeitskräften, andererseits wegen der Kostenersparnis, die die niedrigen Löhne der Arbeitsmigranten – vor allem der Frauen in der Textilindustrie – mit sich brachten (Rauch 1989). Die Arbeitskräfte kamen überwiegend aus dem Trentino, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte, besaßen also die österreichische Staatsbürgerschaft. Ein kleiner Teil kam aus Venetien (Sutterlütti 1984, 134). Sie konzentrierten sich im Raum Bludenz-Bürs sowie Hard-Kennelbach bei Bregenz. 1890 betrug der Anteil der italienischen Bevölkerung – überwiegend junge Frauen – in Bludenz um die 20 %, ebenso im benachbarten Bürs und Lorüns; in Brunnenfeld betrug der Anteil der italienischen Bevölkerung 40 % (Scheuch 1961, 116). 1900 lebten in Bludenz über 1000 Italiener ; 1914 stammten fast 30 % der in Bludenz getauften Kinder aus italienischen Familien (Sutterlütti 1984, 137). In Bürs hatte die Firma Getzner, Mutter & Cie sogar eine italienische Volksschule eingerichtet. Um 1900 stammte bereits ein Viertel der Vorarlberger Textilarbeiterschaft aus Italien (Barnay 1984, 4), die Mehrheit davon Frauen. Die italienischen Familien lebten überwiegend in überfüllten Arbeiterunterkünften der Firmen, getrennt von der lokalen Bevölkerung (Sutterlütti 1984, 139). Die Fremden wurden angefeindet, unter anderem weil sie eine Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt darstellten, weil sie aufgrund der niedrigen Löhne bettelten – und weil sie fremd waren. Deutschnationale Gruppen in Vorarlberg, wie zum Beispiel der 1889 gegründete Verein »Südmark«, kämpften gegen die »Überfremdung« und das »Gespenst der Zweisprachigkeit« (Sutterlütti 1984, 143). Aber auch wegen ihrer politischen Organisierung in Arbeitervereinen, die sich der Sozialdemokratie anschlossen, wurden die Migranten angefeindet: Von den Konservativen wurden »Fremde« und »Sozialdemokraten« systematisch gleichgesetzt. Die konservative Zeitung Vorarlberger Volksblatt kommentierte am 12. Jänner 1908 ein Treffen der Sozialdemokraten in Bludenz:

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»Erwiesen hat diese Volksversammlung im Vereinshause zwei bedrückende Umstände, nämlich, daß die Verwelschung der Stadt Bludenz riesige Fortschritte macht und diese Südländer ihrer Menge und Stärke sich bewußt sind, und weiters, daß der Großteil derselben der socialdemokratischen Partei anhängt oder gar schon verschrieben ist.« (zit. n. Sutterlütti 1984, 145; vgl. Barnay 1989, 135)

Die Vorarlberger Landesorganisation der sozialdemokratischen Partei, die 1890 gegründet wurde und sich überwiegend auf zugewanderte Arbeiter und Arbeiterinnen stützte, wurde – genauso wie die Juden und die Migranten – von der konservativ-katholischen Elite als »volksfremd« oder »landfremd« diskreditiert und bekämpft (Barnay 1988, 274ff; 1989, 135). Dieser Diskurs war Teil der politischen Auseinandersetzung zwischen den konservativen Parteien und der mit Hilfe der italienischen Arbeiter aufsteigenden Sozialdemokratie. Die Frage der ethnisch-religiösen Zugehörigkeit wurde politisiert bzw. in der politischen Auseinandersetzung eingesetzt. Eine mythisierte alemannisch-katholische Identität wurde mit dem »Vorarlbergertum« gleichgesetzt, gleichzeitig wurden die »Fremden« und Unerwünschten (Migranten, Nichtkatholiken, Sozialdemokraten) aus diesem »Wir« ausgegrenzt. Die von den Konservativen bestimmte »Vorarlberger Identität«, das katholisch-alemannische »Wir«-Bewusstsein bildeten die ideologische Basis für die konservative bzw. christlich-soziale Partei seit dem 19. Jahrhundert und zugleich ein zentrales Instrument des Machterhalts: »Das katholisch-konservative Lager konnte sich in der Tat u. a. deshalb über hundert Jahre lang behaupten, weil es ihm gelang, seinen Monopolanspruch in der Bestimmung der ›Vorarlberger Identität‹ durchzusetzen und gegenüber anderen politischen Parteien zu behaupten.« (Haffner 2000, 379).

1918, mit dem Anschluss des Trentino an Italien, kehrte mehr als die Hälfte der italienischen Arbeiter in ihr Herkunftsland zurück. Zu den »Anderen« gehörten auch die Protestanten. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert kamen protestantische Unternehmer und Arbeiter nach Vorarlberg. Der Schweizer Unternehmer Melchior Jenny war Teilhaber der Firma »Jenny & Schindler«, die 1825 eine Färberei in Hard einrichtete (cf. Mathis 1987, 165). Unter Berufung auf das Toleranzpatent von 1781 beantragte Jenny erstmals 1835 die Einrichtung eines protestantischen Gebetshauses, was von den Behörden abgelehnt wurde. Das Protestantenpatent von 1861 brachte die Gleichstellung der evangelischen Kirchen mit der römisch-katholischen Kirche. Man versuchte mit einer Petition zugunsten der »Glaubenseinheit« des Landes, den Vorarlberger Landtag – nach dem Vorbild Tirols – zu einer gesetzlichen Ausnahmeregelung vom Protestantenpatent zu bewegen und die öffentliche Religionsausübung nur der katholischen Kirche zu erlauben. Dieser Versuch scheiterte aber. Noch im gleichen Jahr wurde in Bregenz eine Evange-

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lische Gemeinde gegründet und 1864 die Evangelische Kreuzkirche am Ölrain eröffnet. 1931 wurde eine evangelische Kirche in Dornbirn eröffnet, 1936 in Bludenz. In dieser Zeit durfte die evangelische Gemeinde keinen Kirchturm errichten – ein Ausdruck der schwierigen Situation der evangelischen Kirche im katholischen Ständestaat. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich tausende »Fremdarbeiter« und Kriegsgefangene (überwiegend aus Ost- und Südosteuropa), rund 10.000 Südtiroler, die 1939 für Österreich optierten und umgesiedelt waren, rund 12.000 Österreicher aus anderen Bundesländern sowie tausende »Displaced Persons« in Vorarlberg (cf. Barnay 1988, 424; Bundschuh 2000, 209). Während des Wirtschaftsaufschwungs der 1960er Jahre kam es zu einem Arbeitskräftemangel, und es wurden Arbeiter aus Jugoslawien und der Türkei angeworben. Aufgrund der starken Zuwanderung in den sechziger Jahren betrug der Ausländeranteil in Vorarlberg im Jahr 1971 bereits 9,2 %, damals der weitaus höchste in Österreich (Tirol: 4 %, Wien: 3,8 %, NÖ: 1,8 %). Zwischen 1971 und 1981 stieg die Zahl der türkischen Staatsbürger von 5049 auf 13.712 Personen – damals in Österreich die zweitgrößte türkische Bevölkerung nach Wien (19.710). 1991 lebten 20.346 Personen mit türkischer Staatsbürgerschaft in Vorarlberg. Die Zahl der jugoslawischen Bürger stieg in Vorarlberg von 12.372 (1971) auf 14.429 (1991).488 Hatten es schon die innerösterreichischen Migranten in Vorarlberg am Beginn schwer, so war die soziale Distanz in ihrem Fall besonders groß. 1969 schrieben die Vorarlberger Nachrichten: »Wohl arbeiten viele von ihnen, aus Spanien, Jugoslawien oder gar der Türkei, für unsere Wirtschaft brav und fleißig, aber in dem anderen Bereich, im Wohnen und in ihrer Freizeit, sind sie Fremde, oft auch wie Ausgestoßene.« (VN 8. 5. 1969,1; zit. n. Bundschuh 2000, 210)

Erika Thurner weist auf die Rolle der rechtlichen Rahmenbedingungen für die soziale Situation der »Gastarbeiter« in Vorarlberg hin: »Die ›neuen Fremden‹ boten viel breitere Projektionsflächen und konnten zudem, aufgrund ihres Ausländerstatus, viel problemloser auf Distanz und ganz unten gehalten werden. Die alte Landesbürgerschaft hatte als Ausgrenzungsinstrument gegen ›inländische Fremde‹ in ihrer Wirksamkeit eingebüßt, dagegen ermöglichten die Ausländergesetze, Trennlinien gegen die ›richtigen Fremden‹ zu ziehen. Mit einem System von sozial-rechtlichen Benachteiligungen wurden die AusländerInnen auf der untersten Stufe der beruflichen Sprossenleiter festgehalten, in Krisenzeiten konnte man sich ihrer leicht entledigen.« (Thurner 1997)

488 Statistik Austria, Bevölkerung 1971 bis 2001 nach ausgewählter Staatsangehörigkeit und Bundesländern.

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Die Diskriminierung der Neuankömmlinge aus der Türkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien spiegelt sich auch im Bildungssystem wider. Im Schuljahr 1989/90 betrug der Anteil von jugoslawischen und türkischen Kindern an den Allgemeinen Sonderschulen 35 %, im Schuljahr 1991/92 37,7 %. Der Sozialwissenschaftler Horst Otto Mayer interpretierte diese hohen Zahlen lapidar folgendermaßen: »Offenbar wird der starken Zunahme an türkischen und jugoslawischen Schülern und den daraus resultierenden sprachlichen und sonstigen Problemen an Volks- und Hauptschulen mit verstärkter Abschiebung in die Sonderschule begegnet.« (Mayer 1993, 317)

Sonderschule und Schulabbruch – Ergebnis des Zusammenwirkens vieler Faktoren – bedeuten für diese Jugendliche, dass ihnen im Grunde nur Hilfsarbeiten offen stehen und sie in der Unterschicht bleiben wie die erste Generation. Zeichen für eine gewisse Öffnung der Politik und Gesellschaft und eine Anerkennung der multikulturellen Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs Anfang der 1990er Jahre bildeten die Eröffnung des Jüdischen Museums Hohenems (1991), die Kulturinitiative des Landes »KultUrSprünge« (1991 – 93), in der das interkulturelle Zusammenleben im Mittelpunkt stand, sowie die »Zuwandererfeste« 1993 und 1996, die von der Landesregierung unterstützt wurden (Bundschuh 2000, 214ff). Anfang der 1990er Jahre begannen die ersten Integrationsmaßnahmen in verschiedenen Gesellschaftsbereichen. Im Herbst 2001 wurde die Projektstelle für Zuwanderung und Integration »okay. zusammen leben« in Dornbirn gegründet, die maßgeblich von der Landesregierung finanziert wird. Ab Mitte der 1990er Jahre kam es zu einer starken Zunahme bei den Einbürgerungen.489 Zwischen 2001 und 2005 gab es besonders hohe Einbürgerungszahlen in Vorarlberg.490 Einbürgerung bedeutet, dass sich die aus der Türkei oder Ex-Jugoslawien stammenden Arbeiter und ihre Familien nicht mehr an einer Rückkehr in das Herkunftsland orientieren, sondern an der Existenz in Österreich. Mit Stand 1. 1. 2010 zählte die Bevölkerung in Bludenz insgesamt 13.775 Personen (2008: 14.774), davon besitzen 2.378 Personen eine ausländische Staatsbürgerschaft (2008: 2.563), das sind 17,26 % der Gesamtbevölkerung – das ist einer der höchsten Anteile in Vorarlberg. Die größte Gruppe unter der ausländischen Bevölkerung sind türkische Staatsbürger (804 Personen, 5,84 % der Gesamtbevölkerung), gefolgt von Bürgern des ehemaligen Jugoslawiens (684, 489 Website »okay.zusammen leben« (Projektstelle für Zuwanderung und Integration Dornbirn): »Die Entwicklung der ausländischen Bevölkerung Vorarlbergs im österreichischen Vergleich«. Internetquelle: www.okay-line.at (Zugriff 11. 8. 2010). 490 Website »okay.zusammenleben«: »Einbürgerung«.

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4,97 %) und Deutschlands (381, 2,77 %).491 Laut Volkszählung 2001 lebten zu diesem Zeitpunkt 1360 Menschen mit islamischem Religionsbekenntnis in Bludenz. Damit hat die Stadt die siebtgrößte muslimische Bevölkerung in Vorarlberg, nach Dornbirn (2001: 4206 Muslime), Lustenau (3088), Bregenz (2606), Feldkirch (2216), Hohenems (1675) und Hard (1403). Insgesamt lebten 2001 im Bundesland Vorarlberg 29.334 Muslime (8,36 % der Bevölkerung) – die viertgrößte muslimische Bevölkerung nach Wien, Oberösterreich und Niederösterreich. 2001 besaßen 7162 der Vorarlberger Muslime die österreichische Staatsbürgerschaft.492 Das Moscheebauprojekt des Vereins ATI˙B Bludenz493 Der Verein ATI˙B Bludenz, einer von insgesamt 13 ATI˙B-Vereinen in Vorarlberg, benützt gegenwärtig ein zweistöckiges Haus als Ort der Sultanahmet Camii Bludenz. Das Gebäude befindet sich in der Nähe des Bahnhofs, zwischen einer Tankstelle und den Bahngleisen. Der Gebetsraum bietet Platz für über 100 Personen, ist aber zu klein geworden. Man plante deshalb den Bau einer neuen Moschee. Als Ort dafür war der Parkplatz neben dem bestehenden Zentrum vorgesehen, den der Verein für diesen Zweck gekauft hatte.494 Im September 2006 nahm der Verein im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau einer Moschee mit einem 15 Meter hohen Minarett Kontakt mit dem Bürgermeister von Bludenz, Josef Katzenmayer (ÖVP), auf. In Vorarlberg wäre damit das erste islamische Zentrum mit Minarett entstanden. In der Nacht vom 1. auf den 2. Jänner 2008 verübten vier unbekannte Personen, die von den Überwachungskameras aufgezeichnet wurden, mit Molotowcocktails einen Brandanschlag auf das türkische Konsulat in Bregenz. Als der ORF Vorarlberg in der Sendung »Vorarlberg heute« über den Gewaltakt berichtete, wurden in einem Nachsatz die Pläne für den Bau einer Moschee in Bludenz erwähnt, obwohl die beiden Themen sachlich nichts miteinander zu tun haben.495 Das Thema Moscheebau wird mit den Themen Gewalt gegen eine politische Institution und dem eventuellen Hintergrund des türkisch-kurdi491 Statistik Austria, Bevölkerung nach Staatsangehörigkeitsgruppen, Datenstand 1. 1. 2010. Internetquelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/bevoelkerungs struktur/bevoelkerung_nach_staatsangehoerigkeit_geburtsland/041001.html, Zugriff 6. 8. 2010. 492 Statistik Austria, Volkszählung 2001, Bevölkerung 2001 nach Religionsbekenntnis, Staatsangehörigkeit und Bundesländern. 493 Ich danke Frau Dr. Eva Grabherr, Leiterin der Projektstelle »okay. zusammen leben« in Dornbirn für die Erlaubnis, das Archiv der Projektstelle für diese Fallstudie zu benützen. 494 »Moschee in Bregenz? ›Gefälschtes Foto!‹«: Die Presse, 17. 1. 2008. 495 Interview mit Dr. Eva Grabherr, Leiterin der Projektstelle für Zuwanderung und Integration »okay. zusammen leben« in Dornbirn, 5. 3. 2009.

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Abbildung 32: Moschee »Sultanahmet Camii«, ATI˙B Bludenz (März 2009)

schen Konflikts kontextualisiert. Mit diesem »Framing« (Gewalt, Konflikt) wurde das Moscheebauprojekt zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit in Vorarlberg bekannt gemacht. Dr. Eva Grabherr, Leiterin der Projektstelle für Zuwanderung und Integration »okay. zusammen leben«, bezeichnet diesen öffentlichen Auftakt der Diskussion über das Bludenzer Moscheebauprojekt als »Momentum, das viele Züge von dem, was danach passierte, in sich trug.«496 Als unmittelbare Reaktion auf den Fernsehbericht veröffentlichte Dietmar Egger, Obmann der FPÖ Vorarlberg und damals Mitglied der ÖVP-FPÖ-Koalitionsregierung in Vorarlberg, eine Presseaussendung: Es gelte, alle rechtlichen Möglichkeiten zu ergreifen, um die Errichtung von derartigen »Symbolen der religiösen Macht« im öffentlichen Raum zu verhindern. Minarette und Moscheen hätten in »unserem Kulturraum« nichts zu suchen.497 Damit war die parteipolitische Auseinandersetzung rund um das Thema Moschee- und Minarettbau in Vorarlberg eröffnet. Am 9. Jänner 2008 veröffentlichte der für Inneres, Sicherheit und Integration zuständige Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) eine Stellungnahme. Darin kam 496 Dr. Eva Grabherr, E-Mail-Kommunikation, 17. 10. 2012. 497 »In den Moscheen herrscht Angst«: Vorarlberg ORF.at, 2. 1. 2008. Internet: http://vor arlberg.orf.at/stories/246823 (Zugriff 6. 8. 2010).

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zum ersten Mal das Motiv vor, das für den politischen Diskurs der ÖVP Vorarlberg zum Thema bestimmend bleiben sollte: die Verbindung des Moscheeund Minarettbaus in Bludenz mit dem Antreten einer neuen politischen Liste, die von Vorarlbergern türkischer Herkunft gegründet wurde, beides interpretiert als Zeichen der »Integrationsunwilligkeit« von Muslimen. Die Presseaussendung stand unter der Überschrift: »Für Landesrat Erich Schwärzler darf die angekündigte Kandidatur einer Migrantenliste bei der Landtagswahl 2009 nicht zu einem Signal für Integrationsunwilligkeit und für den Bau von Minaretten in Vorarlberg werden.«498

Die Presseaussendung nahm Bezug auf die Frage des Minarettbaus: »Minarette sind für Landesrat Erich Schwärzler kein Akt zur Integration und werden von ihm daher abgelehnt. ›Die derzeitige Diskussion über den möglichen Bau von Minaretten in Vorarlberg polarisiert und kann gesellschaftlich nicht verbinden. Die Religionsfreiheit für Moslems ist in Vorarlberg durch Gebetshäuser gewährleistet.‹«

Warum das Minarett, das so wie ein Kirchturm die Präsenz der Moschee im öffentlichen Raum anzeigt, nicht Teil der Religionsfreiheit ist, wird im Text nicht begründet. Es wird ein Gegensatz zwischen Minarettbau und Integration im Sinne von Assimilation hergestellt. Diskursiv wird im Text eine Verbindung hergestellt zwischen »Integrationsunwilligkeit« und zwei Entwicklungen unter den Zuwanderern muslimischer Konfession: der Etablierung einer Migrantenliste und dem Minarettbau. In der Landtagsdebatte über die Änderung des Baugesetzes am 9. 4. 2008 stellte Landesrat Schwärzler seine Sichtweise noch einmal mit aller Deutlichkeit klar : »Und wenn wir zur Minarett-Diskussion kommen, so ist es schon klar, es ist kein Akt der Integration, sondern es ist ein Akt der Konfrontation – das ist Faktum und deshalb, glaube ich, sollte man auch hier eine klare Position haben.«499

Am 14. Jänner äußerte sich Landeshauptmann Sausgruber in die gleiche Richtung: Migranten würden »Akte der Polarisierung« setzen, und zwar in Form der Bildung einer eigenen Migrantenliste für die Landtagswahl 2009 und in der »forcierten Diskussion über Minarette«.500

498 Vorarlberger Landeskorrespondenz, VLK-Sondertext Nr. 6, Mittwoch, 9. 1. 2008. Internetquelle: http://presse.vorarlberg.at/land/dist/vlk-25008.html, (Zugriff 6. 8. 2010). 499 Vorarlberger Landtag, Parlamentarische Materialien, Protokoll der 3. Sitzung des 28. Vorarlberger Landtags, 9. 4. 2008, TOP 3: Gesetz über eine Änderung des Baugesetzes. Internetquelle: http://www.vorarlberg.at/landtag/landtag/recherche/recherche.htm (Zugriff 25. 5. 2013). 500 »Sausgruber: ›Auch Migranten polarisieren‹«, Vorarlberg ORF.at, 14. 1. 2008. Internetquelle: http://oesterreich.orf.at/vorarlberg/stories/249364 (Zugriff 6. 8. 2010).

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In der Landtagsdebatte am 9. April wiederholte er diese Einschätzung: Er hätte es für klug gehalten, »…nicht eine polarisierende Minarett-Diskussion vom Zaun zu brechen. Das war leider nicht lenkbar, weil nicht die Migranten insgesamt, aber Gruppen dort diese polarisierende Diskussion geführt haben.«501

Den Hintergrund bildeten Überlegungen der »Neuen Bewegung für die Zukunft« (NBZ, türk. GELECEK ICIN YENI HAREKET), bei der Landtagswahl 2009 zu kandidieren. Die NBZ war Ende 1998 als neue Arbeiterkammer-Fraktion gegründet worden und konnte bei der Arbeiterkammerwahl im April 1999 auf Anhieb 5 Sitze (7,2 % der Stimmen) gewinnen. Vorsitzender der NBZ seit 2004 ist Kammerrat Adnan Dincer, Mitglied im Vorstand der Arbeiterkammer Vorarlberg.502 Am 15. Jänner 2008 wurde folgender Antrag der FPÖ unter dem Titel »Keine Minarette in Vorarlberg« im Landtag diskutiert: »Die Vorarlberger Landesregierung wird aufgefordert, Regierungsvorlagen zur Änderung des Bau- sowie Raumplanungsgesetzes vorzulegen, durch die der Bau von Minaretten in Vorarlberg verhindert wird.«503

In der Einleitung zu diesem Antrag wurden zwei Gründe für die Forderung nach einem Bauverbot von Minaretten in Vorarlberg angeführt: »Die Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung nimmt zu und das friedliche Zusammenleben droht durch derartige Symbole der islamischen Macht Schaden zu nehmen. (…) Minarette passen nicht in unser Ortsbild, das christlich-abendländisch geprägt ist.«

In einer Pressekonferenz am 15. Jänner stellte Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) fest, dass ein generelles Verbot von Minaretten nicht möglich sei: »Die Bundesverfassung hat hier eine Hürde, die ein generelles Verbot ja als wohl nicht möglich erscheinen lässt. Wir werden das noch einmal prüfen. Aber man muss diese Hürde sehen. Was zu diskutieren ist, wenn der Empfehlung nicht Folge gegeben wird, das Forcieren dieser Minarettdiskussion nicht weiter zu betreiben und sich auf andere Bereiche zu konzentrieren, etwa das Erlernen der deutschen Sprache und damit zum Ausdruck zu bringen, ›wir sind an Integration im echten Sinne interessiert‹ – wenn das 501 Vorarlberger Landtag, Parlamentarische Materialien, Protokoll der 3. Sitzung des 28. Vorarlberger Landtags am 9. 4. 2008. 502 Website NBZ: http://www.nbz-online.at. 503 Sechste Beilage im Jahre 2008 zu den Sitzungsberichten des XXVIII. Vorarlberger Landtages Selbstständiger Antrag Beilage: 6/2008. Internet: Website FPÖ Vorarlberg http://www. vfreiheitliche.at/2008/01/21/keine-minarette-in-vorarlberg-aenderung-des-bau-und-raum planungsgesetzes, Zugriff: 6. 8. 2010.

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also nicht stattfindet, und es schaut so aus, dass wir über eine strengere Regelung im Raumplanungsrecht diskutieren werden und das prüfen.«504

Die Verschärfung des Raumordnungsgesetzes solle dazu »zwingen«, bei der Gestaltung von Gebetsräumen und bei der Suche nach Standorten einen Dialog mit der Gemeinde zu führen »und die Zustimmung der Gemeindevertretung zu bekommen.« Landeshauptmann Sausgruber weiter : »Das könnte ich mir durchaus vorstellen, wenn der schlichte Appell nicht gehört wird und ich hab den Eindruck, er wird nicht gehört.« Dieser Appell richte sich »an diejenigen, die polarisieren im Sinne um Bewerbungen um Listen – was aber rechtlich möglich ist, soll niemand behaupten, es sei rechtlich nicht möglich – und Ankündigungen vornehmen, die die Minarettdiskussion forciert haben.«505 Die Stellungnahme macht deutlich, dass der parteipolitische Wettbewerb mit der Liste NBZ und die Haltung einer »autoritären Integration« im Vordergrund stand, nicht das Gemeinwohl im Sinn eines friedlichen und fairen Zusammenlebens der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen: Das geplante Antreten der Migrantenliste, verbunden mit dem geplanten Bau eines Minaretts, wurde als politische Provokation bewertet, die man seitens der Landesregierung in die Schranken weisen wollte. Dieser Deutungsrahmen dominierte von Beginn an. Wie die Bludenzer Muslime selbst die Frage beurteilten, brachte der Obmann des Vereins ATI˙B Bludenz, Hayretin Kösem, in einem Interview zum Ausdruck: »Wenn eine Moschee entsteht, gehört ein Minarett dazu. Es ist ein Teil der Moschee. Der Turm ist von weitem zu sehen und soll allen zeigen: Hier steht ein muslimisches Gotteshaus. Aber natürlich werden wir, wenn es nicht anders geht, die Moschee eben ohne bauen.«506

In der politischen Kommunikation der Landes-ÖVP spielte keine Rolle, dass jeder Bauwerber bereits auf Basis der bestehenden Gesetze eine Genehmigung durch den Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz benötigt und dass im Fall von Bludenz der muslimische Verein von sich aus auf die Gemeinde zuging, um noch vor einer offiziellen Einreichung Gespräche zu führen. Ein Erzwingen eines »Dialogs« war also nicht nötig. Am Tag der Landtagsdebatte zum FPÖ-Antrag erklärte der Bürgermeister von Bludenz Josef Katzenmayer (ÖVP), er sei prinzipiell offen für die Errichtung eines Minaretts in Bludenz. Wenn der Minarettbau architektonisch gut gelöst sei und alle Gremien positiv passiere, könne er sich einen solchen in Bludenz 504 Landeshauptmann Herbert Sausgruber, Pressefoyer am 15. 1. 2008, Tonbandabschrift (Quelle: Zeitungsarchiv Projektstelle okay.zusammenleben). Vgl. »Katzenmayer: Minarett in Bludenz möglich«: Vorarlberg ORF.at, 15. 1. 2008. Internetquelle: http://oesterreich.orf. at/vorarlberg/stories/249660 (Zugriff 6. 8. 2010). 505 Landeshauptmann Sausgruber, Pressefoyer 15. 1. 2008, Tonbandabschrift. 506 »Minarett: Erste Pläne beenden«: Vorarlberger Nachrichten, 22. 1. 2008, A6.

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durchaus vorstellen. Über den Standort bestehe noch keine Einigung. Er sei der Bürgermeister aller Bludenzer.507 Er wies auf die Tatsache hin, dass die Muslime in Österreich seit 100 Jahren die Freiheit haben, ihre Religion zu praktizieren.508 In den folgenden Wochen erhielt Bürgermeister Katzenmayer eine Flut von sehr emotionalen Briefen und E-Mails aus dem ganzen Land, hauptsächlich von Gegnern eines Moscheebaus.509 Andere Politiker, von der SPÖ und den Grünen, reagierten ebenfalls positiv auf die Pläne eines Moscheebaus mit Minarett in Bludenz. Auch Vertreter der katholischen Kirche nahmen eine offene Haltung ein: Msgr. Mag. Peter Haas, Dekan der Dekanate Bludenz und Montafon sowie Pfarrer der Hl. Kreuz-Kirche in der Nachbarschaft des Vereins ATI˙B, der den Verein mehrmals bei größeren Veranstaltungen im Pfarrsaal beherbergt hatte, stellte fest: Wenn der Islam seit 1912 vom Staat anerkannt sei, dann könne der Bau einer Moschee nicht verweigert werden.510 Noch bevor überhaupt Einreichpläne für die geplante Moschee in Bludenz vorlagen, wurde der geplante Bau zu einem Spielball landespolitischer Interessen, zu einem hochgradigen Symbol, anhand dessen die grundsätzlich unterschiedlichen Auffassungen von »Integration«, die unterschiedlichen Positionen gegenüber der Institutionalisierung des Islam, der Sichtbarkeit der »neuen« Religion in der öffentlichen Sphäre und der Auffassung von Demokratie insgesamt – als Volksherrschaft der nationalen Mehrheit oder als liberale, rechtsstaatliche Demokratie, die die Rechte der Minderheiten auf dem Territorium schützt – sichtbar wurden. Am 16. Jänner 2008 veröffentlichten die Vorarlberger Nachrichten die ersten Entwürfe für die geplante neue Moschee in Bludenz. Sie stammten vom Stuttgarter Architekten H. Akkaya-Kürtür und zeigten ein fünfstöckiges Gebäude mit einem Saal, je einem Gebetsraum für Männer und Frauen, zwei Wohnungen, einem Caf¦ und einem 20 Meter hohen Minarett, das nicht begehbar sein würde.511 Ab diesem Zeitpunkt gab es Gespräche zwischen dem Verein ATI˙B Bludenz und der Stadtverwaltung über den Standort, über Parkplätze und andere Fragen. Die Stadt befürwortete einen Grundstückstausch, da sie den geplanten Standort für die Moschee, die zwischen der Tankstelle, einer Diskothek und den Schienen eingezwängt sein würde, nicht als geeignet ansah. Es kam jedoch zu keiner Einreichung des Bauprojekts durch den Verein ATI˙B Bludenz. 507 Ibid. 508 »Minarett in Bludenz kein Tabu« (VN-Expertengespräch): Vorarlberger Nachrichten, 16. 1. 2008, A4. 509 Interview mit Bürgermeister Josef Katzenmayer, DI Thorsten Diekmann (Leiter der Abteilung Stadtplanung) und DSA Oliver Mössinger (Leiter der Abteilung Jugend und Integration), 4. 3. 2009, Rathaus Bludenz. 510 Interview Msgr. Mag. Peter Haas, 4. 3. 2009, röm.-kath. Pfarramt Heilig Kreuz, Bludenz. 511 »Minarett in Bludenz kein Tabu«, op. cit.

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Leserbriefe von Islamgegnern Ein konkretes Bauprojekt war nicht nötig, um das Thema »Moschee« zu politisieren und parteipolitisch zu instrumentalisieren. Es kam zu einer Welle von Leserbriefen in den Vorarlberger Nachrichten, die die FPÖ-Linie und die Sprachregelung der Partei zum Thema Minarette wiederholten. Sie stehen in einer Linie mit in den VN häufig abgedruckten Leserbriefen, die einen radikalen Islamhass repräsentieren (s. Greussing 2006). Ein Beispiel ist der Leserbrief von W. Stefan König, Obmann der FPÖ-Organisation »Vorarlberger Seniorenring« in Hörbranz: »Minarette sind sichtbare Zeichen des muslimischen Machtanspruchs und sind eine gewollte Provokation gegenüber dem christlichen Abendland. Das mag hart klingen. Aber solange mir noch die Aussage des jetzigen türkischen Ministerpräsidenten Erdogan im Gedächtnis ist, der meinte: ›Die Demokratie ist der Zug, auf den wir aufspringen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme, und die Gläubigen unsere Soldaten‹ und diese Aussage von ihm auch nie zurückgenommen wurde, solange fürchte ich eine gewollte Invasion des fundamentalistischen Islam.«512

Eine andere Gruppe bilden Leserbriefe, in denen Aussagen über »das Wesen des Islam« getroffen wurden und dafür auf den Koran Bezug genommen wird. *

Am 18. Jänner 2008 startete das »BZÖ Vorarlberg – Liste Jörg Haider« eine Kampagne für die Änderung der Bauordnung nach dem Modell Kärntens, durch die der Bau von Minaretten verhindert werden sollte. In einer Presseaussendung stellte der Geschäftsführer des BZÖ Vorarlberg, Harald Kaufmann, fest:

512 Leserbrief (Auszug), Vorarlberger Nachrichten, 10. 1. 2008. – In der FPÖ-Kampagne bildet das Erdogan-Zitat den entscheidenden »Beweis« für die Behauptung, dass es sich bei den Moscheen mit Minaretten nicht einfach um religiöse Gebäude handeln würde, sondern um Symbole des erobernden, expansiven Islam. Es handelt sich um ein Beispiel klassischer und wirksamer Propaganda. Das Zitat stammt aus einem Gedicht, das dem Soziologen und nationalistischen Denker Ziya Gökalp († 1924) zugeschrieben wird. Der heutige türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdog˘an war ab 1994 Oberbürgermeister von Istanbul für die islamistische Refah-Partei von Necmettin Erbakan; er zitierte das Gedicht 1997 bei einer Rede in Siirt (Südostanatolien). Er wurde dafür 1998 wegen Volksverhetzung zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt, von denen er vier Monate im Gefängnis von Kayseri absitzen musste (cf. Van Gent 2008, 117). Die Rede und das Zitat standen im Kontext des innenpolitischen Machtkampfes zwischen den Kemalisten und der Partei des politischen Islam (Refah) in der Türkei. Die ideologische Operation besteht darin, das Zitat aus dem historischen und innenpolitischen Kontext zu reißen und auf die Situation der türkischen Arbeitsmigranten in Westeuropa zu beziehen. Das Erdogan-Zitat soll als Beweis für eine Verschwörung der Islamisten dienen, die die westlichen Demokratien unterwandern wollen und deren Zeichen die Moschee mit Minarett sei.

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»Minarette passen nicht in unser abendländisches Landschaftsbild und haben in Vorarlberg nichts verloren. Sie sind Symbole fundamentalistischer Moslems, für die die Vorarlberger Bevölkerung kein Verständnis hat. (…) Die hauptsächlich aus Zuwanderern bestehende islamische Glaubensgemeinschaft in Vorarlberg versucht mit einer Salami-Taktik der Vorarlberger Urbevölkerung ihre Kultur auf das Auge zu drücken.«513

Am 19. Jänner 2008 wurde Landeshauptmann Herbert Sausgruber in einem Interview (Radio Vorarlberg) zum Moscheeprojekt befragt. Er stellte fest, dass nicht nur Parteien wie die FPÖ oder das BZÖ in dieser Sache polarisieren würden, sondern auch »einzelne Gruppen im Migrantenbereich«. Er bestreite nicht das Recht, eine Liste zu bilden und zur Wahl anzutreten – er sehe aber das Problem, dass sich eine Liste wie die NBZ mit Forderungen bei ihren potentiellen Wählern positionieren müsse, was die gesellschaftliche Polarisierung verstärke. Er bestätigte die Absicht, die Raumordnungsgesetze so zu ändern, dass dadurch eine Kooperation zwischen den Antragsstellern und den Gemeindebehörden notwendig werde. Die Novelle würde ein Veto der Landesregierung gegenüber einer Entscheidung der Gemeinde ermöglichen. Der Zeitpunkt und die Gestaltung einer neuen Moschee sollten letztlich von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert werden.514 Für die FPÖ ging diese Änderung, die von der ÖVP geplant wurde, nicht weit genug – die Regierung sollte der »Islamisierung« Grenzen setzen, andernfalls würde die FPÖ eine Volksbefragung zu diesem Thema in Vorarlberg initiieren.515 Am 23. Jänner veranstaltete Radio Vorarlberg in der Remise Bludenz ein »Bürgerforum« unter dem Titel »Minarett in Bludenz – ein Kulturschock?« – die erste öffentliche Diskussionsveranstaltung zum Thema Moscheebau in Bludenz. Am 1. Februar trat in Bludenz eine Arbeitsgruppe zusammen, bestehend aus Vertretern der Stadtverwaltung, aus IntegrationsexpertInnen, von ATI˙B sowie der »Türkischen Plattform«, um das Bludenzer Moscheeprojekt zu besprechen. Die Plattform wurde 2003 gegründet und vereinigt 45 türkische und türkischstämmige Vereine in Vorarlberg; Sprecher ist Attila Dincer. Dieses Treffen war von Bürgermeister Josef Katzenmayer bereits im Herbst 2007 initiiert worden, nachdem er vom Verein ATI˙B Bludenz über die Pläne informiert worden war – d. h. Monate bevor das Bauprojekt zu einem landesweiten Politikum gemacht 513 »BZÖ startet Petition gegen Minarette«: Vorarlberg ORF.at, 18. 1. 2008. Internetquelle: http://vorarlberg.orf.at/stories/250445 (Zugriff 6. 8. 2010). 514 »Bludenzer entscheiden selbst über Minarette«: Vorarlberg ORF.at, 19. 1. 2008. Internetquelle: http://oesterreich.orf.at/vorarlberg/stories/250717 (Zugriff 6. 8. 2010). Siehe auch das Interview mit Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber : »Muslime zur Kooperation zwingen«: Vorarlberger Nachrichten, 25. 1. 2008, A5. 515 »Minarett-Bau erregt Vorarlbergs Rechte«: Der Standard, 25. 1. 2008. Internetquelle: http:// derstandard.at/3196689 (Zugriff 6. 8. 2010). Vgl. Neue Freie Zeitung, 31. 1. 2008, 8.

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worden war.516 Die Arbeitsgruppe beschloss, eine Kommission für die rechtlichen und technischen Fragen des Moscheebauprojekts einzurichten. Weiters wurde von ihr angeregt, dass ATI˙B über das Projekt öffentlich informiert und eine Exkursion zu den Moscheen in Penzberg und in Miesbach (Oberbayern) organisiert wird, um sich vor Ort über diese Neubauten zu informieren und Anregungen zu holen.517 Am 25. Februar – zwei Wochen nach der ähnlichen Entscheidung der Kärntner Landesregierung – präsentierte der Vorarlberger Landeshauptmann den Vorschlag für eine Novelle des Baugesetzes und des Raumplanungsgesetzes. Sie enthält im Wesentlichen drei Maßnahmen: - Gemeindevertretungen können in Hinkunft per Verordnung festlegen, dass der Bau von Gebäuden in Wohngegenden, die von vielen Menschen besucht werden (»publikumswirksame Veranstaltungsstätten«) nur mit einer Sondergenehmigung erlaubt ist. - Die Gemeindevertretung kann durch Verordnung zusätzlich bestimmen, dass für Bauvorhaben, die für das Ortsbild besondere Bedeutung haben, vor dem Bauverfahren ein Baugrundlagenbestimmungsverfahren durchzuführen ist. Eine solche Baugrundlagenbestimmung umfasst Fragen des Ortsbildes, der Verkehrsinteressen, der Stellplätze, der Größe eines Gebäudes usw., die bisher von der Gemeindevertretung nur für ein bestimmtes Gebiet vorgeschrieben werden konnten, nicht für eine bestimmte Art von Gebäude. - Die Landesregierung kann durch Verordnung festlegen, dass in Bauverfahren bei bestimmten Vorhaben, die das Orts- oder Landschaftsbild besonders berühren, ein Amtssachverständiger des Landes eingeschaltet wird. Gegen eine Baugenehmigung durch die Gemeinde kann die Landesregierung eine Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einlegen. Es wurde also kein generelles explizites Bauverbot für Minarette – wie durch die Schweizer Anti-Minarett-Initiative – vorgeschlagen, das verfassungswidrig wäre; man schuf jedoch faktisch die rechtlichen Möglichkeiten, um den Bau von 516 Interview Dr. Grabherr, 5. 3. 2009. 517 Die Moschee des »Türkisch-Islamischen Kulturvereins« in Miesbach wurde 2007 eröffnet. Das architektonisch innovative »Islamische Zentrum« in Penzberg wurde von dem aus Bosnien stammenden Architekten Alen Jasarevic entworfen und im Herbst 2005 eröffnet. Es bildet ein herausragendes Beispiel für eine zeitgenössische europäisch-islamische Sakralarchitektur (siehe dazu Jasarevic 2009). Das Gebäude hat ein flaches Dach, keine Kuppel, und ein von innen beleuchtetes transparentes Minarett. Im Rahmen des Moscheeprojekts wurde die Frage eines geschlechtergerechten Zugangs intensiv diskutiert. Das Ergebnis war, dass man auf die traditionellen getrennten Eingänge für Männer und Frauen verzichtete und einen gemeinsamen Eingang zum Hauptgebäude schuf (cf. Beinhauer-Köhler 2010, 37). Die beiden symbolischen Türflügel, die den Eingang umrahmen, tragen die erste Sure des Korans in arabischer und deutscher Sprache.

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Moscheen mit Minaretten auf der Ebene der Gemeindevertretung und zusätzlich auf der Landesebene verhindern zu können. Während die Gesetzestexte die Begriffe »Moschee« und »Minarett« vermeiden, waren die begleitenden Stellungnahmen der Landespolitiker explizit: Der Landeshauptmann sprach von »einem klaren Signal in Richtung eines Einbremsens der Minarettpläne«, das »nicht nur richtig, sondern auch notwendig« sei. FPÖ-Obmann Egger meinte, »Vorarlberg habe nun jenes engmaschige Netz gesponnen, durch das kein Minarett mehr rutschen könne«.518 In einer Studio-Diskussion in der Fernsehsendung »Vorarlberg heute« im März 2008 mit Landesrat Schwärzler erklärte Adnan Dincer, der Vorsitzende der NBZ, dass Minarette für die islamische Praxis seiner Meinung nach nicht notwendig seien.519 Zusätzlich stellte die Liste in einer Presseaussendung am 12. März klar, dass das Thema Minarette keine Frage der neuen Partei bilden werde.520 Die Intervention des katholischen Diözesanbischofs Am 18. März 2008 intervenierte der römisch-katholische Bischof der Diözese Feldkirch, Elmar Fischer, im Kontext dieses gespannten öffentlichen und politischen Klimas in Form einer Presseaussendung. Er räumte darin ein, dass die österreichischen Religionsgesetze den Bau von Moscheen erlauben würden. »Es ist jedoch ein Erfordernis des menschlichen Respekts, dass eine Volksgruppe, die neu ist in einem Land, zunächst ein Maß an Integration realisiert, die für die ansässige Bevölkerung Bekanntheit und Zusammenwirken signalisiert. Es kann nicht die angemessene Vorgangsweise sein, im Bereich des religiösen Lebens Bauwerke durch gesetzlich möglichen Druck umzusetzen. Es wäre dies eine Vorgangsweise, die in unserem demokratischen Land in harter Gangart Möglichkeiten nützte, die in islamisch dominierten Ländern meist strikt unterbunden sind. Schon über Jahre nützen die Muslimen im Land ihre Gebetsräume. Die Bevölkerung hier hat dies ohne Widerstände akzeptiert. Moscheen mit Minaretten wären eine Provokation und krasse Gefährdung des sozialen Friedens, entsprechen nicht der Denkweise des überwiegenden Teils der Vorarlberger Bevölkerung.«521

Bischof Fischer kritisiert, dass Muslime versuchen würden, durch »Druck« und durch »eine harte Gangart« Moscheen mit Minaretten in Vorarlberg zu errich518 »Land bremst Minarett-Pläne«, Vorarlberg Online, 25. 2. 2008. Internetquelle: http:// www.vol.at/news/vorarlberg/artikel/land-bremst-minarett-plaene/cn/news-20080225-065 12011 (Zugriff 7. 8. 2010). 519 »Dincer : ›Wir brauchen keine Minarette‹«: Vorarlberg ORF.at, 11. 3. 2008. Internetquelle: http://vorarlberg.orf.at/stories/262965 (Zugriff 6. 8. 2010). 520 NBZ, Presseaussendung, 12. 3. 2008. 521 Bischof Elmar Fischer : Stellungnahme »Streitfrage Moschee«, 18. 3. 2008. Internet: http:// activepaper.tele.net/vntipps/Bisch-Minarett.pdf (Zugriff 1. 4. 2008).

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ten. Zum damaligen Zeitpunkt gab es allerdings nur Absichten eines Moscheevereins, einen Neubau in Bludenz zu errichten und Gespräche des Vereins ATI˙B mit der Stadt Bludenz darüber. Bereits drei Wochen vorher, am 26. 2. 2008, hatte Bischof Fischer eine Stellungnahme unter dem Titel »Neue Ära: Zusammenleben von Christen und Muslimen in Vorarlberg« veröffentlicht. In diesem Schreiben werden im Zusammenhang mit dem Moscheebau in Vorarlberg bereits ähnliche Überlegungen angestellt. So heißt es in dem Schreiben: »Zur aktuellen Frage eines Moscheebaus gibt das Religionsrecht grundsätzliche Auskunft. Zu den Bedingungen für einen solchen Bau zählt, dass die Haltung der Gesamtgesellschaft zu berücksichtigen ist.«522

Die Aussage des Textes ist missverständlich: Er insinuiert, die Zustimmung der Bevölkerung zu einem Moscheebau sei im Religionsrecht als Bedingung dafür verankert – was nicht zutrifft. Mit der Stellungnahme vom 18. März meldete der Feldkircher Bischof öffentlich einen direkten Dissens mit dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Schönborn, an. Er nahm in dem Schreiben ausdrücklich Bezug auf die Erklärung des Kardinals zwei Tage vorher, am 16. März, in einer ORF-Fernsehsendung (»Pressestunde«) am Palmsonntag. In der Sendung wurde der Kardinal gefragt, ob man Muslimen erlauben sollte, Moscheen zu bauen. Der Kardinal unterstrich das Recht der Muslime, Moscheen zu bauen: Die Religionsfreiheit garantiere nicht nur die private Religionsausübung, sondern auch die öffentliche. »Es ist daher nicht einzusehen, warum Muslime bei uns nicht im Rahmen der bestehenden und selbstverständlich auch für sie geltenden Bauordnungen Moscheen mit Minaretten bauen dürfen.« Und weiter : »In Wien haben wir eine Moschee mit Minarett. Wo ist das Problem? Ich sehe es nicht.« Er sehe sich selbst »ganz auf dem Boden der österreichischen Verfassung.«523 Mustafa PaÅali, damals ATI˙B-Koordinator für Vorarlberg, sprach angesichts der Aussagen von Bischof Fischer von einer Enttäuschung: »Äußert ein Mann auf der Straße seine Meinung, ist das in Ordnung, wenn aber ein Bischof so seine Meinung äußert, dann ist es für uns gefährlich.«524 Das BZÖ Vorarlberg begrüßte die Stellungnahme von Bischof Fischer : »Dies ist eine wichtige Stimme gegen den expansiven und aggressiven Islamismus.«525. Ebenso begrüßte der Bundesobmann der FPÖ Heinz Christian Strache die Aussagen des Feldkircher 522 Diözese Feldkirch, Pastoralamt, Pressebüro: »Neue Ära: Zusammenleben von Christen und Muslimen in Vorarlberg«, 29. 2. 2008. 523 ORF, Pressestunde, 16. 3. 2008. Siehe die Berichterstattung Standard, 17. 3. 2008, News, 17. 3. 2008, Kleine Zeitung, 18. 3. 2008, Die Presse, 17. 3. 2008. 524 »Der Bischof hat mich enttäuscht« (Interview): Echo, 04/2008, 10. 525 OTS 0206, 18. 3. 2008, »Hagen: BZÖ-Vorarlberg begrüßt Aussagen von Bischof Fischer zu Minaretten«.

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Bischofs, gleichzeitig kritisierte er Kardinal Schönborn in einer Aussendung scharf: Seine Aussagen gegen ein Moscheeverbot seien ein Fall von »fahrlässiger gesellschaftspolitischer Kurzsichtigkeit«.526 Ebenso wurde Kardinal Schönborn wegen seiner Aussage von BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz attackiert, der dessen Amtstauglichkeit in Frage stellte. Damit hatte die Politisierung des Bludenzer Moscheevorhabens – ein konkretes, eingereichtes Bauprojekt existierte noch gar nicht – die politische und kirchliche Bundesebene erreicht. Einen Dissens mit der Position des Kardinals brachte auch der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng zum Ausdruck, einen Tag nach der Stellungnahme seines Amtskollegen in Feldkirch. In einem Interview am 19. März stellte er fest, dass in vielen islamischen Ländern keine Kirchen gebaut werden dürften. »Und da frage ich mich, ob Moslems auf den Bau einer Moschee bei uns nicht freiwillig verzichten sollten, solange diese Situation anhält.«527 Im Gegensatz dazu setzte sich der Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz im Zusammenhang mit dem Moscheebau für die Respektierung der Religionsfreiheit in Österreich ein.528 Das Thema Islam machte den Riss zwischen den Flügeln innerhalb der Bischofskonferenz und der katholischen Kirche sichtbar – zwischen Gruppen, die sich an den offiziellen, lehramtlichen Neubestimmungen des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Haltung gegenüber dem Islam und zur Religionsfreiheit orientieren und jenen, die diese Position nicht rezipiert haben oder offen ablehnen. Ungewöhnlich war, dass der Dissens zwischen den österreichischen Bischöfen in diesem Fall in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde. Beunruhigt von den Stellungnahmen der Bischöfe Fischer und Küng veröffentlichten mehrere prominente Persönlichkeiten der katholischen Kirche am 7. April einen offenen Brief an Bischof Elmar Fischer, unter ihnen mehrere Professoren der Katholisch-Theologischen Fakultät Innsbruck, der Dekan der Wiener Theologischen Fakultät sowie Mitglieder der Plattform Christen-Muslime in Wien. Man befürchtete einen Dammbruch unter dem Druck der islamfeindlichen Kreise innerhalb der katholischen Kirche, was die dialogische Haltung der katholischen Kirche gegenüber den Muslimen betrifft. Im Brief erinnerten die Unterzeichner Bischof Fischer an die offizielle, lehramtliche Haltung der katholischen Kirche gegenüber den Muslimen, wie sie das Zweite Vatika526 »Minarett-Verbot: Strache kritisiert ›fahrlässigen‹ Kardinal«: Die Presse, 19. 3. 2008. Internetquelle: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/370918/index.do (Zugriff 7. 8. 2010). 527 »Bischof Klaus Küng spricht sich gegen Minarette aus«: vol.at/news, 19. 3. 2008. Internetquelle: http://www.vol.at/bischof-klaus-kueng-spricht-sich-gegen-minarette-aus/news-20 080319-07071045 (Zugriff 7. 8. 2010); s.a. Salzburger Nachrichten, 19. 3. 2008. 528 »Bischof Ludwig Schwarz: ›Schluss mit der Minarett-Debatte‹«: religion ORF.at, 27. 3. 2008. Internetquelle: http://religion.orf.at/projekt03/news/0803/ne080327_minarett_fr.htm (Zugriff 29. 8. 2010).

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nische Konzil erklärt hat: »Mit Wertschätzung betrachtet die Kirche auch die Muslime« (Nostra aetate 3), die »mit uns den einzigen Gott anbeten« (Lumen gentium 16). Im Text wird die Tatsache erwähnt, dass 1995 in Rom eine große Moschee eröffnet wurde und dass der Papst anlässlich der Eröffnung dies als »Zeichen der Religionsfreiheit« der Muslime und als »volle Achtung ihrer Gewissensfreiheit« würdigte. »Wenn also eine Moschee in Rom möglich ist, sollte sie in Bludenz unmöglich sein?« Am Schluss stellen die Unterzeichner fest: »In unserer Sicht sind es nicht die Muslime, die den sozialen Frieden gefährden, wenn sie dieses in der Verfassung verankerte und von der katholischen Kirche in Dignitatis humanae verteidigte Recht in Anspruch nehmen, sondern jene politischen Gruppierungen in ganz Europa, die gegen den Islam hetzen und eine vorhandene Islamangst und -feindlichkeit noch weiter schüren, um sie gezielt für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren.«529

Bischof Fischer antwortete schon eine Woche später, am 15. April, in einem offenen Brief unter dem Titel »Christen und Muslime in Vorarlberg. Ein ernsthafter Dialog ist gefordert«. Darin geht der Bischof nicht auf den Inhalt des Briefes ein, sondern stellte seinerseits die Frage an die Unterzeichner, warum sie nicht jene kritischen Fragen angesprochen haben, die der Bischof mit den Muslimen diskutieren wolle, u. a. ihr Bekenntnis zu den Menschenrechten, die »Versuchung, religiöse Symbole (z. B. Moscheen, Minarette) als Macht- und Herrschaftssymbole zu errichten« und über die Religionsfreiheit in islamischen Ländern.530 Zum Priestertag am 7. Mai 2008 lud Bischof Fischer mit dem katholischen Theologen MMag. Wolfram Schrems einen Referenten zum Thema »Islam – Probleme und Lösungen« ein, der aus dem Umfeld eines extrem islamfeindlichen Arbeitskreises »Gefahr Islam« des »Wiener Akademikerbunds« stammt.531 Am 29. Mai bekräftigte Diözesanbischof Fischer im ORF Radio Vorarlberg seine Haltung: Die Vorarlberger würden es seiner Meinung nach nicht ertragen, wenn jetzt eine Moschee gebaut werden würde. »Die Vorarlberger wollen zunächst die Leute kennenlernen, das kennt man allgemein in Vorarlberg, nicht? Und wenn sie jemanden kennenlernen und wissen, das ist ein verlässlicher Mensch, dann sind sie auch aufgeschlossen«.532

529 »Man soll suchen, was vereint«: Der Standard, Kommentar der anderen, 9. 4. 2008. Internetquelle: http://derstandard.at/3294791 (Zugriff 7. 8. 2008). Berichterstattung: Vorarlberger Nachrichten, 8. 4. 2008, A7. 530 »Muslime und Christentum: Fragen von Bischof Fischer«, Der Standard, Kommentar der anderen, 17. 4. 2008. Internetquelle: http://derstandard.at/3305245 (Zugriff 7. 8. 2010). Berichterstattung: Vorarlberger Nachrichten 18. 4. 2008, A6. 531 Zur Rolle von MMag. Schrems im Konflikt um den Moscheebau in Bad Vöslau s. Kap. V.3. 532 »Bischof erneuert ablehnende Haltung«: Vorarlberg ORF.at, 29. 5. 2008. Internet: http:// vorarlberg.orf.at/stories/281416 (Zugriff 11. 8. 2010).

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Die Landtagsdebatte zur Änderung des Baugesetzes am 9. 4. 2008 Der Antrag auf Änderung des Bau- und Raumplanungsgesetzes wurde in der Sitzung des Vorarlberger Landtags am 9. April 2008 diskutiert und beschlossen. Die Gesetzesänderung erfolgte sehr rasch, ohne Begutachtungsphase, in Form eines »Selbständigen Antrags« der Regierungskoalition. ÖVP-Klubobmann Dr. Rainer Gögele eröffnete die Ausführungen: »Die politische Debatte in den letzten Wochen und Monaten ist sehr stark von der Auseinandersetzung um die Möglichkeit der Errichtung von Moscheen und Minaretten dominiert worden. Es ist dabei deutlich geworden, dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung, je nach Abfrage drei Viertel oder mehr, in unserem Lande in dieser Sache eine ganz eindeutige Auffassung vertritt. Sie lässt sich so zusammenfassen, dass größte Skepsis herrscht, ja eigentlich, wenn die Dinge nicht schöngeredet werden, dass die Bevölkerung derartige Bauten stark mehrheitlich nicht will. Es muss erlaubt sein zu fragen, warum diese Debatte gerade jetzt so sehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses getreten ist. Das Thema an und für sich ist ja seit vielen Jahren bekannt. Und da gibt es schon ein paar auffällige Vorgänge. Zum einen hat sich im Blick auf die in eineinhalb Jahren anstehende Landtagswahl eine Gruppe von Menschen mit migrantischem Hintergrund zu Wort gemeldet und ihre Kandidatur in Aussicht gestellt, zum anderen sind fast zeitgleich Absichten bekannt geworden, konkrete Moschee- bzw. Minarettbauten zu realisieren. Dies hat zu erheblichen Polarisierungen geführt, die eine wirklich sachliche Debatte extrem erschweren bzw. sogar verunmöglichen. Gefordert ist Dialog, nicht Polemik, gefordert ist Beruhigung, nicht Eskalation.«533

Als Begründung für die gesetzlichen Änderungen führte er weiter aus: »Hinsichtlich der Notwendigkeit dieser Änderungen habe ich bereits dargelegt, wie wir die Dinge sehen. Als Ergänzung füge ich hinzu, dass nach unserer Überzeugung die Integrationsbemühungen in unserem Lande auf einem guten, ja einem sehr guten Wege sind, allerdings sind neben den Interessen derer, die zu uns kommen und hier bleiben wollen, auch die Interessen unserer Stammbevölkerung angemessen zu berücksichtigen und zu achten. Dies halten wir für einen Auftrag an die Politik, dem wir heute nachkommen.«

Der ÖVP-Klubobmann nennt in diesem Redebeitrag als Grund für die Änderung des Bau- und Raumplanungsgesetzes den Willen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung bzw. »die Interessen unserer Stammbevölkerung«. Hier stößt man auf den politischen und rechtlichen Kern der Auseinandersetzung in der modernen, liberalen, rechtstaatlichen Demokratie: die Spannung zwischen den Grundrechten aller (u. a. das Recht auf freie Religionsausübung) und dem Willen der nationalen Mehrheit, zwischen Rechtsstaat und Demokratie. Gleichzeitig existieren zur Frage des Willens der Mehrheit in diesem Fall keine empirischen 533 Vorarlberger Landtag, Parlamentarische Materialien, Protokoll der 3. Sitzung des 28. Vorarlberger Landtages im Jahr 2008 am 9. April 2008. Internetquelle: http://www.vor arlberg.at/landtag/landtag/parlamentarischematerialien (Zugriff 7. 8. 2010).

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Daten. Im Jänner 2008 wurde im Zuge der Diskussion eine Tele-Dialog-Umfrage (TED) zur Frage »Sollen Minarette in Vorarlberg gebaut werden dürfen?« in der Sendung Vorarlberg heute durchgeführt. Sie ergab, dass 92 % von 20.965 Anrufern gegen den Bau von Minaretten in Vorarlberg waren, 8 % dafür.534 Diese Umfragen sind aber nicht repräsentativ.535 Erneut wird die Moscheefrage mit dem geplanten Antreten der Migrantenliste verknüpft: Gögele konstatiert einen »auffälligen« Zusammenhang zwischen dem geplanten Antreten der Liste NBZ und dem geplanten Moscheebau in Bludenz. FPÖ-Klubobmann Ing. Fritz Amann führte in seiner Rede u. a. aus: »Es geht dann eben natürlich nicht, wenn man von Religionsfreiheit redet und dabei vergisst, dass es um den Islamismus gegen die Aufklärung Europas geht. Das ist nicht Religion! Es kann nämlich nicht sein, dass jene, die den Islamismus in einer Art der Scharia hier gelebt wissen wollen, das ein – die Scharia ist ein Gesetz über alle Lebensbereiche – Gesetz ist, Religion kann nicht Gesetz sein, diese Zeiten haben wir überwunden in der Säkularisierung. Und da steht es unserer Bevölkerung einfach an, wenn diese Dinge dann wieder entstehen, indem man über alle Umwege versucht Minarette als Machtsymbole dieses Islamismus, der nicht den Islam darstellt, sondern das ist eben der, der es nicht so gut, der es nicht so gut meint. (Zwischenrufe – Mag. Fritz – Dr. Sader : Wer hat konkret einen Antrag gestellt, ein Minarett bauen zu wollen – wer?!) Islamismus, Islamismus gegen Aufklärung! Und wenn Sie natürlich meinen, dass die Steinigung eine Rechtsprechung ist, ein Gesetz, das Handabhacken, wenn Sie der Meinung sind, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Islam eine perfekte Lösung darstellt, ja dann ist es auch ihnen überlassen, sich in der Türkei wohler zu fühlen als bei uns. Und das kann es bitte (Zwischenrufe), das kann es bitte nicht sein. Wir haben uns (Zwischenrufe), wir haben uns dazu durchgerungen, dass wir in der Aktion, die in Bludenz im Entstehen ist, dass nämlich eine Moschee mit einem Minarett gebaut werden soll, irgendwo still und heimlich aufbereitet mit guten Plänen, die schon seit Jahren auf dem Tisch liegen, gemeint haben, da müssen wir jetzt etwas tun. Wir sehen hier in dieser Aktion die Überschreitung einer Grenze und dafür stehen 534 »Überwiegend positive Reaktionen zu Minarett«: Vorarlberg ORF.at, 16. 1. 2008. Inter netquelle: http://vorarlberg.orf.at/stories/249932 (Zugriff 11. 8. 2010). 535 Aussage des Meinungsforschers Edwin Berndt: »Minarette nicht erwünscht«, Vorarlberger Nachrichten, 21. April 2008. Im Artikel werden die Ergebnisse seiner Umfrage zum Thema Minarettbau in Vorarlberg vorgestellt: 65 % der Befragten sind grundsätzlich und generell gegen die Errichtung von Minaretten, 5 % sind grundsätzlich dafür, 24 % sind für eine Errichtung an Orten, wo sie nicht stören (in Randlagen, Industrie- und Gewerbezonen), 4 % ist es egal. Die grundsätzliche Ablehnung ist in kleinen Gemeinden (weniger als 3000 Einwohner) mit 70 % stärker als in Städten (59 %). Der höchste Anteil an einer grundsätzlichen Ablehnung findet sich unter FPÖ und BZÖ-Sympathisanten (77 %), gefolgt von ÖVP (69 %), SPÖ (67 %) und Grüne/Andere (42 %). Umgekehrt sind die meisten Befürworter unter den Grün-Sympathisanten (10 % grundsätzlich für die Errichtung), gefolgt von SPÖ (6 %), ÖVP (4 %), FPÖ/BZÖ (2 %). Quelle: Archiv der Projektstelle okay zusammen leben, Dornbirn.

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wir Freiheitliche, dass wir natürlich all diesen Anfängen, dass man sich hier diesen Anfängen einer Angst, die in der Bevölkerung vorherrscht, aus welchen Gründen auch immer – sie ist da (Zwischenruf Pircher: Ja, die wird ja geschürt von Euch, deswegen ist sie da!), zwei Drittel der Vorarlberger haben gesagt, ›wir wollen das nicht‹, dann haben wir einen Auftrag als politische Mandatare, zum Sprachrohr dieser Bürger zu werden.«536

Im Beitrag von Amann wird dem Islam der Status einer Religion abgesprochen; damit wird der Grundsatzfrage der Religionsfreiheit ausgewichen. Er unterscheidet einerseits zwischen »Islam« und »Islamismus« (»dieses Islamismus, der nicht den Islam darstellt«), andererseits verwendet er beide Begriffe synonym. Er behauptet, dass es sich im gegenständlichen Fall – einem geplanten Bau einer Moschee in Bludenz – um »Islamismus« handle, diese Behauptung wird aber nicht begründet. In seinem Beitrag führte Ing. Dietmar Alge (ÖVP) u. a. aus: »Ohne Vernunft sind religiösem Fanatismus Tür und Tor geöffnet, das sehen wir unter anderem auch am Islam. Aber jede Religion trägt einen kriegerischen Kern in sich, weil sie die Wahrheit für sich beansprucht und in die Welt hinaustragen will. Jede Religion, wenn sie nicht durch Vernunft geregelt oder gebremst wird, richtet sich letztendlich immer gegen den Menschen. Auch die Katholische Kirche hat die Aufklärung und das Zweite Vatikanische Konzil gebraucht, um neben der eigenen Wahrheit auch die Religionsfreiheit anzuerkennen. Andere Religionen sind noch lange nicht so weit. Der Hinduismus galt lange Zeit als Friedensreligion. Wie es in Teilen Indiens zuging und heute noch zugeht sehen wir. Der Buddhismus ist mit Gewalt in Japan eingeführt worden. Ganz zu schweigen von den Verbrechen des Islam in jüngster Zeit. Was macht den Islam so gefährlich? Er ist vor allem politisch motiviert. Er hat die Aufklärung im laizistischen Sinne, also die strenge Trennung von Religion und Staat, nicht vollzogen. Die Anführer pfeifen auf die Rechte des Menschen als Geschöpfe Gottes. Die IslamKonferenz hat sich die weltweite Islamisierung zum Ziel gesetzt, auch die Europas, und sie sind damit schon sehr weit vorangeschritten. In Neapel wird gerade die zweitgrößte Moschee Europas gebaut, die größte steht in Rom, auch in Kroatien werden überall Moscheen errichtet. Ich möchte als Europäer aber nicht vom Islam überfahren werden. Diese Gefahr besteht so lange, wie wir den Fehler machen, unser aufgeklärtes Religionsverständnis auf den Islam zu übertragen.«537

In der Landtagsdebatte wurde einzig von der Rednerin der Grünen, Mag. Karin Fritz, auf die normativen Grundlagen der Auseinandersetzung um Moscheeund Minarettbauten klar Bezug genommen und das Grundrecht der Muslime auf Religionsfreiheit ohne Vorbehalte verteidigt. Sie erinnerte daran, dass der Islam in Österreich bereits seit 1912 staatlich anerkannt ist und betonte, dass die 536 Vorarlberger Landtag, Parlamentarische Materialien, Protokoll der 3. Sitzung des 28. Vorarlberger Landtages im Jahr 2008 am 9. April 2008. Internetquelle: http://www.vor arlberg.at/landtag/landtag/parlamentarischematerialien (Zugriff 7. 8. 2010). 537 Ibid.

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religiöse Freiheit auch die öffentliche Ausübung des Glaubens umfasse: »Und zu einem Grundrecht, wie es die Religionsfreiheit ist, zählt es auch, äußerlich, diesen Glauben äußerlich sichtbar auszuüben durch etwa den Bau von Sakralbauten.« In seiner Reaktion darauf bestritt Landesrat Schwärzler, dass das Minarett unter die Religionsfreiheit falle: »Die Religionsfreiheit verlangt aber kein Minarett, das steht nirgends geschrieben.« Das Thema Religionsfreiheit nahm in der Rede von Landeshauptmann Sausgruber einen wichtigen Platz ein. Er betonte, dass man selbstverständlich für die Religionsfreiheit sei. Er schränkt aber ein: »Das heißt nicht, dass jeder tun kann, was er will.« Am Ende seiner kurzen Rede kommt er noch einmal auf das Thema zu sprechen. Er erwähnt die Grenzen der Religionsfreiheit, die sich durch die Verfassung, die Rechtsordnung und die Verfassungswerte ergeben würden. Sausgruber distanziert sich von einer Pauschalverdächtigung der Muslime und der Unterstellung, eine Mehrheit unter ihnen würde »die extreme Form der Gewaltbereitschaft von Terroristen« unterstützen. Aber man dürfe nicht naiv sein. Es gebe »… Religionsauffassungen und Zugänge von Gruppen (…), die im Ergebnis mit unseren Verfassungsauffassungen nicht vereinbar sind, und zwar nicht nur im Zusammenhang (…) mit den Rechten der Frau, aber auch dort.«

Es wird nicht direkt ausgeführt, was diese Einschätzung mit dem Thema Moschee und Minarett zu tun hat. Es wird in den Raum gestellt, dass diese »Gruppen« auch hinter den Moscheeplänen in Vorarlberg stehen könnten und es deswegen nötig sei, mit der Verschärfung des Baugesetzes eine Art symbolisches Stoppschild zu errichten. Explizit wurde diese Begründung für die baurechtlichen Maßnahmen von FPÖ-Landesrat Dieter Egger in seinen zwei Redebeiträgen ausgesprochen: »… es war höchst an der Zeit, höchst an der Zeit, dass man auch dem ausbreitenden Fundamentalismus, der von der Türkei ausgeht, der auch in unserem Land mittlerweile durchaus ernste Formen angenommen hat, Einhalt gebietet.«

Sein zweiter Beitrag geht in die gleiche Richtung: »Wir müssen den Fundamentalisten, die nicht die große Mehrheit sind, die es aber gibt und die eine zunehmend größere Gruppe werden, Grenzen aufzeigen, ganz klare Grenzen aufzeigen.«

Analyse der Diskursstrategie in der Landtagsdebatte Von Beginn der politischen Debatte wird von der Landes- ÖVP und der FPÖ ein bestimmter Deutungsrahmen (framing) angewendet, in den der geplante Moschee- und Minarettbau in Bludenz gestellt wird. Er wird in der Öffentlichkeit als Konfrontation, als Kampfansage fundamentalistisch orientierter Gruppen unter der muslimischen Bevölkerung kommuniziert, die mit harten Maßnahmen

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beantwortet werden müsse. Die Ankündigung der NBZ, bei der Landtagswahl 2009 zu kandidieren (was dann nicht erfolgte), wird in den gleichen Rahmen gestellt und mit dem Minarett-Thema verquickt. Man konstruiert eine imaginäre Bedrohung durch Muslime, in unterschiedlichen Abstufungen: vom »Islamismus«, der die Scharia in Vorarlberg einführen will und dessen Machtsymbole Minarette seien (Ing. Fritz Amann, FPÖ), der »Islam-Konferenz«, »welche jährlich neu ›die weltweite Islamisierung‹ sich zum Ziel setzt« (Ing. Dietmar Alge, ÖVP), über die Ausbreitung eines türkisch-islamischen »Fundamentalismus« in Vorarlberg (Landesrat Dieter Egger, FPÖ) bis zur Andeutung der Existenz von »Gruppen«, die mit der Verfassung im Widerspruch stehen würden (Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber, ÖVP). Die zentrale Diskursstrategie besteht darin, das Thema auf die Ebene einer Auseinandersetzung zwischen der säkularen Demokratie und dem demokratiefeindlichen Islamismus zu verschieben. Man entzieht sich dadurch der Diskussion der politischen, rechtlichen und moralischen Problematik, dass man zugunsten einer assimilatorischen Politik, was den Bau religiöser Bauten der Muslime in Vorarlberg betrifft, und zugleich eines strategisch-taktischen parteipolitischen Kalküls – der Instrumentalisierung der Islamangst und -feindlichkeit – in Kauf nimmt, die Menschenrechte von Vorarlberger Bürgerinnen und Bürgern muslimischer Zugehörigkeit und türkischer Herkunft zu verletzen. Man entzieht sich mit dieser Diskursstrategie der Tatsache, dass es im Fall des Moschee- und Minarettbaus in Vorarlberg um die Frage der Gewährung des verfassungsrechtlich garantierten Grundrechts auf Religionsfreiheit gegenüber einer religiösen Minderheit durch Organe des säkularen Staates geht, der zur religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtet ist. Ginge es um eine sachgemäße, normativ orientierte Diskussion über den Moschee- und Minarettbau in Vorarlberg, dann wäre eine gesetzliche Regelung, die ihn wenn nicht verbieten, so doch verhindern soll, nicht begründbar, ohne gegen die universalistischen Prinzipien der Bundesverfassung zu verstoßen, u. a. gegen die Freiheit der öffentlichen Religionsausübung, den Gleichheitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot.538 Von den rechtlichen Grundlagen her steht fest, dass die Errichtung von religiösen Gebäuden wie Moscheen und Minaretten unter den Schutzbereich des Grundrechts der Religionsfreiheit – in Form der externen Religionsfreiheit (forum externum) – fällt.539 538 Siehe dazu die Stellungnahme des Verfassungsjuristen Prof. Bernd-Christian Funk zur Neuregelung der Bauordnung im Bundesland Kärnten: »Moscheen-Verbot: Sechsfach verfassungswidrig«: Die Presse, 18. 2. 2008, 6; ebenso die Stellungnahme des Religionsrechtlers Dr. Wolfgang Wieshaider (Universität Wien): »Von Minaretten in der Kärntner Landespolitik«: Die Presse, 19. 2. 2008. 539 S. Kap V.4. – Diese Auffassung wird u. a. von Frau Universitätsprofessor Dr. Katharina Pabel, Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, Johannes Kepler Universität Linz,

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Die Diskussion wird deswegen auf eine ideologische Ebene des »clash of civilizations«, des Konflikts zwischen Islamismus und Demokratie verschoben, die die öffentlichen Debatten im Westen seit den 1990er Jahren prägt: Gegen den politischen Anspruch islamistischer Gruppen, einen islamischen Staat auf Basis der Scharia zu errichten, habe sich die säkulare westliche Demokratie zur Wehr zu setzen. Der Verein ATI˙B Bludenz qua muslimische Organisation wird dem Islamismus zugeordnet, ohne diese Klassifizierung begründen zu können und rechtfertigen zu müssen. Das Muster, eine Minderheit als gefährlich und als feindlich gegenüber der Mehrheit zu stigmatisieren, um ihre Diskriminierung rechtfertigen zu können, ist aus der Geschichte des Antisemitismus bekannt. Seinen Höhepunkt erreicht der islamfeindliche Diskurs der Landtagsdebatte in dem Moment, in dem der Abgeordnete Alge zweimal von einer »Islam-Konferenz« spricht, die die Islamisierung der Welt plane. Mitten in der parlamentarischen Diskussion treffen wir unvermittelt auf die Konstruktion des »Islam« als feindliches, übermächtiges Subjekt, das exzessive Macht besitze und eine zentrale Steuerung ausübe – ohne dass in der Landtagsdebatte jemand darauf eingegangen wäre. Diese Vorstellung ähnelt der demagogischen antisemitischen Phantasie von einer drohenden jüdischen Weltherrschaft, die schon im Mittelalter entwickelt wurde, und eines geschlossenen, zentral gelenkten »Weltjudentums«, das sich gegen die »germanische Rasse« verschwören würde, wie sie im modernen rassistischen Antisemitismus fest verankert war (cf. Benz 2007, 20). Wie in der Rede des Abgeordneten Amann ist die Vorstellung der zentral gesteuerten islamischen Macht, welche die nicht-islamische Welt unterwerfen möchte, von der empirischen Realität losgelöst – einschließlich der Realität der Arbeiter aus der Türkei und ihrer Familien in Vorarlberg und des türkischmuslimischen Vereins in Bludenz, der den Anlass für die Debatte geboten hatte. Die Idee, eine islamistische Weltzentrale würde den Moscheebau in Vorarlberg steuern, ist absurd. Ihre Stärke gewinnen solche Aussagen jedoch, indem sie an tiefsitzende, paranoide Ängste appellieren, diese wachrufen wollen und für politische Interessen instrumentalisieren. Die Frage, was dieser ideologische Deutungsrahmen mit der Realität des konkreten Bauprojekts in Bludenz und des dortigen Vereins zu tun hat, kam weder in der Landtagsdebatte noch in der dominierenden politischen Debatte in ihrem Vorfeld vor. In direkter Form wurde sie bei der Landtagsdebatte nur durch einen Zwischenruf der Abgeordneten Dr. Elke Sader (SPÖ) während der ersten Rede von Klubobmann Amann angesprochen, in dem sie forderte, jenseits von Beschwörungen eines Islam-Stereotyps den konkreten Bauwerber in Bludenz in den Blick zu nehmen. Aber dieser Zwischenruf ging in der hitzigen Debatte bestätigt, die zusammen mit Universitätsprofessor Dr. Dr. Christoph Grabenwarter ein juristisches Lehrbuch zur Europäischen Menschenrechtskonvention verfasst hat (Grabenwarter/ Pabel 2012). Quelle: e-Mail-Kommunikation Prof. Pabel, 18. 10. 2012.

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unter. Der konkrete Verein ATI˙B Bludenz, um den es in der Angelegenheit geht, kommt in der Debatte gar nicht mehr vor. Bereits lange vor dem 9. April wird die landespolitische Debatte vom Bludenzer Projekt völlig abgekoppelt. Ethnopolitik arbeitet nicht mit Tatsachen, sondern mit dem Imaginären, Mythischen, das emotional stark mobilisieren kann: Im Kontext eines verhärteten islamfeindlichen Klimas in Europa wird ein mythisiertes, vages Bild einer »islamistischen, fundamentalistischen Bedrohung« auf die Vorarlberger Muslime projiziert, hinter dem die konkreten Menschen verschwinden. Die Körper verschwinden hinter dem Bild. Es wird in der Debatte niemals begründet, warum der Bludenzer ATI˙B-Verein solche Befürchtungen einer »islamistischen Gefahr« rechtfertigen würde, warum der Moscheebau in Bludenz und die NBZ als provokativer Vorstoß fundamentalistisch-muslimischer Gruppen zu bewerten wäre, die man in die Schranken weisen müsse. Bezogen auf die Situation der gesamten muslimischen Bevölkerung in Vorarlberg wies der Klubobmann der Grünen Johannes Rauch in seinem Redebeitrag in der Debatte im Landtag darauf hin, dass der jüngste Bericht der Sicherheitsdirektion Vorarlberg keinerlei Indizien für islamistische Tendenzen in Vorarlberg enthalte. Auch der »Sicherheitsbericht« der österreichischen Regierung 2007 enthielt keinerlei Hinweise auf die Tätigkeit radikaler islamistischer Gruppen in Vorarlberg.540 Der Bezug auf Tatsachen prallte an den starken Interessen einer Ethnopolitik und am ideologisierten »Wissen« über den Islam ab. Die Regierungsparteien in Vorarlberg nutzen ihre Machtposition, um den politischen Diskurs von der sachlichen Ebene (Ausbau der Infrastruktur einer religiösen Gruppe) und rechtlichen Ebene (Recht auf öffentliche Religionsausübung, Diskriminierungsverbot, Gleichheitsgrundsatz) auf die ideologische Ebene zu verschieben (fundamentalistische Gefahr), um so eine diskriminierende Maßnahme gegenüber der muslimischen Minderheit begründen, mit dem Thema Politik machen und in der parteipolitischen Konkurrenz Vorteile gewinnen zu können. Es wird Angst geschürt und ein »Feind« konstruiert, gegen den man dann vorgehen kann, um so den Wählern signalisieren zu können: ›Wir sind es, die euch vor gefährlichen »Gruppen« im Islam schützen. Wir sind es, die Moscheen effektiv verhindern.‹ Gleichzeitig müssen Unterschiede im Diskurs der FPÖ und ÖVP berücksichtigt werden: In den öffentlichen Stellungnahmen von Landeshauptmann Sausgruber zwischen Anfang Jänner und der Landtagsdebatte am 9. April wird Bezug auf die Verfassung genommen, wenn auch als »Hürde« für ein absolutes 540 Republik Österreich: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2007), Abschnitt »Islamistischer Extremismus und Terrorismus«, S. 209. Internetquelle: http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/III/III_00034/imfname_ 150708.pdf (Zugriff 27. 5. 2013).

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

Bauverbot für Minarette. Es wird noch ein gewisser Konflikt zwischen den geplanten Maßnahmen gegen den Moscheebau und den geltenden demokratischen und rechtsstaatlichen Maßstäben spürbar, während in den Ausführungen von FPÖ-Vertretern das nicht der Fall ist. Ebenso differenziert Sausgruber, indem er von bestimmten fundamentalistischen Gruppen innerhalb der Muslime spricht, während die FPÖ Islam mit Islamismus gleichsetzt, was für die Vertreter einer radikalen Islamfeindschaft charakteristisch ist. Die Landes-ÖVP musste den Spagat schaffen, diese Linie beim Moscheethema zu verfolgen und sich gleichzeitig ausreichend vom Regierungspartner FPÖ abheben zu können. *

In der Landtagssitzung vom 9. April wurden die Änderungen des Baugesetzes (LGBl 2008/34) und des Raumplanungsgesetzes (LGBl 2008/35) mit den Stimmen der ÖVP und FPÖ beschlossen.541 Ende April kündigte die FPÖ Vorarlberg eine »Anti-Minarett«-Initiative in allen Städten und größeren Gemeinden an, um die neuen Bestimmungen durchzusetzen. Die Funktionäre der FPÖ sollten die Umsetzung der neuen Regelung initiieren, die den Städten und Gemeinden nun ermöglichte, zu verordnen, dass für den Bau »publikumswirksamer Veranstaltungsstätten« vor dem Bauverfahren ein Baugrundlagenbestimmungsverfahren durchzuführen sei. Die Partei wollte offenbar weiterhin mit dem Thema Minarett im ganzen Bundesland mobilisieren und sich gegenüber dem Regierungspartner ÖVP als schärferer Moscheegegner profilieren. Landesrat Egger bezeichnete die Aktion als »Nagelprobe für die ÖVP«, die zeigen werde, »ob sie Minarette verhindern wollen oder nicht.«542 Sollten sich ÖVP-Bürgermeister gegen den Erlass einer solchen Verordnung wehren, dann wolle man diese durch eine Volksabstimmung dazu zwingen. Am 14. Juni 2008 fand die im Jänner beschlossene Exkursion zu den neuen Moscheen in Miesberg und Penzberg statt. Eine 40-köpfige Delegation aus Mitarbeitern der Stadt Bludenz und des Vereins ATI˙B besichtigte die beiden islamischen Bauten. Dabei wurde deutlich, dass der Vereinsleitung die Penzberger Moschee zu avantgardistisch und ungewöhnlich ist. Der Obmann habe beim Betreten des Gebetsraumes auf Türkisch ausgerufen: »Das sieht ja aus wie eine Kirche. Und so etwas wollt ihr wirklich?«543 Diplomatisch stellte der Ob-

541 Zusammenfassung des Inhalts der Änderungen: Baurechtliche Blätter Bd. 11 (2005) Nr. 5, 204. 542 »Egger : Nagelprobe für die ÖVP«: Vorarlberger Nachrichten 29. 4. 2008, A11. 543 Gespräch mit der Vizedirektorin des Islamischen Forums Penzberg, Frau Gönul Yerli, 23. 2. 2012, Islamisches Forum Penzberg.

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mann Hayretin Kösem danach fest, man denke eher an einen Kompromiss zwischen traditioneller und moderner Moscheearchitektur.544 Mitte August erfolgte seitens des Vereins ATI˙B Bludenz ein Kurswechsel: Volkan Deve, Jugendvertreter im Verein ATI˙B Bludenz, informierte über das Vorhaben des Vereins, um ein kleineres Projekt anzusuchen. Man plane nun einen dreistöckigen Anbau zum bestehenden Gebäude, der Platz bieten solle für zwei Gebetsräume – einer davon für die Frauen – und Räume für die Jugendlichen des Vereins. Der sieben Meter breite Zubau solle allenfalls eine kleine Kuppel haben, würde aber ohne Minarett geplant. »Ein Minarett ist kein Thema mehr.« Diese Lösung wäre so klein, dass genügend Fläche für Parkplätze auf dem Gelände übrigbleiben würde. Der Anbau sollte von Vorarlberger Architekten geplant werden.545 In einem ORF-Interview erklärte Deve: »Wir wollen nicht, dass unser Moscheenprojekt in Bludenz an einer Minarett-Diskussion scheitert; ein Minarett steht nicht im Vordergrund, uns ist wichtig, dass unsere derzeitige Moschee renoviert wird.«546

Zu einer Moschee gehöre ein Minarett, so Deve. »Wir wollen aber kein Problem daraus machen, die Moschee soll ja zu Bludenz gehören. Wenn das die Bevölkerung nicht will, wollen wir nicht dagegen angehen.«547 Für ein großes Projekt sei weder der Platz noch das Geld vorhanden. Die neuen Pläne wurden am 22. August in der Baukommission der Stadt besprochen. Die FPÖ veröffentlichte noch am Tag des Bekanntwerdens der neuen Pläne eine Presseaussendung, in der die Änderungen als Erfolg des »Kampfes« der FPÖ gegen Minarettbauten in Vorarlberg »und die damit verbundene Islamisierung« verbucht wurden. Die Verantwortlichen in Bludenz hätten »sich dem Druck beugen« müssen. »Den Bludenzern bleibt damit das Machtsymbol des Islam vor ihrer Tür erspart.«548 Diese Botschaft verbreitete die FPÖ mittels Einschaltung von Inseraten vor allem in kleinen lokalen Zeitungen bzw. Bezirksblättern, unter der Überschrift »Kein Minarett in Bludenz« sowie »Das haben wir für Sie erreicht: Minarettbau verhindert!«549 Aus Gesprächen mit Funktionären der ATI˙B-Zentrale in Wien ergibt sich aber der Hinweis darauf, dass die Zentrale die Baupläne in Bludenz (vorübergehend) gestoppt haben dürfte, weil man zu dieser Zeit parallel mit dem Moscheebau in Bad Vöslau und 544 »Moscheebau: Bludenz reist nach Penzberg«: Vorarlberg ORF.at, 15. 6. 2008. Internetquelle: http://oesterreich.orf.at/vorarlberg/stories/285794 (Zugriff 11. 8. 2010). 545 »Ohne Minarett und viel kleiner«: Vorarlberger Nachrichten, 14./15. 8. 2008, A5. 546 »Pläne geändert: kein Minarett in Bludenz«: Vorarlberg ORF.at, 14. 8. 2008. Internetquelle: http://vorarlberg.orf.at/stories/300135 (Zugriff 11. 8. 2010). 547 Ibid. 548 Pressedienst Folge 166 (Bregenz 14. 8. 2008) »FP-Landesobmann Egger zu den Bludenzer Moscheenplänen: FPÖ-Initiative gegen Minarette erfolgreich«. 549 Zum Beispiel: »Das kleine Blatt«, 22. 8. 2008, 8.

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dem Ausbau des ATI˙B-Zentrums Wien-Dammstraße mehrere Krisenherde zu betreuen hatte. Landtagswahl September 2009 Im Wahlkampf für die Landtagswahl im Herbst 2009 setzte die FPÖ weiter auf die mobilisierenden Themen »Türken« und »Minarette«. Es wurden zum Beispiel Inserate geschaltet, die ein Foto einer kleinen Gruppe von Frauen mit Kopftuch von hinten enthielt sowie den Text »Islamische Bevölkerung in Vorarlberg: + 533,8 %«. Im Text des Inserats wurde der Anstieg der muslimischen Bevölkerung zwischen 1971 und 2001 genannt. Im Inserat wurden u. a. folgende Forderungen gestellt: »Keine Minarette in unserem Land!« sowie »Sofortige Ausweisung von fundamentalistischen Islamlehrern« und »Wer in unser Land kommt, hat sich an unsere Spielregeln zu halten!«. Die FPÖ Vorarlberg hatte für diesen Wahlkampf Alexander Segert, Chef der PR-Firma »Goal« und Berater der Schweizer SVP, engagiert. Er wurde wegen seiner aggressiven Plakatsujets für die SVP bekannt, u. a. für das Plakat der SVP zur Anti-Minarett-Initiative im Herbst 2009. In seiner Rede im Rahmen der Wahlkampfauftaktveranstaltung am 22. August 2009 in Hohenems griff FPÖ-Landesobmann Dieter Egger diese Parolen in seiner Rede neuerlich auf: Die Muslime hätten sich in den letzten 30 Jahren um 533 % vermehrt, »wir werden bald Minderheit im eigenen Land«. Es sei fünf nach zwölf, denn in 50 Jahren gebe es eine muslimische Mehrheit im Land. Man müsse deshalb den »Zuzug aus Anatolien stoppen«, ebenso die Einbürgerung türkischer Staatsbürger. Wer sich nicht anpasse, müsse »raus aus der Schule, raus aus dem Land«.550 Das Team des Jüdischen Museums Hohenems hatte im August in einem offenen Brief die ausländerfeindlichen FP-Plakate mit dem Slogan »Elterngeld für heimische Familien« kritisiert. Am 13. August fand eine Diskussion zwischen Hanno Loewy, dem Direktor des Museums, und Dieter Egger in der Sendung »Vorarlberg heute« über das Plakat statt. Ebenso bezeichnete der Intendant der Bregenzer Festspiele, David Pountney, die FP-Plakate bei einer Pressekonferenz als »Schande«, u. a. das Plakat mit dem Text »Schluss mit falscher Toleranz. Deutsch ist Pflicht – keine türkischen Dolmetscher – keine Minarette«. Mit den Dolmetschern waren türkische Übersetzer in Krankenhäusern gemeint. In der Rede griff Egger den Direktor des Jüdischen Museums, Hanno Loewy, 550 Jutta Berger : »Vorarlberger FP: Wirbel um antisemitische Ausfälle«, Der Standard, 23. 8. 2009. Internetquelle: http://derstandard.at/1250691020594/Vorarlberger-FPOe-Wirbelum-antisemitische-Ausfaelle (Zugriff 15. 8. 2010); »Scharfe Töne beim FPÖ-Wahlkampfauftakt in Hohenems«: Kleine Zeitung 21. 8. 2009, Internetquelle: http://www.kleinezei tung.at/nachrichten/politik/2107514/scharfe-toene-beim-fpoe-wahlkampfauftakt-hohen ems.story (Zugriff 15. 8. 2010).

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und David Pountney direkt an: »den Exil-Juden aus Amerika in seinem hochsubventionierten Museum« gehe die Innenpolitik nichts an, ebensowenig David Pountney.551 Der antisemitische Ausfall löste breite Empörung aus.552 Landeshauptmann Sausgruber forderte am Tag darauf von Egger eine Entschuldigung, andernfalls werde er nach den Wahlen die Koalition mit der FPÖ nicht fortsetzen. Egger teilte mit, er bleibe bei seiner Aussage. Es war auffällig, dass die Angriffe Eggers auf die muslimische Minderheit in der gleichen Rede in der öffentlichen und politischen Diskussion nicht thematisiert wurden. Bei der Wahl am 20. September 2009 konnte die ÖVP ihre absolute Mehrheit halten (50,82 %). Die FPÖ erreichte 25,2 % der Stimmen und konnte damit ihr Ergebnis von 2004 verdoppeln. Nach der Wahl am 20. September 2009 bildete Landeshauptmann Sausgruber eine ÖVP-Alleinregierung.

2.4

Spittal an der Drau (Kärnten)

Spittal an der Drau ist eine Kleinstadt in Kärnten, die Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks. Die Stadtgemeinde hat 15.790 Einwohner (Stand: Dezember 2010). Davon besitzen 13.988 Personen die österreichische Staatsbürgerschaft; 1802 Personen sind Angehörige anderer Staaten. Unter ihnen bilden Bosnier die größte Gruppe (611), gefolgt von Kroaten (387) und Deutschen (239). Mit 67 Personen ist der Anteil von Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit in Spittal relativ gering. 834 Personen haben muslimisches Religionsbekenntnis.553 Arbeiter aus der Türkei und Jugoslawien siedelten sich in Spittal und Umgebung vor allem wegen der Firma IL-Bau und der Schuhfabrik Gabor an. Die Niederlassung der deutschen Schuhfirma Gabor AG wurde – neben Produktionsstätten in Rosenheim (Deutschland), Silveiros (Portugal) und Banovce (Slowakei) – 1960 errichtet. Ab 1972 wurden im Werk in Spittal »Gastarbeiter« beschäftigt, zunächst aus dem ehemaligen Jugoslawien, ab 1978 auch aus der 551 Jutta Berger : »Vorarlberger FP: Wirbel um antisemitische Ausfälle«, Der Standard, 24. 8. 2009, 6. 552 Bernhard Amann (Partei »Die Gsiberger«) erstattete am 22.8. direkt bei der Justizministerin schriftlich Anzeige gegen Landesrat Egger und unbekannt »wegen des Verdachtes auf Verhetzung nach § 283 Abs. 2 und des Verdachtes weiterer Straftatbestände« unter Bezugnahme auf Eggers Aussage über Hanno Loewy (E-Mail-Kommunikation B. Amann, 12. 8. 2010). Von der Staatsanwaltschaft Feldkirch wurde ein Anfangsverdacht auf Verhetzung geprüft, aber kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Laut Sprecher der Staatsanwaltschaft handle es sich nicht um Diffamierung einer Gruppe, sondern um die Beleidigung einer Einzelperson. Quelle: »Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen Egger«, Vorarlberg ORF.at, 21. 9. 2009. Internetquelle: http ://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/ 2140147/staatsanwaltschaft-ermittelt-nicht-gegen-egger.story (Zugriff 15. 8. 2010). 553 Für die telefonische Auskunft danke ich Hr. Ewald Lerch (Stadtgemeinde Spittal), 29. 12. 2010.

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Türkei. Von der Firma wurden im früheren Jugoslawien ArbeiterInnen direkt angeworben. 1998 erreichte der Personalstand mit 1300 Personen seinen Höchststand. Der Ausländeranteil am Personal entwickelte sich bis zu 48 %.554 Die Fabrik in Spittal wurde Ende 2010 geschlossen. In Spittal existieren zurzeit zwei Moscheevereine: ein großer Moscheeverein der bosniakischen Muslime und ein kleinerer Verein, der zum Dachverband »Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich« (ATI˙B) gehört. Eine Gruppe in der Türkei gebürtiger Personen hatte bereits im Jahr 2001 versucht, ein muslimisches Zentrum mit Gebetsraum in Spittal an der Drau einzurichten, wegen der zentralen Lage des Ortes für die Muslime im Bezirk. Sie mietete eine ehemalige Lagerhalle in der Villacher Straße. Dieser erste Versuch scheiterte bald. Die Anrainer starteten eine Unterschriftenaktion gegen die geplante Moschee. Mitglieder des Vereins ATI˙B Spittal schildern die damaligen Ereignisse so: »Bevor das eigentlich zu einer Moschee geworden ist, ist das wieder abgebrochen worden. Das ist gar nicht so richtig… wegen der Gemeinde halt, weil die Nachbarn nicht wollen. (…) Wir waren gerade beim Renovieren, und da haben die Nachbarn mitgekriegt, dass da irgendetwas wird, so ein islamischer Verein (…), und dann hat die Gemeinde halt gesagt, die Nachbarn wollen nicht, müssen wir wieder [weg] … Der Vermieter hat’s ja gewusst, dass wir das zu einer Moschee umdisponieren werden, nicht, das Lager. Er hat überhaupt kein Problem damit gehabt, aber die Nachbarn, nicht. Was soll der Vermieter dann machen, da kann er nichts machen.«555

Welche Einwände wurden damals von den Anrainern gegen die Moschee vorgebracht? »Ja, ich glaube eher, dass das … so richtig rauskommen und was sagen traut sich keiner, verstehen Sie. Es wird halt geschlossen irgendwo angezeigt bei der Gemeinde: Die wollen wir nicht, wie auch immer. Es ist halt das Problem: In Wien, wenn eine Moschee aufmacht, gibt’s keine Probleme, die Leute kennen das. Aber in Spittal ist das nicht so geläufig. Ich glaube halt, dass die Leut‹ – ich weiß nicht warum – Angst haben. Ich versteh’s selber nicht. Bevor man sich mit dem Thema in Verbindung setzt und auseinandersetzt, sagt man lieber : Die wollen wir nicht haben und fertig. Ist leider so.«556

Danach nutzte die Gruppe angemietete Räume in Möllbrücke im Bezirk Spittal. 2004 kaufte der »Türkisch-Österreichisch-Islamische Kulturverein« ein Gebäude in Spittal und trat zugleich dem Dachverband ATI˙B bei. Es handelt sich 554 Für Informationen danke ich dem Personalchef der Firma Gabor in Spittal, Hannes Stoxreiter (e-mail-Kommunikation, 29. 11. 2010). 555 Interview mit dem Obmann des Vereins ATIB Spittal an der Drau, Hr. Turgut Akca, Murat Kurt, Firat Yildiz, Durak Gülay, Vereinszentrum ATIB Spittal, 22. August 2010. Ich danke Hr. Seyfi Recalar (ATIB Union, Wien) für die Vermittlung. 556 Interview Akca, 22. 8. 2010.

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um ein kleines, eineinhalbstöckiges Bauernhaus in der Liesersteggasse 18 in Spittal an der Drau, am Rand der Altstadt, in einem der ältesten Teile der Stadt. Die Stadtgemeinde hatte dem Verein, der lange auf der Suche nach einem Gebäude gewesen war, zum Kauf dieses Objektes geraten – das Haus wäre als Vereinsgebäude geeignet. Als das Geld für die Finanzierung des Umbaus beisammen war, suchte der Verein am 21. November 2006 bei der Stadtgemeinde um Umwidmung des Verwendungszweckes an,557 um einen Gebetsraum, ein Büro und eine Wohnung für den Imam einrichten zu können. Das Äußere des Gebäudes zu verändern, war nicht vorgesehen und bei der Stadt nicht beantragt. Bürgermeister Gerhard Köfer (SPÖ) erteilte als Baubehörde erster Instanz am 10. April 2007 die Baubewilligung. Sofort nachdem bekannt wurde, dass in dem Gebäude ein islamisches Zentrum eingerichtet werden sollte, begannen Proteste von Anrainern. Ein Mitglied des Vereins schildert ein Detail, das etwas von der angespannten und feindlichen Situation wiedergibt: »Der Nachbar da gegenüber hat zu mir gesagt – wie hat er gesagt: Er hat Angst, dass uns was passiert. Dann frage ich ihn: Wieso denn? Dann meint er : Er will nicht, dass das Haus angezündet wird, nicht. Jetzt weiß ich nicht, du kannst es als Drohung nehmen, du kannst es als etwas anderes nehmen, wie du es nehmen willst. Dann haben wir ihm gesagt, er braucht für uns keine Angst haben, dass das Haus angezündet wird, wie auch immer.«558

Einige Nachbarn starteten eine Petition gegen die Einrichtung des Vereinszentrums. Man dachte, es würden auch Minarette gebaut werden. Es kam zu drei bis vier Treffen zwischen dem Verein, allen Anrainern und einem Vertreter der Stadtgemeinde, Dr. Moritz, um den Konflikt beizulegen. Das gelang nicht. Ein Mitglied des Vereins schildert den Grund für das Scheitern der Gespräche: »Es ist halt so: Man kann irgendwen nicht von irgendwas überzeugen, wenn einer das nicht will. (…) Die Nachbarn sagen halt, das war halt jahrhundertelang eine eingesessene Siedlung, und jetzt tauchen da paar Türken auf und sagen, die wollen eine Moschee bauen. Das wollen sie nicht haben.«559

Zwei unmittelbare Anrainer legten gegen den Baubewilligungsbescheid (vom 10. April 2007) Berufung ein. Ein damaliges Mitglied des Stadtrats, Willi Koch (ÖVP), unterstützte den Protest der Anrainer – ein islamisches Gebetshaus passe nicht in die Altstadt, es bestehe zu wenig Parkraum. Mit dem Verein selbst war Koch niemals in Kontakt. Die Frage der Baubewilligung für das Objekt 557 Ich danke Herrn Stadtamtsdirektor Mag. Erich Kofler (Stadtgemeinde Spittal an der Drau) für die detaillierte Information zum Ablauf des Bauverfahrens (Interview am 23. 8. 2010 sowie e-mail vom 25. 8. 2010). Herr Bürgermeister Gerhard Köfer (SPÖ) stellte auf mehrfache Anfrage im Sommer 2010 hin keinen Termin für ein Interview zur Verfügung. 558 Interview ATIB-Verein Spittal, 22. 8. 2010. 559 Ibid.

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Liesersteggasse 18 wurde in der Sitzung vom 11. Juni 2007 im Stadtrat beraten (Baubehörde 2. Instanz); dabei wurde die Baubewilligung einstimmig abgelehnt. Der Verein legte am 13. Juni 2007 bei der Kärntner Landesregierung (Baubehörde 3. Instanz) eine Beschwerde (»Vorstellung«) gegen diesen Entscheid ein. Der Bescheid des Stadtrates wurde am 21. Dezember 2007 vom Amt der Kärntner Landesregierung aufgehoben, und zwar mit der Begründung mangelhafter Einreichunterlagen. In der Sitzung vom 22. Jänner 2008 hob deshalb der Stadtrat den Bescheid des Bürgermeisters auf, um das Bauverfahren neu eröffnen zu können. Mit Schreiben vom 29. Jänner 2008 verlangte die Stadtgemeinde vom Verein bessere Einreichunterlagen sowie eine klare Beschreibung des Verwendungszweckes. Ein neues Ansuchen wurde vom Verein am 29. Juli 2008 eingereicht. Der Bürgermeister erteilte die Baubewilligung am 17. Februar 2009, die mit 16. November 2009 rechtskräftig wurde. Danach konnte der Verein mit dem Umbau beginnen.

Abbildung 33: Moschee ATI˙B Spittal an der Drau (August 2010). V.l.: Dogan Aydogdu, Salim Gülay, Murat Kurt.

Aufgrund dieser Schwierigkeiten während des Bauverfahrens und dem verfügten Baustopp durch die Stadtgemeinde entstand für den Verein eine schwierige Situation: Man hatte das Haus gekauft, konnte es aber zwei Jahre lang

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nicht als Gebetshaus nutzen. Außerdem entstanden Mehrkosten, indem man den Umbauplan für den neuerlichen Antrag auf Baubewilligung neu zeichnen lassen musste und sich die Baukosten nach zwei Jahren Verzögerung verteuert hatten. Man überlegte im Verein deshalb, das Gebäude wieder zu verkaufen – aus pragmatischen Gründen ließ man davon aber ab: Man hatte bereits in das Gebäude investiert und wollte diese Investitionen nicht verlieren – und man rechnete damit, dass es diese Probleme mit Nachbarn auch an einem anderen Standort geben würde.560 Politische Instrumentalisierung durch das BZÖ 2007 erhielt der Fall des neuen Domizils des Vereins ATI˙B Spittal eine Dimension, die weit über den Anrainerkonflikt und die kommunalpolitische Auseinandersetzung hinausreichte. Das Thema wurde vom BZÖ ab dem Sommer 2007 prominent eingesetzt. Beim Bundeskonvent des BZÖ in der »Seifenfabrik« in Graz (24. Juni 2007) – zugleich Auftakt für den Grazer Wahlkampf – hielt der damalige Kärntner Landeshauptmann Dr. Jörg Haider eine Rede. Darin kündigte er an, dass er ein rechtliches Instrument gegen »den Einfluss fremder Kulturen in Form von Gebäuden anderer Religionen« schaffen werde: »Die Bauordnung wird so verschärft, dass gewisse Dinge, die gegen unsere Baukultur verstoßen, nicht stattfinden, und ein Minarett hat bei uns nichts verloren.«561

Bei der ersten Wahl nach der Spaltung der FPÖ, bei den Nationalratswahlen im Herbst 2006, konnte das BZÖ mit 4,1 % knapp ins Parlament einziehen; außer in Kärnten erreichte die Partei in den anderen Bundesländern nur Ergebnisse zwischen 1,7 und 3,3 % der Stimmen. Es war für das BZÖ als Kleinstpartei eine Frage des politischen Überlebens, mit Hilfe gezielter Provokationen und ethnopolitischer Mobilisierung öffentlich und medial wahrgenommen zu werden. Beim Kärntner »Moscheestreit« handelt es sich klar um einen politisch induzierten Konflikt, der primär eine Funktion für die Partei erfüllen und der Machterhaltung dienen sollte. Das BZÖ hatte sich für die Strategie entschieden, das Minarett-Thema parteipolitisch einzusetzen und in diesem Themenfeld in eine direkte Konkurrenz zur FPÖ, von der man sich im April 2005 abgespalten hatte, zu gehen. Die FPÖ hatte einige Tage vor dem Bundeskonvent des BZÖ, am 6. Juni 2007, einen Entschließungsantrag im Parlament eingebracht, in dem die Aufnahme eines Minarettverbots sowie der Verpflichtung zur Abhaltung von Gottesdiensten in 560 Interview ATIB-Verein Spittal, 22. 8. 2010. 561 »BZÖ: Starke Worte in der Seifenfabrik«: Wiener Zeitung Online, 24. 6. 2007. Internetquelle: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/271019_BZOe-Starke-Wortein-der-Seifenfabrik.html (Zugriff 27. 5. 2013). Cf. Die Presse, 25. 6. 2007.

