Modernisierung des Personengesellschaftsrechts: Der Mauracher Entwurf in der Fachdiskussion 9783110719178, 9783110718669

With the Maurach draft, the commission launched by the German Federal Ministry of Justice and Consumer Protection to mod

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Modernisierung des Personengesellschaftsrechts: Der Mauracher Entwurf in der Fachdiskussion
 9783110719178, 9783110718669

Table of contents :
Inhalt
Vorwort der Herausgeber
Annäherungen an den Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
Der Mauracher Entwurf
Das neue Gesellschaftsregister
Bericht über die Diskussion
Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler in berufsrechtlicher Perspektive
Bericht über die Diskussion
Beschlussmängelrecht
Bericht über die Diskussion
Außengesellschaft und Innengesellschaft
Bericht über die Diskussion
Geschäftsführung und Vertretung im modernisierten Personengesellschaftsrecht
Bericht über die Diskussion
Gesellschafterwechsel, Ausscheiden und Auflösung im Mauracher Entwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
Bericht über die Diskussion
Angaben zu den Verfassern
Sachregister

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Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ZGR-Sonderheft 23

ZEITSCHRIFT FÜR UNTERNEHMENSUND GESELLSCHAFTSRECHT Begründet von Marcus Lutter und Herbert Wiedemann Herausgegeben von Alfred Bergmann, Ingo Drescher, Holger Fleischer, Wulf Goette, Stephan Harbarth, Peter Hommelhoff, Gerd Krieger, Hanno Merkt, Christoph Teichmann, Jochen Vetter, Marc-Philippe Weller, Hartmut Wicke

Sonderheft 23

Modernisierung des Personengesellschaftsrechts Der Mauracher Entwurf in der Fachdiskussion

ISBN 978-3-11-071866-9 e-ISBN (PDF) 978-3-11-071917-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-071929-1 Library of Congress Control Number: 2020945104 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Inhalt Christoph Teichmann Vorwort der Herausgeber

VII

Holger Fleischer Annäherungen an den Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts 1 Eberhard Schollmeyer Der Mauracher Entwurf

29

Sebastian Herrler Das neue Gesellschaftsregister Ralf Knaier Bericht über die Diskussion

39

79

Dirk Uwer Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler in 87 berufsrechtlicher Perspektive Elke Heinrich Bericht über die Diskussion Ingo Drescher Beschlussmängelrecht

109

115

Jennifer Trinks Bericht über die Diskussion

137

Christian Armbrüster Außengesellschaft und Innengesellschaft Nina Benz Bericht über die Diskussion

165

143

VI

Inhalt

Jan Lieder Geschäftsführung und Vertretung im modernisierten 169 Personengesellschaftsrecht Lothar Wolff Bericht über die Diskussion

215

Christian Bochmann Gesellschafterwechsel, Ausscheiden und Auflösung im Mauracher Entwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts 221 Stefanie Leclerc Bericht über die Diskussion

251

Angaben zu den Verfassern

255

Sachregister

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Christoph Teichmann*

Vorwort der Herausgeber Die ZGR-Sondertagung 2020 zum Recht der Personengesellschaften verdient in mehrfacher Hinsicht das Prädikat „historisch“. Die geplante Reform, deren erfolgreichen Abschluss man dem Bundesjustizministerium nur wünschen kann, wäre geeignet, unter viele Jahrzehnte der dogmatischen Auseinandersetzung einen vorläufigen Schlussstrich zu setzen. Künftige Examenskandidatinnen und -kandidaten werden es dem Gesetzgeber danken, wenn das BGB endlich wieder als verlässliche Erkenntnisquelle für das Personengesellschaftsrecht herangezogen werden kann. Dass die Tagung auch unter einem anderen Aspekt als „historisch“ betrachtet werden kann, war von den Veranstaltern so nicht geplant. Sehr gerne hätten wir die Tagungsteilnehmer in den ehrwürdigen Mauern der 1591 fertiggestellten sog. Alten Universität in Würzburg begrüßt. Die Corona-Pandemie machte uns einen Strich durch die Rechnung und bescherte uns erstmals in der Geschichte der Gesellschaftsrechtswissenschaft eine rein virtuell abgehaltene Konferenz. Die inhaltliche Auseinandersetzung hat darunter erstaunlich wenig gelitten, wie die in diesem Sonderband abgedruckten Diskussionsberichte eindrücklich belegen. Die technische Unterstützung der Mitarbeiter des Lehrstuhls von Hanno Merkt hat dazu entscheidend beigetragen. Die nachfolgenden Beiträge beginnen mit dem Referat von Holger Fleischer, der den sog. Mauracher Entwurf einer ersten Einordnung „zwischen Konsolidierung, Mut und Selbstbescheidung“ unterzieht. Im Anschluss daran erläutert Eberhard Schollmeyer den weiten Weg von der Entscheidung „ARGE Weißes Roß“ bis hin zum vorliegenden Gesetzentwurf. Sebastian Herrler präsentiert alsdann erste, von praktischer Erfahrung gesättigte Überlegungen zum neuen Gesellschaftsregister als einem Kernstück der Reform. Die besondere Bedeutung des Personengesellschaftsrechts für die Freien Berufe unterstreicht der nachfolgende Beitrag von Dirk Uwer. Aus berufener richterlicher Feder wird anschließend das geplante Beschlussmängelrecht der Personengesellschaften von Ingo Drescher einer kritischen Analyse unterzogen. Der Unterscheidung von Innen- und Außengesellschaften, die auch nach der Reform bedeutsam bleiben wird, geht der Beitrag von Christian Armbrüster nach. Den für das Auftreten im Rechtsverkehr zentralen

* Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Handels- und Gesellschaftsrecht an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. https://doi.org/10.1515/9783110719178-001

VIII

Christoph Teichmann

Fragen der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft widmet sich Jan Lieder, bevor zu guter Letzt Fragen des Ausscheidens von Gesellschaftern und der Auflösung der Gesellschaft den Gegenstand des Beitrags von Christian Bochmann bilden. An dieser Stelle sei allen Referenten für die Bereitschaft gedankt, sich an das ungewöhnliche digitale Konferenzformat anzupassen und anschließend in kürzester Zeit ihre ausgearbeiteten Manuskripte vorzulegen. Dank gebührt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der verschiedenen Universitäten, die durch technische Unterstützung und das Abfassen von Diskussionsberichten entscheidende Beiträge für das Gelingen der Tagung geleistet haben. Würzburg im Juli 2020

Christoph Teichmann

Holger Fleischer*

Annäherungen an den Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts Zusammenfassung: Der lange erwartete Entwurf einer Expertenkommission zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts schlägt weitreichende Änderungen namentlich im Recht der BGB-Gesellschaft vor. Wie diese Änderungen einzuordnen sind, ist Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Er nimmt die großen Linien des Entwurfs in den Blick, stellt ihn in einen weiteren rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Zusammenhang, arbeitet seine legislatorischen Grundentscheidungen heraus und erläutert, wie der Entwurf mit den Eigenheiten, Anachronismen und Regelungslücken des tradierten deutschen Personengesellschaftsrechts umgeht.

Abstract: The long-awaited draft of an expert commission on the modernisation of partnership law proposes far-reaching changes, namely in the law of civil partnerships. How these changes are to be assessed is the subject of this paper. It takes a look at the general approach and architecture of the draft, places it in a broader context of legal history and comparative law, outlines its fundamental legislative decisions and explains how the draft deals with the peculiarities, anachronisms and regulatory gaps of traditional German partnership law.

Inhaltsübersicht I. II.

III.

IV.

 Zwei Komplimente zu Beginn Der Mauracher Entwurf zwischen Konsolidierung, Mut und Selbstbescheidung . Konsolidierung  . Mut  . Selbstbescheidung  Der Mauracher Entwurf im Lichte von Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung . Rechtsgeschichtliche Entwicklungslinien  . Rechtsvergleichende Beobachtungen  Der Mauracher Entwurf und seine gesetzgeberischen Grundentscheidungen







* Der Autor ist Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg. https://doi.org/10.1515/9783110719178-002

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V.

VI.

Holger Fleischer

. Ordnungsaufgabe  . Systematische Stoffanordnung  . Ausgestaltung der Auffangregelung  . Regelungs- und Verweisungstechnik  . Rollenverteilung zwischen Reformgesetzgeber und Gerichten  . Institutionenbildung  Der Mauracher Entwurf im Umgang mit Idiosynkrasien, Anachronismen und Lakunae  . Idiosynkrasien  . Anachronismen  . Lakunae  Schluss 

I. Zwei Komplimente zu Beginn Die lange überfällige Modernisierung des Personengesellschaftsrechts nimmt allmählich Gestalt an. Mit dem Mauracher Entwurf ¹ liegt nun ein genauer Bauplan vor, auf den Gesellschaftsrechtler ähnlich gespannt gewartet haben wie Architekturliebhaber auf die Pläne für eine neue innerstädtische Skyline. Für eine erste orientierende Durchsicht brauchen allerdings selbst Kenner der Reformdiskussion eine ganze Weile. Vor uns liegt der Entwurf eines Mantelgesetzes mit insgesamt 39 Artikeln, das den Leser schon durch seine schiere Stoffmasse beeindruckt und vielleicht sogar ein wenig einschüchtert. Dies gibt gleich zu Beginn Anlass zu zwei Komplimenten: Respekt und Hochachtung verdient die Expertenkommission zum einen für ihre enorme gedankliche Arbeitsleistung. Sie hat sich nicht auf die Benennung von Eckpunkten beschränkt, sondern die schwierige Materie rechtstechnisch in allen Einzelheiten durchgearbeitet. Erst dies ermöglicht eine eingehende und kritische Würdigung durch die Fachöffentlichkeit. Zum anderen besticht diese erste Phase des Reformprozesses durch vorbildliche Transparenz. Aufgrund der Veröffentlichung

 BMJV, Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, April 2020; dazu die Erläuterungen aus der Binnensicht der Kommission von Bergmann, DB 2020, 994; M. Noack, NZG 2020, 581; Schäfer, ZIP 2020, 1149; erste externe Würdigungen von Bachmann, NZG 2020, 612; Fleischer, DB 2020, 1107; Habersack, ZGR 2020, 539; Heckschen, NZG 2020, 761; OtteGräbener, BB 2020, 1295; Westermann, DZWiR 2020, 321; zu Einzelfragen auch Fleischer/Heinrich, DB 2020, 827 (Informationsrechte); Fleischer, WM 2020, im Druck (Wettbewerbsverbot); Fleischer, BB 2020, 2114 (Aufwendungs- und Verlustersatzanspruch); Fleischer, DStR 2020, im Druck (OHGRecht).

Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

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von Begleitdokumenten² und paralleler Publikationen einzelner Kommissionsmitglieder³ können sich Außenstehende jedenfalls ein ungefähres Bild vom Gang der internen Beratungen machen. Das ist weit mehr, als man erwarten durfte, auch wenn die Sitzungszusammenfassungen nicht ganz an die ausführlichen Protokolle der Nürnberger Konferenzberatungen heranreichen, die Johann von Lutz als erster Sekretär der „Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches“ im Jahre 1858 vorgelegt hat.⁴

II. Der Mauracher Entwurf zwischen Konsolidierung, Mut und Selbstbescheidung Für eine erste Annäherung und wertende Einordnung sollen zunächst nur die großen Linien des Entwurfs in den Blick genommen werden. Wie sogleich näher zu erläutern, changiert er zwischen Konsolidierung, Mut und Selbstbescheidung.

1. Konsolidierung Kernziel des Entwurfs ist es, den Rechtsrahmen für Personengesellschaften zu modernisieren. Dieses Regelungsanliegen führt er – in nahezu wörtlicher Übereinstimmung mit dem niederländischen „Wet modernisering Personenvennootschappen“⁵ – sogar im Titel. Noch treffender könnte man von einem Entwurf zur Modernisierung und Konsolidierung sprechen, geht es ihm doch we-

 BMJV, Bericht über die Tätigkeit und den Gesetzesentwurf der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzten Expertenkommission für die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, April 2020.  Vgl. etwa Grunewald, FS K. Schmidt, 2019, Bd. I, S. 391; Schäfer, FS Seibert, 2019, S. 723; ders., FS K. Schmidt, 2019, Bd. II, S. 323; Wertenbruch, ZIP 2019, 2082; ders., NZG 2019, 407; ders., NZG 2019, 1081.  Vgl. Lutz (Hrsg.), Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches, 1858, I. Theil, Vorrede, S. III: „Die Kommission, welche in Gemäßheit des Beschlusses der hohen deutschen Bundesversammlung vom 18. Dezember 1856 zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches seit dem 15. Januar 1857 in Nürnberg versammelt war, hat in ihrer CLVI. Sitzung den Beschluß gefaßt, ihre bisherigen Verhandlungen zu veröffentlichen, zu diesem Zwecke eine offizielle Ausgabe ihrer Protokolle sowie der aus ihren Berathungen hervorgegangenen Entwürfe zu veranstalten und mir die Besorgung dieser Ausgabe zu überlassen. Zugleich hat die genannte Kommission mir das Autorrecht an diesen Verhandlungen übertragen.“  Dazu Fleischer/Cools, ZGR 2019, 463, 487 ff.

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sentlich darum, die geänderte Gerichtspraxis zur Rechtsfähigkeit der Außen-GbR fortan im Gesetzestext abzubilden.⁶ Der Bericht über die Tätigkeit der Expertenkommission spricht insoweit von einem „fachlich getriebenen“ Modernisierungsimpuls, der aus sich heraus begründet sei und keine Antwort auf eine allgemeine politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Fragestellung darstelle.⁷ Diese causa impulsiva sollte nicht geringschätzig als legislative housekeeping abgetan werden, sondern bildet einen wichtigen und häufig unterschätzten Teil der gesetzgeberischen Infrastrukturverantwortung⁸: So wie Straßen und Brücken müssen auch Gesetze von Zeit zu Zeit ertüchtigt oder erneuert werden.

2. Mut Neues Terrain betritt der Entwurf gleich in mehrfacher Hinsicht. Erstens soll ein Register für Gesellschaften bürgerlichen Rechts eingeführt werden, das mit öffentlichem Glauben ausgestattet ist. Auch wenn es hierfür gewisse Vorbilder in ausländischen Rechtsordnungen gibt,⁹ ist dies rechtstechnisch anspruchsvoll und hochkompliziert. Zudem erfordert die Grundentscheidung für ein gesondertes Gesellschaftsregister neben dem Handelsregister mit dem sog. Statuswechsel eine weitere Neuschöpfung, um den registerrechtlichen Vollzug der Umwandlung einer registrierten GbR in eine OHG oder KG zu gewährleisten.¹⁰ Zweitens schlägt der Entwurf ein kodifiziertes Beschlussmängelrecht für Personengesellschaften vor. Wiewohl er sich insoweit an das Anfechtungsmodell der §§ 241 ff. AktG anlehnen kann, bildet die Anpassung dieser Versatzstücke an die personengesellschaftsrechtlichen Besonderheiten eine legislatorische Herausforderung. Drittens ist eine Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für die gemeinsame Ausübung Freier Berufe vorgesehen. Hier hatte das Handelsrechtsreformgesetz von 1998¹¹ mit den Eintragungswahlrechten in § 105 Abs. 2 HGB schon gesetzestech-

 Hierzu auch Bergmann, DB 2020, 994: „Im Vordergrund steht vielmehr die Umsetzung der Rechtsfolgen der durch die Entscheidung ‚ARGE Weißes Ross‘ des BGH eingeleiteten Rspr. zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.“; gleichsinnig M. Noack, NZG 2020, 581.  So BMJV, Bericht (Fn. 2), S. 5.  Allgemein zur gesetzgeberischen Infrastrukturverantwortung im Gesellschaftsrecht Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 675 ff.  Näher dazu Fleischer/Pendl, WM 2017, 2143 ff. und 2185 ff.  Dazu M. Noack, NZG 2020, 581, 582: „regelungstechnisch besonders anspruchsvoll“.  BGBl. I, S. 1474.

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nisch vorgespurt, so dass der legistische Aufwand gering ausfällt.¹² Um das neue Wahlrecht mit Leben zu füllen, bedarf es freilich noch der Schützenhilfe durch das Berufsrecht.

3. Selbstbescheidung „Détruire et reconstruire“ – abreißen und neu bauen, wie es der kühne städtebauliche Entwurf von Le Corbusier aus dem Jahre 1925 für das historische Paris vorgesehen hatte,¹³ zu einer solchen Radikallösung vermochte sich die Expertenkommission im Personengesellschaftsrecht nicht durchzuringen. Sie hat ihr Mandat von vornherein nicht als Auftrag zur „Totalrevision“ des gesetzlichen Regelungsgefüges verstanden.¹⁴ Manche Äußerungen lassen durchblicken, dass es dafür auch an der erforderlichen Zeit gefehlt hat.¹⁵ Nicht weiter verfolgt wird namentlich ein Paradigmenwechsel vom klassischen Kaufmanns- zum Unternehmerbegriff,¹⁶ wie ihn keineswegs nur der österreichische¹⁷, sondern kürzlich auch der belgische und niederländische Reformgesetzgeber gewagt haben.¹⁸ Die Sachgründe hierfür behält der Entwurf für sich.¹⁹ Mit keiner Silbe erwähnt – so als wolle man niemanden auf falsche Gedanken bringen – werden andere Alternativmodelle, etwa der vollständig ausformulierte und mit einer Begründung versehene Entwurf einer Handelsgesellschaft auf Einlagen, den vorzeiten ein Kreis damals junger, inzwischen längst emeritierter Gesellschaftsrechtsprofessoren ersonnen hatte.²⁰ Auch eine „GbR auf  Gleichsinnig Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1154: „Die Umsetzung des Konzepts ist gesellschaftsrechtlich relativ schlicht.“  Abbildung seines Modells des „Plan Voisin“ bei Huse, Geschichte der Architektur im 20. Jahrhundert, 2008, S. 56.  Vgl. BMJV, Bericht (Fn. 2), S. 7 (Auftaktsitzung): „Die Kommission ist sich einig, dass dieser [Auftrag] nicht als Totalrevision zu verstehen sei.“; ebenso Bergmann, DB 2020, 994.  Vgl. M. Noack, NZG 2020, 581: „angesichts der knappen Zeit bis zum Ablauf dieser Legislaturperiode“; s. auch BMJV, Bericht (Fn. 2), S. 7 (Auftaktsitzung).  Ablehnend BMJV, Bericht (Fn. 2), S. 7 (Auftaktsitzung).  Vgl. Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001 ff.; eingehend Heinrich/Pendl, in Fleischer (Hrsg.), Personengesellschaften im Rechtsvergleich, 2020, § 2; grundlegend Krejci/K. Schmidt, Vom HGB zum Unternehmergesetz, 2002.  Vgl. Fleischer/Cools, ZGR 2019, 463, 484 ff. (Belgien), 487 ff. (Niederlande); eingehend Cools, in Fleischer (Fn. 17), § 7 (Belgien) und § 8 (Niederlande).  Vgl. M. Noack, NZG 2020, 581: „Daraus spricht eine gehörige Portion Pragmatismus.“; näher aber Schäfer, FS K. Schmidt, 2019, Bd. II, S. 723, 724 ff.  Vgl. Arbeitskreis GmbH-Reform (G. Hueck, Lutter, Mertens, Rehbinder, Ulmer, Wiedemann, Zöllner), Die Handelsgesellschaft auf Einlagen – eine Alternative zur GmbH & Co. KG, 1971, S. 9:

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Einlagen“ soll es nicht geben.²¹ Mit Stillschweigen abgewiesen wird schließlich die von manchen geforderte Einführung einer deutschen LLP für Freiberufler²². Man kann diese Selbstbescheidung des Mauracher Entwurfs in jedem einzelnen Punkt mit guten Gründen kritisieren. Für sie spricht aber immerhin eine nüchterne realpolitische Perspektive: Rechtspolitik ist die Kunst des Möglichen. Wer einer Reform zum Erfolg verhelfen will, darf sie nicht überfrachten, sondern muss die praktisch möglichen Schritte identifizieren und mit Bedacht umsetzen. Dabei werden naturgemäß nicht alle akademischen Stararchitektenträume reifen. Am Ende dürfte jedoch mit einer pragmatischen Reform mittlerer Reichweite mehr gewonnen sein als mit einem kühnen Großentwurf, der den Bundestag erst gar nicht erreicht oder im Gesetzgebungsverfahren stecken bleibt. Dessen ungeachtet sollte der nun einsetzende Fachdiskurs das BMJV nicht davon abhalten, manche grundsätzliche Weichenstellung des Mauracher Entwurfs noch einmal ernsthaft zu überprüfen, auch wenn dies aufgrund seiner eigenen Mitwirkung psychologisch nicht ganz leicht fallen mag. Mit Nachdruck werben möchte ich namentlich für die Möglichkeit einer Kombination unbeschränkt und beschränkt haftender Gesellschafter in der GbR, also eine Art ziviler oder bürgerlich-rechtlicher KG.²³ Sie ließe sich systemstimmig mit der Registerlösung des Mauracher Entwurfs verbinden und eröffnete auf einfachem Wege eine größere Variabilität der Gesellschafterhaftung. Ein rechtsvergleichendes Vorbild hierfür bietet die Regelung zur società semplice in Art. 2267 Abs. 1 Satz des italienischen Codice civile.²⁴ Der Einwand, mit der Un-

„Der Gesetzesvorschlag sieht die Einführung einer weiteren Rechtsform für Personengesellschaften vor, die ‚Handelsgesellschaft auf Einlagen‘. Er soll dazu dienen, einem in der Wirtschaftspraxis sichtbar gewordenen Bedürfnis nach einer Personengesellschaft mit allseitiger Haftungsbeschränkung zu entsprechen und zugleich diejenigen Kommanditgesellschaften, an denen keine unbeschränkt haftenden natürlichen Personen beteiligt sind (‚GmbH & Co. KG‘) unter Beibehaltung ihrer Vorzüge einer systemkonformen Regelung zuzuführen.“; zuletzt auch der Vorschlag einer vollständig haftungsbeschränkten Personengesellschaft (KGmbH) von Jacobsen, DStR 2020, 1259.  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 115; dazu auch M. Noack, NZG 2020, 581, 584.  Vgl. Henssler, in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages 2016, Bd. II/1, O 55 ff., O 60; Otte-Gräbener, FS Seibert, 2019, S. 613, 621 ff.  Dazu bereits Fleischer/Agstner, RabelsZ 81 (2017), 299, 328 ff.; für die Option einer summenmäßig begrenzten Haftung nach dem KG-Modell auch Beuthien, NZG 2011, 481, 488; Hanau/Ann, FS Westermann, 2008, S. 955, 965 ff.; Wicke, in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages 2016, Bd. II/1, O 31, 34; angedeutet auch bei Bachmann, NZG 2020, 612, 617.  Vgl. Fleischer/Agstner, RabelsZ 81 (2017), 299, 337 mit dem Zusatz: „Hierfür kann auch in Deutschland ein praktisches Bedürfnis bestehen, ohne dass man eine kleingewerbliche GbR oder

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ternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) stehe bereits eine kostengünstige Rechtsformvariante zur Verfügung,²⁵ verkennt, dass es aus Nachfragersicht um nutzenmehrende Auswahlmöglichkeiten zwischen haftungsbeschränkten Kapital- und Personengesellschaften geht.²⁶

III. Der Mauracher Entwurf im Lichte von Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung 1. Rechtsgeschichtliche Entwicklungslinien Kein Reformgesetzgeber beginnt bei Null. Wie in einem Fortsetzungsroman bleibt er mit dem überlieferten Normenmaterial verbunden, und zwar selbst dann, wenn er sich von den hergebrachten Denkformen lösen möchte.²⁷ Für ein tieferes Problemverständnis ist es daher unerlässlich, sich mit den Überlieferungszusammenhängen des Personengesellschaftsrechts vertraut zu machen. Hinlänglich bekannt und häufig dokumentiert ist die wechselvolle Entstehungsgeschichte der §§ 705 ff. BGB.²⁸ Die Erste Kommission zur Erarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuchs hatte die GbR noch ganz als gemeinrechtliche Sozietät konzipiert.²⁹ Diese sollte sich in einer reinen Innengesellschaft erschöpfen,³⁰ ein etwa vorhandenes Gesellschaftsvermögen „im Miteigenthum der Gesellschafter nach bestimmten Quoten“³¹ stehen. Die Zweite Kommission entschloss sich mit

eine Vermögensverwaltungsgesellschaft stets auf die Eintragungsoption nach § 105 II HGB verweisen müsste.“  So BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 116.  Vgl. zur schwierigen Frage nach der optimalen Zahl von Gesellschaftstypen Fleischer, in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages 2016, Bd. II/1, O 139 f.; Ribstein, in McCahery/ Raaijmakers/Vermeulen (Hrsg.), The Governance of Close Corporations and Partnerships: US and European Perspectives, 2004, S. 153, 184 f.; generell zur optimalen Anzahl von Vertragstypen zuletzt Bar-Gill/Gillette, 20 Theoretical Inquiries L. 487 (2019).  Allgemein dazu, dass auch ein solcher negativer Bezug für das Normverständnis von großer Bedeutung sein kann, Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 209 mit Fn. 60.  Vgl. etwa Fleischer, in ders. (Fn. 17), § 1 Rn. 78 ff.; Limbach, Gesamthand und Gesellschaft, 2016, Rn. 420 ff.; Wächter, Die Aufnahme der Gesamthandsgesellschaften in das BGB, 2002, S. 115 ff., 243 ff.  Vgl. Motive, in Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, 1899, S. 330.  Vgl. Motive (Fn. 29), S. 330.  Vgl. Motive (Fn. 29), S. 335.

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knapper Mehrheit von 12:8 Stimmen, das Gesellschaftsvermögen durch Einführung des „Grundsatzes der gesammten Hand“ mit „dinglichen Wirkungen“ zu verstärken.³² Hinsichtlich der theoretischen Konstruktion zog sie sich auf den Standpunkt zurück, „daß eine Stellungnahme zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der gesammten Hand zu vermeiden sei“³³. Weder die Gesetzesmaterialien noch die ihnen beigefügte Denkschrift des Reichsjustizamtes verhielten sich zur Frage der Rechtssubjektivität der GbR; sie warfen diese nicht einmal auf.³⁴ Die hieraus resultierenden Unklarheiten hinsichtlich der personenrechtlichen Einordnung der GbR gaben dem Gesellschaftsrecht im 20. Jahrhundert viele Rätsel auf, bis der BGH im neuen Millennium die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR anerkannt hat.³⁵ Über die schwierige Geburt der §§ 705 ff. BGB hinaus gibt es eine Reihe weiterer rechtsgeschichtlicher Besonderheiten, die weniger bekannt sind, aber bis heute nachwirken. Zu ihnen gehört vor allem die Erkenntnis, dass die klassische societas keineswegs eine gleichförmige Erscheinung war, sondern sich vielmehr durch eine große Vielfalt auszeichnete.³⁶ Unter dem weit gewölbten Einheitsdach der societas entwickelte sich ein breites Spektrum unterschiedlicher Gesellschaftstypen und Grundmuster.³⁷ Eine italienische Literaturstimme kleidet dies in das Wortspiel, dass im Spiegel der römischen Erfahrungen nicht „la società“ (= die Gesellschaft), sondern „le società“ (= die Gesellschaften) aufscheinen.³⁸ Mit dieser Vielfalt konnte man im römischen Fallrechtsdenken ohne Weiteres zurechtkommen. Eine moderne Kodifikation, die diese ausdifferenzierte Kasuistik unter einen einheitlichen Universaltypus zwängen möchte, stößt hier aber rasch an Grenzen. Für den heutigen Gesetzgeber kommt noch eine weitere Komplikation hinzu: Die societas, die uns aus den historischen Quellen entgegentritt, ist fast ausnahmslos Erwerbsgesellschaft, sei es als auf längere Dauer angelegte Handelsgesellschaft (societas negotiationis) oder als Gelegenheitsgesellschaft für den Kauf

 Vgl. Protokolle, in Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, 1899, S. 990.  Protokolle (Fn. 32), S. 990.  Treffend Limbach (Fn. 28), Rn. 451.  Vgl. BGHZ 146, 341; zu den Gründen und Hintergründen Wedemann, in Fleischer/Thiessen (Hrsg.), Gesellschaftsrechts-Geschichten, 2018, § 15, S. 491 ff.  Grundlegend und eingehend Meissel, Societas – Struktur und Typenvielfalt des römischen Gesellschaftsvertrages, 2004, S. 63 ff. unter der Abschnittsüberschrift „Plura negotia quam vocabula. Die Vielfalt der societas in Vertragspraxis und Jurisprudenz“; ferner Szramkiewicz/Deschamps, Histoire du droit des affaires, 3. Aufl. 2020, Rn. 75.  Vgl. Fleischer, in ders. (Fn. 17), § 1 Rn. 33.  Serrao, Impresa e responsabilità a Roma nell‘età commerciale, 1989, S. 90: „Anche nell’esperienza giuridica romana quindi più che ‚la società‘ sono presenti ‚le società‘.

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und Verkauf einer bestimmten Sache (societas unius rei).³⁹ Beispiele für eine nicht auf wirtschaftlichen Gewinn ausgerichtete Gesellschaft hat erst die deutsche Pandektistik zu Beginn des 19. Jahrhunderts erörtert, allen voran Christian Friedrich Glück mit dem hübschen Fall, dass sich zwei Gelehrte zur Erhaltung ihrer Gesundheit gemeinsam ein Reitpferd halten.⁴⁰ Dass eine solche Erweiterung des Anwendungsbereichs der GbR um Idealzwecke zu gravierenden legistischen Problemen führt, hatte Otto Gierke schon im Jahre 1889 hellsichtig vorhergesehen.⁴¹

2. Rechtsvergleichende Beobachtungen Kein Reformgesetzgeber ist notwendig auf sich gestellt. Vielmehr gibt es auch im Personengesellschaftsrecht eine Fülle rechtsvergleichender Inspirationsquellen und Referenzmodelle. Wie sehr eine komparative Umschau die Qualität der Gesetzgebung anzuheben vermag, belegt nichts eindrücklicher als die evolutorische Vor- und Entwicklungsgeschichte des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs (ADHGB) von 1861. Anhand des Normenmaterials des Preußischen Allgemeinen Landrechts, des österreichischen ABGB, des französischen Code civil und Code de commerce sowie seiner spanischen und holländischen Folgekodifikationen hatte man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für jede einzelne Regelung zahlreiche Gestaltungsalternativen durchgespielt und so in einem iterativen Prozess fast durchgehend überzeugende Lösungen gefunden.⁴² Dass die OHG durch das ADHGB bereits im Großen und Ganzen ihre heutige Gestalt gefunden hatte⁴³ und auch der Mauracher Entwurf keine nennenswerten Änderungen vorschlägt,⁴⁴ ist wesentlich der gründlichen historisch-vergleichenden

 Dazu auch Lepsius, in HKK-BGB, 2013, §§ 705 – 740 Rn. 46 mit Fn. 167: „Ein Gesellschaftsvertrag zu rein idealen Zwecken, wie beispielsweise in einem Lese- oder Musikzirkel, ein gemeinsames Examensrepetitorium, findet sich dagegen nicht in der klassischen römischen und gemeinrechtlichen Lehre.“  Vgl. Glück, Ausführliche Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld, Teil 15, 1. Abt., 1813, § 961, S. 373.  Vgl. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, 1889, S. 105: „Mit dieser Loslösung des Sozietätsbegriffes von jeder vermögensrechtlichen Beziehung verliert das Gesetzbuch allen festen Boden unter den Füßen.“  Beispielhaft (demnächst) Fleischer, WM 2020 für das Wettbewerbsverbot; ders., BB 2020, 2114 für den Aufwendungs- und Verlustersatzanspruch.  Dazu Wieland, Handelsrecht, Bd. I, 1921, S. 524.  Vgl. Bachmann, NZG 2020, 612, 617: „Das OHG-Recht bleibt praktisch unverändert.“

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Vorbereitung dieser Kodifikation zu verdanken. Treffend hat man das ADHGB daher als „entente cordiale“⁴⁵ zwischen französischem und deutschem Recht bezeichnet, weil es romanisches und germanisches Rechtsdenken zu einer fruchtbaren Verbindung verschmolzen hat.⁴⁶ Auch für die nun anstehende Reform bleibt die Rechtsvergleichung ein unverzichtbarer Ratgeber.⁴⁷ Zwar fehlt im Personengesellschaftsrecht aus unterschiedlichen Gründen der unionsrechtlich induzierte Anpassungsdruck, wie ihn das Centros-Urteil des EuGH⁴⁸ für die nationalen GmbH-Rechte ausgelöst hat.⁴⁹ Gleichwohl haben es in jüngerer Zeit zahlreiche Gesetzgeber unternommen, den überkommenen Regelbestand zu modernisieren.⁵⁰ Konzeptionell verdient neben dem österreichischen GesbR-Reformgesetz von 2015 vor allem die schon länger zurückliegende Reform in Frankreich Beachtung.⁵¹ Dort hatte das grundstürzende⁵² Gesetz vom 4. Januar 1978⁵³ die Vorschriften zur société civile modernisiert und sie in vielerlei Hinsicht dem Recht der société en nom collectif angenähert⁵⁴ – wie dies nun auch der Mauracher Entwurf unternimmt. Durch konstitutive Eintragung in das Handels- und Gesellschaftsregister wird die société civile sogar als juristische Person anerkannt.⁵⁵ Mit ihrer zunehmenden Verselbstständigung und Formalisierung wächst freilich das Bedürfnis nach einer nichtrechtsfähigen Organisationsform für passagere oder formlose Zusammenschlüsse von der Arbeitsund Projektgemeinschaft im Baubereich bis hin zur Lottospielgemeinschaft. Diese Rolle hat das Reformgesetz von 1978 der novellierten société en participation zugewiesen, die unmittelbar im Anschluss an das ausführliche Regime zur société civile (Artt. 1845 – 1870-1 Code civil) in drei knappen Vorschriften geregelt wird  Munzinger, Zur Frage eines schweizerischen Handelsgesetzes, 1862, S. 44.  So Raisch, Die Abgrenzung des Handelsrechts vom Bürgerlichen Recht als Kodifikationsproblem des 19. Jahrhunderts, 1962, S. 116.  Dezidiert in diesem Sinne bereits Fleischer/Cools, ZGR 2019, 463, 505: „Comparare necesse est – diese Einsicht gilt auch und gerade für Personengesellschaften.“  EuGH, Slg. 1999, I-1459.  Näher zum dortigen Wettbewerb der Rechtsordnungen MüKoGmbHG/Fleischer, 3. Aufl. 2018, Einl. Rn. 217 ff. m.w.N.  Umfassende Aufarbeitung bei Fleischer/Cools, ZGR 2019, 463, 481 ff.  Näher Chatard/Trinks, in Fleischer (Fn. 17), § 4 Rn. 8 und passim.  Vgl. Merle/Fauchon, Sociétés commerciales, 22. Aufl. 2018, Rn. 25: „Une place particulière doit être réservée à la loi n° 78 – 9 du 4 janvier 1978 qui a complètement bouleversé le titre IX du livre III du Code civil consacré aux sociétés.“  Loi n° 78 – 9 du 4 janvier 1978.  Vgl. Merle/Fauchon (Fn. 52), Rn. 17: „La nouvelle société civile est désormais très proche de la société commerciale en nom collectif.“  Art. 1842 Code civil: „Les sociétés autres que les sociétés en participation visées au chapitre III jouissent de la personnalité morale à compter de leur immatriculation.“

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(Artt. 1871– 1873 Code civil). Sie kommt formlos zustande und räumt den Gesellschaftern im Einzelnen große Gestaltungsfreiheit ein. So sollte verhindert werden, dass nichteingetragene Gesellschaften in einem „néant juridique“⁵⁶ existieren.

IV. Der Mauracher Entwurf und seine gesetzgeberischen Grundentscheidungen 1. Ordnungsaufgabe Die rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Streiflichter haben bereits angedeutet, worin die Ordnungsaufgabe für den Reformgesetzgeber besteht: Er muss die Vielfalt der Erscheinungsformen im BGB-Gesellschaftsrecht bändigen, ohne sie auf ein Prokrustesbett zu zwängen. Im konkreten Zugriff kann er nicht für sämtliche Fallgruppen eigenständige Vorschriften bereitstellen, sondern muss sich aus Gründen der Regelungsökonomie auf die systembildenden Kategorien konzentrieren. Der österreichische Reformgesetzgeber hat die zentrale Trennlinie in § 1176 Abs. 1 Satz 1 ABGB zwischen Außen- und Innengesellschaft gezogen. Ebenso hält es der Mauracher Entwurf, und hierin ist ihm vollauf zuzustimmen.⁵⁷ Die Unterteilung in Außen- und Innengesellschaft fand schon früh nach Erlass des BGB prominente Fürsprecher in den Lehrwerken von Dernburg/Raape ⁵⁸ und Cosack/Mitteis ⁵⁹. Als summa divisio hat sie nach der Grundlagenentscheidung des BGH in Sachen ARGE Weißes Ross auch in der jüngeren Reformdiskussion Anklang gefunden.⁶⁰

 Foyer, Rev. soc. 1978, 1, 17.  Dies empfehlend bereits Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001, 1007.  Dernburg/Raape, Die Schuldverhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reichs und Preußens, 4. Aufl., Bd. II, 1915, § 356 I 3, S. 653: „Vornehmlich sind Außengesellschaften und Innengesellschaften zu unterscheiden.“  Cosack/Mitteis, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 7./8. Aufl. 1924, § 3 III 1, S. 5: „Man kann die Gesellschaft alsdann Innengesellschaft und im Gegensatz zu ihr jede andere Gesellschaft, die eine solche Abrede nicht getroffen hat, Außengesellschaft nennen.“  Wie hier Schäfer, Gutachten E zum 71. Deutschen Juristentag 2016, E 17, E 27 ff.; K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 720 f.

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2. Systematische Stoffanordnung Hinsichtlich der Anordnung des Rechtsstoffes werden zwei Grundmodelle diskutiert. Denkbar ist einmal eine optionale Öffnung des Handelsgesellschaftsrechts für alle rechtsfähigen BGB-Gesellschaften.⁶¹ Dann könnte es im Rahmen der §§ 705 ff. BGB bei dem bisherigen Leitbild der Gelegenheitsgesellschaft bleiben. Ein historisches Vorbild für dieses Optionsmodell bietet die sog. Erwerbsgesellschaft, die der Erste und Zweite BGB-Entwurf im Anschluss an die Collectivgesellschaft des Dresdner Entwurfs von 1866 einführen wollten.⁶² Konkret eröffnete § 659 E I Erwerbsgesellschaften, die nach den Bestimmungen des HGB keine Handelsgesellschaften sind, die Möglichkeit, durch eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung gleichwohl als OHG zu gelten und nach den für diese anwendbaren Vorschriften behandelt zu werden.⁶³ Die Zweite Kommission weitete dieses Wahlrecht sogar noch aus: Nach § 675 E II konnte auch vereinbart werden, dass die Erwerbsgesellschaft den für die KG geltenden Vorschriften unterliegen soll.⁶⁴ Anders als nach dem Ersten Entwurf sollte die Erwerbsgesellschaft allerdings erst mit Eintragung in das Handelsregister zur Entstehung gelangen, um Dritten erkennbar zu machen, dass die Gesellschafter ihrem Gesellschaftsverhältnis die Gestalt der Handelsgesellschaft gegeben haben.⁶⁵ Systematisch begriff die Zweite Kommission die Erwerbsgesellschaft damit nicht als Sonderform der BGB-Gesellschaft, sondern als Erweiterung des Einzugsbereichs der Personenhandelsgesellschaften.⁶⁶ Auf Initiative Preußens ist die Vorschrift über die Eintragungsfähigkeit von Erwerbsgesellschaften im Bundesrat gestrichen worden. Zur Begründung hieß es, dass durch die geplante Ausweitung des Kaufmanns-

 So etwa K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 720 ff., 728 f.; s. auch Habersack, ZGR 2020, 539, 552: „Wer auf eine fakultative Eintragung setzt, sollte nicht am BGB, sondern am HGB ansetzen und dieses in Fortentwicklung der §§ 2, 105 Abs. 2 HGB nicht nur für kleingewerbliche sowie vermögensverwaltende Tätigkeit, sondern ganz allgemein für nach außen gerichtete Tätigkeit und damit für sämtliche rechtsfähigen Personengesellschaften öffnen.“ Für eine zwangsweise Unterstellung aller Mitunternehmer-GbRs unter das OHG- und KG-Recht noch K. Schmidt, in BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III, 1983, S. 413, 496 ff.; kritisch dazu Hüffer, AcP 184 (1984), 584, 588 ff.; Ulmer, ZGR 1984, 313, 321 ff.  Näher Fleischer, in ders. (Fn. 17), § 1 Rn. 88 ff. m.w.N.  So ausdrücklich Motive (Fn. 29), S. 353.  Vgl. Protokolle (Fn. 32), S. 1002 f. unter Hinweis darauf, dass dies für Bau- und Plantagengeschäfte, aber auch für die Errichtung eines Gasthofs zweckmäßig sein könne.  Vgl. Protokolle (Fn. 32), S. 1003.  Dazu auch Wächter (Fn. 28), S. 255.

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begriffs im Rahmen der HGB-Reform kein praktisches Bedürfnis mehr für eine kollektive Erwerbsgesellschaft bestehe.⁶⁷ Die zweite Möglichkeit besteht darin, den §§ 705 ff. BGB im Lichte der neueren BGH-Judikatur das gewandelte Leitbild einer auf gewisse Dauer angelegten, rechtsfähigen Außengesellschaft einzupflanzen, wie dies der Mauracher Entwurf nun vorschlägt.⁶⁸ Dann bedarf es notwendig ergänzender Vorschriften für die nicht rechtsfähige Innengesellschaft. Für eine solche zweigeteilte Regelungsarchitektur hatte sich, wie erläutert, der französische Reformgesetzgeber von 1978 mit seiner Bifurkation in société civile und société en participation entschieden. Beide Grundmodelle – das HGB-Optionsmodell nach Art der historischen Erwerbsgesellschaft und die bürgerlich-rechtliche Stoffanordnung à la française – kämpfen jeweils mit charakteristischen Schwächen: Das erste neigt zu überschießenden Lösungen für kleinere Gesellschaften⁶⁹ und kommt nicht ohne privilegierende Vorschriften etwa hinsichtlich der Rechnungslegungspflichten aus⁷⁰; außerdem entstünden switching costs ⁷¹ durch den Systemwechsel vom Kaufmanns- zum Unternehmerbegriff;⁷² das zweite verursacht in seiner Umsetzung durch den Mauracher Entwurf zusätzlichen Regelungsaufwand durch ein eigenes Gesellschaftsregister und die Figur des Statuswechsels;⁷³ überdies droht es mit dem Leitbild der stabilen Außengesellschaft professionellen Zuschnitts die Belange passagerer oder weniger professioneller Personenzusammenschlüsse zu vernachlässigen. Unter dem Strich ist keines der beiden Grundmodelle dem anderen eindeutig überlegen; ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind vielmehr von der Art, dass eine verständige Auswahl des Reformgesetzgebers schwanken darf.

 Näher Limbach (Fn. 28), Rn. 456; Wächter (Fn. 28), S. 256 f.; beide m.w.N.  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 70.  Vgl. Bachmann, NZG 2020, 614 f.: „Auch in der Sache mag es sinnvoll sein, die das ‚große Rad‘ drehenden Marktteilnehmer strenger zu behandeln als Klein- oder Gelegenheitshändler oder überhaupt nicht gewerblich Tätige.“  Dies zugestehend K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 729: „Unpassende Rechnungslegungspflichten für nicht-kaufmännische Gesellschaften werden durch Ausdehnung der §§ 241a, 242 Abs. 4 HGB auf Personengesellschaften vermieden.“  Allgemein dazu Vermeulen, The Evolution of Legal Business Forms in Europe and the United States, 2003, S. 60 unter Hinweis auf die Spezialliteratur zu Netzwerkexternalitäten.  Vgl. M. Noack, NZG 2020, 581: „gravierende Umwälzungen“.  Dazu Bachmann, NZG 2020, 612, 615; Habersack, ZGR 2020, 539, 552.

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3. Ausgestaltung der Auffangregelung Folgt man dem Regelungspfad des Mauracher Entwurfs, so stellt sich die Anschlussfrage nach der Ausgestaltung des gesetzlichen Normalstatuts für Außenund Innengesellschaften. Auch wenn im Binnenverhältnis zwischen den Gesellschaftern weithin Vertragsfreiheit herrscht, entbindet dies den Gesetzgeber nicht von seiner Regelungsverantwortung. Dies hatte schon der Ausschuss für das Recht der Personalgesellschaften der Akademie für Deutsches Recht in seinem Arbeitsbericht von 1939 hervorgehoben⁷⁴ und zugleich den Richtpunkt für eine sachgerechte Dispositivordnung benannt: „Von ihr werden vor allem die kleineren Gesellschaften beherrscht, deren Beteiligte einen besonderen Gesellschaftsvertrag nicht schließen und denen nicht selten die dazu erforderliche Erfahrung fehlt.“⁷⁵ Von ähnlichen Erwägungen ließen sich der US-amerikanische Modellgesetzgeber sowie die englische und schottische Law Commission leiten, indem sie ihren jeweiligen default code im Sinne eines „think small first“⁷⁶-Ansatzes auf kleine, informelle partnerships zugeschnitten haben.⁷⁷ Gemessen an dieser Leitlinie vermögen die Regelungsvorschläge des Mauracher Entwurfs nicht vollständig zu überzeugen. Im Ausgangspunkt zutreffend angelegt sind allerdings die Vorschriften zur Innengesellschaft, die am Leitbild der „Gelegenheitsgesellschaft ohne besondere vertragliche Vorsorge“⁷⁸ Maß nehmen. Angesprochen sind damit vor allem Gelegenheitsgesellschaften des täglichen Lebens wie Fahr- und Tippgemeinschaften,⁷⁹ die in den angelsächsischen Systemen dem allgemeinen Vertragsrecht überantwortet⁸⁰ und in Frankreich von der société en participation erfasst⁸¹ werden. Für sie ist eine passende  Vgl. Würdinger, Das Recht der Personalgesellschaften, 1. Teil: Die Kommanditgesellschaft, 1. Arbeitsbericht des Ausschusses für das Recht der Personalgesellschaften der Akademie für Deutsches Recht, 1939, S. 17: „Indes enthebt die Vertragsfreiheit den Gesetzgeber nicht der Aufgabe, die als gesetzliches Normalstatut aufgestellte Regelung so zu treffen, daß sie die bestmögliche Grundlage für eine förderliche Zusammenarbeit der Gesellschafter bietet.“  Würdinger (Fn. 74), S. 17.  The Law Commission and the Scottish Law Commission, Partnership Law, Final Report, Cm 6015, 2013, Rn. 3.6: „In drafting a default code we have followed a policy of ‘think small first’.“  Vgl. Prefatory Note to Uniform Partnership Act 1997, S. 2: „The primary focus of RUPA is the small, often informal partnership. Larger partnerships are likely to have a partnership agreement addressing, and often modifying, many of the provisions of the partnership act.“  BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 139.  Speziell zu den Tippgemeinschaften als „Lehrstück zur Innengesellschaft bürgerlichen Rechts“ Fleischer/Hahn, NZG 2017, 1 ff.  Vgl. zur Reisegemeinschaft Whittington v. Sowela Tech Inst., 438 So. 2d 236, 246 (La. Ct. App. 2008); zur Lottospielgemeinschaft Domingo v. Mitchell, 257 S.W.3d 34 (Tex. App. 2008).  Vgl. zur Tippgemeinschaft Cass. 1ère, 14.1. 2003, JCP E 2003, 763 mit Anm. Lucas.

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Auffangregelung in der Tat unverzichtbar. Demgegenüber kann man etwa von den Gelegenheitsgesellschaften des Handelsrechts, die früher unter der Bezeichnung „Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung“ in den Artt. 266 – 270 ADHGB kodifiziert waren,⁸² größere kautelarjuristische Eigenvorsorge erwarten. Ein prominentes Beispiel bildet das Emissionskonsortium, eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts⁸³, auf die nach dem Bonmot des Commerzbank-Direktors Gerhardt von 1937 sämtliche Bestimmungen des bürgerlichen Rechts nicht zur Anwendung gelangen sollen.⁸⁴ Insgesamt wirken die §§ 740 ff. BGB-E zur Gelegenheitsgesellschaft in ihrer gegenwärtigen Fassung aber noch allzu fragmentarisch, um nicht zu sagen: unterkomplex. Hier sollte der Reformgesetzgeber weitere Hilfestellung leisten und die Aufgabe der Normkonkretisierung nicht leichterhand auf den Rechtsanwender abwälzen. Was die Auffangregelung für rechtsfähige Außengesellschaften anbelangt, bietet sich ein gemischtes Bild. Zustimmung verdient die prinzipielle Entscheidung für eine Gesamt- und gegen eine Einzelgeschäftsführung in § 715 Abs. 2 BGBE.⁸⁵ Nicht zu überzeugen vermag dagegen die undifferenzierte Übertragung der unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht auf alle Außengesellschaften gemäß § 720 Abs. 4 BGB-E.⁸⁶ Bedenkenswert erscheinen Einzelgeschäftsführung und unbeschränkte Vertretungsmacht als default rule nur für unternehmenstragende Gesellschaften,⁸⁷ sofern man im Rahmen der §§ 705 ff. BGB eine weitere Binnendifferenzierung für vertretbar hält. Widerspruch fordert außerdem die Erstreckung des aktienrechtlichen Anfechtungsmodells auf sämtliche Außengesellschaften heraus.⁸⁸ Die Entwurfsbegründung beruhigt sich insoweit mit der Bemerkung, dass es Gesellschaftern im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit unbenommen bleibe, für das Feststellungsmodell zu optieren, „was insbesondere bei einer zweigliedrigen Gesellschaft unter Umständen auch still-

 Dazu etwa Thöl, Das Handelsrecht, 6. Aufl. 1879, S. 589 f., wonach es sich um eine reine Innengesellschaft handelte, die auch Nichtkaufleuten offenstand, aber Handelsgeschäft war. Zu ihrer Abschaffung als eigenem Gesellschaftstyp und ihrer Überführung in das BGB-Gesellschaftsrecht im Rahmen der HGB-Reform von 1897 Eichinger, Die Gelegenheitsgesellschaft nach altem und neuem Recht, 1908.  So die heute h.M.; vgl. MüKoBGB/Schäfer, 7. Aufl. 2017, vor § 705 Rn. 54 m.w.N. auch zur Gegenmeinung.  Zitiert nach Singhof, Die Außenhaftung von Emissionskonsorten für Aktieneinlagen, 1997, S. 72 mit Fn. 19, der selbst resümiert, dass das Emissionskonsortium eine Erscheinungsform der GbR darstellt, bei der nahezu alle gesetzlichen Vorgaben abbedungen werden.  Dazu und zu den Gründen bereits Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001, 1008.  Auch dazu Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001, 1008.  Vgl. Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001, 1008.  Kritisch auch Habersack, ZGR 2020, 539, 560 f.

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schweigend in Betracht kommt“⁸⁹. Bei Lichte besehen drängt sich freilich die entgegengesetzte Empfehlung auf: Größeren und rechtlich besser beratenen Erwerbsgesellschaften ist es viel eher zuzumuten, ihrerseits für das Anfechtungsmodell zu optieren: „Think small first!“ Die §§ 714– 714e BGB-E sind daher als dispositives Normangebot im OHG-Recht besser aufgehoben und dort in der Tat auch zu empfehlen.⁹⁰

4. Regelungs- und Verweisungstechnik In redaktioneller Hinsicht hat sich der Mauracher Entwurf ein Beispiel am OHGRecht genommen, das seit jeher durch seine klare Gliederung und kluge Zwischenüberschriften besticht. Gleiches ist man international von der société civile im französischen Code civil, der società semplice im italienischen Codice civile und jüngst auch von der GesbR im österreichischen ABGB gewohnt.⁹¹ Hinsichtlich der Verzahnung von GbR- und OHG-Recht setzt der Mauracher Entwurf auf ein Pyramiden- oder Stufenmodell. Als Archetyp aller Personengesellschaften soll die GbR möglichst vollständig durchnormiert werden. Zu diesem Zweck sollen allgemeine Regeln, die bisher im Handelsgesellschaftsrecht geregelt sind (§§ 109, 110, 118, 119, 128 – 130a HGB), in den §§ 705 ff. BGB eine neue Heimstatt finden und dafür im OHG-Recht gestrichen werden. Dort gelangen sie dann über die Generalverweisung in § 105 Abs. 3 HGB zur Anwendung. Demgegenüber hat der österreichische GesbR-Reformgesetzgeber in größerem Umfang Normdoppelungen bei GesbR und OG in Kauf genommen. Die Vor- und Nachteile der Verweisungstechnik sind in der Literatur eingehend aufbereitet⁹² und im Handbuch der Rechtsförmlichkeit des BMJV prägnant zusammengefasst⁹³: Verweisungen können Texte kurz und einfach halten und sicherstellen, dass für vergleichbare Sachverhalte dieselben Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen gelten. Zugleich leisten sie einen Beitrag zur Systembildung und Rechtsvereinheitlichung, indem sie das Ineinandergreifen der Vorschriften der Gesamtrechtsordnung sichtbar machen. Andererseits erschweren sie den Lesefluss, vor allem dann, wenn es nicht um eine Binnen-, sondern um eine Außenverweisung geht, die auf Vorschriften eines anderen Gesetzes verweist. Im Widerstreit dieser

 So BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 91.  Eingehend dazu, wenn auch (zu) undifferenziert für alle Personengesellschaften Reichert, FS Seibert, 2019, S. 701 ff.  Zu diesen „Blaupausen“ Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001, 1005.  Grundlegend Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S. 11 ff., 222 f.  Vgl. BMJ, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3. Aufl. 2008, Rn. 225 ff.

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Argumente erscheint mir der Regelungsansatz des Mauracher Entwurfs im Prinzip richtig und nur vereinzelt allzu reduktionistisch. Dass man etwa die zentrale Vorschrift des § 124 HGB einsparen möchte, sollte aus Gründen der Anschaulichkeit und Verständlichkeit noch einmal überdacht werden, weil sie gleichsam die gesetzgeberische „Visitenkarte“ der OHG bildet.⁹⁴ Nur am Rande vermerkt sei, dass die anvisierte Verlagerung von Vorschriften in das BGB-Gesellschaftsrecht zu Kollateralschäden bei jenen Kollegen führen wird, welche die betreffenden Vorschriften bisher im OHG-Recht kommentieren: Ihnen wird schlicht die gesetzliche Grundlage für ihre Kommentierung entzogen: „Force Majeure in Legal Scholarship“⁹⁵. Wer sich dagegen wappnen will, muss zur vertikalen Integration greifen und GbR- wie OHG-Recht künftig aus einer Hand kommentieren.

5. Rollenverteilung zwischen Reformgesetzgeber und Gerichten Eine weitere Herausforderung bei jeder größeren Reform bildet die sachgerechte Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgeber und Gerichten. Nicht alles, was klärungsbedürftig erscheint, ist im Gesetzestext am besten aufgehoben.⁹⁶ In diesem Sinne verzichtet der Mauracher Entwurf etwa bei der Abgrenzung von Außen- und Innengesellschaft auf eine gesetzliche Vermutungsregel und setzt auf gerichtliche Konkretisierungsleistungen.⁹⁷ Ebenso überlässt er die Feinsteuerung bei gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln auch weiterhin der Rechtsprechung.⁹⁸ Ähnliches gilt für Fragen der Anteils- und Unternehmensbewertung, freilich mit der ergänzenden Segelanweisung in der Entwurfsbegründung, dass angesichts der spezifischen Schätzunsicherheit eine „gewisse Reduzierung der Kontrolldichte bei der Angemessenheitsprüfung“⁹⁹ Platz greifen solle.

 Wie hier Bachmann, NZG 2020, 612, 613; für „gewisse Normredundanzen“ aus Gründen der Verständlichkeit und Anschaulichkeit bereits Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001, 1105 f.  So – in ganz anderem Zusammenhang – der Aufsatztitel von Chen/Schultz, 14 Const. Comment 427 (1997).  Dies hervorhebend auch M. Noack, NZG 2020, 581, 583.  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 70.  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 124 f.  BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 125.

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Ungeachtet der „hohen gesetzgeberischen Kultur“¹⁰⁰ im Personengesellschaftsrechts bestehen bis heute manche Regelungslücken, zu deren Schließung Rechtsprechung und Rechtslehre auf Vorschriften aus dem Vereins-, GmbH- und Aktienrecht zurückgreifen.¹⁰¹ Dies gilt etwa für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der geschäftsführenden Gesellschafter. Im geltenden Recht behilft man sich bezüglich des Sorgfaltsmaßstabes, des Geschäftsleiterermessens, der Verschwiegenheitspflicht und der Beweislastverteilung mit Anleihen bei § 93 Abs. 1 und 2 AktG.¹⁰² Ein geeigneter Textbaustein für eine gesetzliche Festschreibung findet sich an etwas versteckter Stelle: in § 5 EWIV-Ausführungsgesetz. Nur rudimentär geregelt sind im Personengesellschaftsrecht ferner Fragen der Beschlussvorbereitung und des Beschlussverfahrens.¹⁰³ Hier herrscht de lege lata wenig Klarheit, welche Einzelanforderungen aus dem Vorschriftenbündel der §§ 47– 51 GmbHG entsprechend herangezogen werden können und welche nicht.¹⁰⁴ Gleichwohl sieht der Mauracher Entwurf insoweit von konkreten Reformvorschlägen ab, weil sich die Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen in einer abstrakt-generellen Regelung nicht angemessen abbilden lasse.¹⁰⁵ Das mag für die Außen-GbR zutreffen. Für die OHG sollte der Reformgesetzgeber dagegen unbedingt die Gelegenheit ergreifen, die geschilderten Unsicherheiten durch ein Mindestmaß an dispositiven Regelungen zu beseitigen. Ein Bedürfnis hierfür hat gerade die Rechtspraxis zuletzt immer wieder hervorgehoben.¹⁰⁶ Vordringlich erscheint zum einen eine Regelung des Stimmverbots nach dem Vorbild des § 47 Abs. 4 GmbHG;¹⁰⁷ zum anderen empfiehlt sich zumindest eine Ba-

 Würdinger, AcP 144 (1938), 129; gleichsinnig R. Fischer, in Großkomm. HGB, 3. Aufl. 1973, § 105 Rn 2: „Güte der gesetzgeberischen Arbeit“.  Näher (demnächst) MüKoHGB/Fleischer, 4. Aufl. 2021, vor § 105 Rn. 258 ff.; Fleischer, DStR 2020, im Druck.  Näher MüKoHGB/Rawert, 3. Aufl. 2016, § 114 Rn. 60 und 69; Schäfer, in Habersack/Schäfer, Recht der OHG, 2. Aufl. 2018, § 114 Rn. 63 ff.  Vgl. BGH NJW 1995, 1353, 1356: „Im Personengesellschaftsrecht gibt es keine Regeln für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung.“  Näher Schäfer (Fn. 102), § 119 HGB Rn. 18 f.; Wiedemann, ZGR 1996, 286, 294 f.  So BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 89.  Vgl. etwa Roßkopf, in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages 2016, Bd. II/1, 2017, O 11, O 12: „Dem ‚Normenmangel‘ sollte zusätzlich dadurch abgeholfen werden, dass die bis jetzt häufig analog angewendeten Vorschriften zu Beschlussfassungen, Ankündigungsformalitäten, Stimmverboten usw. in das Recht der Personengesellschaften übernommen werden.“; ferner Herchen, in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2016, 2017, S. 83, 119: „Dem ist aus Sicht der Praxis unbedingt zuzustimmen.“  Dies ablehnend aber BMJ, Mauracher Entwurf (Fn. 1), S. 89 unter Hinweis auf die verschiedenen gesetzlichen Stimmrechtstatbestände (§ 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbHG, § 136 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 6 GenG).

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sisvorschrift hinsichtlich der Ankündigungsformalitäten für eine Gesellschafterversammlung. Wo es um die Kodifikation von Richterrecht geht, ist dem Reformgesetzgeber dringend anzuraten, Klarheit über die genaue Reichweite einer Kodifizierung zu schaffen.¹⁰⁸ Dies hat der Mauracher Entwurf weitgehend beherzigt.¹⁰⁹ Unschärfen zeigen sich jedoch bei der praktisch bedeutsamen Frage der Gesellschafterhaftung. Hierzu heißt es in der Entwurfsbegründung, dass der Normenkomplex der §§ 721, 721a, 721b BGB-E die neuere Rechtsprechung zur Gesellschafterhaftung analog §§ 128 bis 130 HGB aufgreife.¹¹⁰ Ergänzend liest man, falls diese Risikoverteilung im Einzelfall weniger plausibel erscheine, komme im Wege stillschweigender Vereinbarung oder ergänzender Vertragsauslegung auch eine teilschuldnerische Haftung nach Kopfteilen oder Beteiligungsquoten in Betracht, soweit diese der beiderseitigen Interessenlage entspreche.¹¹¹ Offen bleibt, ob damit auch die anerkannten Haftungsbeschränkungen für ideelle GbRs¹¹² und Bauherrengemeinschaften¹¹³ fortgelten. Insoweit sollte der Reformgesetzgeber klarstellen, dass es sich um eine Novellierung „à droit constant“¹¹⁴ handelt, welche die genannten institutionellen Haftungsbeschränkungen in sich aufnimmt.

6. Institutionenbildung Schließlich lohnt sich ein kurzer Blick auf den Beitrag des Mauracher Entwurfs zur gesellschaftsrechtlichen Institutionenbildung. Ein offenkundiger Kandidat ist das Beschlussmängelrecht,¹¹⁵ das in den §§ 714a–714e BGB-E nach aktienrechtlichem Vorbild geregelt werden soll. Im Sinne einer richtig verstandenen Institu-

 Eingehend Fleischer/Wedemann, AcP 209 (2009), 597, 613 f.  Vgl. etwa BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 161: „Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des Wettbewerbsverbots aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht werden davon nicht berührt.“  So BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 115.  BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 116.  Vgl. OLG Breslau OLGE 32, 362, 363; Schäfer (Fn. 83), § 714 BGB Rn. 61.  Vgl. BGHZ 150, 1 Leitsatz 3.  Allgemein dazu Fleischer, DB 2004, 2031, 2033; Möllers, Juristische Methodenlehre, 2017, § 4 Rn. 152.  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 91: „Der Normenkomplex der §§ 714a, 714b, 714c, 714d und 714e BGB-E trägt damit einerseits zu einer allgemeinen Institutionenbildung bei […].“; grundlegend K. Schmidt, FS Stimpel, 1985, S. 217.

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tionenbildung¹¹⁶ kann es dabei freilich nicht um eine schematische Übertragung sämtlicher Vorschriften gehen, sondern um deren sachgerechte Anpassung an die Besonderheiten der Personengesellschaften. Eine solche Adaption zeigt sich etwa in der verlängerten Klagefrist von drei Monaten (§ 714c Abs. 1 Satz 1 BGB-E), die eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses durch einen Zwang zu vorzeitiger Klageerhebung verhindern soll.¹¹⁷ Sollte diese Regelung Gesetz werden, wird sich unweigerlich die Frage nach ihrer Ausstrahlungswirkung auf das Beschlussmängelrecht in der GmbH stellen. Dort greift man bisher regelmäßig auf die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG zurück,¹¹⁸ was de lege lata hinzunehmen ist, de lege ferenda aber nicht überzeugt.¹¹⁹ Zur Institutionenbildung lädt außerdem die Gesellschafterklage ein,¹²⁰ die in § 715b BGB-E kodifiziert werden soll. Hier sind ebenfalls mögliche Fernwirkungen der neuen Vorschrift für das GmbH-Recht zu bedenken, das bisher keine kodifizierte Gesellschafterklage kennt. Umgekehrt verspricht ein wertender Abgleich der personengesellschaftsrechtlichen actio pro socio mit der Aktionärsklage in § 148 AktG¹²¹ manche Anregung für die Auslegung des § 715b Abs. 1 Satz 1 BGB-E, etwa hinsichtlich des Subsidiaritätserfordernisses. Rechtsformübergreifende Bedeutung könnte ferner die vorgeschlagene Neuregelung zum Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters in § 728 BGB-E erlangen. Dass der heutige § 738 BGB als „bewertungsrechtliche Basisnorm“¹²² einen allgemeinen Rechtsgedanken enthält, der nicht nur beim Ausscheiden aus der Personengesellschaft gilt, sondern wegen der Gleichheit der Interessenlage ebenso angewendet werden muss, wenn Minderheitsaktionäre aus der AG ausscheiden, hatte Bruno Kropff schon im Zuge der Aktienrechtsreform von 1965 hervorgehoben.¹²³ Nach dieser Lesart sind § 738 BGB und § 305 AktG Holz vom

 Allgemein dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 3 III 2, S. 53: „Es kann dabei nicht darum gehen, das Rechtsformdenken einfach durch Einebnung aller Unterschiede zu überwinden, sondern es geht um allgemeine Lehren, die eine differenzierte, aber doch stimmige Handhabung der Einzelrechtsformen tragen.“  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), S. 93 f.; eingehend zu demselben Gedanken in der GmbH und der Notwendigkeit, ein „crowding out“ von Vertrauen zu vermeiden, Fleischer, GmbHR 2013, 1290, 1291 f.  Vgl. BGHZ 137, 378, 386; BGH NZG 2009, 1110.  Näher dazu Fleischer, GmbHR 2013, 1289, 1300.  Eingehend zuletzt Fleischer/Harzmeier, ZGR 2017, 239.  Zu Ausstrahlungswirkungen des § 148 AktG auf das Personengesellschafts- und GmbH-Recht bereits Verse, FS U.H. Schneider, 2011, S. 1325.  Fleischer, in Fleischer/Hüttemann (Hrsg.), Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2019, § 24 Rn. 9.  Vgl. Kropff, DB 1962, 155, 156.

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selben Stamme.¹²⁴ Angesichts dessen sollte auch im Aktienrecht Aufmerksamkeit finden, dass die Begründung des Mauracher Entwurfs in Bewertungsfragen das „Prinzip der Methodenoffenheit“ hochhält.¹²⁵ Hervorhebenswert ist weiterhin der Schwenk in der Formulierung, dass der „Wert des Gesellschaftsanteils“ (§ 728 Abs. 2 BGB-E) und nicht mehr der „Wert des Gesellschaftsvermögens“ (§ 738 Abs. 2 BGB) im Wege der Schätzung zu ermitteln ist. Die Entwurfsbegründung beschwichtigt, dass damit keine Abkehr vom hergebrachten Grundsatz der indirekten Anteilsbewertung verbunden ist.¹²⁶ Eine Akzentverschiebung bleibt es dennoch, die wohl von dem Nestlé-Beschluss des BGH aus dem Jahre 2016 inspiriert ist. Dort hatte der II. Zivilsenat ausgesprochen, dass es im Rahmen des § 327b AktG immer um den „wahren“ Wert der Beteiligung der Minderheitsaktionäre gehe, der entweder als quotaler Anteil an dem Wert des Unternehmens (mittelbar) berechnet oder auf andere Weise (unmittelbar), insbesondere unter Rückgriff auf den Börsenwert der Anteile, festgestellt werden könne.¹²⁷

V. Der Mauracher Entwurf im Umgang mit Idiosynkrasien, Anachronismen und Lakunae Mit zunehmendem Alter treten die Eigenheiten, zeitbedingten Defizite und Regelungslücken einer Kodifikation schärfer hervor. Das gilt auch und gerade für die Partien zum BGB-Gesellschaftsrecht. Im Umgang damit zeigt sich der Mauracher Entwurf im Großen und Ganzen erfreulich zupackend und nur vereinzelt allzu zögerlich. Einige ausgewählte Beispiele mögen diese Einschätzung veranschaulichen.

1. Idiosynkrasien Als urtümlich deutsch¹²⁸ ist im Personengesellschaftsrecht zuallererst die Gesamthand zu nennen.¹²⁹ Sie gilt als eine Konstruktionsleistung der Germanisten

 So Fleischer (Fn. 122), § 24 Rn. 11.  BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 125.  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 125.  So BGHZ 208, 265 Rn. 23.  Die Gegenüberstellung deutsch/germanisch versus römisch bezieht sich allein auf den dogmengeschichtlichen Ursprung der betreffenden Rechtsfiguren; dazu und zur Abgrenzung gegenüber weitergehenden Vereinnahmungen Dieckmann, Gesamthand und juristische Person, 2019, S. 33 m.w.N.; für eine zeitbedingte ideologische Verbrämung aber Würdinger (Fn. 74), S. 12: „Das Recht der Personalgesellschaften ist deutsch. Es gehört zu jenen Einrichtungen, in denen

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des 19. Jahrhunderts¹³⁰ und hat namentlich durch Georg Beseler und Otto Gierke ihre moderne Gestalt erhalten¹³¹. Für viele ausländische Beobachter (und beileibe nicht nur für sie) blieb die Gesamthand indes ähnlich rätselhaft und geheimnisumwoben wie bei uns der Trust angelsächsischer Provenienz. Es nimmt daher nicht wunder, dass sie in unseren Nachbarrechtsordnungen nur vereinzelt Fuß gefasst hat.¹³² Der Mauracher Entwurf mustert sie nun als „historisch überholt“ aus.¹³³ Das verdient Zustimmung.¹³⁴ Für die Vermögensorganisation einer rechtsfähigen GbR ist sie schlicht funktionslos: Verfügungen eines Gesellschafters über das Gesellschaftsvermögen oder einzelne dazu gehörende Gegenstände (§ 719 Abs. 1 BGB) gehen von vornherein ins Leere, ebenso mangels Gegenseitigkeit eine Aufrechnung von Privatgläubigern (§ 719 Abs. 2 BGB). Surrogationsvorgänge im Gesellschaftsvermögen (§ 718 Abs. 2 BGB) bedürfen keiner ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung mehr. Alle diese Vorschriften werden im Mauracher Entwurf folgerichtig gestrichen. Gleichwohl sollte man die Gesamthand in der Rückschau nicht als germanistischen Irrweg abstempeln. Vielmehr hat sie ihre zentrale Aufgabe, das Gesellschaftsvermögen dauerhaft für den vereinbarten Gesellschaftszweck zu sichern und gegen den Zugriff von Privatgläubigern abzuschotten, durchaus erfüllt. Seitdem der BGH die Rechtsträgerschaft der GbR anerkannt hat,¹³⁵ ist sie allerdings unter dem Gesichtspunkt der Vermögenstrennung entbehrlich geworden. Manche Literaturstimmen wollen an einem „richtig verstandenen“ Gesamthandsprinzip wegen seiner personalen Komponente festhalten¹³⁶ und betonen, dass es „seit alters ein Strukturprinzip des deutschen Rechts“¹³⁷ sei. Was den rechtshistorischen Stammbaum anbelangt, muss man freilich mit tradierten deutschrechtliches Gedankengut sich ungeschmälert bis in das geltende Recht behauptet hat, indem die Institution der Gesamthand mit den daraus entspringenden Sozialrechten und -pflichten die auf individualrechtlichen Beziehungen aufgebaute römische Sozietas verdrängt hat […].“  Vgl. Lepsius (Fn. 39), §§ 705 – 740 BGB Rn. 22: „Mit der Einführung des Gesamthandsprinzips stach die deutsche Rechtslage zunächst singulär gegenüber den Bestimmungen zur einfachen Gesellschaft in allen anderen europäischen Zivilrechtskodifikationen hervor.“  Vgl. Lepsius (Fn. 39), §§ 705 – 740 BGB Rn. 63.  Vgl. Seif, ZRG GA 118 (2001), 302, 303 ff. (Beseler), 308 ff. (v. Gierke).  Näher dazu Fleischer, NZG 2020, 601, 602 ff.  BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 87.  Vgl. bereits Fleischer, DB 2020, 1107, 1110 f.  Vgl. zuletzt BGH NZG 2016, 1223 Rn. 11: „Nur die GbR ist Rechtsträgerin des Gesellschaftsvermögens. Grundstücke einer GbR stehen in deren Alleineigentum und nicht im gemeinschaftlichen Eigentum ihrer Gesellschafter.“  So etwa Habersack, ZGR 2020, 539, 549.  Schäfer (Fn. 83), vor § 705 BGB Rn. 12.