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deutscher Sprache in die Bundesverfassung gefordert wurde.562 Die Antragsteller bezogen sich dabei explizit auf die Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten« in der Schweiz. Zwei Monate später, am 26. August 2007, griff Haider das Thema erneut auf. Er kündigte an, dass Kärnten als erstes Land ein Bauverbot für Moscheen und Minaretten einführen werde: »Moscheen und Minarette sollen als Störung des Ortsbildes deklariert werden.« Haider stellte fest: »Kärnten wird damit zum europäischen Vorreiter im Kampf gegen den radikalen Islamismus und dem Schutz unserer westlich geprägten Leitkultur.«563

Es geht nun nicht mehr bloß um die »Baukultur«, sondern es erfolgt eine ideologische Operation: Die Errichtung von Moscheebauten wird mit radikalen, extremistischen Strömungen des politischen Islam assoziiert. Ein politisches Vorgehen gegen den Bau von Moscheen erhält das spezifische Framing »Widerstand gegen den radikalen Islamismus und Verteidigung der westlichen ›Leitkultur‹ gegen die Gefahr der ›Islamisierung‹«. Auf diese Weise kann die Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien als Verteidigung der rechtsstaatlichen Demokratie dargestellt werden. Der damalige geschäftsführende Obmann des BZÖ Kärnten, Stefan Petzner, behauptete in einer Presseaussendung vom 26. August 2007: »Moslems wollen mitten in Spittal an der Drau aus einem bestehenden Gebäude eine Moschee bauen!«564 Petzner reagierte damit auf eine Stellungnahme des Integrationsbeauftragten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ing. Omar alRawi, dass in Spittal kein Moscheebau geplant sei. Auch der Bürgermeister von Spittal, Gerhard Köfer, stellte in einem Interview klar, dass keinerlei Veränderungen des Äußeren des Gebäudes, in dem der Verein ATI˙B sein Zentrum einrichtete, beantragt worden sei. Ein Minarettbau würde einen eigenen Bauantrag und eine Genehmigung seitens der Baubehörde erfordern.565 In einer Pressekonferenz am nächsten Tag, am 27. August 2007, erläuterte Haider diese Forderung. Er betonte zunächst, dass man die Muslime in ihrer 562 Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Aspöck, Haimbuchner und weiterer Abgeordneter, 248/A(E) XXIII.GP, eingebracht am 6. Juni 2007. Internetquelle: http://www. parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/A/A_00248/fnameorig_080124.html (Zugriff: 28. 12. 2010). 563 »Haider : Bauverbot für Moscheen und Minarette«: kärnten.ORF.at, 26. 8. 2007. Internetquelle: http://kaernten.orf.at/stories/217207 (Zugriff: 2. 2. 2009). 564 »BZÖ-Petzner : Moslems wollen in Spittal an der Drau eine Moschee bauen und wir werden das verhindern!«, Presseaussendung 26. 8. 2007 (OTS 0044). Internetquelle: http://www.ots. at/presseaussendung/OTS_20070826_OTS0044/bzoe-petzner-moslems-wollen-in-spittalan-der-drau-eine-moschee-bauen-und-wir-werden-das-verhindern (Zugriff 2. 2. 2009). 565 »Sicher keine Moschee in Spittal«: Kleine Zeitung, 27. 8. 2007. Internetquelle: http://www. kleinezeitung.at/kaernten/spittal/546804/print.do (Zugriff 31. 3. 2009).

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Religionsausübung nicht behindern wolle und dass die Einrichtung von Gebetsräumen zu gewähren sei. Man werde aber den Bau von Moscheen mit Kuppeln und Minaretten, die »sichtbare Zeichen der Macht« des Islam »im christlichen Europa« seien, nicht zulassen. Um das zu gewährleisten, plane die Kärntner Landesregierung eine Änderung der Bauordnung, des Gemeindeplanungsgesetzes und des Ortsbildpflegegesetzes. Im Ortsbildpflegegesetz solle ein Paragraf eingefügt werden, der die Errichtung von Gebäuden, die architektonisch und kulturell nicht dem Ortsbild entsprechen würden, verbieten werde.566 Haider bekennt sich zur freien Religionsausübung der Muslime, davon wird jedoch das Recht auf die Errichtung sichtbarer muslimischer Sakralgebäude im öffentlichen Raum ausgenommen, obwohl sie in den Schutzbereich des Grundrechts der Religionsfreiheit fällt. Es wird von ihm also ein Vorbehalt gegenüber dem Bau von Moscheen in Kärnten eingeräumt, der sich auf den ideologischen, politischen und emotionalen Rahmen des Nationalismus – auf die Integrität der ›nationalen Kultur und Identität‹ – bezieht, sich aber nicht auf gesetzliche Grundlagen im Rahmen der rechtsstaatlichen Demokratie stützen kann. Im Verlauf des Pressegesprächs ging Haider auch auf den angeblichen Anlassfall in Spittal ein. Er konnte nach den öffentlichen Klarstellungen nicht mehr gut behaupten, dass man in Spittal eine Moschee bauen wolle. Haider zog sich auf die Position zurück: Es bestehe die Gefahr, dass das Haus schleichend in eine Moschee umgebaut werden könnte.567 In einem Interview unterstrich Haider diesen Punkt: »Nach den jetzigen Regelungen bestünde im Falle einer Bewilligung die Möglichkeit, eine Moschee in Spittal zu bauen.«568 Die Strategie der politischen Kommunikation des BZÖ ging auf: Die Partei konnte sich als Vorkämpfer gegen Moscheebauten in Österreich und gegen den radikalen Islamismus präsentieren, das Thema in der Konkurrenz mit der FPÖ besetzen und maximale mediale Aufmerksamkeit erzielen. Mit dem politischen Vorhaben eines Bauverbots für Moscheen mit Minaretten in Kärnten – der ersten derartigen Maßnahme in Europa – gelangte Haider in die nationalen und internationalen Schlagzeilen.569 Dabei tat es nichts zur Sache, dass der Vorstoß des

566 »Haider : Gebetsräume ja, aber keine Kuppeln mit Minaretten«: Kleine Zeitung, 27. 8. 2007. Internetquelle: http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/545175/index.do (Zugriff 28. 12. 2010). 567 »Haider : Gebetsräume ja, aber keine Kuppeln mit Minaretten«: Kleine Zeitung, 27. 8. 2007, op. cit. 568 »Haider : ›Wer bleibt, muss sich assimilieren‹«: Die Presse, 4. 9. 2007. Internetquelle: http:// diepresse.com/home/politik/innenpolitik/327917/print.do (Zugriff 28. 12. 2010). 569 Laut einer Analyse des Innsbrucker MediaWatch-Instituts im Auftrag der APA-OTS belegte Jörg Haider mit dem Moscheeverbots-Thema im Untersuchungszeitraum 7.–13. September 2007 den zweiten Platz in der Liste der in österreichischen Tageszeitungen meistgenannten Politiker, nach Innenminister Günther Platter und vor Bundeskanzler Dr. Alfred Gusen-

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Moscheebaukonflikte in Österreich: Chronologie und Fallstudien

BZÖ von der Realität des Bauvorhabens, des Vereins in Spittal und der Situation der Muslime in Kärnten generell völlig abgelöst war – es ging um die politische Instrumentalisierung des Themas mit Hilfe eines vagen, imaginären Feindbilds »Islam«, unabhängig vom Realitätsgehalt. Die »Spittaler Erklärung« Auf die politische Aktion des BZÖ im Sommer 2007 antwortete die Stadtregierung in Spittal unter Bürgermeister Gerhard Köfer mit einer ungewöhnlichen Maßnahme. Köfer organisierte für den 18. September 2007 ein Treffen mit dem Imam der bosnischen Moschee in Spittal an der Drau, Hasudin Atanovic, zu dem Journalisten eingeladen wurden. Den politischen Kontext bildete die erste Verhaftung von Terrorverdächtigen mit radikal-islamistischem Hintergrund in Österreich: Am 12. September wurden junge österreichische Staatsbürger muslimischer Zugehörigkeit verhaftet. Der Wiener Mohamed Mahmoud und seine Frau Mona Salem Ahmed wurden verdächtigt, ein »Drohvideo« produziert und im Internet verbreitet zu haben, in dem im März 2007 der Abzug der österreichischen und deutschen Soldaten aus Afghanistan gefordert wurde. Beide wurden nach Paragraf 278b »Bilden und Fördern einer terroristischen Vereinigung« angeklagt und im März 2008 zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die Verhaftung löste eine intensive öffentliche Debatte über die Terrorgefahr seitens radikalisierter muslimischer Gruppen in Österreich aus. Beim Treffen am 18. September distanzierten sich der Spittaler Bürgermeister und der Imam sowohl von der »politischen Scharfmacherei« des BZÖ, das eine österreichweite Diskussion über Moscheen und Minarette angezettelt habe, als auch von »allen radikalen islamischen Gruppierungen«. Man brauche für die Religionsausübung keine Minarette. Atanovic wird mit der Aussage zitiert: Man habe sich der Kultur in Kärnten angepasst und übe die eigene Religion in Gebetsräumen aus.570 Warum die »Vereinbarung« mit dem bosnischen Imam abgeschlossen wurde, der mit dem konkreten Umbauprojekt nichts zu tun hatte, und nicht mit einem Vertreter des türkisch-österreichischen Vereins ATI˙B, um dessen Gebäude es ging, ist unklar. Ein hochrangiger Funktionär der bosnischen Muslime in Kärnten erklärte gegenüber dem Autor, dass Atanovic nicht gewusst habe, dass Journalisten bei dem Treffen dabei waren und niemals eine »Vereinbarung« unterzeichnet habe, auch gar nicht dazu befugt gewesen sei.571

bauer. S. APA-OTS Politikportalanalyse: »Licht an, Licht aus«, 14. 9. 2007. Internetquelle: www.apa-mediawatch.at (Zugriff 14. 1. 2011). 570 »Schulterschluss gegen Minarett-Polarisierung«: Kleine Zeitung, 18. September 2007. Internetquelle: http://www.kleinezeitung.at/kaernten/spittal/569620/print.do (Zugriff 31. 3. 2009). 571 Telefonische Auskunft.

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In einem zweiten Schritt beschloss der Gemeinderat am 25. September 2007 einstimmig die sogenannte »Spittaler Erklärung«. Darin heißt es: »Die Muslime sind gefordert, sich nicht von eigenen radikalen Gruppen in Geiselhaft nehmen zu lassen. Es gilt unmissverständliche Zeichen der Abgrenzung zu jeder Form von Gewalt, der Aggression und Intoleranz und ein klares Bekenntnis zur in Österreich praktizierten Lebensform zu setzen. Das bedeutet auch den klaren Verzicht auf bauliche Zeichen wie Moscheen, in Form von Kuppeln und Minaretten.«572

Der Text beginnt unvermittelt mit der Forderung, dass sich die Muslime von »eigenen radikalen Gruppen«, die nicht genauer benannt werden, distanzieren müssen, sowie gegen Gewalt und Intoleranz. Diese Forderung wird ergänzt durch die nach einem klaren Bekenntnis zur »Lebensform«, die in Österreich praktiziert wird. In einem dritten Schritt behauptet der Text, dass sich ein solches Bekenntnis im Verzicht auf sichtbare, repräsentative Moscheen ausdrücke. Damit wird der Bau sichtbarer Sakralgebäude mit extremistischen Richtungen des Islam assoziiert. Die Erklärung behauptet: Der Wunsch nach Sichtbarkeit der eigenen religiösen Identität im öffentlichen Raum sei mit einem Akzeptieren der österreichischen Lebensform – im Sinn der Lebensweise, der Praktiken und Gewohnheiten – nicht vereinbar. Ein Bekenntnis zur österreichischen Lebensform bedeute den Verzicht auf erkennbare muslimische Gebäude – ein klar assimilatives Integrationsmodell, was die Errichtung religiöser Räume nichtchristlicher Gemeinschaften betrifft. Bürgermeister Köfer (SPÖ) begründete im »Profil«-Interview diese Aktion: »Ich habe mir überlegt, was man tun muss, um Jörg Haider den Nährboden zu entziehen.«573 Für diesen Zweck brachte der Bürgermeister einen lokalen Vertreter der bosnischen Muslime dazu, öffentlich zu erklären, dass Muslime, die sich der »Kultur Kärntens« anpassen, keine Kuppeln und Minarette brauchen und freiwillig darauf verzichten. Eine politische Diskussion über ein Bauverbot sei deshalb gegenstandslos. Der Bürgermeister und die Stadtregierung wandten sich zwar gegen die populistische Aktion des BZÖ, vertraten jedoch inhaltlich die gleiche Position: Die österreichische »Leitkultur« sei gegen »radikale Muslime« zu schützen, die hier sichtbare Moscheen errichten wollen. Implizit vertritt der Spittaler Gemeinderat exakt den Standpunkt Haiders, von dem man sich eigentlich absetzen will: Dass es in Spittal um gar keine sichtbare Moschee geht, spielt – wider besseren Wissens – keine Rolle. Die Spirale der parteipolitischen Instrumentalisierung des kleinen Gebetshauses in Spittal nimmt eine neuerliche Drehung.

572 »Spittaler Erklärung«, in: Stadtjournal (Oktober 2007), 17. 573 »Einfach wie Jörg«: Profil Nr. 42, 15. 10. 2007, 28 – 29, hier 28.

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Die Änderung der Bauordnung und des Ortsbildpflegegesetzes in Kärnten In Vorarlberg hatte man sich für den Weg entschieden, im Fall von Moscheebauten eine Eingriffsmöglichkeit des Landes über die Raumplanung zu schaffen, indem für »publikumsintensive Veranstaltungsstätten« eine Sonderwidmung vorgeschrieben wurde (Vorarlberger Raumplanungsgesetz § 16a). In Kärnten setzte man dagegen auf die gesetzliche Ebene der Ortsbildpflege, um Moscheeund Minarettbauten verhindern zu können. Das BZÖ arbeitete erste Entwürfe für eine Novelle des Ortsbildpflegegesetzes und des Gemeindeplanungsgesetzes aus. Sie sahen explizit ein Moschee- und Minarettbauverbot vor. Im September 2007 verweigerten die Vertreter der SPÖ und ÖVP in der Landesregierung dem zuständigen Wohnbau-Landesrat Uwe Scheuch (BZÖ) die Unterstützung. Das Vorhaben war zunächst gescheitert. Haider drohte eine Volksbefragung zu dem Thema an, wenn sich auch beim zweiten Anlauf im Landtag keine Mehrheit finden würde.574 Am 4. Oktober 2007 stellten die Freiheitlichen/BZÖ im Kärntner Landtag einen Dringlichkeitsantrag: »Der Landtag wolle beschließen: Die Kärntner Landesregierung wird aufgefordert, dem Kärntner Landtag verfassungskonforme Gesetzesvorschläge vorzulegen, welche den Bau von Moscheen und Minaretten in Kärnten verhindern.«575

Der Antrag wurde von der SPÖ und den Grünen abgelehnt und erhielt nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit; er wurde an den Rechts- und Verfassungsausschuss des Landtags weitergeleitet. Der Antrag des Freiheitlichen Landtagsklubs wurde in der Sitzung des Ausschusses am 11. Oktober 2007 unter dem Vorsitz des Abgeordneten Mag. Christian Ragger (Freiheitliche/BZÖ) behandelt. Der Ausschuss umfasste sieben Mitglieder, und zwar jeweils drei Abgeordnete der Freiheitlichen und der SPÖ sowie einen Abgeordneten der ÖVP. Einleitend berichtete Dr. Martin Strutz, der ehemalige persönliche Sekretär von Landeshauptmann Jörg Haider (1989 – 91) und damals dritter Präsident des Kärntner Landtags: Anlass für den Antrag seien Bestrebungen der Muslime in Spittal an der Drau und in Klagenfurt, Gebetshäuser zu erweitern bzw. weitere zu errichten. Mit dem Antrag solle die Landesregierung aufgefordert werden, eine Novelle der Bauordnung zu erarbeiten, »die den Bau von Moscheen und Minaretten rechtzeitig verhindern solle.«576 Das Ziel der Gesetzesänderung wird explizit genannt. Der Obmann des 574 »Bau-Verbot für Moscheen: Haider vorerst gescheitert«: Kleine Zeitung, 14. 9. 2007. Internetquelle: http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/566918/index.do (Zugriff 29. 12. 2010). 575 Freiheitlicher Landtagsklub Kärnten: Dringlichkeitsantrag (Klagenfurt, 4. 10. 2007). Antragsteller : Klubobmann Ing. Kurt Scheuch, Ing. Johann Gallo, Mag. Christian Ragger, Helga Knicek. 576 Kärntner Landtag, Niederschrift über die 39. Sitzung des Ausschusses für Rechts-, Verfassungs-, Volksgruppen- und Immunitätsangelegenheiten, Europa am 11. 10. 2007, 2.

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Freiheitlichen Landtagsklubs, Ing. Kurt Scheuch, führte aus, dass es nicht darum gehe, die Religionsfreiheit zu beschneiden, sondern vielmehr darum, »das Kulturgut Kärntens für die Kärntner Bevölkerung zu schützen.«577 Er folgt also einer der unterschiedlichen Argumentationslinien: Moscheen und Minarette würden die traditionelle Baukultur und das herkömmliche Ortsbild gefährden. Es bedürfe laut Scheuch »präventiver Maßnahmen«, um das zu verhindern. Für die SPÖ-Fraktion stellte Abgeordneter Dr. Peter Kaiser den Antrag, als Auskunftspersonen jeweils einen Vertreter der katholischen, der evangelischen Kirche sowie einen Vertreter der islamischen Glaubensgemeinschaft anzuhören. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Freiheitlichen und der ÖVP abgelehnt. Ebenso ersuchte Kaiser den Vertreter der Verfassungsabteilung der Kärntner Landesregierung, Dr. Glantschnig, darzulegen, ob eine solche Änderung der Bauordnung, die den Bau von Moscheen und Minaretten verhindern solle, überhaupt verfassungskonform sein könne. Dr. Gerold Glantschnig ist der geschäftsführende Leiter der Abteilung 2 V (Verfassungsdienst) des Amtes der Kärntner Landesregierung. In seiner Stellungnahme im Ausschuss führte er aus: Der Antragstext bedeute sachlich, dass die Landesregierung aufgefordert werde, »verfassungskonforme Gesetzesvorschläge« vorzulegen, die den Bau von Moscheen und Minaretten verbieten und unmöglich machen würden. Glantschnig stellte klar : »Dieser Auftrag an die Kärntner Landesregierung wäre nicht erfüllbar und käme einer Quadratur des Kreises gleich. Ein solches Verbot könne nicht verfassungskonform sein.«578 Der Verfassungsjurist erinnerte daran, dass die Frage bereits bei der Sitzung der Landesregierung am 11. September 2007 behandelt worden sei und Landeshauptmann Haider damals festgestellt habe, »dass seines Wissens der ÖVPForderung nach einem Verbot aufgrund der Religionsfreiheit nicht entsprochen werden könne.«579 Landeshauptmann Haider habe danach den Auftrag an die Verfassungsabteilung des Landes erteilt, ein schriftliches Gutachten zu dieser Frage zu erstellen. In diesem Gutachten habe die Abteilung 2 V auf die Verankerung der Religionsfreiheit in der österreichischen Verfassung hingewiesen, und zwar auf Art. 15 Staatsgrundgesetz, der das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung jeder gesetzlich anerkannten Kirche und Religionsgesellschaft garantiert. Ebenso wurde im Gutachten darauf hingewiesen, dass ein Bauverbot für Moscheen im Widerspruch mit Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Gewährleistung der Gedankens-, Gewissens- und Religionsfreiheit) steht. Die Abgeordnete Mag. Nicole Cernic (SPÖ) stellte darauf den Antrag, dass dieses verfassungsrechtliche Gutachten über ein Bau577 Kärntner Landtag, Niederschrift, op. cit., 3. 578 Kärntner Landtag, Niederschrift, op. cit., 4. 579 Ibid.

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verbot für Moscheen von Landeshauptmann Haider angefordert werden und dem Ausschuss zur Verfügung gestellt werden soll; der Antrag wurde mit den Stimmen der SPÖ und ÖVP angenommen. Klubobmann Scheuch widersprach der Interpretation des Antrags durch Glantschnig und unterschied zwischen »Verbot« und »Verhinderung«: Er verstehe den Antrag nicht im Sinn eines Bauverbots. »Eine Verhinderung soll, kann und muss es geben.« Er befürworte daher nach wie vor den Antrag und ersuche um Unterstützung des Antrags. Er überlasse es den Beamten der Verfassungsabteilung, den Intentionen des Antrags zu entsprechen. »Die Verfassungsabteilung wisse genau, was die Abgeordneten haben wollen.«580 Auch der Vorsitzende, der Jurist Mag. Ragger, hielt daran fest, der Antragstext lasse einen »so breiten Interpretationsspielraum zu, dass er auch Verfassungskonformität zulasse. Es sei abzuwägen, inwiefern es zu Einschränkungen und Adaptationen in den einzelnen Landesgesetzen kommen könne, um hier einen Schutz des Kärntner Kulturgutes zu erreichen.«581 Der Leiter des Verfassungsdienstes stellte daraufhin noch einmal klar, »der Wortlaut des Antragstextes sei so eindeutig, dass er keine verfassungskonforme Interpretation zulässt. Er möchte nicht, dass der Eindruck entstehe, das im Ausschuss verschwiegen zu haben.«582 Eine »Verhinderung« komme einem Verbot gleich. Der Antrag wurde im Ausschuss mit den Stimmen der Freiheitlichen/BZÖ und der ÖVP und gegen die Stimmen der SPÖ ohne Änderung angenommen. Die Diskussion im Rechts- und Verfassungsausschuss ist aufschlussreich, weil sie beweist, dass die Befürworter – die Freiheitlichen/BZÖ und die ÖVP – den Antrag auf die Änderung der Kärntner Bauordnung im vollen Wissen um die Verletzung der österreichischen Verfassung durchbringen wollten. Die Verfassungsabteilung des Landes wird aufgefordert, die Politik dabei zu unterstützen, indem ein Vorschlag für einen Gesetzestext ausgearbeitet werden soll, der verfassungsjuristisch nicht anfechtbar ist und zugleich die parteipolitisch motivierte Intention der Gesetzesänderung – der Öffentlichkeit ein Moschee- und Minarettbauverbot für Kärnten präsentieren zu können – erfüllt. Bei der 48. Sitzung des Kärntner Landtags am 25. Oktober 2007 legte der Ausschuss den unveränderten Antrag erneut zur Abstimmung vor : »Die Kärntner Landesregierung wird aufgefordert, dem Kärntner Landtag verfassungskonforme Gesetzesvorschläge vorzulegen, welche den Bau von Moscheen und Minaretten in Kärnten verhindern.«583 580 581 582 583

Kärntner Landtag, Niederschrift, op. cit., 5 f. Kärntner Landtag, Niederschrift, op. cit., 6. Ibid. Kärntner Landtag, 29. Gesetzgebungsperiode, 48. Sitzung, 25. 10. 2007. Stenographisches Protokoll, S. 4514 – 4532, hier : 4532. Quelle: http://www.ktn.gv.at/34062_DE-Protokolle.48. ltg.doc (Zugriff 29. 12. 2010). Zur Analyse der Redebeiträge siehe Hafez 2010, 152 – 164.

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Diesmal wurde der Antrag mit den Stimmen der Freiheitlichen/BZÖ, der FPÖ und der ÖVP angenommen, gegen die Stimmen der SPÖ und der Grünen. Das zentrale Thema der Debatte zum Antrag war die Religionsfreiheit. Die Befürworter des Antrags standen vor dem Problem zu begründen, wie ein Verbot von Moscheen und Minaretten mit dem Verfassungsprinzip der freien, öffentlichen Religionsausübung vereinbart werden könnte. Rechtlich ist ein »verfassungskonformer Gesetzesvorschlag«, sichtbare Bauten einer Religionsgemeinschaft zu verbieten, ein Widerspruch in sich, wie der oberste Verfassungsbeamte des Landes im Ausschuss am 11. Oktober 2007 bereits klargestellt hatte. Auf diese Tatsache wies explizit der Abgeordnete der SPÖ, Dr. Peter Kaiser, in seinem Redebeitrag hin.584 Wie die Befürworter des Antrags in der Landtagsdebatte mit diesem Widerspruch umgingen und die Verletzung von Verfassungsprinzipien rhetorisch zu verhüllen versuchen, ist aufschlussreich. Ing. Kurt Scheuch, Klubobmann der Freiheitlichen/ BZÖ, bekannte sich zur Religionsfreiheit, aber mit einer Einschränkung, wenn es um Muslime geht: »Ja, ja wir sind auch für die Religionsfreiheit, aber – und jetzt kommt ein entscheidender Punkt, der uns unterscheidet: Wir sind für Religionsfreiheit, eingebunden in eine Wertegesellschaft, die uns nahesteht. Wir sind – ich sage Ihnen ein Beispiel – gegen das Schächten, was im Rahmen der Religionsfreiheit ausgeübt wird … Wir sind, wir sind, wir sind ganz klar gegen die Religionsfreiheit in dem Punkt, wo sie die Freiheit von Frauen – wie zum Beispiel im Islam – beschneidet! … Wir fühlen uns einer Wertegesellschaft verbunden, die christlich geprägt ist und die letztendlich auch eine Baukultur ausdrückt, der wir uns jedenfalls verpflichtet fühlen.«585

Im Grunde sagt Scheuch, er beschränke die Religionsfreiheit auf die eigene, christliche Gruppe, während gegenüber den Grundrechten von Bürgern muslimischer Konfession ein kultureller Vorbehalt geltend gemacht wird. Bei der Verhinderung des Baus von Moscheen und Minaretten gehe es darum, »unsere Werte« zu wahren und sich »vor einer schleichenden Islamisierung zur Wehr setzen.«586 Auch der Klubobmann der ÖVP, Abgeordneter Stephan Tauschitz, bekannte sich in seinem Beitrag zur Religionsfreiheit – aber ebenfalls mit einem Vorbehalt, wenn es um Moscheen geht: Denn eine Moschee sei nicht nur ein Gebetsraum, sondern eine »soziale Einrichtung«. »Das ist keine Kapelle, wo ein paar Mohammedaner beten, sondern das ist eine Institution einer kulturellen Gemeinschaft.«587 Das normative Prinzip der Religionsfreiheit soll umgangen

584 585 586 587

Kärntner Landtag, 48. Sitzung, stenographisches Protokoll, op. cit., S. 4520. Kärntner Landtag, 48. Sitzung, stenographisches Protokoll, op. cit., S. 4517. Kärntner Landtag, 48. Sitzung, stenographisches Protokoll, op. cit., S. 4518. Kärntner Landtag, 48. Sitzung, stenographisches Protokoll, op. cit., S. 4523.

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werden, indem man die muslimische Glaubensausübung auf die Ebene der »Kultur« verschiebt. Der Abgeordnete der Freiheitlichen/BZÖ Mag. Christian Ragger beschrieb das Ziel des Antrags damit, »dass wir ein verfassungskonformes Gesetz bekommen, um unsere christlichsozialen Wertefeststellungen in Kärnten klar zu definieren!«588 Es gehe darum, »dass hier letztendlich Einschreitungen durchgeführt werden, um eine Moschee zu verhindern oder sie zumindest so zu beschränken, dass man einen ordnungsgemäßen, in die Landschaft integrierten raumplanerischen Bau hat.« Gleichzeitig betont er : »Und wir wollen in keinster Weise die Religionsfreiheit auch nur irgendeiner Glaubensorientierung einschränken – es liegt mir fern, das zu machen…«. Der Redner stellte die Sache rhetorisch so dar, als hätten die »Einschreitungen«, um einen Moscheebau zu verhindern, mit einer Einschränkung der Religionsfreiheit nichts zu tun. In seinem zweiten Redebeitrag bezeichnete Klubobmann Scheuch das Insistieren der Opposition auf der Religionsfreiheit als ein Verstecken »hinter Formalismen«, während es doch darum ginge, Volksverbundenheit zu zeigen, »nicht gegen die Menschen« zu regieren und ihnen den »Gutmenschenwillen« nicht aufzuzwingen. Das Ziel der Politik der Freiheitlichen/BZÖ sei letztlich, »unsere Kultur auch zu beschützen«.589 In den Redebeiträgen werden Positionen vertreten, die von Gegnern islamischer Zentren in Europa häufig vorgebracht werden: (a) Man verweist auf die Multifunktionalität der islamischen Zentren, die sich im Migrationskontext entwickelt hat. Man reduziert sie in einem zweiten Schritt auf ihre soziale oder kulturelle Funktion und spricht ihnen ihre religiöse Dimension ab, um so die Praxis der Muslime aus dem Grundrechtsschutz herauszulösen. (b) Die Grenzziehung gegenüber den Muslimen erfolgt hier nicht auf der Ebene einer säkularen oder säkularistischen Abwehr von Religion und Religiosität, bei der Muslime als »das Andere« der europäischen Säkularität wahrgenommen werden (cf. Casanova 2006). Vielmehr werden die Muslime als religiös und kulturell Andere konstruiert, und die Grenzlinie wird dezidiert religiös-kulturell bestimmt. Es geht hier nicht um »Europas Angst vor der Religion« (Casanova 2009), sondern um die Aussonderung der »Muslime« als »Nicht-Christen«, »Nicht-Europäer«, als klar abgegrenzte Gemeinschaft mit bestimmten, negativ klassifizierten Traditionen und Identitäten. Unabhängig davon, ob sie österreichische Staatsbürger sind oder nicht – aufgrund der muslimischen Identität ›gehören sie nicht dazu‹, haben sie kein Recht, den öffentlichen Raum mit zu prägen. 588 Kärntner Landtag, 48. Sitzung, stenographisches Protokoll, op. cit., S. 4527. 589 Kärntner Landtag, 48. Sitzung, stenographisches Protokoll, op. cit., S. 4529, 4531.

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(c) Der Islam an sich wird mit Phänomenen bzw. der politischen Ideologie des Islamismus gleichgesetzt, um dann in einem zweiten Schritt die Legitimation dafür abzuleiten, die religiöse Freiheit der Minderheitsgruppe zu beschränken. (d) Der Diskurs über die »Fremden« stellt ein Angebot an jene dar, »denen man das Komplexerwerden der modernen Gesellschaft noch mit ›den Ausländern‹ erklären kann« (Nassehi 2011, 35). Man bündelt Unsicherheit, die Ängste in unsicheren Zeiten, den Verlust von Gewissheiten und der vertrauten Umgebung den »Fremden« auf – als wären die beschleunigten Veränderungen der Gesellschaft, die breite soziale Unsicherheit nichts als eine Folge der Zuwanderung und der ethnisch-religiösen Pluralisierung.

Änderung der Kärntner Bauordnung im Februar 2008 Der neue Gesetzestext, der mit Unterstützung der Verfassungsabteilung der Kärntner Landesregierung ausgearbeitet wurde, nimmt auf Moscheen und Minarette nicht mehr wörtlich Bezug, sondern spricht nur von Bauvorhaben, »die wegen ihrer außergewöhnlichen Architektur oder Größe (Höhe) von der örtlichen Bautradition wesentlich abweichen«. In diesen Fällen schreibt die Bauordnung dem Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz vor, im Rahmen der Vorprüfung ein Gutachten der Ortsbildpflege-Sonderkommission der Landesregierung einzuholen. Falls diese Kommission feststellt, dass das Bauvorhaben den öffentlichen Interessen zuwiderlaufen würde, hat der Gemeindevorstand (bzw. die Bauberufungskommission oder der Stadtsenat) über die Baubewilligung zu entscheiden. Entscheidet die Behörde entgegen dem Gutachten der Kommission der Landesregierung, hat sie den entsprechenden Bescheid bei der Landesregierung innerhalb von zwei Wochen der Landesregierung vorzulegen. Die Landesregierung kann gegen den Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einlegen.590 In den »Erläuternden Bemerkungen« zum Gesetz werden Moscheen als Beispiel für einen Fall angegeben, in dem die Ortsbildpflege-Sonderkommission der Landesregierung einzuschalten ist. Die Gesetzesvorlage für die Änderung der Kärntner Bauordnung von 1996 sowie des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes wurde vom Kärntner Landtag am 12. Februar 2008 mit den Stimmen des BZÖ und der ÖVP beschlossen (LGBl 2009/16). Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk (Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien) stellte öffentlich klar, dass die Neuregelung der Bauordnung in Kärnten in sechs Punkten verfassungswidrig sei: Das Gesetz verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, das Diskriminierungsverbot, die Freiheit der Religionsausübung und gegen das Verhältnismäßigkeitsgesetz. 590 Cf. Baurechtliche Blätter 12 (Juni 2009) Heft 3, 122.

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Ebenso handle es sich um einen unzulässigen Eingriff in die Autonomierechte der Gemeinde.591 Aufgrund der schwammigen Formulierungen, die der Ortsbildpflegesonderkommission einen weiten Spielraum lasse und willkürliche Entscheidungen ermögliche, verstoße das Gesetz auch gegen die verfassungsrechtlich gebotene Regelungsklarheit. Funk räumte gleichzeitig ein, dass das Gesetz »hochwirksam« sei, weil es einen langen Atem brauche, um es im Rahmen des Instanzenzuges letztlich vor dem Verfassungsgerichtshof zu kippen. Nur die Bundesregierung könnte das Gesetz direkt beim Verfassungsgerichtshof anfechten.592 Ein Beispiel für schwammige Formulierungen ist der zentrale Ausdruck »Bauten von außergewöhnlicher Architektur und Größe«, die von der örtlichen Bautradition abweichen würden. Denn tatsächlich wird das traditionelle Ortsbild in Österreich gerade von solchen ungewöhnlichen und großen Bauten geprägt, wie Kirchen, Burgen, Klöstern, Schlössern.

591 Art. 118 Abs. 3 der österreichischen Bundesverfassung legt fest, dass die Ortsbildpflege in der Kompetenz der Gemeinden liegt. 592 »Moscheen-Verbot: Sechsfach verfassungswidrig«: Die Presse, 18. 2. 2008.

VI. Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007) »Meine ganze wissenschaftliche Arbeit lebt nämlich von der Überzeugung, dass sich die innerste Logik der sozialen Welt nur erfassen läßt, wenn man ganz in die Besonderheit einer empirischen, in der Geschichte räumlich und zeitlich bestimmbaren Realität eindringt, aber nur um sie als ›besonderen Fall des Möglichen‹ zu konstruieren …, also als Einzelfall in einem endlichen Universum von möglichen Konfigurationen.« Pierre Bourdieu: Praktische Vernunft, Frankfurt a. M. 1998, 14.

Methodische Vorbemerkung Für die empirische Untersuchung des Konflikts um den Neubau der Moschee in Bad Vöslau wurden insgesamt 42 qualitative, offene, explorative, leitfadenorientierte ExpertInnen-Interviews mit allen wichtigen Akteuren im Zeitraum März 2009 bis Mai 2010 von mir persönlich, mündlich in der Regel in Form von Einzelinterviews durchgeführt. Alle Interviews dauerten in der Regel 1 – 2 Stunden, wurden digital in Form von Audiodateien aufgezeichnet und ausgewertet. Zwei Interviewpartner haben eine Aufzeichnung (Hr. Cetin, Hr. Tschirk) nicht erlaubt; zwei aufgezeichnete Interviews (Hr. Jägerbauer, Hr. Gerstner) sind aufgrund des Verlustes des Aufnahmegerätes nicht vorhanden. Dabei können folgende vier Gruppen von Interviewpartnern unterschieden werden: 1) ATI˙B: (a) Botschaftsrat Mehmet Emin Cetin, Präsident des Dachverbands ATI˙B Union; (b) ATI˙B Bad Vöslau: Aydin Akyüz, Obmann des Vereins; Hizir Uzuner, Imam; Ing. Selfet Yilmaz, Projektleiter des Moscheebaus; Sezer Misirli, Cem Firat (Mitglieder der Mediationsgruppe, die den Verein vertreten haben), Walter Starek (Berater des Vereins in der Mediation); 17 Angehörige der ersten Generation der Arbeitsmigranten aus der Türkei, Verein ATI˙B Bad Vöslau. 2) Stadtregierung, Verwaltung und politische Parteien: Bürgermeister DI Christoph Prinz; Inge Kosa (Stadträtin, Liste Flammer), Elisabeth Schirk (Parteiobfrau SPÖ Bad Vöslau), Dr. Franz Sommer (Gemeinderat FPÖ); Arch. DI Andreas Zimmermann (Baudirektor); Franz Neuhold (ehemaliger Fraktionsführer ÖVP); Hans Zirkowitsch (Berater der ÖVP in der Mediation). Alle Personen waren Mitglieder der Mediationsgruppe. 3) »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur« (AEK): Ing. Bernhard Tschirk (Initiator) sowie 3 weitere Mitglieder der AEK. Als Politiker und damit Person des öffentlichen Lebens, der in den Medien als Initiator der AEK bekannt war, kommt Ing. Tschirk mit seinem Namen vor. Alle anderen Mitglieder der AEK, die interviewt wurden, sind anonymisiert. 4) Weitere Personen: Ing. Mag. Werner Kosa (Leiter der Baufirma »kosaplan+partner«, die die Moschee errichtet hat); P. Mag. Stephan Holpfer (röm-kath. Pfarrer); Mag. Karl-

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Jürgen Romanowski (evangelischer Pfarrer); Mag. Y. (Pastor und Leiter der IchthysGemeinde Wiener Neustadt); Vera Tiefenbacher (Initiatorin der Gruppe »Frauenvielfalt«); Dr. Othmar Rychlik; Lutz Nowotny ; Gabriele Stockmann (während des Moscheebaus Chefredakteurin »Badener Rundschau«); Architekt DI Metih Yerlikaya; Peter Gerstner (Fraktionsführer FPÖ Bad Vöslau); Daniel Jägerbauer (ehemaliger Obmann der FPÖ Bezirk Baden). Die 17 Interviews mit Vertretern der ersten Migrantengeneration (davon 3 Frauen) in türkischer Sprache wurden in der Regel in der Moschee Bad Vöslau durchgeführt. Als Dolmetscher hat Cem Firat mitgewirkt, der die Interviewpartner vermittelt hat. Beim Interview mit dem damaligen Präsidenten der ATI˙B Union Botschaftsrat Cetin hat Herr Generalsekretär Dr. Nihat Koca als Dolmetscher fungiert. Die in türkischer Sprache geführten Interviews wurden später von Frau Döndu Coban ins Deutsche übersetzt und transkribiert. Eine detaillierte Dokumentation aller Interviews befindet sich im Anhang. Nach einem Überblick zu Aspekten der Geschichte von Bad Vöslau und zur Arbeitsmigration aus der Türkei stelle ich zuerst den Verlauf des Konflikts um den Moscheebau in Bad Vöslau detailliert dar. Darauf folgen eine Darstellung zentraler Aspekte des Konflikts aus religionswissenschaftlicher Sicht und eine Konfliktdiagnose aus konflikttheoretischer Sicht.

1.

Einleitung: Aspekte der Geschichte von Bad Vöslau

Bad Vöslau ist eine kleine Stadt im Süden von Wien, die im niederösterreichischen Industrieviertel liegt und zum politischen Bezirk Baden gehört. Der Ort wurde 1136 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Zwischen 1580 und bis zur Gegenreformation 1623 war Vöslau protestantisch. Erst 1876 konnte wieder ein evangelisches Bethaus errichtet und ein evangelischer Gottesdienst in Vöslau gefeiert werden. Wie der benachbarte Kurort Baden besitzt Vöslau Thermalquellen. Das erste Heilbad, die »Fries’sche Badeanstalt«, wurde von Moritz Graf Fries, dem damaligen Besitzer der Herrschaft Vöslau, 1822 eingerichtet. 1904 wurde Vöslau offiziell zum Kurort erklärt. Eine neue Badeanlage, nun im Besitz der Gemeinde, wurde 1926 eröffnet. 1954 wurde Bad Vöslau zur Stadt erhoben. Das jüdische Leben in Baden und Bad Vöslau Die Kurbäder in Baden und später auch in Bad Vöslau wurden im Sommer von jüdischen Kurgästen stark frequentiert.593 In Baden war bereits 1650 ein eigenes Bad für jüdische Gäste eingerichtet worden, das bis zur Zerstörung im »Türkenkrieg« von 1683 bestand. Danach benutzten sie die anderen Bäder. Die Diskriminierung der jüdischen Badegäste bildete im 18. Jahrhundert ein Dauerproblem. Bereits 1819 bestand in Baden eine Synagoge, und es entstanden jüdische Restaurants und Betsäle. Als Baden zwischen 1800 und 1834 zur 593 Wenn nicht anders ausgewiesen, sind die Quellen des Abschnitts: Lind 2004; Schärf 2005.

Einleitung: Aspekte der Geschichte von Bad Vöslau

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Sommerresidenz des Kaisers wurde, kam im Sommer die Wiener Elite nach Baden, darunter jüdische Familien wie Arnstein, Eskeles, Oppenheimer und Todesco. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ließen sich immer mehr Juden in Baden und in Bad Vöslau nieder. 1871 wurde der Israelitische Kultusverein Baden gegründet; nach langjährigen Verhandlungen wurde 1876 die Kultusgemeinde zugelassen, zu der auch die Juden in Vöslau gehörten. Im gleichen Jahr wurde in Baden ein neuer, einfacher Betsaal im Zentrum von Baden eröffnet, zwei Jahre später direkt angrenzend die große Synagoge. Baden entwickelte sich zur größten unter den 15 jüdischen Gemeinden in Niederösterreich und bildete vor dem Anschluss die drittgrößte jüdische Gemeinde in Österreich. Um 1894 wurde ein Bethausverein in Vöslau gegründet, ein Jahr später ein Bethaus eingerichtet, das im Sommer von den jüdischen Kurgästen und Hausbesitzern in Vöslau benutzt wurde. Ab 1906 führte der Verein eine Synagoge (heute Petzgasse 3). Ebenso existierten ein jüdisches Ferienheim und eine eigene israelitische Leichenkammer. Laut der Volkszählung 1934 lebten in Niederösterreich insgesamt 7716 Juden, davon die meisten (1108) in Baden, gefolgt von Wiener Neustadt (685). 99 Juden lebten in Bad Vöslau, 21 im benachbarten Gainfarn und 38 in Berndorf. Allein in Baden existierten Ende der 30er Jahre zehn jüdische Beherbergungsbetriebe (cf. Baumgartner/ Streibel 2004, 61). Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1938 kam es u. a. zum Boykott jüdischer Geschäfte in Vöslau und Baden und zu Übergriffen gegen die jüdische Bevölkerung. Am Anfang unterschied man noch zwischen jüdischen Wochenendbesuchern aus Wien, die unerwünscht waren, und den internationalen jüdischen Kurgästen – man wollte auf die Einnahmen durch sie nicht verzichten. Zu diesem Zweck trennte man den Kurbetrieb in einen »arischen« und »nichtarischen Bereich« und legte fest, welche Hotels noch Juden aufnehmen durften. Alle anderen Hotels mussten durch die Aufschrift »Juden unerwünscht« gekennzeichnet werden. Im Novemberpogrom 1938 wurden Wohnungen von jüdischen Bürgern in Baden geplündert und viele Juden aus den Wohnungen vertrieben. Die Badener Synagoge wurde durch Mitglieder der SS und der SA verwüstet und geplündert, aber nicht angezündet, da man eine Brandgefahr für die Stadt fürchtete. Die beiden Bethäuser in Baden sowie die Zeremonienhalle am Friedhof wurden gesprengt. Ebenso wurde das Bethaus in Bad Vöslau demoliert, und die Vöslauer Juden mussten den Ort bis 1. Oktober verlassen. Der Bethausverein in Vöslau wurde am 27. 10. 1938 offiziell aufgelöst. Das Vöslauer Bethaus wurde der Hitlerjugend angeboten, die aber ablehnte, da das Haus ungünstig liegen würde und keine Morgensonne habe (cf. DuizendJensen 2004, 113). Die Villen, Grundstücke, Geschäfte und Vermögen in jüdischem Besitz wurden »arisiert«, d. h. geraubt. Das Schloss Vöslau, heute Sitz der Stadtverwaltung, wurde von der Stadtgemeinde »arisiert«. Schloss und Herrschaft Vöslau waren ab 1901 im Besitz der jüdischen Familie Ritter von Gut-

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mann, und zwar von Moritz Ritter von Gutmann. Er war mit Käthe von Gutman (geb. Frankl) verheiratet, die 1942 von den Nazis ermordet wurde.594 Nach dem Krieg kam es zu einem Rückstellungsverfahren, der Sohn von Moritz Ritter von Gutmann verkaufte das Schloss 1951 an die Stadtgemeinde. Ansonsten blieben die meisten Rückstellungsverfahren in Baden nach 1945 ohne Ergebnis – nur selten erhielten die 1938 beraubten jüdischen Besitzer ihren Besitz zurück oder entschädigte man sie (cf. Baumgartner/ Streibel 2004, 61 – 65). Die Synagoge in Baden ist eine der wenigen Synagogen in Österreich, die nach dem Novemberpogrom 1938 nicht zerstört war. Nach 1945 war sie dem Verfall preisgegeben und konnte, faktisch in letzter Minute, 1988 vor dem Abriss gerettet werden. Sie wurde mit Hilfe von Mitteln des Landes Niederösterreich umgebaut und 2005 wiedereröffnet. Die ehemalige Vöslauer Synagoge ist heute ein privates Wohnhaus. Wie an vielen anderen Orten wird die Geschichte der jüdischen Minderheit in Bad Vöslau verdrängt. Gegenwärtig gibt es in Bad Vöslau keine Gedenkstätte für die ehemaligen jüdischen Mitbürger, so wie in Niederösterreich insgesamt kein Denkmal für die fünfzehn zerstörten jüdischen Gemeinden existiert. Weder im »Heimatbuch« 1957 noch im »Heimatbuch« 1986 (Dippelreiter 1986), das von der Stadtgemeinde Bad Vöslau herausgegeben wurde, kommt die Präsenz von Juden in der Geschichte Vöslaus und ihre Vertreibung 1938 vor.595 Die Vöslauer Kammgarnfabrik Am Anfang des 19. Jahrhunderts war Vöslau noch ein kleines Dorf mit 79 Häusern und 580 Einwohnern (Schmidl 1839, 529ff). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung auf über 4000, im Jahr 1900 auf fast 7000 Menschen.596 Dieses Wachstum und den Aufstieg zur Stadt im 19. Jahrhundert verdankt Vöslau der »Vöslauer Kammgarnfabrik«, die 1833 von dem aus Basel stammenden Bankier Johann Heinrich von Geymüller d.J. (1781 – 1848) gegründet wurde (Otruba 1964). Die nötigen Fachleute dafür wurden aus Deutschland geholt. 1841 ging das Unternehmen Geymüllers mitsamt der 594 Website der Jüdischen Gemeinde Baden, Internetquelle: http://www.synagogenverein.at/ Familien/gutmann_Ketshendrf.htm (Zugriff 15. 8. 2010). 595 Während des Konflikts um den Moscheebau in Bad Vöslau nahm der Präsident der Jüdischen Gemeinde Baden MMag. Thomas E. Schärf öffentlich Stellung: Die jüdische Gemeinde sei bestürzt über den Diskussionsverlauf. Man sehe deutliche Parallelen zu den Ressentiments der Mehrheit gegen die Finanzierung der Synagoge in Baden und der Ablehnung von Minderheiten, die sich darin gezeigt habe. Quelle: »Moschee: Stellungnahme der jüdischen Gemeinde Baden«, 1. 12. 2006. Internetquelle: http://gast.adaxas.net/ wordpress/2006/12/01/moschee-stellungnahme-der-juedischen-gemeinde-baden (Zugriff 19. 8. 2010). 596 Quelle: Statistik Austria, Volkszählung vom 15. Mai 2001, Bad Vöslau (mit Bevölkerungsentwicklung seit 1869).

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Kammgarnfabrik in Konkurs. Zu dieser Zeit hatte die Fabrik 200 Beschäftigte, davon 150 Kinder (cf. Rothbauer 1963, 149). Bei der Versteigerung 1844 erhielt ein Proponenten-Komitee den Zuschlag, das aus mehreren bedeutenden Bankiers und Geschäftsleuten bestand, unter ihnen Friedrich Schey, einer der bedeutendsten jüdischen Bankiers dieser Zeit und spätere Direktor der Österreichischen Nationalbank (Mentschl 2005) und Baron Moritz Wodianer, der aus einer Familie ungarisch-jüdischer Großhändler stammte. Teil des Komitees waren zwei Repräsentanten des bedeutenden Bankhauses Rothschild, nämlich Leopold Wertheimstein und Moriz Goldschmid (Rothbauer 1963). Sie werden in der Regel als »Geschäftsführer der Firma Rothschild« bezeichnet. Tatsächlich war Leopold Edler von Wertheimstein (1801 – 1883), aus einer geadelten jüdischen Familie stammend, die rechte Hand von Baron Salomon Rothschild, u. a. sein Bevollmächtigter für Eisenbahnangelegenheiten (cf. Rossbacher 2003, 65ff). In der Geschichte der jüdischen Gemeinde Wiens spielt er eine bedeutende Rolle: Er war der erste Präsident des Vorstandes der Israelitischen Kultusgemeinde (1853 – 1863). Die große Ära der Vöslauer Kammgarnfabrik, die zum größten Textilkonzern Österreichs wurde, begründeten also jüdische Eigentümer. Die wichtigsten Aktionäre waren Rothschild und die Firma »Gebrüder Gutmann«: Wilhelm Wolf Isaak Ritter von Gutmann (1891 – 92 Präsident der IKG) sowie David Ritter von Gutmann. Der Enkel von Wilhelm Ritter von Gutmann erhielt das Schloss Vöslau im Rückstellungsverfahren nach 1945 von der Stadtgemeinde zurück. Die Firma wuchs rasch. Nach dem Ende der Monarchie verwandelte sich die Firma in einen multinationalen Konzern, mit je einer Firma in Tschechien und in der Schweiz sowie einer Filiale in Polen (cf. Resch 2006, 239 f). In den 1930er Jahren arbeiteten zwischen 1500 bis 2000 Beschäftigte in der »Vöslauer« (Fischer-Westhauser 1994, 180 f). Die »Nürnberger Rassengesetze« (ab 1936) betrafen die Eigentümerfamilien Rothschild und Gutmann. Die Aktiengesellschaft Vöslauer Kammgarnfabrik wurde 1938 von den Nationalsozialisten unter kommissarische Verwaltung gestellt (cf. Resch 2006, 242). Die Bankhäuser Rothschild und Gebr. Gutmann wurden unter kommissarische Verwaltung des »Österreichischen Credit-Instituts für öffentliche Unternehmungen und Arbeiten« gestellt, und zwar durch den Wiener Gemeinderat und SS-Sturmbannführer Walter Rafelsberger, der im März 1938 zum Staatskommissar in der Privatwirtschaft ernannt wurde und dessen Hauptaufgabe es war, den Exzess an wilden Plünderungen jüdischer Geschäfte, der nach dem »Anschluss« von der NSDAP nicht mehr kontrolliert werden konnte, in geregelte Bahnen zu bringen (Safrian 2002, 71 f). Der nach Rothschild und Gutmann drittstärkste Aktionär, der Konzern Schoeller & Co., übernahm nun faktisch die Firma. Der Leiter des Konzerns,

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Philipp Schoeller, war bereits ab 1936 illegales Mitglied der NSDAP.597 Leo Preleuthner wurde der neue Vorsitzende der Aktiengesellschaft. Die Firma setzte ihre Tätigkeit unter den neuen Besitzverhältnissen fort. 1950 war die Firma nach wie vor das größte Textilunternehmen Österreichs. Nach der »Entnazifizierung« führte die Schoeller die Vöslauer als Teil ihrer Unternehmensgruppe weiter. Ab der Ölkrise 1973 machte die Kammgarnfabrik große Verluste. Man versuchte eine Sanierung, die scheiterte. 1978 musste der Konkurs angemeldet werden und die Fabrik wurde geschlossen. Die Ära der »Kammgarn« war zu Ende. Arbeitsmigration aus der Türkei In den 1950er und 60er Jahren, während des Wirtschaftsaufschwungs, herrschte Arbeitskräftemangel. Franz Olah, ÖGB-Präsident von 1959 – 63, schreibt in seinen Erinnerungen, dass man damals den Unternehmern erstmals das Zugeständnis machte, »Gastarbeiter« einzustellen. Und er betont: »Einer der Betriebe, der das besonders nötig hatte, war übrigens die ›Vöslauer Kammgarn‹ …« (Olah 1995). Ende der 1950er Jahre hatte die Kammgarnfabrik spanische Arbeiter eingestellt, die jedoch bald wegen der höheren Löhne in die Schweiz gingen. Anfang der 1960er Jahren suchte man im ehemaligen Jugoslawien nach Arbeitskräften. Ehemalige Verantwortliche der Fabrik beschrieben die Anwerbung so: »Ein Vertreter der Firma fuhr in jugoslawische Dörfer und machte mittels Megaphon Arbeitsangebote. Die angehenden Gastarbeiter wurden mittels mitgebrachter Busse nach Österreich gebracht.« (Fischer-Westhauser 1994, 325)

Laut Fischer-Westhauser kamen die ersten türkischen Arbeiter ca. 1967/68. In den beiden Werken Vöslau und Möllendorf arbeiteten im Jahr 1965 221 »Gastarbeiter«, 1970 bereits 1021 von insgesamt rund 2800 Beschäftigten. 1973 erreichte die Zahl der »Gastarbeiter« den Höchststand von 1036. Die Kündigungen im Zuge der Ölkrise betrafen inländische wie ausländische Arbeitskräfte. 1975 betrug die Zahl der ausländischen Arbeiter in der Kammgarnfabrik nur mehr 415. So wie überall in Westeuropa ging ein großer Teil der Arbeitsmigranten wieder in die Herkunftsländer zurück. Von den türkischen und jugoslawischen Arbeitern blieb ein Teil und holte in den 1980er Jahren die Familien nach. In den 1980er und 90er Jahren kamen auch Flüchtlinge aus der Türkei dazu, so dass sich eine größere aus der Türkei stammende Bevölkerung in Bad Vöslau entwickelte. Sie stammt hauptsächlich aus vier Regionen in der Türkei: (1) aus Städten an der Schwarzmeerküste wie Trabzon (das antike Trapezus), wo aus einem bestimmten Stadtteil besonders viele Menschen ausgewandert sind, oder Adapazarı (Provinz Sakarya), woher viele Kurden kommen, (2) aus Städten in Mit597 Zu Schoeller : Feldman 2006.

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telanatolien wie Kırs¸ehir, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, (3) aus Städten an der ägäischen Küste wie Izmir (das antike Smyrna) und (4) aus I˙zmit (das antike Nikomedia, Provinz Kocaeli) am Marmarameer.598 In den Interviews mit Angehörigen der ersten Migrantengeneration in Bad Vöslau zeigt sich, dass viele bereits vor der Migration nach Europa innerhalb der Türkei migriert sind, vom Land in die großen Städte wie Istanbul, Izmir, Trabzon usw. Viele kamen ohne formelle Ausbildung, viele aber auch als Maschinentechniker für Weberei und Spinnerei oder Webmeister. Bei der Volkszählung 2001 betrug der Anteil von Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Bad Vöslau 13,1 % (1440 Personen) – der Ausländeranteil betrug in Niederösterreich insgesamt 4,6 %. Die größte Ausländergruppe in Bad Vöslau bildeten türkische Staatsbürger (528 Personen; 2012: 358), gefolgt von Bürgern Ex-Jugoslawiens (365 Personen), Bosniens (174) und Deutschlands (163; 2012: 183). 877 Personen gaben bei der Volkszählung den Islam als Religionsbekenntnis an, das sind 7,97 % der Gesamtbevölkerung – ein fast doppelt so hoher muslimischer Bevölkerungsanteil wie im österreichischen Durchschnitt (4,2 %), ein mehr als doppelt so hoher wie im niederösterreichischen Durchschnitt (3,2 %) im Jahr 2001. Bei einer Gesamtbevölkerung von 10.998 Personen gaben 6615 Personen als Religionsbekenntnis römisch-katholisch an (60,14 %), 1084 Personen evangelisch (9,85 %), 1679 Personen bekannten sich zu keiner Religion (15,26 %). Die Verbindungen zum Herkunftsland sind bei den aus der Türkei nach Bad Vöslau zugewanderten Familien – so wie bei anderen Migranten – nicht abgerissen. In der Pension führen sie ein verstärkt transnationales bzw. transmigrantisches Leben: Eine Hälfte des Jahres wird in Bad Vöslau verbracht, wo die Kinder und Enkel leben, die andere Hälfte in der Türkei, wo sich viele in den letzten Jahren eine Wohnung oder ein Haus gekauft haben. Institutionalisierung des Islam in Bad Vöslau Die Arbeiter aus der Türkei richteten 1983 in Bad Vöslau einen ersten kleinen Gebetsraum in einem Teil eines Arbeiterwohnhauses in der Wolfstraße 10 ein und gründeten für diesen Zweck einen Verein. Zwei Jahre später kam es so wie an anderen Orten zu einer Spaltung, die mit unterschiedlichen religiös-politischen Ausrichtungen zu tun hat. Im Fall Bad Vöslau trennte sich eine Gruppe, die sich der Milli-Görü¸s-Bewegung anschloss und eine andere Gruppe, die sich am staatlichen Islam in der Türkei orientierte.599 Die erste Gruppe, der »Islamische 598 Für mündliche Hinweise auf die Herkunft der türkischen Zuwanderer sowie für ausführliche Gespräche zur Migrationsgeschichte der türkischen Arbeiter und der Geschichte der Moscheen in Bad Vöslau danke ich Herrn Cem Firat (Bad Vöslau). 599 Zur Entwicklung der Konflikte der verschiedenen türkisch-muslimischen Organisationen in dieser Zeit: Schiffauer 2000.

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Sozial- und Kulturverein«, übersiedelte 2000 in die Bahnstraße 39. Die zweite Gruppe blieb im Zentrum in der Wolfstraße, gründete 1985 einen neuen Verein und schloss sich am 11. Juli 1987 der »Türkisch- Islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich« (Avusturya Türk ˙Islam Kültür ve Sosyal Yardımlas¸ma Birlig˘ i, ATI˙B) an.600 Die ATI˙B untersteht der Religionsbehörde des türkischen Staates, dem »Präsidium für religiöse Angelegenheiten« (Diyanet ˙I¸sleri Bas¸kanlıg˘ı) mit Sitz in Ankara. Seit der Spaltung im Jahr 1985 existieren zwei Moscheevereine in Bad Vöslau. Die Zentren der beiden Vereine befinden sich in unmittelbarer Nähe, auf demselben Gelände zwischen dem Bahnhof und der ehemaligen Kammgarnfabrik. Es handelt sich um eine Siedlung aus ehemaligen Arbeiterwohnhäusern der Fabrik von Ende des 19. Jahrhunderts, die zum größten Teil in den letzten Jahren renoviert und umgebaut wurden. Sie wurden für die böhmischen Textilarbeiter gebaut, die damals in der Kammgarnfabrik arbeiteten, und das Viertel wurde als »Böhmzipf« bezeichnet. Seit sich türkische Arbeiter mit ihren Familien dort ansiedelten, wird das Viertel geläufig als »Klein-Istanbul« oder »Türkenviertel« bezeichnet. Der Verein ATI˙B benutzte das Zentrum in der Wolfstraße 10, mit einem sehr kleinen Gebetsraum und einem kleinen Raum zum Teetrinken und Treffen, unter dem Namen Haci Bayram Camii. Es handelte sich um eine ca. 100 m2 große Mietwohnung im Erdgeschoss eines der Arbeiterwohnhäuser. Die Räumlichkeiten waren für den Verein, der heute rund 150 Mitglieder hat, seit langem zu klein. Im Raum, in dem der Koranunterricht für 30 bis 40 Kinder am Wochenende stattfand, gab es keine Heizung. Teilweise mussten Leute beim Freitagsgebet und bei den Festen bei jeder Witterung im Freien beten. Ungefähr ab 1995/96 gab es Überlegungen im Verein, ein Grundstück zu kaufen und ein neues Gebäude zu errichten. Der Obmann des Vereins ATI˙B Vöslau, Aydin Akyüz, schildert das so: »Und dann haben wir überlegt – so geht es nicht weiter. Wir haben Kinder, wir haben genug Leute zum Beten und zum Herrichten. Und da haben wir überlegt, haben ein Grundstück gekauft und eine neue Moschee gebaut, sagen wir so.«601

Dabei ging es nicht nur darum, eine Gebetshalle zu errichten, sondern auch genug Platz für die kulturellen Aktivitäten des Vereins, nicht zuletzt für die 600 Für die telefonische Auskunft danke ich Herrn Yilmat Yilmaz, ATIB Union in Wien, 14. 8. 2012. 601 Interview mit dem Obmann ATI˙B Bad Vöslau, Aydin Akyüz, 20. 1. 2011, Firma Akyüz Industrieböden GmbH, Teesdorf. Beim Interview war Herr Cem Firat anwesend. – Hr. Akyüz ist Kurde, kam 1987 (mit 22 Jahren) aus der Türkei nach Österreich und ist seit 1990 Obmann des Vereins ATI˙B Bad Vöslau. Bei der Wahl 2010 wurde er als Obmann bestätigt. Er ist zurzeit Mitglied im Vorstand des Dachverbands ATI˙B Union (Stand Juni 2013).

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Abbildung 34: ehemalige Moschee »Haci Bayram Camii«, ATI˙B Bad Vöslau, Gebetsraum (ca. 1987/88)

Jugendlichen und die Frauen, zu schaffen, sowie ein Restaurant, Caf¦ und Unterrichtsräume einzurichten. Laut dem Obmann war es ein wichtiges Ziel, die Jugendlichen von der Straße, den Wettbüros und Gasthäusern wegzubekommen und ihnen Räume im Zentrum zur Verfügung stellen zu können.

2.

Der Konflikt um den Bau einer neuen Moschee in Bad Vöslau: Darstellung des Konfliktverlaufs

Der Verein ATI˙B Bad Vöslau kaufte 2006 ein 1200 m2 großes Grundstück in der Castelligasse, direkt neben dem alten Vereinszentrum. Die österreichische Besitzerin – damals eine über siebzigjährige Frau – war zunächst nicht bereit, das Grundstück zu verkaufen, sondern wollte nur weiter vermieten. Der Obmann berichtet von einer frühen Unterstützung des Projekts: »Wir haben der Frau unseren Plan gezeigt, ja. Wir werden dieses Kulturzentrum mit der Gebetshalle, mit den Kuppeln, Minaretten usw. da bauen. (…) Diesen Plan haben wir dieser Frau gezeigt. Und sie hat zu uns gesagt: Wenn wirklich dieses Projekt da auf meinem Grundstück gebaut wird, werde ich sicher verkaufen. Sonst verkaufe ich nicht.«602 602 Interview Akyüz, 20. 1. 2011. Ob diese Darstellung zutrifft, konnte nicht überprüft werden,

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Abbildung 35: Ansicht des Grundstücks, auf dem die neue Moschee des Vereins ATI˙B Bad Vöslau errichtet wurde, zur Zeit des Baubeginns (Mai 2008)

Der Bürgermeister erkundigte sich beim Verein, was auf dem Grundstück geplant sei.603 Er erhielt die Auskunft, es solle ein Gebetshaus hinkommen, weil das bestehende Gebetshaus daneben in einem schlechten Zustand und zu klein sei. Darauf lud Bürgermeister Prinz Vertreter des lokalen Vereins ATI˙B zu einem Gespräch ein. Der Verein informierte ihn darüber, dass man ein Kulturzentrum bauen wolle, mit einem Gebetsraum, einem Bereich für die Jugendlichen und einem Bereich für Tee und Kaffee. Ein türkischer Architekt werde das Gebäude planen. Der Bürgermeister wies den Verein auf allgemeine Grundregeln hin, die bei einem Bauprojekt üblich sind: Er ersuchte den Verein, nicht höher als das Nachbargebäude zu planen und sich die Frage der Parkplätze zu überlegen. Der Begriff Moschee kam zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor, auch die Frage des Aussehens war noch kein Thema. Der Bürgermeister rechnete nicht damit, dass eine klassische Moschee geplant sei, da das bisherige Vereinsgebäude ein normales Wohnhaus war und auch der Milli-Görü¸s-Verein 2000 ein normales

da die ehemalige Besitzerin des Grundstücks laut Auskunft von Cem Firat bereits verstorben sei. 603 Interview Bürgermeister DI Christoph Prinz, 4. 6. 2009, Rathaus Bad Vöslau.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Wohnhaus ohne äußere muslimische Symbole für seinen Verein bezogen hatte.604 Der Stadtrat wurde über das Vorhaben des neuen Zentrums von Bürgermeister Prinz Ende Februar 2006605 sowie in den Sitzungen am 16. August und am 20. September 2006 informiert. Im September wurde der Antrag für das neue Gebäude, einschließlich der Pläne, von ATI˙B bei der Stadtverwaltung eingereicht. Wie kam die ursprünglich geplante Architektur zustande? Der Vereinsvorstand in Bad Vöslau hatte den Vorschlag des Wiener Architekten DI Melih Yerlikaya (Architekturbüro BG 4), der von der ATI˙B-Zentrale als Architekt für die neue Moschee vermittelt worden war, abgelehnt.606 Er hatte eine zeitgenössische Architektur ohne traditionelle Elemente wie Kuppel sowie eine zeitgenössische Form eines Minaretts statt der traditionellen bleistiftartigen osmanischen Minarette vorgeschlagen. Als Alternative dazu entwarfen Mitglieder des Vereins selbst eine Skizze einer multifunktionellen Moschee mit einer Zentralkuppel sowie mehreren kleinen Kuppeln und zwei 25 Meter hohen Minaretten. Dieser Entwurf einer traditionellen türkischen Moschee wurde vom Architekturbüro umgesetzt, auch wenn DI Yerlikaya aus architektonischer Sicht damit nicht einverstanden war. Nach mehreren Verhandlungen stieg dieser jedoch aus dem Projekt aus. Der Verein arbeitete jedoch im Prinzip mit dem Entwurf Yerlikayas weiter und verwendete sie für die Einreichung. Die Pläne wurden von der Firma kosaplan+partner gezeichnet; Geschäftsführer der Baufirma ist Ing. Mag. Werner Kosa, zugleich Klubobmann der »Liste Flammer« seit 1997. Was bedeuten Kuppeln und Minarette für den Verein selbst? Der Obmann, Aydin Akyüz, erklärt im Interview: »… wenn ich eine Gebetshalle überlege, ja, komme ich direkt auf Kuppel und Minarette. Also das heißt so wie eine Kirche: Die Kirche hat auch einen spitzen Turm. Das ist ein Symbol für die Kirche. Aber die Gebetshalle hat auch ein eigenes Symbol, das ist

604 Ibid. 605 Quelle: Liste Flammer – Information, Juli 2007, 3. Die Ausgabe enthält eine Chronologie des Bauprojekts. Internetquelle: http://www.listeflammer.at/flammer/flammer_2007. nsf/menue/1.6.18/$file/info_2007_Ausgabe_2.pdf, (Zugriff 15. 8. 2010). – Die »Liste Flammer« wurde 1985 in Bad Vöslau gegründet, und zwar vom früheren Bürgermeister Alfred Flammer, der vorher für die SPÖ kandidiert hatte und sich von ihr trennte. Seither besitzt die Liste die absolute Mehrheit im Gemeinderat und in der Stadtregierung. DI Christoph Prinz ist seit 2003 Nachfolger von Alfred Flammer. 606 Der siebenköpfige Hauptvorstand des Vereins ATI˙B Bad Vöslau bestand zur Zeit des Moscheebaus aus folgenden Personen (Ö = österreichischer Staatsbürger, T = türkischer Staatsbürger): Aydın Akyüz (Obmann, T), Kazım Gürses (stellv. Obmann, T), S¸inasi Ug˘urlu (Kassier, Ö), Erdal Alıs¸ık (stellv. Kassier, Ö), Haluk Aykut (Sekretär, T), Yas¸ar Komar (Sekretär, Ö), Metin Fidan (T). – Für die Information danke ich Hr. Cem Firat, e-mailKommunikation 20. 8. 2012.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Kuppel und Minarette. Für den Islam ist es nicht Symbol, nicht das Symbol für den Islam, aber für die Gebetshalle.«607

Abbildung 36: Modell der ursprünglich geplanten Moschee Bad Vöslau, Draufsicht (Juli 2006). Ó kosaplan+partner gmbh

Der Plan zeigte nun ein ca. 25 Meter breites Gebäude mit einer Kuppel von 12,5 Meter Durchmesser und zwei 15 Meter hohen Minaretten. Das Gebäude umfasst eine Gebetshalle für 130 Personen (250 m2), ein Teehaus, ein Restaurant, ein Büro und zwei Klassenzimmer. Die vom Bürgermeister im ersten, informellen Gespräch genannten Vorgaben waren vom Verein umgesetzt worden – die Höhe der Minarette überschritt nicht die Höhe des Nachbarhauses, eine Tiefgarage war eingeplant worden. Die Höhe der Minarette war gegenüber der ursprünglichen Pläne vom Verein um zehn Meter verringert worden, obwohl von den gesetzlichen Rahmenbedingungen her (Sakralbau in der Kernzone; 35 Meter hohe Schlote der ehemaligen Kammgarnfabrik in der Nähe) die höheren Minarette möglich gewesen wären. Der Bürgermeister schildert im Interview seine Reaktion, als die Einreichpläne vorlagen: »Wie dann natürlich die Einreichung gekommen ist – was meine erste Reaktion darauf war : Natürlich ist mir einmal kurz heiß geworden, und dann habe ich mir schon gedacht: Na super, das wird jetzt aber schwierig werden. (…) Weil mir klar war, dass 607 Interview Akyüz, 20. 1. 2011.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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das in der Bevölkerung sicher nicht gut ankommen wird. Ich kenne die Diskussionen von Telfs vom Rande aus den Medien. Und wenn du das in der eigenen Gemeinde hast, kannst du dir vorstellen, was passiert.«608

Der Bürgermeister informierte den Stadtrat am 20. September über die Einreichung – im Stadtrat waren alle Parteien außer der FPÖ vertreten, die damals einen Gemeinderatssitz innehatte. Laut Bürgermeister Prinz reagierte der Stadtrat auf den Einreichplan für die Moschee, den der Bürgermeister in der Sitzung herzeigte, mit einer gewissen Unsicherheit. Die Konsequenzen habe sich noch niemand wirklich vorstellen können. Laut Prinz sei nicht von vornherein Ablehnung dagewesen, sondern die neutrale Haltung: Schauen wir einmal, was da auf uns zukommt, und holen wir uns Fachleute, die die Sache beurteilen. Viele eingereichte Bauprojekte würden ja schließlich nie realisiert werden.609 Erste öffentliche Berichte und Dementis Einen Tag nach der Sitzung des Stadtrats, am 21. September, erschien in der lokalen Zeitung Badener Rundschau der erste Bericht über ein geplantes türkisches Kulturzentrum. Dabei wurden die beiden islamischen Vereine von der Redakteurin verwechselt, und das Projekt wurde der Milli-Görü¸s-Moschee in Bad Vöslau zugeschrieben. Die erste öffentliche Stellungnahme des Bürgermeisters wurde wie folgt zitiert: »Befürchtungen aus der Bevölkerung, es könnte hier eine Moschee entstehen, zerstreut Prinz. ›Ursprünglich war tatsächlich eine Moschee geplant. Sie hätte aber wegen der Gebäudehöhe mit Minarett nicht in die Gegend gepasst. Wir prüfen derzeit die Einhaltung der Bebauungsvorschriften.‹«610

Im Oktober tauchte das Gerücht über einen Moscheebau erneut in der Presse auf, und erneut wurde dementiert. Unter dem Titel »Befürchtungen unbegründet / Keine Moschee in Bad Vöslau« hieß es: »Vom Bau einer riesigen Moschee mit zwei Türmen und einem fünf [sic!] Meter hohen Minarett und Ähnlichem wird derzeit in Bad Vöslau fantasiert. Manche wollen sogar derartige Baupläne gesehen haben. Fakt ist, dass im Laufe des nächsten Jahres ein neues türkisches Kulturzentrum mit integriertem Gebetshaus gebaut wird.«611

Der Bürgermeister wurde mit folgender Aussage zitiert: »Vom Straßenraum aus wird das Kulturzentrum gar nicht zu sehen sein, weil das nebenstehende Gebäude, das höher ist, es verdeckt. Es braucht sich also niemand zu 608 609 610 611

Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009. Ibid. »Türkisches Kulturzentrum geplant«: Badener Rundschau, 21. 9. 2006, 23. Marion Göth: »Befürchtungen unbegründet. Keine Moschee in Bad Vöslau«: Niederösterreichische Nachrichten, 9. 10. 2006, 35.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

fürchten, dass ein Muezzin jeden Tag mit dem Lautsprecher vom Minarett herunterschreien wird. Das neue Gebäude ist ein Ersatz für etwas, das es schon gibt…«612

Auffällig ist, dass durchgängig die Sprache einer Gefahr oder Bedrohung das Thema Moschee bestimmt: Die einen »befürchten«, dass eine Moschee kommen werde, andere beruhigen, es brauche nicht »befürchtet« werden, dass eine Moschee gebaut werde. In dieser Zeit, am 23. Oktober, wurde der FPÖ-Gemeinderat Dr. Sommer laut eigenen Angaben telefonisch von einer Person, die nicht genannt werden wolle, über die am Bauamt vorliegenden Einreichpläne einer Moschee informiert; die gleiche Person habe zur gleichen Zeit die Pläne kopiert und an die Badener Rundschau geschickt.613 Ende Oktober erschien erneut ein Artikel im Kurier unter dem Titel »Zwei Minarette für neue Moschee / Bad Vöslau: Umstrittener Neubau«. Darin war explizit davon die Rede: »Zwei Minarette sollen den Neubau einer Moschee krönen.« Der Redakteur, Georg Hönigsberger, wohnt in Bad Vöslau, hörte im Ort von den Gerüchten über eine geplante Moschee und ging direkt auf den Bürgermeister zu, was an der Sache dran sei.614 Dieser bestätigte den Plan einer Moschee mit zwei Minaretten. Im Beitrag wird ein Vertreter des Milli-Görü¸sVereins in Bad Vöslau zitiert, der findet, man solle eine gemeinsame Moschee für beide Vereine bauen. Der Bürgermeister betonte erneut die Nicht-Sichtbarkeit der Moschee: »Man wird von der Straße nichts sehen.« Die Stadtgemeinde fordere vom Verein ATI˙B: keine Lautsprecher, kein Muezzin, genügend Parkplätze.615 Vorprüfung durch das Bauamt Die Stadtgemeinde klärte im Herbst 2006 im Rahmen einer Vorprüfung, ob das Gebäude in der eingereichten Form an diesem Standort auf Basis der geltenden Bauordnung, Raumordnung und Bautechnikverordnung zu genehmigen sei. Der Bürgermeister räumt ein, dass es auch darum ging: »Kann man das verhindern?«616 Zentral war die Frage, ob das Gebäude in das Ortsbild passe, d. h. ob Paragraph 56 der Bauordnung erfüllt sei: »Bauwerke haben sich in ihre Umgebung harmonisch einzufügen.« Maßgeblich sind u. a. die Struktur des Baubestandes und die Charakteristik der Landschaft in der unmittelbaren Umgebung des Bauwerks. Um die Frage des Ortsbildschutzes zu prüfen, wurden von der Stadtgemeinde Stellungnahmen von übergeordneten Behörden eingeholt, u. a. vom Gebietsbauamt (Baubehörde zweiter Instanz) und vom Bundesdenkmal612 613 614 615 616

Göth: »Befürchtungen unbegründet«, op. cit. Interview Gemeinderat Dr. Franz Sommer (FPÖ), 15. 7. 2009, Privathaus, Bad Vöslau. Telefonische Auskunft Georg Hönigsberger, 20. 8. 2010. Georg Hönigsberger : »Zwei Minarette für neue Moschee«: Kurier 25. 10. 2006, 11. Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Abbildung 37: Modell der ursprünglich geplanten Moschee Bad Vöslau, Vorderansicht Ó kosaplan+partner gmbh

amt. Der wichtigste Sachverständige, der um ein Gutachten gebeten wurde, war DI Peter Obleser, der damalige Leiter der Abteilung Ortsbildpflege in der Baudirektion der niederösterreichischen Landesregierung sowie Leiter der »NÖ Gestaltungsakademie«. Seine Stellungnahme ergab, »dass es keine auffallenden Abweichungen gibt«, das Objekt mit dem Ortsbild verträglich sei und das Projekt in der eingereichten Form zu bewilligen sei.617 Das bestätigte auch Bürgermeister Prinz: Der Standort Castelligasse liege in der Bauland-Kernzone, in der man religiöse Bauten ohne Beschränkung der Turmhöhe errichten dürfe.618 D.h. auch die Minarette waren in der eingereichten Form zu bewilligen – auch höhere Minarette wären zu bewilligen gewesen.

617 Interview Baudirektor Arch. DI Andreas Zimmermann, Rathaus Bad Vöslau, 8. 9. 2009. – Wegen der gesetzeskonformen Stellungnahme des Beamten der niederösterreichischen Landesregierung wurde diese bzw. Landeshauptmann Pröll seitens der FPÖ immer wieder attackiert, u. a. bei der Diskussion im Plenum des Nationalrats am 27. September 2007. In ihrer Rede meinte Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ), Landeshauptmann Pröll verschleiere sein Wirken, »der zwar einerseits – er dilettiert noch ein bisschen im Rechtspopulismus – Minarette als ›artfremd‹ bezeichnet, aber andererseits mit einem Gutachten der Landesregierung – der Beamte untersteht ihm unmittelbar, das ist die Abteilung Ortsbildpflege – bereits grünes Licht für den Moscheebau in Bad Vöslau gegeben hat.« (Republik Österreich, Parlament, 31. Sitzung des Nationalrats am 27. September 2007, Stenographisches Protokoll, S. 195). 618 »Moschee: Heuer noch nicht fix!«, Badener Rundschau, 16. 11. 2006, 29.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

In einer Fernsehsendung beschrieb der Bürgermeister seine erste Begegnung mit dem Moscheeprojekt so: »Also der erste Entwurf, den ich dann auf den Tisch bekommen hab’, war eine klassische Moschee mit Minaretten, mit Kuppel, mit orientalischem Aussehen, wie man’s sich einfach auch vorstellt, Tausendundeine-Nacht. Es war für mich natürlich am Anfang unklar : Ist das genehmigungsfähig, ist das behördlich in Ordnung. Nach einigen Recherchen und vielen Nachfragen und auch dem Einbeziehen von Sachverständigen hinauf bis auf Landesebene war dann klar, das Projekt wäre zu genehmigen.«619

Wie stand Bürgermeister Prinz selbst zum eingereichten Moscheebau? Seine Distanz (»Tausendundeine-Nacht«) gegenüber den »orientalischen« Architekturelementen kommt hier zum Ausdruck. Im Interview erläutert er, warum er gegen die vorgesehene äußere Gestalt war : »… mich hat natürlich auch gerade dieses Orientalische schon sehr betroffen gemacht, weil ich mir gedacht habe: Das sorgt garantiert für Ärger. Dass ATI˙B in dem Gebäude, in dem sie jetzt untergebracht sind oder in dem sie eingemietet sind, nicht drinbleiben können und dass die dort nichts Böses tun und dass jeder einen Gebetsraum haben darf – das ist in Österreich so verankert – das ist auch klar und da spricht nichts dagegen. Aber natürlich mit dem ersten Eindruck, also dass das wirklich jetzt wie in Istanbul eine Moschee ausschaut und das mitten in Vöslau, das hat mir natürlich auch nicht gepasst, muss ich ganz offen sagen. Weil ich gewusst habe: Das provoziert und hilft keinem. Es hilft weder einer Zusammenarbeit, sondern es provoziert nur die Leute, die genau auf so etwas warten und alles in einen Topf werfen, von 9/11 bis zum Minarett ist alles die gleiche Ecke.«620

Der Bürgermeister war also gegen den Bau in der geplanten architektonischen Form,621 primär aus politischen, aber auch wegen der geplanten architektonischen Gestalt, einem traditionellen türkischen Moscheetyp. Nach Einholung der verschiedenen Expertenmeinungen und Gutachten stand aber fest: Vom Baugesetz, Denkmalschutz und der Raumplanung her sprach nichts dagegen – die geplante Moschee konnte im Rahmen des regulären Bauverfahrens nicht verhindert werden. Nach Vorlage aller verlangten Unterlagen seitens ATI˙B wäre das Bauvorhaben innerhalb von drei Monaten durch den Bürgermeister als Baubehörde zu genehmigen gewesen.

619 ORF Fernsehen, ORF 2, Sendung art_genossen, Dokumentarfilm »Minarette – eine österreichische Erregung« (Buch und Regie: Franz Leopold Schmelzer), Sendetermin: 2. 3. 2009, 23.20 Uhr. Eigene Abschrift. 620 Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009. 621 Bürgermeister Prinz wird zum ersten Mal im Mai 2007 mit der Aussage zitiert: »Ich bin gegen das ursprünglich eingereichte Moscheeprojekt«: Badener Rundschau, 10. 5. 2007, 26. Vgl. Kurier, 3. 5. 2007, 11.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Das öffentliche Bekanntwerden des architektonischen Entwurfs der Moschee Ab Ende September kursierten in der Stadt Gerüchte über einen Moscheebau, die vom Bürgermeister noch dementiert wurden. Ende Oktober erschien der erste Zeitungsartikel über eine Moschee mit zwei Minaretten. Aber erst als Anfang November der architektonische Entwurf in die Öffentlichkeit gelangte, setzte eine starke Dynamik in der öffentlichen und politischen Debatte ein. Mit einem Schlag hatte man es schwarz auf weiß, dass die Gerüchte über einen Moscheebau zutrafen. Eine unbekannte Person hatte einerseits FPÖ-Gemeinderat Dr. Sommer am 23. Oktober 2006 telefonisch wegen der Moscheeeinreichpläne alarmiert, andererseits einen Teil der Einreichpläne, nämlich die Nordansicht (Ansicht von der Castelligasse aus) der geplanten Moschee, gescannt, auf einem A4-Blatt ausgedruckt und Ende Oktober 2006 in einem Umschlag an die Redakteurin der Regionalzeitung Badener Rundschau, Gabriele Stockmann, geschickt. Die Einreichpläne befanden sich zum damaligen Zeitpunkt zur Prüfung im städtischen Bauamt und lagen noch nicht öffentlich zur Einsicht für die Anrainer auf.622 Eine Strafanzeige gegen unbekannt wurde nicht erstattet – weder von der Stadt noch vom Verein ATI˙B. Der Entwurf der Nordansicht wurde von der Badener Rundschau am 3. November 2006 veröffentlicht. Man sah die Architektur einer traditionellen Moschee mit einer Zentralkuppel und zwei Minaretten. In dieser Form wurde das konkrete Moscheeprojekt nun bekannt, nachdem sowohl die Stadt als auch ATI˙B es verabsäumt hatten, das Projekt rechtzeitig, offen und sachlich in der Öffentlichkeit vorzustellen. Die Art und Weise der Verheimlichung und des plötzlichen Bekanntwerdens durch den Zeitungsbericht trugen sicherlich zu einer Emotionalisierung und Skandalisierung des Bauprojekts in der Öffentlichkeit bei. Es kam nun zu einer Reihe von Besprechungen zwischen dem Bürgermeister und dem Gemeinderat. Gemeinderat Dr. Sommer, der die traditionelle Moscheearchitektur als »Zeichensetzung einer Nichtintegrationswilligkeit« interpretiert, bedauert im Interview, dass sein Vorschlag in diesen Besprechungen nicht angenommen worden sei: Der Bürgermeister hätte die Bauwerber abschrecken sollen – »Ich Bürgermeister genehmige das nicht.« In Steyr, Baden, Leobersdorf, Felixdorf und vielen anderen Orten hätte man Moscheebauten damit verhindern können: »›Bei mir baust ka Moschee. Ich kann dir sagen: Ich mach alles, was ich nur kann, damit keine Moschee gebaut wird.‹ Dann wär’s auch nicht gekommen. Die wären nicht in den Instanzenzug gegangen.«623

622 Interview Baudirektor Zimmermann, 8. 9. 2009. 623 Interview Gemeinderat Dr. Sommer, 15. 7. 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Abbildung 38: Einreichplan, Nordansicht der ursprünglich geplanten Moschee Bad Vöslau

Der Bürgermeister blieb nach Bekanntwerden bei der bisherigen Sprachregelung: Es handle sich um ein türkisches Kulturzentrum mit »säulenartigen Türmen«.624 Führende Funktionäre des Vereins ATI˙B Bad Vöslau verwendeten die gleiche Bezeichnung. Der Obmann, Aydin Akyüz, erklärte: »Es ist ein Kulturzentrum, keine Moschee. Im Zentrum ist ein Gebetsraum.«625 Auch der Projektmanager, Ing. Selfet Yilmaz, sagte in einem Interview im Mai 2007, man könne »nicht von einer Moschee reden«, sondern »von einem türkischen Kulturzentrum. Das war es, was die Bauherren von Anfang an wollten.«626 Gegner des Moscheebaus Mit dem Bekanntwerden der Moscheearchitektur Anfang November begann zunächst eine lokale politische und öffentliche Debatte, die vorwiegend von der Badener Rundschau transportiert wurde. Der FPÖ-Gemeinderat Dr. Franz 624 »Moschee-Projekt wird geprüft«: Badener Rundschau, 3. 11. 2006, 27. 625 Interview mit Obmann Aydin Akyüz, Verein ATIB Bad Vöslau, alte Moschee, 26. 3. 2009. 626 »Eine Frage der Perspektive«: Badener Rundschau, 17. 5. 2007, 26. – Unklar ist: Verwendete man eine Sprachregelung, um den politisch aufgeladenen Begriff »Moschee« möglichst zu vermeiden? Existierte eine definitorische Unsicherheit, ob sich der Begriff »Moschee« nur auf die Gebetshalle beziehen würde oder auf den gesamten Komplex mit Schulungsräumen, Restaurant usw. bezogen werden könnte? Das geht auch aus der Stellungnahme von Bürgermeister DI Christoph Prinz nach Lektüre meiner Darstellung hervor, in der er auf die Frage der Bezeichnung eingeht: »Im Vergleich zur Gesamtfläche nimmt der eigentliche Gebetsraum nur einen Teil ein.« (e-mail-Kommunikation, 26. 6. 2013).

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Sommer und die SPÖ-Stadträtin Elisabeth Schirk kritisierten die aus ihrer Sicht mangelnde Transparenz seitens der Gemeindeführung. Die ÖVP-Stadtpartei veröffentlichte eine positive Stellungnahme: »Die ÖVP als christlich-tolerante Partei achtet alle Menschen, die friedlich ihren Glauben leben wollen.«627 Man verwies seitens der Stadt-ÖVP auf die Wiedereröffnung der Badener Synagoge als positives Beispiel. Im Nachhinein betrachtet herrschte im November eine Art Ruhe vor dem Sturm. Erst nach einigen Wochen traten verschiedene Gegner des Bauprojekts in den Vordergrund, wodurch das Interesse der überregionalen Medien geweckt wurde. - Zum ersten lokalen Wortführer der Gegner eines Moscheebaus wurde Ende November 2006 Lutz Nowotny, der zu dieser Zeit ehrenamtlicher Berater des Marketingbeirats der Stadtgemeinde war. In Aussendungen, Leserbriefen und Interviews kritisierte er den Bau einer Moschee in Bad Vöslau vehement. Er bezeichnete sie als »untypisches Ortssignal«, das für den Tourismus nachträglich sei: »Ein Stadtmerkpunkt, der das tourismusorientierte Stadtmarketing ganz schön irritiert. Schön langsam übernehmen die Minderheiten die Umgestaltung der österreichischen Gesellschaft, die sie aufgenommen hat.«628

In einem Interview mit den Niederösterreichischen Nachrichten meinte er : »Ich würde mir wünschen, dass hier von politischer Seite härter durchgegriffen wird. Beim türkischen Lebensmittelgeschäft neben dem Bierhof stehen mittlerweile Sesseln auf dem Gehsteig, dort sitzen dann den ganzen Tag Leute in Schlapfen und verschleierte Frauen. So wollen wir Kurgäste dazu bringen, Geld in unserer Stadt auszugeben?«629

Nowotny trat dabei als offizieller »City-Coach« der Stadt auf, ohne dafür den Auftrag zu haben und ohne Absprache mit dem Bürgermeister. Als Reaktion darauf beendete Bürgermeister Prinz sofort die Zusammenarbeit mit ihm.630 Die Jüdische Gemeinde in Baden meldete sich zu Wort und äußerte sich bestürzt über die Art der Diskussion über das Bauprojekt: »Es geht nicht anher, dass im Rahmen der europäischen Menschenrechtskonvention verbriefte Grundrechte – so auch jenes der Religionsfreiheit – anlassbezogen überhaupt zur Diskussion stehen.«631

627 »Moschee-Plan: Was sagen die Politiker?«: Badener Rundschau, 9. 11. 2006, 22 f. 628 »Moschee irritiert!«: Badener Rundschau, 30. 11. 2006, 22. 629 »Eine Moschee passt nicht zu einer Kurstadt!«: Niederösterreichische Nachrichten, 27. 11. 2006, 34. 630 »Bad Vöslau: Nowotny stolpert über Moschee«: Kurier, 2. 12. 2006, 10. 631 »Moschee: Stellungnahme der jüdischen Gemeinde Baden«, 1. 12. 2006. Internetquelle:

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

- Am 10. Dezember begann die FPÖ Niederösterreich mit einer Aktion in Bad Vöslau, das Thema Moscheebau aufzugreifen – der Beginn einer mehrmonatigen Kampagne der FPÖ. Nationalratsabgeordnete Barbara Rosenkranz, seit 2003 Obfrau der FPÖ Niederösterreich, verteilte zusammen mit anderen Parteimitgliedern am Schlossplatz, im Zentrum von Bad Vöslau, ein Flugblatt mit dem Titel »Kein Halbmond über Bad Vöslau!«. Darin heißt es u. a.: »Ein islamisches Zentrum mit Pracht-Moschee – mitten am Böhmzipf ? (…) Unsere traditionsreiche Kurstadt droht damit zum islamischen Aushängeschild Niederösterreichs zu werden! Und der Bürgermeister schaut tatenlos zu. Retten wir Stadtbild und Zukunft unserer Kurstadt. Wehren wir uns gegen das Islamische Zentrum am Böhmzipf!«632

Mehrere Bewohner von Bad Vöslau richteten darauf am 12. Dezember einen offenen Brief an Rosenkranz, in dem sie die Aktion als »Hetzkampagne und bewusste Irreführung der Bevölkerung« verurteilten.633 In einem anderen offenen Brief wurde auf die in der Verfassung garantierte Religionsfreiheit hingewiesen und festgestellt: »Wir wollen uns das friedliche Miteinander mit unseren Vöslauer MitbürgerInnen türkischer Herkunft nicht aus polemischen und hetzerischen Gründen von außen zerstören lassen.«634 Rosenkranz antwortete am 14. 12. 2006 mit einer »offenen Antwort«, die auf der Website der FPÖ Niederösterreich veröffentlicht wurde. Darin wies sie den Vorwurf der Hetze zurück. »Richtig aber ist, dass wir nicht beschwichtigen und verschleiern, sondern die Aufmerksamkeit auf ein Geschehen richten wollen, das sich in unserem Land und in ganz Europa abspielt.« Damit meinte sie den ihrer Ansicht nach zunehmenden Einfluss des Islam auf die Gesellschaft: »Da geht es bereits darum, ob sich Europa gegen die Vereinnahmung durch den Islam wehren kann oder ob ein orientierungs- und kraftloses Abendland unter der wehenden Halbmondflagge untergeht.«635

Der Moscheebau in Bad Vöslau wird von ihr in den Deutungsrahmen »Islamisierung Europas« gestellt – eine Linie, die in der Kampagne der FPÖ durchgehalten wurde.

632 633 634 635

http://gast.adaxas.net/wordpress/2006/12/01/moschee-stellungnahme-der-juedischen-ge meinde-baden (Zugriff 19. 8. 2010). Website FPÖ Niederösterreich, »Keinen Halbmond über Bad Vöslau«. Internetquelle: http://www.fpoe.at/fileadmin/Contentpool/Niederoesterreich/Teaser/bad-voeslau_inter net.pdf (Zugriff 17. 8. 2010). »Offener Brief an FP-Abgeordnete Rosenkranz«: Badener Rundschau, 14. 12. 2006, 24. Badener Rundschau, 21. 12. 2006, 22. »Keinen Halbmond über Bad Vöslau«, Website FPÖ NÖ. Internetquelle: http://ww w.fpoe.at/fileadmin/Contentpool/Niederoesterreich/Teaser/bad-voeslau_internet.pdf, (Zugriff 17. 8. 2010).

Darstellung des Konfliktverlaufs

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- Am 5. Jänner 2007 erschien in der Badener Rundschau ein großes, zweiseitiges Interview mit dem Kunsthistoriker Dr. Otmar Rychlik, der in Bad Vöslau wohnt und sich als praktizierender Katholik versteht.636 Er war zu dieser Zeit Lektor an der Universität für angewandte Kunst Wien.637 Darin kritisierte er die geplante Architektur der Moschee als epigonal und traditionalistisch. Sowohl die Kuppel als auch die Minarette seien Symbole für den erobernden Islam. Rychlik begründet diese Interpretation damit, dass das Kuppelmotiv auf die Hagia Sophia in Istanbul zurückgehe, die vom Islam okkupiert wurde. »Die Kuppel verweist also auf den blutigen Sieg des Islam über das Christentum des Vorderen Orients. Man sollte sich solcher Symbole enthalten. Und Minarette sind an einem Bauwerk, das der Integration dienen soll, ein Widerspruch an sich, zumal Turmbauwerke aller Art immer auch Siegeszeichen sind.«638

Man müsse sich deshalb für ein »modernes Gebäude ohne fundamental-religiöse Siegesrhetorik, das einen demokratischen Zeitgeist des Islam signalisiert«, einsetzen. Solange keine ausreichende Distanzierung vom »politischen Islam« erfolge, der »eng verwandt mit den faschistischen Ideologien des europäischen 20. Jahrhunderts« sei, »muss auch der europäische Islam zumindest der Nähe zu autoritären politischen Gesinnungen verdächtigt werden.« Rychlik schlug vor, das geplante Zentrum als Haus der Begegnung gemeinsam vom Verein ATI˙B und der Gemeinde auf Basis eines Vertrags zu führen. Für diesen Zweck sollte die Stadtgemeinde in den Bau investieren, um mitreden zu können. Das wäre aus seiner Sicht eine notwendige Sicherheitsmaßnahme: »Wer garantiert, dass aus den konzipierten Klassenräumen nicht eine Koranschule wird und aus einem religiösen Zentrum nicht eine Zentrale des politischen Islam?« Rychlik erweitert also die gängige Argumentation von Moscheegegnern (Minarette als Siegeszeichen des Islam), indem er – unter Bezug auf die Eroberung Konstantinopels 1453 – auch die Kuppel der Moschee als Siegeszeichen auffasst. Im Interview bekräftigte er diese Sichtweise und unterstrich, »… dass die gesamte Architektur des Islam, die Moscheearchitektur, sich auf diesem Gebäude [der Hagia Sophia] begründet, genau auf dem. Sie hat keine andere Geschichte. … Die ganze Architektur des Islam basiert darauf. Das ist natürlich eine Usurpation – da wird ganz bewusst ein christlicher Baugedanke umgedreht.«639

Will man diese Aussage kritisch analysieren, dann erweist sie sich als charakteristisch für einen orientalistischen Diskurs, der die islamische Welt schlechthin als statisch betrachtet. Edward Said sieht gerade darin ein Kennzeichen des 636 637 638 639

Interview Dr. Otmar Rychlik, Privathaus, Gainfarn, 18. 11. 2009. Institut für Bildende und Mediale Kunst, Abteilung Bildhauerei, Plastik, Multimedia. »Echte Integration kostet Geld«, Badener Rundschau, 5. 1. 2007. Interview Dr. Rychlik, 18. 11. 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

europäischen Orientalismus: »Jede Möglichkeit der Entfaltung, Veränderung, menschlichen Entwicklung … wird dem Orient abgesprochen« (Said 1979, 208). Der »Orient« erscheint hier letztlich als unfähig, aus Eigenem so grandiose Moscheen wie die des osmanischen Architekten Sinan im Istanbul des 16. Jahrhunderts hervorzubringen. Architekturgeschichtlich betrachtet beginnt die Geschichte der islamischen Architektur selbstverständlich nicht erst 1453, sondern schon im 8. Jahrhundert, u. a. mit bedeutenden Moscheebauten wie der Umayyadenmoschee in Damaskus. Im Interview meinte Rychlik, er würde heute nicht mehr so argumentieren – heute scheine ihm das Argument wichtiger, dass man das Geld für die Moschee in die Verbesserung der Wohnsituation der türkischen Arbeiterfamilien in dem Viertel investieren hätte sollen.640 Wie einflussreich seine damalige Intervention – ausgestattet mit der Autorität des Kunsthistorikers – auf die lokale Diskussion war, zeigt zum Beispiel das Detail, dass einer der radikalsten Gegner des Vöslauer Moscheebaus, Daniel Jägerbauer (FPÖ), sich in seinem Beitrag in der ORF-Sendung art_genossen zum Thema Minarettbau (2. 3. 2009) auf diese Interpretation der Kuppel bezog. In der Pressekonferenz der FPÖ zum Moscheebauthema am 19. 1. 2007 erwähnte Gemeinderat Dr. Sommer den Beitrag von Rychlik und bezeichnete ihn als »sehr schönen Bericht«.641 Die inhaltlich gleiche Aussage findet man z. B. auch bei der deutschen Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek. So schreibt sie 2007 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: »Erst als der Islam christliche Kirchen eroberte, änderte sich auch die Architektur der Moscheen. Die Kuppel, wie sie jetzt auch den Kölner Entwurf ziert, verdankt ihre Idee dem Rundzelt, aber ihre Durchsetzung der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen. Durch Umwidmung des Kuppelbaus der byzantinischen Hagia Sophia zur Moschee wurde eine christliche Kirche zum Vorbild für die türkische Moschee. Minarett und Kuppel wurden Zeichen osmanischer Herrschaft – auch in Mekka.«642

Diese Interpretation ist Teil eines Weltbildes, das von einer radikalen Dichotomie zwischen Islam und Christentum geprägt ist. Sie ist jedoch sachlich nicht begründet. Das architektonische Element der Kuppel findet sich bereits in der Großen Moschee von Kairouan (Tunesien, um 836): Die Gebetsnische (mihra¯b) als Kernbereich der ˙ 640 Interview Dr. Rychlik, 18. 11. 2009. 641 Pressekonferenz der FPÖ »Kein Halbmond über Bad Vöslau« am 19. 1. 2007 in Bad Vöslau. Aufzeichnung: Cultural Broadcasting Archive, Website: http://cba.fro.at/6858 (Zugriff 26. 1. 2011). 642 Necla Kelek: »Das Minarett ist ein Herrschaftssymbol«, Frankfurter Allgemeine Zeitung 6. 6. 2007. Internet: http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429 A182360/Do c~EC00525E16AE04646B64CE296DA7CE08C~ATpl~Ecommon~Scontent.html, Zugriff 19. 8. 2010.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Moschee wird durch eine kleine Halbkuppel symbolisch überhöht und dadurch hervorgehoben (cf. Korn 2008, 57). Dieses gestalterische Element wurde in einem langsamen Prozess weiterentwickelt. Bei der Erweiterung der Großen Moschee in Cûrdoba im 10. Jahrhundert wurde die Betonung des Kernbereichs noch gesteigert, und zwar durch Arkaden und mehrere kleinere Kuppeln, die mit Mosaiken und Marmorreliefs reich ausgestattet wurden (cf. Korn 2008, 60). Die große Kuppel entwickelte sich in der iranischen Moscheearchitektur : Bei der Umgestaltung der Freitagsmoschee in Isfahan im 11. Jahrhundert errichtete man über dem zentralen Teil der Bethalle eine aus Ziegeln gemauerte Kuppel mit 15 Meter Durchmesser. Der Kuppelraum verbreitete sich danach nicht nur im Iran, sondern auch in Indien und Anatolien (cf. Korn 2008, 63). Der Moscheetyp mit Zentralkuppel hatte sich also lange vor der osmanischen Eroberung Konstantinopels entwickelt und verbreitet.

Die Kuppel als Symbol für den »blutigen Sieg des Islam über das Christentum des Vorderen Orients« im Jahr 1453 zu interpretieren, ist ein Motiv islamfeindlicher Polemik, die durch das Ansehen eines Universitätslektors und Kunsthistorikers öffentlich diskussionsfähig gemacht wurde. In der öffentlichen Diskussion in Bad Vöslau wurde diese Deutung nicht thematisiert bzw. in Frage gestellt. - Im Jänner 2007 startete eine neu gegründete »Arbeitsgemeinschaft Europäische Kultur« (AEK) mit einer Petition gegen den geplanten Moscheebau, unter dem Titel »Kulturzentrum ohne Minarette«. Wer hinter der AEK steht, war in der Öffentlichkeit nicht bekannt; auf der Petition war eine PostfachAdresse angegeben, und man gab sich als »überparteiliche« Initiative aus. Der Initiator war vor dem Start der Aktion zweimal mit Bürgermeister Prinz zusammengetroffen: Beim ersten Gespräch teilte er ihm seine Bedenken bezüglich des Moscheebaus und des Islam mit. Beim zweiten Mal setzte er den Bürgermeister davon in Kenntnis, dass er eine Unterschriftenaktion starten werde. Er stellte ihm den Text der Petition vor, und der Bürgermeister schlug ihm eine Änderung in einem Punkt vor.643 Am 17. Jänner fand im Restaurant Thermenhalle eine öffentliche Veranstaltung statt. Zu diesem Zeitpunkt war die Petition von 300 Personen unterzeichnet worden. Die Aktion gegen den Moscheebau wurde wie folgt begründet: »Eine Moschee diente in allen Jahrhunderten nicht allein als Gebetshaus, sondern als geistig politisches Macht-Zentrum. Kennzeichen dafür sind Kuppel und Minarett, die Kuppel steht symbolisch für den Helm, und das Minarett steht symbolisch für das Schwert, bzw. das Bajonett.«

Die Petition richtete folgende Forderung an die Gemeindevertretung: 643 Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

»Die Unterzeichner der nachfolgenden Petition fordern daher ihre Volksvertreter auf, darauf zu achten, dass nicht ein orientalischer Kultbau errichtet wird, sondern Im [sic!] Sinne der wahren Integration: ein überkonfessionelles, überprüfbares Bauwerk ohne religionsspezifische Merkmale [sic!] in dem Menschen, welche guten Willens sind, einander begegnen können!«

Der Sache nach enthält die Petition die Forderungen, die Dr. Otmar Rychlik im Interview am 5. Jänner gestellt hatte: zugunsten von Integration ein »Haus der Begegnung« zu schaffen, ohne äußere Zeichen einer Moschee. Was man von einer christlichen Gemeinde niemals fordern würde – statt einer christlichen Kirche ein überkonfessionelles Zentrum zu errichten – wird von der muslimischen Gemeinschaft verlangt, um den Moscheebau zu verhindern. Die Petition mit Unterschriftmöglichkeit und einem Begleitbrief wurde zweimal als Postwurf »an einen Haushalt« verschickt, und zwar im Jänner – im Zeitraum vor der öffentlichen Veranstaltung (17.1.) – sowie erneut im Februar. Gleichzeitig wurden die Unterschriftenlisten in der Stadt aufgelegt, u. a. in den Heurigenlokalen, und in Briefkästen geworfen. Eine kleine Gruppe rund um den Initiator der AEK ging von Haus zu Haus, um Unterschriften zu sammeln. Anfang Februar hatte man über 700 Unterschriften, gegen Ende Februar 1470 Unterschriften gesammelt.644 Die Zahl der Unterschriften wurde von einem Rechtsanwalt beglaubigt und dem Bürgermeister übergeben. - Am 19. Jänner 2007 veranstaltete die FPÖ eine Pressekonferenz in Bad Vöslau mit Nationalratsabgeordneter Barbara Rosenkranz und den lokalen Vertretern der FPÖ. Rosenkranz wurde einige Tage vorher in einer Aussendung mit folgender Aussage zitiert: »Denn das Errichten von Islamischen Symbolbauten dieser Ausformung, also mit Kuppel und Minaretten, hat System, und zwar in ganz Europa. (…) Es gilt, dieser symbolischen Inbesitznahme unseres Landes entgegenzutreten. Denn ist es heute Bad Vöslau, ist es morgen NÖ und übermorgen ganz Österreich, das unter dem Halbmond steht. Religionsfreiheit ist ein Prinzip, das bei uns garantiert wird, das ist keine Frage. Aber zum Ausleben der Gläubigkeit braucht es weder Kuppeln noch Türme.«645

In seinem Beitrag bei der Pressekonferenz begründet Gemeinderat Dr. Sommer die Ablehnung der klassischen Moscheearchitektur seitens der FPÖ: »Was spricht eigentlich dagegen? Dagegen spricht, dass Kuppeln und Minarette für uns und für die Bevölkerung ein Zeichen des Islamismus ist [sic].«646 Die ge644 »Moschee: Die ›Optik‹ bleibt weiter umstritten«, Badener Rundschau, 22. 2. 2007, 30. 645 »Kein Halbmond über Bad Vöslau – erster Erfolg der FPÖ-Infokampagne«: Website FPÖ Niederösterreich, 16. 1. 2007. Internetquelle: http://www.fpoe-noe.at/spezialseiten/newsdetail/news/kein-halbmond-ueber-bad-voeslau (Zugriff 20. 1. 2010). 646 Pressekonferenz »Kein Halbmond über Bad Vöslau« der FPÖ am 19. 1. 2007 in Bad Vöslau.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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plante architektonische Gestalt sei eine »politische Zeichensetzung«, die mit der Religionsfreiheit nichts zu tun habe. Die FPÖ versuchte also, ihre Deutung durchzusetzen: Die klassischen architektonischen Merkmale der Moschee seien Zeichen islamistischer Bewegungen, eines politisch-ideologisierten Islam, dem es aus demokratischer Sicht zu wehren gelte. In ihrem Redebeitrag stellte Abg. Rosenkranz den grundsätzlichen Zusammenhang her, in dem der Moscheebau aus ihrer Sicht steht: »Es geht darum, welche Prägung wird Österreich, wird Europa in den nächsten Jahrzehnten gewinnen. Wird es seine abendländische Prägung behalten, wird es weiterhin der Kontinent sein, der die Trennung von Kirche und Staat als Prinzip hat, der die Gleichberechtigung der Geschlechter als Grundlage des Zusammenlebens hat oder wird es schwer werden, diese Prinzipien aufrechtzuerhalten, weil zunehmend völlig andere Grundsätze in ziemlicher Stärke hier an Boden gewinnen.«647

Sie erläutert allerdings nicht, was der Moscheebau in Bad Vöslau und der Verein ATI˙B Bad Vöslau tatsächlich mit einer Gefährdung dieser Prinzipien zu tun hat. Eine Gefahr wird insinuiert, um ethnopolitisch mit dem Thema mobilisieren und eine Ablehnung des Bauprojekts legitimieren zu können. - Am 22. Jänner erfolgte eine Hauswurfsendung einer »Kunstgruppe VÖWI – Vöslauer Widerstand gegen Moscheezunami« [sic!]. Im Flugblatt wurde aufgerufen, zur öffentlichen Präsentation des Projekts durch den Verein ATI˙B am gleichen Tag in den Kursalon zu kommen: »Auf zur Moschee-Ablehnung in den Kursalon! … Also: Jetzt Initiative gegen Moschee-Terror zeigen!« Die Veranstaltung war jedoch bereits abgesagt worden. Hinter der Aktion vermutete man Lutz Nowotny,648 der das im Interview bestreitet.649 - Seit Bekanntwerden der Moscheepläne wurde das Gästebuch auf der Website der Stadtgemeinde Bad Vöslau von Moscheegegnern intensiv genutzt. Im Jänner wurde das Gästebuch wegen einer Fülle von extremistischen Zuschriften von der Stadt stillgelegt, und man richtete auf der Website ein eigenes Diskussionsforum ein. Aus der Sicht des Bürgermeisters sollte es als eine Art Ventil fungieren, um Druck aus der Debatte abzulassen (cf. Freisleben 2008, 298). Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass es im Zuge der Moscheediskussion in Bad Vöslau zu keinen Schmieraktionen oder rechtsextremen Hass-Aktionen gekommen war, wie z. B. im Fall der geplanten Moscheebauten in Linz (Träger : Verein Al Andalus) und in Graz (Verein Aufzeichnung: Cultural Broadcasting Archive, Website: http://cba.fro.at/6858 (Zugriff 26. 1. 2011). 647 Ibid. 648 »Auf den Halbmond schießen«, Kurier, 22. 1. 2007, 10. 649 Interview Hr. Lutz Nowotny, 9. 6. 2010, Privathaus, Bad Vöslau.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

bosnischer Muslime), wo Unbekannte auf den Baugrundstücken Schweineköpfe ablegten. In der medialen Berichterstattung kam die Sichtweise des Projektträgers selbst, des Vereins ATI˙B, kaum vor. Im Rahmen der empirischen Untersuchung stellte sich die Frage: Wie erlebten die Mitglieder des Vereins selbst diese heftigen negativen Reaktionen? Wie hatte sich der Verein auf den zu erwartenden Konflikt vorbereitet? Der Obmann, Aydin Akyüz, gibt im Interview eine überraschende Antwort: Der Verein habe überhaupt nicht mit negativen Reaktionen aus der Bevölkerung gerechnet. Man habe sich deshalb auch nicht darauf vorbereitet. Man sei vielleicht naiv an die Sache herangegangen. Der Obmann sagt dazu im Interview weiter : »Wichtig war für mich, dass die Sache mit einem Problem angefangen hat. Das habe ich überhaupt nicht überlegt. Wir haben alle überlegt (…): Okay, wir bauen einfach ein Gebäude hier, das wird nicht so ein Problem sein für die Bevölkerung, für die Vöslauer.«650

Die heftigen Debatten rund um den Minarettbau in Telfs im Jahr 2005 habe man nicht mitverfolgt. Ayküz sagt zu diesen negativen Reaktionen auf das Moscheeprojekt: »Ich bin Muslim. Ich habe meinen Glauben. Ich will meinen Glauben nicht im Keller leben, oder meine Kinder. Wir wollen auch eine moderne Gebetshalle, die eine Fußbodenheizung drinnen hat oder die optisch wie eine Moschee ausschaut.«651

Der Wendepunkt Die Stadtführung befand sich in einem Dilemma: Auf der einen Seite stand fest, dass man auf rechtlichem Weg den eingereichten Moscheebau nicht verhindern konnte, sondern der Bau auf Basis der geltenden Bau- und Raumplanungsgesetze vom Bürgermeister genehmigt werden muss. Auf der anderen Seite erfuhr das Projekt Gegenwind von unterschiedlicher Seite, und der zuständige Bürgermeister bzw. die »Liste Flammer« musste befürchten, politisch Nachteile und Einbußen zu erleiden, wenn man die Moschee wie eingereicht bewilligen würde. Insofern kam die Unterschriftenaktion der AEK dem Bürgermeister nicht unrecht, wie er selbst im Interview sagt. Bei einem Treffen mit dem Initiator habe er zu ihm gesagt: »Machen’s, sollen sich die Leute damit beschäftigen, und es stärkt uns vielleicht in der Argumentation, wo wir ja schon gewusst haben: Irgendwie müssen wir da etwas tun, 650 Interview Obmann Akyüz, 20. 1. 2011. 651 Ibid.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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weil wenn das alles so bleibt, hat’s weder die türkische Seite leicht beim Bauen noch wir in der Gemeinde politisch. Man muss sowieso über das alles noch einmal reden.«652

Ein Ausweg war, in direkten Gesprächen mit dem Bauwerber auf ihn einzuwirken und auf das Projekt Einfluss zu nehmen – gewissermaßen mit der Unterschriftenaktion im Rücken. Bei diesen Gesprächen ging es zentral um die Sichtbarkeit der Moschee im öffentlichen Raum: einerseits durch den Gebetsruf, andererseits durch die architektonischen Merkmale Kuppel und Minarette. Diesen Weg direkter Gespräche schlug Bürgermeister Prinz ein. Im Gemeinderat berichtete er am 13. Dezember vom Erfolg informeller Gespräche: »Das Aussehen des Gebäudes und vor allem die eingereichten Säulen geben dem Gebäude den Charakter einer Moschee – gerade diese haben eine starke Symbolkraft für Befürworter, aber vor allem für Kritiker. Genau diese Thematik gilt es im baubehördlichen Verfahren als auch in offenen Gesprächen mit dem Bauwerber zu diskutieren. In mehreren Treffen habe ich bereits die Sorgen und Bedenken gegen das Projekt und für mich persönlich kritische Punkte deutlich angesprochen. Dadurch konnten abseits des laufenden behördlichen Verfahrens bereits erste Kompromisse erzielt werden. Darunter fallen beispielsweise die Höhe des Gebäudes, die bereits reduziert wurde, die Schaffung von Parkraum auf eigenem Grund oder die Klarstellung, dass die angestrebten Türme nicht für Lautsprecher, Gebetsrufe o. ä. verwendet werden dürfen.«653

Für 22. Jänner war die erste öffentliche Diskussion, bei der ATI˙B zusammen mit der Gemeinde das Moscheeprojekt der Öffentlichkeit vorstellen sollte, im Kursalon angekündigt. Diese Veranstaltung wurde sehr kurzfristig abgesagt. Entscheidend dafür war eine Entwicklung, die sich durch mehrere informelle Gespräche ergab, die der Bürgermeister mit dem Projektleiter des Moscheebaus, Ing. Selfet Yilmaz, in der Phase davor geführt hatte. In diesen Gesprächen ging es dem Bürgermeister einerseits darum, Informationen über ATI˙B, über die Finanzierung des Bauprojekts etc. zu bekommen, andererseits »die äußere Gestalt des Gebäudes zu beeinflussen«. Es ging vor dem Hintergrund von Bürgerprotesten gegen Kuppel und Minarett darum, »da einfach einmal zu sagen: Okay, muss ja vielleicht auch nicht sein, geht vielleicht anders auch.«654 Im Interview erzählt der Bürgermeister, was dafür ausschlaggebend war, dass man am 22. Jänner im Kursalon nicht die geplante Moschee öffentlich präsentierte, sondern die Veranstaltung absagte und stattdessen eine Mediation begann. Der Bürgermeister hatte durch diese Gespräche mit Ing. Yilmaz den Eindruck gewonnen, dass eine Bereitschaft bestehen würde, vom ursprünglichen Bau abzurücken. 652 Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009. 653 Stadtgemeinde Bad Vöslau, 9. ordentliche Sitzung des Gemeinderats am 13. 12. 2006, Protokoll. 654 Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Durch die Absage der Veranstaltung wollte der Bürgermeister Dampf aus der Debatte ablassen und sie nicht noch anheizen. »… Das war fast noch wichtiger, dass ich mit Herrn Yilmaz schon eine Basis gefunden hab’, und wir gesagt haben: Okay, das schauen wir uns noch einmal an. Es gibt vielleicht eine Möglichkeit, das zu ändern. Da war noch nicht klar wie oder was. Es hat da schon zwei, drei, vier, fünf, weiß ich nicht mehr, Gespräche, gegeben wo er eben auch signalisiert hat, er will nicht unbedingt einen Ärger da jetzt produzieren. Er will eigentlich nur für seine Leute einen Gebetsraum errichten, und er wäre schon noch einmal bereit darüber zu reden, wie das ausschaut.«655

Die Formulierung »für seine Leute« deutet darauf hin, dass Bürgermeister Prinz Ing. Yilmaz als Führungspersönlichkeit der Moscheegemeinschaft betrachtete, während dieser tatsächlich kein Mitglied des Vorstands des Moscheevereins war und lediglich vom Obmann des Vereins, als die Schwierigkeiten begannen, als »Projektleiter« hinzugezogen wurde. Vor diesem Hintergrund war es aus der Sicht des Bürgermeisters nicht sinnvoll, das ursprünglich geplante Bauprojekt der Öffentlichkeit vorzustellen, weil er damit rechnete, dass es zu einem veränderten Gebäude kommen könnte. Es ging jetzt vielmehr darum, schnell diese Chance zu ergreifen, das baubehördliche Verfahren zu stoppen und die Architektur neu verhandeln zu können.656 Der Bürgermeister setzte dafür eine Mediation an, die äußerst rasch organisiert wurde. Der Bürgermeister engagierte DI Herbert Beyer als Mediator, der bei der Umweltanwaltschaft der niederösterreichischen Landesregierung tätig ist. Der Bürgermeister kannte ihn von zwei Mediationen, in denen es um Bäume und um den Streit zwischen einer Bürgerinitiative und dem Flughafen Bad Vöslau-Kottingbrunn ging. Das Mediationsverfahren wurde von der Stadtgemeinde bezahlt. Mit dem Beginn der Mediation wurde das laufende Bauverfahren einvernehmlich gestoppt. Im Rückblick erscheint diese kurze Phase Ende Dezember 2006/Anfang Jänner 2007 als der entscheidende Wendepunkt in der Angelegenheit: die informellen Gespräche zwischen Prinz und Yilmaz, die sehr rasch zur Vereinbarung einer Mediation führten. Mit ihr tritt das Bauprojekt aus dem Schutzbereich des Rechts in den Bereich der Machtbeziehungen. Man kann das Gedankenexperiment durchführen, wie die Sache weiter verlaufen wäre, hätte man die öffentliche Präsentation der Moschee durchgeführt und wäre das Bauverfahren routinemäßig weitergeführt worden. 655 Ibid. 656 Bezieht man sich auf die 36 Strategeme (China, um 1500 n. Chr.), dann wendete Bürgermeister Prinz das Strategem Nr. 12 an: »Mit leichter Hand das Schaf wegführen« – d.h. eine unerwartete Chance rasch und geistesgegenwärtig für einen Vorteilsgewinn auswerten (cf. von Senger 2001, 61).

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Es stellt sich die Frage, warum der Verein ATI˙B in die Mediation einwilligte. Im Nachhinein sagt der Obmann dazu: »Wir wollen nicht streiten. Weil wir leben gemeinsam mit der Gemeinde. Wir haben gesagt: Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden. Dass muss keine Streitsache sein…« Und an einer anderen Stelle im Interview: »Das Projekt gehört Vöslau, gehört nicht Ankara oder Istanbul.«657 Der Obmann habe – zusammen mit Projektleiter Yilmaz – den Standpunkt vertreten: Man sei sich des Rechts, die Moschee wie ursprünglich geplant zu bauen, auf Basis der staatlichen Anerkennung des Islam seit 1912 bewusst gewesen. Man wollte jedoch auf diesem Recht nicht bestehen, sondern war bereit Kompromisse einzugehen – erwartete aber gleichzeitig von der Seite des Gemeinderats ein Entgegenkommen. Das Mediationsverfahren Am 23. Jänner 2007 fand das erste Treffen mit dem Mediator statt, bei dem die Rahmenbedingungen der Mediation vereinbart wurden. Das Mediationsverfahren stand unter dem Titel »Türkisches Kulturzentrum Bad Vöslau«. Die Begründung für ein Mediationsverfahren lautete, das Projekt sei zu einem Politikum geworden und es gehe darum, soziale und politische Konflikte zu verhindern. Die Parteien der Mediation bildeten einerseits die Stadtgemeinde Bad Vöslau, andererseits der Verein ATI˙B Bad Vöslau. Für die Stadtgemeinde nahm der Stadtrat teil, und zwar nach der jeweiligen Fraktionsstärke: Liste Flammer 7 Vertreter, SPÖ 2, ÖVP 1 Vertreter und 1 Berater, FPÖ 1 Vertreter und 1 Berater sowie ein zusätzlicher Berater der Stadtgemeinde (insgesamt 14 Personen). Für den Verein ATI˙B nahmen 5 Vertreter sowie 1 Berater teil. Die ATI˙B-Vertretung bestand einerseits aus dem Obmann von ATI˙B Bad Vöslau, Aydin Akyüz. Die anderen Vertreter repräsentierten die zweite Generation, also jüngere Leute, die in Österreich aufgewachsen waren, die nicht im Vorstand des Moscheevereins Mitglied waren: Ing. Selfet Yilmaz (Projektleiter des Moscheebaus), Ersan Palaz, DSA Sezer Misirli und Cem Firat. Als Berater hatte der Verein ATI˙B Walter Starek vom Verein Juvivo Wien für Kinder- und Jugendarbeit beigezogen. Am Beginn der Mediation war vorgeschlagen worden, den Initiator der Unterschriftenaktion gegen den Moscheebau (samt einen zweiten Vertreter der AEK) in den Mediationskreis aufzunehmen, dieser lehnte allerdings ab.658 Es gab ein Hauptthema: inwieweit das Aussehen des Gebäudes geändert werden könnte, ohne die Funktionalität zu beeinträchtigen, daneben die Frage nach Integrationsmaßnahmen. Das offizielle Ziel war eine einvernehmliche Lösung der Frage der äußeren Gestalt des Bauwerks, die von der Bevölkerung akzeptiert werden könnte. Dass es vor allem darum ging, die sichtbaren Zeichen 657 Interview Obmann Akyüz, 20. 1. 2011. 658 Interview Gemeinderat Dr. Sommer, 15. 7. 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Abbildung 39: Modell des eingereichten Moscheeneubaus Bad Vöslau (Februar 2007), das in Mediationssitzungen verwendet wurde Ó kosaplan+partner gmbh

einer Moschee zu verhindern, bestätigt die öffentliche Aussage des Bürgermeisters nach dem ersten Treffen am 23. Jänner : »Gerüchte, dass die Minarette bereits ›gefallen‹ sind, kann ich nicht bestätigen. Jedoch ist klar, dass die Gespräche in diese Richtung laufen.«659 Der Obmann des Vereins ATI˙B Bad Vöslau fasst die Ausgangslage für die Mediation im Interview knapp zusammen: »Der Gemeinderat hat gesagt, oder die meisten: Wir wollen keine Minaretten und Kuppeln haben. (…) Die haben zu uns gesagt: Also sie können bauen – okay, kein Problem –, aber ohne Minaretten, ohne Kuppeln. Wir haben gesagt: Nein, das ist… wir wollen unbedingt eine Kuppel und Minarette dazu haben.«660

Die offizielle Begründung für die Ablehnung von Kuppel und Minaretten in der Mediationsgruppe sei gewesen: Die Bevölkerung sei noch nicht bereit dafür. Es gehe zu schnell. Firat gibt die Position der Stadtgemeinde in der Mediation so wieder : »Ihr dürft es nicht. Die Leute hier haben Angst, es ist zu früh. Ihr dürft es nicht, ihr habt kein Recht.«661 659 »Harte Worte: Moschee-Gegner verschärfen jetzt ihre Sprache!«: Badener Rundschau, 25. 1. 2007, 27. 660 Interview Obmann Akyüz, 20. 1. 2011. 661 Interview Cem Firat, 26. 3. 2009. – Cem Firat wurde 1975 in Mödling geboren und lebt seit

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Welche Position vertrat die regierende Bürgerliste »Liste Flammer« in der Mediation? Laut Bürgermeister Prinz gab es keine beschlossene, einheitliche Position, sondern ein Spektrum verschiedener Meinungen und Positionen unter den VertreterInnen der Bürgerliste im Mediationskreis – von der klaren Ablehnung einer äußerlich erkennbaren Moschee bis zu einer liberalen, befürwortenden Haltung. Andererseits bestätigt der Bürgermeister im Interview das klare Ziel der »Liste Flammer« für die Mediation: »Das Ziel war natürlich schon, das muss ich schon sagen, das Gebäude soweit zu verändern und das Thema Kuppel und Minarette explizit anzuar… abzuarbeiten – also nicht abzuarbeiten indem man’s streicht, sondern anzugehen, weil das natürlich auch über die Unterschriften als auch in den vielen Gesprächen mit den Leuten einfach immer wieder das Thema war. Und das war der schreiende Punkt.«662

Die Ausgangsposition des Bürgermeisters für die Mediation war klar – er wollte die sichtbaren Zeichen einer Moschee wegverhandeln: »Es war schon immer wieder das Thema, man ist schon so hineingegangen, ich bin z. B. so hineingegangen: Warum braucht man überhaupt Kuppel und Minarette? Daneben, Milli Görüs¸, hat auch keine, und im alten Gebetshaus habt’s auch keine gehabt. Und jetzt wollt’s was Neues bauen – sehen wir ein, ihr finanziert’s es euch selber, ihr macht es euch selber, es steht euch zu – warum muss das unbedingt Kuppel und Minarette haben, wenn doch sich alle aufregen wegen Kuppel und Minarette. Warum müsst ihr’s dann machen? Also, so ist man schon hineingegangen.«663

Die ÖVP Bad Vöslau vertrat in der Mediation eine andere Position: Der damalige ÖVP-Stadtparteiobmann Dr. Gerhard Scheibel, ein evangelischer Theologe, befürwortete, dass der muslimische Verein seine Moschee so baut wie geplant.664 Die erste offizielle Sitzung der Mediation erfolgte am 29. Jänner 2007. Am Anfang fanden wöchentliche Sitzungen statt, später ungefähr jede zweite Woche, manchmal fünf bis sechs Stunden pro Sitzung.665 Eine der ersten Sitzungen fand am 15. Februar in Form eines Besuchs der Mediationsgruppe in der Zentrale der ATI˙B-Union in Wien statt. Es ging darum, die Organisation aus erster Hand kennenzulernen. Bei dem Treffen wurde geklärt, dass der Vöslauer Verein in Sachen Moscheebau autonom entscheiden könne. Man wollte klarstellen, ob

662 663 664 665

1980 in Bad Vöslau. Sein Vater Cemil Firat kam als Facharbeiter für Textilweberei 1968 nach Österreich. Cem Firat besuchte 1992 – 99 die Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, Abteilung Grafikdesign, abschließend die Meisterklasse Kommunikationsdesign. Er arbeitet als Designer und bildender Künstler in Bad Vöslau. Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009. Ibid. Dr. Gerhard Scheibel starb am 12. 5. 2007. Nachfolger als ÖVP-Stadtparteiobmann wurde der bisherige Pressesprecher Franz Neuhold. Interview Obmann Akyüz, 26. 3. 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

tatsächlich der lokale Verein der offizielle Verhandlungspartner für die Stadt war – und nicht die Zentrale in Wien. Ein zeitlicher Rahmen für die Mediation insgesamt war am Beginn nicht festgelegt worden. Themen der Gespräche waren u. a. das Misstrauen betreffend die Größe des Gebäudes im Verhältnis zur Größe des Vereins, die Befürchtung eines Einflusses durch fundamentalistisch-muslimische Geldgeber und der Dominanz fremder Religionen und die Angst, dass die Moschee ein »türkisches Ghetto« verstärken würde.666 Wichtig ist auch zu sehen, was in der Mediation nicht thematisiert wurde. Es wurde um den öffentlichen Raum gerungen – Fragen nach dem Innenraum der Moschee, nach der räumlichen Platzierung der Frauen in der Moschee wurden nicht thematisiert: Wie wird der Raum für die Frauen innerhalb der Gebetshalle konzipiert, wie wird die Geschlechtertrennung im traditionellen sunnitischen Islam in der Türkei (eigene Räume, Eingänge für Frauen) beurteilt? Kann man eine architektonische Lösung entwickeln, durch die Frauen gleichberechtigt in die Gebetshalle einbezogen sind (s. Beinhauer-Köhler 2008) – so wie es zum Beispiel für das geplante »Zentrum Islam in Europa« in München vorgesehen ist?667 Wie sehr fördert der Verein in Bad Vöslau bzw. der Dachverband ATI˙B Union den Besuch des Freitagsgebets durch Frauen, wie sehr wird Frauen vermittelt, dass sie dabei erwünscht bzw. unerwünscht sind? Wie wird mit der Frage des Zugangs bzw. Ausschlusses von Frauen beim Freitagsgebet und der Partizipation von Frauen in den Moscheevereinen generell umgegangen (cf. Predelli 2008; Woodlock 2010)? Im Fall der Vöslauer Moschee entschloss sich der Verein für einen Kompromiss: Frauen und Männer beten im gleichen Raum – die Frauen sind jedoch begrenzt auf den Balkon, haben weniger Platz zur Verfügung und benützen den Seiteneingang.668 Ein Mitglied des ATI˙B-Teams in der Mediation, Sezer Misirli, charakterisiert die grundsätzliche Haltung der Stadtvertretung in der Mediation so: »Da hat man eben gemerkt, es basiert auf bestimmten Erlebnissen oder bestimmten Ängsten. Das hat man irgendwie erkannt auch im Lauf der Mediation, dass dem einfach Ängste dahinterstehen, warum sie so vehement vertreten: Nein, das darf nicht so ausschauen wie eine Moschee… Es ist eine Kultur, die man nicht so gut kennt, und alles was man nicht so gut kennt, macht einfach Angst. Alles was man kennt ist das, was man in den Medien hört. ›Wer weiß, was die dort aufführen.‹«669

666 Quelle: Elisabeth Schirk (SPÖ), Mitglied des Mediationskreises, Badener Rundschau, 12. 7. 2007, 20. 667 Gespräch mit Imam Benjamin Idriz im Islamischen Forum Penzberg (Deutschland), 25. 2. 2012, im Rahmen des Lehrgangs »Islam und Migrationen in Europa« der Donau-Universität Krems, Zentrum Religion und Globalisierung. 668 Eine Lösung, die man auch für die neue DITIB-Moschee in Köln gewählt hat. 669 Interview DSA Sezer Misirli, 25. 3. 2009, Blindenverband, Wien.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Auch gegenseitige Wahrnehmungen und Klischees wurden thematisiert. Von den TeilnehmerInnen türkischer Herkunft kam: Österreicher seien zu Tieren freundlicher als zu Kindern. Von der Seite der Stadtgemeinde kam: Die Straßen rund um die »türkischen Häuser« in der Siedlung seien verschmutzt.670 Einige Sitzungen waren dem Thema Integration gewidmet – wie man das Zusammenleben verbessern könnte.

Abbildung 40: Moschee Bad Vöslau, architektonische Varianten Ó kosaplan+partner gmbh

Zentral war aber das Thema des äußeren Erscheinens des Gebäudes mit seinen Kuppeln und Minaretten. Im Laufe der Mediation diskutierte man ca. 30 verschiedene Varianten der Moschee. Dabei lautete der offizielle Auftrag an den Architekten der Baufirma kosaplan+partner, die für die Durchführung des Baues zuständig war, nicht, ein alternatives Gebäude zu planen, sondern den bestehenden Plan zu adaptieren. Ein Vertreter des Vereins ATI˙B in der Mediation, der junge Künstler und Grafiker Cem Firat, kommentiert die Verhandlungen folgendermaßen: »Diese Mediation war für mich eine Enttäuschung, weil das Hauptthema haben sie immer verfehlt. Das Thema war immer das banale Äußerliche. Das ist das Traurige an der Sache. (…) Es hat keinen interessiert, wenn wir dort unten einen Keller gebaut 670 Referat Bürgermeister DI Christoph Prinz zum Moscheebau in Bad Vöslau beim Treffen der »Plattform Christen-Muslime«, Wien 13. 6. 2008. Eigene Mitschrift.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

hätten und Terroristen gezüchtet hätten, irgendwelche RAFs oder Bin Ladins (…). Hauptsache die geben uns a Ruh‹ und optisch schauen wir super aus und wir kriegen keine Ängste. Die Diskussion war nur: wie viele Zentimeter, wie viele Meter ist die Moschee, orientalische Gewölbe oder net und hin und her, das darf net türkisch ausschauen, wir wollen keine Moschee und kein Minarett – ungefähr wie auf dem Basar war das, ein Schattenbasar. Die haben uns Beispiele gemacht wie eine Merkur-Halle, ungefähr so, mit solchen Sachen sind sie gekommen. Keine Wölbungen! Ich meine, man muss sehen, in Vöslau, sogar das Thermalbad hat solche Wölbungen. Wir durften das nicht. Sie haben gesagt: Keine Wölbungen! (…) Ich bin jedes Mal gekommen mit dem Kulturellen: Wie können wir schauen, dass diese Leute sich weiterbilden – bis ich drauf gekommen bin: die wollen gar nicht, dass sie sich bilden.«671

Abbildung 41: Cem Firat, Entwurf eines zeitgenössischen Minaretts für eine Mediationssitzung zum Moscheebau

Dabei war das ATI˙B-Team in der Mediation in einer schwierigen Situation. Einerseits stand ihm die andere Partei – der Gemeinderat – als (fast) geschlossener Block gegenüber. Diese Situation verdeutlicht Sezer Misirli im Interview aus ihrer Sicht. Sie ist eine junge Sozialarbeiterin, die in Österreich aufgewachsen ist. »Die Gemeindeseite war sich einig darüber : keine Minarette, keine

671 Interview Firat, 26. 3. 2009.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Kuppel – garantiert nicht.«672 Die Ausnahme davon bildete die ÖVP. »Und ihr Ziel war es, ja, uns in die Knie zu, wie sagt man, zwingen – eigentlich, so habe ich das empfunden.«673 Auf der anderen Seite stand der Moscheeverein. Die eigentlichen Erbauer der Moschee, die Vorstandsmitglieder des Vereins ATI˙B, nahmen an der Mediation nicht teil – nur der Obmann war Teil des Mediationskreises. Das ATI˙B-Team konnte deshalb nicht einfach für sich sprechen, sondern musste zwischen dem Moscheeverein (einschließlich des Vereinsvorstandes) und der Stadtgemeinde in der Mediation vermitteln. »Wir haben ja sozusagen die Moscheegemeinde vertreten, also ihre Ideen und ihre Wünsche, wo teilweise auch auf bestimmte Sachen beharrt wurde. Und da war es eben wichtig, diese Meinung zu vertreten. Da hab‹ ich manchmal Schwierigkeiten gehabt, weil ich etwas anders denke, etwas offener bin in verschiedene Richtungen. Und da hab‹ ich aber auch das Gefühl gehabt, wenn ich aber diese Menschen vertrete, ohne dass ich wirklich dahinter stehe, komme ich nicht wirklich an. Das habe ich schon gespürt. Wir haben uns schon zusammengesetzt und haben geschaut, was will unsere Gemeinde, was ist ihr wichtig, wovon können sie ein bisschen abkommen, wovon nicht, und dann haben wir so gut wie möglich versucht, es zu vertreten. Weil wir doch Vertreter waren sozusagen…«674

Innerhalb des Moscheevereins gab es natürlich unterschiedliche Standpunkte, was die Verhandlungen mit der Stadtgemeinde über die äußere Gestalt der Moschee betraf. Eine Mehrheit war dafür, auf dem geplanten Bau zu bestehen und die Sache durchzuziehen – schließlich finanziere man ihn selbst. Der Obmann stellt im Interview klar : Fast 80 % der Mitglieder des Vereins waren dafür, den ursprünglichen Plan durchzusetzen und vertraten den Standpunkt: »Nein, wir können nicht wegstreichen, wir müssen dranbleiben an dem, was wir geplant haben«675 – also 25 Meter hohe Minarette, die Minarette als Betonsäulen, nicht im Innenhof, sondern außen stehend, Hauptkuppel und kleine Kuppeln. Eine Minderheit war kompromissbereit – darunter Obmann Akyüz und Projektleiter Yilmaz. Eine Mehrheit wollte auf jeden Fall eine Moschee in ihrer klassischen Gestalt. Misirli spricht im Interview darüber, was ein traditioneller Moscheetyp für die erste Generation der Arbeitsmigranten aus der Türkei, die in Österreich nun alt geworden sind, bedeute: »Was die Gestaltung betrifft, gab es sehr eingegrenzte Meinungen, da war wirklich die Härte dabei. (…) Ich denke mir, das hat … die Wurzeln liegen da sehr weit zurück. Denn die Menschen haben ja irgendwann ihr Land verlassen und kommen in ein Land, wo sie nicht wirklich das Gefühl haben, dass sie willkommen sind. Und ich denke mir, sie wollten sich ein Stück Heimat herholen dadurch, und ein bisschen wohler fühlen.« 672 673 674 675

Interview Misirli, 25. 3. 2009. Ibid. Ibid. Interview Obmann Akyüz, 20. 1. 2011.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Wie argumentierten die Vertreter der Stadtregierung gegen eine äußerlich sichtbare Moschee? »Ein Argument, das mir gleich jetzt einfällt, war : In welchem Jahrhundert sind wir? Das passt doch gar nicht in unser Stadtbild. Ich hab das rausgehört: Wenn ihr bei uns eine Moschee bauen wollt, dann müsst ihr euch an unsere Architektur anpassen sozusagen. So habe ich das eher verstanden. Die Argumente waren für mich auch nie greifbar. (…) Sehr viele wollten einfach einen modernen Bau, es sollte nicht aussehen wie Tausendundeine-Nacht … Was auch sehr wichtig war : die Bevölkerung zu besänftigen.«676

Die Mediation war auch deswegen ein geschickter strategischer Schachzug des Bürgermeisters, weil alle Parteien eingebunden waren und per Mediationsvereinbarung zu Verschwiegenheit verpflichtet wurden. Die Kontrolle über Stellungnahmen gegenüber der Presse lag beim Bürgermeister – er wurde als Ansprechpartner für die Medien bestimmt. Der politische Druck auf die Stadtregierung wurde erheblich verringert – in gewisser Weise war die politische Opposition in Bad Vöslau durch die Mediation über Monate geknebelt. Im April, nach vier Monaten, gab es einerseits einen ersten Vorstoß durch die beiden SPÖStadträtinnen Dagmar Reiner und Elisabeth Schirk, die eine demographische Studie zur Bevölkerung in Bad Vöslau, ihre Zusammensetzung und Lebenssituation, forderten, ebenso ein Integrationsleitbild für die Stadt.677 Einen Ausbruchsversuch startete auch der Pressesprecher der ÖVP-Stadtpartei Franz Neuhold mit einer Presseaussendung »100 Tage Mediation sind genug«: Die Mediation dauere zu lange, es gebe immer noch keine Ergebnisse. Der Bürgermeister solle sich deklarieren, wie er zum Projekt stehe. Wichtiger als die Form von Minaretten sei die Frage der Integration, die man 30 Jahre lang versäumt habe.678 Es ging Neuhold darum, trotz der Mediation als Opposition politischen Druck auf den Bürgermeister ausüben zu können. In der Frage des politischen Umgangs mit der Sache gab es offensichtlich Meinungsverschiedenheiten innerhalb der ÖVP Bad Vöslau. Dieser Vorstoß war mit dem Obmann Dr. Scheibel nicht abgestimmt, der klar gegen einen Ausstieg der ÖVP aus der Mediation war.679 Von den Berichten über die Verhandlungen über die Architektur der Moschee in der Mediation wird klar, dass die Stadtgemeinde das neue Aussehen des Gebäudes im Wesentlichen bestimmte. Die zentralen Änderungen stammten von den Vertretern der Stadtregierung und -verwaltung im Mediationskreis. Die heutige äußere Gestalt ist also das Ergebnis eines direkten Eingriffs der Stadtregierung in das Moscheebauprojekt, der durch den Rahmen der Mediation 676 677 678 679

Interview Misirli, 25. 3. 2009. »Die Krise als Chance?«: Badener Rundschau, 19. 4. 2007, 29. »Moschee: ›Mediation dauert zu lange!‹«: Badener Rundschau, 26. 4. 2007, 22. Interview Neuhold, 22. 6. 2009.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Abbildung 42: Bau der neuen Moschee in Bad Vöslau, Arbeit an den Fliesenwänden der Gebetshalle (März 2009)

möglich geworden war. Ausgangspunkt war ein allgemeines Argument gegen eine Moschee: Man wisse ja nicht, was in der Moschee passieren würde – man könne ja nicht hineinsehen. Die Stadtgemeinde argumentierte nun: Wenn man dieses Misstrauen zerstreuen möchte, dann müsse man bei der Architektur in Richtung Offenheit und Transparenz gehen. Man ging also von der Voraussetzung eines Generalverdachts gegenüber Personen muslimischer Religionszugehörigkeit aus und argumentierte von der Sicherheitspolitik her – als Hebel, um die umstrittene repräsentative, traditionelle und sichtbare Moschee verhindern zu können. Offenheit und Transparenz wurden zu den Leitbegriffen für die architektonische Umgestaltung des Gebäudes nach den Vorstellungen der Stadtgemeinde.680 Der Leiter des Bauamts, DI Andreas Zimmermann, der Architekt ist und an der Mediation teilnahm, skizzierte in einer Sitzung ein Gebäude, bei dem die vordere Front (die mit sieben Arkaden und kleinen Kuppeln geplant war) wegfiel. Dadurch ergab sich eine U-Form, das Gebäude wurde zur Straße hin offen, das Dach war flach. Zusätzlich sollten alle Wände im Innenhof aus Glas sein. Er schildert die Entwicklung der Grundidee für das neue Aussehen des Gebäudes so:

680 Interview Bürgermeister Prinz, 4. 6. 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

»Da das ja von der Nutzung her ein Raum der Begegnung sein soll – die haben ja dort auch ein Teehaus, Kaffeehaus, Schulungsräume etc., und es wird ja auch so artikuliert, dass es ein Haus für alle sein soll – habe ich eben versucht einzubringen: Wenn, dann sollte dieses Offene vielleicht auch im Gebäude irgendwie sich widerspiegeln. Wenn ich straßenseitig einen Querriegel habe, dann signalisiere ich schon: Hallo, aus, das bin ich… Dann mache ich das ganze Gebäude nur U-förmig und lass‹ unten diese Verbindung weg. Dann sehe ich hinein, dann ist es eine offene Geschichte. Wie gesagt, meine ersten Skizzen waren: weg von diesen zwei außenstehenden Minaretten – dann setze ich vorne eben so eine Scheibe als Signal hinein. Das waren meine ersten Gedanken, die ich dann irgendwie zu Papier gebracht hab‹.«681

Die architektonische Position von Zimmermann war : Islamische Symbole sollten vorkommen – aber sie sollten neu, zeitgemäß definiert werden. Für ihn ging es dabei nicht um eine Neuinterpretation des Minaretts als Minarett, sondern um die Suche nach neuen Symbolen, die den besonderen, hervorgehobenen Charakter des Gebäudes ausdrücken könnten, unter Verzicht auf Turm und Kuppel. Die Idee der Scheibe wurde in der Mediation nicht aufgegriffen. Über längere Zeit vertrat die Stadtgemeinde diese grundsätzliche neue Gestalt – ein sachliches neutrales Gebäude, ohne Elemente eines klassischen Moscheetyps. Die ATI˙B-Seite ihrerseits beharrte auf einem Bau, der auf den ersten Blick als Moschee mit ihren klassischen Merkmalen erkennbar sein sollte. Hier war der Druck des Moscheevereins im Hintergrund entscheidend: Wir finanzieren nur eine Moschee, die wirklich wie eine traditionelle Moschee aussieht. Diese Pattsituation, die sich über Monate hinzog, wurde schließlich durch einen mühsam errungenen Kompromiss aufgelöst. Die Minarette sollten vorhanden bleiben – aber nur mehr in symbolischer, angedeuteter Form. Sie sollten nun aus Glasscheiben bestehen und im Innenhof auf dem Boden stehen – mit dem Effekt, dass sie von außen nicht sichtbar sein würden. Die Argumente dafür waren, dass sie so örtlich dem Gebetsraum zugeordnet seien und ihr transparenter, fragiler Charakter zum »modernen« Stil des neu geplanten Gebäudes passen würde. Auch die ursprüngliche Höhe von 15 Meter wurde auf 13,5 Meter verringert – man feilschte am Schluss der Mediation um jeden Zentimeter. Diese Grundlinien für das neue Gebäude wurden dann von der Baufirma kosaplan + partner in einem architektonischen Plan schrittweise umgesetzt. Selbst mit diesem Kompromiss hatte der Bürgermeister im Grund alle seine Ziele erreicht: Die Minarette sind von außen nicht mehr sichtbar, aufgrund der Bauweise aus Glasscheiben sind sie nicht begehbar und die orientalisierenden Elemente der Vorderfront (kleine Kuppeln) sind verschwunden. Die Sichtbarkeit der Zentralkuppel wurde durch eine Sichtblende eingeschränkt. Von der ausführenden Firma kosaplan wurden simulierte Ansichten der neuen Moschee681 Interview Baudirektor Zimmermann, 8. 9. 2009.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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architektur von verschiedenen Perspektiven aus erstellt, um zu demonstrieren, dass die Moschee von jeder Seite her nicht mehr als Moschee erkennbar sein würde. Bauamtsdirektor Zimmermann räumt im Interview, was die Erkennbarkeit als Moschee von außen betrifft, ein: »Ich würde sagen, auf dem ersten Blick ist es nicht mehr erkennbar, sondern wirklich erst auf den zweiten oder dritten Blick, wenn ein Besucher in den Innenhof hineinkommt … An den Türelementen, an der Wandgestaltung erkenne ich schon, dass es eine andere Nutzung ist wie eine klassische Wohnungsnutzung oder ein Geschäft oder irgendetwas anderes. Das erkenne ich schon. Aber wirklich erst dann, wenn ich das Gebäude schon betreten habe.«682

Der Kompromiss, den das ATI˙B-Team in der Mediation verhandelt hatte, wurde schließlich vom Moscheeverein akzeptiert, aber laut Aussage des Obmanns im Interview ohne zu wissen, wie stark die ursprüngliche Gestalt verändert worden war. Kurz vor Abschluss der Mediation und der Unterzeichnung des Mediationsvertrags verließen die beiden FPÖ-Vertreter (Gemeinderat Dr. Sommer und Stadtparteiobmann Peter Gerstner) den Mediationskreis. In einer Aussendung vom 17. Juni – einen Tag vor der letzten Sitzung – begründeten sie diesen Schritt damit: Das neu verhandelte Gebäude sehe nicht wie ein Kulturzentrum aus, sondern besitze immer noch eine Kuppel und Minarette – wenn auch versucht worden sei, »die Symbolik des Gebäudes zu verstecken«.683 Gleichzeitig sprach man sich gegen Integrationsmaßnahmen aus. Ein politisches Mittragen wäre nicht vereinbar gewesen mit einer neuen Kampagne, die die FPÖ nun rund um das Moscheebauthema startete, u. a. in Form einer Pressekonferenz mit Barbara Rosenkranz und einer Kundgebung am 25. Juni mit FPÖ-Parteichef Strache im Schlosspark in Bad Vöslau, bei der eine Gegendemonstration der SJ Baden und von BürgerInnen der Stadt, u. a. einige Mitglieder der Gruppe »Frauenvielfalt«, stattfand. Am Ende der Mediation wurde ein Mediationsvertrag geschlossen, der das vereinbarte Aussehen beinhaltete, das Verbot von Gebetsruf und Lautsprechern im Außenbereich sowie das Recht der Gemeinde, Vertreter zur Vorstandswahl des Vereins ATI˙B als Beobachter zu entsenden. Der letzte Punkt war vom neuen ÖVP-Stadtparteiobmann Franz Neuhold in der Mediation vorgeschlagen und als Erfolg der Partei bekanntgegeben worden.684 Das Bauverfahren wurde nun mit den neuen Bauplänen (Auswechslungsplänen) fortgesetzt. Das Ergebnis der Mediation, die neue Außengestalt der Moschee, wurde am 682 Interview Baudirektor Zimmermann, 8. 9. 2009. 683 FPÖ Ortsgruppe Bad Vöslau: »Ausstieg aus dem Mediationsverfahren«, 17. 6. 2007 (Aussendung). 684 »›Moschee neu‹ mit ›unsichtbaren‹ Minaretten«: Badener Rundschau, 28. 6. 2007, 26 f.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Abbildung 43: Darstellung der neuen architektonischen Gestalt der Moschee Bad Vöslau Ó kosaplan+partner gmbh

22. Juni 2007 der Öffentlichkeit in Form einer Präsentation durch den Bürgermeister, Vertreter von ÖVP und SPÖ sowie des Vereins ATI˙B vorgestellt. Die neue Gestalt wurde von Bürgermeister Prinz so charakterisiert: Es solle jetzt »ein modernes, offenes, zeitgemäßes Kulturzentrum errichtet werden. (…) Es ist eindeutig ein Kulturzentrum und hat keinen Moscheecharakter mehr«.685 Und gegenüber den Salzburger Nachrichten: »Es wird ein türkisches Kulturzentrum gebaut werden, das nicht wie eine Moschee aussieht, sondern wie ein Musikpavillon«.686 Die österreichische Presse sprach von »Mini-Minaretten«,687 »unsichtbaren Minaretten«,688 von »versteckten Türmen«689 oder »einem gesichtslosen Bau … mit zwei Stummelminaretten aus Glas«.690 Bürgermeister und Gemeinderat hatten das Interesse, der Bevölkerung als Verhandlungserfolg zu vermitteln, dass die Moschee von der Straße aus faktisch unsichtbar sei. Seitens der Vertreter des Moscheevereins in der Mediations685 686 687 688 689 690

Georg Hönigsberger : »Mini-Minarette und kein Muezzin«: Kurier, 23. 6. 2007, 11. »Eine Moschee wie ein Musikpavillon«: Salzburger Nachrichten, 22. 9. 2008. Kurier, 23. 6. 2007, 11. Badener Rundschau, 28. 6. 2007, 26 f. Die Presse, 5. 12. 2009. Wojciech Czaja: »Von Tausendundeiner Nacht zum Miniminarett«: Der Standard, 23. 10. 2009, 27.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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gruppe – vor allem Obmann und Projektleiter – bestand genau das umgekehrte Interesse: Man musste die Mitglieder des Vereins im Glauben lassen, dass die sichtbare Moschee gebaut werde – und so lange wie möglich verheimlichen, wie weitreichend die Kompromisse seitens der ATI˙B-Verhandler ausgefallen waren. Denn das Bauprojekt war von der Spendenbereitschaft der Mitglieder abhängig, die in der überwiegenden Mehrheit auf einer sichtbaren, repräsentativen Moschee bestanden und nur dafür zu spenden bereit waren. Der Obmann erläutert die schwierige Situation, in der er sich damals befunden habe: »Es ist so: Diese Moschee wird mit Spenden gemacht. Wenn du keine Minaretten und Kuppel hast, und wenn 80 % unbedingt Minaretten und Kuppel will – wie kannst du von den Leuten Spenden wünschen? Du kannst sagen: Bitte gebt mir Spenden. Er sagt zu dir direkt: Ich kann schon spenden, wenn du Minaretten und Kuppel baust.«691

Die meisten Mitglieder des Moscheevereins hätten den neuen Plan gar nicht gekannt, sondern wussten nur, dass Minarette und Kuppel nach wie vor eingeplant seien. Im Plan sieht man einfach Minarette und Kuppel. Als man dann die wahre bauliche Realisierung sah – die »versteckte Moschee« mit niedrigen Minaretten im Innenhof aus Glasscheiben – ergab sich im Verein eine schwierige Situation, wie der Obmann im Interview einräumt. »Viele haben gesagt: Das gefällt mir nicht, das ist zu kurz, warum habt ihr es so kurz gebaut? (…) Warum habt ihr ein Glasscheibenminarett gebaut? Warum habt ihr so kurze Minarette [gebaut]? Das haben viele gesagt.«

Der Obmann musste den Kompromiss verteidigen. Am 2. Juli 2007 – acht Monate nach Bekanntwerden des Bauprojekts – fand die erste öffentliche Veranstaltung zum Moscheeprojekt im Kursalon statt, bei dem die neuen Pläne von VertreterInnen der Gemeinde und des Vereins ATI˙B präsentiert wurden. Die Veranstaltung wurde von zwei Mediatoren (Verein »Mediation im öffentlichen Raum«) moderiert. In der Badener Rundschau wurde nun zum ersten Mal der Initiator der AEK und der Unterschriftenaktion namentlich genannt, Ing. Bernhard Tschirk.692 Er stellte bei der Veranstaltung die Frage, ob man die Minarette nicht ganz weglassen könnte. In der Diskussion ging es u. a. um die Frage, was in dem neuen Zentrum an Aktivitäten passieren werde, um die Entsendung der ATI˙B-Imame durch die Religionsbehörde des türkischen Staates und die Finanzierung des Bauprojekts. Die Stellungnahme von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll Anfang September 2007 nahm der niederösterreichische Landeshauptmann DI Dr. Erwin Pröll (ÖVP) zum ersten Mal zum Moscheeprojekt in Bad Vöslau 691 Interview Obmann Akyüz, 20. 1. 2011. 692 Gabi Stockmann: »Rege Beteiligung an ›Moschee‹-Debatte«: Badener Rundschau, 5. 7. 2007.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

öffentlich Stellung, und zwar im Rahmen eines Interviews mit Gerhard Jelinek in der ORF-Sendung Report. Es stand im Kontext des Wahlkampfes für die niederösterreichischen Landtagswahl im Frühjahr 2008, bei der es für Pröll darum ging, die absolute Mehrheit der ÖVP in Niederösterreich zu verteidigen. Nach Fragen zur Bundespolitik, zur Arbeit der »Perspektivengruppe« der ÖVP und zur Schuldiskussion sprach der Interviewer die Stellungnahmen von Pröll zum Ausländerthema an: »Jelinek: Im Sommer hat’s auch eine Diskussion über Integration, Ausländerbeschäftigung etc. gegeben. Da haben, sind Sie in den letzten Tagen aufgefallen durch sehr, ja, klare oder auch harte Worte, über die Notwendigkeit sich zu integrieren und Ausländer nicht immer nur mit Samthandschuhen anzufassen. So wurden Sie auch kritisiert dafür. Es gibt diese Diskussion mit den Moscheen als Symbolen. Spielt das in Niederösterreich eine Rolle? Pröll: Ich verstehe nicht, warum Sie meinen, dass ich hier, äh, zu hart aufgetreten wäre. Ein Minarett ist eben etwas Artfremdes in unserer Kultur, und Art-, Artfremdes in einer Kultur ist, tut nicht gut auf Dauer. Jelinek: Aber ist es nicht auch ein Recht von muslimischen Mitbürgern, dass sie ein sichtbares Zeichen haben. Ein Minarett ist wie ein Kirchturm, ein sichtbares Zeichen. (…) Pröll: Es soll nicht alles und jedes, aus irgendwelchen Gründen auch immer, zu einem Riesenkonflikt hochstilisiert werden, sondern die Betroffenen, die mit Vernunft an die Arbeit gehen, sind in Wahrheit, äh, die beste Garantie für ein vernünftiges Zusammenleben.«693

In seiner Reaktion bezeichnete der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, solche Aussagen als »irritierend« – sie würden nicht dem Säkularitätsprinzip entsprechen.694 In einem Interview bekräftigte der damalige Generalsekretär der ÖVP, DI Hannes Missethon, dagegen diese Position – Pröll habe recht: »Minarette sind nicht Teil der österreichischen

693 ORF, »Der Report«, 4. 9. 2007. Eigene Abschrift. Siehe dazu den Kommentar von Gerald John: »Erwin Pröll auf Haiders Spuren«: Der Standard, 8./9. 9. 2007. Internetquelle: http:// www.ots.at/presseaussendung/OTS_20070907_OTS0258/der-standard-kommentar-erwinproell-auf-haiders-spuren-von-gerald-john – Das Eigenschaftswort »artfremd« war Teil des Vokabulars der Nationalsozialisten. Der Begriff bezeichnete etwas, das im Widerspruch zur Natur der eigenen »Rasse« steht, s. Duden 10. Aufl. (1929), 11. Aufl. (1934), 12. Aufl. (1941). Im Nationalsozialismus wurde »artfremd« für eine »fremde Rasse« verwendet, die aus der Sicht der Nationalsozialisten physisch und psychisch unvereinbar mit der eigenen »Rasse« sei. Die Verkörperung des »Artfremden« waren für sie die Juden, die man »Artfremde« nannte (cf. Schmitz Berning 1998, 67 – 69). 694 »Islamische Glaubensgemeinschaft reagiert: Ausdrücke wie ›artfremd‹ sind ›irritierend‹«: News, 17. 9. 2007.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Kultur.«695 Vier Jahre später korrigierte Landeshauptmann Dr. Pröll die damalige Aussage in einem Interview mit der Wiener Stadtzeitung Falter: »Ich verwendete damals diesen Ausdruck im Zusammenhang mit der Architektur, ich würde das heute anders formulieren. Eine Moschee mit einem Minarett ist architektonisch für uns etwas Fremdes, so würde ich es sagen.«696

Abbildung 44: Eröffnungsfeier der neuen Moschee (»Haci Bayram Camii«), ATI˙B Bad Vöslau, am 24. 10. 2009

Im März 2008 wurde mit dem Bau der Moschee in Bad Vöslau begonnen. Sie wurde am 24. Oktober 2009 unter dem Namen Haci-Bayram-Moschee feierlich eröffnet, u. a. unter der Teilnahme des türkischen Botschafters in Österreich Selim Yenel, des Präsidenten der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich Anas Schakfeh, des damaligen Vizepräsidenten des »Amts für religiöse Angelegenheiten« der Türkei Professor Mehmet Görmez und des Großmuftis (Reis ul-ulema) von Bosnien Dr. Mustafa Ceric´, der sich zu dieser Zeit in Wien aufhielt. Bei den Gemeinderatswahlen im März 2010 verlor die Liste Flammer stark (-10,6 %, vier Mandate), konnte aber die absolute Mehrheit (57,4 %, 22 Man695 »Missethon im Interview: Minarette nicht Teil der Kultur Österreichs«: Standard, 14. 9. 2007. 696 »Die Präsidentschaftskanditatur war Faymanns Idee« [Interview mit Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll]: Falter 18 (2011) 10 – 12, hier 12.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

date) halten. Die FPÖ verzeichnete einen starken Zugewinn (+ 9,1 %), wurde mit 12,7 % die zweitstärkste Partei und sprang von einem Mandat auf nun fünf Mandate. Damit liegt das Ergebnis über dem allgemeinen Stimmenanteil der FPÖ bei den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen (5,96 %). Die SPÖ musste ebenfalls Verluste verzeichnen (-3,5 %) und kam auf 12,6 % der Stimmen (4 Mandate). Die ÖVP kam auf 10,8 % und konnte so ihren Stand von vier Mandaten halten. Die Grünen traten zum ersten Mal für den Gemeinderat an, mit 6,5 % gewannen sie zwei Mandate. Die FPÖ trat mit einem Team an, dass sich zu einem großen Teil mit den Mitgliedern der AEK deckt. Für die FPÖ zogen zwei Mitglieder einer Unabhängigen-Liste neu in den Gemeinderat, die gegen den Moscheebau aktiv gewesen waren: Helmut Leicher und der Gründer der AEK, Ing. Bernhard Tschirk, der die Unterschriftenaktion gegen den Moscheebau in Bad Vöslau initiiert hatte. Die Änderung der Bauordnung in Niederösterreich im Oktober 2010 Bereits im Rahmen der ersten Pressekonferenz der FPÖ zum Thema Moscheebau in Bad Vöslau, am 19. Jänner 2007, forderte die damalige Nationalratsabgeordnete und Landesparteiobfrau der FPÖ in Niederösterreich, Barbara Rosenkranz, dass man die Frage des Moscheebaus nicht den Bürgermeistern überlassen dürfe, sondern diese auf der Ebene der Landesregierung behandelt werden müsse: »Man muss das ganz klar wirklich auf eine Landesebene heben. Es muss klargestellt werden: Wollen wir Moscheen, d. h. Gebetsräume mit Minaretten und Kuppeln, oder sagen wir, der Religionsfreiheit ist genüge geleistet, wenn es Gebetsräume gibt. Diese Frage muss diskutiert werden. Passt es zum Ortsbild Niederösterreichs, wollen wir haben, dass es Minarette und Kuppeln gibt oder wollen wir das nicht. Und das kann man net auf die einzelnen Bürgermeister abschieben, dass muss im Land geklärt werden.«697

Dabei stellte sie ihre Position klar : Die FPÖ stelle nicht die Religionsfreiheit in Frage – verbunden mit der Behauptung: »Aber der ist mit einem Gebetsraum Genüge geleistet.« Bei den Landtagswahlen am 9. März 2008 erzielte die FPÖ in Niederösterreich unter der Führung von Barbara Rosenkranz 10,5 % (+ 6 %) und erreichte den dritten Platz. Damit erlangte sie einen Sitz in der Landesregierung. Im April 2008 wurde Rosenkranz Landesrätin für Baurecht und Tierschutz. Am 3. Dezember 2009 – wenige Tage nach der Schweizer Volksabstimmung über die Aufnahme eines Minarettbauverbots in die Bundesverfassung 697 Pressekonferenz »Kein Halbmond über Bad Vöslau« der FPÖ am 19. 1. 2007 in Bad Vöslau. Aufzeichnung: Cultural Broadcasting Archive, Website: http://cba.fro.at/6858 (Zugriff 26. 1. 2011).

Darstellung des Konfliktverlaufs

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(29. November) – brachte der FPÖ-Klub im Landtag einen Antrag zum Thema »Neuregelung hinsichtlich Bauten von außergewöhnlicher Architektur oder Größe sowie publikumsintensive Veranstaltungsstätten« ein. Die Formulierung »Bauten von außergewöhnlicher Architektur und Größe« entspricht exakt dem zentralen Begriff in der Novelle der Kärntner Bauordnung von 2008, mit dem die Kärntner Landesregierung erklärtermaßen den Bau von Moscheen und Minaretten verhindern wollte. Der Begriff »publikumsintensive Veranstaltungsstätten« wiederum erinnert an die Novellierung des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes, die dem gleichen Zweck dienen sollte. Wie in den beiden betreffenden Gesetzestexten tauchen die Wörter »Moschee« und »Minarett« im Antragstext nicht auf. Es werden als Beispiel für solche Gebäude neben Kinos, Diskotheken und Shoppingzentren auch »Gebäude zum Zwecke der Religionsausübung« genannt, die »Konflikte im örtlichen Nahbereich aber auch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen« nach sich ziehen würden.698 Es bestehe ein »Regelungsbedarf auch auf Ebene der überörtlichen Raumplanung«. Der Antrag nennt darauf die Kriterien für eine Neuregelung: »Diesbezüglich ist jedenfalls darauf zu achten, dass bei derartigen Bauvorhaben der traditionell prägende Charakter des Ortsbildes in besonderem Maße geschützt wird (…).« Die für Baurecht zuständige Landesrätin wird aufgefordert, dem Landtag eine entsprechende Novelle des Raumordnungsgesetzes und der Bauordnung vorzulegen. Damit ergriff die FPÖ die Chance, die ihr mit dem Sitz in der Landesregierung, der Klubstärke mit Antragsrecht im Landtag und der Ressortzuständigkeit für Baurecht zugefallen war, nach dem Vorbild von Kärnten und Vorarlberg eine gesetzliche Behinderung bzw. Verhinderung von sichtbaren Moscheebauten in Niederösterreich zu erreichen. Bei der Sitzung des Landtags am 10. Dezember 2009 wurde der Antrag dem Bau-Ausschuss zugewiesen. Dieser stellte am 14. 1. 2010 den Antrag an den Landtag, den Antrag des FPÖ-Klubs abzulehnen. Bei der 21. Sitzung des Niederösterreichischen Landtags am 21. Jänner 2010 wurde dieser Antrag des BauAusschusses diskutiert und abgestimmt. Die Debattenbeiträge des FPÖ-Klubs sprechen explizit aus, dass man mit dem Antrag auf Änderung der Bau- und Raumordnung eine Lex Bad Vöslau anzielte. Der Klubobmann der FPÖ im Landtag, Gottfried Waldhäusl, erklärte das Ziel des FPÖ-Antrags im ersten Debattenbeitrag: »Ein typisches Ortsbild für Niederösterreich, und wir fahren tagtäglich durch unser Bundesland, ein typisches Ortsbild sind nicht Moscheen, Minarette. Das typische Ortsbild von Niederösterreich ist anders geprägt. Und dass Bad Vöslau eine Moschee mit Türmen erhalten hat liegt daran, weil die gesetzlichen Regelungen jetzt das nicht 698 Landtag von Niederösterreich, Landtagsdirektion, Eingang 3. 12. 2009, Ltg.–437/A-3/17 – 2009.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

verhindern können. Es war nicht möglich. Es war wörtlich nicht möglich zu verhindern, weil auf Grund eines Gutachtens eines Herrn, der in Niederösterreich in der Landesregierung Landeshauptmann Pröll unterstellt ist, weil dieses Gutachten zu dem Entschluss gekommen ist, dass Moscheen sehr wohl in das NÖ Ortsbild passen. (…) Wir wollen eine Änderung in der Bauordnung, wir wollen eine Änderung in der Bauordnung um solche Fälle wie Bad Vöslau zu verhindern. Von der örtlichen Entscheidung wollen wir diese Dinge zukünftig in der Überörtlichkeit geregelt wissen. (…) Und wir sehen hier Handlungsbedarf und wir stehen eindeutig bei jenen Menschen, die sagen, auf Grund der immer stärkeren Islamisierung ist hier eine Gefahr, ist hier eine steigende Gefahr und man soll vorher handeln. Und daher bin ich, sind wir der Meinung, dass in unserem schönen Niederösterreich Minarette keinen Platz haben, dass wir sie nicht brauchen. Dass jene, die bei uns sind, auch sich an unser Ortsbild zu halten haben. Und wir wollen nicht, dass jene Menschen unser Ortsbild nachhaltig schlecht verändern.«699

Die vorsichtigen Umschreibungen des Antragstextes werden hier verlassen: Die Rede macht hinreichend deutlich, dass es den Antragstellern bei der Änderung der Bau- und Raumplanung nicht um »Kinos, Diskotheken und Shoppingcenters« geht, sondern dass es um ein Moschee- und Minarettbauverbot und in die Richtung der Bauordnungs-Novellen in Kärnten und Vorarlberg geht. Dabei werden zwei Begründungen vorgebracht: eine Argumentation mit dem Ortsbildschutz (wie im Fall von Kärnten) und mit einer drohenden »Islamisierung«. Das Thema der Religionsfreiheit wird hier nicht angesprochen. Der Redner nimmt eine subtile diskursive Ausgrenzung der Niederösterreicher mit muslimischem Bekenntnis vor : Er spricht von jenen, »die bei uns sind«, als handle es sich nicht zum Großteil um österreichische Staatsbürger, sondern immer noch um Gäste auf Zeit. Hier erhält ein assimilativer und autoritärer Integrationsbegriff eine neue, räumliche Dimension: Integration als vollständige Anpassung an das »traditionelle Ortsbild«, das als etwas Stabiles, Festes, Unveränderliches aufgefasst wird. Dass es um die Verhinderung eines zukünftigen Moscheebaus in Niederösterreich geht, wird auch durch eine weitere Aussage von Klubobmann Waldhäusl deutlich, die er 2012 im Zusammenhang mit dem geplanten Bau eines buddhistischen Stupa in Gföhl (Bezirk Krems) machte: »Eine Stupa wäre für mich die buchstäbliche ›Faust aufs Auge‹. Wir haben genau für solche Fälle ja auch eine Änderung in der NÖ Bauordnung angestrebt und erreicht, die gerade bei exotischen Bauprojekten darauf abzielt, dass diese in das nieder-österreichische Landschafts- und Ortsbildgefüge passen müssen. Hätte diese Regelung schon vor Jahren bestanden, wäre z. B. die Moschee in Bad Vöslau nie verwirklicht worden.«700 699 Landtag von Niederösterreich, Tagung 2009/10 der XVII. Periode, 21. Sitzung vom 21. 1. 2010, Sitzungsberichte, 375 f. 700 LAbg. Gottfried Waldhäusl, e-mail-Kommunikation vom 20. 2. 2012 an Fr. Elisabeth Lindmayer (Lotos-Lindmayer-Privatstiftung), Betreff »Stupa Gföhl«. Von Fr. Lindmayer weitergeleitet an den Autor am 2. 3. 2012.

Darstellung des Konfliktverlaufs

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Auch der zweite Redner in der Landtagsdebatte am 21. 1. 2010 seitens der FPÖ, Ing. Martin Huber, stellte klar, dass es tatsächlich um eine Lex Vöslau geht: »Dass dieser Antrag notwendig war, hat Bad Vöslau festgestellt. Möglich hat es nur gemacht ein Gutachten eines Hofrates dieses Landes. Daher bedarf es dringend einer Regelung, dass solche Bauwerke nicht mehr in Niederösterreich errichtet werden können.«701

Die Redner der anderen Parteien stellten in ihren Beiträgen fest, dass eine Änderung der Bauordnung nicht notwendig sei und ausreichende Bestimmungen (z. B. für den Schutz eines geschlossenen Ensembles) existieren würden. Die Abgeordnete der Grünen, Dr. Madeleine Petrovic, betonte, dass die Religionsfreiheit das Recht umfasse, den Glauben in entsprechenden Räumlichkeiten auszuüben. Der Antrag des Bauausschusses, den Antrag der FPÖ abzulehnen, wurde mit den Stimmen der ÖVP, SPÖ und der Grünen angenommen. Damit war der Vorstoß der FPÖ im Landtag zunächst gescheitert. Am 18. Juni 2010 wurde von Abgeordneten der ÖVP im Niederösterreichischen Landtag ein Antrag auf Änderung der NÖ. Bauordnung von 1996 (LGBl. 8200) eingebracht.702 Die Änderungen umfassen unter § 56 »Gestaltung von Bauwerken« folgenden Passus: »(3) Bei besonders ortsbildwirksamen Bauwerken (z. B. Veranstaltungsgebäude, Vergnügungsstätten, Monumental- und Sakralbauten) ist weiters auf deren Wirkung in Bezug auf das regionalspezifische sowie bau- und kulturhistorisch gegebene Erscheinungsbild Bedacht zu nehmen.«703

Dieser Antrag wurde dem Bauausschuss zugewiesen. Die Änderung der Bauordnung wurde bei der 30. Sitzung des Landtags am 7. Oktober 2010 durch die ÖVP, SPÖ und FPÖ beschlossen und am 10. Dezember 2010 kundgemacht. In der Landtagsdebatte am 7.10. bezeichnete Abg. Waldhäusl (FPÖ) als Ziel des Antrags, »dass man in der Bauordnung über das Ortsbild auch Moscheen- und Minarettverbote aussprechen kann.« Der Antrag der Grünen, »sakrale Bauwerke« von der Bestimmung auszunehmen, wurde abgelehnt. § 56 Abs. 3 wurde in der beantragten Form beschlossen, allerdings wurden die Beispiele innerhalb der Klammern (»z. B. Veranstaltungsgebäude, …«) im Gesetzestext weggelassen. Die Einschaltung einer Landes-Kommission (»Ortsbildpflege-Kommission«) wie im Fall von Kärnten ist in den neuen baurechtlichen Bestimmungen nicht vorgesehen. 701 Landtag von Niederösterreich, Tagung 2009/10 der XVII. Periode, 21. Sitzung vom 21. 1. 2010, Sitzungsberichte, 377. Internetquelle: http://www.landtag-noe.at/service/politik/ landtag/sitzungen/17-gp/2009 – 10/2009 – 10.htm (Zugriff 27. 5. 2013). 702 Landtag von Niederösterreich, Landtagsdirektion, Eingang: 18. 6. 2010, Ltg.–584/A-1/36 – 2010. 703 Ibid, 5.

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3.

Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Darstellung einzelner Akteure des Konflikts

Nach der Darstellung des Verlaufs der Auseinandersetzung rund um das Moscheebauprojekt in Bad Vöslau folgt die eingehendere Untersuchung einzelner wichtiger Akteure, die im Konflikt eine wichtige Rolle gespielt haben. Durch diese vertiefende Analyse werden Aspekte des Prozesses zum Vorschein gebracht, die in der Berichterstattung in den Medien und in der öffentlichen Diskussion nicht sichtbar wurden. Die teilweise verborgen liegenden Dimensionen sind aber wichtig, um die Dynamik und Art des Konflikts präziser analysieren zu können. Ein aus religionswissenschaftlicher und konflikttheoretischer Sicht relevantes Ergebnis ist der Aufweis, dass spezifisch religiöse Faktoren für den Widerstand gegen das Moscheebauprojekt eine wichtige Rolle gespielt haben. Eines der Ziele der empirischen Erhebung war es, die Mitglieder der AEK, die anonym gegen den Moscheebau auftrat, zu identifizieren und ausführliche Interviews zu führen, um die jeweiligen Motive beleuchten zu können. Die SPÖ in der Mediation Die SPÖ hatte eine eigene Arbeitsgruppe Moschee in der Stadtpartei Bad Vöslau eingerichtet. Innerhalb der Fraktion spiegelten sich – ähnlich wie in der Bürgerliste Flammer – die unterschiedlichen Standpunkte, die auch innerhalb der Bevölkerung existierten, wider : von völliger Ablehnung bis zur Anerkennung des Rechts auf freie Religionsausübung.704 Es seien gerade die Älteren und die Jungen (SJ) in dieser Arbeitsgruppe gewesen, die eine offene Haltung einnahmen und an die Grundprinzipien der Partei erinnert hätten: Solidarität, Gleichheit, Freiheit. Sehr schnell sei es in der Diskussion in der Arbeitsgruppe nicht nur um das geplante Gebäude gegangen, sondern um Migranten aus der Türkei grundsätzlich. Diese Seite in der Arbeitsgruppe habe den Standpunkt vertreten: »Wir haben sie ja geholt.« Von der Kammgarnfabrik seien Busse mit einem Arzt nach Anatolien geschickt worden, die die gesunden Arbeitskräfte hierher gebracht hätten. Die persönliche Haltung von SPÖ-Stadträtin Elisabeth Schirk, eine der beiden Vertreterinnen der Partei im Mediationskreis, zum äußeren Erscheinen der Moschee war klar : Der traditionelle Moscheetyp passe nicht ins 21. Jahrhundert: »Ich hätte auch keine Freude, wenn jemand aus der christlichen Kirche sagt, ich baue jetzt eine gotische Kirche her, das hat für mich keinen Bezug zur heutigen Zeit.«

704 Interview SPÖ-Stadträtin Elisabeth Schirk, 8. 10. 2009, Cafe Thermal, Bad Vöslau.

Darstellung einzelner Akteure des Konflikts

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Als man in der Mediation den Auftrag erhielt, man möge sich nach alternativen Moscheeformen umsehen, brachte Schirk die Diplomarbeit des Architekten Walter Schober in die Mediation mit. Er hatte sein Architekturstudium an der TU Wien 1997 mit den Plänen für eine große Freitagsmoschee in Wien abgeschlossen.705 Schirk wollte damit im Mediationskreis einen Impuls in Richtung einer zeitgenössischen Neuformulierung der Moscheearchitektur geben. Die hauptsächliche Position der SPÖ in der Mediation und rund um den Moscheebau war : Die äußere Gestalt dürfe nicht das alleinige Thema sein und die gesamte Diskussion dominieren. Es gehe vor allem um die Frage der Integration der Zugewanderten. Zu diesem Zweck wurden von der SPÖ-Fraktion eine demographische Studie zur Bevölkerungsstruktur sowie die Entwicklung eines Integrationsleitbildes und die Evaluation der beschlossenen Maßnahmen vorgeschlagen, z. B. nach dem Vorbild von Wels und Guntramsdorf. Dem Islam steht Schirk kritisch gegenüber : »Es ist überall so – der Schritt vom Gemäßigten zum Extremismus ist ein kleiner.« Eine wichtige Frage sei für sie z. B. die Finanzierung des Moscheebaus – wer stehe dahinter, wer übe dadurch Einfluss aus. Wie könne der kleine Verein die Kosten des Moscheebaus, die auf etwa 1,5 Millionen Euro angesetzt sind, tragen? Diese Skepsis beziehe sich nicht nur auf den Islam: Religion dürfe im 21. Jahrhundert nicht diesen Stellenwert einnehmen, den sie in Anspruch zu nehmen versuche.706 Die ÖVP in der Mediation Vertreter der ÖVP im Mediationskreis war der damalige Stadtparteiobmann Dr. Gerhard Scheibel. Der evangelische Theologe und Jurist arbeitete als ausgebildeter Mediator und Organisationsberater. In der Frage der Moscheearchitektur vertrat er eine liberale Position: Der Verein ATI˙B solle die Moschee so bauen können, wie er es wünsche. Man kann vermuten, dass er als evangelischer Christ aufgrund der Geschichte seiner Kirche sensibilisiert dafür war, welchen Wert die Religionsfreiheit für eine Minderheit darstellt. Während der Zeit der Mediation, im Mai 2007, starb Dr. Scheibel unerwartet. Beim Begräbnis wurde von Vertretern aller Parteien seine ausgleichende, vermittelnde Rolle in der Mediation unterstrichen.707 Als Berater hatte er Hans Zirkowitsch, als Laie katholischer Seelsorger am Flughafen Wien-Schwechat und Einwohner von Bad Vöslau, mit in den Mediationskreis genommen. Als interimistischer Nachfolger wurde der bisherige Pressesprecher, Franz Neuhold, bestimmt, der später zum neuen Obmann gewählt wurde. Neuhold ist 705 Internetquelle: http://www.mosque.at/html/index.htm. 706 Interview Stadträtin Schirk, 8. 10. 2009. 707 Interview Pfarrer Mag. Karl-Jürgen Romanowski, evangelische Pfarrgemeinde A. u. H.B. Bad Vöslau, 1. 7. 2009, Evangelisches Pfarramt Bad Vöslau.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

seit Herbst 2005 in der ÖVP Bad Vöslau aktiv. Er ersetzte Dr. Scheibel für die verbleibende Zeit in der Mediation, bei den letzten beiden Sitzungen. Neuhold erinnert sich im Interview an die Phase, als das Moscheeprojekt öffentlich bekannt wurde. Es sei schwierig gewesen, so plötzlich als politische Partei Stellung nehmen zu müssen. »Das war eine sehr schwierige Zeit. Man wusste nicht, wie denkt die Landespartei darüber.«708 In der Liste Flammer habe es das ganze Spektrum an Positionen gegeben – von den Befürwortern bis zu Leuten, die gesagt haben: Wir wollen keine Moschee. »Wir haben das auch gehabt. Nur, bei uns ist es dann leichter, glaube ich, eine Parteilinie festzulegen in Absprache mit Bezirk und Land (…). Es war eher die liberale Einstellung, wobei wir schon innerhalb der Partei auch viele – viele, ich sage: einen gewissen Prozentsatz, ich sage einmal ein Fünftel – haben, die Gegner waren der Moschee.«

Diese hätten eine Moschee an sich abgelehnt, unabhängig vom Aussehen des Gebäudes: »In Vöslau brauchen wir keine Moschee.« Viele Gegner hätten gar nicht gewusst, dass es bereits seit 20 Jahren einen Gebetsraum, einen Imam und ein Freitagsgebet gibt. Er selbst habe die Position vertreten: »Ich habe keine Angst vor einer Moschee, dass die unsere Kultur bedroht. Ich sehe das nicht als Bedrohung. Das Einzige ist, dass man hellhörig sein muss: Könnte jetzt ein vermehrter Ausländerzuzug in unsere Ortschaft aufgrund der Moschee passieren oder nicht. Das kann ich nicht beurteilen jetzt. Aber das war’s schon.«

Seitens der Partei wollte man auf jeden Fall eine Verhärtung zwischen den Zugewanderten und den Einheimischen und einen kommunalen Konflikt vermeiden. Neuhold kam in der vorletzten Sitzung zur Mediation dazu. Zu diesem Zeitpunkt wurde in der Mediation die Höhe der Minarette verhandelt: Es ging darum, ob die Glasminarette das Gebäude um einen Meter überragen würden oder nicht. »Unheimlich wichtig war : Wenn man straßenseitig steht, war das Ziel der – ich sag einmal – Minarettgegner (…), dass man sie von der Straßenflucht nicht sieht. Das Ziel der Türken war, dass man sie zumindest ein bissl sieht.«

Er habe dann interveniert, dass das kindisch sei, und man blieb dann bei der Höhe der Minarette. In seiner Darstellung hätte damit die Einigung erreicht und die Mediation relativ rasch beendet werden können. Seine Überzeugung sei, dass die Moschee ohnehin im »Türkenviertel« eingepfercht sei und dass es völlig egal sei, ob die Minarette einen Meter höher seien oder nicht. Was wäre aus seiner Sicht die Alternative zu einer Genehmigung durch den

708 Interview Neuhold, 27. 6. 2009.

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Bürgermeister oder zur Mediation gewesen? Neuhold meint, der Bürgermeister hätte das Vorhaben von vornherein abwenden sollen: »Also meine persönliche Überzeugung ist: Wenn der Bürgermeister das erste Mal davon erfahren hätte, oder wie er das zum ersten Mal erfahren hat, im frühen Planungsstadium – weil wenn der Verein ATI˙B an den Obmann der Liste Flammer (…) herantritt als Planungsbüro und dem den Auftrag gibt, dass er die Moschee plant, dann muss das eine Stunde später der Bürgermeister wissen, meiner Meinung nach -, wenn er sich die holt und sagt: In meiner Gemeinde wird keine Moschee gebaut, da habt’s nur Probleme, glaube ich, dass es abwendbar gewesen wäre. Das dürfte aber nicht passiert sein. (…) So, jetzt kommt’s einmal her da: Wenn ihr in meiner Gemeinde eine Moschee bauen wollts, dann habts nur mit Schwierigkeiten zu rechnen. Dann glaube ich, dass sie sich vielleicht eine andere Ortschaft gesucht hätten. Das mag vielleicht kurzsichtig sein, aber ich glaub’, dass das mancher Bürgermeister gemacht hätte. (…) In Vöslau hat sich halt in der Planungsphase keiner quergelegt, und wie man dann in der Veröffentlichung durch die Rundschau war, war’s schon zu spät. So sehe ich das in meiner privaten Sicht.«

Wenn er Bürgermeister gewesen wäre, wäre er so vorgegangen. Damit vertritt er überraschenderweise eine Position, die keineswegs der liberalen Position der ÖVP in der Mediation entspricht, sondern die in Bad Vöslau zum Standardrepertoire der radikalen Moscheegegner am rechten Rand gehört: Auch in anderen Gemeinden des Bezirks hätten es die Bürgermeister geschafft, ihre Machtposition dafür zu benützen, eine Einreichung von vornherein zu verhindern und die muslimischen Antragsteller abzuschrecken. Dass in Vöslau routinegemäß, auf Basis der im Rechtsstaat geltenden gesetzlichen Bestimmungen, ein Bauverfahren für die Moschee eröffnet wurde, wird von dieser Seite als klare Befürwortung durch den Bürgermeister interpretiert.709 Innerhalb der ÖVP Bad Vöslau sei er, Neuhold, derjenige gewesen, der dafür plädiert habe, aus politischen Gründen aus der Mediation auszusteigen. Denn der Opposition seien durch die Mediation faktisch die Hände gebunden gewesen: Der Bürgermeister habe sich mit Hilfe der Mediation unangreifbar gemacht, über die Inhalte der Mediation mussten alle Teilnehmenden Stillschweigen bewahren. Man konnte aus der laufenden Mediation nicht mehr aussteigen – wenn man nicht riskieren wollte, als ausländerfeindlich hingestellt, ins »rechte Eck« 709 Auf der rechtsradikalen österreichischen Homepage »Wiener Nachrichten Online« (WNO) z. B. wird Bürgermeister Prinz deshalb als »tatkräftiger Kämpfer für Moschee und Islam« bezeichnet. Internetquelle: http://www.wno.org/newpages/lch56c.html (Zugriff 28. 8. 2010). In einer Aussendung des FPÖ-Parlamentsklubs im März 2008 übernahm man diese Bezeichnung und attackierte den Bürgermeister als »Kalif Prinz«. Cf. »Moscheen-Bau: SPÖ, ÖVP und Kalif Prinz – österreichische Identität wurde von ihnen für 39.000 Euro verkauft«: OTS-Aussendung, 7. 3. 2008. Internetquelle: http://www.ots.at/presseaussendung/OT S_20080307_OTS0075/moscheen-bau-oevp-spoe-und-kalif-prinz-oesterreichische-identi taet-wurde-von-ihnen-fuer-39000-eur-verkauft (Zugriff 27. 8. 2009).

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gestellt zu werden. Der damalige Obmann, Dr. Scheibel, sei entschieden gegen einen Ausstieg der ÖVP aus der Mediation gewesen. Als Bedingung für die Unterzeichnung des Mediationsvertrags schlug Neuhold am Schluss der Mediation vor, dass die Stadtgemeinde das Recht bekommen solle, zu den Vorstandssitzungen des Vereins ATI˙B eine Vertretung der Gemeinde als Beobachtung zu entsenden. Das ATI˙B-Team habe darauf so reagiert: ›Kein Problem, wir haben nichts zu verbergen‹ und sofort zugestimmt. Diese Vereinbarung wurde Teil des Mediationsvertrags. Neuhold sieht die Beobachtung nicht als Kontrolle, sondern als »vertrauensbildende Maßnahme«, um die in Teilen der Bevölkerung bestehenden Ängste gegenüber der Moschee auszuräumen. Bisher sei diese Maßnahme noch nicht angewendet worden. Die FPÖ in der Mediation Die FPÖ, die damals mit Dr. Franz Sommer nur einen Mandatar im Gemeinderat hatte, wurde in der Mediation durch ihn sowie Stadtparteiobmann Peter Gerstner vertreten.710 In der FPÖ sei es umstritten gewesen, ob man an der Mediation teilnehmen sollte – es gab auch die Position, den Moscheebau direkt anzugreifen. Sommer konnte aber Landesparteichefin Rosenkranz davon überzeugen, dass es sich um eine »win-win-Situation« handle.711 Man könne bei einer halben Million Muslime in Österreich nicht verhindern, dass sie Gebetshäuser bauen – aber man hätte in Bad Vöslau ein Modell schaffen können, dass es auch in Form einer zeitgenössischen Architektur möglich sei und erzielen können, dass die türkischen Muslime darauf stolz seien. Aber das sei nicht gelungen. Sommer sei es in der Mediation darum gegangen, das traditionelle Aussehen der Moschee zu verhindern und ein neutrales, modernes Gebäude durchzusetzen. Die osmanische Moschee, eine aus Anatolien nach Österreich verpflanzte Moschee sei eine »Zeichensetzung für Nichtintegrationswilligkeit«.712 Er sei auch gegen die architektonische »Camouflage« gewesen, bei der man Kuppel und Minarette so weit wie möglich versteckt habe. Kuppel und Minarette seien keine religiösen Vorschriften, und die Moschee sei kein Sakralgebäude, sondern ein Versammlungsplatz. »Die osmanische Moschee ist eine besondere Provokation, zumindest für uns Österreicher nach zwei Türkenbelagerungen, das können wir immer noch nicht vergessen, von der Zeichenhaftigkeit [her].«713 An den Treffen der AEK habe er fünf bis sechs Mal teilgenommen. Er selbst vertritt im Interview keine harte Form der Islamfeindschaft, er betont die Gemeinsamkeiten zwischen den drei monotheisti710 Das Interview mit Peter Gerstner wird hier nicht ausgewertet, da die digitale Ton-Aufzeichnung aufgrund des Verlustes des Aufnahmegerätes nicht zur Verfügung steht. 711 Interview Dr. Sommer, 15. 7. 2009. 712 Ibid. 713 Ibid.

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schen Religionen, u. a. den Glauben an einen Schöpfergott. Er trete für die Entwicklung eines europäischen Islam ein, der mit Demokratie und Rechtsstaats kompatibel ist. Die Mitwirkung und Rolle von Gemeinderat Dr. Sommer in der »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur« (AEK) bildete im Interview kein ausführliches Thema, da sich mir seine Mitwirkung erst durch ein späteres Interview mit einem Mitglied der AEK erschloss. Die Initiative »Frauenvielfalt« Eine konstruktive und kreative Initiative, die in der Zeit der Auseinandersetzung um den Moscheebau entstand, wurde von Vera Tiefengraber ins Leben gerufen. Sechs Frauen aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis setzten den Anfang. Am 8. März 2007, am internationalen Frauentag, wurde die Initiative unter dem Motto »Vielfalt statt Einfalt« öffentlich präsentiert. Frauen unterschiedlicher Herkunft, aus verschiedenen Berufen und mit unterschiedlichen politischen und religiösen Anschauungen treffen sich einmal im Monat. Ziel ist es, ein Frauennetzwerk zu entwickeln. Die Gründung der »Frauenvielfalt« war eine Stellungnahme zur Politisierung des Bauprojekts, die nach dem Bekanntwerden im November 2006 eingesetzt hatte. Bei der ersten Präsentation stellte Tiefengraber fest: »Wir grenzen uns ganz klar von Rassismus, Intoleranz, Hetzkampagnen, Angstmache und religiösem Fanatismus ab. Wir wollen ein respektvolles Miteinander anstelle eines Nebeneinanders.«714 Das erste offizielle Treffen fand am 4. April statt. Unmittelbarer Anlass, eine solche Initiative zu überlegen, sei eine aufgeheizte, feindselige Stimmung gegenüber der türkischstämmigen Bevölkerung gewesen, die 2006 schon vor dem Moscheethema in der Stadt aufgekommen sei.715 Aus ihrer Sicht habe es mit dem Interview des damaligen ehrenamtlichen »City Coach« Lutz Nowotny in den NÖN begonnen. Darin meinte er, Vöslau müsse an seinem Image der Kurstadt arbeiten. Es könne nicht sein, dass man am Bahnhof ankommt und als erstes Badeschlapfen tragende Türkinnen sehe, die am Gehsteig herumsitzen und das Bild der Kurstadt verschandeln würden. »Da ist dann irgendwas in Gang gekommen. Das war es, wo plötzlich so viele gesagt haben: Ja, das ist ja wahr, und die Türken, und wie das ausschaut, und da unten das Türkenviertel – und plötzlich war alles da. (…) Es ist irgendwie so wie eine Lawine, wie man eine Lawine lostritt. Irgendwann ist dann diese Moscheediskussion dann auch noch dazugekommen, aufgeheizt und aufgewärmt durch das: Ja, das stimmt. So das

714 »Frauenvielfalt gegen Hass und Ausgrenzung«: Badener Rundschau, 8. 3. 2007. 715 Interview Vera Tiefengraber, 15. 7. 2009, Cafe Thermal, Bad Vöslau.

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Bild: ›Wie kommen wir dazu. (…) Jetzt wollen sie eine Moschee auch noch, das ist ja ein Wahnsinn.‹ Es war irgendwie in aller Munde.«716

Es scheint, dass durch das Interview mit Nowotny ein Ventil geöffnet und ein offener türkenfeindlicher Diskurs gesellschaftsfähig gemacht wurde. Die Erfahrung dieser Situation – die gesellschaftliche Stimmung, die FPÖ, die von außen Öl ins Feuer goss, das Versäumnis der Politiker, die Situation zu beruhigen – und die Angst vor einer Eskalation der Spannungen und Konflikte zwischen den ethnischen Gruppen hätten den Anstoß dafür gegeben, die »Frauenvielfalt« als offenen Begegnungsort zu initiieren. Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund reden miteinander, erzählen sich ihre Geschichte (z. B. die Geschichte ihrer Flucht) oder über ihr Leben im Herkunftsland (z. B. Mongolei). Die Gruppe organisierte u. a. einen gemeinsamen Koch-Nachmittag und eine Ausstellung dreier Künstlerinnen aus dem Iran, aus Israel und Österreich. Erfolgreich war eine Podiumsdiskussion zum Thema »Frauenrollen in den Religionen« im Februar 2008 im Rathaus, bei der Vertreterinnen verschiedener Religionsgemeinschaften referierten. Vera Tiefengraber über das, was sich zwischen den Frauen entwickelt: »Für mich entwickelt sich da gelebter Respekt und dadurch die Offenheit, Dinge, die mich interessieren, fragen zu dürfen – warum trägst du das Kopftuch, warum bist du geflüchtet – , auf einer sehr vertrauensvollen Ebene.«

Der römisch-katholische Pfarrer von Bad Vöslau Die Bevölkerung von Bad Vöslau (11.000 Einwohner) umfasst rund 6500 Katholiken, 938 Evangelische und 877 Muslime. Die Stadtgemeinde Bad Vöslau umfasst zwei katholische Pfarren: den Ortsteil Gainfarn mit der Filialkirche Großau sowie die Pfarre Bad Vöslau St. Jakob. Die Pfarre Bad Vöslau wird vom Benediktinerstift Melk betreut, Pfarrer ist seit 2004 Mag. P. Stephan Holpfer OSB. Der Besuch der Sonntagsmesse liegt bei etwa 10 % der Katholiken. Die Haltung von Pfarrer Holpfer im Moscheekonflikt war klar : Er war sehr vorsichtig und vermied, sich in die Auseinandersetzung einzumischen.717 Seine erste Reaktion sei gewesen: »Ich mische mich da nicht ein.« Er empfahl dem Pfarrgemeinderat die Position: ›Wir freuen uns über die Religionsfreiheit‹ – aber die Angelegenheit nicht öffentlich zu kommentieren. Deshalb habe er keine einzige Interviewanfrage von Zeitungen angenommen. Ebenso habe er es entschieden abgelehnt, als ihn der Initiator der Unterschriftenaktion gegen die Moschee, Ing. Bernhard Tschirk, aufsuchte und um seine Unterstützung der Aktion warb. Der Pfarrer vermied bewusst, in den Konflikt hineingezogen zu werden, von welcher Seite 716 Interview Tiefengraber, 15. 7. 2009. 717 Interview Pfarrer Mag. Holpfer, 22. 10. 2009.

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auch immer. Im Verlauf des Konflikts rund um den geplanten Moscheebau erschien deshalb keine öffentliche Stellungnahme der katholischen Pfarre. 2007 fand auf Initiative des Pfarrers, der auch Dechant in Baden ist, ein internes Treffen der katholischen Pfarrer des Dekanats statt, bei dem der Leiter der »Kontaktstelle für christlich-muslimische Begegnung« der Erzdiözese Wien, Pfarrer Mag. Martin Rupprecht, über das Thema Islam referierte. In zwei Predigten habe P. Stephan Holpfer indirekt – zwischen den Zeilen – Stellung zu der Frage genommen: Es gehe darum, die eigene christliche Tradition zu stärken und zu ihr zu stehen, anstatt auf die Anderen zu schimpfen. Wenn ich im Eigenen sicher stehe, dann brauche ich keine Angst vor den Anderen zu haben, dann brauche ich nicht gegen sie zu »hussen«. Pfarrer Holpfer meint im Interview: »Wer wollte, hat sich ausgekannt.« Die Stimmung unter der Bevölkerung habe er durch regelmäßigen direkten Kontakt mit vielen Gruppen der Bevölkerung mitbekommen. Ein Argument, das oft gekommen sei, sei die Reziprozität gewesen: ›Wir dürfen ja in der Türkei auch keine Kirchen bauen.‹ Der größere Teil der Pfarrgemeinde sei skeptisch gegenüber dem Moscheebau gewesen – wenn er zu früh Stellung bezogen hätte, hätte er sie »nicht ins Boot holen können«. Sein persönlicher Standpunkt sei: »Dort, wo die Moschee steht, kann sie niemanden stören.« Sie befinde sich in einer Seitengasse, in der gleichen Gasse befindet sich der Königreichsaal der Zeugen Jehovas.

Abbildung 45: Eröffnungsfeier der neuen Haci Bayram Camii Bad Vöslau am 24. 10. 2009, Drehtanz (sama¯‘)

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Pater Stephan Holpfer wurde zusammen mit dem evangelischen Pfarrer Romanowski vom Verein ATI˙B zur Eröffnung der neuen Moschee im Oktober 2009 eingeladen. Der Imam, der katholische und der evangelische Pfarrer im freundlichen Gespräch und beim Austausch von Geschenken auf den Stufen vor der neuen Moschee – das war einer der eindrücklichsten Momente der Eröffnungsfeier. Ein gemeinsames interreligiöses Gebet, wie es Imam Hizir Uzuner angeregt hatte, wurde bei der Eröffnung nicht gesprochen. Für die Zukunft geht der Pfarrer davon aus, dass eine Annäherung zwischen Katholiken und Muslimen in Bad Vöslau in kleinen Schritten erfolgen werde – so wie seine Mitwirkung an der Eröffnung ein kleiner Schritt war, der von seiner Gemeinde sehr genau wahrgenommen wurde. »Man kann nur hoffen, dass dieses Zugehen aufeinander weiter geht – aber ich glaube in kleinen Schritten.«718 Der evangelische Pfarrer in Bad Vöslau Die Wurzeln der evangelischen Gemeinde in Bad Vöslau liegen im Ende des 19. Jahrhunderts. Die Gemeinde war früher eine Tochtergemeinde von Wiener Neustadt und Baden und wurde 1943 selbständig. Ende des 19. Jahrhunderts entstand das evangelische Bethaus in Bad Vöslau. Als es zu klein und baufällig wurde, errichtete man die heutige Christuskirche, die 1966 geweiht wurde. Die Pfarre, die zur Evangelischen Kirche A.u.H.B. gehört, wird seit 1999 von Pfarrer Mag. Karl-Jürgen Romanowski geleitet. Pfarrer Romanowski berichtet, dass es am Anfang »wilde Gerüchte« und allgemeine Aufregung unter der Bevölkerung gegeben habe. Die Rede sei von einer Riesenmoschee mit riesigen Minaretten gewesen, die zum Zentrum der Muslime in Niederösterreich Ost werden würde.719 Bei den Einträgen im Gästebuch auf der Website der Stadt gab es eine breite Gegnerschaft gegen das Projekt. Pfarrer Romanowski führt das auf die Situation des »Türkenviertels« zurück: Es habe eine Entwicklung in Richtung Ghetto gegeben, die Leuten Angst gemacht habe. Es habe Gerüchte und Erlebnisse gegeben, dass von der türkischen Minderheit Aggressionen gesetzt worden seien, es zu Schlägereien mit Jugendlichen gekommen sei usw. Diese Dinge würden dann kolportiert und seien dann natürlich Ortsgespräch – ohne dass man feststellen könne, wie oft so etwas überhaupt vorgekommen sei. »Wenn die dann so ein Prestigeobjekt hinstellen, dann ist die Angst noch einmal größer.« Er selbst habe gemischte Gefühle empfunden: »Einerseits haben wir Religionsfreiheit, andererseits – so ein dominantes Gebäude direkt neben uns, praktisch 100, 200 Meter Luftlinie, war mir auch nicht so furchtbar recht.« Der 718 Interview Pfarrer Mag. Holpfer, 22. 10. 2009. 719 Interview Pfarrer Mag. Karl-Jürgen Romanowski, 1. 7. 2009, Evangelisches Pfarramt Bad Vöslau.

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Initiator der Unterschriftenaktion gegen die Moschee war früher Mitglied der evangelischen Gemeinde. Er habe mit Pfarrer Romanowski zum Thema Moschee einen Schriftverkehr geführt, der dann abgebrochen worden sei – kurz danach sei er aus der evangelischen Kirche ausgetreten und Chef der örtlichen Partei »Die Christen« geworden. Im Presbyterium der Gemeinde sei über das Thema gesprochen worden. Es gab Ressentiments gegen den Moscheebau, aber man habe versucht, das Thema aus der Sicht der Erfahrungen der eigenen Kirche zu beleuchten. In der Geschichte der evangelischen Kirche habe man erlebt, »was es bedeuten kann, wenn man als Minderheit unterdrückt wird, und dass da zumindest andere Minderheiten diese Rechte auch haben sollten«. Der alte Gebetsraum des Vereins ATI˙B sei einfach unwürdig – es sei klar, dass der Wunsch nach einem würdigen Gebäude da sei. Nun entstehe ein schönes, großes, aber nicht protziges Gebäude. »Das ist etwas, was ja jede Religionsgemeinschaft haben sollte, wenn sie es möchte«. Grundsätzlich müsse es möglich sein, »eine Moschee so zu bauen, wie es die Betroffenen wünschen.« Wenn die Minarette so hoch oder sogar höher gewesen wären als der Turm der evangelischen Kirche, hätte es ihm persönlich nicht gefallen, »aber sie hätten von mir aus das Recht dazu gehabt.« Womit er ein Problem gehabt hätte, das wäre der Muezzin gewesen: Denn er verbreite eindeutig ein Glaubensbekenntnis, was mit dem neutralen Klang der Kirchenglocken nicht vergleichbar sei – aber das sei ohnehin nicht geplant. Mit dem evangelischen Superintendenten sei abgestimmt worden, dass Pfarrer Romanowski bei der Eröffnung der Moschee teilnehmen und sprechen werde – als Zeichen, dass man den Muslimen die Hand reichen wolle. Der Architekt der ursprünglich geplanten Moschee Eine interessante Rolle nimmt der Architekt ein, der die Entwürfe für die ursprünglich geplante Moschee gezeichnet hatte. Merkwürdigerweise taucht er in der öffentlichen Diskussion um das Bauprojekt nicht auf. Erst zufällig stieß ich durch das Interview mit Baumeister Kosa auf die Tatsache, dass die ursprünglichen Entwürfe von einem »türkischen Architekten in Wien« stammten, auf deren Basis die Firma kosaplan die ersten Pläne und Modelle der Moschee entwickelte. Durch das Interview mit dem Architekten selbst sollte sich herausstellen, welche Bewandtnis es mit dieser Unsichtbarkeit des Architekten der Moschee auf sich hat. Es handelt sich um den Architekten und Ziviltechniker Dipl.-Ing. Melih Yerlikaya, der in Graz Architektur studierte und in Wien lebt. 1998 gründete er in Wien das Architekturbüro »BG4«. 2004 wurde er vom Dachverband ATI˙B für den Umbau eines bestehenden Gebäudes als Sitz der ATI˙B-Zentrale in der Gudrunstraße im 10. Bezirk in Wien engagiert. Seither ist er als architektonischer Berater und Architekt für verschiedene Bauprojekte von ATI˙B tätig. Beispielsweise war er am Minarettbau in Telfs beteiligt: Er adaptierte

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die Standardpläne, die aus der Türkei stammten; die Pläne wurden allerdings nicht umgesetzt.720 Ein weiteres prominentes Projekt ist der Ausbau des ATI˙BZentrums in der Dammstraße im 20. Wiener Gemeindebezirk, ein sechsgeschossiger Neubau, den er zeichnete. So war es natürlich, dass er ebenso mit dem Projekt eines neuen islamischen Zentrums in Bad Vöslau betraut wurde. Vergegenwärtigt man sich die Entwicklung des Bauprojekts, das heftige politische Ringen um Minarette und Kuppeln, so erscheint als überraschende Wendung, dass DI Yerlikaya – gewissermaßen der Architekt des Dachverbands ATI˙B – für den Verein ATI˙B Bad Vöslau ursprünglich ein modernes Gebäude ohne traditionelle Elemente der neo-osmanischen Moschee plante.