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Fehlvorstellungen aufräumen: Die angeblich altdeutsche „Gesamthand“ des Gesellschaftsrechts war in Wirklichkeit bloß „historisierende Fassade“¹³⁸. Ideengeschichtlich gingen Verselbstständigungstendenzen im Sozietätsrechts vielmehr auf das mittelalterliche Handelsrecht der italienischen Stadtstaaten zurück.¹³⁹ Diskutabel ist daher allein, Begriff und Konzept der Gesamthand als theoretischen Gegenpol zur juristischen Person oder zur Kapitalgesellschaft¹⁴⁰ beizubehalten, wie dies in Österreich wohl § 105 Satz 1 UGB vorschwebt: „Eine offene Gesellschaft ist eine unter eigener Firma geführte Gesellschaft, bei der die Gesellschafter gesamthandschaftlich verbunden sind und bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist.“¹⁴¹ Hierfür steht indes schon – frei von aller Mystik – der Gegenbegriff der rechtsfähigen Personengesellschaft zur Verfügung. Eine zweite Idiosynkrasie des deutschen Personengesellschaftsrechts bildet der Grundsatz der Selbstorganschaft.¹⁴² Er verbietet es in den Worten des BGH, „sämtliche Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung auszuschließen und diese auf Dritte zu übertragen“¹⁴³ bzw. „die gesellschaftliche Geschäftsführungsbefugnis […] ohne den Gesellschaftsanteil an einen Dritten [zu] übertragen“¹⁴⁴. Der Mauracher Entwurf will an diesem Organmonopol für unbeschränkt haftende Gesellschafter augenscheinlich nicht rütteln,¹⁴⁵ ohne es aber

 So die zusammenfassende Zwischenüberschrift bei Limbach (Fn. 28), Rn. 511.  Näher Mehr, Societas und universitas. Römischrechtliche Institute im Unternehmensgesellschaftsrecht vor 1800, 2008, S. 3, 207 ff., 213; knapper Fleischer, in ders. (Fn. 17), § 1 Rn. 136; beide unter Hinweis auf die Statuten von Genua aus dem Jahre 1588, die es dem Privatgläubiger eines Gesellschafters untersagten, in das Gesellschaftsvermögen zu vollstrecken, solange nicht die Gesellschaftsgläubiger aus diesem befriedigt worden sind.  Vgl. Artmann/Rüffler, Gesellschaftsrecht, 2017, Rn. 186: Die ‚gesamthänderische Verbundenheit‘ beschreibt daher […] nur das personalistische Element der OG und soll sie von den Kapitalgesellschaften abgrenzen. Ein konstitutives Tatbestandselement ist die gesamthänderische Verbundenheit demnach nicht, sondern sie betont nur Charakteristika der gesetzestypischen OG in Abgrenzung zu den Kapitalgesellschaften, wie z. B. Einstimmigkeitsprinzip (§ 119 Abs. 1 UGB), Selbstorganschaft und Abhängigkeit des Bestands der Gesellschaft von den Gesellschaftern […].“  Hervorhebung nur hier; kritisch dazu Artmann/Rüffler (Fn. 140), Rn. 186: „Was mit der ‚gesamthandschaftlichen Verbundenheit‘ gemeint ist, ist sehr im Dunklen wie die Rechtsfigur der Gesamthand insgesamt“.  Näher Fleischer, NZG 2020, 601, 604 ff.  BGH NZG 2016, 1223 Rn. 13.  BGHZ 188, 233 Rn. 21.  Vgl. im Zusammenhang mit § 170 HGB-E BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 183 f. Gegen jedwede Auflockerungen bereits die frühere Akademiekommission in ihrem Arbeitsbericht von 1939, vgl. Würdinger (Fn. 84), S. 49: „Eine solche Auffassung würde nicht nur eine

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gesetzlich festzuschreiben. Im Ausland findet der Gedanke eines zwingenden Zusammenhangs zwischen Gesellschafterstellung und Leitungsbefugnissen dagegen keine durchgängige Zustimmung und wird zudem nur selten in der Figur der Selbstorganschaft konzeptualisiert.¹⁴⁶ Dies nötigt selbstverständlich nicht dazu, sie auch hierzulande abzuschaffen, nährt aber Zweifel an der Festigkeit ihres gedanklichen Fundaments. In diesem Gewissheitsverlust liegt vielleicht die kostbarste Frucht der Komparatistik im Personengesellschaftsrecht: Sie führt uns hier wie anderwärts vor Augen, dass der Bestand an vorgesetzlichen Regeln und Strukturelementen für Personengesellschaften sehr viel schmaler ist als verbreitet angenommen. In der Sache selbst sollte man m. E. das Bekenntnis des Mauracher Entwurfs zur Gestaltungsfreiheit (§ 708 BGB-E) beim Wort nehmen und die Selbstorganschaft von einem zwingenden Organisationsprinzip zur bloßen default rule herabstufen. Ganz in diesem Sinne bestimmt Art. 535 Abs. 1 OR in der Schweiz für die einfache Gesellschaft: „Die Geschäftsführung steht allen Gesellschaftern zu, soweit sie nicht durch Vertrag oder Beschluss einem oder mehreren Gesellschaftern oder Dritten ausschließlich übertragen ist.“¹⁴⁷

2. Anachronismen Aus der Zeit gefallen sind die Vorschriften zu den Auskunfts- und Kontrollrechten der BGB-Gesellschafter (§§ 713, 716 BGB). Sie stammen noch aus einer ganz und gar informationsfeindlichen Epoche.¹⁴⁸ Für ihre dringend notwendige Modernisierung muss man sich auf ihre drei Kernfunktionen besinnen: Sie bilden ein notwendiges Korrelat der unbeschränkten persönlichen Gesellschafterhaftung, dienen der effektiven Überwachung der geschäftsführenden Gesellschafter und sollen jedem Gesellschafter eine sachgemäße Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte ermöglichen.¹⁴⁹ Dem hieraus resultierenden Reformbedarf trägt der Mauracher Entwurf in § 717 BGB-E weitgehend überzeugend Rechnung.¹⁵⁰ Wünschenswert wäre allenfalls noch ein stärkerer Schutz gegen eine Abbedingung des

Abschwächung, sondern die völlige Preisgabe des Personalgesellschaftsprinzips bedeuten; dem die Vorstellung der Organschaft ebenso fremd ist wie die Vorstellung einer von den Gesellschaftern unabhängig bestehenden Rechtsfähigkeit der Organisation selbst.“  Eingehend Fleischer, NZG 2020, 601, 604 ff.; Osterloh-Konrad, ZGR 2019, 271, 282 ff.  Hervorhebung nur hier.  Treffend Wiedemann, FS Meincke, 2015, S. 423, 433.  Vgl. Fleischer/Heinrich, DB 2020, 827, 832 f.  Detailvorschläge bei Fleischer/Heinrich, DB 2020, 827, 833 f.

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Informationsrechts wie in Österreich, der Schweiz und den romanischen Systemen.¹⁵¹ Dass das rudimentäre Kontrollrecht des Kommanditisten aus § 166 HGB nicht mehr zeitgemäß ist, hatte im Jahre 1939 schon der Ausschuss für das Recht der Personalgesellschaften in der Akademie für Deutsches Recht erkannt. Als Abhilfe schlug er damals vor, dass die geschäftsführenden Gesellschafter den Kommanditisten über die Geschäftslage auch während des Jahres im Rahmen von Treu und Glauben Auskunft zu erteilen haben¹⁵²: „Gewiß soll der geschäftsführende Gesellschafter vor allzu häufigen, ihn nur behindernden Anfragen oder Einmischungen der Geldgeber tunlichst verschont bleiben. Das aber rechtfertigt es nicht, den letzteren jede Informationsmöglichkeit in bezug auf den gewöhnlichen Geschäftsgang abzuschneiden.“¹⁵³ Gut achtzig Jahre später schickt sich der Mauracher Entwurf an, eine ähnliche Vorschrift in § 166 Abs. 1 Satz 2 HGB-E endlich ins Gesetz zu hieven. Einen weiteren Anachronismus bildet der Haftungsmaßstab der eigenüblichen Sorgfalt in § 708 BGB, der gleichermaßen für OHG und KG Geltung beansprucht.¹⁵⁴ Er entstammt ursprünglich der Gedankenwelt der altrömischen societas, die regelmäßig zwischen Geschwistern zustande kam¹⁵⁵ und sich dort als familiäre Rücksichtnahme auf persönliche Unzulänglichkeiten durchaus rationalisieren ließ¹⁵⁶: Ein Gesellschafter musste seinen brüderlichen Mitgesellschafter so nehmen, wie er nun einmal war.¹⁵⁷ Mit zunehmender Professionalisierung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit geriet dieses Relikt der societas fratrum freilich unter immer größeren Rechtfertigungsdruck.¹⁵⁸ Der Mauracher Entwurf sorgt hier für einen notwendigen Modernisierungsschub: § 708 BGB soll gestrichen werden,

 Vgl. Fleischer/Heinrich, DB 2020, 827, 834 m.w.N.  So Würdinger (Fn. 74), S. 18.  Würdinger (Fn. 74), S. 18.  Vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 39. Aufl. 2020, § 114 Rn. 15.  Vgl. Fleischer in ders. (Fn. 17), § 1 Rn. 26 m.w.N.  Vgl. Dernburg, Pandekten, Bd. II, 6. Aufl. 1900, § 125, S. 344, wonach sich dieser gemilderte Haftungsmaßstab durch den familienartigen Charakter der alten societas erklärt, aber für merkantile Gesellschaften nicht passt.  So Motive (Fn. 29), S. 340.  Kritisch schon Würdinger (Fn. 74), S. 36 f.: „Diese Vorschrift paßt allerdings nur für jene Fälle, in denen die Beteiligten auf Grund ihrer Zusammenarbeit in enger persönlicher Beziehung zueinander stehen. Sie entbehrt dagegen der inneren Berechtigung, wo es an einer solchen Voraussetzung fehlt. […] De lege ferenda sollte der beschränkte Haftungsmaßstab entfallen.“

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weil der Sorgfaltsmaßstab der diligentia quam in suis die legitime Verhaltenserwartung der Gesellschafter in weiten Teilen nicht mehr angemessen abbildet.¹⁵⁹

3. Lakunae Was schließlich die Regelungslücken im BGB-Gesellschaftsrecht anbelangt, fällt der Blick vor allem auf die Kodifizierung bisher ungeschriebener Rechtsfiguren, über die Karsten Schmidt schon in seinem Reformgutachten von 1983 nachgedacht hat.¹⁶⁰ Mochten damals noch „erhebliche Zweifel“ bestehen, ob die vermeintlich gesicherten Institute bereits „kodifikationsgerecht verfestigt“ sind,¹⁶¹ so fällt der Test der Kodifikationsreife heute günstiger aus.¹⁶² In diesem Sinne schlägt die Expertenkommission in § 715b BGB-E die Festschreibung der Gesellschafterklage vor und versteht sie dogmatisch als einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft.¹⁶³ Das verdient im Grundsatz Unterstützung,¹⁶⁴ liegt in der internationalen Fließrichtung des Personengesellschaftsrechts¹⁶⁵ und harmoniert mit der Verselbständigung der GbR im Mauracher Entwurf: Galt es im römisch-gemeinrechtlichen Sozietätsmodell noch als ausgemacht, dass ein Gesellschafter mit der actio pro socio wie ein Vertragspartner eigene Rechte geltend macht, so klagt er im organisationsrechtlichen Grundmodell des Reformentwurfs Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen ein.¹⁶⁶ Im Einzelnen wirft der Gesetzesvorschlag mit seiner Erstreckung auf Drittansprüche freilich noch manche Fragen auf: Er setzt sich nicht mit den abweichenden Wertungen bei der Geltendmachung von Drittansprüchen im GmbH-Recht auseinander, zeigt sich bei der Abdingbarkeit der Gesellschafterklage allzu generös und verzichtet auf eine gesetzliche Vorstrukturierung des Subsidiaritätserfordernisses. Eine andere Regelungslücke bleibt bedauerlicherweise bestehen, weil sich der Mauracher Entwurf scheut, auch das Wettbewerbsverbot der §§ 112, 113 HGB

 Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 81 im Anschluss an Fleischer/Danninger, NZG 2016, 481, 489 f.  Vgl. K. Schmidt (Fn. 61), S. 414, 429 f.  So K. Schmidt (Fn. 61), S. 413, 430: „erhebliche Zweifel […]. Die Schuldrechtsüberarbeitung sollte sich deshalb die Aufnahme allgemeiner verbandsrechtlicher Lehren nicht zum Ziel machen.“  Allgemein dazu schon Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001, 1006.  Vgl. BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 105.  Für eine Kodifizierung bereits Fleischer/Harzmeier, ZGR 2017, 239, 270 f.  Rechtsvergleichendes Panorama bei Fleischer/Harzmeier, ZGR 2017, 239, 253 ff.  Dazu bereits Fleischer, DB 2020, 1107, 1112.

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zumindest auf unternehmenstragende GbRs zu erstrecken.¹⁶⁷ Die hierfür vorgebrachten Gründe vermögen nicht zu überzeugen. Fehl geht zunächst der Hinweis auf die angeblich erforderliche Abstraktionshöhe der Norm;¹⁶⁸ vielmehr hat das Wettbewerbsverbot im Laufe seiner über zweihundertjährigen Kodifikationsgeschichte vergleichsweise scharfe Konturen gewonnen.¹⁶⁹ Auch erscheint es nicht stimmig, die §§ 705 ff. BGB einerseits auf das Leitbild einer stabilen Außengesellschaft mit professionellem Zuschnitt auszurichten, andererseits aber ausgerechnet jene Basisregel unerwähnt zu lassen, die „für den Bestand und die Einhaltung einer jeden Personenhandelsgesellschaft von entscheidender Bedeutung“¹⁷⁰ ist. Es empfiehlt sich daher, das Wettbewerbsverbot auch im BGBGesellschaftsrecht zu kodifizieren. Hierfür stehen historisch und vergleichend zwei Modelle zur Verfügung: (a) ein allgemeiner gehaltenes Interessenkollisionsverbot nach dem Vorbild des Sächsischen BGB von 1865 und des schweizerischen Obligationenrechts oder (b) ein spezifisches Wettbewerbsverbot, wie es für Erwerbsgesellschaften im Ersten und Zweiten Entwurf zum BGB vorgesehen war und kürzlich im österreichischen ABGB für unternehmerisch tätige Gesellschaften eingeführt worden ist.¹⁷¹

VI. Schluss Ungeachtet aller Einzelkritik, die bei einem wissenschaftlichen Symposion naturgemäß im Mittelpunkt steht, verspricht die Runderneuerung des Personengesellschaftsrechts durch den Mauracher Entwurf beträchtliche Verbesserungen. Daher verdient der Entwurf m. E. im Grundsatz volle Unterstützung. Es ist ihm und seinen geistigen Vätern und Müttern zu wünschen, dass er noch in dieser Legislaturperiode den Weg ins Bundesgesetzblatt findet.

 Dazu BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 81.  So BMJV, Mauracher Entwurf (Fn. 1), Begründung, S. 31: „Die Vielfalt an denkbaren Anwendungsfällen würde hier zu einer derart abstrakt-generellen Regelung zwingen, dass davon auszugehen ist, dass der Rechtsanwender aus einer Kodifizierung allenfalls einen geringen Nutzen ziehen könnte.“  Näher dazu Fleischer, WM 2020; monographisch Swoboda, Das Wettbewerbsverbot unter Handelsgesellschaftern, vorzugsweise nach deutschem Recht. Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung, 1931.  BGHZ 38, 306, 309.  Näher zu alledem Fleischer, WM 2020 mit umfassenden Nachweisen.

Eberhard Schollmeyer*

Der Mauracher Entwurf Zusammenfassung: Die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzte Expertenkommission hat im April 2020 ihren Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vorgelegt. In diesem Beitrag werden die Leiterwägungen der Kommission für das Reformvorhaben vorgestellt.

Abstract: The expert committee that has been appointed by the Federal Ministry of Justice and Consumer Protection submitted the draft act for the modernization of the law of partnerships in April 2020. This article outlines the committee’s leading principles of the reform project.

Inhaltsübersicht I. II. III. IV. V.

 Der Auftakt: ARGE Weißes Roß Auf dem Weg zum Mauracher Entwurf  Leiterwägungen  Nicht umgesetzte Empfehlungen des . Deutschen Juristentags Schlussbemerkung 



I. Der Auftakt: ARGE Weißes Roß Das Programm des von den Herausgebern der ZGR durchgeführten Sondersymposiums 2020 zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ist schon sehr viel länger bekannt als ihr Tagungsort, der erst vor wenigen Wochen von Würzburg in den Cyberspace verlegt wurde – wie bei einer Hauptversammlung. Das Programm der Veranstaltung ist darüber hinaus auch sehr viel länger bekannt als ihr Termin, der beim ZGR-Symposium 2020 in Glashütten bekannt gegeben wurde: Das Programm des heutigen Sondersymposiums findet man bereits in Heft 5 des Jahrgangs 2001 der ZGR, nämlich in einem Besprechungsaufsatz, in dem Walther * Der Verfasser ist Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und leitet das u. a. für das Personengesellschaftsrecht zuständige Referat; er hat die Expertenkommission geleitet. Der Verfasser gibt in diesem Beitrag, der auf seinem Vortrag im Rahmen des ZGRSondersymposiums am 18. Juni 2020 beruht, ausschließlich seine persönliche Auffassung wieder. https://doi.org/10.1515/9783110719178-003

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Hadding sich mit den Folgefragen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 in der Sache ARGE Weißes Roß¹ auseinandersetzt². Die einzelnen Abschnitte seiner Urteilsbesprechung behandeln bereits Fragen, die sich in den Titeln der noch folgenden Vorträge des heutigen Symposiums wiederfinden. Das Startsignal für den Weg zum Mauracher Entwurf ³, das genannte Urteil in der Sache ARGE Weißes Roß, hat Walther Hadding in der ZGR mit dem treffenden Satz beschrieben: „Nun ist es geschehen.“ Der Gesellschaft bürgerlichen Rechts war die Rechtsfähigkeit zuerkannt worden. 2008 folgte in einer weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs⁴ die bereits von einigen erwartete⁵ Zuerkennung der Grundbuchfähigkeit. Damit war klar: „Das Gesetzesrecht der GbR ist rückständig und bedarf auf längere Sicht einer Überarbeitung.“, wie Karsten Schmidt es formuliert hat⁶.

II. Auf dem Weg zum Mauracher Entwurf Das Bundesministerium der Justiz – damals noch ohne Verbraucherschutz im Namen – reagierte auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und brachte eilig die Vorschriften des § 899a BGB und des § 47 Abs. 2 GBO auf den Weg: Der öffentliche Glaube des Grundbuchs wurde auf den Gesellschafterbestand erstreckt – das Grundbuch wurde mittelbar zum Gesellschaftsregister⁷, wobei manches unsicher und umstritten blieb⁸. Die nächsten Schritte auf dem Weg zum Mauracher Entwurf vollzogen sich ganz im Stillen: Im Jahr 2014 begann man im Ministerium, das nun auch den Verbraucherschutz im Namen führte⁹, Änderungen des Geschäftsverteilungsplans vorzunehmen. Sie zielten zwar in erster Linie darauf ab, die mit dem Verbraucherschutz hinzugekommenen Zuständigkeiten enger mit den bisherigen Kom-

 BGH, Urteil vom 29.1. 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341.  Hadding, ZGR 2001, 712.  Überblick: Bergmann, DB 2020, 994; Noack, NZG 2020, 581; Fleischer, NZG 2020, 601; Bachmann, NZG 2020, 612; Schäfer, ZIP 2020, 1149.  BGH, Beschluss vom 4.12. 2008 – V ZB 74/08, BGHZ 179, 102.  Leipold, FS Canaris (2007), 221, 230; Ulmer, ZIP 2001, 585, 595.  K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1003.  Hertel: „grundstücksbezogenen GbR-Register“, s. Festschrift für Brambring, 2012, 171, 181.  Wicke, DNotZ 2017, 261; der BGH ließ die Frage offen, ob der öffentliche Glaube bezüglich des Gesellschafterbestandes auch das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft erfasst, BGH, Beschluss vom 20. Mai 2016 – V ZB 142/15 –, NZG 2016, 1223.  Ziff. I.2 des Organisationserlasses der Bundeskanzlerin vom 17. Dezember 2013, BGBl. 2013 I, S. 4310

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petenzen des Hauses zu verzahnen. In ihrem Verlauf kam es aber auch zur Zusammenführung der bis dahin auf die Abteilungen I und III verteilten Zuständigkeiten für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts einerseits und für die Personenhandelsgesellschaften und die Partnerschaftsgesellschaft andererseits. Diese Änderung war eine wichtige organisatorische Voraussetzung für das Modernisierungsvorhaben. Ungefähr zur selben Zeit führte ein Meinungsaustausch des Ministeriums mit der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages zu dem Ergebnis, das Personengesellschaftsrecht zum Thema der wirtschaftsrechtlichen Abteilung des nächsten Juristentages zu bestimmen. Als nächste Station folgte der 71. Deutsche Juristentag in Essen im September 2016. Von diesem Juristentag ging der entscheidende Modernisierungsimpuls für das Personengesellschaftsrecht aus. Er liegt vielleicht weniger in den Empfehlungen als solchen, die mit teilweise nur sehr knappen Mehrheiten zustande kamen und auch nicht ganz frei von Widersprüchen sind¹⁰. Der entscheidende Impuls ging vor allem von der zweitägigen leidenschaftlichen Diskussion aus, die den abstrakten Reformstoff fassbar gemacht hat und ihm eigenes rechtspolitisches Gewicht gegeben hat. Die in erster Linie fachlich getriebene Diskussion in Essen vermochte es, die Kodifikationsidee¹¹, die Verankerung des geltenden Rechts im Gesetzestext, als rechtspolitisches Ziel wiederzubeleben: Rechtspolitik war für die Juristen auf einmal aktiv mitzugestalten, ohne sich darauf beschränken zu müssen, eine mehr oder weniger technische Abhilfe für wirtschaftliche, soziale oder politische Bedarfslagen zu schaffen. Insbesondere diesem Momentum ist es zu verdanken, dass das aus politischer Perspektive sehr abstrakte Vorhaben im Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode verankert werden konnte. Eine konkrete politische Zielvorgabe zum Inhalt der Modernisierung wurde im Koalitionsvertrag freilich nicht festgehalten. Sie wurde durch die Vereinbarung ersetzt, das Thema zunächst von Experten beraten zu lassen: „Wir werden das Personengesellschaftsrecht reformieren und an die Anforderungen eines modernen, vielfältigen Wirtschaftslebens anpassen; wir werden eine Expertenkommission einsetzen, die gesetzliche Vorschläge für eine grundlegende Reform erarbeitet.“¹² In dem nach politischen Schlagworten aufgebauten Vertragswerk war kein passender Standort für das so umschriebene, abstrakte Thema auszumachen. Deshalb sortierten die Verhandler des Koalitionsvertrages das Vorhaben unter „Rechtsfolgen der Digitalisierung“ ein: Unter dieser Überschrift geht alles.

 Westermann, NZG 2017, 921, 928.  Karsten Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 713.  Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode, Rdnr. 6162– 6165.

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Die Expertenkommission nahm im Herbst 2018 Ihre Arbeit auf. Sie ist zu acht ganztägigen Sitzungen zusammengetreten. Die Einzelheiten sind dem Bericht zu entnehmen, der zusammen mit dem Kommissionsentwurf am 20. April 2020 veröffentlicht wurde. Die Abschlusstagung der Kommission vom 4. bis 7. März 2020 fand unter den schon aufziehenden dunklen Wolken der Corona-Krise auf Schloss Maurach am Bodensee statt. Der Ort gab dem Entwurf, der im Zentrum dieses Heftes der ZGR steht, seinen Namen: Mauracher Entwurf.

III. Leiterwägungen Im Koalitionsvertrag war das Thema Personengesellschaftsrecht ohne eine nähere inhaltliche Zielbestimmung festgehalten worden. Die Formulierung im Koalitionsvertrag ließ nahezu jeden erdenklichen Spielraum. Die Kommission hatte also die Freiheit, den Weg und das konkrete Ziel anhand eigener Leiterwägungen zu bestimmen. Wesentlicher begrenzender Faktor war die zur Verfügung stehende Zeit: Um das Ziel eines Gesetzgebungsverfahrens in der laufenden Legislaturperiode nicht zu gefährden, musste die Kommission ihr Ergebnis im Frühjahr 2020 vorlegen. Erste Leiterwägung: Konkrete Fragen im bestehenden System lösen Schon in der ersten Sitzung kamen die Mitglieder der Kommission überein, „im System“ zu modernisieren. Die immer wieder mit dem rechtsvergleichenden Blick auf Österreich¹³ thematisierte „große Lösung“ wurde verworfen. Bei dieser Weichenstellung spielte vor allem die Erwägung eine Rolle, dass eine Regelung auf den Weg gebracht werden sollte, die für die Praxis eine Verbesserung der aktuellen Gesetzeslage bringt. Hierfür kam es auf die Frage nach „großer“ oder „kleiner“ Lösung nicht in erster Linie an. Es erschien der Kommission aus damaliger Sicht wichtiger, sich auf die drängenden inhaltlichen Einzelfragen zu konzentrieren. Ihre Umsetzung im Rahmen der bestehenden Regelungsstruktur erschien aus damaliger Sicht erfolgversprechender. Diese Einschätzung hat sich rückblickend bestätigt. Die Einordnung der gefundenen Lösungen für die zahlreichen ineinander verzahnten Probleme in eine gänzlich neue Architektur wäre kaum zu leisten gewesen. Dies soll an einem Beispiel illustriert werden: Die Einführung eines Registers für Gesellschaften bürgerlichen Rechts legt eine Reihe von Folgeänderungen im Umwandlungsrecht nahe, die im Mauracher Entwurf auch enthalten sind: Erstens kann man, wenn man die Umwandlungsfähigkeit auf

 Fleischer/Heinrich/Pendl, NZG 2016, 1001.

Der Mauracher Entwurf

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eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts beschränkt, auf diejenigen Sondervorschriften verzichten, die bislang dem Fehlen eines solchen Registers Rechnung tragen. Zweitens kann man die Umwandlungsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts derjenigen der offenen Handelsgesellschaft angleichen. Drittens werden mit der Abhängigkeit des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts von deren Eintragung sogenannte Firmenbestattungen¹⁴ erschwert. Diese Änderungen lassen sich im bestehenden System mit einem sehr viel geringeren Aufwand und damit auch mit geringeren Anpassungsaufwänden in der Praxis einschließlich der Registergerichte bewerkstelligen als mit einer Totalrevision und der Schaffung einer „offenen Personengesellschaft“ neuen Typs. Zweite Leiterwägung: Umfassende Regelung einschließlich Folgeregelungen formulieren Der Mauracher Entwurf enthält 39 Artikel. Er umfasst damit nicht nur die grundlegende Neufassung der §§ 705 – 740 BGB und der §§ 105 – 160 HGB. Die Kommission hatte sich zu Beginn ihrer Arbeiten vorgenommen, die Folgeänderungen in allen Gesetzen zu erarbeiten, die in die Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz fallen. Dies umfasste nicht nur naheliegende Änderungen in der ZPO, im FamFG und im Umwandlungsgesetz, sondern auch Vorschriften über registerfähige Rechte, in denen das Grundprinzip nachzuvollziehen war, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Inhaberin eines solchen Rechts nur eingetragen werden kann, wenn sie selbst im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Dies gilt neben der Grundbuchordnung auch für die Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes, namentlich das Markengesetz und das Patentgesetz. Dass an solche Regelungen auch bei registerfähigen Rechten in weiteren Gesetzen – außerhalb der Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – gedacht werden kann, wie beispielsweise im Bereich des Sortenschutzes oder der KfZ-Zulassung, versteht sich von selbst. Auch die mögliche Anpassung anderer Vorschriften, wie beispielsweise § 20 Abs. 2 GwG, der die Transparenzwirkung der Registereintragung regelt, wird auf Grundlage der im Mauracher Entwurf vorgeschlagenen grundsätzlichen Weichenstellungen noch zu prüfen sein.

 Zu Firmenbestattungen durch Formwechsel von Kapitalgesellschaften in Gesellschaften bürgerlichen Rechts: Wicke, DNotZ 2017, 261, 268.

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Dritte Leiterwägung: Politische realisierbare Regelungen vorschlagen Von Anfang an galt das Augenmerk der Kommission der politischen Realisierbarkeit ihrer Vorschläge. Dies wird besonders deutlich beim Thema „Gesellschaft auf Einlagen“. Unter diesem Stichwort wurde – auch beim Juristentag in Essen – die Forderung erhoben, eine haftungsbeschränkte Personengesellschaft zu schaffen, um künftig auf die Aufnahme einer Kapitalgesellschaft als Komplementärin verzichten zu können¹⁵. Unter anderem unter dem Aspekt der politischen Realisierbarkeit hat die Kommission dieses Anliegen nicht aufgegriffen: Zum einen scheint die Gründung einer GmbH & Co. KG, wie die Rechtspraxis und ihre große Zahl zeigen, entgegen gelegentlich erhobener Bedenken¹⁶ kein unüberwindliches Hindernis zu sein. Sie wird gern in Kauf genommen, um die Vorteile der beschränkten Haftung mit denjenigen der Mitunternehmerbesteuerung zu kombinieren. Zum anderen ist für das Gesetzgebungsvorhaben folgendes zu bedenken: Mit einer haftungsbeschränkten Personengesellschaft wäre für manche Unternehmen die Aussicht verbunden, sich ihrer nach § 4 Abs. 1 MitBestG mitbestimmten Komplementärinnen kurzerhand entledigen zu können. Dies würde sicherlich Gegenstand einer intensiven politischen Diskussion werden. Ihr Ergebnis und damit der Erfolg des ganzen Modernisierungsvorhabens wären ungewiss. Vierte Leiterwägung: Grundlegendes im Bürgerlichen Gesetzbuch verankern Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bildet die Grundform der Personengesellschaften, die – um mit Karsten Schmidt zu sprechen – alle Holz vom selben Stamm sind¹⁷. Konsequenz einer Modernisierung im bestehenden System ist, dass für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts alle Fragen geregelt werden, die den Personengesellschaften gemeinsam sind. Dies führt wegen des geänderten Leitbilds der rechtsfähigen Außengesellschaft zunächst dazu, dass manches aus dem HGB in das BGB wandert. Damit wird das HGB schlanker, mancher wird vielleicht sagen: ausgehungert. Das Recht der OHG soll aber nicht auf einen Torso weniger Sonderregelungen reduziert werden, sondern noch als Ganzes lesbar bleiben. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Gesellschaftsrechtsformen lassen sich so besser erkennen und vermitteln. Deshalb wurde diese Abwanderung von Inhalten in das BGB etwas eingeschränkt. Als Ergebnis bleiben ein paar Redundanzen zwischen beiden Gesetzen, namentlich wenn zusammenhängende  Zu dieser Forderung Drygala, ZIP 2006, 1797, Baumbach/Hopt/Roth, HGB (39. Aufl.) Einl. Vor § 105, Rdnr. 41.  Seibert, GmbHR 2018, 325.  ZHR 177 (2013), 712, 722.

Der Mauracher Entwurf

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Regelungskomplexe andernfalls zerrissen worden wären. Ein Beispiel sind die Regelungen über das Ausscheiden von Gesellschaftern in den §§ 723 BGB-E und 118 HGB-E. Die Vorschriften des HGB bleiben also eine handhabbare Regelung. Die Leiterwägung, Grundlegendes im BGB zu regeln, gilt freilich nicht nur für die Frage des Regelungsstandorts. Die Kommission hat auch Reglungen zu wichtigen Fragen in den Entwurf aufgenommen, die bislang ungeregelt waren. Prominentes Beispiel ist die actio pro socio: Sie findet sich unter der Überschrift „Gesellschafterklage“ in § 715b BGB-E. Fünfte Leiterwägung: Der Praxis durch entwicklungsoffene Regelungen Spielräume sichern Personengesellschaften, insbesondere Gesellschaften bürgerlichen Rechts, gibt es in unzähligen verschiedenen Ausprägungen. Sie werden zu verschiedenen Zwecken, mit unterschiedlichem Kapitaleinsatz und von unterschiedlich vielen Gesellschaftern errichtet. Diese Vielfalt erfordert offene Regelungen sowie Freiraum für privatautonome Gestaltungen und ihre Beurteilung durch die Rechtsprechung. Der Gesetzgeber des ausgehenden 19. Jahrhunderts dürfte Zwischenholdings oder die gemeinschaftliche Produktion von Erklärvideos für das Internet nicht vorhergesehen haben. Ebenso ist es dem heutigen Gesetzgeber unbekannt, zu welchen Zwecken und mit welchen gesellschaftsvertraglichen Regelungen sich Gesellschafter in 20 oder 30 Jahren zusammenfinden werden. Mit dem Kommissionsentwurf wird neben einer behutsamen inhaltlichen Fortentwicklung auch das Ziel verfolgt, das geschriebene Recht wieder mit dem geltenden Recht in Einklang zu bringen. Dabei ist die Versuchung groß, manches, was der Bundesgerichtshof in den letzten Jahrzehnten entwickelt und gefestigt hat, in Gesetzesform zu gießen. Man denke beispielsweise an die Modifikationen, die bei der Gesellschafterhaftung in geschlossenen Immobilienfonds und Bauherrengemeinschaften¹⁸ gelten. Die Kommission hat davon abgesehen, für solche oder andere Konstellationen Sondervorschriften zu formulieren. Sie vertraut darauf, dass die Rechtsprechung trotz der weitestgehend unveränderten Übernahme des alten § 128 HGB in das BGB auch künftig Wege findet, für Sonderfälle besondere Lösungen zu finden, ohne dass es einer minutiösen Übernahme von BGH-Judikatur zu Spezialproblemen in das Gesetz bedurft hätte. Früher oder später hätte dies die Frage nach der Analogiefähigkeit solcher Bestimmungen aufgeworfen und Begehrlichkeiten geweckt. Das Risiko, in regelmäßigen Abständen gesetzgeberisch an Stellen nachsteuern zu müssen, an denen dies die Rechtsprechung besser kann, wäre groß.

 BGH, II ZR 2/00, Urteil vom 21. Januar 2002, BGHZ 150, 1.

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IV. Nicht umgesetzte Empfehlungen des 71. Deutschen Juristentags Die Verhandlungen und Beschlüsse des Deutschen Juristentags von 2016 sind weder widerspruchsfrei noch für den Gesetzgeber bindend. Dennoch lässt ihre fachliche Autorität es geboten erscheinen, kurz auf Empfehlungen einzugehen, die im Mauracher Entwurf nicht aufgegriffen wurden. Dies sollte nicht Rechtfertigung genannt, sondern als Erläuterung verstanden werden. Der Deutsche Juristentag hatte – wenn auch mit äußerst knapper Mehrheit – 2016 die Empfehlung ausgesprochen, das Partnerschaftsgesetz aufzuheben¹⁹. Die Kommission ist dieser Empfehlung im Mauracher Entwurf nicht gefolgt. Denn sie empfindet die Partnerschaftsgesellschaft nicht als störend. Die Partnerschaftsgesellschaft erfreut sich, insbesondere in der Form der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, durchaus einer gewissen Beliebtheit. Die Kommission ist der Überzeugung, dass es auch nach einer Öffnung der GmbH & Co. KG weiterhin einen Bedarf geben wird, sich zur gemeinsamen Ausübung Freier Berufe in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen, insbesondere in der Rechtsform der PartG mbB. Drei Gründe seien hervorgehoben: Zum einen ist denkbar, dass steuerliche Aspekte oder die persönliche Haftung der Partner für Miet- und Lohnzahlungsverbindlichkeiten die Rechtsform und ihre Außenwirkung für manche Berufsträger auch weiterhin praktisch erscheinen lassen. Zum weiteren wird die gemeinsame Ausübung Freier Berufe in der Rechtsform der GmbH & Co. KG im Entwurf ganz bewusst unter einen berufsrechtlichen Vorbehalt gestellt. Durch ihn kann spezifischen Verkehrsschutzinteressen Rechnung getragen werden. Der Gesetzgeber muss schließlich weit mehr Berufe als den des Rechtsanwalts im Blick behalten. Dies gilt auch für Tätigkeiten, deren berufsrechtliche Vorgaben sich im Landesrecht finden. Je nach Ausgestaltung berufsrechtlicher Bedingungen kann für bestimmte Berufsgruppen im Bundes- oder Landesrecht auch künftig die Partnerschaftsgesellschaft die vorzugswürdige Rechtsform darstellen. Schließlich ist zu bedenken, dass selbst für den Fall der Abschaffung dieser Rechtsform für die bestehenden Gesellschaften als Bestandsschutz ein Rechtsrahmen aufrechterhalten bleiben müsste, das Ziel einer „Bereinigung“ des Personengesellschaftsrechts also ohnehin nur sehr eingeschränkt erreicht werden könnte. Alles in allem besteht also kein Grund, das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz im Zuge der jetzt anstehenden Modernisierung aufzuheben: Das schließt nicht aus, nach einigen Jahren, wenn die

 Beschluss Nr. 31a.

Der Mauracher Entwurf

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Berufsrechte an die neue Nutzbarkeit der Personenhandelsgesellschaften angepasst wurden, die Frage erneut zu prüfen. Eine weitere Empfehlung des 71. Deutschen Juristentags ist nicht umgesetzt worden: Die Herstellung der grenzüberschreitenden Umwandlungsfähigkeit von Personengesellschaften²⁰. So wünschenswert eine erweiterte grenzüberschreitende Umwandlungsfähigkeit gerade aus deutscher Perspektive mit der großen Zahl von Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG auch ist, es gibt auch viele Gründe, diese zum jetzigen Zeitpunkt nicht in das Modernisierungsgesetz aufzunehmen. Von diesen Gründen sollen drei hervorgehoben sein: Zum ersten haben bereits die Umsetzungsarbeiten für die Umwandlungsrichtlinie²¹ begonnen. Sie führt die grenzüberschreitende Spaltung und den grenzüberschreitenden Formwechsel ein und enthält eine Reihe von Änderungen der Richtlinienbestimmungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung. Thematisch wären Regelungen zur grenzüberschreitenden Umwandlung von Personengesellschaften eher in diesem Vorhaben anzusiedeln. Dieser Hinweis soll aber nicht als Ankündigung missverstanden werden, dass eine Regelung im Zuge des Umsetzungsgesetzes folgen wird: Die Richtlinie ist in ihrem Anwendungsbereich – wie schon die Verschmelzungsrichtlinie von 2005 – auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Das ist der zweite Grund. Die Richtlinie müsste überschießend umgesetzt werden²². Für die grenzüberschreitende Umwandlung deutscher Personengesellschaften könnten die hiesigen Registergerichte also nur Vorabbescheinigungen erteilen, deren Anerkennung durch die anderen Mitgliedstaaten von der Richtlinie nicht gefordert wird. Zwar liegt es nahe, eine solche Anerkennungspflicht auf Grundlage der Niederlassungsfreiheit anzunehmen; angesichts des fehlenden Sekundärrechts könnte Deutschland gleichwohl keine rechtssichere Regelung schaffen. Damit komme ich zum dritten Grund, nämlich einem aufschlussreichen Detail der gelten Regelung des § 122b Abs. 1 Nr. 2 UmwG zur Hineinverschmelzung. Mit dem vierten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist²³, ist die grundsätzliche Möglichkeit der Hineinverschmelzung ausländischer Kapitalgesellschaften auf inländische Personenhandelsgesellschaften geschaffen worden. Äußerer Anlass für das Gesetz war der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, ihr Geltungsbereich ist aber nicht auf britische Kapitalge-

 Beschluss Nr. 27  RICHTLINIE (EU) 2019/2121 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen, ABl. Nr. 321 L, S. 1.  Zu den Gefahren überschießender Richtlinienumsetzung s. Schollmeyer, ZGR 2020, 589.  BGBl. 2018 I, S. 2694.

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sellschaften beschränkt. Es gibt aber eine andere Beschränkung: Diese Hineinverschmelzung steht nur Gesellschaften mit bis zu 500 Arbeitnehmern offen. Dieses Detail macht deutlich, dass der deutsche Gesetzgeber im Umwandlungsrecht stets in besonderer Weise den Schutz der Unternehmensmitbestimmung im Blick hat. Diese Rücksichtnahme auf Belange der Mitbestimmung, insbesondere die in § 4 Abs. 1 MitBestG niedergelegte Zurechnung von Arbeitnehmern einer Kommanditgesellschaft, würde auch eine Regelung zur Herausumwandlung kennzeichnen müssen.

V. Schlussbemerkung Den Herausgebern der ZGR ist für dieses Symposium und die Dokumentation der Vorträge in einem Sonderheft zu danken. Die Erkenntnisse, die sich aus Vorträgen und Diskussion gewinnen lassen, werden für das weitere Gesetzgebungsverfahren erhebliche Bedeutung haben. Dass trotz der aktuellen Lage, die Präsenzveranstaltungen leider unmöglich macht, an der Veranstaltung festgehalten und mit erheblichem Aufwand eine elektronische Durchführung ermöglicht wurde, ist in hohem Maße verdienstvoll. Großer Dank richtet sich an die Mitglieder der Expertenkommission. Prof. Dr. Barbara Grunewald, Dr. Gabriele Roßkopf, Prof. Dr. Frauke Wedemann, Prof. Dr. Alfred Bergmann, Dr. Marc Hermanns, Prof. Dr. Thomas Liebscher, Prof. Dr. Carsten Schäfer und Professor Dr. Johannes Wertenbruch haben sich dem gemeinsamen Projekt mit Wissen, Erfahrung, Argumentationsschärfe, kostbarer Zeit und uneingeschränktem Engagement gewidmet. Für diesen Einsatz hat Frau Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht MdB den Mitgliedern der Expertenkommission bereits ihren persönlichen Dank ausgesprochen. Dem schließt der Verfasser sich an.

Sebastian Herrler*

Das neue Gesellschaftsregister Zusammenfassung: Obwohl ursprünglich als Gesamthandsgemeinschaft konzipiert, hat sich die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durchgesetzt, die als Rechtsträger in großer Anzahl in den unterschiedlichen, mit Publizität ausgestatteten Objektregistern eingetragen ist. Mangels Eintragung in einem Subjektregister und aufgrund von allenfalls unvollkommenen Behelfslösungen in den Objektregistern leidet die GbR an einem Publizitätsdefizit, welches ihre Einsetzbarkeit im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigt. Im Rahmen der Reform des Personengesellschaftsrechts soll daher ein eigenständiges, mit Publizität ausgestattetes Register für die GbR geschaffen werden. Die Eintragung soll weder verpflichtend noch für die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft konstitutiv sein, sondern erfolgt im Wesentlichen freiwillig, ergänzt um Eintragungsanreize sowie verfahrensrechtliche Eintragungszwänge in bestimmten Konstellationen. Der folgende Beitrag erörtert die dem sog. Mauracher Entwurf zugrunde liegende Konzeption eines Gesellschaftsregisters.

Abstract: Although originally conceived as a community of joint owners, the legal capacity of the civil law partnership is now established, and such entities are registered in large numbers as legal entities in publicly accessible property registers. However, due to the lack of an entry in a partnership register and due to imperfect makeshift solutions in the property registers, the civil law partnership suffers from a deficit, in terms of information of which third parties are deemed to be on notice and can rely upon, which considerably impairs its ability to be used in legal transactions. As part of the reform of the law on partnerships, a standalone public register is therefore proposed to be created for the civil law partnership. Registration would be neither mandatory nor constitutive for the legal capacity of the civil law partnership, but is essentially voluntary, supplemented by incentives to register and procedural registration requirements in certain situations. The following article discusses this concept of a register for civil law partnerships on which the so-called Mauracher draft is based.

* Der Autor ist Notar in München. https://doi.org/10.1515/9783110719178-004

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Sebastian Herrler

Inhaltsübersicht I.

II. III. IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

 Bedürfnis nach Subjektpublizität . Status quo  . Behebung des Publizitätsdefizits  Überblick über die Neuregelungen  Integration des GbR-Registers in das Handelsregister  Gestaltungsformen eines GbR-Registers  . Nur fakultative Eintragung   . Eintragungspflicht . Konstitutive Eintragung  . Eintragungswahlrecht mit Anreizen bzw. mittelbarem Zwang  a) Verfahrensrechtliche Voreintragungsobliegenheit  b) Registrierungsanreize  c) Fazit  Registerverfahren  . Anmeldung (§  BGB-E)  a) Notwendiger Inhalt  b) Anmeldepflichtige  . Verfahrensvorschriften  Inhalt und Wirkung der Eintragung  . Publizitätswirkung (§ a Abs.  S.  BGB-E i. V. m. §  HGB)  . Keine gewillkürte Löschung  . Grenzen des GbR-Registers  System einer „optionalen“ Registrierung  . Vorteile der Eintragung  a) Voreintragungsobliegenheit  b) Anreize  . Nachteile der Eintragung  . Fazit  Im Grundbuch registrierte Rechte   . Grundbuchverfahrensrechtliche Sperre a) Voreintragungsobliegenheit (§  Abs.  GBO-E)  b) Materiell-rechtliche Irrelevanz der Registrierung  c) Bereits initiierter Ersterwerb  . Eintragungsinhalt  a) Zwingende Angabe von Registergericht und Registernummer  b) Ausländische Gesellschaften  . Bestandsgesellschaften (Art.  §  EGBGB-E)  a) Verfügung durch im Grundbuch eingetragene GbR (Abs. )  b) Veränderungen im Gesellschafterbestand einer bereits im Grundbuch eingetragenen GbR (Abs. )  GbR als GmbH-Gesellschafterin  . Voreintragungsobliegenheit beim Ersterwerb  . Inhalt der Gesellschafterliste  . Bestandsgesellschaften  a) Anteilsveräußerung durch die GbR 

Das neue Gesellschaftsregister

X.

XI. XII.

b) Veränderungen im Gesellschafterbestand  c) Nachweisanforderungen  d) Zuständigkeit für Listenerstellung  GbR als Gesellschafterin einer Personenhandelsgesellschaft . Voreintragungsobliegenheit bei Gründung bzw. Beitritt . Bestandsgesellschaften  a) Veränderungen im Gesellschafterbestand  b) Verfügungen durch Bestandsgesellschaften über ihre Gesellschaftsbeteiligung  GbR als Aktionärin  Wesentliche Ergebnisse 

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 

I. Bedürfnis nach Subjektpublizität 1. Status quo Die Anerkennung der rechtlichen Verselbstständigung der Außen-GbR durch die Entscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 29.1. 2001¹ bescherte dem Rechtsanwender ein rechtsfähiges Subjekt, welches über keine natürliche Publizität verfügt und – im Gegensatz zu allen anderen privatrechtlichen rechtsfähigen Gesellschaften des deutschen Rechts – nicht mit Registerpublizität ausgestattet ist. Aufgrund dieses Publizitätsdefizits können Existenz, Identität und die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft vielfach nicht zuverlässig festgestellt werden. Hierdurch wird unter anderem die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Gesellschaft erschwert und Verschleierungsversuchen Vorschub geleistet (z. B. durch Namens- bzw. Adressänderung, Gesellschafterwechsel).² In besonderem Maße manifestierte sich das Publizitätsdefizit der rechtsfähigen Außen-GbR, als der V. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 4.12. 2008³ deren Grundbuchfähigkeit anerkannte und für deren Eintragung im Grundbuch – trotz entsprechender Warnungen⁴ – die Angabe des Namens der GbR für erforderlich, aber auch für ausreichend erachtete. Angesichts der strengen grundbuchverfahrensrechtlichen Anforderungen an den Nachweis der Existenz, der Identität und der Vertretungsberechtigung ist eine derartige Namens-GbR im Grundbuchverkehr nicht handlungsfähig; für diese eingetragene Rechte sind

 BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 – ARGE/Weißes Ross.  Röder, AcP 215 (2015), 450, 461 f.; Wertenbruch, NJW 2002, 324, 329.  BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594. Die Gesellschafter sollten nur hilfsweise in Ermangelung eines Namens der GbR eingetragen werden.  Lehmann, AcP 207 (2007), 225, 248: „eine Art schwarzes Loch des Grundbuchverkehrs“.

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somit nicht verkehrsfähig. Die Reparaturbemühungen des Gesetzgebers in § 899a BGB, § 47 Abs. 2 GBO⁵ haben die Handlungsfähigkeit der GbR zwar grundsätzlich wiederhergestellt, dabei allerdings neue Probleme aufgeworfen (Publizitätswirkung auch hinsichtlich des Kausalgeschäfts?), die bis heute nicht zufriedenstellend gelöst sind.⁶ Die Abhilfebemühungen der Kautelarpraxis⁷ bieten bislang ebenfalls keine vollständige Rechtssicherheit, es sei denn, die Gesellschafter sind bereit, sich als vermögensverwaltende OHG in das Handelsregister eintragen zu lassen. Auch im Übrigen ersetzt das Grundbuch für eine dort eingetragene GbR kein Gesellschaftsregister, da die Vermutung in § 899a S. 1 BGB und die von S. 2 in Bezug genommenen §§ 892– 899 BGB nur „in Ansehung des eingetragenen Rechts“ Anwendung finden. Das beschriebene Publizitätsdefizit stellt sich indes allgemein bei der Teilnahme der GbR am Rechtsverkehr.⁸ Insbesondere bei registrierten Rechten, die ihrerseits der Publizität unterliegen (§ 40 GmbH, § 67 Abs. 2 AktG, § 30 PatG, § 32 MarkenG, 25 Nr. 15 Marken-VO), läuft die Objektpublizität letztlich weitgehend leer, wenn die GbR als Rechtsträger nicht ihrerseits Subjektpublizität genießt.⁹

2. Behebung des Publizitätsdefizits Vor diesem Hintergrund besteht heutzutage Einvernehmen, dass es das Publizitätsdefizit jedenfalls in den Bereichen zu beseitigen gilt, in denen die GbR in nicht nur unerheblichem Umfang am Rechtsverkehr teilnimmt und daher das Interesse der Vertragspartner und Gläubiger an Transparenz und Rechtssicherheit, d. h. an

 Vgl. die vorherige Änderung von § 162 Abs. 1 S. 2 HGB und die nachfolgende Änderung von § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG (GbR als Kommanditistin bzw. als Gesellschafterin einer GmbH).  Überblick zum Streitstand (Erstreckung von § 899a S. 2 i. V. m. § 892 BGB auf das Kausalgeschäft, Anwendbarkeit allgemeiner Rechtsscheingrundsätze etc.) Palandt/Herrler, BGB, 80. Aufl. 2021, § 899a Rdn. 6 m. w. N.  Doppelverpflichtung auch der eingetragenen Gesellschafter, Abwicklung über Anderkonto und Auszahlung erst nach Eigentumsumschreibung, Gründungsvollmacht bei der Errichtung der GbR; vgl. Weber, ZfIR 2018, 759 ff. Die Bedenken, die die Rechtsprechung gegenüber der Gründungsvollmacht hegt (Erlöschen z. B. bei Insolvenz eines GbR-Gesellschafters; zuletzt OLG München DNotZ 2018, 918 unter Verweis auf BGH DNotZ 2011, 361 Rdn. 12), sind in dieser Allgemeinheit aufgrund der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR zwar unbegründet, ändern jedoch an der dadurch verursachten Rechtsunsicherheit freilich nichts.  Das Grundbuch eignet sich schließlich auch deshalb nicht als Ersatz-GbR-Register, weil die Einsichtnahme – anders als beim Handelsregister (vgl. § 9 HGB) – beschränkt ist und ein berechtigtes Interesse voraussetzt (§ 12 GBO).  K. Schmidt: „[k]eine Publizität des Objekts ohne Publizität des Subjekts“ (NJW 2001, 993, 1002).

Das neue Gesellschaftsregister

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verlässlichen Informationen über Existenz, Identität, Gesellschafter und eine zustellungsfähige Anschrift, ein etwaiges Interesse der GbR-Gesellschafter an einer unbürokratischen Gründung und Verwaltung überwiegt. Wünsche der GbRGesellschafter nach Anonymität müssen hinter den Publizitätsinteressen des Rechtsverkehrs zurücktreten,¹⁰ eine erstrebte Intransparenz ist von vornherein nicht schutzwürdig. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Gesellschafter einer GbR in aller Regel durch Eintragung als OHG Subjektpublizität herstellen können. Denn die OHG stellt vielfach keine geeignete Rechtsform dar (u. a. Formkaufmann, Grundsatz der Einzelvertretung in Verbindung mit umfassender Haftung, Buchführungs- und Bilanzierungspflicht nach §§ 238 ff. HGB)¹¹. Zudem beseitig eine freiwillige Registrierung, die insbesondere im Interesse der Vertragspartner, der Gläubiger und allgemein des Rechtsverkehrs liegt, das geschilderte Publizitätsdefizit nicht effektiv. Für die Behebung des derzeit bestehenden Publizitätsdefizits gibt es im Ausgangspunkt zwei Möglichkeiten: Denkbar wäre zunächst, die punktuell in einzelnen Objektregistern geregelte Publizität der GbR (vgl. § 899a BGB i.V. m. § 47 Abs. 2 GBO, § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG, § 162 Abs. 1 S. 2 HGB) auszubauen, zum Beispiel die Publizitätswirkung des § 899a BGB auf die Existenz der GbR sowie auf das Kausalgeschäft zu erstrecken und in anderen Objektregistern vergleichbare Vorschriften zu schaffen.¹² Auf diese Weise würde jedoch eine Behelfslösung zum allgemeinen Prinzip erhoben.¹³ Vorzugswürdig erscheint vielmehr die Schaffung eines Subjektregisters. Denn eine solche zentrale Lösung bewirkt nicht nur eine lediglich punktuelle Objektpublizität, sondern beseitigt das Publizitätsdefizit vollständig und effizient, zumal vermieden wird, dass eine GbR mit mehreren registrierten Rechten jegliche Veränderung in sämtlichen Objektregistern nachzuvollziehen hätte, für welche noch dazu unterschiedliche verfahrensrechtliche Anforderungen gelten. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass das anwendbare Verfahrensrecht auf die Anforderungen eines Subjektregisters zugeschnitten ist¹⁴ und unschwer die (einheitliche) Registrierung weiterer Informationen (z. B. besondere konkrete Vertretungsbefugnisse) ermöglicht und mit Publizität versehen

 Ggf. kann diesen auf andere Weise (z. B. durch eine Treuhandlösung) Rechnung getragen werden.  Vgl. Röder, AcP 215 (2015), 450, 477 ff.  Vgl. K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 734 f. Dezidiert gegen ein Subjektregister jüngst Wilhelm, NZG 2020, 1041, 1044.  Zutreffend Mauracher Entwurf, S. 142.  Das Grundbuchverfahrensrecht hat sich aufgrund des Bewilligungserfordernisses des § 13 GBO und der Nachweisbeschränkungen des § 29 GBO für die Zwecke des § 47 Abs. 2 S. 2 GBO als durchaus schwerfällig erwiesen.

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werden kann. Daher besteht weitgehend Konsens, dass das Publizitätsdefizit der GbR durch Schaffung eines zentralen Subjektregisters beseitigt werden sollte.¹⁵

II. Überblick über die Neuregelungen Ein Kerninhalt des Mauracher Entwurfs ist daher die Einführung eines an das Handelsregister angelehnten Gesellschaftsregisters, das öffentlichen Glauben genießt (§ 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E i. V. m. § 15 HGB). Entgegen vielfacher Forderungen ist weder eine Eintragungspflicht noch eine Koppelung der Rechtsfähigkeit der GbR an die Eintragung vorgesehen. Die Eintragung soll lediglich deklaratorische Wirkung haben und den Gesellschaftern soll im Grundsatz ein Eintragungswahlrecht zustehen. Da dieses allein nicht geeignet erschien, das geschilderte Publizitätsdefizit in hinreichender Weise zu beheben, sind weitere Anreize für die Registrierung der GbR vorgesehen. Darüber hinaus wird ein faktischer Eintragungszwang insoweit geschaffen, als die Registrierung künftig eine verfahrensrechtliche Voraussetzung für den Erwerb von und die Verfügung über registrierte Rechte durch die Gesellschaft sowie für die Umwandlungsfähigkeit der GbR sein soll. Der Inhalt der (grundsätzlich von allen Gesellschaftern vorzunehmenden) Anmeldung zum Gesellschaftsregister (§ 707 BGB-E) entspricht – abgesehen von dem Eintragungswahlrecht – der Anmeldung einer OHG. Für das (elektronische) Registerverfahren gelten gem. § 707b BGB-E im Wesentlichen die einschlägigen handelsrechtlichen Vorschriften. Die (deklaratorische) Eintragung hat den Inhalt der Anmeldung i. S. v. § 707 Abs. 2 BGB-E wiederzugeben, führt zur Publizität der einzutragenden Tatsachen (§ 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E i.V. m. § 15 HGB), gestattet der Gesellschaft die Führung des Namenszusatzes „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ (§ 707a Abs. 3 BGB-E) und schließt eine schlichte Löschung der Eintragung auf freiwilligen Antrag der Gesellschafter vergleichbar § 2 S. 3 HGB aus (§ 707a Abs. 4 BGB-E). Infolge der Eintragung ist die GbR grundbuch- (§ 47 Abs. 2 GBO-E) und umwandlungsfähig (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 191 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 UmwG-E), kann als Gesellschafter von registrierten Gesellschaften eingetragen werden (§ 707 Abs. 1 S. 2 BGB-E, ggf. i. V. m. § 105 Abs. 2 HGB-E, § 161 Abs. 2 HGB; § 40 Abs. 1 S. 2 und S. 3 GmbHG-E; § 67 Abs. 1 S. 2 und 3 AktG-E) und ist verfahrensrechtlich in der Lage, die Zwangsversteigerung einzuleiten (§ 15 Abs. 2 ZVG-E). Schließlich bedurfte es einer detaillierten Regelung zum Wechsel der GbR in eine in einem anderen Register einzutragende Rechtsform

 Vgl. die Nachweise bei Fleischer/Pendl, WM 2019, 2137, 2138 Fn. 16.

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und zurück (Statuswechsel) als registerrechtlicher Vorgang außerhalb des Umwandlungsgesetzes. Im Interesse einer einheitlichen Handhabung ist das Verfahren eines derartigen Statuswechsels in § 707c BGB-E einheitlich ausgestaltet, unabhängig davon, ob die erstrebte Eintragung konstitutiv¹⁶ oder rein deklaratorisch¹⁷ ist.

III. Integration des GbR-Registers in das Handelsregister Im Einklang mit zahlreichen Stimmen aus dem Schrifttum und vergleichbar dem Partnerschaftsregister sieht der Mauracher Entwurf die Schaffung eines eigenständigen Registers für die GbR vor. Hierdurch sollen eine klare Abgrenzung der GbR von Handelsgesellschaften als Formkaufmann gewährleistet und die Offenheit der GbR für jeden zulässigen Zweck signalisiert werden.¹⁸ Mit Blick auf die gesetzliche Regelungssystematik erscheint eine Integration des GbR-Registers in das Handelsregister (als Teil eines dann einheitlichen Gesellschaftsregisters) indes vorzugswürdig.¹⁹ Eine kleingewerblich tätige GbR wird eo ipso zur OHG, sobald die Schwelle des § 105 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 HGB überschritten wird. Klammert man die freiberufliche Tätigkeit aus,²⁰ dürfte hier der Hauptanwendungsfall des Statuswechsels liegen. Insoweit könnte man eine Parallele von der Entwicklung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) zur GmbH sehen. Mit Blick auf die schon bislang bestehende, nur spärlich genutzte Möglichkeit der Eintragung einer vermögensverwaltenden OHG ist kaum davon auszugehen, dass Gesellschafter einer vermögensverwaltenden eGbR diese später als OHG eintragen lassen. Sieht man im Schritt von kleingewerblicher GbR zur OHG den Regelfall des „Statuswechsels“, liegt es nahe, diesen nicht mit einem komplizierten Eintragungsverfahren aufgrund der Involvierung zweier Register zu belasten, sondern beide Rechtsformen bei einem einzigen Register zu konzen-

 z. B. Eintragung einer kleingewerblichen oder lediglich eigenes Vermögen verwaltenden bisherigen eGbR als OHG.  z. B. Eintragung einer mittlerweile die Schwelle des § 105 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 HGB überschreitenden eGbR als OHG.  Röder, AcP 215 (2015), 450, 481; Otte-Gräbner, BB 2020, 1295. Für ein gesondertes Gesellschaftsregister im Falle einer fakultativen Registrierung Fleischer/Pendl, WM 2019, 2185, 2190.  So bereits K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III, 1983, S. 413, 508; ebenso Wicke, DNotZ 2017, 261, 263.  Hier ist die Wahl der Rechtsform in besonderem Maße abhängig von den jeweiligen berufsrechtlichen Rahmenbedingungen.

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trieren. Die ins Feld geführten Argumente für ein eigenständiges GbR-Register dürften angesichts der bewussten, in aller Regel unter Inanspruchnahme rechtlicher Beratung getroffenen Entscheidung über eine Registrierung der GbR nicht entgegenstehen, zumal das Gesellschaftsregister ohnehin in die bestehende Registerplattform integriert werden soll und daher eine Eigenständigkeit für einen Laien als Nutzer²¹ kaum deutlich hervortritt. Sofern ein entsprechendes Informationsbedürfnis gesehen wird, kann dem Rechtsverkehr auf andere Weise (z. B. ausdrücklicher Hinweis auf dem Registerblatt) und unabhängig von einer etwaigen Eigenständigkeit des Registers vermittelt werden, dass es sich bei der eGbR nicht um einen Formkaufmann handelt und daher nicht auf die Anwendbarkeit der diesbezüglichen Spezialregelungen vertraut werden kann. Ein einheitliches Register hätte den weiteren Vorzug, dass es keiner weiteren Registerverordnung bedürfte, sondern schlicht die Handelsregisterverordnung herangezogen und geringfügig angepasst werden könnte. In jedem Fall sollte das GbR-Register – was im Mauracher Entwurf auch vorgesehen ist – in die bestehende Handelsregisterplattform (www.handelsregister.de) integriert werden, um auf die bewährten Strukturen zurückzugreifen²² und dem Rechtsverkehr eine möglichst unkomplizierte Handhabung zu ermöglichen (One-Stop-Shop). Zusätzliche Register ohne Online-Verknüpfung erschweren die Nutzung und erhöhen die Transaktionskosten unnötig.²³

IV. Gestaltungsformen eines GbR-Registers Wird zur Überwindung des Publizitätsdefizits ein GbR-Register geschaffen, kommen im Ausgangspunkt drei Regelungsvarianten zur Herstellung der gewünschten Transparenz und Rechtssicherheit in Betracht: (1) Ein freies Eintragungswahlrecht, (2) eine (ggf. an bestimmte Voraussetzungen geknüpfte) Eintragungspflicht sowie (3) die Verknüpfung der Rechtsfähigkeit der GbR mit ihrer Eintragung im Register (konstitutive Eintragung). Der Mauracher Entwurf hat sich – wie bereits angesprochen – für keine dieser Gestaltungsvarianten in Reinform entschieden, sondern kombiniert ein Eintragungswahlrecht mit diversen Anreizen, aber auch mit verfahrensrechtlichen Zwängen. Die hierin liegende Grundentscheidung überzeugt, wie sich im Folgenden zeigen wird.

 Insbesondere bei der Globalsuche nach Firma/Name ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Register.  Röder, AcP 215 (2015), 450, 482.  Beim Transparenzregister hat man – auch historisch bedingt – einen anderen Weg gewählt.

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1. Nur fakultative Eintragung Ein in jeder Hinsicht freies Eintragungswahlrecht würde dem Charakter der GbR als Auffangrechtsform für Gelegenheitsgesellschaften bzw. für kleingewerbliche Unternehmungen mehrerer Personen durch Vermeidung jeglichen verpflichtenden Zusatzaufwands Rechnung tragen. Dass auch schon bislang eine Registrierungsmöglichkeit gem. § 105 Abs. 2 HGB bestand, von der in der Praxis nur in geringem Maße Gebrauch gemacht wurde, steht dem nicht entgegen, da mit einer Eintragung als OHG ggf. unerwünschte weitere Konsequenzen verbunden sind. Gleichwohl gewährleistet ein freies Eintragungswahlrecht die Behebung des bestehenden Publizitätsdefizits nicht im gebotenen Maße. Da die Herstellung der Subjektpublizität der GbR in erster Linie den Interessen der (potentiellen) Vertragspartner, der Gläubiger und allgemein des Rechtsverkehrs dient, kann die Entscheidung hierüber ungeachtet dessen, dass die Gesellschaft von der gesteigerten Publizität ebenfalls profitieren mag (z. B. durch einen größeren Kreis möglicher Vertragspartner, bessere Kreditwürdigkeit), nicht allein in die Hand der Gesellschafter gelegt werden.²⁴

2. Eintragungspflicht Ohne Antastung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR und der damit einhergehenden Folgeprobleme kommt zur Behebung des Publizitätsdefizits die Statuierung einer generellen oder unter bestimmten Voraussetzungen eingreifenden Pflicht zur Eintragung der GbR entsprechend dem OHG-Modell in Betracht. Anknüpfend an die derzeitige Rechtslage würde durch eine effektive Eintragungspflicht ein hohes Maß an Transparenz und Rechtssicherheit für den Rechtsverkehr ohne komplizierte Übergangsregelungen geschaffen. Eine generelle Eintragungspflicht ist allerdings mit Blick auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen der GbR (u. a. Gelegenheitsgesellschaften) zu unflexibel; der mit der Registrierung verbundene (wenngleich überschaubare) Aufwand erscheint jedenfalls für diejenigen Gesellschaften unverhältnismäßig, die nur geringfügig am Rechtsverkehr teilnehmen,²⁵ wie das Beispiel der kleingewerblichen OHG zeigt.²⁶ Sollen demgemäß nur bestimmte Gesellschaften einer Eintragungspflicht unterworfen werden, gilt es diese im Interesse der Rechtssicherheit anhand  Vgl. Röder, AcP 215 (2015), 450, 467.  Röder, AcP 215 (2015), 450, 464, 470.  Relevante Tendenzen, für die kleingewerbliche OHG eine Eintragungspflicht zu begründen, sind nicht ersichtlich.

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möglichst eindeutiger, leicht festzustellender Kriterien von nicht eintragungspflichtigen Gesellschaften abzugrenzen. Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund des subjektiven Maßstabs bereits die Abgrenzung der Außengesellschaft von der Innengesellschaft Schwierigkeiten bereitet und auch andere, für die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit vorgeschlagene Kriterien („Identitätsausstattung“;²⁷ Handlungsorganisation, gewisses Haftungssubstrat;²⁸ unternehmenstragende GbR²⁹) mit nicht unerheblichen Unschärfen verbunden sind, die sich als Anknüpfungspunkt für einen Registerzwang nicht eignen.³⁰ Grundsätzlich denkbar wäre es, den Eintragungszwang z. B. an Finanzkennzahlen wie Umsatzerlöse oder den Jahresüberschuss (vgl. § 241a HGB) zu knüpfen, da es sich hierbei um objektive, für die Gesellschafter und das Registergericht leicht feststellbare Kriterien handelt. Dies macht eine Eintragungspflicht zwar in der Theorie praktikabel, ändert aber nichts daran, dass deren Durchsetzung mit Zwangsmitteln seitens des Registergerichts mit beträchtlichem Aufwand verbunden wäre und vermutlich nicht in dem zur Beseitigung des Publizitätsdefizits erforderlichen Ausmaß betrieben werden wird oder werden kann, wie die Erfahrung in anderen Bereichen zeigt.³¹ Statt neue, mit Zwangsmitteln durchzusetzende Anmeldepflichten zu begründen, sollten – im Interesse der Schonung der Kapazitäten des Registergerichts – vorrangig effektive Anreize für die Gesellschafter zur Registrierung geschaffen werden. Von einer Eintragungspflicht ist daher abzusehen.

3. Konstitutive Eintragung Der nächstliegende Anreiz für die Eintragung der GbR in das Register ist die Verknüpfung der Rechtsfähigkeit mit der Registrierung, wie etwa in den europäischen Nachbarstaaten Frankreich und Österreich. Erst durch die Eintragung und die damit verbundene Publizität „verdient“ sich die GbR die Rechtsfähigkeit. Eine für die Rechtsfähigkeit konstitutive Eintragung gewährleistet einen Gleichlauf von

 Reuter, AcP 207 (2007), 673, 683 ff.  Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 118 ff.  K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III, 1983, S. 413, 501 ff.  Vgl. Röder, AcP 215 (2015), 450, 468 ff.  z. B. allenfalls zurückhaltende Ahndung nicht aktueller Geschäftsanschriften trotz entsprechender Anmeldepflicht in § 107 HGB; § 31 I HGB i. V. m. § 13 III GmbHG, § 3 I AktG.

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Rechtsträgerschaft und Subjektpublizität und führt damit prima facie zur Behebung des derzeit bestehenden Publizitätsdefizits.³² Zu bedenken ist freilich, dass durch ein derartiges Normativsystem ein Höchstmaß an Transparenz und Rechtssicherheit nur für die eingetragene, rechtsfähige GbR gewährleistet ist, nicht hingegen für die nicht eingetragene GbR, die in das Stadium der Gesamthandsgemeinschaft vor ARGE/Weißes Ross mit allen damit verbundenen, vom BGH in der damaligen Entscheidung aufgelisteten Nachteilen³³ zurückversetzt würde. Zwar verfügen die Gesellschafter einer nicht eingetragenen GbR entweder über natürliche Publizität oder als eingetragene Gesellschaften über Registerpublizität. Hierdurch wird indes das gleichwohl bestehende Publizitätsdefizit nicht behoben, da das Vertrauen des Rechtsverkehrs darauf, dass eine bestimmte Person Gesellschafter ist, gerade nicht geschützt wird. Auf eine breitflächige freiwillige Eintragung zwecks Erlangung der Rechtsfähigkeit sollte aus den in Ziffer I.2 dargelegten Gründen nicht vertraut werden. Auch unter Publizitätsgesichtspunkten würde die Aberkennung der Rechtsfähigkeit für nicht eingetragene Gesellschaften daher einen Rückschritt gegenüber der derzeitigen Rechtslage bedeuten.³⁴ Hinzu kommt, dass der Eintragung im Register im deutschen Recht bislang lediglich bei Kapitalgesellschaften konstitutive Wirkung zukommt, nicht hingegen bei Personengesellschaften. Hieran soll auch künftig für die OHG und die KG nicht gerüttelt werden; eine konstitutive Eintragung bei der GbR als Personengesellschaft wäre daher systematisch nicht stimmig.³⁵ Die Einführung eines Normativsystems hätte ferner Friktionen bei Altgesellschaften zur Folge, die nach derzeitiger Rechtslage ohne Registrierung rechtsfähig sind, bzw. würde – unter Berücksichtigung des gebotenen Bestandsschutzes – eine komplizierte Überführung des Gesellschaftsvermögens auf die Gesamtheit der Gesellschafter erfordern.³⁶ Schließlich würde sich bei Statuierung einer konstitutiven Eintragung das Problem der Vor-GbR stellen, die notwendigerweise nicht rechtsfähig ist und bei der es daher infolge der Eintragung zu einem Rechtsträgerwechsel kommt. Dadurch wäre einer automatischen, identi-

 Vehement hierfür plädierend insbesondere Röder, AcP 215 (2015), 450, 471 ff. Ebenso Habersack, in: 71. DJT 2016, Bd. II/2, O 126; Heckschen, NZG 2020, 761, 762 f.; Wicke, DNotZ 2017, 261, 262 f.  Vgl. BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 (u. a. fehlende Parteifähigkeit, insbesondere Passivlegitimation aller derzeitigen Gesellschafter; Abhängigkeit eines reinen Schuldverhältnisses von Wechseln im Mitgliederbestand; Friktionen bei identitätswahrender Umwandlung in OHG).  Näher Schäfer, in: FS Seibert, 2019, S. 723, 728.  Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1151.  Ähnlich Otte-Gräbner, in: FS Seibert, 2019, S. 613, 618 m. w. N.

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tätswahrenden „Umwandlung“ mit Eintragung die dogmatische Grundlage entzogen.³⁷ In der Gesamtschau ist daher ein strenges Normativsystem wie in Frankreich und Österreich abzulehnen, zumal dieses das Publizitätsdefizit nur im Falle der (nicht verpflichtenden) Eintragung effektiv beseitigt und insbesondere für die nicht eingetragene GbR, die es weiterhin in großer Zahl geben wird, vielfältige Probleme schafft.

4. Eintragungswahlrecht mit Anreizen bzw. mittelbarem Zwang Um die mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit einhergehenden Vorteile beizubehalten, die flexible Verwendbarkeit der GbR nicht über Gebühr einzuschränken und zugleich für hinreichende Publizität zu sorgen, erscheint es mit dem Mauracher Entwurf vorzugswürdig, weder eine materiell-rechtliche Eintragungspflicht zu begründen noch die Rechtsfähigkeit der GbR an ihre Registrierung zu knüpfen, sondern ausgehend von einem Eintragungswahlrecht auf andere Weise sicherzustellen, dass jedenfalls diejenigen Gesellschaften, die in relevanter Weise im Rechtsverkehr in Erscheinung treten, im Interesse ihrer (künftigen) Vertragspartner und Gläubiger über Subjektpublizität verfügen.

a) Verfahrensrechtliche Voreintragungsobliegenheit Da sich eine effektive Beseitigung des bestehenden Publizitätsdefizits nicht allein durch ein Registrierungswahlrecht erreichen lässt, liegt der Fokus des dem Entwurf zugrunde liegenden Modells weniger auf der postulierten Freiwilligkeit und den mit der Eintragung verbundenen Anreizen, als vielmehr auf dem faktischen Zwang zur Registrierung in bestimmten Konstellationen und der damit einhergehenden Subjektpublizität. Gegenüber einer materiell-rechtlichen Eintragungspflicht ist die vorgeschlagene verfahrensrechtliche Voreintragungsobliegenheit vorzugswürdig, da diese keiner registergerichtlichen Kontrolle unter Androhung von Registerzwang bedarf und es im Grundsatz der freien Entscheidung der Gesellschafter überlassen bleibt, ob sie ihre GbR registrieren wollen. Zwar lässt eine Missachtung der lediglich verfahrensrechtlichen Voreintragungsobliegenheit die Wirksamkeit des Rechtserwerbs materiell-rechtlich unberührt, sodass theoretisch

 Vgl. Röder, AcP 215 (2015), 450, 485.

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Fälle denkbar sind, in denen die erstrebte Subjektpublizität (zunächst) nicht erreicht wird, doch ist davon auszugehen, dass die jeweils zuständigen Stellen die Voreintragung der GbR zuverlässig überwachen werden und die Voreintragungsobliegenheit in ihrem Anwendungsbereich (nahezu) dieselben Wirkungen wie eine Eintragungspflicht hat. Durch die Voreintragungsobliegenheit wird somit auf mittelbare Weise Publizität in den vom Entwurf definierten Konstellationen gewährleistet, in denen der Rechtsverkehr ein überwiegendes Interesse an dieser hat. Der mit diesem faktischen Registrierungszwang einhergehende Aufwand der Gesellschaften ist schon mit Blick auf den status quo nicht unverhältnismäßig.³⁸ Bislang war der Gesellschafterbestand in Objektregistern (als Ersatz-GbR-Register) zu verlautbaren, musste bei Veränderungen aktualisiert werden³⁹ und es waren hierfür mitunter sogar strengere Verfahrensvorschriften (GBO) zu beachten.

b) Registrierungsanreize Eine Voreintragungsobliegenheit soll allerdings lediglich im Zusammenhang mit registrierten Rechten, im Falle einer beabsichtigten Umwandlung sowie bei der Initiierung einer Zwangsversteigerung durch die GbR bestehen. Im Übrigen belässt es der Entwurf bei einem echten Wahlrecht mit Anreizen für die Registrierung, welches eine Beseitigung des bestehenden Publizitätsdefizits naturgemäß nur in eingeschränktem Maße gewährleisten kann. Ob die gesetzten Anreize zu einer breitflächigen Registrierung führen werden, erscheint freilich ungewiss (näher Ziffer VII.1). Gerade für Gelegenheitsgesellschaften werden jedoch zu Recht keine neuen bürokratischen Hürden (mit der Registrierung verbundener Zeit- und Kostenaufwand) aufgebaut; das ggf. fortbestehende Publizitätsdefizit wird insoweit bewusst in Kauf genommen. Das gewählte Modell hat den Vorzug, dass es grundsätzlich die bisherige flexible Verwendbarkeit der GbR nicht über Gebühr einschränkt und einen faktischen Registrierungszwang im Interesse von Transparenz und Rechtssicherheit nur bei typisierend intensiver Teilnahme am Rechtsverkehr einführt.⁴⁰ Durch die bestehenden (und ggf. künftig weitere) An-

 Der Aufwand der öffentlichen Hand für die Einrichtung und Unterhaltung des Registers ist durch das Mehr an Transparenz und Rechtssicherheit gerechtfertigt und wird durch die Registergebühren (jedenfalls weitgehend) kompensiert.  Ggf. in einer Vielzahl von Registern und damit mit deutlich höherem Aufwand als im Falle eines zentralen Registers (Rationalisierungseffekt durch gebündelte Informationsvermittlung; Mauracher Entwurf, S. 142). Gerade die vermögensverwaltende Familien-GbR ist im Interesse der Flexibilität freilich regelmäßig als Ein-Objekt-Gesellschaft konzipiert.  Ebenso Otte-Gräbner, BB 2020, 1295 m. w. N.

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reize bzw. eine Ausweitung der Voreintragungsobliegenheiten erscheint ein fließender Übergang hin zu zahlreichen registrierten Gesellschaften bürgerlichen Rechts möglich, ohne die Register bzw. die Gesellschafter zu überfordern.⁴¹ Sofern weitere Konstellationen identifiziert werden, in denen Subjektpublizität geboten erscheint, und die Gewährleistung derselben nicht den Marktkräften überlassen werden soll,⁴² kann die Voreintragung zur Voraussetzung für weitere Rechtsgeschäfte gemacht werden (z. B. Eröffnung von Bankkonten, etwa über erweiterte geldwäscherechtliche Pflichten; vollstreckbare Urkunden i. S. v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Die Vorstellung, der Gesetzgeber könnte in einem zweiten Schritt ein auf dem fakultativen Register aufbauendes strenges Normativsystem einführen,⁴³ dürfte ein kaum wahrscheinliches Szenario darstellen, da die Publizitätsdefizite durch das vorgeschlagene Modell im Wesentlichen effektiv beseitigt werden und es daher am politischen Willen zu künftigen weiteren Änderungen fehlen dürfte.

c) Fazit Das dem Entwurf zugrunde liegende Modell vereint die Vorzüge der dargestellten Gestaltungsmodelle unter (weitgehender) Vermeidung der mit diesen jeweils einhergehenden Nachteilen. Unter Publizitätsgesichtspunkten hat es im Wesentlichen dieselben Wirkungen wie eine (partielle) Eintragungspflicht, ohne allerdings auf den ohnehin nur eingeschränkt wirkungsvollen Registerzwang zurückgreifen zu müssen. Gegenüber einem Normativsystem hat es den Vorzug, dass es die mit der Aberkennung der Rechtsfähigkeit für bestimmte Gesellschaften verbundenen Nachteile vermeidet, gleichzeitig aber in den relevanten Konstellationen Subjektpublizität gewährleistet. Sofern man in weiteren Bereichen fortbestehende Publizitätsdefizite identifiziert, die gesetzlichen Registrierungsanreize insoweit nicht ausreichen und diese Defizite voraussichtlich nicht schon aufgrund der Marktkräfte behoben werden, können unschwer Zwangselemente für den Abschluss weiterer Rechtsgeschäfte eingeführt werden.

 Fleischer/Pendl, WM 2019, 2185, 2190.  Ein hinreichend starker Verhandlungspartner ist bei einem relevanten Vertrag (z. B. langlaufender Mietvertrag) gut beraten, auf der Eintragung der GbR in das Register zu bestehen.  Dies andeutend Fleischer/Pendl, WM 2019, 2185, 2190.

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V. Registerverfahren Das Registerverfahren orientiert sich an den für die OHG geltenden Regelungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der GbR. Die Erstanmeldung der GbR liegt – anders als bei der OHG und im Gegensatz zur Anmeldung etwaiger Änderungen der in § 707 Abs. 3 BGB-E aufgeführten Umstände – im Ermessen der Gesellschafter.

1. Anmeldung (§ 707 BGB-E) a) Notwendiger Inhalt In Anlehnung an § 106 Abs. 2 HGB muss die Anmeldung der GbR gem. § 707 Abs. 2 BGB-E den Namen der Gesellschaft, ihren Vertragssitz i. S. v. § 706 S. 2 BGB-E und die inländische Anschrift der Gesellschaft, die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter sowie Angaben zur Identifizierung der Gesellschafter enthalten. Zusätzlich muss versichert werden, dass die Gesellschaft nicht bereits im Handels- oder im Partnerschaftsregister eingetragen ist. Wie bei den anderen Personengesellschaften auch, bedarf es keiner Angabe des Gesellschaftszwecks. Bei den Angaben der Gesellschafter geht § 707 Abs. 2 Nr. 2 BGB-E insoweit über § 106 Abs. 2 Nr. 1 HGB hinaus, als auch eine Regelung zu juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften als Gesellschafter enthalten ist. Diese sind mit Firma/ Name, Rechtsform, Sitz und, soweit gesetzlich vorgesehen, zuständigem Register und Registernummer anzugeben (ebenso § 106 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) HGB-E, § 40 Abs. 1 S. 2 GmbH-E)⁴⁴. Erfreulicherweise ist nunmehr – anders als bislang in § 40 Nr. 3 HRV – ausdrücklich normiert, dass Gesellschaften als Gesellschafter unter Angabe des zuständigen Registers und der Registernummer zu verlautbaren sind, da nur auf diese Weise eine eindeutige Identifizierung gewährleistet ist.

aa) Nicht eingetragene Gesellschaften deutschen Rechts als Gesellschafter Die Relativierung „soweit gesetzlich vorgesehen“ erscheint indes mit Blick auf die hierdurch erstrebte Transparenz und Rechtssicherheit erörterungsbedürftig. In den Materialien wird zu Recht darauf hingewiesen, dass bei bestimmten juristischen Personen, die nicht bereits gem. § 33 Abs. 1 HGB im Handelsregister ein Abweichender Wortlaut z. B. in § 15 Nr. 1 lit. b) GBV: „wenn sich diese Angaben aus den Eintragungsunterlagen ergeben oder dem Grundbuchamt anderweitig bekannt sind“.

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getragen sind (z. B. privatrechtliche Stiftungen oder juristische Personen des öffentlichen Rechts), derartige Angaben nicht vorhanden sind und daher notwendigerweise entfallen müssen.⁴⁵ Zusätzliche Angaben sind bei diesen entbehrlich, da die Publizität auf andere Weise gewährleistet wird und im Regelfall keine relevante Verwechslungsgefahr besteht. Ferner wird auf die Vor-Kapitalgesellschaft verwiesen, deren „Anmeldung und Eintragung […] der Praxis vorbehalten [bleiben]“ soll.⁴⁶ Diese Zurückhaltung seitens der Gesetzesverfasser erscheint nicht angemessen. Vielmehr sollte in Anlehnung an § 40 Abs. 1 S. 2 HS 2 GmbHG im Interesse von Transparenz und Rechtssicherheit als Grundregel statuiert werden, dass nicht im Register eingetragene und als solche auch nicht eintragungsfähige Gesellschaften des Privatrechts unter Angabe ihrer Gesellschafter im Register einzutragen sind. Sofern die Vor-Gesellschaft ihre eigene Eintragung nicht abwarten möchte (etwa weil der Eintragungsvorgang ausnahmsweise besonders viel Zeit in Anspruch nimmt), ist dieser zusätzliche Anmeldungs- und Eintragungsinhalt zumutbar. Die GbR ist hiervon nicht betroffen, da sie als Gesellschafter gem. § 707a Abs. 1 S. 2 BGB-E nur eingetragen werden soll, wenn sie ihrerseits vorab im Gesellschaftsregister eingetragen ist.

bb) Ausländische Gesellschaften als Gesellschafter Die vorstehenden Erwägungen gelten ebenfalls für ausländische Gesellschaften als Gesellschafter einer GbR. Zentrales Anliegen der Reformbestrebungen ist es, im Interesse des Rechtsverkehrs Publizität jedenfalls insoweit zu gewährleisten, als eine bislang nicht in einem Register eingetragene Gesellschaft des Privatrechts ihrerseits Gesellschafter einer registrierten Gesellschaft wird. Dies gilt umso mehr, als mit der Gesellschafterstellung die Vertretungsberechtigung verknüpft ist. Um größtmögliche Transparenz hinsichtlich der Identität und der Vertretungsberechtigung auch ausländischer Gesellschaften herzustellen, gilt es für diese ebenfalls sicherzustellen, dass sie entweder unter Angabe des zuständigen Registers und ihrer Registernummer oder unter Nennung sämtlicher Gesellschafter im Gesellschaftsregister eingetragen werden. Das primäre Regelungsziel der Reform droht andernfalls dadurch unterlaufen zu werden, dass nicht eine deutsche GbR,⁴⁷ sondern eine GbR ausländischen Rechts Gesellschafter wird, deren Heimatrecht keine Registrierungsmöglichkeit vorsieht und daher § 707 Abs. 1 S. 2 BGB-E nicht weiterhilft. Nach derzeitiger Gesetzesfassung würden gerade derar-

 Mauracher Entwurf, S. 74.  Mauracher Entwurf, S. 74.  Für diese setzt § 707a Abs. 1 S. 2 BGB-E die vorherige Eintragung voraus.

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tige Gesellschaften von der Rückausnahme „soweit gesetzlich vorgesehen“ profitieren und das derzeit bestehende Publizitätsdefizit der deutschen GbR würde „in anderem Gewand“ fortbestehen.

cc) Zwischenergebnis In § 707 Abs. 2 Nr. 2 lit. b BGB-E sollte daher der Zusatz „soweit gesetzlich vorgesehen“ gestrichen und die Regelung um einen weiteren Halbsatz entsprechend § 40 Abs. 1 S. 2 HS 2 GmbHG ergänzt werden, wonach bei nicht eingetragenen Gesellschaften (des Privatrechts) zusätzlich deren Gesellschafter in der Anmeldung anzugeben (und in das Register einzutragen) sind. Für die angesprochenen Sonderfälle (u. a. privatrechtlicher Stiftungen, juristischer Personen des öffentlichen Rechts) kann auf die Mechanismen zurückgegriffen werden, die zu § 40 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GmbHG entwickelt wurden. In der Gesetzesbegründung könnte zusätzlich klargestellt werden, dass die Pflicht zur Angabe der Gesellschafter insoweit keine Anwendung findet.

b) Anmeldepflichtige Wie bei Personengesellschaften üblich, ist die Anmeldung gem. § 707 Abs. 4 BGBE von allen Gesellschaftern vorzunehmen. Eine (im Interesse der praktischen Handhabbarkeit sinnvolle) Ausnahme ist lediglich für die Änderung der inländischen Anschrift der Gesellschaft vorgesehen, die von den Gesellschaftern in vertretungsberechtigter Zahl bzw. von hierzu ermächtigten Gesellschaftern vorzunehmen ist. Gerade bei zahlreichen Gesellschaftern ist die Erteilung von Registervollmachten in aller Regel zweckmäßig. Darüber hinaus sind weitere, die gemeinschaftliche Anmeldepflicht⁴⁸ relativierende gesetzliche Regelungen in Anlehnung an § 720 BGB-E nicht erforderlich.⁴⁹

 Als Kehrseite der Formfreiheit des Gesellschaftsvertrags.  Anders wohl Röder, AcP 215 (2015), 450, 483.

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2. Verfahrensvorschriften Für das Registerverfahren gelten über die Verweisung in § 707b Nr. 2 BGB-E im Wesentlichen die handelsrechtlichen Vorschriften entsprechend.⁵⁰ Insbesondere ist die Anmeldung zum Gesellschaftsregister gem. § 12 Abs. 1 S. 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen, was gem. S. 2 ebenfalls für die Registervollmacht gilt. Ebenso wie beim voll digitalisierten Handelsregister sollen die gesamte Kommunikation mit dem Registergericht (Anmeldungen), die Registerführung sowie die Registereinsicht im Sinne einer zukunftsträchtigen, hochmodernen Lösung zu Recht vollständig elektronisch erfolgen. Mitunter wird eine Online-Selbstregistrierung bzw. Vorsprache direkt beim Registergericht unter Verweis auf ein möglichst unbürokratisches Eintragungsverfahren mit geringen Kosten befürwortet, um zahlreiche Eintragungen zu ermöglichen.⁵¹ Die persönliche Vorsprache steht indes in Widerspruch zur einer flächendeckenden Digitalisierung des Handelsregisterverfahrens und dürfte kaum geeignet sein, die Gesamttransaktionskosten zu reduzieren, zumal zusätzliche Kapazitäten der Gerichte hierfür geschaffen werden müssten. Ein Onlineverfahren wie beim englischen Companies House ist zwar unbürokratisch, als Grundlage der mit der Registrierung der GbR erstrebten Subjektpublizität aber nicht geeignet (näher Ziffer VI.1),⁵² welche eine Eintragung im englischen Companies House aus gutem Grund nicht vermittelt. Im Interesse der (freiwilligen) Registrierung zahlreicher Gesellschaften sollte deren Anmeldung indes nur geringe Gebühren auslösen – ein Ansatz, der im Entwurf berücksichtigt ist und der bei der mit Musterprotokoll gegründeten UG (haftungsbeschränkt) bereits erfolgreich praktiziert wurde.

VI. Inhalt und Wirkung der Eintragung Sämtliche nach § 707 Abs. 2 BGB-E erforderlichen Angaben in der Anmeldung sind gem. § 707a Abs. 1 S. 1 BGB-E in das Gesellschaftsregister einzutragen, insbesondere auch eine vom gesetzlichen Regelfall der Gesamtvertretung abweichende vertraglich bestimmte Vertretungsbefugnis. Bei dem Verweis auf § 707 Abs. 2 Nr. 4 dürfte es sich indes um ein Redaktionsversehen handeln. Mit der

 Aufgrund des voraussetzungslosen Einsichtsrechts gem. § 707b Nr. 2 BGB-E i. V. m. § 9 HGB sollte bei grundbesitzhaltenden Gesellschaften – anders als bislang vielfach üblich – ein von der Postanschrift abweichender Name gewählt werden, um einen sonst unschwer möglichen Rückschluss auf die Eigentumsverhältnisse zu vermeiden (anders § 12 GBO).  So Röder, AcP 215 (2015), 450, 483.  Wohl auch Fleischer/Pendl, WM 2019, 2185, 2189.

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Eintragung ist die Gesellschaft gem. § 707a Abs. 3 BGB-E berechtigt, den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen. Mangels konstitutiver Wirkung der Eintragung besteht aber keine Pflicht zur Führung dieses Namenszusatzes.

1. Publizitätswirkung (§ 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E i. V. m. § 15 HGB) Zentrale Funktion der Registrierung ist die an die Eintragung und Bekanntmachung anknüpfende Publizität gem. § 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E i. V. m. § 15 HGB. Grundlage eines mit öffentlichem Glauben ausgestatteten Registers ist ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Wahrheit der dort verlautbarten Tatsachen. Durch das Erfordernis der Anmeldung durch sämtliche Gesellschafter (§ 707 Abs. 4 BGB-E), deren zuverlässige Identifizierung (§ 707b Nr. 2 BGB-E i. V. m. § 12 HGB) sowie die Einbindung des Notars zur Prüfung des Anmeldungsinhalts gem. § 378 Abs. 3 FamFG (Vier-Augen-Prinzip) wird die Richtigkeit der angemeldeten und einzutragenden Tatsachen gewährleistet. Insoweit wird zu Recht auf die bewährte Praxis im Handelsregisterverfahren zurückgegriffen. Auf diese Weise können die im Register eingetragenen rechtserheblichen Daten der Gesellschaft (Existenz, Vertretungsberechtigung) von jedermann unschwer und kostengünstig durch Abruf des Registerblatts ermittelt bzw. durch entsprechende Bescheinigungen (§ 21 BNotO, § 32 GBO) nachgewiesen werden. Eine Einschränkung ergibt sich allerdings daraus, dass die positive Publizität des Registers gem. § 15 Abs. 3 HGB lediglich für einzutragende Tatsachen gilt, also eine Anmeldepflicht voraussetzt. Eine derartige Pflicht besteht bei Änderungen der in § 707 Abs. 3 BGB-E genannten Umstände (§ 15 Abs. 1 HGB), nicht hingegen für die fakultative Erstanmeldung der GbR nach § 707 Abs. 1 BGB-E.⁵³ Die im Rahmen der Erstanmeldung eingetragenen und bekannt gemachten Tatsachen genießen folglich keinen öffentlichen Glauben gem. § 15 Abs. 3 HGB. Man mag das für hinnehmbar halten, zumal ein fehlerhafter Anmeldungsinhalt aufgrund des Erfordernisses der Anmeldung durch sämtliche Gesellschafter nicht besonders wahrscheinlich ist. Eine fehlerhafte Bekanntmachung bleibt gleichwohl möglich. Zudem ist zu konstatieren, dass der Entwurf insoweit hinter dem status quo, der durch § 899a i. V. m. § 892 Abs. 1 BGB vermittelten Publizität, zurückbleibt.⁵⁴ Im Hinblick auf die Vertretungsverhältnisse unterscheidet sich die GbR von der

 Ebenso bei der Anmeldung einer kleingewerblichen bzw. vermögensverwaltenden OHG.  Hierauf hat Stefan Geibel in der Diskussion zu Recht hingewiesen.

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kleingewerblichen bzw. vermögensverwaltenden OHG zudem dadurch, dass dort aufgrund des Regelfalls der Einzelvertretung (§ 125 Abs. 1 HGB) eine fehlerhafte Eintragung der Vertretungsbefugnis im Zweifel lediglich höhere Anforderungen suggeriert und daher unter Verkehrsschutzgesichtspunkten unschädlich ist, während bei der GbR mit dem gesetzlichen Regelmodell der Gesamtvertretung (§ 720 Abs. 1 BGB-E) eine fehlerhafte Eintragung unter Umständen eine tatsächlich nicht bestehende Vertretungsmacht suggeriert und ein dahingehendes Vertrauen des Vertragspartners nicht geschützt wird.⁵⁵ Aus den vorgenannten Gründen sollte daher die Publizitätswirkung des § 15 Abs. 3 HGB auf die Erstanmeldung erstreckt werden, was auch ohne Eingriff in die Regelungssystematik von § 15 HGB durch die Aufnahme einer (weiteren) Ausnahme in § 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E möglich ist. Andernfalls fehlt es insoweit mangels öffentlichen Glaubens konsequenterweise an der Grundlage für eine Registerbescheinigung nach § 21 Abs. 1, Abs. 2 BNotO (ggf. i. V. m. § 32 GBO) bzw. es müsste danach differenziert werden, ob die der jeweiligen eingetragenen Tatsache zugrunde liegende Anmeldung freiwillig oder verpflichtend war, was kaum sinnvoll darstellbar sein dürfte. Diese Lücke im System der Publizität besteht schon bislang bei der kleingewerblichen bzw. vermögensverwaltenden OHG. Sie wurde – soweit ersichtlich – noch nicht vertieft erörtert und sollte auch dort im Interesse eines lückenlosen Systems der Registerpublizität geschlossen werden.

2. Keine gewillkürte Löschung Während eine im Handelsregister eingetragene kleingewerbliche OHG bislang gem. § 105 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 2 S. 3 HGB auf schlichten Antrag gelöscht werden kann, sieht § 707a Abs. 4 BGB-E eine Löschung der eingetragenen GbR nur nach den allgemeinen Vorschriften vor. Hierdurch soll der Rechtsverkehrs vor sog. „Firmenbestattungen“ geschützt werden.⁵⁶ Prima facie erscheint eine Eintragung „ohne Rückfahrkarte“ im Hinblick auf die erstrebte Transparenz der GbR eher kontraproduktiv, da hierdurch Gesellschaften aufgrund des für die Löschung im Zweifel durchzuführenden Liquidationsverfahrens tendenziell von der Eintragung abgehalten werden.⁵⁷ Allerdings ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Voreintragungsobliegenheit nur eine eingetragene GbR Inhaberin registrierter Rechte werden kann. Es gilt daher sicherzustellen, dass eine eGbR als Inhaberin

 Hierauf hat Georg Bitter in der Diskussion zu Recht hingewiesen.  Mauracher Entwurf, S. 77.  Otte-Gräbner, BB 2020, 1295, 1296.

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eines registrierten Rechts ihre Subjektpublizität nicht durch schlichten Löschungsantrag ex nunc verliert. Die Übergangsregelungen für bereits als Rechtsinhaber eingetragene Alt-GbRs zielen gerade darauf ab, bestehende Publizitätsdefizite schrittweise zu beseitigen. Auch vor diesem Hintergrund wäre es inkonsequent, eine Löschung und damit ein Wiederaufleben des Publizitätsdefizits auf schlichten Antrag zuzulassen. Denkbar wäre eine (strafbewehrte) Versicherung aller eingetragenen Gesellschafter, dass die zu löschende eGbR nicht Inhaberin registrierter Rechte ist, doch wurde im Mauracher Entwurf (wohl bewusst) nicht auf das Konzept strafbewehrter Versicherungen zurückgegriffen. Es ist daher überzeugend, dass nach § 707a Abs. 4 BGB-E eine Löschung der eingetragenen GbR nur nach den allgemeinen Vorschriften möglich sein soll, zumal die Mehrzahl der registrierten Gesellschaften zur Registrierung aufgrund von Voreintragungserfordernissen gezwungen sein dürfte und die Durchführung eines Liquidationsverfahrens für sie keinen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt. Hierdurch wird schließlich dem schutzwürdigen Vertrauen der Vertragspartner einer eGbR auf die Publizität der Haftungs- und Vertretungsverhältnisse angemessen Rechnung getragen, denn diese haben möglicherweise bewusst nur mit einer registrierten Gesellschaft kontrahiert. Die Eintragung und Bekanntmachung der Löschung ist unter diesem Blickwinkel gerade bei langlaufenden, nicht ohne weiteres kündbaren Verträgen nicht äquivalent.⁵⁸ Folgerichtig wurden auch die Regelungen für die kleingewerbliche bzw. vermögensverwaltende OHG angepasst (§ 107 Abs. 2 S. 2 HGB-E).

3. Grenzen des GbR-Registers In § 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E ist ausdrücklich klargestellt, dass sich die Publizitätswirkung nicht darauf erstreckt, dass die eingetragene GbR kein Kaufmann ist.⁵⁹ Vielmehr wandelt sich die eGbR mit Überschreitung der Schwelle des § 1 Abs. 2 HGB kraft Gesetzes identitätswahrend in eine OHG und es wird eine Anmeldepflicht begründet, welche mittels Statuswechsels (§ 707c BGB-E) zu vollziehen ist. Anders als mitunter gefordert, ist die persönliche Haftung der Gesellschafter gem. § 721 BGB-E nicht beschränkbar, sodass die Eintragung einer Haftungsbeschränkung im Register ausscheidet. Gleiches gilt für die gem. § 720

 A. A. Otte-Gräbner, BB 2020, 1295, 1296.  Nach dem derzeitigen Konzept handelt es sich hierbei (wohl) mangels Anwendbarkeit von § 15 Abs. 3 HGB nur um eine deklaratorische Regelung.

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Abs. 4 BGB-E sachlich umfassende, nicht beschränkbare Vertretungsmacht der Gesellschafter.

VII. System einer „optionalen“ Registrierung Die Gesellschafter einer GbR können gem. § 707 Abs. 1 BGB-E im Grundsatz frei darüber entscheiden, ob sie die Gesellschaft zur Eintragung in das Register anmelden. Wie bereits erwähnt, besteht ein echtes Eintragungswahlrecht nur für diejenigen Gesellschaften, die insbesondere keine registrierten Rechte erwerben möchten bzw. bereits halten. Nach dem (noch nicht ganz konsequent umgesetzten) Regelungskonzept des Mauracher Entwurfs⁶⁰ ist eine GbR faktisch zur Registrierung unter Angabe von Name, Sitz, Registergericht und Registerblatt⁶¹ gezwungen, wenn sie ein registriertes Recht erwerben möchte (Ersterwerb) bzw. wenn eine GbR, die bereits Inhaber eines registrierten Rechts ist, hierüber verfügen bzw. Änderungen im Gesellschafterbestand verlautbaren möchte (Bestandsgesellschaften). Die nachfolgend darzustellenden Wirkungen der Eintragung sind an unterschiedlichen Stellen des Entwurfs erwähnt. Der Vorschlag, die wesentlichen Vorteile der Registrierung (Register- und Umwandlungsfähigkeit, Namenszusatz) im Interesse der besseren Lesbarkeit in einer Norm zusammenfassend aufzulisten,⁶² mag dem Laien den Zugang zum Gesetz erleichtern, vermittelt aber ohne Darstellung der wesentlichen Nachteile nur ein unvollständiges Bild und entspricht auch im Übrigen nicht der herkömmlichen Gesetzestechnik. Derartige Erläuterung erscheinen auf einer Informationsseite, z. B. des BMJV, besser verortet.

1. Vorteile der Eintragung a) Voreintragungsobliegenheit aa) Gesellschaftsrecht Die Voreintragung der GbR im Gesellschaftsregister ist verfahrensrechtliche Voraussetzung für den Erwerb eines registrierten Rechts, was einem Eintragungs Vgl. Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1151 f.  Die letztgenannten beiden Identifizierungsmerkmale sind nach dem derzeitigen Entwurf (zu Unrecht) nicht als „harter“ Eintragungsinhalt vorgesehen.  Bachmann, NZG 2020, 612, 615.

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zwang gleichkommt. Etwaige Verstöße gegen die Voreintragungsobliegenheit lassen die Wirksamkeit des Rechtserwerbs materiell-rechtlich unberührt, was im Interesse der Rechtssicherheit (Schutz des Vertrauens auf die Richtigkeit des Registerinhalts) zu begrüßen ist. Die Voreintragungsobliegenheit ist nicht zentral im BGB, sondern aufgrund der unterschiedlichen Verfahrensvorschriften für das jeweilige Register spezifisch geregelt. So soll nach § 47 Abs. 2 GBO-E ein grundbuchlich registriertes Recht für eine GbR (Eigentum oder ein anderes dingliches Recht) nur nach vorheriger Eintragung im Gesellschaftsregister eingetragen werden. Gleiches gilt generell für die Umwandlungsfähigkeit der GbR (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 191 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 UmwG-E) sowie ihre Fähigkeit, als Gesellschafter einer registrierten Gesellschaft im Handelsregister eingetragen bzw. in ähnlicher Weise verlautbart zu werden (für die GbR: § 707a Abs. 1 S. 2 BGB-E; für OHG und KG: § 707a Abs. 1 S. 2 BGB-E i. V. m. § 105 Abs. 2 HGB-E, § 161 Abs. 2 HGB; für die Stellung als Komplementär in einer KGaA: i.V. m. § 278 Abs. 2 AktG; für die GmbH: [wohl] § 40 Abs. 1 S. 2 und S. 3 GmbHG-E;⁶³ für die AG: § 67 Abs. 1 S. 3 AktG-E).

bb) Zwangsvollstreckung Einen Sonderfall bildet insoweit die Zwangsvollstreckung auf Veranlassung einer GbR. Der Entwurf knüpft die Möglichkeit der Initiierung der Zwangsvollstreckung nur insoweit an die Voreintragung der GbR, als die Zwangsversteigerung begehrt wird (§ 15 Abs. 2 ZVG-E). Sonstige Vollstreckungsmaßnahmen durch die oder gegen die GbR setzen keine Voreintragung voraus. Von einer Beschränkung der aktiven Parteifähigkeit auf eingetragene Gesellschaften wurde zwecks Gewährung eines effektiven einstweiligen Rechtsschutzes bewusst abgesehen.⁶⁴ Gleichwohl dürften sich insoweit aus § 47 Abs. 2 GBO-E Beschränkungen ergeben, da eine Zwangshypothek (§ 867 ZPO) und insbesondere die Arresthypothek (§ 932 ZPO) nur für eine eGbR eintragbar sind.⁶⁵ Angesichts der verfassungsrechtlichen Überlagerung dieser Problematik wäre (zumindest) eine ausdrückliche Aussage hierzu in der Gesetzesbegründung (in die eine oder andere Richtung) im Interesse der Rechtsklarheit wünschenswert.

 Zum Änderungsbedarf insoweit vgl. Ziffer IX.1.  Mauracher Entwurf, S. 144.  Vgl. Wilsch, ZflR 2020, 521, 522 f. (Ausweg: Abtretung an nicht der Registrierung unterliegende Berechtigungsform).

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b) Anreize Die folgenden Wirkungen der Eintragung stellen lediglich Anreize dar, welche die Gesellschafter zur Anmeldung der GbR motivieren können. In erster Linie trifft dies auf die bereits erwähnte, durch die Eintragung vermittelte Publizität hinsichtlich Existenz, Identität und Vertretungsverhältnissen zu, die zwar primär im Interesse des Rechtsverkehrs liegt, allerdings auch Vorteile für die Gesellschaft selbst bietet (Erleichterung von Verfügungen und von Verwaltungsmaßnahmen: Verkauf von Vermögensgegenständen, Ausübung von Gesellschafterrechten etc.). Durch die (optionale) Führung des Namenszusatzes eGbR (§ 707a Abs. 3 BGB-E) wird dies signalisiert und die GbR kann im Rechtsverkehr erhöhtes Vertrauen in Anspruch nehmen. Ferner sind insoweit die Möglichkeit eines vom Verwaltungssitz i. S. v. § 706 S. 1 BGB-E abweichenden Vertragssitzes (§ 706 S. 2 BGB-E), der Schutz des Namens (§ 707b Nr. 1 BGB-E) und die Entstehung der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten (§ 719 Abs. 1 S. 2 BGB-E) zu nennen.⁶⁶

2. Nachteile der Eintragung Abgesehen von dem mit der Eintragung verbundenen (überschaubaren) Aufwand (Zeit, Kosten) hat diese, insbesondere für bloße Gelegenheitsgesellschaften, zwei zentrale Nachteile: Zum einen kommt eine Löschung auf bloßen Antrag hin gem. § 707a Abs. 4 BGB-E nicht in Betracht. Zum anderen begründet die Eintragung eine Anmeldepflicht aller Gesellschafter bei Änderungen der eintragungspflichtigen Umstände (§ 707 Abs. 3 BGB-E, § 712 Abs. 3 BGB-E, § 733 Abs. 1 BGB-E, § 734 Abs. 3 BGB-E, § 737b Abs. 1 BGB-E, § 739 BGB-E), die mit Registerzwang durchgesetzt werden kann und bei deren Missachtung die negative Publizität gem. § 15 Abs. 1 HGB greift.⁶⁷

 Der objektiv feststehende Zeitpunkt der Verjährung der Ansprüche aus Gesellschafterhaftung (§ 735 Abs. 2 S. 1 BGB-E) und die Möglichkeit der gerichtlichen Liquidatorenbestellung (§ 737a Abs. 1 S. 1 BGB-E) dürften als Motiv für die Eintragung allenfalls von nachrangiger Bedeutung sein.  In dem formalen Verfahren des Statuswechsels bei „Heraufstufung“ der eGbR zur OHG bzw. KG nach § 707c BGB-E mag man ebenfalls einen Anreiz zur Meidung der Eintragung sehen (Bachmann, NZG 2020, 612, 615).

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3. Fazit In der Gesamtschau ist davon auszugehen, dass sich in erster Linie diejenigen Gesellschaften registrieren lassen, die aufgrund der Voreintragungsobliegenheit hierzu gezwungen sind. Außerhalb dieser Konstellationen mag eine Registrierung im Einzelfall darauf zurückzuführen sein, dass ein hinreichend starker Verhandlungspartner diese durchsetzen kann. Im Übrigen dürften weder die Publizitätswirkung,⁶⁸ die den Gesellschaften schon bislang über § 105 Abs. 2 S. 1 Var. 2 HGB offenstand, noch die weiteren Vorteile der Eintragung eine Vielzahl von Registrierungen nach sich ziehen.⁶⁹

VIII. Im Grundbuch registrierte Rechte Ein (ggf. sogar „der“) wesentlicher Auslöser der aktuellen Reformbestrebungen waren die mit der Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der GbR verbundenen Schwierigkeiten, die bis zuletzt nicht zufriedenstellend gelöst waren.

1. Grundbuchverfahrensrechtliche Sperre a) Voreintragungsobliegenheit (§ 47 Abs. 2 GBO-E) Künftig soll der Erwerb eines Immobiliarrechts durch eine GbR nach § 47 Abs. 2 GBO-E verfahrensrechtlich von deren vorheriger Eintragung im Gesellschaftsregister abhängig sein. Das damit einhergehende zweistufige Verfahren (Eintragung im Gesellschaftsregister, anschließende Eintragung im Grundbuch) mag auf den ersten Blick etwas schwerfällig anmuten, dürfte aber angesichts der Möglichkeit, die GbR im Rahmen des Erwerbsvorgangs anzumelden, und der regelmäßig kurzen Registrierungsdauer nur zu geringfügigem Mehraufwand⁷⁰ und nicht zu relevanten Verzögerungen führen.⁷¹ Aufgrund der dadurch gewährleisteten Sub-

 Vgl. Röder, AcP 215 (2015), 450, 467. Diese Einschätzung wird offenbar durch rechtsvergleichende Befunde bestätigt (Fleischer/Pendl, WM 2019, 2185, 2188).  Vgl. Fleischer/Pendl, WM 2019, 2185, 2188.  A. A. Fleischer/Pendl, WM 2019, 2185, 2189.  Im Einzelfall kann man einer gewissen Verzögerung des Vertragsvollzugs aufgrund der Voreintragungsobliegenheit und damit ggf. der Fälligkeit des Kaufpreises durch eine kürzere Zahlungsfrist Rechnung tragen.

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jektpublizität sind § 899a BGB und § 47 Abs. 2 GBO aktuelle Fassung insoweit entbehrlich.

b) Materiell-rechtliche Irrelevanz der Registrierung Wie bereits erwähnt, lässt eine etwaige fehlende Registrierung der GbR – ebenso wie der Verstoß gegen sonstige grundbuchverfahrensrechtliche Vorschriften – den Rechtserwerb im Falle der gleichwohl erfolgenden Eintragung im Interesse der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes materiell-rechtlich unberührt. Im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Erwerb dürfte es sich hierbei um einen eher theoretischen Fall handeln, da der (vom Grundbuchamt zwingend zu beachtende) § 15 Abs. 1 lit. b) GBV-E die Eintragung von Registergericht und Registerblatt fordert, was die vorherige Eintragung impliziert. Ein Erwerb von Gesetzes wegen vollzieht sich ohnehin unabhängig von der Eintragung im Grundbuch (§ 1922 Abs. 1 BGB, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).⁷² Durch die (nachfolgend darzustellenden) Übergangsregelungen in Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ist sichergestellt, dass bei späteren Verfügungen bzw. zu verlautbarenden Wechseln im Gesellschafterbestand die vorherige Eintragung im Gesellschaftsregister erfolgt.

c) Bereits initiierter Ersterwerb Mit Blick auf den § 878 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken („Eintragungsdauer des Grundbuchamts geht nicht zulasten der Beteiligten“) bedarf die vorgeschlagene Neuregelung in § 47 Abs. 2 GBO-E allerdings noch einer Ergänzung. Nach dem derzeitigen Gesetzesentwurf gilt die Voreintragungsobliegenheit auch für alle bei Inkrafttreten der Neuregelungen bereits initiierten, aber noch nicht abgeschlossenen Erwerbsvorgänge. Für diese Konstellationen sollte die Anwendung von § 47 Abs. 2 GBO-E und die korrespondierende Regelung der GBV noch suspendiert werden, damit keine nachträglichen Modifikationen bei bereits erklärter Auflassung und vor allem bei bereits beantragter Vormerkung erforderlich werden, da andernfalls der Vertragsvollzug angesichts des Mitwirkungserfordernisses aller GbR-Gesellschafter (v. a. § 707 Abs. 4 BGB-E) unter Umständen erheblich verzögert wird. § 883 Abs. 2 bzw. Abs. 3 BGB schaffen keine Abhilfe, da die Vormerkungswirkungen nach allgemeinem Verständnis nicht vor neuen verfahrensrechtlichen Anforderungen schützen. In Anlehnung an § 878 BGB sollten

 Vgl. M. Noack, NZG 2020, 581, 582.

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die Anforderungen nach § 47 Abs.2 GBO-E nur für Erwerbsvorgänge gelten, die nach Inkrafttreten des MoPeG initiiert wurden, etwa: „§ 47 Abs. 2 GBO ist in der bis zum … [Inkrafttreten des MoPeG] geltenden Fassung auf Vorgänge anzuwenden, bei denen vor diesem Zeitpunkt die Einigung erklärt und der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt wurde.“

2. Eintragungsinhalt Anders als bislang wird im Grundbuch künftig lediglich die GbR eingetragen (vgl. § 15 Abs. 1 lit. b GBV-E). Alle weiteren Informationen sind in das Gesellschaftsregister ausgelagert. Konsequenterweise soll § 82 S. 3 GBO (Grundbuchberichtigungszwang bzgl. GbR-Gesellschafter) gestrichen werden. Durch die Konzentration aller wesentlichen Angaben zur GbR im Register müssen diese nicht mehr in sämtlichen Objektregistern aktuell gehalten werden. Gegenüber dem unflexiblen Gesamtvertretungsmodell des § 899a BGB können im Gesellschaftsregister zudem abweichende Vertretungsregelungen eingetragen werden. Beides trägt zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands bei. Der durch die faktische Registrierungspflicht entstehende (geringfügige) Mehraufwand wird durch umfassende Publizität und die vorgenannten Vorteile mehr als aufgewogen. Er mag sich unter Umständen auch dadurch reduzieren, dass künftig weniger Ein-Objekt-Gesellschaften auftreten, sondern die eGbR für mehrere Erwerbe genutzt wird.

a) Zwingende Angabe von Registergericht und Registernummer § 15 Abs. 1 lit. b) GBV-E sieht vor, dass juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften unter Nennung von Namen oder Firma sowie Sitz einzutragen sind. Zusätzlich sollen das Registergericht und das Registerblatt der Eintragung des Berechtigten in das Handels-, Gesellschafts-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister angegeben werden, „wenn sich diese Angaben aus den Eintragungsunterlagen ergeben oder dem Grundbuchamt anderweitig bekannt sind“. Angesichts der bezweckten Publizität ist die Relativierung hinsichtlich der Pflicht zur Angabe von Registergericht und Registerblatt nicht verständlich. Zur Feststellung der Existenz und Vertretungsbefugnis der Gesellschaft, welche vom Grundbuchamt stets zu prüfen sind, bedarf es dieser Angaben zwingend. Zudem stellen Name/Firma und Sitz allein vielfach keinen ausreichenden Identifizierungsbehelf dar, da gerade Firmen bzw. Namen mitunter rasch wechseln (z. B. Umwandlungsvorgänge, Firmenfortführung) und diese bei un-

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terschiedlichen Gesellschaften bisweilen nur geringfügig differieren.⁷³ Aus diesem Grund ist die bei natürlichen Personen funktionsäquivalente Angabe des Geburtsdatums seit 2013 zwingend. Zudem ist nur durch Verlautbarung der Registerdaten eine Verwechslung mit einer reinen „Namens-GbR“ (2008 – 2009) zuverlässig ausgeschlossen. Daher sollte bei Gesellschaften ebenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet werden, wenn Gewissheit ohne weiteres zu erlangen ist. § 15 Abs. 1 lit. b) GBV sollte wie folgt gefasst werden: „bei juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften der Name oder die Firma und der Sitz; anzugeben sind zudem das Registergericht und das Registerblatt der Eintragung des Berechtigten in das Handels-, Gesellschafts-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister;“⁷⁴

b) Ausländische Gesellschaften Die vorstehende Anpassung ist auch deshalb geboten, da andernfalls der für den Grundbuchverkehr angestrebte Standard insbesondere im Hinblick auf ausländische Gesellschaften relativiert würde und das derzeit bestehende Defizit künftig lediglich „in anderem Gewand“⁷⁵ auftritt. Sofern die von § 15 Abs. 1 lit. b) GBV-E geforderten oder vergleichbare Daten für derartige Gesellschaften nicht verfügbar sind⁷⁶ und Transparenz nicht auf andere Weise hergestellt werden kann (z. B. Errichtung einer Zweigniederlassung), gilt es die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft aufrechtzuerhalten und den Rechtsverkehr nicht auf Wahrscheinlichkeiten zu verweisen. Am nächsten liegt insoweit die Aufrechterhaltung der bisherigen Regelung in § 47 Abs. 2 GBO (Eintragung der Gesellschafter bei nicht registrierten Gesellschaften) in Verbindung mit einer geeigneten Gutglaubensvorschrift („§ 899a BGB mit Kausalgeschäft“). Denkbar wäre auch eine (mit Publizität verbundene) Eintragung eines Vertretungsberechtigten in das Grundbuch, z. B. in

 Ebenso Bauer/Schaub/Kössinger, GBO, 4. Aufl. 2018, § 15 GBV Rdn. 27.  So im Ergebnis wohl auch Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1151. Nicht eingetragene juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. privatrechtliche Stiftungen, bei denen derartige Daten nicht existieren, sind hiervon schon nach dem Wortlaut nicht betroffen.  Rechtssicherer Nachweis von Existenz, Identität und/oder Vertretungsberechtigung.  Jedenfalls für europäische juristische Personen und Personenhandelsgesellschaften dürften derartige Daten nahezu ausnahmslos vorliegen.

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Anlehnung an § 1189 BGB.⁷⁷ Nähere Ausführungen würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

3. Bestandsgesellschaften (Art. 229 § 21 EGBGB-E) Angesichts der zahlreichen bereits im Grundbuch eingetragenen Gesellschaften bürgerlichen Rechts verdienen die für diese vorgesehenen Übergangsvorschriften besondere Beachtung. Durch Art. 229 EGBGB-E soll sichergestellt werden, dass jegliche Änderung des Grundbucheintrags einer GbR nur nach deren vorheriger Eintragung im Gesellschaftsregister möglich ist. Auf diese Weise wird kein unmittelbarer Anpassungszwang begründet, sondern dieser – in bewährter Weise⁷⁸ – an eine Veränderung geknüpft, die ohnehin eine Eintragung erfordert. Eine Obliegenheit zur Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister besteht danach, wenn die bereits im Grundbuch eingetragene GbR über ihr Recht verfügt (Abs. 1) bzw. Veränderungen im Gesellschafterbestand dieser GbR verlautbart werden sollen (Abs. 2).

a) Verfügung durch im Grundbuch eingetragene GbR (Abs. 1) aa) Voreintragungserfordernis Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 1 EGBGB-E begründet ein Voreintragungserfordernis bei erstrebten Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht einer bereits eingetragenen GbR betreffen, und fordert, dass „die Gesellschaft […] nach den [neuen Regelungen] im Grundbuch [!] eingetragen ist.“ Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die GbR zunächst nach §§ 707 ff. BGB-E im Gesellschaftsregister eingetragen wird und auf dieser Grundlage sodann eine Richtigstellung ihrer Bezeichnung (keine Berichtigung i. S. v. § 894 BGB) im Grundbuch erfolgt. Wenngleich das Regelungsziel nicht zweifelhaft ist, erscheint es doch mit Blick auf die parallele Übergangsregelung in Art. […] S. 1 EGHGB-E zumindest zweckmäßig klarzustellen, dass „Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht einer GbR betreffen, nicht erfolgen sollen, solange die Gesellschaft nicht in das Gesellschaftsregister und sodann gemäß § 15 Abs. 1 lit. b) GBV in das Grundbuch eingetragen ist.“ Denn die von Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 1 EGBGB-E in Bezug genommenen „neuen Regelungen“ betreffen unmittelbar nur die Ersteintragung der GbR als Rechtsinhaber,

 Vgl. Kazemi, Die Registerfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 2008, S. 127 ff.  Vgl. z. B. § 1 EGGmbHG.

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nicht hingegen Verfügungen derselben über ein ihr schon zustehendes Imobiliarrecht. Das Voreintragungserfordernis bei Verfügungen durch eine bestehende GbR wird teilweise unter Hinweis auf damit einhergehende massive Verzögerungen bzw. beachtliche Verfügungsblockaden kritisiert und bei einer veräußernden GbR, die den „Grundbuch-Exit“ anstrebe, für nicht opportun erachtet.⁷⁹ Von Ausnahmefällen abgesehen, die schon bislang praktisch nur schwer zu handhaben sind (Massengesellschaften bürgerlichen Rechts, z. B. für die Hausmeisterwohnung oder ein Blockheizkraftwerk in großen Eigentumsanlagen), sollte sich die erforderliche Registrierung weitgehend „geräuschlos“ und ohne relevante Verzögerungen in den Veräußerungsprozess integrieren lassen. Das Voreintragungserfordernis ist im Übrigen der Preis für die Beseitigung des derzeitigen Publizitätsdefizits und nicht davon abhängig, welche Ziele die GbR nach erfolgter Veräußerung verfolgt (z. B. „leere“ Ein-Objekt-GbR).

bb) Anforderungen an Richtigstellung im Grundbuch Bei der erforderlichen Anpassung der Bezeichnung der GbR im Grundbuch handelt es sich um eine Richtigstellung, nicht um eine Berichtigung i. S. v. § 894 BGB, sodass nicht §§ 13 ff. GBO (insbesondere Beweismittelbeschränkungen des § 29 GBO) greifen, sondern das Freibeweisverfahren Anwendung findet. Um die Identität der Gesellschaft sicherzustellen, ordnet Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 EGBGB-E indes die Anwendbarkeit der §§ 13 ff. GBO ausdrücklich an, sodass u. a. eine Bewilligung des Betroffenen (bisherige GbR) erforderlich ist. Bewilligungsbefugt sind nach Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 EGBGB-E im Interesse der Richtigkeitsgewähr alle bislang im Grundbuch Eingetragenen gemeinsam, was von Ausnahmefällen abgesehen (Massengesellschaften, vgl. vorstehend lit. aa) auch praktikabel ist. Bei zwischenzeitlichen Gesellschafterwechseln ist – in konsequenter Fortschreibung von § 899a BGB – allein die formelle Legitimation maßgeblich. Anstelle einer Berichtigungsbewilligung genügt ebenso ein Unrichtigkeitsnachweis i. S. v. § 22 Abs. 1 S. 1 GBO, da Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 EGBGB-E insoweit nicht als abschließende Regelung konzipiert ist. Einen solchen könnte man z. B. in der Anmeldung zur Neueintragung der GbR im Gesellschaftsregister durch alle Gesellschafter unter Hinweis auf ihre Stellung als Alleingesellschafter einer bestimmten, derzeit im Grundbuch eingetragenen GbR sehen.⁸⁰ Zum Schutz der eGbR vor einer aufgedrängten Zuordnung von Immobiliarrechten bedarf es

 Wilsch, ZfIR 2020, 521, 523 ff.  Vgl. Hügel/Reetz, GBO, 4. Aufl. 2020, § 47 Rdn. 111.

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keiner weiteren Vorkehrungen, da eine Eintragung i. S. v. Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 1 EGBGB-E eine Verfügung voraussetzt, also ohnehin eine der eGbR zurechenbare Bewilligung.

cc) Änderungen der GbR als solcher Der Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 1 EGBGB-E erstreckt sich nicht auf den Fall der schlichten Eintragung einer grundbesitzhaltenden GbR in das Gesellschaftsregister ohne korrespondierende Verfügung sowie auf bloße Änderungen des Namens und/oder Sitzes der GbR (keine Eintragung, „die ein Recht einer GbR betreffen“). Letztere sollen – ebenso wie Änderungen der Personendaten der Gesellschafter (v. a. Namensänderung) – kein Voreintragungserfordernis auslösen,⁸¹ können also im Wege der nicht formalisierten Richtigstellung im Grundbuch eingetragen werden. Das erscheint mangels Änderung der rechtserheblichen Eintragungstatsachen zutreffend. Wurde die grundbesitzhaltende GbR – ohne entsprechenden verfahrensrechtlichen Zwang – in das Gesellschaftsregister eingetragen, gelten insoweit nach der derzeitigen Fassung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB-E ebenfalls die Grundsätze der Richtigstellung. Neben der Bewilligung aller bislang im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter sollte für derartige „isolierte Umfirmierungen“ indes zusätzlich die Bewilligung durch einen Vertretungsberechtigten der eGbR erforderlich sein, um einen „aufgedrängten“ Erwerb zu verhindern. Es könnte sich anbieten, dies in der Übergangsregelung bzw. jedenfalls in der Begründung noch klarzustellen.

b) Veränderungen im Gesellschafterbestand einer bereits im Grundbuch eingetragenen GbR (Abs. 2) Bei (rechtserheblichen)⁸² Veränderungen im Gesellschafterbestand einer im Grundbuch eingetragenen GbR, die bislang nach § 82 S. 3 GBO einen Grundbuchberichtigungszwang zur Folge haben, findet gem. Art. 229 § 21 Abs. 2 S. 1 EGBGB-E keine Berichtigung statt. Vielmehr statuiert Art. 229 § 21 Abs. 2 S. 2 EGBGB-E eine Voreintragungsobliegenheit der GbR im Gesellschaftsregister unter Verlautbarung der relevanten Änderung im Gesellschafterkreis und anschließende Richtigstellung der Bezeichnung der GbR im Grundbuch. Der Regelung des

 Mauracher Entwurf, S. 160 f.  Nicht: bloße Namensänderung z. B. infolge Verehelichung (vgl. Ziffer VIII.3.a) cc)).

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§ 82 S. 3 GBO bedarf es insoweit nicht mehr (anders bei nicht registrierten Auslandsgesellschaften, vgl. Ziffer VIII.2.b).

IX. GbR als GmbH-Gesellschafterin Der GmbH-Gesellschafterliste kommen seit Inkrafttreten des MoMiG ebenfalls weitreichende Publizitätswirkungen zu (u. a. Fiktion der Gesellschafterstellung gem. § 16 Abs. 1 GmbHG; gutgläubiger Erwerb gem. § 16 Abs. 3 GmbHG). In Anlehnung an die Regelungen zum Grundbuch bedarf es daher beim Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen durch eine GbR (Ersterwerb) und bei Verfügungen durch eine GbR als Gesellschafter einer GmbH bzw. bei Änderungen in deren Gesellschafterbestand (Bestandsgesellschaften) einer Voreintragungsobliegenheit. In § 40 Abs. 1 GmbHG-E ist dies bislang nicht vollständig abgebildet.

1. Voreintragungsobliegenheit beim Ersterwerb § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG-E ordnet an, dass im Falle einer juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaft als Gesellschafter deren Firma oder Name, Sitz und, soweit gesetzlich vorgesehen, zuständiges Registergericht und Registernummer in die Liste aufzunehmen sind. Insoweit ähnelt die Vorschrift § 15 Abs. 1 lit. b) GBV-E, doch fehlt im GmbH-Recht eine § 47 Abs. 2 GBO-E vergleichbare Regelung. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass die Aufnahme in die Liste – anders als die Eintragung im Grundbuch – keine konstitutive, sondern lediglich deklaratorische Wirkung hat. In der vergleichbaren Konstellation des Aktienregisters findet sich indes eine unzweideutige Formulierung in der parallelen Regelung des § 67 Abs. 1 S. 3 AktG-E („Eine GbR kann nur in das Aktienregister eingetragen […] werden, wenn sie in dem Gesellschaftsregister eingetragen ist.“). Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll durch § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG-E zwar ebenfalls eine Voreintragungsobliegenheit normiert werden.⁸³ § 40 Abs. 1 S. 2 GmbH-E sollte jedoch schon dem Wortlaut nach unmissverständlicher zum Ausdruck bringen, dass eine GbR nur in die Liste aufgenommen werden soll, wenn sie zuvor im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Die Publizitätswirkungen der Liste sind ungeachtet ihrer fehlenden konstitutiven Wirkung ein hinreichender Anreiz für die Registrierung der GbR.

 Mauracher Entwurf, S. 196.

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2. Inhalt der Gesellschafterliste Wie bereits in Ziffer VIII.2.a) erörtert, ist die Relativierung hinsichtlich der Aufnahme von Registergericht und Registernummer („soweit gesetzlich vorgesehen“) im Hinblick auf die erstrebte Transparenz nicht zielführend und sollte gestrichen werden. Gleiches gilt für die vorgesehene Streichung von § 40 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GmbHG aktuelle Fassung (bei nicht eingetragenen Gesellschaften deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Name,Vorname, Geburtsdatum und Wohnort.). Diese Regelung ist entgegen der Ausführungen in den Gesetzesmaterialien nicht obsolet,⁸⁴ sondern angesichts der Mobilität ausländischer Gesellschaften in hohem Maße aktuell. Insbesondere gilt dies für nicht eingetragene ausländische Gesellschaften bürgerlichen Rechts, aber auch für sonstige Gesellschaften, die vorgeben, über keine Registernummer zu verfügen. Diese würden durch die vorgesehene Streichung in § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG entgegen der Grundkonzeption der Reform intransparenter als bisher. Die Auffangregelung in § 40 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GmbHG hat sich in der Praxis als erfolgreiches Instrumentarium erwiesen, die Gesellschaften zur Übermittlung ihrer maßgeblichen Registerdaten zu bewegen, deren Dokumentation im Interesse der Verkehrsfähigkeit der GmbH-Anteile liegt. Hinter dem bisherigen Standard für die Bezeichnung juristischer Personen und rechtsfähiger Personengesellschaften sollte die Neuregelung keinesfalls zurückbleiben. Im besten Fall ermöglicht die Angabe von Registergericht und Registernummer den Nachweis von Existenz, Identität und Vertretungsverhältnissen aufgrund Eintragung der betreffenden Gesellschaft in einem mit Publizität ausgestatteten Register; in jedem Fall wird durch die subsidiäre Eintragung aller Gesellschafter eine grundsätzlich eindeutige Identifizierung der Gesellschaft gewährleistet. § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG sollte daher wie folgt gefasst werden: „Ist ein Gesellschafter selbst eine juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, sind in die Liste der Name oder die Firma und der Sitz sowie das Registergericht und das Registerblatt der Eintragung des Berechtigten in das Handels-, Gesellschafts-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister aufzunehmen, bei nicht eingetragenen Gesellschaften deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort.“

 Mauracher Entwurf, S. 197.

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3. Bestandsgesellschaften a) Anteilsveräußerung durch die GbR § 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG-E betrifft Bestandsgesellschaften und ordnet an, dass Veränderungen „mit Wirkung für eine GbR“ nur in der Gesellschafterliste verlautbart werden, wenn die GbR zuvor im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Nach dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung zielt diese Regelung in erster Linie auf eine Veräußerung eines Geschäftsanteils durch die GbR. In diesem Fall bedarf es zunächst einer Gesellschafterliste, welche die eGbR als Gesellschafter der GmbH abbildet,⁸⁵ und hieran anknüpfend eine die Veräußerung reflektierende Liste.⁸⁶

b) Veränderungen im Gesellschafterbestand Eine Veränderung im Gesellschafterbestand einer bereits in einer Gesellschafterliste verlautbarten GbR mag man ebenfalls unter den Wortlaut von § 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG-E fassen können. In Anlehnung an die Unterscheidung in Art. 229 § 21 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB-E erscheint es aber vorzugswürdig, auch in § 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG-E zwischen Veränderungen betreffend die Gesellschafterstellung der GbR selbst und Veränderungen in ihrem Gesellschafterbestand zu differenzieren. Sofern den letztgenannten Veränderungen materielle Wirkung zukommt (z. B. Anteilsveräußerung), können diese nicht in der Liste verlautbart werden, sondern nur durch Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister und nachfolgender Einreichung einer angepassten Gesellschafterliste.

c) Nachweisanforderungen Anders als im Grundbuchrecht existieren im GmbH-Recht keine Verfahrensvorschriften, welche Anforderungen zu stellen sind, wenn anstelle der bislang eingetragenen GbR (mitsamt ihrer Gesellschafter) eine eGbR in die Gesellschafterliste aufgenommen werden soll. Die dargestellten grundbuchverfahrensrechtlichen Anforderungen (vgl. Ziffer VIII.3.a) bb) und cc) genügen jedenfalls auch im GmbH Auf deren Grundlage kann der beurkundende Notar die ordnungsgemäße Vertretung der GbR bei der Verfügung nach § 21 Abs. 1, Abs. 2 BNotO bescheinigen.  Für sonstige Verfügungen gilt entsprechendes, sofern diese in der Liste verlautbart werden können.

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Recht als Nachweis der Identität. Alternativ denkbar sind Versicherungen der eingetragenen Gesellschafter und eines Vertretungsberechtigten der eGbR (vgl. Art. […] S. 3 EGHGB-E). Um Unklarheiten zu vermeiden, bietet sich eine die zu stellenden Nachweisanforderungen konkretisierende Regelung in der Satzung an.

d) Zuständigkeit für Listenerstellung Sofern eine Veränderung bei einer Bestands-GbR ein Voreintragungserfordernis auslöst bzw. die GbR sich freiwillig im Gesellschaftsregister eintragen lässt, liegt es nahe, den mit der Anmeldung der GbR befassten Notar nach Eintragung der GbR für die Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste zum Handelsregister als gem. § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG zuständig anzusehen. Zwar handelt es sich bei der bloßen „Umfirmierung“ der GbR in eine eGbR nicht um eine materielle Veränderung, doch ist eine solche von § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG⁸⁷ und damit auch von Abs. 2 S. 1, der diesen in Bezug nimmt, nicht vorausgesetzt. Auf diese Weise ist die zeitnahe Einreichung einer aktualisierten Liste gewährleistet, was bei Prüfung des ordnungsgemäßen Vollzugs der GbR-Anmeldung miterledigt werden kann.⁸⁸

X. GbR als Gesellschafterin einer Personenhandelsgesellschaft 1. Voreintragungsobliegenheit bei Gründung bzw. Beitritt Eine GbR soll nur als Gesellschafterin einer Personenhandelsgesellschaft eingetragen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Die für die Gesellschafterstellung einer GbR an einer anderen GbR in § 707a Abs. 1 S. 2 BGB-E statuierte Voreintragungsobliegenheit gilt ebenfalls für die OHG (i. V. m. § 105 Abs. 2 HGB-E), für die KG (i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB-E) und für die KGaA (i. V. m. § 278 Abs. 2 AktG). § 162 Abs. 1 S. 2 HGB aktuelle Fassung ist insoweit entbehrlich. Die GbR ist mit Namen und Sitz sowie stets (!) unter Angabe von Registergericht und Registerblatt einzutragen (vgl. Ziffer V.1.a) aa).⁸⁹ Sofern bei Auslandsgesellschaften derartige Informationen fehlen, sind diese unter Angabe aller Gesell-

 Vgl. jüngst OLG Düsseldorf GmbHR 2020, 703.  Vgl. für den parallelen Fall einer beurkundeten Firmenänderung oder Sitzverlegung bei einer Gesellschafterin einer GmbH MünchKommGmbHG/Heidinger, 3. Aufl. 2019, § 40 Rdn. 231.  Ebenso Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1151.

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schafter einzutragen, um fortbestehende Publizitätsdefizite weitmöglichst zu vermeiden (vgl. Ziffer V.1.a) bb).

2. Bestandsgesellschaften Im Hinblick auf Bestandsgesellschaften, d. h. Gesellschaften, die bereits als Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft eingetragen sind, scheinen Übergangsregelungen für Verfügungen durch die GbR über ihre Mitgliedschaft sowie bei Änderungen in ihrem Gesellschafterbestand erforderlich zu sein, deren Verlautbarung jeweils eine Voreintragungsobliegenheit begründen sollte. Dieses Regelungsziel ist indes nur teilweise in Art. […] EGHGB-E umgesetzt.

a) Veränderungen im Gesellschafterbestand aa) GbR als Kommanditist Im Hinblick auf Veränderungen im Gesellschafterbestand einer gem. § 162 Abs. 1 S. 2 HGB als Kommanditist eingetragenen GbR ordnet Art. […] S. 1 und S. 2 EGHGBE an, dass diese nicht mehr im Handelsregister verlautbart werden, sondern es im Interesse der Publizität einer Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister unter Berücksichtigung des geänderten Gesellschafterbestands und einer anschließenden „Umfirmierung“ im Handelsregister bedarf. Art. […] S. 2 Hs. 2 EGHGB-E sieht vor, dass die Anmeldung der „Umfirmierung“ in eine eGbR durch alle derzeit im Handelsregister eingetragenen Gesellschafter und alle im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschafter zu erfolgen habe, ergänzt um eine Versicherung betreffend die Identität der Gesellschaften (S. 3). Ungeachtet dessen, dass die Anmeldung der „Umfirmierung“ der Kommanditisten-GbR nur deren vorherige Anmeldung zum Gesellschaftsregister und nicht deren dortige Eintragung voraussetzt, ist nicht ersichtlich, weshalb neben der Anmeldung durch alle formell Legitimierten zusätzlich die Anmeldung aller im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschafter notwendig sein sollte. Deren Vertretung entsprechend der eingetragenen Vertretungsregelung ist ausreichend, da es bei der Anmeldung nicht um die eGbR als solche, sondern um deren Beteiligung an einer KG geht. Die Gesellschafter der eGbR müssen auch im Übrigen im Außenverhältnis von einem Vertretungsberechtigten vorgenommene Rechtsgeschäfte gegen die GbR gelten lassen. § 106 Abs. 8 HGB-E ist weder direkt noch dem Rechtsgedanken nach einschlägig. Diese Nachweisanforderungen gelten auch für die nachfolgend darzustellenden Konstellationen einschließlich einer

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bloßen „Umfirmierung“ einer samt ihrer Gesellschafter eingetragenen GbR zu einer eGbR.

bb) GbR als OHG-Gesellschafter oder Komplementär Während für Veränderungen im Gesellschafterbestand einer als Kommanditist eingetragenen GbR eine Übergangsregelung existiert, fehlt eine solche gänzlich für den Fall einer als OHG-Gesellschafter bzw. als Komplementär einer KG (oder KGaA) bereits eingetragenen GbR. Ungeachtet dessen, dass derartige Beteiligungsformen wegen der fehlenden Möglichkeit der Haftungsbeschränkung⁹⁰ keine große Praxisrelevanz aufweisen, sind derartige Gesellschafterstellungen einer GbR nach hM trotz § 162 Abs. 1 S. 2 HGB möglich und sollten daher durch Erweiterung von Art. […] S. 1 EGHGB-E in der Übergangsregelung abgebildet werden.

b) Verfügungen durch Bestandsgesellschaften über ihre Gesellschaftsbeteiligung Anders als im Immobiliarsachenrecht (Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB-E) und im GmbH-Recht (§ 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG-E) fehlt es bislang an einer Übergangsregelung für den Fall, dass eine als Gesellschafter einer OHG bzw. KG eingetragene GbR über ihre Gesellschaftsbeteiligung verfügt. Von den genannten Konstellationen unterscheidet sich die Gesellschafterstellung der GbR bei einer Personenhandelsgesellschaft dadurch, dass eine Übertragung derselben eine Anmeldepflicht sämtlicher Gesellschafter und damit aufgrund der Eintragung der GbRGesellschafter im Handelsregister aller formell Legitimierten begründet. Mit Blick darauf könnte man an der Sinnhaftigkeit eines Voreintragungserfordernisses der GbR im Gesellschaftsregister zweifeln. Allerdings ist unklar, ob bzw. inwieweit die Publizitätswirkung des § 15 HGB wegen § 162 Abs. 2 HGB auf die Eintragung der Kommanditisten (und damit auf die als deren Gesellschafter eingetragenen Personen) Anwendung findet.⁹¹ Mangels gesetzlich normierter Anmeldepflicht gilt dies erst recht für eine als Gesellschafter einer OHG eingetragene GbR (samt deren Gesellschaftern). Daher sollte eine Voreintragungsobliegenheit zwecks der dadurch vermittelten Publizität auch für Verfügungen einer als Gesellschafter einer

 Denkbar ist insoweit allein eine GbR bestehend aus juristischen Personen, was etwas umständlich wirkt.  Vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 39. Aufl. 2020, § 162 Rdn. 5 m. w. N.

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OHG oder KG eingetragenen GbR in Anlehnung an Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB-E angeordnet werden.

XI. GbR als Aktionärin Für eine GbR als Namensaktionärin einer AG normiert § 67 Abs. 1 S. 3 AktG-E ein Voreintragungserfordernis im Gesellschaftsregister sowohl für den Ersterwerb der Aktien als auch für nachfolgende Verfügungen über diese. Ebenso wie bei der GmbH (§ 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG-E) sollte unmissverständlich geregelt werden, dass Veränderungen im Gesellschafterbestand mit materieller Wirkung (z. B. Anteilsveräußerungen) nicht im Aktienregister verlautbart werden können, sondern nur durch Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister und nachfolgender Anpassung des Aktienregisters (vgl. Ziffer IX. 3.b). Zu den Nachweisanforderungen (§ 67 Abs. 3 AktG) vgl. Ziffer IX.3.c). § 67 Abs. 1 S. 2 AktG-E sollte schließlich aus den bereits genannten Gründen dahingehend ergänzt werden, dass stets auch das Registergericht und das Registerblatt in das Aktienregister einzutragen sind.