Abbildung 46: Entwurf der neuen Moschee in Bad Vöslau, Architekturbüro BG4 Ó Arch. DI M. Yerlikaya

Im Interview erläutert er sein Verständnis der Moschee: In seiner Sicht sei eine Moschee traditionell nicht nur ein Gebetshaus, sondern ein Ort der religiösen Bildung. Dieser Ort sei bisher in Form einer traditionellen Moschee nach außen hin sichtbar gewesen. Heute müssten aber diese eigentlichen Funktionen einer Moschee im Vordergrund stehen, nicht die überlieferten äußerlichen Merkmale. Ein muslimischer Gebetsraum, der in einem neutralen Gebäude untergebracht ist und von außen nicht erkennbar ist, sei genauso eine Moschee.

720 Interview mit Architekt Dipl.-Ing. Melih Yerlikaya, 11. 2. 2011, Tanzlokal, Wien, erster Bezirk.

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Eine Logik der »religiösen Marken« auf den Religionsmärkten, die wie Marken der globalen Konsumgesellschaft funktionieren, stellt Yerlikaya explizit in Frage: »Weil der Sinn und Zweck ist nicht, dass man irgendwas von außen Sichtbares macht – wir machen keine Werbung für Coca-Cola, dass man ein Schild aufhängt und dahinter betet…«.721

Aus architektonischen Gründen war er strikt dagegen, die Moschee in Bad Vöslau so zu planen, dass man das Modell eines freistehenden Sakralgebäudes, das nur aus der Distanz vollständig sichtbar ist, einfach in die bestehende Baulücke in einer Seitengasse transferiert. Weder vorne noch seitlich sei genügend freier Platz, damit das Gebäude »in Erscheinung« treten kann. »Der Grundgedanke von mir war bei diesem Gebäude, dass man nicht ein freistehendes Moscheebild nimmt und eins zu eins hineinbaut – das haben wir nicht gelernt. Wir haben acht Jahre lang die Ausbildung – aber nicht deswegen, damit wir irgendwas kopieren und dort hineinbauen. Das geht nicht, weil die das so wollen, da bricht der Bleistift zusammen, das kann ich nicht zeichnen. Das geht nicht.«722

Sein erster Entwurf sah eine große Treppe vor, die zum Gebäude hinführt, danach eine große Vorhalle mit Brunnen, und dahinter die eigentliche Moschee (Gebetshalle) mit einem Flachdach. Seine Idee war, anstelle eines fest gebauten Minaretts eine Lichtsäule vorzusehen, die von einem Stahlblech mit ornamentalen Öffnungen umgeben ist und die zur Zeit des Gebets säulenartig in den Himmel leuchten sollte, um das islamische Ritual zu signalisieren. Der Architekt schildert die ablehnende Reaktion des Vorstands: »Na, die wollen unbedingt eine Kuppel haben. Ich habe gesagt: Wieso wollen sie das? Wo steht das im Koran? ›Das hat mit dem Koran nichts zu tun. Wir wollen das.‹ Aber warum wollen sie das? Das hat mit einer Moschee nichts zu tun.«723

Yerlikaya interpretiert dieses Beharren auf einem traditionellen Aussehen der Moschee als Wunsch, eine »Heimatmoschee« haben zu wollen, etwas von der ehemaligen »Heimat« hierherzuholen und sich national-kulturell, als türkische Moschee, präsentieren zu können. Der Architekt gab schließlich nach, respektierte die Wünsche des Bauherren und zeichnete die Moschee mit einer großen Zentralkuppel über der Gebetshalle sowie Minaretten – gegen seine Überzeugung. Nach zwei Monaten der Beratungen mit dem Vorstand des Vereins ATI˙B Vöslau beschloss er, sich vom Projekt zurückzuziehen:

721 Interview Yerlikaya, 11. 2. 2011. 722 Ibid. 723 Ibid.

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»Darauf habe ich eh gesagt: Das mache ich nicht mehr. Das geht in die Richtung: Ich bin Zeichner, und die sagen mir, was ich zeichnen soll, bitte. … Ich habe gesagt: Die ganzen Moscheen, von denen ihr begeistert seid, die wunderschönen Moscheen, sind alle einmal von Architekten gebaut. Alle von Architekten gebaut. Ich bin auch Architekt.«724

Er wandte sich an den Dachverband und erhielt die Erlaubnis, das Projekt nicht mehr betreuen zu müssen. Er stellte eine Rechnung über die bisher von ihm erbrachten Leistungen. Der Vorstand des Vereins in Bad Vöslau informierte ihn, dass sie nicht vorhätten, die Entwürfe zu realisieren und schlug nur eine Art kleinen Schadenersatz vor. Umso überraschter war Yerlikaya, als die Einreichpläne, die man der Badener Rundschau anonym zugespielt hatte, Anfang November 2006 veröffentlicht wurden und er seine – leicht geänderten – Entwürfe wiedererkannte. Dieser Konflikt erklärt, warum der Architekt des ursprünglichen Entwurfs vom Verein in Bad Vöslau verschwiegen und sein Name im Zusammenhang mit dem Bauprojekt nicht erwähnt wird. Im Nachhinein kann man sich vorstellen, dass das gesamte Bauvorhaben anders verlaufen wäre, hätte der Verein ATI˙B Vöslau von vornherein einem zeitgenössischen, am österreichischen Kontext orientierten, architektonisch innovativen Moscheebau zugestimmt, wie er vom ersten Architekten vorgeschlagen worden war. Wie andere Fälle (z. B. das Projekt des Vereins Havas in Wiener Neustadt, der Ausbau des ATI˙B-Zentrums Dammstraße in Wien) zeigen, wäre möglicherweise eine heftige Agitation gegen das Projekt auch dann nicht ausgeblieben, wenn für den Bau keine Kuppel und keine Minarette vorgesehen gewesen wären. Man hätte jedoch für die zukünftige Architektur islamischer Sakralgebäude in Österreich Maßstäbe setzen können. Der Initiator der »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur« (AEK) Die AEKwurde nach Bekanntwerden des Moscheebauprojekts (November 2006) in Bad Vöslau gegründet. Ihre Tätigkeit bestand überwiegend in der Durchführung einer Unterschriftenaktion gegen den Moscheebau. Im Begleitbrief zur Unterschriftenliste definiert die Arbeitsgemeinschaft ihr Ziel: »Die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur hat sich zum Ziel gesetzt, jene Menschen, die sich durch die Errichtung eines moslemischen Kultbaues in Ihrer [sic!] Grundauffassung, wie Heimat, Stadtbild, Religion und Europäischer Leitkultur bedrängt fühlen, zu einer Unterschriften-Aktion einzuladen.«725

Die Schwierigkeit, die AEK zu erforschen, bestand darin, dass die Gruppe anonym arbeitete. Auf der Petition war nur eine Postfachadresse in Bad Vöslau 724 Interview Yerlikaya, 11. 2. 2011. 725 AEK, Petition – Kulturzentrum ohne Minarette, Februar 2007, Begleitbrief.

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angegeben. Im Bericht der Badener Rundschau über die erste Veranstaltung der Gruppe am 17. 1. 2007 heißt es, dass der AEK-Gründer »namentlich nicht genannt werden will«.726 Erst im Juli, in einem Bericht der Badener Rundschau über die öffentliche Diskussion über das Moscheeprojekt am 1. Juli im Kursalon, wurde Ing. Bernhard Tschirk als »Initiator einer Unterschriftensammlung« erwähnt.727 Herr Ing. Tschirk (Jahrgang 1948) ist selbständiger Elektrotechniker in Bad Vöslau. Er kandidierte bei der niederösterreichischen Landtagswahl 2008 für die Partei »Die Christen NÖ«, die damals zum ersten Mal antrat. Vorsitzender der neuen Partei, die mittlerweile in »Christliche Partei Österreichs« (CPÖ) umbenannt wurde, ist Dr. Rudolf Gehring. Die Partei erlangte bei der Landtagswahl 0,84 % der Stimmen (8537 Stimmen), Tschirk erzielte auf der Landesliste 62 Vorzugsstimmen. In Bad Vöslau wird deshalb die Unterschriftensammlung mit der Partei »Die Christen« assoziiert – das ergeben die qualitativen Interviews, z. B. mit Politikern, deutlich. Der tatsächliche religiöse Hintergrund und die Mitglieder der AEK blieben weitgehend unbekannt. In der Badener Rundschau wurde die AEK als »fundamental-katholisch« charakterisiert.728 Diese Charakterisierung trifft jedoch weder auf die Mitglieder noch auf den Gründer zu. Tschirk war früher Mitglied der evangelischen Gemeinde A. und H.B. in Bad Vöslau, trat dann aber – zur Zeit des Moscheekonflikts – aus. Er ist Mitglied einer charismatisch-evangelikalen Gruppierung in Wiener Neustadt, der »Freikirchlichen Ichthys-Gemeinde« (siehe unten). Im Interview berichtet Ing. Tschirk, dass er sich vor dem Moscheeprojekt in Bad Vöslau nicht mit dem Thema Islam befasst habe.729 Er habe früher die Bedeutung des Themas nicht erkannt. Über den Islam habe er sich durch den »Wiener Akademikerbund« informiert. Er habe durch einen Mitarbeiter, MMag. Wolfram Schrems, einen jungen katholischen Theologen, Hinweise auf Literatur über den Islam bekommen. Ebenso habe dieser ihn auf die »Christliche Mitte« (CM) hingewiesen – durch ihn sei er ihn Kontakt mit der CM gekommen. Über den Islam informiere er sich regelmäßig auch über die Zeitung »Schweizerzeit«, die vom SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer herausgegeben wird. Er habe gewusst, dass in der Bevölkerung eine breite Ablehnung gegen die Moschee da sei – aber sie würde nichts tun. Es war ihm deshalb klar : »Da müssen wir etwas tun.« Er habe den Text der Petition entworfen und mit ein paar Leuten abgestimmt. Er habe den Bürgermeister aufgesucht und ihn von der Unterschriftenaktion in Kenntnis gesetzt – aus politischer Fairness, aber auch »damit der Bürgermeister 726 727 728 729

Badener Rundschau, 25. 1. 2007, 26. Badener Rundschau, 5. 7. 2007. Badener Rundschau, 25. 1. 2007, 26. Interview Ing. Bernhard Tschirk, 29. 7. 2009, Privathaus, Bad-Vöslau-Gainfarn. Hr. Ing. Tschirk hat einer Tonaufzeichnung nicht zugestimmt, lediglich einer Mitschrift.

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nicht mich bekämpft.« Auch den Projektleiter des Moscheebaus, Selfet Yilmaz, habe er mehrmals getroffen. Im Jänner 2007 habe er mit der Unterschriftenaktion begonnen, mit Hilfe von 10 bis 12 Mitarbeitern. Man habe die Petition per Post versandt, in Briefkästen geworfen und sei von Haus zu Haus gegangen. Am Beginn habe die FPÖ organisatorisch geholfen. Seine Mitarbeiter aus der christlichen Gemeinde hätten ihm aber nahegelegt, sich nicht zu sehr ins FPÖLager zu begeben. Man habe 1600 Unterschriften in der Großgemeinde Bad Vöslau, in Sooss und Kottingbrunn gesammelt. Die Zahl der Unterschriften sei von einem Notar in Baden bestätigt und dann dem Bürgermeister übergeben worden. Aus seiner Sicht wäre es ohne die Unterschriftenaktion zu keiner Änderung des Bauprojekts gekommen. Es bestehe aus seiner Sicht nicht primär ein Glaubensproblem, sondern es gehe um eine weitreichende politische Frage, die in erster Linie Deutschland, Frankreich und die Schweiz betreffe. Tschirk weist an dieser Stelle des Interviews hin auf die Broschüre Die letzten Tage Europas. Eurabia oder Eurasia? von Henryk Broder (Schweizerzeit-Schriftenreihe, 2008) sowie auf das Buch Grenzenlose EU. Die Türkei und die Aushöhlung der Politischen Union (2007). Über den Wiener Akademikerbund habe er den Autor, Botschafter Dr. Erich Hochleitner, Direktor des »Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik«, persönlich kennengelernt. Im Interview weigert er sich Fragen zu beantworten und verweist auf bestimmte Bücher. Auf die Frage, was die Gründe sind, warum er gegen Minarett und Kuppel eintritt, verweist er auf das Buch Heiliger Krieg in Europa von Udo Ulfkotte. Darin beschwört der Autor ein Untergangsszenario, nach dem Europa binnen kurzer Zeit in »Eurabien« transformiert werden würde, in dem die Scharia herrscht.730 Auf die Frage, wie er gerade auf diese Literatur gekommen sei, verweist er auf »Insiderkreise« in Wien. Zum Thema Moschee meint Tschirk: »Wir wissen nicht, was in der Moschee gepredigt wird.« Der Imam werde vom türkischen Staat bezahlt – was redet er in der Moschee? »Die geistige Zentrale ist die Moschee – dort wird Hass verbreitet.« Die österreichischen Gesetze seien nicht in der Lage, einen solchen Bau abzuwürgen. Er habe das zuerst nicht 730 Udo Ulfkotte (2007) Heiliger Krieg in Europa. Wie die radikale Muslimbruderschaft unsere Gesellschaft bedroht, Frankfurt a. M.: Eichborn. – »Eurabia« ist ein Begriff, den Gisele Littman (Pseudonym: Bat Ye’Or) geprägt hat und der v. a. durch ihr Buch Eurabia: The Euro-Arab Axis (New Jersey 2005) verbreitet wurde (s. Carr 2006). Die damit verbundene islamfeindliche Verschwörungstheorie, nach der europäische und arabische Kräfte an der Islamisierung Europas arbeiten würden, um die Kooperation mit den USA und Israel zu unterminieren, wird v. a. von der Counterjihad-Bewegung (Robert Spencer, Daniel Pipes, Pamela Geller u. a.) vertreten. Der Attentäter von Oslo Anders B. Breivik hat sich in seinem Manifest »2083« ausführlich auf das »Eurabia«-Konzept bezogen und extensiv Material aus Blogs der Counterjihad-Bewegung, v. a. des norwegischen Bloggers Fjordman, verwendet. Siehe dazu Eintrag »Eurabia«, http://en.wikipedia.org.

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gewusst und einen Brief an den Landeshauptmann geschrieben. Die Antwort sei gewesen, dass die Gesetze nicht ausreichen, ein solches Projekt zu stoppen. Auf meinen Einwand, dass es aus seiner Sicht inkonsequent ist, gegen Minarette und Kuppel zu kämpfen, antwortet er : Aus einer realistischen Sicht war das gesamte Moscheeprojekt nicht zu stoppen, dafür war es schon zu weit fortgeschritten. Er habe sich deshalb zurückgezogen auf Dinge, die realistisch seien. Minarette und Kuppel seien dann die Aufhänger gewesen, um das Thema voranzubringen. Wenn er die Macht dazu gehabt hätte, das ganze Projekt zu verhindern, hätte er es getan. Letztendlich habe der Bürgermeister das Projekt forciert. Auf meinen Einwand, dass die gesetzlichen Grundlagen, an die der Bürgermeister gebunden ist, einen Moscheebau erlauben, wendet Tschirk ein: Sowohl in Baden als auch in Leobersdorf sei ein Moscheebau von den Bürgermeistern von vornherein abgelehnt worden. Er bekenne sich »von ganzem Herzen« zum Christentum. Auf die Frage, wie er »christlich« definiere, sagt Tschirk: »Ein Nachfolger Christi zu sein, ihm zu dienen, nach seinen Prinzipien zu leben, mit allem was dazugehört.« Was er mit »mit allem was dazugehört« meine? Seine Antwort: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, und über allem Gott.« Deshalb habe er nicht intendiert, einen Glaubenskonflikt hervorzurufen. »Es war kein Kreuzzug.« In der Ichthys-Gemeinde in Wiener Neustadt gebe es hervorragende Kontakte zum Judentum. »Wenn die Muslime bereit wären zu Gesprächen, dann wären sie eingeladen.« Die »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur« habe nicht allein aus Mitgliedern seiner christlichen Gemeinde bestanden, sondern wäre bunt zusammengesetzt gewesen. Seine Kandidatur für die Partei »Die Christen« sei damals noch nicht im Gespräch gewesen, das sei erst später gekommen. Das Thema Moschee sei für ihn jetzt abgehakt, es gebe jetzt gravierendere Probleme, zum Beispiel die Wirtschaftskrise. Soweit das Interview. Im Interview werden einige wichtige Bezugspunkte deutlich. Ein Bezugspunkt ist die »Christliche Mitte«. Dieser Bezug wurde in der Öffentlichkeit durch die Badener Rundschau bekannt gemacht: »Die AEK kooperiert nach eigenen Angaben u. a. mit dem deutschen Verein ›Christliche Mitte‹, der – laut Homepage – für ein ›Deutschland nach Gottes Geboten‹ eintritt.«731 Es wurde aber nicht deutlich, worum es sich bei der CM handelt: Sie ist eine christlich-fundamentalistische politische Partei in Deutschland, die 1988 gegründet wurde. Bei den Europawahlen 2004 und 2009 kam die Splittergruppe in Deutschland auf 0,2 % der Stimmen. Ihre Hauptaktivität besteht im Kampf gegen die angebliche »Islamisierung Europas« aus christlich-religiösen Gründen, der mit dem ersten Gebot (»Du sollst keine anderen Götter neben mir haben«) begründet wird. 731 Gabi Stockmann: »Harte Worte: Moschee-Gegner verschärfen jetzt ihre Sprache!« Badener Rundschau 25. 1. 2007, 26.

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Bereits ab Anfang der 1990er Jahre arbeitete die Partei für die »Bewahrung unseres Volkes vor der Islamisierung«. Dabei vertritt sie eine extreme, radikale Form der Islamfeindschaft bzw. des antimuslimischen Rassismus (s. Schiffer/ Wagner 2009). Die islamische Glaubenspraxis wird grundsätzlich als Teufelskult verdammt. Die Vorsitzende der Partei, Adelgunde Mertensacker, schreibt am Schluss der Broschüre Der Prophet Allahs: »Wer ist Allah? Allah ist Satan. Wer war Mohammed? Mohammed war der besessene Prophet Satans. Was ist der Islam? Der Islam ist eine Offenbarungsreligion Satans. Wer dies erkannt hat, kann unmöglich schweigen. Er ist aufgerufen, dem Wirken Satans zu widerstehen, den einen wahren dreifaltigen GOTT, die Göttlichkeit CHRISTI und Seine Erlösungstat zu verteidigen, die Wahrheit des Evangeliums gegen das Lügengespinst des Koran zu setzen und alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Muslime, die sich dem Islam und damit Satan ausgeliefert haben, aus der Finsternis zum Licht zu führen.« (Mertensacker 2006, 102).

Die islamische Offenbarung wird als »dämonische Irrlehre« eines falschen Propheten verurteilt: »Mohammed erfüllt alle Merkmale eines falschen Propheten: Er verkündet eine dämonische Irrlehre, die das Ziel hat, die Herrschaft des ›Fürsten dieser Welt‹ zu sichern und die Bekehrung der Heiden zu CHRISTUS zu verhindern. In gotteslästerlichem Anspruch gibt er als göttliche Inspiration aus, was ihm sein Daemon ›Gabriel‹ einflüstert.« (Mertensacker 1993, 50)

Innerhalb dieses paranoid-fundamentalistischen Weltbilds werden Moscheen als »Stützpunkte islamischer Eroberung« betrachtet, so das gleichnamige Buch von Mertensacker (Mertensacker 2001). Eine Moschee sei kein Gotteshaus, da sich in den Moscheen Muslime vor Allah niederwerfen – Allah sei aber nicht Gott, sondern ein Götze. Auch in den von Schmitt untersuchten Fällen von Moscheebaukonflikten in Deutschland (in Duisburg und Lünen) spielte der Einfluss der CM eine Rolle, insofern sie Moschee-Gegner mit einem ideologischen Rüstzeug ausstattet (cf. Schmitt 2003, 146). Hingewiesen wurde Ing. Tschirk auf die CM durch den katholischen Theologen MMag. Wolfram Schrems.732 Tschirk hatte ihn beim »Wiener Akademikerbund« kennengelernt und ihn eingeladen, bei der ersten öffentlichen Veranstaltung der AEK am 17. Jänner 2007 über das Thema Islam vorzutragen. Der 732 MMag. Schrems schreibt auf dem Internet-Portal kath.net, für die katholische Zeitschrift »Vision 2000« und auf dem Blog des katholisch-traditionalistischen Mercedarierordens (»Ritter vom Loskauf der Gefangenen«), dem Ewald Stadler (BZÖ) als Komtur der Wiener Gemeinschaft angehört. Schrems war Bildungsreferent der Katholischen Hochschulgemeinde Wien. Vom Vorarlberger Diözesanbischof Elmar Fischer war MMag. Schrems als Referent zum Priestertag am 7. 5. 2008 (Thema: »Islam – Probleme und Lösungen«) eingeladen worden. Auf telefonische Anfrage des Autors war MMag. Schrems zu keinem Interview bereit.

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»Wiener Akademikerbund« (hier : WB) war zu dieser Zeit Mitglied des »Österreichischen Akademikerbunds«, einer Vorfeldorganisation der ÖVP. Der WB hat einen Arbeitskreis »Gefahr Islam« eingerichtet, der von einzelnen Mitgliedern der AEK regelmäßig besucht wird.733 Öffentlich bekannt wurde ein Vorstandsmitglied des WB, Elisabeth Sabaditsch-Wolff, im Zusammenhang mit ihren Referaten in der dreiteiligen Seminarreihe »Grundlagen des Islam« des FPÖ-Bildungsinstitutes. Ihre extremen rassistischen Aussagen wurden im November 2009 durch eine News-Reporterin, die am Seminar teilnahm, bekannt; Sabaditsch-Wolff wurde wegen Verhetzung angezeigt.734 Die Seminare mit ihr werden weiterhin durchgeführt. Am Beispiel der AEK in Bad Vöslau wird der Einfluss des Netzwerks rund um den »Wiener Akademikerbund« deutlich. Ein weiterer Aspekt ist die transnationale Vernetzung: Über die Zeitung Schweizerzeit und die Broschüren der Zeitung war Tschirk auch in Kontakt mit der »Schweizerischen Volkspartei« (SVP). Der Herausgeber der Schweizerzeit, Ulrich Schlüer, war einer der wesentlichen Motoren der Anti-Minarett-Initiative in der Schweiz. Die Ichthys-Gemeinde in Wiener Neustadt Wesentlich ist der Kontext der evangelischen Freikirche, der »Ichthys-Gemeinde« in Wiener Neustadt. Mitglieder der Gemeinde waren die engsten Unterstützer von Tschirk bei der Unterschriftensammlung. Auch innerhalb der Gemeinde wurde die Petition aufgelegt und Unterschriften gesammelt. Der Leiter der Gemeinde, Herr Mag. Y., unterstützte die Aktion persönlich und unterzeichnete die Petition.735 Die Ichthys-Gemeinde ging aus einer überregionalen Bewegung von Christen hervor, die sich ab 1983 in Hauskreisen trafen – damals noch im Rahmen der 733 In die Schlagzeilen kam die Organisation im März 2010, als bekannt wurde, dass der Obmann, Josef M. Müller, in einem Positionspapier vom November 2009 neben der »generellen Beendigung der Einwanderung«, der ersatzlosen Streichung des Gleichbehandlungsgesetzes etc. auch die ersatzlose Aufhebung des NS-Verbotsgesetzes gefordert hatte – eine klassische Forderung rechtsextremer Gruppierungen. Müller wurde im März 2010 aus der ÖVP ausgeschlossen. Zusammen mit dem Vorstandsmitglied Christian Zeitz wurde er auch aus dem Österreichischen Akademikerbund ausgeschlossen; der gesamte Vorstand des WB wurde seiner Ämter enthoben. Der WB darf sich künftig nicht mehr Vorfeldorganisation der ÖVP nennen. Siehe dazu Peter Mayr/ Karin Moser : »ÖVP-Wirbel um Akademikerbund: Chef rausgeworfen«, Standard, 25. 3. 2010. 734 Exemplarisch die zitierte Aussage von Sabaditsch-Wolf: »Wenn Kardinäle Kinder vergewaltigen, tun sie das trotz der Religion – Muslime vergewaltigen Kinder wegen der Religion«. Quelle: Veronika Dolna: »Undercover in Straches Hass-Schule«, News, 25. 11. 2009. Internetquelle: http://www.news.at/articles/0948/8/256322/undercover-straches-hass-schu le-news-reporterin-dolna-fpoe-parteiakademie (Zugriff 18. 10. 2012). 735 Interview Mag. Y., 21. 10. 2009, Ichthys-Gemeinde Wiener Neustadt.

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evangelisch-lutherischen Pfarre in Neunkirchen. Die Gruppierung steht im Kontext der charismatischen Bewegung. 1989 umfasste diese Gemeinschaft bereits rund 100 Personen und hielt auch eigene Gottesdienste ab.736 1990 spaltete sich die Gruppe von der evangelischen Kirche ab, mietete einen Raum in Bad Vöslau und gründete dort im Rahmen eines Gottesdienstes am 9. 9. 1990 eine Freikirche unter dem Namen »Ichthys«-Gemeinde, zu diesem Zeitpunkt mit 68 Mitgliedern. Seit 1994 besitzt sie ein eigenes Gemeindezentrum in Wiener Neustadt.737 Heute besteht die Gemeinde aus knapp über 200 Erwachsenen. Charakteristisch für die Gemeinde, wie für Freikirchen generell, ist die persönliche Glaubensentscheidung als Erwachsener und damit verbunden die Erwachsenentaufe. Die Gemeinde ist Mitglied der »Elaia Christengemeinden« – ein Zusammenschluss von vier freikirchlichen Gemeinden und einer christlichen Gemeinde,738 der im Oktober 2005 gegründet wurde und seit April 2006 religionsrechtlich den Status einer eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft besitzt. Vorsitzender der Bekenntnisgemeinschaft ist Pastor Mag. Helmuth Eiwen, der für die Einreichung die Bekenntnisgrundlagen verfasst hat. Die »Elaia Christengemeinden« verstehen sich selbst als Teil der charismatischen Bewegung. Typisch sind dafür z. B. im Fall der Ichthys-Gemeinde die Heilungsgottesdienste, die regelmäßig durchgeführt werden. Ein spezifisches Merkmal der Bekenntnisgemeinschaft »Elaia Christengemeinden« ist die Betonung der Verbindung zum Judentum und die Verbindung mit »messianisch-jüdischen Gemeinden«, die sich seit den 1970er Jahren vor allem in den USA, aber auch in Russland, Ukraine, Israel und anderen Ländern gebildet haben. In den USA haben sich die Gemeinden in Dachorganisationen zusammengeschlossen, v. a. die International Alliance of Messianic Congregations and Synagogues (gegründet 1984) und die Union of Messianic Jewish Congregations (gegründet 1979).739 Seit Mitte der 1990er Jahre existieren mehrere messianisch-jüdische Gemeinden auch in Deutschland, die sich vor allem aus russischen Zuwanderern zusammensetzen (Pfister 2008). Eine dänische Untersuchung von 81 messianisch-jüdischen Gemeinden in Israel kommt zum Schluss, dass sie von ihrer Theologie und ihren Gottesdiensten her als christlichevangelikal zu beschreiben sind. Die Gemeinden glauben an Jesus als Messias, ihre Gottesdienste haben charakteristische charismatisch-pfingstlerische Züge 736 Ibid. 737 Broschüre »Eine Gemeinde stellt sich vor: Freikirchliche Ichthys-Gemeinde«, o. J. 738 Christliches Zentrum Amstetten, Christliches Zentrum Wien, Gemeinde ›Leben in Christus‹ Gmunden, Ichthys Gemeinde Wiener Neustadt, Rhema Gemeinschaft Linz. 739 Siehe die Selbstdarstellung durch Vertreter der Bewegung: Daniel Juster/ Peter Hocken, »The Messianic Jewish Movement. An Introduction« (2004). Internetquelle: Homepage Toward Jerusalem Council II, http://www.tjcii.org/userfiles/Image/messianic-jewish-mo vement-an-inttroduction-Eng.pdf (Zugriff 29. 8. 2010).

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– gleichzeitig halten sie den Sabbat ein, begehen die jüdischen Feiertage, verwenden jüdische Symbole und halten sich teilweise an die Speisevorschriften (Kjær-Hansen/ Skjøtt 1999). Vom Staat Israel und von jüdischen Institutionen werden die »messianischen Juden« nicht als jüdisch anerkannt. Die Ichthys-Gemeinde in Wiener Neustadt ist u. a. in Kontakt mit einer messianisch-jüdischen Gemeinde in Jerusalem, die vom aus Österreich stammenden Pastor Benjamin Berger geleitet wird.740 Die Gemeinde sei auch in Kontakt mit den österreichischen Mitarbeitern des Executive Committee »Toward Jerusalem Council II« (TJCII), dem katholischen Diakon Johannes Fichtenbauer und dem seit 2002 in Österreich lebenden britischen Theologen und katholischen Priester Peter Hocken, die beide zur charismatischen Bewegung gehören. Die Initiative TJCII stellt eine Bewegung für eine konziliare Versammlung in Jerusalem dar, bei der die »messianischen Juden« als Teil der christlichen Kirche anerkannt werden sollen. Diese Bewegung erfolge parallel zu den Anliegen der »Elia-Gemeinden«. Die charismatische und evangelikale Bewegung des »messianischen Judentums« und die damit verbundenen Versuche einer Judenmission sind im Zusammenhang mit einer spezifischen apokalyptischen bzw. chiliastischen Weltsicht zu verstehen. Fundamentalistisch-christliche Gruppen bewerten die Ansiedlung von Juden in Israel und die Gründung des Staates als Erfüllung von biblischen Prophezeiungen und als Zeichen der baldigen Wiederkunft Christi. Die Judenmission hat in dieser Perspektive eine derartige Bedeutung, weil die Bekehrung der Juden zu Jesus Christus als Voraussetzung für die Parusie, die Wiederkehr des Messias, und als entscheidendes Merkmal der Endzeit betrachtet wird. Solange die Kirche nicht eine Kirche aus Juden und Heiden und der Leib Christi eine vollständige Einheit ist, werde die Wiederkunft Christi verzögert.741 Pastor Mag. Y. vertritt der Sache nach die Judenmission – das Ziel, dass die Verblendung der Juden entfernt wird, sodass sie Christus erkennen – würde aber den Begriff nicht verwenden, weil er gerade in Europa sehr belastet sei. Der Philosemitismus evangelikaler und charismatischer Christen ist also keine Hinwendung zum Judentum in seiner eigenen Identität, sondern eine spezifische Form der Judenmission – und folgt damit einem bekannten Muster (s. Diekmann/ Kotowski 2009). Die Nähe der »Elaia-Gemeinden« zum (messianischen) Judentum geht offensichtlich Hand in Hand mit einer scharfen Abgrenzung zum Islam und einer Dämonisierung dieser Religion. Im Interview vertritt der Leiter der Gemeinde, Pastor Mag. Y., den Standpunkt: Es handle sich um eine Religion, hinter der dämonische Mächte stehen, ja die durch dämonische Mächte entstanden sei, mit 740 Interview Mag. Y., 21. 10. 2009. 741 Ibid.

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dem Ziel Menschen vom lebendigen Gott wegzuführen. Laut Mag. Y. sei das in der Geschichte immer das Ziel Satans gewesen: »Ich sage das jetzt mit einer gewissen Vorsicht, da muss man auch vorsichtig sein, aber ich glaube, dass in der Entstehungsgeschichte des Islam durch Mohammed dämonische Elemente eine wichtige Rolle gespielt haben als Verführung, sodass ich den Islam – wenn man sagt, er gehört zu den drei großen monotheistischen Religionen, dann stimmt das zwar der Sache nach, aber vom Ursprung her würde ich Juden und Christen dem Islam konträr gegenüberstellen. Das ist nicht eine Einheit, die sich alle auf Abraham berufen können, denn der gesamte Islam ist von seiner Grundtendenz aufgebaut auf einer sehr bewussten, grundsätzlichen Verdrehung des jüdischen Glaubens, d. h. der jüdischen Bibel, indem die Verheißungslinie nicht von Isaak kommt, sondern von Ismael …«.742

Ein zentrales Kriterium dafür, dass es sich bei der Offenbarung Mohammeds um eine dämonische Verführung handle, seien die »eindeutigen Verdrehungen biblischer Wahrheiten« im Koran. Der Islam stehe nicht auf einer Linie mit Judentum und Christentum, sondern genau im Kontrast dazu. »Das zeigt sich auch, indem für den Islam aus der Religion her gesehen – ich rede nicht von den Menschen, die Moslems, das ist etwas anderes – aber die Religion selber ist eindeutig darauf ausgerichtet, Judentum und Christentum zu bekämpfen bis zu zerstören. Weil natürlich für den Islam Christen und Juden eine verführte Religion sind.«

Die Ichthys-Gemeinde sehe als wichtiges Feld für die Zukunft die Missionierung von Muslimen in der Umgebung – nicht in einer aggressiven Weise, sondern »im Gespräch, in Begegnung und Freundschaft«. Bezogen auf den Moscheebau in Bad Vöslau müsse man zwei Aspekte berücksichtigen: einerseits die Religionsfreiheit, die in einer demokratischen Grundordnung ein höchster Wert sei. Diese Haltung komme jedoch in Konflikt damit, dass sich aus einer überwiegend christlich geprägten Gesellschaft und von den religiösen Grundlagen der Nation, die noch von der Mehrheit der Bevölkerung als christlich empfunden werden, das demokratische Recht ergeben würde, den Muslimen Grenzen zu setzen. »Zum Beispiel in Bezug auf die Moschee ist natürlich die Tatsache, dass aus islamischer Sicht heraus die Moschee ja nicht nur ein Versammlungsort ist für Moslems, sondern eine Demonstration von einer Basis, die sozusagen nun in einem Gebiet errichtet wird, wo sozusagen diese Basis verstanden wird wie ein Stützpunkt, von dem aus nun auch Land, geistlich gesehen, eingenommen wird. (…) Das heißt es ist eine Kampfansage – sage ich jetzt so – auch gegenüber dem Christentum. Und bei einer Moschee wird dieses aus islamischer Sicht besonders demonstriert durch die Minarette.«

742 Interview Mag. Y., 21. 10. 2009.

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Dieser Demonstration eines Machtanspruchs auf ein bestimmtes Gebiet dürfe auch widersprochen werden. Wenn eine Moschee gebaut werde, sei er nicht für »Kampf« dagegen, aber dafür, sich dagegen als Christ stark zu machen. Mit einer verbreiteten Deutung – die Moschee mit Minarett als Symbol einer islamischen Gebietseroberung – begründet Pastor Mag. Y. die Legitimität, die Grundrechte von Bürgern muslimischen Bekenntnisses einzuschränken. So wie im Zusammenhang mit der Schweizer Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten wird ein Vorrang der Demokratie auf Kosten des Rechtsstaats – im Sinne des Freiheits-, Grundrechts- und Minderheitenschutzes – vertreten. Weitere Mitglieder der AEK Die Mitglieder der »Arbeitsgemeinschaft Europäische Kultur«, die die Unterschriftenaktion gegen den Moscheebau durchführte, werden geheim gehalten. Großteils verband man die Aktion mit Ing. Bernhard Tschirk und damit mit der neuen Kleinpartei »Die Christen«. Wie oben dargestellt war der charismatischevangelikale Hintergrund von Tschirk und einigen seiner Mitarbeiter bei der Unterschriftensammlung in der Öffentlichkeit nicht bekannt. Ebenso war nicht bekannt, dass mehrere Funktionäre der FPÖ – Gemeinderat Dr. Sommer, Klubobmann Peter Gerstner, Daniel Jägerbauer von der Bezirks-FPÖ – und ebenso ein ehemaliger FPÖ-Mitarbeiter in der AEK mitgewirkt hatten. Im Zuge des Forschungsprojekts habe ich versucht, Mitglieder der AEK zu identifizieren und Interviews zu führen, um ein genaueres Bild von dieser Gruppe zu erhalten und die jeweilige Motivation, sich gegen den Moscheebau einzusetzen, zu untersuchen. Neben dem Initiator Tschirk führte ich Interviews mit insgesamt sechs Personen aus Bad Vöslau, die in der AEK mitgewirkt hatten, davon drei aktive Funktionäre der FPÖ sowie ein ehemaliger Mitarbeiter der FPÖ. Laut Ing. Tschirk umfasste die AEK rund 12 Mitglieder, teilweise aus höheren Berufen bzw. Akademiker, u. a. ein ehemaliger Personalleiter eines Unternehmens, jemand, der in einem Lehrberuf tätig ist, ein Rechtsanwalt und ein ehemaliger Industriemanager, der vor allem im ehemaligen Ostblock tätig war. Insgesamt handelte es sich um eine weltanschaulich heterogene Gruppe, die nur durch das gemeinsame Ziel, die geplante Moschee zu verhindern, zusammengehalten wurde und sich nach Abschluss der Unterschriftenaktion wieder auflöste. Teilweise kamen Leute über die erste öffentliche Veranstaltung zum Thema »Islam«, die Ing. Tschirk organisierte, zur AEK. Im Interview bestätigt Herr Z. beispielsweise, dass er mit den religiösen Positionen, dem missionarischen Eifer und »Verschwörungstheorien« von Tschirk nichts zu tun habe, sondern dass es sich um ein reines Zweckbündnis gehandelt habe.743 Im Wesentlichen bestand 743 Interview mit Herrn Z. (anonymisiert), Mitglied der AEK, 8. 10. 2009, Privathaus, Bad Vöslau.

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die AEK (a) aus dem charismatisch-evangelikalen Flügel rund um Ing. Tschirk und seiner Frau, (b) aus Funktionären der FPÖ sowie (c) weiteren Einzelpersonen. Die Mitwirkung der FPÖ innerhalb der AEK war öffentlich nicht bekannt. Laut FPÖ-Stadtparteiobmann Peter Gerstner habe sich die FPÖ bewusst im Hintergrund gehalten, weil man sich so mehr Unterschriften versprochen habe. Man habe besser gefunden, wenn Tschirk als »Neutraler« die Unterschriftenaktion lanciere. Mitglieder der FPÖ hätten auch Unterschriften gesammelt.744 Für die Gemeinderatswahl im März 2010 trat die FPÖ Bad Vöslau mit einem Team an, in dem fünf Personen in der AEK mitgewirkt hatten. Nach der Gemeinderatswahl kamen Helmut Leicher und Bernhard Tschirk (als Unabhängige) für die FPÖ in den Gemeinderat. Damit gleicht die Strategie der lokalen FPÖ, an eine Initiative eines Bürgers anzuknüpfen und im Hintergrund einer vermeintlichen »Bürgerbewegung« zu agieren, jener der »Bürgerbewegung pro Köln« bzw. der 2005 gegründeten »Bürgerbewegung pro Deutschland«, einer neuen Formation im Bereich der extremen Rechten in Deutschland, die eine breite Anschlussfähigkeit erzielen will, indem sie als Protestbewegung von Bürgern gegen Islam und Moscheebau auftritt. Die gleiche politische Taktik wendet die FPÖ auch in Bezug auf Bürgerinitiativen gegen islamische Zentren in Wien an, die sie entweder politisch vereinnahmt oder teilweise selbst gründet. Herr Z. – ehemaliger Leiter einer Firma – distanziert sich im Interview von den religiösen Positionen des Initiators der AEK. Er betrachte das Thema aus einer politischen Perspektive. Seine Hauptquelle, auf die er sich häufig beruft, ist die deutsche Autorin Necla Kelek. Das Hauptproblem des Moscheebaus in Bad Vöslau besteht aus seiner Sicht in seinen Auswirkungen auf die Integration der Türken: Die Moschee, mitsamt ihren Einrichtungen, bedeute, dass sie unter sich bleiben werden. Der türkische Staat finanziere die ATI˙B-Moschee, habe deshalb die Kontrolle über sie – durch den Moscheebau im Ausland binde der türkische Nationalstaat die Auslandstürken an sich. Viele in der Bevölkerung wären dagegen gewesen, weil sie gespürt hätten, »… dass das nicht ein Weg ist zum Miteinander, sondern dass das bedeutet, dass wir auf Dauer das Klein-Istanbul, wie’s da unten heißt, haben, dass wir auf Dauer eine gesellschaftliche Spaltung haben, die noch größer werden wird.«745

Der Moscheebau bedeute, dass die Auflösung des »Ghettos« »… wahrscheinlich unmöglich sein wird«. Den Begriff »Ghetto« bezieht Herr Z. auf die kleine Siedlung Wolfstraße/Castelligasse, die seit den 1980er Jahren vorwiegend von 744 Interview mit Stadtparteiobmann Peter Gerstner, 10. November 2009, Caf¦ der Spanischen Hofreitschule Wien. Aufgrund des Verlustes des Aufnahmegeräts ist die digitale Aufzeichnung des Interviews nicht erhalten. Gedächtnisprotokoll des Interviews. 745 Interview Herr Z., 8. 10. 2009.

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Personen mit türkischer Herkunft und ihren Familien bewohnt wird. Tatsächlich sind zum Zeitpunkt der empirischen Untersuchung zwei Gebäude in unmittelbarer Nähe der neuen Moschee in einem desolaten Zustand. Im Übrigen wurde ein neuer Wohnbau in der Castelligasse errichtet, in dem viele Österreicher wohnen. Die überwiegende Zahl der Häuser der Siedlung wurde von den Bewohnern in den letzten Jahren renoviert und ausgebaut. Laut Herrn Z. hätte es zu keiner Einreichung des Moscheeprojekts kommen dürfen. Dem Bürgermeister wird vorgehalten, dass er es überhaupt so weit kommen ließ: Dieser hätte das Moscheebau-Vorhaben so früh wie möglich bekannt machen müssen, »… weil das zur Folge gehabt hätte: Es hätte große Aufregung gegeben, er hätte sich nicht auf die Bauordnung berufen müssen, sondern er hätte gesagt: Liebe ATI˙B-Mitglieder, aber ihr seht’s eh, was für ein Wirbel ist, also ich seh‹ mich außer Stande, und wenn ihr trotzdem wollt: Es wird große Probleme geben – und damit wäre das Problem gestorben. Das wäre ein Weg gewesen, nicht.«746

Herr Z. verweist wie andere Mitglieder der AEK und wie Funktionäre der FPÖ in Bad Vöslau auf Präzedenzfälle in der Region, nämlich in Leobersdorf, Hirtenberg und Baden, wo die Bürgermeister ein Ansinnen auf Moscheebau von vornherein abgewiesen hätten. Das beweise, dass ein Bürgermeister ein weites Feld von Möglichkeiten besitze, seine Vorstellungen umzusetzen: »Es ist nicht immer eine Frage des Paragraphen, sondern es ist eine Frage der realen Machtverhältnisse.« Gefragt nach seiner persönlichen Motivation, sich in der AEK gegen den Moscheebau zu engagieren, spricht Herr Z. von einem »Bedrohungsszenario«, das mit der »sehr unangenehmen« gesellschaftlichen Spaltung verbunden sei. Sein persönliches Lebensumfeld sei konkret betroffen, wenn er im Zentrum von Bad Vöslau statt auf einen »schönen Geschäftemix« auf drei Kebab-Buden treffe. Er verweist auf das Beispiel Telfs: »Das Zentrum ist türkisch besetzt, ja. Die türkische Community hat durch die Moschee nicht den geringsten Schub für Integration erhalten… Das Zentrum ist devastiert, ist türkisch besetzt, die Leute sind nur Peripherie.«

Diese Entwicklung befürchte er für Bad Vöslau. Herr Z. verwendet für diese Bedrohung, die er empfindet, die Metapher eines krakenartigen Wesens mit Fangarmen, das die Umgebung durchdringe und übermächtig werde: »Das heißt, diese türkischstämmige Gemeinde, die breitet sich mit Tentakeln aus, ja, die durchdringt das Substrat ihrer Umgebung und ist dann eigentlich omnipräsent, und verkörpert aber einen Lebensstil, den wir nicht haben. … Die Ansprüche der türkischen Kommune wachsen mit dem, was sie schon bekommen haben. Kriegen sie ein 746 Interview Herr Z., 8. 10. 2009.

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bisschen, verlangen sie mehr ; haben sie mehr, wollen sie noch mehr haben, nämlich im Leben ihrer Eigenart, im Ausleben ihrer Eigenart.«747

Im Vordergrund seines Engagements steht nicht die Islamkritik, sondern ein räumlich-kulturelles Argument – die Veränderung der lokalen Topographie durch die aus der Türkei zugewanderten Menschen. Sie wird in der öffentlichen Sphäre mit der gestiegenen Zahl der ethnischen Gruppe sichtbarer: durch Kebab-Stände, einen türkischen Supermarkt, Frauen mit islamischem Kopftuch usw. Die öffentliche Kritik von Lutz Nowotny, die am Beginn der Auseinandersetzung steht, war in die gleiche Richtung gegangen. Der Moscheebau ist in dieser Sicht ein weiterer Beweis der Expansion. Bei allen Beispielen, die Herr Z. im Interview nennt, geht es um die Sichtbarkeit der »Fremden« im nationalen öffentlichen Raum. Laut Herrn Z. habe die »Arbeitsgemeinschaft« das Ziel gehabt, die Minarette zu verhindern. Er selbst habe jedoch das Ziel vertreten: keine Moschee – und versucht, die AEKvon diesem Ziel zu überzeugen. Das ursprünglich vorgesehene orientalische Äußere sei Ausdruck einer rückständigen Einstellung »und entspricht nicht unserer Kultur«. Damit sei ein Machtanspruch verbunden gewesen. Aber das Äußere der Moschee sei nicht wesentlich – wesentlich sei, was sich in einer Moschee abspiele. Man habe in der »Arbeitsgemeinschaft« im Unterschied zu ihm geglaubt, man könne die gänzliche Verhinderung der Moschee nicht schaffen. Das habe man sich nicht zugetraut. Natürlich werde immer das Argument der Religionsfreiheit vorgebracht. Für ihn sei die Religionsfreiheit »ein Fetisch, der fast angebetet wird. Da traut sich niemand anzunähern.« Ein weiteres Mitglied der AEK, das zu einem Interview bereit war, ist Herr X. Er ist Jahrgang 1938, war eine Zeit lang als Assistent an der Universität Wien tätig, dann als Industriemanager im ehemaligen Ostblock, heute in Pension. Er besucht am Tag des Interviews in Wien das Treffen des Arbeitskreises »Gefahr Islam« des Wiener Akademikerbundes. Er sei von Tschirk telefonisch zum Treffen der AEK eingeladen worden, er habe ihn vorher nicht persönlich gekannt. »Wir trafen uns im gemeinsamen Kampf ›Rettet Vöslau, den Kurort‹.« Er sei kein Kirchgänger, sondern verstehe sich als »Kulturchrist«. Als solcher werde

747 Die gleiche Metapher des »Kraken« verwendete der Schriftsteller Ralph Giordano, der im Streit um den Bau der Moschee der DITIB-Zentrale in Köln als vehementer Gegner des Bauprojekts auftrat, in seinem »Manifest zur Verteidigung der Meinungsfreiheit« (Kölner Stadt-Anzeiger, 1. Juni 2007): »Ich wehre mich gegen ein Erpresserpotential, das uns unter islamischer Beobachtung halten will und seine Tentakeln von Zentral- und Vorderasien bis in die Mitte Europas ausgeworfen hat: Wer nicht kuscht, der lebt gefährlich! Soll ich nun schweigen und alle meine erkämpften und erlittenen Kriterien verraten, weil auch mir mit Mord gedroht wurde?« Internetquelle: http://www.ksta.de/koeln-uebersicht/wortlaut-vonralph-giordano,16341264,13428944.html (Zugriff 27. 5. 2013).

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er »alles dafür tun, dass die abendländisch-christliche Kultur erhalten bleibt.« Er sehe jedoch den Niedergang Europas als unaufhaltbar : »Wir graben uns das eigene Grab, vor lauter Gutmenschlichkeit, so nennen wir das. In Wirklichkeit nenne ich das brutal: Degeneration. Die Moschee ist für mich kein Problem, der Islam ist das Problem, nicht die Moschee. Die haben wir ja hingekriegt, weil wir gekämpft haben. Die wollten ja eine wahhabitische Moschee mit Wüstenminaretten bauen. Wir hier in Europa – ob gläubige Christen, ob Atheist, Freidenker, egal – wir messen ja immer nur mit unserem Standpunkt, unseren bekannten Massen: ›Der Islam ist eine Religion.‹ Ich behaupte: Er ist keine Religion. Er ist eine Ideologie, er ist eine Rechtsform, politisch wie rechtlich, mit einer göttlichen Gesetzgebung, der Scharia.«748

Der Islam sei eine »Eroberer-Religion«, die nichts neben sich dulde. Die katholische Kirche traue sich nicht, dazu etwas zu sagen. Die Türken seien ein »Eroberer-Volk«. Man merke es bei den Schlägereien zwischen türkischen und österreichischen Jugendlichen, wer hier der »starke Barbar« sei und wer der »degenerierte Liebe-deinen-Nächsten-Christ«. »Ich sage immer : Islam allein ist nicht angenehm, Türkentum allein ist nicht angenehm, Islam und Türkentum ist absolute Gefahr. Das sind die Schlimmsten!« Er persönlich hätte nichts gegen Minarette gehabt – ihn störe, was in der Moschee passiere. Das Argument, das für ihn gezählt habe: Wenn die dritte Moschee Österreichs in Bad Vöslau gebaut worden wäre, dann wäre dadurch die große Zahl an Türken am Ort bekannt geworden, und das wäre negativ gewesen für das Image des Kurortes. Das sei das wesentliche Argument der AEK gewesen. »Und da haben sie alle unterschrieben.« Wenn die Unterschriftenaktion weniger dilettantisch durchgeführt worden wäre, hätte man 5000 bis 6000 Unterschriften gegen den Moscheebau sammeln können. Seine Position sei gewesen: »Sollen die ein Kulturzentrum bauen, aber sichtbar darf es nicht im Ortsbild sein! Wir haben zwei schöne Kirchen, wir sind christlich geprägt – und jetzt kommen die rein und jeder spürt… – schauen sie, mit jedem Jahrzehnt mehr Geburten, überall wimmelt es nur noch von schwangeren Zeltweibern. (…) Die sind ja sowas von geburtenfreudig, dass man sich ausrechnen kann, wann wir demokratisch in der Minderheit sind. Das sind Fakten. Europa hat keine Chance mehr. Wir sind im Niedergang begriffen.«

Im Interview vertritt er den Standpunkt, dass der Moscheebau gegenüber den großen Weltproblemen wie Überbevölkerung ohnehin unwichtig sei. Seine Muslim- und Türkenfeindlichkeit kommt im Interview direkt und unverhohlen zum Ausdruck, ebenso eine Ablehnung des Prinzips der menschlichen Gleichheit, das aus der Sicht von Herrn X. ein Fortleben der kommunistischen Ideologie nach 1989 darstellt. 748 Interview Herr X., Mitglied der AEK, 30. 9. 2009, Universität Wien, Institut für Religionswissenschaft.

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Das Online-Diskussionsforum der Stadtgemeinde Bad Vöslau Nach dem Bekanntwerden des Moscheebauprojekts und dem Beginn der öffentlichen Debatte darüber richtete die Stadtgemeinde Bad Vöslau ein offizielles Diskussionsforum zum Thema auf ihrer Website ein. Laut Auskunft der Stadtverwaltung wurde der Inhalt des Diskussionsforums nicht gespeichert bzw. archiviert. Es existiert nur ein einziger Ausdruck auf Papier, der einer Privatperson für die Verfassung eines Buchbeitrags zur Verfügung gestellt wurde. Die folgende Analyse erfolgt auf Basis einer Kopie dieses Ausdrucks, die 1116 Seiten umfasst. Auf Basis dieser Unterlagen gezählt, beteiligten sich insgesamt 52 Personen am Diskussionsforum über den Moscheebau in Bad Vöslau. Davon nahmen 23 Personen nur einmal an der Diskussion teil d. h. sie meldeten sich nur einmal im Diskussionsforum zu Wort; 29 Personen meldeten sich mehr als einmal zu Wort. Insgesamt überwogen die Personen, die sich negativ zu dem Moscheeprojekt bzw. Muslimen/Türken/Ausländern äußerten. Von den 52 Teilnehmenden traten zehn Personen (19,2 %) gegen fremdenfeindliche Agitationen und pauschalisierende Aussagen auf und befürworteten eine differenzierte Betrachtung, zum Beispiel eine Unterscheidung von »Muslimen« und »Islamisten«. Die Diskussion wurde im Grunde von acht Personen geführt, die sich mit häufigen Wortmeldungen am Diskussionsforum beteiligten. Von diesen acht Personen vertraten fünf eine radikal islamfeindliche Position; drei stellten diese Position in ihren Beiträgen in Frage. Das parteipolitische Profil der Teilnehmenden wird nur zu einem geringen Teil deutlich: Von den 52 Teilnehmenden am Forum bezogen sich fünf explizit positiv auf die FPÖ. Die zwei Personen, die besonders aktiv im Forum waren und es klar dominierten, haben einen Bezug zur FPÖ: »Reini« wies in sieben Beiträgen auf die Website der FPÖ hin und rief dazu auf, die FPÖ zu wählen. Der Teilnehmer, der die Diskussion insgesamt am stärksten beeinflusste und sich am aktivsten beteiligte, war der Einzige, der unter seinem richtigen Namen teilnahm: Lars Hustic, der frühere Sekretär der FPÖ in Bad Vöslau. Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass das Forum von Personen mit fremdenbzw. islamfeindlichen Einstellungen bestimmt wurde. Auf die vereinzelten Gegenstimmen, die sich im Forum zu Wort meldeten und gegen pauschale Diffamierungen und gegen eine Hetze gegen Muslime bzw. Türken auftraten, reagierten die Wortführer überwiegend verbal aggressiv. Man erkennt die Strategie, der eigenen Position die Hegemonie über den öffentlichen Raum »Diskussionsforum« zu erhalten, indem man Personen, die sich in ihren Beiträgen auf demokratische und rechtsstaatliche Werte bezogen, als »naive Gutmenschen« oder »Türkenfreunde« hinstellte, in die Defensive drängte und mundtot zu machen versuchte. Diese Strategie ging im Wesentlichen auf, indem die Repräsentanten einer Gegenmeinung immer wieder in Frage stellten, ob eine Diskussion unter diesen Gesprächsbedingungen überhaupt sinnvoll sei und sich

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allmählich abmeldeten. Damit spiegelt die Situation der virtuellen Öffentlichkeit des Diskussionsforums die Situation der realen Öffentlichkeit in Bad Vöslau wider : Eine kleine Gruppe von Vertretern rechter und extremer Positionen trat laut und aggressiv auf und war aktiv ; die große Mehrheit, die gesellschaftliche Mitte schwieg, vielleicht aus Unsicherheit oder politischem Desinteresse – und überließ den anderen den öffentlichen Raum. Dadurch wurde letztlich eine verzerrte Wahrnehmung der Situation gefördert, als würden die Gegner eines Moscheebaus in Bad Vöslau überwiegen. Wie wird von den Gegnern des Moscheebaus im Diskussionsforum argumentiert? Die Diskussion bezieht sich nur zu einem sehr geringen Teil auf das konkrete Vorhaben vor Ort, sondern löst sich rasch von dem konkreten Moscheebau und dem Trägerverein, um einerseits einen islam- und migrationsfeindlichen Diskurs zu reproduzieren, mit seinen bekannten Elementen (»Gefahr der Islamisierung Europas, Kritik des Multikulti-Terrors, islamistischer Terror, kriminelle Delikte von Migranten, Zwangsehen in Dänemark, islamische Zwangskonversion in Ägypten, islamische Mission, Gewalttätigkeit türkischstämmiger Jugendlicher in Deutschland«, usw.). Andererseits wird ein Bezug zu Bad Vöslau hergestellt, indem man problematische Phänomene der türkischstämmigen Bewohner anprangert: Die Ablehnung des Moscheebaus erweist sich als Ausdruck einer grundsätzlichen Ablehnung gegenüber den aus der Türkei Zugewanderten. Es herrscht ein Ton der Übertreibung, Hysterisierung, der Gerüchte, der Verschwörungstheorien und der Verleumdungen. In den Beiträgen können folgende inhaltliche Schwerpunkte identifiziert werden:749 (a) Motiv Islam als Bedrohung: In zahlreichen Einträgen manifestiert sich eine krasse Islamfeindschaft, in der sich der Hass gegen den Islam Bahn bricht. Dabei wird ein Bild gezeichnet, das »den Islam« als solchen ausdrücklich mit extremistisch-militanten Formen des Islamismus gleichsetzt und dieser Religion einen religiös-spirituellen und ethischen Charakter abspricht: »Ich will nicht, dass sich hier eine uns aufgezwungene, ausländische und faschistische Religion hierzulande immer weiter ausbreitet. Ich will diesen Allahuakbar Mist nicht! Faschismus, Terror und Gewalt ist das einzige was vom Islam produziert wird.« (Beitrag »Reini«, 6. 7. 2007) »Der Islam ist Faschismus pur!« (Beitrag »Reini«, 5. 7. 2007) Der Islam könne in »seiner sogenannten reinen Form … sehr wohl als eine Doktrin des Hasses bezeichnet werden.« (Beitrag »southernpride«, 22. 2. 2007)

749 Die Orthografie – auch Rechtschreibfehler usw. – der Beiträge wurde beibehalten.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

»gebt dieser pseudoreligion nicht noch mehr macht. wir brauchen die brutalität des mittelalters nicht in unserem modernen europa!!!!!!« (Beitrag Lars Hustic, 25. 1. 2007) »Es lebe ein freies und demokratisches Europa ohne den islamischen Religions-Faschismus« (Beitrag »Besorgte Vöslauerin«, 1. 2. 2007) Es wird eine Gefahr für die Kontinuität und Identität der eigenen Kultur und Kulturlandschaft beschworen: Wer wolle, dass die Heurigen geschlossen werden und die »Weinberge angezündet«, der solle weiter gegenüber dem Islam »nachsichtig sein« und die »weiteren Vorstöße des Islam in Europa unterstützen.« ( Beitrag »mipan«, 3. 2. 2007)

(b) Motiv Sozialmissbrauch: Ein häufiges Thema der Beiträge ist der Vorwurf an die türkischen Zuwanderer, den Sozialstaat auszunützen und über Gebühr zu belasten. Türkische Familien würden tagtäglich Sozialbetrug begehen. Kreativ wird ein Bezug zum Moscheebau konstruiert: »durch diesen sozialbetrug wird der türkische kulturverein mit finanziert.« (Beitrag Lars Hustic, 27. 1. 2007) »Vielleicht wollen die hier lebenden Türken gar nicht bei uns bleiben, sondern wollen derzeit nur unsere Sozialleistungen ausnutzen. Dieses ist das moderne Parasitentum, welches unsere soziale Gesellschaft derart aus dem Gleichgewicht bringt und somit für die wirklich Bedürftigen zu wenig übrig bleibt. (…) Ich spreche selbstverständlich nur von jenen Sozialschmarotzern, die schon zig-Jahre bei uns leben es noch immer nicht geschafft haben, der deutschen Sprache mächtig zu sein, geschweige dem, sich integriert zu haben.« (Beitrag »Besorgte Vöslauerin«, 25. 4. 2007)

(c) Motiv Christenfeindlichkeit der Muslime: In mehreren Beiträgen wird Misstrauen gegenüber der anderen religiösen Gruppe geschürt und ein grundsätzlicher Antagonismus behauptet – der Islam erlaube das Betrügen und Ausbeuten der Andersgläubigen und führe, als Feind im Inneren, einen »kalten Krieg« gegen die Christen: »es wird oft genug gesagt das die im ausland lebenden türken von den geldern der ungläubigen leben sollen und sie ausbeuten sollen. (…) im übrigen sind nicht wir die aufwiegler sonder seid mehreren jahren die türkischen imame die gegen die christen einen kalten krieg führen!!!!« (Beitrag Lars Hustic, 29. 1. 2007) »den kindern wird schon sehr früh eingeimpft das es nicht gut ist mit uns christen zu verkehren!!!!« (Beitrag Lars Hustic, 27. 1. 2007) »ja so ist das leben in einer moslimischen gesellschaft. Man wird dort nur respektiert und als mensch gesehen wenn man ein moslem ist. Und somit kann auch jede frau die kein moslem ist vergewaltigt werden.« (Beitrag Lars Hustic, 6. 4. 2007) »das problem was nun besteht ist, dass in den kirchen dieser hier in vöslau kleinen bevölkerungsgruppe, gegen unsere kirche und kultur predigt. In ihren kirchlichen lehren wird gelehrt dass alles was anderen glaubens ist nicht gut für sie ist und als feind anzusehen ist.« (Beitrag Lars Hustic, 3. 2. 2007)

Darstellung einzelner Akteure des Konflikts

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»Kaum wird eine Moschee errichtet, entstehen Zirkel von weissgekleideten, baertigen Froemmlingen, die ein paar Tage zuvor noch unsere lieben, netten Nachbarn waren. Ploetzlich sehen sie uns aus voellig anderen Augen und beginnen uns – weil wir in ihren Augen angeblich unglaeubig sind – zu hassen.« (Beitrag »martinfriedrich«, 22. 2. 2007)

(d) Motiv Mangelnde Anpassung der Zuwanderer : Ein wiederkehrendes Thema ist die Aussage, die aus der Türkei Zugewanderten würden sich nicht »unserer Kultur und Sitte« anpassen. Thematisiert wird dabei vor allem das Problem mangelnder Deutschkenntnisse. Dieses Problem wie auch das Vorhaben, eine Moschee zu errichten, wird als Ausdruck einer Anpassungsverweigerung interpretiert: »Es ist ja alles gut und schön das sie hier wohnen und Bad Vöslau (Österreich) multikulturell ist. Das Problem ist einfach das sie sich nicht anpassen wollen. Es geht doch nicht, das wenn ich in einem fremden Land wohne, die Sprache nicht kann. (…) Und da braucht man kein Kulturzentrum dazu. Auch nicht zum beten oder treffen. (…) Und nehmt bitte mehr unsere Kultur und Sitten an und drängt nicht eure uns auf.« (Beitrag »Gertsch«, 1. 2. 2007) »… aber letztlich ist es ja doch so, dass die Türken hier leben wollen also müssen sie sich an uns anpassen, wollen sie das nicht können sie ja genauso gut auch zurück in die Türkei ziehen. Hier unsere Sozialleistungen bis aufs letzte auskosten aber nichts dafür leisten??? (…) Jeder hat das Recht zu beten keine Frage, aber es gibt in Wien eine Moschee warum fahren sie nicht dort hin zum beten? Oder beten gar daheim in den eigenen vier Wänden? Glaube braucht keine Gebäude, Glaube beginnt im Herzen.« (Beitrag »b.s.2540«, 27. 2. 2007)

Die Pflege der eigenen religiös-kulturellen Tradition durch Zuwanderer muslimischer Zugehörigkeit aus der Türkei wird als Beweis für eine Nähe zum Islamismus interpretiert. Die Mehrheit der Muslime habe so gesehen eine islamistische Einstellung: »Ansonsten hätten sich diese Mitbürger schon längst bei uns integriert.« (Beitrag »Besorgte Vöslauerin«, 28. 1. 2007) Die Zugewanderten und ihre Familien werden nicht als Mitbürger, sondern nach wie vor als »Gäste« auf Zeit aufgefasst. Kulturelle »Anpassung« bedeutet dann aus dieser Sicht, auf den Bau einer Moschee zu verzichten, wenn dies die Mehrheit an einem Ort wünsche: »Der Gast hat sich nach den Regeln der Hausherren zu richten und die Hausherren sind 11.000 VöslauerInnen« (Beitrag »gegnerin«, 26. 6. 2007). (e) Motiv Gewalttätigkeit der türkischen Jugendlichen: Einen relativ großen Raum nimmt das Thema der angeblich größeren Gewaltbereitschaft türkischstämmiger junger Männer ein, mit denen es Probleme im Vöslauer Schlosspark gegeben habe. »Besoffene, prügelnde, stehlende, vandalisierende, messerzückende, die Österreicher beschimpfende Türken sind ja alles nur Einzelfälle. Und für diese Einzelfälle müssen

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Bauhofarbeiter – welche mit unserem Steuergeld bezahlt werden – im Schloßpark patroullieren?« (Beitrag »gegnerin«, 3. 9. 2007) »unsere kulturbereicherer kommen halt aus einem primitiven umfeld, wo zu zehnt auf einen losgegangen wird und dann gleich die Messer gezückt werden. Da kann man nur eins machen, RIGOROS abschieben….« (Beitrag »Bernd«, 28. 7. 2007)

Dabei tauchen Anspielungen auf die Ideologie der Nationalsozialisten auf. Der Verdacht, diese Ideologie zu vertreten, wird auf die türkischen Migranten gelenkt: »denn es sollte ja jedem nach der derzeitigen entwicklung klar sein wer hier die nazis in diesem land sind. Wir sind es nicht heil erdogan (…) also verurteilt bitte nicht die armen um sich schlagenden türkischen jugendlichen. Sie wissen es nicht besser. Diese armen menschen werden in dem glauben groß dass sie die herrenmenschen sind und wir die untermenschen.« (Beitrag Lars Hustic, 28. 12. 2007)

Leider gebe die Politik der Polizei nicht freie Hand, gegen gewalttätige Ausländer vorzugehen: »naja wir wünschen uns alle die ostmark nicht wieder zurück aber da gab es so etwas nicht!!!!« (Beitrag Lars Hustic, 28. 12. 2007) »mal sehen wann wir eine armbinde mit einem kreuz drauf tragen müßen. Und mal sehen wann auf unseren geschäften christ auf der scheibe geschrieben steht. ich denke in 20 jahren ist es soweit. Ich fürchte dann wird die abkürzung kz nicht für kulturzentrum der christen stehen.« (Beitrag Lars Hustic, 8. 2. 2007)

Briefe an den Bürgermeister Einen weiteren Teil des oben behandelten, von der Stadtgemeinde gesammelten und zur Verfügung gestellten Konvoluts bilden sieben Briefe von Einzelpersonen an den Bürgermeister von Bad Vöslau sowie drei Postkarten. Sie stammen aus dem Zeitraum Anfang Dezember 2006 bis Juli 2007. Die drei Postkarten sind anonym abgefasst und stammen von der Handschrift wie vom Inhalt her vom gleichen Verfasser. Von den sieben Briefen sind sechs namentlich gezeichnet,750 einer ist anonym abgefasst. Ein Brief hat neutralen Inhalt, alle anderen neun Postsendungen protestieren gegen den Bau einer Moschee in Bad Vöslau. Laut der Ortsangaben der Postsendungen stammt nur ein Absender aus Bad Vöslau, alle anderen aus Wien und aus Orten der Umgebung von Bad Vöslau. Wie wird die Ablehnung des Moscheebaus begründet? In den Zuschriften an den Bürgermeister trifft man auf sehr unterschiedliche Motive. Die Spannweite reicht von ausländerfeindlichen Motiven, türkenfeindlichen Stereotypen über islamkritische Argumente bis zu pauschalen islamfeindlichen Aussagen. Ebenso wird 750 Die Namen und Adressen der Absender wurden auf der zur Verfügung gestellten Kopie der Postsendungen von der Stadtverwaltung Bad Vöslau unkenntlich gemacht.

Darstellung einzelner Akteure des Konflikts

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die Ablehnung des Bauprojekts mit dem Antagonismus zwischen Christentum und Islam begründet. Zum Teil werden verschiedene Motive unmittelbar miteinander verknüpft – zum Beispiel im Fall des folgenden Briefes: »Kriege, Unruhen und Terroristen kommen alle aus dem Islam. Die USA muß diese weltweit bekämpfen. Man sollte den Islam wirklich nicht noch fördern. Überhaupt die türkische Bevölkerung lebt noch vorsintflutlich. Die sollten eher mehr von den Österreichern annehmen, wenn sie in die EU wollen. (…) Wer ausländische Kultur braucht, soll in das Ausland fahren. Die Ausländer sollen sich bei uns integrieren, nicht wir bei Ihnen. Wir wissen sowieso was in der Türkei los ist. Die Türken die bei uns sind, sind lauter Wirtschaftsflüchtlinge. Moslems sind Fanatiker und Fundamentalisten. Viele Verbrechen kommen aus der Koranschule. Was ist mit unserer Kultur, der Prinz Eugen würde sich im Grab umdrehen, wie man sein Österreich verkauft. (…) Haben Sie vielleicht schon etwas vom Heiligen Krieg gehört, der dem Westen von den Moslems profezeit wurde? Wir werden bezeichnet als Ungläubige von den Moslems.« (Brief I, 18. 1. 2007)

Eine andere Zuschrift argumentiert, Minarette und Kuppeln seien »nur einige der sichtbaren Symbole jener massiven Re-Islamisierung der islamischen Welt, die nun plötzlich auch in Bad Vöslau sichtbar wird« (Brief II, März 2007). Der Absender nennt ein weiteres Symbol, nämlich das islamische Kopftuch, das eine »Demonstration für den bekennenden Islamismus, gegen den säkularen Staat« darstellen könne. Der türkische Staat, der letztlich hinter dem Bauprojekt stehe, investiere »… SICHER NICHT in ein Projekt, um damit die Integration oder gar Assimilation islamischer Bürger in Österreich zu fördern.« In der weiteren Folge werden im Brief drei Phänomene angeführt: (1) Ehrenmorde, die der Absender als »krassestes Beispiel des Wütens der männlich-islamischen Diaspora in Europa« bezeichnet, (2) von Zwangsehen bedrohte islamische Mädchen in Wien, (3) islamistische Drohungen mit Terroranschlägen gegen den österreichischen Staat. Aus der Sicht des Absenders müssten diese Probleme in der Auseinandersetzung mit der islamischen Welt im Vordergrund stehen, »… NICHT KLEINE ÄUSSERLICHKEITEN WIE DIE KUPPEL UND DIE MINARETTE EINER GEPLANTEN MOSCHEE!!« (Brief II, März 2007) In der Zusendung wird allerdings nicht begründet, was diese Gewaltdelikte mit der konkreten Realität des Vereins ATI˙B Bad Vöslau zu tun haben, der das Bauvorhaben eingereicht hatte. Ein weiterer Brief an den Bürgermeister ist von einem zusätzlichen Motiv geprägt, nämlich dem Geburtenrückgang in Österreich bei gleichzeitiger Zuwanderung und als Folge der befürchtete Verlust der national-kulturellen Identität. Im handschriftlichen Brief, dessen anonymer Verfasser sich als »Arbeiter aus Wien« bezeichnet, heißt es u. a.:

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

»Wir brauchen in Österreich keine Moscheen, daher auch keine Moslems. ›Der eigene Nachwuchs wird auf Steuerkosten ausgerottet, um Kriminelle, Drogenhändler vor den Schulen u. Moslems hereinzuholen.‹ Dadurch werden Schulen, Kindergärten u. Kasernen zugesperrt. Daher stimmt die Pisa-Studie nicht u. Daher geht sich’s mit den Pensionen nicht mehr aus. In Wien können wir unsere Kinder in Privatschulen geben, während die Moslems gratis zur Schule gehen. (…) ›Unseren Kindern lassen wir kein einziges Wort türkisch lernen.‹ Das wäre Rassismus uns gegenüber. So ein Verbrechen, unsere Identität wegzunehmen. Warum wird uns dies alles aufgezwungen, z. B. Nikolaus soll abgeschafft werden, um Halloween einzuführen, wo im Mittelalter bei den Kelten Kinder geopfert wurden. Wer sind die Schuldigen! (…) Ein ehemaliger türkischer Arbeitskollege sagte zu mir. Österreich‹ gutes Land, aber deppert. Weiters fragte er mich, warum wollen die Österreicher keine Kinder? Ich sagte es ihm. Für Österreicher und die meisten Europäer ist die Schwangerschaft so wie eine Krankheit, und der Österreicher schämt sich für seinen eigenen Nachwuchs.« (Brief III, 6. Dezember 2006)

Das Schreiben berührt die Verunsicherung der Mehrheitsbevölkerung, was Fragen der eigenen national-kulturellen Identität im Kontext von Zuwanderung, der EU-Integration und Globalisierungsprozessen anlangt. Der Brief ist ein Beispiel dafür, wie sich solche Verunsicherungen und Ängste ins Aggressive wenden und gegen bestimmte soziale Gruppen gerichtet werden. Ein Brief an den Bürgermeister und Gemeinderat von Bad Vöslau begründet die Ablehnung des Moscheebaus anders, nämlich mit Hilfe einer sehr negativen Darstellung des Koran, die den gewalttätigen, intoleranten, unmoralischen Charakter des Islam beweisen soll. Der Absender stellt sich selbst am Ende des Briefes als 70-jähriges ÖVP-Mitglied vor. »Neben dutzenden anderen Büchern habe ich auch den Koran, das sog. ›Heilige Buch der Muslime‹ studiert: es ist einfach grauenhaft. Jesus, Maria, die Juden werden darin diffamiert. Es wird gelogen, dass wir einem Dreigott-Glauben anhängen. Die jüdischen und christl. Priester werden als Satanspriester verunglimpft. Die bibl. Geschichte, also diese Legenden, werden dauernd zitiert, ohne dass : überhaupt wirklich Ahnung hatte von den Religionen. Wir werden als ›Ungläubige‹ beschimpft: ›Tötet sie wo ihr sie findet‹; ›Hütet euch davor, sie zu Freunden zu nehmen‹. (…) Bitte lesen Sie den KORAN!!! Er sollte an allen Schulen als Pflichtlektüre eingeführt werden (…) – es werden Ihnen die Augen auf gehen. Von wegen friedlicher, toleranter Religion. Und Sie wollen in unserer herrlichen Weingegend diese Riesenmoschee erlauben, und womöglich plärrt dann der Muezzin und übertönt unsere Kirchenglocken. (…) Wenn diese Moschee gebaut wird, besuche ich ganz gewiss keinen der umliegenden Weinorte mehr.« (Brief IV, 17. Juli 2007)

Das Thema der sozialen Distanz und des Misstrauens zwischen »Wir« und »Sie« bestimmt einen weiteren Brief, der handschriftlich verfasst und an den Bürgermeister gerichtet wurde. Dabei wird die andere gesellschaftliche Gruppe im Text nicht als »Ausländer«, »Gastarbeiter« oder »Türken«, sondern durchgängig

Analyse zentraler Aspekte und Themen

369

als »Moslems« klassifiziert. Im Hintergrund steht das Thema der Assimilationserwartung an die Zugewanderten – eine Assimilation an »Uns«, die erwartet und gefordert, von diesen aber verweigert werde: »Eine Moschee in Bad Vöslau brauchen wir wirklich nicht Herr Bürgermeister Prinz samt Gemeindeführung und Befürworter. Haben Sie schon einmal beobachtet und sich ein Bild gemacht von den vielen Moslems die schon bei uns leben? Die Jugend ist aggresiv und unfreundlich und frech obendrein und die Älteren sind es auch, die wollen mit uns ja gar keinen Kontakt haben. Denn jetzt sind es schon zu viele, die brauchen uns nicht und integrieren wollen sie sich auch nicht. Wer, wenn nicht unsere Gemeindeführung soll denn die Courage haben und sagen ›Nein eine Moschee kommt nicht in Frage‹, eventuell ein Gebetshaus aber mehr nicht. Denkt lieber an uns einheimischen Bürger anstatt die Moslems zu hoffieren. (…) Stärken Sie diese Leute nicht noch, denn es ist ohnehin schon fünf nach zwölf. Denken Sie an uns und unsere Kinder und an unsere eigene Zukunft. Um Konflikte zu vermeiden. Man weiß ja gar nicht was die in der Moschee so alles predigen, wahrscheinlich schimpfen sie sowieso über uns. Das ist ein Volk das sich nie an uns anpassen wird. Bewilligen sie ein Gebetshaus, aber um Gottes Willen keine Moschee mit Minaretten. Vergessen Sie uns jetzt nicht, damit wir bei der nächsten Wahl nicht auf Sie vergessen.« (Brief V, ohne Datum)

Warum ein neutrales Gebetshaus kein Problem darstellen würde, sehr wohl aber ein Gebetshaus mit äußeren Zeichen eines muslimischen Sakralbaus, wird im Brief nicht explizit begründet. Aus dem gesamten Kontext des Briefes wird sichtbar, dass die Genehmigung eines Moscheebaus durch die Stadtgemeinde nicht als Folge von durch die Verfassung verbürgter Grundrechte aller Menschen betrachtet wird, sondern offenbar innerhalb der Logik eines ethno-nationalen Konflikts zwischen »unserem Volk« und »diesem Volk«: Der Moscheebau ist dann ein Zugeständnis an die »Anderen«, ein Anbiedern, eine Stärkung der anderen Seite, die doch im Gegenteil zurückgedrängt gehört – und damit als Verrat an den »eigenen Leuten«, an der »eigenen Zukunft«.

4.

Analyse zentraler Aspekte und Themen

4.1

Migration und religiöse Pluralisierung

Im Zuge der Anwerbung von Arbeitskräften aus der Türkei für die Kammgarnfabrik ab den 1960er Jahren entwickelte sich in Bad Vöslau in den letzten 50 Jahren eine zahlenmäßig große Bevölkerung muslimischer Zugehörigkeit. Es handelt sich überwiegend um sunnitische Muslime, die der hanafitischen Rechtsschule angehören. Die neue muslimische Präsenz vor Ort und andere Entwicklungen unter den Religionsgemeinschaften nehmen teil an der sich verändernden europäischen Religionslandschaft. Die Einwohnerstatistik von

370

Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

2012 gibt die religiöse Pluralität der Bevölkerung detailliert wieder : Bei einer Gesamtpersonenzahl von 11.397 sind 6511 Personen mit römisch-katholischem Bekenntnis gemeldet, 1279 Personen ohne Bekenntnis, 938 evangelisch, 877 islamisch, 267 orthodox, 164 serbisch-orthodox, 37 griechisch-orthodox, 20 Zeugen Jehovas, 18 altkatholisch, 12 buddhistisch, 8 armenisch-apostolisch, 8 rumänisch-orthodox, 8 evangelikal, 7 Baha’i, 6 russisch-orthodox, 2 freie Christengemeinden, 2 Baptisten, 1 neuapostolisch, 1 Pfingstkirche. Von 1231 Personen ist das Religionsbekenntnis unbekannt. Von den 877 gemeldeten Muslimen besitzt die Mehrheit (460) die österreichische Staatsbürgerschaft.751 Die Auseinandersetzungen um den Bau der neuen Moschee in Bad Vöslau sind – so wie in allen anderen Fällen von Minarett- und Moscheebauten – nur im gesamten Kontext der türkischen Migration und der nationalen Migrationspolitik seit den 1960er Jahren zu verstehen. Nachdem das vorgesehene Rotationssystem nicht funktionierte und ein großer Teil der »Gastarbeiter« im Land blieb und die Familien nachzogen, kam es zu einer ungeplanten Zuwanderung, auf die große Teile des Staates, der Politik, der Administration und der Bevölkerung mit Abwehr reagieren. Es kommt zu einer Überlagerung von Ebenen der sozialen, politischen und rechtlichen Inklusion (v. a. in das Sozialsystem, über die Verleihung der Staatsbürgerschaft) und der gesellschaftlichen Exklusion als ethnisch, kulturell und religiös Nichtzugehörige. In diesem Spannungsfeld werden die Fragen der Errichtung repräsentativer muslimischer Bauten und damit des Status‹ und der Rechte der ehemaligen Migranten verhandelt. Die Bevölkerung mit muslimischer Religionszugehörigkeit konzentriert sich seit der Spaltung Mitte der 1980er Jahre um zwei Moscheen, die für unterschiedliche Orientierungen im türkischen Islam stehen: die Moschee des Dachverbands Islamische Föderation (Avusturya ˙Islam Federasyonu als Teil der Milli Görü¸s-Bewegung) und die Moschee des Dachverbands ATI˙B (Avusturya Türkiye ˙Islam Birlig˘i/ Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich). Die politisch-religiöse Konkurrenz zwischen beiden Moscheevereinen spielte eine Rolle in der Auseinandersetzung um den Neubau der ATI˙B-Moschee. Seitens der Stadt verwies man als positives Beispiel auf das neu renovierte Gebäude der Islamischen Föderation, das ohne erkennbare bauliche Merkmale auskomme, d. h. man war auf das Äußere der Moschee konzentriert, berücksichtigte aber nicht, wofür beide Vereine innerhalb des islamischen Spektrums stehen: die »Islamische Föderation« für eine islamistische Position auf der Linie von Necmettin Erbakan (1926 – 2011), der ATI˙B-Verein für den moderaten staatlich regulierten Islam der Türkei. Mit dem Moscheebau

751 Stadtgemeinde Bad Vöslau, Einwohnerstatistik, Religion per 1. 8. 2012. Ich danke Herrn Johann Reiser (Stadtgemeinde Bad Vöslau, Meldeamt) für die Zusendung der Daten.

Analyse zentraler Aspekte und Themen

371

gelang es ATI˙B, seine Position am innermuslimischen »Markt« zu verbessern und auszubauen.

4.2

Die transnationale Dimension von ATI˙B

Diese großen Dachverbände – die beiden größten in Österreich – sind wie andere muslimische Dachverbände in Österreich transnational tätig, und die beiden Moscheen in Bad Vöslau dadurch transnational vernetzt. Die Islamische Föderation gehört zur »Islamischen Gemeinschaft Milli Görü¸s« (IGMG), dem europäischen Zweig der islamistischen Partei von Necmettin Erbakan (ab 1984 Refah Partisi, »Wohlfahrtspartei«) in der Türkei. Die Zentrale der IGMG liegt in Kerpen (Deutschland). Nach dem Verbot der Partei 2001 spaltete sich die Partei: Erbakan gründete die Saadet Partisi (»Glückseligkeitspartei«), Erdogan die gemäßigtere AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi, »Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung«), die seit 2003 die türkische Regierung stellt. Innerhalb des islamistischen Spektrums wird die Milli Görü¸s (»Nationale Sicht«) der Kategorie des Populärislamismus im Sinne von gewaltfreien islamistischen Massenbewegungen zugeordnet, im Unterschied zum radikalen Islamismus mit sektenartigen Strukturen wie z. B. Hizb-ut Tharir und zu islamistischen Untergrundbewegungen in der Türkei wie z. B. Süleymancı und Nurcu (cf. Schiffauer 2010, 20). Die Imame werden über die Organisation in der Türkei bzw. über die IGMG organisiert.752 Der Dachverband ATI˙B, dessen Zentrale sich in Wien befindet, ist institutionell mit dem Präsidium für religiöse Angelegenheiten (Diyanet ˙I¸sleri Bas¸kanlıg˘ı, DIB) des türkischen Staates mit Sitz in Ankara verbunden. Das Präsidium mit fast 100.000 Mitarbeitern bildet die »wahrscheinlich weltweit größte und am meisten zentralisierte muslimische religiöse Institution, von ihrer Größe und ihren Möglichkeiten nur mit dem Vatikan vergleichbar« (Öktem 2012, 41).753 Das Präsidium unter dem früheren Präsidenten Ali Bardakog˘lu (bis 2010) und seinem derzeitigen Präsidenten Mehmet Görmez vertritt innerhalb des globalen Islam insgesamt eine dezidiert moderate, teilweise liberale Linie, mit der sich das Diyanet bzw. der türkische Staatsislam z. B. auf dem Balkan seit den 1990er Jahren strategisch als Alternative zu salafistischen und wahhabitischen Einflüssen aus dem arabischen Raum präsentiert und positioniert (s. Öktem 2012) und sich in Westeuropa von den türkisch-islamistischen Massenbewegungen wie Milli Görü¸s absetzt. 752 Zur Milli-Görüs¸-Bewegung: Seufert 1999a; Schiffauer 2000; 2010; Wunn 2007, 38 – 54; Kandel 2011. 753 Eigene Übersetzung aus dem Englischen.

372

Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Zuständig für die Organisationen außerhalb der Türkei ist die Abteilung für Außenbeziehungen, eine der sieben Abteilungen des Präsidiums. Das Diyanet wurde ab den 1980er Jahren in der religiösen Betreuung der türkischen Migranten in den westeuropäischen Ländern aktiv ; die türkische Regierung wollte dadurch dem Einfluss türkisch-islamistischer Bewegungen wie die Süleymancıs und Milli Görü¸s auf die türkischen Muslime in Westeuropa ein Angebot entgegensetzen.754 Präsident der ATI˙B ist der »Botschaftsrat für religiöse Angelegenheiten« (din mü¸saviri) an der türkischen Botschaft in Wien als direkter Repräsentant des Diyanet. Nach der Expansion des Diyanet in Richtung der Betreuung der türkisch-muslimischen Migranten in Westeuropa ab den 1980er Jahren orientierte sich die Behörde ab den 1990er Jahren in Richtung der muslimischen Gemeinschaften in Zentralasien und auf dem Balkan (cf. Öktem 2012, 42). Das Diyanet ist heute über westliche Länder hinaus im Balkan, Kaukasus und Zentralasien aktiv – Botschaftsräte für religiöse Angelegenheiten sind neben Österreich auch in Deutschland, USA, Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Schweden, Schweiz, United Kingdom, Russische Föderation, Aserbeidschan, Kasachstan, Kirgisien, Usbekistan, Turkmenistan, Mazedonien und Nordzypern installiert, in anderen Ländern Religionsattach¦s.755 Über den Dachverband und die Entsendung des Imams, eines Beamten des Diyanet, ist das lokale Moscheegebäude in Bad Vöslau strukturell unmittelbar mit dem Religionsamt in Ankara verbunden. Über den Imam und den Dachverband kontrolliert das staatliche türkische Religionsamt die lokale Diasporagemeinde – das Grundstück und die Moschee befinden sich im Besitz des Dachverbands ATI˙B. In der Auseinandersetzung um den Moscheebau in Bad Vöslau spielte die institutionelle Einbindung des Moscheevereins in die transnationale, zentralisierte, staatliche Organisation des türkischen Islam eine Rolle. Seitens der Gegner des Moscheebaus wurde der Einfluss des türkischen Staats auf die Moschee und die Bindung der Migranten an die Türkei moniert, die ihre Integration behindern würde. Im Zusammenhang mit der Mediation wurde zwischen Stadtgemeinde und dem Dachverband ATI˙B geklärt, dass nur der lokale Moscheeverein direkter Ansprechpartner in den Verhandlungen sei. Die Verbindung mit dem Präsidium für religiöse Angelegenheiten in Ankara wurde beispielsweise bei der Eröffnung der neuen Vöslauer Moschee sichtbar – durch die Ansprache von Prof. Mehmet Görmez, den Vizepräsidenten des Diyanet, seit 2010 neuer Präsident der Organisation. Der vielleicht wichtigste Aspekt dieser Integration in eine große transnational agierende Organisation des türkischen 754 Zur Türkisch-Islamischen Union in Deutschland: Seufert 1999; Wunn 2007, 26 – 37; Rosenow 2010. – Zum Präsidium für religiöse Angelegenheiten (Diyanet): Landman 1997; Kara 1999; Seufert 2004; Sunier/ Landman et al. 2011; Öktem 2012. 755 Quelle: Website Diyanet, http://www.diyanet.gov.tr (Zugriff 5. 8. 2012).

Analyse zentraler Aspekte und Themen

373

Staates ist das Selbstbewusstsein der lokalen ATI˙B-Moscheevereine, das im Moschee- und Minarettbau zum Tragen kommt. Dieser mächtige institutionelle Hintergrund des Diyanet und damit des türkischen Staates erklärt, warum gerade der Dachverband ATI˙B in Österreich wie in anderen Ländern eine selbstbewusste, offensive Moschee- und Minarettbaupolitik vorantreibt und in diesem Anerkennungskampf eine symbolische Führungsrolle unter den muslimischen Organisationen in Österreich einnimmt.

4.3

Der Gastarbeiter, der Türke, der Muslim: Die Dynamik ethnischer Grenzziehungen

In der Wahrnehmung der Arbeitsmigranten aus der Türkei, aber auch in ihrer eigenen, aktiven Bezugnahme überlagern sich unterschiedliche soziale, kulturelle und religiöse Grenzen und Identitäten (s. Soysal 2003). Anfänglich, ab den 1960er Jahren, werden sie als ›Gastarbeiter‹ wahrgenommen, die sich am unteren Ende der sozialen Leiter und der gesellschaftlichen Hierarchie befinden. Ihre religiöse Zugehörigkeit spielte zu dieser Zeit keine Rolle. In einer späteren Phase dominiert eine ethnisch-kulturelle Grenzziehung gegenüber den ›Türken‹. Seit den 1990er Jahren werden der religiöse Faktor und die religiöse Grenzziehung gegenüber den ›Muslimen‹ betont.756 Das negative Bild des Islam aufgrund internationaler Vorkommnisse verstärkt die Grenzziehung entlang der religiösen Linie und legitimiert die Abgrenzung von den ›Türken‹ in einem ethnischen Sinn, von den ›Fremden‹ und ›Gastarbeitern‹ zusätzlich. Dabei kann auf das ›Türkengedächtnis‹ als Teil nationaler Erinnerungskultur zurückgegriffen werden, auf das Motiv der osmanisch-muslimischen Bedrohung, des ›Türken als Erbfeind‹, das immer wieder aktiviert werden kann. Das Motiv wird seit dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart politisch instrumentalisiert.757 Bei den homogenisierenden Zuschreibungen, z. B. durch den Begriff »Türkisches Kulturzentrum« für die Moschee in Bad Vöslau, wird übersehen, dass es sich beim Moscheeverein und die um ihn zentrierte Community um keine ethnische Einheit handelt, sondern dass sie sich zusammensetzt aus Türken, aber auch aus Jugoslawen, Kurden und Las-Türken (Lasen) sowie einigen armenischen Türken und Roma. Noch vielfältiger sind die Besucher des Freitagsgebets, unter ihnen Muslime arabischer, afrikanischer, albanischer und bosnischer Herkunft.758 In dieser Dynamik wechselnder, sich überlagernder Identitätszuschreibun756 S. dazu Spielhaus 2006; 2013. 757 S. dazu Mitterauer 1982; Rauscher 2010; Feichtinger/ Heiss 2013. 758 Für den Hinweis danke ich Herrn Cem Firat (Bad Vöslau).

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

gen und -wahrnehmungen drückt sich der relationale, konstruktive und prozesshafte Charakter von Ethnizität aus:759 Ethnische Gruppen existieren nicht als gegebene, fixe, statische kulturelle Einheiten – entscheidend ist die Grenze, die ethnische Gruppen gegeneinander abstecken und aufrecht erhalten, sind die sozialen Prozesse und Strategien der Grenzziehung und die Interaktion zwischen Gruppen und Individuen innerhalb dieser Grenzräume, die Ethnizität erst in Kraft setzen. Soziale, ethnisch-kulturelle und religiöse Grenzziehungen überlagern sich und verstärken sich gegenseitig. Sozial, ethnisch-kulturell und religiös werden die neuen Bewohner von Bad Vöslau en bloc als fremd und unterlegen betrachtet – auch wenn sie bereits seit 40 oder 50 Jahren in Bad Vöslau wohnen, rechtlich schrittweise in das Arbeits- und Sozialsystem integriert wurden und ein großer Teil bereits die österreichische Staatsbürgerschaft innehat. Fremdheit, Distanz und Misstrauen prägen die sozialen Beziehungen zwischen den »Etablierten und Außenseitern«.760 Sie bilden den Hintergrund für das öffentliche Klima der Diskussionen und Auseinandersetzungen rund um den Moscheebau, die als Ventil für latente inter-ethnische Spannungen wirken. Der politische, administrative und öffentliche Umgang mit dem Moscheebauprojekt ist durch eine Exzeptionalisierung geprägt: Der Bauantrag wird nicht innerhalb der rechtlichen und administrativen Routinen behandelt, sondern von der städtischen Baubehörde aus ihnen herausgenommen. In dieser Exzeptionalisierung wirken verschiedene Grenzziehungsprozesse zusammen: die Logik des Gastarbeitersystems, das die Rechte der Arbeitsmigranten (zugunsten der nationalen Arbeiterschaft) einschränkt, die kulturelle Abwehr gegenüber den Türken, die soziale Absetzung von einer Unterschicht und die negativen Klassifizierungen des Islam. 759 Die Wende in der Anthropologie von ›Kultur‹ als objektive Entität zu Prozessen der Grenzziehung basiert vor allem auf der Arbeit von Fredrik Barth (Barth 1969; siehe dazu Hylland Eriksen 2010, Kap. 3). Die Grenzziehungsperspektive wird in der Soziologie für die Analyse ethnischer Konflikte und Beziehungen vor allem von Andreas Wimmer rezipiert und weiterentwickelt (Wimmer 2004; 2008a; 2008b; 2008c; 2013). S. Kap. VII. 3.4. 760 Die Theorie der Etablierten-Außenseiter-Beziehungen der Soziologen Norbert Elias und John L. Scotson (Elias/ Scotson 1993), entwickelt aus einer Untersuchung in einem Vorort von Leicester 1958 – 60, wird mittlerweile für das Verständnis der Beziehungen zwischen der angestammten Bevölkerung und Zuwanderern angewendet, z. B. von Treibel 1993; 2011. Bauböck hat auf die Grenzen der Anwendung der Theorie für die Erklärung der sozialen Beziehungen zwischen Einheimischen und Zugewanderten hingewiesen: Elias/ Scotson erklärten den Überlegenheitsanspruch der alteingesessenen Gruppe gegenüber der später zugezogenen Gruppe mit dem stärkeren sozialen Zusammenhalt der Etablierten – im Fall von Zuwanderern könne der Kohäsionsgrad von ethnischen Gruppen allerdings höher sein als unter der dominanten Mehrheit (cf. Bauböck 1993). Der starke Zusammenhalt zugewanderter ethnisch-religiöser Gruppen kann dann von der Mehrheit in einen Vorwurf gegen die Zuwanderer gewendet werden. Siehe dazu Mijic´/ Neckel 2010.

Analyse zentraler Aspekte und Themen

4.4

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Politik und Religion: Die Rolle freikirchlicher evangelischer Christen

Ein wichtiges, religionssoziologisch relevantes Ergebnis der empirischen Untersuchung ist der Aufweis, dass Angehörige der »Ichthys-Gemeinde« – in Kooperation mit der FPÖ – den Kern jener Gegner des Moscheebauprojekt bildeten, die aktiv gegen das Bauprojekt mobilisierten. Die Gemeinde gehört nicht zu den klassischen evangelischen Freikirchen, sondern zu den sogenannten »neuen Freikirchen« und ist charismatisch und evangelikal orientiert.761 Ing. Tschirk, ein Bürger von Bad Vöslau und Mitglied der Ichthys-Gemeinde, hat die erste öffentliche Gegenveranstaltung organisiert, zu der ein katholischer Theologe aus dem Umfeld des »Wiener Akademikerbunds« und dessen Arbeitskreis »Gefahr Islam« als Sprecher eingeladen wurde. Aus dieser Veranstaltung heraus bildete sich die »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur« (AEK), die von Tschirk koordiniert wurde und die die Unterschriftenaktion gegen den geplanten Moscheebau durchführte. Bei der Sammlung der Unterschriften waren Mitglieder der Freikirche stark eingebunden. In der Arbeitsgemeinschaft arbeiteten Mitglieder der Ichthys-Gemeinde mit Vertretern der FPÖ und anderen Personen zusammen. Die FPÖ nutzte die christliche Initiative, um verdeckt gegen das Moscheebauprojekt zu mobilisieren und die Stadtregierung bzw. die führende »Liste Flammer« politisch unter Druck zu setzen. Es kommt also zu einem Zweckbündnis, ausgehend von unterschiedlichen Motivationen und Interessen: der genuin religiösen Motivation der evangelikalen Christen, die mit dem Islam den Widersacher des Christentums bekämpfen wollen, und der politischen und ideologischen Motivation der rechtsradikalen Partei, den Moscheebau zu verhindern und Wählerstimmen zu gewinnen. Die religiöse Position des Leiters der Ichthys-Gemeinde, dem Islam einen dämonischen Ursprung zuzuschreiben, steht historisch in einer langen Tradition einer Dämonisierung des Islam innerhalb der christlichen Theologie und der Kirchen.762 Während das offizielle römisch-katholische Lehramt im Zweiten Vatikanum mit der Tradition der Verachtung der Muslime und generell mit einer engen exklusivistischen Position gebrochen hat, ist eine religiös begründete 761 Die Freikirchen sind Teil des Spektrums des evangelischen Christentums und großteils im angelsächsischen Raum entstanden. Ihr Name leitet sich von der Betonung der Freiheit von den etablierten Kirchen und vom Staat ab. Zu den klassischen freikirchlichen Denominationen zählen die Mennoniten, Methodisten, Baptisten, Quäker, die freien evangelischen Gemeinden, die Heilsarmee, die Pfingstbewegung, die Herrnhuter Brüdergemeinde und die Sieben-Tage-Adventisten. Zu den Freikirchen aus konfessionskundlicher und kirchengeschichtlicher Sicht: Geldbach 1999 (Hinweis: Berner/ Figl 2003, 419); Voigt 2004; Geldbach 2005. Zur Bekenntnisgemeinschaft »Elaia Christengemeinden« (ECG), zu der die IchthysGemeinde gehört: Hinkelman 2009, 140 – 144. Zu den neuen Freikirchen: Krech 2005, 130 f. 762 Siehe dazu Southern 1962; Rotter 1986; Daniel 1993; Hagemann 1999; Naumann 2009.

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Islamfeindschaft in fundamentalistisch orientierten christlichen Bewegungen wie dem evangelikalen Protestantismus nach wie vor stark verankert. Islamfeindliche theologische Überzeugungen und politische Rhetorik, die Einordnung des Islam in eschatologische Schemata reichen im Fall des amerikanischen Evangelikalismus bis in die frühe koloniale Ära der USA zurück (s. Kidd 2009). Hinter dem Engagement gegen den Moscheebau steht im Fall der Mitglieder der Ichthys-Gemeinde die spezifische religiöse Energie des Unbedingten, des religiösen Wissens über die »wahre Natur« des Islam aus evangelikaler theologischer Sicht. In dieser Hinsicht besteht eine interessante Parallele zur politischen Bewegung für ein Minarettverbot in der Schweiz, deren Kern aus evangelikalen Christen rund um das Werk »Aseba« und die EDU besteht. So wie es im Fall der Volksinitiative zu einer Koalition zwischen Evangelikalen und SVP kam, arbeiteten im Fall Bad Vöslau Mitglieder der Ichthys-Gemeinde u. a. mit Vertretern der FPÖ in einem Zweckbündnis gegen die Moschee zusammen. In beiden Fällen wurden die religiösen Motive in der öffentlichen Sphäre im Hintergrund gehalten, argumentierte man nicht mit einem religiösen Vokabular oder religiösen Reizworten. Der Anschein einer konventionellen Bürgerinitiative wurde in Bad Vöslau weder von der Politik, der Öffentlichkeit noch den Medien in Frage gestellt. Das Engagement der freikirchlich-evangelikalen Gemeinde im Fall des Moscheebaus in Bad Vöslau ist ein lokales, österreichisches Beispiel für den Einfluss fundamentalistischer christlicher Gruppen auf die Politik. Auf der internationalen Ebene ist v. a. der Einfluss des evangelikalen Protestantismus auf die USamerikanische Politik und Öffentlichkeit unter Präsident George W. Bush Jr. zu nennen.763 Führende evangelikale Christen unterstützten den US-Einmarsch in den Irak und interpretierten ihn innerhalb religiöser bzw. biblischer und eschatologischer Kategorien. Eine Reihe von Autoren aus diesem Bereich spekulierte darüber, dass der eschatologische Antichrist der christlichen Apokalypse aus dem Islam hervorgehen werde und die Welt unvermeidlich auf einen apokalyptischen Krieg zwischen Islam einerseits und Christentum und Judentum andererseits zusteuere (cf. Kidd 2009, Kap. 8).

4.5

Interreligiöse Beziehungen vor Ort

Einen wichtigen Faktor bilden die Beziehungen zwischen den muslimischen und den christlichen Gemeinden in Bad Vöslau. Es bestehen bislang keine institutionalisierten oder regelmäßigen Kontakte und Begegnungen zwischen den muslimischen Gemeinden einerseits und der römisch-katholischen Pfarre St. 763 Siehe Ammerman 1991; 2009; Minkenberg 1990; 2003; Durham 2010.

Analyse zentraler Aspekte und Themen

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Jakob oder der evangelischen Pfarre (A.B. und H.B.) in Bad Vöslau andererseits. Aufgrund dieser Distanz zwischen den christlichen Religionsgemeinschaften und der nichtchristlichen, muslimischen Religionsgemeinschaft fehlte im Konflikt um den Moscheebau die vermittelnde Tätigkeit von Vertretern der Mehrheitsreligion, z. B. in Form von Dialog- und Begegnungsveranstaltungen der Pfarrgemeinden und ihrer Bildungswerke. Ein großer Teil der katholischen Pfarrangehörigen war gegen den Moscheebau eingestellt. Die vermittelnde Funktion, die Religionsgemeinschaften in Konflikten oft einnehmen (s. Johnston/ Sampson 1994), blieb auf lokaler Ebene fast zur Gänze unbesetzt. Innerhalb des Mediationskreises nahm der Vertreter der ÖVP Bad Vöslau, ein evangelischer Theologe, diese Rolle ein, war aber damit in der Minderheit. Die Intervention der AEK, in der sich Vertreter radikal islam- und türkenfeindlicher Positionen mit stärker religiösen oder säkularen Motivationen zusammengeschlossen hatten, fand im Raum der lokalen oder regionalen Zivilgesellschaft – bis auf einzelne Stimmen v. a. seitens der »Frauenvielfalt« und der Sozialistischen Jugend – kein starkes politisches oder religiöses Gegengewicht und erhielt dadurch einen überproportionalen Einfluss. Auf Initiative des Imams der ATI˙B-Moschee nahmen der römisch-katholische Pfarrer und der evangelische Pfarrer an der Eröffnungsfeier der Moschee teil und überbrachten Geschenke; ein interreligiöses Gebet als Teil der Feier, wie es der Imam vorgeschlagen hatte, wurde aber von den christlichen Geistlichen abgelehnt. Hizir Uzuner, seit 2008 Imam der ATI˙B-Moschee in Bad Vöslau, ist seither im muslimisch-katholischen Dialog engagiert, v. a. in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Kontaktstelle für Christlich-Islamische Begegnung der Erzdiözese Wien, Pfarrer Mag. Martin Rupprecht.

4.6

Mediation mit ethnisch-religiösen Minderheiten: Umgang mit asymmetrischen Bedingungen

In der Mediation, die vom Bürgermeister initiiert wurde, sind die Medianden nicht Vertreter der »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur« und der Moscheegemeinde, wobei Mediatoren und Vertreter der Stadtgemeinde vermitteln würden. Vielmehr stehen einander Vertreter des Moscheevereins (als religiöse Minderheit am Ort) und die Stadtregierung gegenüber. Die Mehrheit der Stadtregierung stellt sich in der Mediation im Wesentlichen hinter die Forderung der AEK, die Moschee ohne traditionelle architektonische Merkmale zu errichten. Der Stadtregierung steht eine kleinere Gruppe vor allem der jüngeren, zweiten Generation gegenüber. Außer dem Vereinsobmann sitzt der Vorstand des Moscheevereins – der eigentliche Träger des Bauprojekts – nicht am Tisch.

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Der Mediator wird vom Bürgermeister benannt, die Mediation von der Stadtgemeinde bezahlt. In der allgemeinen Wahrnehmung wird der Einsatz eines Mediationsverfahrens im Fall des Moscheebaus in Bad Vöslau überwiegend positiv betrachtet. Bei einer genaueren Betrachtung fallen jedoch problematische Aspekte ins Auge. Ich konzentriere mich auf zwei Aspekte: a) der exkludierende Charakter des in deutscher Sprache durchgeführten Mediationsverfahrens; b) die asymmetrischen Machtverhältnisse in der Mediation. Durch die Wahl der Mediation als Verfahren der Konfliktvermittlung in deutscher Sprache wurde eine Entscheidung getroffen, deren gravierende Konsequenzen in der öffentlichen Beurteilung nicht thematisiert wurden: nämlich die Exklusion des eigentlichen Verhandlungspartners, des Vorstands des Vereins ATI˙B Bad Vöslau. Er besteht aus Mitgliedern der ersten Generation von Arbeitsmigranten aus der Türkei, die teilweise nur gebrochen Deutsch sprechen. Der Vorstand – und damit der eigentliche institutionelle Ansprechpartner der Stadtgemeinde in Fragen des Moscheebaus – war nur durch den Obmann in der Mediation vertreten. Ansonsten musste der Verein durch Personen repräsentiert werden, die keine Mitglieder des Vorstands sind und als Angehörige der jungen, zweiten Generation der Migranten aus der Türkei nur in einer mehr oder weniger losen Verbindung zum Moscheeverein und dessen Vorstand stehen. Das wichtigste Kriterium war die Beherrschung der deutschen Sprache verbunden mit einem gewissen Bildungsstatus als Voraussetzung für die Teilnahme an den schwierigen Verhandlungen. Das Verfahren Mediation selbst und ihre sprachliche Form schuf also von vornherein asymmetrische Kommunikations- und Repräsentationsverhältnisse. Diese Asymmetrie wurde verstärkt durch die Besetzung der Mediation: dem gesamten Stadtrat mit allen Parteien, die zugleich das städtische Establishment repräsentierten, stand die kleinere Gruppe von Vertretern des türkisch-islamischen Moscheevereins – der Außenseiter der Stadtgesellschaft – gegenüber. Die Norm der Integration (die Nicht-Sichtbarkeit der Moschee) wurde von vornherein als selbstverständlich festgelegt, die Art und Weise des Verfahren wurde von den Vertretern der Norm (Stadtregierung) bestimmt, woraus sich insgesamt ein stark monologischer Charakter der Verhandlung ergab. Der Einsatz von Mediation an sich ist noch keine Garantie für eine faire, gewaltlose Konfliktvermittlung zwischen Gleichberechtigten. Eine »differenz-, dominanz- und kultursensible Mediation« (Fechler 2008, 192ff) müsste vielmehr diese Machtasymmetrien, die ungleiche Machtverteilung von vornherein benennen und bewusst machen. Die Bedingungen und Regeln des Verfahrens müssten vor der Mediation von den VertreterInnen beider Parteien gemeinsam

Analyse zentraler Aspekte und Themen

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abgestimmt und geklärt werden, um eine möglichst faire Verhandlung zu gewährleisten. Um das Problem der Repräsentation in asymmetrischen Machtverhältnissen im Fall der Vöslauer Moschee-Mediation anzugehen, hätte der Moscheeverein als Mediand im Vorfeld z. B. darauf bestehen können, in der Mediation mit Übersetzern und/oder mit einem Mediatoren-Team unter Einbeziehung eines Mediators mit türkischem Hintergrund zu arbeiten, um die Exklusion des eigentlichen Gesprächspartners zu verhindern und den durch ein eklatantes Machtungleichgewicht vorstrukturierten Rahmen der Mediation zu verändern. Durch die gemeinsame und gleichberechtigte Vereinbarung des Rahmens der Mediation sollte vor Beginn und dann bei der Durchführung eine größtmögliche Fairness des Verfahrens – bei unweigerlich bestehenden Machtasymmetrien – gewährleistet werden.764

4.7

Die Sichtbarkeit der Moschee im öffentlichen Raum

Der Kern der Auseinandersetzungen um den Bau der neuen Moschee in Bad Vöslau betrifft ihre Sichtbarkeit und Erkennbarkeit durch die klassischen Merkmale der Moscheearchitektur, Minarett und Kuppel. Der politische Prozess besteht im Wesentlichen in der Aushandlung des Grades der öffentlichen Sichtbarkeit der Moschee. Die lokale Gruppe, die sich gegen den Moscheebau engagierte (»Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur«), forderte den Bau eines neutralen Gebäudes ohne die erkennbaren architektonischen Merkmale Kuppel und Minarett. Der Bürgermeister und die Mehrheit der Stadtregierung vertraten die gleiche Position. Aus der Sicht der Stadtregierung bestand das Ziel der Mediation daher darin, durch Verhandlungen mit dem Moscheeverein ein neutrales, modernistisches Äußeres des Gebäudes zu erreichen und die Sichtbarkeit der Moschee so weit wie möglich einzuschränken. Es bestand ein weitgehender Konsens darüber, dass der Religionsfreiheit Genüge geleistet werde, wenn die Muslime ein neues, besser ausgestattetes Gebetshaus errichten, das von außen nicht erkennbar wäre. Dominierend war eine assimilationistische Position, die den sichtbaren Ausdruck der religiösen und kulturellen Identität und Differenz in Form der traditionellen Moschee ablehnte und die Anpassung des Bauwerks verlangte. Nach der Einreichung hatte der Bürgermeister so lange wie möglich versucht, das eingereichte Projekt vor der Öffentlichkeit zu verbergen, weil er sich – nach dem Minarettstreit in Telfs – der politischen Brisanz bewusst war. Später ging die 764 Zur Mediation von Konflikten, in denen ethnische und kulturelle Faktoren eine wichtige Rolle spielen: Wüstehube 2002; Weiss 2001; Splinter/ Wüstehube 2005; Fechler 2008.

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Stadtregierung (und der Moscheeverein) dazu über, die Moschee sprachlich unsichtbar zu machen, indem man konsequent die offizielle Bezeichnung »Türkisches Kulturzentrum« verwendete. Die Untersuchung hat weiters den interessanten Umstand deutlich gemacht, dass der vom Dachverband ATI˙B vorgeschlagene Architekt eine zeitgenössische Moscheearchitektur ohne Kuppel und mit einem Minarett in einer modernistischen Architektursprache entwarf, die aber vom Vorstand der Vöslauer Moschee (der sich aus Vertretern der ersten, älteren Generation zusammensetzt) abgelehnt wurde. Dieser Aspekt weist auf die interne Pluralität der Positionen im Dachverband hin, was die Architektur der Moschee im europäischen Kontext betrifft. Damit stellt sich die Frage, warum die Sichtbarkeit der Moschee derart zentral und konfliktiv ist. Die visuelle, öffentliche Repräsentation der Moschee umfasst verschiedene Dimensionen, bringt unterschiedliche soziale Prozesse zum Ausdruck und kann verschieden gedeutet werden: - sichtbarer Ausdruck des Islam Minarett und Kuppel sind die charakteristischen baulichen Kennzeichen des Islam; gerade das Minarett ist das primäre architektonische Symbol des Islam. - sichtbarer Ausdruck des Bezugs der Muslime auf ihre Tradition Die Moschee ist im Kern der Ort, an dem die gemeinschaftliche religiöse Praxis und die Weitergabe der religiösen Tradition erfolgt. Durch die traditionelle Moscheearchitektur setzt sich die lokale muslimische Gemeinschaft in spezifischer Weise in Bezug zur eigenen Tradition. - sichtbarer Ausdruck der eigenständigen religiösen Identität Sichtbarkeit (im Sinne von Visualisierung) selbst ist Handlung:765 Mit der sichtbaren Moschee repräsentiert sich ATI˙B Bad Vöslau im öffentlichen Raum der Stadt/ des Staates und in der innermuslimischen Öffentlichkeit. Mit den erkennbaren visuellen Symbolen Minarett und Kuppel macht sie ihre eigenständige religiöse Zugehörigkeit und Differenz im öffentlichen Raum sichtbar (s. Lüddeckens 2012), kommuniziert sie ihre religiöse Identität nach außen. Es ist eine Handlung, die im Kontext der konkreten Öffentlichkeit eine starke Wirkung und Reaktion seitens der Mehrheit hervorruft. - sichtbarer Ausdruck des Anspruchs auf gleichberechtigte Anerkennung Sichtbarkeit, Öffentlichkeit und gesellschaftliche Anerkennung stehen in einem bestimmten Zusammenhang. Mit dem repräsentativen, sichtbaren, von außen erkennbaren Bauwerk beansprucht die muslimische Gemeinschaft 765 »Visibility in itself is already an action.« (Kippenberg 1982, IX); zitiert nach Uehlinger 2006, 167. Das von Kippenberg et al. herausgegebene Jahrbuch Visible Religion. Annual for Religious Iconography erschien 1982 bis 1990.

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gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Raum und Anerkennung: »die Sichtbarkeit gerade durch repräsentative Sakralgebäude erhöht das Ansehen und bildet ein Zeichen von gesellschaftlicher Anerkennung und Akzeptanz« (Baumann/ Tunger-Zanetti 2011, 409). sichtbarer Ausdruck des neuen Status als Bürger Der Bau der großen neuen Moschee objektiviert auf der Ebene des Inklusionsprozesses den Übergang von der Phase der Migranten zu Post-Migranten und zu neuen Bürgern, die bleiben werden. sichtbarer Ausdruck des Status als neuer religiöser Akteur Der Moscheebau objektiviert auf einer religionspolitischen Ebene die Verschiebungen innerhalb der lokalen Religionslandschaft: den Auftritt eines starken religiösen Akteurs neben der katholischen und der evangelischen Kirche, hinter dem mit dem Diyanet ebenfalls eine transnationale, weltweit agierende Organisation steht. sichtbarer Ausdruck der sozialen Emanzipation und des Aufstiegs Das große, teure Bauprojekt signalisiert den sozialen Aufstieg, die Verbesserung der sozialen Position der ehemaligen türkischen ›Gastarbeiter‹, die den sehr kleinen, improvisierten Gebetsraum in einem Arbeiterwohnhaus verlassen, und das neu gewonnene Selbstbewusstsein der sozialen Gruppe, in der viele nicht länger »Ausländer« sind, sondern die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen haben und sich als Bürger mit gleichen Rechten verstehen. Das Bauwerk signalisiert Veränderungen bzw. Machtverschiebungen im sozialen Raum. sichtbarer Auftritt von Religion im öffentlichen Raum der säkularen Gesellschaft Mit dem Moscheebauprojekt tritt Religion in den öffentlichen Raum; die damit verbundene gesellschaftliche Kontroverse – die von der lokalen bis zur nationalen Ebene reicht – korrespondiert mit der empirischen Beobachtung des Prozesses der »Deprivatisierung« von Religion als globaler Trend (cf. Casanova 1994; 2008), der gewachsenen Bedeutung des Themas Religion in der öffentlichen Sphäre der europäischen säkularen Gesellschaften. sichtbarer Ausdruck des Selbstbewusstseins des Vereins als Teil einer großen transnationalen religiösen Organisation Die transnationale Dimension dürfte sich auch im Selbstbewusstsein des Vereins ausdrücken, der mit dem Diyanet eine starke, mächtige transnationale religiöse Organisation des türkischen Staates im Rücken hat.

Damit sind unterschiedliche Anknüpfungspunkte für die Bejahung oder die Ablehnung der Sichtbarkeit der Moschee, für unterschiedliche Grenzziehungen angeführt. Entscheidend für eine Beurteilung ist, ob der Anspruch auf sichtbare, erkennbare Religionsbauten in Europa exzeptionalisiert und generell als Teil der

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Politik islamistischer Gruppen interpretiert wird, die öffentliche Präsenz des Islam und islamischer Identität zu verstärken (cf. Göle 2004, 11), oder als selbstverständliches Bedürfnis, würdige Religionsbauten zu errichten und die eigene Religion sichtbar und öffentlich zu leben – ein Bedürfnis, das muslimische Gemeinschaften mit anderen Religionsgemeinschaften teilen. Die letztere Interpretation führt zu einer liberalen, grundrechtlich orientierten Haltung, die die kollektive und individuelle Freiheit der Religionsausübung betont und der Religion einen Platz in der öffentlichen Sphäre der säkularen Gesellschaft einräumt. Die erstere Interpretation entspringt einer säkularistischen Position, die Religion aus dem Bereich des Öffentlichen ausschließen und auf den privaten Bereich beschränken will. Sie sieht schon das selbstbewusste Eintreten für religiöse Differenz als Zeichen einer islamistischen Gesinnung (cf. Göle 2004, 19) und führt zu einer restriktiven Abwehrhaltung, die es als nötig erachtet, dem Vordringen einer als islamistisch betrachteten Identitätspolitik im öffentlichen Raum Grenzen zu ziehen. In dieser Position treffen sich säkulare (häufig liberale) und rechtsradikal-autoritäre Kreise.

4.8

Die normative Frage der Religionsfreiheit

In den öffentlichen Diskussionen um den Bau der neuen Moschee wurde die grundrechtliche Dimension – vor allem das Prinzip der Religionsfreiheit – von den Akteuren in Bad Vöslau nicht thematisiert. Das Ausbleiben einer öffentlichen Erörterung der normativen Grundlagen betrifft sowohl die Vertreter der Stadtregierung als auch die Vertreter des muslimischen Vereins und der Dachorganisation ATI˙B. Im Vordergrund standen die gesetzlichen Bestimmungen der Bauordnung und des Ortsbildschutzes, wobei rasch feststand, dass dem Bau einer repräsentativen, traditionellen Moschee mit Kuppel und Minaretten von diesen Bestimmungen her nichts entgegenstehen würde. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bilden primär die Prinzipien der Religionsfreiheit und der Nicht-Diskriminierung die normative Basis für den Moscheebau. Die verfassungsrechtliche Kodifikation der subjektiven Rechte soll den Einzelnen vor Eingriffen des Staates schützen (cf. Oehlinger 2009, 304). Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist in Österreich durch folgende Bestimmungen der österreichischen Bundesverfassung garantiert (cf. Kalb/ Potz/ Schinkele 2003, 42ff): Art. 14 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger von 1867: (1) »Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist Jedermann gewährleistet. (2) Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbe-

Analyse zentraler Aspekte und Themen

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kenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten kein Abbruch geschehen.« Art. 63 Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919: »Österreich verpflichtet sich, allen Einwohnern Österreichs ohne Unterschied der Geburt, Staatsangehörigkeit, Sprache, Rasse oder Religion vollen und ganzen Schutz von Leben und Freiheit zu gewähren. Alle Einwohner Österreichs haben das Recht, öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben, sofern deren Übung nicht mit der öffentlichen Ordnung oder mit den guten Sitten unvereinbar ist.« Art. 9 Europäische Menschenrechtskonvention, Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950:766 »(1) Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben. (2) Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind.« Die Gedanken-, Religions- und Gewissensfreiheit ist darüber hinaus durch internationale Verträge geschützt: Art. 18 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II) vom 16. Dezember 1966 (1) Jedermann hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden. (2) Niemand darf einem Zwang ausgesetzt werden, der seine Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung seiner Wahl zu haben oder anzunehmen, beeinträchtigen würde. (3) Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekunden, darf nur den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit, Sittlichkeit oder der Grundrechte und -freiheiten anderer erforderlich sind. (4) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die Freiheit der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds oder Pflegers zu achten, die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen.« 766 Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wurde 1964 in Österreich in Verfassungsrang erhoben und ist seither Teil der österreichischen Bundesverfassung (BGBl. Nr. 59, 6. April 1964). Zu Art. 9 EMRK s. Villiger 1999; Grabenwarter/ Pabel 2012, 288 – 305.

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Das Diskriminierungsverbot – bezogen auf die in der EMRK festgelegten Rechte und Freiheiten – ist durch Artikel 14 EMRK garantiert, ebenso u. a. durch Artikel 2 Absatz 1 UNO-Pakt II sowie Artikel 27 Uno-Pakt II (Minderheitenschutz).

Die Religionsfreiheit umfasst das forum internum – die Freiheit, eine religiöse Anschauung zu haben bzw. nicht zu haben – und das forum externum – die Freiheit, sich zur eigenen Religion zu bekennen, sie an die Öffentlichkeit zu bringen und einzeln oder gemeinsam im privaten oder im öffentlichen Raum zu praktizieren. Aus rechtlicher Sicht fällt der Bau repräsentativer, sichtbarer Moscheen unter die externe Religionsfreiheit,767 ebenso das Schächten oder der Gebetsruf des Muezzins als eine Form der »Beachtung religiöser Gebräuche« (cf. Grabenwarter/ Pabel 2012, 293) und der Bau von Minaretten: »Vom Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit werden auch religiös motivierte Verhaltensweisen und Symbole erfasst, die zwar nicht zwingend erforderlich jedoch durchaus angemessen sind.« (Kley/ Schaer 2010, 4).768 In den Debatten rund um Moscheebauten in Österreich wird – vor allem von Gegnern sichtbarer Bauten – die Meinung vertreten, der Religionsfreiheit sei Genüge getan, wenn Muslime in Österreich privat oder in einem Gebetsraum beten dürfen. Diese Auffassung bringt ein obrigkeitsstaatliches Verständnis von Toleranz zum Ausdruck, wie wir es aus den klassischen Toleranzgesetzgebungen der Neuzeit kennen, in denen die religiöse Praxis einer Minderheit als Bürger zweiter Klasse innerhalb bestimmter Einschränkungen toleriert wird.769 Diese Haltung steht im Gegensatz zur Garantie und Respektierung des Rechts auf Religionsfreiheit im modernen Verfassungsstaat, weil sie Religionsfreiheit auf das forum internum reduziert und damit um den wesentlichen Aspekt des Rechts, die eigene Religion öffentlich zu manifestieren, beschneidet. Die Einschränkung der externen Religionsfreiheit wird durch Art. 9 Abs. 2 EMRK und Art. 18 Abs. 3 UNO-Pakt II geregelt – sie kann dann eingeschränkt werden, wenn durch die Ausübung des Rechts die »öffentliche Sicherheit, die öffentliche Ordnung, Gesundheit und Moral oder die Rechte und Freiheiten anderer« gefährdet wären, eine gesetzliche Grundlage dafür gegeben ist und der Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit verhältnismäßig und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist (cf. Grabenwarter/ Pabel 2012, 299 f). Im Kern der Auseinandersetzung um die religiöse Freiheit der Zuwanderer/ 767 Siehe dazu Waldmann 2002; Kalb/ Potz/ Schinkele 2003, 634 f; Gartner 2006, 190 f; Pahud de Mortanges 2006, 270; Böckenförde 2009. 768 Aus rechtlicher Sicht: Schaer 2009, 32 ff. 769 Rainer Forst bezeichnet sie als »Erlaubnis-Konzeption« von Toleranz: »Solange das Anderssein der Minderheit sich in Grenzen hält und sozusagen eine ›Privatsache‹ bleibt, so dass kein gleichberechtigter öffentlicher und politischer Status gefordert wird, kann sie dieser Konzeption zufolge aus primär pragmatischen Gründen, aber gegebenenfalls auch prinzipiellen normativen Gründen toleriert werden…« (Forst 2003, 43).

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der ehemaligen ›Gastarbeiter‹ steht das Spannungsverhältnis zwischen der Bindung von Rechten an die ethnisch, religiös und kulturell bestimmte Nationszugehörigkeit einerseits und den universalen Menschenrechten, die unabhängig von Nation, Religion, Hautfarbe und Geschlecht gelten, andererseits. Diese Spannung steht im Zentrum der Diskussionen um die rechtliche Eingliederung der Migranten seit den 1980er Jahren. Auch wenn sie zum Großteil die Staatsbürgerschaft besitzen, werden sie anhand ethnischer, kultureller und religiöser Kriterien nach wie vor als »gemeinschaftsfremd« betrachtet. In nationalstaatlicher Sicht überlappen sich die Öffentlichkeit und das Volk mit der politischen Nation (s. Calhoun 1994) – von daher erscheint es als natürlich, die Rechte der ethnisch, religiös und kulturell Nichtzugehörigen einzuschränken, auch wenn sie die Staatsbürgerschaft besitzen und zur politischen Gemeinschaft gehören, und ihren Anspruch auf volle Teilhabe an der Öffentlichkeit und am Gemeinwesen zurückzuweisen. Aus der Sicht einer ethnisiert bzw. kulturalisiert gedachten nationalen Öffentlichkeit erscheint es als natürlich, den Moscheebau österreichischer Staatsbürger mit türkischer Muttersprache und muslimischer Religionszugehörigkeit nicht im Rahmen der Anerkennung gleicher, verfassungsgesetzlich garantierter Rechte (»Grundrechte«) zu behandeln, sondern im Rahmen der Toleranz gegenüber Fremden.770

4.9

Die Arena der Öffentlichkeit

»Öffentlichkeit« ist einer der zentralen Begriffe in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Prozessen rund um die Errichtung religiöser Gebäude nichtchristlicher Religionsgemeinschaften in Europa. Muslimische Organisationen treten mit der Errichtung sichtbarer, repräsentativer Gebäude verstärkt in die öffentliche Sphäre ein und stellen damit einen Anspruch auf öffentliche Anerkennung. Die Moschee- und Minarettbauprojekte werden zu einem Thema nicht nur lokaler, sondern nationaler öffentlicher Diskussionen, die in den überregionalen Medien breiten Widerhall finden. Beide Vorgänge stützen auf paradigmatische Weise das Konzept der modernen öffentlichen Religion, das Jos¦ Casanova erstmals in Public Religions in the Modern World (Casanova 1994) vorgelegt und später weiter entfaltet und ergänzt hat (Casanova 1996; 2008): Seit den 1980er Jahren sei eine Revitalisierung der öffentlichen Rolle religiöser Traditionen zu beobachten, die nicht nur die Säkularisierungs-, sondern auch die Individualisierungsthese in Frage stelle. Entgegen dieser Thesen, die von einem Rückzug der Religion aus dem öffent770 Zur Unterscheidung zwischen Toleranz und Religionsfreiheit: Heimbach-Steins 2009; Bielefeldt 2009.

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lichen Bereich und ihrem Bedeutungsverlust in der Moderne ausgehen, komme es tatsächlich umgekehrt zu einem Prozess der »Ent-Privatisierung« (deprivatization) von Religion als neuem globalen Trend.771 »Öffentlich« wird hier in einer bestimmten Bedeutung – als Gegenbegriff zu »privat« – verwendet:772 Öffentlich wird Religion dann, wenn sie in die öffentlichen Diskursarenen eintritt, wenn sie zu einem Gegenstand des öffentlichen Interesses, zu einem bedeutenden Thema öffentlicher Diskussionen wird und diese prägen kann. Damit ist der Bedeutungsumfang von »öffentlich« und Öffentlichkeit« aber nicht ausgeschöpft. Es ist gerade für unser Thema von großer Relevanz, dass der Begriff der »Öffentlichkeit« (public sphere) als zentraler Begriff der politischen Theorie der Demokratie mit normativen Gehalten und Bestimmungen verbunden ist. Es ist diese Bedeutung, die Bernhard Peters als »Öffentlichkeit im emphatischen Sinn« (Peters 2007a, 59) versteht. In diesem normativen Modell ist »Öffentlichkeit« als Sphäre kommunikativen Handelns zu verstehen, die durch drei grundlegende Strukturmerkmale gekennzeichnet ist (Habermas 1996; Peters 2007a, 68 – 97): (a) Gleichheit und Reziprozität: die prinzipielle Offenheit für alle, die sich an der öffentlichen Meinungsbildung beteiligen wollen; die Möglichkeit nicht nur eine Mitteilung der Politik oder des Staates zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich auch öffentlich zu äußern und Gehör zu finden; die prinzipielle Gleichheit der Kommunikationschancen und der Teilhabe- wie Artikulationsmöglichkeiten; (b) Offenheit: die prinzipielle Offenheit für Themen und Beiträge zur öffentlichen Diskussion; (c) Diskursivität: der argumentative Charakter der Auseinandersetzung und Verständigung; die diskursive öffentliche Willensbildung, die ohne den Einsatz von Druck und Zwang zu einer Akzeptanz auf Basis geteilter Überzeugungen und Einsichten führt. Aus meiner Sicht sollte eine religionssoziologische Auseinandersetzung mit »öffentlicher Religion« und den damit verbundenen öffentlichen Konflikten und Diskursen das kritische Potential dieses normativen Modells von Öffentlichkeit zum Einsatz bringen. Es bildet eine wichtige theoretische Ressource, wenn es um die Analyse der Moscheebaukonflikte geht. Der Locus classicus dieses demokratietheoretischen Modells von Öffentlichkeit ist die Habilitationsschrift von Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit (Habermas 1962). Darin entwickelte er einen normativen Begriff der Öffentlichkeit als Raum der diskursiven Hervorbringung der öffentlichen 771 Zu Casanova: Pickel 2011, 263 – 271. 772 Zu den Bedeutungen von »öffentlich« und »Öffentlichkeit«: Peters 2007a, 55 ff.

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Meinung. Dieser Begriff diskursiver Öffentlichkeit bildet einen zentralen Eckstein seiner diskurstheoretischen Begründung moderner Demokratie: Allein das durch Überlegen und Argumentieren auf dem Forum der Öffentlichkeit zustande gekommene Einvernehmen legitimiert in der Moderne die öffentliche Macht und deren verbindliche Entscheidungen. Aus normativer Sicht ist die öffentliche Meinung dann legitim, wenn sie in einem Prozess hervorgebracht wird, der inklusiv und fair verläuft und bei dem Standpunkte, die keiner kritischen Prüfung standhalten können, verworfen werden. Die Mobilisierung der unter diesen Kommunikationsbedingungen entstandenen öffentlichen Meinung wird als politische Kraft gesehen, die für das Funktionieren der Demokratie zwischen den Sphären des Staates und des Marktes unabdingbar ist. Für das Konzept der Öffentlichkeit bei Habermas sind also einerseits (a) die normative Legitimität und (b) die politische Wirksamkeit der öffentlichen Meinung wesentlich (Fraser 2007). Nach diesem grundlegenden Werk erschien im deutschen wie im anglo-amerikanischen Raum eine Reihe von Arbeiten in unterschiedlichen Disziplinen, die um den Begriff der Öffentlichkeit kreisen; zugleich erfolgte eine kritische Auseinandersetzung mit Habermas‹ Konzept der Öffentlichkeit (Negt/ Kluge 1972; Calhoun 1992). Habermas selbst legte 1992 in der rechts- und demokratietheoretischen Studie Faktizität und Geltung eine Revision seines Konzepts der Öffentlichkeit vor (Habermas 1992).773 Betrachtet man den Entstehungsprozesses der neuen Moschee in Bad Vöslau aus einer öffentlichkeitstheoretischen Sicht, dann sind dabei zwei Vorgänge zu unterscheiden: a) die Vorinformation über das Bauvorhaben; b) die Form der Konfliktlösung. Bezogen auf die Vorinformation der Öffentlichkeit über das geplante Bauvorhaben zeigt sich eine interessante Konvergenz zwischen der Stadtführung und dem Bauherren: Weder der Verein ATI˙B Bad Vöslau bzw. die Dachorganisation ATI˙B-Union noch die Stadtgemeinde schlugen den Weg einer aktiven, offensiven Öffentlichkeitsarbeit rund um das geplante Moscheeprojekt ein. Man versuchte im Gegenteil, das Bauprojekt so lange wie möglich geheim d. h. in der nichtöffentlichen Sphäre der Kommunikation und des Wissens zu halten – auch dann noch, als bereits Gerüchte innerhalb der Bevölkerung kursierten. Erst nachdem der Einreichplan anonym der Presse zugespielt wurde, wurde das Vorhaben öffentlich bekannt. Die Skandalisierung des Projekts und eine negative Stimmung in Teilen der Bevölkerung am Beginn der Debatte über den Moscheebau in Bad Vöslau dürften damit zu tun haben, dass der Eindruck entstand, hier habe 773 Zur Entwicklung der Theorie der Öffentlichkeit in kritischer Auseinandersetzung mit dem Werk von Habermas s. Fraser 2007, 11; 2009, 148 – 155.

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man etwas verheimlichen wollen – was erst recht Misstrauen, Ressentiments und Ärger schürte. Sicherlich kann man den Standpunkt vertreten, dass über die üblichen amtlichen Vorgänge bei Bauvorhaben hinaus kein Recht der Bevölkerung auf öffentliche Information besteht. Man wusste aber durch den Fall des Minarettbaus in Telfs, dass es sich beim Projekt um eine sehr konfliktträchtige und politisch brisante Materie handelt, so dass eine proaktive Informationspolitik, eine Einbindung der Bevölkerung, insgesamt ein partizipativer demokratischer Prozess ratsam erscheinen hätte müssen.774 Das Muster der Vermeidung von Öffentlichkeit und öffentlicher Diskussion, damit die Blockierung einer aktiven Beteiligung der Bevölkerung an einer wichtigen Frage des Gemeinwesens setzte sich in der Form der Konfliktlösung fort. Als das Bauprojekt durch das anonyme Zuspielen der Entwurfszeichnung an eine Lokalzeitung plötzlich und unvorbereitet bekannt wurde, setzte die Stadtgemeinde und in ihrem Gefolge der muslimische Verein nicht auf öffentliche Auseinandersetzung und Diskussion, sondern auf Verhandlungen zwischen Politik und Moscheeverein hinter verschlossenen Türen. Im Rahmen der Mediation waren alle Parteien zum Stillschweigen verpflichtet, sodass auch eine offene parteipolitische Auseinandersetzung über Monate unterbunden war. Der Bürgermeister behielt sich das alleinige Recht vor, die Öffentlichkeit über den Verlauf und Ergebnisse der Mediation in Form von Presseaussendungen zu informieren. Die geplante öffentliche Informationsveranstaltung zum Bauvorhaben (Jänner 2007) wurde kurzfristig abgesagt. Die erste Bürgerversammlung und Informationsveranstaltung zum Thema fand erst nach acht Monaten, am 1. Juli 2008 statt. Von der Strategie des Bürgermeisters her, die Gestalt der Moschee zuerst in einem abgeschirmten Rahmen neu zu verhandeln und erst dann an die Öffentlichkeit zu gehen, ist diese Vorgangsweise plausibel. Sie hatte aber den Nachteil, dass in diesen acht Monaten nach dem Öffentlichwerden des Bauvorhabens bzw. schon in den Monaten ab der Projekteinreichung die Chancen öffentlicher Meinungsbildung nicht genutzt wurden. Es wurde in dieser Zeit 774 Herr Bürgermeister DI Christoph Prinz weist in einem Kommentar nach Lektüre meiner Darstellung (e-mail-Kommunikation, 26. 6. 2013) darauf hin, dass in einem Bauverfahren in der Regel nur die Anrainer im Umkreis von 14 Metern das Recht auf Einsicht in Baupläne haben. »Es war daher grundsätzlich und rechtlich gar nicht ›gleich möglich‹, die Pläne öffentlich zu diskutieren.« (ebd.) Bürgermeister Prinz weist zu Recht auf die rechtlichen Vorschriften im Rahmen eines Bauverfahrens hin, die ja auch als Schutz der Rechte der Bauherren betrachtet werden können. Der Standpunkt, den ich in meiner Analyse vertrete, geht dahin, dass es bei einem politisch so sensiblen Bauprojekt vorteilhaft gewesen wäre, in Kooperation mit den Bauherren frühzeitig und aktiv die lokale Öffentlichkeit zu informieren, die öffentliche Präsentation des Projekts seitens der Stadt zu begleiten und moderierend zu unterstützen – was die Bereitschaft des Moscheevereins als Bauherr zu einer pro-aktiven, transparenten, partizipativen Form der Öffentlichkeitsarbeit voraussetzt.

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nicht versucht, über Begegnungs- und Informationsveranstaltungen Lernprozesse anzustoßen, etwas von den Gerüchten, Ängsten, Verunsicherungen in Teilen der Bevölkerung zu verringern, die normativen und gesetzlichen Grundlagen des Bauvorhabens einer breiten Bevölkerung zu vermitteln und so das rechtsstaatliche Bewusstsein zu fördern. Es wurden keine öffentlichen Räume für einen Dialog geschaffen, in denen muslimische und nichtmuslimische Vöslauer einander zuhören, sich kennenlernen, offen miteinander streiten könnten und die Bevölkerung aus erster Hand Auskünfte bekommt. Die Interessen der strategisch operierenden politischen Macht, den Moscheebau in der geplanten Form zu verhindern, gingen auf Kosten der Chancen demokratischer Öffentlichkeit. Die Interpretation der Mediation als »Bürgergespräch« ist daher aus meiner Sicht ein Missverständnis, da es sich um eine institutionalisierte Kommunikation über das Projekt handelte, die gerade nicht öffentlich stattfand, die die BürgerInnen gerade nicht einbezog, obwohl es sich um eine Angelegenheit des kollektiven Interesses und des Gemeinwesens handelte: »Monatelang wurde z. B. in Bad Vöslau über den Bau einer Moschee diskutiert. Solche Bürgergespräche sind geboten, ja unersetzlich. Sie sollen Ängste und Missverständnisse abbauen, als problematisch empfundene Gestaltungsfragen lösen und ein möglichst breites Einverständnis herbeiführen.«775

Auch der niederösterreichische Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll stellte die Vorgangsweise im Nachhinein auf folgende Weise dar : »Wir haben unaufgeregt und ruhig einen Prozess eingeleitet, indem wir die Bevölkerung eingebunden haben, bei der Eröffnung war es dann ein wunderschönes Fest.«776 Das Vermeiden von Öffentlichkeit setzte sich bei den organisierten Gegnern der Moschee fort: Die Arbeit der »Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur«, die die Unterschriftenaktion gegen den Moscheebau gestartet hatte, erfolgte anonym: Es wurde geheim gehalten, wer die Aktion gestartet hatte, wer dahinter steht und aus welchem Personenkreis sich die AEK zusammensetzt. Ebenso wurde die starke Beteiligung der FPÖ an der Arbeitsgemeinschaft bewusst geheim gehalten, um sich die politischen Vorteile, als scheinbar »neutrale Bürgerinitiative« gegen den Moscheebau auftreten zu können, zunutze machen zu können. Seitens des Vereins ATI˙B Vöslau bestand das Problem, dass man widersprüchliche Angaben über die Kosten des Moscheebaus veröffentlichte (zunächst 1,5 Million,777 dann 1 Million Euro778) und man über Monate die 775 Paul Schulmeister : »Feindbildpflege am Beispiel Moscheenstreit«: Die Presse, 23. 4. 2008, 38. 776 »Die Präsidentschaftskandidatur war Feymanns Idee« (Interview): Falter 18 (2011) 10 – 12, hier 12. 777 Badener Rundschau, 14. 12. 2006, 24. 778 Badener Rundschau 5. 7. 2007.

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Finanzierung des Moscheebaus nicht transparent machte. Dadurch wurden Verschwörungstheorien der Gegner, aber auch Misstrauen bei Beobachtern, die zunächst neutral eingestellt waren, gefördert. Insgesamt ist der demokratische Prozess rund um die Entstehung des Moscheebaus in Bad Vöslau vom Grundmuster einer blockierten, beschränkten und geschrumpften Form von Öffentlichkeit und öffentlicher Kommunikation geprägt, versteht man »Öffentlichkeit« in einem emphatischen Sinn von den Grundforderungen der Gleichheit, Offenheit und Diskursivität her (Peters 2007a, 60ff): a) Das Prinzip der Gleichheit bzw. gleicher öffentlicher Kommunikationschancen wurde durch asymmetrische Kommunikationsverhältnisse verletzt: Fast ein Jahr lang fand kein öffentliches Diskussionsforum auf lokaler Ebene zum Thema Moscheebauprojekt statt. Die BürgerInnen konnten die Stellungnahmen der Stadtregierung zum Verlauf der Mediation zur Kenntnis nehmen und sich privat ein Urteil bilden, ihre eigenen Positionen und Meinungen aber nicht im direkten Dialog mit der Stadtregierung und dem Moscheeverein öffentlich zum Ausdruck bringen und damit Gehör finden. Die lokale parteipolitische Diskussion war durch die Verschwiegenheitsverpflichtung im Rahmen des Mediationsverfahrens stillgelegt. Die Mediation wiederum war durch asymmetrische Kommunikationsverhältnisse nach ethnischen Linien geprägt, die nicht thematisiert und ausbalanciert wurden, und insgesamt monologisch geprägt. b) Offenheit für Themen und Beiträge: Besonders charakteristisch für die öffentliche Kommunikation rund um den Moscheebau war die fast vollständige Nichtthematisierung der verfassungsrechtlichen Grundlagen des Projekts, nämlich des Grundrechts auf Religionsfreiheit, das das Recht auf die Errichtung öffentlicher Kultbauten (z. B. in Form von Moscheen mit Minaretten) einschließt. Dieses zentrale Thema wurde von der Stadtpolitik in der öffentlichen Diskussion verdrängt und verschwiegen, aber auch vom Moscheeverein nicht aktiv und öffentlich thematisiert. Die Diskrepanz zwischen den normativen, verfassungsrechtlichen Grundlagen – der Religionsfreiheit, dem Gleichheitsprinzip, dem Diskriminierungsverbot – und den tatsächlichen Eingriffen in die Rechte und die Autonomie der Religionsgemeinschaft durch die Stadtregierung wird zu keinem Gegenstand öffentlicher Diskussion: Von einem traditionellen Verständnis von Demokratie, die sie mit der national-kulturellen Gemeinschaft identifiziert, erscheint es als selbstevident, dass dem Privileg der ethnisch-nationalen Mehrheit, über den öffentlichen, symbolischen Raum der Nation und über die konkrete Gestalt eines religiösen Gebäudes der Minderheit zu bestimmen, ein Vorrang vor den Rechten der »Nationsfremden« einzuräumen ist.

Analyse zentraler Aspekte und Themen

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c) Diskursivität: Behauptungen und Forderungen der Gegner des Moscheebaus – vor allem in Gestalt der AEK – wurden nicht in einer kritischen diskursiven Kommunikation behandelt, ihre Begründungen nicht geprüft, sondern von den Vertretern der Stadtregierung im Prinzip als Position in den Verhandlungen in der Mediation übernommen. Sie erhielten so zusätzliches Gewicht und Legitimität. Die Mediation bildet eine Form von Verhandlung, in der es darum ging, durch strategische Züge und Druck zur gewünschten Vereinbarung zu kommen. Es handelt sich also um eine nichtdiskursive Kommunikationsform (Peters 2007a, 90) – im Unterschied zu diskursiver Kommunikation im Sinn zwangloser, gemeinsamer Klärung und sachlicher Erörterung von Gründen, die auf wechselseitige Überzeugung zielt. Im Fall des Moscheeprojekts in Bad Vöslau ersetzte die Mediation die öffentliche Kommunikation, z. B. in Gestalt eines großen öffentlichen Bürgerforums, wie es beim Bludenzer Moscheestreit angesetzt wurde. Auch andere Formen strategischer Kommunikation, die der Grundforderung nach diskursiver Verständigung in der modernen Demokratie entgegengesetzt sind, spielten eine Rolle, v. a. die offene symbolische Gewalt der Kampagne der FPÖ Niederösterreich gegen die Muslime und ihr Moscheebauprojekt, das von der Partei in der Öffentlichkeit als Zeichen einer feindlichen Landnahme und als Akt der Aggression dargestellt wurde. Die Muslime werden so aus dem Raum der öffentlichen Kommunikation ausgeschlossen, weil man sie nicht als gleichberechtigte Dialogpartner anerkennt und respektiert, deren Anliegen und Vorhaben argumentativ zu behandeln sind, sondern als Feinde klassifiziert, die es zu bekämpfen gilt. Wie ein anderer Umgang mit Öffentlichkeit möglich ist, zeigen einige Beispiele aus Deutschland: - Duisburg: Die Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh (Nordrhein Westfalen) wurde 2005 – 08 durch die »Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion« (DI˙TI˙B), der Schwesterorganisation der ATI˙B in Deutschland, errichtet und im Oktober 2008 in Anwesenheit des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU), des Oberbürgermeisters, weiterer öffentlicher und kirchlicher Repräsentanten feierlich eröffnet – ein Jahr vor der Vöslauer Moschee. Es handelt sich um einen traditionellen neo-osmanischen Kuppelbau mit einer 23 Meter hohen Zentralkuppel und einem 32 Meter hohen Minarett. Die Moschee fasst 1200 Gläubige und ist damit die bisher größte Moschee in Deutschland. Das Bemerkenswerte ist, dass der Bau fast ohne Proteste entstand. Im Gegensatz zu den Moscheebauprojekten in Köln-Ehrenfeld und Berlin-Pankow bildeten sich keine Bürgerinitiativen, die gegen die Errichtung kämpften. Für dieses »Wunder von Marxloh«, wie es allgemein genannt wird, gab es einige Voraussetzungen:779 Die Errichtung der Moschee wurde von Vornherein mit der Errichtung einer 779 Martin Spiewak: »Ein Minarett mal ohne Streit«: Die Zeit 23. 10. 2008; Schmitt 2013, 162 ff.

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interkulturellen und interreligiösen Bildungs- und Begegnungsstätte für den gesamten Stadtteil verbunden, die im Untergeschoss der Moschee auf 1000 m2 untergebracht ist. Die Begegnungsstätte wurde provisorisch schon während des Baus eingerichtet, und zwar in Form von buntbemalten Containern neben der Baustelle, in denen sich in den Jahren der Errichtung Zehntausende Menschen über den Islam, DI˙TI˙B, den Bau etc. aus erster Hand informieren konnten. Gleichzeitig richtete man von Beginn an einen Unterstützerbeirat ein, in dem Vertreter der lokalen Verwaltung, der christlichen Kirchen, des Schulbereichs und anderer örtlicher Institutionen zusammenarbeiten und den Bau und die Arbeit der Moschee und der Begegnungsstätte unterstützen. Im Unterschied zum exponierten Standort des heftig umstrittenen Neubaus einer Moschee in KölnEhrenfeld befindet sich die Duisburger Moschee an einem peripheren, zurückgezogenen Standort. Die Voraussetzungen für einen konstruktiven Prozess waren in Marxloh bereits über Jahrzehnte grundgelegt. Der DI˙TI˙B-Verein war bereits in den vergangenen zwanzig Jahren um gute Kontakte im Stadtteil bemüht. Seit den 1990er Jahren gab es einen lebendigen interreligiösen Austausch mit den christlichen Kirchen in der Nachbarschaft. So fanden zum Beispiel Veranstaltungen statt, bei denen in der alten Moschee aus der Bibel vorgelesen wurde und umgekehrt in der evangelischen Christuskirche aus dem Koran rezitiert wurde.780 Im Fall von Bad Vöslau bildete erst der Konflikt rund um den Moscheebau den Anlass, dass sich die lokale Politik mit dem ATI˙B-Verein beschäftigte, Kontakte hergestellt wurden, man sich kennenlernte, Vertreter von ATI˙B in den lokalen Medien zu Wort kamen und viele Bewohner von Bad Vöslau erst jetzt realisierten, dass es bereits seit über 20 Jahren einen muslimischen Gebetsraum in der Wolfstraße gab. - Mannheim: Ein weiteres positives Beispiel, wie ein großer, repräsentativer Moscheebau in einer konstruktiven Atmosphäre errichtet werden kann, ist die Moschee in Mannheim.781 Bei ihrer Eröffnung am 4. März 1995 war sie die größte Moschee in Deutschland. Sie gehört zum Dachverband DI˙TI˙B, dem deutschen Pendant zu ATI˙B in Österreich. Das Projekt enthält mehrere innovative Elemente: Im Zuge der Planungen für den Bau der neuen Moschee gründete man ein praxisorientiertes wissenschaftliches Institut, das den Integrationsprozess der türkischen Arbeitsmigranten wissenschaftlich begleitet und zur Aufklärung der Bevölkerung über die spezifische Problematik der Muslime in der Immigrationsgesellschaft informiert. Im Institut arbeiten deutsche und türkische Mitarbeiter zusammen. Das Institut nimmt also eine Vermittlungsrolle zwischen dem türkisch-sunnitischen Trägerverein der Moschee (»Islamischer Bund«), der Stadt und der übrigen Mannheimer Bevölkerung ein. Das Institut entwickelte das Konzept der »Offenen Moschee«: Es wurde ein kommunikationsorientierter Besucherdienst eingerichtet, der nicht nur die Führungen im Moscheeraum übernimmt, sondern darüber hinaus eine praktische Form der Dialogarbeit leistet. Man wollte von 780 Sabine Tenta: »Das Minarett wird zum Leuchtturm. ›Marxloher Modell‹: Über den interreligiösen Dialog in Duisburg« (Interview), WDR, 14. 12. 2007. Internetquelle: http:// www.wdr.de/themen/kultur/religion/islam/konflikte/islam_diskussion/dialog/interview.jh tml?rubrikenstyle=islam& rubrikenstyle=politik (Zugriff 27. 8. 2010). 781 Siehe zum Folgenden Albert (1998); Albert/ Kamran (1995); Beauftragter für ausländische Einwohner der Stadt Mannheim (1995).

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Beginn an die Chance der vielen Besucher der Moschee nutzen, um Aufklärung über den Islam und türkische Migranten zu leisten und der offenen Thematisierung von Problemen mit dem Islam und Ängsten vor dem Islam bewusst Raum geben. Der Besucherdienst wurde in Form eines Begegnungsseminars ausgebaut. Im Seminar erhielten die Teilnehmenden Informationen über die klassischen Elemente einer Moschee, dazu kam eine offene Diskussionsrunde rund um Fragen der muslimischen Präsenz in Europa. 1997 erhielt der Moscheeverein den bundesweit ausgeschriebenen Preis für Familie und Toleranz der Karl Kübel-Stiftung. - Penzberg: Auch die wegen ihrer innovativen Architektur international bekannt gewordene Moschee mit Minarett in Penzberg (Oberbayern), die im September 2005 eröffnet wurde, konnte ohne lokale Konflikte errichtet und in Betrieb genommen werden. Voraussetzungen dafür waren die intensive, aktive Öffentlichkeitsarbeit des Trägervereins und die enge Zusammenarbeit mit der Stadtgemeinde und den Kirchen. Man versuchte seitens der muslimischen Gemeinde bewusst, die Bevölkerung mit dem Bauprojekt nicht zu überrumpeln, sondern Schritt für Schritt vorzugehen. Die Gemeinde entschied sich für eine moderne Architektur : Die Moschee sollte in ihrer baulichen Gestalt ein Verständnis des Islam zum Ausdruck bringen, das die eigene Religiosität im deutschen bzw. europäischen Kontext selbstverständlich verankert. Dieses »Daheimsein« in Deutschland wurde auch durch die Wahl der beteiligten Firmen konkret umgesetzt: Statt die Materialien aus dem Ausland einzufliegen – wie es zum Beispiel im Fall der Innenausstattung der Vöslauer Moschee geschah – arbeitete man bewusst mit den lokalen Firmen in Penzberg zusammen, wodurch sich viele Kontakte mit der Bevölkerung ergaben. Von Vornherein war vorgesehen, dass die Seminarräume nicht nur dem Verein, sondern der Bevölkerung in Penzberg zur Verfügung stehen – die Räume werden nun sowohl von Penzberger Firmen wie von Vereinen bis zum Waldkindergarten genutzt. Der Bau war kein Projekt »von außen«, sondern ist in der Stadt integriert. Die wesentlichen Unterschiede zum Vöslauer Moscheeverein bestehen darin, dass der Penzberger Moscheeverein ein autonomer Verein und nicht Mitglied in einem Dachverband ist, und dass er aus jungen Leuten der zweiten Generation besteht, die diese innovative, zukunftsorientierte Ausrichtung des »Islamischen Forums« gegen viele Bedenken, auch ablehnende Haltungen seitens der älteren Mitglieder der Gemeinde durchsetzen konnten.782

Die Beispiele bestätigen die Bedeutung der Faktoren dialogische Kommunikation, Transparenz und die Gewinnung von unterstützenden lokalen Partner für eine gelingende Durchführung von Religionsbauten, wie Baumann unterstreicht: »Insofern kann Ansehen, insbesondere eine durch Offenheit, aktive Informationsarbeit und lokale Kontakte ›verdientes‹ gutes Ansehen, der Schlüssel für öffentliche Sichtbarkeit durch ein eigen konzipiertes Religionsgebäude mit selbst definierter Architektur sein. Ansehen und Sichtbarkeit, die 782 Gespräch mit Hr. Bayram Yerli (Vorsitzender des Islamischen Forums Penzberg) und Fr. Gönül Yerli (Vizedirektorin des Islamischen Forums Penzberg), 23. 2. 2012, Islamisches Forum Penzberg (im Rahmen einer Exkursion des Masterlehrgangs »Islam und Migrationen in Europa«, Donau-Universität Krems).

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jeweils das Gesehen werden durch andere beinhalten, bedingen sich gegenseitig (…)« (Baumann 2012, 375) Zugleich müssen aber Faktoren in Rechnung gestellt werden, die nicht in der Hand der Gemeinschaft liegen, die das religiöse Gebäude errichten will, im Fall muslimischer Projekte z. B. der Druck rechtsradikaler Parteien, der Druck durch ein verhärtetes fremden- und islamfeindliches gesellschaftliches Klima. Denn ansonsten bestünde im Fall muslimischer Bauprojekte die Gefahr, das »schlechte Ansehen« und die damit zusammenhängende Unterdrückung der Sichtbarkeit muslimischer Religionsbauten primär oder allein den muslimischen Organisationen selbst anzulasten.

4.10

Integrative Wirkung von Moscheebaukonflikten?

In der Forschung, die sich mit Moscheekonflikten beschäftigen, wird vereinzelt der Standpunkt vertreten, dass diese zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen können. Leggewie beispielsweise betrachtet es als spezifischen Beitrag der Soziologie, den Konflikt selbst als eine Form der Integration moderner Gesellschaften und als Motor des gesellschaftlichen Fortschritts aufzufassen: »Integration durch Konflikt – so lautet die schwierige Botschaft der Soziologie, für die interkulturelle Konflikte Normalität sind und interkulturelle Verhältnisse nicht erst mit der Einwanderung fremder Religionen beginnen. Jeder friedlich ausgetragene und glücklich ausgestandene Konflikt bringt die Gesellschaft weiter.« (Leggewie 2009, 123).

Die Psychologin Birgit Rommelspacher vertritt in einem Beitrag mit dem programmatischen Titel Konflikte als Chance. Der Moscheebau als Medium der Integration die Ansicht, dass die mit Moscheekonflikten verbundenen Verhandlungsprozesse eine produktive und integrative Funktion haben, indem man sich zum Beispiel kennenlernt, vertraut wird und sich gemeinsame Interessen herauskristallisieren können, »nämlich das Interesse durch gütliche Einigung miteinander friedlich zusammen zu leben« (Rommelspacher 2009, 64). Man könnte noch die Aspekte ergänzen, dass muslimische Funktionäre durch den konflikthaften Verlauf eines Bauprojekts dazu gezwungen werden, sich – vielleicht zum ersten Mal – der öffentlichen Diskussion zu stellen, mit Politik, Verwaltung und Medien umgehen zu lernen, Koalitionen vor Ort zu suchen, auf die nicht-muslimische Umgebung zuzugehen – eine Entwicklung, die beispielsweise im Fall des Konflikts um den Neubau eines islamischen Zentrums durch den Verein Havas in Wiener Neustadt (2011/12) sichtbar wird.783 Ob 783 Gespräch mit der Integrationsbeauftragten von Wiener Neustadt, DSA Maria Zwicklhuber MA, Caf¦ Ritter Wien, 3. 4. 2012.

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muslimische Funktionäre lediglich aus Opportunitätsgründen, so lange der Bau nicht fertig gestellt ist, oder nachhaltig mit ihrer nicht-muslimischen Umgebung in Kontakt und Kommunikation bleiben, müsste von Fall zu Fall untersucht werden. Auch die Soziologen Neckel und Sutterlüty unterstreichen, dass Konflikte – zum Beispiel rund um den Bau von Moscheen – eine Alternative darstellen zu sozialer und mentaler Isolation der sozialen Gruppen. »Werden Moscheen hingegen unter anhaltenden Konflikten gebaut, können die oft hart geführten Auseinandersetzungen letztlich bewirken, dass die Muslime von der Mehrheitsgesellschaft in ihren religiösen Besonderheiten anerkannt und als zugehörig betrachtet werden.« (Neckel/ Sutterlüty 2010, 231). Sie treffen aber die wichtige Differenzierung, dass es entscheidend ist, wie die sozialen Konflikte ausgetragen werden: »Klassifikationskämpfe bieten freilich keine Gewähr für soziale Integration, da sie die stigmatisierte Gruppe der sozialen Ausgrenzung anheim stellen können, wenn diese nicht über geeignete Gegenstrategien verfügen.« (ibid.) Die Untersuchung des Moscheebaukonflikts in Bad Vöslau sowie anderer Konflikte rund um Moscheebauten und ihre Folgen bestätigen diesen Vorbehalt. Ob diese Konflikte eine integrierende, innovative Wirkung haben oder die Ausschließung bestärkt oder sogar verstärkt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Wie haben sich staatliche Organe – z. B. der Bürgermeister und die zuständigen Beamten – und die lokalen Eliten und Medien im Konflikt verhalten? Wieviel Solidarität und Unterstützung gegen ausgrenzende, feindliche Positionen haben die muslimischen Bauwerber von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen erfahren? Im Fall des Moscheebaus in Bad Vöslau wäre es ein Gegenstand einer eigenen empirischen Untersuchung, inwiefern der Konflikt eine integrative Wirkung ausgeübt hat oder nicht.784 784 Gewisse integrative Wirkungen sind im Fall des Moscheebaukonflikts in Bludenz sichtbar. Seit der Moscheedebatte im Frühjahr 2008 haben sich verschiedene interne Entwicklungen im Verein ATI˙B ereignet. Der Verein hat mittlerweile mehr junge Mitarbeiter, die gut Deutsch sprechen. Im alten Vereinsgebäude wurden Umbauten vorgenommen, die den Frauen und den Jugendlichen bessere Räume verschafften. Die Frauen, die vorher in einem Raum im Keller beteten, erhielten einen neuen Gebetsraum im ersten Stock. Seit 2009 hat sich aus den Sprachförderungsprogrammen der Stadt das Projekt »Frauencaf¦« entwickelt: Frauen mit unterschiedlicher Herkunft treffen sich monatlich im Schlosshotel Bludenz und sprechen über Themen, die Frauen in Bludenz betreffen. Im Mai 2010 wurde die ATI˙BJugendgruppe Mitglied im Jugendbeirat der Stadt Bludenz. Damit ist Bludenz eine der ersten Städte in Vorarlberg, in denen ein muslimischer Verein auf diese Weise eingebunden ist. Aus der Sicht des Integrationsbeauftragten der Stadt, Oliver Mössinger, hat der intensive Austausch zwischen dem Moscheeverein und der Stadtverwaltung seit Herbst 2006, der durch das Moscheebauprojekt nötig war, zu diesen positiven Entwicklungen in Richtung von mehr Partizipation und Kontakt beigetragen. Damit bestätigt das Beispiel Bludenz ein Phänomen, das man auch von anderen Orten kennt: Der Schritt hin zur Errichtung neuer,

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4.11

Konfliktdiagnose: Konflikttheoretische Aspekte

Bei der Kartierung des Moscheebaukonflikts in Bad Vöslau stütze ich mich auf das Drei-Säulen-Modell des amerikanischen Konfliktforschers Dennis J.D. Sandole (Sandole 1998): (a) Säule 1: Konflikt (Parteien, Themen, Ziele, Mittel) (b) Säule 2: Konfliktursachen und -bedingungen (individuelle Ebene, gesellschaftliche Ebene, internationale Ebene, globale Ebene) (c) Säule 3: Konfliktintervention durch eine dritte Partei (a) Säule 1: Konflikt Parteien Wer sind die Konfliktparteien in diesem Fall? Die Frage erscheint einfacher, als sie tatsächlich ist. Innerhalb der Mediation standen sich zwei klar definierte Medianden gegenüber : die Vertreter der Stadtregierung Bad Vöslau und die Vertreter des Vereins ATI˙B Bad Vöslau. Der Mediand »Stadtregierung«, der sich aus Vertretern von vier verschiedenen politischen Parteien zusammensetzte, war in sich heterogen und vertrat keine einheitliche Position. Die Mehrheitsgruppe, angeführt vom Bürgermeister, repräsentierte die Stadtpolitik, zugleich die Gegner des Moscheebaus, die sich in der AEK organisiert hatten, indem deren zentrale Forderung nach Verzicht auf architektonische Merkmale der Moschee vertreten wurde. Der Mediand »Verein ATI˙B Bad Vöslau« war ebenfalls heterogen, indem die Gruppe einerseits aus dem Obmann des Vereins bestand, der er als Einziger eine offizielle Funktion seitens des Vereins bekleidete, andererseits aus Personen aus dem Umfeld des Vereins, die keine Vorstandsmitglieder sind. Auch bei ihnen existiert eine Kombination aus Selbst- und Fremdrepräsentation: Einerseits vertraten sie ihre subjektive Position zur Frage der Moscheearchitektur, die teilweise unterschiedlich war, andererseits reprärepräsentativer islamischer Zentren kann zu einer Öffnung gegenüber dem Umfeld führen und interne Reformen anstoßen, u. a. was die Rolle der Frauen und der Jugendlichen betrifft. Die Generation, die bereits hier aufgewachsen ist und die Landessprache beherrscht, nimmt im Verein schrittweise eine wichtigere Rolle ein, erhält gegenüber den Männern der ersten Generation eine Rückenstärkung – ein Prozess, der durch die Bauprojekte und die damit verbundenen Verhandlungen mit den Behörden, Kontakte mit Medien, Konflikte unterstützt wird. Es geht bei den Konflikten um Moscheebau nicht nur um das Sichtbarwerden im öffentlichen Raum in Form von erkennbaren Gebäuden, sondern auch um eine größere Sichtbarkeit der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen füreinander, die ein Bauprojekt mit sich bringt. Voraussetzung für eine solche Weiterentwicklung in Richtung einer besseren kommunalen Inklusion und Partizipation ist aber – wie das Beispiel Bludenz zeigt – ein Klima der Anerkennung der muslimischen Bevölkerungsgruppe seitens der Verantwortlichen in der Stadtpolitik und in den Behörden und die schrittweise Vertrauensbildung.

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sentierten sie offiziell den eigentlichen Träger des Bauprojekts, die Mitglieder und den Vorstand des Vereins, die erste Generation der türkisch-muslimischen (vereinzelt auch jugoslawische) Migranten in Bad Vöslau. Das äußerte sich während der Verhandlungen dadurch, dass sich die Verhandlungsgruppe in der Mediation immer wieder mit den Vereinsmitgliedern außerhalb der Mediation abstimmen und das Ergebnis der Mediation am Ende den Mitgliedern (und damit den Finanziers des Baus) vermitteln musste. Eine zusätzliche Ebene ist durch den Dachverband ATI˙B gegeben. Am Beginn des Mediationsverfahrens wurde auf Intention vor allem des Bürgermeisters in einer Sitzung der Mediationsgruppe in der ATI˙B-Zentrale in Wien klargelegt, dass der Verhandlungspartner für die Stadtregierung ausschließlich der lokale Verein ATI˙B sei. Beim hohen Stellenwert des Bauprojekts für den Dachverband, der auch der Eigentümer des Grundstücks und der Moschee ist, ist es jedoch plausibel anzunehmen, dass die Zentrale im Hintergrund am Prozess mitwirkte; so stellte der Dachverband zu Beginn einen Architekten für das Moscheebauprojekt zur Verfügung. Über den Projektleiter des Moscheebaus Ing. Selfet Yilmaz, der zu dieser Zeit Mitglied des Bezirksvorstands der ÖVP Baden wurde, ist eine direkte Verbindung zur Landes-ÖVP Niederösterreich gegeben, deren Rolle im Konflikt im Rahmen der Untersuchung allerdings nicht geklärt werden konnte. Zentrale Konfliktparteien waren in der Mediation nicht präsent, sondern wurden teilweise indirekt repräsentiert. Unterteilt man Konflikte in primäre Konflikte, in der sich Konfliktparteien direkt gegenüberstehen, und sekundäre, vermittelte Konflikten (cf. Mack/ Snyder 1957, 220; Sandole 1998, 4), dann handelt es sich hier um eine komplizierte Kombination von primärem und sekundärem Konflikt. Bezogen auf die Beziehungen zwischen den Parteien, die sich in der Mediation gegenüberstanden, handelt es sich um einen asymmetrischen Konflikt zwischen sehr unähnlichen Parteien: der Stadtregierung auf der einen Seite und dem muslimischen Verein ATI˙B Bad Vöslau, der durch den Obmann sowie durch junge Leute aus dem Umfeld des Vereins vertreten war. In der Mediation standen sich Vertreter der politischen und wirtschaftlichen Elite und der Mehrheit der Stadt sowie Vertreter einer ethnisch-religiösen Minderheit in der Stadt gegenüber. Während in einem symmetrischen Konflikt die unterschiedlichen Interessen der Parteien im Mittelpunkt stehen, wird der Gegensatz bei einem asymmetrischen Konflikt primär durch die Art der Parteien (wer sie sind) und die Art ihrer Beziehungen bestimmt (cf. Ramsbotham/ Woodhouse 2005, 9). Die Wurzel des Konflikts besteht im Grunde in dieser Struktur der Beziehungen (cf. Ramsbotham/ Woodhouse 2005, 21) – hier zwischen den Angehörigen der Nation, die als Gemeinschaft nach ethnischen, kulturellen und religiösen Kriterien gedacht wird, und jenen, die als nichtzugehörig betrachtet werden, den Anderen. Obwohl sie über die Staatsbürgerschaft zur politischen Gemeinschaft

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der Demokratie gehören, wird es als natürlich empfunden, ihnen nur in einer abgestuften Form Rechte zuzugestehen und ihre volle Teilhabe an der Öffentlichkeit und am öffentlichen Raum der Nation zu verhindern. Die »nationale Ordnung der Dinge« erscheint als natürliche Ordnung (cf. Malkki 1992, 37).785 Der Status der Mitglieder der AEK, die sich vor Ort erfolgreich gegen den sichtbaren Moscheebau engagierte, widerlegt in diesem Fall den Erklärungsansatz der Desintegrationstheorie, nach dem die Ablehnung des Islam und Fremdenfeindlichkeit besonders stark bei sozial benachteiligten Gruppen vertreten sei (cf. Heitmeyer/ Anhut 2000). Es sind nicht die »radikalen Verlierer«, aus denen sich die Gruppe zusammensetzt, vielmehr Vertreter der Mittelschicht – Selbständige, Akademiker, Rechtsanwälte, Personen mit ehemaligen Führungspositionen in Unternehmen, führende politische Funktionäre der FPÖ (darunter ein Gemeinderat) usw. Das stimmt mit dem Befund von Schmitt überein, dass die Träger des Protestes bei den von ihm untersuchten Moscheebaukonflikten überwiegend nicht aus dem Kreis der sozial Deklassierten kommen würden bzw. Desintegrationserfahrungen nur bei einem Teil der Protestgruppen in einzelnen Konflikten eine Rolle spielen würden (cf. Schmitt 2003, 351 f; Kapphan 2004, 249). Eine detaillierte Analyse der beteiligten Akteure widerlegt auch einen »Gruppismus« (cf. Brubaker 2002), der Moscheebaukonflikte entlang zweier intern homogener Gruppen, die jeweils reifiziert werden (»die Muslime«, »die Türken«, »die FPÖ«) und die sich konflikthaft gegenüberstehen, betrachtet:786 Weder die organisierten Gegner des Moscheebauprojekts – seien es die AEK oder die FPÖ – noch die muslimische Seite bilden eine einheitliche, homogene Gruppe, vielmehr sind sie in sich inhomogen und auch nicht völlig scharf abgrenzbar – etwa in Form unterschiedlicher Haltungen zur Moscheearchitektur durch Angehörige der ersten und zweiten Generation der Zuwanderer aus der Türkei rund um den Verein ATI˙B Vöslau, des ersten, türkischen (ATI˙B-) Architekten und des Moscheevereins-Vorstands. Befürwortung oder Ablehnung einer traditionellen türkischen Moscheearchitektur verlaufen nicht einfach entlang ethnischer Linien, sondern gestalten sich weit komplexer. In der regionalen FPÖ wiederum bestand Uneinigkeit über den strategischen Umgang mit dem Moscheebauprojekt: Vertreter einer radikalen Gangart (wie von FPÖFunktionär Daniel Jägerbauer auf Bezirksebene) und Vertreter der Strategie, in der Öffentlichkeit moderater aufzutreten, um eventuelle Wähler nicht abzustoßen (lokale FPÖ), gerieten in einen intensiven Konflikt miteinander.

785 Zitiert nach Hervik 2011, 31. 786 Vgl. die Kritik an einer vereinfachenden, dualistischen Darstellung von Befürwortern und Gegnern eines Moscheebauprojekts durch Maussen 2005, 28.

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Themen Wofür setzten sich die Konfliktparteien ein? Es ging bei den Verhandlungen primär um die äußere, architektonische Gestalt der Moschee, um die Frage ihrer Sichtbarkeit und Erkennbarkeit im öffentlichen Raum. Die Unterscheidung zwischen instrumentellen und Identitätsfragen, die man auf ethnopolitische Konfliktprozesse anwendet (cf. Pearson 2001, 278ff), kann auf diesen Konflikt angewandt werden: Es ging nicht einfach um Sachfragen (Zahl der Parkplätze, Bauvorschriften zur Höhe des Minaretts und der Kuppel etc.), sondern auf einer tiefer liegenden Ebene um Fragen der Identität: »Ethnopolitical conflicts are fought not just about resources or power, but about protecting group status, culture, and identity. Identity and belief are non-negotiable. On the other hand, the means by which they are protected can be and have been subject of creative compromises.« (Gurr 1994, 365).

Das gilt für beide Seiten:787 Vertreter der Mehrheitsgruppe folgten einem bestimmten Konzept von Integration, nach dem sich die türkisch-muslimische Minderheit dem dominanten nationalen Kontext baulich anzupassen hat und der symbolische Ausdruck türkisch-muslimischer Identität in der öffentlichen Sphäre verhindert wird. Die kulturelle Integrität der nationalen Öffentlichkeit wird gegen den Anspruch von Bürgern mit türkischer und muslimischer Zugehörigkeit, mit ihrer eigenständigen kulturellen und religiösen Identität an der Öffentlichkeit teilzuhaben, verteidigt. Zugleich muss die transnationale Ebene berücksichtigt werden: die Moscheebaupolitik des Diyanet und damit der türkischen Regierung im Kontext der türkischen Diaspora in Westeuropa, die ein Instrument türkisch-nationaler Identitätspolitik ist. Beide Seiten repräsentieren eine eigenzentrische, sich abschließende Form der Identität: Weder öffnet sich die Mehrheit der Stadtregierung für den gesellschaftlichen Wandel und die größere kulturelle und religiöse Pluralität, die aus der Zuwanderung der letzten 40 Jahren resultiert, noch kann sich der muslimische Verein für die neue Umgebung öffnen, indem architektonisch, von den verwendeten Baumaterialien her oder in der Innengestaltung ein Anschluss an den österreichischen Kontext versucht worden wäre. Beide Seiten beharren auf einer nationalen Identitätspolitik des Eigenen und Hergekommenen, die dem Wandel, dem Neuen und der Differenz keinen Raum geben will. Die Komplexität des Konflikts wird sichtbar, wenn man nicht nur den manifesten Konflikt, sondern auch die tieferliegenden Konfliktschichten berücksichtigt (s. Deutsch 1969). Man kann davon ausgehen, dass sich andere, latente, früher nicht direkt ausgetragene Konflikte zwischen den sozialen Gruppen mit 787 Auch Schmitt kommt zum Ergebnis, dass es sich bei den von ihm untersuchten Moscheebaukonflikten einerseits um Rangordnungskonflikte, andererseits um Identitätskonflikte – auf beiden Seiten – handle (cf. Schmitt 2003, 353).

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dem aktuellen Konflikt mischen, obwohl es um ganz andere Themen geht. Die Überlagerung von Konfliktschichten macht Moscheebaukonflikte noch schwieriger. In den Interviews mit Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung in Bad Vöslau wurden mehrmals lokale Gewaltprobleme mit Jugendlichen und Kindern mit türkischem Hintergrund zur Sprache gebracht – manchmal verbunden mit dem Hinweis, dass es schwierig sei, den Wahrheitsgehalt der betreffenden Gerüchte zu verifizieren. Auf dem Grundstück, auf dem die Moschee gebaut wurde, befand sich in den 1990er Jahren ein türkisches Lokal, der sogenannte »Club«, der nicht von Leuten aus der türkischen Community in Bad Vöslau selbst, sondern zunächst von einem Türken aus England, Yilmaz Nas, dann von einem Türken aus Rumänien geführt wurde. Der »Club« war wegen Kokainhandel und Raufereien berüchtigt; es wurden mehrere Polizeirazzien durchgeführt, der Besitzer flüchtete nach Rumänien.788 Auf der anderen Seite stehen Erfahrungen der Diskriminierung der Migranten aus der Türkei, zum Beispiel die jahrelange Vernachlässigung der Infrastruktur des Viertels durch die Stadtgemeinde, die die ÖVP-Opposition der Stadtregierung während der Zeit der Mediation zum Vorwurf machte. So könnte der manifeste Konflikt wegen des Moscheebaus zum Ventil werden für Misstrauen, Distanz, Ängste, Unsicherheiten, Ärger, Feindseligkeit und negative Stereotypen auf beiden Seiten, die sich über Jahre entwickelt und aufgestaut haben. Damit wäre der Moscheekonflikt in Bad Vöslau ein Beispiel für das Zusammenspiel »realistischer« und »nichtrealistischer« Konfliktebenen: Der »realistische« Konflikt über den Bau der Moschee und ihre architektonische Form hat auch eine »nichtrealistische« Komponente, nämlich die negativen Bilder, die mit dem »Türkenviertel« von Teilen der Bevölkerung verbunden werden (»schmutziges, gefährliches Ghetto«) und die Affekte und Emotionen aus älteren Konflikten, die nie öffentlich frei wurden und die nun auf den aktuellen Konflikt transferiert werden (cf. Sandole 1998, 7). In einigen Interviews wurde die positive Wirkung des Moscheestreits betont, indem einige Vöslauer nun zum ersten Mal in das Viertel beim Bahnhof gehen, um sich aus erster Hand ein eigenes Bild zu machen. Ziele Unterscheidet man zwischen den Zielen des Erhalts bzw. der Veränderung des Status quo (cf. Sandole 1998, 8), dann befanden sich die Ziele der beiden Konfliktparteien in einem diametralen Gegensatz: Die Mehrheit der Stadtregierung verfolgte das Ziel, den Status quo zu erhalten, nämlich den symbolischen Aus788 Mündliche Auskunft Aydin Akyüz (Obmann) und Cem Firat (Mitglied der Mediationsgruppe für den Verein ATIB), Interview 20. 1. 2011; telefonische Auskunft von Cem Firat, Bad Vöslau,, 15. 6. 2011.

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schluss der türkisch-muslimischen Bevölkerung aus der öffentlichen Sphäre, die Hegemonie der Mehrheit über die Öffentlichkeit. Dem lokalen Verein ATI˙B – und auch dem Dachverband ATI˙B – ging es darum, den Status quo zu ändern: Man wollte es schaffen, zum ersten Mal in Österreich mit einer neugebauten, traditionellen türkischen Moschee mit Minaretten ein selbstbewusstes Zeichen der Präsenz im öffentlichen Raum zu setzen. Mittel Anatol Rapoport unterscheidet zwischen Kämpfen, Spielen und Debatten als Mittel, um in Konflikten die eigenen Ziele zu erreichen (Rapoport 1960; cf. Sandole 1998, 8): Bei »Kämpfen« definiert man sich gegenseitig als Feind, den man schädigen, unterwerfen, vernichten oder vertreiben will (cf. Rapoport 1960, 9). Man wendet dafür Druck und Drohungen an. Bei »Spielen« definiert man sich gegenseitig als Gegner, den es zu überlisten und auf strategische Weise zu besiegen gilt. Das »Spiel« ist eine Form des Kampfes, bei der die vollständige Rationalität des Gegners vorausgesetzt wird (cf. Rapoport 1960, 10). In »Debatten« wollen die Opponenten einander weder schädigen noch überlisten, sondern mit Argumenten vom eigenen Standpunkt wirklich überzeugen: Man will, dass der Gegner die Dinge so sieht wie man selbst (cf. Rapoport 1960, 11). Wendet man diese Unterscheidung auf den Vöslauer Moscheekonflikt an, so scheint es um ein »Spiel« gegangen zu sein, bei dem Strategien und Taktiken eingesetzt werden. Weder wollte man sich gegenseitig als Feind vernichten noch vom eigenen Standpunkt wirklich überzeugen – vielmehr wollte der Bürgermeister mit der Mehrheit der Stadtregierung den Bau der geplanten Moschee verhindern. Die entscheidende Strategie dieses Ziel zu erreichen war, den Verein dazu zu bringen, das Baugenehmigungsverfahren – das auf eine positive Genehmigung des Moscheebaus hinausgelaufen wäre – freiwillig auszusetzen und in eine Mediation einzuwilligen. Die Schlüsselrollen in diesem »Spiel« nahmen der Bürgermeister und der Projektleiter Yilmaz ein. Yilmaz ist nicht Teil des Vorstands, sondern wurde vom Obmann ins Spiel gebracht bzw. zu Hilfe gerufen, als die öffentlichen Proteste gegen das Moscheeprojekt im November 2006 losbrachen. Er signalisierte dem Bürgermeister in inoffiziellen Gesprächen eine Kompromissmöglichkeit, was die Architektur der Moschee betraf, vermittelte den Eintritt des Vereins in die Mediation und wählte die Vertreter von ATI˙B Vöslau in der Mediationsgruppe aus. Der Bauherr ATI˙B tauschte die starke rechtliche Position, die eine Symmetrie zwischen Mehrheit und Minderheit bzw. eine Gleichbehandlung der Minderheit garantiert, gegen die Ebene von Verhandlungen unter real asymmetrischen Bedingungen. Die Spielstrategie des Bürgermeisters ging auf: Man erzielte eine radikale Änderung des Baus im gewünschten Sinn, ohne dafür Zugeständnisse (z. B. finanzielle Förderung des Bauprojekts) machen zu müssen.

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(b) Säule 2: Konfliktursachen und -bedingungen Eine wesentliche Rahmenbedingung für den lokalen Konflikt in Bad Vöslau spielt das negative Bild des Islam in der westlichen Öffentlichkeit seit den 1990er Jahren. Die Untersuchung des Moscheebaukonflikts in Bad Vöslau illustriert, wie sich der Kontext globaler Konflikte in der Mikrologik eines lokalen Konflikts widerspiegelt. Ein wichtiges Ergebnis der Untersuchung ist der Nachweis, dass religiöse Faktoren innerhalb der Konfliktdynamik eine Rolle gespielt haben. Welche Rolle spielen sie für den Konfliktprozess? Rittberger und Hasenclever (2000) unterscheiden drei grundlegende Positionen, in welcher Weise in der sozialwissenschaftlichen Diskussion der Zusammenhang zwischen Konflikt und Religion bestimmt wird: - Primordialistische Position: Religionen sind an sich – unabhängig vom sozialen, ökonomischen und politischen Kontext – konfliktstiftend (u. a. Samuel Huntington, Gilles Kepel, Bassam Tibi). Religion wird als eigenständiger Faktor in Konflikten aufgefasst. - Instrumentalistische Position: Konflikte zwischen menschlichen Kollektiven haben primär politische und wirtschaftliche Ursachen. Religion ist kein genuiner Faktor der Auseinandersetzungen, sondern wird darin instrumentalisiert (u. a. Georg Elwert, Thomas Meyer, Dieter Senghaas). - Konstruktivistische Position: Soziale Konflikte sind aus der Sicht der Akteure immer in intersubjektive Strukturen, u. a. Religion, eingebettet. Religion bildet in den seltensten Fällen eine genuine Ursache von Konflikten. Sie ist aber sehr wohl ein Faktor, der den Verlauf der Auseinandersetzungen prägt und z. B. die Wahl von Strategien der Beteiligten beeinflusst (u. a. Scott Appleby, Ted Hopf, Jack Snyder). Angewendet auf den Konflikt in Bad Vöslau zeigt sich, dass religiöse Unterschiede nicht die eigentlichen, genuinen Ursachen des Konflikts darstellen. Die ersten Gegner des Moscheebaus, die sich öffentlich zu Wort meldeten, argumentierten nicht auf einer religiösen Ebene, verwendeten keine explizite religiöse Sprache und hatten für ihre Gegnerschaft keine dezidiert religiöse Motivation, wie z. B. im Fall von Lutz Nowotny – es geht um die ethnisch-kulturell Fremden und die Angehörigen einer unteren sozialen Schicht, die das Image des Kurortes stören. Dem Bürgermeister missfiel die »orientalische« Architektur des geplanten Moscheebaus und er befürchtete politische Nachteile aus dem Bauprojekt für die »Liste Flammer«. Spezifische religiöse Faktoren – die religiös motivierte Opposition gegenüber dem Islam durch die evangelikale Gruppierung oder das Fehlen einer Vermittlungsfunktion durch die etablierten christlichen Kirchen am Ort – beeinflussten jedoch den Konfliktverlauf stark. Die von der AEK, in der sich religiöse und nichtreligiöse islamfeindliche Motivationen

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mit parteipolitischen Interessen mischen, gestartete Unterschriftenaktion versetzte die Lokalpolitik zusätzlich unter Druck, und die Stadtregierung konnte mit Verweis auf die »Bürgerinitiative« bzw. auf »die Bevölkerung« Druck auf den Verein ATI˙B ausüben, das geplante Moscheebauprojekt abzuändern. Der Faktor der religiösen Unbedingtheit der evangelikalen Gruppe wirkte letztlich konflikteskalierend. Die Analyse lässt das Fazit zu, dass eine instrumentalistische und konstruktivistische Interpretation der Rolle religiöser Faktoren in sozialen Konflikten keine scharf abgrenzbaren Alternativen bilden, sondern ineinander greifen können. Im vorliegenden Konflikt wird die religiös-fundamentalistisch motivierte Aktion evangelikal-charismatischer Christen gegen den Moscheebau von mehreren Seiten politisch instrumentalisiert; die genuin religiösen Faktoren bleiben zwar im Hintergrund und werden nicht in der Öffentlichkeit kommuniziert, sie beeinflussen aber den Konfliktverlauf. (c) Säule 3: Konfliktintervention Bürgermeister Prinz wählte eine spezielle Maßnahme, nämlich eine Mediation. Der Moscheekonflikt betrifft grundlegende Bedürfnisse wie Identität, Anerkennung, Sicherheit und grundlegende soziale Phänomene wie Macht und gesellschaftliche Hierarchie. Das macht diese Art von Konflikten schwieriger, und sie sind schwieriger zu lösen als reine Interessens- und Sachkonflikte. Die Konfliktmediation darf sich deswegen nicht nur auf die Sachebene (z. B. Parkplätze, Lärmbelästigung, Bauordnung) beschränken, sondern müsste diese zugrunde liegenden Identitätsfragen direkt ansprechen. Es ginge darum, sich in Verhandlungen um ein gegenseitiges Verständnis für die Sorge jeder Seite um ihren Status, ihre Legitimität und ihre kulturellen und politischen Rechte zu bemühen (cf. Pearson 2001, 278). Mit Konfliktmanagement, im Sinne einer kurzfristigen Einhegung des Konflikts, in Form einer Mediation wurde der aktuelle Streit beruhigt und konnte eine eventuelle Eskalation verhindert werden. Es kommt aber zu keiner Konflikttransformation, bei der die tieferliegenden Quellen des Konflikts berührt werden (cf. Ramsbotham/ Woodhouse/ Miall 2005, 29), es zu einem echten, nachhaltigen Dialog kommt (Saunders 1999) und die Beziehungen zwischen den ethnisch-religiösen Gruppen am Ort – eventuell mit Hilfe einer dritten neutralen Partei – langfristig verändert werden. Edward Azar, einer der Pioniere der Konfliktforschung im 20. Jahrhundert, betont: Die Verweigerung von elementaren menschlichen Bedürfnissen – wie das Bedürfnis nach Anerkennung der eigenen religiösen und kulturellen Identität und der gleichen Rechte einer Minderheit – stehe letztlich hinter anhaltenden, langwierigen sozialen Konflikten, »protracted social conflict« (PSC, s. Azar 1990). Bei einer nur ober-

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flächlichen Konfliktlösung ist zu befürchten, dass sich die ungelösten tieferliegenden, strukturellen Konflikte in den Beziehungen zwischen den sozialen Gruppen – den Etablierten und den Außenseitern – neue und möglicherweise gewaltvolle Ventile suchen werden.

5.

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Aus einer pragmatischen politisch-strategischen Sicht war die Strategie der Stadtregierung, mit Hilfe der Mediation die Sichtbarkeit der Moschee stark einzuschränken, sicherlich gelungen. Den Gegnern innerhalb der Bevölkerung konnte durch den baulichen Kompromiss der Wind aus den Segeln genommen werden. Im Kontext einer gespannten politischen Situation wählte man den Weg eines Kompromisses. Eine mögliche Eskalation des Konflikts wurde verhindert, die aufgebrochenen ethnisch-religiösen Spannungen wurden wieder eingehegt. Vielfach wird das Bauprojekt deshalb als Modell für einen konstruktiven Umgang mit Moscheebaukonflikten betrachtet, und es entwickelt sich das Bild eines positiv beendeten Moscheestreits. Dafür existieren viele Beispiele: - Das Schweizer Fernsehen berichtet über die Eröffnung der neuen Moschee in Bad Vöslau: »Die Moschee von Bad Vöslau könnte ein Beispiel sein für die Verständigung zwischen Muslimen und Einheimischen.«789 - Die Mediatorin Brigitte Gans spricht in einem Fachartikel vom »Erfolgsbeispiel Bad Vöslau«: Der Fall zeige, »dass Mediation auch bei Moscheebaukonflikten hervorragend funktioniert.« Das Ergebnis beschreibt sie so: »In intensiven Gesprächen wurden Ängste auf beiden Seiten abgebaut und eine neue Richtung der Zusammenarbeit eingeschlagen« (Gans 2010, 39). - Die Landtagsabgeordnete der Grünen DI Sabine Gretner sagt in ihrem Beitrag bei der Sondersitzung des Wiener Landtags am 21. 9. 2010 über Bad Vöslau, »…wo man nach einem langen Prozess auch etwas anderes geschafft hat, nämlich nicht nur diese Bauform irgendwie so abzustimmen, dass es für alle verträglich scheint, sondern auch die Leute zusammenzubringen.«790 Eine Beurteilung hängt vom jeweiligen Maßstab und vom Analyserahmen ab. Gemessen an anderen Gemeinden, in denen allein das Ansinnen von Muslimen, einen Gebetsraum oder eine Moschee einzurichten, vom Bürgermeister von 789 Schweizer Fernsehen (SF), Tagesschau, 24. 10. 2009. Internetquelle: http://www.videopor tal.sf.tv/video?id=97a804f3 – 1cff-4b44-a300-ae56c3b20e1c (Zugriff 24. 8. 2010). 790 Wiener Landtag, 34. Sitzung vom 21. September 2010, Wörtliches Protokoll, 10. Internetquelle: www.wien.gv.at/mdb/ltg/2010/ltg-034-w-2010 – 09 – 21.doc (Zugriff 19. 4. 2012).

Schluss: Unterschiedliche Bewertungen des Moscheebauprojekts

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Vornherein abgeschmettert wird und es zu gar keiner Einreichung kommt,791 ist das politische Vorgehen im Fall von Bad Vöslau modellhaft. Von daher spricht die Journalistin Irene Brickner zu Recht von einem »Erfolg gegen die ›Moschee ade‹-Fraktion«.792

Abbildung 47: neue Moschee ATI˙B Bad Vöslau, Nordansicht, Castelligasse (Juni 2010)

Aus einer ethischen, normativen, an den verfassungsrechtlichen, universalistischen Prinzipien der Gleichheit, der Religionsfreiheit und des Diskriminierungsverbots orientierten Sicht kann der gesamte Prozess allerdings nicht als Modell betrachtet werden. Religionsfreiheit beinhaltet nicht nur das Recht auf die private Glaubensausübung, sondern auch das Recht, die Religion öffentlich auszuüben, nicht zuletzt in Form von Sakral- bzw. Kultbauten im öffentlichen Raum, wie zum Beispiel Moscheen mit Minaretten. Die religiöse Freiheit beinhaltet auch das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln. Kurz gesagt: Sofern die Bauvorschriften erfüllt sind, haben die Muslime so wie Angehörige anderer Religionsgemeinschaften das Recht, ihre Gebäude so zu bauen, wie sie wollen. So sehr man eine in Europa 791 Berichte über die Verhinderung von Moscheebauten durch öffentliche Behörden existieren auch für Frankreich sowie für Deutschland, die Niederlanden und Belgien (Literaturhinweise bei Maussen 2005, 27). 792 Irene Brickner : »Erfolg gegen die ›Moschee ade«-Fraktion«: Der Standard, Blog, 4. 11. 2009. Internetquelle: http://derstandard.at/1256743955589/Brickners-Blog-Erfolg-gegen-dieMoschee-ade-Fraktion (Zugriff 27. 8. 2010).

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»integrierte Moschee« – eine moderne, kontextbezogene architektonische und inhaltliche Gestaltung, die die Verbindung zur gebauten Umgebung herstellt – befürworten mag, so wenig ist es mit dem Prinzip der religiösen und menschlichen Freiheit vereinbar, sie seitens der Mehrheit der Minderheit aufzuzwingen oder mit mehr oder weniger sanftem Druck überzustülpen. So sehr man begründen kann, dass Minarette heute nicht unbedingt notwendig für einen Moscheebau sind, so kritisch man dem architektonischen Traditionalismus der herkunfts-zentrierten Moscheen der ersten Generation gegenüberstehen mag,793 so ungeeignet der konkrete Ort für eine große klassische Moschee aus architektonischer Sicht gewesen wäre (weil ein weiter Platz vor ihr fehlt), so sehr man dem türkischen Nationalismus und einer türkisch-nationalen Identitätspolitik in der Diaspora kritisch gegenüberstehen mag, die die ausgewanderten Bürger an die eigene Nation bindet, usw. – sowenig darf man jedoch den Bürgern muslimischer Konfession im modernen Verfassungsstaat und in der liberalen, säkularen Demokratie das Recht absprechen, über das Aussehen ihrer Gebäude selbst zu entscheiden. Es ist Teil ihrer durch völkerrechtliche Verträge und die Verfassung der Republik geschützten Religionsausübungsfreiheit, über die architektonische Gestalt ihrer Bauten frei zu bestimmen – genauso wie katholische, protestantische oder orthodoxe christliche Gemeinden heute frei entscheiden, ob sie eine neue Kirche mit oder ohne Turm, in einer neutralen, eher traditionellen oder zeitgenössischen Architektur wollen. Dem säkularen Staat und seinen Organen steht es aufgrund der Religionsneutralität, zu der er verpflichtet ist, nicht zu, selbst über die äußere Gestalt der Sakralbauten der Religionen zu entscheiden. Die eigene Entscheidung der muslimischen Gemeinschaft in Bad Vöslau wurde jedoch von den Vertretern der Stadt nicht respektiert, obwohl mit dieser Entscheidung und ihrer Umsetzung kein Schaden für andere verbunden gewesen wäre. Es ist Teil einer Exzeptionalisierung des Islam seit 9/11, wenn man den Bau einer christlich-orthodoxen Kirche im traditionellen Stil in Österreich durch eine zugewanderte religiöse Gemeinschaft – wie z. B. in Saalfelden oder in Wien – als exotische Bereicherung darstellt, auf den Bau einer sichtbaren traditionellen Moschee im gleichen Diasporakontext aber mit einer assimilativen Integrationspolitik reagiert, weil »Moschee« mit einem vagen Feindbild »Islam« assoziiert wird. Der Journalist Hans Rauscher schreibt im Zusammenhang mit dem Wunsch des damaligen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, dass es in jeder Landeshauptstadt eine nach außen erkennbare Moschee mit Kuppel und Minarett geben soll: »Ob ihre Gotteshäuser 793 Zur Kritik an der traditionalistischen Moscheearchitektur aus architektonischer Sicht als Ausdruck von »Selbstorientalismus«, inauthentischer Imitation und Nostalgie für das Herkunftsland: Avcioglu 2007; Welzbacher 2008; ErkoÅu/ Bucˇdacı 2009.

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im Stil des 16. Jahrhunderts gebaut sein müssen, darüber wird man mit ihnen [den Muslimen] diskutieren.«794 Öffentliche Diskussion ist Teil der Demokratie. Im Fall der Vöslauer Mediation trat an die Stelle der freien, öffentlichen Diskussion jedoch letztlich die Anwendung von symbolischer Gewalt auf die »sanfte Tour« (cf. Bourdieu 1973, 25). Bourdieu charakterisiert die symbolische Gewalt als subtilste Form, wie sich Macht bestätigt und vollzieht, gerade weil sie unsichtbar bleibt und nicht wahrgenommen wird (cf. Bourdieu 1991, 27). Mit der »sanften Tour« – die auch an anderen Orten in Österreich im Zusammenhang mit Moscheebauprojekten angewendet wird – wird eine Grenze überschritten, die von der Religionsfreiheit, vom Diskriminierungsverbot und allgemein vom Respekt vor der menschlichen Würde, Gleichheit und Freiheit gezogen wird. Das Recht auf Religionsfreiheit, das von der Verfassung der modernen liberalen Demokratie garantiert wird, unterscheidet sich wesentlich von einem Toleranzprinzip, bei dem der Staat und die Mehrheit festlegen, wie sichtbar ein religiöses Gebäude einer Minderheit im öffentlichen Raum sein darf. Die Stadtregierung kann zwar darauf verweisen, dass die Vertreter des Vereins ATI˙B einer Mediation ja zugestimmt und die abschließende Mediationsvereinbarung, in der die veränderte Gestalt der Moschee festgelegt wurde, unterzeichnet haben; es handle sich um einen gemeinsam vereinbarten Kompromiss. Die Rekonstruktion des gesamten Verlaufs lässt jedoch meines Erachtens den Schluss zu, dass der Umgang der Mehrheit der Stadtregierung mit dem Bauprojekt zwar von einer Haltung der Toleranz, nicht aber von einer Haltung der Anerkennung von Rechten und der gebotenen Religionsneutralität staatlicher Instanzen im säkularen Staat geprägt war. Das wird durch ein Element der Meditationsvereinbarung unterstrichen, das auf Vorschlag des ÖVP-Vertreters in der Mediation in die Vereinbarung reklamiert wurde: dass drei Vertreter des Gemeinderats an den Vorstandswahlen von ATI˙B teilnehmen können. Sie besitzen ein Einspruchsrecht, »wenn Mitglieder in den Vorstand gewählt werden, die nicht mindestens 5 Jahre Mitglied bei ATI˙B-Bad Vöslau sind oder keinen Bezug zu Bad Vöslau haben.«795 Es handelt sich um einen Passus, der einen Eingriff in die Autonomie der Religionsgemeinschaft darstellt, die ebenfalls in den Schutzbereich der Religionsfreiheit fällt. Eine Beurteilung hängt davon ab, ob man sich im modernen demokratischen Verfassungsstaat und innerhalb der internationalen Menschenrechtskultur des 21. Jahrhunderts mit der Einschränkung von Rechten von Bürgern einer bestimmten kulturellen, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit und mit der 794 Hans Rauscher : ›Wenn Muslime »von außen« erkennbar sein wollen‹: Der Standard, 25. 8. 2010, 35. 795 Website Stadtgemeinde Bad Vöslau: »Türkisches Kulturzentrum. Modernes, zeitgemäßes Gebäude ohne klassische Minarette«, Internetquelle: http://www.badvoeslau.at/archiv/ tuerkisches-kulturzentrum.html (Zugriff 6. 10. 2008).

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Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau (2006 – 2007)

Errichtung von »Toleranz-Moscheen«, die von außen nicht sichtbar sein dürfen, zufrieden geben kann. Sie erinnern an die Religionsbauten nach den Toleranzpatenten von 1781 für die Protestanten und Griechisch-Orthodoxen und 1782 für die Juden, deren Bauten im öffentlichen Raum nicht frei in Erscheinung treten durften. So wie die am Ende des 19. Jahrhunderts und am Anfang des 20. Jahrhunderts neu gebauten Synagogen in Österreich die gesellschaftliche Situation der Juden widerspiegeln,796 so spiegeln heute die neu gebauten Moscheen und Minarette präzis den Status der ehemaligen Zuwanderer wider. Die ehemaligen türkischen »Gastarbeiter« sind zu Bewohnern und mehrheitlich zu Staatsbürgern geworden – sie werden aber nach wie vor als Fremde und Nichtzugehörige bzw. als Bürger zweiter Klasse betrachtet, denen nur ein Teil der Rechte zugestanden wird. In der Ästhetik und Materialität der Vöslauer Moschee – in der geduckten, gestauchten, gedrückten, versteckten Architektur, in ihrer zurückgedrängten Sichtbarkeit – objektiviert sich der Platz der ehemaligen Migranten im sozialen Raum, deren Religionsgemeinschaft mit den christlichen Kirchen gleichgestellt ist, denen aber die soziale Anerkennung und Achtung als gleichwertige und gleichberechtigte Bürger und Bürgerinnen verweigert wird.

796 Siehe dazu Kapitel VII, 4.3, S. 478 ff.

VII. Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter: Elemente einer Theorie der Moscheebaukonflikte

Einleitung Nach den mikroanalytischen Untersuchungen zum historischen Verlauf des Aufbaus islamischer Zentren in Österreich und zu einzelnen, damit verbundenen Konflikten in den vorangegangenen Kapiteln soll in diesem letzten Teil gewissermaßen das Fernglas umgedreht werden, indem diese Konfliktlandschaft in einer Analyse auf der Makroebene untersucht wird. Die analytischen Perspektiven zum Fallbeispiel Bad Vöslau werden in diesem Kapitel vertieft und erweitert. Ich stelle Elemente einer Theorie der Moscheebaukonflikte vor – keine vollständig ausgearbeitete Theorie, die einen höheren Abstraktionsgrad aufweisen müsste. Die Auswahl und Entwicklung dieser theoretischen Elemente geht aus der empirischen Erforschung der Moscheebaukonflikte hervor, indem ihre analytische Kraft am empirischen Material, an den konkreten Vorgängen, an der sozialen Praxis überprüft und gemessen wird. Die gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen rund um die Institutionalisierung des Islam in Europa erfolgen im Kontext epochaler, rapider Umbrüche und Transformationen, die mit dem Stichwort »Globalisierung«, der Entstehung einer Weltgesellschaft, gekennzeichnet werden können. Im globalen Zeitalter können lokale Prozesse nur in ihrer Verschränkung mit globalen Prozessen verstanden werden. Die zunehmende wechselseitige Durchdringung des Globalen und des Nationalen bzw. Lokalen erfordert eine Erweiterung des Analyserahmens der Religionswissenschaft und der Kultur- und Sozialwissenschaften generell, die der Realität der Globalisierungsdynamik entspricht – hin zu einer transnationalen Analyse: »Transnational analysis … is a response to the fact that the nation as container category is inadequate given the proliferation of transboundary dynamics and formations« (Sassen 2003, 15). Zugleich mit Prozessen der Globalisierung im Sinn einer Entnationalisierung in bestimmten Bereichen bleibt der Nationalstaat ein zentraler institutioneller Faktor, und die Idee des Nationalen erfährt inmitten der turbulenten Globalisierungsdynamik heute vielfach eine Verstärkung. Diese komplexen gegenläufigen Entwicklungen

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Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter

und Konstellationen sind Teil des »Paradox des Nationalen« (Sassen 2008), das auch bei der konflikt- und krisenhaft verlaufenden Institutionalisierung des Islam in Europa sichtbar wird. Lokale Moscheebaukonflikte stehen von daher im Spannungsfeld sowohl globaler, europäischer als auch nationaler Faktoren, die tief ineinander verwoben und miteinander verschränkt sind. Da ›Religion‹ immer in gesellschaftliche, ökonomische, soziale, kulturelle, historische und politische Prozesse eingebettet ist, werden die spezifisch religiösen Aspekte des Themas hier nicht isoliert betrachtet. Vielmehr müssen die untersuchten Konflikte als Kreuzungspunkt verschiedener Dimensionen und Prozesse betrachtet werden. Die multidimensionale soziale Wirklichkeit, an der die untersuchten Konflikte teilhaben, bedarf eines mehrfachen theoretischen Zugangs und eines Überspringens der Fachgrenzen. Dieser Abschnitt hat folgenden Aufbau: - Im ersten Teil soll versucht werden, Aspekte der Globalisierungsdynamik zu identifizieren und auszuwählen, die für ein Verständnis der sich rasch verändernden lokalen und globalen Religionslandschaften und der Konflikte rund um die Errichtung islamischer Bauten in Europa relevant sind. Lokale Konflikte rund um den Islam sind Teil einer Landschaft geopolitischer Auseinandersetzungen und globaler Konflikte und Kriege, in denen es zu einer verstärkten Politisierung religiöser und kultureller Identitäten kommt. - Im zweiten Abschnitt werden die europäische Dimensionen der Veränderung der religiösen Landschaft, einschließlich der Institutionalisierung des Islam als zweitgrößter Religion in Europa, ihre Konsequenzen für die kulturelle und politische Identität Europas und ethno-nationale Reaktionen darauf behandelt. - Im dritten Teil werden nationalstaatliche Faktoren, die in Bezug auf die österreichischen Moscheebaukonflikte relevant sind, behandelt: die Politisierung von Ethnizität, die nationale Politik des religiösen Raums, die Dynamik ethnisch-religiöser Grenzziehungen im Nationalstaat und interethnischer Beziehungen. - Im vierten Teil wird das Thema des Moscheebaus in Europa aus der Sicht des neuen Raumdenkens der Sozialwissenschaften und aus der Sicht der Soziologie Bourdieus betrachtet, die das Verhältnis von Raum und Macht reflektiert. Es werden unterschiedliche, sich konflikthaft gegenüberstehende Raumvorstellungen erörtert, in deren Rahmen Bauten einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft wahrgenommen werden. Ich verknüpfe in diesem Kapitel im Wesentlichen sechs theoretische Elemente bzw. Perspektiven, die jeweils mit verschiedenen Fachdisziplinen verbunden sind:

Globale Aspekte lokaler Moscheebaukonflikte

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1) die Perspektive von Forschungen zur Globalisierung und des Transnationalismus 2) eine religionssoziologische Perspektive auf Veränderungen der religiösen Landschaft in Europa 3) die Perspektive der Ethnizitätsforschung und der ethnischen Grenzziehung im Bereich der Kulturanthropologie und Soziologie (Andreas Wimmer) 4) die Perspektive auf nationale Politik des religiösen Raums seitens der Geographie bzw. Religionsgeographie 5) die Perspektive der zeitgenössischen sozialpsychologischen Stereotypenforschung 6) die Perspektive auf Raumvorstellungen und auf Zusammenhänge zwischen Raum und Macht seitens der kritischen Geographie (Doreen Massey) und einer Philosophie der Praxis (Pierre Bourdieu). Mit diesem breiten Zugang, der mehrere theoretische Perspektiven verbindet, vertrete ich in einer systematischen Hinsicht die Position: Der Analyserahmen der Religionswissenschaft für ein adäquates, differenziertes Verständnis zeitgenössischer lokaler Konflikte um muslimische Religionsbauten in Europa – die im Kontext globaler Konfliktfelder stehen – muss nicht nur um globale, transnationale Perspektiven erweitert werden, sondern auch den weiterhin starken institutionellen Rahmen des Nationalstaats und die Dynamik der Grenzziehungen in der nationalstaatlich verfassten Gesellschaft berücksichtigen. Die religionswissenschaftliche Analyse muss theoretische Kategorien anderer kultur- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen aufnehmen – u. a. die Kategorie der »Ethnizität« sowie raumwissenschaftliche Ansätze -, um das Verstehen der Konflikte in den globalisierten Gesellschaften zu vertiefen und eine reduktive Sichtweise zu vermeiden.