XII. Wesentliche Ergebnisse 1.

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Die Publizitätsdefizite der rechtsfähigen Außengesellschaft bürgerlichen Rechts sorgen für Rechtsunsicherheit und erhöhen die Transaktionskosten nicht unerheblich. Um dem abzuhelfen, ist die Schaffung eines GbR-Registers als zentrales Subjektregister gegenüber der punktuellen Verbesserung der Publizitätsvorschriften in den einzelnen Objektregistern vorzugswürdig. Das GbR-Register sollte allerdings im Interesse der einfacheren Zugänglichkeit und Handhabbarkeit sowie mit Blick auf die typische Entwicklung der kleingewerblichen GbR zur OHG – entgegen dem Mauracher Entwurf – nicht als weiteres eigenständiges Register ausgestaltet, sondern in das Handelsregister integriert werden. Die konkrete Ausgestaltung als im Grundsatz freiwilliges Register mit Anreizen und verfahrensrechtlichen Zwangselementen (Voreintragungsobliegenheit bei beabsichtigter Verfügung über registrierte Rechte bzw. Veränderungen im Gesellschafterbestand) ist einer völligen Freistellung der Eintragung einerseits und einer (ohnehin allenfalls partiellen) Eintragungspflicht bzw. der Koppelung der Rechtsfähigkeit an die Eintragung andererseits überlegen, da die Publizitätsdefizite in den maßgeblichen Bereichen ohne relevante Nachteile (Abgrenzungsproblematik und nur bedingt wirkungsvoller Registerzwang bzw. partielle Rückkehr zur nicht rechtsfähigen GbR mit den damit

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einhergehenden Problemen) effektiv beseitigt werden und im Übrigen ein flexibles System geschaffen wird, welches den Bedürfnissen der jeweiligen GbR und ihrer Vertragspartner im Einzelfall angemessen Rechnungen zu tragen vermag. Die vorgeschlagene Ausgestaltung des (vollständig digitalisierten) Registerverfahrens in Anlehnung an das Handelsregisterverfahren gewährleistet neben einer zuverlässigen Identifizierung der Beteiligten die Vollständigkeit und Richtigkeit des Anmeldungs- und Eintragungsinhalts als Grundlage der Publizitätswirkung, kurze Eintragungszeiten und die jederzeitige, unschwere Verfügbarkeit des Registerinhalts. Um hinsichtlich des Publizitätsniveaus nicht hinter dem status quo (§ 899a i. V. m. § 892 Abs. 1 BGB) zurückzubleiben, sollte die Anwendbarkeit von § 15 HGB trotz der freiwilligen Erstanmeldung der GbR angeordnet werden. Im Interesse einer lückenlosen Publizität sollten neben Namen und Sitz der Gesellschaft stets auch deren Register und die Registernummer in sämtliche Objektregister eingetragen werden. Relativierungen insoweit (vgl. insbes. § 15 Nr. 1 lit. b) GBV-E) stehen in Widerspruch zu den Zielsetzungen des MoPeG. Für ausländische Gesellschaften bürgerlichen Rechts, bei denen dieser Standard unter Umständen nicht gewahrt werden kann, sollte ein verpflichtender Eintragungsinhalt die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherstellen, um zu verhindern, dass die derzeit bestehenden Publizitätsdefizite aufgrund der Mobilität der Gesellschaften in Zukunft „in anderem Gewand“ fortbestehen. Es liegt nahe, insoweit weiterhin alle Gesellschafter im Grundbuch, Handelsregister und in der Gesellschafterliste einzutragen und diesen Eintragungsinhalt mit einer geeigneten Publizitätsregelung zu verbinden. Mangels anderweitiger Gewährleistung der Publizität, jedenfalls aber einer eindeutigen Identifizierbarkeit sollte daher die derzeit bestehende Pflicht zur Eintragung aller GbRGesellschafter (§ 47 Abs. 2 GBO, § 162 Abs. 1 S. 2 HGB, § 40 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GmbHG) als Auffangregelung aufrechterhalten werden, sofern Register und Registernummer der Gesellschaft nicht verfügbar sind. Für den Ersterwerb eines registrierten Rechts soll nach dem Mauracher Entwurf eine Voreintragungsobliegenheit bestehen. Diese sollte auch für den originären Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen unmissverständlich angeordnet werden. Für Bestandsgesellschaften, d. h. derzeit bereits in Objektregistern eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts, sollten die Konstellationen, in denen eine Obliegenheit zur Voreintragung im GbR-Register besteht, einheitlich geregelt werden. In der derzeitigen Entwurfsfassung decken nur die Übergangsregelungen für im Grundbuch eingetragene Gesellschaften bürgerli-

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chen Rechts im Wesentlichen alle relevanten Konstellationen ab. Eine Voreintragungsobliegenheit bzw. das für die Veränderung zu beachtende Verfahren sollte für alle Register in den folgenden Fallgruppen einheitlich angeordnet werden: a) rechtserhebliche Veränderungen im Gesellschafterbestand der im Objektregister eingetragenen GbR und b) Verfügungen der GbR über das eingetragene Recht. 10. Um zu verhindern, dass bereits initiierte Eintragungsvorgänge, die mitunter längere Zeit in Anspruch nehmen, mit Blick auf die Voreintragungsobliegenheit im GbR-Register nach Inkrafttreten des MoPeG neu angestoßen werden müssen, sollte eine Übergangsregelung den § 878 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken („Eintragungsdauer des Grundbuchamts geht nicht zulasten der Beteiligten“) aufgreifen und verfahrensrechtlich umsetzen. 11. Angesichts der Zielsetzung des Mauracher Entwurfs, die Verfügbarkeit des einstweiligen Rechtsschutzes für die GbR nicht mit einer Voreintragungsobliegenheit zu belasten, sollte geregelt bzw. jedenfalls in der Begründung klagestellt werden, ob § 47 Abs. 2 GBO-E auf die Eintragung von Zwangs- bzw. Arresthypotheken Anwendung findet.

Ralf Knaier

Bericht über die Diskussion In der Diskussion im Anschluss an die drei Vorträge zum Auftakt des Sondersymposiums von Fleischer (S. 1 ff.), Schollmeyer (S. 29 ff.) und Herrler (S. 39 ff.) herrschte allgemeiner Konsens darüber, dass der Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) insgesamt gelungen sei. Die diskutierten Einzelfragen erstreckten sich im Wesentlichen auf drei Themengebiete: Beleuchtet wurde einerseits die Standortfrage der Regelungen über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Zusammenhang mit der Gesetzgebungstechnik und Systematik des „Mauracher Entwurfs“¹ (I.). Andererseits erörterten die Teilnehmer Fragen der Eintragung der GbR und deren Wirkungen (II.), sowie Fragen der Haftung von Gesellschaft und Gesellschafter (III.).

I. Zunächst widmete sich die Diskussion auf mehreren Ebenen gesetzgebungstechnischen Fragen und setzte sich mit der Systematik der Reformüberlegungen auseinander. Ein Vertreter der Wissenschaft merkte in diesem Zusammenhang an, dass es sinnvoll sei, wie vorgesehen, die Trennung zwischen der rechtsfähigen Personengesellschaft einerseits und der offenen Handelsgesellschaft (oHG) andererseits beizubehalten. Allerdings müssten die Implikationen der mit dem Entwurf verbundenen stärkeren Annäherung der Außen-GbR an die oHG beachtet werden. Das MoPeG führe in diesem Zusammenhang zu einem Ergänzungsbedarf im Recht der oHG. Gewisse Doppelungen in den jeweiligen Regelungsgebieten in BGB und HGB seien sinnvoll und für die Praxis hilfreich. Der Gesetzgeber sei letztlich dazu aufgerufen bei den bevorstehenden Änderungen der Regelwerke im Auge zu behalten, dass der Kaufmann als juristischer Laie in die Lage versetzt werden solle, bei der Lektüre des HGB zumindest einen Überblick über die für ihn wesentlichen Regelungen betreffend die oHG gewinnen zu können, ohne sich zahlreiche für ihn relevante Regelungen zusätzlich aus dem BGB erschließen zu müssen. Der Gesetzgeber solle hier den Mut aufbringen weitere Bereiche als bisher im Entwurf

 Abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/PM/042020_Entwurf_Mopeg.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Stand: 10.07. 2020). https://doi.org/10.1515/9783110719178-005

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vorgesehen in beiden Regelungskomplexen zu normieren. Transparenz für den Rechtsanwender müsse Vorrang vor Verweisungseleganz genießen. Dies fand Zuspruch aus Kreisen der Wissenschaft, insbesondere im Hinblick auf die Zentralnorm des Außenrechts und die Haftungsregelungen für die GbR im Mauracher Entwurf, die sinnvollerweise nochmals separat für die oHG Eingang in das HGB finden könnten. Jedoch wurde diesem Standpunkt auch entgegnet, es sei nicht unbedingt realistisch, dass der Kaufmann das HGB zur Lösung seiner Rechtsfragen zurate ziehe, sondern ohnehin professionelle juristische Beratung einholen müsse und dies regelmäßig auch täte. Dieser Kritikpunkt wurde von Herrler geteilt. Ergänzend hierzu merkte ein weiterer Diskutant an, dass die Annäherung an die oHG nicht nur systematisch ein Problem darstelle, sondern gerade die GbRen, die als Gelegenheitsgesellschaften fungieren, vor zahlreiche Probleme stelle. Die Annäherung an die oHG sei gerade hinsichtlich der Vielgestaltigkeit der GbR problematisch. Aus dem Plenum wurde in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass es überlegenswert gewesen wäre, den teilweise als nicht mehr zeitgemäß empfundenen Begriff des Kaufmanns im Zuge der Reform ebenfalls neu zu regeln, was wiederum die Diskussion um das Verhältnis von GbR und OHG entschärfen würde. Die GbR wäre dann als Auffangrechtsform für nicht unternehmenstragende Gesellschaften zu konstruieren gewesen. Aus Kreisen der Wissenschaft wurde zudem vorgebracht, dass die Fixierung des Entwurfs auf die unternehmenstragende GbR generell problematisch sei. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die vielseitigen Erscheinungsformen der GbR. Besonders die Gelegenheitsgesellschaften würde so vor erhebliche Herausforderungen gestellt, zumal sie nun vor der Schwierigkeit stünden, selbst ein geeignetes Gesellschaftsvertragsmodell kreieren zu müssen, obwohl sie regelmäßig nicht rechtlich beraten seien. Fleischer ergänzte zu diesem Themenkomplex, dass die Vielseitigkeit der GbR in der Praxis ein besonderes Problem für den Gesetzgeber darstelle, wenn eine allgemeingültige Regelung geschaffen werden solle. Als probater Leitsatz könne in diesem Zusammenhang „so viel Differenzierung wie nötig, so wenig Differenzierung wie möglich“ dienen. Erwägenswert wäre jedoch eventuell einzelne Regelungen, die nur für unternehmenstragende Gesellschaften gelten, zu etablieren. Ein weiterer Diskutant ergänzte hierzu, dass bei der Gesetzesnovelle besonders auch die steuerberatenden Berufe und deren Umgang mit den Regelwerken in den Blick zu nehmen seien. Hierzu merkte ein Vertreter der Wissenschaft an, dass es sinnvoll wäre, den Regelungsstandort der BGB-Gesellschaft dahingehend zu ändern, den Regelungskomplex in den Allgemeinen Teil des BGB zu verschieben, um die GbR neben dem Verein als juristische Person zu etablieren und damit zugleich mehr Rechtsklarheit für das Steuerrecht zu schaffen. Es sei

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durchaus erwägenswert die rechtsfähige Personengesellschaft dem Körperschaftssteuerrecht zu unterwerfen. In der steuerrechtlichen Diskussion werde hiergegen vorgebracht, dass es sich bei den Personen(handels)gesellschaften nicht um juristische Personen handle. Dass diese gleichzeitig vom Trennungsprinzip erfasst werden, verfange in der steuerrechtlichen Diskussion nur wenig. Das Gesellschaftsrecht könne so als segensreiche Quelle für das Steuerrecht dienen. Dem wurde aus dem Plenum allerdings entgegengehalten, dass die umstrittene gesellschaftsrechtliche Einordnung der GbR – als Gesamthand oder als juristische Person – keine unmittelbaren Auswirkungen auf die körperschaftssteuerrechtliche Einschätzung habe und dieses Grundlagenproblem vielmehr auf Ebene des Steuerrechts geklärt werden müsse. Diesen Erwägungen stimmte Fleischer in dogmatischer und systematischer Hinsicht zu. Der Standort der Regelungen zur rechtsfähigen GbR im besonderen Schuldrecht sei verfehlt und stelle dort einen Fremdkörper dar. Eine Einordnung wäre auch unter rechtshistorischen Gesichtspunkten im Allgemeinen Teil des BGB unter dem Abschnitt zur juristischen Person sinnvoll. Sinnvoll wäre auch ein separates Personengesellschaftsgesetz zu kreieren. Ein solches könne sich – wie die Rechtsvergleichung zeige – als durchaus benutzerfreundlich erweisen, insbesondere auch hinsichtlich der Verweisungstechnik. Widerspruch fanden diese Erwägungen im Hinblick auf den Standort der Regelungen über die GbR seitens Schollmeyer. Dogmatisch sei dieser im besonderen Schuldrecht zwar falsch gewählt, jedoch habe der althergebrachte Standort im BGB keine entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der GbR und der Regelungen über diese. In der Praxis der Gesetzgebung stelle sich das Problem, dass im Allgemeinen Teil des BGB schlicht kein ausreichender Platz bestehe, um einen derart umfangreichen Regelungskomplex einzufügen. Dennoch spiele der Standort des Regelungskomplexes im Endeffekt für keinen der beteiligten Akteure, ebenso wenig wie für die Rechtsprechung und die Beratungspraxis eine entscheidende Rolle. Im Zusammenhang mit den grundsätzlichen Fragen zu den geplanten Neuregelungen wurde durch einen Teilnehmer aus der Wissenschaft vorgebracht, dass in der Neuregelung eine Abschaffung der GbR als Gesamthand zu sehen sei und thematisiert, wie die Lücke, die hierdurch entstehe geschlossen werden könne. Derzeit sei diese Form der Gesamthand die einzige Möglichkeit ein rechtlich geschütztes Sondervermögen zu errichten, welches zudem zwischen den Gesellschaftern parzelliert werden könne. Zu überlegen wäre, die Gesamthand insgesamt im BGB, also auch für die Zugewinn- und die Miterbengemeinschaft, abzuschaffen. Jedenfalls empfehlenswert wäre es sodann die Treuhand zu kodifizieren, um mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu erzielen. Diese bislang

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nicht kodifizierte Gestaltung wäre nämlich die einzige verbleibende Möglichkeit ein dinglich geschütztes Sondervermögen durch Vertrag zu errichten. Ebenfalls wurde aus Kreisen der Wissenschaft angemerkt, dass einige diskutierte Fragen, wie etwa das Beschlussmängelrecht, keine spezifischen Probleme der GbR darstellen würden. Vielmehr seien solche Fragen idealerweise in einem allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Teil vor die Klammer bei der juristischen Person und der GbR zu ziehen und entsprechend dort zu regeln.

II. Die weitere Debatte befasste sich mit der Eintragung der GbR, die nach dem „Mauracher Entwurf“ mittels des neuen Gesellschaftsregisters ermöglicht werden soll, und den Wirkungen dieser Eintragung. Ein Teilnehmer aus der Wissenschaft gab zu bedenken, ob eine rein fakultative Eintragung für die Außengesellschaft überhaupt sinnvoll sei. Überzeugend sei zwar, an die Eintragung der GbR, ebenso wie bei der oHG, keine konstitutive Wirkung für die Entstehung der Gesellschaft zu knüpfen. Bliebe die Eintragung jedoch freiwillig, würde der an sich nicht wünschenswerte Zustand fortbestehen, dass eine Reihe nicht eingetragener, aber dennoch rechtsfähiger GbRen bestünden. Gerade dem solle aber mit dem Register entgegengewirkt werden. Überdenkenswert wäre daher in diesem Zusammenhang dem Publizitätserfordernis mehr Gewicht zu verleihen, indem die Rechtsordnung die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bspw. an die Publizität anknüpfen könne. Wer Rechtsfähigkeit erlangen wolle, müsse eine Eintragung akzeptieren. Für andere denkbare Gestaltungsvarianten sei die Innengesellschaft ausreichend. Im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsregister wurde aus Kreisen der Wissenschaft vorgebracht, dass § 707a Abs. 2 BGB-E und der dort enthaltene Verweis auf die Wirkungen des § 15 HGB zu Folgeproblemen in der Praxis führen könnte, da § 15 Abs. 1 und 3 HGB an die Eintragungspflicht anknüpfen, wohingegen die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister nach deren Errichtung zunächst fakultativ sein soll. Als Anknüpfungspunkte für die entsprechende Anwendung des § 15 HGB verblieben dann die Voreintragung oder die Änderungseintragung. Geschützt seien sodann lediglich die Sekundärtatsachen, nicht jedoch die Primärtatsachen. An dieser Stelle erscheine der Vorschlag noch nicht ganz stimmig. Herrler führte hierzu aus, dass die Folge des entsprechenden Anwendungsbefehls des § 707a Abs. 2 BGB-E wäre, dass die Ersteintragung schlicht nicht an den Publizitätswirkungen des § 15 Abs. 3 HGB teilnähme, jede Folgeeintragung aber schon. Für die Ersteintragung sei § 15 Abs. 3 HGB aber gar nicht von ent-

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scheidender Bedeutung. Es sei unwahrscheinlich, dass den Gründern ein Fehler zu den von Ihnen zu machenden Angaben über Gesellschaft und Gesellschafter unterlaufen würde, ebenso wie es nicht wahrscheinlich sei, dass dem Registergericht ein Bekanntmachungsfehler unterliefe. Wünschenswert wäre dennoch, dass auch der Ersteintragung Publizität zukomme, sodass der Gesetzgeber an dieser Stelle nochmals nacharbeiten sollte. Ein weiterer Diskutant ergänzte, dass das System der fakultativen Eintragung an sich wohl nicht gut geeignet sei, um das Publizitätsproblem der GbR in allen maßgeblichen Bereichen zu lösen. Zwar sei im Bereich des Grundbuchrechts hier ein erheblicher Mehrwert zu erwarten. Insbesondere sei der Bereich der kleingewerblich tätigen GbR aber nicht erfasst, die nicht in eine oHG erwachsen, da der Eintragungszwang des HGB für diese Gesellschaften nicht greife. Im Zivilprozess blieben die derzeitigen Probleme deswegen voraussichtlich bestehen. Daher sei durchaus nochmals über eine konstitutive Eintragung nachzudenken, ohne dass man hierbei jedoch wieder in die unsichere Rechtslage, die vor der BGH-Entscheidung „ARGE Weißes Ross“² herrschte, zurückzufallen solle. Vermeiden könne man dies aber durch eine entsprechende Reform der Regeln über die nicht eingetragene und damit nicht rechtsfähige Gesellschaft. Anknüpfend hieran wurde aus dem Plenum vorgebracht, dass der Gesetzgeber durchaus darüber nachdenken könne, das HGB zu öffnen, indem er sich vom hergebrachten Kaufmannsbegriff verabschiede und zumindest für unternehmenstragende Gesellschaften eine konstitutive Eintragung statuiere. Auch hinsichtlich der Transparenz sei es eventuell sogar von Vorteil, wenn die nichteingetragene GbR nicht wie bisher als Gesamthand behandelt würde, da so das Vermögen der Gesellschaft direkt den Gesellschaftern zuzurechnen wäre. Anreize für Intransparenz und Verschleierung könnten so entfallen. Diese Überlegungen fanden Widerspruch aus dem Plenum. Für einen Mehrwert an Transparenz sei eine konstitutive Eintragungspflicht schädlich, da so gerade diejenigen GbR, die sichtbar werden sollen, nicht erreicht würden. Diskutabel sei jedoch die Freiwilligkeit der Eintragung. Eine Eintragungspflicht wäre zwar konstruierbar, jedoch biete auch der Entwurf in seiner derzeitigen Gestalt schon einige Anreize für unternehmenstragende GbR eine Eintragung vorzunehmen, während Gelegenheitsgesellschaften von einer Eintragungspflicht wohlmöglich unverhältnismäßig beeinträchtigt werden könnten. Ein Teilnehmer aus der notariellen Praxis äußerte ergänzend kritisch zur fakultativen Eintragung, dass die Zuverlässigkeit der deutschen Register ein entscheidender Vorteil für den Rechtsstandort Deutschland sei. Dieser Vorteil im

 BGH, Urt. v. 29.01. 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056.

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Wettbewerb der Rechtsordnungen würde gefährdet, wenn wieder eine Rechtsform eingeführt würde, deren Transparenz nicht gewährleistet sei, sodass ein erheblicher Teil der Marktteilnehmer nicht in irgendeiner Form registriert sei. Letztlich müsste bei diesen Geschäften, wie im anglo-amerikanischen Raum, stets weitere Erklärungen und Dokumente eingeholt werden, um die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts abzusichern. Dieser Nachteil überwiege aus Sicht der Praxis, sodass man bedenken müsse, einen anderen Weg zu beschreiten und keine Subjekte im Rechtsverkehr zuzulassen, die nicht registriert sind. Zu den Fragen der vorgesehenen freiwilligen Ersteintragung der GbR ergänzte Schollmeyer, dass es neben einer gesetzlich geregelten Pflicht auch weitere Möglichkeiten gebe Druck auf die GbR auszuüben. Es entspräche dabei der gängigen Praxis, dass Vertragspartner auf eine Voreintragung bestehen, insbesondere bei längerfristigen Vertragsverbindungen. Etwa im Bankensektor sei denkbar, dass von GbR-Kunden eine Eintragung verlangt werde, sodass die Bank Zugriff auf wesentliche Informationen, wie etwa zu den Haftungsverhältnissen und der Vertretung ihres Vertragspartners erhalte. Auch im Bereich der gewerblichen Miete sei dies bei Verträgen mit Laufzeiten von teilweise mehreren Jahrzenten ebenso zu erwarten. Herrler führte hierzu aus, dass eine generelle Eintragungspflicht für sämtliche GbR nicht wünschenswert sein könne, insbesondere im Hinblick auf Gelegenheitsgesellschaften. Die Durchsetzung einer solch umfassenden Eintragungspflicht würde die Registergerichte überfordern. Dass die Gesellschaften sich freiwillig eintragen lassen, sei hinsichtlich der Publizität wünschenswert, jedoch sei das Gesellschaftsrecht nicht ideal dafür geeignet so etwas generell zu erzwingen. Vielmehr könne der „sanfte Druck“ des Rechtsverkehrs, vermittelt über die jeweiligen Vertragspartner der Gesellschaft, wesentlich effektiver dafür sorgen, dass sukzessive die Mehrzahl der GbRen auch eingetragen sein werden.

III. Ein weiteres vielfach angesprochenes Thema der Diskussion befasste sich mit den verschiedenen Haftungssituationen der GbR. Ein Diskutant aus Reihen der Wissenschaft setzte sich zunächst mit der angedachten vollständigen Übernahme der Haftungsregeln der §§ 128 ff. HGB für sämtliche GbR auseinander. Dies wirke auf den ersten Blick unproblematisch, da dies der aktuellen Rechtslage, seitdem der BGH³ den Streit zwischen Doppelver-

 Siehe die Grundsatzentscheidungen BGH, Urt. v. 27.09.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 =

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pflichtungs- und Akzessorietätslehre entschieden hatte, entspräche. Bedenkenswert sei in diesem Kontext aber, dass zwischen diesen zwei Extrempolen auch noch weitere Konstellationen existieren, die abweichende Haftungsmöglichkeiten erwägenswert erscheinen lassen. In Frage kämen etwa, bei nicht unternehmenstragenden GbRen, als weniger scharfe Haftungsalternativen, Möglichkeiten teilschuldnerischer oder subsidiärer Haftung, sowie eine Handelndenhaftung. Man könne nochmals überdenken, die §§ 128 ff. HGB nur auf unternehmenstragende GbRen zu übertragen. Ebenso seien die Modelle der deliktischen Haftung für die GbR durchaus nochmals zu überdenken. Bliebe man bei dem Modell, die §§ 128 ff. HGB auf alle GbRen zu erstrecken, könne man zudem darüber nachdenken, die Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft zu öffnen, sodass auch nicht freiberuflich Tätige etwa von der Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 2 PartGG profitieren könnten. Zudem könne man erwägen, ob nach Einführung eines GbR-Registers nicht auch eine Haftungsbeschränkung für einzelne Gesellschafter, wie etwa bei der KG, konstruiert werden könne. Ebenfalls zu diskutieren sei die geplante Streichung des § 176 Abs. 1 S. 1 HGB und der damit verbundene Wegfall der unbeschränkten Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten, wenn der Gläubiger diesen Umstand kennt. Fleischer verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass in anderen Rechtskreisen – insbesondere in den romanischen – verbreitet ein System der subsidiären Gesellschafterhaftung vorzufinden sei, bei der zunächst die Gesellschaft selbst in Anspruch zu nehmen sei. Dies wäre für die verselbstständigte GbR durchaus konsequent. Gegenüber Vorschlägen, welche die gesamtschuldnerische Haftung gänzlich ablehnen und stattdessen etwa eine proratarische oder teilschuldnerische Haftung vorschlagen, sei unter rechtshistorischen Gesichtspunkten Vorsicht geboten, da dies von Gläubigerseite aus in der Vergangenheit nicht gut aufgenommen wurde und etwa auch im Mittelalter einen Wettbewerbsnachteil damit einhergehen konnte. Exemplarisch nannte Fleischer den Verlust der wirtschaftlichen Vormachtstellung Sienas in Italien, nachdem dort ein Wandel von der gesamthänderischen zur proratarischen Haftung stattfand. Aus Kreisen der Wissenschaft wurde vorgebracht, dass eine nähere gesetzliche Definition und damit verbunden eine etwaige Einschränkung der Haftung vor großen definitorischen Schwierigkeiten stünde. Eine Ausnahme für sog. „Bauherrenmodelle“ sei etwa deswegen kaum zu konstruieren, da dies eine genaue DNotZ 2000, 135 und BGH, Urt. v. 29.01. 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056; zur bis in das Jahr 1999 vorherrschenden Doppelverpflichtungstheorie BGH, Urt. v. 30.04.1979 – II ZR 137/8, BGHZ 74, 240 = NJW 1979, 1821; BGH, Urt. v. 15.12.1980 – II ZR 52/80, BGHZ 79, 374 = NJW 1981, 1213; BGH, Urt. v. 10.02.1992 – II ZR 54/91, BGHZ 117, 168 = DNotZ 1992, 729; BGH, Urt. v. 06.04. 1987 – II ZR 101/86, NJW 1987, 3124 = JZ 1987, 683.

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gesetzliche Definition des Modells erfordert hätte. Denkbar wäre hingegen eine Ausnahmeregelung für gemeinnützige Gesellschaften gewesen, was zumindest indirekt durch den Verweis in das Vereinsrecht im Entwurf auch geschehen sei. Die Diskussion fand ihren Abschluss mit der Feststellung, dass die gesetzliche Regelung einer Materie für sich genommen noch nicht ausreichend sei, sondern auch abgewartet, beobachtet und letztlich bei Bedarf mit Änderungen reagiert werden müsse, wie sich die entsprechende Praxis aufgrund des Gesetzes entwickle. Es sei eine Illusion zu glauben, dass alles was im Gesetz stehe, auch in der Praxis genau wie geregelt geschehe.

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Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler in berufsrechtlicher Perspektive Zusammenfassung: Mit seiner Grundentscheidung für die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler schlägt der Mauracher Entwurf die Brücke zum jeweils anwendbaren Berufsrecht. Der Zugang zu diesen Rechtsformen wird jedoch unter einen vom jeweils zuständigen Bundes- oder Landesgesetzgeber auszufüllenden berufsrechtlichen Vorbehalt gestellt. Der Beitrag analysiert diesen Regelungsansatz der Expertenkommission und versucht eine Einordnung in die komplexe, verfassungs- wie europarechtlich determinierte Diskussion um Art und Maß berufsrechtlicher Regulierung.

Abstract: The „Maurach Bill“ for an Act to Modernise the Law of Partnerships proposes to make all legal forms of partnerships available to all professional service providers including lawyers, with the caveat, however, that the applicable laws of the profession passed by the competent legislator do not provide otherwise. This article examines the regulatory approach chosen by the expert commission and explores its significance in the ambit of a complex discussion of how to adequately regulate professional services under constitutional and European law.

Inhaltsübersicht I.

II.

 Einleitung . Öffnung unter berufsrechtlichem Vorbehalt  . Reformbedarf im anwaltlichen Gesellschaftsrecht als Kontext und Referenzrahmen  Verfassungs- und unionsrechtliche Determinanten des Personengesellschaftsrechts der Freien Berufe 

* Der Autor ist Rechtsanwalt und Partner der Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Direktor des Instituts für Regulierung und Governance in St. Augustin sowie Mitglied des Beirats der Law School der Universität St. Gallen, der Gesetzgebungsausschüsse Berufsrecht und Europa des Deutschen Anwaltvereins und des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf. Der Autor gibt hier ausschließlich seine persönliche Auffassung wieder. https://doi.org/10.1515/9783110719178-006

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. .

III.

IV. V.

Verbandskompetenzfragen, Vorrang des Berufsrechts  Materielle verfassungsrechtliche Friktionen – das Beispiel des anwaltlichen Gesellschaftsrechts  . Die unionrechtliche Dimension: berufsrechtliche Kohärenzdefizite  Änderungsbedarf im anwaltlichen Berufsrecht  . „Fremdbesitz“  . Zulassungsrecht  . Freiberufliche Konzernstrukturen  Komplexität und Überkomplexität – am Beispiel des (Vertrags‐)Arztrechts  Fazit 

I. Einleitung 1. Öffnung unter berufsrechtlichem Vorbehalt Der einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode¹ erfüllende Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 20.4. 2020 („Mauracher Entwurf“)² sieht als eine seiner wesentlichen inhaltlichen Neuerungen vor, Personenhandelsgesellschaften für die Ausübung freiberuflicher Zwecke zu öffnen, § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB-E. Bislang standen den Freien Berufen (§ 1 Abs. 2 PartGG) im Allgemeinen die Rechtsformen der OHG und KG nicht offen, weil hier im Unterschied zu Kapitalgesellschaften die Rechtsform der Kaufmannseigenschaft folgt, die Freien Berufe aber nach ihren historisch gewachsenen Berufsbildern kein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 1 HGB) betreiben (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 PartGG).³ Für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater erlauben hingegen § 27 Abs. 2 WPO und § 49 Abs. 2 StBerG seit jeher die Anerkennung von OHG und KG als Wirtschaftsprüfungs- bzw. Steuerberatungsgesellschaften, wenn sie wegen ihrer Treuhandtätigkeit als Handelsgesellschaften in das Handelsregister eingetragen worden sind.⁴ Für die Eintragung nach § 105 Abs. 2 HGB als OHG (mit der Konsequenz des § 161 Abs. 2 HGB, dass dann auch die KG zur Verfügung steht) lässt der BGH auch eine gegenüber der Wirtschaftsprüfung bzw. Steuerberatung untergeordnete Treuhandtätigkeit genügen.⁵ Der An https://www.bundesregierung.de/resource/blob/656734/847984/ 5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018 - 03 -14-koalitionsvertrag-data.pdf, Zeilen 6162– 6165 (zuletzt abgerufen am 18.09. 2020); zum Hintergrund auch Storz, GWR 2020, 257.  Instruktiver Überblick zum Entwurf und seinen wesentlichen Regelungsvorschlägen bei Bergmann, DB 2020, 994 ff.  Vgl. Henssler, in ders./Streck, Handbuch Sozietätsrecht, 2. Aufl. 2011, S. 529 f.  Vgl. dazu statt vieler Senft, in Peres/ders., Handbuch Sozietätsrecht, 3. Aufl. 2015, S. 407 ff.  BGH, Beschluss vom 15.7. 2014 – II ZB 2/13, BGHZ 202, 92, s. auch Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1154.

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waltssenat des BGH hat es noch 2011 ausdrücklich gebilligt, dass Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in der Rechtsform der GmbH & Co. KG⁶ kooperieren können, nicht aber Rechtsanwälte.⁷ Der Mauracher Entwurf beseitigt, den Empfehlungen des 71. Deutschen Juristentages 2016⁸ folgend, die mit diesem historisch überkommenen Zustand verbundene und unter stetigem unions- wie verfassungsrechtlichem Rechtfertigungsdruck stehende Ungleichbehandlung. Sämtliche Freiberufler sollen künftig auch jene Rechtsformen für ihre berufliche Zusammenarbeit wählen können, in denen sich die Vorteile der transparenten Mitunternehmerbesteuerung mit der beschränkten Kommanditistenhaftung kombinieren lassen.⁹ Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft kann damit weiter beschränkt werden, als dies bislang in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung möglich ist.¹⁰ Die Haftung in der PartGmbB lässt sich nur bezogen auf Verbindlichkeiten der Partnerschaftsgesellschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung beschränken, und die Haftungsbeschränkung steht unter dem Vorbehalt, dass die Partnerschaftsgesellschaft eine zu diesem Zweck gesetzlich vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält (§ 8 Abs. 4 PartGG).¹¹ Mit der Wahl insbesondere der GmbH & Co. KG für ihre berufliche Zusammenarbeit nehmen Freiberufler allerdings zwingend die Gewerbesteuerpflichtigkeit (§ 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 GewStG)¹² und unter den Voraussetzungen des § 264a HGB die Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses (§ 325 HGB), zudem die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO und die Geltung der Vorschriften über Handelsgeschäfte in Kauf.

 Die gemeinschaftliche Berufsausübung in Form der GmbH & Co. KG wurde durch das Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung vom 3.9. 2007 (Berufsaufsichtsreformgesetz – BARefG, BGBl I S. 2178) – dort Art. 1 Nr. 14: § 28 Abs. 1 S. 2 WPO n. F. – sowie durch das Achte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 8.4. 2008 (BGBl I S. 666) – dort Art. 1 Nr. 30: § 50 Abs. 1 S. 3 StBerG für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eröffnet.  BGH, Urteil vom 18.7. 2011 – AnwZ (BrfG) 18/10, NJW 2011, 3036.  Zusammenfassung der Beschlüsse zum berufsrechtlichen Gesellschaftsrecht in NJW-Spezial 2016, 671.  Bergmann, DB 2020, 994, 998.  Vgl. statt vieler Punte/Klemens/Sambulski, ZIP 2020, 1230, 1234.  Einzelheiten bei Schumacher, Die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung für Rechtsanwälte, 2015, S. 51 ff.  Zu Gewerbesteuerpflicht und Freiberuflichkeit im Kontext der Reformdiskussion zum anwaltlichen Gesellschaftsrecht Bürger, NJW 2019, 1407 ff.; s. jüngst auch Heckschen, AnwBl 2020, 470, 474 f.

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Nicht angetastet wird durch den Mauracher Entwurf der Ausschluss der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Rechtform für Wirtschaftsprüfungs- (§ 27 Abs. 2 WPO) oder Steuerberatungsgesellschaften (§ 49 Abs. 1, 2 StBerG). Die praktische Bedeutung dieser Einschränkung ist sicherlich eher gering: Beiden Berufsgruppen stand und steht die BGB-Gesellschaft im Rahmen der beruflichen Zusammenarbeit nach § 44b WPO¹³ bzw. § 56 StBerG zur Verfügung, aber eben nicht unter der Bezeichnung „Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“ bzw. „Steuerberatungsgesellschaft“. Jedenfalls für die nach §§ 37 ff. WPO ohnehin berufsregisterpflichtigen Wirtschaftsprüfer hätte der Mauracher Entwurf einen Gleichlauf zwischen dem Berufsregister und dem Gesellschaftsregister (§ 707 BGB-E) herbeiführen können, indem eine eingetragene GbR zugleich nach § 27 Abs. 2 WPO als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anerkannt werden könnte.¹⁴ Der Mauracher Entwurf stellt den Zugang der Freien Berufe zu den handelsrechtlichen Formen der Personengesellschaften unter einen berufsrechtlichen Vorbehalt: Sie können diese Rechtsformen einschließlich der GmbH & Co. KG nur durch Eintragung erlangen, „soweit das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt“, § 107 Abs. 1 Satz 2 a.E. HGB-E. Die Formulierung erweist sich bei genauerer Betrachtung als etwas unpräzise: Soweit ersichtlich, lässt keine berufsrechtliche Norm „die Eintragung“ zu; „zugelassen“ (§ 59c Abs. 1 BRAO) oder „anerkannt“ (§ 27 Abs. 2 WPO, § 49 Abs. 1 StBerG) werden die jeweiligen Berufsausübungsgesellschaften, soweit das Gesetz über die individuelle, berufsträgerspezifische Zulassung oder Bestellung eine berufsrechtliche Präventivkontrolle des Zusammenschlusses vorsieht, durch die jeweiligen funktionalen Selbstverwaltungskörperschaften „als solche“. Gesetzgebungstechnisch präziser würde § 107 Abs. 1 Satz 2 a.E. HGB a.E. daher lauten: „…, soweit das anwendbare Berufsrecht nicht entgegensteht.“ Die Expertenkommission wollte durch den Berufsrechtsvorbehalt sicherstellen, „dass die spezifischen Schutzbelange im Zusammenhang mit der Ausübung jedes Berufs von dem für die berufsrechtlichen Regelungen berufenen Landesbzw. Bundesgesetzgeber verfolgt werden können.“¹⁵ So komme neben spezifischen Versicherungspflichten auch in Betracht, „an reine Kapitalbeteiligungen mit Blick auf ihren möglichen Einfluss auf die Unabhängigkeit der Berufsausübung spezifische Anforderungen zu stellen.“ Der Berufsrechtsvorbehalt ermögliche es, die Prüfung der berufsrechtlichen Voraussetzungen den für die Berufsaufsicht zuständigen Stellen vorzubehalten, während die für die Führung der  Ausführlich dazu Geithner, in: Ziegler/Gelhausen, WPO, 3. Aufl. 2018, § 44b, Rn. 17 ff.  So auch die Stellungnahme der Wirtschaftsprüferkammer K.d.ö.R. vom 30.6. 2020 (GG 12/ 2020) zum Mauracher Entwurf, S. 2 f.  Begründung zum Mauracher Entwurf, S. 166.

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Handelsregister zuständigen Gerichte von dieser Prüfungsaufgabe entlastet werden.

2. Reformbedarf im anwaltlichen Gesellschaftsrecht als Kontext und Referenzrahmen Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler war innerhalb der Expertenkommission offenbar umstritten, ihr Mitglied C. Schäfer bezeichnet sie rückblickend als die „wohl spektakulärste … Neuerung“¹⁶ und „eine der strittigsten Fragen in der Kommission“.¹⁷ Dieser Befund mag den Außenstehenden überraschen, denn der Vorschlag fügt sich in eine intensive, allerdings in jüngerer Zeit kaum noch kontrovers geführte Diskussion vor allem zur Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts¹⁸ ein: Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat in seinen (in den Materialien zum Mauracher Entwurf nicht erwähnten) „Eckpunkten für eine Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften“ vom 27. 8. 2019¹⁹ angekündigt, die Frage einer Freigabe von Personenhandelsgesellschaften und insbesondere der GmbH & Co. KG für anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften von den Ergebnissen der Expertenkommission zum Personengesellschaftsrecht abhängig zu machen. Für die Berufsausübungsgesellschaften der Rechtsanwaltschaft,²⁰ für die künftig im Grundsatz alle nationalen und europäischen Rechtsformen zur Verfügung stehen sollen, möchte das BMJV rechtsformneutral soweit wie möglich einheitliche berufsrechtliche Regelungen schaffen. Der Deutsche Anwaltverein

 Schäfer, ZIP 2020, 1149.  Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1153.  S. im Kontext des 71. DJT insbesondere Prütting, AnwBl 2016, 637; aus der umfangreichen Literatur exemplarisch Römermann, BB 2019, 899 ff.; ders., NJW 2013, 2305, 2306; ders., NZG 2018, 1041 ff.  Mit allen Stellungnahmen abrufbar auf: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Berufsrecht_anwaltl_Berufsaus %C3%BCbungsgesellschaften.html (zuletzt abgerufen am 18.09. 2020).  Nicht jedoch für Notare und auch nicht für das Anwaltsnotariat: Das öffentliche Amt des (Nur‐)Notars ist nur nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 BNotO beschränkt sozietätsfähig; für sie sehen die auf § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BNotO gestützten Sozietätsverordnungen der meisten Bundesländer eine Beschränkung auf zwei Notare vor (vgl. dazu Görk, in: Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl. 2011, § 9 Rn. 5). Anwaltsnotare dürfen sich nach § 59a Abs. 1 Satz 3 BNotO, § 9 Abs. 2 BNotO nur für ihre Anwaltstätigkeit interprofessionell zusammenschließen. Einer gesellschaftsrechtlichen Haftungsrisikominimierung steht im Übrigen § 19 Abs. 1 BNotO entgegen, der jede Beschränkung von Amtshaftungsanspüchen gegen den Notar aufgrund von Amtspflichtverletzungen ausschließt.

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(DAV) hatte 2018 einen Gesetzentwurf von M. Henssler zur Reform des Berufsrechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften²¹ initiiert, der Grundlage für den Anfang 2019 vorgelegten DAV-Vorschlag zur sog. großen BRAO-Reform²² war. Nach § 59a Abs. 1 BRAO-E des DAV-Vorschlags sollen Anwälte alle Gesellschaftsformen nutzen dürfen, die das europäische und das deutsche Recht sowie das Recht eines anderen EU-Mitgliedstaats vorsehen. Wie das BMJV zielt auch der DAV auf ein rechtsformneutrales Berufsrecht, das die Freigabe von OHG und KG umfasst und zusammen mit der doppelstöckigen Anwaltsgesellschaft²³ auch die GmbH & Co. KG ermöglicht. Auch der – im Übrigen sehr restriktive – Vorschlag der 154. Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) vom 27.4. 2018²⁴ forderte die Zulassung der Rechtsform der KG, namentlich auch als Rechtsanwaltsgesellschaft & Co. KG, als Berufsausübungsgesellschaft für Rechtsanwälte und sozietätsfähige Berufsträger, § 59n Abs. 2 BRAO-E.

II. Verfassungs- und unionsrechtliche Determinanten des Personengesellschaftsrechts der Freien Berufe 1. Verbandskompetenzfragen, Vorrang des Berufsrechts Zu Recht überlässt der Mauracher Entwurf die generelle Öffnung der Personengesellschaften für Freiberufler nicht dem Berufsrecht: Aufgrund der Sperrwirkung des geltenden § 105 HGB kann nur der Bund spezialgesetzliche Abweichungen (etwa für Anwälte durch Sonderregelungen in der BRAO) statuieren. Für Freie Berufe wie die Ärzte, deren Berufsrecht in die Kompetenz der Länder fällt, wäre dies nicht möglich. Diese Freien Berufe sind daher insgesamt darauf angewiesen, dass eine allgemeine gesellschaftsrechtliche Öffnung im HGB umgesetzt wird. Unterschiedliche landesrechtliche Ausformungen sind als Folge der Verbandskompetenzregelungen des Grundgesetzes hinzunehmen und schon jetzt im Arztrecht anzutreffen.

 Henssler, DAV-Diskussionsvorschlag zum anwaltlichen Gesellschaftsrecht – Gesetzentwurf zur Reform des Berufsrechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften, AnwBl Online 2018, 564 ff.; zu Vorarbeiten exemplarisch Henssler, AnwBl 2017, 378 ff.  DAV-Stellungnahme Nr. 8/2019, abrufbar unter https://anwaltverein.de/de/newsroom/sn8 – 19-dav-vorschlag-zur-grossen-brao-reform (zuletzt abgerufen am 18.09. 2020).  S. unten III.3.  Dazu Offermann-Burckart, ZRP 2018, 158 ff.

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Der weite Berufsrechtsvorbehalt des § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB-E impliziert eine Präzedenzregel: Das jeweilige Berufsrecht genießt, wenn und soweit es vereinbar mit Verfassungs- und Unionsrecht ist, als lex specialis Vorrang vor dem Personengesellschaftsrecht; dies gilt auch für landesgesetzliche berufsrechtliche Normen, die normhierarchisch ansonsten durch das Bundesrecht verdrängt würden. Der Mauracher Entwurf stellt sich damit explizit in die Tradition einer regulatorischen Restriktion des Gesellschaftsrechts für die Freien Berufe: Freiberuflern stehen (nur) die Rechtsformen für die gemeinschaftliche Berufsausübung zur Verfügung, die nicht durch vorrangige Vorgaben des jeweiligen Berufsrechts ausgeschlossen sind. Auch zulässige Rechtsformen können hinsichtlich Unternehmensgegenstand, Gesellschafterkreis, Stimmrechten und Geschäftsführung beschränkt werden. Diese berufsrechtlichen Beschränkungen geraten allerdings zunehmend unter verfassungs- und europarechtlichen Rechtfertigungsdruck.²⁵

2. Materielle verfassungsrechtliche Friktionen – das Beispiel des anwaltlichen Gesellschaftsrechts Der Berufsrechtsvorbehalt und die zu seiner Begründung angeführten „spezifischen Schutzbelange“ lenken den Blick auf das jeweilige Berufsrecht als Korrelat des Personengesellschaftsrechts der Freien Berufe: Dem jeweiligen Gesetzgeber stünde es danach frei, die gesellschaftsrechtlich vorgesehene Öffnung für OHG, KG und GmbH & Co. KG berufsrechtlich zu erschweren oder diese Rechtsformen ganz auszuschließen. Dafür trüge er dann allerdings verfassungs- wie unionsrechtlich die Legitimationslast. Die Expertenkommission hat betont, dass es bei der Öffnung der GmbH & Co. KG „vor allem um Rechtsanwälte“²⁶ gehe; dies reflektiert die insoweit einhelligen Forderungen von DAV und BRAK. Es war und ist zudem gerade das anwaltliche Gesellschaftsrecht, das in seiner inkonsistenten und rudimentären berufsrechtlichen Ausformung den heutigen Gegebenheiten kollektiver anwaltlicher Berufsausübung weniger denn je genügt.²⁷ Die inzwischen erreichte Einmütigkeit bei der Forderung nach Zulassung vor allem der GmbH & Co. KG darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der evidente Reformbedarf im anwaltlichen Gesellschaftsrecht insgesamt mit einer überwiegend aus nostalgischer Retrospektion gespeisten Veränderungsresistenz in anwaltlichen Selbstverwaltungsgremien

 So bereits Hellwig, AnwBl 2016, 201 ff.; ders., AnwBl 2016, 776 ff.  Expertenkommission, Arbeitsgruppe 7, Thesenpapier, Nr. 5.3.1.  Dazu insbesondere Kleine-Cosack, AnwBl 2017, 590 ff.

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kontrastiert.²⁸ Reformimpulse im anwaltlichen Berufsrecht kamen überwiegend vom Bundesverfassungsgericht, nicht etwa von der BRAK.²⁹ Mit dem tradierten Berufsbild des „Einzelanwalts in seiner Kanzlei“, das weiterhin prägend ist für die BRAO von 1959,³⁰ ging und geht neben der Unterkomplexität des in der BRAO kodifizierten anwaltlichen Gesellschaftsrechts³¹ noch immer die Tabuisierung multidisziplinärer Zusammenarbeit, vor allem mit gewerblichen Berufen, einher. So ist § 59a BRAO als Erlaubnistatbestand („Rechtsanwälte dürfen sich … verbinden.“) formuliert, tatsächlich aber als Verbotsnorm mit Ausnahmevorbehalt konzipiert. Die berufliche Zusammenarbeit ist nämlich, so die eigentliche Kernaussage der Norm, grundsätzlich verboten, es sei denn, ausnahmsweise greift einer der normierten „Gestattungstatbestände“ („ist Rechtsanwälten auch gestattet“, § 59a Abs. 2 BRAO).³² Dieser gravierende systemische Konstruktionsfehler markiert eine permanente verfassungsrechtliche Sollbruchstelle: Der Schutzbereich der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst, wie das BVerfG mehrfach speziell für das anwaltliche Berufsrecht erkannt hat, auch die Freiheit der gemeinschaftlichen Berufsausübung;³³ Rechtsform- und Sozietätsbeschränkungen gleich welcher Art sind rechtfertigungsbedürftige Berufsausübungsregelungen. Das Gesetz braucht dem Anwalt also keine gemeinschaftliche Berufsausübung zu „gestatten“ – die Zusammenarbeit ist als Freiheitsbetätigung die nicht rechtfertigungsbedürftige Regel –, vielmehr muss eine Rechtsnorm, welche die grundsätzlich unbeschränkte Zusammenarbeitsfreiheit beschränken will, den formellen und materiellen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG und insbesondere dem Übermaßverbot genügen. Dass etwas „immer schon so war“, ist verfassungsrechtlich ohne Belang, freilich als Evokation der Tradition der Restriktion eine angesichts ihrer Fragilität bemerkenswert hartnäckige Argumentationsfigur im berufspolitischen Diskurs.³⁴ Die vor allem von BRAK-Vertretern regelmäßig vorgetragene Warnung vor der vermeintlichen Degeneration des Rechtsanwalts zum „Justizkaufmann“³⁵

 Grundlegend dazu Busse, FS H.-J. Hellwig, 2010, S. 13 ff.; s. auch Uwer, AnwBl Online 2019, 20.  Scharfe Kritik daran übt Kleine-Cosack, BRAO, 8. Aufl. 2020, Einl. Rn. 14 ff.  Uwer, AnwBl 2017, 386, 387.  Überblick bei Kilian/Koch, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2018, Rn. 1005 ff.; von Lewinski, Berufsrecht der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Steuerberater, 4. Aufl. 2017, S. 290 ff.  Kritisch schon zu dieser „Verbotsregelung mit Ausnahmekatalog“ Hellwig, AnwBl 2014, 606 ff.  S. insbesondere die Sozietätswechsler-Entscheidung des BVerfG, Beschluss vom 3.7. 2003 – 1 BvR 238/01, BVerfGE 108, 150.  Uwer, AnwBl Online 2019, 20, 21.  S. exemplarisch BRAK, Presseerklärung Nr. 14 vom 25.10. 2019, https://brak.de/fuer-journalis ten/pressemitteilungen-archiv/2019/presseerklaerung-14-2019/ (zuletzt abgerufen am 18.09. 2020).

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wirkt schon angesichts der gesetzlichen Positivierung der Rechtsanwalts-GmbH (§§ 59c ff. BRAO), die Formkaufmann ist (§ 6 Abs. 1 HGB), merkwürdig, fand aber offenbar in den Beratungen zum Mauracher Entwurf eine versteckte Resonanz, wenn es dort heißt, „die freiberufliche Betätigung nach dem (beizubehaltenden) Kaufmannsbegriff“ sei „unter keinen Umständen gewerbliche Tätigkeit“.³⁶ Die Fokussierung von Inhalt und Wirkungsweise der Berufsfreiheit ist auch deshalb geboten, weil die Materialien zum Mauracher Entwurf an einer Stelle ein verbreitetes verfassungsrechtliches Missverständnis dokumentieren. So wurde in den Kommissionsberatungen vorgebracht, „ein praktischer Bedarf“ für die Aufnahme freiberuflicher Tätigkeit in § 105 Abs. 2 HGB (§ 107 Abs. 1 Satz 2 HGB-E) sei „bislang niemals empirisch belegt, sondern immer nur behauptet worden; soweit Umfragen vorhanden sind, vermögen sie einen Bedarf nicht zu beglaubigen. Vielmehr hat eine Umfrage des Soldan-Instituts (Kilian, „Berufsrechtsbarometer 2017“) ergeben, dass diese Forderung nur von einer Minderheit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte geteilt wird. Ein Bedarf könnte im Vergleich zur PartGmbB nur damit begründet werden, dass Anwälten eine persönliche Haftung für die Gehälter ihrer Angestellten und für ihre Mietverbindlichkeiten nicht zumutbar sind.“³⁷ Mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG ist diese Aussage zur Bedeutung der Empirie falsch akzentuiert: Die Öffnung einer Freiberuflern bislang verschlossenen Gesellschaftsform bedeutet in verfassungsrechtlicher Perspektive die Beseitigung einer Freiheitsbeschränkung. Für den Gesetzgeber bedarf nicht diese der Legitimation, sondern deren Beibehaltung.³⁸ Für die grundrechtliche Schrankenprüfung ist deshalb ein empirisch belegter „praktischer Bedarf“ einer Öffnung irrelevant.³⁹ Im Verfassungsbeschwerdeverfahren müsste, wie der NichtannahmeBeschluss des BVerfG vom 6.12. 2011⁴⁰ verdeutlicht, ein Betroffener substantiiert

 Expertenkommission, Arbeitsgruppe 7, Thesenpapier, Nr. 5.3.2 – Position 1.  Expertenkommission, Arbeitsgruppe 7, Thesenpapier, Nr. 5.3.2 – Position 1; ebenso Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1154.  Selbst wenn man annimmt, dass die Rechtsformbeschränkung in der Vergangenheit verfassungskonform war, kann den Gesetzgeber eine Normänderungspflicht treffen, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.11. 2016 – 1 BvL 6/14 u. a., NVwZ 2017, 305, 311: „Der Gesetzgeber muss ein Gesetz nachbessern, sofern die Änderung einer zunächst verfassungskonform getroffenen Regelung erforderlich ist, um diese unter veränderten tatsächlichen Bedingungen oder angesichts veränderter Erkenntnislage mit der Verfassung in Einklang zu halten. Eine zunächst verfassungskonforme Regelung kann danach verfassungswidrig werden, sofern der Gesetzgeber dem nicht durch Nachbesserung entgegenwirkt (vgl. BVerfGE 132, 334 [358] = NVwZ 2013, 638 Rn. 67 mwN; stRspr).“  Dies übersehen Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1154. S. auch Otte-Gräbener, BB 2020, 1295, 1298 und dies., FS Seibert, 2019, S. 6113, 622 ff., die für eine „völlig neue haftungsbeschränkte Rechtsform nach dem Vorbild der englischen LLP“ anstelle der PartG(mbB) plädiert.  1 BvR 2280/11, NZG 2012, 343.

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darlegen, dass und wie er selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch das Verbot grundrechtlich belastet wird, nicht aber, ob (empirisch belegt) andere ein Bedürfnis nach Aufhebung des Verbots haben. In der verfassungsrechtlichen Prüfung kommt den gesetzgeberischen Zielen für die Beschränkung hohe Bedeutung zu. Der Gesetzgeber kann indes – und muss unter Umständen – seine Einschätzung im Lichte geänderter Verhältnisse revidieren. Zu Recht hat ein Kommissionsmitglied daher betont, dass u. a. für Rechtsanwälte ein Bedürfnis nach Öffnung der Personenhandelsgesellschaften „nicht mehr verneint werden“ kann.⁴¹ Die im Mauracher Entwurf und seinen Materialien nicht erwähnten Leitentscheidungen des 1. Senats des BVerfG zur Rechtsanwalts- und PatentanwaltsGmbH vom 14.1. 2014 (1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12)⁴² und zur interprofessionellen Partnerschaft eines Rechtsanwalts mit einer Ärztin und Apothekerin vom 12.1. 2016 (1 BvL 6/13, „Horn“)⁴³ haben das tradierte, von Art. 12 GG weitgehend losgelöste Verständnis des Gesellschaftsrechts der Freiberufler erodieren lassen. Nicht der (mono- oder interprofessionelle) Zusammenschluss bedarf der „Zulassung“ oder Rechtfertigung, sondern sein Verbot oder seine Beschränkung. Auch unionsrechtlich nach Art. 49, 56 AEUV rechtfertigungsbedürftig ist nicht die Rechtsformwahlfreiheit für die Zusammenarbeit von Anwälten, auch mit NichtAnwälten, sondern deren Einschränkung.⁴⁴ Die genannten Leitentscheidungen lassen den Schluss zu, dass (vermeintliche) Gemeinwohlbelange kaum geeignet sind, eine verfassungsrechtlich ausreichende Grundlage für gesellschaftsrechtliche Beschränkungen zu bieten, die zusätzlich zu einer bestehenden berufsträgerspezifischen Regulierung wirken. Jede berufsrechtliche Zusammenarbeitsbeschränkung muss nicht nur für sich gerechtfertigt sein, sondern auch im Zusammenwirken mit anderen Freiheitsbeschränkungen. Die dogmatischen Kategorien der Belastungskumulation und des sog. additiven Grundrechtseingriffs⁴⁵ weichen vor dem Berufsrecht der Freien Berufe nicht zurück.⁴⁶ Auch wenn die Verfasser des Mauracher Entwurfs sich insoweit der Diskussion durch den weiten Berufsrechtsvorbehalt entziehen, erkennen sie doch den Gestaltungsspielraum des Berufsrechts-Gesetzgebers, wenn sie dessen Möglich-

 Expertenkommission, Arbeitsgruppe 7, Thesenpapier, Nr. 5.3.2 – Position 2.  BVerfGE 135, 90.  BVerfGE 141, 82.  Uwer, AnwBl Online 2019, 20, 21.  Zum Begriff BVerfG, Urteil vom 12.4. 2005 – 2 BvR 581/01, NJW 2005, 1338. Weiterführend Schaks, DÖV 2015, 817 ff.; jüngst Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018.  Uwer, AnwBl Online 2019, 20, 21.

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keit hervorheben, „spezifische Anforderungen“ zur Sicherung der „Unabhängigkeit der Berufsausübung“ zu stellen. Die Rechtsprechung des BVerfG zum anwaltlichen Gesellschaftsrecht, die durch die bevorstehende Entscheidung zu den Mehrheitserfordernissen nach § 59e Abs. 2 Satz 1 und § 59 f Abs. 1 BRAO (Vorlagebeschluss des AGH Baden-Württemberg vom 19.10. 2018 – 13/2018 II⁴⁷) fortgeführt werden wird, lässt eine unreflektierte Instrumentalisierung des „Unabhängigkeits“-Postulats⁴⁸ allerdings nicht mehr zu. Kategorial wird insbesondere die anwaltliche Unabhängigkeit nirgends in Frage gestellt: Dem Rechtsanwalt als „berufenem unabhängigem Berater und Beistand“ obliegt es nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG, seinen Mandanten umfassend beizustehen, und deshalb – und nur deshalb – betont das BVerfG die „fundamentale objektive Bedeutung“ der „freien Advokatur“.⁴⁹ Rechtsanwälte dürfen sich nicht „durch Gesellschaftsverträge rechtlichen Bindungen (…) unterwerfen, durch deren Ausgestaltung die anwaltliche Unabhängigkeit gefährdet wird (…)“ (so das BVerfG in „Horn“). Die Verpflichtung zur Unabhängigkeit ist eine Berufsträgerpflicht, die für alle Freien Berufe charakteristisch ist.⁵⁰ Unabhängigkeitsrisiken bestehen unterschiedslos bei inter- und monoprofessionellen Kooperationen. Das BVerfG räumt deshalb in „Horn“ mit einem allzu kurzen Schluss vom Unabhängigkeitspostulat auf die Verhältnismäßigkeit gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen auf: „Gefahren, die mit jeder gemeinsamen Berufsausübung für die Unabhängigkeit einzelner Berufsträger verbunden sind, [sind] zu gering, als dass das Sozietätsverbot angemessen wäre.“ Zugleich wird der Rechtsgedanke des § 6 Abs. 1 PartG – Leistungserbringung der Partner „unter Beachtung des für sie geltenden Berufsrechts“ – und des geltenden § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO – gemeinschaftliche Berufsausübung „im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse“ – sowie der §§ 30, 33 Abs. 2 BORA – Beachtung des anwaltlichen Berufsrechts durch NichtNormadressaten – in den Fokus gerückt. Diese Überlegungen lassen sich auf Beschränkungen der Rechtsformwahlfreiheit übertragen und erlauben weitreichende Schlussfolgerungen: (1) Unmittelbar den einzelnen Berufsträger treffende Unabhängigkeitspflichten sind nicht disponibel und müssen von diesem in jedweder Rechtsform der Zusammenarbeit auf Nicht-Normadressaten übertragen werden.⁵¹ (2) Mittel-

 DStRE 2020, 313 ff. – Der Deutsche Anwaltverein hält die Verfassungsbeschwerde für begründet (Stellungnahme Nr. 30/2020 vom April 2020).  Vgl. dazu auch Kilian, AnwBl 2019, 662 ff.  BVerfGE 110, 226, st. Rspr.  Vgl. Zuck, NJW 2001, 2055.  Das ist der Regelungsansatz der §§ 43e BRAO, 50a Abs. 2 WPO, 62a Abs. 3 StBerG und 9 Abs. 4 MBO-Ä.

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bare strukturelle Einschränkungen der Zusammenarbeit – etwa durch Beschränkungen zulässiger Gesellschaftsformen – führen nicht zu einem Weniger an unmittelbarer Unabhängigkeitsverpflichtung des einzelnen Berufsträgers, sondern wirken sich als kumulative Belastung aus und verstoßen daher regelmäßig gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip i. e.S.⁵² Nach den BVerfG-Beschlüssen vom 14.1. 2014 und 12.1. 2016 zeichnet sich ab, dass strukturelle Vorgaben in Form gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen für die berufliche Zusammenarbeit nicht nur mit einem zunehmend volatilen, pluralen Berufsbild der Freien Berufe inkompatibel sind, sondern dieser Befund auch auf die verfassungsrechtliche Beurteilung durchschlägt. Die immer wieder notwendigen justiziellen Korrekturen am überkommenen, mitunter verbissen verteidigten Bestand vor allem des anwaltlichen Berufsrechts (von „Bastille“⁵³ zu „Horn“) gegen den Widerstand funktioneller Selbstverwaltungsgremien haben nicht nur zur Erosion selbstregulativer Steuerungskraft geführt, sondern stimmen auch skeptisch, ob der durch den Mauracher Entwurf vorgezeichnete Weg der Öffnung des Personengesellschaftsrechts für die Freien Berufe berufsrechtliche Resonanz findet. Die Selbstverwaltungsgremien der Freien Berufe sollten sich aber permanent einem offenen Diskurs über die zweckrationale Anpassung tradierter Berufsrechtskonzepte an ausdifferenzierte ökonomische und gesellschaftliche Systeme stellen. Dieser Appell ist nirgends so dringlich wie im Bereich des anwaltlichen Gesellschaftsrechts, das unerklärlicherweise besonders dazu angetan scheint, überkommene Restriktionen gegen die deregulierenden Zumutungen der Gegenwart zu verteidigen.⁵⁴ Die verfassungsgerichtlichen Korrekturen der letzten Jahre und die ohne mutige Einschnitte in Zukunft noch zu erwartenden verlangen indes nach einer grundlegenden konzeptionellen Neuorientierung: Das Gesellschaftsrecht der Freien Berufe und das jeweilige Berufsrecht insgesamt müssen einem funktionellen, an der Indisponibilität individueller Berufsträgerpflichten anknüpfenden Regulierungsansatz folgen und strukturelle Restriktionen vermeiden.

 Uwer, AnwBl Online 2019, 20, 23.  BVerfGE 76, 171 ff. und 196 ff.  Uwer, AnwBl Online 2019, 20, 21; ähnlich Kleine-Cosack, BRAO, 8. Aufl. 2020,Vor §§ 59c – 59m, Rn. 1 f.; zur Gegenposition exemplarisch Wolf/Gerking, BRAK-Mitt. 2020, 185 ff.

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3. Die unionrechtliche Dimension: berufsrechtliche Kohärenzdefizite Die unionsrechtliche Dimension des berufsrechtlichen Korrelats zum Personengesellschaftsrecht bleibt im Mauracher Entwurf konsequent ausgeblendet. Ihr wird aber insoweit Rechnung zu tragen sein, als die Schaffung personengesellschaftsrechtlicher Freiräume nur durch solche berufsrechtlichen Regelungen flankiert oder eingeschränkt werden darf, die unionsrechtskonform sind. Die von hoher medialer Aufmerksamkeit begleitete BGH-Entscheidung vom 27.11. 2019 in der Sache „Lexfox / wenigermiete.de“⁵⁵ hat für den Bereich des anwaltlichen Berufsrechts aufgezeigt, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz und die BRAO im Wettbewerbsbereich von nicht-anwaltlichen Legal Tech-Anbietern und Anwälten⁵⁶ bei der außergerichtlichen Rechtsberatung keinen mit den Anforderungen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren Regulierungsrahmen mehr bieten. Die Anwaltschaft wird im Rechtsberatungsmarkt nicht nur durch das anwaltsberufsrechtliche Erfolgshonorarverbot (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) und das Prozessfinanzierungsverbot (§ 49b Abs. 2 Satz 2 BRAO) strukturell benachteiligt, sondern auch durch das Verbot der Beteiligung nicht sozietätsfähiger Kapitalgeber an anwaltlichen Berufsausübungsgemeinschaften. Damit korrespondiert die unionsrechtliche Beurteilung: Die gegenwärtige Regulierung des Anwaltsberufs erweist sich insoweit als inkohärent und unsystematisch und steht nicht mehr im Einklang mit dem höherrangigen supranationalen Recht. Beschränkungen u. a. der anwaltlichen Tätigkeit durch das Verbot der Kapitalbeteiligung von Dritten können im Wettbewerbsbereich zu nicht-anwaltlichen Rechtsdienstleistern wegen Verstoßes gegen das Kohärenzgebot unionsrechtlich nicht mehr gerechtfertigt werden.⁵⁷ Das bestehende Kohärenzdefizit wirkt sich schon jetzt aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts aus. Das Kohärenzgebot wird in Zukunft verstärkt als europarechtliches Korrektiv für jede Form von restriktiver nationaler Regulierung der Rechtsdienstleistungsmärkte und wohl auch anderer Freier Berufe fungieren: Die EU-Richtlinie 2018/958 vom 28.6. 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer (beziehungsweise Änderung bestehender) Berufsreglementierungen⁵⁸ rezipiert in Erwägungsgrund (22) und Art. 7 Abs. 2 (c)

 VIII ZR 285/18, NJW 2020, 208 ff.  Einzelheiten bei Hartung/Bues/Halbleib, Legal Tech – Die Digitalisierung des Rechtsmarkts, 2018.  Ausführlich dazu Hellwig, AnwBl Online 2020, 260, 261 ff.; kritisch zum anwaltsberufsrechtlichen Erfolgshonorarverbot jetzt auch Hähnchen/Kuprian, AnwBl Online 2020, 423 ff.  ABl. EU L 173/25.

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die Rechtsprechung des EuGH dahingehend, dass nationale Maßnahmen, die den Berufszugang oder die Ausübung des Berufs beschränken, das heißt behindern oder weniger attraktiv machen, nur dann geeignet sind, das angestrebte Ziel zu erreichen, wenn „sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gerecht werden und somit den Risiken entgegenwirken, die bei vergleichbaren Tätigkeiten in ähnlicher Weise identifiziert werden.“ Soweit es an dieser kohärenten und systematischen Zielverfolgung fehlt, ist die mitgliedstaatliche Zugangs- bzw. Ausübungsbeschränkung zur Zielerreichung ungeeignet und deshalb unverhältnismäßig und darf wegen Unionsrechtswidrigkeit nicht angewendet werden. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht endete zwar erst am 30.7. 2020. Erst seitdem greifen ihre Bestimmungen über die Pflichten zur Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer (bzw. Änderung bestehender) Berufsreglementierungen, zu Informationen für Interessenträger und Mitwirkung von Interessenträgern, zum Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und zur Transparenz sowie zur Überprüfung alle fünf Jahre. Die materiell-rechtlichen Bestimmungen der Richtlinie zum Maßstab der Prüfung (Art. 4– 7) waren jedoch bereits zuvor insofern relevant, als sie die einschlägige primärrechtliche Rechtsprechung des EuGH widerspiegeln.⁵⁹

III. Änderungsbedarf im anwaltlichen Berufsrecht Der weite Berufsrechtsvorbehalt des Mauracher Entwurfs lenkt den Blick auf die aktuelle berufsrechtliche Diskussion: Werden die Berufsrechts-Gesetzgeber den gesellschaftsrechtlichen Freiheitsgewinn berufsrechtlich bestätigen oder restringieren? Ein Blick wiederum auf das anwaltliche Gesellschaftsrecht zeigt, dass der Mauracher Entwurf der dort überfälligen Liberalisierungsentwicklung allenfalls einen wichtigen Impuls zu geben, sie aber nicht positiv zu beeinflussen beabsichtigt.

1. „Fremdbesitz“ Der Berufsrechtsvorbehalt des Mauracher Entwurfs erlaubt es, „an reine Kapitalbeteiligungen mit Blick auf ihren möglichen Einfluss auf die Unabhängigkeit der Berufsausübung spezifische Anforderungen zu stellen.“⁶⁰ Auch das Eck-

 Hellwig, AnwBl Online 2020, 260, 261.  Begründung zum Mauracher Entwurf, S. 166.

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punktepapier 2019 des BMJV besteht darauf, dass „reine Kapitalbeteiligungen von Gesellschaftern, die nicht in der Gesellschaft tätig sind (…), zum Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit grundsätzlich verboten bleiben.“ Ob das Verbot reiner Kapitalbeteiligungen in begrenzten Fällen, etwa nicht mehr aktiver Berufsangehöriger, gelockert werden könne, wenn die Unabhängigkeit und Einhaltung der Berufspflichten gewährleistet werden könnten, werde geprüft. Soweit reine Kapitalbeteiligungen zugelassen werden, soll die Einhaltung des anwaltlichen Berufsrechts besonders abgesichert werden (z. B. durch eine Höchstgrenze für Beteiligungen oder besondere Berufspflichten der Rechtsanwälte). Der Mauracher Entwurf bezieht bewusst keine Stellung zu dieser im aktuellen berufspolitischen Diskurs regelmäßig unter dem Reizwort „Fremdbesitz“ (auch: „Fremdbeteiligungsverbot“ oder „Fremdkapitalverbot“) heftig umstrittenen Frage der Inhaberschaft von Gesellschaftsanteilen der Berufsausübungsgesellschaft durch Nicht-Anwälte.⁶¹ Dieser „Fremdbesitz“ ist indes seit einem Vierteljahrhundert gesetzliche Realität: § 59a Abs. 1 und 2 BRAO sieht genau das rechtsformunabhängig vor, jedoch für einen zu klein bemessenen Kreis eligibler nicht-anwaltlicher Gesellschafter. § 59a BRAO geht selbstverständlich davon aus, dass der Berufsträger in der Berufsausübungsgemeinschaft eine „Beteiligung“ hält, die je nach Gesellschaftsform mit einem Anteil am Gesellschaftskapital, also einer Kapitalbeteiligung, einhergehen kann; für die RA-GmbH ist die Kapitalbeteiligung von Nicht-Anwälten explizit in § 59e BRAO besonderen Regelungen unterworfen. Diese Kapitalbeteiligung ist gesellschaftsrechtlich und bilanziell Eigenkapital und nicht Fremdkapital, also auch kein „Fremdbesitz“. Eine Kapitalbeteiligung wird auch nicht vom Eigen- zum Fremdkapital, wenn ein sozietätsfähiger nicht-anwaltlicher Berufsträger Gesellschafter ist.⁶² Nach der BVerfG-Entscheidung in der Rechtssache „Horn“ werden weitere Versuche, den Gesellschafterkreis sozietätsfähiger Berufe zu beschränken und auf diese Weise die anwaltliche Unabhängigkeit durch gesellschaftsrechtliche Beschränkungen strukturell zu sichern, dauerhaft keinen verfassungsrechtlichen Bestand haben. Anknüpfend an frühere Reformüberlegungen zur Interprofessionalität im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 30.11. 2006 zur Novellierung des Rechtsberatungsrechts⁶³ sollten Rechtsanwälte deshalb ihren Beruf gemeinschaftlich mit allen Angehörigen „vereinbarer Berufe“ ausüben dürfen, also

 Zum Diskussionsstand und differenzierend zwischen „Fremdbesitzverbot“ als primärem Gewinnbeteiligungsverbot für nicht-sozietätsfähige Personen und „Kapitalbeteiligungsverbot“ als Verbot sekundärer Partizipation am Gewinn von Anwaltsgesellschaften Islam, Das Kapitalbeteiligungsverbot an Anwaltsgesellschaften, 2017, S. 31 f., passim.  Uwer, Rethinking:Law 6/2019, 34, 35 f.  BT-Drs. 16/3655, S. 14 f.