1.

Globale Aspekte lokaler Moscheebaukonflikte

1.1

Die Dynamik globaler Konflikte und der islamfeindliche Mythos

Seit den 1980er Jahren haben sich die politischen und militärischen Spannungen, Krisen und Konflikte im Nahen Osten vertieft. Im Kontext der Geopolitik der USA im arabischen Raum kommt es ab 1993 zu mehreren Terroranschlägen gegen US-Einrichtungen weltweit, die von den transnationalen Netzwerken der Al-Kaida ausgeführt werden – von den Bombenanschlägen gegen das World Trade Center 1993 bis zu den Anschlägen von 9/11 – und die mit dem weltweiten »Krieg gegen den Terror« der USA und ihrer westlichen Verbündeten beantwortet werden. Diese kriegerischen Auseinandersetzungen repräsentieren einen

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zentralen Aspekt eines »Wandels des Krieges« von den klassischen zwischenstaatlichen Kriegen hin zu asymmetrischen Kampfhandlungen zwischen Staaten und transnational agierenden, nichtterritorialen Politikakteuren wie der AlKaida (cf. Münkler 2006; 2008). Diese Auseinandersetzungen werden ab 1993 in das Modell eines »clash of civilizations« eingeordnet, das Huntington als Paradigma globaler Beziehungen entwickelt und das von der entscheidenden religiösen Konfliktlinie zwischen westlichem Christentum einerseits sowie Islam und Orthodoxie andererseits ausgeht (cf. Huntington 1996, 28). Es stellt einen machtvollen ideologisch-politischen Interpretationsrahmen zur Verfügung, in den die Terrorakte aus der Sicht der US-Außenpolitik, von US-Kommentatoren und Intellektuellen eingeordnet werden können. Das Modell vertritt die These einer – aufgrund der »muslimischen Wut« unausweichlichen – kulturellen Konfrontation zwischen dem da¯r al-Isla¯m (»Haus des Islam«) und dem Westen als da¯r al-Harb (»Haus ˙ des Krieges«) (Lewis 1990).797 Der politisch-militärische Konflikt wird mit diesem Modell ent-säkularisiert, essentialisierte religiöse Faktoren werden in den Vordergrund geschoben. Verstärkt wird diese Sichtweise eines »Kampfs der Kulturen« durch die Al-Kaida: Das Terrornetzwerk benutzt die vorhandenen Konflikte in verschiedenen Ländern und »deutet sie zum globalen Djihad gegen den Westen um« (Roy 2007, 163). Die westliche These eines Kampfs »des Islam«, einer geeinten islamischen Welt gegen den Westen mit der Al-Kaida als terroristische Vorhut geht im Grund in die Falle der Propaganda der Al-Kaida. Kriege und militärische Konflikte sind immer von der Produktion von Feindbildern und dem Einsatz von Polemik, Propaganda und Irreführung der Öffentlichkeit auf beiden Seiten begleitet (s. Beham 1996; Körtum 2006). Wichtig ist ein Aspekt der globalen Kultur und der globalen Medien, nämlich die Dominanz des Westens in den Prozessen der kulturellen Globalisierung. Der überwiegende Teil der Nachrichten, Informationen, Werbung, Sendungen, Programme, Übertragungen, Serien fließt immer noch vom Westen in Richtung anderer Erdteile (cf. Waters 2008, 203). Die westliche Dominanz über das globale Mediensystem hat für die Berichterstattung zu den Konflikten zwischen dem »Westen« und dem »Islam« enorme Auswirkungen. Im Kontext der globalen Kriege der USA sowie im Zuge des djihadistischen Terrors sind auf allen Medienebenen – von den Weltnachrichten, Fernsehprogrammen, Zeitungen bis zu Websites, Weblogs und Social Media – Phänomene der Propaganda, der Polemik und stereotypen Wahrnehmungen zu beobachten. In westlichen Medien werden 797 Der muslimische Reformdenker Mohammed Arkoun bezeichnet die Thesen Huntingtons als paradigmatisches Beispiel für »das zeitgenössische intellektuelle Hegemonialdenken« (Arkoun 1996, 350). Zur Kritik an den Thesen von Huntington s. Mayer 1994; Müller 1998; Senghaas 1998; Matlock 1999; Norris/ Inglehart 2002; Said 2003; Mottahedeh 2003; Bulliet 2004; Todorov 2010.

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Muslime in den letzten Jahren überwiegend als Bedrohung im Zusammenhang mit Terrorismus und als Problem im Zusammenhang mit kulturellen Unterschieden repräsentiert. Es wird ein dominierendes öffentliches Bild geschaffen, das Islam und Muslime primär mit Gewalt, Fanatismus und Militanz konnotiert.798 Propaganda ist immer Teil von Kriegen – im Zeitalter der globalen Medien, des Internets erfährt sie eine ungeheure Wucht und globale Verstärkung, erhöht sich die Rapidität der Verbreitung. So kommt es in diesem Fall u. a. in der westlichen Öffentlichkeit zu einer Identifizierung des Islam und der Ideologie und Praxis bestimmter radikaler Splittergruppen, die sich bei ihrem Kampf gegen den politischen Feind USImperialismus auf eine bestimmte radikale Interpretation des Islam beziehen. Der Terror der Al-Kaida wird vom »Wesen des Islam« her erklärt, wobei bis auf den Koran und die islamische Frühzeit zurückgegriffen wird. Roy bezeichnet diesen Zugang als »vertikalen Ansatz«, bei dem unterschiedliche Formen von Gewalt – von Ehrenmorden, Kriminalität bis Terrorismus – verbunden und mit »Islam« erklärt werden (cf. Roy 2008, 1). Es handelt sich um einen polemischen Topos, der eine ideologisch geleitete, irreführende Wahrnehmung nahelegt, die (1) alle politischen Vorgänge in den islamisch geprägten Ländern primär vom Islam her und (2) den Terror der AlKaida von einer Entwicklungsgeschichte der Radikalisierung seit der islamischen Frühzeit erklären will, anstatt die Gewaltakte in den zeitgenössischen Kontext von Konflikten und Gewaltakten zu setzen (»horizontaler Ansatz«). Zugleich wird diese polemische Figur religiös und politisch kalkuliert eingesetzt – nach 9/11 besonders vehement von Vertretern des protestantischen Evangelikalismus in den USA, während z. B. die katholische Bischofskonferenz der USA in ihrer pastoralen Botschaft nach 9/11 vor dieser Gleichsetzung warnte (s. Kidd 2009, Kap. 8).799 Die Darstellung basiert auf der Annahme, der Islam sei ein homogener, monolithischer Block, bilde eine einzige Kultur mit essentialisierten, statischen, unveränderbaren Eigenschaften, mit einem dem Islam wesentlichen Gegensatz zur Demokratie und Moderne, eine ihm bereits seit den Anfängen wesentliche, inhärente Gewalt und gewalttätige Intoleranz (s. Lewis 1990). Ein Konflikt mit »dem Westen« sei deshalb nicht durch spezifische historische oder politische Bedingungen gegeben, sondern durch das Wesen »des 798 Siehe dazu Hafez 1996; 2000; 2009; Said 1997; Poole 2002; Richardson 2004; Schiffer 2005; 2009; Poole/Richardson 2006; Armeli et al. 2007; Moore/Mason/Lewis 2008; Brown 2008; Öktem/Abou-el-Fadl 2009. 799 »Regrettably, the terrorist’s notion of a religious war is inadvertently reinforced by those who would attribute the extremism of a few to Islam as a whole or who suggest that religion, by its nature, is a source of conflict.« United States Conference of Catholic Bishops: A Pastoral Message: Living with Faith and Hope after September 11 (14. November 2001). Internetquelle: http://www.usccb.org (Kategorie: »Issues and Action«).

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Islam« selbst, das den westlichen Werten fundamental entgegengesetzt sei (cf. Qureshi/ Sells 2003, 2).800 So unterschiedliche Phänomene wie die islamistischen politischen Bewegungen (z. B. die Muslimbruderschaft oder die Refah-Partei in der Türkei), neo-fundamentalistische Bewegungen in Afghanistan oder Somalia und der globalisierte Terrorismus der Al-Kaida werden vermischt, unmittelbar verknüpft und als homogenisiertes Bedrohungsgebilde »Islam« wahrgenommen (s. Roy 2007, 60 f). Die Muslime in Europa werden als Teil dieses angsteinflößenden Konstrukts gesehen. Als politische Konsequenz daraus wird in Europa von manchen politischen Repräsentanten, Parteien und Gruppen eine »autoritäre Integration« (Roy 2008, 2) der Muslime in Europa befürwortet, die deren religiöse Freiheit einschränkt und mit Verboten (z. B. im Bereich der Bekleidung und Bauten) operiert. Diese Politik autoritärer Integration basiert auf dem diffusen Feindbild »Islam« und hat Ähnlichkeiten mit der erzwungenen, autoritären Säkularisierung in den arabischen Ländern, die mit der Gefahr der islamistischen Massenbewegungen begründet wurde. Der globale »Krieg gegen den Terrorismus« folgt einer Logik des Ausnahmezustands, der eine Verletzung und Aufweichung des Völkerrechts, der Bürgerrechte und Menschenrechte rechtfertigen soll, z. B. die Aufweichung des Folterverbots (s. Chemillier-Gendreau 2008). Ein Generalverdacht gegen Muslime seit 2001 zeigt sich etwa im Profiling durch Sicherheitskräfte (s. Fekete 2006) oder in der kriminalpolizeilichen Überwachung von Moscheen – generell in der umfassenden »Securitization« von Fragen der Migration, Integration und der Muslime in Europa (s. Kaya 2009; Cesari 2010). Werner Schiffauer hat am Beispiel Milli Görüs¸ in Deutschland darauf aufmerksam gemacht, welche schwerwiegenden Wirkungen die Reakzentuierung der Sicherheitspolitik in Richtung »präventiver Maßnahmen« auf islamische Gemeinden haben und welche nicht-intendierten Folgen damit verbunden sein können (Schiffauer 2006; 2007). Insgesamt könnte man diese diskursiv-ideologischen Operationen als Konstruktion eines machtvollen islamfeindlichen politischen Mythos verstehen, dessen Fragmente und Elemente sich im globalen Diskursraum bewegen, unterschiedlich kombiniert und immer neu re-aktiviert werden können: 800 Es handelt sich dabei um zentrale Elemente eines islamophoben Konzepts, s. Commission on British Muslims and Islamophobia 1997. – Zum Thema Islamophobie: Brown 2000; Stolz 2005; Skenderovic 2006; Allen 2004; 2006; 2010; Gottschalk/ Greenberg 2008; Esposito/ Kalin 2011; Helbling 2012. – Der Begriff »Phobie« legt nahe, es handle sich primär um ein psychologisches Problem, um übersteigerte, neurotische Ängste vor »dem Islam« (cf. Pfahl-Traughber 2011, 60 f); die politische und ideologische Dimension wird dadurch verharmlost. Ich verwende daher im Folgenden (wie z. B. Schneiders 2009; 2011; Bühl 2010) »Islamfeindschaft« in der oben angegebenen Definition, die mit »Muslimfeindschaft« unmittelbar verbunden ist. Zur Diskussion um die Begriffswahl für Ressentiments gegen den Islam und Muslime s. Benz 2012, Kap. 3; Pfahl-Traughber 2009/2010.

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(a) Es handelt sich um einen Mythos, weil er eine Interpretation der Wirklichkeit schafft, der das Historische und Politische entzogen ist. Terrorakte von Gruppen aus dem arabischen Raum werden primär vom Islam als Religion her verstanden, in religiösen bzw. religiös-millenaristischen Kategorien, als Wirken des »absolut Bösen« (cf. Roy 2007, 63) – und nicht als militärische Taktik zum Erreichen politischer Ziele bzw. aus den ideologisch-politischen Motiven der Al-Kaida heraus (s. Halliday 2006), u. a. im Zusammenhang mit der Militärpräsenz der USA in Saudi-Arabien seit 1990, dem Nahost-Konflikt und dem Kampf gegen die saudiarabische Monarchie. Die Wahrnehmung der politischen Dimension der Anschläge wird so unterdrückt und der politisch-säkulare Kontext in den Hintergrund gerückt (s. Jackson 2005; Lewis/ Mason/ Moore 2009). Ebenso werden die westlichen, nicht-islamischen Bezüge ausgeblendet – z. B. das Konzept des Terrorismus der Ultralinken in Europa in den sechziger und siebziger Jahren als Vorbild des Terrorismus der Al-Kaida oder das Faktum, dass die meisten Terroristen der Al-Kaida nicht aus traditionellen muslimischen Ländern stammen, sondern aus der globalen Jugend, darunter eine große Anzahl Konvertiten (cf. Roy 2008). (b) Der Mythos umfasst mehrere vereinfachende und irreführende ideologische, essentialistische Konstruktionen, die ineinander greifen: – Konstruktion des »Westens« und »des Islam« als getrennte, abgeschlossene Entitäten, deren historische, kulturelle, wirtschaftliche, politische, theologische Verbindungen und Verflechtungen negiert werden; – Konstruktion des »Islam« als in sich gewalttätige Religion, die dem Westen und dem Christentum an sich, von ihren Grundlagen her feindlich gegenübersteht; – Konstruktion des »Islam« als massiver, einheitlicher, homogener religiöser, kultureller und politischer Block, als koordinierte globale Bewegung. Die tatsächlichen internen politischen und religiösen Unterschiede, Antagonismen und Bruchlinien (u. a. zwischen dem schiitischen und sunnitischen Islam, aber auch innerhalb dieser Richtungen, zwischen den nationalen islamistischen Parteien und den ent-territorialisierten Terrornetzwerken der Al-Kaida usw.) werden ausblendet. – Identifizierung des »Islam an sich« mit radikal-islamistischem Extremismus, Terrorismus und Neo-Fundamentalismus; – Festlegung von Menschen muslimischer Herkunft auf eine essentialistisch verstandene muslimische Kultur und Religion, bei der die Bedeutung von »Kultur« in Richtung des Bedeutungsgehalts von »Rasse« verschoben wird.

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Ich folge hier der Definition des »politischen Mythos« durch Ernst Cassirer, wie er sie im letzten Kapitel seines Buches Vom Mythus des Staates [original 1946] entwickelt hat. Wirtschaftlich, politisch und sozial krisenhafte, unsichere, labile Verhältnisse bilden nach Cassirer einen fruchtbaren Boden für politische Mythen: »In allen kritischen Augenblicken des sozialen Lebens des Menschen sind die rationalen Kräfte, die dem Wiedererwachen der alten mythischen Vorstellungen Widerstand leisten, ihrer selbst nicht mehr sicher. In diesen Momenten ist die Zeit für den Mythus wieder gekommen. Denn der Mythus ist nicht wirklich besiegt und unterdrückt worden. Er ist immer da, versteckt im Dunkel und auf seine Stunde und Gelegenheit wartend. Diese Stunde kommt, sobald die anderen bindenden Kräfte im sozialen Leben des Menschen aus dem einen oder anderen Grunde ihre Kraft verlieren und nicht länger imstande sind, die dämonischen mythischen Kräfte zu bekämpfen.« (Cassirer 2002, 364)

9/11 stellt einen solchen krisenhaften Moment dar, in dessen Gefolge der – in westeuropäischen Ländern seit den 1980er Jahren aufgebaute801 – islamfeindliche politische Mythos immens verstärkt, von verschiedenen Seiten gezielt eingesetzt und breit rezipiert wird. Gleichzeitig wird die mythische Dichotomie »Westen versus Islam« auch von radikalen islamistischen Gruppierungen und Bewegungen in der islamischen Welt instrumentalisiert, um ihre Anhänger zu mobilisieren, neue Unterstützer zu gewinnen und politische Interessen zu verfolgen. Durch jeden einzelnen Konflikt, jeden Terrorakt, jede gegenseitige Provokation erhält diese »große Erzählung« neue Nahrung, vertieft sich die Dynamik globalisierter Ethnopolitik über eine Mobilisierung religiöser Identitäten durch westliche und islamische Akteure. Es kommt zu einer »ständigen Verschmelzung eines Islam, der als internationale politische Bedrohung wahrgenommen wird, und dem einzelnen Muslim, der in westlichen Gesellschaften lebt« (Cesari 2004, 21 f). Menschen, die selbst oder deren Vorfahren aus islamisch geprägten Ländern zugewandert sind, werden nun vielfach über den religiösen Faktor ihrer Identität, als Element des monolithischen Blocks ›Islam‹ wahrgenommen und klassifiziert – unabhängig davon, ob und wie sie sich individuell auf den Islam bzw. die verschiedenen islamischen Traditionen, Strömungen und deren zeitgenössische Interpretationen beziehen. Unabhängig davon, wie sehr sie sich selbst z. B. als Österreicher identifizieren, werden sie zuerst und vor allem als »Muslime« wahrgenommen.802 801 Siehe Kapitel II.4. 802 Ich verwende hier eine Formulierung von Gardner und Skukur, die sie auf junge britische Bengalis beziehen: »however much [young British Bengalis] may seek to identify themselves as British, [they] regularly find that others assume them to be first and foremost Muslim« (Gardner/ Shukur 1994, 162). Hinweis: Grillo 1998, 215.

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Der Vorgang einer Überblendung der konkreten Muslime vor Ort mit dem internationalen Bild des Islam als Feind des Westens/ des islamistischen Terrorismus bildet einen wesentlichen Faktor in den Auseinandersetzungen über Moscheebauten in Österreich wie in anderen europäischen Ländern, die in diese globale Konfliktlandschaft eingebettet sind. Die Logik des Ausnahmezustands wirkt bis auf die lokale Ebene, wenn ein Vorbehalt gegen die Grundrechte von Bürgern muslimischer Zugehörigkeit mit dem Hinweis auf das Gefahrenpotential »des Islam« legitimiert wird. Man kann davon ausgehen, dass der Moscheebau in Europa auch ohne 9/11 nicht ohne Konflikte vor sich gehen würde. Eine Abwehr der Ansiedlung von Zuwanderern aus islamische geprägten Ländern und der Institutionalisierung des Islam kann unterschiedliche Gründe und Motive haben – von nationalistischen, ausländerfeindlichen bis zu religionsfeindlichen, säkularistischen oder feministischen Motiven – , und solche Tendenzen waren spätestens in den 1990er Jahren in Österreich und anderen europäischen Ländern deutlich vorhanden. Sie werden nun im Kontext der globalen Kriege und bewaffneten Konflikte jedoch enorm verstärkt und durch den islamfeindlichen politischen Mythos als machtvoller Hebel gerechtfertigt.803 Eine nationalistische Abwehr der neuen muslimischen Mitbürger und der Institutionalisierung des Islam in Europa stützt sich nun auf das aktualisierte, erneuerte Feindbild »Islam«, das in der Phase nach 9/11 als selbsterklärend und selbstevident aufgefasst wird. Trotz der extremen Komplexität dieser mehrdimensionalen globalen Konfliktlandschaften lässt sich im Rückblick auf die letzten 20 Jahre ein bestimmtes Muster des Prozesses der Konflikteskalation ausmachen:804 - Ab den 1970er Jahren: Aufstieg des (a) politischen Islam, (b) des islamischen »Neo-Fundamentalismus« (u. a. Taliban) und (c) des globalen Terrorismus der Al-Kaida; Entwicklung des Paradigmas »Islam als neuer Feind des Westens«

803 In der Forschung wird das Verhältnis von Ausländerfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit unterschiedlich beurteilt: Während Forscher wie Stolz (2005), Kühnel/Leibold (2007) oder Strabac/Listhaug (2008) festhalten, dass Islamfeindlichkeit von Xenophobie nicht differenziert werden kann, vertritt Helbling (2010) den Standpunkt, dass feindliche Haltungen gegen Ausländer und gegen Muslime nicht implizieren, dass Islamfeindschaft das gleiche wie Ausländerfeindlichkeit sei – die Motive könnten unterschiedlich sein (cf. Helbling 2012, 10 f). – Die Fallstudien zu Moscheebaukonflikten in Österreich weisen jedenfalls auf, dass sich in den Ressentiments gegen Muslime und den Islam häufig xenophobe, islamfeindliche und rassistische Aspekte schwer entwirrbar verbinden. 804 Prozesse der Konflikteskalation verlaufen immer komplex und unvorhersehbar (cf. Ramsbotham/ Woodhouse/ Miall 2005, 11). Muster werden erst im zeitlichen Abstand erkennbar.

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Politische Entwicklungen und bewaffnete Konflikte u. a.: Aufstieg der islamistischen Bewegungen in den 1970er und 80er Jahren (u. a. Muslimbruderschaft, türkische Refah-Partei); iranische Revolution 1979; Fatwa Khomeinis gegen Salman Rushdie 1989; Golfkrieg 1991; Bombenanschlag auf das World Trade Center 1993; Aufstieg »neo-fundamentalistischer Bewegungen« (Olivier Roy), u. a. Eroberung Afghanistans durch die Taliban ab 1994; Bombenanschläge in Paris durch die algerische »Group Islamique Arm¦« (GIA) 1995; Terroranschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998, die der Al-Kaida zugeschrieben werden; Ausrufung des Djihad gegen Frankreich durch die GIA 1999; Formulierung des Modells »clash of civilizations« als Paradigma der globalen Beziehungen durch Lewis (1990) und Huntington (1993; 1996).

- Verstärkung der globalen politischen und ethnisch-religiösen Spannungen ab 2001, in Europa vor allem ab 2004/05: Terroranschlag der Al-Kaida in den USA am 11. September 2001; Dekade des USamerikanischen »Kriegs gegen den Terror« ab 9/11: Krieg in Afghanistan ab Oktober 2001 (»Operation Enduring Freedom«); Terroranschlag der Al-Kaida auf Djerba im April 2002; Terroranschlag auf Bali im Oktober 2002; Einmarsch der USA im Irak 2003; djihadistische Terroranschläge in Madrid 2004 und London 2005; Mord an Theo van Gogh in Amsterdam 2004; djihadistische Bombenanschläge in Amman (Jordanien) November 2005; Mohammed-Karikaturen-Krise 2006; verhinderte Terroranschläge der »Kofferbomber« in Deutschland 2006, u. a.

- Höhepunkt der Konflikteskalation rund um das Thema Islam und Moscheebau und des politischen Drucks durch europäische rechtsradikale Parteien und Bewegungen über das Islamthema etwa zwischen 2005 und 2010 Beispiele: Kampagne der »Schweizerischen Volkspartei« gegen eine erleichterte Einbürgerung unter Berufung auf eine drohende Islamisierung der Schweiz 2004; Gründung der »Partei für die Freiheit« durch Geert Wilders 2006; Gründung des »Städtebündnisses gegen Islamisierung« durch europäische rechtsradikale Parteien und der »Bürgerbewegung Pax Europa« 2008; Änderungen der Bauordnungen in Kärnten und Vorarlberg 2008; Bauverbot für Minarette in der Schweizer Verfassung 2009; Kopftuchverbot an Schulen in Flandern 2009; »Burka«-Verbote in Frankreich und Belgien (2011) und den Niederlanden (2012).

- einzelne Faktoren mit dem Potential einer eventuellen, begrenzten De-Eskalation ab etwa 2011/12 (a) der »Arabische Frühling«, die demokratischen Revolutionen und Aufbrüche in der arabischen Welt ab Dezember 2010 (s. Weidner 2011); (b) teilweise, vorläufige Schwächung der transnationalen Terrornetzwerke der Al-Kaida v. a. mit militärischen Mitteln;

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(c) Abzug der US-Truppen aus dem Irak (bis Ende 2011), geplanter Abzug aus Afghanistan bis Ende 2014 unter Präsident Obama; (c) Verschiebungen bei den Kampagnenthemen rechtsradikaler und rechtspopulistischer Parteien und in der öffentlichen, politischen Aufmerksamkeit in Europa: Konzentration auf die Euro-Krise seit 2008; (c) Terroranschläge im Juli 2011 in Norwegen durch Anders Behring Breivik, einem ehemaligen Mitglied und Funktionär der rechtsradikalen »Fortschrittspartei« in Norwegen, die teilweise zu einer kritischeren Bewertung von extremer Islamfeindschaft führten.805

Das lokale System der Konflikte um islamische Bauten in Österreich folgt in großen Zügen diesem Muster der globalen Konflikteskalation, agiert mit diesem Konfliktsystem auf der Makroebene mit. Diese Prozesse belegen auf eindrückliche Weise die aktuelle Dynamik der Globalisierung im Sinne der weltweiten, intensiven, dichten, beschleunigten Vernetzung und Interaktion von Gesellschaften und der »Glokalisierung« (Roland Robertson), der wechselseitigen Verschränkungen des Lokalen und Globalen. Lokale Ereignisse wie 9/11 oder 7/7 erreichen globale mediale Reichweite und haben globale Wirkungen. Räumlich sehr weit entfernte Konflikte wirken sich – vermittelt über global agierende Medien – wiederum auf lokale Beziehungen zwischen verschiedenen sozialen Gruppen aus. Das Lokale erweist sich nicht als Gegensatz, sondern »als ein Aspekt der Globalisierung« (Robertson 1998, 30). Die entstandene globale Kultur, vermittelt durch globale Medien, führt dazu, dass wir zu unmittelbaren Zuschauern internationaler politischer Ereignisse werden. Dieses globale Kommunikationssystems bewirkt, »dass wir nun die Welt durch globale Brillen ansehen« (Waters 2008, 204). In den muslimischen Bauprojekten in Graz, Bad Vöslau, Wien, Telfs und anderen Orten wird diese intensive Verschränkung des Globalen und des Lokalen greifbar, wenn z. B. die entsprechenden örtlichen Verhandlungen und öffentlichen Diskussionen nicht nur Fragen der Bauordnung, der Stadtplanung usw. betreffen, sondern der Terror internationaler extremistisch-islamistischer Splittergruppen ein wesentliches Thema darstellt.806 Das durch die Ereignisse auf 805 Bereits ab Anfang 2010 wurde in Deutschland eine publizistische kritische Debatte über Islamfeindschaft und die intellektuellen Wortführer der politisch-radikalen Islamkritik geführt (Benz 2010a; Seidl 2010; Steinfeld 2010) und es erschienen kritische Analysen der islamfeindlichen Ideologien und Diskurse (Schneiders 2010; Bahners 2011) – eine Kritik, die nun Auftrieb erhielt. Der durch unzählige Gruppen, Parteien, Bewegungen und ihre Websites und Blogs im Internet und durch Bücher verbreitete radikale Islamhass wurde als Nährboden für die Gedankenwelt Breiviks identifiziert (s. Hafez 2011). 806 Beispiel: In der Kommission, die über längere Zeit über die Errichtung einer geplanten Zentralmoschee in Graz beriet, stand auf der Seite der Vertreter der Stadt und der Kirchen die Frage im Zentrum, durch welche rechtliche Konstruktion man verhindern könnte, dass die zukünftige Moschee von einer radikalen muslimischen Gruppierung übernommen werden könnte.

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der Ebene der internationalen Politik und ihre Deutung negativ geprägte Bild des Islam wird auf die lokale muslimische Gruppe projiziert – auch wenn die Arbeiter in Telfs, Bludenz oder Graz mit muslimischer Zugehörigkeit und ihre Familien, die überwiegend aus der Türkei, aus Bosnien, Albanien und Mazedonien stammen, mit den internationalen Djihadisten nichts zu tun haben. Der Generalverdacht wird auf sie angewendet, auch wenn sie oft schon seit über 30 Jahren am gleichen Ort einen Gebetsraum betrieben haben, ohne dass es zu Problemen gekommen ist. Das stereotype, weit verbreitete Wissen über »den Islam« schiebt sich über die Realität lokaler muslimischer Gruppen, die als Element eines imaginären islamischen Blocks wahrgenommen werden. Der ideologische Rahmen eines unvereinbaren Gegensatzes zwischen »Islam« und »Westen« wird auf die die alltägliche Realität des – mehr oder weniger gelingenden – Zusammenlebens von Muslimen und Nichtmuslimen in Vergangenheit und Gegenwart angewendet. Die Unterscheidung zwischen Islamkritik und Islamfeindschaft Sorgfältig zu unterscheiden ist zwischen Islamkritik und Islamfeindschaft: »›Islamkritik‹ richtet sich mit Einwänden gegen bestimmte Erscheinungsformen der Religion, verwirft sie aber nicht im Sinne eines pauschalen Feindbildes« (Pfahl-Traughber 2011, 63). Diese Differenzierung soll verhindern, dass in einer emotionalisierten und polarisierten Debatte jede Islamkritik (Kritik an einzelnen als negativ erachteten Aspekten und Phänomenen des Islam oder der Ideologie und Praxis muslimischer Organisationen) als Form der »Islamophobie« diffamiert wird. Der Begriff »Islamophobie« darf nicht als Mittel eingesetzt werden, um legitime Kritik und damit das Recht auf Meinungsfreiheit zu blockieren oder einzuschränken.807 Davon unterscheide ich die Begriffe »Islamfeindschaft« bzw. »islamfeindlicher politischer Mythos«, die ich auf die Konstruktion des Islam als in sich, essentiell totalitäre, gewalttätige, demokratiefeindliche, repressive, unmoralische Religion beziehe, die als Erklärung für zeitgenössische Gewaltakte einzelner radikaler Gruppen oder Einzelpersonen herangezogen wird und die zur Diskriminierung, Ablehnung, Abwertung von Muslimen und zum Hass gegen sie führt. Damit wird keinesfalls in Abrede gestellt, dass es innerhalb der islamischen Welt mächtige islamistische Bewegungen, Gruppen und Personen gibt, die in ihren Ländern mit oder ohne Gewalt eine »islamische Ordnung«, einen islamischen Staat unter der »Anwendung der Scharia« errichten wollen – ohne dass das immer klar definiert wäre (s. Krämer 1999). Es existieren innerhalb des zeitgenössischen Islam weltweit bekanntlich zahlreiche Gruppierungen, die sich bei 807 S. dazu Claus Leggewie: ›Wider das wachsende Misstrauen‹: taz, 30. Jänner 2007. Internetquelle: http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2007/01/30/a0163 (Zugriff 16. 10. 2012).

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ihrer Demokratiefeindlichkeit und ihrer Gewaltanwendung, Intoleranz und Repression gegenüber Frauen, Andersdenkenden, Andersgläubigen und Minderheiten missbräuchlich auf die Grundlagen der islamischen Religion beziehen. Allerdings sind das negative Phänomene, von denen sich die Mehrheit der Muslime weltweit abgrenzen, die Thema heftiger innermuslimischer Auseinandersetzungen sowie Gegenstand scharfer Kritik seitens muslimischer Gelehrter, Führer, Institutionen sind, vor allem seitens muslimischer Reformdenker und islamischer Reformbewegungen in vielen Ländern (s. Safi 2003; Benzine 2012; Armirpur 2013).808 Diese negativen, problematischen und beängstigenden Entwicklungen und Vorgänge innerhalb von Teilen der islamischen Welt bilden sicherlich einen bedeutenden Kontext der Konflikte rund um Moscheen und andere islamische Symbole in Europa. Es stellt sich jedoch die Frage, ob diskriminierende gesetzliche Regelungen oder administrative Behinderungen und Blockaden von Moschee- und Minarettbauprojekten in Westeuropa eine adäquate Antwort der demokratischen Gesellschaft auf die Herausforderung einzelner islamistisch orientierter Gruppierungen darstellt, ob die europäischen Gesellschaften mit einer Politik der Einschränkung der Religionsfreiheit der Muslime nicht ihre eigene Glaubwürdigkeit beschädigt, was ihre normativen Grundlagen betrifft. »Wehrhafte Demokratie« bedeutet meines Erachtens heute – im Kontext einer politischen Polarisierung rund um das Migrations- und Islamthema -, dass der Rechtsstaat und die liberale demokratische Gesellschaft das normative Projekt des Westens – die säkulare Ordnung der Gesellschaft, individuelle Menschenrechte, Gleichheit und Freiheit – gegenüber undemokratischen, autoritären Kreisen (seien es Ultranationalisten oder radikale Islamisten) in einer öffentlichen, offenen, differenzierten, harten inhaltlichen Auseinandersetzung, aber in einer liberalen Weise verteidigt. Die »paranoide Gestalt« der Auseinandersetzungen Was die Szene der Kulturkämpfe – von der Ebene der globalen Medien bis zu den lokalen Konflikten – ausmacht, ist nicht ein clash of civilizations, sondern vielfach ein clash of fundamentalisms im Sinn einer bestimmten Denkstruktur, die der Nährboden des islamfeindlichen Mythos ist. Die Fundamentalismusforschung, die dieses Phänomen aus klinischer und psychologischer Sicht untersucht, hat die psychische Tendenz zu Dualismus und Paranoia herausgearbeitet, die im fundamentalistischen Denken eine zentrale Rolle spielt (s. Strozier 2009; Strozier/ Terman/ Jones/ Boyd 2010). Das Weltbild des Paranoikers ist 808 Die Frage, die sich im Kontext der Moscheebaukonflikte und anderer Konflikte rund um islamische Symbole in Europa stellt und für die die negativen Entwicklungen innerhalb der islamischen Welt einen bedeutenden Hintergrund bilden.

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bestimmt durch das vermeintliche Wirken dunkler, böser Mächte und deren Verschwörungen. Es gibt eine sehr machtvolle, feindliche Person oder Gruppe mit bösen Absichten. Dieses Andere verkörpert das Böse, und die eigenen Gewaltphantasien und Gewaltimpulse gegen das Andere werden dadurch legitimiert, während man selbst zur Seite der Reinen, Zivilisierten, Tugendhaften gehört. Aus der Sicht der Psychologie ist dieses Böse nichts als eine Projektion unheilvoller Kräfte, die der Paranoiker in sich selbst spürt und die aus individuellen Traumata stammen. Aus diesen subjektiven Vorstellungen vom Bösen kristallisieren sich oft »kollektive Imagines« (Strozier 2009, 934) heraus: unbewusste Bilder von potentiellen Opfern von Gewalt. Es handelt sich, wie der amerikanische Psychoanalytiker Charles B. Strozier verdeutlicht, nicht einfach um individuelle psychische Ausprägungen, vielmehr sind diese Bilder »in das kollektive Selbst oder Gruppenselbst eingebunden und können in Phasen historischer und gesellschaftlicher Krisen virulent werden« (Strozier 2009, 934). Charakteristisch ist der extrem penible Versuch von Paranoikern, die Verschwörung der bösen Macht darzustellen und aufzudecken809 – eine psychische Tendenz, die auch bei einzelnen Interviews mit erbitterten Moscheebaugegnern im Rahmen dieser Untersuchung zum Vorschein gekommen ist. Sie zeigt sich immer wieder bei Kontakten mit extrem islamfeindlichen Gruppierungen und umgekehrt auch bei radikalisierten Islamisten. Man trifft auf eine stark idealistische Haltung: ›Ich bin überlegen, weil ich die drohende Gefahr durch das Wirken der bösen Mächte erkenne. Ich durchschaue die Verschwörung und die Taktik des Feindes. Ich bin ausersehen und nehme das Opfer auf mich, dagegen anzukämpfen.‹ Strozier charakterisiert diese Opferrolle als »ins Negative gekehrter Größenwahn« (Strozier 2009, 933). Diese paranoide mentale Struktur kann enorme Energien frei setzen – nicht nur auf der individuellen Ebene. In Anlehnung an den Essay von Richard Hofstadter The paranoid style in American politics (Hofstadter 1965) kann man auch von einem paranoiden politischen Stil sprechen. Er ist durch eine Tendenz zu Übertreibungen und Hysterisierungen gekennzeichnet, durch die Fixierung 809 Beispiele: Die Schweizer Autorin Giselle Littman vertritt unter dem Pseudonym Bat Ye’or die These von einer gezielten Umwandlung Europas in »Eurabia« durch die Europäische Union. Ein österreichisches Beispiel ist die 173-seitige anti-muslimische und –türkische Hassschrift Tirol oder Türol. Morgen wird auch unser Land ein ›Morgenland‹ sein, die der Nationalratsabgeordnete DDr. Werner Königshofer (FPÖ) auf seiner Website veröffentlicht hatte (Quelle: Blog Gebi Mair, Die Grünen Tirol, »Der ängstliche Werner Königshofer«, 17. 2.2011. Internetquelle: https://:cms.gruene.at/fileadmin/tirol/download/gebi/tirol-odertuerol_-_Kopie.pdf, Zugriff: 5. 1. 2012). Ein weiteres Beispiel ist das über 1500 Seiten umfassende Manifest des norwegischen Attentäters Breivik, das er unter dem Titel 2083: A European Declaration of Independence im Zusammenhang mit den Anschlägen im Juli 2011 in Norwegen veröffentlichte.

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auf eine Figur des Bösen und auf Verschwörungen dieser bösen Macht. Diese Figur kann fallweise »der Jude« sein, »der Kommunismus«, »die USA« oder auch »der Islam«. Der paranoide politische Stil versucht, das paranoide Potential in jedem Einzelnen wachzurufen und setzt das Schüren von Angst als politisches Instrument ein, z. B. durch das Verbreiten von negativen Gerüchten und Verschwörungstheorien. Im globalen Kontext scheint es heute zu einer Spiegelung paranoider Bilder des »absoluten Anderen« zu kommen: Die Imagines von Islamisten und Djihadisten (der Westen als »Kreuzfahrer«, »Kreuzritter«, der die islamische Welt mittels einer kapitalistischen, säkularistischen und imperialistischen Moderne zerstören will) und die Imagines von säkularistischen oder christlichen Kreisen im Westen (die »Achse des Bösen«; der Islam als totalitäre, faschistische Gefahr, der die liberale demokratische Gesellschaft zerstören will) spiegeln und verstärken sich gegenseitig in einer Art »mimetischer Konkurrenz«. Diese paranoiden Bilder behindern und verhindern vielfach eine nüchterne, realitätsgerechte Wahrnehmung, Strategie und Politik – ob auf der globalen politischen Ebene oder auf der lokalen Ebene, wenn es um den Umgang mit der Errichtung neuer repräsentativer islamischer Sakralbauten in Europa geht. Auf diesen paranoiden Stil der Politik stößt man auch im Rahmen dieser Untersuchung immer wieder, z. B. wenn ein Abgeordneter bei der Debatte zur Novelle der Bau- und Raumordnung im Vorarlberger Landtag (9. 4. 2008) vor der Verschwörung durch eine »Islam-Konferenz« als eine Art islamischer Weltzentrale warnt, die lediglich seiner Vorstellung entspringt. Ethnopolitik, die über das Moscheebauthema betrieben wird, kann so mit der imaginären Bedrohung legitimiert und zum Selbstschutz der nationalen Gemeinschaft stilisiert werden. Der amerikanische Psychiater Terman hat die Bedingungen analysiert, unter denen die psychologische Struktur des Fundamentalismus in Individuen und Gruppen – die er »paranoide Gestalt« nennt – erstarkt (Terman 2010). In seiner Sicht sind es bestimmte traumatische Schädigungen des »grandiosen Selbst«, der imaginierten Stärke und Macht einer Gruppe oder der Ideale und der Ideologie einer Gruppe. Werden diese verletzt, wird die Gruppe gedemütigt, und das ruft die »paranoide Gestalt« hervor. Die Angriffe von 9/11 in den USA z. B. wurden als Demütigung einer Nation empfunden, die sich als mächtig und unverletzbar erlebte, und so kam es aus dieser Sicht zu einer massiven Verstärkung der »paranoiden Gestalt« der Politik der USA nach 2001. Umgekehrt wird die US-Militärpräsenz in Saudi-Arabien, im Land der heiligen Stätten des Islam, von manchen muslimischen Gruppen als Teil imperialer Geopolitik der USA und als Demütigung und Verletzung der Muslime betrachtet. Dies könnte neben anderen Faktoren die »paranoide Gestalt« der Denkweise, der Strategie und der Aktivitäten der Al-Kaida verstärkt haben. Khosrokhavar zeigt auf Basis von Interviews mit Djihadisten die zentrale Rolle von Erfahrungen von Demü-

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tigung für Personen muslimischer Zugehörigkeit in Kriegszonen, aber auch durch eine von den Djihadisten als pervers und unmoralisch betrachtete westlich-libertäre Kultur, die die Werte der islamischen Kultur verletze. Dies erlaubt es der djihadistischen Gruppe, die eigene Demütigung in die Demütigung und die Auslöschung des bösen Anderen – des »Westens«, der »Amerikaner« – zu transformieren (s. Khosrokhavar 2010). In Krisen- und Kriegszeiten besteht die Tendenz, dass vermehrt Menschen von einer paranoiden Struktur »angesteckt« werden, wie der Aufstieg radikaler fundamentalistischer Bewegungen zeigt – religiöser wie politischer. Der Globalisierungstheoretiker Roland Robertson spricht von einer »millenaristischen Phase« der Globalisierung, die mit 9/11 eingesetzt und einen spezifisch religiösen Charakter habe. Denn: »Angst nährt millenaristisches Denken.« (Robertson 2007, 13)810 Es kommt zu einem Sog in eine mythische, apokalyptische Denkstruktur z. B. in Form des manichäisch-dualistischen Musters »Westen gegen Islam«, mit dem einzelne Konflikte in verschiedenen Weltgegenden wahrgenommen und mythisch-religiös interpretiert werden, anstatt die jeweiligen, konkreten historischen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen der Konflikte zu sehen – seien es die dänische Karikaturenkrise oder die Gewaltakte gegen Christen in Ägypten und Nigeria. Nicht die Realität bestimmt in diesem Fall die Wahrnehmung, sondern das paranoide Imaginäre.

1.2

Transnationale Religion und die Logik des Nationalen

Die Entwicklungen nach 1945, durch die der Islam zur zweitgrößten Religion in Europa geworden ist, können verstanden werden als Teil einer Globalisierung der Religionen, die von den Migrationen angetrieben wird und die die religiösen Traditionen selbst tiefgreifend verändert.811 Es kommt zu einer »Deterritorialisierung« der Religionen, also einer Entbettung aus dem ehemaligen Kontext und einer Veränderung des Zusammenhangs von kulturellen Phänomenen und Territorialität, die aber nicht nur die Religion betrifft (Appadurai 1996; Casanova 2001; Kreff 2005; 2011). Der Begriff »Transnationalismus« wird in den letzten zwei Jahrzehnten für eine Analyse dieser Entwicklungen in immer mehr sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen, v. a. in der Kultur- und Sozialanthropologie und in den Migrationswissenschaften,812 und zunehmend auch 810 »Fear feeds millenial thinking.« 811 Siehe dazu Beyer 2001; Van der Veer 2001; 2002; Lehman 2009; Plüss 2011; Juergensmeyer/ Roof 2012. 812 Zum Konzept des Transnationalismus allgemein: Vertovec 2009; zur transnationalen Perspektive im Bereich der Migration: Glick Schiller/ Basch/ Blanc-Szanton 1992; Portes/ Guarnizo/ Landolt 1999; Levitt 2001; Portes 2001; 2003; Levitt/ Glick Schiller 2004; Glick

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in der Erforschung religiöser Gemeinschaften bzw. in der Analyse globaler religiöser Diasporas angewendet.813 Migrantischer Transnationalismus bezeichnet das Phänomen, dass »eine neue Art der Migrationsbevölkerung entsteht, die sich aus jenen zusammensetzt, deren Netzwerke, Aktivitäten und Lebensmuster sowohl ihre Gast- als auch ihre Herkunftsgesellschaften umfassen. Ihr Leben durchschneidet nationale Grenzen und bringt zwei Gesellschaften in ein einziges soziales Feld« (Glick Schiller/ Basch/ Blanc-Szanton 1992, 1). Aber nicht jeder gelegentliche Austausch eines Migranten mit seinem Herkunftsland macht ihn schon zu einem »Transmigranten«. Alejandro Portes beschränkt den Gebrauch des Begriffs in seiner Definition auf transnationale Aktivitäten »…that take place on a recurrent basis across national borders and that require a regular and significant commitment of time by participants. Such activities may be conducted by relatively powerful actors, such as representatives of national governments and multinational corporations or may be initiated by more modest individuals, such as immigrants and their home country kin and relations.« (Portes 1999, 464)

Die so entstandenen transnationalen sozialen Räume ermöglichen es Migranten und ihren Nachkommen, sozial, politisch, religiös, familiär und wirtschaftlich in mehreren Ländern regelmäßig und intensiv aktiv zu sein, Traditionen, Sprachen, Gewohnheiten ihrer Herkunft im neuen Umfeld aufrechtzuerhalten und sich gleichzeitig darin zu adaptieren. Durch diese Bewegungen zwischen unterschiedlichen Gesellschaften entstehen fluide, dynamische soziale Felder, die sich aus vielfachen miteinander verknüpften Netzwerken sozialer Beziehungen zusammensetzen (Levitt/ Glick Schiller 2004). In transnationalen religiösen Räumen, Netzwerken oder Bewegungen bewegen sich Vorstellungen, Bilder, Praktiken, Medien, religiös Praktizierende oft über enorme Entfernungen und nationale Grenzen hinweg. Dies sind keine neuen Phänomene, vielmehr gehören Religionen zu den ältesten globalen Akteuren. Die intensivierte Globalisierung und die neuen Medien vertiefen und verstärken heute diese transnationalen Dimensionen und Aktivitäten. Religiöse Ideen, Praxis, Politik, Tradition werden nicht durch einen Ort, sondern durch vielfältige Pole von Zugehörigkeit beeinflusst: durch den Bezug zu einem Zentrum der jeweiligen religiösen Tradition, zur jeweiligen eigenen Umgebung, aber auch durch die Beziehungen zu anderen Diasporagemeinschaften der gleichen religiösen Tradition weltweit und den sozialen, politischen, wirtschaftlichen und Schiller 2004; Rudolph 2005; Khagram/ Levitt 2007; Pries 2008; 2010; Bauböck/ Faist 2010. Literaturüberblick: Levitt/ Jaworsky 2007. 813 Siehe z. B. Rudolph/ Piscatori 1996; Van der Veer 2001; 2002; Levitt 1998; 2001; 2003; 2004; 2006; 2007; Wuthnow 2009; Chordas 2009. Zum Islam: Masud 2000; Mandaville 2001; Roy 2004; zum Sikhismus: Jacobsen/ Myrvold 2012; zum Pentekostalismus: Miller/ Yamamori 2007. – Überblick: Wuthnow/ Offutt 2008; Poethig 2012.

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religiösen Austausch mit ihnen. Diese transnationalen Räume »glokalisieren« progressive, moderate, konservative, orthodoxe oder radikale Lesarten der gleichen religiösen Tradition – aber auch aggressive, radikale, extremistische Ideologien, wie z. B. die der transnationalen Salafisten oder Djihadisten, die durch die neuen Kommunikationstechnologien leicht weltweit verbreitet werden können. Zugleich beeinflussen die verschiedenen religioscapes unter globalen Bedingungen einander : Religionen sind unter zeitgenössischen globalen Bedingungen nicht als abgegrenzte »geopolitische territoriale Räume, sondern vielmehr als miteinander verbundene kommunikative Räume innerhalb einer einzigen Welt« (Casanova 2011, 53) zu verstehen.Die Perspektive des Transnationalismus und der Globalisierung ist für das Thema des Moscheebaus in Europa und der damit verbunden Konflikte unmittelbar relevant. Für die transnationalen sozialen und religiösen Felder, die dabei in mehrerer Hinsicht eine Rolle spielen, bringe ich drei Beispiele: - Deterritorialisierung: Durch Migrationen entstehen ›deterritorialisierte Nationen‹ wie zum Beispiel die Türkei oder Marokko, die die Millionen ihrer Staatsbürger in Westeuropa nach wie vor als Teil ihrer Nation betrachten.814 In den Aufnahmeländern dagegen wird die aufrecht erhaltende Verbindung zum Herkunftsland als Blockade für die Integration in das neue Umfeld betrachtet (cf. van der Veer 2002). Akteure in transnationalen Räumen geraten so in Spannungen und Konflikte mit Vorstellungen eines kulturell homogenen nationalen Raumes und mit Assimilations- und Loyalitätserwartungen des Nationalstaats – etwa mit der Erwartung, dass sich die transnationalen Verbindungen zumindest ab der zweiten Generation abschwächen und eine vollständigere Integration im neuen Umfeld erfolgt. Diese Spannung bildet einen bedeutenden Faktor in den Moscheebaukonflikten, indem man in Teilen der Politik und der Mehrheitsbevölkerung befürchtet, dass mit den Bauten und ihrer Finanzierung durch muslimische Organisationen bzw. staatliche Institutionen in der islamischen Welt deren Einfluss auf die muslimischen Gemeinden im Land wächst. - Transnationale Struktur der muslimischen Dachverbände in Europa: Durch Migrationen entstehen transnationale religiöse Organisationen, die einen mehr oder weniger hohen Grad der Zentralisierung aufweisen. Die Zentralen 814 In dieser Hinsicht sendet die türkische Regierung unterschiedliche Botschaften aus (cf. Düvell 2011, 4): In den Jahren 2008 und 2010 rief der türkische Premier Erdogan die Zuwanderer aus der Türkei in Deutschland dazu auf sich nicht zu assimilieren. Dagegen wünschte sich der türkische Staatspräsident Abdullah Gül im Oktober 2010 von den Türken in Deutschland, dass sie Teil der Gesellschaft werden und Deutsch fließend und akzentfrei sprechen; die Integration müsse schon im Kindergarten beginnen. Quelle: »Es ist gut, dass Özil für Deutschland spielt«: Süddeutsche Zeitung, 16. 10. 2010.

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transnational agierender und organisierter Dachverbände von lokalen Moscheevereinen in Europa, die in den letzten 30 Jahren entstanden sind, haben ihren Hauptsitz in Europa, in der Türkei, in Bosnien, im Kosovo oder anderen Ländern und umfassen Mitgliedsorganisationen in mehreren europäischen Ländern. Von daher wäre es verkürzt, beispielsweise Moscheebauprojekte von türkisch-muslimischen Dachverbänden in Österreich nur von der lokalen Seite aus zu betrachten – vielmehr müssen auch die politischen, gesellschaftlichen und religiösen Entwicklungen in der Türkei und die Prozesse in den türkisch-muslimischen Verbänden in anderen europäischen Ländern in den Blick genommen werden. Gerade diese transnationale Dimension führt zu Konflikten in den Nationalstaaten, z. B. im Zusammenhang mit der Bestellung von Imamen aus den Herkunftsländern für lokale Moscheen, mit der die Herkunftsländer bzw. die transnationalen Verbände die Kontrolle über die Gemeinschaften im Ausland ausüben wollen. Die Tätigkeit von Imamen aus dem Herkunftsland führt zudem auf der lokalen Ebene häufig zu praktischen Problemen für die Zivilgesellschaft vor Ort, weil durch mangelnde Deutschkenntnisse und einen häufigen Wechsel eine Kooperation – z. B. im Rahmen des interreligiösen Dialogs – erschwert wird.815 Ein anderes Beispiel ist die bedeutende finanzielle und organisatorische Unterstützung islamistischer Parteien in der Türkei durch türkisch-muslimische Diasporagemeinschaften in Westeuropa.816 - Interne Auseinandersetzungen um den Kurs der römisch-katholischen Weltkirche: Einfluss auf die Auseinandersetzungen um die Institutionalisierung des Islam in Europa hat auch das Ringen um den Kurs der römisch-katholischen Kirche in ihrer Haltung zu den anderen Religionen – vor allem zum Islam – und zur Religionsfreiheit. Die dialogische Orientierung unter Johannes Paul II. wandelte sich im Pontifikat von Papst Benedikt XVI. zu einer stärker konfrontativen, kritischen und abgrenzenden Linie gegenüber dem globalen Islam (s. Fürlinger 2009, 327ff). Dieser Kurswechsel war mit Verwerfungen zwischen dem Vatikan und der islamischen Welt verbunden, vor allem nach der Regensburger Rede des Papstes im September 2006 (s. Dohmen 2007; Luthe/ Walbiner 2008). Durch Gesten der Verständigung versuchte der Papst, die Beziehungen zur islamischen Welt wieder zu verbessern, u. a. bei der Türkeireise Ende November 2006 oder durch das Aufgreifen einer 815 Cf. Aussage im Interview mit Generaldechant Mag. KsR. Franz Wild, Stadtpfarrer von Traun (OÖ), 4. 5. 2012. 816 Dieses Motiv ähnelt Anfeindungen gegenüber den katholischen Minderheiten im Kulturkampf der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts z. B. in Deutschland und der Schweiz: Unter dem Stichwort »Ultramontanismus« wurde ihnen vorgeworfen, mit dem Papst in Rom einer ausländischen Macht verpflichtet zu sein. Man könne sich deshalb ihrer Loyalität der Nation gegenüber nicht sicher sein (cf. Bielefeldt 2011, 139).

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muslimischen Dialoginitiative, die 2008 zur Einrichtung des KatholischMuslimischen Forums führte. Diese Auseinandersetzungen innerhalb der Führung der katholischen Kirche haben mit der Positionsbestimmung des Vatikans gegenüber der traditionalistischen Piusbruderschaft zu tun, mit der Benedikt eine Aussöhnung suchte. Die Bruderschaft hat das Zweite Vatikanische Konzil vor allem wegen der Änderungen in der lehramtlichen Haltung gegenüber den Religionen und der Religionsfreiheit nicht akzeptiert. Der interne Konflikt in der katholischen Kirche dreht sich um die Frage, ob und inwieweit die offizielle Position der katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanum in diesen zentralen Fragen aufgeweicht wird, um der Piusbruderschaft entgegenzukommen (s. Tück 2012). Aufgrund der globalen und hierarchischen Organisation der römisch-katholischen Kirche haben Akzentsetzungen und Gewichtsverschiebungen in diesen Fragen des Verhältnisses zu den anderen Religionen und der Religionsfreiheit Auswirkungen auf lokale Verhältnisse der katholischen Kirche. Die kircheninternen Differenzen und Scheidelinien bei der Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils – vor allem was die erneuerte Haltung der Kirche gegenüber den anderen Religionen betrifft (s. Fürlinger 2009) – werden in den lokalen Auseinandersetzungen rund um die Institutionalisierung des Islam unmittelbar sichtbar. So wie die Positionen zur Religionsfreiheit der Bürger und Bürgerinnen muslimischer Konfession nicht an den politischen Parteien festzumachen sind, sondern Brüche und Differenzen durch die einzelnen Parteien verlaufen, so werden auch die unterschiedlichen theologischen und kirchenpolitischen Standpunkte innerhalb der österreichischen katholischen Bischöfe und Pfarrer anhand der Moscheebaukonflikte deutlich, kristallisiert sich in ihnen indirekt das Ringen um den Kurs der katholischen Kirche: - zwischen den Polen der Öffnung zur modernen Welt, wie sie das Konzil initiiert hat, und einer binnenkirchlichen, integristischen Anschließung; - zwischen einer grundsätzlich dialogischen und kooperativen Haltung gegenüber den Muslimen und dem Rückzug auf harte, exklusivistische, abgrenzende Positionen; - zwischen der aktiven Verteidigung der Religionsfreiheit nicht nur für die eigene Religionsgemeinschaft, sondern als universales Menschenrecht, und der rückwärtsgewandten, autoritären Vorstellung eines konfessionell orientierten Staates, der den Vorrang der Katholiken schützen und die katholischen Werte durchsetzen soll. Ein extrem negativ gezeichnetes Islamstereotyp – der islamfeindliche politische Mythos – bildet in diesen globalen und lokalen kircheninternen Auseinander-

Globale Aspekte lokaler Moscheebaukonflikte

429

setzungen einen wichtigen Hebel, weil mit ihm Vertreter einer liberalen und dialogoffenen Position unter Druck gebracht werden.

1.3

Konflikte um die Religionsfreiheit von Minderheiten im Spannungsfeld zwischen globalem Menschenrechtssystem und nationaler Demokratie

In den gesellschaftlichen, religiösen und politischen Konflikten rund um die freie Religionsausübung zugewanderter Gruppen, die eine religiöse Minderheit im Staat bilden, treten zwei komplexe institutionelle Architekturen in eine spannungsvolle Interaktion: der Nationalstaat und das globale Rechtssystems, das sich auf supranationaler Ebene mit den Menschenrechten befasst. Aus der Sicht von Sassen kann diese Interaktion als Teil des »Paradox des Nationalen« (Sassen 2008) interpretiert werden: Nationalstaaten sind die Träger eines Prozesses, in dem in den Jahrzehnten nach 1945 unter dem Schock des Krieges und des Zivilisationsbruchs, für den Auschwitz als Symbol steht, supranationale Rechtsinstrumente für den Schutz der Menschenrechte (v. a. die UNO-Pakte I und II von 1966) und später globale Menschenrechtsinstitutionen wie der Internationale Strafgerichtshof in Kraft gesetzt werden. Gleichzeitig führen diese Institutionalisierungen der Menschenrechte auf supranationaler Ebene zu Prozessen der Entnationalisierung, zu einer Veränderung des national konstruierten Rechts und zu einer gewissen Einschränkung der nationalstaatlichen Souveränität, gerade durch »die de facto Transnationalisierung der Immigrationspolitik« (Sassen 1998, Kapitel 2). Diese Entwicklung führt zu einem »Formwandel von Nationalstaatlichkeit« in einer doppelten Weise (s. Koenig 2005; 2008, 110 f): nämlich zur teilweisen Entkoppelung von individuellen Rechten von Staatsbürgerschaft und zu einer Relativierung der nationalen Einheitsvorstellungen durch die von den Staaten eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen, ethnische, sprachliche und religiöse Diversität anzuerkennen. Diese Begrenzungen nationaler Migrationspolitik durch das internationale Menschenrechtsregime prägt die europäische Politik in den letzten Jahrzehnten entscheidend, z. B. in der Phase nach dem Aufnahmestopp für Arbeitsmigranten ab 1973, in der eine Zunahme der Migration v. a. durch Familienzusammenführung von den Nationalstaaten aufgrund des Menschenrechtsschutzes nicht verhindert und kontrolliert werden konnte. Die Moscheebaukonflikte – wie auch andere Auseinandersetzungen im Kontext von Migration, Flucht, Asyl – repräsentieren eine weitere Phase, in der die Spannung zwischen dem hergebrachten nationalen Arrangement von Zugehörigkeit, Territorium und Rechten und der jüngeren globalen Menschenrechtskultur und zivilen Weltgesellschaft zum Tragen kommt, die die Gewährung von Grundrechten von der Nationszugehö-

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Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter

rigkeit entkoppelt und allein auf die Würde des einzelnen Menschen, der menschlichen Person gründet. Die dominierende Reaktion auf den Anspruch von Bewohnern und Bürgern muslimischer Konfession auf die Freiheit der Religionsausübung im christlich geprägten europäischen Staat, die in den Konflikten sichtbar wird, wird überwiegend durch die ältere Matrix des Nationalen, der traditionellen, an der Vorstellung der ethnisch-nationalen Gemeinschaft orientierten Auffassung von Demokratie – die Bindung von Rechten an die Zugehörigkeit zu dieser vorgestellten Gemeinschaft – gespeist: Die kulturelle Einheit der Nation müsse bewahrt werden; das Recht auf Freiheit der Religion und freie Sichtbarkeit im öffentlichen Raum der Nation könne nur den Mitgliedern der nationalen Gemeinschaft gewährt werden. Eine Politik des Nationalen unterscheidet dabei erst gar nicht zwischen »Ausländern« aus der Türkei und »Staatsbürgern« mit türkischer Herkunft: Von einem ethno-nationalistischen Standpunkt bleiben die Muslime selbst dann aus der als ethnisch-kulturelle Gemeinschaft aufgefassten Demokratie ausgeschlossen und Bürger zweiter Klasse, wenn sie bereits die staatsbürgerlichen Rechte besitzen.817 817 Als Beispiel kann eine Aussage eines österreichischen Politikers im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um das Islamische Zentrum in der Rappgasse (Wien-Floridsdorf) im Frühjahr 2010 dienen. Am 10. Juni 2010 veranstalteten die beiden Bürgerinitiativen gegen islamische Zentren in der Dammstrasse und in der Rappgasse in Wien einen Informationsabend unter dem Titel »Moscheen als Keimzellen der Parallelgesellschaft«. Dr. Rudolf Gehring, seit 2008 Obmann der Partei »Die Christen« und deren Kandidat bei der österreichischen Präsidentschaftswahl im April 2010, hielt dabei einen Vortrag, in dem er im ersten Teil ausführte (Unterstreichung bezeichnet Betonungen in der Rede): »(…) Grundlegend fangt es schon damit an, dass es überhaupt in unserem Land möglich ist, dass Ausländer Grundstücke und Häuser erwerben können. Da fangt’s ja schon einmal an. Wir müssen ja immer das Übel an der Wurzel packen. Es gibt ja ein Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz, und da gibt’s eine genaue Regelung drinnen, und da kann nach diesem Gesetz nicht jeder Ausländer Grundstücke oder Häuser erwerben. Es gibt die Bestimmung, dass Vereine, wenn sie mehrheitlich, ah, von österreichischen Staatsbürgern verwaltet oder Funktionäre dort sind, dass diese dann als Inländer gelten. Und das kann’s ja wohl nicht sein! Wir haben also das ausdrücklich gehört: Dieser Verein [ATI˙B], der ja auch hier der Grundstückeigentümer ist und der der Bauwerber ist oder der auch dann der Eigentümer des gesamten Komplexes sein wird, das ist ein Verein – und ich habe hier auch den Vereinsregisterauszug – das sind lauter türkische Namen! Schon möglich, dass die österreichische Staatsbürgerschaft haben, aber das sind keine Inländer. Und vor allem (Applaus) und vor allem geht es ja darum, die wirtschaftliche Seite müssen wir betrachten. Hier geht es doch um Millionen Euro, die im Hintergrund fließen, aber die fließen nicht aus Österreich, die fließen aus dem Ausland, hauptsächlich aus der Türkei und anderen arabischen Staaten. Und hier wird mit ausländischem Geld ausländische Politik in Wien gemacht. (…)« (Internetquelle: YouTube, »Rudolf Gehring: Moscheen als Keimzellen der Parallelgesellschaft«, Teil 1, Zugriff 12. 7. 2010). Gehrings Aussage steht in einer langen Tradition ultranationalistischer Politik und Ideologie in Österreich. Die »Lorenzer Erklärung« von 1989 war die erste Zusammenfassung der Position der FPÖ zur Migrationsfrage (cf. Gärtner 2002, 20). In der Erklärung wurde festgestellt, dass Ausländer auch durch die österreichi-

Die Suche nach der Identität des säkularen Europa und der Islam

2.

431

Die Suche nach der Identität des säkularen Europa und der Islam »We risk behaving us in a racist manner each time we believe ourselves threatened in our privileges, in our well-being, or in our security.« (Memmi 2000, 23)

2.1

Transformation der religiösen Landschaften in Europa

In den Jahrzehnten seit den 1960er Jahren ist es zu epochalen Veränderungen der religiösen Landschaft Europas gekommen: - zu einem Prozess der Säkularisierung (a) im Sinne der funktionalen Ausdifferenzierung institutioneller Bereiche und Teilsysteme der Gesellschaft, verbunden mit einem Autonomwerden der Teilsysteme (vor allem Recht und Politik) von religiösen Einflüssen und Begründungen, und (b) im Sinne des Rückgangs traditionaler, institutionalisierter Religiosität, der Abnahme der Kirchenbindung und der Auflösung volkskirchlicher Strukturen;818 - zu einem Wandel der Religiosität – der christlichen, aber auch z. B. der muslimischen – in Richtung einer Individualisierung, einer persönlichen Wahl und einer Glaubensform, die die britische Religionssoziologin Grace Davie mit einer einflussreichen Formel als »believing without belonging« (Davie 1994; 2000; 2001; 2002; 2007, 137ff), die französische Religionssoziologin DaniÀle Hervieu-L¦ger als »Deregulierung der institutionalisierten Religion« charakterisiert hat (Hervieu-L¦ger 2003/04, 103);819 - zu einer Pluralisierung der Religionslandschaft vor allem aufgrund der Zuwanderung von Angehörigen christlicher und nicht-christlicher Religionsgemeinschaften in den letzten 60 Jahren nach Europa.820

sche Staatsbürgerschaft nicht zu Österreichern werden, sondern »eingebürgerte Ausländer« bleiben (Aula 10/1989; zit. nach Scharsach 1992, 64). Die »zwölf Thesen zur politischen Erneuerung« wurden vom »Lorenzer Kreis« verfasst, der zum deutschnationalen Flügel der FPÖ gehörte und dem u. a. Raimund Wimmer, Andreas Mölzer und Kriemhild Trattnig angehörten. Dieser Kreis hatte den Führungs- und Richtungswechsel innerhalb der FPÖ von Steger zu Haider vorbereitet. 818 Siehe dazu Martin 1978; 1995; 2005; Bruce 2002; Greeley 2003; Überblick zur Säkularisierungstheorie: Dobbelaere 1987; Tschannen 1991; Beckford 2003, 30 – 72; Pollack 2009; Pickel 2011, 137 – 178. 819 Siehe dazu als Vertreter der Individualisierungsthese: Davie 1994; 2002; Hervieu-L¦ger 1990; 2004. Überblick: Pollack 2009, 44 ff.; Pickel 2011, 178 ff. 820 Diese Transformationen treffen auch auf Österreich zu, was durch jüngere religionssoziologische empirische Forschungen auf Basis der europäischen Wertestudien bestätigt wird (s. Zulehner/ Polak 2009; Polak/ Schachinger 2011; Zulehner 2011).

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Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter

Der Grad der Säkularisierung ist in den einzelnen europäischen Ländern – aufgrund der jeweiligen nationalen religiösen und kulturellen Besonderheiten, wie z. B. der jeweiligen konfessionellen Mehrheitsverhältnisse und des Grades konfessioneller Pluralität (s. Martin 1978) – unterschiedlich hoch. Die Abnahme traditioneller Religiosität, gemessen anhand der Dimensionen Kirchenzugehörigkeit und der praktischen Religionsausübung, ist besonders stark im protestantischen Norden mit seinen Staatskirchen, aber auch in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden (cf. Davie 2007, 138; Hervieu-L¦ger 2003/2004, 102). Insgesamt steht fest, »dass der Prozess der Säkularisierung auf dem gesamten Kontinent extrem weit fortgeschritten ist.« (Hervieu-L¦ger 2003/04, 101) Diese Prozesse der Säkularisierung gehen jedoch nicht mit einer generellen Marginalisierung von Religion, einem Zurückdrängens in den privaten Bereich und einer Privatisierung von Religion als Begleiterscheinung der Moderne einher. Vielmehr bildet Religion – in Gestalt der traditionellen Religionsgemeinschaften – ein zunehmend beachtetes Thema in der globalen und lokalen Öffentlichkeit und einen bedeutenden Faktor globaler Politik (s. Casanova 1994; 2008). Gerade die öffentlichen und politischen Auseinandersetzungen um den Islam seit 2001 und die Moscheebau- und Kopftuchkonflikte in verschiedenen europäischen Ländern stellen einen klaren Beleg für diese These dar. Dieser tiefgreifende Wandel des religiösen Feldes betrifft die Religiosität des Einzelnen genauso wie die Frage nach dem Ort des Christentums im Selbstverständnis des säkularen Europa. Die Frage nach der Identität Europas wird im Zusammenhang mit dem europäischen Einigungsprozess virulent, wenn es z. B. um die Aufnahme des Gottesbezugs in die Präambel der neuen europäischen Verfassung geht, aber auch wenn um den EUBeitritt der Türkei als islamisch geprägtem Land verhandelt wird. Die Frage nach der europäischen Identität wird aber auch aufgeworfen, wenn es um die Integration außereuropäischer, muslimischer Zuwanderer in die europäischen Gesellschaften geht (s. Casanova 2004). Sie bildet den größeren Zusammenhang, in dem die Konflikte rund um die Errichtung von Moschee- und Minarettbauten und das Sesshaftwerden des Islam in Westeuropa stehen. Trotz der fortschreitenden Entkirchlichung versteht sich eine Mehrheit der Bevölkerung in den europäischen Ländern zu großen Teilen immer noch als christlich. Für Casanova deutet dieser Umstand auf »… eine latente, unspezifische, unter der Oberfläche fortdauernde christliche kulturelle Identität« hin. »›Säkulare‹ und ›christliche‹ kulturelle Identität sind bei den meisten Europäern auf komplexe und selten artikulierte Weise miteinander verschränkt« (Casanova 2004, 86 f). Hervieu-L¦ger entwickelt dafür die Formel »Belonging without believing«: der Bezug von Europäern zum kirchlich verfassten Christentum in Form »einer aus großem Abstand geteilten Erinnerung, die, auch wenn sie kein gemeinsames Glauben mehr impliziert, doch nach wie vor kollektive Identitätsreflexe auslöst« (Hervieu-L¦ger 2003/04, 104). So kann Casanova bezogen auf die Frage des EU-Beitritts der Türkei feststellen, dass das

Die Suche nach der Identität des säkularen Europa und der Islam

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eigentliche Thema der Islam sei, auch wenn immer wieder die Lage der Menschenrechte in der Türkei als Hindernis für eine Aufnahme in die EU genannt wird: »Aber es gibt auch kaum verhohlene Hinweise darauf, dass ein äußerlich säkularisiertes Europa immer noch allzu christlich ist, wenn es darum geht, sich ein muslimisches Land als Teil der europäischen Gemeinschaft vorzustellen. Man fragt sich, ob die Türkei eine Bedrohung für die westliche Kultur darstellt oder ob sie nicht vielmehr eine unerwünschte Erinnerung an die dicht unter der Oberfläche lauernde, aber tabuisierte und angstbesetzte ›weiße‹, christlich-europäische Identität darstellt.« (Casanova 2004, 93)

2.2

Prozesse und Bewegungen der »kulturellen Verteidigung«

Dieser Befund zur allgemeinen religiösen Lage in Europa bietet bei der analytischen Erfassung der Moscheebaukonflikte einen Erklärungsfaktor dafür, warum es in stark säkularisierten Gesellschaften – in denen die Erosion traditionaler Religiosität, der Abbruch der traditionellen Formen der Weitergabe des christlichen Glaubens und des religiösen Gedächtnisses weit fortgeschritten sind – zu derart heftigen Reaktionen in Teilen der Bevölkerung auf das Sichtbarwerden des Islam in Form von Religionsbauten und zu Prozessen einer erbitterten, kulturkämpferischen Verteidigung der christlich geprägten Kultur und Landschaft gegen die nichtchristlichen »Eindringlinge und Fremden« kommt. Trotz Säkularisierung wirkt das Erbe der jahrhundertelangen Bindung zwischen Religion und nationaler Identität, der Bedeutung der Religion für die Konstruktion nationaler Einheit weiter. Das Christentum (als kulturelle Tradition) bleibt nach wie vor ein wichtiger Faktor nationaler kollektiver Identität. Infolge der Umbrüche des nationalen und religiösen Feldes im Zuge der Globalisierung/ Immigration verstärken sich daher reaktive kulturelle SelbstIdentifikationen und Formen der »kulturellen Verteidigung« (Bruce 2002, 31ff) gegenüber der als gemeinschaftsfremd und nicht-europäisch betrachteten Religion, die noch dazu von einem großen Teil der Bevölkerungen in den westeuropäischen Gesellschaften mit negativen Phänomenen assoziiert wird.821 Für den deutschen Historiker Andreas Wirsching geht es dabei nicht nur um vordergründige Ängste vor einer »Islamisierung Europas«, die durch populistische Parteien geschürt werden. »Vielmehr betrifft die Diskussion über den Islam das Grundsätzliche der europäischen Kultur. Sie hat insofern einen geradezu ›identitären‹ Charakter angenommen, als in ihr zunehmend auch das ›Andere‹, das Nicht-Europäische verhandelt wird.« (Wirsching 2012, 365) Die 821 Siehe Kapitel II.3.

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Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter

Selbstbesinnung Europas – die Identifizierung mit den Werten des Individualismus, der Aufklärung, der Meinungsfreiheit usw. – erfolge allerdings »auf Kosten der Konstruktion anti-islamischer Feindbilder« (Wirsching 2012, 367). Die Abgrenzung gegenüber dem Islam dient der Stabilisierung der eigenen Identität Europas. Der Streit über die Haltung zum Islam und zur Zuwanderung von Muslimen ist aus seiner Sicht »… der europäische Versuch zu einer kulturellen Selbstbesinnung. Er offenbart letztlich die Unsicherheit Europas im Umgang mit sich selbst und vertieft schon längst bestehende Risse in den europäischen Gesellschaften« (Wirsching 2012, 370). Ethnizität – verstanden als Prozess der Grenzziehung, der Demarkation der eigenen kulturellen Identität gegenüber anderen und der abgrenzenden Klassifizierung der »Anderen« – tritt verstärkt vor allem unter Bedingungen großer, rapider sozialer Veränderungen auf: »Generally speaking, social identity becomes most important the moment it seems threatened« (Eriksen 2010, 81). Der fundamentale soziale, demographische, ökonomische und religiöse Wandel, der zur Zeit in Europa vor sich geht, wird mit Hilfe eines kulturpessimistischen Abstiegs-Narrativs interpretiert und verarbeitet: Sowohl der bisherige Wohlstand als auch die bisherige europäische Lebensform in der offenen Gesellschaft wird als bedroht empfunden – durch die Globalisierung und das alte Gegenüber Europas: Asien, der Islam. Ivan Krastev kommt deshalb zu dem Schluss: »Today a majority of Europeans view themselves as losers … [from globalization]. Forced to decide between opening their borders in order to preserve their prosperity and closing them in order to preserve the cultural identity of their societies, Europeans have turned against those imposing such a Hobson’s choice. They want both: prosperity and fortress Europe.« (Krastev 2011, 16)

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass die Verknüpfung von Prozessen einer rapid fortschreitenden Säkularisierung einerseits und einer wachsenden religiösen Pluralisierung andererseits eine Haltung der »kulturellen Verteidigung«, der kulturellen Grenzziehung in Teilen der Bevölkerung verstärkt. Die Auflösung des christlichen Milieus wird zugleich mit dem Wachstum und der raschen Institutionalisierung des Islam erlebt: Während katholische Kirchen und Klöster geschlossen, verkauft oder an christlich-orthodoxe Migrantenkirchen vergeben werden müssen, werden parallel große muslimische Bauten errichtet. Ebenso wird das demographische Schrumpfen der eigenen ethnischkulturellen Gruppe mit dem Anstieg der muslimischen Bevölkerung verglichen. Damit verbundene Abstiegsängste bilden den Boden dafür, dass Ethnopolitik erfolgreich die paranoide Imagination einsetzen kann, dass die Anderen/ die Muslime auf dem Sprung seien, kulturell und religiös die Dominanz zu übernehmen und die Gesellschaft zu »islamisieren«. Eine zentrale Rolle in diesen Prozessen spielen politische Parteien, vor allem

Die Suche nach der Identität des säkularen Europa und der Islam

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jene im rechten, nationalpopulistischen, rechtsradikalen Spektrum der Parteienlandschaft, die nicht nur Politik mit dem Fremden machen, sondern auch Politik mit den Folgen kultureller und religiöser Umbrüche, und dabei beide Stränge verbinden. In dieser politischen Strategie werden kulturelle Identitätsängste politisch bewirtschaftet, christliche Motive und Symbole für die politische Mobilisierung nationaler Gefühle gezielt instrumentalisiert und der gesellschaftliche Wandel in den Deutungsrahmen des Kulturpessimismus gestellt,822 wonach sich die nationale Mehrheit gegen die Bedrohung der eigenen Kultur und die »Invasion« des Fremden wehren müsse. Wie in Kapitel II.4 ausgeführt wurde, sind mehrere rechtsradikale Parteien in Westeuropa bereits seit den 1990er Jahren auf diese Strategie eingeschwenkt, als Verteidiger des »christlichen Abendlands«, der christlichen Traditionen und der christlichen Kultur aufzutreten. Wie oben bereits gezeigt, setzt beispielsweise die FPÖ den Wiener Stephansdom als nationales Symbol massiv in ihrer Mobilisierung ein – vor allem im Wahlkampf zu den Wiener Gemeinderatswahlen 2005, den Nationalratswahlen 2006 und zu den Wiener Gemeinderatswahlen 2010. Mit dieser Strategie – bis hin zur Kundgebung der FPÖ vor dem Stephansdom im Oktober 2010, bei der die Kathedrale durch blaues Licht in die Parteifarbe getaucht wurde – versucht die Partei, ihren politischen Kampf durch die symbolische Herstellung einer Nähe von nationalistischer Politik und Religion sakral aufzuladen, religiös zu überhöhen und den Stephansdom als Symbol der Nation visuell zu vereinnahmen. Die Vereinnahmung christlicher Symbole durch die FPÖ führte zu Protesten und scharfer Kritik seitens der katholischen Kirchenleitung: ein Indikator dafür, dass es hier zu einem Konflikt zwischen der traditionellen religiösen Institution und dem Nationalismus kommt, der als modernes Glaubenssystem einer religiösen Fundierung bedarf, um überdauern zu können (cf. Langewiesche 2009, 530). Dass die strategische politische Vereinnahmung religiöser Symbole erfolgreich sein kann, liegt auch daran, wie beschleunigt, massiv und tiefgreifend die Umbrüche innerhalb der institutionellen Matrix des Nationalstaats, des Sozialstaats, der Wirtschaft, aber auch innerhalb der kulturellen und religiösen Matrix unter den Bedingungen des globalen Zeitalters ablaufen. In diesem Kontext großer sozialer, politischer, ökonomischer und kultureller Unsicherheit und Unübersichtlichkeit gelingt es parteipolitischen Akteuren, mit einfachen, leicht verständlichen und emotionalisierenden Kampagnen zu Symbolen wie »Minarett«, »Weihnachten« oder »Nikolaus« kulturell-religiöse Identitätsmuster 822 Siehe dazu Stern 1953. – In seinem bedeutenden Werk arbeitete der Historiker Fritz Stern die Rolle kulturpessimistischer Schriften und Ideologien für den Aufstieg des Nationalsozialismus heraus.

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und –reaktionen aufzurufen. Mit diesen ethnopolitischen Kampagnen lassen sich diffuse, unartikulierte Bedrohungsgefühle und Verlusterfahrungen kristallisieren und aufhängen. Rechtsradikalen Parteien gelingt es damit überdies, an der gesellschaftlichen Mitte anzuknüpfen, in den Mainstream vorzustoßen und z. B. auch Brücken zu konservativen kirchlichen Kreisen aufzubauen. In einer Phase sozialer Unsicherheit unter globalen Bedingungen, in der auch die gesellschaftliche Mitte von einem ökonomischen Abstieg bedroht ist, verstärken sich neo-nationalistische Tendenzen eines Rückzugs unter den Schutz der geschlossenen Nation, entsteht ein gesellschaftliches Klima aggressiver Gereiztheit, in dem sich Konflikte um kulturelle Differenzen verschärfen und sich der alte Hass auf die »Anderen« – Juden, Roma, Muslime, Flüchtlinge, … – offen zeigt. Es wäre jedoch verkürzend, diese Auseinandersetzungen rund um kulturelle und religiöse Symbole, Themen und Identitäten als Kulturalisierung der »eigentlichen«, sozialen Konflikte zu interpretieren. Das Verhältnis zwischen der kulturellen und der sozialen Frage – zwischen Konflikten, in denen es um die Anerkennung partikulärer Identitäten, und solchen, in denen es um soziale Gerechtigkeit geht (s. Honneth/ Fraser 2003) – ist komplexer. Kulturelle und religiöse Identitäten haben in den letzten Jahrzehnten, im Kontext des Entstehens postindustrieller Gesellschaften, einen Aufschwung erlebt. Mit Wieviorka kann man feststellen, »dass die kulturellen Differenzen im Mittelpunkt der entscheidenden Debatten stehen« (Wieviorka 2003, 42). Er vertritt die These, »… daß wir in den sechziger Jahren in eine neue Art gesellschaftlicher Verhältnisse und in neue Formen des kollektiven Lebens eingetreten sind, die den traditionellen Rahmen unserer Analyse sprengen und uns in einen Bereich jenseits der gewohnten Grenzen von Staat und Nation katapultieren.« (Wieviorka 2003, 38)

Inmitten der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Krisen wird Differenz als Bedrohung der gesellschaftlichen (nationalen) Integration wahrgenommen. Die gesellschaftliche Mitte reagiert auf kulturelle und religiöse Differenz gereizt, abwehrend und mit Schließungen. Wieviorka stellt dazu prägnant fest: »In der Formulierung der neuen sozialen Frage sind das Kulturelle und das Soziale also von vornherein vermischt« (Wieviorka 2003, 47). In den gegenwärtigen gesellschaftlichen Debatten rund um die muslimischen Zuwanderer wird diese Vermischung unmittelbar greifbar, wenn sich z. B. die kulturelle Abwehr mit dem Motiv der Bedrohung des Sozialstaats durch schlecht ausgebildete Zuwanderer oder durch Migranten, die das soziale Transfersystem missbrauchen würden, verbindet, oder wenn 2009 in Deutschland – mitten in der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise – von einem Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank eine Debatte über die muslimische (arabische und türkische)

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»Unterschicht« und ihren negativen Einfluss auf die soziale, wirtschaftliche und geistige Entwicklung des Landes vom Zaun gebrochen wird.823 Selbstverständlich gibt es gesellschaftliche Konflikte, deren sozialer Kern durch »Ethnisierungen« und »Kulturalisierungen« verdeckt wird; doch sollte man nicht alle Konflikte, in denen kulturelle und religiöse Faktoren eine Rolle spielen, pauschal auf einen »letztlich« sozialen Kern zurückführen, will man die Komplexität der sozialen Welt nicht reduzieren.824 Gerade in den empirischen Fallstudien von Moscheebaukonflikten finden sich komplexe Gemengelagen sozialer, politischer, kultureller und religiöser Faktoren, die nicht einfach aufeinander reduzierbar sind. In den Konflikten in Bad Vöslau oder in der Schweizer Minarettverbotsinitiative beispielsweise erweist sich ein »religiöser Glutkern« als bedeutender – wenn auch nicht der einzige oder entscheidende – Faktor des Konflikts, nämlich die Unbedingtheit harter exklusivistischer religiöser Positionen in evangelikalen und rechtskatholischen Kreisen gegenüber dem Islam. An diese Unbedingtheit schließt eine immigrationsfeindliche, kultur-protektionistische Politik rechtsradikaler Parteien an. Diese Politik bedient sich der Energie absoluter religiöser Wahrheitsansprüche und der Konkurrenz von Religionen; zugleich erleichtert die paranoide, »fundamentalistische Gestalt« der Ideologie, Rhetorik und Strategie dieser politischen Parteien eine Zusammenarbeit mit religiösem Fundamentalismus.

3.

Nationale Politik des religiösen Raums und Politisierung von Ethnizität

»Die abfällige Haltung, der Akt der Verleumdung anderer, erlaubt Leuten zusammen zu rücken. Die Identifikation einer äußeren Bedrohung, ob real oder imaginär, stellt Brüderlichkeit her. Unsere modernen Führer haben nur ein altes Rezept wiederbelebt: Man muss nur eine verantwortliche Partei bezeichnen, wie unschuldig sie immer sein mag, um das Übrige zu rechtfertigen.« Albert Memmi: Racism (Memmi 2000, 63)

Einleitung: Prozesse der Denationalisierung und der Re-Nationalisierung Einer der führenden Theoretiker der Globalisierung, Robert Robertson, hat früh auf ihre komplexe Dialektik zwischen universalisierenden und partikularisie823 Thilo Sarrazin/ Frank Berberich (2009) ›Klasse statt Masse. Von der Hauptstadt der Transferleistung zur Metropole der Eliten‹: Lettre International 86, 197 – 201. 824 Hüttermann beispielsweise stellt fest, bei Moscheebaukonflikten handle es sich um ein rein soziales Problem, um gesellschaftliche Rangordnungskämpfe, die mit Religions- oder Wertekonflikten nichts zu tun hätten (Hüttermann 2011).

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renden Entwicklungen hingewiesen: »Globalisierung umfasst die Simultanität des Universalen und des Partikularen« (Robertson 1992, 172). Eine Facette dieser Dynamik ist die starke Spannung zwischen entnationalisierenden Prozessen v. a. im Bereich der Wirtschaft und der Finanzwelt sowie re-nationalisierenden Prozessen der nationalen Politik, vor allem im Bereich der Migrationspolitik. Sassen spricht von den »opposite turns of nationalism«: Während die Nationalstaaten die Grenzen für den Fluss an Kapital, Waren, Informationen öffnen, machen sie ihre vollen Souveränitätsrechte geltend, wenn es um die Kontrolle der äußeren, territorialen Grenzen gegenüber Zuwanderern und Flüchtlingen und um die Kontrolle der internen, symbolischen Grenzen der Nation geht: »Economic globalization denationalizes national economies; in contrast, immigration is renationalizing politics« (Sassen 1996, 63). Dieser Zusammenhang zeigt sich auch im Fall der Moscheebaukonflikte: Die Migrationen seit den 1960er Jahren sind – auch wenn sie selten so betrachtet werden – Teil der Dynamik der Globalisierung und Transnationalisierung, der staatliche und politische Umgang damit erfolgt aber in den Kategorien des Nationalen. Ein markantes Beispiel für Österreich sind die Änderungen der Bau- und Raumordnungen in Kärnten, Vorarlberg und Niederösterreich mit der Intention, große sichtbare Moschee- und Minarettbauten in Zukunft auf legalem Weg verhindern zu können. Parallel zur ethnischen, kulturellen, religiösen und sprachlichen Pluralisierung der Gesellschaft im globalen Zeitalter versuchen nationalstaatliche Organe (Landesregierungen, Landesparlamente, Landesverwaltung) und die politischen Parteien, die sie bilden, den Wählern zu vermitteln, dass sie den symbolischen Raum des Nationalstaats homogen erhalten und gegen eine Pluralisierung schützen wollen. Sichtbare, repräsentative Moscheebauten würden die ideologische Basis des Nationalstaats – die vorgestellte ethnisch-kulturelle Einheit und Homogenität – schwächen und die Erosion des Nationalen sichtbar machen. Der sich real vollziehende soziale Wandel in Richtung größerer Diversität würde durch die repräsentativen Moscheen und Minarette räumlich, physisch, durch dauerhafte Bauten manifest und könnte nur mehr schwer aus der nationalen Imagination, aus dem nationalen Selbstbild ausgeschlossen werden. Die Moscheebaukonflikte verlaufen besonders heftig und emotional, weil sie durch die negativen Klassifizierungen des Islam im Kontext globaler Konflikte zusätzlich verschärft werden. Die Grenzziehung nach außen und nach innen – gegenüber den »Volksfremden«, den »Gemeinschaftsfremden« – ist der zentrale Mechanismus, mit dem der Nationalismus seine soziale Bindungs- und Integrationskraft für die Bevölkerung des Nationalstaats, das »Wir-Bewusstsein«, entfaltet, über das sich die Nation erst definiert und mit dem der Staat seine Souveränität über das nationale Territorium demonstriert. Eine restriktive Politik im Bereich der Immigrationspolitik, der Flüchtlingspolitik, des Staatsbürgerschaftsrechts, der

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nationalen Sicherheit, aber auch im Umgang mit religiösen Minderheiten kann dazu dienen, den teilweisen Souveränitätsverlust des Nationalstaats und der nationalen Regierungen durch die ökonomische Globalisierung, aber auch durch die EU-Integration mittels einer Demonstration staatlicher Souveränität und der Macht des Staates, seine Bürger zu schützen, zu kompensieren. Diese Politik erfolgt vielfach in Form symbolischer Politik, die die nationale Identität stärken soll und der nationalen Mehrheit Sicherheit vermitteln will, indem sie mit Ausschließungsritualen symbolisch befriedigt und das fragile, konstruktive ›Wir‹ der Nation über Abgrenzungen und Feindbilder stabilisiert werden soll.

3.1

Lokale Ethnopolitik in Bezug auf den Islam

Die Analyse der politischen Entwicklung, die in Kärnten und in Vorarlberg 2008 zur Änderung der Bau- und Raumordnung geführt hat, erlaubt einen Einblick in die Techniken und Mechanismen politischer Macht mit Hilfe einer Politisierung von Ethnizität oder »Ethnopolitik«. Im Fall von Kärnten wird der Innenumbau eines ehemaligen Bauernhauses in Spittal an der Drau zu einem kleinen muslimischen Zentrum mit Gebetsraum durch den Verein ATI˙B Spittal an der Drau vom BZÖ unter dem damaligen Landeshauptmann Dr. Jörg Haider dazu genützt, um verschiedene politische Ziele zu erreichen: - mit dem emotionalisierenden Thema »Moscheebau« politisch zu mobilisieren und zu polarisieren, um so eine hohe öffentliche, mediale Aufmerksamkeit – bis zu den internationalen Medien – zu erzielen; - in der Konkurrenz mit der FPÖ, von der sich die Haider-Partei (BZÖ) abgespalten hatte, das politisch ergiebige Moscheebauthema ebenfalls zu besetzen und sich durch die Änderung der Bauordnung in der nationalen Öffentlichkeit als die effizientere politische Kraft, die repräsentative Moscheebauten verhindern kann, zu profilieren; - mit einer ethnopolitischen Mobilisierung die Bevölkerung von wirtschaftlichen und finanziellen Problemen des Bundeslandes ablenken und sich in der Öffentlichkeit als starker nationaler Beschützer »einheimischer Kultur und Landschaft« präsentieren zu können. Dabei waren sich diese politischen Akteure völlig im Klaren darüber, dass in Spittal in der Liesersteggasse weder eine klassische Moschee mit Minaretten und Kuppeln im Entstehen war noch eine gefährliche radikal-islamistische Gruppe existierte, die man seitens der Landespolitik in die Schranken weisen müsste. Zudem zeigen die Diskussionen in den zuständigen Ausschüssen des Landtags,

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dass man die Gesetzesnovelle im vollen Bewusstsein durchsetzte, dass sie – weil sie einen Eingriff in die durch die Verfassung garantierte Religionsfreiheit einer einzelnen Religionsgemeinschaft darstellt – nicht verfassungskonform sein konnte. Dieses politische Kalkül wird auf Kosten einer Bevölkerungsgruppe angewendet, die wegen ihrer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Position und ihrer gesellschaftlichen Isolation besonders verletzlich ist und durch diese politischen Vorgänge zusätzlich stigmatisiert wird. Ähnliches ist bei den politischen Vorgängen in Vorarlberg zu beobachten, die zur Änderung der Bau- und Raumordnung geführt haben. Die politische Konstellation ist anders als in Kärnten, weil die Vorarlberger Landesregierung durch die ÖVP dominiert wird und die FPÖ der Minderheitspartner in der Regierungskoalition war. Wie im Fall der politischen Kommunikation des Kärntner BZÖ wird das Moscheeprojekt des Vereins ATI˙B Bludenz durch Vertreter der Vorarlberger Landespolitik parteipolitisch gezielt instrumentalisiert, im Vorarlberger Fall in einer Konkurrenz zwischen ÖVP und FPÖ. Vertreter der Landesregierung stilisieren den geplanten Antritt einer Migrantenliste bei den Landtagswahlen und den geplanten Moscheebau in Bludenz diskursiv zu einer Bedrohung der Integrität des Bundeslandes und präsentierten sich den Wählern als starke schützende Kraft – obwohl zu diesem Zeitpunkt weder eine Einreichung des Moscheebauprojekts in Bludenz existierte noch das Antreten der Liste feststand. Wie auf der globalen, geopolitischen Ebene die Konstruktion des politischen Mythos »Islam als Feind« politischen, militärischen, strategischen und anderen Interessen dient, so ist diese Konstruktion, die über die konkrete muslimische Gemeinde vor Ort gelegt wird, auch im Bereich des Lokalen politisch nützlich. In einem global gespannten, stark islamkritischen und islamfeindlichen Klima ist es für lokale politische Entrepreneure außerordentlich vielversprechend, mit dem religiösen Marker »Islam« zu mobilisieren und die Bevölkerung über dieses brisante Thema anzusprechen, das eine spezielle Gelegenheitsstruktur für Ethnopolitik darstellt. Dazu ergreifen sie jede Möglichkeit – sei es ein nicht existierender Moscheebau oder die imaginäre Bedrohung durch einen geplanten Moscheebau und seine Betreiber. Dabei kann man, was Olivier Roy als Defizit der westlichen Politik im globalen »Krieg gegen den Terror« konstatiert, auch auf die Ebene der lokalen Politik beziehen. Die unklare, diffuse, imaginäre Bestimmung eines »Feindes«, gegen den man antritt, sei die Erklärung für zwei Dinge: »einmal die Heftigkeit und Leidenschaft, mit der die Debatte geführt wird, welche immer vage und manchmal auch hysterisch ist, und dann die offenkundige Ohnmacht, der Wirklichkeit entsprechend zu handeln, weil man unfähig ist, eine kohärente Politik zu definieren.« (Roy 2007, 60) Die Fälle in Kärnten und Vorarlberg sind lokale Beispiele für gezielte Ethnopolitik, d. h. für das Einbringen ethnischer Faktoren in die politische Arena, für eine Politisierung von Ethnizität zugunsten bestimmter Interessen, wie dies

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in den letzten Jahren auch in zahlreichen Konflikten weltweit geschieht und in manchen Fällen zu extremen Ausbrüchen von Gewalt führt. Joseph Rothschild hat in seiner politikwissenschaftlichen Analyse herausgearbeitet, was die anhaltende, hohe Attraktivität und Nützlichkeit des Ethnischen (Kulturellen/ Religiösen) im Kampf um politische Macht und Machterhalt in den modernen westlichen Gesellschaften ausmacht: In der rationalisierten, technologischen modernen Welt erfülle die ethnische Gruppe elementare Bedürfnisse nach Sinn, Zugehörigkeit, Gemeinschaft, Identität, Selbstachtung (cf. Rothschild 1981, 5). Die ethnische Bindung besitzt daher ein hohes emotionales Potential: Wird mit Szenarien der Bedrohung der eigenen ethnischen Gruppe politisch agitiert, dann werden zugleich diese elementaren Bedürfnisse berührt und intensive Emotionen hervorgerufen. Ethnopolitische Akteure verbinden diese emotionale Kraft des Ethnischen/ Nationalen mit dem kühlen Kalkül politischer Strategien – aus dem Ethnischen als soziale, kulturelle und religiöse Größe wird ein machtvoller politischer Hebel für bestimmte Ziele (s. Rothschild 1981, 60ff). Dieser politische Mechanismus wird in den gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen rund um Muslime und ihre Bauten deutlich: Im Vordergrund geht es um die Inklusion/ Exklusion dieser sozialen Gruppe, zugleich aber um einen Kampf um die grundlegende Orientierung der Gesellschaft, um unterschiedliche politische Ordnungsvorstellungen und um politische Macht. Ethnopolitik in Bezug auf den Islam gib sich als politische Auseinandersetzung mit dem »Feind im Inneren« aus – tatsächlich erweist sich die Politisierung des Islamthemas durch rechtsradikale Parteien in Europa als besonders effektiver Hebel der Massenmobilisierung und für den Angriff auf die etablierten politischen Parteien, auf die »Eliten«, die einer Förderung von Immigration, von »multikultureller Politik« und von Muslimen beschuldigt werden. Was John Bowen bezogen auf die Angriffe rechter Politiker auf den niederländischen Multikulturalismus festgestellt hat, gilt auch für andere Länder : »…Es bleibt rhetorisch nützlich, die kulturelle Kritik an Religion mit einer populistischen Kritik vergangener Eliten zu verknüpfen« (Bowen 2011).825 Je düsterer, mythischer und millenaristisch-apokalyptisch die »Gefahr des Islam« und der »Islamisierung« Europas dargestellt werden, desto mehr Druck kann auf die etablierten Parteien ausgeübt werden – weil sie dafür verantwortlich gemacht werden, dass sich durch Zuwanderung eine große muslimische Bevölkerung überhaupt entwickeln konnte. Eine sachgemäße, nüchterne »Politik der Differenz« wird dadurch zusätzlich blockiert: Die etablierten Parteien müssen vermeiden, in einem Klima sich verhärtender Islamfeindlichkeit – allein schon durch die gesetzeskonforme Genehmigung muslimischer Sakralbauten – als 825 Original: »… it remains rhetorically useful to link the cultural critique of religion to a populist critique of past elites«.

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»Förderer der Muslime« hingestellt zu werden und so in die Falle rechtspopulistischer Angriffe zu laufen.

3.2

Moscheebaukonflikte als Medien der nationalen Gemeinschaftsbildung und Selbstverständigung

In den untersuchten Moscheebaukonflikten in Österreich wird ihre Rolle für die erneuerte Konstitution der Nation sichtbar : Sie ermöglichen es der »imaginären Gemeinschaft« der österreichischen Nation, sich in den öffentlichen Auseinandersetzungen selbst zu erfahren, sich neu zu konstituieren. Gleichzeitig erlauben diese Konflikte den unterschiedlichen nationalen Eliten, ihre politische Legitimität zu stabilisieren. Die großen nationalen Debatten rund um Moscheeund Minarettbauprojekte der letzten Jahre in Österreich – vor allem in den Fällen Telfs, Bludenz, Bad Vöslau, an denen zahlreiche Eliten, Gruppen und Akteure beteiligt sind – können aus dieser Sicht als Medien der Selbstverständigung der Gesellschaft betrachtet werden: - In diesen Konflikten kann sich die Gesellschaft über sich selbst, ihre Identität, über das Ganze der Gesellschaft verständigen. - In diesen Konflikten werden die Anderen, die Fremden identifiziert, klassifiziert und ihre Position im sozialen Raum der Nation öffentlich und kollektiv ausgehandelt – d. h. definiert, wer zur nationalen Gemeinschaft gehört und dadurch gleiche Rechte, Freiheiten und Solidarität in Anspruch nehmen kann, und wer nicht. - Mit Hilfe dieser Konflikte kann sich die dominante nationale Mehrheit als nationales »Wir« erfahren und definieren. Über die Ausgrenzung der Minderheit kann ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und durch ihre Inferiorisierung ein Gefühl der Überlegenheit erzeugt werden. Die Nation konstituiert sich in diesen Diskursen und Prozessen der Inklusion bzw. Exklusion neu.826 - Mit diesen Konflikten kann die Mehrheitsgesellschaft mit den Fremden indirekt kommunizieren, indem Einbeziehung oder Distanz, Anerkennung oder Ausgrenzung signalisiert werden. - Mit diesen Konflikten erfolgen aber auch Lernprozesse der Gesellschaft, was die Wahrnehmung demographischer Veränderungen, die sprachliche, ethnische, kulturelle und religiöse Pluralisierung der Bevölkerung und damit verbunden das Selbstverständnis der Nation und Demokratie betrifft. 826 Billig hat festgestellt, dass der Nationsbildungsprozess nicht einfach abgeschlossen ist, sondern die etablierten Nationalstaaten ihren Status ständig neu bestätigen müssen (Billig 1995). Hinweis: Sunier 2010, 163.

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Ich spreche bewusst allgemein über Konflikte um den Bau religiöser Gebäude nichtchristlicher Religionen, nicht allein über Konflikte rund um Moscheebauten. Denn Fälle wie zum Beispiel der regionale Konflikt rund um den geplanten Bau eines buddhistischen Stupa in Gföhl (Niederösterreich) Ende 2011/ Anfang 2012 demonstrieren, dass sehr ähnliche Prozesse auch bei Bauwerken anderer Religionen ablaufen können. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ähnliche Prozesse nationaler Gemeinschaftsbildung in der Abgrenzung gegen Asylbewerber, Flüchtlinge, Roma und andere Gruppen erfolgen. Der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz stellt dazu fest: »Ressentiments schaffen der Mehrheit, die sie lebt und agiert, das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Überlegenheit auf Kosten von Minderheiten, die definiert, diskriminiert, ausgegrenzt und verfolgt werden« (Benz 2012, 28 f). Metaphorisch gesprochen, ereignet sich in den Moscheebaukonflikten ein Drama in der diskursiven Arena der Öffentlichkeit: als Anklage des Außenseiters/ des Fremden/ des Anderen durch den Chor der Mehrheit, unterbrochen durch vereinzelte Stimmen der Verteidigung. Dem Anderen wird vorgeworfen, seinen Platz in der »Ordnung der Dinge« verlassen zu wollen, auf einen gleichberechtigten Auftritt im öffentlichen Raum und auf seiner Zugehörigkeit zur Nation zu bestehen und dadurch die bestehende nationale Ordnung in Frage zu stellen. Vom Chor wird das Urteil gesprochen, der Andere hat wieder seine Position einzunehmen bzw. zu akzeptieren. Auf diese Weise werden die bestehenden hierarchischen Beziehungen zwischen dominanter ethnischer Mehrheit und Minderheit bestätigt und befestigt. Das Drama bringt die Macht der Mehrheit über den zum »Anderen« Erklärten zum Ausdruck, da die Mehrheit über den Anderen öffentlich spricht, ihn anklagen, verurteilen kann. Über den Anderen aber wird gesprochen, er selbst hat in der Regel keine Stimme vor Gericht. Für den tunesisch-französischen Soziologen Albert Memmi charakterisiert gerade die Macht den Anderen zu definieren, die Abhängigkeit des Dominanten vom Anderen für seine eigene Identitätsbildung sowie der Inhalt der Definition, der die Herrschaftsbeziehung legitimiert, den Rassismus als soziales System (cf. Martinot 2000, xxvi). Zudem erfüllt die Gemeinschaftsbildung/ Inklusion der nationalen Mehrheit, verbunden mit der Ausgrenzung der nichtnationalen »Anderen« als ihrem Schatten, gerade in ökonomisch und sozial schwierigen, unsicheren Zeiten das Bedürfnis nach Sicherheit, Achtung, Zugehörigkeit und Bestätigung der eigenen Überlegenheit. An den Moscheebaukonflikten zeigt sich deutlich die Asymmetrie der Öffentlichkeit moderner Demokratien entlang ethnisch-religiöser Linien, d. h. eine spezifische Form asymmetrischer Machtpositionen innerhalb der Öffentlichkeit. Diese Asymmetrien können nicht – wie Habermas meinte – im öffentlichen Dialog eingeklammert werden, sodass man sich austauschen und kommunizieren könnte, als wäre man gleichberechtigt (cf. Fraser 1991; 2001). Diese

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Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter

Asymmetrien in der öffentlichen Kommunikation zeigen sich auch in den großen, nationalen, öffentlichen Moscheebaudebatten der letzten Jahre in Österreich: Die jeweiligen Betreiber der muslimischen Bauprojekte sind in den öffentlichen Diskussionen bei weitem weniger sichtbar als andere Akteure, sie erhalten weitaus weniger Aufmerksamkeit und Gehör in der Sphäre der Öffentlichkeit als Gegner der Bauprojekte, Politiker oder Kirchenvertreter als Vertreter der dominanten ethnisch-religiösen Mehrheit. Der öffentliche Einfluss der Bauherren muslimischer Projekte auf den Verlauf der gesellschaftlichen Debatte über ein Moscheeprojekt ist gering. Die Moscheebaudebatten werden überwiegend über die Köpfe der betroffenen muslimischen Organisationen und ihrer Funktionäre geführt. Wenn Stellungnahmen und Interviews mit diesen publiziert werden, dann erfolgen diese in der Regel bereits unter dem Eindruck eines massiven öffentlichen Drucks und damit in einer Weise, die nur mehr defensiv auf die vorgebrachten Einwände reagieren kann, die eigenen Themen und Sichtweisen aber kaum öffentlich in Stellung und zu Gehör bringen vermag. Die öffentlichen Kommunikationschancen sind in den nationalen Moschee- und Islamdebatten ungleich verteilt. Damit sind die Grundmerkmale des normativen Modells von Öffentlichkeit – das Gleichheitsprinzip in Form gleicher und fairer Kommunikationschancen, die Offenheit für Beiträge und die argumentative Form der öffentlichen Diskussion (Peters 2007a) – nicht gegeben. Es zeigt sich ein strukturelles Muster, was die Position der Muslime als marginalisierte Minderheit in der Öffentlichkeit betrifft: Die eingeschränkte, behinderte Sichtbarkeit ihrer Bauten im öffentlichen Raum spiegelt sich in der beschränkten Sichtbarkeit der Muslime in der öffentlichen Kommunikation über diese Bauprojekte wider, ebenso in der Unsichtbarkeit der konkreten, individuellen Personen hinter dem negativen Stereotyp »Muslime«, das über sie gestülpt wird. Die ungleichen Chancen zur Teilhabe an der öffentlichen Diskursarena im Fall der Moscheebaukonflikte korrespondieren mit den ungleichen Chancen der Partizipation der muslimischen Bevölkerung, ihrer Bauten, Feste, Symbole und inhaltlichen Positionen im öffentlichen Raum der Nation. Besonders deutlich wurde diese verzerrte, asymmetrische und nichtdiskursive Gestalt öffentlicher Kommunikationsverhältnisse in Österreich in Sachen Islam und Muslime bei der Debatte, die nach einem Interview mit dem damaligen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft Anas Schakfeh im August 2010 einsetzte. In diesem Interview sprach er davon, dass es zukünftig in jeder Landeshauptstadt eine repräsentative Moschee mit Minarett geben solle. Die öffentliche, politische und mediale Reaktion, die sich in einer mehrere Tage dauernden Debatte in den nationalen Medien niederschlug, bestand nicht in einer argumentativen Auseinandersetzung und klärenden Diskussion. Vielmehr wurde diese Aussage von Schakfeh öffentlich als Skandal definiert – ohne Begründung, worin der Skandal, das Vergehen oder die Normverletzung bestünde.

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Die Diskussion wurde unmittelbar zum Monolog und zum homogenen Diskurs darüber, dass mit dem Anspruch auf Errichtung repräsentativer Moscheen eine selbstverständliche, selbstevidente Norm verletzt werde und dieser Anspruch illegitim sei. Von Seiten führender Funktionäre der FPÖ kam es zu extrem feindseligen und abwertenden Klassifikationen; der Partei war es bei diesem öffentlichen, nationalen Akt der Grenzziehung gegenüber den Muslimen möglich, als Teil der gesellschaftlichen Mitte zu agieren. Dominierende Eliten der nationalen Öffentlichkeit – Medien, Regierungsvertreter, Parteipolitiker, etc. – demonstrierten ihre Macht, den Ansprüchen und Rechten der »Gemeinschaftsfremden« öffentlich die Legitimität abzusprechen, ohne diese Zurückweisung diskursiv begründen zu müssen. Wenn die Konflikte auch in sich vielstimmig sind, so dominiert bei den untersuchten Moscheebaukonflikten letztlich eine Dynamik der Abgrenzung, Ausgrenzung und Schließung gegenüber der muslimischen Minderheit, bei der die dominante nationale Mehrheit ihren Vorrang in der hierarchischen Beziehung, ihre Dominanz und zugleich die Unterordnung der Minderheit öffentlich ausdrückt und bestätigt. An diesen sozialen Prozessen zeigt sich die zweifache Logik des Rassismus, wie sie Wieviorka definiert (cf. Wieviorka 1992, xv): eine Logik der Inferiorisierung, die die Minderheitsgruppe ungleich behandelt und sie »unten« hält, sowie eine Logik der Unterscheidung, die ihre Fremdheit, Andersheit betont, sie damit auf Distanz hält und so eine Ungleichbehandlung und Ausgrenzung begründet. Der öffentliche Druck auf die Betreiber der Moscheebauprojekte wird erst dann gelockert, wenn diese Unterordnung symbolisch bestätigt wird – wenn z. B. der Telfser muslimische Verein die Höhe des Minaretts verkürzt hat, der Vöslauer muslimische Verein auf die traditionelle Gestalt der Moschee verzichtet hat oder der Bludenzer muslimische Verein den Moschee- und Minarettbauplan überhaupt zurückzieht. Erst dann legt sich die kollektive Erregung wieder, die in den Moscheebaukonflikten zu Tage tritt. Insgesamt können die Moscheebaukonflikte, wie gesagt, als Form der Selbstverständigung und Integration der Gesellschaft durch das Medium der Öffentlichkeit aufgefasst werden. Die österreichischen nationalen Moscheebaudebatten – v. a. rund um die muslimischen Bauprojekte in Telfs, Bludenz, Spittal a. d. Drau, Bad Vöslau – nehmen auf diese Weise gesellschaftlich und politisch jene Funktion ein, die die großen nationalen Kopftuchdebatten in Frankreich eingenommen haben: Das Tragen des islamischen Kopftuchs an öffentlichen Schulen in Frankreich wird ab 1989 zum Fokus der Islamdebatten, die in den Jahren 2003/04 einen Höhepunkt erreichen und im März 2004 im gesetzlichen Verbot des Tragens religiöser Kleidung und Symbole an öffentlichen Schulen münden.827 In Österreich konzentriert sich die nationale Islam827 S. McGoldrick 2006; Amir-Moazami 2007; Bowen 2007; 2011; Amiraux 2007; 2010.

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debatte dagegen auf das Thema der Errichtung von Moschee- und Minarettbauten. Diese werden zum Brennpunkt der öffentlichen Ausverhandlungsprozesse über die Position des Islam im Selbstbild der Nation, über Fragen der nationalen Zugehörigkeit bzw. Exklusion. Dieser Umstand scheint der Schlüssel zu sein, um die rätselhafte Diskrepanz zu erklären, dass es in Österreich ein sehr restriktives Staatsbürgerschaftsrecht, verbreitete fremdenfeindliche Einstellungen, starke rechtspopulistische Parteien und deren ausländerfeindliche politische Kampagnen usw. gibt und gleichzeitig ein nicht-restriktives, tolerantes Modell bezogen auf das Tragen des islamischen Schleiers (sowohl Kopftuch als auch Burka und Tschador) im öffentlichen Raum existiert. Intensive öffentliche Kontroversen rund um das Kopftuch gibt es in Österreich nicht. In einem Beitrag über den Umgang mit dem islamischen Kopftuch in Österreich aus politikwissenschaftlicher Sicht (Gresch/ Hadj-Abdou/ Rosenberger/ Sauer 2008) wird als Erklärung für dieses »Rätsel« eines der tolerantesten Kopftuchregime in Europa auf das österreichische Kooperationsmodell der Beziehungen zwischen Staat und Religion und auf die staatliche Anerkennung des Islam seit 1912 als Teil dieses Modells rekurriert. Die Autorinnen kommen zum Schluss: »Thus, the distinct state-church framework might be considered most important for explaining Austria’s accommodation of Islamic practices, manifestations, and dress codes« (Gresch/ Hadj-Abdou/ Rosenberger/ Sauer 2008, 417). Das spezifische Modell der »pluralistischen Inklusion« von Religion in Österreich »… accepts and thus welcomes religious symbols in the public sphere« (ibid., 427). Würde diese Einschätzung zutreffen, dann würde sich dieses Modell ebenso auf die Haltung gegenüber Moschee- und Minarettbauten auswirken. Wie wir gezeigt haben, stehen hier jedoch harte Ausgrenzungsprozesse und ein restriktiver, prohibitiver und assimilativer Zugang im Vordergrund. Die zentrale These der Autorinnen kann nur aufrechterhalten werden, indem das Phänomen der Moscheebaukonflikte und der Restriktionen gegenüber der Sichtbarkeit muslimischer Bauten im öffentlichen Raum, die Kluft zwischen den religionsrechtlichen staatlichen Normen und der alltäglichen Praxis, wenn es um religiöse Bauten der Muslime geht, fast vollständig ausgeblendet werden. Sieht man die beiden Phänomene – die Restriktionen gegenüber Moscheebau und die Toleranz gegenüber dem »Kopftuch« in Österreich – zusammen, erscheint eine andere These plausibel: Die Funktion einer symbolischen Schließung der Nation gegenüber dem Islam, einer Vergewisserung und Stabilisierung der vorgestellten national-kulturellen Identität durch die Ausgrenzung der Muslime, die z. B. in Frankreich und Deutschland von den Kopftuchdebatten und -verboten erfüllt wird, übernehmen in Österreich die Moscheebaudebatten und die entsprechenden restriktiven Gesetzgebungen auf Ebene einzelner Bundesländer. Zu klären wäre, von welchen Faktoren es abhängen könnte, dass in der einen Öffentlichkeit der Nation das Kopftuch als signifikantes Symbol des »Anderen«

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konstruiert wird, in anderen nationalen Öffentlichkeiten (z. B. Österreich, Schweiz) aber primär die sichtbare Moschee mit Minarett, die als unvereinbar mit der nationalen Identität, mit dem Bild der nationalen Landschaft betrachtet wird. Möglicherweise könnte eine Rolle spielen, dass in Österreich nationaler Stolz und patriotisches Empfinden stark an die Landschaft geknüpft sind.828 Die Bedeutung des »Framing« Der politische Umgang mit dem Thema Moscheebau steht unter dem Vorzeichen der allgemeinen Politisierung des Themas Zuwanderung. Vor allem Parteien im rechtsradikalen Spektrum wenden ein spezifisches ideologisches »Framing« des Themas an: Zuwanderung wird zunehmend mit »Islam« konnotiert; beide werden zu einer Bedrohung der nationalen Identität, des Arbeitsmarkts, der Sicherheit und des Wohlfahrtssystems konstruiert. Die latent vorhandene, weit verbreitete Fremdenfeindlichkeit wird durch diese Politisierung vom privaten und gesellschaftlichen in den politischen, öffentlichen Bereich transferiert. Erst dadurch werden Zuwanderung und Islam zu einem politischen, öffentlichen Thema (cf. Rydgren 2004, Kap. 5). Die Themen Zuwanderung und Islam erweisen sich – in der Formulierung von Rydgren – als sich »ausdehnende politische Gelegenheiten« (Rydgren 2005, 422). Je problematischer internationale Entwicklungen eines djihadistischen Terrorismus radikaler Splittergruppen und des muslimischen »Neo-Fundamentalismus« werden, je mehr Zuwanderung als Problemszenario aufgebaut werden kann, umso mehr profitieren rechtsradikale Parteien von ihrer engen Verbindung mit dieser Agenda. Bereits ab den 1980er Jahren können radikale rechte Parteien in Europa weithin die Rahmen (frames) und die Prozesse des framing dominieren, mit denen die Wahrnehmung, Definition und die Erfahrung von Zuwanderung organisiert werden (s. Rydgren 2004, 74ff; 172ff). Sie prägen dadurch die politische Agenda und die nationalen Debatten über diese Themen. Teil dieses größeren Rahmens wird das Interpretationsschema für die Themen Islam/ Moschee, das v. a. radikale rechte Parteien und religiös-fundamentalistische Gruppen und Parteien in der Öffentlichkeit durchzusetzen versuchen. In der Kampagne zur Schweizer Minarettinitiative beispielsweise gelang es den beiden Parteien SVP und EDU einen Rahmen durchzusetzen, der zwei Bestandteile enthält:829 (1) ein diagnostisches Element: ›drohende Islamisierung der Schweiz in Form der Einführung der Scharia‹ (Definition des Problems); 828 In einer APA/market-Umfrage vom Oktober 2011 wurden Österreicher befragt, worauf sie besonders stolz seien. An erster Stelle wurde die Schönheit der Landschaft genannt (86 %), vor der heimischen Küche und der Lebensqualität. Quelle: »Der Nationalstolz schwindet«: Der Standard, 24. 10. 2011. 829 Zu den Elementen eines politischen Rahmens s. Rydgren 2004, 172.

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(2) ein prognostisches Element: ›Verbot des Minaretts, das ein erster Schritt in Richtung Einführung der Scharia ist‹ (Definition der Lösung). Dieser Rahmen knüpfte an den größeren Rahmen des europäischen islamfeindlichen Diskurses v. a. seit 2005 und seine zentralen Elemente an. Die Analyse des Stimmverhaltens bei der Minarett-Initiative zeigt, dass es gelang, diesen Rahmen als kognitives Interpretationsschema weithin durchzusetzen und über die konkrete Realität der muslimischen Bevölkerungsgruppe in der Schweiz zu legen. Dabei spielte es keine Rolle, dass sich sowohl die Definition des Problems (1) als auch die Lösung (2) lediglich auf Phantasien stützte. Denn tatsächlich sind keinerlei Bestrebungen oder Aktionen von Schweizer Muslimen in Richtung einer grundlegenden Veränderung der Schweizer Rechtsordnung bekannt; und das Minarett als traditionelles architektonisches Element eines islamischen Sakralbaus hat mit der Scharia nichts zu tun. Die rechtsradikalen Parteien verbreiteten ein diffamierendes Gerücht, ein imaginäres Bedrohungsszenario, um rationale politische Ziele zu erreichen. Der Erfolg dieser politischen Strategie, die in der Annahme des Minarettverbots mündete, hat auch mit der Asymmetrie zwischen rationalen sachlichen und irrationalen paranoiden frames und framing-Prozessen zu tun: Es ist weit schwieriger, stark emotionalisierende, Angst schürende Verschwörungsphantasien, Mythen, Gerüchte und Gefahrenbilder, die gegen eine bestimmte Minderheit in der Gesellschaft gerichtet sind, sachlich aufzuklären als sie durch einfache Behauptungen in die Welt zu setzen. Die Durchsetzung eines islamfeindlichen politischen Mythos kann mit Bourdieu als Form symbolischer Gewalt definiert werden: »Jede Macht zu symbolischer Gewalt, d. h. jede Macht, der es gelingt, Bedeutungen durchzusetzen und sie als legitim durchzusetzen, indem sie die Kräfteverhältnisse verschleiert, die ihrer Kraft zugrundeliegen, fügt diesen Kräfteverhältnissen ihre eigene, d. h. eigentlich symbolische Kraft hinzu.« (Bourdieu/ Passeron 1973, 12)

3.3

Nationale Politik des religiösen Raumes: Großbritannien und Österreich im Vergleich

Prozesse der Globalisierung – einschließlich der internationalen Migrationen seit 1945 – haben vor allem in den europäischen Städten, aber auch in den Regionen zu raschen, tiefgreifenden demographischen Veränderungen geführt, was die ethnisch-religiöse Zusammensetzung der Bevölkerungen betrifft. Die religiöse Topographie Westeuropas hat sich in den letzten 60 Jahren drastisch gewandelt, es entstehen »neue Geographien von Religion« (Kong 2001). Die gewachsene ethnisch-religiöse Diversität drückt sich schrittweise und räumlich-

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konkret im öffentlichen Raum aus. Sie manifestiert sich visuell, architektonisch in der Landschaft durch neue repräsentative Gebäude der verschiedenen Religionsgemeinschaften: Buddhistische Klöster, Moscheen, hinduistische Tempel, orthodoxe Kirchen, Gurdwaras der Sikhs und Gebäude neuer religiöser Bewegungen schreiben sich in den Text des öffentlichen Raumes ein, verweben darin neue Fäden und verändern ihn. Diese Religionsbauten umfassen kleinere Gebäude, deren Sichtbarkeit gering ist, aber auch sehr große, grandiose Bauwerke, die »neuen Kathedralen« (Peach/ Gale 2003, 469) der europäischen Gesellschaften. Wie in den vorangegangenen Kapiteln am Beispiel von Moscheebauten in Österreich dokumentiert wird, können sichtbare, von außen erkennbare Bauten der »neuen«, nichtchristlichen Religionsgemeinschaften zum Gegenstand heftiger Debatten und gesetzlicher wie behördlicher Restriktionen werden. Denn - sie machen die neue kulturelle und religiöse Pluralität im öffentlichen Raum sichtbar ; - sie manifestieren die Präsenz der Anderen durch den gebauten Raum und damit physisch, dauerhaft; - sie widersetzen sich der hegemonialen Besetzung des Raumes und verschieben mit den Raumverhältnissen auch die in ihn eingelassenen Machtverhältnisse; - sie unterlaufen die vorgestellte kulturelle Homogenität der Nation, verändern den symbolischen Raum des Nationalstaats, der imaginären nationalen Gemeinschaft – und gefährden so dessen ideologische Basis. Von daher ist eine wichtige Präzisierung nötig: Es geht nicht einfach um die »umstrittene Sichtbarkeit« von Religionsbauten im öffentlichen Raum als normativem Terrain, das verteidigt wird (cf. Baumann 2012, 372 f), sondern um ihre Sichtbarkeit in der nationalen Öffentlichkeit, im öffentlichen Raum des Nationalstaats. Gerade in der staatlichen Politik des religiösen Raums, im Umgang mit den Bauten religiöser Minderheiten wird die exklusive, ausschließende, homogenisierende Kraft des Nationalismus als »Zivilreligion der modernen Welt« (Wimmer 2006, 335) sichtbar. Zugleich erfordert das Thema Differenzierungen in unterschiedlicher Richtung: Manche auffällige Sakralbauten nichtchristlicher Religionsgemeinschaften rufen keine heftigen öffentlichen Diskussionen und Reaktionen hervor, wie sie von Moscheebauprojekten bekannt sind. Beispiele für die Schweiz sind der Bau des Sikh-Gurudwara in Langenthal oder des buddhistischen Tempels in Gretzenbach (cf. Kley/ Schaer 2010, 5), für Österreich der Bau einer buddhistischen Pagode in St. Michael ob der Gurk (eingeweiht 1993), der ohne Konflikte

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erfolgte.830 Andererseits sind nicht nur Moscheebauprojekte von Kontroversen begleitet, sondern auch Bauten nicht-muslimischer außereuropäischer Religions-gemeinschaften: Beispielsweise war der Bau des großen tamilisch-hinduistischen Tempels in Hamm (Deutschland) am Beginn heftig umstritten (cf. Baumann 2012, 366). Für ein analytisch präziseres Verständnis der Moscheebaukonflikte in Österreich ist es erforderlich, die Moscheebauten in den größeren Kontext der Politik des religiösen Raums zu stellen – zu analysieren, wie staatliche, administrative Behörden mit der Einrichtung und Errichtung von Religionsbauten nichtchristlicher Religionsgemeinschaften in Westeuropa in den letzten Jahrzehnten umgegangen sind und umgehen. Ich ziehe hier als Vergleich die Entwicklungen im United Kingdom heran, da diese in einer mittlerweile breiten wissenschaftlichen Literatur behandelt werden.831 Diese Studien zeigen, dass die Einrichtung von Gebetsstätten der Hindus, Muslime und Sikhs im United Kingdom generell mit Problemen und Konflikten verbunden ist – und zwar sowohl im Fall der Umwandlung von Wohngebäuden in religiöse Zentren als auch im Fall des Neubaus religiöser Gebäude. Beim Umbau von Häusern werden die neu entstehenden Religionsbauten sowohl von den Anrainern als auch von den Behörden als Störung und ästhetische Beeinträchtigung des Wohngebiets betrachtet. Baubehörden sehen es als ihre Aufgabe an, die Identität der bestehenden baulichen Umgebung zu bewahren. In den 1970er und 80er Jahren wurde daher der Großteil der Umwidmungen von Wohngebäuden in religiöse Zentren von den lokalen Behörden nicht genehmigt (cf. Merciagroup 2006, 54). Im Fall von Neubauten religiöser Gebäude, die äußerlich als solche erkennbar sind, werden diese häufig abgelehnt, weil sie im Gegensatz zur gegebenen städtischen Landschaft und zum vertrauten architektonischen Erbe stehen würden. Ein Beispiel ist ein Moscheebau in London, der 1993 aus diesen Gründen von den zuständigen Baubehörden abgelehnt wurde. 2005 wurden Pläne für eine neue große Moschee in Dudley (West Midlands, England) nach heftigem öffentlichem Protest gestoppt; die Moschee würde nicht zum Stadtbild passen (Merciagroup 2006, 55). Naylor und Ryan zeigen am Beispiel der ersten Londoner Moschee, die in den 1920er Jahren errichtet wurde, dass die Wahrnehmung einer Inkongruenz der Gebäude nichtchristlicher Religionen mit ihrer Umgebung eine Konstante in der jüngeren Geschichte bildet: Diese Gebäude werden – im guten und im schlechten Sinn – als exotische Orte innerhalb der »Normalität« der Stadt ausgesondert. Die 830 Telefonische Auskunft von Hr. Werner Neubli, IMC-Austria, St. Michael ob der Gurk (Kärnten), 22. Juni 2012. 831 Siehe u. a. Gale 1999; Gale/ Naylor 2002; Edge 2002; Peach/ Gale 2003, Gale 2004; Gale 2005; Merciagroup 2006.

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Londoner Moschee habe eine solche Exotisierung erfahren: »first as a pleasing, picturesque exotic, and later as a troublesome and disruptive presence« (Naylor/ Ryan 2002, 55). Als Konsequenz dieser Konflikte mit der Wohnbevölkerung und von negativen Behördenentscheidungen werden viele religiöse Gebäude nichtchristlicher Religionsgemeinschaften nicht innerhalb von Wohngebieten, sondern an marginalen Orten, in Industrie- und Gewerbegebieten errichtet (cf. Peach/ Gale 2003, 486). Öffentliche Kontroversen und behördliche Restriktionen existieren nicht nur um die Errichtung von Gebäuden ethnisch-religiöser Minderheiten, sondern um den Gebetsruf (arab. adha¯n) der Muslime im öffentlichen Raum.832 ¯ Der Bericht Review of the Evidence Base of Faith Communities des britischen Deputy Prime Ministers von 2006 kommt daher zum Schluss: Die Baubehörden müssten sich weit intensiver als bisher mit dem Faktum ethnisch-religiöser Diversität auseinandersetzen, um zum übergreifenden politischen Ziel nachhaltiger, inklusiver Gemeinschaften beizutragen (cf. Merciagroup 2006, 61). Peach und Gale (2003, 482 f) beschreiben für die britische Situation vier Stufen der Interaktion zwischen religiösen Minderheitsgruppen und Baubehörden: 1. Phase: stillschweigende, inoffizielle Änderung von Wohnhäusern in Gebetsstätten, die häufig von Behörden und Politikern intensiv bekämpft werden. Mit der Begründung, dass Anrainer durch Lärm gestört werden, oder mit dem Hinweis auf Parkplatzprobleme werden Baugenehmigungen oft nicht erteilt. 2. Phase: Suche nach größeren Gebäuden, u. a. Umwandlung von nicht mehr verwendeten Kirchen, Fabrikgebäuden, Kinos usw. in Gebetshäuser, wobei die Gebäude (a) häufig nicht in den Wohngebieten der betreffenden Religionsgemeinschaft liegen und (b) äußerlich nur minimal verändert werden. Seitens der Planungsbehörden finden diese Umwandlungen mehr Akzeptanz als im Fall von Wohnhäusern in Wohngebieten. 3. Phase: Neubau von Religionsbauten einschließlich baulicher Symbole der jeweiligen Religionen (Kuppeln, Minarette, Türme usw.), die aber »versteckt« werden – entweder durch das Verlegen der Gebäude aus der öffentlichen Sichtbarkeit oder durch das Abschwächen, Beschneiden und Zurückdrängen der »orientalischen« baulichen Symbolik. 4. Phase: Neubau von repräsentativen, erkennbaren Religionsbauten, deren Sichtbarkeit im öffentlichen Raum seitens der lokalen Baubehörden und der Politik erlaubt, anerkannt und begrüßt wird, u. a. zugunsten des weltoffenen, multikulturellen Image der Stadt (z. B. im Fall von Birmingham). 832 Gale beispielsweise schildert den Konflikt rund um den Gebetsruf im Fall der Moschee in Birmingham in den 1980er Jahren (Gale 2005).

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Bezieht man diese Entwicklungsskala auf den Moscheebau in Österreich, dann befindet sich der politische und administrative Umgang vorwiegend zwischen der Phase der Behinderung von Bauten und – sofern man die Bauprojekte administrativ oder politisch nicht verhindern kann oder will – einem zögerlichen Übertritt in die Phase 3 des Versteckens und Verlegens bzw. der Verhinderung der öffentlich sehr sichtbaren und umstrittenen Minarett-Symbole. Das wird bei den in den letzten Jahren erfolgten Neubauten von Moscheen und Minaretten deutlich: - Sie werden nach vorhergehenden Verhandlungen mit den kommunalen Baubehörden als architektonisch neutrale Gebäude ohne auffällige bauliche Symbole errichtet. - Ihre spezifische bauliche Symbolik wird durch Verhandlungen und massiven politischen Druck aus dem Bereich der öffentlichen Sichtbarkeit restriktiv zurückgedrängt, wie im Fall des Moscheebaus in Bad Vöslau und des Minarettbaus in Telfs. - Moscheebauten werden aus dem Zentrum an periphere Orte, z. B. in Industrie- und Gewerbegebiete, verlegt, und selbst dort wird die öffentliche Sichtbarkeit der baulichen Symbole von der Baubehörde beschränkt, wie im Fall des Minarettbaus in Saalfelden, bei dem die Baubehörde erster Instanz die Höhe des Minaretts auf acht Meter begrenzte. - Die architektonische Gestalt eines Moscheeneubaus wird durch Vorgaben und Eingriffe der lokalen Baubehörden bzw. der Stadtpolitik kontrolliert und reguliert, um einen prägnanten »orientalischen Charakter« des Baus zu verhindern, wie z. B. im Fall des Neubaus einer Moschee durch die bosnischmuslimische Gemeinschaft in Graz-Puntigam, der für 2013 geplant ist. Die Vorgaben für den Architekturwettbewerb seitens der Stadtbaudirektion lauteten, die Entwürfe »nicht im orientalischen Stil« zu gestalten; das Minarett dürfe die »ortsübliche Höhe« (15 bis 18 Meter) nicht überschreiten, nicht begehbar sein und keine Lautsprecher für den Gebetsruf tragen.833 Die Festschreibung von Restriktionen im Bau- und Raumplanungsgesetz der Bundesländer Vorarlberg, Kärnten und Niederösterreich, die auf die Verhinderung repräsentativer Moscheebauten zielen, ist so gesehen eine Festschreibung einer Politik der verweigerten Sichtbarkeit auf landesgesetzlicher Ebene, die in unterschiedlichen Ausprägungen, auf unterschiedlichen Ebenen der staatlichen Verwaltung und in unterschiedlichen Bundesländern anzutreffen ist. Die vielfältige Situation des gegenwärtigen Moscheebaus in Österreich sollte allerdings differenziert dargestellt werden. Zu berücksichtigen sind die jeweiligen lokalen und regionalen Faktoren der politischen Kultur, der jeweiligen parteipolitischen 833 »Minarett nach Vorschrift«: Kleine Zeitung, 29. 4. 2011.

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Landschaft an einem Ort bzw. in einem Bundesland sowie unterschiedliche Positionen zur Architektur der Moschee in der Diaspora der einzelnen Moscheevereine und Dachorganisationen: - Die Politik der Repräsentation der verschiedenen muslimischen Dachverbände in Österreich ist unterschiedlich. So baut die Union islamischer Kulturzentren (UIKZ) ihre Moscheen von vornherein als neutrale Gebäude, ohne äußere bauliche Kennzeichen, wie zum Beispiel im Fall des Neubaus der Moschee in Reisenberg (Niederösterreich), die 2012 fertiggestellt wurde, oder die UIKZ-Moschee in Graz (Steiermark), die für 2014 geplant ist. Vom Selbstverständnis her handle es sich bei den Zentren primär um Internate für die religiöse Erziehung von Jugendlichen, in die Gebetsräume integriert sind, weswegen die traditionellen architektonischen Attribute der Moschee nicht im Vordergrund stehen würden.834 Man könnte diese Moscheebaupolitik auch so interpretieren, dass der Dachverband – anders als der Verband ATI˙B Union – in Österreich dem Anpassungsdruck von vornherein nachgibt, um keine Schwierigkeiten und Widerstände zu provozieren und keine öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. - Auch andere Moscheevereine verzichten angesichts des allgemeinen Klimas politischen und administrativen Drucks und der zu erwartenden Schwierigkeiten für das Bauprojekt von vornherein auf bauliche Symbole, wie z. B. im Fall des Neubaus der Moschee in Reutte (Tirol) ab November 2005 oder den neuen bosnischen Moscheen in Rankweil und Linz. - Auch innerhalb eines Dachverbands wird je nach Bauprojekt mit der Frage der Sichtbarkeit einer Moschee – primär in Form baulicher Elemente wie Kuppel und Minarett – unterschiedlich umgegangen, existiert unter den einzelnen Vereinen eines Dachverbands eine Pluralität von Sicht- und Vorgangsweisen. So hatte beispielsweise der Verein ATI˙B Frastanz beim 2012 eröffneten Umbau von vornherein keine Kuppel und kein Minarett, sondern eine neutrale Architektur geplant.835 - Einzelne, führende muslimische Funktionäre in Österreich vertreten die Position, dass ein Minarettbau nur im Fall eines Neubaus einer repräsentativen Moschee sinnvoll ist, für die aber den Moscheevereinen in den überwiegenden Fällen die finanziellen Mittel fehlen.

834 Gespräch mit Hr. Recep Durur, Imam der UIKZ in Wiener Neustadt und zurzeit in Reisenberg, Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien, 13. 10. 2012; s. S. 164 f. 835 »Da dieses Gebäude nicht nur als Moschee dient, sondern auch als ein Kulturzentrum, haben wir von Anfang an keine Kuppel und kein Minarett geplant. Deshalb haben wir einen solchen Antrag der Gemeinde nie gestellt.« Hr. Ahmet Yilmaz, Obmann ATIB Frastanz, email-Kommunikation, 21. 10. 2012; s. S. 155 f.

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Dennoch lässt sich zusammenfassend sagen: Beim staatlichen Umgang mit der Frage der Sichtbarkeit von muslimischen Bauten dominiert in Österreich zurzeit auf der Ebene der Gemeinden und Länder eine restriktive, assimilative nationale Politik des religiösen Raums. Wie die einzelnen Fallstudien zeigen, ist sie nicht das Ergebnis einer explizit formulierten, festgeschriebenen, koordinierten Politik, sondern einer Kombination aus Mikrodynamiken lokaler Parteipolitik: Aufgrund der politischen Brisanz der Symbole »Moschee« und »Minarett«, die in den letzten Jahren aufgebaut wurde, scheuen die etablierten politischen Parteien entweder vor muslimischen Bauprojekten zurück (wie z. B. in Traun), bzw. wehren Bürgermeister Projekte muslimischer Vereine von vornherein ab, sodass es zu keiner Einreichung kommt, oder sie erreichen bereits in Verhandlungen vor bzw. während einer Einreichung, dass die Moscheevereine auf erkennbare Merkmale der Moschee – vor allem auf einen Minarettbau – von vornherein verzichten, u. a. um öffentliche Kontroversen und politische Vorteile rechtsradikaler Parteien möglichst gering zu halten bzw. zu vermeiden, wie z. B. in Nenzing und Ternitz. Eine Folge dieser Vorgänge ist es, dass muslimische Religionsbauten entstehen, die durch eine Dichotomie von Innenraum und Außenfassade geprägt sind: Nach außen tritt der religiöse Bau überwiegend in einer unauffälligen, neutralen, funktionalistischen architektonischen Gestalt auf. Er passt sich der Umgebung an und tritt nicht durch besondere religiöse Zeichen im öffentlichen Raum hervor. Erst nach innen entfaltet der religiöse Raum seine volle, eigenständige Identität. Die neue Moschee in Bad Vöslau ist – wie wir gesehen haben – ein Beispiel für die Innen-Außen-Dichotomie. Mit einem Begriff von Chidester und Linenthal (1995, 19) kann man diese Art räumlicher Strategie als »Hybridisierung« bezeichnen.836 Kong wendet dieses Konzept in ihrer Fallstudie zu einer evangelikalen Freikirche in Singapur an: Für sie reflektiert die »Hybridisierung der physischen Form« des religiösen Gebäudes einen Zwischenzustand. Sie stellt eine Überbrückung zwischen Säkularität und Religiosität her (Kong 2002, 1581). In dieser hybriden physischen Situation der Religionsbauten manifestiert sich der Antagonismus zwischen der Assimilationsforderung an die religiöse Minderheit und ihrem Ausdruck der eigenen religiösen und kulturellen Identität, zwischen einer Politik der Einheit und einer Politik der Differenz auf räumliche Weise. Historische Parallelen sind beispielsweise die Synagogen der katholischen Habsburger-Monarchie des 17. und 18. Jahrhunderts, die außen wie Profanbauten aussehen mussten und nur innen ihre eigenständige Tradition wahren konnten; zeitgenössische Parallelen sind Kirchen z. B. in Bahrein, die außen keine sichtbaren christlichen Symbole besitzen dürfen. Im Fall der Vöslauer Moschee erweist sich ein bauliches Detail aus dieser Sicht 836 Hinweis: Knott 2005a, 99.

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als bedeutsam: Obwohl ursprünglich nicht eingeplant, setzte der Moscheeverein direkt vor die funktionalistische Fassade einen großen Brunnen in einer traditionellen Form mit bunten türkischen Fliesen, der dem Verein von einem Geschäftsmann geschenkt wurde. Er stellt nun eine Verbindung zum üppig mit türkischen Fliesen, bunten Wandornamenten und Lustern ausgestatteten Innenraum der Moschee her und durchbricht die Dichotomie Innen-Außen im ästhetisch prominenten Eingangsbereich. Im Kontext des umkämpften Raumes und einer Strategie der Hybridisierung kann der Text des Brunnens als nachträglicher (unbewusster?) Widerstand gegen eine assimilatorische Politik des religiösen Raums gelesen werden. Insgesamt lässt die Auswertung britischer Literatur zur Politik des religiösen Raums, aber auch ein Überblick der internationalen Forschung zu Moscheebaukonflikten den Schluss zu, dass religiöse Räume und Bauten nichtchristlicher Gemeinschaften in Europa häufig Gegenstand heftiger öffentlicher Kontroversen, von Politisierung und behördlicher Restriktionen und Behinderungen sind – und zwar offensichtlich weitgehend unabhängig vom jeweiligen staatlichen Modell der Migrations- und Integrationspolitik. Wir treffen auf parallele Formen und Strukturen des Umgangs mit Religionsbauten nichtchristlicher Minderheiten in Einwanderungsgesellschaften – unabhängig davon ob es sich um Staaten mit einer offiziellen multikulturellen Politik wie Großbritannien, einer laizistischen, tendenziell assimilatorischen Politik wie Frankreich oder den Staaten des klassischen Gastarbeitersystems mit sehr restriktiven fremdenrechtlichen und staatsbürgerschaftsrechtlichen Regelungen wie Österreich und Schweiz handelt. Kong kommt deshalb bei ihrem Überblick zur internationalen akademischen Literatur über Bauten religiöser Minderheiten zum gleichen Schluss: »Whether there is a public rhetoric or even constitutional position about multiculturalism does not obviate strong opposition by local residents to the religious sites of the ›other‹« (Kong 2010, 757).

3.4

Grenzziehungen im nationalen Raum

Andreas Wimmer hat herausgearbeitet (Wimmer 2006, 334 f), dass die führenden Theoretiker der Nationalismusforschung – Karl Deutsch, Benedict Anderson, Ernest Gellner, Anthony Smith und andere – bei allen Kontroversen untereinander in einem grundsätzlichen Punkt übereinstimmen: Sie heben die integrative Kraft, den inklusiven Charakter des Nationalismus hervor. Die nationale Gemeinschaft bilde die Basis für die demokratische Inklusion von großen Teilen der Bevölkerung. Dieser positiven Sicht standen nur vereinzelte kritische Positionen gegenüber, die sich systematisch mit der dunklen, ausgrenzenden Dimension des Nationalstaats und der ihm zugrunde liegenden

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Ideologie des Nationalismus beschäftigten – mit dem Preis, den jene zu zahlen haben, die nicht zur nationalen Gemeinschaft gezählt, nicht in die nationale Solidarität einbezogen, sondern zu Fremden erklärt werden. Wimmer steht in einer Tradition von Theoretikern wie Crawford Young, Ralph Grillo und Michael Mann, die den Ausschluss bestimmter Gruppen aus der nationalen Imagination nicht als Nebenprodukt des Nationalismus, sondern als zentralen Mechanismus verstehen, um die Legitimität des modernen Staats zu sichern: »the new elites try to establish a distinction between a dominant ethnonational core, ›the people‹ considered to represent the legitimate foundation of the new state, and those who are seen as not belonging to that core and thus to the legitimate ›owners‹ of the state« (cf. Wimmer 2006, 336).

Von dieser klaren Grenzziehung hängt es ab, wer als volles Mitglied der Nation gilt und damit in die gesetzlichen, politischen, wohlfahrtsstaatlichen und militärischen Institutionen des Staates einbezogen und wer daraus ausgeschlossen ist. Die staatliche Politik dieser Grenzziehung kann nun verschiedene Formen annehmen, u. a. - eine Politik der ethnischen Säuberung, um mit Gewalt eine Homogenisierung des Nationalstaats zu erreichen, z. B. die Vertreibung und Ermordung von Juden durch das Naziregime; ethnische Säuberungen im Jugoslawienkrieg Anfang der 90er Jahre; - eine Politik der völligen Assimilation im Fall von ethnischen Gruppen, die man als potentielle Mitglieder der Nation betrachtet, z. B. eine Gruppe von Migranten mit indonesisch-holländischer Herkunft in Holland; die staatlich gesteuerte Zwangsadoption von Kindern von Roma und Sinti durch Eltern aus der nationalen Mehrheit u. a. in der Schweiz; - eine Politik der Verstärkung von Grenzen zwischen »Nation« und ethnischen Minderheiten innerhalb des nationalen Territoriums im Fall von Gruppen, für die Assimilation nicht als Möglichkeit betrachtet wird (cf. Wimmer 2006, 337). Diese verstärkte Grenzziehung zwischen der nationalen Mehrheit und der ethnischen Minderheit erfolgt durch Strategien der Segregation, der Gesetzgebung und der institutionellen Diskriminierung – drei Strategien, die miteinander verbunden sind (cf. Wimmer 2006, 340). Die »Grenzziehungs-Perspektive«, die Wimmer theoretisch fasst, erscheint mir als hilfreiches analytisches Instrument, um die untersuchten Moscheebaukonflikte in Österreich innerhalb eines größeren, strukturellen Zusammenhangs zu betrachten. Aus dieser Perspektive erweisen sich restriktive Auflagen beim Bau islamischer Zentren, ihre Ablehnung, Behinderung oder Verhinde-

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rung als Elemente einer Politik der Grenzziehung der nationalen Mehrheit, die sich als »Besitzer« des Staates, seines Territoriums und seines symbolischen Raumes versteht. Sie steht in Spannung zu konkreten Formen einer »Politik der Differenz bzw. der Anerkennung« muslimischer Religionsausübung in Österreich auf Basis der staatlichen Anerkennung des Islam in Österreich, z. B. die Berücksichtigung muslimischer religiöser Praxis im Bundesheer, die Einrichtung des muslimischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen, die Möglichkeit, das »islamische Kopftuch« (hidja¯b) im öffentlichen Raum zu tragen ˙ ¯ sowie die Regelung des Schächtens. Alle drei Strategien der Grenzziehung finden wir im gegenwärtigen staatlichen, politischen und gesellschaftlichen Umgang mit Bauprojekten muslimischer (v. a. türkisch-muslimischer) Organisationen in Österreich: a) Segregation: Untersucht man verschiedene Fälle von Moscheebauprojekten, dann zeigt sich die Tendenz, dass Gemeinden und Anrainer von islamischen Zentren darauf drängen, dass diese aus den Ortszentren bzw. Wohngebieten absiedeln und sich an der Peripherie, in gemischten Gewerbe- und Industriegebieten niederlassen. Umgekehrt gibt es Fälle, bei denen seitens der Gemeinde alles unternommen wird, damit muslimische Organisationen für ihr Zentrum kein Gebäude im Ortszentrum anmieten oder kaufen können (z. B. in Badgastein im Jahr 1994). Im Fall des Minarettbaus durch den Verein ATI˙B Saalfelden (Salzburg) wurden den Betreibern seitens der Gemeinde keine Steine in den Weg gelegt, weil man froh war, dass der Verein aus dem Zentrum von Saalfelden in eine ehemalige Lagerhalle im gemischten Gewerbe-Wohngebiet – an den Ortsrand – umzog, wo das islamische Zentrum faktisch keine Anrainer hat. Im Gespräch erläuterte der Leiter des Bauamts von Saalfelden: Im Zentrum hätte man mehr Probleme bekommen; deshalb sei es günstig, »wenn sie dort im Gewerbegebiet sind und niemand stören.« Das sei eine positive Entwicklung gewesen: »Dann haben wir sie nicht im Zentrum«, unter anderem wegen des Verkehrsaufkommens usw.837 Andere Beispiele sind die Forderungen der Bürgerinitiativen gegen islamische Zentren in Wien, die darauf drängen, dass die ATI˙B-Zentren in der Dammstraße (Wien-Brigittenau) und in der Rappstraße (Wien-Floridsdorf) aus dem Wohngebiet wegziehen. Ein niederösterreichisches Beispiel ist Ternitz, wo der ATI˙B-Verein ein Gebäude im Wohngebiet erwerben wollte und nach starken Protesten aus der Bevölkerung im Frühjahr 2012 ein Grundstück im Industriegebiet von Ternitz gekauft hat.

837 Telefonisches Interview mit Baumeister Ing. Karl Möschl, Leiter des Bauamtes der Stadtgemeinde Saalfelden, 2. 2. 2010.

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In manchen Fällen ist die Randlage auch im Interesse des Moscheevereins, weil Anrainerprobleme rund um Lärm und Verkehr entfallen. b) Gesetzgebung: Die Landesregierungen von Kärnten, Vorarlberg und Niederösterreich haben bei ihren Novellen der Bau- und Raumordnung Bestimmungen erlassen, die ihnen gesetzliche Mittel in die Hand geben, um den Bau repräsentativer Moscheen auf ihrem Territorium – auch gegen die Entscheidungen der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz – zu verhindern oder zu behindern. Diese Gesetzesänderungen sind laut dem Verfassungsrechtsexperten Bernd-Christian Funk in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig und würden im Fall einer Klage vermutlich nicht halten. Sie sind aber höchst effektiv, weil muslimische Bauherren davor zurückscheuen dürften, den langwierigen Instanzenzug bis zum Verfassungsgerichtshof zu beschreiten.838 Auf Basis der von Joe R. Feagin und Clairece B. Feagin eingeführten Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Diskriminierung (Feagin/ Feagin 1986; s. Gomolla 2006, 2) können die betreffenden Gesetzesbestimmungen als Form direkter, intentionaler, institutioneller Diskriminierung gegenüber der Bevölkerungsgruppe mit muslimischer Religionszugehörigkeit in Österreich eingeordnet werden. Solche gesetzlichen Maßnahmen, die die muslimische Minderheit betreffen, sind im Kontext anderer Gesetzgebungen zu sehen, die die Grenzziehung verstärken, u. a. die Novellen des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechts seit 1998, die die Einbürgerung erheblich erschwert haben.839 c) Diskriminierung: Die wesentliche Form der Diskriminierung, die in den untersuchten Moscheebaukonflikten im Zentrum steht, ist die Ungleichbehandlung der Muslime, was die Sichtbarkeit ihrer Gebäude im öffentlichen Raum betrifft – der weitgehende Ausschluss baulicher islamischer Symbole (v. a. Minarett) aus der Sphäre des öffentlichen nationalen Raumes. Mit den Versuchen, auf gesetzlichem oder administrativem Weg repräsentative Moscheebauten zu verhindern, finden Schritte in Richtung einer De-Säkularisierung des Staates statt, bei der die gebotene Neutralität des säkularen Staates gegenüber allen Religionsgemeinschaften aufgegeben wird und ein

838 »Moscheen-Verbot: Sechsfach verfassungswidrig«: Die Presse, 18. Februar 2008. 839 Aufgrund der restriktiveren Bestimmungen für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft ging die Zahl der Einbürgerungen türkischer Staatsangehöriger vom Höhepunkt im Jahr 2003 mit 13.680 und 2004 mit 13.024 auf 937 Einbürgerungen im Jahr 2010 zurück. Quelle: Statistik Austria, Statistik der Einbürgerungen. Revidiertes Ergebnis 2010. Internetquelle: www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/einbuergerungen/index. html (Zugriff 2. 2. 2012). 2011: 1181 Einbürger ungen von türkischen Staatsbürgern, 2012: 1200. Internetquelle: https://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/einbuerger ungen/index.html (Zugriff 29. 5. 2013).

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national-kultureller Vorbehalt gegenüber einer Religionsgemeinschaft bis in die Gesetzgebung hinein seinen Niederschlag findet. Der Ausschluss aus der öffentlichen Sphäre ist aber nicht auf die Architektur muslimischer Gebäude beschränkt. Er zeigt sich auch im Umstand, dass die überwiegende Mehrzahl der Gemeinden auf ihren offiziellen Websites unter der Rubrik »Religion« auf die großen christlichen (katholischen und protestantischen) Kirchen hinweisen, muslimische Gemeinschaften auf dem Gebiet der politischen Gemeinde jedoch in der Regel nicht angeführt werden. Darin zeigt sich eine Form der gesellschaftlichen Nicht-Anerkennung der muslimischen Glaubensgemeinschaft, die zwar gesetzlich mit den Kirchen gleichgestellt ist, aber nicht als gleichwertig und gleich zugehörig betrachtet wird. Bei der Untersuchung von Moscheebaukonflikten in Österreich ist sichtbar geworden, dass nicht nur die spektakulären Konflikte, die mit manchen Bauprojekten verbunden sind und eine große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, in Betracht gezogen werden dürfen. Abseits der öffentlichen, medialen Aufmerksamkeit existieren jene Fälle, bei denen es zu jahrelangen Verzögerungen eines Umwidmungsantrags für ein islamisches Zentrum durch die Gemeinde kommt oder Fälle, bei denen es zu gar keiner Einreichung eines islamischen Zentrums und daher zu keinem baurechtlichen Verfahren kommt, weil der Bürgermeister die muslimischen Funktionäre von vornherein davon abschreckt (»In meiner Gemeinde nicht«). Die Fälle mehren sich, dass Einreichungen von Neu- oder Umbauprojekten muslimischer Vereine nicht wie Projekte anderer Bauherren behandelt werden, sondern aus der Routine kommunaler Politik und Verwaltung herausgelöst werden, das normale Bauverfahren unterbrochen wird und das Bauprojekt etwa in einer Mediation verhandelt wird, wie z. B. in den Fällen Bad Vöslau (ATI˙B) und Wiener Neustadt (Verein Havas). Abseits des normalen Einreichungsverfahrens werden Verhandlungen zwischen der muslimischen Organisation und den Bürgermeistern geführt, die in manchen Fällen dazu führen, dass die Moscheevereine bereits vor der offiziellen Einreichung auf die Sichtbarkeit des Gebäudes als Moscheebau verzichten. Die Aufhebung der üblichen, standardisierten bürokratischen und baurechtlichen Prozeduren und Routinen, wenn es um ein Bauvorhaben einer muslimischen Organisation geht, verstärkt den Prozess der »Exzeptionalisierung« dieser Bevölkerungsgruppe, ihrer Aussonderung, und die Grenzziehung zwischen dem nationalen »Wir« und den »Fremden«. Die Aufhebung der bürokratischen Routinen, wenn es um Moscheebauten geht, kann dann – je mehr sich solche Fälle in Österreich häufen – einen selbstverständlichen Charakter bekommen, zu einer neuen Routine werden und so eine Form direkter, intentionaler, institutioneller Diskriminierung bilden,

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die im Kontext von Diskriminierungen von Migranten im Bereich des Arbeitsmarktes, der Bildung und des Wohnens stehen.840 3.5

Dynamik inter-ethnischer Beziehungen: Vorurteile und Stereotypen

Vorurteile und Stereotypen: das »Stereotype Content Model« (SCM) Ethnizität ist ein Aspekt der Beziehung zwischen Gruppen, die sich gegenseitig als kulturell verschieden betrachten. Damit ist fundamental die Unterscheidung zwischen »Wir« und »Sie« verbunden (cf. Eriksen 2010, 23). Man »kennt« nicht nur die jeweiligen Eigenschaften der anderen, kulturell verschiedenen Gruppe und ihrer Mitglieder, sondern auch ihre Rolle und ihren Stellenwert in der Gesellschaft. Man weiß, wer und wie die andere Gruppe ist. Man weiß, wie man sich den Mitgliedern der Gruppe entsprechend zu verhalten hat. Stereotype und Vorurteile werden Bestandteil des standardisierten »kulturellen Wissens« einer ethnischen Gruppe über eine andere (cf. Eriksen 2010, 28 f), das über Sozialisation, Nachahmung, die Medien, das öffentliche Gespräch vermittelt wird. Dieses Wissen steuert die emotionale Reaktion, die Wahrnehmungen und Urteile im Kontakt mit Angehörigen der Gruppe. Bei der Wahrnehmung ihrer Aussagen und ihres Verhaltens werden sie als Teil der Gruppe (z. B. »Türken«) kategorisiert, nicht als Individuen betrachtet. Die soziale Kategorisierung erfolgt in den ersten Momenten der Wahrnehmung sehr rasch, automatisch und unbewusst, so dass sich Menschen normalerweise ihrer Vorurteile nicht bewusst sind (cf. Fiske 2005, 36). Der Pionier der sozialpsychologischen Vorurteilsforschung, Gordon W. Allport, wendete sich in seiner Studie The Nature of Prejudice (Allport 1954) gegen die Vorstellung, Stereotypen und Vorurteile seien irrational oder pathologisch. Er betrachtete stereotype Kategorisierungen als unvermeidlichen und normalen Teil dessen, wie menschliche Wahrnehmung und menschliches Denken funktioniert: »The human mind must think with the aid of categories… Once formed categories are the basis for normal prejudgement. We cannot possibly avoid this process. Orderly living depends upon it« (Allport 1954, 20). Der ganze Zweck sozialer Kategorien »… seems to be to facilitate perception and conduct – in other words, to make our adjustment to life speedy, smooth, and consistent« (Allport 1954, 21). Die Kategorisierung kann durch den sozialen Kontext, innerhalb dessen jemand wahrgenommen wird, verändert werden – ein erfolg840 Zur Diskriminierung im Bereich des Arbeitsmarktes: Wrench/ Rea/ Quali 1999; Neels/ Stoop 2000; Granato/ Kalter 2001; Granato/ Ulrich 2006; Kalter 2006; Liebig 2007; Heering/ ter Bekke 2008; Kraal/ Roosblad/ Wrench 2009. Zum Problem der Dequalifizierung von Migranten (Beschäftigung unter dem Ausbildungsniveau) siehe für Österreich Gächter 2006, 2007, 2010; für Frankreich Silberman et al. (2007); für Deutschland Seibert/ Solga (2005); für Belgien und Spanien Kalter/ Kogan (2006). Hinweis: Foner/ Alba (2008) 371.

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reicher, reicher Unternehmer oder Manager, der aus der Türkei stammt, wird anders gesehen als ein Arbeiter aus der unteren sozio-ökonomischen Schicht mit der gleichen Herkunft. Generell erleichtern grobe, vereinfachende soziale Kategorien die Wahrnehmung und Orientierung; sie sind bequemer und einfacher als angemessene Differenzierungen. Seit Allports grundlegender Studie, vor allem seit den 1960er Jahren, werden die psychologischen Prozesse, die Vorurteilen zugrunde liegen, von einem großen Teil der sozialpsychologischen Forschung als Aspekt der allgemeinen sozialen Kognition betrachtet (cf. Dovidio/ Hewstone/ Glick/ Esses 2010, 14), als Phänomen, das zur sozialen Kognition gehört (s. Fiske 2005). Zum Wesen von Stereotypen als generalisierende, vereinfachende soziale Kategorien gehört, dass sie die Wahrnehmung einschränken: »In general, stereotypes produce a readiness to perceive behaviour or characteristics that are consistent with the stereotype« (Dovidio/ Hewstone/ Glick/ Esses 2010, 7).841 Personen, die zur betreffenden Gruppe gehören, dem Stereotyp bzw. Vorurteil über diese Gruppe jedoch widersprechen, werden als Ausnahme von der Regel angesehen, die das Stereotyp letztlich bestätigen (cf. Allport 1954, 23). Die Stereotype und Vorurteile, die über eine andere Gruppe existieren, innerhalb der eigenen Gruppe zu teilen, ist eine Form, um die Zugehörigkeit, Bindung und Loyalität zur eigenen Gruppe auszudrücken. Dies könnte das Phänomen der zahlreichen lokalen Gerüchte über die Zuwanderer aus der Türkei erklären, auf das man bei der empirischen Untersuchung von Moscheebaukonflikten stößt, und die eine wichtige Rolle in den sozialen Bezie-

841 Ein Beispiel ist die mediale Rezeption der Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen über Gewalterfahrungen, Integration und Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen, die unter der Leitung von Christian Pfeiffer durchgeführt und 2010 veröffentlicht wurde (Baier/ Pfeiffer/ Rabold/ Simonson/ Kappes 2010). In den Medien wurde primär das Thema des Zusammenhangs zwischen muslimischer Religiosität und Gewaltneigung aufgegriffen, unter Titeln wie »Macht Islam aggressiv? Jung, brutal – Muslim« (blick, Schweiz) oder »Junge Muslime: je gläubiger, desto brutaler« (Hamburger Abendblatt). Die Ergebnisse der Studie wurden entlang des Stereotyps eines seinem Wesen nach zu Gewalt neigenden Islam bzw. der zu Gewalttätigkeit tendierenden türkisch-muslimischen, männlichen Migrantenjugendlichen dargestellt und so die stereotype Vorstellung bestätigt. Tatsächlich konstatierte die Studie, dass ein geringer Anstieg der Gewaltbereitschaft von jungen Muslimen, die sich als »sehr religiös« bezeichnen, nachzuweisen sei, dass jedoch nicht-religiöse Faktoren, nämlich »höhere Akzeptanz von Männlichkeitsnormen, das häufigere Erleben elterlicher Gewalt und der [sic!] stärkere Vernetzung mit delinquenten Freunden für die höhere Gewaltbereitschaft islamischer Jugendlicher verantwortlich sind« (Baier/ Pfeiffer/ Rabold/ Simonson/ Kappes 2010, 116). Die AutorInnen der Studie hielten ausdrücklich fest, dass zwischen Zugehörigkeit zur islamischen Religion und Gewaltbereitschaft von Jugendlichen kein signifikanter Zusammenhang bestehe bzw. »dass von der Zugehörigkeit zu einer Konfessionsgruppe kein Effekt mehr auf das Gewaltverhalten zu beobachten ist.« (ibid.)

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hungen spielen. Der Prozess des Austausches innerhalb der Eigengruppe über die Fremdgruppe bestärkt die vorhandenen Stereotype und Vorurteile: »Social sharing among ingroup members – gossip, rumor, opinions, stories, media – contribute to consensus in stereotypical beliefs and related prejudices. (…) The knowledge that their prejudices and stereotypes are shared gives people social permission to express their biases, reinforcing their own and other people’s stereotypes and prejudice.« (Fiske 2005, 44)

Ein jüngerer Trend in der theoretischen Entwicklung der sozialpsychologischen Stereotypenforschung ist der Einsatz des SCM, des »Stereotype Content Model«.842 Dabei stehen nicht die Prozesse der Stereotypbildung, sondern die Inhalte der Stereotype im Vordergrund der empirischen Untersuchungen. Das Modell geht davon aus, dass die strukturellen Beziehungen zwischen Gruppen den Inhalt von Gruppen-Stereotypen bestimmen. Das SCM unterscheidet zwischen zwei grundsätzlichen Dimensionen von Stereotypen, nämlich den Dimensionen »Wärme« und »Kompetenz«, d. h. den Graden an positiver und negativer Intention einer Person/des Mitglieds einer Gruppe, der man begegnet, und ihrer Fähigkeit, diese Intention umzusetzen. Das Modell vertritt die These, dass sich Stereotype von Minderheiten (»out-groups«) auf Basis der wahrgenommenen »Wärme« und »Kompetenz« unterscheiden. Zentrale Elemente des Modells sind: (a) die mögliche Ambivalenz des Inhalts von Stereotypen: Antipathie gegenüber einer Fremdgruppe ist nicht einfach einheitlich, sondern häufig ambivalent, gemischt;843 viele out-groups werden als kompetent/ intelligent/ fähig, aber nicht warm/ freundlich, oder als nicht kompetent, aber warm wahrgenommen. (b) Gesellschaftliche Machtbeziehungen spiegeln sich im Inhalt von Stereotypen: »Kompetenz« wird Personen zugeschrieben, die gesellschaftlich einen höheren Status innehaben, wirtschaftlich Erfolg haben, prestigereiche Posten einnehmen, erfolgreich für sich selbst arbeiten können usw. Dagegen wird einer Fremdgruppe »Wärme«/ Freundlichkeit zugeschrieben, wenn sie als harmlos wahrgenommen wird, sich in keiner Konkurrenz um Posten, Schulplätze, Macht, Ressourcen usw. mit der eigenen Gruppe befindet (cf. Lee/ Fiske 2006).

842 S. Fiske/Cuddy/Glick 1999; Fiske/Cuddy/Glick/Xu 2002; Fiske 2005; Cuddy/Fiske/Glick 2008. 843 »… subjectively positive stereotypes on one dimension do not contradict prejudice but often are functionally consistent with unflattering stereotypes on the other dimension« (Fiske/Cuddy/Glick/Xu 2002, 878).

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Auf Basis der Unterscheidung zwischen wahrgenommener »Wärme« und wahrgenommener »Kompetenz« ergeben sich folgende vier Kombinationen:844 (c) stereotypisch warme und kompetente Gruppen, die Bewunderung, Respekt und Stolz hervorrufen, ebenso Hilfe und Unterstützung (die eigene Gruppe und die mit ihr Verbündeten); (d) stereotypisch warme, aber inkompetente, untergeordnete Gruppen (z. B. alte Leute; Frauen in traditionellen Rollen, wie Hausfrauen; Blinde; Behinderte), die unter bestimmten Bedingungen Mitgefühl und Sympathie hervorrufen (paternalistische Stereotypen); (e) stereotypisch kalte, aber kompetente, mächtige Gruppen mit hohem Status (z. B. reiche Leute; asiatische Geschäftsleute; Juden; Armenier in der Türkei; Karrierefrauen), die Neid und Eifersucht hervorrufen (Neid-Stereotypen); sie werden wegen ihres Erfolgs sowohl bewundert als auch abgelehnt und sind mit feindlichen Vorurteilen konfrontiert; (f) stereotypisch kalte und inkompetente Gruppen mit niedrigem Status (z. B. Arme, Sozialhilfeempfänger), die Missachtung, Abscheu, Ressentiments, Hass und Ärger hervorrufen (»Verachtungs-Vorurteil«). Nach diesem Modell ist es weniger wahrscheinlich, dass Gruppen, die als schwach, wehrlos und machtlos wahrgenommen werden, als Sündenböcke ausgewählt werden. Vielmehr ist es wahrscheinlicher, dass einer (oft fälschlich) als mächtig und erfolgreich, als Konkurrenz der Mehrheitsgruppe wahrgenommenen abgelehnten Minderheit feindliche Motive unterstellt werden und sie als Sündenbock für kollektive Frustrationen und negative Ereignisse verantwortlich gemacht werden (cf. Glick 2005, 254). Maßnahmen gegen sie werden als Akt der Selbstverteidigung der dominanten Mehrheit legitimiert. T. L. Lee und Susan T. Fiske haben dieses Modell auf verschiedene Gruppen von Zuwanderern in den USA angewandt (Lee/ Fiske 2006). Eine wesentliche Einsicht ist, dass die nationale Herkunft der Zuwanderer ihre Wahrnehmung durch die Mehrheitsgesellschaft bestimmt, einschließlich der historischen Beziehungen zwischen Herkunfts- und Aufnahmeland. Die Haltung gegenüber einer Fremdgruppe wird bestimmt durch die jeweilige Zusammensetzung eines Stereotyps entlang bestimmter Dimensionen (z. B. Ethnizität, nationale Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, sozio-ökonomischer Status, Sprache). Das erklärt die stark unterschiedliche Haltung der Mehrheit gegenüber verschiedenen Gruppen von Zuwanderern. In Österreich bilden z. B. die Zuwanderer aus Deutschland gegenwärtig bereits die größte Gruppe innerhalb der ausländischen Bevölkerung, die aber im Unterschied zu den Zuwanderern aus der Türkei öffentlich nicht problematisiert werden. 844 S. Fiske/Cuddy/Glick/Xu 2002; Dovidio/Hewstone/Glick/Esses 2010, 7.

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Im Fall der Migranten aus der Türkei und ihrer Nachkommen wird die kulturelle Differenz dagegen ständig aktiviert und politisiert. In Rahmen meiner Studie ist keine empirische Analyse der Inhalte der Stereotype und Vorurteile gegenüber der türkisch-muslimischen Bevölkerung in Österreich auf Basis des SCM möglich, sondern erfolgt lediglich eine Einschätzung, die mit Vermutungen und subjektiven Eindrücken arbeitet: Man könnte davon ausgehen, dass in den letzten Jahrzehnten ein Mix aus türkenfeindlichen Haltungen (»die Türken« als stereotypisch »kalt« aufgrund der sprachlichen, kulturellen und religiösen Distanz und »inkompetent« aufgrund des im Durchschnitt sehr niedrigen sozioökonomischen Status) und paternalistischen Haltungen (Wahrnehmung von Hilfsbedürftigkeit der Migranten) die Wahrnehmung dominiert hat. Die Hypothese lautet, dass sich sowohl der Inhalt der Stereotypen über die aus der Türkei zugewanderten Bevölkerungsgruppe als auch die Kombination der Stereotypen in den letzten Jahren wandelt. Es kommt zu einer komplexen Kombination aus Stereotypen, die in sich ambivalent sind: (a) Der Fremde als Muslim: Der Inhalt des Stereotyps im Fall der aus der Türkei stammenden muslimischen Bevölkerungsgruppe wird kombiniert mit einem ambivalenten Stereotyp »des Islam«, der einerseits als defizitäre, »zurückgebliebene« Religion abgewertet wird, andererseits als einheitlicher, machtvoller, gefährlicher, schlagkräftiger Block betrachtet und als Anderer »des Westens«/ »des Christentums«, der Werte und des Lebensstils der westlichen Gesellschaften ernstgenommen und gefürchtet wird. Angehörige dieser Bevölkerungsgruppe werden als jene wahrgenommen, die Anteil an dieser Macht haben und sie repräsentieren. Mit dem Stereotyp »Islam« wird primär gerechtfertigt, den Vorrang der Mehrheit zu verteidigen und Angehörigen dieser Gruppe Rechte vorzuenthalten und sie zurückzudrängen.845 (b) Der Fremde als Belastung und Konkurrent um Ressourcen: Der Inhalt des älteren Stereotyps (kalt/inkompetent) besteht parallel zu diesem ambivalenten Stereotyp (kalt/kompetent) weiter, wenn es um die sozial benachteiligten, ärmeren Schichten innerhalb der türkisch-muslimischen Bevölkerungsgruppe geht, die den sozialen Aufstieg nicht geschafft haben und die als Belastung des Wohlfahrtssystems betrachtet werden. Aus dieser Perspektive werden die Zugewanderten als Konkurrenten um die sozialstaatlichen Ressourcen betrachtet; gerade in ökonomischen Krisenzeiten verstärken sich die negativen Haltungen gegenüber den »Gemeinschaftsfremden« und der Anspruch, der Staat solle sich ausschließlich um die dominierende ethnische Gruppe, um die »eigenen Leute« kümmern. (c) Der aufsteigende Fremde: Die aus der Türkei stammende Zuwanderer845 »… stereotypes function to justify the status quo« (Fiske/ Cuddy/ Glick/ Xu 2002, 881).

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gruppe muslimischer Zugehörigkeit wird zunehmend – wenn auch uneingestanden und widerstrebend – stereotypisch als kompetent, zugleich aber nach wie vor als »kalt« betrachtet. Sie wird als fähig wahrgenommen, sich für die eigene Gruppe und die eigenen Interessen effizient einzusetzen. Die Fähigkeit, die Ressourcen aufzubringen, um große repräsentative Moscheen und islamische Zentren zu errichten, die muslimische Infrastruktur schrittweise und zäh aufzubauen, ist Teil dieser Kompetenz. Die Muslime (out-group) erweisen sich als fähig, ihre Ziele zu verfolgen und umzusetzen – aber es sind Ziele, die von einem großen Teil der Mehrheitsbevölkerung (in-group) als unvereinbar mit den eigenen Zielen betrachtet werden, nämlich mit der Aufrechterhaltung der bisherigen symbolischen Ordnung und der hergekommenen Raum- und Machtverhältnisse der Gesellschaft. (d) Das Symbol »Moschee« spielt dabei in der wahrgenommenen Mächtigkeit der muslimischen Minderheit bzw. in der Politisierung von Ängsten gegenüber den Muslimen eine bedeutende Rolle: Die faktische Macht muslimischer Organisationen, sichtbare, große Gebäude zu schaffen und dem öffentlichen Raum ihren Stempel aufzudrücken, wird als aggressive Landnahme in Form von Moscheebauten durch einen expansiven Islam dargestellt.846 Die Entwicklung im Fall der türkisch-muslimischen Infrastrukturen steht in einem größeren Zusammenhang: der Dynamik des sozialen Aufstiegs eines Teils der ArbeitsmigrantInnen aus der Türkei und ihrer Familien, deren Umorientierung von der Türkei auf Österreich, eines verstärkten Anspruchs von Muslimen auf öffentliche Sichtbarkeit, Anerkennung und Inklusion und eines größeren Selbstbewusstseins. Sie ist Teil eines langsamen, allmählichen Emanzipationsprozesses eines Teils der ehemaligen Zuwanderer, der Verbesserung ihres sozio-ökonomischen Status und des Heimisch-Werdens als österreichische Bürgerinnen und Bürger. Diese Entwicklung schlägt sich nicht nur im Ausbau oder Neubau von religiösen Infrastrukturen durch die türkisch-muslimischen Vereine nieder, sondern auch im Kauf von Eigentumswohnungen, Häusern und Grundstücken 846 Beispiel: Unter dem Titel »Klartext« schrieb der Salzburger Weihbischof Andreas Laun: »Wenn Muslime riesige Moscheen und alles überragende Minarette bauen wollen, steckt in solchem Wollen die Absicht, die totale Macht in Europa zu übernehmen und Europa islamisch zu machen.« Zitiert nach Clemens Hutter : ›Beschämende Agitation gegen die »Feindreligion Islam«‹: Wiener Zeitung, 26. 11. 2008, 12. In einem Interview vertrat Weihbischof Laun die Ansicht, dass zu dem Zeitpunkt, an dem die Muslime eine Mehrheit im Land bilden würden, der Stephansdom eine Moschee werden könnte. Quelle: »Wir müssen das Tabu brechen« [Interview mit Weihbischof Dr. Andreas Laun]: Profil Nr. 2, 9. 1. 2006, 22.

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durch die ehemaligen »Gastarbeiter«, im Besitz besserer Autos, in der vereinzelten, beginnenden Gründung von Parteien und Listen, in der langsamen Übernahme von Funktionen in etablierten politischen Parteien und Interessensvertretungen, in der steigenden Zahl von Einbürgerungen, in der steigenden Zahl der Kinder aus Migrantenfamilien in berufsbildenden und allgemeinbildenden höheren Schulen und an Universitäten oder in der steigenden Zahl in Österreich geborener Kinder aus muslimischen Familien, die die lokale österreichische Umgangssprache besser beherrschen als ihre Muttersprache usw. Je ähnlicher die als »anders«, als nicht zugehörig Klassifizierten der Mehrheitsbevölkerung sozial, sprachlich und von den Lebensgewohnheiten her werden, je stärker sie Teil der Gesellschaft werden, je nachdrücklicher die Einforderung der gleichen Rechte und von Anerkennung werden, je größer der »dritte Raum« kultureller Hybridität und je flüssiger und verschwommener die Grenze wird, umso größer wird die Tendenz einzelner staatlicher Organe, politischer Gruppen und von Teilen der Bevölkerung, die Grenze und die bestehende Hierarchie zwischen »Wir« und »Sie« zu verstärken, umso wichtiger wird für sie die Erhaltung der Grenze, die Demarkation der eigenen national-kulturellen und -religiösen Identität und die Bestätigung des Vorrangs der dominanten nationalen Mehrheit. Man stemmt sich dadurch gegen die Infragestellung und Unterminierung des imaginären geschlossenen nationalen Raums und gegen Tendenzen in Richtung eines pluralistischen Modells der Gesellschaft, einer Öffnung der Nation, des demos. Der Prozess der Grenzziehung und Grenzerhaltung erfolgt gegenseitig, sowohl von Teilen der Mehrheit als auch von Teilen der ethnischen Minderheit. Gerade in dieser Phase erhöhen sich konflikthafte Prozesse und feindselige Haltungen. Zuwanderer aus der Türkei muslimischer Konfession werden von einer mehr oder weniger unbeachteten, geächteten, machtlosen sozialen Bevölkerungsgruppe zu einer als belastend, problematisch, bedrohlich wahrgenommenen und gefürchteten Gruppe. Diese Überlegung wird bestätigt durch das »Stereotype Content Model«, dass abgelehnte Minderheiten, die stereotypisch als kalt, aber kompetent und erfolgreich wahrgenommen werden, eher zu Sündenböcken werden. Gerade der »avancierende Fremde« wird als Bedrohung erlebt (s. Hüttermann 2000). Glick hat einen neuen Rahmen für die Sündenbock-Theorie entwickelt und fasst die spezifischen Bedingungen des kollektiven Prozesses zusammen, in dem eine abgelehnte, aber als mächtig und gefährlich wahrgenommene Minderheit zum Sündenbock gemacht wird und eine Bindung an eine Sündenbock-Ideologie entsteht (Glick 2002; Glick 2005, 252ff): - Es bestehen weit verbreitete, kollektive Frustrationen, z. B. durch extrem schwierige Lebensbedingungen aufgrund schwerer sozialer, politischer oder ökonomischer Krisen.

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- Dadurch wachgerufene, breit geteilte Ängste führen zur Suche nach einfachen Erklärungen und Lösungen. - Es entstehen ein breit geteilter Konsens und die Bindung an eine SündenbockIdeologie, dass eine bestimmte Minderheit verantwortlich für eine bestimmte Misere sei bzw. eine Gefahr für die dominante Mehrheit bilde. Dieser Gruppe wird die Macht zugeschrieben, der eigenen, dominanten Gruppe Schaden zufügen zu können. - Dabei wird auf bestehende feindliche Stereotypen gegenüber bestimmten, als gefährlich und mächtig eingeschätzten Gruppen zurückgegriffen. - Die Sündenbock-Ideologie enthält ein Versprechen, bestimmte grundlegende Bedürfnisse zu erfüllen, z. B. nach Sicherheit, Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, Überlegenheit der eigenen Gruppe.847 - Es existieren individuelle Neigungen zu Vorurteilen, in Form eines rechten Autoritarismus und/oder in einer »Soziale Dominanz-Orientierung« – d. h. eine Neigung, die soziale Dominanz der Eigengruppe zu bewahren und sie gegenüber wahrgenommenen Bedrohungen durch eine Minderheitsgruppe zu verteidigen. Sie erhöhen die Neigung, in Sündenbock-Dynamiken mitzuwirken. - Es existieren politische Bewegungen, die gegen die Minderheitsgruppe (Sündenbock) agieren. Sie bündeln die Sündenbock-Ideologie und gesteigerte Feindlichkeit und organisieren eine Bewegung gegen die Minderheitsgruppe. Die Bewegungen werden stärker, wenn sie als erfolgreich wahrgenommen werden, z. B. in der wahrgenommenen Herstellung verbesserter Lebensbedingungen der eigenen Gruppe.848 Wendet man das Modell auf die gegenwärtigen politischen Entwicklungen und Debatten rund um die muslimische Minderheit in Westeuropa an, dann wird folgendes Gefahrenpotential deutlich: Aus der Kombination verschiedener Faktoren könnte sich ein kollektiver Prozess entwickeln, bei dem Muslime zu Sündenböcken gemacht werden – dann nämlich, wenn der soziale Aufstieg muslimischer Zuwanderer und ihrer Familien, die Wahrnehmung der Macht der Muslime und die »Geiselhaft« lokaler muslimischer Gruppen für Taten extremistischer Muslime weltweit mit einer breiten, drastischen Verschlechterung 847 Man könnte das Bedürfnis nach ethnischer »Reinigung«/ Homogenisierung des nationalen Territoriums, nach der Herstellung von Homogenität/ Eindeutigkeit durch die Reduzierung von Differenz/ Komplexität/ Ambivalenz ergänzen. 848 Als Erfolgskriterium für politische »Sündenbock-Bewegungen« könnte man ergänzen: wenn sie das öffentliche Ausagieren von Hass- und Gewaltaffekten gegenüber Minderheitsgruppen ermöglicht und erlaubt oder wenn sie Erfolge im Zurückdrängen der Minderheitsgruppe vorweisen kann (z. B. Verhinderung, Behinderung von Moschee- und Minarettbauten).

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der sozialen und ökonomischen Bedingungen, einem weiteren Aufstieg rechtsradikaler politischer Parteien und einem Abbau der rechtsstaatlichen, demokratischen Standards in Europa zusammentreffen würden. Bestehende feindliche Stereotype, die Identifizierung und Aussonderung der muslimischen Bevölkerung als mächtig und gefährlich könnten unter solchen Bedingungen in offene Gewalt umschlagen. Legislative Maßnahmen in Westeuropa, mit denen staatliche Organe Muslime – und teilweise gleichzeitig Juden – aktiv diskriminieren, wie das Schweizer Minarettverbot, die österreichischen Änderungen der Bau- und Raumordnung auf Landesebene, das Schächtverbot in den Niederlanden usw., tragen zusammen mit weit verbreiteten islamfeindlichen Haltungen und Bewegungen zur Verstärkung von Vorurteilen bei. Sie schaffen ein politisches Klima, in dem es mehr und mehr als erlaubt betrachtet wird, BürgerInnen muslimischer Konfession Grundrechte vorzuenthalten und sie als »BürgerInnen 2. Klasse« zu behandeln. Schon diese Maßnahmen werden damit legitimiert, sie seien Akte der Selbstverteidigung gegen den »Islam« als gefährlichen Feind, dem Grenzen zu setzen sind. Diese Legitimation könnte auch einer weitergehenden, eskalierenden Sündenbock-Dynamik dienen.849 Ethnizität Die untersuchten Moscheebaukonflikte in Österreich, in denen es um Bauprojekte türkisch-muslimischer Organisationen und Verbände geht, sind Teil der inter-ethnischen Beziehungen zwischen der Mehrheit und der türkisch-muslimischen Minderheit. Eine Untersuchung dieser Konflikte muss die Dynamik von Ethnizität in den Blick nehmen, wie sie heute in der kultur-wissenschaftlichen Forschung verstanden wird. Die Begriffe »Ethnizität« oder »ethnische Gruppe« werden in der wissenschaftlichen Diskussion nicht einheitlich verwendet und unterschiedlich definiert (cf. Schönwalder/ Baykara-Krumme/ Schmid 2008, 3). Hier wird »Ethnizität« in einem sozialanthropologischen Sinn verwendet, nämlich bezogen auf Aspekte der sozialen Beziehungen zwischen Gruppen, die sich selbst als kulturell 849 Wie fragil der zivilisatorische Boden der Gesellschaft ist, wie rasch er unter dem Druck schlechter wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen einzubrechen beginnt, zeigt das aktuelle Beispiel Griechenland, wo sich im Zusammenhang mit dem Aufstieg der rechtsextremen neonazistischen Partei »Chryssi Avgi« (Goldene Morgenröte) rassistisch motivierte Übergriffe und Anschläge gegen Migranten, Flüchtlinge, Roma und Muslime häufen. So kommt es ab Frühjahr 2011 beispielsweise zu vermehrten Übergriffen im Athener Stadtteil Kallithea, Gebetsräume von Muslimen wurden angezündet. Zuerst im Norden Athens, dann auch in anderen Orten wurden »Zentren der geschlossenen Gastfreundschaft« eingerichtet, d. h. Anhalte- und Abschiebelager für Migranten; s. Elena Panagiotidis: »Griechenlands Schande«: Neue Zürcher Zeitung, 22. 10. 2012, 4; Human Rights Watch: »Hate on the Streets: Xenophobic Violence in Greece« (Juli 2012), Internetlink: http://www. hrw.org/reports/2012/07/10/hate-streets (Zugriff 22. 10. 2012).

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unterscheidbar/ verschieden sehen bzw. von anderen als solche betrachtet werden und auf bestimmte Weise klassifiziert werden (cf. Eriksen 2010, 5). Ethnizität wird nach Fredrik Barth als relationaler Begriff und als Prozess verstanden (Barth 1969). Barth wendet sich gegen eine Sicht, die eine ethnische Gruppe als fixe, statische kulturelle Einheit (z. B. »die Türken«) betrachtet, die objektiv existiert. Entscheidend ist nicht die »Kultur«, sondern die Grenze, die die jeweilige ethnische Gruppe gegenüber anderen absteckt und aufrecht erhält, der Prozess der Grenzziehung, und die Interaktion zwischen Gruppen innerhalb dieser Grenzräume. Für Barth setzen erst diese Prozesse Ethnizität in Kraft. Aus dieser Perspektive wird deutlich, dass jene Gruppe/das Bild der Gruppe, die die dominante Mehrheit in Österreich als zugewanderte »Türken/Muslime« wahrnimmt, erst das Ergebnis spezifischer Prozesse ist: - von Prozessen der gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und religiösen Entwicklungen sowohl im Aufnahmeland wie im Herkunftsland der Zuwanderer, aber darüber hinaus im europäischen und globalen Kontext; - von Prozessen der Migration, der Diasporasituation, der Arbeitsteilung entlang ethnischer Linien, von transnationalen Lebensformen, von Prozessen der gegenseitigen Grenzziehung und Identitätsbildung im Kontext des Einwanderungslandes. Ein Demonstration dieser Prozesshaftigkeit von Ethnizität ist die allmähliche Überlagerung der ethnischen Kategorie »Türke« durch die ethnisch-religiöse Kategorie »Türke/Muslim«: Während in den 1970er und 80er Jahren die religiöse Zugehörigkeit der türkischen Arbeitsmigranten so gut wie keine Rolle spielte, wird ab den 1980er Jahren, in denen sich eine neue Blockkonstellation »Westen versus Islam« entwickelt, und ab 9/11 die religiöse Identität der Zuwanderer aus der Türkei mit muslimischer Konfession stark hervorgehoben, akzentuiert, kommuniziert und problematisiert. Die unterschiedlichen Zugehörigkeiten und vielfachen Identitätsfaktoren von Menschen werden gewissermaßen von einem Faktor (»Islam«) verschlungen. Insgesamt bedeutet Ethnizität als relationaler, prozesshafter Begriff eine entscheidende Verschiebung der Perspektive, weg von einem statischen, essentialistischen Bild (»die türkische/muslimische Kultur« als Fremdkörper, als Störfaktor, als Problembereich innerhalb der dominanten nationalen Kultur) zur Wahrnehmung einer sich über die Jahrzehnte entwickelnden, offenen Dynamik – eine Wahrnehmung, die beide Seiten (die Mehrheitsgesellschaft und die Minderheit) umfassen muss, weil beide aktiv daran Anteil haben und sich miteinander in Interaktion befinden. Diese Dynamik erfolgt nicht nur in der Interaktion zwischen den Gruppen im Raum der ethnischen Grenze, sondern auch innerhalb der Gruppe selbst. Beim Trägerverein der neuen Moschee in Bad Vöslau und seinem Umfeld beispiels-

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Nationale Politik des religiösen Raums im globalen Zeitalter

weise ist erkennbar, dass die individuelle kulturelle und religiöse Zugehörigkeit plural und wandelbar ist: Je nach der Herkunftsregion in der Türkei, je nach Herkunft aus der Türkei oder Ex-Jugoslawien, je nach dem individuellen Bezug zur islamischen Glaubenspraxis, je nach dem Bezug zu Österreich usw. bilden sich unterschiedliche Identitäten und Identifikationen, die sich im Lauf der Zeit wandeln. Ein Faktor, der sich im Laufe der Jahrzehnte veränderte, war der Stellenwert der religiösen Praxis für die Arbeitsmigranten: Standen am Anfang des Aufenthalts in Österreich für die jungen Männer aus der Türkei das Abenteuer eines Sprungs nach Westeuropa, die Verdienstmöglichkeiten, die Chancen bei den österreichischen jungen Frauen usw. im Vordergrund, so erhielt im Lauf des Älterwerdens in Österreich, des Familiennachzugs, der Entwicklung einer Community die Pflege der hergebrachten religiösen Tradition, die Moschee als Mittelpunkt des sozialen Zusammenlebens der Migranten mehr Bedeutung. Die verschiedenen Identitätsfaktoren können dann je nach Kontext stärker oder schwächer akzentuiert und kommuniziert werden. Von außen, von der Mehrheitsgruppe betrachtet handelt es sich um »die Türken« und bei der Vöslauer Moschee um ein »türkisches« Kulturzentrum – ungeachtet der ex-jugoslawischen Mitglieder des Moscheevereins, der unterschiedlichen regionalen Zugehörigkeiten in der Türkei, die für die aus der Türkei stammenden Mitglieder wichtig sind, der Besucher des Freitagsgottesdienstes, die aus vielen muslimisch geprägten Ländern stammen, der Personen im Moscheeverein und in seinem Umfeld, die bereits in Österreich geboren sind – junge VöslauerInnen mit Eltern oder Großeltern, die aus der Türkei stammen, oder mit einem österreichischen und einem türkischen Elternteil. Die ethnische, essentialistische Klassifizierung »Türken« schneidet durch diese reale Komplexität von Zugehörigkeiten eine einfach definierte Grenze des »Wir« und »Sie«, erlegt eine bestimmte Identität auf und konstruiert eine künstliche homogene Gruppe – so wie die Kategorie »Ausländer« auch Migranten umfassen kann, die bereits seit langem österreichische Staatsbürger sind oder Personen, die in Österreich geboren sind. Die Kategorisierung schafft und bestätigt eine einfache soziale Ordnung (»Wir« und »Sie«), indem sie eine vielfältige, mehrdeutige, sich wandelnde soziale Realität ignoriert.

4.

Raumwissenschaftliche Perspektiven auf Moscheebaukonflikte

An den Themen Zuwanderung von Personen muslimischer Zugehörigkeit und Moscheebau wird deutlich, welche zentrale Bedeutung die Frage des lokalen Raumes, des konkreten Ortes im globalen Zeitalter einnimmt – entgegen der

Raumwissenschaftliche Perspektiven auf Moscheebaukonflikte

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theoretischen Annahme von einem Verschwinden oder Bedeutungsverlusts des Raumes durch Globalisierung. Im letzten Abschnitt soll deshalb die Kategorie Raum mit Hilfe jüngerer raumwissenschaftlicher Perspektiven reflektiert werden.

4.1

Das neue sozialwissenschaftliche Raumdenken

Raum ist keine bloße Oberfläche, keine neutrale Größe – Raum ist ständig umkämpft und umstritten. Der soziale Raum ist nicht bloß von Machtverhältnissen und Hierarchisierungen durchzogen, sondern wird vielmehr durch Machtverhältnisse, durch »Macht-Geometrien« (Doreen Massey) konstruiert. Das gilt auch für den religiösen Raum. Die Sozialwissenschaften haben im 20. Jahrhundert Ansätze eines neuen Raumbegriffs entwickelt, der sich von einem absolut gedachten Raum, von einer Vorstellung des Raumes als leerer »Behälter« absetzt. Der sozialwissenschaftliche Raumbegriff übernimmt die relationale Perspektive auf Raum und Zeit aus der modernen Physik (s. Schroer 2006, 47ff; Dünne 2006; Kajetzke/ Schroer 2010): Raum ist in sich dynamisch, prozessual und relational. Raum ist das Produkt von sozialen Beziehungen, Praktiken, Verbindungen und Interaktionen. Raum und Menschen bzw. soziale Güter, soziale Beziehungen werden in einer neuen Raumsoziologie nicht länger als zwei verschiedene Realitäten betrachtet (Löw 2001). Die radikale Entgegensetzung von Zeit und Raum, bei der Zeit mit Dynamik verbunden wird, Raum aber mit Statik, Bewegungslosigkeit, Stabilität, wird durch dieses neue Raumdenken in Frage gestellt. Raum wird bereits bei frühen Soziologen wie Emile Durkheim und Georg Simmel als soziale Kategorie verstanden und sozial beschrieben.850 Nicht der Einfluss der »Landschaft« auf die Gesellschaft, sondern die »Einwirkung, die die räumlichen Bestimmtheiten einer Gruppe durch ihre sozialen Gestaltungen und Energien erfahren« (Simmel 2006, 304) ist nun das Thema, wie Simmel bereits 1903 in »Über räumliche Projektionen sozialer Formen« schreibt. Die britische Geographin Doreen Massey fasst das neue sozialwissenschaftliche Denken des Raums in drei Thesen zusammen (cf. Massey 2009, 9 – 15): - Raum ist das Produkt der Praxis sozialer Beziehungen und Interaktionen auf allen Ebenen – keine gegebene, zeitlose Entität, kein bloßer Container für immer schon konstituierte, immer gleichbleibende Identitäten. - Wenn Raum das Produkt von sozialen Beziehungen ist, dann basiert er auf Pluralität. Raum ist »die Sphäre der Möglichkeit der Existenz von Vielfältig850 Zum Folgenden: Schroer 2006, 48 – 60.

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keit im Sinn zeitgenössischer Pluralität« (Massey 2009, 9),851 die Sphäre gleichzeitig existierender Heterogenität. - Wenn Raum das Produkt von sozialen Beziehungen und Interaktionen ist, die ausgeführt werden, dann ist Raum immer im Prozess, nie etwas Fertiges, Abgeschlossenes, kein unbewegliches System. Konflikte zwischen Raumvorstellungen Die Konzeptualisierung von Raum bzw. die Durchsetzung einer bestimmten Bedeutung von »Raum«, die »imaginäre Geografie« hat enorme politische Implikationen. Das zeigt sich im Fall der öffentlichen Debatten der letzten Jahrzehnte in Westeuropa rund um Zuwanderung und »europäische Identität«, und in der politischen Interpretation der Institutionalisierung des Islam in den europäischen Gesellschaften. In ihnen sind bestimmte, dominierende Raumvorstellungen wirksam: a) Territorialer, kulturell kohärenter Raum: Die moderne territoriale Vorstellung versteht Raum – von seiner Natur her, ursprünglich – als geteilt und regionalisiert, bestehend aus voneinander getrennten Territorien mit klaren, festen Grenzen. Der moderne Nationalstaat wird auf dieser Basis als etwas Natürliches legitimiert (cf. Massey 2009, 65). Dazu tritt die Annahme einer natürlichen Übereinstimmung von Kultur und Gesellschaft mit einem bestimmten, begrenzten Territorium. Von dieser machtvollen geographischen Vorstellung her wird die muslimische Zuwanderung nach Europa als Störung einer »natürlichen Ordnung« konzeptualisiert: Die »muslimische Kultur« verliere die integrale Verbindung mit ihrem eigenen geographischen Raum, befinde sich am falschen Ort und gefährde die als geschlossen gedachte Kultur des europäischen Raums. Die Identität Europas – als säkularer Raum der europäischen Moderne/ christliches Abendland/ Zentrum – wird ideologisch im Gegensatz zu Orient/ Islam/ Peripherie definiert, sodass »Europa« sowohl aus säkularer wie christlich-religiöser Sicht als exklusiver Begriff funktioniert, der den Islam per se ausschließt. Das exklusive, territoriale Konzept von Raum und die territorialisierte Vorstellung von Identität steht in Spannung zur Vorstellung eines transitorischen Raumes, des »Ortes in Bewegung« (Mignolo 2000), der als transnationaler Raum der Diaspora, der Religionen und damit verbundenen »entterritorialisierten Identitäten« (Brubaker 2005, 8) in Erscheinung tritt. b) Statischer Raum: Dem lokalen Raum (Nation, Stadt, Region, Landschaft, …) werden von den Bewohnern dieses Raumes Eigenschaften und Bedeutungen zugeschrieben, die ihn ent-zeitlichen: Er wird als fertiggestellt imaginiert, als statischer, unbeweglicher Endpunkt der Entwicklung, als stabile, unverän851 Eigene Übersetzung.

Raumwissenschaftliche Perspektiven auf Moscheebaukonflikte

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derbare Tradition (»das traditionelle Ortsbild«, »die örtliche Baukultur«). Es handelt sich um eine essentialistische Auffassung räumlicher Identität, die diese als zeitlos, unveränderlich, gleichbleibend, ein für alle Mal festgelegt denkt – und nicht als etwas Relationales, Prozesshaftes, das durch sich verändernde Beziehungen konstituiert wird. Die extrem raschen, radikalen Veränderungen des lokalen Raums durch ältere, vorangegangene Prozesse der Modernisierung, tiefe Traditionsbrüche, aber auch Veränderungen z. B. durch frühere historische Migrationsprozesse, werden aus der Raumvorstellung entfernt, die historische Zeit wird ihm entzogen, sodass ein Mythos des gleichbleibenden, überkommenen lokalen Raums und der zeitlosen Authentizität des Lokalen geschaffen wird. Dieser politische Mythos ist hochwirksam, weil er einerseits z. B. den Ausschluss neuer, fremder, sichtbarer Religionsbauten nichtchristlicher Religionsgemeinschaften legitimiert und andererseits inmitten der real ablaufenden, machtvollen und verunsichernden Transformationen des Raums durch die Globalisierung dem Bedürfnis nach Schutz, Sicherheit und Stabilität entgegenkommt. Hier hängen zwei völlig entgegengesetzten Konzeptionen des globalen Raums – einerseits der unbegrenzte, freie Raum der ökonomischen Globalisierung, andererseits der lokale Raum, dessen Grenzen gegenüber Migranten verstärkt und verteidigt werden müssen – zusammen: Nationale Politik, die sich gegenüber der ökonomischen Globalisierung vielfach als machtlos darstellt, kann sich beim Thema Immigration als machtvoll präsentieren. Politik, die – wenn es um Migration geht – mit dem Mythos des stabilen, ruhiggestellten, vertrauten Raumes der sicheren Grenzen agiert, ermöglicht es, die Verlustgefühle, Ängste und Frustrationen, die mit der Modernisierung und Globalisierung verbunden sind, auf Migranten zu lenken, die auf unmittelbar zugängliche und einfach verständlich Weise eine Dimension der Globalisierungsprozesse repräsentieren – so als ob ohne Zuwanderer die alte, stabile Welt der Vergangenheit noch existieren würde, die es tatsächlich nie gegeben hat. Massey schreibt über nostalgische Reaktionen auf die Globalisierung, die den Verlust der alten räumlichen Begrenzungen beklagen: »This response is not ›backward-looking‹ …; it is looking backwards to a past that never was« (Massey 2009, 65). Raum ist nichts Gegebenes, sondern ein kulturelles Artefakt, dessen Bedeutung diskursiv ständig umkämpft ist (cf. Hubbard 2007). Aus dieser Perspektive können die politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte und der Gegenwart in Westeuropa auch als Kämpfe um die Vorstellung bzw. die Bedeutung von Raum verstanden werden: - essentialistisch gedachter Raum, dessen Identität zeitlos starr ist, immer schon feststeht und gleich bleibt, versus Raum als Produkt von Beziehungen

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und Interaktionen, die sich verändern und damit den Raum verändern, sozialen, gesellschaftlichen und politischen Wandel hervorbringen; - homogen gedachter Raum, der rein gehalten und von »fremden Elementen« gesäubert werden muss, versus Raum, der in sich vielfältig, antagonistisch, heterogen und deshalb konflikthaft ist; Raum, der nicht nur eine Geschichte, eine Kosmologie durchsetzt, sondern verschiedene Geschichten und Kosmologien zusammenbringt; - Raum als unbewegliches System, das naturalisiert, konserviert und verteidigt wird, versus offener Raum der Interaktion, Raum als offener Prozess, bei dem die Zukunft nicht schon bekannt ist und (als Fortschreibung der einen, europäischen Moderne) festgelegt wird.

4.2

Raum und Macht aus der Sicht der Soziologie Pierre Bourdieus

Raum wird durch soziale Beziehungen und Interaktionen produziert. Diese »Raumpraxis« analysiert die Theorie des sozialen Raums von Pierre Bourdieu. Sie ist für ein Verständnis der sozialen Prozesse, die in den Konflikten rund um die Errichtung von Bauten durch muslimische Organisationen sichtbar werden, besonders relevant, weil sie sich intensiv mit dem Verhältnis von Raum, Macht und sozialer Ungleichheit beschäftigt (s. Schroer 2006a, 82 – 106; Schroer 2006b; Dangschat 2009). Bourdieus soziologische Raumtheorie erschließt sich über sein umfassendes theoretisches Modell der sozialen Welt, wie er es vor allem in einem seiner Hauptwerke, Die feinen Unterschiede (Bourdieu 1987; orig. 1979), entwickelt hat. Im Unterschied zu substantialistischen, starren, geschlossenen Modellen der (gesellschaftlichen) Welt konzipiert Bourdieu die gesellschaftliche Wirklichkeit relational – so wie die moderne Mathematik und Physik die Realität nicht substantialistisch, sondern relational denkt (Bourdieu 1968). »Raum« ist für Bourdieu eine geeignete Metapher für die relational gedachte soziale Welt: Der »soziale Raum« wird durch ein Ensemble von Positionen aufgespannt, die sich voneinander unterscheiden, durch ihre jeweiligen Beziehungen (Nähe, Distanz, …) zueinander bestimmt werden und Teil einer Rangordnung sind. Der soziale Raum ist für Bourdieu wesentlich ein Raum der Unterschiede, der Differenzen, die nicht an sich, sondern nur relational – »im Unterschied zu …«, »in Beziehung zu…« – existieren (s. Bourdieu 1998, 18). Für Bourdieu ist der zentrale Gedanke seines Modells, »daß in einem Raum existieren (…) heißt, sich unterscheiden, unterschiedlich sein« (Bourdieu 1998, 22). Die zentralen Unterscheidungsprinzipien, aus denen sich die Positionen von Akteuren im sozialen Raum ergeben, sind – in der Sicht von Bourdieus erweitertem Kapitalbegriff – das ökonomische Kapital (im Sinne von materiellen und finanziellen Ressourcen) und das kulturelle Kapital (im Sinne von Ressourcen wie Bildung, Bil-

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dungstitel, Hochsprache, Besitz von Kulturgütern wie Bücher und Kunstwerke etc.). Der soziale Raum kann daher als »Distributionsstruktur der verschiedenen Kapitalsorten« (Bourdieu 1998, 26) – bzw. ökonomischer oder kultureller Machtformen – aufgefasst werden: als ein Machtfeld, das durch die ungleiche Verteilung der verschiedenen Arten von Kapital strukturiert ist. Zum ökonomischen und kulturellen Kapital tritt das soziale Kapital (die Ressource sozialer Beziehungen, u. a. Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie, zu Vereinen und Parteien) sowie das symbolische Kapital, das mit den anderen Arten von Kapital einhergeht (Prestige, Anerkennung, Ehre), wenn diese von anderen wahrgenommen und als legitim anerkannt werden.852 Den jeweiligen Positionen (oder Positionsklassen) entsprechen bestimmte Dispositionen (oder Habitus), die Bourdieu als »Produkt der mit der entsprechenden Position verbundenen Konditionierungen« definiert (Bourdieu 1998, 21). Er versteht darunter Prinzipien, mit der verschiedene Praktiken (z. B. Konsum- oder Verhaltensgewohnheiten, Werthaltungen) innerhalb einer bestimmten Klassenlage hervorgebracht werden, die vor allem der Unterscheidung dienen sollen. Nun handelt es sich beim sozialen Raum nicht um eine statische, sondern um eine höchst dynamische Struktur, um einen Ort sozialer Kämpfe, in dem sich die Positionen verändern, um die Veränderung der Positionen gerungen wird. Das ist der Grund, warum ihn Bourdieu als »Feld« beschreibt: Der soziale Raum ist für ihn ein »(…) Kraftfeld (…), ein Feld von Kämpfen, in dem die Akteure mit je nach ihrer Position in der Struktur des Kraftfelds unterschiedlichen Mitteln und Zwecken miteinander rivalisieren und auf diese Weise zu Erhalt oder Veränderung seiner Struktur beitragen.« (Bourdieu 1998, 49 f)

Je nach Macht (oder Kapital) bestimmt sich die Position im sozialen Raum, und damit die Möglichkeit, sich im Kraftfeld des sozialen Raums – als Bereich gesellschaftlicher Auseinandersetzungen – durchzusetzen und Einfluss auszuüben. Der Gesamtumfang des jeweiligen Kapitals und die Art der Kapitalsorten sind die entscheidenden »Kampfmittel«, die auf dem Kampffeld oder im Spielraum der sozialen Welt unterschiedliche Einsätze und Spielweisen – riskantere und weniger riskante – ermöglichen (cf. Bourdieu 1991, 28). Bourdieu hat den Raumbegriff aber nicht nur als Metapher benutzt, sondern auch in kürzeren Texten theoretische Überlegungen zum Raum vorgelegt (Bourdieu 1985; 1989; 1991; 1997; 1998).853 Ich stütze mich im Folgenden auf den wichtigen Text Physischer, sozialer und angeeigneter physischer Raum (Bourdieu 852 Zur Kapitaltheorie Bourdieus s. Bourdieu 1983; 1986; Rehbein/ Saalmann 2009. 853 Zur Kritik seines Raumdenkens s. Löw 2001, 179 ff. (Exkurs: Bourdieu und der Raum).