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solcher Berufe, die ihnen individuell nach § 7 Nr. 8, § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO im Zweitberuf offenstehen.⁶⁴ Zur Vermeidung weiterer verfassungsgerichtlich erzwungener Öffnungen und der geschilderten europarechtlichen Kohärenzprobleme ist der Gesetzgeber gehalten, das anwaltliche Gesellschaftsrecht gesamthaft zu liberalisieren und strukturelle Beschränkungen abzuschaffen. Die anwaltlichen „Core Values“ können und müssen rechtsform- und gesellschafterunabhängig funktional (nach dem Muster des § 43e BRAO) sichergestellt werden. Demgegenüber programmiert die insoweit von der BRAK vorgeschlagene halbherzige Erweiterung der sozietätsfähigen Berufe auf Angehörige freier Berufe, die der Aufsicht einer Berufskammer unterliegen und ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO haben, die nächste verfassungsgerichtliche Korrektur – weil sie etwa Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht eine Berufsausübungsgemeinschaft mit den zwar verkammerten, aber von § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO nicht erfassten Architekten weiterhin verweigern würde.

2. Zulassungsrecht Nach dem geltenden anwaltlichen Berufsrecht muss sich nur die RA-GmbH einem Zulassungsverfahren (§§ 59c ff. BRAO) bei der Rechtsanwaltskammer am Sitz der Gesellschaft unterziehen. Die offene Frage, ob die §§ 59c ff. BRAO auf die gesetzlich nicht geregelte Rechtsanwalts-AG⁶⁵ Anwendung finden, ist durch die Entscheidung des BGH vom 10.1. 2005 (AnwZ (B) 27 u. 28/03)⁶⁶ praktisch entschärft worden, weil die AG mindestens einen Anspruch auf Zulassung in entsprechender Anwendung der §§ 59c ff. BRAO hat. Eine der RA-GmbH erteilte Zulassung erlischt nach ihrer Umwandlung in eine RA-AG und muss neu beantragt werden.⁶⁷ Nicht zulassungsbedürftig und ‐fähig sind die BGB-Gesellschaft und die Partnerschaftsgesellschaft. Nach den Vorschlägen des BMJV im Eckpunktepapier

 Zur Zweitberufsfreiheit der rechts- und steuerberatenden Berufe Kleine-Cosack, NJW 2018, 3273 ff.  Näher dazu Passange, Die Aktiengesellschaft als neue Rechtsform für anwaltliche Zusammenschlüsse – Zulässigkeit und Ausgestaltung, 2002; Albert, Die Rechtsanwalts-AG – eine juristisch-ökonomische Analyse unter Berücksichtigung des europäischen Rechts, 2011; Henssler (Fn. 3), S. 513 ff.  BGHZ 161, 376; dazu Henssler, in: ders./Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2020, Vor § 59c ff. BRAO, Rn. 28 ff.; Hennen, Die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung als Alternative zur britischen Limited Liability Partnership, 2016, S. 47 ff.  BGHZ 161, 376 (381 f.); Henssler (o. Fußn. [66]), Rn. 34.

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2019 sollen künftig alle Berufsausübungsgesellschaften gleich welcher Rechtsform selbst Träger von Berufspflichten und Adressaten berufsrechtlicher Sanktionen sein und als solche einer berufsrechtlichen Zulassung bedürfen. Zur Verwaltungsvereinfachung könne die Zulassung in unproblematischen Fällen im Wege eines Anzeigeverfahrens erfolgen, etwa bei monoprofessionellen Berufsausübungsgesellschaften von Rechtsanwälten, aber auch bei interprofessionellen Zusammenschlüssen allein mit den bereits bisher sozietätsfähigen Berufen. Zu diskutieren wird dann sein, ob bei der Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG auch die Komplementär-GmbH als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen sein muss, was es der Rechtsanwaltskammer erlauben würde, die Gesellschafterstruktur dieser Gesellschaft zu überprüfen. Nach den Vorschlägen des BMJV sollen alle Berufsausübungsgesellschaften rechtsformunabhängig künftig in einem von der BRAK geführten elektronischen Verzeichnis erfasst werden. Erfasst werden sollen alle – auch nicht-anwaltlichen – Gesellschafter sowie alle im Namen der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Rechtsanwälte. Auch ausländische Berufsausübungsgesellschaften sollen registerpflichtig sein, für die aber nur die im Inland niedergelassenen Personen erfasst werden sollen. Für alle Berufsausübungsgesellschaften sollen die Rechtsdienstleistungsbefugnis und die Postulationsfähigkeit positiv verankert werden, soweit sie durch persönlich befugte Personen handeln (vgl. § 59 l BRAO, § 7 Abs. 4 PartGG). In der Konsequenz erlangt die bislang gar nicht registerpflichtige, „klassische“ Anwaltssozietät damit gleich doppelte Subjektpublizität: als im Gesellschaftsregister nach § 707 BGB-E eingetragene rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts und als im im Berufsausübungsgesellschaftsregister der BRAK eingetragene Sozietät.

3. Freiberufliche Konzernstrukturen Der Mauracher Entwurf sieht keine Änderung des § 1 Abs. 1 Satz 3 PartGG vor, wonach Angehörige einer Partnerschaft nur natürliche Personen sein können. Nach der Gesetzesbegründung zum PartGG soll dies „am ehesten dem Leitbild der auf ein persönliches Vertrauensverhältnis zum Auftraggeber ausgerichteten freiberuflichen Berufsausübung [entsprechen].“⁶⁸ Für eine Öffnung des Gesellschafterkreises für juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften (z. B. GmbH & Co. Partnerschaft) sehen die Kommissionsmitglieder kein praktisches Bedürfnis. Ob damit eine generelle Absage an freiberufliche Konzern-

 Expertenkommission, Arbeitsgruppe 7, Thesenpapier, Nr. 6.3.

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strukturen (über die abgelehnte GmbH & Co. Partnerschaft hinaus) verbunden sein soll, ist nicht ganz klar. Dann bliebe die personengesellschaftsrechtliche hinter der berufsrechtlichen Diskussion zurück: Die derzeit beim BVerfG anhängige Verfassungsbeschwerde einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und einer Partnergesellschaft mbB (1 BvR 1072/17) gegen das Urteil des BGH vom 20. 3. 2017 (AnwZ (Brfg) 33/16)⁶⁹ und die ihm zugrundeliegenden Entscheidungen betrifft die Nichtzulassung einer anwaltlichen Partnerschaftsgesellschaft als Gesellschafterin einer Rechtsanwalts-GmbH, also den umgekehrten Fall zur GmbH & Co. Partnerschaft. De lege lata lässt § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO eine solche Beteiligung der Partnerschaftsgesellschaft an der GmbH nicht zu;⁷⁰ Gesellschafter einer RAGmbH können nur natürliche Personen sein. Unter Zugrundelegung der BVerfGEntscheidungen von 2014 und 2016 wird allgemein erwartet, dass das Verbot mehrstöckiger Anwaltsgesellschaften der verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht standhält. Das BMJV sieht deshalb in seinem Eckpunktepapier 2019 vor, entsprechend dem Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater (vgl. § 28 Abs. 4 Satz 2 WPO, § 50a Abs. 2 StBerG) im Anwaltsrecht eine Gesellschafterstellung von Beteiligungsgesellschaften zuzulassen, wenn die Beteiligungsgesellschaft und der Verbund insgesamt die berufsrechtlichen Anforderungen erfüllen und Transparenz gewährleistet ist. Konsequenterweise sollte deshalb im Recht der Partnerschaftsgesellschaft § 1 Abs. 1 Satz 3 PartGG aufgehoben werden. Die Vorschrift dürfte sich gleichermaßen als verfassungswidrig erweisen. Der beim BVerfG anhängige Fall belegt das praktische Bedürfnis, Konzernstrukturen auch bei Partnerschaftsgesellschaften zuzulassen.⁷¹

IV. Komplexität und Überkomplexität – am Beispiel des (Vertrags‐)Arztrechts Dass ein weiter Berufsrechtsvorbehalt im Personengesellschaftsrecht kaum dazu angetan ist, die Komplexität der regulatorischen Rahmenbedingungen freiberuflicher Tätigkeit zu reduzieren, zeigt ein abschließender und kursorischer Blick auf

 BGHZ 214, 235.  Zu Recht kritisch Henssler (o. Fußn. [66]), § 59e BRAO, Rn. 13 ff.  In der Folge wird dann der Gesetzgeber (und nicht bloß die Satzungsversammlung bei der BRAK als Satzungsgeber auf der Grundlage von § 59b BRAO) darüber zu entscheiden haben, ob und in welchem Umfang die bisher in § 3 Abs. 2 BORA enthaltene, verfassungsrechtlich zweifelhafte Sozietätserstreckungsklausel für die Prävarikation nach § 43a Abs. 4 BRAO verfassungskonform auch vertikal in Konzernstrukturen Anwendung finden soll und darf.

Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler

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ärztliche Berufsausübungsgemeinschaften.⁷² Sie sehen sich einem anspruchsvollen normativen Geflecht aus Vorgaben des Gesellschaftsrechts (Bundesrecht), des ärztlichen Berufsrechts des jeweiligen Landes und im Bereich der vertragsärztlichen („kassenärztlichen“) Versorgung des Bundesrechts der Gesetzlichen Krankenversicherung (Sozialgesetzbuch V) ausgesetzt.⁷³ Nach § 18 Abs. 1 der Muster-Berufsordnung (MBO-Ä) dürfen sich Ärzte berufsrechtlich zu Berufsausübungsgemeinschaften, Organisationsgemeinschaften, Kooperationsgemeinschaften und Praxisverbünden zusammenschließen. Nach Absatz 2 der Vorschrift darf der Beruf „in allen für den Arztberuf zulässigen Gesellschaftsformen“ ausgeübt werden, wenn die „eigenverantwortliche, medizinisch unabhängige sowie nicht gewerbliche Berufsausübung gewährleistet ist.“ § 18 Abs. 2a MBO-Ä definiert als Berufsausübungsgemeinschaft einen „Zusammenschluss von Ärzten untereinander, mit Ärztegesellschaften oder mit ärztlich geleiteten Medizinischen Versorgungszentren, die den Vorgaben des § 23a Abs. 1 lit. a, b und d MBO-Ä [ärztliche Mehrheitserfordernisse für Gesellschafterkreis und Geschäftsführung] entsprechen, oder dieser untereinander zur gemeinsamen Berufsausübung.“ Sozialversicherungsrechtlich verlangt § 95 Abs. 1a SGB V für die Zulassung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zur vertragsärztlichen Versorgung gerade keine Geschäftsanteils- und Stimmrechts- sowie Geschäftsführungsmehrheit. Die Frage ist für Kapitalbeteiligungen Dritter (insbesondere die adäquate Strukturierung von Private Equity-Investitionen) von erheblicher Bedeutung.⁷⁴ Entscheidend ist, ob man die gegenüber dem ärztlichen Berufsrecht als Landesrecht normhierarchisch vorrangige bundesrechtliche Regelung des § 95 Abs. 1a SGB V⁷⁵ als abschließend ansieht, sodass aus dem Berufsrecht keine weiteren Einschränkungen folgen können. Dafür lassen sich Argumente finden. Allerdings trifft das SGB V zum Verhältnis der Gründer untereinander keine explizite Aussage, sodass Ärzte insoweit zumindest im Ausgangspunkt weiterhin ihrem Berufsrecht unterliegen. Das Meinungsbild in der Literatur ist uneinheit-

 Zusammenfassend zur aktuellen Rechtslage, jedoch restriktiv zu möglichen Auswirkungen der „Horn“-Rechtsprechung des BVerfG auf das bestehende „Fremdbeteiligungsverbot“ im ärztlichen Berufsrecht Möller, GesR 2020, 286 ff.  Überblick zum ärztlichen Gesellschaftsrecht bei Möller, in: Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl. 2015, S. 981 ff.  Überblick zum Rechtsrahmen für die Finanzierung Medizinischer Versorgungszentren bei Janzen, MedR 2020, 365 ff.; s. auch Willaschek, GuP 2020, 63 ff.; Kämmerer/Kleiner, MedR 2020, 531 ff.  Vgl. allg. dazu aus der Rspr. BSG, Urteil vom 9. 2. 2011 − B 6 KA 12/10 R, NJOZ 2011, 1645.

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Dirk Uwer

lich,⁷⁶ in der Kautelarpraxis kursierende Formulare für MVZ-Gesellschaftsverträge sehen ausdrücklich vor, dass beteiligte Ärzte die Anteils- und Stimmenmehrheit halten müssen, ohne dass dieses Ergebnis unter Gesichtspunkten der Normenhierarchie oder der Spezialität zwingend erscheint. Weitere Friktionen zwischen Bundes-Sozialversicherungsrecht (Vertragsarztrecht) und Landes-Berufsrecht birgt die praktisch höchst relevante Vorschrift über die Zulassung vertragsärztlicher Berufsausübungsgemeinschaften (BAG), § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV. Die den Zulassungsausschüssen obliegende Prüfung beschränkt sich auf die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an gemeinsamem Sitz (örtliche BAG) oder an verschiedenen Sitzen, sofern die Versorgung jeweils gesichert ist (überörtliche BAG) und auf den Gesellschafterkreis (alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer). Verstöße gegen das Berufsrecht schlagen nicht (mehr) auf die Ebene des Vertragsarztrechts durch. § 33 Abs. 2 S. 4 Ärzte-ZV in der vor dem 1.1. 2007 geltenden Fassung sah noch vor, dass die Genehmigung u. a. versagt werden darf, wenn landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen. Dieser Vorbehalt wurde mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz⁷⁷ gestrichen. Das ärztliche Berufsrecht der Länder sollte nicht die liberaleren Regelungen des vertragsarztrechtlichen Zulassungsrechts des Bundes aushebeln können.⁷⁸ In Ermangelung eines Berufsrechtsvorbehalts ist die Genehmigung (bundes‐) sozialrechtlich auch dann zu erteilen, wenn die (landes‐)berufsrechtlichen Voraussetzungen der gemeinsamen Berufsausübung nicht erfüllt sind, z. B. bei einer BAG aus einem MVZ und Vertragsärzten ohne gesellschaftsrechtlich abgesicherte „ärztliche Beherrschung“. Da in der Praxis die Ärztekammern häufig gegen solche

 Vgl. Rademacker, in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 108. EL März 2020, § 95 SGB V Rn. 73 ff. m.w.N.  BGBl. I S. 3439.  „Die neue (Muster‐)Berufsordnung Ärzte (MBO-Ä) erfüllt derzeit die ihr zugedachte Funktion, durch Empfehlung an die Ärztekammern als Normgeber der Berufsordnungen eine Simultannormgebung auf dem Gebiet des allgemeinen Berufsrechts zu gewährleisten, nicht in ausreichendem Maße […]. Deshalb ist es zur Transformation von Regelungen der MBO-Ä ins Vertragsarztrecht nicht zweckmäßig, wie bisher in Form einer dynamischen Verweisung auf „landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung“ zu verweisen (vgl. § 33 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) zur Gemeinschaftspraxis […]). Die entsprechenden Tatbestände werden daher zwar – grundsätzlich – inhaltlich gleichlautend, aber eigenständig ausformuliert. Darüber hinaus ist es zur Herstellung effizienter und auch medizinisch sinnvoller Versorgungsstrukturen in einigen Bereichen notwendig, im Vertragsarztrecht über die im ärztlichen Berufsrecht erfolgte Liberalisierung hinauszugehen.“ (BT-Drs. 16/2474, S. 16)

Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler

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Zulassungen intervenieren, sind die betroffenen Ärzte einem regulatorischen Dilemma ausgesetzt.

V. Fazit Die Entscheidung der Expertenkommission, Personenhandelsgesellschaften für die Ausübung freiberuflicher Zwecke zu öffnen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Sie entspricht einem Bedürfnis der Praxis, beseitigt auf gesellschaftsrechtlicher Ebene tradierte, unter stetigem unions- wie verfassungsrechtlichem Rechtfertigungsdruck stehende Ungleichbehandlungen der Freien Berufe und erfüllt speziell im Bereich des anwaltlichen Gesellschaftsrechts einen nach langwierigen Erkenntnisprozessen zu einem einheitlichen Desiderat von BMJV, DAV und BRAK geronnene berufspolitische Erwartungen. Mit der Entscheidung, den Zugang der Freien Berufe zu den handelsrechtlichen Formen der Personengesellschaften unter einen berufsrechtlichen Vorbehalt zu stellen, diese Rechtsformen also nur durch Eintragung erlangt werden können, soweit das jeweils anwendbare Berufsrecht nicht entgegensteht, weist die Expertenkommission die Verantwortung über das Ob und Wie der Liberalisierung des Gesellschaftsrechts der Freien Berufe dem jeweiligen Berufsrechtsgesetzgeber zu. In dieser verständlichen Selbstbeschränkung des Mauracher Entwurfs liegt zugleich ein hohes Risiko für seine praktische Effektuierung: Die für die berufsrechtlichen Regelungen berufenen Landes- bzw. Bundesgesetzgeber werden, wie die Erfahrung insbesondere mit der Fortentwicklung des anwaltlichen Berufsrechts lehrt, traditionellem berufsständischem Denken verhaftete Widerstände überwinden müssen, wenn die im Mauracher Entwurf angelegte Grundentscheidung zugunsten der Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler nicht eine theoretische bleiben soll. Dafür braucht es nur, aber auch nicht weniger als den legislativen Gestaltungswillen, der den Mauracher Entwurf im Übrigen auszeichnet.

Elke Heinrich

Bericht über die Diskussion Die von Hartmut Wicke geleitete Diskussion zum Referat „Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler“ von Dirk Uwer drehte sich zunächst um den Berufsrechtsvorbehalt im Rahmen der geplanten Öffnung der Personenhandelsgesellschaften (I.), regelungstechnische Aspekte dieses Vorbehalts (II.) und die Bedeutung der Öffnung für Vertragsärzte (III.), bevor intensiv über Regelungsalternativen und die Sinnhaftigkeit einer Abgrenzung entlang des Begriffs des Freiberufs (IV.) sowie über die Vorbehalte der Anwaltschaft gegenüber einer Einstufung als Kaufmann diskutiert wurde (V.).

I. Zu Beginn erkundigte sich ein Mitglied der Reformkommission, ob er Uwer richtig verstanden habe, dass er dem Entwurf darin zustimme, die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler im Handelsrecht zu normieren und sie nicht rein berufsrechtlichen Sonderregelungen zu überlassen. Denn er habe verstanden, dass andernfalls etwa Ärzte, Architekten oder Bauingenieure „ausgebremst“ würden, weil für diese Berufsgruppen eine Zuständigkeit der Landesgesetzgeber besteht. Er habe indes Zweifel, ob die im Rahmen der Kritik am Berufsrechtsvorbehalt vorgetragenen Argumenten, die These des Referenten in vollem Umfang abdeckten. Denn es sei nicht Aufgabe des HGB, berufsrechtliche Besonderheiten zu regeln. Hinzu komme bei einer weitergehenden Öffnung das Problem reiner Kapitalbeteiligungen. Es sei fraglich, ob sich russische Investoren ebenso an deutschen Ärztegesellschaften beteiligen können sollten wie an englischen Fußballklubs. Ähnliches gelte für Beteiligungen von Pharmaunternehmen oder Krankenhausgesellschaften. Derlei Fragen müsse der zuständige Berufsrechtsgesetzgeber klären. Dem schlossen sich auch andere Redner an. Einer von ihnen ergänzte, dass sich derartige Fragen der Kapitalbeteiligung aufgrund des Bedeutungsgewinns von Legal Tech zunehmend auch im rechtsberatenden Bereich stellen würden. Nachdem ein weiteres Mitglied der Reformkommission unter Berufung auf das BVerfG festhielt, dass es keinen verfassungsrechtlichen Zwang für einen Zugang der Anwaltschaft zu den Personenhandelsgesellschaften sehe, wies ein anderer Diskutant ganz generell auf die Komplexität der Materie hin, die der Referent anschaulich vor Augen geführt habe. Wer da nicht auch mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem verfassungsrechtlichen Hintergrund vertraut sei, tue sich schwer, sachkundig Stellung zu nehmen. https://doi.org/10.1515/9783110719178-007

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Elke Heinrich

Herr Uwer entgegnete, dass seines Erachtens kein Dissens zwischen ihm und den Diskutanten bestehe. Denn dass der personengesellschaftsrechtliche Regelungsanspruch nur so weit gehen könne wie im Mauracher Entwurf, verstehe sich von selbst. Dem Bundesgesetzgeber stehe es aber frei, die Materien „Berufsrecht“ und „Personengesellschaftsrecht“ aufeinander abzustimmen. Sein Petitum richte sich an das BMJV, unter dessen Dach zwei Rechtsentwicklungsstränge vorhanden seien, die im Zuge der Reform zusammengeführt werden sollten. Wenn einerseits im HGB ein berufsrechtlicher Vorbehalt aufgenommen werde, wäre es gesetzgebungstechnisch nicht so schwierig, im Artikelgesetz und im Personengesellschaftsrecht der BRAO aufzuräumen, zumal die §§ 59c f. BRAO im Kern gesellschaftsrechtliche Strukturvorgaben enthielten. Die Blindheit des Entwurfs im Sinne „das ist alles Berufsrecht, das fassen wir nicht an“ sei jedenfalls nicht zwingend.

II. Ein Mitherausgeber der ZGR sprach einen regelungstechnischen Aspekt des Berufsrechtsvorbehalts in § 107 Abs. 1 Satz 2 des Mauracher Entwurfs an. Der Text mache es zur Voraussetzung, dass „das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt.“ Diese Formulierung erscheine ihm nicht richtig zu sein. Denn bei der Anwalts-GmbH stehe in § 59c BRAO auch nicht „die GmbH wird zur Eintragung zugelassen“, sondern „sie wird als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen“. Die Gesellschaft könne also natürlich eingetragen werden, denn jede GmbH könne im Register eingetragen werden. Sie könne eben nur nicht sofort Beratungstätigkeiten aufnehmen. Er fragte, ob man daher nicht vielleicht sagen müsste: „soweit das Berufsrecht nicht entgegensteht.“ Dem stimmte Uwer zu. Richtig sei die Formulierung „soweit das Berufsrecht nicht entgegensteht.“ Gleichzeitig erneuerte er sein Petitum, der Berufsrechtsgesetzgeber solle auch die Berufsordnungen von genuin personengesellschaftsrechtlichen Regelungen entschlacken, damit zusammengehörige Dinge zusammen betrachtet werden und nicht durch das Berufsrecht eine weitere Komplexitätsschicht hinzukomme.

III. Ein Diskutant interessierte sich für das Vertragsarztrecht. Er wies darauf hin, dass die PartGmbB in diesem Bereich keinen Anklang finde, weil dort die „Versicherungslösung“ versage, d. h. weil die Ärzte trotz beschränkter Berufshaftung auf

Bericht über die Diskussion

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deliktischer Seite immer noch persönlich hafteten. Dieses Problem würde sich bei Öffnung der KG in gleicher Weise stellen, weil wohl auch dort die deliktsrechtliche Haftung bestehen bliebe. Seines Erachtens würde die KG-Lösung insofern zu einem „löchrigen Käse“. Dem stimmte ein Mitglied der Reformkommission zu. Es sei kein Weg der Ärzte in die KG zu erwarten. Uwer ergänzte, dass in diesem Bereich extreme Heterogenität bestehe. Soweit sich eine ärztliche Gesellschaft an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligen wolle, sei sie ihrerseits zulassungspflichtig, wobei die Zulassungsvoraussetzungen des SGB V wiederum von jenen des Landesrechts divergierten.

IV. Eine umfangreiche Diskussion entspann sich anhand der Frage, ob die „Ausübung Freier Berufe“ als Abgrenzungskriterium vom Kaufmannsbegriff überhaupt noch sinnvoll sei. Ein Redner aus der Wissenschaft bemerkte, dass sich die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers von der typischen freiberuflichen Tätigkeit zunehmend überholen würden. Vor diesem Hintergrund regte er eine nähere Konkretisierung des Begriffs, etwa in Anknüpfung an das Berufsrecht, oder gar die Aufgabe der Differenzierung an. Ein weiterer Diskutant konstatierte, dass das Bild der Freiberufler so bunt sei, dass besondere Regelungen für jeden Beruf wohl erforderlich seien. In Hinblick auf die Öffnung des Personengesellschaftsrechts schlug er vor, noch weiter zu gehen als der Mauracher Entwurf. Zusätzlich zu den Optionen eine Kapitalgesellschaft, eine KG oder eine GbR zu gründen, wäre auch die Option einer Kommandit-GbR wünschenswert. Zudem sprach er sich dafür aus, auch umgekehrt Gewerbetreibenden dieselbe breite Palette an Rechtsformen zu bieten, sodass auch das Privileg des § 8 Abs. 2 und 4 PartGG für Nicht-Freiberufler zur Anwendung kommen könnte. Er wolle dies indes nicht für die derzeitige Reform anregen, weil der Mauracher Entwurf dadurch überlastet würde. Jedoch könnten seine Vorschläge Gegenstand eines MoPeG II sein. Von mehreren Seiten wurde vorgetragen, dass anstatt der Öffnung der Personenhandelsgesellschaften unter Berufsrechtsvorbehalt eine allgemeine Öffnung des Handelsrechts vorzugswürdig wäre. Der Mauracher Entwurf enthalte nämlich einen gewissen Systembruch, wenn er einerseits am Kaufmannsbegriff festhalte und andererseits das Recht der Personenhandelsgesellschaften doch wieder differenzierend und abweichend ausgestalte. Nach Meinung eines Wissenschaftlers ließe sich dagegen auch nicht die gegenwärtige Ausgestaltung des § 105 HGB einwenden, der vermögensverwaltende OHGs und KGs zulässt. Denn diese bewegten sich häufig in einem Graubereich zwischen gewerblicher und

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nicht-gewerblicher Tätigkeit. Auch steuerrechtlich ließe sich gerade mit Blick auf Freiberufler nachjustieren. In Übereinstimmung mit einem weiteren Diskussionsteilnehmer, der unter Hinweis auf den wirtschaftlichen Verein für eine vom Steuerrecht unabhängige Diskussion des Handelsrechts plädierte, hielt er ferner fest, dass seines Erachtens kein Zwang für das Steuerrecht bestehe, alle HGBGesellschaften als gewerbesteuerpflichtig zu klassifizieren. Würde sein Vorschlag einer allgemeinen Öffnung der Personenhandelsgesellschaften umgesetzt, solle man zudem darüber nachdenken, ob man die Partnerschaftsgesellschaft wirklich noch brauche, die ohnehin weitgehend OHG-Regeln folgt. Man könnte dann nämlich vieles vereinfachen, wie insbesondere die Führung unterschiedlicher Register. In Reaktion darauf erklärte ein Mitglied der Reformkommission, gegen die geplante Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler gewesen zu sein. Denn sie führe eben zu einer starken Unwucht im System und im Verhältnis zum beibehaltenen Kaufmannsbegriff. Wenn man öffne, sei eine einheitliche Lösung sinnvoller; allerdings unter Preisgabe der freiberuflichen Privilegien. Die Kommission habe sich dazu nicht durchringen können – auch um die politische Realisierbarkeit der Reform nicht zu gefährden. Eine weitere Frage eines Wissenschaftlers betraf die praktische Relevanz der nunmehr geplanten Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler. Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern stünden diese Rechtsformen bereits offen. Für andere Freiberufler, insbesondere Anwälte, scheine es ihm so, dass der Wechsel aus einer Partnerschaft in die KG gewerbesteuerpflichtig mache und Buchführungspflichten auslöse. Wenn das richtig sei, würden die Betroffenen diesen Weg wohl scheuen. Demgegenüber meinte ein anderer Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft, dass eine Rechtsanwalts-KG nach geltendem Recht nicht gewerbesteuerpflichtig wäre, weil der steuerrechtliche Gewerbebegriff eigenständig definiert sei. Auch eine Buchführungspflicht sei damit seines Erachtens nicht zwingend verbunden, weil diese an die Kaufmannseigenschaft anknüpfe und deren Definition ja unverändert bleiben solle. Daran zeige sich jedoch, dass noch einmal über eine Reform des Kaufmannsbegriffs nachgedacht werden sollte. Ein Kommissionsmitglied widersprach diesen Ausführungen. Nach dem Entwurf scheine es für ihn klar zu sein, dass eine Freiberufler-KG auch Handelsgesellschaft ist. Sonst wäre sie keine KG. Der Entwurf enthalte eine Fiktion: Die Ausübung eines Freiberufs werde für die KG-Gründung, ebenso wie bei der Vermögensverwaltung, als Handelsgewerbe fingiert. Nur so komme man in die KG, die gemäß § 6 Abs. 1 HGB Kaufmann ist. Er glaube daher, dass jedenfalls eine Buchführungspflicht bestehe. Steuerrechtlich wollte er keine abschließende Beurteilung vornehmen. Zwar sei eine KG im Grundsatz natürlich gewerbesteuer-

Bericht über die Diskussion

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pflichtig. Es gebe insofern aber wohl Vermeidungsmöglichkeiten, womit sich die Kommission allerdings nicht im Detail auseinandergesetzt habe. Ein Wissenschaftler und Vordenker der Reform wies schließlich auf das österreichische Recht hin. § 105 Satz 3 des österreichischen Unternehmensgesetzbuches (UGB) gibt für die rechtsfähige Offene Gesellschaft vor: „Sie kann jeden erlaubten Zweck einschließlich freiberuflicher und land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit haben.“ Die Möglichkeit einer Gründung zu jedem erlaubten Zweck wäre eine elegante Öffnung gewesen, die Freiberufler automatisch mitumfasst hätte. In Hinblick auf das Bilanzrecht enthält § 189 Abs. 4 UGB einen Freistellungstatbestand für Freiberufler. Er halte das für eine sehr interessante Option. Darüber hinaus erklärte er, die Partnerschaftsgesellschaft schon immer „auf dem Kieker“ gehabt zu habe, weil er sie für „etwas Überflüssiges“ halte. Das PartGG sei in der Tat eine gewisse Peinlichkeit: teils werde OHG-Recht abgeschrieben, teils werde darauf verwiesen; und auch die Aufzählung der freien Berufe, die aus dem EStG abgeschrieben worden sei, sei eine gewisse Peinlichkeit. Marktfähig sei das Gesetz erst durch die Haftungsbeschränkung geworden. Deshalb votiere er – ähnlich wie der DJT im Jahr 2016 – für die Abschaffung des PartGG; auch wenn es manchen weh tue. In seiner Stellungnahme erläuterte Uwer zunächst, dass das BJMV plane, künftig alle anwaltschaftlichen Berufsausübungsgesellschaften – egal welcher Rechtsform – zulassungs- und registrierungspflichtig zu machen. Danach käme ein weiterer Registereintrag in einem Berufsregister hinzu, der neben jenen im Handels-, Partnerschafts- oder GbR-Register trete. Dies lasse sich möglicherweise als Argument für eine Abschaffung des PartGG ins Treffen führen. Ob er so weit gehen würde, könne er aber nicht sagen. Immerhin sei die fehlende Insolvenzantragspflicht ein Argument, dass eine Partnerschaftsgesellschaft gegenüber Kapital- und Personenhandelsgesellschaften auszeichne. Allerdings wisse er nicht, ob das eine besondere praktische Relevanz habe. Richtig seien die Stellungnahmen zur Frage, was eigentlich freie Berufe ausmache. In seiner Vorlesung pflege er die Studierenden immer zu fragen, ob sie eher Heilmasseure oder Apotheker als Freiberufler einordnen würden. 90 % würden sich für den Apotheker entscheiden, weil das dem laienhaften Verständnis vom akademischen Freiberufler entspreche. Zudem wirke der Katalog des § 1 PartGG arbiträr. Man dürfe also durchaus die Frage aufwerfen, ob der freie Beruf überhaupt noch ein geeigneter Anknüpfungspunkt für personengesellschaftsrechtliche Sonderregelungen sei. Das jeweilige Berufsrecht stehe ja ohnedies daneben.

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V. Den letzte Diskussionsherd eröffnete ein Redner aus der Wissenschaft, indem er den Referenten auf den Standpunkt der Bundesrechtsanwaltskammer hinwies, wonach es zu keiner „Degeneration des Rechtsanwalts zum Justizkaufmann“ kommen solle. Er frage sich, was damit eigentlich gemeint sei und was so sehr am Kaufmann störe? Wenn es nicht die Gewerbesteuer sei, so verstehe er nicht, was dagegenspreche, dass eine große Rechtsanwaltsgesellschaft Buchführung betreibt oder dass eine Sozietät mit 100 Mitarbeitern eingehende, gekaufte Ware untersucht und gegebenenfalls rügt. Kurzum: Was sei eigentlich so anrüchig an einem Kaufmann, dass die Anwälte damit nicht in Berührung kommen wollen? Ein Diskutant aus der Anwaltschaft hakte hier ein und bekräftigte, dass stets die Sorge vor der Gewerbesteuer ein Thema sei. Allerdings sei es bereits jetzt so, dass Anwaltskanzleien gewerbesteuerpflichtig sein könnten, nämlich insofern als sie gewerbliche Einkünfte erzielten. Das könne etwa selbst einen Einzelanwalt treffen, der 20 Angestellte beschäftigt, die z. B. Internal Investigations machen. Das lasse sich nicht mehr unter eine freiberufliche Tätigkeit subsumieren. Man werde in solchen Fällen auch als Partnerschaftsgesellschaft gewerbesteuerpflichtig, sodass die Anwaltschaft schon jetzt mit der Gewerbesteuer in Berührung komme und allzu große Sorge davor unbegründet sei. Auch Uwer meinte, dass die Gewerbesteuer im berufspolitischen Diskurs häufig angeführt werde. Er stimmte dem Vorredner zu, dass die Annahme, Freiberufler seien nicht gewerbesteuerpflichtig, längst nicht mehr korrekt sei. Die steuerrechtliche Einordnung erfolge unabhängig von der personengesellschaftsrechtlichen Qualifikation und der berufsrechtlichen Zulassungsfrage. Darüber hinaus merkte er an, dass die Weigerung der Bundesrechtsanwaltskammer, die unternehmerische Dimension der Anwaltstätigkeit anzuerkennen, auch stark im irrationalen Bereich spiele. So sei die oft gefürchtete Gewerbesteuerpflicht jedenfalls weder im Mauracher Entwurf noch im Eckpunktpapier des BMJV zur Novellierung des anwaltlichen Gesellschafsrechts mit einem Berufsorganisationsregister angelegt. Er glaube, die restriktive Haltung sei ein Residuum berufsständischen Denkens, das den Anwalt in seiner Kanzlei als Gegenmodell zum Kaufmann betrachtet habe. Für Teile der sehr heterogenen Anwaltschaft könne dies auch heute noch zutreffend sein. Es spiegle aber die Gesamtkomplexität des Anwaltsmarktes schon lange nicht mehr wider.

Ingo Drescher*

Beschlussmängelrecht Zusammenfassung: Im Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts sollen erstmals Beschlussmängel und die Beschlussmängelklage im Personengesellschaftsrecht gesetzlich geregelt werden. Der folgende Beitrag stellt die Vorschläge des Gesetzentwurfs zur Beschlussfassung, zu Mängeln von Beschlüssen und zum dazugehörenden Klageverfahren vor und unterzieht sie einer kritischen Würdigung.

Abstract: The Maurach Draft Law for the Modernization of the Law of Partnerships is intended to establish, for the first time, a statutory rule within the partnership law to address deficiencies in resolutions and actions related thereto. The following article presents the proposals of the draft law concerning the passing of resolutions, deficiencies of resolutions and the associated complaint procedure, and subjects them to a critical evaluation.

Inhaltsübersicht I. II.

III.

IV.

 Einleitung Beschlussfassung   . Zuständigkeit der Gesellschafter . Beschlussverfahren  . Mehrheit  a) Mehrheitsklauseln  b) Qualifizierte Mehrheit  c) Stimmkraft  . Stimmverbote  Beschlussmängel  . Beschlussmängelsystem  a) Anfechtungsmodell  b) Feststellungsmodell  c) Unwirksamkeitsklage  . Anfechtbarkeit und Nichtigkeit  Beschlussmängelklage  . Anfechtungsbefugnis 

* Der Autor ist Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof. Der Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder. https://doi.org/10.1515/9783110719178-008

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Ingo Drescher

. .

V.

Klagefrist  Anfechtungsklage  a) Zuständigkeit  b) Klagegegner  c) Schiedsfähigkeit  Zusammenfassung 

I. Einleitung Gesetzliche Regelungen zu Beschlüssen von Personengesellschaften finden sich bisher kaum. Einige Vorschriften verlangen zwar ausdrücklich einen Beschluss, so etwa § 712 Abs. 1, § 728 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 113 Abs. 2 HGB, § 116 Abs. 2 HGB, § 131 Nr. 2 HGB. Bestimmungen, wie es zu einem solchen Beschluss kommt, wann er wirksam ist usw. gibt es im Handelsgesetzbuch oder im Bürgerlichen Gesetzbuch bisher nicht, wenn man von der fragmentarischen Regelung in § 119 HGB zur Mehrheit und – versteckt bei der Geschäftsführung – in § 709 BGB absieht. Zu Beschlussmängeln fehlt bisher jede Regelung. Dem Normierungsmangel will der Mauracher Entwurf abhelfen, vor allem mit Regeln zu Beschlussmängeln und zum Klageverfahren. Die Regeln werden im BGB bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verortet. Sie sollen damit sowohl für die Personengesellschaften wie auch für die Personenhandelsgesellschaften gelten.

II. Beschlussfassung In der Überschrift von § 714 BGB-E findet erstmals die Beschlussfassung einen Platz im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Nach der Entwurfsbegründung wird darin in Abgrenzung zur Geschäftsführung die Grundlage der gesellschaftsinternen Willensbildung und Entscheidungsfindung durch Beschlussfassung geregelt.¹ Demgegenüber ordnet die Norm dann aber die Beschlussfassung nicht grundlegend, sondern mit dem Mehrheitserfordernis nur einen kleinen Teil. Weite Teile des Beschlussverfahrens sind damit weiterhin gesetzlich nicht geregelt.

 BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ UND FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ, Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, April 2020, S. 88.

Beschlussmängelrecht

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1. Zuständigkeit der Gesellschafter § 714 Satz 1 BGB-E ist zu entnehmen, dass die Gesellschafter Beschlüsse fassen, aber nicht, wann sie dies tun. Die Beschlusskompetenz der Gesellschafter sollte auch nicht im Einzelnen geregelt werden, sondern es bei der hergebrachten Unterscheidung zur Geschäftsführungskompetenz bleiben.² Die Gesellschafter sollen danach wie bisher für die Geschäfte zuständig sein, die ihnen im Gesellschaftsvertrag zugewiesen wurden, für die Billigung außergewöhnlicher Geschäfte und für Maßnahmen die die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander betreffen (Grundlagengeschäfte). Soweit eine Zuweisung an die Gesellschafter bisher bereits normiert war, findet sie sich im jeweiligen Regelungszusammenhang wieder, so die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis (§ 715 Abs. 5 BGB-E, § 108 Abs. 5 HGB-E zur Entziehungsklage), die Zustimmung zur Vornahme außergewöhnlicher Geschäfte bei den Personenhandelsgesellschaften (§ 104 Abs. 2 HGB-E), der Beschluss zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen bei Verletzung des Wettbewerbsverbots, (§ 110 Abs. 2 HGB-E), etc. Neu findet sich für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in § 715 Abs. 4 BGB-E das Erfordernis eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses zu außergewöhnlichen Geschäften entsprechend dem bisherigen § 116 Abs. 2 HGB/jetzt § 104 Abs. 2 HGB-E und für Personenhandelsgesellschaften in § 113 HGB-E die Feststellung des Jahresabschlusses durch Beschluss. der Gesellschafter, womit die Rechtsprechung, die diese Aufgabe den Gesellschaftern zugewiesen hat, aufgegriffen wird.³ Mit § 714 Satz 2 BGB-E ist auch geklärt, dass eine Vertragsänderung Gegenstand der Beschlussfassung der Gesellschafter sein kann und kein neuer, ggf. mehrseitiger Vertragsabschluss erforderlich ist. Auch das ist in der Rechtsprechung bereits anerkannt⁴ und damit keine „echte“ Neuerung. Dass über diese einzelnen Tatbestände hinaus keine allgemeine Kompetenzregel eingeführt wird, ist schon deshalb richtig, weil die Kompetenzverteilung zwischen Geschäftsführung und Gesellschaftern der dispositiven Gestaltung im Gesellschaftsvertrag offen steht.⁵

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 89.  BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 6; BGH, Urteil vom 29. März 1996 – II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, 266.  Vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. November 2008 – II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 16; BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9.  Drescher in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 114 Rn. 8 mwN.

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2. Beschlussverfahren Auf Regelungen des Beschlussverfahrens und zum Zustandekommen des Beschlusses wurde verzichtet, weil die Vielzahl denkbarer Fallkonstellationen sich nicht angemessen in einer abstrakt-generellen Regelung abbilden lasse.⁶ Das ist nicht ganz nachvollziehbar, enthält doch das GmbHG abstrakt-generelle Regelungen sowohl zur Gesellschafterversammlung als der häufigsten Form des Zustandekommens von Beschlüssen wie auch zum Umlaufverfahren (§§ 48 – 51 GmbHG), die bisher sowohl im Personengesellschaftsrecht als auch vor allem im Recht der Personenhandelsgesellschaft beim Fehlen von Regelungen im Gesellschaftsvertrag teilweise analog herangezogen werden.⁷ Zwar sind Regeln über das Zustandekommen von Beschlüssen nur erforderlich, wo Mehrheitsbeschlüsse gefasst werden. Insbesondere bei der Kommanditgesellschaft mit von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Kommanditisten sind sie aber zum Schutz der Minderheit vor Überrumpelungen auch erforderlich. Zwar sorgt vor allem bei der Publikums-Kommanditgesellschaft die Kautelarpraxis regelmäßig für Bestimmungen zur Beschlussfassung. Mit einer gesetzlichen Regelung hätten gerade hier auch Mindeststandards etwa zum Initiativrecht eines Gesellschafters, das gerne „vergessen“ wird,⁸ gesetzt werden können.

3. Mehrheit Der eigentliche Regelungsgegenstand von § 714 BGB-E ist die Bestimmung der zum Beschluss erforderlichen Mehrheit. Als Grundsatz bleibt es bei der Einstimmigkeit. Maßgebend sind nur die stimmberechtigten Gesellschafter, so dass Gesellschafter, die einem Stimmverbot unterliegen, nicht mit zu berücksichtigen sind. Damit wird das Einstimmigkeitsprinzip aus § 119 Abs. 1 HGB übernommen.

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 89. § 39c Abs. 1 UmwG-E verlangt für den Verschmelzungsbeschluss allerdings ausdrücklich eine Gesellschafterversammlung.  Vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 39. Aufl. 2020, § 119 Rn. 29; Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl. 2009, § 119 Rn. 18; Schäfer in: Münchener Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 709 Rn. 50.  Vgl. BGH Urteil vom 9. November 1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172 (175); Urteil vom 30. März 1998 – II ZR 20/97, NJW 1998, 1946, 1947.

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a) Mehrheitsklauseln Besondere Regeln zu Mehrheitsentscheidungen enthält die Vorschrift nicht.Wenn § 714 Satz 2 BGB-E formuliert, dass der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung vorsehen kann, kann dies bei Fehlen einer anderweitigen Regelung im Gesellschaftsvertrag nur die einfache Stimmenmehrheit sein.⁹ Nach § 714 S. 2 BGB-E erfasst eine solche Mehrheitsklausel im Zweifel auch Vertragsänderungen. Damit wird im Ergebnis die Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes¹⁰ anerkannt. Allerdings geht die Formulierung, wonach die Mehrheitsklausel im Zweifel auch für Vertragsänderungsbeschlüsse gilt, über die Rechtsprechung hinaus. Nach der Rechtsprechung ist es eine Auslegungsfrage, welche Beschlussgegenstände eine Mehrheitsklausel erfasst, insbesondere auch, ob eine Mehrheitsklausel Vertragsänderungen umfasst. Eine Zweifelsregel gibt es bisher nicht. Nach der Entwurfsbegründung soll damit eine Warnfunktion verbunden sein.¹¹ Die Warnfunktion einer gesetzlichen Zweifelsregelung ist aber eher fraglich. Die Zweifelsklausel betrifft zudem nicht nur die Abweichung vom Einstimmigkeitsprinzip, sondern auch die Frage, ob die Vereinbarung einer qualifizierten Mehrheit bei einzelnen Beschlussgegenständen eine einfache oder eine qualifizierte Mehrheit für andere Beschlussgegenstände oder Vertragsänderungen verlangt. Große Bedeutung hat eine Zweifelsregelung aber nicht, da auch mit ihr die Auslegung Vorrang hat.

b) Qualifizierte Mehrheit Zu Recht wird nicht für alle Vertragsänderungen eine qualifizierte Mehrheit verlangt.¹² 179 Abs. 2 AktG und § 53 Abs. 2 GmbHG verlangen zwar bei den Kapitalgesellschaften für Satzungsänderungen eine Dreiviertelmehrheit. Bei Personengesellschaften sind die Verbindungen zu den Gesellschaftern aber auch nach Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit enger, die Gesellschaft existiert nicht unabhängig von ihren Gesellschaftern. Manche Vorgänge wie etwa der Gesellschafterwechsel beinhalten bei der Personengesellschaft eine Änderung des Gesellschaftsvertrags, während bei der Kapitalgesellschaft damit keine Satzungsänderung verbunden ist. Eine qualifizierte Mehrheit für alle Vertragsän-

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 89.  Vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 Rn. 15 mwN.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 89.  AA Schäfer ZIP 2020, 1149, 1152; Heckschen NZG 2020, 761, 764.

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derungen führt dagegen vor allem bei Publikumsgesellschaften zur Unbeweglichkeit. Wo in relativ unentziehbare Gesellschafterrechte durch die Gesellschaftermehrheit eingegriffen werden soll, ist der einzelne Gesellschafter dadurch geschützt, dass zur Mehrheitsentscheidung seine Zustimmung notwendig ist.¹³ Daher ist es richtig, dass die Bestimmung der Mehrheit für die einzelnen Vertragsänderungen den Gesellschaftern selbst überlassen bleibt. In einzelnen Vorschriften wird zudem ausdrücklich eine qualifizierte Mehrheit verlangt. So bestimmt § 732 BGB-E/§ 128 HGB-E, dass, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden hat , ein Beschluss, der die Auflösung der Gesellschaft zum Gegenstand hat, mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen gefasst werden muss. Das wird dahin zu verstehen sein, dass eine im Gesellschaftsvertrag vereinbarte allgemeine Mehrheitsklausel, nach der die einfache Mehrheit für Beschlüsse genügt, grundsätzlich auch als Mehrheitsklausel für den Auflösungsbeschluss taugt, aber statt der vertraglich vereinbarten einfachen in diesem Fall eine Dreiviertelmehrheit erforderlich ist. Die Entwurfsbegründung lässt demgegenüber eine allgemeine Mehrheitsklausel nur ausreichen, „wenn diese mindestens eine Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen vorsieht“,¹⁴ also die Mehrheitsklausel allgemein eine Dreiviertelmehrheit verlangt. Eine qualifizierte Mehrheit soll erforderlich sein, weil nach dem Rechtsgedanken des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter notwendig sei und eine Mehrheitsklausel daher den Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft eindeutig einbeziehen müsse, um von einer zulässigen Abbedingung des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgehen zu können.¹⁵ Nach der Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes¹⁶ leuchtet nicht ein, warum gerade die Auflösung als Vertragsänderung hinsichtlich des Zwecks zwingend eine qualifizierte Mehrheit voraussetzen soll, sonstige Vertragsänderungen aber mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können. Eine qualifizierte Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen verlangt auch § 734 Abs. 2 BGB-E/130 Abs. 2 HGB-E für den Fortsetzungsbeschluss nach einer Auflösung aufgrund der gesetzlichen Auflösungsgründe von § 729 BGB. Das wird mit dem besonderen Schutz der Gesellschafter begründet, zumal die Fortsetzung den bereits entstandenen Anspruch auf den

   11. 

Vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 Rn. 17. Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 129. Unter Bezugnahme auf Schäfer in: Münchener Komm. z. BGB, aaO (Fn. 7) Vor § 723 Rn. 18 und Oben 3 a).

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Liquidationserlös wieder entfallen lasse.¹⁷ Da der Fortsetzungsbeschluss einer Neugründung entspricht und mit der Fortsetzung die Gefahr der persönlichen Haftung neu begründet wird, dürfte eine Leistungsmehrung vorliegen,¹⁸ die ohne Zustimmung jedes betroffenen Gesellschafters nicht möglich ist, so dass eine Mehrheitsklausel sinnlos ist. Nur wenn eine antizipierte Zustimmung vorliegt und die Möglichkeit eines Fortsetzungsbeschlusses ausdrücklich bereits im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, kann eine Mehrheitsentscheidung genügen. Dann kann aber im Gesellschaftsvertrag auch Vorsorge beim Mehrheitserfordernis getroffen werden, und es bedarf keines besonderen Schutzes durch eine gesetzlich angeordnete qualifizierte Mehrheit mehr. Eine Ausnahme bringt auch § 737 Abs. 2 BGB-E: eine gesellschaftsvertragliche Mehrheitsklausel soll im Zweifel nicht für die Abberufung eines Liquidators gelten. Die Auslegungsregel soll dem mutmaßlichen Interesse der Gesellschafter Rechnung tragen, die alsbaldige Durchführung der Liquidation nicht durch einen Mehrheiten-Minderheiten-Konflikt zu belasten.¹⁹ Dass nach 737c Abs. 1/§ 136 Abs. 1 HGB Liquidatoren den in Bezug auf die Geschäftsführung einstimmig beschlossenen Weisungen der Beteiligten, zu denen auch Privatgläubiger eines Gesellschafters gehören, Folge zu leisten haben, schließt nach der Entwurfsbegründung Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag zu Mehrheitsbeschlüssen nicht aus.²⁰ Damit wird unter Fortführung des Bestimmtheitsgrundsatzes eine ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag zu Weisungen an Liquidatoren gefordert. Wenn eine allgemeine Mehrheitsklausel genügen würde, wäre die Forderung einer „einstimmig“ beschlossenen Weisung überflüssig, weil schon § 714 S. 1 BGB-E Einstimmigkeit voraussetzt. Eine qualifizierte Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen verlangt schließlich auch der Verschmelzungsbeschluss der Gesellschafterversammlung nach § 39c Abs. 2 UmwG bei antizipierter Zustimmung im Gesellschaftsvertrag wie bereits bisher § 43 Abs. 2 UmwG.

c) Stimmkraft Die Stimmkraft ist in § 709 Abs. 3 BGB-E und nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beschlussfassung geregelt. Bei im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mehrheitsentscheidungen soll nach § 709 Abs. 3 Satz 1 BGB-E das ver   

Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 130. Schäfer in: Münchener Komm. z. BGB, aaO (Fn. 7) Vor § 723 Rn. 11. Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 133. Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 136.

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einbarte Beteiligungsverhältnis oder, wenn keines vereinbart ist, das Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge, und erst wenn keine Beitragswerte vereinbart sind, die Mehrheit nach Köpfen maßgebend sein (§ 709 Abs. 3 Satz 2 BGB-E). Bisher sahen § 709 Abs. 2 BGB und § 119 Abs. 2 HGB die Berechnung der Mehrheit nach der Zahl der Gesellschafter als Regel vor. Dass zunächst das vereinbarte Beteiligungsverhältnis, in zweiter Linie das Verhältnis des Wertes der Beiträge, meist also nach dem beigetragenen Kapital, maßgebend sein soll, entspricht der Vertragspraxis in Anlehnung an die Kapitalgesellschaften und ist eine sinnvolle Neuerung.

4. Stimmverbote Eine generelle Regelung der Stimmverbote enthält der Gesetzesentwurf nicht. Darauf wurde bewusst verzichtet, weil zum Stimmrechtsausschluss wegen Interessenkollision auf die verschiedenen gesetzlichen Stimmrechtstatbestände im Verbandsrecht (§ 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbHG, § 136 Absatz 1 AktG, § 43 Absatz 6 GenG) zurückgegriffen werden könne.²¹ Immerhin sind die spärlichen bisherigen Regelungen zum Stimmverbot in Einzelvorschriften beibehalten worden (§§ 715 Abs. 5, 720 Abs. 5 BGB-E, §§ 108 Abs. 5, 110 Abs. 2, 116 Abs. 6, 122 Satz 1 HGB-E). Dem Anspruch einer gesetzlichen Normierung der Beschlussfassung wird der Entwurf damit aber nicht gerecht.²² Hinzu kommt, dass in den zum Stimmverbot aufgelisteten Normen der Stimmrechtsausschluss nicht einheitlich geregelt ist,²³ insbesondere das Stimmverbot bei einem Rechtsgeschäft mit dem Gesellschafter: nach § 34 BGB und § 47 Abs. 4 GmbHG besteht ein Stimmverbot, nach § 136 Abs. 1 AktG und § 43 Abs. 6 GenG nicht. Ob insoweit ein Stimmverbot besteht, ist daher in diesem häufigen Fall für das Personengesellschaftsrecht dann auch streitig.²⁴ Die genannten Regelungen geben den Rechtsstand auch im Übrigen nicht vollständig wieder: so sind klassische Fälle des Richtens in eigener Sache (z. B. das Stimmverbot bei Ausschluss oder dem Entzug der Vertretungsmacht bzw. der Geschäftsführung) darin nicht geregelt.²⁵

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 89.  Heckschen NZG 2020, 761, 764.  Heckschen NZG 2020, 761, 764.  Dafür etwa Schäfer in: Münchener Komm. z. BGB, aaO (Fn. 7) § 709 Rn. 70; dagegen Enzinger in: Münchener Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 119 Rn. 33, jeweils mwN.  Vgl. zu § 47 GmbHG BGH, Urteil vom 20. Januar 1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 33.

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III. Beschlussmängel In § 714a BGB-E wird erstmals für die Personengesellschaft die Folge von Beschlussmängeln geregelt, einheitlich auch für die Personenhandelsgesellschaften.

1. Beschlussmängelsystem a) Anfechtungsmodell Der Entwurf will für Personengesellschaften mit der Anfechtbarkeit durch Klage als regelmäßiger Mangelfolge und nur ausnahmsweiser Nichtigkeit, § 714a BGB-E, das aktienrechtliche Beschlussmängelsystem einführen. Mit der Einführung dieses „Anfechtungsmodells“ an Stelle des bisherigen „Feststellungsmodells“, bei dem jeder Beschlussmangel zur Nichtigkeit führt und eine Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter zu richten ist, folgt der Entwurf Empfehlungen des 71. und 72. Deutschen Juristentages²⁶ und dem aktienrechtlichen Vorbild in den §§ 241 ff. AktG.²⁷ Das Feststellungsmodell erweise sich als wenig praxistauglich, weil es keine Befristung der Klagemöglichkeit und keine Unterscheidung nach der Schwere des Beschlussmangels vorsehe.²⁸ Diese Begründung tritt nur teilweise zu. Eine Befristung der Klagemöglichkeit ist auch beim Feststellungsmodell möglich und findet sich, wie die Entwurfsbegründung zutreffend feststellt, bereits jetzt nicht selten in Gesellschaftsverträgen.²⁹ Auch nach dem Anfechtungsmodell sind leichtere Beschlussmängel nicht von vorneherein bedeutungslos, sie werden es nur durch Zeitablauf ohne Klageerhebung. Für eine zwingende Befristung über die bereits gegebene Möglichkeit einer Regelung im Gesellschaftsvertrag hinaus fehlt eine Rechtfertigung. Zweck des aktienrechtlichen Anfechtungsmodells ist es, mit der endgültigen Wirksamkeit eines Beschlusses aufgrund Zeitablaufs schnell Klarheit darüber zu erhalten, ob ein Beschluss wirksam ist. Die Beschränkung der Nichtigkeitsfolge durch das

 Beschluss 19 des 71. Deutschen Juristentages, in: Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages Band II/2, 2017, S. O222; Beschluss 14 des 72. Deutschen Juristentages, in: Verhandlungen des 72. Deutschen Juristentages Band II/1, 2019, S. O28.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 90.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 90 unter Bezugnahme auf K. Schmidt in Festschrift für Stimpel, 1985, S. 217, 242.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 90.

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Anfechtungsmodell dient damit der Rechtssicherheit für die Geschäftsleitung und für Dritte.³⁰ Bei der Aktiengesellschaft mit typischerweise anonymem Aktionärskreis ist es der Geschäftsleitung und außenstehenden Dritten ohne Befristung praktisch kaum möglich zu klären, ob von einem Aktionär ein Beschlussmangel geltend gemacht wird. Deshalb muss dem Aktionär auch die Initiative mit der Klageerhebung zufallen. Dieser Bedarf an Rechtssicherheit für die Geschäftsleitung besteht bei der Personengesellschaft nicht. Bei Publikums-Kommanditgesellschaften kann er zwar dem bei der Aktiengesellschaft ähneln, auch noch bei der GmbH & Co. KG mit Fremdgeschäftsführung. Bei einer kleinen Personengesellschaft mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis, erst recht bei Gelegenheitsgesellschaften ist das anders. Hier ist die Geschäftsführung wegen des Grundsatzes der Selbstorganschaft³¹ gleichzeitig als Gesellschafter eingebunden und hat es damit in der Hand, selbst durch Anfragen bei den dissentierenden Gesellschaftern und ggf. einer eigenen Beschlussfeststellungsklage für Rechtssicherheit zu sorgen. Wegen des überschaubaren Personenkreises ist das – anders als bei einer Publikumsgesellschaft – auch praktisch unschwer möglich. Dritte wie etwa Banken lassen sich auf unklare Beschlusslagen von vorneherein nicht ein und verlangen ggf. eindeutige Erklärungen von allen Gesellschaftern. Dem stehen Nachteile des Anfechtungsmodells gegenüber. Es führt zu einer Formalisierung der Beschlussfassung. Als Anknüpfungspunkt für eine Klagefrist ist eine förmliche Beschlussfeststellung durch einen Versammlungsleiter oder Abstimmungsleiter erforderlich.³² Rechtssicherheit kann es nur geben, wenn klar ist, dass etwas beschlossen ist und welchen Inhalt der Beschluss hat. Nur dann kann auch von einem Gesellschafter verlangt werden, innerhalb einer bestimmten Frist gegen den vermeintlich wirksam gefassten Beschluss vorzugehen.³³ Eine Absenkung des Erfordernisses der förmlichen Beschlussfeststellung auf bloße Einigkeit der Gesellschafter über eine bestimmte Beschlussfassung³⁴ hilft – außer bei einer von den Beteiligten schriftlich festgehaltenen, „protokollierten“ Über Hüffer/Schäfer in: Münchener Komm. z. AktG, 4. Aufl. 2016, § 241 Rn. 6; Drescher in. BeckOGK AktG Stand 15.1. 2020, § 241 Rn. 46 mwN.  Vgl. etwa BGH Urteil vom 22. Januar 1962 – II ZR 11/61, BGHZ 36, 292, 294; Urteil vom 25. Mai 1964 – II ZR 42/62, BGHZ 41, 367, 369; kritisch dazu Osterloh-Konrad ZGR 2019, 271, 272 ff. mwN.  So auch Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 91; vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – II ZR 230/ 15, NJW 2017, 1467 Rn. 19 mwN; aA aber Noack ZIP 2020, 1382, 1383.  BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – II ZR 230/15, NJW 2017, 1467 Rn. 20; BGH, Urteil vom 23. September 1996 – II ZR 126/95, ZIP 1996, 2071, 2074.  Für die GmbH etwa Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, Anh. § 47 GmbHG Rn. 38; Wertenbruch in: Münchener Komm. z. GmbHG, 3. Aufl. 2019, Anh. § 47 Rn. 232 jeweils mwN.

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einstimmung – in der Praxis nicht weiter, weil sich die vermeintliche Einigkeit im Gesellschafterstreit nicht feststellen lässt. Auf Vorschriften zu einer förmliche Beschlussfeststellung hat der Mauracher Entwurf aber bewusst verzichtet, weil die Vielzahl denkbarer Fallkonstellationen nicht angemessen in einer abstraktgenerellen Regelung abgebildet werden könne.³⁵ Auf die Vielgestaltigkeit von Personengesellschaften passen formale Regeln unabhängig davon auch nicht. Sie setzen die Information der Gesellschafter über die Rechtslage und eine gewisse Organisation voraus, die eher bei den Personenhandelsgesellschaften zu finden ist als bei Gelegenheitsgesellschaften oder Gesellschaften, in denen sich Personen zur berufliche Zusammenarbeit zusammengeschlossen haben. Selbst wenn im Gesellschaftsvertrag solche Formalien der Beschlussfassung ausnahmsweise bedacht sind, werden sie im alltäglichen Umgang nicht mehr berücksichtigt. Die Notwendigkeit der Beschlussfeststellung durch einen Abstimmungsleiter und das Erfordernis einer befristeten Klage führen dazu, dass die Übernahme der Versammlungsleitung aus taktischen Gründen wichtig wird. Damit kann gesteuert werden, wer von paritätisch beteiligten Gesellschaftern Angreifer werden muss und wer sich die jedenfalls vorläufige Wirksamkeit des Beschlusses aufgrund der förmlichen Feststellung³⁶ zu Nutze machen kann. Das benachteiligt zum einen den juristisch nicht beratenen Gesellschafter, der sich plötzlich ungewohnten Förmlichkeiten gegenübersieht, mangels Kenntnis möglicherweise die Klagefrist versäumt und überrumpelt werden kann. Es führt aber auch, wie bei der GmbH zu beobachten ist,³⁷ zu Auseinandersetzungen um die Person des Versammlungsleiters, insbesondere wenn Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Übernahme der Versammlungsleitung fehlen. Wenn sich die Beteiligten nicht einigen können, scheitert das Anfechtungsmodell dann an der Bestimmung des Versammlungsleiters. Schließlich zwingt die Klagefrist den in der Abstimmung unterlegenen Gesellschafter zur Klageerhebung auch in Fällen, in denen eine gesonderte Klärung der Wirksamkeit eines Beschlusses nicht erforderlich ist. In der Praxis ist den Beteiligten bei überschaubarem Gesellschafterkreis in einem schweren Konfliktfall häufig klar, dass eine weitere berufliche Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Der Streit darum, welcher der verschiedenen Beschlüsse einer Kaskade von Abberufungen, Entzug von Vertretungsbefugnissen, Kündigungen, Ausschließungen bis hin zur Bestimmung einer Abfindung wirksam war, hat dann nur noch mittelbar Bedeutung für die endgültige Vermögensauseinandersetzung und wird  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 89.  BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rn. 31 mwN.  Vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. November 2018 – II ZR 12/17, BGHZ 220, 207 Rn. 58; BGH, Urteil vom 21. Juni 2010 – II ZR 230/08, NJW 2010, 3027 Rn. 3.

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hintangestellt. Ein Bedürfnis für eine gesonderte Klärung jedes Beschlusses besteht wegen zeitlicher Überholung nicht mehr. Das Feststellungsmodell ermöglicht es, auf eine gesonderte Klage gegen den Beschluss zu verzichten und seine Nichtigkeit ohne Klage etwa im Weg der Einwendung oder als Vorfrage für einen Anspruch geltend zu machen. Nach dem Anfechtungsmodell muss der Betroffene aber klagen, will er sich nicht am Ende die Wirksamkeit eines jeden Beschlusses entgegenhalten lassen. Es ist daher mit einer Zunahme von Klagen zu rechnen. Das erkennt im Ergebnis auch die Entwurfsbegründung, wenn sie mit einer Zunahme von Anfechtungsklagen rechnet, dies allerdings der uneingeschränkten Anerkennung von Mehrheitsklauseln zuschreibt.³⁸ Mehrheitsklauseln sind schon lange entzogen sind, anerkannt. Dass die Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes durch die Rechtsprechung zu einer Zunahme von Klagen geführt hat, ist nicht festzustellen. Das Anfechtungsmodell ist daher jedenfalls für die BGB-Gesellschaft nicht als Grundmodell geeignet.³⁹ Publikums-Kommanditgesellschaften, auf die es passt, besitzen regelmäßig im Gesellschaftsvertrag Regelungen, die eine Klage gegen die Gesellschaft innerhalb einer Klagefrist vorsehen, so dass eine gesetzliche Bestimmung nicht notwendig ist. Auch bei der GmbH & Co. KG finden sich im Gesellschaftsvertrag parallel zu entsprechenden Bestimmungen in der GmbH-Satzung teilweise Übernahmen des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts, meist allerdings nur mit einer Klagefrist, seltener mit einer Klage gegen die Gesellschaft, obwohl sich auch insoweit die Parallele mit der GmbH anböte. Wenn das Anfechtungsmodell eingeführt wird, sollte es jedenfalls auf die Personenhandelsgesellschaften beschränkt werden. Das vermeidet für die BGBGesellschaft Abgrenzungsprobleme mit der Innengesellschaft. Die Entwurfsbegründung meint zwar, das Anfechtungsrecht nicht von der typologischen Struktur abhängig machen zu können.⁴⁰ Unabhängig davon, ob man dem angesichts der zugegeben unsicheren Definition der Publikumsgesellschaft zustimmen will, ist eine Unterscheidung jedenfalls zwischen der BGB-Gesellschaft und den Personenhandelsgesellschaften möglich. Bei den Personenhandelsgesellschaften findet man auch heute schon teilweise eine Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Modells durch eine vertragliche Vereinbarung, dass die Klage gegen einen Beschluss innerhalb einer bestimmten Frist und gegen die Gesellschaft zu richten ist, besonders häufig bei Publikums-Kommanditgesellschaften.

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 90.  Ebenso Habersack ZGR 2020, 560 f.; zu Abgrenzungsschwierigkeiten mit dem Feststellungsmodell sogleich unter b).  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 90.

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b) Feststellungsmodell Nach der Entwurfsbegründung sollen die Gesellschafter im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit auch für das Feststellungsmodell optieren können. Vor allem bei zweigliedrigen Gesellschaften soll die abweichende Vereinbarung auch stillschweigend getroffen werden können. Eine stillschweigende abweichende Vereinbarung des Beschlussmängelsystems ist praktisch kaum vorstellbar, allenfalls als rügelose Einlassung auf eine positive oder negative Feststellungsklage trotz förmlicher Beschlussfeststellung im Einzelfall. Dass auch ausdrücklich abweichende Vereinbarungen in der Praxis Bedeutung erlangen können, ist wenig wahrscheinlich, zumal unklar ist, welche vertraglichen Vereinbarungen dazu notwendig und sinnvoll sind.⁴¹ Die Feststellungsklage dürfte dennoch in vielen Fällen die richtige Klageart bleiben. Ohne förmliche Beschlussfeststellung, die häufig fehlt, ist die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO zu erheben.⁴² Auch bei Innengesellschaften ist. die Feststellungsklage zu erheben. Auf Innengesellschaften sind die §§ 714a BGBE ff. nicht anwendbar. Die Entwurfsbegründung versteht die Verweisung auf den 3. Untertitel in § 740 Abs. 2 BGB-E als Verweisung auf Vorschriften, die die Rechtsfähigkeit nicht voraussetzen, worunter sie die §§ 714a ff. BGB-E nicht zählt.⁴³ Die Rechtsfähigkeit wird zwar nur bei der Gesellschaft als Klagegegner nach § 714d BGB-E vorausgesetzt, die Klagefrist oder die Anfechtungsbefugnis sind auch ohne Rechtsfähigkeit der Gesellschaft denkbar. Das Anfechtungsmodell ist aber ersichtlich auf die rechtsfähige Gesellschaft als Klagegegner gestützt. Angesichts dieser Häufung von Fällen, die weiter nach dem „Feststellungsmodell“ abzuwickeln sind, ist bedauerlich, dass die Ausgestaltung der Klage nach §§ 714b BGB-E sich ausdrücklich nur auf die Anfechtungsklage bzw. über 714e BGB-E auf die Nichtigkeitsklage beziehen, so dass Klagebefugnis, gerichtliche Zuständigkeit und insbesondere Klagegegner bei der Feststellungsklage nicht geklärt sind. Bisher wird im abweichend abstimmenden Mitgesellschafter der richtige Klagegegner gesehen.⁴⁴ Belässt man es dabei, entsteht insbesondere bei zweifelhafter Beschlussfeststellung eine schwierige Situation für den Kläger, weil der Klagegegner während des Klageverfahrens nicht ausgetauscht werden kann. Darüber, dass der Antrag geändert wird, sieht die Rechtsprechung bei der GmbH

 Dazu Schäfer ZIP 2020, 1149, 1153.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 91.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 139.  BGH, Urteil vom 7. Juni 1999 – II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391, 1393; BGH, Urteil vom 27. April 2009 – II ZR 167/07, ZIP 2009, 1158 Rn. 23 ff.; BGH, Urteil vom 1. März 2011 – II ZR 83/09, ZIP 2011, 806 Rn. 19; BGH, Urteil vom 9. April 2013, NZG 2013, 664 Rn. 14.

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wegen des in beiden Fällen identischen Klageziels, die Nichtigkeit des Beschlusses auszusprechen, meist hinweg, so dass dort zwischen Anfechtungsklage und Feststellungsklage gewechselt werden kann und – weil immer die GmbH Klagegegner ist – der Frage, ob der Beschluss förmlich festgestellt ist, im Klageverfahren keine entscheidende Bedeutung zukommt. Ist aber der Klagegegner davon abhängig, ob eine förmliche Beschlussfeststellung vorliegt, genügt eine Änderung des Klageantrags nicht und wird die förmliche Beschlussfeststellung entscheidend. Deshalb sollte für beide Modelle die Gesellschaft als Klagegegner bestimmt werden⁴⁵ und die gerichtliche Eingangszuständigkeit gleich sein. Bei der BGB-Gesellschaft entstehen dann aber Abgrenzungsprobleme mit der Innengesellschaft, bei der Klagegegner nicht die nicht rechtsfähige Gesellschaft sein kann. Die Einordnung der Gesellschaft als rechtsfähige Außengesellschaft oder als Innengesellschaft bestimmte dann den Klagegegner und wird im Prozess zusätzlich klärungsbedürftig. Auch um diesen Konflikt zu vermeiden, empfiehlt es sich, es bei der BGB-Gesellschaft beim Feststellungsmodell mit den Mitgesellschaftern als Klagegegner zu belassen.

c) Unwirksamkeitsklage Nicht im Entwurf erwähnt wird schließlich die Feststellungsklage, mit der die Unwirksamkeit eines Beschlusses festgestellt werden soll. Bedarf der Beschluss der Zustimmung eines Dritten oder des Gesellschafters – etwa wegen eines Eingriffs in seine Sonderrechte – ist der Beschluss ohne Zustimmung des Gesellschafters unwirksam, bei verweigerter Zustimmung endgültig.⁴⁶ Die Unwirksamkeit wird auch nach förmlicher Beschlussfeststellung mit der unbefristeten Feststellungsklage geltend gemacht.⁴⁷ Für die im Gesellschaftsvertrag etwa einer Publikums-Kommanditgesellschaft vereinbarte befristete Feststellungsklage hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die fehlende Zustimmung durch eine unbefristete Feststellungsklage oder als Einwendung geltend gemacht werden

 Ebenso Schäfer ZIP 2020, 1149, 1153.  Vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 Rn. 17.  Vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 Rn. 17; BGH, Urteil vom 5. März 2007 – II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 15; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 12; zur GmbH: OLG Hamm, Urteil vom 21. Dezember 2015 – I-8 U 67/15, GmbHR 2016, 358, 360; Drescher in: Münchener Komm. z. GmbHG, aaO (Fn. 34) § 47 Rn. 64; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 22. Aufl. 2019, Anh. § 47 Rn. 22; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 11. Aufl. 2014, § 45 Rn. 59.

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kann.⁴⁸ Da insoweit die allgemeinen Grundsätze für Feststellungsklagen nach § 256 ZPO Geltung haben, dürfte eine gesetzliche Regelung nicht notwendig sein.