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1991).854 Für unser Thema ist besonders der enge Zusammenhang zwischen sozialen und räumlichen Strukturen, zwischen sozialem und physischem Raum relevant, den Bourdieu darin betont. Raum ist nicht – wie ein Container – einfach gegeben, sondern durch Menschen angeeignet, sozial konstruiert: »Der soziale Raum ist nicht der physische Raum, realisiert sich aber tendenziell und auf mehr oder minder exakte und vollständige Weise innerhalb desselben. Das erklärt, warum es uns so schwerfällt, ihn als solchen zu reflektieren. Der in bestimmter Weise von uns bewohnte und uns bekannte Raum ist sozial konstruiert und markiert.« (28)

Der physische Raum reproduziert die sozialen Machtverhältnisse. Als Beispiel führt Bourdieu architektonische Räume an, die (politische, ökonomische und kulturelle) Macht zum Ausdruck bringen, an denen sich Macht vollzieht. »Der angeeignete Raum ist einer der Orte, an denen Macht sich bestätigt und vollzieht, und zwar in ihrer sicher subtilsten Form: der symbolischen Gewalt als nicht wahrgenommener Gewalt.« (27) Je größer die Macht (oder der Kapitalbesitz) von Akteuren oder Gruppen ist, desto größer ist die Möglichkeit, sich Raum anzueignen, über Raum zu verfügen, Macht räumlich zu inszenieren und den Raum zu kontrollieren – zum Beispiel in der Form, »sich die unerwünschten Personen und Dinge vom Leib zu halten wie sich den begehrten Personen und Dingen zu nähern (…)« (30). Die Strukturen der sozialen Ordnung sind den räumlichen Strukturen eingeschrieben, werden in Raumstrukturen umgewandelt – und über den physischen Raum wiederum dem Körper eingeschrieben, indem der Raum bestimmte Körperhaltungen organisiert (cf. 27). Der soziale Raum schlägt sich im physischen Raum nieder, objektiviert sich im physischen Raum, schreibt sich in den physischen Raum ein – wie Bourdieu in einem späteren Text sagen wird, »jedoch immer auf mehr oder weniger verwischte Weise« (Bourdieu 1997, 118). Aus dieser engen Verbindung leitet Bourdieu die Möglichkeit ab, die sozialen Strukturen aus den räumlichen Strukturen zu lesen, weil »(…) der von einem Akteur eingenommene Ort und sein Platz im angeeigneten physischen Raum hervorragende Indikatoren für seine Stellung im sozialen Raum abgeben.« (26) Die Verbindung der sozialen Strukturen mit dem physischen Raum und mit dem menschlichen Körper hat aus der Sicht Bourdieus enorme Folgen für das Beharrungsvermögen sozialer Strukturen. Sie trägt dazu bei, dass sie sich nur schwer und mit großer Mühe verändern lassen: Aus ihrer Einlagerung in den physischen Raum resultiere »die Trägheit der für den sozialen Raum konstitutiven Strukturen« (26). Wichtig ist zu sehen, dass man nicht von einem einfachen Spiegelmechanismus ausgehen kann: Soziale Ungleichheit spiegelt sich nicht bloß im Raum, sondern die ungleichen Möglichkeiten, sich Raum anzu854 Seitenzahlen beziehen sich im Folgenden auf diesen Text.

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eignen und den öffentlichen Raum zu kontrollieren, verstärken noch die bestehenden Ungleichheiten (cf. Dangschat 2009, 320). Die soziologische Machtanalyse und der Raumbegriff Bourdieus schärfen den Blick auf den Raum/ die Orte von muslimischen Gemeinschaften in Österreich, auf die ungleichen Beziehungen und Machtverhältnisse, die sie hervorbringen. Die oft feuchten, kalten, muffigen Kellerräume, in denen viele Gebetsräume und Vereinszentren von Muslimen untergebracht waren und sind, haben mit der provisorischen Existenz der »Gastarbeiter« zu tun, die am Anfang selbst von einer begrenzten Aufenthaltsdauer ausgegangen waren und deshalb nicht viel in die Zentren (und auch in die privaten Wohnungen) investieren wollten und konnten, aber auch ihre Stellung am unteren Rand der sozialen Leiter. Die von ihnen genutzten Räume spiegelten ihre Position im sozialen Raum, am unteren Ende des hierarchisierten Raumes wider. Das gilt nicht nur für die Lage innerhalb eines Gebäudes und für die Art und Ausstattung der Räume, sondern auch für die räumliche Lage innerhalb eines Ortes: Häufig trifft man auf die Tendenz, die »Fremden« und ihre Räume aus den Kernbereichen, Zentren der Ortschaften an die Peripherie, in (gemischte) Gewerbegebiete und Industrieareale zu drängen, wenn sie nicht ohnehin dort angesiedelt sind. Ihre soziale Randstellung projiziert sich in den physischen Raum. Die bestehenden Machtverhältnisse produzieren die marginalisierten Räume der Muslime. Im Kauf von Grundstücken und großer Gebäude, die für die Moscheen adaptiert werden, im Bau neuer Moscheen, im schrittweisen Aufbau der religiösen Infrastruktur spiegeln sich auf einer räumlicher Ebene soziale Entwicklungen der Zugewanderten, die auf der Zeitebene stattfinden: die Umorientierung auf Österreich als Lebensmittelpunkt, ein gewachsenes Selbstbewusstsein der ehemaligen Migranten und ein langsamer sozialer Aufstieg von Teilen der Zuwanderer in die Mittelschicht, der sich räumlich auch im Kauf von Eigentumswohnungen und Häusern ausdrückt – eine Entwicklung, die in Österreich ab etwa 2000 besonders stark einsetzt und manifest wird. Genau zu diesem Zeitpunkt setzen massive soziale Konflikte rund um Moschee- und Minarettbauten ein: Teile der dominierenden Gruppen in der Gesellschaft versuchen zu verhindern, dass sich der gesellschaftliche Wandel, die ethnisch-religiöse Pluralisierung, der Aufstieg und die Niederlassung der Zugewanderten auf der Zeitebene auch auf der räumlichen Ebene artikulieren und festgeschrieben werden. Wenn sich die sozialen Veränderungen im physischen Raum in Form von gebauten Einrichtungen objektivieren, dann würden diese sichtbarer, manifester und vor allem dauerhafter – aufgrund der Eigenschaften, die traditionell mit dem Raum verbunden werden: Festigkeit, Dauer, Beständigkeit, Bleibendes. Die Illusion, es handle sich bei den neuen Bürgern bloß um »Gäste auf Zeit« und bei der neuen ethnisch-religiösen Vielfalt nur um ein transitorisches Phänomen, kann dann immer weniger aufrechterhalten werden.

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Aus der Perspektive des Modells von Bourdieu besteht in diesen Konflikten eine enorme Asymmetrie der Positionen der Mehrheit und der Minderheit. Teile der dominanten ethnisch-religiösen Mehrheit weisen den Anspruch der Minderheit zurück, ihre Position zu verändern, sich Raum anzueignen und damit symbolische Macht auszudrücken. Raum spiegelt Macht, aber darüber hinaus wird über den Raum Macht ausgeübt: Die Mehrheit benutzt ihre Machtmittel dafür, den Raumanspruch der »Fremden« zurückzudrängen und den »eigenen« nationalen symbolischen Raum zu kontrollieren.

4.3

Historischer Exkurs – Die Gestalt religiöser Bauten als Seismograph der Position einer religiösen Minderheit im sozialen Raum: Das Beispiel des Synagogenbaus

Die Gestalt religiöser Gebäude, die Räume und die Sichtbarkeit von religiösen Minderheiten spiegeln ihre gesellschaftliche Situation bzw. ihre Position im sozialen Raum wider.855 Der Grad der öffentlichen Anerkennung einer religiösen Minderheit ist vom Grad der Repräsentanz und Sichtbarkeit ihrer Bauten im öffentlichen Raum ablesbar. Geschichte und Gegenwart in Europa sind voller Beispiele dafür, dass der Emanzipationsprozess bestimmter religiöser Minderheitsgruppen wesentlich mit der Politik der gebauten Umgebung, der öffentlichen Aushandlung der Gestalt ihrer Bauten und deren Sichtbarkeit im öffentlichen Raum Hand in Hand geht. Es sind konflikthafte Aushandlungsprozesse, in denen unterschiedliche Interessen aufeinander stoßen: einerseits das Interesse bzw. die Notwendigkeit für eine Minderheitsgruppe, ihre eigenständige Identität, die um Glaube und Religion kreist, räumlich zum Ausdruck zu bringen und dadurch zu stärken – und das Interesse der Mehrheitsgruppe, die Raum- und Identitätspolitik der Minderheit zu kontrollieren, den eigenen religiösen Raum homogen, »rein« zu halten sowie die Transformation der symbolischen Ordnung und damit der Machtstrukturen in Form der Veränderung des kulturellreligiösen Textes der Landschaft (s. Duncan/ Duncan 1988; Duncan/ Barnes 1992) zu verhindern.856 855 Für religiöse Gebäude in UK s. Nasser (1998). 856 Die Beispiele aus der österreichischen Geschichte sind bekannt: Durch das josephinische Toleranzpatent von 1781 durften nicht-katholische Konfessionen – Protestanten, Calvinisten, Griechisch-Orthodoxe – zwar Kirchen bauen, wenn die Gemeinschaft mindestens 100 Familien umfasste, ihre Bethäuser durften aber keinen Turm und keinen Eingang zur Straße besitzen. In den protestantisch dominierten Niederlanden des 17. Jahrhunderts war es Katholiken verboten, Gottesdienste abzuhalten, die deshalb im Geheimen gefeiert werden mussten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden die strikten Beschränkungen gelockert, es bestanden zu der Zeit aber kaum katholische Kirchen. Der Bau großer katholischer Kirchen

Raumwissenschaftliche Perspektiven auf Moscheebaukonflikte

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Im Fall des Moscheebaus in Bad Vöslau war der »Stein des Anstoßes« das äußere architektonische Erscheinungsbild der ursprünglich geplanten Moschee. Dabei ging es um zwei Aspekte: einerseits um die Sichtbarkeit der Moschee im öffentlichen Raum, vor allem in Form der Minarette, andererseits um die »orientalischen« Elemente der Architektur, vor allem in Form der Arkaden und Kuppeln an der Vorderseite und der großen Kuppel. Meiner Ansicht nach wäre es eine Verkürzung davon auszugehen, dass es bei den Ressentiments gegen Moscheebauten gar nicht um die Architektur gehe, sondern »im Grunde« nur um den Islam und die Muslime. Tatsächlich ist die Architektur, der Bau, die räumliche Situation von der sozialen, politischen und ideologischen Situation nicht trennbar. In der räumlichen Lage und der äußeren Gestalt der Moscheebauten spiegeln sich die soziale Situation der Muslime, ihr Selbstverständnis und zugleich die Haltung der Mehrheitsgesellschaft ihnen gegenüber. Dieser enge Zusammenhang zwischen Sakralbau und Gesellschaft gilt auch für die Bauwerke anderer religiöser Minderheiten durch die Geschichte. Erhellend ist dabei ein Vergleich mit der Geschichte des deutschen und österreichischen Synagogenbaus und der Synagogenarchitektur.857 Über Jahrhunderte waren die Synagogen »architektonische Seismographen für gesellschaftliche Verhältnisse« (Grellert 2007, 80). In der Synagogenarchitektur – besonders in der äußeren Gestalt – und im Standort der Synagogen zeichnen sich die Veränderungen in der gesellschaftlichen Stellung der Juden deutlich ab, so wie heute Moscheebauten in Europa und ihre architektonische Gestalt und Lage Seismographen der Position der Muslime im sozialen Raum darstellen. Die mittelalterlichen Synagogen waren im Stadtbild kaum sichtbar, weil zu dieser Zeit meistens abgeschlossene jüdische Viertel existierten, in denen sich die Synagogen befanden. Ein Beispiel ist das ehemalige Judenviertel in Graz, das schon im 13. Jahrhundert bezeugt wurde. Die Synagoge befand sich im inneren Baublock der Judengasse. Für den Bau der Synagogen gab es Auflagen durch die Stadt: Sie durften nicht höher sein als die christlichen Kirchen (cf. Künzl 1988, 64). Mit den Pogromen und Vertreibungen im 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts, bei denen ganze jüdische Gemeinden ermordet oder des Landes verwiesen wurden, endete die Tradition des Synagogenbaus im Herzogtum Österreich.858 speziell in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts löste heftige Widerstände von Seiten der etablierten religiösen Gruppen aus (s. Sunier 2005, 317 f). 857 Siehe dazu: Schwarz 1988; Gen¦e 1992; Cohen-Mushlin/Thies 2008; Knufinke 2008a; Knufinke 2008b; Cohen-Mushlin/Thies 2010. 858 Ähnliche Entwicklungen ereigneten sich auch im übrigen Europa: Bereits 1290 wurden die Juden aus England vertrieben, 1394 aus Frankreich, 1492 aus Spanien. In Deutschland erfolgten die Vertreibungen nicht landesweit, sondern in einzelnen Städten; die Synagogen wurden dort abgerissen oder in Kirchen verwandelt. An wenigen Orten konnten jüdische

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Erst ab der Mitte des 17. Jahrhundert entstanden in Deutschland und Österreich wieder neue Synagogenbauten. In der Regel hatten sich jüdische Gemeinden, die aus den größeren Städten vertrieben worden waren, in kleinen Landgemeinden angesiedelt. Man begann zuerst mit der Einrichtung von einfachen Gebetsräumen in Häusern, Höfen und Gängen, die sehr versteckt waren. Eine Quelle aus dieser Zeit beschreibt diese Verborgenheit der jüdischen Gebetsräume anschaulich: Die meisten »… waren sehr klein, und in den entferntesten Orten und den engsten Gängen gefunden worden (…), und wenn sie hier und da eine Änderung und transportio oder Erweiterung vorgenommen, so ist die Absicht immer gewesen, sich soviel wie möglich von den Hauptgassen zurückzuziehen; (…) die Eingänge sind alle so eng, schmal und niedrig, als nicht leichtlich anderwerts Dieselbe werden gefunden werden…« (Ziegra 1764, 65; zit. nach Mühlinghaus 1988, 124)

Später entstanden an einigen Orten größere Synagogen, die aber ebenfalls in Hinterhöfen versteckt und von der Straße aus nicht sichtbar waren (cf. Mühlinghaus 1988, 122). An manchen Orten, z. B. in Hildesheim, wo die Juden einen Neubau oder größeren Umbau durchführen wollten, wurde das von der Kirche und der Bürgerschaft sofort unterbunden (Mühlinghaus 1988, 123). In Gelnhausen z. B. wurde der Anbau eines Treppenhauses zur Frauenempore durch den Einspruch der Bürgerschaft untersagt. Man wollte verhindern, dass die Synagoge durch einen turmähnlichen Aufbau einer Kirche ähnlich sieht – was nicht erlaubt war (Mühlinghaus 1988, 125). Die Synagogen durften im 17. Jahrhundert im öffentlichen Raum nicht sichtbar sein. In anderen Fällen, wie z. B. in der Residenzsynagoge in Ansbach, wo der Markgraf von Brandenburg-Ansbach, also der Staat direkt in den Synagogenbau eingriff und der Hofarchitekt mit der Planung beauftragt war, entstanden Bauten, die oft Kirchen ähnlich sahen, innen aber traditionell gestaltet waren. »Die Formvorstellungen des Staates endeten also auch hier an der Synagogentür. Sowohl die Synagogen, die nach außen hin baulich wie ein Profanbau erschienen, als auch jene, die dem Erscheinungsbild eines Kirchenbaus glichen, wahrten im Inneren, in der Ausstattung also, ihre Tradition so weit wie möglich.« (Mühlinghaus 1988, 125 f)

Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden größere, sichtbare Synagogenbauten erlaubt. Einige der ländlichen Synagogen aus dieser Zeit, als die Juden eine geduldete Minderheit waren (1780 – 1830), sind in Deutschland noch erhalten. Sie fielen dem Pogrom 1938 nicht zum Opfer, weil sie meistens schon Ende des 19. Jahrhunderts von den jüdischen Gemeinden im Zuge der Landflucht verlassen worden waren (cf. Hammer-Schenk 1988, 158). Die Mehrheit der ländlichen Synagogenbauten dieser Zeit war aber sehr einfach und von ProGemeinden weiter existieren, sodass dort auch alte Synagogen erhalten blieben (Künzl 1988, 61), zum Beispiel in Worms und Frankfurt.

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fanbauten meist nicht zu unterscheiden, und häufig gab es gar keine eigenen Kultbauten, sondern nur Gebetsräume in privaten Häusern (cf. Hammer-Schenk 1988, 162). In den Städten hing es von der jeweiligen Stellung der jüdischen Gemeinde ab, ob ein repräsentativer Synagogenbau errichtet werden konnte. So konnte z. B. auf Grund der relativ gesicherten Situation der Juden in Karlsruhe 1798 – 1800 ein großer, repräsentativer und aufwendiger Kultbau errichtet werden (cf. Hammer-Schenk 1988, 166ff). Die Synagoge, die 1825 – 27 in Hannover errichtet wurde, war dagegen in einem Hof versteckt und von außen nicht erkennbar. Die Münchner Synagoge (eingeweiht 1826) durfte nur abgelegen, weit außerhalb des damaligen Zentrums, in einer sozial minderwertigen Gegend in der Nähe der Schlachthöfe errichtet werden – trotz der Proteste der jüdischen Gemeinde. Sie war äußerlich unauffällig: Sie hatte keine erkennbare Zeichen eines Kultgebäudes, weder Turm noch betonte Eingangsfront (cf. HammerSchenk 1988, 175). Die rechtliche Emanzipation der jüdischen Gemeinden, die sie im 19. Jahrhundert erreichen konnten, wirkte sich in der räumlichen Situation der Synagogen aus, die nun im Stadtbild sichtbar sein konnten, und dies vor allem architektonisch (s. Lerner 2000). Für die Synagoge gibt es keinen charakteristischen Baustil und keine festgelegten architektonischen Merkmale – nur der Innenraum ist bestimmt durch die Bipolarität der beiden zentralen Elemente des Thoraschreins (Aron hakodesch) Richtung Jerusalem und des Vorlesepults (Almemor) im Zentrum des Raumes. Dieses räumliche Prinzip ist nicht austauschbar, während die äußere Gestalt wechselte (s. Korn 1988). Im frühen 19. Jahrhundert hatten sich die Synagogen am romanischen Kirchenbaustil orientiert. Nun erlaubte es das gesellschaftliche Klima den Juden, im öffentlichen Raum selbstbewusst, deutlich erkennbar und unterscheidbar aufzutreten. Die jüdischen Gemeinden und die Architekten suchten dafür nach einem eigenständigen Sakralbaustil, der die Synagoge sowohl von profanen Bauten als auch von christlichen Kirchenbauten abheben sollte. Sie wählten vielfach einen neo-islamischen, arabisch-maurischen Stil – mit Arkaden, Rundbögen, Kuppeln und Ornamenten (Künzl 1984; Hammer-Schenk 1988, 194ff). Dieser Baustil wird häufig als selbstbewusstes Signal kultureller Differenz interpretiert: »Vor allem aber sollte die Wahl eines östlichen Stilvorbildes eine zweite Botschaft, neben dem wirtschaftlichen Erfolg, vermitteln: daß die Juden, wiewohl in den Westen integriert, sich ihrer orientalischen Herkunft nicht schämten und sich jetzt hinreichend sicher fühlten, um diese Beziehung auch vor der Welt zur Schau zu stellen.« (Brenner/ Jersch-Wenzel/ Meyer 1996, 337)

Man kann den Rückgriff auf das maurische Spanien aber auch anders deuten: nämlich als historischer Bezugspunkt für ein gesellschaftlich integriertes, rationales und universalistisches Judentum, das in Europa verwurzelt ist und

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seinen spezifischen Beitrag zur europäischen Identität und Gesellschaft liefert. Das maurische Spanien steht in dieser Vision nicht für eine Assimilation des Judentums, ein Verschwinden in der Mehrheitskultur, sondern für Austausch und gegenseitige Bereicherung der kulturellen Traditionen sowie für den Geist einer kosmopolitischen Offenheit. Synagogen im maurischen Stil entstanden zuerst am Land, in Bayern, beginnend mit der Synagoge in Ingenheim, errichtet 1830 – 32, sowie in Speyer, errichtet 1837 (cf. Hammer-Schenk 1988, 195 f). Ab 1850 errichteten vor allem die liberalen jüdischen Gemeinden in den Großstädten großartige Synagogenbauten im orientalischen Stil. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die ehemalige Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, die 1852 gegründet worden war. Ihre neue Synagoge wurde 1854 – 58 in der Tempelgasse im 2. Bezirk errichtet. Der Architekt, Ludwig von Förster, verwendete für den imposanten Bau, der Platz für etwa 3700 Menschen bot, maurische, arabische und assyrische Elemente, unter anderem zwei stilisierte Minarette (cf. Martens/Peter 2010, 21ff). In ihr drückte sich das Selbstbewusstsein einer liberalen, arrivierten, akkulturierten Kultusgemeinde aus, während die traditionellen Juden, die aus dem Osten der Monarchie nach Wien gezogen waren, einfache Bethäuser und eine einfache Liturgie bevorzugten. Ihre Synagoge war die »Schiffschul« in der Großen Schiffgasse (cf. Schubert 2008, 89). Ein weiteres Beispiel für den maurischen Typ ist die ehemalige Synagoge der Türkischen Israeliten (der sephardischen Juden) in der Zirkusgasse im 2. Wiener Bezirk, die 1885 – 87 gebaut wurde. Der Architekt, Hugo von Wiedenfeld, verwendete für den achteckigen Kuppelbau Motive der Alhambra in Granada (cf. Martens/ Peter 2010, 42ff). Beispiele für den maurischen Stil in Deutschland sind die Synagoge in Leipzig (eingeweiht 1855), die Synagoge in der Kölner Glockengasse (eingeweiht 1861) mit einer zentralen goldenen Kuppel und vier Minarett-artigen Türmchen mit kleinen goldenen Kuppeln, die große »Neue Synagoge« in der Oranienburgerstraße in Berlin (eingeweiht 1866) und die große, freistehende und weithin sichtbare Synagoge in Wiesbaden (eingeweiht 1869). 1873 brach der Boom der »Gründerjahre« ab. Es kam zu einer Börsenkrise, zur Panik auf dem Kapitalmarkt, zum Zusammenbruch von Banken und Unternehmen. Jahre der wirtschaftlichen Depression setzten ein. Im Kontext dieser (zweiten) Weltwirtschaftskrise und der damit verbundenen sozialen Krise entstand der moderne politische Antisemitismus. Er erreichte ab 1879 eine besondere Wucht, verbunden mit der Gründung zahlreicher antisemitischer Organisationen. Antisemitisch Eingestellten waren die großen, selbstbewusst auftretenden Synagogen, die ab 1850 in den Großstädten entstanden waren, ein besonderer Dorn im Auge. Sie interpretierten die auffälligen, orientalischen Elemente in polemischer Weise: Die maurische Architektur wurde als Bestätigung für die Nicht-Assimilierbarkeit »der Juden«, für ihre andere, orientalische

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Kultur hergenommen. Für die Antisemiten gehörte das Judentum in den Orient, aber nicht nach Europa. Das Orientalische stand für das provokative »Andere«, das die konstruierte bzw. imaginierte Einheit der Nation störte. Man forderte von den Juden Assimilation – zugleich erklärte man, dass sie wesentlich »fremd« seien und deshalb letztlich gar nicht assimilierbar. Ein Beispiel ist der Artikel »Unsere Aussichten« des bedeutenden deutschen Historikers Heinrich von Treitschke in den Preußischen Jahrbüchern (November 1879): Er behauptete, zahllose Juden würden sich weigern, sich in Deutschland zu assimilieren. Treitschke forderte von den Juden, Deutsche zu werden – und zugleich stand für ihn fest, dies könne wegen der »Kluft zwischen dem abendländischen und semitischen Wesen« nie ganz gelingen. Trotz des wachsenden Antisemitismus entstanden weiter Synagogen im maurisch-orientalischen Stil in Deutschland bis ins frühe 20. Jahrhundert (s. Kalmar 2001). Andererseits entstanden, unter dem Eindruck des wachsenden Antisemitismus, zum Beispiel in Berlin in den 1870er und 80er Jahren – nur zehn Jahre nach der riesigen orientalischen Synagoge Oranienburgerstraße – wieder in Hinterhöfen versteckte, von der Straße abgeschirmte Synagogen, die die gefährdete, isolierte Situation der Juden ausdrückten (cf. Hammer-Schenk 1988, 213). Parallel zu den Synagogen im orientalisierenden Stil wurden nun Synagogen gebaut, die nicht den Kontrast zum christlichen Kirchenbau betonten, sondern im Gegenteil auf gotische und romanische Baustile zurückgriffen und sich an den damals üblichen historistischen Kirchenbau anpassten. Man wollte so architektonisch das Selbstverständnis als deutsche oder österreichische Juden und den Anspruch auf gesellschaftliche Partizipation, Anerkennung und Gleichberechtigung zum Ausdruck bringen – und gleichzeitig mit einem bedeutenden Bauwerk darum werben. Das herausragende Beispiel in Deutschland ist die große Dresdner Synagoge (1840 eingeweiht) von Gottfried Semper, bei der er außen vor allem romanische, teilweise auch orientalische Stilelemente (kleine Kuppeln) sowie im Innenraum maurische Elemente (Zackenbögen, maurische Ornamente) einsetzte (cf. Hammer-Schenk 1988, 185ff). Damals war die Dresdner Synagoge der größte jüdische Kultbau in Deutschland.859 Die Betonung der Integration des Judentums, die man mit der neuen Synagoge ausdrückte, war auch in liturgischen Reformen sichtbar, vor allem in der Verwendung von Deutsch im Gottesdienst und in der Predigt. Ebenso beschloss die Gemeinde, auf das traditionelle Gitter vor der Frauenempore zu verzichten (cf. HammerSchenk 1988, 190). 859 Virtuelle Rekonstruktion der alten Dresdner Synagoge siehe TU Darmstadt, Fachgebiet CAD Projekt »Synagogen in Deutschland – eine virtuelle Rekonstruktion«. Internetquelle: http://www.cad.architektur.tu-darmstadt.de/synagogen/inter/menu.html.

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Der wichtigste Proponent einer »nationalen«, assimilierten Synagogenarchitektur in Deutschland, die ein deutsch-jüdisches Nationalgefühl ausdrücken und sich äußerlich nicht von der christlichen Umgebung unterscheiden sollte, war der jüdische Architekt Edwin Oppler. Er entwarf u. a. die Synagoge in Hannover, die 1864 – 70 errichtet wurde. Opplers Ideal, dem er hier folgte, war der »deutsch-romanische Stil« der mittelalterlichen Synagogen in Worms und Prag (cf. Hammer-Schenk 1988, 220ff). Doppler wandte sich strikt gegen den orientalisierenden Stil im Synagogenbau, der mit dem Judentum nichts zu tun habe – er interpretierte die maurischen Synagogen als Selbstisolierung der Juden gegenüber der deutschen Gesellschaft. Es ginge dagegen darum, ein »nationales« Bauwerk deutscher Juden zu errichten, um so ihre Assimilation baulich zum Ausdruck zu bringen (cf. Hammer-Schenk 1988, 225). Ein österreichisches Beispiel ist die ehemalige Synagoge in der Turnergasse in Wien-Rudolfsheim, die 1871/72 als Neo-Renaissancebau errichtet wurde. In Wien entstanden damals drei neogotische Synagogen des Architekten Max Fleischer, die wie christliche Kirchen aussahen – und gerade deshalb unter den Juden umstritten waren: die Synagoge in der Schmalzhofgasse (1884), in der Müllnergasse (1889) und in der Neudeggergasse (1903). In der Synagoge Neudeggergasse waren statt Kreuzen auf den beiden Türmen Davidsterne angebracht – als Unterscheidungsmerkmal gegenüber einer Kirche. In Graz entstand 1890 – 92 die große, neoromanische Hauptsynagoge am Grieskai, direkt an der Mur, nach Plänen des Architekten Maximilian Katscher. Bei der Eröffnung betonte Oberrabbiner Dr. Güdemann, dass Nationalismus und Judentum keine Gegensätze seien: »Möge also das neue Gotteshaus auch ein Hort der Vaterlandsliebe und der Liebe zur Muttersprache und zur vaterländischen Kultur bleiben« (zit. nach Gen¦e 1992, 102). Fünfzig Jahre später, im Novemberpogrom 1938, in der Nacht vom 9. auf den 10. November, wurden in Deutschland und Österreich die meisten Synagogen zerstört – egal, wie sie aussahen, ob orientalisch oder vaterländisch. In einer zentral gelenkten Aktion der SS, SA und NSDAP eliminierte man das »Fremde« auf brachiale und systematische Weise aus dem Stadtbild. Die zerstörten, geschändeten, ausgeraubten und verbrannten Synagogen fungierten als gesellschaftliche Seismographen: In ihnen zeichnete sich ab, was mit den Menschen jüdischer Zugehörigkeit oder als Juden Klassifizierter bald darauf passieren sollte. Gleichzeitig mit den Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen wurden tausende jüdische Wohnungen und Geschäfte geplündert und zerstört, hunderte Menschen getötet sowie rund 30.000 Juden in den Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen inhaftiert (cf. Burleigh 2000, 373ff). Juden waren »vogelfrei« geworden. In diesem »Rückfall in die Barbarei« (Benz 1988) zeigte sich, wie weit das nationalsozialistische Regime gehen konnte, ohne dass sich die große Mehrheit der Gesellschaft dagegenstellte. Diese

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blieb angesichts des offenen Terrors gegen die Juden, der vor aller Augen stattfand, stumm – auch wenn sie ihn mehrheitlich ablehnte (cf. Mommsen 1988, 31). Eine historische Rekonstruktion zeigt: Die Zerstörung der Synagogen begann nicht erst am 9. November 1938, sondern sie kam schrittweise, schon ab der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933. Überfälle auf Synagogen hatte es schon in der Weimarer Republik und am Anfang der NS-Regierung gegeben, »vor allem wenn sie auffällig orientalisch gebaut waren« (Burleigh 2000, 381). In der Zeit von 1933 bis November 1938 hatten die Nationalsozialisten in Deutschland mindestens 67 Synagogen zerstört. Bereits im Sommer 1938 wurden die Hauptsynagogen in München, Nürnberg, Dortmund und Kaiserslautern zerstört (cf. Grellert 2007, 82). Der Hass auf das »Orientalische«, das sichtbar Fremde im öffentlichen Raum wurde dabei immer wieder explizit – Beispiele dafür sind die Zerstörungen der großen Hauptsynagogen in Nürnberg und Kaiserslautern: - Die große, repräsentative Nürnberger Synagoge wurde 1869 – 74 nach Plänen von Adolf Wolff im maurischen Stil im Zentrum der Stadt errichtet, mit einer hohen Tambourkuppel und zwei Ecktürmen.860 Die Nationalsozialisten in Nürnberg drängten die jüdische Gemeinde, dem Abbruch »freiwillig« zuzustimmen, was sie verweigerte. Im Juli 1938 wurde die »Erste Anordnung über die Neugestaltung der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg« erlassen, die die gesetzliche Grundlage für den Abbruch der Synagoge bilden sollte. Anfang August leitete die Stadt ein Enteignungsverfahren ein. In der Sitzung des Stadtrats am 3. August 1938 bezeichnete der Oberbürgermeister, Willy Liebel, den Abriss als Beitrag zur Wiederherstellung des Stadtbildes: »Die schlimmste Bausünde aus vergangenen Jahrzehnten ist ohne Zweifel die in einem der schönsten Teile der Nürnberger Altstadt, am nördlichen Pegnitzufer mit seinen idyllischen, reizvollen, alten Häusern gegenüber der Insel Schütt gelegene Synagoge. Eine von demokratischem Judengeist umnebelte Vertretung der Nürnberger Bürgerschaft hat es den Juden dereinst durch einen … 1869 einstimmig gefaßten Plenarbeschluss ermöglicht, … ein frech-aufdringliches orientalisches Bauwerk zu errichten… Die ›Schande von Nürnberg‹ wird getilgt sein durch Beseitigung dieses orientalischen Bauwerks, das sich, wie der ›Stürmer‹ erst kürzlich mit vollem Recht geschrieben hat, ›protzig, seelenlos und frech über dem Häusermeer Nürnbergs erhebt‹«. (zit. nach Zelnhefer 1993, 58)

Am 10. August versammelten sich Tausende auf dem Hans Sachs-Platz. Gauleiter Julius Streicher, der Herausgeber der antisemitischen Hetzschrift »Der 860 Website TU Darmstadt, Fachgebiet CAD in der Architektur. Internet: http://www.cad.ar chitektur.tu-darmstadt.de/synagogen/inter/menu.html. Zugriff 21. 8. 2010.

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Stürmer«, gab den Befehl zum Abbruch. Als Erstes wurde der Davidstern von der großen Kuppel entfernt. Mit Luftdruckhämmern wurde die Synagoge demoliert. - Auch in Kaiserslautern befand sich die große Synagoge im Zentrum der Stadt. Sie wurde 1886 im maurisch-byzantinischen Stil errichtet – mit einer zentralen Kuppel und vier Ecktürmen mit kleineren Kuppeln.861 Bereits im Juli 1938 teilte der Bürgermeister dem Vorsitzenden der jüdischen Kultusgemeinde mit, dass die Synagoge nicht in das Stadtbild passen würde und man an der Stelle einen Aufmarschplatz errichten wolle.862 Die NSZ-Rheinfront (Ausgabe Kaiserslautern) vom 29. August 1938 brachte einen Artikel mit der Schlagzeile: »Ein Stück Orient verschwindet«. Der Artikel begann mit dem Satz: »Wie eine Bombe hat die freudige Nachricht eingeschlagen, dass bereits am Mittwoch mit dem Abbruch der Synagoge begonnen wird.« Zwei Tage später wurde die Synagoge gesprengt.

861 Ibid. 862 Roland Paul: »Der Abriss der Kaiserslauterer Synagoge«. Internetquelle: http://www.chri sten-und-juden.de/html/1938KL.htm (Zugriff 21. 8. 2010).

VIII. Schluss »Jeder Mensch besitzt eine aus der Gerechtigkeit entspringende Unverletzlichkeit, die auch im Namen des Wohles der ganzen Gesellschaft nicht aufgehoben werden kann.« John Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 1.1

Die empirische Untersuchung der lokalen Moscheebaukonflikte in Österreich in den letzten Jahren bildet eine Momentaufnahme und einen Ausschnitt der komplexen globalen, europäischen und nationalen Konfliktlandschaften, die sich gegenseitig beeinflussen und verstärken. Es handelt sich in der Hauptsache um einen Rückblick auf eine besonders schwierige Phase, die von globalen Konflikten geprägt ist: auf die Dekade nach 9/11 – eine Phase der Globalisierung mit »sehr ausgeprägten religiösen Obertönen« (Robertson 2007,9), in die der verstärkte Ausbau der muslimischen Infrastruktur in Form von Moscheebauten fällt. Die Untersuchung zeigt, welcher starken Dynamik und Veränderung die Religionslandschaft in Österreich – so wie in anderen Ländern – unterliegt, die u. a. durch eine verstärkte Pluralisierung und eine größere Sichtbarkeit des Islam als »öffentliche Religion« gekennzeichnet ist, und von welch massiven Auseinandersetzungen dieser soziale Wandel begleitet wird. Die Studie zeigt nur einen kleinen Ausschnitt der Konfliktlandschaft rund um die Ansiedlung von Menschen muslimischer Konfession, um den Aufbau muslimischer religiöser Infrastrukturen in Österreich – dennoch erhält man eine Vorstellung vom Ausmaß der Diskriminierung, der Schwierigkeiten und Ressentiments, denen sie dabei gegenüberstehen. Die historische Phase des »Kriegs gegen den Terror« nach 9/11 ist mit Rückschlägen verbunden, was den Schutz, die Durchsetzung und die Respektierung der Menschenrechte betrifft. In einer Neuausrichtung der Sicherheitspolitik hat der Westen Grund- und Freiheitsrechte auf drastische Weise unter den Vorbehalt von Sicherheitsmaßnahmen gestellt, verletzt und eingeschränkt. Vor dem Hintergrund globaler Kriege und von Gewalt- und Terrorakten radikaler Islamisten, die vielfach innerhalb des Paradigmas eines Kampfes zwischen dem westlichen und dem islamischen Gesellschafts- und Wertemodell interpretiert werden, und angesichts eines weit verbreiteten Generalverdachts gegenüber Muslimen kommt es zu einer Dominanz sicherheitspolitischer Aspekte in Fragen der Integration muslimischer Zuwanderer in Europa und zu einer Betonung nationaler bzw. europäischer Identitätspolitik in Abgrenzung zum

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Islam. Europäische Regierungen und Parlamente greifen verstärkt zu Maßnahmen einer autoritären Integration: Mit ihnen will man offenbar einerseits eine Integration der Muslime in die moderne säkulare Gesellschaft über gesetzliche Verbote und Beschränkungen erzwingen, andererseits stellen sie eine Form der politischen Kommunikation mit der Bevölkerung (den Wählern) und eine Reaktion auf weit verbreitete Ressentiments gegen den Islam in Form von symbolischer Politik dar. Je düsterer die Nachrichten von Konfliktherden in der islamischen Welt und von Gewalttaten radikaler Islamisten in Europa ausfallen, desto legitimer erscheint die Option, durch gesetzliche, administrative oder politische Maßnahmen die Religionsfreiheit von Muslimen in Westeuropa einzuschränken. In diesen Zusammenhang kann auch der staatliche und politische Umgang mit Moscheebauprojekten eingeordnet werden. Im Zuge dieser Untersuchung wurde deutlich, wie im Falle Österreichs eine solche Politik, die gegenüber muslimischen Gemeinden und Organisationen auf Assimilationsdruck setzt, konkrete Gestalt annimmt. Die Beschreibung der Prozesse rund um den Moscheeneubau in Bad Vöslau, die den Kern der Studie ausmacht, veranschaulicht detailliert die Mikrologik einer assimilativen nationalen Politik des religiösen Raums im Fall eines Bauprojekts einer muslimischen Gemeinschaft. Diese Tendenz lässt sich auch bei anderen Moscheebauprojekten in Österreich beobachten: An einigen Orten, an denen neue Moscheebauten entstehen, setzen Bürgermeister unterschiedlicher Parteizugehörigkeit ihre Macht als Baubehörde erster Instanz ein, um mittels Verträgen – wie z. B. in Nenzing – oder mündlicher Vereinbarungen, die in Gesprächen zwischen der Gemeindeleitung und dem Moscheeverein getroffen werden (z. B. Ternitz), den Bau eines Minaretts zu verhindern, ohne dass für diese Auflagen seitens der Behörde gesetzliche Grundlagen gegeben wären. Die jüngsten Moscheeneubauten in Österreich erweisen sich als Teil eines umfassenden Konfliktsystems, indem muslimische Gemeinden unter dem Eindruck der vorangegangenen Skandalisierungen rund um muslimische Bauprojekte häufig von vornherein auf die Einreichung eines Minarettbaus verzichten. Wenn auch die jüngsten Versuche, die Moscheebauprojekte auf kommunaler Ebene nach Möglichkeit zu entpolitisieren und zu versachlichen (z. B. der Neubau in Rankweil), und die finanzielle Förderung eines Moscheebaus durch die öffentliche Hand (z. B. im Fall von Linz) zu diesem Gesamtbild dazugehören, so kommt es zurzeit zu keiner substantiellen Veränderung dieser Tendenz, was die Einschränkung der Sichtbarkeit der Moscheen vor allem in Bezug auf Minarettbauten betrifft. Insgesamt zeigt die empirische Untersuchung der Moscheebaukonflikte in Österreich kein einheitliches, sondern ein ambivalentes, vielfältiges, chaotisches Bild – einen Ausschnitt einer Gesellschaft im Umbruch, in der unterschiedliche gesellschaftliche Kräfte miteinander ringen. Gegensätzliche Tendenzen in der Gesellschaft treffen aufeinander : das alte, vorherrschende Muster der Grenz-

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ziehungen gegenüber Muslimen auf der einen Seite – aber ebenso Zeichen einer neuen Entwicklung auf der anderen Seite, zögernde Schritte hin zu einer pragmatischen Versachlichung im Umgang mit den Bauprojekten und einer Einbeziehung der »Anderen« als Mitbürger, die sich nicht zuletzt im Fall einzelner Moscheebauprojekte ereignen, z. B. in Graz und Rankweil. Die Untersuchung führt immer wieder zu normativen, ethischen Fragen – und damit knüpfe ich an die Einleitung an, an die Frage des Verhältnisses zwischen Religionswissenschaft und Normativität: Wie geht die Gesellschaft mit der verstärkten ethnischen, kulturellen und religiösen Pluralität um? Kann eine Gesellschaft als gerecht bezeichnet werden, wenn sie einem Teil der Bevölkerung die volle Gewährung der Religionsfreiheit vorenthält bzw. Religionsfreiheit nicht allen gleichermaßen gewährt? Wie kann ein gerechtes Zusammenleben in der ethnisch und religiös pluralen Gesellschaft gewährleistet werden? Auf welche normativen Grundlagen sind Politik, Behörden und Gesellschaft im modernen westlichen Verfassungsstaat verpflichtet, wenn es um diese Fragen geht? Diese ethische Vergewisserung, auf welche Normen sich die europäischen Gesellschaften in den öffentlichen Debatten und Konflikten letztlich beziehen, ist im Kontext der Dekade des »Kriegs gegen den Terror« und ihren Folgen, vor allem was den staatlichen Umgang mit muslimischen Gemeinden und Organisationen betrifft, besonders nötig. Der Umgang mit Moscheebauprojekten verdient besondere gesellschaftliche Aufmerksamkeit, weil es nicht bloß um architektonische und raumplanerische Fragen, um die äußere Gestalt von Religionsbauten geht, sondern dahinter liegend um grundsätzliche gesellschaftliche Optionen und Richtungsentscheidungen: - Über 50 Jahre nach dem Beginn der Zuwanderung der »Gastarbeiter« aus der Türkei und aus Jugoslawien, in einer Phase, in der bereits deren Enkel hier aufwachsen und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden versuchen, handelt es sich nicht um ein »Migrationsproblem«, sondern um eine demokratische und rechtsstaatliche Grundfrage, ob ein Teil der BürgerInnen inkludiert oder in bestimmten Bereichen ausgegrenzt wird, ob ihnen Menschen- und Bürgerrechte vollständig zuerkannt oder teilweise verweigert werden. - Bei der Frage der Einbeziehung der Muslime geht es auch um die gesellschaftliche Zukunftsfrage, welche Seite des modernen Nationalstaats die Oberhand bekommt – die universalistische Dimension des säkularen demokratischen Verfassungsstaats (das Gleichheitsprinzip, die Menschenrechte) oder die partikularistische Dimension, die ethnische Loyalität zum »eigenen Volk«, die homogen vorgestellte Kultur als Grundlage des Nationalstaats; oder anders gesagt: Es geht um die Frage, ob das ethnisch-kulturelle, abstammungsorientierte Verständnis des Nationalstaats als Volksnation in Politik und Gesellschaft dominiert, oder ein republikanisches Verständnis

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der Nation in Richtung der offenen, vielfältigen Republik und eines postnationalen Verfassungspatriotismus (s. Habermas 1993; Oberndörfer 1993; Oberndörfer 2000; Müller 2010). Diese Frage wird sich meines Erachtens vor allem in kleinen, lokalen, unspektakulären Schritten einer Öffnung des Selbstverständnisses der Nation und der Demokratie entscheiden, in den konkreten alltäglichen Schritten der Anerkennung: Wenn es selbstverständlich und normal wird, dass ÖsterreicherInnen muslimischer Zugehörigkeit und mit türkischen, bosnischen, albanischen, arabischen oder anderen Vorfahren ihre Religion praktizieren, ihre Religionsbauten errichten, ihre Glaubensfreiheit in Anspruch nehmen und mehrfache Zugehörigkeiten leben – ohne dass Zweifel an ihrer staatsbürgerlichen Loyalität gehegt werden. Entscheidend sind die konkreten, praktischen lokalen Schritte – jenseits des Lärms und Rauchs der Kulturkämpfe – in Richtung einer »klugen Politik der Differenz« (Schiffauer 2011a) und einer Kultur des multireligiösen und multikulturellen Zusammenlebens in der säkularen Gesellschaft, die Paul Gilroy mit dem Begriff der »Konvivialität« (conviviality) bezeichnet hat (Gilroy 2004). Dazu bedarf es eines breiten Umdenkens von Politik, Administration und Gesellschaft – von der herkömmlichen monistischen Erwartung einer Assimilation von Migranten an die Aufnahmegesellschaft hin zu einem neuen Konzept der »transnationalen Teilhabe und Mobilität« (Ludger Pries), das der komplexen Realität transnationaler Lebenswelten gerecht wird, und von Integration »als möglichst chancengleiche Teilhabe an den zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens« (Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2010, 13) sowie als Inklusion in die politische Kultur. Zu dieser nötigen Versachlichung der Diskussion rund um Islam, Migration und die Integration von Muslimen kann die Religionswissenschaft im engen Austausch mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen einen Beitrag leisten, indem sie an der Dekonstruktion eines essentialistischen, homogenisierten, stereotypen Bild des Islam insgesamt oder einzelner islamischer Organisationen arbeitet und die jeweiligen ideologischen Bilder an der Realität der hier lebenden Menschen, die sich als Muslime verstehen, und ihrer Organisationen misst. Es geht darum, die gegenwärtigen dynamischen Entwicklungen und die außerordentliche Vielfalt muslimischer Praxis und Identitäten in Europa bzw. in Österreich sorgfältig darzustellen und auf Basis empirischer Forschung zu einer sachlichen, differenzierten Wahrnehmung dieser Religionsgemeinschaft beizutragen. Als ein solcher Beitrag ist diese Studie gedacht.

Abkürzungsverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis AEK AMS arab. ATI˙B Bd. BGBl. BV cf. DF DI˙TI˙B EI2 EMRK et al. f. (ff.) GCIM ibid. IF FPÖ FN HT IGGiÖ IKG m.a.W. Mill. MSS NBZ NPD ÖS s. SVP türk. u. a. UIKZ UN VB Vol. VN WICS z. B.

Arbeitsgemeinschaft Europäischer Kultur Arbeitsmarktservice Österreich arabisch Avusturya Türk ˙Islam Kültür ve Sosyal Yardımlas¸ma Birlig˘i (Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich) Band, Bände Bundesgesetzblatt Bundesverfassung lat. confer (vergleiche) Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) Diyanet ˙I¸sleri Türk ˙Islam Birlig˘i (Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) The Encyclopaedia of Islam, New Edition Europäische Menschenrechtskonvention lat., und andere und der (die) folgende(n) Global Commission on International Migration lat. ibidem (ebendort, ebenda) Islamische Föderation Freiheitliche Partei Österreichs Front National Hizb ut-Tahrir al-Islami (Partei der islamischen Befreiung) Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich Israelitische Kultusgemeinde mit anderen Worten Millionen Moslemischer Sozialdienst / Muslim Social Service Neue Bewegung für die Zukunft Nationaldemokratische Partei Deutschlands Österreichische Schilling siehe Schweizerische Volkspartei türkisch und andere; unter anderem Union Islamischer Kulturzentren United Nations Vlaams Blok Volume Vorarlberger Nachrichten World Islamic Call Society zum Beispiel

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Abbildungsverzeichnis Wenn nicht anders angegeben, stammen die Fotos von Ernst Fürlinger. In Klammer ist das Aufnahmedatum angegeben. Der Autor dankt allen Personen und Institutionen, die Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben. Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4 Abbildung 5 Abbildung 6 Abbildung 7 Abbildung 8 Abbildung 9 Abbildung 10 Abbildung 11 Abbildung 12 Abbildung 13 Abbildung 14 Abbildung 15 Abbildung 16 Abbildung 17 Abbildung 18 Abbildung 19 Abbildung 20 Abbildung 21

Gratiszeitung »Heute«, Inserat der FPÖ (Wien, April 2009) Moschee »Eyüpsultan Camii«, ATI˙B Felixdorf, Frauen beim Koran-Studium im Ramada¯n (Sommer 2010) ˙ Moschee ATIB Bad Vöslau (»Haci Bayram Camii«), Freitagsgebet (Juni 2010). Foto: Cem Firat Besuch einer Schulklasse in der Moschee Bad Vöslau, mit Imam Hizir Uzuner. Foto: Cem Firat Projekt Islamisches Kulturzentrum Graz, Ansicht von der Straße aus Ó gsp-architektur, Graz. ATI˙B-Moschee in Saalfelden (Salzburg) im März 2009 Minarett beim Integrationshaus der Caritas in Innsbruck (Tirol), Dr. Jussuf Windischer, Leiter. März 2009. Moschee »Yeni Camii«, ATI˙B Frastanz (Vorarlberg), Gebetshalle innen (Mai 2012). Foto: Ahmet Yilmaz Moschee »Yeni Camii«, ATI˙B Frastanz (Vorarlberg), Außenansicht (Juni 2012). Foto: Ahmet Yilmaz Entwurf, islamisches Zentrum, UIKZ Graz, Präsentation Mai 2010. Mit freundlicher Genehmigung der Stadt Graz Bosnisch-österreichisches Kulturzentrum »Der gerade Weg« Enns (September 2012) Foto: Salihovic´ Hikmet Moschee der Bosniakisch-Muslimischen Gemeinschaft Vorarlberg in Rankweil Ó entner architektur Moschee des Vereins der Bosniaken NUR, Linz-Kleinmünchen (Juni 2013). Foto: Arch. DI Ibrahim Sahinovic Moschee, Verein der Bosniaken NUR, Linz-Kleinmünchen, Informationsblatt. Mit freundlicher Genehmigung Arch. DI Ibrahim Sahinovic. Islamisches Kulturzentrum Graz, Schaubild Eingangsbereich Ó gsp-architektur, Graz Islamisches Kulturzentrum Graz, Schaubild Gebetshalle innen Ó gsp-architektur, Graz Islamisches Zentrum Wien, Am Bruckhaufen, Wien-Floridsdorf (November 2008) Islamisches Zentrum Herzogenburg, Baustelle (Juli 2013) bisherige Moschee ATI˙B Ternitz, Dr. Fraundorfergasse, Gebetsraum. Von links: Ing. Ümit Ergül, Obmann; Atak Ilhan, Kassier (März 2012) neue Moschee ATI˙B Ternitz, Niederösterreich (Juni 2013). Foto: Ing. Ümit Ergül neue Moschee ATI˙B Ternitz, Gebetshalle innen, Kibla-Wand (Juni 2013) ). Foto: Ing. Ümit Ergül

Abbildungsverzeichnis

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Abbildung 22 erster, ehemaliger Gebetsraum in Felixdorf, Innenansicht (Sommer 2010) Abbildung 23 Moschee »Eyüpsultan Camii«, ATI˙B Felixdorf, Bahnstraße (August 2010) Abbildung 24 Moschee »Eyüp Sultan Camii«, ATI˙B Telfs, Tirol (Jänner 2008) Abbildung 25 Demonstration gegen den Ausbau des ATI˙B-Zentrums Dammstraße, 13. 9. 2007. Foto: Robert Newald Abbildung 26 Demonstration gegen das ATI˙B-Zentrum Dammstraße, Dr. Karl-RennerRing, Wien, 14. 5. 2009 Abbildung 27 Islamischer Friedhof Altach, Bereich für die Verabschiedung des/der Toten mit dem Musala Tasi, auf dem der Sarg bei der Verabschiedung steht. Foto: Adolf Bereuter Abbildung 28 Moschee, Bosniakisch-Muslimische Gemeinschaft, Rankweil, Ansicht Nordwest Ó entner architektur Abbildung 29 Moschee »Kulturhaus der Jugend«, Islamische Föderation, Traun (Mai 2012) Abbildung 30 Moschee der »Muslimischen Gemeinschaft« Freistadt (August 2010) Abbildung 31 Moschee der »Muslimischen Gemeinschaft« Freistadt, Vorraum zur Gebetshalle (August 2010) Abbildung 32 Moschee »Sultanahmet Camii«, ATI˙B Bludenz (März 2009) Abbildung 33 Moschee ATI˙B Spittal an der Drau (August 2010) Abbildung 34 ehemalige Moschee »Haci Bayram Camii«, ATI˙B Bad Vöslau, Gebetsraum (ca. 1987/88) (privates Archiv Cem Firat) Abbildung 35 Ansicht des Grundstücks, auf dem die neue Moschee des Vereins ATI˙B Bad Vöslau errichtet wurde, zur Zeit des Baubeginns (Mai 2008). Foto: Cem Firat Abbildung 36 Modell der ursprünglich geplanten Moschee Bad Vöslau, Draufsicht (Juli 2006) Ó kosaplan+partner gmbh Abbildung 37 Modell der ursprünglich geplanten Moschee Bad Vöslau, Vorderansicht Ó kosaplan+partner gmbh Abbildung 38 Einreichplan, Nordansicht der ursprünglich geplanten Moschee Bad Vöslau Ó kosaplan+partner gmbh Abbildung 39 Modell des eingereichten Moscheeneubaus Bad Vöslau (Februar 2007), das in Mediationssitzungen verwendet wurde Ó kosaplan+partner gmbh Abbildung 40 Moschee Bad Vöslau, architektonische Varianten Ó kosaplan+partner gmbh Abbildung 41 Cem Firat, Entwurf eines zeitgenössischen Minaretts für eine Mediationssitzung zum Moscheebau (privates Archiv C. Firat) Abbildung 42 Bau der neuen Moschee in Bad Vöslau, Arbeit an den Fliesenwänden der Gebetshalle (März 2009). Foto: Cem Firat Abbildung 43 Darstellung der neuen architektonischen Gestalt der Moschee Bad Vöslau Ó kosaplan+partner gmbh Abbildung 44 Eröffnungsfeier der neuen Moschee (»Haci Bayram Camii«), ATIB Bad Vöslau, am 24. 10. 2009. Foto: Cem Firat Abbildung 45 Eröffnungsfeier der neuen Haci Bayram Camii Bad Vöslau am 24. 10. 2009, Drehtanz (sama¯‹). Foto: Cem Firat

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Abbildung 46 Entwurf der neuen Moschee in Bad Vöslau, Architekturbüro BG4 Ó Arch. DI M.Yerlikaya Abbildung 47 neue Moschee ATI˙B Bad Vöslau, Nordansicht, Castelligasse (Juni 2010). Foto: Cem Firat

Danksagung

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Danksagung An der Entstehung dieser Schrift sind viele Personen beteiligt, die das Projekt auf unterschiedliche Weise unterstützt und ermöglicht haben. An erster Stelle bedanke ich mich bei Universitätsprofessor DDr. Johann Figl, Vorstand des Instituts für Religionswissenschaft der Universität Wien, der mich nach der Promotion im Jahr 2005 ermutigt hat, mit einem Habilitationsprojekt im Bereich des Islam in Österreich wissenschaftlich weiterzuarbeiten. Ihm habe ich auch die Einbeziehung in ein Forschungsprojekt zur Religionsvielfalt in Österreich zu verdanken, aus dem schließlich mein Forschungsprojekt »Der Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau« hervorging, das durch den Fond zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) in den Jahren 2009 bis 2012 gefördert wurde. Ich bedanke mich bei den anonymen Gutachtern und beim FWF für die Bewilligung und finanzielle Unterstützung dieses Projekts. Ebenso bedanke ich mich bei den religionswissenschaftlichen Gutachtern im Rahmen des Habilitationsverfahrens für ihre sehr sorgfältige Durchsicht der Habilitationsschrift: bei den Professorinnen Bärbel Beinhauer-Köhler (Marburg) und Ulrike Bechmann (Graz) sowie bei den Professoren Martin Baumann (Luzern) und Wolfram Reiss (Wien). Ihre wichtigen Anregungen und wertvolle Kritik habe ich so weit wie möglich für die Buchfassung umgesetzt. Der Text bildet die überarbeitete Fassung meiner gleichnamigen Habilitationsschrift, die im November 2012 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien eingereicht und im Juni 2013 angenommen wurde. Vielleicht hätte ich das Thema der Moscheebaukonflikte in Österreich gescheut, wenn mir im vorhinein bewusst gewesen wäre, wie schwierig sich der Zugang zum Feld der muslimischen Organisationen und Dachverbände gestalten würde. Es dauerte letztlich ab 2008 mehrere Jahre, bis es am Ende gelungen ist, ein gewisses Maß an Vertrauen und konstruktiven Beziehungen zu einzelnen Funktionären – vor allem im Bereich der »Türkisch-Islamischen Union für soziale und kulturelle Zusammenarbeit in Österreich« (ATI˙B) – aufzubauen. Für die Unterstützung bei der Vermittlung von Kontakten bin ich besonders Cem Firat, Mehmet Fatih Mercan und Seyfi Recalar zu Dank verpflichtet. Ich danke den muslimischen Funktionären und Gesprächspartnern in den verschiedenen Bundesländern für die Bereitschaft zu Interviews und Auskünften. Sie ermöglichen es, die Stimmen von österreichischen Bürgern muslimischer Zugehörigkeit in diesem Text hörbar zu machen, die in den öffentlichen Moscheebaudebatten meist nicht vorkommen. Ebenso danke ich allen Interviewpartnern im Bereich der Politik und Behörden für die Bereitschaft zur Kooperation. Ich hoffe, mit dem Text zu einem indirekten Dialog zwischen den unterschiedlichen Akteuren in den Moschee- und Minarettbaukonflikten beitragen und vielleicht neue, ungewöhnliche Blickwinkel schaffen zu können.

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Bei der Leiterin des Departments Migration und Globalisierung der DonauUniversität Krems, in dem ich tätig bin, Frau Dekanin Universitätsprofessor Dr. Gudrun Biffl bedanke ich mich, dass sie es ermöglicht hat, mich in der letzten Phase im Sommer 2012 auf die Fertigstellung des Textes konzentrieren zu können. Ich danke meiner Schwester Christa Leitenbauer für die sorgfältige Korrektur des Textes, sowie Dr. Eva Grabherr, Dr. Bernhard Perchinig, Mag. Anna Faustmann und Dr. Ursula Baatz für die Durchsicht einzelner Abschnitte und wertvolle Rückmeldungen. Herrn Professor DDr. Peter Antes bin ich für das Gutachten zur Aufnahme in die Reihe »Wiener Forum für Theologie und Religionswissenschaft« verbunden, ebenso den Herausgebern der Reihe, den Professoren Karl Baier und Christian Danz für die Einladung, die Monographie in der Reihe zu veröffentlichen. Ebenso bedanke ich mich für die Rückmeldungen zum jeweiligen Abschnitt seitens einzelner Akteure von Moscheebaukonflikten, die in den Fallstudien Traun, Freistadt, Bludenz, Spittal an der Drau und Bad Vöslau dargestellt werden. Dem Verlag V& R unipress in Göttingen, namentlich Ruth Vachek und Stefanie Füchter bin ich für die stets freundliche und umsichtige Betreuung zu Dank verpflichtet. Für die finanzielle Förderung der Publikation danke ich dem Amt der niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Wissenschaft. Schließlich bedanke ich mich herzlich bei meiner Frau Dr. Sung Min Kim, ohne deren Solidarität und Ermutigung ich den Kraftakt dieses Projekts nicht geschafft hätte, und bei meinen Kindern Yu Zin Sarah und Ishan Elias, die mit ihrer Freude und Sonnigkeit ein Gegengewicht zu den dunklen Seiten der menschlichen Natur und Gesellschaft hergestellt haben, mit denen man bei diesem Thema unweigerlich konfrontiert ist.

Literatur- und Quellenverzeichnis

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Literatur- und Quellenverzeichnis 1.

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568

Schluss

Schlegel, Stefan/ David Suter (2011) ›Verwirklichung der Grundrechte‹: Jusletter, 9. Mai 2011. Verfügbar unter : www.jusletter.ch Schöberl, Andreas (2010a) »Donawitz bekommt ein neues Gebetshaus«: Kleine Zeitung, 16. 3. 2010. Verfügbar unter : http://kleinezeitung.at/steiermark/leoben/2314947 Schöberl, Andreas (2010b) »Ja zum Gebetshaus, Nein zum Standort«: Kleine Zeitung, 20. 4. 2010. Verfügbar unter : http://kleinezeitung.at/steiermark/leoben/2337279 Schöberl, Andreas (2010c) »Ja zum Gebetshaus, Nein zum Standort«: Kleine Zeitung, 20. 4. 2010. Verfügbar unter : http://kleinezeitung.at/steiermark/leoben/2337279 Schöberl, Andreas (2010d) »Gebetshaus: Explosive Stimmung bei Bürgerinfo«: Kleine Zeitung, 14. 4. 2010. Verfügbar unter : http://kleinezeitung.at/steiermark/leoben/ 2333475 »Schuldsprüche nach Schüssen auf Moschee: ›Depperte Bubenstreiche‹«: OÖ Nachrichten, 25. 5. 2012. Verfügbar unter : http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/Schul dsprueche-nach-Schuessen-auf-Moschee-Depperte-Bubenstreiche;art4,892872 »Schulterschluss gegen Minarett-Polarisierung«: Kleine Zeitung, 18. September 2007. Verfügbar unter : http://www.kleinezeitung.at/kaernten/spittal/569620/print.do Schweizer Bundesarchiv : »Digitale Amtsdruckschriften 1848 bis heute« DA1848 – 2011 (ADS). Verfügbar unter : http://www.amtsdruckschriften.bar.admin.ch Schweizer Bundesrat (2008) Botschaft zur Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten«: Bundesblatt Nr. 37 (16. September 2008) 7608 – 7651. Verfügbar unter : www.admin.ch (Dokumentation). Schweizer Bundesversammlung: Curia Vista – Geschäftsdatenbank. Motion 11.3468. Verfügbar unter : http://www.parlament.ch Schweizer Fernsehen 1 (2009) Der Club, Sendung »Minarettverbot – Volksentscheid zwischen Triumph und Konsternation« (2. 12. 2009). Verfügbar unter : http://www. youtube.com Schweizer Nationalrat, Amtliches Bulletin: Frühjahrssession 2009, dritte Sitzung am 4. 3. 2009. 08.061 Gegen den Bau von Minaretten. Volksinitiative [Stenographisches Protokoll]. Verfügbar unter : http://www.parlament.ch/ab/data/d/n/4807/290457/ d_n4807_290457_290626.htm Schweizer Ständerat, Amtliches Bulletin, Sommersession 2009, 10. Sitzung am 5. 6. 2009 [Stenographisches Protokoll]. Verfügbar unter : http://www.parlament.ch/ab/data/d/s/ 4809/301878/d_s_4809_301878_301879.htm Schweizerische Bundeskanzlei, Volksabstimmungen, Chronologie, Volksabstimmung vom 28. November 2010. Verfügbar unter : http://www.admin.ch/ch/d/pore/va/ 20101128/index.html »Sicher keine Moschee in Spittal«: Kleine Zeitung, 27. 8. 2007. Verfügbar unter : http:// www.kleinezeitung.at/kaernten/spittal/546804/print.do »›Sieg Heil‹ und Schüsse auf Moschee«: Oberösterreichische Nachrichten, 23. 5. 2012. Verfügbar unter : http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/Sieg-Heil-und-Schuesseauf-Moschee;art4,891261 Skenderovic, Damir (2012) ›Fremdenfeindlichkeit‹ in Historisches Lexikon der Schweiz. Verfügbar unter : http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16529 – 1-1.php »Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen Egger«: Vorarlberg ORF.at, 21. 9. 2009. Verfügbar unter : http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/2140147/staatsanwaltschaftermittelt-nicht-gegen-egger.story

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570

Schluss

»Trauner Ortschef sieht sich hilflos«: Der Standard, 11. 7. 2010. Verfügbar unter : http:// derstandard.at/1277337861778/Hauskaufverbot-fuer-Fremde-Trauner-Ortschef-siehtsich-hilflos TU Darmstadt, Fachgebiet CAD Projekt »Synagogen in Deutschland – eine virtuelle Rekonstruktion«. Verfügbar unter : http://www.cad.architektur.tu-darmstadt.de/syn agogen/inter/menu.html »Turkey’s top Muslim cleric slams Saudi mufti over his call to destroy churches«: Today’s Zaman, 5. 4. 2012. Verfügbar unter : http://www.todayszaman.com/news-276525-tur keys-top-muslim-cleric-slams-saudi-mufti-over-his-call-to-destroy-churches.html »Turkey top muslim cleric rejecting Saudi grand mufti calling destruction of all churches in Arabian Peninsula«: Website MuslimsDebate, ohne Datum. Verfügbar unter : http:// www.muslimsdebate.com/n.php?nid=6297 United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Division: Population Facts no. 2012/3 (Juni 2012). Vefügbar unter : http://www.un.org/esa/popula tion United Nations, Population Division (2006) International Migration in the Arab Region (UN/POP/EGM/2006/14). Verfügbar unter : http://www.un.org/esa/population/mee tings/EGM_Ittmig_Arab/Ittmig_Arab.htm United States Conference of Catholic Bishops: A Pastoral Message: Living with Faith and Hope after September 11, 14. November 2001. Verfügbar unter : http://www.usccb.org »Unterschriften gegen Minarett«: Website oesterreich.ORF.at, 7. 11. 2005. Verfügbar unter : http://tirol.orf.at/stories/68719, Van der Veer, Peter (2001) ›Transnational Religion‹. Working Paper of the Transnational Communities Programme WPTC-01 – 18. Verfügbar unter : http://www.transcomm.ox. ac.at Vasileva, Katya: »Population and social conditions«: Eurostat. Statistics in focus 94 (2009). Verfügbar unter : http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-SF-09-094/ EN/KS-SF-09 – 094-EN.PDF Vorarlberger Landeskorrespondenz, VLK-Sondertext Nr. 6, Mittwoch, 9. 1. 2008. Verfügbar unter : http://presse.vorarlberg.at/land/dist/vlk-25008.html, Vorarlberger Landtag, Parlamentarische Materialien, Protokoll der 3. Sitzung des 28. Vorarlberger Landtags, 9. 4. 2008, TOP 3: Gesetz über eine Änderung des Baugesetzes. Internetquelle: http://www.vorarlberg.at/landtag/landtag/recherche/recherche.htm Vuilleumier, Marc (2005) ›Ausländer‹, in: Historisches Lexikon der Schweiz, Basel: Schwabe, 2005. Verfügbar unter : www.hls.ch Waber, Christian (2007) ›Ist der religiöse Frieden in der Schweiz gefährdet?‹ (Referat bei der Pressekonferenz am 3. Mai 2007). Verfügbar unter Website der Eidgenössischen Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten«, http://www.minarette.ch/ref_11.html Wagner, Kirsten (2006) ›Die visuelle Ordnung der Stadt. Das Bild der Stadt bei Kevin Lynch‹: H-Soz-u-Kult 14. 9. 2006. Verfügbar unter : http://hsozkult.geschichte.hu-be rlin.de7forum7type/=diskussionen& id=774 »Wer das Minarett trifft, hat gewonnen«: Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 18. 10. 2009. Verfügbar unter : http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2009/10/18/ Schweiz/Wer-das-Minarett-trifft-hat-gewonnen Wiener Landtag, 34. Sitzung vom 21. September 2010, Wörtliches Protokoll, 7. Verfügbar unter : www.wien.gv.at/mdb/ltg/2010/ltg-034-w-2010 – 09 – 21.doc

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Wobmann, Walter (2009) ›Ja zur Volksinitiative »Gegen den Bau von Minaretten«‹ (Medienkonferenz am 22. Oktober 2009). Verfügbar unter : http://www.minarette.ch/pdf/ Pressekonferenz-Votum_Wobmann.pdf Wuthnow, Robert (2003) Religion and diversity survey (machine-readable data file), Princeton University, Center for the Study of Religion. Internet: Association of Religion Data Archives (ARDA) Verfügbar unter : http://thearda.com Zentrum Religionsforschung der Universität Luzern: Website »Kuppel – Tempel – Minarett. Religiöse Bauten zugewanderter Religionen in der Schweiz«. Verfügbar unter : http://www.religionenschweiz.ch/bauten /

3.

Zeitungsartikel (in chronologischer Reihenfolge)

»Der Islam in Österreich« (Miszelle): Österreichische Monatsschrift für den Orient 38 (August 1912) Nr. 8, 137. »Das Projekt einer Moschee in Wien«: Neues Wiener Journal 29, 1. 2. 1921. »Zwei Gebetsräume für 50.000«: Die Presse, 24. Dezember 1975. »Telfs: Bedenken wegen Moschee«: Tiroler Tageszeitung Nr. 172, 28. Juli 1981, 3. Ewald König: »Wien bekommt eine zweite Moschee«: Die Presse, 29. Juli 1981. »Salzburgs Politiker ziehen mit ›Sicherheit‹ in den Wahlkampf«: Salzburger Nachrichten, 8. November 1993, 15. »Kaiser-Wilhelm-Promenade: ›Keine Freude‹ mit Moschee«: Salzburger Nachrichten, 8. 3. 1994, 14. Alfred Pfeiffenberger : ›Wahlkampf damals. Mafia, Transit, U-Bahn‹: Salzburger Nachrichten 20. 2. 1999, 3. »Streit um Moschee in Trauns Innenstadt«: Der Standard 24./25. 6. 2000, 13. »Muslime demonstrieren für Trauner Moschee«: Der Standard 20. 3. 2001, 13. »Pfarre Traun bietet muslimischer Gemeinde Pfarrsaal für Gebet an«: Kirchenzeitung der Diözese Linz 2001/13, 27. 3. 2001. »Unterschriften gegen Gebetshaus für Moslems«: Freistädter Rundschau Nr. 11, 17. 3. 2005, 3. »Gebetshaus: Offene Ablehnung von der FPÖ«: Freistädter Rundschau 24. 3. 2005, 3. »Mülldeponie als letzter Ausweg für Gebetshaus«: Freistädter Rundschau, 7. 7. 2005, 3. »Drohungen gegen Telfser Bürgermeister«: Tiroler Tageszeitung, 8. 11. 2005, 10. »Minarett lässt die Volksseele kochen«: Tiroler Tageszeitung, 11. 11. 2005, 11. »Kirche stößt sich nicht am Minarett. Van Staa warnt vor ›Religionskrieg-Stimmung‹«: Tiroler Tageszeitung, 11. 11. 2005, 1. »Der Bischof verteidigt das Minarett in Telfs«: Tiroler Tageszeitung, 12./13. 11. 2005, 13. »Minarett ist für Schützen Provokation«: Tiroler Tageszeitung, 14. 11. 2005, 13. »Weiß nicht, was der Turm ändern soll« (Interview mit Bürgermeister Dr. Stephan Opperer): Tiroler Tageszeitung, 16. 11. 2005, 11. »Wende im Streit um Telfser Minarett«: Tiroler Tageszeitung, 18. 11. 2005, 15. »Kein Kleingeld auf EU-Kosten« (Interview mit Bundespräsident Dr. Heinz Fischer): Tiroler Tageszeitung, 18. 11. 2005, 3. »Ausländerwahlkampf der FPÖ in Innsbruck« (Interview mit dem Tiroler FPÖ-Obmann Gerald Hauser): Tiroler Tageszeitung, 28. 11. 2005, 4.

572

Schluss

Weihbischof Andreas Laun: »Wir müssen das Tabu brechen«: profil 2/2006, 9. 1. 2006, 22. »Türkisches Kulturzentrum geplant«: Badener Rundschau, 21. 9. 2006, 23. Marion Göth: »Befürchtungen unbegründet. Keine Moschee in Bad Vöslau«: Niederösterreichische Nachrichten, 9. 10. 2006, 35. Georg Hönigsberger : »Zwei Minarette für neue Moschee«: Kurier 25. 10. 2006, 11. »Moschee-Projekt wird geprüft«: Badener Rundschau, 3. 11. 2006, 27. »Moschee-Plan: Was sagen die Politiker?«: Badener Rundschau, 9. 11. 2006, 22 f. »Moschee: Heuer noch nicht fix!«: Badener Rundschau, 16. 11. 2006, 29. »Eine Moschee passt nicht zu einer Kurstadt!«: Niederösterreichische Nachrichten, 27. 11. 2006, 34. »Moschee irritiert!«: Badener Rundschau, 30. 11. 2006, 22. »Bad Vöslau: Nowotny stolpert über Moschee«: Kurier, 2. 12. 2006, 10. »Offener Brief an FP-Abgeordnete Rosenkranz«: Badener Rundschau, 14. 12. 2006, 24. »Auf den Halbmond schießen«: Kurier, 22. 1. 2007, 10. »Harte Worte: Moschee-Gegner verschärfen jetzt ihre Sprache!«: Badener Rundschau, 25. 1. 2007, 27. »Moschee: Die ›Optik‹ bleibt weiter umstritten«: Badener Rundschau, 22. 2. 2007, 30. »Frauenvielfalt gegen Hass und Ausgrenzung«: Badener Rundschau, 8. 3. 2007. »Die Krise als Chance?«: Badener Rundschau, 19. 4. 2007, 29. »Moschee: ›Mediation dauert zu lange!‹«: Badener Rundschau, 26. 4. 2007, 22. »Eine Frage der Perspektive«: Badener Rundschau, 17. 5. 2007, 26. Georg Hönigsberger : »Mini-Minarette und kein Muezzin«: Kurier, 23. 6. 2007, 11. »›Moschee neu‹ mit ›unsichtbaren‹ Minaretten«: Badener Rundschau, 28. 6. 2007, 26 f. Gabi Stockmann: »Rege Beteiligung an ›Moschee‹-Debatte«: Badener Rundschau, 5. 7. 2007. »Kulturkampf in der Brigittenau«: Der Standard, 13. 9. 2007, 11. »Hitzige Demo gegen Islam-Zentrum«: Der Standard 14. 9. 2007, 3. »Demonstration gegen Kulturzentrum: Ein Abend im Hass«: Kurier, 14. 9. 2007, 4. »Missethon im Interview: Minarette nicht Teil der Kultur Österreichs«: Standard, 14. 9. 2007. »Islamische Glaubensgemeinschaft reagiert: Ausdrücke wie ›artfremd‹ sind ›irritierend‹«: News, 17. 9. 2007. »Linz: Islamisches Zentrum genehmigt«: Die Presse, 20. 9. 2007. Markus Rohrhofer : »Blaue Angst vor ›Moschee‹ in Linz«: Der Standard, 20. 9. 2007. »Einfach wie Jörg«: Profil Nr. 42, 15. 10. 2007, 28 – 29. »OÖ gibt grünes Licht für islamisches Kulturzentrum«: Die Presse, 29. 11. 2007. »Minarett in Bludenz kein Tabu« (VN-Expertengespräch): Vorarlberger Nachrichten, 16. 1. 2008, A4. »Moschee in Bregenz? ›Gefälschtes Foto!‹«: Die Presse, 17. 1. 2008. »Minarett: Erste Pläne beenden«: Vorarlberger Nachrichten, 22. 1. 2008, A6. »Muslime zur Kooperation zwingen« (Interview mit Landeshauptmann Dr. Sausgruber): Vorarlberger Nachrichten, 25. 1. 2008, A5. »Es darf kein Ort im Ort entstehen«: Rohrbacher Sonntagsrundschau, 3. 2. 2008, 15. »Moschee-Plan vom Tisch: ›So etwas wird es in Mauthausen nicht geben‹«: OÖ Nachrichten, 4. 2. 2008, 29. »Moscheen-Verbot: Sechsfach verfassungswidrig«: Die Presse, 18. 2. 2008, 6.

Literatur- und Quellenverzeichnis

573

Wolfgang Wieshaider : »Von Minaretten in der Kärntner Landespolitik«: Die Presse, 19. 2. 2008. Paul Schulmeister : »Feindbildpflege am Beispiel Moscheenstreit«: Die Presse, 23. 4. 2008, 38. »Egger : Nagelprobe für die ÖVP«: Vorarlberger Nachrichten 29. 4. 2008, A11. »Ohne Minarett und viel kleiner«: Vorarlberger Nachrichten, 14./15. 8. 2008, A5. »Eine Moschee wie ein Musikpavillon«: Salzburger Nachrichten, 22. 9. 2008. Martin Spiewak: »Ein Minarett mal ohne Streit«: Die Zeit 23. 10. 2008. Clemens Hutter : ›Beschämende Agitation gegen die »Feindreligion Islam«‹: Wiener Zeitung, 26. 11. 2008, 12. »Neonazi-Disput um germanische Kameraden«: Der Standard, 18. 12. 2008. Wojciech Czaja: »Von Tausendundeiner Nacht zum Miniminarett«: Der Standard, 23. 10. 2009, 27. Claudia Lagler : »Das Minarett, das keiner kennt«: Die Presse, 5. 12. 2009. Sarrazin, Thilo/ Frank Berberich (2009) ›Klasse statt Masse. Von der Hauptstadt der Transferleistung zur Metropole der Eliten‹: Lettre International 86, 197 – 201. Wolfgang Benz: ›Antisemiten und Islamfeinde – Hetzer mit Parallelen‹: Süddeutsche Zeitung, 4. 1. 2010. »Deal ermöglicht Bau einer Moschee«: Bezirksrundschau Linz, 25. 2. 2010. »Traun ist ›am Limit‹: Keine Häuser mehr für Ausländer«: Oberösterreichische Nachrichten, 7. 7. 2010. »Wirbel um Maßnahmen gegen Ausländerzuzug in Traun«: Kleine Zeitung, 8. 7. 2010. »Marginalie: Traun: Eine überforderte Stadt«: Die Presse, 9. 7. 2010. »Minarett nach Vorschrift«: Kleine Zeitung, 29. 4. 2011. »Grazer können Pläne für Moschee vergleichen«: Kleine Zeitung, 7. 10. 2011. »Die Präsidentschaftskanditatur war Faymanns Idee« [Interview mit Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll]: Falter 18 (2011) 10 – 12. Erich Kocina: »Wien: Kalifatsanhänger predigt im Kircheninstitut«: Die Presse, 24. 2. 2012. Andrea Bergmann: »Esad Memic: ›Als Muslime stolze Kärntner‹« (Interview): Kleine Zeitung, 15. 6. 2012. Donja Noormofidi: »Die Regeln der Demokratie« (Interview mit Mario Eustacchio): Falter 41 (2012), 35. »Vatikan auf Expansionskurs«: Süddeutsche Zeitung, 6. 9. 2012. Elena Panagiotidis: »Griechenlands Schande«: Neue Zürcher Zeitung, 22. 10. 2012, 4.

574

Schluss

Anhang: Verzeichnis der Interviews (a)

Fallstudie Moscheebaukonflikt in Bad Vöslau: Interviews in chronologischer Reihenfolge

(d=deutsch, t=türkisch; t/d=türkisch mit deutscher Konsekutivübersetzung) Nr Titel, Vorname, Name 1 Walter Starek

m/ Funktion zum w Zeitpunkt des Interviews m Geschäftsführer des Vereins »Juvivo« in Wien; als Berater des Vereins ATIB Bad Vöslau im Mediationskreis zum Moscheebauprojekt w Sozialarbeiterin; Vertreterin ATIB Bad Vöslau im Mediationskreis zum Moscheebauprojekt m Künstler, Grafiker ; Vertreter ATIB Bad Vöslau im Mediationskreis zum Moscheebauprojekt m Obmann ATIB Bad Vöslau; Vertreter ATIB im Mediationskreis zum Moscheeprojekt m Bürgermeister (Liste Flammer), Stadtgemeinde Bad Vöslau; Mitglied Mediationskreis zum Moscheeprojekt m Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation) m Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation)

2

DSA Sezer Misirli

3

Cem Firat

4

Aydin Akyüz

5

DI Christoph Prinz

6

Kadir Yildiz

7

Hasan Kalmuk

8

Franz Neuhold

m

9

Mag. KarlJürgen Romanowski Hans Zirkowitsch

m

10

m

11

Dr. Franz Sommer

m

12

Vera Tiefengraber

w

13

Inge Kosa

w

Obmann ÖVP Bad Vöslau; Vertreter ÖVP im Mediationskreis zum Moscheeprojekt Pfarrer der evangelischen Pfarrgemeinde A. u. H.B., Bad Vöslau Röm-kath. Flughafenseelsorger am Flughafen Schwechat; Mitglied Mediationskreis zum Moscheeprojekt als Berater der ÖVP Gemeinderat, FPÖ Bad Vöslau, Vertreter FPÖ im Mediationskreis zum Moscheeprojekt Initiatorin der Gruppe »Frauenvielfalt«, Bad Vöslau Stadträtin für Soziales/Integration (Liste Flammer), Bad Vöslau; Mitglied Mediationskreis

Spra- Ort che

Datum

Dauer in Std.

d

Verein Juvivo, Wien

29. 1. 2009

1,40

d

Österreichischer Blindenverband, Wien

25. 3. 2009

1,01

d

Privatwohnung, Bad Vöslau

26. 3. 2009

1,42

d

ATIB Bad Vöslau, 26. 3. 2009 alte Moschee

d

Rathaus Bad Vöslau

4.6.2009

ca. 20 Min., schriftl. Notiz 1,17

d

ATIB-Moschee Bad Vöslau Gasthaus zur Linde, Castelligasse, Bad Vöslau Truppenübungsplatz Bruckneudorf, Kommandantur Evangelisches Pfarramt, Bad Vöslau Flughafenseelsorge WienSchwechat

12. 6. 2009

1,04

12. 6. 2009

0,42

22. 6. 2009

1,37

1.7.2009

0,34

2.7.2009

3,10

t/d d

d d

d

Privathaus, Bad Vöslau

15. 7. 2009

2,03

d

Caf¦ Thermal, Bad Vöslau

15. 7. 2009

1,00

d

Rathaus Bad Vöslau

29. 7. 2009

0,57

575

Anhang: Verzeichnis der Interviews

(Fortsetzung) Nr Titel, Vorname, Name 14 Ing. Bernhard Tschirk

Spra- Ort m/ Funktion zum che w Zeitpunkt des Interviews m Initiator der »Arbeitsged Privathaus, Bad meinschaft Europäischer Vöslau-Gainfarn Kultur« (AEK), Bad Vöslau

15

DI Andreas Zimmermann

m

16

Dr. X

m

17

Herr Z

m

18

Elisabeth Schirk

w

19

Durmus Ali Ceylan

m

20

Savas Denizkiran Dr. Otmar Rychlik

m

22

Smail Mesic

m

23

Cavit Orta

m

24

Satiye Uzun

w

25

Ali Alisik

m

26

m

28

(a) Osman Lapcin (b) Lutfu Degirmencioglu Abdulkadir Celebi Feride Celebi

w

29

Lars Hustic

m

30

Ing. Mag. Werner Kosa

m

31

Fahrettin Bal

m

21

27

m

m

Baudirektor, Stadtgemeinde Bad Vöslau; Mitglied Mediationskreis zum Moscheeprojekt Pensionist; ehemaliger Industriemanager und Assistent an der Universität Wien; Mitglied der AEK, Bad Vöslau ehemaliger Firmenleiter ; Mitglied der AEK, Bad Vöslau Stadträtin (SPÖ), Vertreterin der SPÖ Bad Vöslau im Mediationskreis zum Moscheeprojekt Mitglied ATIB Bad Vöslau (geb. in Konya, seit 1989 in Österreich) Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation) Kunsthistoriker, Lektor an der Universität für angewandte Kunst Wien Mitglied ATIB Bad Vöslau (geb. in Bosnien) Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation, geb. 1933 in Istanbul) Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation) Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation) Mitglieder ATIB Bad Vöslau (erste Generation)

Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation) Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation) als Gegner des Moscheebauprojekts v. a. aktiv auf dem Internetforum der Stadtgemeinde Bad Vöslau zum Projekt Betriebswirt; Baumeister, Geschäftsführer der Fa. kosaplan+partner, die die neue Moschee errichtet hat; Fraktionsobmann Liste Flammer Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation)

Datum

Dauer in Std.

29. 7. 2009

d

Rathaus Bad Vöslau

8.9.2009

ca. 60 Min., schriftl. Notiz 0,57

d

Institut für Religionswissenschaft, Universität Wien

30. 9. 2009

1,47

d

Privathaus, Bad Vöslau

8.10.2009

2,07

d

Caf¦, Bad Vöslau

8.10.2009

1,57

t/d

ATIB-Moschee Bad Vöslau

13. 11. 2009

0,30

t/d

ATIB-Moschee 13. 11. 2009 Bad Vöslau Privathaus, Gain- 18. 11. 2009 farn

0,47

d d t/d t/d t/d t/d

t/d t/d d

0,55

ATIB-Moschee Bad Vöslau ATIB-Moschee Bad Vöslau

11. 12. 2009

0,44

18. 12. 2009

0,50

ATIB-Moschee Bad Vöslau ATIB-Moschee Bad Vöslau ATIB-Moschee Bad Vöslau

18. 12. 2009

0,26

15. 1. 2010

0,58

22. 1. 2010

1,30

29. 1. 2010

0,38

29. 1. 2010

0,12

5.2.2010

2,05

Privatwohnung, Bad Vöslau Privatwohnung Bad Vöslau Institut für Religionswiss., Universität Wien

d

Privathaus, Bad Vöslau

11. 2. 2010

1,20

d

Privatwohnung Bad Vöslau

25. 2. 2010

1,34

576

Schluss

(Fortsetzung) Nr Titel, Vorname, Name 32 Mehmed und Günes Aykut 33 Gabi Stockmann 34

Necla Firat

35

DI Selfet Yilmaz Mag. Y.

36

m/ Funktion zum w Zeitpunkt des Interviews m/ Mitglied ATIB Bad Vöslau w (erste Generation) w Autorin und Journalistin; ehemalige Redakteurin »Badener Rundschau« w Mitglied ATIB Bad Vöslau (erste Generation, geb. 1940) m Projektleiter, Neubau der ATIB-Moschee Bad Vöslau m Pastor einer evangelikal orientierten Freikirche, Wiener Neustadt m ehemaliger Bezirksobmann der FPÖ (Baden, 2006 – 2009), ehemaliges Mitglied im Vorstand FPÖ Bad Vöslau m Obmann FPÖ Bad Vöslau

37

Daniel Jägerbauer

38

Peter Gerstner

39

P. Mag. Stephan m Holpfer OSB

40

Lutz Nowotny

m

41

Aydin Akyüz

m

42

DI Melih Yerlikaya

m

Pfarrer der röm.-kath. Pfarrgemeinde St. Jakob, Bad Vöslau ehemaliger Berater der Stadtgemeinde Bad Vöslau im Bereich Stadtmarketing Obmann ATIB Bad Vöslau; Vertreter ATIB im Mediationskreis zum Moscheeprojekt Architekt des ursprünglichen Entwurfs der neuen Moschee Bad Vöslau

Spra- Ort che

Datum

Dauer in Std.

d

Privatwohnung Bad Vöslau Chinesisches Restaurant, Baden

25. 2. 2010

1,35

14. 4. 2010

ca. 1 Std.

t/d

Privatwohnung Bad Vöslau

9.7.2010

1,03

d

ATIB-Moschee Bad Vöslau Ichthys-Gemeinde Wiener Neustadt Caf¦, Bad Vöslau

19. 10. 2010

0,39

21. 10. 2009

1,32

Oktober 2009

ca. 1 Std., Gedächtnisprotokoll

d

d d

d

Caf¦ der Spanischen Hofreitschule, Wien

10. 11. 2009

d

Röm.-Kath. Pfarramt Bad Vöslau Privathaus, Bad Vöslau

22. 2. 2009

ca. 1,5 Std., Gedächtnisprotokoll 0,54

9.6.2010

1,25 1,27

d t/d

Firma Akyüz Industrieböden GmbH, Teesdorf

20. 1. 2011

d

Tanzlokal, erster Bezirk, Wien

11. 2. 2011

577

Anhang: Verzeichnis der Interviews

(b)

Fallstudien Entwicklung der muslimischen Gebetsräume und Zentren ab den 1960er Jahren: Interviews in chronologischer Reihenfolge

(d=deutsch, t/d=türkisch mit deutscher Konsekutivübersetzung) Nr Titel, Vorname, Name 1 Dr. Jussuf Windischer

m/ Funktion zum w Zeitpunkt des Interviews m Leiter des Integrationshauses der Caritas, Innsbruck

2

Spra- Ort che

Datum

d

3.3.2009

m

(a) Vizepräsident Islamid sche Föderation Wien (b) Pressesprecher IF Wien

3

(a) Yurdakul Uyar (b) Jakub Gecgel Mehmet Is¸ik

m

Obmann des Islamischen Wohltätigkeits- und Kulturvereins, St. Pölten

4

Irfan Buzar

m

5

Mehmet Fatih Mercan Aydogan Sükrü und Serife Sükrü Hasan Aydogan

m

Präsident des Verbands der d bosniakischen-islamischen Vereine; Vorsitzender Moslemischer Sozialdienst Obmann ATIB Felixdorf d

6 7 8

d

m/ Mitglieder ATIB Felixdorf w

t/d

m

Mitglied ATIB Felixdorf

t/d

w

Mitglied ATIB Felixdorf

t/d

9

Yildirim Remziye Sait Tunca

m

Mitglied ATIB Felixdorf

d

10

Abdullah Seker

m

d

11

Mehmet Is¸ik

m

ehemaliger Obmann, Moscheeverein (IF) Herzogenburg Obmann (s. Nr. 3)

12 13

Irfan Buzar Mustafa Pacali

m m

d d

14

(a) Osman Güvenc (b) Ersan Ünal (c) Cuma Cakici DI Teufik Velagic´

m

Präsident (s. Nr. 4) ehemaliger Koordinator ATIB Vorarlberg; Gemeinderat in Bregenz(ÖVP) (a) Obmann ATIB Hohenems (b) Schriftführer (c) ehemaliger Obmann (1988 – 94) Mitgründer und ehemaliges Vorstandsmitglied Moslemischer Sozialdienst Vizepräsident, Islamische Föderation Fachinspektor für islamischen Religionsunterricht und Mitglied im Obersten Rat der IGGiÖ Architekt, tätig u. a. für ATIB Union Obmann ATIB Ternitz

15

m

16

Yurdakul Uyar

m

17

Dr. Fuat Sanac

m

18

DI Melih m Yerlikaya Ing. Ümit Ergül m

19

d

d

Integrationshaus der Caritas Innsbruck Islamische Föderation Wien, Rauchfangkehrergasse, Wien Moschee des Islam. Wohltätigkeits- und Kulturvereins, St. Pölten, NÖ IGGiÖ, Bernhardgasse, Wien Privathaus, Sollenau, NÖ Privatwohnung, Felixdorf Privatwohnung, Felixdorf Privatwohnung, Felixdorf Moschee ATIB Felixdorf Privathaus, Unterwinden, NÖ Moschee, Islamischer Kulturverein St. Pölten Moschee ATIB Bregenz, Vorarlberg Moschee ATIB Hohenems, Vorarlberg

Dauer in Std.

18. 1. 2020

0,55

8.2.2010

1,11

1.3.2010

2.8.2010

2,01

17. 8. 2010

1,33

17. 8. 2010

1,29

17. 8. 2010

0,47

18. 8. 2010

1,34

12. 10. 2010

2,39

9.11.2010

1,59

25. 2. 2011 25. 3. 2011

2,47 1,49

28. 3. 2011

1,09

d

Caf¦ Prückl, Stubenring, Wien

31. 3. 2011

1,59

d

IF Wien, Rauchfangkehrergasse IGGiÖ, Bernhardgasse, Wien

7.4.2011

2,00

21. 4. 2011

1,43

d

d d

ATIB Union, 19. 5. 2011 Gudrunstr., Wien Moschee 25. 3. 2012 ATIB Ternitz

Schriftliche Notizen 0,36

578

Schluss

(Fortsetzung) Nr Titel, Vorname, Name 20 Anas Schakfeh

(c)

m/ Funktion zum w Zeitpunkt des Interviews m ehemaliger Präsident; Ehrenpräsident der IGGiÖ

Spra- Ort che

Datum

d

18. 7. 2012

Islamische Fachschule für soziale Bildung, Wien

Dauer in Std.

Fallstudien Moscheebaukonflikte: Interviews in chronologischer Reihenfolge Ort

Datum

Dauer in Std.

Rathaus Bludenz, Vorarlberg

4.3.2009

ca. 1,15

Moschee ATIB (a) Obmann, ATIB Bludenz (b) ATIB Bludenz, Vertreter der 2. Bludenz Generation im Moscheeverein

4.3.2009

ca. 1,00

m

Dekan, Pfarrer der röm.-kath. Hl. Kreuz-Kirche, Bludenz

4.3.2009

ca. 0,50

Dr. Eva Grabherr

w

Leiterin der Projektstelle für Zuwanderung und Integration »okay. zusammen leben«, Dornbirn

5.3.2009

ca. 1,30

w

4,52

m

Initiatorin der Bürgerinitiative Rappgasse, Wien Leiter des Integrationsbüros Mosaik der Volkshilfe, Traun

19. 7. 2010

6

Leopoldine Weidinger Werner Ringer

28. 7. 2010

2,00

7

Tekin Eroglu

m

ehemaliger Obmann Islamische Föderation Freistadt

9.8.2010

2,01

8

Dipl.-Kfm. m Mag. Josef Mühlbachler (a) Turgut Akca m (b) Murat Kurt (c) Firat Yildiz (d) Durak Gülay Mag. Erich m Kofler

ehemaliger Bürgermeister Freistadt (1988 – 2007)

Pfarramt, Hl. Kreuz-Kirche Bludenz Projektstelle »okay. zusammen leben«, Dornbirn, Vorarlberg Caf¦ Prückl, Wien Integrationsbüro Mosaik, Traun, Oberösterreich Moschee der IF Freistadt, Oberösterreich Privatwohnung, Freistadt

9.8.2010

1,00

(a) Obmann ATIB Spittal an der Drau, Kärnten; (b, c, d) Mitglieder ATIB Spittal

Moschee ATIB Spittal a. d.Drau

22. 8. 2010

1,51

Stadtamtsdirektor, Stadtgemeinde Spittal an der Drau

Rathaus Spittal a. d. Drau

23. 8. 2010

Integrationsbeauftragter, Marktgemeinde Telfs Obmann ATIB Telfs

24. 3. 2011

1,28

m m

Rathaus Telfs, Tirol Moschee ATIB Telfs Rathaus Telfs Privathaus, Dornbirn

24. 3. 2011

13 14

Mag. Ewald Heinz Mehmet Baykan Demel Temir Adnan Dincer

ca. 1,00, schriftl. Notiz 1,47

24. 3. 2011 25. 3. 2011

1,13 2,25

15

Temel Coban

m

4.5.2012

Schriftl. Notizen

Nr. Titel, Vorname, Name 1 (a) Josef Katzenmayer (b) DI Thorsten Diekmann (c) DSA Oliver Mössinger 2 (a) Hayrettin Kösem (b) Volkan Deve 3 Msgr. Mag. Peter Haas

m/ Funktion w zur Zeit des Interviews m (a) Bürgermeister (b) Leiter der Abteilung Stadtplanung (c) Leiter der Abteilung Jugend und Integration, Stadt Bludenz

4

5

9

10 11 12

m m

ehemaliger Obmann ATIB Telfs Obmann der NBZ (seit 2004), Vorstandsmitglied Arbeiterkammer Vorarlberg, Vorstandsmitglied Türkische Plattform Mitglied Islamische Föderation Traun

»Kulturhaus der Jugend«, Traun

579

Anhang: Verzeichnis der Interviews

Fortsetzung Nr. Titel, Vorname, Name 16 (a) Ugur Boz (b) Muammer Targil 17 Mag. KsR Franz Wild 18 Seyfi Bozkus¸

(d)

m/ Funktion w zur Zeit des Interviews m (a) Generalsekretär (b) Kassier, UIKZ Traun m m

Ort

Datum

4.5.2012 Mevlana-Moschee der UIKZ, Traun Röm.-kath. Stadtpfarrer Traun Kath. Pfarramt 4.5.2012 Traun Botschaftsrat; Präsident der ATIB ATIB Union, 26. 9. 2012 Union Gudrunstr., Wien

Dauer in Std. 3,06 1,22 Schriftl. Notizen

Verzeichnis der telefonischen ExpertInnen-Interviews (in chronologischer Reihenfolge)

Nr.

Name

Funktion/Ort

Datum

T1

Esad Memic

2.2.2009

T2

Günther Ahmed Ruznak

Fachinspektor für den islamischen Religionsunterricht in Kärnten, Mitglied des Obersten Rats der IGGiÖ, Villach Generalsekretär, Islamisches Informations- und Dokumentationszentrum Österreich, Traun

T3

Moussa Al-Hassan Diaw, MA

Muslimischer Religionslehrer, Linz

25. 3. 2009

T4

Willi Koch

ehemaliger Stadtrat (ÖVP), Spittal an der Drau

31. 3. 2009

T5

Karl Wagner

Leiter des Stadtamts Freistadt

8.4.2009

T6

Herbert Hengel

Bauamt, Stadtamt Freistadt

9.4.2009

T7

Mag. Erich Kofler

Stadtamtsdirektor, Spittal an der Drau

14. 4. 2009

T8

Ing. Karl Möschl

Baumeister, Leiter des Bauamtes Saalfelden

2.2.2010

T9

Edwin Gaßner

Bauamt Nenzing

5.5.2010

T10 Andreas Schöberl

Redakteur, »Kleine Zeitung«, Regionalbüro Leoben

7.5.2010

T11 Gerhard Lukasiewicz

Pressesprecher der Stadt Leoben

7.5.2010

T12 DI Helmut Strobl

ehemaliger Kulturstadtrat in Graz (1985 – 2001); Mitglied des Interreligiösen Rats, Graz

7.5.2010

T13 Günther Ahmed Ruznak

Islamisches Informations- und Dokumentationszentrum Österreich, Traun

9.5.2010

T14 Werner Ringer

Verein Mosaik der Volkshilfe, Traun

10. 5. 2010

T15 DSA Oliver Mössinger

Leiter der Abteilung Jugend und Integration, Stadt Bludenz

6.8.2010

17. 2. 2009

Dokumentation handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen

580

Schluss

Fortsetzung Nr.

Name

Funktion/Ort

Datum

T16 Hr. Anton Rosenthaler

ehemaligen Betriebsleiter, Firma Friepess

19. 8. 2010

T17 Mag. Dr. Richard Voithofer

Direktor des Landtagsklubs der FPÖ Salzburg

7.7.2011

T18 Kemal Ata

Islamische Föderation Salzburg, ehemaliger Obmann 29. 7. 2011

T19 Architekt DI Thomas Ikrath

Bad Gastein

6.4.2012

T20 Richard Waringer

Jugendgemeinderat (SPÖ), Herzogenburg

17. 8. 2012

Präsident des Verbands der bosniakischen-islamischen Vereine in Österreich, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde Klagenfurt T31 Mustafa Selimspahic Gemeinderat, Enns

26. 8. 2012

T32 Dr. Elisabeth Dörler

Islambeauftragte der Diözese Feldkirch, Batschuns

28. 8. 2012

T33 Martin Mühlberger

Schriftführer des Gemeinderats, Marktgemeinde Mauthausen

29. 8. 2012

T34 Mahmoud Abdelhadi

stellv. Obmann des Moscheevereins »Friede und Barmherzigkeit« Leoben

29. 8. 2012

T35 Josef Gojo

»Mitanand. Stelle für Gemeinwesenarbeit Rankweil«

1.10.2012

T36 Murat Baser

Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde OÖ., Linz

5.10.2012

T37 Murat Baser

Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde OÖ., Linz

8.10.2012

T38 Elvis Mutapcija

Obmann des Vereins der Bosniaken NUR, Linz

10. 10. 2012

T39 Ali Can

Vorsitzender der »Türkischen Föderation« (ATF), Wien

15. 10. 2012

T40 Robert Beierl

Vizebürgermeister (SPÖ), Obmann des Bauausschusses, Marktgemeinde Reisenberg

15. 10. 2012

T41 DI Sonja Entner

Architektin der bosnischen Moschee Rankweil, Göfis 24. 5. 2013

T42 Irfan Altindag

Mitglied des Vorstands ATIB Wien-Dammstrasse

25. 5. 2013

T43 Aldin Bektas

Islamisches Kulturzentrum Graz, Public Relations Manager

22. 6. 2013

T44 Mithat Cavuslu

Obmann ATIB Mauthausen

29. 6. 2013

T45 DI Ibrahim Sahinovic

Architekt der neuen bosnischen Moschee LinzKleinmünchen

30. 6. 2013

T30 FI Esad Memic

26. 8. 2012

Dokumentation handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen handschriftliche Notizen