2. Anfechtbarkeit und Nichtigkeit Entsprechend der Regelung in § 243 Abs. 1 AktG sieht § 714a Abs. 1 BGB-E die Anfechtung bei einem Gesetzesverstoß oder einem Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag vor. Zur Nichtigkeit führt ein Beschluss nach Nr. 1, der durch seinen Inhalt Rechtsvorschriften verletzt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann, oder (Nr. 2) der auf Anfechtungsklage hin für nichtig erklärt wurde. Letzteres betrifft die erfolgreiche Anfechtung und steht in Übereinstimmung mit § 241 Nr. 5 AktG. Zu Recht wird darauf verzichtet, für die erfolgreiche Anfechtung andere Sanktionsfolgen einzuführen oder die Rückwirkung der Nichtigerklärung auszuschließen.⁴⁹ Die Diskrepanz zur Feststellungsklage nach einem Beschluss ohne förmliche Beschlussfeststellung wäre sonst auch zu groß und nicht erklärbar. Mit dem Nichtigkeitsgrund nach Nr. 1 sollen die Fälle erfasst werden, in denen zwingendes Recht Grenzen zieht, während dort, wo eine Dispositionsbefugnis der Gesellschafter besteht, Mängel nur zur Anfechtung führen.⁵⁰ Klar ist, dass über den Schutz Dritter keine Dispositionsbefugnis besteht, wobei aufgrund der persönlichen Haftung gegenüber den Gläubigern anders als im Kapitalgesellschaftsrecht mit der Kapitalerhaltung Fälle, in denen der Gesellschafterbeschluss Gläubigerrechte beeinträchtigt, seltener vorkommen dürften. Zutreffend ist auch, dass inhaltlich sittenwidrige Beschlüsse etwa zur Abfindung nichtig sind, weil § 138 BGB nicht zur Disposition der Gesellschafter steht.⁵¹ Insoweit ist die Formulierung „Rechtsvorschriften, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann“, zumindest missverständlich, weil etwa Gläubiger auf ihren Schutz durchaus verzichten können – die Gesellschafter können darüber nur nicht disponieren. Schwieriger zu bestimmen sind die weiteren Nichtigkeitsfälle. In der Abgrenzung zur Anfechtung nach der Dispositionsbefugnis verweist die Begründung auf die Rechtsprechung, der die Grenzziehung im Einzelfall überlassen bleibe und

 BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 – II ZR 231/07, NZG 2009, 501 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 26. März 2007– II ZR 22/06, NZG 2007, 582 Rn. 10; BGH, Urteil vom 5. März 2007– II ZR 282/05, NZG 2007, 381 Rn. 15.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 92; ebenso Schäfer ZIP 2020, 1149, 1153.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 92.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 92.

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Ingo Drescher

die bereits Lösungsansätze anhand der sogenannten Kernbereichslehre entwickelt habe.⁵² Die sogenannte Kernbereichslehre hat der Bundesgerichtshof aber mangels Aussagekraft jedenfalls terminologisch aufgegeben⁵³ und statt dessen darauf abgestellt, ob unentziehbare Gesellschafterrechte betroffen sind. Da die Entwurfsbegründung in diesem Zusammenhang einen Beitrag von Jens Koch⁵⁴ zitiert,⁵⁵ dürfte also diese Beschlussmangelkategorie mit den Nichtigkeitsgründen gemeint sein. Bei den unentziehbaren Rechten des Gesellschafters werden relativ und absolut unentziehbare Rechte unterschieden – relativ unentziehbare können grundsätzlich von der Gesellschaftermehrheit nicht entzogen werden, es sei denn, der Gesellschafter stimmt zu, absolut unentziehbare auch mit seiner Zustimmung nicht. Die Formulierung von den „Rechtsvorschriften, auf deren Einhaltungnicht verzichtet werden kann,“ passt deshalb auf die absolut unentziehbaren Rechte.⁵⁶ In der Literatur werden dazu Kontroll-, Informations- und Kündigungsrechte, das Teilnahme- und Rederecht sowie das Klagerecht gegen fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse gezählt,⁵⁷ aber auch die actio pro socio bei Verdacht unredlicher Geschäftsführung oder sonstigen groben Fehlverhaltens von Gesellschaftern.⁵⁸ Entsprechendes soll auch für das Recht auf Beachtung der Schranken aus Gleichbehandlungs- und Treupflicht durch die Gesellschaftermehrheit gelten; hierauf soll nur in Bezug auf konkrete Einzelmaßnahmen verzichtet werden können.⁵⁹ Wenn man einen solchen Mindeststand an „unverzichtbaren“ Gesellschafterrechten, die der Disposition im Gesellschaftsvertrag entzogen sind, anerkennt, ist es auch naheliegend, dass auch nicht dadurch disponiert werden kann, dass gegen einen Beschluss keine Anfechtungsklage erhoben wird, und ein Beschluss nichtig ist. Zum Informationsrecht (§ 717 BGB-E) und Kündigungsrecht (§ 725 Abs. 5 BGB-E) sollen auch Rechtvorschriften, die entgegenstehende Vereinbarungen für unwirksam erachten, eingeführt werden. Anders ist das bei den relativ unentziehbaren Rechten, deren Musterbeispiel das Mehrbelastungsverbot ist (§ 710 BGB-E), zu denen aber auch im Personengesellschaftsrecht besonders häufige Sonderrechte zählen. Sie unterliegen nicht der Disposition der Gesellschaftermehrheit, aber der Disposition des betroffenen

       

Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 92. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 Rn. 19. Koch, ZHR 182 (2018), 378, 403 ff. Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 92. Vgl. Staub/Schäfer, aaO (Fn. 7) § 119 Rn. 39. Koch, ZHR 182 (2018), 378, 404. Staub/Schäfer, aaO (Fn. 7) § 105 Rn. 259. Staub/Schäfer, aaO (Fn. 7) § 119 Rn. 39.

Beschlussmängelrecht

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Gesellschafters, weil seine Zustimmung für einen Eingriff erforderlich ist. Um Rechtsvorschriften, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann, handelt es sich gerade nicht, so dass ihre Verletzung nach der Begrifflichkeit in § 714a Abs. 2 Nr. 1 BGB-E nicht zur Nichtigkeit führt. Das wäre auch insoweit konsequent, als die fehlende individuelle Zustimmung des Gesellschafters nach der Rechtsprechung mit der unbefristeten Unwirksamkeitsklage geltend gemacht werden kann⁶⁰ und damit außerhalb des Systems von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage. Allerdings wäre dazu eine Klarstellung wünschenswert, die erst recht notwendig ist, wenn die Unwirksamkeitsklage in der Nichtigkeitsklage nach § 714e BGB-E aufgehen soll.⁶¹ Anzumerken bleibt, dass die Rechtsprechung auch die relativ unentziehbaren Rechte ausnahmsweise der Disposition der Gesellschaftermehrheit unterworfen hat, nämlich dann, wenn der Eingriff im Interesse der Gesellschaft geboten und dem betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Belange zumutbar ist (zB in sogenannten Sanieren-oder-Ausscheiden-Fällen).⁶² Treuepflichtverletzungen oder Verletzungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sollen nur zur Anfechtbarkeit führen. Das ist nachvollziehbar und entspricht dem Aktien- und GmbH-Recht. Auch Verfahrensmängel sollen nur zur Anfechtbarkeit führen.⁶³ Auf Nichtigkeitsgründe wie in § 241 Nr. 1 AktG (die Protokollierung nach Nr. 2 spielt mangels Protokollierungszwangs von vorneherein keine Rolle) wird daher verzichtet. Das ist konsequent, weil, wie die Heilung durch eine Vollversammlung zeigt, insoweit Dispositionsfreiheit besteht. Auch im GmbH-Recht führen Einladungsmängel nur zur Nichtigkeit, wenn sie einer Nichtladung gleichstehen und keine Vollversammlung stattfindet.⁶⁴ Für diesen Fall sollten aber zur Verhinderung einer Geheimversammlung ohne den betroffenen Gesellschafter auch im Personengesellschaftsrecht die gefassten Beschlüsse nichtig sein. Wenn man das Teilnahmerecht als relativ unentziehbares Gesellschafterrecht ansieht und diese unter Nr. 1 subsumiert, kann das auch systemkonform erreicht werden. Inwieweit ein Verfahrensmangel für die Beschlussfassung Bedeutung hat, ob er kausal oder relevant sein muss, kann der

 BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 – II ZR 231/07, NZG 2009, 501 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 26. März 2007– II ZR 22/06, NZG 2007, 582 Rn. 10; BGH, Urteil vom 5. März 2007– II ZR 282/05, NZG 2007, 381 Rn. 15.  So Noack ZIP 2020, 1382, 1384.  Vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 Rn. 19.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 91.  Vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 406/17 , BGHZ 222, 323 Rn. 33; BGH, Beschluss vom 24. März 2016 – IX ZB 32/15, ZIP 2016, 817 Rn. 21.

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Ingo Drescher

weiteren Entwicklung überlassen werden und muss nicht gesetzlich geregelt werden.

IV. Beschlussmängelklage In §§ 714b ff. BGB-E wird die Beschlussmängelklage entsprechend dem bewährten aktienrechtlichen Vorbild geregelt. Daher sind nur einige Besonderheiten herauszugreifen.

1. Anfechtungsbefugnis Die Anfechtungsbefugnis wird in § 714b Abs. 1 BGB-E sinnvoll von der Gesellschafterstellung im Zeitpunkt der Beschlussfassung abhängig gemacht, sie muss daher nicht wie im Aktienrecht⁶⁵ auch noch bei Klageerhebung bestehen. Nach dem Verlust der Mitgliedschaft bleibt sie erhalten, soweit ein rechtliches Interesse besteht. Wie im GmbH-Recht und entgegen dem Aktienrecht sind zu Recht weder ein Widerspruch noch die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung erforderlich.

2. Klagefrist Dass die Klagefrist in § 714c BGB-E abweichend vom Aktienrecht auf drei Monate bestimmt wird, ist angesichts des bei wenigen Gesellschaftern deutlich geringeren Interesses an einer schnellen Klärung und der Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes verständlich. Für die Publikums-Kommanditgesellschaften mit vielen Gesellschaftern ist die Frist zu lang; insoweit erlaubt Abs. 1 Satz 2 aber eine Verkürzung bis auf einen Monat. Aufgrund der Formulierung dürfte auch wenig Gefahr bestehen, dass wegen des Leitbildcharakters der Dreimonatsfrist bei der Publikums-Kommanditgesellschaft in der Klauselkontrolle die Verkürzung für unwirksam erachtet wird. Dass Vergleichsverhandlungen die Frist hemmen (Abs. 3) erscheint sinnvoll, ebenso, dass die Regelungen an die durch die Rechtsprechung ausgestalteten und der Praxis geläufigen Hemmungsvorschriften bei der Verjährung anknüpfen. Dass in die Verhandlungsdisposition der Parteien durch die Höchstfrist von zwei Jahren nach Abs. 4 eingegriffen wird, ist aber

 BGH, Urteil vom 22. März 2011 – II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rn. 6.

Beschlussmängelrecht

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systemfremd, nachdem die Anfechtungsklage gerade disponible Beschlussgegenstände betrifft. Die Disposition über die Schaffung von Rechtssicherheit kann den Gesellschaftern, die bei der Anfechtungsklage ja ausschließlich betroffen und schon mittels der Klageerhebung dispositionsbefugt sind, überlassen bleiben. Weniger gelungen ist die Regelung über den Fristbeginn (§ 714c Abs. 2 BGB-E). Die Begründung meint, dass die Frist nicht mit der Beschlussfassung beginnen könne, weil wegen der verschiedenen Arten ungewiss sein könne, wann der Beschluss gefasst ist, so dass statt dessen der Fristbeginn von der Mitteilung oder der Kenntniserlangung abhängig gemacht werde.⁶⁶ Da die Anfechtungsklage eine förmliche Beschlussfeststellung voraussetzt, ist der Zeitpunkt der Fassung des Beschlusses nicht ungewiss, sondern liegt mit der Beschlussfeststellung fest. Richtig ist, dass nicht schon damit die Frist zu laufen beginnen kann, weil der anfechtungsbefugte Gesellschafter erst von der Beschlussfeststellung erfahren muss, sie ihm also bekannt gemacht werden muss. In der Präsenzversammlung, in der der Gesellschafter anwesend ist, geschieht die Bekanntgabe mit der Verkündung der Feststellung durch den Versammlungsleiter. Darin liegt zugleich die Mitteilung an den Gesellschafter und dessen Kenntniserlangung. Die Begründung sieht darin allerdings eine „anderweitige Kenntniserlangung“ und keine Mitteilung. Dem liegt offenbar zugrunde, dass der Entwurf unter einer „Mitteilung“ eine gesonderte Kenntnisgabe, möglicherweise unausgesprochen in Textform, versteht. Beim Ausschluss des Gesellschafters soll deshalb die Kenntniserlangung nicht genügen, sondern eine zusätzliche Mitteilung erforderlich sein (Abs. 2 Halbsatz 2). Auch insoweit geht es jedoch um die Umsetzung des Beschlusses, die beim Anwesenden grundsätzlich mit der Kenntnisnahme des Beschlussergebnisses in der Versammlung erfolgt.⁶⁷ Es ist auch nicht nachvollzierbar, warum der Anwesende nochmals eine gesonderte schriftliche oder mündliche Mitteilung erhalten soll. Für den Fristbeginn kann aus Gründen der Rechtssicherheit auch nicht auf eine anderweitige, möglicherweise zufällige Kenntniserlangung abgestellt werden. Der bei der Beschlussfeststellung abwesende Gesellschafter kann für den Fristbeginn nicht auf Gerüchte verwiesen werden. Der Fristbeginn sollte daher an die Bekanntgabe des Beschlusses an den Gesellschafter anknüpfen, wobei selbstverständlich der Zugang maßgebend ist.

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 94.  BGH, Urteil vom 5. Mai 2003 – II ZR 50/01, NZG 2003, 771, 772.

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Ingo Drescher

3. Anfechtungsklage a) Zuständigkeit § 714d Abs. 1 BGB-E weist die Zuständigkeit für die Entscheidung dem Landgericht am Sitz der Gesellschaft ausschließlich zu. Die ausschließliche sachliche Zuständigkeit ist, um die Konzentrationswirkung für mehrere Anfechtungsklagen sicherzustellen, verständlich, wenn auch etwa BGB-Gesellschaften nicht immer eindeutig die Streitwertgrenze der landgerichtlichen Zuständigkeit überschritten sein dürfte. Klagen gegen Personenhandelsgesellschaften sind dabei den Kammern für Handelssachen zugewiesen, was ebenfalls für eine sachliche Zuständigkeit der Landgerichte unabhängig vom Streitwert spricht. Für Personengesellschaften will es der Entwurf aus ordnungspolitischen Gründen bei der Zuständigkeit der allgemeinen Zivilkammer belassen.⁶⁸ Gewisse Friktionen bestehen aber, weil die Regelung nur für die Anfechtungsklage, nicht auch für die Feststellungsklage gelten soll, die Begründung aber auch eine Zuweisung der Feststellungsklage an das Landgericht rechtfertigte.

b) Klagegegner Dass die Klage nach Abs. 2 gegen die Gesellschaft zu richten ist, ist eine nicht unbedingt zwingende Folge der rechtlichen Verselbständigung der Personengesellschaft, aber auch des Anfechtungsmodells. Da die Vorschrift nur für die Anfechtungsklage gilt, bleibt unklar, ob die Feststellungsklage wie bisher gegen die anderen Gesellschafter oder – wie das nicht selten bereits gesellschaftsvertraglich für die Feststellungsklage vereinbart wird – gegen die Gesellschaft zu richten ist.⁶⁹ Dass alle übrigen Gesellschafter gemeinsam vertretungsberechtigt werden, wenn kein anderer Gesellschafter vertretungsberechtigt ist, kann bei der Publikums-Kommanditgesellschaft zu Schwierigkeiten führen, wenn der einzige vertretungsberechtigte Komplementär klagt und zahllose Kommanditisten gemeinsam die Vertretung übernehmen sollen. Die Begründung sieht bei Fehlen einer intakten Handlungsorganisation die Bestellung eines Prozessvertreters analog § 57 Abs. 1 ZPO vor.⁷⁰ Aus dem Gesetzesvorschlag ergibt sich dies nicht. Wie bei

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 96.  Zu den misslichen Folgen unterschiedlicher Klagegegner siehe oben III 1 b.  Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 96.

Beschlussmängelrecht

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§ 46 Nr. 8 GmbHG sollte in erster Linie durch die Gesellschafter selbst ein Vertreter zu bestimmen sein.

c) Schiedsfähigkeit Auf eine Regelung der Schiedsfähigkeit verzichtet der Entwurf. Das wird damit begründet, dass der Bundesgerichtshof bereits Mindestanforderungen aufgestellt habe, hinter denen der Gesetzgeer schwerlich zurückstehen könne. Zweifel, ob der zu Gesellschaften mit beschränkter Haftung entwickelte Begründungssatz auch bei Personengesellschaften trage, seien obsolet, weil das Beschlussmängelrecht auf das Anfechtungsmodell umgestellt werde.⁷¹ Die Zurückhaltung ist zu bedauern. An die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Mindestgehalt von Schiedsklauseln ist der Gesetzgeber nicht gebunden. Eine gesetzliche Regelung könnte dagegen Schiedsklauseln entlasten, weil die von der Rechtsprechung verlangte Ausgestaltung nicht im Einzelnen vereinbart werden muss, und auch die ad-hoc-Vereinbarung eines Schiedsgerichts ermöglichen. Die Klärung von Zweifeln, ob die Rechtsprechung zur Schiedsfähigkeit bei der GmbH übertragbar ist, ist mit dem Anfechtungsmodell nicht obsolet geworden, weil die Feststellungsklage in den zahlreichen Fällen weiterlebt, in denen es an einer förmlichen Beschlussfeststellung fehlt.

V. Zusammenfassung Da der Entwurf den Schwerpunkt auf die Einführung des sogenannten Anfechtungsmodells setzt, bleibt das Normsetzungsdefizit zur Beschlussfassung im Personengesellschaftsrecht weitgehend erhalten. Das Anfechtungsmodell passt als Regelmodell nicht auf die Personengesellschaft. Wenn es eingeführt wird, sollte es nur für die Personenhandelsgesellschaft eingeführt werden. Dann sollte aber für einen Gleichlauf mit der Feststellungsklage bei der gerichtlichen Zuständigkeit und beim Klagegegner gesorgt werden. Die Abgrenzung der Anfechtbarkeit von der Nichtigkeit ist bis auf die fehlende Berücksichtigung der Unwirksamkeit als weiterer Beschlussmangelkategorie gelungen. Mit den Bestimmungen zur Anfechtungsklage sind die aktienrechtlichen Vorschriften weitgehend brauchbar auf die Personengesellschaft angepasst. Sie

 Mauracher Entwurf, aaO (Fn. 1) S. 91.

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Ingo Drescher

dürften eine geeignetere Vorlage für die analoge Anwendung bei der GmbH abgeben als die Vorschriften des Aktiengesetzes.

Jennifer Trinks

Bericht über die Diskussion Im Anschluss an das Referat von Ingo Drescher zu den Regelungen über die Beschlussfassung und das Beschlussmängelrecht im Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts befasste sich die Diskussion unter Leitung von Gerd Krieger insbesondere mit der Übernahme des Anfechtungsmodells in das Bürgerliche Gesetzbuch (I.), der Ausgestaltung des Beschlussanfechtungsverfahrens (II.), einzelnen im Referat hervorgehobenen Abstimmungsmodalitäten (III.) sowie Lücken im Entwurf hinsichtlich des Beschlussverfahrens und der Frage der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten (IV.).

I. Eine Grundfrage – wie einleitend bereits von Krieger festgestellt – betraf die Einführung der Unterscheidung von anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen im Personengesellschaftsrecht und insbesondere die Ausdehnung dieses Anfechtungsmodells auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zuspruch erhielt diese umfassende Neuerung des Mauracher Entwurfes von einem Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft. Er erinnerte daran, dass die Abteilung Wirtschaftsrecht des 70. Deutschen Juristentages 2016 mit deutlicher Mehrheit beschlossen habe, dass Beschlussmängel bei rechtsfähigen Personengesellschaften durch eine befristete Anfechtungsklage gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen seien und dies im Zuge einer Reform des gesamten Beschlussmängelrechts geregelt werden solle. Die Zweigleisigkeit von Anfechtungs- und Nichtigkeitsmodell in Kapital- und Personengesellschaften sei historisch entstanden; de lege ferenda sei es aber nicht erforderlich, an dieser Unterscheidung festzuhalten. Die gegen das Anfechtungsmodell vorgebrachten Argumente glichen jenen, die bereits 1989 gegen die analoge Anwendung des aktienrechtlichen Anfechtungsmodells auf die GmbH vorgebracht worden seien. Sie hätten damals nicht überzeugt und könnten auch heute kein stärkeres Gewicht reklamieren. Denn auch in Personengesellschaften belaste es die Gesellschafter kaum mehr, innerhalb von drei Monaten zu entscheiden, ob ein Beschluss anzufechten sei, als zeitlich unbegrenzt die Nichtigkeit auch strukturändernder Beschlüsse fürchten zu müssen. Zudem empföhlen kautelarjuristische Handbücher bereits, in Personengesellschaften vertraglich das Anfechtungsmodell zu etablieren. Drescher relativierte Letzteres jedoch dahingehend, dass typischerweise ein Klageerfordernis verbunden mit https://doi.org/10.1515/9783110719178-009

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Jennifer Trinks

einer bestimmten Frist vereinbart werde, aber dennoch Feststellungsklage zu erheben sei. Die Abkehr vom Nichtigkeitsmodell für die Personengesellschaften begrüßte indes auch ein weiterer Diskussionsteilnehmer im Grundsatz. Er warnte allerdings davor, im Anfechtungsmodell und insbesondere in dessen Klageerfordernis ein Allheilmittel zu sehen. Die Notwendigkeit, Anfechtungsklage zu erheben, um Beschlüsse zu beseitigen, zwinge Gesellschafter, ihre Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverbund hinaus zu tragen und vor Gericht zu bringen, was gerade in kleinen Gesellschaften der engen persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter nicht gerecht werde. Stattdessen schlug der Diskutant vor, den Gesellschaftern zunächst einen Widerspruch gegen mangelhafte, anfechtbare Beschlüsse zuzugestehen, durch den sie die Gesellschaft zu einer Neubefassung mit dem Beschlussgegenstand zwingen könnten. Erst wenn die Gesellschaft am ursprünglichen Beschluss festhalte, solle es erforderlich werden, Klage zu erheben. Ein anderer Wissenschaftler schloss sich dagegen der Kritik Dreschers an der Übernahme des Anfechtungsmodells in das Bürgerliche Gesetzbuch an. Für die typische Gesellschaft bürgerlichen Rechts passe dieses elaborierte Beschlussmängelrecht häufig nicht. Indes fehlten ausdrückliche Regelungen im Vereinsrecht, bei der GmbH und nicht zuletzt bei der OHG, deren Recht sich als natürlicherer Regelungsstandort für das Anfechtungsmodell angeboten hätte. Drescher stimmte zu, dass die vorgeschlagenen Regelungen für die Personengesellschaften des Handelsrechts und möglicherweise auch für Partnerschaftsgesellschaften einen Fortschritt bedeuteten; für die Gesellschaften bürgerlichen Rechts gingen sie dagegen fehl. Abschließend ergänzte Drescher, dass es Frist- und Zuständigkeitsprobleme aufwerfen könne, wenn der Mauracher Entwurf die positive Beschlussfeststellungsklage wie eine Feststellungsklage behandle, letztere aber nicht gesondert regele. Im Sinne der Rechtssicherheit stehe daher zu erwägen, gesetzlich auch Eckpunkte für die Feststellungsklage zu fixieren.

II. Auch die Ausgestaltung des Anfechtungsmodells im Mauracher Entwurf stand in verschiedenen Einzelfragen zur Diskussion. Einen Schwerpunkt bildete das von Drescher monierte Fehlen der Beschlussfeststellung als Anknüpfungspunkt der Anfechtung im Personengesellschaftsrecht. Ein Mitverfasser des Mauracher Entwurfes erklärte, dass die Erhebung einer Feststellungsklage nur angezeigt sei, wo die Gesellschafter bereits über das Zustandekommen eines Beschlusses stritten. Stehe fest, dass ein Beschluss gefasst sei, könnten dessen Mängel auch ohne

Bericht über die Diskussion

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besondere Beschlussfeststellung mit der Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Ein weiterer Diskussionsteilnehmer stellte das von der Rechtsprechung betonte Erfordernis der Beschlussfeststellung bereits mit Blick auf das GmbHRecht in Frage. So könne es kaum sachgerecht sein, die Anfechtungsfrist von einer formellen Beschlussfeststellung abhängig zu machen, wenn sich die Gesellschafter nicht über das Bestehen, sondern lediglich über die Anfechtbarkeit eines Beschlusses streiten. Dies gelte umso mehr, als in der Praxis auch zahlreiche Anwälte das Erfordernis der Beschlussfeststellung nicht zu kennen schienen. Drescher führte aus, dass die Frage der Beschlussfeststellung vor Gericht ohnehin meist nicht relevant werde, wenn Einigkeit zwischen den Gesellschaftern bestehe, dass ein Beschluss gefasst sei. Häufig überfordere man aber Gesellschafter gerade kleiner Gesellschaften, wenn man von ihnen das Bewusstsein erwarte, dass ihre unter Umständen einseitig gefassten Entscheidungen einen Beschluss im Rechtssinne darstellten. Zur Mitteilung des Beschlusses als maßgeblichem Zeitpunkt für den Fristbeginn nach § 714c Abs. 2 BGB-E ergänzte ein Mitverfasser des Mauracher Entwurfes, dass dieses Erfordernis gerade beim Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund Rechtssicherheit schaffen solle. Drescher wies darauf hin, dass etwa die Mitteilung einer Einziehungsentscheidung im GmbH-Recht niedrigschwellig bereits in der beschlussfassenden Versammlung selbst erfolgen könne. Zur Ausschlussfrist nach § 714c Abs. 4 BGB-E führte das Kommissionsmitglied aus, dass ab einem gewissen Zeitpunkt Rechtssicherheit herrschen müsse und es daher eine solche Ausschlussfrist brauche. Ob eine Frist von zwei Jahren zu kurz sei, könne man freilich diskutieren. Besondere Aufmerksamkeit galt schließlich den Nichtigkeitsgründen im Anfechtungsmodell des Mauracher Entwurfes. Ein Mitverfasser des Entwurfes führte aus, dass die Verletzung relativ unentziehbarer Gesellschafterrechte nicht in die Kategorie der bloßen Anfechtbarkeit fallen solle. Soweit es der individuellen Zustimmung eines betroffenen Gesellschafters bedürfe, führe deren Fehlen – wie auch im Aktienrecht – zur Nichtigkeit des Beschlusses. Eine klageweise Geltendmachung sei daher nicht erforderlich; es stelle sich lediglich die Frage der Verwirkung nach allgemeinen Vorschriften. Ein weiterer Diskussionsteilnehmer regte an, die ausdifferenzierten Vorgaben zu Nichtigkeit der Jahresabschlussfeststellung und Heilungsmöglichkeiten in § 256 AktG auch für das Personengesellschaftsrecht in Betracht zu ziehen, sie etwa in das Reformvorhaben zu integrieren oder eine entsprechende Anwendung de lege lata zu prüfen. Gerade in GmbH & Co. KGs entscheide meistens die Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses, sodass Bedarf für entsprechende Regeln bestehe.

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Jennifer Trinks

Schließlich zeigte ein Diskussionsteilnehmer die Nähe des § 714a Abs. 2 Nr. 1 BGB-E zur Formulierung in § 23 Abs. 4 WEG auf: Anstatt eine Formulierung aus dem Wohnungseigentumsrecht zu übernehmen, hätte es einer Neuregelung aber besser angestanden, auf die ausgereiftere Dogmatik im GmbH-Recht zurückzugreifen und daraus einen übergreifenden Ansatz zu entwickeln. Die Anlehnung an § 23 Abs. 4 WEG laufe zudem Gefahr, das im Wohnungseigentumsrecht weitergeltende Kausalitätserfordernis anklingen zu lassen, das ansonsten im Gesellschaftsrecht von der Relevanztheorie verdrängt sei.

III. Aufmerksamkeit erfuhren in der Diskussion auch verschiedene Abstimmungsmodalitäten. Zunächst relativierte ein Kommissionsmitglied die Gefahr, dass es im Rahmen der Vermutungsregelung des § 714 S. 2 BGB-E zu einer übermäßigen Ausdehnung des Mehrheitsprinzips auf vertragsändernde Beschlüsse kommen könne. Diese Vorschrift greife erst, wenn bei der Auslegung Zweifel verblieben. Häufig lasse sich durch Auslegung aber bereits ein gesichertes Ergebnis erreichen, so etwa im von Drescher gebildeten Beispiel: Regle ein Gesellschaftsvertrag die Mehrheitserfordernisse für bestimmte vertragsändernde Beschlüsse gesondert und sehe jeweils eine qualifizierte Mehrheit vor, bestünden keine Zweifel, dass auch sonstige Beschlüsse, die auf eine Änderung des Gesellschaftsvertrags gerichtet sind, der vorgesehenen qualifizierten Mehrheit unterfielen. Weiter erläuterte das Kommissionsmitglied, dass die spezifischen Mehrheitserfordernisse für die Auflösung der Gesellschaft gemäß § 732 BGB-E kein Wiederaufleben des Bestimmtheitsgrundsatzes bedeuteten. Vielmehr sei die Sonderregelung für die Auflösung der besonderen Qualität dieser Frage geschuldet. Ein Diskussionsteilnehmer wies schließlich darauf hin, dass der „Wert der Beiträge“ als Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Stimmkraft Schwierigkeiten in der Anwendung bereiten könne. Soweit damit die Kapitalkonten gemeint seien, passe dieses Kriterium kaum auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

IV. Schließlich griff die Diskussion die von Drescher bedauerten Lücken des Mauracher Entwurfes auf. Ein Diskussionsteilnehmer stimmte zu, dass der Entwurf insbesondere um Vorschriften zum Beschlussverfahren ergänzt werden sollte,

Bericht über die Diskussion

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zumal da die §§ 705 ff. BGB-E gleichsam einen Allgemeinen Teil des Gesellschaftsrechts bildeten. Als Regelungsvorbild könne etwa § 47 GmbHG dienen. Ein Mitverfasser des Mauracher Entwurfes bestätigte, dass Regelungen über das Beschlussverfahren wünschenswert seien. Doch hätte gerade wegen des knappen Zeitfensters für die Reform kein rechtsformübergreifend passendes Regime geschaffen werden können. Dasselbe gelte für das Fehlen besonderer Regelungen zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten. Ein anderes Kommissionsmitglied bedauerte diese Lücke ebenfalls. Eine rechtsformübergreifende Lösung, wie sie wohl angezeigt wäre, sei allerdings im Rahmen dieser Reform nicht abzubilden gewesen, nicht zuletzt auch mit Blick auf einen etwaigen Anpassungsbedarf zivilprozessualer Regelungen. Ein weiteres Mitglied der Expertenkommission ergänzte, dass man den Anschein vermeiden wollte, mit Regelungen zur Schiedsfähigkeit ein Misstrauensvotum an die staatlichen Gerichte zu senden. Drescher bedauerte, dass damit eine weitere Chance zur Regelung der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten aus gesellschaftsrechtlicher Sicht verstreiche, während auch keine zivilprozessrechtliche Lösung zu erwarten sei, das Zivilprozessrecht vielmehr zugunsten des Gesellschaftsrechts von einer Regelung absehe.

Christian Armbrüster*

Außengesellschaft und Innengesellschaft Zusammenfassung: Der Beitrag setzt sich kritisch mit den wesentlichen Neuerungen auseinander, die der Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts für das Verhältnis von Außen- und Innengesellschaft mit sich bringt. Die Neuerungen sind im Wesentlichen sachgerecht. Zu begrüßen ist insbesondere, dass auch bei der Innengesellschaft künftig kein Gesamthandsvermögen gebildet werden kann. Dies sollte im Gesetz allerdings klar zum Ausdruck kommen. Keinen Bedenken begegnet es, dass eine Innengesellschaft allein durch die Registereintragung Rechtsfähigkeit erlangen kann. Verbesserungsbedarf besteht hinsichtlich der Regelungsstruktur und einiger redaktioneller Punkte.

Abstract: The article critically examines the essential innovations that the Maurach draft for the modernization of the German partnership law brings with it for the relationship between external and internal partnerships. The innovations are generally appropriate. In particular, the fact that property bound by joint ownership will be banned from internal partnerships, too, is to be welcomed. However, this should be clearly expressed in the law. The possibility of an internal partnership to acquire legal capacity by registration alone does not give rise to any reservations. There is some room for improvement with regard to the regulatory structure and some editorial points.

Inhaltsübersicht I. II. III. IV. V. VI. VII.

 Einleitung Regelungsstruktur des neu gefassten Titels   Abgrenzung anhand der Teilnahme am Rechtsverkehr  Vermögensfähigkeit  Außengesellschaft kraft Registrierung  Auf die Innengesellschaft anwendbare Vorschriften  Einzelergebnisse 

* Der Autor lehrt Privatrecht mit einem Schwerpunkt auf dem Privatversicherungsrecht an der Freien Universität Berlin. Aktuelle Forschungsprojekte betreffen die Schnittstellen von Gesellschafts- und Versicherungsrecht (insbesondere: D&O-Versicherung, Solvency II) und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Versicherungssektor. https://doi.org/10.1515/9783110719178-010

144

VIII.

Christian Armbrüster

. Regelungsstruktur des neu gefassten Titels   . Abgrenzung anhand der Teilnahme am Rechtsverkehr  . Vermögensfähigkeit  . Außengesellschaft kraft Registrierung  . Auf die Innengesellschaft anwendbare Vorschriften  . Annex: Redaktionelle Anregungen  Fazit und Ausblick 

I. Einleitung Eines der zentralen Regelungsanliegen des Mauracher Entwurfs ist es, die tiefgreifenden Änderungen, die insbesondere das Grundsatzurteil des BGH in der Sache „ARGE Weißes Ross“¹ für das Verständnis der BGB-Gesellschaft hinsichtlich Rechtsfähigkeit und Haftungsverfassung mit sich gebracht hat, auch im Gesetz nachzuvollziehen. Dies entspricht einer Empfehlung des 71. Deutschen Juristentags (DJT) von 2016.² Daraus ergibt sich eine wichtige Frage im Hinblick auf das tradierte Verständnis der GbR als Gesamthand: Passen die bisherigen Bezugnahmen auf ein Gesamthandsvermögen in § 718 Abs. 1 BGB („gemeinschaftliches Vermögen“) und § 719 BGB („gesamthänderische Bindung“) noch zum Konzept einer rechtsfähigen Außengesellschaft? Der Entwurf verneint dies (s. sub IV). Allerdings führt die Änderung des Gesetzes in diesem Punkt zwangsläufig zu der weiteren Frage, welche vermögensrechtlichen Regeln künftig für die Innengesellschaft gelten sollen, um die es in dem Grundsatzurteil nicht ging. Zudem ist klärungsbedürftig, inwiefern der Innengesellschaft künftig besondere Regeln gewidmet sein sollen, und in welcher Weise dies regelungstechnisch zu erfolgen hat. Soll sich die Unterscheidung von Innen- und Außengesellschaft im Gesetz widerspiegeln, so gilt es festzulegen, welche Kriterien für die Abgrenzung beider Erscheinungsformen der GbR maßgeblich sein sollen. Die in dem Entwurf vorgeschlagene Einführung eines Gesellschaftsregisters führt zu der Frage, ob die Innengesellschaft allein durch die Eintragung Rechtsfähigkeit erlangen kann, obwohl der Registereintrag keine konstitutive Wirkung entfalten soll.

 BGHZ 146, 341, 342 ff. = NJW 2001, 1056 ff.; dem folgend BVerfG NJW 2002, 3533; BFH NJW 2004, 2773; BAGE 113, 50 = NZA 2005, 318. Zur seitherigen Rechtsentwicklung s. Armbrüster, ZGR 2013, 366 ff.  Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages, Bd. II/2, 2017, S. O 219 (Beschluss Nr. 5a).

Außengesellschaft und Innengesellschaft

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II. Regelungsstruktur des neu gefassten Titels 16 Der Titel 16 („Gesellschaft“) von Buch 2 Abschnitt 8 des BGB soll künftig acht Untertitel mit eigenen Überschriften enthalten. Das erleichtert die Orientierung gegenüber der bisherigen Gesetzesfassung, welche die §§ 705 – 740 BGB ohne Untergliederung aneinanderreiht. Das gleichrangige Nebeneinander der acht Untertitel erfordert allerdings auch Verweisungen und erschwert es bisweilen den Anwendungsbereich eines Untertitels zu bestimmen. Dies soll im Folgenden im Hinblick auf Außen- und Innengesellschaft näher beleuchtet werden. § 705 Abs. 1 BGB-E enthält eine allgemeine Definition der Gesellschaft, wie sie mit abweichender Formulierung schon in § 705 BGB enthalten ist. Bereits Abs. 2 lässt dann aber einen grundlegenden Wandel in der Struktur des gesamten Titels 16 erkennen: Hier wird die rechtsfähige Personengesellschaft legaldefiniert. Es folgen sechs Untertitel zu Gesellschaftsregister, Innen- und Außenverhältnis, Ausscheiden, Auflösung und Liquidation. Erst ganz am Ende des Titels, nämlich in Untertitel 8, folgen Regelungen zur Innengesellschaft. Auch hier findet sich – in § 740 Abs. 1 BGB-E – eine (negative) Legaldefinition: Eine Gesellschaft, die nicht die Voraussetzungen des § 705 Abs. 2 BGB-E zur Erlangung der Rechtsfähigkeit erfüllt, ist demnach Innengesellschaft. Künftig soll der gesetzliche Regelfall und mithin das Leitbild somit die rechtsfähige Gesellschaft sein. Die Innengesellschaft wird sodann mit vier Paragraphen am Ende des Titels bedacht. Praktisch am wichtigsten ist darunter § 740 Abs. 2 BGB-E, wonach auf das Innenverhältnis der Gesellschafter die Vorschriften des Untertitels 3 entsprechend anzuwenden sind. In den §§ 740a Abs. 2, 740b Abs. 2 S. 3 und § 740c Abs. 2 BGB-E werden einzelne Vorschriften anderer Untertitel für entsprechend anwendbar erklärt. Die Entscheidung dafür, die rechtsfähige Gesellschaft in den Mittelpunkt der Neuregelungen zu rücken, ist zu begrüßen. Sie entspricht der Gesetzgebungstechnik im Vereinsrecht. Zudem spiegelt sie den Umstand, dass eine Gesellschaft, die am Rechtsverkehr teilnehmen will, nicht zuletzt mit Blick auf den Verkehrsschutz ein umfangreicheres Regelungsbedürfnis auslöst. Die rechtsfähige Personengesellschaft wird nicht mehr im Allgemeinen Teil des BGB legaldefiniert (§ 14 Abs. 2 BGB), sondern im Titel zur BGB-Gesellschaft. Das zwingt keineswegs zu der Annahme, dass diese Bezeichnung künftig (anders als bislang) ausschließlich für die BGB-Gesellschaft reserviert wäre, die Personenhandelsgesellschaften sowie die PartG und die EWiV also ausgenommen wären.³ Was den Standort der Regelungen zur BGB-Gesellschaft angeht, so ver Die Gefahr eines dahingehenden Missverständnisses sieht Bachmann, NZG 2020, 612.

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folgt der Entwurf mithin einen minimalinvasiven Ansatz: Mit Ausnahme der gerade erwähnten Definition sollen die Regelungen dort bleiben, wo sie bislang angesiedelt sind. Damit wird sowohl der Forderung danach, das Recht der GbR vom Besonderen Schuldrecht in den Allgemeinen Teil (beim Vereinsrecht) zu verlagern, als auch dem Vorschlag, ein eigenes Personenengesellschaftsgesetz zu schaffen, eine Absage erteilt. Wie etwa die kontroverse Diskussion über die Integration des AGBG ins BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung⁴ gezeigt hat, lassen sich sowohl für die legislative Verselbstständigung wie auch für die Beibehaltung des gewohnten Standorts im BGB oder eine reine Verschiebung gewichtige Argumente anführen.⁵ Der vom Entwurf favorisierte Weg dürfte derjenige des geringsten Widerstands sein; jedenfalls erscheint es lohnender über die Regelungsinhalte zu debattieren als über den Regelungsstandort. Einige Anregungen sind im Hinblick auf Aufbau und Terminologie angezeigt. Wer den neu gefassten Titel 16 studiert, wird bereits zu Beginn über die Definition der rechtsfähigen Gesellschaft orientiert. Hingegen erfährt er nicht, dass sich die Untertitel 2 bis 7 im Grundsatz allein auf sie und nur in sehr begrenztem Umfang auf die Innengesellschaft beziehen sollen. Dies wird ihm erst deutlich, wenn er bei der Lektüre zu Untertitel 8 vorgedrungen ist und auf die dort anzutreffenden Verweisungen (zu ihnen s. sub VI) stößt. Ein juristisch vorgebildeter Leser wird dies schnell erfassen. Gleichwohl fragt sich, ob die Übersichtlichkeit nicht erhöht werden könnte. Im Schrifttum ist dazu vorgeschlagen worden, Untertitel 1 als Allgemeinen Teil vor die Klammer zu ziehen und alle nachfolgenden Regelungen auf zwei weitere Untertitel aufzuteilen, nämlich je einen für die rechtsfähige und die nicht rechtsfähige Gesellschaft.⁶ Die bisherigen Untertitel 3 – 7 würden dann zu Kapiteln innerhalb des neuen Untertitels 2, der Untertitel 8 zum neuen Untertitel 3. Die Transparenz lässt sich demnach zusätzlich erhöhen, indem man es bei § 705 Abs. 1 und 2 BGB-E belässt und dort den bisherigen § 740 Abs. 1 BGB-E (also die Legaldefinition der Innengesellschaft) als neuen Abs. 3 anfügt. Dann stehen beide Definitionen vor der Klammer. Es folgen Untertitel 2 (mit der Überschrift: rechtsfähige Gesellschaft) und Untertitel 3 (nicht rechtsfähige Gesellschaft). Dieser Vorschlag verdient Zustimmung. Folgt man ihm, so bleibt klärungsbedürftig, welcher Standort für den bislang im Untertitel 1 stehenden § 706 BGB-E (Sitz der Gesellschaft) sachgerecht ist. Diese Vorschrift ist auf die rechtsfähige Gesellschaft zugeschnitten, indem sie in Satz 1 auf den Ort, an dem die Geschäfte  S. nur einerseits Ulmer, JZ 2001, 491 ff.; andererseits W.-H. Roth, JZ 2001, 475, 487; Regierungsbegr. zur Schuldrechtsmodernisierung, BT-Drucks. 14/6040, S. 150.  S. dazu auch Bachmann, NZG 2020, 612.  Bachmann, NZG 2020, 612, 613 f.

Außengesellschaft und Innengesellschaft

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tatsächlich geführt werden, sowie in Satz 2 auf die Registereintragung abhebt. Daher passt sie an den Beginn des neuen Untertitels 2. Dies schließt es ebenso wenig wie nach der bisherigen Regelungsstruktur aus, dass man bei Bedarf auch der nicht rechtsfähigen Gesellschaft einen Sitz zuordnet. Dabei liegt es nahe darauf abzustellen, an welchem Ort die Willensbildung der Gesellschafter in Bezug auf die Geschäftsführung stattfindet.⁷ Einer Regelung im Gesetz bedarf es dafür freilich nicht. Bildet der bisherige § 706 BGB-E mithin sinnvollerweise den Auftakt zu Untertitel 2, so besteht dessen Kapitel 1 allein aus dieser Vorschrift. Dies begegnet indessen keinen Bedenken. Abgesehen davon, dass regelungstechnische und -ästhetische Aspekte ganz generell nicht gegenüber dem systematisch richtigen Standort einer Norm dominieren sollten, kennt bereits die heutige Gesetzesfassung Kapitel mit nur einer Vorschrift (s. §§ 1414, 1569 BGB). In terminologischer Hinsicht stellt sich die Frage, wieso nicht entweder das Begriffspaar „rechtsfähige Gesellschaft“ – „nicht rechtsfähige Gesellschaft“ oder aber „Außengesellschaft“ – „Innengesellschaft“ gewählt wird. Im Entwurf taucht der Begriff der Außengesellschaft ebenso wenig auf wie derjenige der nicht rechtsfähigen Gesellschaft. Diese Zurückhaltung mag damit zusammenhängen, dass bislang teils vertreten wurde, nicht jede Außengesellschaft sei rechtsfähig. Der Entwurf folgt dieser Ansicht aber völlig zu Recht gerade nicht, so dass beide Begriffspaare synonym sind. Vorzugswürdig erscheint das Begriffspaar „rechtsfähige Gesellschaft“ – „nicht rechtsfähige Gesellschaft“, denn auch eine Innengesellschaft kann nach Außen erkennbar auftreten, nur eben nicht im Rechtsverkehr handeln.⁸ Soweit die Entwurfsbegründung ausführt, es würde auf „unüberwindliche regelungstechnische Schwierigkeiten“⁹ stoßen, eine terminologische Unterscheidung der beiden Rechtsformvarianten im Gesetz konsequent durchzuhalten, möge dies noch einmal überdacht werden. Einer durchgehenden Verwendung der Begriffe rechtsfähige und nicht rechtsfähige Gesellschaft lässt sich jedenfalls nicht entgegenhalten, dass heute dem nach der gesetzlichen Terminologie „nicht rechtsfähigen“ Verein (§ 54 BGB) aus den in dem Urteil „ARGE Weißes Ross“ für die BGB-Gesellschaft angeführten Gründen die Rechtsfähigkeit zugebilligt wird.¹⁰ Dabei handelt es sich um eine historisch gewachsene termi-

 Vgl. dazu etwa E.-M. Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, 2015, S. 124.  Bachmann, NZG 2020, 612, 614. Im Erg. ebenso Schall, ZIP 2020, 1443, 1450.  Entwurfsbegr., S. 70.  S. nur K. Schmidt, NJW 2001, 1002; Leuschner, Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl., 2018, § 54 Rn. 18 ff.; a.A. G. Wagner, ZZP 117 (2004), 305 (359 ff.).

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nologische Schieflage,¹¹ die eine zukunftsorientierte Gesetzgebung zur GbR nicht beeinflussen sollte.

III. Abgrenzung anhand der Teilnahme am Rechtsverkehr Die Abgrenzung zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger Gesellschaft ist für die Anwendbarkeit der nunmehr – entsprechend einer Empfehlung des 71. DJT –¹² vorgesehenen gesetzlichen Trennung beider Erscheinungsformen der GbR von grundlegender Bedeutung. Für sie soll nach dem Entwurf allein maßgeblich sein, ob die Gesellschaft „nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll“ (§ 705 Abs. 2 BGB-E). Im Grundsatz besteht bereits heute weitgehend Einigkeit darüber, dass die Teilnahme am Rechtsverkehr als Abgrenzungskriterium zwischen Innen- und Außengesellschaft maßgeblich ist.¹³ Dabei kommt es auf die Vereinbarung der Gesellschafter an.¹⁴ Das objektive Handeln der Geschäftsführer ist unerheblich.¹⁵ Klärungsbedürftig ist zunächst, welche Anforderungen an den gemeinsamen Willen zu stellen sind. Mit der zur gegenwärtigen Rechtslage vorherrschenden Ansicht¹⁶ genügt auch die (konkludent mögliche) Zustimmung aller Gesellschafter zu einer Geschäftsaufnahme i.S.v. § 123 Abs. 2 HGB. Selbst wenn der Gesellschaftsvertrag im Einzelfall die Entscheidung für eine Teilnahme am Rechtsverkehr einem Formerfordernis unterwirft, gilt nichts Abweichendes. In diesem Fall sind nämlich die allgemeinen Regeln zur formfreien konkludenten Außerkraftsetzung von Schriftformabreden¹⁷ heranziehbar.

 Leuschner, Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl., 2018, § 54 Rn. 1: Die Begrifflichkeit des „nicht rechtsfähigen Vereins“ sei irreführend.  Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages, aaO (Fn. 2), S. O 219 (Beschluss Nr. 5a).  BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 ff. ; bestätigt durch BGH NJW 2002, 1207; Schäfer, Münchener Komm. z. BGB, 7. Aufl., 2017, § 705 Rn. 279; Schöne, in BeckOK BGB, 54. Ed., 01.05. 2020, § 705 Rn. 139; Saenger, in Hk-BGB, 10. Aufl., 2019, § 705 Rn. 18.  Schäfer, aaO (Fn. 13), § 705 Rn. 279.  Darauf abstellend hingegen Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand, 1981, S. 91 f.  Servatius, Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 705 BGB Rn. 7; ähnlich Schäfer, aaO (Fn. 13), § 705 Rn. 2, 305; s. bereits Ulmer, ZIP 2001, 585, 593 f.  S. nur BGH NJW 1965, 293; Häsemeyer, Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte, 1971, S. 206; krit. Einsele, Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl., 2018, § 125 Rn. 70; anders für qualifizierte Schriftformklauseln BGH NJW-RR 1991, 1289, 1290.

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Der Entwurf übernimmt nicht die bisher vertretenen Auffassungen zu weitergehenden, d. h. über den gemeinsamen Willen zur Teilnahme der GbR am Rechtsverkehr hinausgehenden, Anforderungen. Das gilt insbesondere für die Ansicht¹⁸, dass nur eine unternehmenstragende BGB-Gesellschaft rechtsfähig ist. Diese Linie ist im Hinblick darauf konsequent, dass der Entwurf sich ganz generell gegen die Ablösung des Kaufmannsbegriffs durch einen neu zu entwickelnden Unternehmerbegriff entschieden hat. Eine Absage erteilt der Entwurf auch der Ansicht, wonach es für eine Innengesellschaft nicht genüge, wenn die Gesellschaft nicht als solche auftritt, sondern hinzukommen müsse, dass der Gesellschaftsvertrag eine Außenvertretung ausschließt.¹⁹ Ebenso wenig soll es darauf ankommen, ob die Gesellschafter nach § 105 Abs. 2 i.V.m. § 2 HGB eine Eintragung ins Handelsregister herbeiführen könnten.²⁰ Auch der Auffassung, dass die Rechtsfähigkeit eine eigene Identitätsausstattung der Gesellschaft erfordere, insbesondere Sitz, Name sowie Handlungsorganisation,²¹ folgt der Entwurf nicht. Abweichend vom österreichischen Recht (§ 1176 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 östABGB) und von entsprechenden Forderungen zum deutschen Recht²² soll nicht einmal eine dahingehende Vermutungsregel ins Gesetz aufgenommen werden. Freilich finden sich diese Kriterien zur vereinbarten Identitätsausstattung, ergänzt um dasjenige des Gesellschaftszwecks (Beispiel: Betrieb eines Unternehmens), in der Begründung zum Entwurf wieder, und zwar als Anhaltspunkte für den erforderlichen gemeinsamen Willen.²³ Dieser Ansatz, die sog. Einheitslösung im Gesetz festzuschreiben, ist sachgerecht. Es seien hier nur kurz die Einwände in Erinnerung gerufen, die gegen die vorgeschlagenen zusätzliche Kriterien sprechen: Sie schaffen weitere Abgrenzungsprobleme, da dann nicht nur eine Differenzierung in Außen- und Innengesellschaft notwendig wäre, sondern die Außengesellschaft ihrerseits weiter in rechtsfähige und nicht rechtsfähige Außengesellschaften untergliedert werden müsste.²⁴ Schwerer als dieses Praxisargument wiegen dogmatische Bedenken. So würde eine Beschränkung auf unternehmenstragende Außengesellschaften hö-

 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., 2002, § 58 V (S. 1720 ff.); s. aber auch dens., ZHR 177 (2013), 712, 717: nur noch „marginalisierte Sonderrolle“ für die unternehmenstragende GbR.  So Beuthien, NZG 2017, 201, 204. Vgl. auch Flume, ZHR 136 (1972), 177, 187 ff.  S. dazu Kindl, WM 2000, 697, 702.  Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 126 ff.; ders., ZIP 2001, 585, 593 f.; ähnlich Reuter, AcP 207 (2007), 673, 681 ff.  Schäfer, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2018, § 19 Rn. 15.  Entwurfsbegr., S. 70 f.  Schäfer, aaO (Fn. 13), § 705 Rn. 306; Schöne, aaO (Fn. 13), § 705 Rn. 16; Pohlmann, WM 2002, 1421, 1423.

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here Anforderungen an die Rechtsfähigkeit stellen als § 105 Abs. 2 HGB an die OHG, da auch rein vermögensverwaltende Gesellschaften infolge der Eintragung im Handelsregister zu einer OHG und somit rechtsfähig werden. Dies würde insbesondere Umwandlungen erschweren, da der Kreis der rechtsfähigen GbRs enger wäre als der Kreis der OHGs.²⁵ Gegen das Kriterium der Handlungsorganisation wird zu Recht vorgebracht, dass keine gesellschaftsvertragliche Abweichung von den gesetzlichen Grundregeln zu Vertretung und Geschäftsführung erwartet werden kann, so dass dieses Kriterium nicht tragfähig ist.²⁶ Zudem wird auf den Grundsatz der Formalisierung der Zwangsvollstreckung verwiesen, mit dem die zusätzlichen Kriterien unvereinbar sind.²⁷ Da es mithin allein auf den gemeinsamen Willen der Gesellschafter ankommt und dieser sich während der Existenz der Gesellschaft ändern kann, könnte ein mehr oder minder häufiger Statuswechsel zwischen Innen- und Außengesellschaft drohen. Aus dem Handelsrecht ist ein ähnliches Phänomen aufgrund der unbestimmten Kriterien für die Abgrenzung zwischen Kann- und Ist-Kaufmann (vgl. § 1 Abs. 2 HGB) und der darauf beruhenden Unterscheidung von deklaratorischer und konstitutiver Wirkung der Eintragung als OHG gem. § 105 Abs. 1, 2 HGB vertraut. Bei § 705 Abs. 2 BGB-E sind die Grenzen freilich noch flüssiger, da es für die Abgrenzung nicht auf objektive Kriterien ankommt. Indessen dürfte darin für die Rechtspraxis kein größeres Problem liegen. Der Übergang von der Innen- zur Außengesellschaft berührt die Interessen der Gläubiger von vornherein nicht. Im umgekehrten Fall werden sie durch die Haftung der Gesellschafter für einen Fehlbetrag gem. § 738 BGB-E geschützt; die Außengesellschaft kann nicht liquidationslos in eine Innengesellschaft umgewandelt werden.²⁸

IV. Vermögensfähigkeit Eine wichtige Frage, deren Praxisrelevanz bisweilen unterschätzt wird, betrifft die Vermögensfähigkeit der Gesellschaft. Für die Außengesellschaft gilt seit dem Urteil „ARGE Weißes Ross“, dass sie als Rechtsträger Vermögensgegenstände innehaben kann, ebenso wie dies seit jeher für die Personenhandelsgesellschaften anerkannt war (s. §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Der Entwurf sieht nun in § 713  Habersack, BB 2001, 477, 478; zust. K. Schmidt, NJW 2003, 1897, 1904.  Habersack, BB 2001, 477, 478 f.  Wertenbruch, NJW 2002, 324, 328.  Vgl. auch Bachmann, NZG 2020, 612, 615: Die Umwandlung einer eingetragenen in eine nicht rechtsfähige GbR ist ausgeschlossen.

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BGB-E vor, dass die Beiträge der Gesellschafter sowie die für die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten „Vermögen der Gesellschaft“ sind. Mit dieser knappen Regelung wird die – in den Worten der Entwurfsbegründung – „historisch überholte Gesamthandslehre“²⁹ aus dem Recht der BGB-Gesellschaft eliminiert; auch die bisherigen Verweise auf „gemeinschaftliches Vermögen“ oder „gesamthänderische Verbundenheit“ werden – wie bereits eingangs dargelegt – getilgt. Für eine dingliche Mitberechtigung der Gesellschafter an den der Gesellschaft zugeordneten Vermögensgegenständen ist mithin kein Raum.³⁰ Damit ist für die Außengesellschaft ein angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung überfälliger (wenn auch nicht dogmatisch zwingender)³¹ Schritt vollzogen und eine echte Modernisierung erreicht.³² Im Schrifttum wird es freilich teils als offen angesehen, ob der Entwurf tatsächlich eine Abkehr von der traditionellen Lehre zum Gesamthandsvermögen³³ bedeutet.³⁴ Jedenfalls für die Außengesellschaft ist dies angesichts des § 713 BGBE zu bejahen.³⁵ Dem entspricht es, dass die Anwachsung nicht mehr auf das Gesellschaftsvermögen, sondern auf den Anteil bezogen ist (§ 712 Abs. 2 BGB-E).³⁶ Die Abkehr von der Gesamthand bedeutet keineswegs, dass die Außengesellschaft künftig als juristische Person anzusehen wäre, wie dies im Schrifttum einst vorgeschlagen wurde.³⁷ Die Qualifikation einer rechtlich verselbstständigten Einheit als juristische Person ist bislang ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung vorbehalten; daran sollte auch künftig festgehalten werden. Der Entwurf sieht eine solche Anordnung zu Recht nicht vor. Für die Zwecke, die der BGH in „ARGE Weißes Ross“ mit der Rechtsfähigkeit verband, genügt es nämlich vollkommen,  Entwurfsbegr., S. 87.  S. bereits Mülbert, AcP 199 (1999), 38, 46.  Vgl. Klingbeil, AcP 217 (2017), 848, 876 ff.; Röder, AcP 215 (2015), 450, 491.  Bachmann, NZG 2020, 612, 615; s. schon dens., FS K. Schmidt, 2019, Bd. I, S. 49, 55. Zutr. bereits K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 727: die §§ 718, 719 BGB seien „ganz auf die überholte Gesamthandsbetrachtung“ zurückzuführen.  S. nur Zöllner, FS Gernhuber, 1993, S. 563 ff.; G. Hueck, FS Zöllner, 1998, S. 275 ff.: Das Gesellschaftsvermögen sei als Objekt zur ganzen Hand den Gesellschaftern der GbR als Sondervermögen und nicht der Gesellschaft zugewiesen. Dagegen bereits Flume, BGB AT I 1 § 5.  Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1150: die Entwurfsbegr. sei in diesem Punkt „etwas geheimnisvoll“. Von einer „Abschaffung des Gesamthandsprinzips für alle Personengesellschaften“ durch den Entwurf spricht – mit scharfer Kritik – Altmeppen, NZG 2020, 822; krit. auch Schall, ZIP 2020, 1443, 1445.  Punte/Klemens/Sambulski, ZIP 2020, 1230, 1231.  Darauf in diesem Kontext zu Recht verweisend Schäfer, ZIP 2020, 1149, 1151.  Namentlich von Th. Raiser, AcP 194 (1994), 495, 499 ff. und öfter; ausdrücklich a.A. BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056. Vgl. auch Beuthien, JZ 2003, 715, 720 f. (für „Gesamtrechtsfähigkeit“ der GbR).

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von einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu sprechen,³⁸ wie es in § 705 Abs. 2 BGB-E geschieht. Es gilt also hinsichtlich nicht rechtsfähiger Gesellschaft und juristischer Person weiterhin: tertium datur!³⁹ Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob sich die Abkehr vom Gesamthandsvermögen auch auf die Innengesellschaft erstreckt. Die Entwurfsverfasser gehen davon offenbar aus (s. sogleich). Im Schrifttum hat sich dagegen bereits Widerspruch geregt.⁴⁰ Für die Position der Entwurfsverfasser lässt sich zunächst das Interesse an einer Typenreinheit des Personengesellschaftsrechts anführen: Es soll nicht zu einer Mischform (Hybrid) zwischen Innen- und Außengesellschaft kommen, bei der es ein Gesamthandsvermögen gibt, das aber nicht der Gesellschaft, sondern den Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht.⁴¹ Man mag dafür auch den Typenzwang⁴² anführen, dem bei der BGB-Gesellschaft freilich eine geringere Bedeutung beizumessen ist als bei den Personenhandelsgesellschaften und insbesondere im Kapitalgesellschaftsrecht. Die Entwurfsbegründung selbst verweist zunächst darauf, dass die Innengesellschaft „unfähig“⁴³ sei, eigenes Vermögen zu bilden. Dies ist insoweit zutreffend, als sie mangels Rechtsfähigkeit nicht selbst Trägerin eines solchen Vermögens sein kann. Es kommt daher allein ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter in Betracht. Rechtstechnisch kann auch bei der Innengesellschaft ein solches Vermögen gebildet werden: Jeder Gesellschafter kann eigene Vermögensgegenstände in ein Gesamthandsvermögen überführen, sofern die Rechtsordnung dies zulässt. Gerade darin liegt die rechtspolitisch entscheidende Frage: Soll die Rechtsordnung die Bildung von Gesamthandsvermögen aller Gesellschafter bei der Innengesellschaft anerkennen? Diese Frage hat der Gesetzgeber für die Erbengemeinschaft und die eheliche Gütergemeinschaft durch entsprechende Spezialregelungen (§§ 2032 Abs. 1, 1419 BGB) bejaht. Wie noch zu zeigen sein wird, taugt der Verweis auf diese beiden – gleichfalls nicht rechtsfähigen – Gemeinschaften für sich genommen nicht als Argument dafür, die Fähigkeit auch bei der Innengesellschaft zu bejahen.

 K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 731 f.  S. bereits Röder, AcP 215 (2015), 450, 490; aA Schall, ZIP 2020, 1443, 1446.  Nachdrücklich Bachmann, NZG 2020, 612, 614 f. S. auch Beuthien, NZG 2017, 201, 204 (allerdings bei gleichzeitiger Annahme der Rechtsfähigkeit der Innengesellschaft).  Vgl. Schäfer, 71. Deutscher Juristentag, Bd. 1, Gutachten E, 2016, S. 30.  S. dazu im Kontext von § 137 S. 1 BGB Armbrüster, Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl. 2018, § 137 Rn. 5.  Entwurfsbegr., S. 138.

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Entscheidend ist das zweite Argument in der Entwurfsbegründung: Es besteht kein schutzwürdiges Bedürfnis für die Bildung eines Vermögens eigener Art.⁴⁴ Der Gesellschaftszweck kann nämlich ohne Weiteres mit Bruchteilsrechten verfolgt werden, die im Hinblick auf diesen Zweck schuldrechtlich gebunden sind.⁴⁵ Alternativ kann ein Gesellschafter die Vermögensgegenstände zugleich treuhänderisch für die anderen halten und verwalten.⁴⁶ In diesem Fall tritt zum Gesellschaftsvertrag noch eine Treuhandabrede hinsichtlich der betreffenden Vermögensgegenstände hinzu; dies dürfte aber – sofern keine Formerfordernisse zu beachten sind – keine Probleme bereiten. Wollen die Gesellschafter registrierte Rechte in einem gesamthänderisch gebundenen Vermögen halten, so ist ohnehin die zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft führende Eintragung im Gesellschaftsregister erforderlich, damit die Gesellschaft in anderen Registern (Grundbuch, Aktienbuch, Handelsregister, Markenregister usw.) eintragungsfähig wird. Dies folgt nach dem Entwurf aus einigen neuen Spezialvorschriften sowie aus § 105 Abs. 3 HGB.⁴⁷ Praktisch bedeutsam ist die Frage daher allein für nicht registerpflichtige Vermögensgegenstände. Können mithin die Gesellschafter einer Innengesellschaft kein schutzwürdiges Interesse daran für sich reklamieren, ein Gesamthandsvermögen zu bilden, so sprechen die schutzwürdigen Interessen der Gläubiger eines Gesellschafters entscheidend dagegen, bei Innengesellschaften diese Option zu eröffnen. Für diese Privatgläubiger wird es nämlich deutlich schwieriger einen Titel zu erwirken, wenn ein Vermögensgegenstand gesamthänderisch gebunden ist. Bringt ein Gesellschafter Vermögenswerte (etwa die Gegenleistung eines Privatgläubigers) in ein Gesamthandsvermögen aller Gesellschafter ein, so kann ein Privatgläubiger nur unter erschwerten Bedingungen in dieses Vermögen vollstrecken. Eine gesamthänderische Bindung hätte für sich betrachtet wohl zur Folge, dass dieselben Regeln gelten, wie sie vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit für sämtliche BGBGesellschaften maßgeblich waren.⁴⁸ Im Ergebnis wäre der Privatgläubiger damit auf eine Pfändung des Gesellschaftsanteils seines Schuldners verwiesen. Der  Die Entwurfsbegr. spricht davon, ein „unabweisbar [sic] praktisches Bedürfnis“ sei nicht erkennbar.  Röder, AcP 215 (2015), 450, 500; a.A. Beuthien, NZG 2017, 201, 202 f. Vgl. zur Erreichbarkeit des Gesellschaftszwecks durch schuldrechtliche Abreden bei der Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen auch BGHZ 126, 226 = NJW 1994, 2536, 2538.  Schäfer, aaO (Fn. 13), § 705 Rn. 280; Entwurfsbegr., S. 138.  S. auch Bergmann, DB 2020, 994, 995 f. Wünschenswert wäre eine Klarstellung hierzu bei „Wirkungen“, also in § 707a BGB-E; zutr. Bachmann, NZG 2020, 612, 615.  S. dazu Schäfer, aaO (Fn. 13), § 718 Rn. 33, 57; H.P. Westermann, Erman, BGB, 16. Aufl., 2020, 2017, § 718 Rn. 10; Schöne, aaO (Fn. 13), § 718 Rn. 20; abw. Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, 2001, S. 141 ff., 149 f.

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Entwurf sieht zwar vor, dass § 859 Abs. 1 ZPO insgesamt, also nicht nur für rechtsfähige Gesellschaften, aufgehoben wird (zugleich wird der bisherige Abs. 2 neu gefasst, so dass die Pfändung des Anteils eines Miterben am Nachlass weiterhin möglich bleibt). Freilich regelt § 726 BGB-E, der nach § 740a Abs. 2 BGB auch auf die Innengesellschaft anwendbar ist, dass ein Privatgläubiger eines Gesellschafters nach Pfändung des Gesellschaftsanteils (gem. §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO) die Mitgliedschaft kündigen kann. Diesen Weg muss der Privatgläubiger gehen, wenn er auf das Auseinandersetzungsguthaben des Gesellschafters (§ 740b Abs. 2 S. 1 BGB-E) zugreifen möchte. Er sollte mit diesem Aufwand aber nicht darüber hinaus auch dadurch belastet werden, dass es seinem Schuldner rechtlich ermöglicht wird, eigene Vermögenswerte in ein Gesamthandsvermögen zu überführen, ohne dass dafür ein schutzwürdiges Interesse besteht. Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, der Privatgläubiger müsse ohnehin damit rechnen, bei der Zwangsvollstreckung in einen Vermögensgegenstand auf Schwierigkeiten zu stoßen, etwa wegen eines Eigentumsvorbehalts oder einer Sicherungsübereignung.⁴⁹ Dabei handelt es sich um Instrumente der Kreditsicherung, an denen ein schutzwürdiges Interesse besteht und auf die sich Gläubiger regelmäßig – ggf. auch durch eigene Sicherungsmaßnahmen – einstellen können. Dies rechtfertigt es hingegen nicht, dass die Rechtsordnung gleichsam „ohne Not“ den Privatgläubigern in Gestalt des Gesamthandsvermögens noch eine weitere Hürde errichtet. Nach den allgemeinen Regeln müssen sie freilich dann, wenn die Gesellschafter statt der Treuhandlösung Bruchteilseigentum bilden, nach der Anteilspfändung die Aufhebung der Gemeinschaft hinsichtlich des konkreten Vermögensgegenstands verlangen (vgl. § 751 S. 2 BGB); dies ist aber weniger aufwendig als die Kündigung der GbR-Mitgliedschaft. Es trifft freilich zu, dass die Erbengemeinschaft und die eheliche Gütergemeinschaft ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen kennen. Dies beruht aber auf spezifischen ehe- bzw. erbrechtlichen Regelungen, die den Zusammenhalt dieser Gemeinschaften sichern sollen, sei es auf Dauer oder bis zur vollständigen Auseinandersetzung.⁵⁰ So gelten insbesondere für die Erbengemeinschaft spezifische Schutzregelungen, die der Innengesellschaft unbekannt sind. Zum einen privilegieren diese Vorschriften die Gläubiger des Erblassers dahingehend, dass sie aus dem Nachlass vorrangig befriedigt werden. Dadurch werden sie davor bewahrt, nach Zersplitterung der Haftungsmasse einer Vielzahl von Schuldnern gegenüberzustehen.⁵¹ Zum anderen ist die Haftung der einzelnen  So aber Beuthien, NZG 2017, 201, 202.  Zutr. gegen Gleichbehandlung mit der GbR Röder, AcP 215 (2015), 450, 497; s. auch K. Schmidt, AcP 209 (2009), 181, 197 ff.  Gergen, Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 2032 Rn. 4.

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Miterben unter den Voraussetzungen der §§ 2058 ff. BGB gleichfalls unter gewissen Voraussetzungen privilegiert. Das Vermögen des Erblassers wird also unter Schutzgesichtspunkten der Erbengemeinschaft zugewiesen und nicht unmittelbar den einzelnen Erben. Dieser Schutz erscheint nicht zuletzt im Hinblick darauf sachgerecht, dass der Nachlassgläubiger ursprünglich davon ausgegangen ist, nur einem Schuldner gegenüberzustehen. Diese Sonderkonstellation ist bei einer Innengesellschaft nicht gegeben. Hinzu kommt, dass die Erbengemeinschaft im Gegensatz zur Innengesellschaft von Anfang an eine auf ihre Auflösung ausgerichtete Abwicklungsgemeinschaft ist.⁵² Eine Gesamtschau all dieser Unterschiede rechtfertigt die Differenzierung hinsichtlich der Vermögensfähigkeit. Nicht ganz so klar ersichtlich sind die Gründe dafür, dass der Gesetzgeber auch der ehelichen Gütergemeinschaft ein Gesamthandsvermögen zubilligt. Man mag dafür anführen, dass dieser Güterstand am stärksten dem historischen Grundgedanken der Ehe als einer auf Lebenszeit angelegten Verbindung zwischen zwei Menschen entspricht, deren Schicksal in allen Lebensbereichen verbunden ist, auch in Vermögensfragen.⁵³ Auch ist die eheliche Gütergemeinschaft explizit auf ein gemeinsames Vermögen der beiden Ehegatten zugeschnitten; damit werden keine weiteren nichtvermögensrechtlichen Interessen verfolgt.⁵⁴ Eine Sonderbehandlung erscheint nicht zuletzt deshalb akzeptabel, weil das Institut der Ehe besonderen grundrechtlichen Schutz genießt. Zudem ist die Ehe als familienrechtliches Institut unter kulturellen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten nicht mit einer Innengesellschaft vergleichbar, so dass auch unter diesem Blickwinkel eine Gleichbehandlung mit der Innengesellschaft hinsichtlich der Vermögensfähigkeit nicht geboten ist. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es auch bei der Innengesellschaft kein gesamthänderisch gebundenes Vermögen gibt. Das Gesamthandsprinzip, das für die Außengesellschaft aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit ausgedient hat, wird damit auch bei der Innengesellschaft überwunden. Die Aussage „Innengesellschaften sind niemals sog. Gesamthandsgesellschaften“⁵⁵ sollte also künftig auch insoweit außer Streit stehen, als es um ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter (und nicht der GbR als solcher) geht. Damit ist auch der Vorschlag abzulehnen, die Verweisung in § 740 Abs. 2 BGB-E auf den Untertitel 3 großzügig so zu begreifen, dass sie sich auf § 713 BGB-E erstreckt, wobei ein Gesamt-

 BGHZ 17, 299, 302 = NJW 1955, 1227.  Münch, Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl., 2019, Vor § 1415 Rn. 16 f. Krit. zu diesem „überkommenen“ Eheverständnis Thiele, in Staudinger, BGB, 2018, Vor §§ 1415 ff. Rn. 9.  Thiele, aaO (Fn. 53), § 1416 Rn. 4.  K. Schmidt, aaO (Fn. 18) § 58 II 2 (S. 1697). Insoweit zutr. auch Schall, ZIP 2020, 1443, 1448.

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handsvermögen an die Stelle des Gesellschaftsvermögens tritt.⁵⁶ Sie widerspricht – wie aufgezeigt – der zustimmungswürdigen Regelungsabsicht der Entwurfsverfasser. Zudem bekräftigt die Bezugnahme in § 713 BGB-E auf „die für die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten“, dass diese Norm Rechtsfähigkeit voraussetzt (s. dazu noch sub VI). Ergänzend sei angemerkt, dass man in der Abkehr vom Gesamthandsvermögen im Übrigen auch insofern einen Vorzug sehen mag, als das Erfordernis eines gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens jedenfalls argumentativ manch einer gewünschten Entwicklung entgegenstand. Genannt sei hier etwa die Einpersonengesellschaft.⁵⁷ Entscheidendes Gewicht kommt diesem Aspekt indessen nicht zu, da sich die entsprechenden Fragen auch unabhängig davon sachgerecht bewältigen lassen, ob man ein Gesamthandsvermögen anerkennt oder nicht. Angesichts der gegenwärtigen Debatte darüber, ob der Entwurf es der Innengesellschaft gestattet, ein Gesamthandsvermögen zu bilden, erscheint es sinnvoll, in den Untertitel zur Innengesellschaft eine Regelung nach dem Vorbild des § 230 Abs. 1 HGB aufzunehmen.⁵⁸ Demnach kann bei der stillen Gesellschaft eine Einlage nur in das Vermögen eines Gesellschafters geleistet werden. Diese Vorschrift bringt alles andere als eine Banalität zum Ausdruck.⁵⁹ So hatte etwa das OLG Hamm Anlass zu entscheiden, dass eine Einlagenleistung von beiden Gesellschaftern in die Gesellschaft die Annahme einer stillen Gesellschaft ausschließt.⁶⁰ Der mit § 230 Abs. 1 HGB bezweckte Verkehrsschutz ist aus den oben genannten Gründen auch jenseits der stillen Gesellschaft – als einer besonderen Erscheinungsform der BGB-Innengesellschaft –⁶¹ für Innengesellschaften geboten.⁶² Daher sollte durch eine entsprechende Ergänzung des § 740 BGB-E klargestellt werden, dass bei der Innengesellschaft die Bildung eines Gesamthandsvermögens von vornherein ausgeschlossen ist. Für die Gläubiger eines Gesellschafters ist eine solche Klarstellung, wie dargelegt, von einiger praktischer Bedeutung. Wenn sie erfolgt, mag sogar zugleich § 230 Abs. 1 HGB gestrichen

 Dafür Bachmann, NZG 2020, 612, 616.  Vgl. Bachmann, NZG 2020, 612, 615. – S. zum Pro und Contra bereits Armbrüster, Die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, 2001, S. 110 f.; Weimar, ZIP 1997, 1769 ff.  Für die Geltung einer Regel dieses Inhalts für die Innengesellschaft bereits de lege lata Schäfer, aaO (Fn. 13), § 705 Rn. 285.  Insoweit zutr. Beuthien, NZG 2019, 201, 202. Immerhin § 230 Abs. 1 HGB ausdrücklich als Rechtsgrundlage für die Beschränkung der Einlagemöglichkeit anführend auch K. Schmidt, aaO (Fn. 18), § 62 III 2 a (S. 1854).  OLG Hamm NJW-RR 1994, 1382, 1383.  S. nur BGHZ 127, 176, 177 = NJW 1995, 192; BGH ZIP 2013, 19, 21; Hoffmann-Theinert, BeckOK HGB, Stand:15.04. 2020, § 230 Rn. 1.  Insoweit a.A. Beuthien, NZG 2019, 201, 202 f.

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werden, und zwar nicht etwa, weil sein Inhalt sich von selbst verstehen würde, sondern weil es sich – wie erwähnt – bei der stillen Gesellschaft um eine Sonderform der Innen-GbR handelt.

V. Außengesellschaft kraft Registrierung Der Entwurf sieht in Untertitel 2 ein fakultatives⁶³ GbR-Register vor. Die Möglichkeit zur Eintragung soll prinzipiell nur Außengesellschaften offenstehen. Dies ergibt sich daraus, dass § 740 Abs. 2 BGB-E nicht auf den Untertitel 2 verweist. Allerdings prüft das Registergericht nicht, ob die Anforderungen an eine Außengesellschaft (§ 705 Abs. 2 BGB-E) erfüllt sind. Dies liegt insbesondere an dem Willenselement bezüglich der Teilnahme am Rechtsverkehr.⁶⁴ Daher können sich auch Innengesellschaften eintragen lassen. Der Entwurf sieht freilich eine konstitutive Wirkung der Eintragung nicht vor.⁶⁵ Gleichwohl wirkt die Eintragung einer Innengesellschaft im Ergebnis konstitutiv. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus § 719 Abs. 1 S. 2 BGB-E, da diese Vorschrift im Untertitel 4 (Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten) steht, der von der Generalverweisung in § 740 Abs. 2 BGB-E nicht erfasst wird. Zudem ist diese Norm für den Fall gedacht, dass ein gemeinsamer Wille zur Teilnahme der GbR am Rechtsverkehr besteht, nur eben noch nicht zum Zeitpunkt der Anmeldung zum Register. Die Entwurfsbegründung führt als Beispiel die Anmeldung durch einen Bevollmächtigten an.⁶⁶ Hier geht es hingegen darum, dass eine Anmeldung erfolgt, ohne dass die Gesellschafter zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt die Teilnahme der GbR am Rechtsverkehr wollen. Man wird § 719 Abs. 1 S. 2 BGB-E aus Gründen des Verkehrsschutzes auch auf diesen Fall anzuwenden haben.⁶⁷ Die Innengesellschaft wird dann aufgrund der unwiderleglichen Vermutungswirkung zur Außengesellschaft. Gegen diesen Rechtszustand bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Es ist kein Grund ersichtlich, aus dem die Innengesellschaft nicht dadurch, dass sie sich der Registerpublizität unterwirft, zu einer Außengesellschaft werden könnte. Dies gilt umso mehr, da die Abgrenzung – wie dargelegt – allein vom gemeinsamen Willen der Gesellschafter abhängt, dass die GbR am Rechtsverkehr teilnimmt. Regelmäßig wird gerade dieser Wille durch die Anmeldung zur Eintra-

 Dazu krit. Heckschen, NZG 2020, 761, 762 f.  Vgl. bereits Hadding, ZGR 2001, 712, 715.  Näher dazu Entwurfsbegr., S. 72 f.  Entwurfsbegr., S. 113.  Vgl. auch Bachmann, NZG 2020, 612, 614, der eine entsprechende Klarstellung im Gesetz oder in der Gesetzesbegründung fordert.

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gung, welche durch alle Gesellschafter zu erfolgen hat, zumindest konkludent zum Ausdruck kommen.⁶⁸ Man sollte die Frage allerdings ohnehin nicht überbewerten. Ein wesentlicher Vorzug der Registereintragung liegt im Zugewinn an Rechtssicherheit für Vertragspartner. Durch die Publizitätswirkung gewinnt die Gesellschaft im Rechtsverkehr an Seriosität.⁶⁹ Dieser Vorteil ist für Gesellschaften, die gar nicht am Rechtsverkehr teilnehmen sollen, unbedeutend. Dasselbe gilt für die Eintragungsfähigkeit in anderen Registern, wenn man mit dem Entwurf und der hier vertretenen Ansicht (s. sub IV) die Bildung eines Gesamthandsvermögens in der Innengesellschaft für unzulässig hält. Hinzu kommt, dass eine eingetragene Gesellschaft die Eintragungen stets aktuell halten muss. Zudem ist die Löschung nicht ohne Weiteres möglich (vgl. § 707a Abs. 4 BGB-E). Der Mehraufwand ist also beträchtlich;⁷⁰ ein Vorteil für die Innengesellschaft könnte allenfalls darin liegen, Vermögenswerte auf die – dann dank der Registereintragung aber leicht identifizierbare – GbR zu transferieren.

VI. Auf die Innengesellschaft anwendbare Vorschriften Auf Innengesellschaften sind nach der Generalverweisung § 740 II BGB-E die Vorschriften des Untertitels 3 entsprechend anzuwenden. Diese Regelung umfasst auch die Gestaltungsfreiheit gem. § 708 BGB-E. Daher soll auch im Recht der Innengesellschaft eine grundsätzliche Dispositivität bestehen.⁷¹ § 740a Abs. 2 BGB-E ordnet hinsichtlich der Beendigung der Innengesellschaft die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 725, 726, 730, 732 und 734 Abs. 1, 2 BGB-E an. Nach § 740b Abs. 2 S. 2 BGB-E gilt für die Auseinandersetzung ergänzend § 738 BGB-E. Auf das Ausscheiden eines Gesellschafters sind schließlich die §§ 727, 728 und 728a BGB-E entsprechend anzuwenden (§ 740c Abs. 2 BGB-E). Was die Generalverweisung in § 740 II BGB-E angeht, so fällt zunächst auf, dass diese sich nicht ausdrücklich auf die Grundnorm des § 705 Abs. 1 BGB-E erstreckt.⁷² Folgt man dem hier im Zusammenhang mit der Regelungssystematik

 Entwurfsbegr., S. 112 f.  S. etwa Fleischer/Pendl, WM 2019, 2137, 2139; Tröger, JZ 2016, 834, 842; Wertenbruch, NZG 2019, 407, 408. Den Anreiz hinsichtlich gesteigerter Bonität für begrenzt haltend Röder, AcP 215 (2015), 450, 466 f.  S. auch Punte/Klemens/Sambulski, ZIP 2020, 1230, 1233, 1234.  Entwurfsbegr., S. 139.  Krit. dazu Bachmann, NZG 2020, 612, 613.

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(oben sub II) befürworteten Änderungsvorschlag, so erledigt sich dieser Einwand. Anderenfalls mag man darauf verweisen, dass auch im Untertitel 8 gleich eingangs in § 740 Abs. 1 BGB-E von einer Gesellschaft die Rede ist. Dies lässt sich als implizite Verweisung auf § 705 Abs. 1 BGB-E auffassen. Nicht berechtigt erscheint das Bedenken⁷³, der Wortlaut dieser Norm passe insofern nicht zur Innengesellschaft, als es darin heißt, dass eine „Gesellschaft […] gegründet“ wird. Diese Terminologie lässt sich ohne Weiteres auf die Innengesellschaft anwenden; auch sie ist Gesellschaft, da dieser Begriff gerade nicht schon die Rechtsfähigkeit impliziert (arg. § 705 Abs. 2 BGB-E). Es besteht kein Anlass, den Begriff „Gründung“ im Personengesellschaftsrecht allein mit einem Organisationsakt zur Errichtung eines Rechtsträgers zu assoziieren.⁷⁴ Daher kann etwa auch eine stille Gesellschaft, ein Emissionskonsortium oder eine Tippgemeinschaft – die sich allesamt durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks von einem schuldrechtlichen Austauschverhältnis abheben – „gegründet“ i.S.v. § 705 Abs. 1 BGB-E werden. Problematisch erscheint an der Generalverweisung auf Untertitel 3, dass sie nach ihrem Wortlaut auch § 713 BGB-E (Gesellschaftsvermögen) erfassen könnte. Die Innengesellschaft soll aber, wie dargelegt (sub IV), gerade kein Vermögen innehaben können. Man kann nun dahingehend argumentieren, dass die Vorschriften des Untertitels 3 nur entsprechend anwendbar sein sollen. Die entsprechende Anwendung setzt nach der Entwurfsbegründung voraus, dass die betreffenden Regeln zur Außengesellschaft nicht die Rechtsfähigkeit voraussetzen.⁷⁵ In der Begründung zu § 740 BGB-E wird § 713 BGB-E denn auch bei der Aufzählung der nach dem Willen der Entwurfsverfasser von der Verweisung „namentlich“, also insbesondere, umfassten Vorschriften nicht ausdrücklich genannt.⁷⁶ Diese Ausnahme sollte aber in § 740 II BGB-E direkt angeordnet werden und nicht erst im Rahmen einer teleologischen und historischen Gesetzesauslegung ermittelt werden müssen. Sachgerecht ist es, das für Außengesellschaften geltende Beschlussmängelrecht nicht auf die Innengesellschaft zu erstrecken. Bei ihr genügt es, dass Beschlussmängel weiterhin durch Feststellungsklage gegen den oder die Mitgesellschafter geltend gemacht werden können. Die Nichtgeltung der neuen Regeln zur Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage lässt sich freilich wiederum allein daraus entnehmen, dass die im Untertitel 3 enthaltenen Vorschriften der §§ 714a – 715e BGB-E in der Entwurfsbegründung bei der Aufzählung der „namentlich“ ent Von Bachmann, NZG 2020, 612, 614.  S. auch Noack, NZG 2020, 581, 582. – Vgl. demgegenüber etwa zur GmbH Fleischer, Münchener Komm. z. GmbH, 3. Aufl., 2018, § 1 Rn. 4.  Entwurfsbegr., S. 139.  Entwurfsbegr., S. 138 f.

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sprechend anwendbaren Vorschriften nicht aufgeführt werden. In der Diskussion hat die fehlende Klarstellung im Gesetzentwurf selbst bereits zu Irritationen geführt.⁷⁷ Insgesamt ist es mithin vorzugswürdig, statt einer Generalverweisung – die flexibler ist, aber damit auch Rechtsunsicherheit bringt – diejenigen Vorschriften des Untertitels 3, die für die Innengesellschaft entsprechend gelten sollen, ausdrücklich im Gesetz zu nennen, wie es in den §§ 740a Abs. 2, 740 b Abs. 2 S. 2 und 740c Abs. 2 BGB-E geschehen ist. Die „Herausforderung“⁷⁸, welche die Generalverweisung für den Rechtsanwender mit sich bringt, lässt sich dadurch verringern, die Rechtssicherheit erhöhen. Sollte sich eine im Gesetz aufgeführte Vorschrift in der Praxis als ungeeignet oder umgekehrt eine nicht genannte Vorschrift als (auch) für die Innengesellschaft sachgerecht erweisen, so wird man die Bewältigung dieser Situationen den Gerichten anvertrauen dürfen. Die Einzelverweisungen in § 740a Abs. 2 BGB erscheinen sachgerecht. So ist es zutreffend, dass diejenigen Regelungen, welche eine Registereintragung voraussetzen, nicht aufgeführt werden (§§ 733, 734 Abs. 3 BGB-E). Zwar kann auch eine nicht rechtsfähige Gesellschaft de facto im Gesellschaftsregister eingetragen werden; sie ist dann aber als rechtsfähige Gesellschaft zu behandeln (s. sub V). Angemessen ist es auch, die Sonderregeln zur Verjährung (§ 735 BGB-E) nicht anzuwenden. Einige der anwendbaren Vorschriften beziehen sich auf Regelungen im Gesellschaftsvertrag (§§ 730, 732 BGB-E) und setzen daher ohnehin eine privatautonome Gestaltung voraus. Was die Kündigung der Innengesellschaft durch einen Gesellschafter aus wichtigem Grund angeht, sind nach § 740a Abs. 2 BGB die Vorgaben in § 725 BGB-E zur Kündigung der Mitgliedschaft auf die Beendigung der Innengesellschaft entsprechend anwendbar. Nach § 725 Abs. 2 S. 3 BGB-E kann ein Gesellschafter seine Mitgliedschaft fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.⁷⁹ Bei der Innengesellschaft tritt dann an die Stelle des Ausscheidens die Beendigung.⁸⁰ Daher verweist § 740a Abs. 2 BGB richtigerweise nicht auf § 731 BGB-E. Auch die Einzelverweisungen in § 740b Abs. 2 S. 3 sowie in § 740c Abs. 2 BGBE sind zutreffend. Dies gilt insbesondere hinsichtlich § 727 BGB-E, der die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund ermöglicht. Es entspricht auch bei der nicht rechtsfähigen Gesellschaft dem mutmaßlichen Interesse der Beteiligten, die Gesellschaft dann ohne den betreffenden Gesellschafter fortsetzen

 Vgl. etwa Bachmann, NZG 2020, 612, 613, der die Frage aufwirft, ob § 714c BGB-E inhaltlich für Innengesellschaften angemessen ist.  So Bachmann, NZG 2020, 612, 613.  Vgl. Entwurfsbegr., S. 121 (versehentlich auf S. 2 Bezug nehmend, aber klarstellend, dass die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit auch im Fall des § 725 Abs. 1 BGB-E besteht).  Entwurfsbegr., S. 139.

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zu können. Die Aufnahme der Verweisung auf § 727 BGB-E in § 740c Abs. 2 BGB-E (und nicht als weiterer Beendigungsgrund in § 740a Abs. 2 BGB-E) gewährleistet, dass es in diesem Fall auch bei der Innengesellschaft keiner Fortsetzungsklausel bedarf.

VII. Einzelergebnisse 1. Regelungsstruktur des neu gefassten Titels 16 Der Gleichrang von acht Untertiteln macht nicht deutlich, dass die Untertitel 2– 7 (vorbehaltlich von Verweisungen in Untertitel 8) allein für die rechtsfähige Gesellschaft gelten sollen. Die Legaldefinition des § 740 Abs. 2 BGB-E sollte daher (als neuer Abs. 3) in § 705 BGB-E aufgenommen werden. Zudem sollten nur drei Untertitel geschaffen werden: Allgemeine Bestimmungen, Rechtsfähige Gesellschaft, Nicht rechtsfähige Gesellschaft. Die bisherigen Untertitel 2– 7 werden sodann zu Kapiteln des neuen Untertitels 2.

2. Abgrenzung anhand der Teilnahme am Rechtsverkehr Der Entwurf macht die Rechtsfähigkeit allein davon abhängig, dass die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Dies ist sachgerecht.

3. Vermögensfähigkeit Die Abkehr vom Gesamthandsvermögen ist auch für die Innengesellschaft überzeugend. Es gibt kein schutzwürdiges Bedürfnis, die Bildung eines Gesamthandsvermögens zuzulassen; die Interessen von Gläubigern des einzelnen Gesellschafters sprechen dagegen. Im (bisherigen, s. oben 1) Untertitel 8 sollte nach dem Vorbild von § 230 Abs. 1 HGB klargestellt werden, dass Einlagen nur in das Vermögen eines Gesellschafters geleistet werden können.

4. Außengesellschaft kraft Registrierung Das Registergericht prüft nicht, ob die Anforderungen an eine Außengesellschaft erfüllt sind. Daher können sich auch Innengesellschaften eintragen lassen. Sie

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werden dadurch rechtsfähig, ohne dass der Entwurf dies ausdrücklich ausspricht. Dagegen bestehen keine Bedenken. Bereits die Anmeldung weist (widerleglich) auf einen gemeinsamen Willen zur Teilnahme am Rechtsverkehr. Das Missbrauchsrisiko ist gering: Der Seriositätsgewinn nutzt nur beim Auftreten im Rechtsverkehr; eine Löschung ist nicht leicht.

5. Auf die Innengesellschaft anwendbare Vorschriften Die Generalverweisung in § 740 II BGB-E erfasst nicht § 705 Abs. 1 BGB-E. Dies sollte korrigiert werden, und zwar durch eine Änderung der Regelungsstruktur (s. oben 1). Umgekehrt erstreckt sich die Generalverweisung jedenfalls dem Wortlaut nach auf § 713 BGB-E, obwohl der Innengesellschaft gerade kein Vermögen zugeordnet sein soll. Zudem scheinen auch die neuen Regeln zur Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Beschlüssen (§§ 714a – 715e BGB-E) berufen zu sein, während den Gesellschaftern einer Innengesellschaft für die Geltendmachung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen weiterhin lediglich die allgemeine Feststellungsklage offenstehen sollte. Der Umstand, dass die jeweiligen Regeln von der entsprechenden Anwendung nicht umfasst sein sollen, lässt sich bislang allein aus der Entwurfsbegründung erschließen. Im Interesse der Rechtsklarheit und eines Gleichlaufs mit den Einzelverweisungen in den §§ 740a Abs. 2, 740b Abs. 2 S. 2 und 740c Abs. 2 BGB-E sollte die Generalverweisung in § 740 II BGB-E durch Einzelverweisungen ersetzt werden. Die bisher bereits vorgesehenen Einzelverweisungen sind im Übrigen sachgerecht.

6. Annex: Redaktionelle Anregungen 1.

2.

3.

Es sollte einheitlich entweder das Begriffspaar rechtsfähige – nicht rechtsfähige Gesellschaft oder aber Außengesellschaft – Innengesellschaft gewählt werden. Ersteres erscheint aussagekräftiger und damit vorzugswürdig. In den Verweisungen heisst es teilweise: „[…] sind von den Vorschriften des Untertitels x die §§ y, z entsprechend anzuwenden“. Diese Aufführung von Untertiteln ist überflüssig, zumal sie nicht durchgängig erfolgt. § 740b Abs. 2 BGB-E ist ausweislich der gewählten Formulierungen auf eine zweigliedrige Innengesellschaft zugeschnitten („der andere Gesellschafter“). Der ergänzend berufene § 738 BGB-E geht hingegen von mehreren weiteren Gesellschaftern aus. Auch wenn eine Innengesellschaft öfter als eine Außengesellschaft aus nur zwei Personen bestehen dürfte, sollte der Einheitlichkeit halber durchgängig der Plural verwendet werden.

Außengesellschaft und Innengesellschaft

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VIII. Fazit und Ausblick Der Entwurf setzt das neue Verständnis der BGB-Gesellschaft, wie es seit „ARGE Weißes Ross“ in der Rechtsprechung entwickelt wurde, konsequent um. Es ist insbesondere sachgerecht, im Gesetz eine klare Trennung zwischen Innen- und Außengesellschaft vorzunehmen. Abschließend sei noch auf die Frage eingegangen, ob die Regelungsdichte in Bezug auf die Innengesellschaft erhöht werden sollte. Der derzeitige Untertitel 8 ist deutlich kürzer als etwa der dem Gesellschaftsregister gewidmete Untertitel 2. Allerdings gilt es zu beachten, dass aufgrund der Verweisungen zahlreiche Normen des Rechts der Außengesellschaft für die Innengesellschaft entsprechend gelten. Zudem ist das Spektrum der Innengesellschaften sehr breit gefächert. Im Wesentlichen lassen sich zwei Kategorien unterscheiden, nämlich die Gelegenheitsgesellschaften des täglichen Lebens (Beispiele: Urlaubs- oder Tippgemeinschaften) und die Gelegenheitsgesellschaften des Handelsrechts (Beispiele: Emissionskonsortien, Poolverträge). Für die erste Gruppe erscheinen die eher knappen Regeln des Untertitels 8 völlig ausreichend. Die zweite Gruppe ist hingegen ohne Weiteres in der Lage kautelarjuristische Eigenvorsorge zu treffen, um die für sie passenden Regeln selbst zu bestimmen, und rechtlich ist ihr dies aufgrund der Anwendbarkeit von § 708 BGB-E auf die Innengesellschaft erlaubt. Es ist daher unproblematisch, dass der Entwurf als gesetzliches Leitbild der Innengesellschaft die „Gelegenheitsgesellschaft ohne besondere vertragliche Vorsorge“⁸¹ vor Augen hat. Eine Normkonkretisierung im (bisherigen) Untertitel 8 erscheint nach alledem weder geboten noch – angesichts der Vielgestaltigkeit von Innengesellschaften – sinnvoll.

 Entwurfsbegr., S. 139.

Nina Benz

Bericht über die Diskussion An das Referat von Christian Armbrüster schloss sich unter der Leitung von Jochen Vetter eine lebhafte Diskussion an, bei der im Wesentlichen drei Themenkreise im Mittelpunkt standen: (I.) die Abgrenzung von Innen- und Außengesellschaft, (II.) die Vermögensfähigkeit der Innengesellschaft sowie (III.) die (insbesondere steuerrechtlichen) Folgewirkungen der Regelungen des Mauracher Entwurfs.

I. Abgrenzung von Innen- und Außengesellschaft Ein Schwerpunkt der Diskussion war die Frage, welches Kriterium für die Unterscheidung von Innen- und Außengesellschaft geeignet sei. Während Armbrüster die Entscheidung des Entwurfs als sachgerecht empfand, dafür auf den gemeinsamen Willen der Gesellschafter zur Teilnahme am Rechtsverkehr abzustellen, plädierten mehrere Diskutanten für alternative Anknüpfungspunkte. Ein Diskutant aus der Praxis brach, wenngleich „die Messe hierzu gelesen“ sei, eine Lanze für die (ausschließliche) Anknüpfung an die Registereintragung. Alternativ sei nur denkbar, auf das Bestehen eines eigenen Vermögens der Gesellschaft abzustellen; der bloße Wille zur Teilnahme am Rechtsverkehr dagegen könne wechseln und sei daher nicht geeignet, eine so weitreichende Entscheidung zu begründen: Für Klarheit und Transparenz könnten nur objektive Kriterien sorgen. Ein Vertreter der Wissenschaft äußerte zwar keine so durchgreifenden Bedenken, fragte aber nach der Realisierbarkeit des „Chamäleon“-Wechsels zwischen Innen- und Außengesellschaft nach dem Mauracher Entwurf. Diesbezüglich verwies Armbrüster auf Schutzvorschriften wie die Nachhaftung, die es für diese Situation gebe. Demgegenüber sprach sich eine Diskussionsteilnehmerin aus der Wissenschaft deutlich gegen eine Anknüpfung an das Vorliegen von Vermögen aus und untermauerte ihre Aussage mit Beispielen für vermögenslose Außengesellschaften: So habe eine Gesellschaft in der Gründungsphase gerade kein Vermögen, sondern plane nur, solches zu erwerben. Das heiße aber nicht, dass sie nicht rechtsfähig sein könne. Ferner gebe es Gesellschaften, die nicht beabsichtigten, jemals Vermögen zu haben, etwa Kooperationen zur Impfstoffentwicklung. Eine Gesellschaft, die eigenes Vermögen habe, sei klar rechtsfähig, es gebe aber auch rechtsfähige Gesellschaften, die hierauf schlicht nicht ausgelegt seien. Dem schloss sich abschließend auch Armbrüster an und fügte hinzu, der Wille zur Teilnahme am Rechtsverkehr spiele praktisch nur dann eine Rolle, wenn https://doi.org/10.1515/9783110719178-011

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Nina Benz

von ihm auch tatsächlich Gebrauch gemacht werde, indem Verbindlichkeiten eingegangen würden. In diesem Moment liege auch ein objektives Anknüpfungskriterium vor. Armbrüsters These, nach dem Wortlaut des Entwurfs könnten sich auch Innengesellschaften eintragen lassen, erfuhr Widerspruch durch ein Mitglied der Expertenkommission: Durch die Eintragung im Register entstehe gem. § 719 Abs. 1 S. 2 BGB-E in jedem Fall eine rechtsfähige Außengesellschaft; man habe mit dieser Regelung bewusst vermeiden wollen, dass das Registergericht bei der Eintragung den Willen der Parteien interpretieren müsse. Armbrüster entgegnete in seinem Schlusswort, dies gehe aus dem Entwurf nicht klar hervor, er sehe hier Klarstellungsbedarf: § 719 BGB-E stehe in Untertitel 4, auf den sich die Verweisung in §§ 740 ff. BGB-E gerade nicht beziehe. Man könne den Entwurf also so verstehen, dass die Regelung nur für eine von Anfang an rechtsfähige Gesellschaft gelte.

II. Vermögensfähigkeit der Innengesellschaft Mehrere Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft äußerten sich zu der Frage, ob die Innengesellschaft nach der Regelung des Mauracher Entwurfs Vermögen bilden könne. Dabei rührte die Debatte auch an grundsätzlichen Fragen wie der generellen Schutzwürdigkeit gesamthänderischen Vermögens und der verbliebenen Daseinsberechtigung der Gesamthand. Zunächst stellte ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft eine von Armbrüsters Referat abweichende Interpretation des Entwurfs vor: Die Innengesellschaft könne nach den Vorschriften des Entwurfs rechtstechnisch kein Vermögen haben, ohne hierdurch zur Außengesellschaft zu werden. Dem widersprachen einige Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft, darunter ein Mitglied der Expertenkommission: Der Innengesellschaft könne Vermögen zugeordnet sein, etwa wenn ein Gesellschafter sein Vermögen einbringe, dieses sei dann aber kein eigenes Vermögen der Gesellschaft. Ob mit dem Schweigen des Mauracher Entwurfs zur Gesamthand auch eine Abschaffung des Gesamthandsvermögens verbunden sei, wurde unterschiedlich bewertet. Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft verwies darauf, eine Gesamthand könne nicht durch autonome Parteidisposition entstehen. Ein weiterer Vertreter der Wissenschaft betonte demgegenüber, man solle die akademische Basis dieser Frage ernstnehmen. Es sei nicht am Gesetzgeber, in der Gesetzesfassung festzulegen, ob eine Gesellschaft nun Gesamthand sei oder nicht. Vielmehr müsse es ausreichen, dass eine Gesellschaft als rechtsfähige Personengesellschaft bezeichnet werde. Sie sei damit das, was Flume eine rechtsfähige Gesamthand genannt hätte. Ebenso gebe es nicht rechtsfähige Gesamthandsge-

Bericht über die Diskussion

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meinschaften, etwa die Erbengemeinschaft. Armbrüster widersprach der Aussage, es handle sich um eine rein akademische Frage. Für den Privatgläubiger mache es einen großen Unterschied, ob ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen bestünde oder nicht, dies zeige sich am Erbrecht. Kontrovers diskutiert wurde auch Armbrüsters These, es sei zu Klarstellungszwecken eine dem § 230 Abs. 1 HGB entsprechende Regelung in den Entwurf aufzunehmen. Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft gab zu bedenken, dass das treuhänderische Halten von Vermögen einen eigenen Treuhandvertrag erfordern würde. Unterschiedlich bewertet wurde vor allem die weitergehende Bedeutung einer solchen Regelung. Ein Vertreter der Wissenschaft hieß die Schnörkellosigkeit des Entwurfs in diesem Bereich gut: Die Leistung der Einlage des stillen Gesellschafters an das Vermögen des anderen Gesellschafters und nicht an die Gesellschaft sei aus heutiger Sicht eine Banalität und Ausfluss der Eigenschaft als Innengesellschaft. Dem entgegnete Armbrüster, § 230 Abs. 1 HGB verhindere, dass gesamthänderisches Vermögen gebildet werde – denn bei der Innengesellschaft könne das Vermögen nur von einem Einzelgesellschafter kommen. Daher sei mit der Aufnahme einer solchen Regelung auch ein Zugewinn an Rechtssicherheit verbunden. Schließlich streiften einige Diskussionsteilnehmer die Frage, in welchen Bereichen überhaupt noch ein schutzwürdiges Interesse an der Existenz eines Gesamthandsvermögens bestehe. Die meisten Diskutanten sahen ein solches bei der Erbengemeinschaft sowie der ehelichen Gütergemeinschaft, betonten aber zugleich die Unterschiede zur Innengesellschaft.

III. Folgewirkungen des Mauracher Entwurfs Die Folgewirkungen des Mauracher Entwurfs und seiner Regelungen zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurden sehr lebhaft diskutiert. Einige Diskussionsteilnehmer gingen dabei auf die grundlegende Frage nach den verbleibenden Unterschieden zwischen juristischer Person und Gesamthand ein. Einigkeit bestand darin, dass die kategoriale Unterscheidung zunehmend schwer vermittelbar sei, mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft sowie An- und Abwachsung einerseits und Einziehung andererseits aber noch hinreichend viele Unterschiede verblieben. Die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer begrüßte die gesetzgeberische Zurückhaltung in dieser Frage und verwies insoweit auf die dogmatische Diskussion. Kontrovers war die Debatte mit Blick auf potentielle steuerrechtliche Implikationen: Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft stellte eingangs fest, die rechtsfähige Personengesellschaft müsse durch den Gesetzgeber klar von der

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juristischen Person getrennt werden, ansonsten drohe eine Anwendung des Körperschaftssteuergesetzes auf sie. Dem pflichtete ein anderer Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft bei und verwies auf die Zivilrechtsakzessorietät des Steuerrechts. Eine Vertreterin der Wissenschaft trat diesem Eindruck entgegen. Im Einkommenssteuerrecht seien die Personenhandelsgesellschaften von der Mitunternehmerschaft ausdrücklich erfasst, im Körperschaftssteuergesetz wiederum werde an die Kapitalgesellschaften angeknüpft. Diese Anknüpfungen bestünden unabhängig vom Zivilrecht. Ob die steuerrechtliche Differenzierung zwischen Mitunternehmerschaften und Kapitalgesellschaften vor dem Hintergrund von Art. 3 GG noch rechtfertigungsfähig sei, werde zwar in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter anderem mit Blick auf die zivilrechtliche Trennung der Vermögensträgerschaft diskutiert. Dies sei aber nur eines von vielen Argumenten; tatsächlich werde man zur Rechtfertigung künftig vermehrt auf die realen Rechtsunterschiede abstellen. Der Einschätzung, die steuerrechtlichen Rechtsgrundlagen würden auch bei Änderung der gesellschaftsrechtlichen Rechtslage unverändert angewendet werden, pflichteten weitere Diskussionsteilnehmer im Grundsatz bei. Gesellschaftsrechtliche Überlegungen seien getrennt von den steuerrechtlichen Wirkungen anzustellen: „Das Gesellschaftsrecht gestaltet, das Steuerrecht bewertet“. Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft merkte indes an, die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft sei wichtig für die umsatzsteuerrechtliche Qualifikation als Unternehmer: De lege late werde die Innengesellschaft nicht als Unternehmerin i.S.d. Umsatzsteuergesetzes qualifiziert; dies könne sich durch den Wortlaut des § 740 BGB-E („die Gesellschaft“) ändern. Auch im Beihilferecht könne sich eine Änderung auswirken. Zur Vermeidung solcher Folgewirkungen sei es daher empfehlenswert, bei der Innengesellschaft nicht von einer Gesellschaft, sondern von einem Schuldvertrag zu sprechen. Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft lenkte die Diskussion auf die Folgewirkungen de lege ferenda: So werde im Steuerrecht über die rechtspolitische Frage diskutiert, wie die mitunternehmerische Besteuerung in der Zukunft zu ordnen sei. Hier könnten die verbleibenden Unterschiede zwischen Personenund Kapitalgesellschaften womöglich nicht mehr ausreichen. Ein Vertreter der Wissenschaft gab zu bedenken, die rechtspolitische Debatte könne sich in verschiedene Richtungen entwickeln: Nachgedacht werden könne unter dem Stichwort „Rechtsformneutralität der Besteuerung“ etwa auch über eine transparente Besteuerung von Körperschaften.

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Geschäftsführung und Vertretung im modernisierten Personengesellschaftsrecht Zusammenfassung: Die Reform des Personengesellschaftsrechts macht auch vor der Geschäftsführung und Vertretung nicht halt. Der Beitrag analysiert die zum Regelungskomplex zählenden Vorschriften des Mauracher Entwurfs, würdigt dessen verbandsformübergreifende Harmonisierungsbestrebungen und schlägt Korrekturen sowie darüber hinausgehende Änderungen vor. Diese beziehen sich auf die Grundlagen und Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sowie die Notgeschäftsführungsbefugnis, Gesellschafterklage (actio pro socio) und die Informationsrechte der Personengesellschafter.

Abstract: The planned reform of German partnership law does not stop at powers of management and power of representation. This paper analyses the propositions of the ‘Maurach draft’ as part of this reform, takes into account its ambitions to bring into effect harmonisation across different legal forms, and suggests corrections as well as further changes. These suggestions concern the foundation and withdrawal of powers of management and representation, as well as emergency rights of representation, legal actions brought by partners to compel other partners to fulfil their obligations under the partnership agreement (actio pro socio), and information rights between partners.

Inhaltsübersicht I. II.

 Einleitung Geschäftsführung und Vertretung  . Abgrenzung von Grundlagenentscheidungen . Gesellschaft bürgerlichen Rechts  a) Geschäftsführung  b) Vertretung 



* Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Direktor der Abteilung Wirtschaftsrecht des Instituts für Wirtschaftsrecht, Arbeits- und Sozialrecht an der Albert-LudwigsUniversität Freiburg sowie Richter im zweiten Hauptamt am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht. https://doi.org/10.1515/9783110719178-012

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III.

IV.

V.

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. Offene Handelsgesellschaft  . Kommanditgesellschaft  Entziehung und Kündigung  . Gesellschaft bürgerlichen Rechts  a) Teilweise Entziehung  b) Entziehung gesetzlicher Befugnisse  c) Kündigung durch Gesellschafter  . Personenhandelsgesellschaften  Notgeschäftsführung  . Hintergrund  . Tatbestandliche Voraussetzungen  . Rechtsfolgen  Gesellschafterklage  . Tatbestandliche Voraussetzungen  a) Geltendmachung von Sozial- und Drittansprüchen  b) Subsidiarität der Gesellschafterklage  . Rechtsfolgen  a) Gesetzliche Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis  b) Rechtskrafterstreckung   . Abweichende Regelungen . Abschließende Bewertung  Informationsrechte  . Persönlich haftende Gesellschafter  a) Informationsrechte der Gesellschafter  b) Informationsrechte der Gesellschaft  . Kommanditisten  a) Abschrift und Einsichtnahme  b) Auskunftsrecht  c) Abweichende Regelungen  Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen 

I. Einleitung Auf den ersten Blick wirken die Regelungen über die Geschäftsführung und Vertretung von Personengesellschaften unscheinbar. Auch das reformbegleitende Schrifttum hat den zugehörigen Regulierungsfragen bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt.¹ Für den rechtspraktischen Erfolg der Reform sind die einschlägigen Vorschriften indes von zentraler Bedeutung. Betrachtet man den Regelungskomplex in seiner Gesamtheit, dann stechen vier Charakteristika besonders hervor, welche diesen Teilbereich aus rechtskonzeptioneller Perspektive seine Gepräge verleihen und bereits im Rahmen der Einleitung herauszustellen sind.  Siehe aber Wertenbruch NZG 2019, 407; vgl. noch M. Noack NZG 2020, 581, 583 f.

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Der Entwurf ist erstens durch eine Stärkung der innergesellschaftlichen Organisationsstrukturen gekennzeichnet.² Die Personengesellschaft, namentlich die GbR, erscheint nicht länger als bloßer Verbund ihrer Gesellschafter. Vielmehr sind klare Umrisse einer organschaftlich ausgestalteten Unternehmensverfassung erkennbar, die sich nicht zuletzt in einer scharfen Funktionentrennung und Kompetenzverteilung manifestiert. Damit in engem Zusammenhang stehen zweitens tragfähige dogmatische Abschichtungen, deren Grundlage die gesetzliche Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR bildet (vgl. § 705 Abs. 2 BGB-E). Die Verselbstständigung der Gesellschaft als Zuordnungssubjekt des Gesellschaftsvermögens einerseits von den Gesellschaftern als Mitgliedern der GbR andererseits ist eine notwendige Bedingung für die Trennung von Geschäftsführung und Beschlussfassung, die nach den geltenden §§ 709 – 711 BGB „in einer schwer auflösbaren Weise miteinander verwoben“ sind.³ Der Entwurf separiert die Willensbildung auf der Ebene der Gesellschafter (durch Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung⁴) von der Geschäftsführung und Leitung der Gesellschaft (durch geschäftsführungsbefugte Gesellschafter). Dementsprechend ist die Beschlussfassung (§§ 714 ff. BGB-E) auch aus regelungstechnischer Perspektive von der Geschäftsführung (§§ 715 ff. BGB-E) streng getrennt. Hinzu kommt drittens eine verbandsformübergreifende Rechtsharmonisierung,⁵ die das BGB-Gesellschaftsrecht merklich an das Recht der OHG annähert. Die erhöhte Regulierungsdichte der §§ 705 ff. BGB-E unterstreicht die rechtssystematische Stellung der GbR als Grundtypus der Personengesellschaft.⁶ Rechtsformspezifische Besonderheiten treten zunehmend in den Hintergrund; inhaltliche Abweichungen bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung.⁷ Gleiches gilt für eine Verdoppelung von Normen im BGB und HGB.⁸ Viertens werden anerkannte Institute des geltenden Rechts in eine maßvolle Gesetzesform gegossen. Das betrifft namentlich die Notgeschäftsführungsbefug-

 Vgl. auch Fleischer DB 2020, 1107, 1112: „Vom vertrags- zum organisationsrechtlichen Denken“.  Begründung zum Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, April 2020 (im Folgenden kurz: Begr. Mauracher-E), S. 88; vgl. auch K. Schmidt, in: BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. 3, 1983, S. 413, 528; M. Noack NZG 2020, 581, 583.  Der Begriff wird zwar nicht in §§ 705 ff. BGB-E, wohl aber im Rahmen der §§ 39b ff. UmwG-E sowie in der Begr. Mauracher-E, S. 93, 191 verwendet.  Vgl. auch Fleischer DB 2020, 1107, 1113: „Von der Trennung zur Annäherung von zivil- und handelsrechtlichen“ Personengesellschaften.  Vgl. K. Schmidt ZHR 177 (2013), 712, 723: „die GbR als Mutter aller Personengesellschaften“.  Speziell zur Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis siehe III 2.  Dazu unten II 3.

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nis⁹ und die Gesellschafterklage (actio pro socio)¹⁰ sowie das allgemeine Auskunftsrecht¹¹ und die Vertretung der Einheits-GmbH & Co. KG durch die Kommanditisten.¹²

II. Geschäftsführung und Vertretung 1. Abgrenzung von Grundlagenentscheidungen Die eingangs erwähnte funktionale Trennung der gesellschaftsinternen Willensbildung durch Gesellschafterbeschluss von der Geschäftsführung der geschäftsführungsbefugten Gesellschafter (Funktionentrennung)¹³ geht einher mit einer Abschichtung der Zuständigkeiten von Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung (Kompetenzverteilung).¹⁴ Die Demarkationslinie verläuft in der Sache zwischen den laufenden, im Gesellschaftsinteresse wahrgenommenen Geschäften und Grundlagenentscheidungen. Die Geschäftsführung bezieht der Entwurf auf „jede zur Förderung des Geschäftszwecks bestimmte, für die Gesellschaft vorgenommene Tätigkeit“,¹⁵ während solche Maßnahmen ausgenommen werden, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen.¹⁶ Hierbei obliegt die Geschäftsführung den geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern; über grundlegende Maßnahmen haben prinzipiell alle Gesellschafter gemeinsam zu entscheiden. Diese Unterscheidung ist nicht neu; sie gilt für alle Personengesellschaften¹⁷ und ist aus diesem Grund hier vor die Klammer gezogen. Zur inhaltlichen Konkretisierung der Grundlagenentscheidungen kann auf das bisherige Fallmaterial

 Dazu unten IV.  Dazu unten V.  Dazu unten VI.  Dazu unten II 4.  Siehe nochmals II.  Vgl. auch Begr. Mauracher-E, S. 88 unter Hinweis auf K. Schmidt, in: BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. 3, 1983, S. 413, 528.  Begr. Mauracher-E, S. 89.  Begr. Mauracher-E, S. 99.  Für die GbR vgl. Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 709 Rn. 7; Schöne in BeckOK, BGB, Stand: 1. 5. 2020, § 709 Rn. 17; Servatius in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 709 BGB Rn. 3; für die OHG vgl. Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 114 Rn. 6; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 114 Rn. 3; Rawert in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 114 Rn. 6; für die KG vgl. BGH NZG 2016, 826 Rn. 27; Klimke in BeckOK, HGB, Stand: 15.4. 2020, § 105 Rn. 119; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 164 Rn. 4.

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zurückgegriffen werden. Als Beispiele seien genannt die Aufnahme neuer Gesellschafter,¹⁸ die Änderung des Gesellschaftszwecks,¹⁹ die Änderung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse,²⁰ die Veräußerung des wesentlichen Gesellschaftsvermögens,²¹ Beitragserhöhungen,²² die Änderung der Rechtsform²³ und die Auflösung.²⁴ Mit Blick auf die weitreichende Gestaltungsfreiheit des Innenrechts, namentlich der innergesellschaftlichen Kompetenzverteilung, können durch Gesellschaftsvertrag die Zuständigkeiten zwischen Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung abweichend verteilt werden (vgl. § 708 BGB-E).²⁵

2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts Die Vorschriften über die Geschäftsführung und Vertretung der GbR werden regelungstechnisch voneinander entkoppelt und – im Detail orientiert am Modell der OHG (vgl. §§ 114 ff. HGB) – an die moderne Dogmatik der rechtsfähigen AußenGbR angepasst. In der Sache bleibt es allerdings bei Gesamtbefugnissen aller Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung.

a) Geschäftsführung aa) Recht und Pflicht zur Geschäftsführung In Übereinstimmung mit § 114 Abs. 1 HGB werden alle Gesellschafter zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet (§ 715 BGB-E). Das grundsätzliche Geschäftsführungsrecht ist mit Blick auf die persönliche Haftung der Gesellschafter nach § 721 BGB-E konsequent. Die Geschäftsführungspflicht entspricht dem personalistischen Charakter der Personengesellschaft, die realtypisch einen auf persönlichem Vertrauen basierenden Zusammenschluss von

 Vgl. BGH NJW 2011, 1666 Rn. 9; Schöne in BeckOK, BGB, Stand: 1.5. 2020, § 709 Rn. 17.  Vgl. (zur Änderung des Gesellschaftsvertrages) Schöne in BeckOK-BGB, § 705 Rn. 60.  Vgl. Drescher in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 114 Rn. 7.  Vgl. BGH NJW 1995, 596.  Vgl. RGZ 151, 327.  Vgl. Leuering/Rubner NJW-Spezial 2019, 591.  Vgl. RGZ 162, 370, 374.  Vgl. noch Begr. Mauracher-E, S. 89: „Dies (scil.: Gesellschafterbeschluss) gilt gleichermaßen für gewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen, sofern eine diesbezügliche Beschlussfassung gesellschaftsvertraglich vereinbart oder nach Maßgabe von § 714 BGB-E beschlossen wurde.“

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Gesellschaftern darstellt.²⁶ Beide Aspekte der Geschäftsführungsbefugnis fließen aus der Mitgliedschaft.²⁷ Die Geschäftsführungspflicht richtet sich – in Übereinstimmung mit § 705 Abs. 1 BGB-E – auf die Förderung des durch die GbR verfolgten Zwecks und ist zugleich als Beitragspflicht iSd. § 709 Abs. 1 BGB-E zu qualifizieren.²⁸ Dementsprechend kann ein geschäftsführender Gesellschafter für sein Tätigwerden auch keine Vergütung nach §§ 611 ff. BGB verlangen, sondern ist – in Ermangelung abweichender Regelungen – auf seine Gewinnbeteiligung nach § 709 Abs. 3 BGB-E verwiesen.²⁹

bb) Gesamtgeschäftsführungsbefugnis Nach Maßgabe des § 715 Abs. 1 S. 1 BGB-E sind alle Gesellschafter zur Geschäftsführung nur gemeinsam berechtigt. Das entspricht dem geltenden Recht (vgl. § 709 Abs. 1 BGB). Soweit nach dem Gesellschaftsvertrag mehrere Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind, können auch diese im Zweifel nur gemeinsam handeln (§ 715 Abs. 2 S. 2 BGB). Dass der Entwurf an der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis festhält, ist nicht selbstverständlich, hatte sich der 71. Deutsche Juristentag 2016 doch mehrheitlich für die Einzelgeschäftsführungsbefugnis als gesetzlichen Regelfall ausgesprochen.³⁰ Dagegen macht die Entwurfsbegründung nun geltend, dass die dispositive Gesamtvertretungsbefugnis verbandsübergreifend den gesetzlichen Regelfall bilde (vgl. § 78 Abs. 2 S. 1 AktG, § 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG, § 25 Abs. 1 S. 1 GenG, § 26 Abs. 2 S. 1 BGB)³¹ und die Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis mit der Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis übereinstimmen müsse. Demgegenüber bilde die Einzelvertretungsbefugnis der OHG-Gesellschafter die Ausnahme, die

 Vgl. Saenger in Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 705 Rn. 5; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, Vor § 705 Rn. 7.  Vgl. RGZ 142, 13, 18; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 114 Rn. 2; Rawert in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 114 Rn. 1; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 709 Rn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 47 V 1 a.  Vgl. Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 706 Rn. 14, § 709 Rn. 3; Schöne in BeckOKBGB, Stand: 01.05. 2020, § 709 Rn. 3.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 100.  Beschluss Nr. 12, abgedruckt in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/2, 2017, S. O221; offenbar im Anschluss an das Referat von Roßkopf, Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/1, 2017, S. O16 f.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 100; ohne entsprechendes Zitat, aber offenbar inspiriert von Wertenbruch NZG 2019, 407, 409 f.

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nur mit Blick auf die Schnelligkeit und Leichtigkeit des Handelsverkehrs zu erklären sei.³² Im Ergebnis erweisen sich die Gesamtbefugnisse für Geschäftsführung und Vertretung als zielführend. Ungeachtet der grundlegenden Neukonzeption der GbR „als auf eine gewisse Dauer angelegte, rechtsfähige Außengesellschaft“³³, darf der rechtstatsächlich häufige Realtypus der Gelegenheitsgesellschaft nicht aus den Augen verloren werden. Unternehmenstragend oder nicht: für die Verbindlichkeiten der GbR haften die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen der Höhe nach unbeschränkt (vgl. § 721 BGB-E). Die stärkere rechtliche Verselbstständigung und die festere Organisationsstruktur vermögen an dem Schutzbedürfnis des einzelnen BGB-Gesellschafters nichts zu ändern. Anders als beim OHG-Gesellschafter oder Komplementär handelt es sich beim BGB-Gesellschafter nicht notwendig um einen in geschäftlichen Dingen erfahrenen Profi, für den die Mitgliedschaft seinen Hauptberuf und womöglich seine Haupteinnahmequelle darstellt. Aus rechtspolitischer Perspektive erscheint es daher angezeigt, dass die Gesamtbefugnisse den BGB-Gesellschafter im gesetzlichen Regelfall gegen überraschende Gläubigerforderungen schützen, an deren Begründung er – gegen seinen Willen – nicht mitwirken konnte. Die im Schrifttum gegen die Gesamtvertretungsbefugnis angeführten praktischen Schwierigkeiten, die sich namentlich aus dem notwendigen Zusammenwirken sämtlicher Gesellschafter ohne Offenlegung des Gesellschafterkreises und der Vertretungsverhältnisse der GbR ergeben,³⁴ werden durch die Schaffung eines GbR-Registers nebst Publizitätswirkungen rechtssicher bewältigt.³⁵ Einzutragen sind insbesondere persönliche Angaben zu den einzelnen Gesellschaftern und deren Vertretungsbefugnisse (§ 707 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB-E). Vertragspartner laufen also nicht länger Gefahr, dass einzelne Gesellschafter (versehentlich) am Vertragsschluss nicht mitgewirkt haben oder es gar zu einer missbräuchlichen Rückdatierung der Aufnahme von Gesellschaftern kommt. Nach Maßgabe des § 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E iVm. § 15 HGB dürfen sich redliche Dritte auf die Vollständigkeit und die Richtigkeit des Gesellschaftsregisters auch

 Begr. Mauracher-E, S. 100 unter Hinweis auf Baums, Entwurf eines Allgemeinen Handelsgesetzbuches für Deutschland (1848/49), Text und Materialien, 1982, S. 140; dazu schon Röder AcP 215 (2015), 450, 509; ähnlich Denkschrift zum HGB, bei Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 6, 1897, S. 259, 264 f; vgl. auch Wertenbruch NZG 2019, 407, 409.  Begr. Mauracher-E, S. 70; zum Leitbildwandel ausf. Fleischer DB 2020, 1107 ff; vgl. weiter Bachmann NZG 2020, 612, 613.  Dazu ausf. Wertenbruch NZG 2019, 407, 408 f.  So auch Röder AcP 215 (2015), 450, 508 f; Wertenbruch NZG 2019, 407, 410 f.

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und gerade in Bezug auf den Gesellschafterkreis und die Vertretungsbefugnisse der Gesellschafter verlassen.³⁶ An diesem Ergebnis könnte man mit Blick auf die in § 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E angeordnete „entsprechende Anwendung“ des § 15 HGB zweifeln, weil die negative und positive Publizitätswirkung nach geltendem Handelsrecht nur eintragungspflichtigen Tatsachen zuteilwird.³⁷ Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass auch konstitutive Tatsachen nach zutreffender hM³⁸ an der Publizitätswirkung partizipieren, weil die Eintragung der GbR einschließlich der Vertretungsbefugnisse der Gesellschafter ausweislich § 707 Abs. 1 BGB-E gerade keine konstitutive Wirkung entfaltet. Lediglich eintragungsfähige Tatsachen ohne konstitutive Wirkung werden hingegen von § 15 Abs. 3 HGB nicht erfasst.³⁹ Mit Blick auf das Regelungsziel des Gesellschaftsregisters im Allgemeinen und der Eintragungsfähigkeit der Vertretungsbefugnisse der Gesellschaft⁴⁰ kann indes nicht zweifelhaft sein, dass eine teleologische Auslegung der Verweisung in § 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E auch eine Ersteintragung den Publizitätswirkungen des § 15 HGB unterwirft. Dessen ungeachtet sind die Entwurfsverfasser freilich gut beraten, etwaige Zweifeln durch eine Klarstellung in § 707a Abs. 2 BGB-E von vornherein zu zerstreuen.

 Dafür auch Otte-Gräbener BB 2020, 1295 f; Otte-Gräbener FS Seibert, 2019, S. 613, 619; Röder AcP 215 (2015), 450, 483; Schäfer in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. I, 2016, S. E68; Tröger JZ 2016, 834, 842; Westermann NZG 2017, 921, 930.  Für § 15 Abs. 1 HGB vgl. nur Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 15 Rn. 6; Preuß in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 18; Schall in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl. 2019, § 15 Rn. 22; für § 15 Abs. 3 vgl. nur BGH NJW 2017, 559 Rn. 11, 13; OLG Bremen NZG 2016, 185, 186; Krebs in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016 § 15 Rn. 86; aA Wilhelm ZIP 2010, 713, 715.  Koch in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 15 Rn. 34, 100; Krebs in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 15 Rn. 34, 86; Ries in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 15 Rn. 6, 8, 35.  Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 15 Rn. 25; Preuß in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 55; Koch in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 15 Rn. 100; vgl. auch OLG Bremen NZG 2016, 185, 186; aA Krebs in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 15 Rn. 87.  Vgl. Bericht über die Tätigkeit und den Gesetzentwurf der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzten Expertenkommission für die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, April 2020, S. 17: „Die Eintragung in einem Subjektregister wie dem Gesellschaftsregister ermöglicht dem Teilnehmer im Rechtsverkehr, durch eine Registereinsicht auf sehr einfachem Wege aktuelle und gültige sowie wegen des öffentlichen Glaubens des Registers rechtlich verlässliche Angaben über die Haftungs- und Vertretungsverhältnisse zu erlangen.“ – Siehe ferner Begr. Mauracher-E, S. 142: „Die mit der Registrierung verbundene Publizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Rechtssubjekt (Subjektpublizität), macht das Regelungsmodell des § 899a BGB, § 47 Absatz 2 GBO, die die Identifizierung der Gesellschafter bürgerlichen Rechts über ihre Gesellschafter ermöglichen soll (Objektpublizität), insgesamt hinfällig.“

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Mit Blick auf die Vielgestaltigkeit der GbR wird im Schrifttum laut darüber nachgedacht, neben den im Entwurf vorgesehenen Subtypen (eingetragene/nicht eingetragene Außen-GbR, Innen-GbR) noch weitere Besonderheiten für „nicht gewerbliche GbR“ vorzusehen, und zwar zumindest mit Blick auf Geschäftsführung und Vertretung.⁴¹ Davor ist nachdrücklich zu warnen. Zum einen erscheinen die Regelungen in ihrer Gesamtheit den Bedürfnissen der Realtypen der GbR angemessen, ob es sich nun um einen professionellen, auf Dauer angelegten Verband handelt oder um eine flüchtige Gelegenheitsgesellschaft. Gerade juristisch wenig beschlagene, unberatene Gelegenheitsgesellschafter werden durch die gesetzlichen Gesamtbefugnisse für Geschäftsführung und Vertretung hinreichend geschützt. Risikoaffinere Zusammenschlüsse mögen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage durch die Etablierung von Einzelbefugnissen die Handlungsfähigkeit der einzelnen Geschäftsführer steigern. Besondere gesetzliche Vorschriften bedarf es zu diesem Zweck nicht. Zum anderen sind weitergehende Differenzierungen vielfach mit Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den unterschiedlichen GbR-Typen verbunden. Auch in diesem Zusammenhang erweist sich eine gesellschaftsvertragliche Regelung als vorzugswürdige Gestaltungsoption.

cc) Abweichende Gestaltungen Dass abweichende Gestaltungen zulässig sind, ergibt sich für das Innenrecht der GbR im Allgemeinen aus § 708 BGB-E,⁴² für die Geschäftsführungsbefugnis im Besonderen aus § 715 Abs. 3 BGB-E. Danach kann gesellschaftsvertraglich vorgesehen werden, dass alle oder mehrere Gesellschafter jeder für sich allein zu handeln berechtigt sind. Den anderen (geschäftsführungsbefugten) Gesellschaftern steht ein Widerspruchsrecht zu, bei dessen Ausübung das Geschäft unterbleiben muss. Diese Einzelgeschäftsführungsbefugnis mit Widerspruchsrecht ist aus § 711 BGB sowie § 115 Abs. 1 HGB bekannt und aus rechtspolitischer Perspektive nicht zu beanstanden. Die Gestaltungsoption sorgt für eine größere Flexibilität und Bewegungsfreiheit⁴³ bei der wirtschaftlichen Entscheidungsfindung⁴⁴ der Ge-

 Bachmann NZG 2020, 612, 615.  Zur Gestaltungsfreiheit von Gesellschaftsverträgen und ihren Grenzen vgl. M. Noack NZG 2020, 581, 582 f.  Vgl. (zu § 115 Abs. 1 HGB) Drescher in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 115 Rn. 1; Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 115 Rn. 1; v. Ditfurth in Münch. HdB GesR I, 5. Aufl. 2019, § 53 Rn. 34.

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sellschaftsleitung. Wegen der unbeschränkten persönlichen Haftung aller Gesellschafter (vgl. § 721 BGB-E) wird die Entscheidungsmacht der einzelgeschäftsführungsbefugten Gesellschafter umgekehrt durch das Widerspruchsrecht der anderen Geschäftsführer begrenzt.⁴⁵ Ist ein wirksamer, dh nicht pflichtwidriger⁴⁶, Widerspruch erfolgt, muss die Geschäftsführungsmaßnahme unterbleiben (§ 715 Abs. 3 S. 2 BGB-E). Handelt der Geschäftsführer dennoch, liegt darin ein Verstoß gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung. Die Maßnahme ist von der Geschäftsführungsbefugnis nicht gedeckt; der Geschäftsführer handelt pflichtwidrig und macht sich bei schuldhaftem Handeln nach § 280 Abs. 1 BGB gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig.⁴⁷ Da es sich beim Widerspruch selbst um eine Geschäftsführungsmaßnahme handelt, entfaltet er – ebenso wie andere Maßnahmen der Geschäftsführung – nur interne Wirkung und lässt die Vertretungsmacht im Außenverhältnis nach Maßgabe des § 720 Abs. 4 BGB-E unberührt.⁴⁸ Ausnahmen gelten nach allgemeinen Grundsätzen, und zwar zum einen nach der Lehre vom Missbrauch der Vertretungsmacht⁴⁹ und bei kollusivem Zusammenwirken⁵⁰ mit einem dritten Geschäftspartner. Ausgenommen sind zum anderen Rechtsgeschäfte im Verhältnis zu einem Mitgesellschafter, dem innergesellschaftliche Bindungen in teleo-

 Vgl. (zu § 115 Abs. 1 HGB) Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 115 Rn. 2; Psaroudakis in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl. 2019, § 115 Rn. 1; Weygand AcP 158 (1959), 150 (151).  Vgl. (zu § 115 Abs. 1 HGB) Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl. 2019, § 115 Rn. 1; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 115 Rn. 2; Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, § 115 Rn. 1.  Zum Problemkreis der Wirksamkeit des Widerspruchs und zur Bedeutung des unternehmerischen Ermessens bei Ausübung des Widerspruchs ausf. Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 115 Rn. 11 mwN.  Drescher in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 115 Rn. 21; Hoffmann/ Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 115 Rn. 17; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 114 Rn. 33 f., § 115 Rn. 1.  Vgl. (zu § 115 HGB) BGHZ 16, 394, 398; BGH NJW 1974, 1555; Rawert in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 115 Rn. 30; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 115 Rn. 4; v. Ditfurth in Münch. HdB GesR I, 5. Aufl. 2019, § 53 Rn. 51.  Vgl. (zu § 115 HGB) BGHZ 16, 394, 398; BGH NJW 1974, 1555; NJW-RR 2008, 1484 Rn. 43; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 115 Rn. 14; Rawert in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 115 Rn. 30; ausf. Lieder JuS 2014, 681, 682 ff.  Vgl. (zu § 115 HGB) Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 115 Rn. 14; Finckh in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 115 HGB Rn. 29; v. Ditfurth in Münch. HdB GesR I, 5. Aufl. 2019, § 53 Rn. 51; ausf. Lieder JuS 2014, 681, 685 f; vgl. noch Hippeli Jura 2017, 1192, 1196.

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logischer Reduktion des § 720 Abs. 4 BGB-E stets entgegengehalten werden können.⁵¹ Diese und andere abweichende Regelungen können nicht nur durch Gesellschaftsvertrag getroffen werden, sondern auch kraft (einstimmigen) Gesellschafterbeschlusses⁵² sowie aufgrund langjähriger Übung aller Gesellschafter.⁵³ Zulässig ist auf dieser Grundlage namentlich eine funktionell beschränkte Einzelgeschäftsführung, bei welcher die Geschäftsführungsbefugnisse der Gesellschafter nach konkreten Tätigkeitsbereichen aufgeteilt ist.⁵⁴

dd) Grundsatz der Selbstorganschaft Nach heute vorherrschender Auffassung ist der Gestaltungsfreiheit der persönlich haftenden Gesellschafter durch den Grundsatz der Selbstorganschaft eine zwingende Grenze gezogen.⁵⁵ In der praktischen Rechtsanwendung bereitet das Rechtsinstitut aufgrund der von Rechtsprechung und Schrifttum postulierten (Rück‐)Ausnahmen wenig Schwierigkeiten.⁵⁶ Dennoch – vielleicht gerade auch deshalb – sieht sich das Prinzip der Selbstorganschaft aus rechtspolitischer Perspektive in den letzten Jahren zunehmender Kritik ausgesetzt.⁵⁷ Dass sich der Entwurf zum Problem nicht äußert,⁵⁸ ist bedauerlich. Offenbar folgt die Kom-

 Vgl. (zur teleologische Reduktion des § 126 Abs. 2 HGB) BGHZ 38, 26, 34; BGH WM 1973, 637, 638; OLG Stuttgart NZG 2009, 1303, 1305; Boesche in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 126 Rn. 8; Drescher in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 115 Rn. 23.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 82; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 109 Rn. 2; Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 109 Rn. 5.  Vgl. Saenger in Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 705 Rn. 11; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 709 Rn. 16 iVm. § 705 Rn. 56; Stürner in Jauernig, BGB, 17. Aufl. 2018, §§ 709 – 713 Rn. 7; aus der Rechtsprechung vgl. allgemein BGH NJW 1966, 826, 827; 1990, 2684, 2685.  Dazu näher Habermeier in Staudinger, BGB, 2003, § 709 Rn. 13; Hadding/Kießling in Soergel, BGB, 13. Aufl. 2011, § 709 Rn. 21; Schöne in BeckOK, BGB, Stand: 01.05. 2020, § 709 Rn. 22; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, 2004, § 4 II 3a aa; aus der Rechtsprechung exemplarisch BGHZ 16, 394, 396 f.  Aus der Rechtsprechung vgl. exemplarisch BGHZ 26, 330 (333); 51, 198 (200); BGH NJW 1982, 877; 1960, 1997; WM 2016, 1223; aus dem Schrifttum vgl. Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 125 Rn. 7; K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 125 Rn. 6: Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 105 Rn. 17.  Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 14 II 2 e; Fleischer NZG 2020, 601, 610; Osterloh-Konrad ZGR 2019, 271, 277 ff.  Dazu ausf. Osterloh-Konrad ZGR 2019, 271 ff mit zahlreichen Nachw. in Fn. 5 (S. 272 f).  Erwähnung findet das Rechtsinstitut allein im Kontext der Teilnahme der GbR im Grundstücksverkehr, ohne dass sich die Begründung an dieser Stelle aber mit der rechtspolitischen Rechtfertigung der Selbstorganschaft selbst auseinandersetzt; vgl. Begr. Mauracher-E, S. 141 zur

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mission an dieser Stelle – in Übereinstimmung mit der Empfehlung des 71. Deutschen Juristentags⁵⁹ – ihrer Grundlinie, allgemeine gesellschaftsrechtliche Prinzipien, wie zB die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Wettbewerbsverbot, nicht zu kodifizieren.⁶⁰ Ein zentraler Unterschied zu diesen Strukturprinzipien des Gesellschaftsrechts besteht indes darin, dass der Grundsatz der Selbstorganschaft sich de lege ferenda berechtigter Kritik ausgesetzt sieht und deshalb mittels einer gesetzlichen Regelung aufgegeben und umgekehrt Fremdorganschaft zugelassen werden sollte. Es ist hier nicht der Ort, die gegen das Rechtsinstitut vorgebrachten Angriffe im Einzelnen zu dokumentieren und zu bewerten. Es darf aber zumindest festgehalten werden, dass die im Schrifttum zu seiner Rechtfertigung angeführten Begründungsansätze durch den Entwurf entweder vollständig entfallen oder zumindest an Überzeugungskraft einbüßen. Das gilt zunächst für die Herleitung der Selbstorganschaft aus dem Gesamthandsprinzip.⁶¹ Da die GbR ausweislich § 713 BGB-E nicht länger als Gesamthandsgesellschaft konzipiert und das Gesellschaftsvermögen der GbR selbst zugewiesen ist,⁶² taugt eine etwaige gesamthänderische Bindung des Vermögens auch nicht länger als Argument für die Selbstorganschaft.⁶³ Darüber hinaus müssen Liquidatoren – wie bereits im geltenden OHG-Recht (vgl. § 146 HGB) – nach dem Entwurf keine Gesellschafter sein (vgl. § 737a Abs. 2 S. 1 BGB-E, § 134 Abs. 2 S. 1 HGB-E). Diese Ausnahme lässt das Prinzip der Selbstorganschaft auf Grundlage des Mauracher Entwurfs folglich zweifelhaft erscheinen. Dessen ungeachtet bleibt es allerdings dabei, dass Geschäftsführung und Vertretung weiterhin in der Hand der persönlich haftenden Gesellschafter liegen, während Kommanditisten davon ausgeschlossen sind.⁶⁴ Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass Nichtgesellschaftern erst recht keine Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnisse überantwortet werden können.⁶⁵ De lege lata ist diese

Abschaffung des § 899a BGB: „In Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft und den geltenden § 709 Absatz 1, § 714 BGB, die den gesetzlichen Regelfall einer Gesamtvertretung durch alle Gesellschafter anordnen, wird so der durch den Gesetzgeber intendierte Verkehrsschutz geschaffen.“  Beschluss Nr. 8, abgedruckt in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/2, 2017, S. O220.  Begr. Mauracher-E, S. 81; kritisch für das Wettbewerbsverbot Fleischer DB 2020, 1107, 1113.  So namentlich Flume, Die Personengesellschaft, 1977, § 14 VIII.  Dazu Begr. Mauracher-E, S. 87; vgl. weiter Bachmann NZG 2020, 612, 615 f; Fleischer DB 2020, 1107, 1110; offenlassend Schäfer ZIP 2020, 1149, 1150 f.  Vgl. auch Bachmann NZG 2020, 612, 615.  Dazu näher unten III 4.  So etwa Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, § 109 Rn. 5.

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Überlegung nicht leicht von der Hand zu weisen.⁶⁶ Eine Rechtfertigung für den Ausschluss von Nichtgesellschaftern de lege ferenda liegt darin freilich nicht. Dem Gesetzgeber steht es frei, den Grundsatz der Fremdorganschaft im Recht der Personengesellschaften zu verankern. Das gilt umso mehr, als Art. 19 Abs. 1 EWIVVO die fremdorganschaftliche Organisation einer deutschen EWIV erlaubt.⁶⁷ Zudem wird in der Praxis die Grundtypenmischung der GmbH & Co. KG gerade deshalb gewählt, weil sie faktisch eine Fremdorganschaft ermöglicht.⁶⁸ Schließlich belegt ein rechtsvergleichender Blick nach Frankreich und in die Schweiz,⁶⁹ dass dem Prinzip der Selbstorganschaft für Personengesellschaften keine wesensprägende Bedeutung in dem Sinne zukommt, dass ein Regelsetzer nicht (zukünftig) davon abgehen könnte. Letztlich wird man sich entscheiden müssen, ob man einem Gleichlauf von Herrschaft und Haftung⁷⁰ oder einem höheren Maß an Gestaltungsfreiheit den Vorrang einräumt. Mit Blick auf die persönliche Haftung der Gesellschafter steht außer Frage, dass eine Selbstentmachtung der Haftenden verhindert werden muss. Das mit der Selbstorganschaft verbundene – präventive – Verbot, organschaftliche Befugnisse auch Nichtgesellschaftern zuzuweisen, erscheint indes als allzu rigide Schranke. Stattdessen erscheint es zur Wahrung berechtigter Gesellschafterinteressen hinreichend, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter in der Lage sind, die den Dritten zugewiesenen Organbefugnisse jederzeit und ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wieder an sich zu ziehen.⁷¹ Eine gesetzliche Regelung sollte – in Parallele zum Kapitalgesellschaftsrecht (vgl. § 93 AktG, § 43 GmbHG) – auch besondere Haftungsvorschriften für Fremdgeschäftsführer vorsehen. Ein weitergehender Paternalismus ist angesichts des hohen Stellenwerts der Gestaltungsfreiheit im Personengesellschaftsrecht, der nun mit § 708 BGB-E nochmals unterstrichen wird, nicht angezeigt.⁷²

 Zutreffende Kritik an dieser Sichtweise aber bei Osterloh-Konrad ZGR 2019, 271, 289 ff.  Vgl. Blaurock ZEuP 1998, 460, 465; Fleischer ZHR 174 (2010), 385, 412 f; Fleischer NZG 2020, 601, 610.  Zu den Vorzügen der GmbH & Co. KG näher Lieder in Vogt/Fleischer/Kalss, Recht der Familiengesellschaften, 2017, S. 27, 51 f.  Dazu ausf. Fleischer NZG 2020, 601, 605; Osterloh-Konrad ZGR 2019, 271, 282 ff.  Vgl. Enzinger in Münch. Komm. z. HGB, § 109 Rn. 18; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 109 Rn. 23; Hüffer ZHR 151 (1987), 386, 408.  Weitergehend sogar für Publikumsgesellschaften BGH NJW 1982, 877; 1982, 2495.  Eindringlich auch Osterloh-Konrad ZGR 2019, 271, 296 ff.

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ee) Umfang der Geschäftsführungsbefugnis Zu einer verbandsformübergreifenden Rechtsharmonisierung kommt es beim Umfang der Geschäftsführungsbefugnis. Inspiriert von § 116 Abs. 1 und Abs. 2 HGB soll künftig auch bei der GbR zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften unterschieden werden (vgl. § 715 Abs. 4 BGB-E). Das führt in rechtssystematischer Hinsicht zu einer Dreiteilung in Grundlagengeschäfte, die schon eingangs von der Geschäftsführung abzuschichten waren,⁷³ außergewöhnliche und gewöhnliche Geschäfte. Während gewöhnliche Geschäfte vom Umfang der gesetzlichen Geschäftsführungsbefugnis gedeckt sind, bedarf es zur Vornahme außergewöhnlicher Geschäfte die Zustimmung aller Gesellschafter. Außergewöhnliche Geschäfte sind demnach der Zuständigkeit der Geschäftsführer entzogen; stattdessen hat die Gesellschafterversammlung hierüber nach § 714 BGB-E Beschluss zu fassen. Insofern stehen sie auf einer Stufe mit Grundlagenentscheidungen. Das allseitige Zustimmungserfordernis für außergewöhnliche Geschäfte zielt auf eine Begrenzung des persönlichen Haftungsrisikos der nicht geschäftsführungsbefugten Gesellschafter ab. Ohne ihr Zutun soll das Unternehmen nicht grundlegend umgestaltet und es sollen insgesamt keine Geschäfte von essentieller Bedeutung vorgenommen werden können.⁷⁴ Dieser Regelungszweck kommt freilich nur dann zum Tragen, wenn eine von der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis abweichende Gestaltung gewählt wird.⁷⁵ Vereinbaren die Gesellschafter nämlich Einzelgeschäftsführungsbefugnis oder sind Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen, ist deren berechtigtes Partizipationsinteresse durch das allseitige Zustimmungserfordernis in angemessener Weise geschützt.⁷⁶ Zudem erhöht § 715 Abs. 4 BGB-E die dogmatische Stabilität der Organisationsverfassung sowie die systematische Kohärenz des gesamten Personengesellschaftsrechts. Diese Auffächerung nach mehr oder weniger bedeutsamen Maßnahmen ist aus dem OHG-Recht bestens bekannt und hat in der praktischen Rechtsanwendung wenig Grund zu Beanstandungen gegeben. Für eine Konkretisierung der

 Siehe nochmals oben III 1.  Begr. Mauracher-E, S. 101; vgl. weiter (zu § 116 HGB) Jickeli in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 116 Rn. 2; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 116 Rn. 2.  Zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Regelungen bei OHG und GbR durch den historischen HGB-Gesetzgeber siehe Denkschrift zum HGB, bei Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 6, 1897, S. 260.  In diesem Sinne ist offenbar auch die Begr. Mauracher-E, S. 101 zu verstehen, wenn es dort heißt: „§ 715 Absatz 4 BGB-E dient daher in erster Linie der Klarstellung eines Schutzbedürfnisses für den gesetzlichen Ausnahmefall.“

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Begriffe „gewöhnlich“ und „außergewöhnlich“ kann cum grano salis auf die Abgrenzungsleitlinien sowie das reichhaltige Fallmaterial bei der OHG zurückgegriffen werden. Danach bestimmt sich die Üblichkeit einer Maßnahme nach der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags, Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, der bisherigen Praxis in der Gesellschaft sowie der Art, Größe, Bedeutung und des Risikos des Geschäfts für die Gesellschaft.⁷⁷ Mit Blick auf die grammatikalische Struktur und Systematik des § 715 Abs. 4 BGB-E sowie die hiermit erstrebte Effektivität der Geschäftsführung der auf gewisse Dauer angelegten GbR ist im Zweifel vom Vorliegen eines gewöhnlichen Geschäfts auszugehen.⁷⁸ Anders stellt sich die Situation indes dar, wenn sich die Gesellschafter nur lose in Form einer Gelegenheitsgesellschaft zusammengeschlossen haben. Man denke etwa an die Lottotippgemeinschaft⁷⁹ und den Abiturjahrgang⁸⁰. Als ungewöhnliche Geschäfte kommen beispielsweise in Betracht die langfristige Bindung von Betriebsmitteln und Kreditgeschäfte von besonderer Tragweite und Risikoneigung (Klumpenrisiko),⁸¹ Abschluss langfristiger Lieferverträge,⁸² Veräußerung zentraler Vermögensgegenstände (Kronjuwelen),⁸³ Erteilung einer Generalvollmacht⁸⁴ oder einer langlaufenden Handlungsvollmacht,⁸⁵ Errichtung neuer Produktionsstätten oder Zweigniederlassungen⁸⁶ und die Neuausrichtung der Geschäftspolitik.⁸⁷

 Vgl. RGZ 158, 302, 308; BGH BB 1954, 143; WM 1969, 688, 690; BGHZ 76, 160, 162 f; OLG Köln NJW-RR 1995, 547, 548; OLG Hamm BeckRS 2016, 3150; Jickeli in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 116 Rn. 17; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 116 Rn. 4; Raue GmbHR 2015, 121, 125; ganz ähnlich auch Begr. Mauracher-E, S. 101 f.  Im Ergebnis ebenso BGH BB 1954, 143; Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 116 Rn. 3; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 116 Rn. 4; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 116 Rn. 1.  Vgl. BGH NJW 1974, 1705; dazu Fleischer/Hahn NZG 2017, 1; Säcker NJW 2017, 3080.  Vgl. LG Detmold NJW 2015, 3176.  Haas in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 2a; Jickeli in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 116 Rn. 24; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2016, § 116 Rn. 8.  BGH NJW 1991, 1681, 1682.  Vgl. KG BeckRS 2007, 9357; bestätigt durch BGH NZG 2008, 622.  Begr. Mauracher-E, S. 102.  Jickeli in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 116 Rn. 26; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2016, § 116 Rn. 8.  Vgl. BGH NJW 1991, 1681, 1682.  Begr. Mauracher-E, S. 102.

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b) Vertretung Ein weiterer Aspekt der Harmonisierung von GbR- und OHG-Recht betrifft die rechtssystematische und regelungstechnische Entkoppelung von Geschäftsführung und Vertretung. Abweichend von der Auslegungsregel des § 714 BGB⁸⁸ ist die Vertretungsbefugnis nicht länger nur ein Annex zur Geschäftsführungsbefugnis. Stattdessen schafft § 720 Abs. 1 BGB-E – in Anlehnung an § 125 Abs. 1 HGB – eine gesetzliche, mangels abweichender Vertragsgestaltung geltende Bestimmung der Vertretungsmacht. Zugleich wird klargestellt, dass es sich um eine organschaftliche Vertretungsmacht in Bezug auf die rechtsfähige Außen-GbR handelt, die nach moderner Dogmatik als Zuordnungssubjekt der durch die Gesellschafter gemeinsam begründeten Rechte und Pflichten fungiert.

aa) Aktive und passive Vertretungsbefugnis In der praktischen Rechtsanwendung bleibt es allerdings bei der aktiven Gesamtvertretungsbefugnis. In Ermangelung einer abweichenden Ausgestaltung sind nach Maßgabe des § 720 Abs. 1 BGB-E alle Gesellschafter gemeinsam zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Dass dieser inhaltliche Unterschied zur Einzelvertretungsbefugnis der OHG-Gesellschafter nach § 116 Abs. 1 HGB-E de lege ferenda überzeugt, ist im Zusammenhang mit der Geschäftsführung schon dargelegt worden; darauf kann verwiesen werden.⁸⁹ Zustimmung verdient umgekehrt die Kodifizierung der passiven Einzelvertretungsbefugnis in Anlehnung an § 125 Abs. 2 S. 3 HGB. Ist der GbR gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, dann genügt nach § 720 Abs. 3 BGB-E die Abgabe gegenüber einem der zur Mitwirkung bei der Vertretung befugten Gesellschafter. Das entspricht der bisher geltenden Rechtslage bei der GbR⁹⁰ und darf als verbandsformübergreifender Rechtsgrundsatz⁹¹ angesehen werden (vgl. noch § 78 Abs. 2 S. 2 AktG, § 35 Abs. 2 S. 2 GmbHG, § 25 Abs. 1 S. 3 GenG, § 26 Abs. 2 S. 2 BGB).

 Zur Rechtsnatur des § 714 BGB vgl. Hadding/Kießling in Soergel, BGB, § 13. Aufl. 2011, § 714 Rn. 1; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 714 Rn. 18; Westermann in Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 714 Rn. 1; v. Ditfurth in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 12. Aufl. 2017, § 714 Rn. 1.  Siehe oben III 2 a bb.  Vgl. RGZ 53, 227, 230 f; BGHZ 62, 166, 173; BGH NZG 2012, 69; Habermeier in Staudinger, BGB, 2003, § 714 Rn. 11; Westermann in Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 714 Rn. 8.  Vgl. Freitag in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl. 2019, § 125 Rn. 7; Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 125 Rn. 54; v. Gerkan/Haas in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 125 Rn. 11.

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bb) Abweichende Gestaltungen Auf der Grundlage des dispositiven Charakters des GbR-Innenrechts (vgl. § 708 Abs. 1 BGB-E) kann die Vertretungsbefugnis der BGB-Gesellschafter freilich auch abweichend ausgestaltet werden. Zulässig sind danach besonders die Anordnung von Einzelvertretungsbefugnis und der Ausschluss einzelner Gesellschafter von der Vertretung der GbR. Zudem steht es den Gesellschaftern frei, die Befugnisse zur Geschäftsführung und zur Vertretung unterschiedlich zuzuweisen. Einen Sonderfall bildet die Gesamtvertreterermächtigung nach § 720 Abs. 2 BGB-E.⁹² In Anlehnung an § 125 Abs. 2 S. 2 HGB können im letztgenannten Fall einzelne gesamtvertretungsberechtigte Gesellschafter zur eigenverantwortlichen Vornahme bestimmter Geschäfte und Arten von Geschäften ermächtigt werden. Der historische HGB-Gesetzgeber hielt eine klarstellende Regelung dieses Inhalts bei der OHG für notwendig, weil die Zulässigkeit einer solchen Ermächtigung unter Geltung des ADHGB zweifelhaft war und man zudem das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) als Hindernis betrachtete.⁹³ Auch auf Grundlage der modernen Dogmatik kann eine ausdrückliche Kodifikation jedenfalls nicht schaden. In rechtssystematischer Hinsicht führt § 720 Abs. 2 BGB-E zu einer willkommenen Harmonisierung des Personengesellschaftsrechts.

cc) Umfang der Vertretungsbefugnis Eine weitere Facette der verbandsformübergreifenden Rechtsharmonisierung manifestiert sich in § 720 Abs. 4 BGB-E, der die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter auf alle Geschäfte der Gesellschaft erstreckt und Beschränkungen des Umfangs gegenüber Dritten für unwirksam erklärt. Das entspricht einem allgemeinen Strukturprinzip des deutschen Gesellschaftsrechts (vgl. § 126 Abs. 2 HGB, § 82 Abs. 1 AktG, § 37 Abs. 2 GmbHG, § 27 Abs. 2 GenG),⁹⁴ nicht aber der bisher hM.⁹⁵ Dementsprechend streitig wurde in der vorgelagerten Reformdebatte über die Möglichkeit diskutiert, den Umfang der Vertretungsmacht privatautonom zu

 Zur umstrittenen dogmatischen Einordnung vgl. Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 125 Rn. 46; K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 125 Rn. 44.  Denkschrift zum HGB, bei Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 6, 1897, S. 265.  Dazu näher Wertenbruch NZG 2019, 407, 411.  BGHZ 142, 315, 321; Armbrüster ZGR 2005, 34, 38 f; Canaris ZGR 2004, 69, 82, 88 ff; Hadding FS Raiser, 2005, S. 129, 140; Westermann FS Konzen, 2006, S. 957, 964; aA Schöne in BeckOK, BGB, Stand: 1.5. 2020, § 714 Rn. 7; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 714 Rn. 24; DaunerLieb DStR 2001, 360 f; Hasselbach MDR 1998, 1200, 1203.

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beschränken.⁹⁶ Namentlich der 71. Deutsche Juristentag sprach sich dafür aus, die Beschränkungen der Vertretungsbefugnis bei entsprechender Eintragung in das Gesellschaftsregister zuzulassen.⁹⁷ Der Entwurf tut gut daran, sich klar zu einer unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht der Gesellschafter zu bekennen.⁹⁸ Das dient zuallererst dem überindividuellen Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs.⁹⁹ Aus rechtsökonomischer Perspektive geht damit eine Senkung von Transaktionskosten einher: Da sich der potenzielle Vertragspartner auf die unbeschränkte Vertretungsbefugnis der Gesellschafter verlassen kann, wird er zum einen von kostspieligen Nachforschungsmaßnahmen entbunden; in der Folge sinken insgesamt die Informationskosten. Zum anderen erhöht sich die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der Gesellschaft, weil die Geschäftsführer die Maßnahme im Außenverhältnis vornehmen können, ohne sich vorher ihrer Berechtigung im Innenverhältnis zu versichern. Umgekehrt darf der Rechtsverkehr auf die Bestandskraft von mit GbR geschlossenen Geschäften, auf die Haftung der Gesellschaft und der Gesellschafter vertrauen.¹⁰⁰ Gerade der letzte Aspekt rückt allerdings das Schutzbedürfnis der (nicht vertretungsberechtigten) Mitgesellschafter ins Licht; sie haben ein Interesse daran, vor einer unangemessenen Belastung des Gesellschaftsvermögens und dem Risiko einer persönlichen Haftung geschützt zu werden. Dies erfolgt durch den Grundsatz der Gesamtvertretung, das Widerspruchsrecht bei Einzelvertretungsbefugnis, Schadensersatzpflichten im Innenverhältnis sowie die Geltung der allgemeinen Grundsätze vom Missbrauch der Vertretungsmacht und des kollusiven Zusammenwirkens.¹⁰¹ Zudem vermeidet ein Gleichlauf von zivil- und handelsrechtlichem Gesellschaftsrecht schwierige Abgrenzungsfragen, die sich aus einem Statuswechsel in Bezug auf die Vertretungsbefugnisse ergeben würden.¹⁰²

 Dagegen K. Schmidt ZHR 177 (2013), 712, 737; Wertenbruch NZG 2019, 407, 412; dafür Röder AcP 215 (2015), 450, 509 f; im Grundsatz auch Schäfer in Verhandlungen 71. Deutscher Juristentag, Bd. 1, 2016, S. E84 f.  Beschluss Nr. 13, abgedruckt in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/2, 2017, S. O221.  Dazu Begr. Mauracher-E, S. 114, der zu diesem Zweck auch auf einige der im Folgenden angeführten Aspekte verweist, und zwar basierend auf den Vorarbeiten von Wertenbruch NZG 2019, 407, 412; zustimmend M. Noack NZG 2020, 581, 583 f.  Zum Verkehrsschutzgedanken bei § 126 HGB vgl. BGHZ 38, 26, 33; BGH NJW 1974, 1555 f; Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 126 Rn. 1; Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 126 Rn. 1; K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 126 Rn. 1.  Vgl. K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 126 Rn. 1.  Siehe nochmals oben II 2 a cc.  Vgl. auch Wertenbruch NZG 2019, 407, 412.

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Ob die Beschränkung der Vertretungsbefugnis in das Gesellschaftsregister eingetragen werden kann oder nicht, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Zuzugeben ist zwar, dass potenzielle Vertragspartner sich durch einen Blick ins Register über die Vertretungsbefugnisse auf einfache Weise informieren könnten. Allerdings würde durch die Zulassung von Vertretungsbeschränkungen auch ein hohes Maß an Unsicherheit in den Rechtsverkehr und das Registersystem hineingetragen, weil sich vielfach erst durch nähere Prüfung ergeben wird, ob die Vornahme eines bestimmten Geschäfts tatsächlich von der Vertretungsbefugnis gedeckt ist. Gerade von solchen Prüfungen soll der Rechtsverkehr entlastet werden. Durch einen Blick in das Gesellschaftsregister müssen potenzielle Geschäftspartner leicht und zweifelsfrei über die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft Gewissheit erlangen können. Die Eintragung individueller Vertretungsbeschränkungen drohte indes die Übersichtlichkeit und damit zugleich die Funktionsfähigkeit des Gesellschaftsregisters zu beeinträchtigen.¹⁰³ Zum Schutz der Gesellschafter sind Beschränkungen der Vertretungsbefugnisse jedenfalls nicht erforderlich. Dementsprechend statuiert der Entwurf vollkommen zu Recht die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht der BGB-Gesellschafter.

dd) Eintragung der Vertretungsbefugnis Die Eintragung der Vertretungsverhältnisse der BGB-Gesellschafter ist für ihre Geschäftstätigkeit, namentlich im Grundstücksverkehr, von zentraler Bedeutung. Vor allem die Beibehaltung der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis steht und fällt mit der Eintragungspflicht gem. § 707 Abs. 2 Nr. 3 BGB-E und den Publizitätswirkungen des Gesellschaftsregisters gem. § 707a Abs. 2 S. 1 BGB-E iVm. § 15 HGB.¹⁰⁴ Demgegenüber scheidet nicht nur die Eintragung einer Gesamtvertreterermächtigung (§ 720 Abs. 2 BGB-E), sondern auch einer Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht (§ 720 Abs. 4 BGB-E) aus. Der Eintragungsausschluss bei der Gesamtvertreterermächtigung entspricht der geltenden Rechtslage bei der OHG (vgl. § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB),¹⁰⁵ leuchtet auf den ersten Blick aber nicht unmittelbar ein, weil dort jede Form der organ-

 Siehe die gleichgerichtete Argumentation gegen die Eintragungsfähigkeit der Gesamtvertreterermächtigung sogleich unten III 2 b dd; vgl. weiter Wertenbruch NZG 2019, 407, 412.  Siehe nochmals oben III 2 a bb.  Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl. 2019, § 106 Rn. 2; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 106 Rn. 26; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 106 Rn. 13; aA Servatius NZG 2002, 456, 458 hinsichtlich einer Artermächtigung.

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schaftlichen Vertretungsmacht im Grundsatz der Anmeldepflicht unterliegt.¹⁰⁶ Ob man die Gesamtvertreterermächtigung nun als Erweiterung der organschaftlichen Vertretungsmacht ansieht¹⁰⁷ oder als Ausübungsermächtigung,¹⁰⁸ spielt keine Rolle. Nach beiden Positionen trägt die Vertretungsbefugnis des Ermächtigten organschaftliche Züge.¹⁰⁹ Mit Blick auf die Übersichtlichkeit des Handelsregisters ist allerdings dort eine Grenze zu ziehen, wo die Vertretungsbefugnis keinen gesetzlich fixierten Umfang aufweist.¹¹⁰ Das gilt auch für die Gesamtvertreterermächtigung, deren konkrete Ausgestaltung den geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern anheimgestellt ist. Zwar können diese dem Ermächtigten keine vollständige organschaftliche Vertretungsbefugnis überantworten und auch keine Generalermächtigung erteilen.¹¹¹ Dessen ungeachtet kann sich die Ermächtigung aber auf alle denkbaren (bestimmten) Geschäfte oder Arten von Geschäften beziehen. Sie weist in dieser Beziehung Ähnlichkeit mit der Handlungsvollmacht nach § 54 Abs. 1 HGB auf, die ebenfalls nicht eintragungsfähig ist.¹¹² Könnte sie gleichwohl eingetragen werden, führte dies zu einem erheblichen Maß an Rechtsunsicherheit, weil sich zuweilen erst durch Auslegung der Ermächtigung ermitteln lassen wird, welche konkreten Geschäfte und Geschäftsarten von der Gesamtvertreterermächtigung gedeckt sind.¹¹³ Dies beeinträchtigte zugleich die Publizitätsfunktion des Gesellschaftsregisters, das darauf abzielt, dem Rechtsverkehr standardisierte, zumindest allgemein miteinander vergleichbare Informationen offenzulegen.¹¹⁴

 Vgl. Emmerich in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 106 Rn. 17; von Gerkan/Haas in Röhricht/ von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 106 Rn. 14; Heidel in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl. 2019, § 106 Rn. 28.  Für die hM vgl. BGHZ 64, 72; Freitag in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl. 2019, § 125 Rn. 11; Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 125 Rn. 34; Schubert in Münch. Komm. z. BGB, 8. Aufl. 2018, § 164 Rn. 202.  Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 125 Rn. 46; K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 125 Rn. 44.  In diesem Sinne sind auch Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 125 Rn. 46; K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 125 Rn. 44 zu verstehen.  Vgl. (zur Generalvollmacht) OLG Hamburg NZG 2009, 957, 958; Emmerich in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 106 Rn. 18.  BGH NJW-RR 1986, 778; OLG Dresden NJW-RR 1995, 803, 804; Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 125 Rn. 48.  Vgl. Ammon/Ries in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 8 Rn. 24; Schaub in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 8 Rn. 4.  Vgl. (zur Generalvollmacht) OLG Hamburg NZG 2009, 957, 958.  Vgl. (zum Handelsregister) OLG Hamburg NZG 2009, 957, 958; J. Koch in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, Vor § 8 Rn. 1; Krafka in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 8 Rn. 6.

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3. Offene Handelsgesellschaft Der zentrale Unterschied zwischen GbR und OHG im Bereich von Geschäftsführung und Vertretung ist bereits angesprochen worden: Während die BGB-Gesellschafter Gesamtbefugnisse besitzen,¹¹⁵ bilden im OHG-Recht die Einzelgeschäftsführungsbefugnis mit Widerspruchsrecht (§ 108 Abs. 1 S. 1 HGB-E) und die Einzelvertretungsbefugnis (§ 116 Abs. 1 HGB-E) den gesetzlichen Regelfall. Diese Unterscheidung entspricht dem geltenden Recht und trägt den besonderen Erfordernissen nach einem schnellen und leichten Handelsverkehr Rechnung.¹¹⁶ Im Übrigen finden sich zahlreiche inhaltsgleiche Vorschriften, die in Anlehnung an das geltende OHG-Recht im zivilrechtlichen Kontext als Grundlagenvorschriften verankert worden sind. Dieser Regelungstransfer unterliegt weder sachlichen noch regelungstechnischen Bedenken. Stattdessen entspricht die Verbreiterung der normativen Basis in den §§ 705 ff. BGB dem zutreffenden Regelungsansatz des Entwurfs, die GbR (noch stärker) zum gesetzlichen Leitbild und zur Grundform aller rechtsfähigen Personengesellschaften zu machen.¹¹⁷ Allerdings erscheinen daraufhin eine ganze Reihe von OHG-Vorschriften redundant und sollten wegen des uneingeschränkten Verweises des § 105 II HGBE auf das Recht der BGB-Gesellschaft ersatzlos entfallen. Das betrifft namentlich die Berechtigung und Verpflichtung zur Geschäftsführung (§ 108 Abs. 1 HGB-E entspricht § 715 Abs. 1 BGB-E), die passive Einzelvertretungsbefugnis (§ 116 Abs. 3 HGB-E entspricht § 720 Abs. 3 BGB-E) und die Kündigung der Geschäftsführungsbefugnis (§ 108 Abs. 6 HGB-E entspricht § 715 Abs. 6 BGB-E). Gleiches gilt für den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 108 Abs. 4 S. 1 HGB-E und § 715 Abs. 4 BGB-E, wobei freilich die handelsrechtlichen Spezialvorschriften zur Bestellung und Abberufung von Prokuristen (§ 108 Abs. 4 S. 2 und S. 3 HGB-E) einer eigenständigen Regelung bedürfen und beibehalten werden müssen. Ob man stärker auf die Verweisungstechnik setzt oder für eine Verdoppelung der Bestimmungen votiert, ist eine regelungstechnische Grundsatzfrage. So hat sich der österreichische Gesetzgeber bei der Reform des Personengesellschaftsrechts ganz bewusst für eine Wiederholung der Vorschiften in beiden Regelungskontexten entschieden, um die Auffindbarkeit zu erleichtern¹¹⁸ und auch im deutschen Schrifttum¹¹⁹ wird etwa dafür plädiert, die Regelungen zur Be-

 Siehe nochmals oben II 2 a bb, b aa.  Siehe nochmals oben II 2 a bb.  Vgl. Bachmann NZG 2020, 612; Bergmann DB 2020, 994; M. Noack NZG 2020, 581; Otte-Gräbener BB 2020, 1295, 1296; Schäfer ZIP 2020, 1149, 1150 f.  Dazu ausf. S. Bydlinski/Fritz, GesbR-RG, 2015, passim; vgl. auch Schauer ZGR 2014, 143, 158.  So Bachmann NZG 2020, 612 f.

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schlussanfechtung und zur Gesellschafterhaftung nochmals im Regelungskontext der §§ 105 ff. HGB zu wiederholen. Diesen Weg sollte der deutsche Gesetzgeber nicht beschreiten.¹²⁰ Das Baukastenprinzip der § 105 Abs. 3 HGB und § 161 Abs. 2 HGB hat sich über lange Zeit bewehrt, ohne dass sich in der praktischen Anwendung signifikante Schwierigkeiten ergeben hätten. Auch das Argument der Rechtsklarheit vermag schwerlich zu verfangen, wenn die Regelungen im Bereich von GbR und OHG exakt übereinstimmen. Um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten, reicht ein klarer Hinweis in den Gesetzesmaterialien. Jede Normdublette ist schlicht überflüssig und setzte sich zum schlanken Regelungsstil des Entwurfs in Widerspruch. Es zeugt umgekehrt von einer hochentwickelten Gesetzgebungskultur, mit der Regelsetzung möglichst effizient umzugehen und für alle Personengesellschaften geltende Vorschriften in einem „Allgemeinen Teil“ zusammenzuziehen. Diese Funktion übernimmt nach dem Entwurf das Recht der BGB-Gesellschaft als Grundtypus der Personengesellschaft.¹²¹ Wird diese Systematik eines modernisierten Personengesellschaftsrechts durch leicht zugängliche Erläuterungswerke bekanntgemacht, wie zB praktische Ratgeber im Taschenbuchformat, dann wird sich auch der juristische Laie über den aktuellen Stand des Personengesellschaftsrechts hinreichend unterrichten können. Das erscheint in der Sache umso weniger problematisch, als das inhaltliche Substrat des verschlankten OHGRechts weitgehend unberührt bleibt.

4. Kommanditgesellschaft Das gesetzliche Leitbild der KG wird durch den Entwurf nicht verändert. Sie ist auch weiterhin als personalistische Zweiklassengesellschaft konzipiert,¹²² in welcher die persönlich haftenden Gesellschafter natürliche Personen sind, die Geschicke der Gesellschaft leiten und mit ihrem Privatvermögen im Risiko stehen, während die Kommanditisten primär auf die Rolle von Kapitalgebern beschränkt

 In diese Richtung, wenn gleich gemünzt auf die PartG, auch K. Schmidt ZHR 177 (2013), 712, 724: „Vermieden werden sollte in diesem System (scil.: der reformierten Personengesellschaft) etwas ganz anderes, nämlich gesetzliche Redundanz.“  Vgl. auch K. Schmidt ZHR 177 (2013), 712, 723: „(…) die GbR als Mutter aller Personengesellschaften, die oHG als handelsrechtliche Grundform und die KG als deren zur Rechtsform geronnene Variante (…)“.  Zum Bild der Zweiklassengesellschaft vgl. nur Lieder in Vogt/Fleischer/Kalss, Recht der Familienunternehmen, 2017, S. 27, 32 f.

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sind.¹²³ Dementsprechend liegen Geschäftsführung und Vertretung nach wie vor in den Händen der Komplementäre (§ 161 Abs. 2 iVm. §§ 108, 116 HGB-E), während die Kommanditisten – wie es der Entwurf nun formuliert – von der Geschäftsführungsbefugnis (§ 164 Hs. 1 HGB-E) und der Vertretungsbefugnis (§ 170 Abs. 1 HGB-E) ausgeschlossen sind. Der Zustimmung der Kommanditisten bedürfen nur Grundlagenentscheidungen und außergewöhnliche Geschäfte nach Maßgabe des § 164 Hs. 2 iVm. § 108 Abs. 4 HGB-E, während sie – mangels Geschäftsführungsbefugnis – von der Bestellung und dem Widerruf der Prokura ausgeschlossen sind.¹²⁴ Die einzige echte Neuerung in diesem Zusammenhang betrifft die Sonderregel für die Einheits-GmbH & Co. KG. Nach Maßgabe des § 170 Abs. 2 HGB-E wird die KG, auf welche die Kommanditisten ihre GmbH-Geschäftsanteile übertragen haben, in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH nicht von deren Geschäftsführern, sondern von den Kommanditisten vertreten. Das entspricht einer kautelarjuristisch verbreiteten Übung¹²⁵, ist vom 71. Deutschen Juristentag gefordert worden¹²⁶ und beruht auf der Überlegung, dass es sich – trotz der Übertragung der GmbH-Anteile auf die KG – bei den Kommanditisten um die wirtschaftlichen Gesellschafter der Komplementär-GmbH handelt. Gegen diesen organschaftlichen Regelungsansatz ist in der Sache schon deshalb nichts einzuwenden, weil es sich bei § 170 Abs. 2 HGB-E um eine Auffangregelung handelt, die abweichende Gestaltungen nicht ausschließt. Zulässig ist es daher auch weiterhin, die Kommanditisten zur Ausübung des Stimmrechts in der GmbH-Gesellschafterversammlung auf schuldrechtlicher Grundlage zu bevollmächtigen (rechtsgeschäftliche Vollmachtslösung).¹²⁷ Wenn in gesetzestechnischer Hinsicht eine Verortung der Vorschrift im GmbH-Recht bzw. Aktienrecht erwogen wird,¹²⁸ dann ist das durchaus bedenkenswert, aber keine dogmatische¹²⁹, sondern eine regelungssystematische Frage. Für eine Verortung im KG-Recht spricht jedenfalls, dass es sich bei der GmbH & Co. KG noch immer in erster Linie um eine Kommanditgesellschaft handelt. Zu-

 Vgl. auch Bergmann DB 2020, 994 (995).  Dazu schwer verständlich Begr. Mauracher-E, S. 181.  Vgl. Hopt/Lang, Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, 4. Aufl. 2013, Anm. Nr. 5 zu Form. II.C.5.  Beschluss Nr. 25b, abgedruckt in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/2, 2017, S. O221; offenbar im Anschluss an das Referat von Roßkopf, Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/1, 2017, S. O25.  Begr. Mauracher-E, S. 184.  Bachmann NZG 2020, 612, 618.  So aber Bachmann NZG 2020, 612, 618.

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dem sind dem HGB spezielle Vorschriften für Kapitalgesellschaften und Co. nicht fremd, wie namentlich die §§ 19 Abs. 2, 125a, 130a, 177a HGB zeigen.

III. Entziehung und Kündigung Eine Annäherung der zivil- und handelsrechtlichen Personengesellschaft lässt sich auch für den Ausschluss der persönlich haftenden Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung nachweisen. Was das Ausschlussverfahren angeht, sollte der Entwurf allerdings in Bezug auf OHG-Gesellschafter und Komplementäre nachgebessert werden.

1. Gesellschaft bürgerlichen Rechts In Übereinstimmung mit §§ 712 Abs. 1, 715 BGB können BGB-Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 715 Abs. 5, 720 Abs. 5 BGB-E durch Beschluss der übrigen Gesellschafter aus wichtigem Grund die Befugnis zur Geschäftsführung und (oder) Vertretung unabhängig voneinander¹³⁰ entzogen werden.

a) Teilweise Entziehung Zulässig ist eine vollständige, aber auch eine teilweise Entziehung der Befugnisse, die sich – in Form einer Beschränkung der Geschäftsführungs- und (oder) Vertretungsbefugnis – im Vergleich zu einem vollständigen Entzug als milderes Mittel darstellen kann. Beispielsweise kann einem einzelgeschäftsführungsbefugten Gesellschafter die Einzelbefugnis entzogen und er auf den gesetzlichen Regelfall der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis zurückgeworfen werden. Die Gesellschafter können aber auch eine gegenständliche Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis beschließen, wie zB auf die Produktion, den Einkauf oder Vertrieb des von der Gesellschaft getragenen Unternehmens.¹³¹

 Speziell zu diesem Aspekt vgl. Begr. Mauracher-E, S. 115.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 102.

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b) Entziehung gesetzlicher Befugnisse Eine zentrale Neuerung der Entziehung nach §§ 715 Abs. 5, 720 Abs. 5 BGB-E besteht darin, dass dem Gesellschafter nicht nur die ihm kraft Gesellschaftsvertrags zugewiesenen Befugnisse, sondern auch die gesetzlichen Gesamtbefugnisse zur Geschäftsführung und Vertretung entzogen werden können. Das ist nach bestrittener Auffassung¹³² bereits nach geltendem Recht zulässig. Eine Klarstellung durch den Entwurf ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gleichwohl sehr zu begrüßen. Sie führt in der Sache zu einer weiteren Harmonisierung des Personengesellschaftsrechts, da bei der OHG ein Ausschluss von der gesetzlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nach §§ 117, 127 HGB schon nach dem Wortlaut ohne Weiteres zulässig ist.¹³³ Soweit sich ein Verbleib des persönlich haftenden Gesellschafters in der GbR ohne Geschäftsführungsund (oder) Vertretungsbefugnisse als unzumutbar erweist, kann der Betroffene seine Mitgliedschaft nach Maßgabe des § 725 Abs. 2 BGB-E aus wichtigem Grund kündigen. Das wird man freilich nicht pauschal bei jedweder Entziehung der Befugnis zur Geschäftsführung und (oder) Vertretung annehmen können. Stattdessen muss auch in diesem Zusammenhang eine einzelfallgeleitete Gesamtabwägung sämtlicher Umstände vorgenommen werden.

c) Kündigung durch Gesellschafter Davon abgesehen kann der Gesellschafter – wie schon bisher nach § 712 Abs. 2 BGB – seine Geschäftsführungsbefugnis gem. § 715 Abs. 6 BGB-E aus wichtigem Grund kündigen. Für die Vertretungsbefugnis ist keine vergleichbare Regelung vorgesehen, weil der Gesellschafter nicht gezwungen ist, von seiner Vertretungsbefugnis Gebrauch zu machen.¹³⁴ Im Innenverhältnis ist der Gesellschafter indes nach § 715 Abs. 1 BGB-E zur Geschäftsführung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Das Kündigungsrecht ermöglicht es dem Gesellschafter, sich von der Geschäftsführungspflicht aus wichtigem Grund zu befreien. Dies kann der Gesellschafter ganz oder teilweise tun, und zwar unabhängig davon, ob sich die

 OLG Frankfurt BeckRS 2013, 1954 Rn. 51; LG Hamburg NJOZ 2010, 1329; Habermeier in Staudinger, BGB, 2003, § 712 Rn. 5; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 712 Rn. 5 f; Schöne in BeckOK, BGB, Stand: 1. 5. 2020, § 712 Rn. 7; aA OLG Braunschweig ZIP 2010, 2402, 2403.  Vgl. RGZ 110, 418, 420 f; OLG Köln BB 1977, 464, 465; Boesche in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 127 Rn. 7 ff; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 117 Rn. 7; Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, § 117 Rn. 4; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 117 Rn. 2, 5, § 127 Rn 2, 5.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 115.

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Geschäftsführungsbefugnis aus Gesellschaftsvertrag oder aus Gesetz ergibt. Das Erfordernis eines wichtigen Grundes stellt klar, dass dem geschäftsführungsbefugten Gesellschafter kein uneingeschränktes Recht zur Niederlegung der Befugnis zur Geschäftsführung zusteht.¹³⁵ Das gilt nicht nur für BGB-Gesellschafter, sondern ausweislich § 108 Abs. 6 HGB-E auch für OHG-Gesellschafter und Komplementäre. Aufgrund des übereinstimmenden Regelungsgehalts sollte die redundante HGB-Regelung ersatzlos entfallen.¹³⁶

2. Personenhandelsgesellschaften In Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtslage (vgl. §§ 117, 127 HGB) können die Befugnisse zur Geschäftsführung und (oder) Vertretung nach Maßgabe der §§ 108 Abs. 5, 116 Abs. 6 HGB-E auch weiterhin nur durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden. Das besondere Verfahrenserfordernis findet sich allein bei den Personenhandelsgesellschaften, während BGB-Gesellschaftern die Befugnisse auf Grundlage eines Beschlusses der übrigen Gesellschafter entzogen werden können. Diese Differenzierung entbehrt einer sachlichen Rechtfertigung. Deshalb sollten §§ 108 Abs. 5, 116 Abs. 6 HGB-E ersatzlos gestrichen werden, so dass – als default rule – auch OHG-Gesellschaftern und Komplementären Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse kraft Gesellschafterbeschlusses entzogen werden können. Der historische HGB-Gesetzgeber hat sich aus Verkehrsschutzgründen ganz bewusst für das Verfahrenserfordernis und die Abweichung zur GbR entschieden. Ließe man das Beschlusserfordernis für den Entzug der Vertretungsbefugnis genügen, so ergäbe „sich für Dritte im Rechtsverkehr mit der Gesellschaft eine unsichere Lage, wenn sie zwar von dem Beschlusse Kenntniß erhalten haben (…), aber nicht übersehen, ob derselbe auf zureichenden Gründen beruht.“¹³⁷ Allerdings kann sich der redliche Rechtsverkehr mit Blick auf § 15 Abs. 1 HGB dessen ungeachtet auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der in das Handelsregister eingetragenen Tatsachen verlassen. Dem Dritten schadet nur positive Kenntnis, deren Vorliegen vom Gegner nachzuweisen ist. Dafür genügt die Kenntnis von Umständen, aus denen sich die eintragungspflichtige Tatsache ergibt, nach ein-

 Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 103.  Siehe bereits oben III 3.  Denkschrift zum HGB, bei Hahn/Mugdan, 1983, S. 266; vgl. zum Aspekt der Rechtssicherheit weiter Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 117 Rn. 1; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 117 Rn. 2; Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, § 117 Rn. 2.

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helliger Auffassung gerade nicht.¹³⁸ Dass der Schutz des Rechtsverkehrs schwerlich zur Legitimation des Verfahrenserfordernisses herangezogen werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Gesellschafter schon nach geltendem Recht die Entziehung mittels Gesellschafterbeschlusses auf privatautonomer Grundlage vorsehen können¹³⁹ und außerdem bei Publikumsgesellschaften nach hM¹⁴⁰ ein zwingendes Beschlusserfordernis besteht. Ebenso wenig überzeugt der weitere Begründungsstrang des historischen HGB-Gesetzgebers, der den von der Entziehung betroffenen Gesellschafter vor einer empfindlichen Schädigung seiner kaufmännischen Stellung zu schützen sucht.¹⁴¹ Denn die Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Gesellschafters und seiner geschäftlichen Reputation fallen bei der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens nicht grundsätzlich anders aus als bei einer Entziehung durch Gesellschafterbeschluss. Mit der – in beiden Varianten notwendigen – Beschlussfassung fällt jedenfalls ein Schatten auf den betroffenen Gesellschafter. Der Unterschied besteht letztlich nur darin, ob die Klagelast von den übrigen Gesellschaftern oder vom Betroffenen zu tragen ist. Mit Blick auf das berechtigte Interesse der Personenhandelsgesellschaft, einen pflichtvergessenen Geschäftsführer effektiv davon abzuhalten, der Gesellschaft und den persönlich haftenden übrigen Gesellschaftern Schaden zuzufügen,¹⁴² spricht im Gegenteil viel dafür, den missbräuchlich handelnden oder in sonstiger Weise untragbar gewordenen Gesellschafter bereits aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses und nicht erst nach Durchführung eines langwierigen Gerichtsverfahrens von seinen Ämtern zu entbinden. Auch unter Berücksichtigung seiner schutzwerten Interessen erscheint es nicht gerechtfertigt, dass ein Geschäftsführer, der sich schwere Verfehlungen hat zu Schulden kommen lassen,

 Vgl. OLG Oldenburg ZIP 2011, 175, Rn. 24; Ammon/Ries in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 15 Rn. 16; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 15 Rn. 7.  Vgl. Boesche in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 127 Rn. 20; Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 127 Rn. 1, 3; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 117 Rn. 18 f; Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 117 Rn. 71.  Vgl. BGHZ 102, 172, 179 f; BGH NJW 1982, 2495, 2496; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl. 2019, § 117 Rn. 5; Boesche in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 127 Rn. 19; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 127 Rn. 3, 12, § Anh § 177a Rn. 72, 74.  Denkschrift zum HGB, bei Hahn/Mugdan, 1983, S. 267; vgl. zum Schutz der von der Entziehung betroffenen Gesellschaftern ferner Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 117 Rn. 2; Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 117 Rn. 2; Hueck, Das Recht der OHG, 4. Aufl. 1971, § 10 VII 1.  Zu diesem Aspekt vgl. Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 117 Rn. 2.

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womöglich über Jahre hinweg bis zum Ende eines gerichtlichen Verfahrens weiter für die Gesellschaft tätig sein kann.¹⁴³ Dementsprechend besteht kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Regelung des Entziehungsverfahrens im BGB-Gesellschafts- und OHG-Recht, zumal auch die Abberufung von Organmitgliedern in Kapitalgesellschaften durch Beschlussfassung wirksam wird (vgl. § 84 Abs. 3 AktG, § 38 GmbHG) und zuvor kein gerichtliches Verfahren durchlaufen werden muss. Das gilt umso mehr, als sich zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen der §§ 117, 127 HGB unverhältnismäßig hoch sind¹⁴⁴ und zu prozessualen Verwicklungen führen,¹⁴⁵ die das gerichtliche Verfahren als umständlich¹⁴⁶ erscheinen und ein Schattendasein¹⁴⁷ führen lassen. Im Übrigen stünde es den Gesellschaftern auch nach Änderung der Rechtslage frei, ein gerichtliches Entziehungsverfahren im Gesellschaftsvertrag zu verankern.¹⁴⁸ Die default rule sollte aber im gesamten Personengesellschaftsrecht der Beschluss der übrigen Gesellschafter und nicht die Gestaltungsklage sein.

IV. Notgeschäftsführung Die erstmalige Kodifikation des Rechtsinstituts der Notgeschäftsführung im BGBGesellschaftsrecht erfolgt zweistufig: Zum einen kann im Fall der gesetzlichen Gesamtgeschäftsführung jeder geschäftsführungsbefugte Gesellschafter einzeln tätig werden, wenn „mit dem Aufschub Gefahr für das Gesellschaftsvermögen verbunden ist“ (§ 715 Abs. 2 S. 3 BGB-E).¹⁴⁹ Zum anderen kann jeder – auch nicht geschäftsführungsbefugte – Gesellschafter nach Maßgabe des § 715a S. 1 BGB-E ein Geschäft vornehmen, wenn (1.) alle geschäftsführungsbefugten Gesellschafter

 Vgl. (zum GmbH-Geschäftsführer) BGHZ 86, 177, 180 f; Lieder/Ringlage GmbHR 2017, 1065, 1071.  Dezidiert Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, 2004, § 8 II 2 d.  Zum Problem monografisch K. Schmidt, Mehrseitige Gestaltungsprozesse bei Personengesellschaften (1992); vgl. weiter Roth FS Großfeld, 1999, S. 915, 917 ff.  Vgl. Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 127 Rn. 10; Psaroudakis in Heidel/ Schall, HGB, 3. Aufl. 2019, § 117 Rn. 6.  Vgl. K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 127 Rn. 1 aE.  Zur Erschwerung des Einziehungsverfahrens nach §§ 712 Abs. 1, 715 BGB vgl. Hadding/ Kießling in Soergel, BGB, 13. Aufl. 2011, § 712 Rn. 5; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 712 Rn. 22, § 715 Rn. 1, 5; Servatius in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 712 BGB Rn. 12.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 101: „Teilregelung der allgemeinen Notgeschäftsführungsbefugnis“.

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nach § 715 Abs. 2 S. 3 BGB-E nicht mitwirken können und (2.) „mit dem Aufschub Gefahr für das Gesellschaftsvermögen verbunden ist“. Mit Blick auf den gleichgerichteten Regelungszweck sollten die beiden Befugnisse gesetzestechnisch im Rahmen einer Vorschrift zusammengeführt werden. In rechtssystematischer Hinsicht ist die doppelspurige Bestimmung im BGB gut aufgehoben. Für die OHG, die KG und die PartG gilt die Bestimmung über die bekannten Verweisungsvorschriften entsprechend. Das jedem Gesellschafter zustehende Notgeschäftsführungsrecht ist – in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht¹⁵⁰ – satzungsfest (§ 715a S. 2 BGB-E).

1. Hintergrund Das Notgeschäftsführungsrecht einzelner geschäftsführungsbefugter Gesellschafter orientiert sich am bewährten § 115 Abs. 2 Hs. 2 HGB,¹⁵¹ der als § 108 Abs. 3 Hs. 2 HGB-E wiederkehrt. Auch die jedem Gesellschafter zustehende – echte – Notgeschäftsführungsbefugnis ist für die GbR analog § 744 Abs. 2 BGB nach geltendem Recht anerkannt.¹⁵² Die neuen Regelungen kodifizieren – ohne selbst inhaltliche Änderungen anzustreben – den bisherigen Rechtsstand. Das ist sehr zu begrüßen, weil die analoge Anwendung des § 744 Abs. 2 BGB durch eine Reihe von Zweifelsfragen und Begründungsschwierigkeiten geprägt ist.¹⁵³ Eine eigenständige Rechtsgrundlage mit sauber ausgeformten Tatbestandsvoraussetzungen dürfte die praktische Handhabung der Notgeschäftsführungsbefugnis um einiges erleichtern und von Unsicherheiten befreien.

 Vgl. Hadding in Soergel, BGB, 13. Aufl. 2011, § 744 Rn. 5; Saenger in Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 709 Rn. 1, § 744 Rn. 4; Sprau in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 744 Rn. 3; v. Ditfurth in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, § 744 Rn. 4.  Vgl. nur Drescher in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 115 Rn. 32; Klimke in BeckOK, HGB, Stand: 15.4. 2020, § 115 Rn. 24; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 115 Rn. 25; Rawert in Münch. Komm. z. BGB, 4. Aufl. 2016, § 115 Rn. 57.  vgl. Drescher in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 165 Rn. 19; Finckh in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 116 Rn. 29; Jickeli in Münch. Komm. z. BGB, 4. Aufl. 2016, § 116 Rn. 45; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 116 Rn. 12a.  Begr. Mauracher-E, S. 103 verweist auf Bengel ZEV 2002, 484 ff; Bergmann WM 2019, 189 ff; Schirrmacher NJW 2018, 3348 ff.

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2. Tatbestandliche Voraussetzungen In beiden Varianten greift das Notgeschäftsführungsrecht nur ein, wenn die – eigentlich zuständigen – geschäftsführungsbefugten Gesellschafter nicht rechtzeitig erreichbar sind. Das betrifft entweder den Fall der Beschlussfassung der gesamtgeschäftsführungsbefugten Gesellschafter (§ 715 Abs. 2 S. 3 BGB-E) oder die Vornahme einer Maßnahme überhaupt durch einen Geschäftsführer (§ 715a S. 1 BGB-E). Umgekehrt muss aber stets sichergestellt sein, dass die Entscheidungskompetenz der geschäftsführungsbefugten Gesellschafter durch die Inanspruchnahme des Notgeschäftsführungsrechts nicht unterlaufen wird.¹⁵⁴ Insbesondere darf eine Zustimmungsverweigerung der zuständigen – geschäftsführungsbefugten – Gesellschafter nicht durch das Notrecht konterkariert werden. Daraus folgt die Verpflichtung des Handelnden, sich nach Kräften darum zu bemühen, rechtzeitig die erforderliche Zustimmung der (anderen) Geschäftsführer zu erlangen.¹⁵⁵ Darüber hinaus hängt die Notgeschäftsführungsbefugnis davon ab, dass ein Zuwarten auf die Entscheidungsfindung im Kreise der geschäftsführungsbefugten Gesellschafter mit einer Gefahr für das Gesellschaftsvermögen verbunden ist. Ohne das sofortige, alleinige Handeln eines – unbefugten – Gesellschafters muss der Gesellschaft bei objektiver Betrachtung ex post ein Schaden drohen.¹⁵⁶ Zur Konkretisierung dieses Tatbestandsmerkmals kann auf das zum geltenden Recht vorliegende Fallmaterial zurückgegriffen werden. In Betracht kommt daher nicht nur die Vornahme einer Maßnahme zur Erhaltung eines bestimmten Vermögensgegenstandes (vgl. § 744 Abs. 2 BGB), sondern auch zur Abwehr einer akuten Gefahr für die Gesellschaft selbst.¹⁵⁷

3. Rechtsfolgen Bereits aus der systematischen Stellung der Vorschriften in Unterabschnitt 3 (Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zu der Gesellschaft) folgt, dass sich die Rechtsfolgen der §§ 715 Abs. 2 S. 3, 715a BGB-E auf das Innenverhältnis beschränken. Mit anderen Worten wird das Tätigwerden ei-

 Vgl. dazu Begr. Mauracher-E, S. 103 f.  Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 115 Rn. 22; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 115 Rn. 25; Rawert in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 115 Rn. 57.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 104 unter Hinweis auf v. Ditfurth in Münch. HdB GesR I, 5. Aufl. 2019, § 53 Rn. 59; Rawert in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 115 Rn. 58.  Vgl. BGHZ 17, 181, 183; BGH NJW 2014, 3779 Rn. 15; 2018, 3014 Rn. 24.

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nes nicht (allein) geschäftsführungsbefugten Gesellschafters ausnahmsweise durch das Notgeschäftsführungsrecht legitimiert. Es stellt insbesondere keinen Verstoß gegen die gesetzliche Kompetenzordnung dar. Mangels Parallelvorschrift in Unterabschnitt 4 (Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten) vermittelt das Notrecht indes keine Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis.¹⁵⁸ Der Notgeschäftsführer wird also entweder im eigenen Namen tätig und selbst Vertragspartei des anderen Teils, oder aber er schließt den Vertrag als falsus procurator mit dem Geschäftspartner. Die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter können das Geschäft dann entweder im Namen der GbR genehmigen oder der Notgeschäftsführer haftet nach Maßgabe des § 179 BGB. Wird der Notgeschäftsführer in Anspruch genommen oder erleidet er infolge der Geschäftsausführung Verluste, dann kommt ein Ersatzanspruch nach § 716 Abs. 1 BGB-E in Betracht.

V. Gesellschafterklage Der Mauracher Entwurf bereichert das BGB-Gesellschaftsrecht weiter durch die erstmalige Kodifikation einer Gesellschafterklage (actio pro socio),¹⁵⁹ von der über die bekannten Verweise auch die Gesellschafter von OHG, KG und PartG profitieren. Nach Maßgabe des § 715b Abs. 1 S. 1 BGB-E ist jeder Gesellschafter berechtigt, einen auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Anspruch der GbR gegen einen anderen Gesellschafter im eigenen Namen durchzusetzen, wenn der zuständige geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Gesellschafter dies pflichtwidrig unterlässt. Aus rechtsdogmatischer Perspektive begründet die Neuregelung eine gesetzliche Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis und entscheidet damit die leidige Streitfrage nach der Rechtsnatur der actio pro socio. ¹⁶⁰ Darüber hinaus kann zur Anspruchsverfolgung analog § 147 Abs. 2 S. 1 AktG, § 46 Nr. 8 GmbHG ein besonderer Vertreter bestellt werden.¹⁶¹ Auch die Notgeschäftsführungsbefugnis wird durch das Einzelklagerecht, das seine Wirkungen freilich nur im Außenverhältnis entfaltet, nicht ausgeschlossen.¹⁶²

 Dazu und zum Folgenden siehe Begr. Mauracher-E, S. 104.  Dafür bereits Fleischer,Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/2, 2017, S. O140.  Zum Meinungsstand vgl. Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105 Rn. 71; Verse FS U. H. Schneider, 2011, S. 1325, 1328 ff; für rechtshistorische und rechtsvergleichende Grundlagen siehe Fleischer JZ 2019, 53, 57 f.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 104.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 105.

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1. Tatbestandliche Voraussetzungen a) Geltendmachung von Sozial- und Drittansprüchen Mittels Gesellschafterklage können zunächst einmal Sozialansprüche durchgesetzt werden, dh Ansprüche der GbR gegen einen anderen Gesellschafter, die ihre Rechtsgrundlage in dem Gesellschaftsverhältnis haben. Dazu zählen zB Beitragsforderungen, Ersatzansprüche gegen pflichtvergessene Geschäftsführer¹⁶³, Rückgewähransprüche wegen unerlaubter Entnahmen nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB¹⁶⁴, Auskunftsansprüche¹⁶⁵ und Ansprüche auf Unterlassung von Wettbewerb.¹⁶⁶ In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung¹⁶⁷ können nach Maßgabe des § 715b Abs. 1 S. 2 BGB-E auch Drittansprüche verfolgt werden, wenn der außenstehende Drittschuldner an dem pflichtwidrigen Verhalten mitgewirkt oder es zumindest gekannt hat, wobei das pflichtwidrige Handeln gerade dazu geführt haben muss, dass die geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter die Anspruchsverfolgung unterließen. Das ist in der Sache überzeugend, weil der Drittschuldner bei einer Beteiligung an dem gesellschaftswidrigen Verhalten des die Gesellschaftsklage ablehnenden Mitgesellschafters nicht schutzwürdig ist, während die Minderheitsgesellschafter ein berechtigtes Interesse daran haben, auch gegen Dritte gerichtete Gesellschaftsforderungen zum Wohle der GbR und der Gesellschaftergesamtheit durchzusetzen, soweit die hierzu berufenen Geschäftsführer eine Anspruchsverfolgung pflichtwidrig unterlassen.

b) Subsidiarität der Gesellschafterklage Einzelne Gesellschafter können Gesellschaftsforderungen nur dann auf Grundlage der actio pro socio durchsetzen, wenn die geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter die Anspruchsverfolgung pflichtwidrig unterlassen. Der Grundsatz der Subsidiarität entspricht – mit der hM nach geltendem Recht¹⁶⁸

 Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 105.  BGH DStR 2010, 1346.  BGH WM 1970, 249; 1971, 723, 725.  Vgl. Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105 Rn. 68.  BGHZ 39, 14, 16 ff; BGH ZIP 1988, 12, 13; NJW 2000, 734, 735; NZG 2008, 588 Rn. 37.  OLG Naumburg GmbHR 2013, 932 Rn. 41; OLG Koblenz NZG 2014, 65; Haas in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 105 Rn. 80; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105

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– dem Charakter der Gesellschafterklage als Abweichung von der gesetzlichen Kompetenzordnung innerhalb der Gesellschaft. Das erscheint im Grundsatz sehr berechtigt, darf aber – entgegen der Entwurfsbegründung¹⁶⁹ – nicht zu einem generellen Vorrang der Beschlussanfechtung führen, soweit das pflichtwidrige Unterlassen auf einem Gesellschafterbeschluss beruht. Zwar kann es im Einzelfall dazu kommen, dass besondere Anfechtungsvoraussetzungen mittels Erhebung einer Gesellschafterklage unterlaufen werden. In der Sache nimmt eine solche Vorrangregel der actio pro socio indes einen Großteil ihrer Schlagkraft, weil sich der Kläger zunächst gegen den ablehnenden Beschluss zur Wehr setzen muss. Wird der Beschluss nach einem womöglich langwierigen Verfahren für nichtig erklärt, muss der Gesellschafter nun in ein zweites Klageverfahren nach § 715b BGB-E eintreten. Das erscheint mit Blick auf den hohen Stellenwert der Gesellschafterklage für die Durchsetzung von Sozialansprüchen als unverhältnismäßig aufwendig und insgesamt wenig prozessökonomisch. Deshalb sollte es zumindest zulässig sein, dass Anfechtungsund Gesellschafterklage in einem Verfahren miteinander verbunden werden können.¹⁷⁰ Ein dahingehender Hinweis in der Entwurfsbegründung wäre hilfreich. Umgekehrt darf die Erhebung der Gesellschafterklage – ebenso wie die Ausübung jeder anderen Mitgliedschaftsbefugnis – nicht gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen oder in sonstiger Weise missbraucht werden.¹⁷¹ Das kommt etwa in Betracht, wenn der in Anspruch Genommene beweisen kann, dass ihm aus dem Jahresabschluss Gegenansprüche auf Gewinnentnahme zustehen, der Kläger aber die Feststellung des Jahresabschlusses aus sachfremden Erwägungen blockiert.¹⁷²

Rn. 73; Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 105 Rn. 255; aA (Treuepflicht als alleinige Ausübungsschranke) BGHZ 25, 47, 49 f; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 109 Rn. 32.  Begr. Mauracher-E, S. 105.  Vgl. (zur GmbH) Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 13 Rn. 55; Merkt in Münch. Komm. z. GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 13 Rn. 331; Schiessl/Böhm in Münch. HdB GesR III, 5. Aufl. 2018, § 31 Rn. 30.  Vgl. BGHZ 25, 47, 50; BGH WM 2008, 1453, 1454; DStR 2010, 1346 Rn. 3.  Bezüglich dieser Frage zurückverwiesen durch BGH DStR 2010, 1346.

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2. Rechtsfolgen Zentrale Rechtsfolge der actio pro socio ist das Individualklagerecht des Gesellschafters, die bezeichneten Sozial- und Drittansprüche im eigenen Namen geltend zu machen.

a) Gesetzliche Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis Dem Gesellschafter stehen eine gesetzliche Einziehungsbefugnis und eine gesetzliche Prozessführungsbefugnis zu. Zuordnungssubjekt und Anspruchsinhaber bleibt aber ausschließlich die Gesellschaft. Nur sie kann über die Ansprüche verfügen, etwa auf ihn verzichten¹⁷³ oder einen Prozessvergleich schließen.¹⁷⁴ Das bedeutet zugleich, dass die Gesellschaft materiellrechtlich wirksam auf den Anspruch verzichten und der Klage so die Grundlage entziehen kann, allerdings nur einstimmig oder durch einen auf der Grundlage einer entsprechenden Vertragsklausel gefassten Mehrheitsbeschluss.¹⁷⁵

b) Rechtskrafterstreckung In Übereinstimmung mit § 148 Abs. 5 S. 1 AktG ordnet § 715b Abs. 3 BGB-E an, dass ein vom Gesellschafter über den Anspruch erstrittenes rechtskräftiges Urteil für und gegen die Gesellschaft wirkt. Nach geltendem Recht ist sehr umstritten, ob es bei der actio pro socio zu einer Rechtskrafterstreckung auch zulasten der Gesellschaft kommt.¹⁷⁶ Deren Zulassung steht und fällt mit der Wahrung des gesellschaftlichen Partizipationsinteresses. Dies wird nach § 715b Abs. 2 BGB-E in Form von Unterrichtungspflichten bewerkstelligt. Danach hat der klagende Gesellschafter die Gesellschaft unverzüglich über die Klageerhebung sowie die Lage des Rechtsstreits in Kenntnis zu setzen und hiervon auch das Gericht zu informieren.

 BGH NJW 1985, 2830, 2831; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105 Rn. 71; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 109 Rn. 35; v. Ditfurth in Münch. HdB GesR I, 5. Aufl. 2019, § 53 Rn. 68.  Begr. Mauracher-E, S. 106; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105 Rn. 71; Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 Rn. 263; Mock JuS 2015, 590, 594.  BGH NJW 1985, 2830, 2831; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105 Rn. 71 aE.  Dafür Bork/Oepen ZGR 2001, 515, 523 f; Schwab, Das Prozessrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 128 f; Verse FS U. H. Schneider, 2011, S. 1325, 1332; dagegen Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 Rn. 263; K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 105 Rn. 203.

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Umgekehrt hat das Gericht auf eine unverzügliche Unterrichtung der Gesellschaft hinzuwirken. Der Gesellschaft steht es daraufhin frei, sich an dem Rechtsstreit namentlich durch Nebenintervention (§ 66 ZPO) zu beteiligen oder aber selbst Klage zu erheben und damit der Gesellschafterklage die Grundlage zu entziehen.¹⁷⁷ Die Rechtskrafterstreckung erscheint vor diesem Hintergrund nicht unangemessen, sondern schützt berechtigte Interessen des Beklagten, nicht zweimal – zunächst vom Gesellschafter und später nochmals von der Gesellschaft – in Anspruch genommen zu werden.¹⁷⁸ Das vermeidet unökonomische Doppelprozesse und eine damit verbundene Mehrbelastung der Gerichte, es verhindert einander widersprechende Entscheidungen und dient zugleich den allgemeinen Prozessrechtsprinzipien der Rechtssicherheit und Prozesswirtschaftlichkeit.

3. Abweichende Regelungen Bemerkenswert ist die Einlassung der Entwurfsbegründung, die Gesellschafterklage stehe im Rahmen der §§ 138, 242 BGB zur Disposition der Gesellschafter.¹⁷⁹ Denn die hM geht nach geltendem Recht davon aus, dass eine Aufhebung oder Beschränkung der Klagemöglichkeit einer besonderen Rechtfertigung im Einzelfall bedarf.¹⁸⁰ Darüber hinaus ist anerkannt, dass eine aus wichtigem Grund erhobene Gesellschafterklage analog § 118 Abs. 2 HGB überhaupt nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden kann.¹⁸¹ An dieser Stelle sollten die Materialien entsprechend angepasst oder aber eine tragfähige Begründung für die Kodifizierung einer abweichenden Rechtslage nachgeschoben werden. Letzteres dürfte schwerfallen, weil in der Sache keine tauglichen Gründe für die Beschränkbarkeit der Gesellschafterklage ersichtlich sind. Vielmehr handelt es sich

 Habermeier in Staudinger, BGB, 2003, § 705 Rn. 49; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 214; Schöne in BeckOK, BGB, Stand: 1.5. 2020, § 705 Rn. 118; Westermann in Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 705 Rn. 60; offenlassend Begr. Mauracher-E, S. 107.  Vgl. Bork/Oepen ZGR 2001, 515, 523 f; Verse FS U. H. Schneider, 2011, S. 1325, 1332  Begr. Mauracher-E, S. 106: „Den Gesellschaftern bleibt es schließlich unbenommen, das Einzelklagerecht des Gesellschafters auszuschließen oder abweichend zu vereinbaren. Gegenstand der Überprüfung nach § 138 BGB beziehungsweise § 242 BGB ist allerdings nicht die einzelne Klausel, sondern das Vertragsgefüge in seiner Gesamtheit.“  Vgl. Enzinger in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 119 Rn. 68; Klimke in BeckOK, HGB, Stand: 15.4. 2020, § 119 Rn. 49; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 119 Rn. 56; Blath RNotZ 2017, 218. 220; Neumann ZIP 2017, 1141, 1143.  Vgl. Enzinger in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 119 Rn. 68; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 109 Rn. 38; Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 119 Rn. 39; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, § 8 IV 1 c aa.

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bei ihr – schon wegen des hohen Stellenwerts für die Durchsetzung von Sozialansprüchen – um ein unverzichtbares Minderheitsrecht,¹⁸² das dem einzelnen Gesellschafter die Möglichkeit eröffnet, sich gegen eine Willkürherrschaft der Mehrheit zur Wehr zu setzen. Auf das Recht zur konstruktiven Opposition kann der einzelne Gesellschafter nicht verzichten.

4. Abschließende Bewertung Die Kodifizierung der Gesellschafterklage verdient uneingeschränkte Zustimmung. Die Regelung schafft eine belastbare Grundlage für die Geltendmachung von Sozial- und Drittansprüchen und leistet damit einen nicht gering zu schätzenden Beitrag zur Institutionenbildung im (Personen‐)Gesellschaftsrecht. Aus rechtsdogmatischer Perspektive vermag vor allem die Konstruktion der actio pro socio als gesetzliche Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis zu überzeugen, weil sie sich nahtlos in das moderne Konzept einer rechtsfähigen Personengesellschaft einfügt. Zuordnungssubjekt für das Gesellschaftsvermögen und damit auch von zugunsten der GbR begründeten Forderungen ist die Gesellschaft selbst. Eine Verdoppelung der Ansprüche muss vor diesem Hintergrund gekünstelt erscheinen und führt zu schwer auflösbaren Folgefragen, die sich auf Grundlage einer gesetzlichen Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis rechtssicher vermeiden lassen. Zugleich wird ein rechtsformübergreifender Gleichlauf mit der derivativen Aktionärsklage nach § 148 AktG hergestellt.¹⁸³

VI. Informationsrechte Die Informationsrechte der Gesellschafter sind im Entwurf deutlich harmonisiert worden. Unterschiede bestehen allerdings weiterhin zwischen persönlich haftenden Gesellschaftern und Kommanditisten.

 Haas in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 105 Rn. 80; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105 Rn. 70; K. Schmidt in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 105 Rn. 199; Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 105 Rn. 204; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, 2004, § 3 III 6 a cc; aA Hueck, Das Recht der OHG, 4. Aufl. 1971, § 18 II 3; offenlassend BGH NJW 1985, 2830, 2831.  Zur Ausstrahlung des § 148 AktG auf die Gesellschafterklage im Personengesellschafts- und GmbH-Recht ausf. Verse FS U. H. Schneider, 2011, S. 1325, 1330 ff.

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1. Persönlich haftende Gesellschafter Persönlich haftende Gesellschafter können nach Maßgabe des § 717 Abs. 1 BGB-E ein individuelles Informationsrecht gegen die Gesellschaft geltend machen. Umgekehrt stehen der Gesellschaft gegen die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter gem. § 717 Abs. 2 BGB-E Benachrichtigungs- und Auskunftsrechte zu. Die für BGB-Gesellschafter konzipierten Vorschriften gelten nach den bekannten Verweisungen auch für OHG-Gesellschafter, Komplementäre und die Mitglieder einer PartG.

a) Informationsrechte der Gesellschafter aa) Einsichtnahme und Abschriften In sachlicher Übereinstimmung mit § 716 BGB, § 118 HGB hat jeder – auch der nicht zur Geschäftsführung befugte – Gesellschafter nach § 717 Abs. 1 S. 1 BGB-E gegenüber der Gesellschaft das Recht, die Unterlagen der Gesellschaft einzusehen und sich aus ihnen Auszüge anzufertigen. Ebenso wie die Vorgängerregelungen dient das individuelle Informationsrecht in erster Linie dem Minderheitsschutz.¹⁸⁴ Die Gesellschafter sollen sich jederzeit über das mit der Beteiligung an der Gesellschaft verbundene Risiko informieren können. Zudem schaffen hinreichende Informationen über die Lage der Gesellschaft die notwendige Grundlage dafür, dass die Gesellschafter ihre mitgliedschaftlichen Entscheidungsbefugnisse ordnungsgemäß und zweckmäßig ausüben, vermögensrechtliche Ansprüche geltend machen und Schaden von der Gesellschaft abwenden können.¹⁸⁵

bb) Auskunftsrecht Das über die Einsichtnahme hinausgehende Auskunftsrecht in Gesellschaftsangelegenheiten soll jedem Gesellschafter nach § 717 Abs. 1 S. 2 BGB-E nur „ergänzend“ zustehen. Voraussetzung ist nach der Entwurfsbegründung, dass „der Zweck des individuellen Informationsrechts“ durch das Einsichtnahmerecht

 Vgl. BGH NJW 1984, 2470; 1989, 225; 1995, 194.  Vgl. BGH NJW 1984, 2470; (zu § 166 HGB) BGH NJW 1992, 1890, 1891; Drescher in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 118 Rn. 1 f; Enzinger in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 118 Rn. 2; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl. 2019, § 118 Rn. 1; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 118 Rn. 2.

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„nicht erreicht werden kann“.¹⁸⁶ Das wird nach geltendem Recht ausnahmsweise nur dann angenommen, wenn die Unterlagen lückenhaft oder widersprüchlich sind.¹⁸⁷ Im vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut findet die Einschränkung indes keinen hinreichenden Ausdruck. Das wird besonders deutlich bei einem vergleichenden Blick auf die unterschiedlichen Textfassungen von § 717 Abs. 1 S. 2 BGB-E und § 166 Abs. 1 S. 2 HGB-E. Dort ist für das Auskunftsrecht des Kommanditisten in einem zweiten Halbsatz ein Erforderlichkeitskriterium („soweit dies zur Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist“) verankert worden. Zwar verweist die Entwurfsbegründung ausdrücklich auf eine unterschiedliche Reichweite der beiden Auskunftsrechte.¹⁸⁸ In der praktischen Handhabung dürften die Unterschiede indes weniger schwer wiegen als es auf den ersten Blick erscheinen mag.¹⁸⁹ Dessen ungeachtet sollte der Entwurf jedenfalls im Regelungskontext des § 717 Abs. 1 S. 2 BGB-E deutlicher zum Ausdruck bringen, dass das Auskunftsrecht nur eingreift, wenn die Einsichtnahme nach dem individuellen Informationszweck nicht ausreichend und für die Ausübung der betreffenden Mitgliedschaftsrechte der persönlich haftenden Gesellschafter erforderlich ist.

cc) Abweichende Regelungen Das individuelle Informationsrecht ausschließende oder beschränkende Vereinbarungen stehen einer Geltendmachung nach § 717 Abs. 1 S. 3 BGB-E nicht entgegen, soweit dies zur Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte des Gesellschafters erforderlich ist, insbesondere wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht. Dieser Vorbehalt einer besonderen Ausübungskontrolle ist nicht völlig neu, orientiert sich vielmehr an dem in § 716 Abs. 2 BGB, § 118 Abs. 2 HGB verankerten Rechtsgedanken. Dementsprechend kann auch zur Konkretisierung der nach § 717 Abs. 1 S. 3 BGB-E geforderten Abwägung der widerstreitenden Interessen von Verband und Mitglied auf die Erkenntnisse zum geltenden Recht zurückgegriffen werden. Danach genießt das individuelle Informationsinteressen des Gesellschafters beispielsweise den Vorrang, wenn Infor-

 Begr. Mauracher-E, S. 110 unter Hinweis auf Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 716 Rn. 12.  Vgl. BGHZ 14, 53, 60; BGH WM 1983, 910, 911; Haas in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 118 Rn. 7; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 118 Rn. 15; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 118 Rn. 7; Otte NZG 2014, 521, 524 f; weitergehend etwa Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, § 118 Rn. 14 f.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 182.  Für eine einheitliche Kodifizierung des Auskunftsrechts siehe das Plädoyer unten VI 2 b.

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mationen trotz ungewöhnlicher Geschäftsentwicklung grundlos verweigert werden, Geschäftsunterlagen fehlerhaft geführt sind,¹⁹⁰ bedeutsame Unterlagen gänzlich fehlen¹⁹¹ oder konkrete Anhaltspunkte für Versuche vorliegen, bestimmte Geschäftsvorgänge zu vertuschen.¹⁹² Der Gesellschafter muss die bezeichneten Umstände nicht beweisen oder glaubhaft machen, sondern lediglich darlegen.¹⁹³

b) Informationsrechte der Gesellschaft Dem Informationsinteresse der Gesellschaft wird nach § 717 Abs. 2 S. 1 BGB-E zunächst durch die Bringschuld der geschäftsführungsbefugten Gesellschafter entsprochen, über ihre Geschäftsführungstätigkeit zu berichten. Inhalt und Umfang dieser Benachrichtigungspflicht richten sich nach dem konkreten objektiven Informationsbedürfnis der Gesellschaft, das maßgeblich von der wirtschaftlichen Bedeutung und vom persönlichen Haftungsrisiko der Gesellschafter abhängt.¹⁹⁴ Darüber hinaus kann die Gesellschaft von den geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern Auskünfte über Gesellschaftsangelegenheiten sowie – nach Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer – Rechenschaft (vgl. § 259 BGB) verlangen. Die Entwurfsbegründung spricht in diesem Zusammenhang vom kollektiven Informationsrecht.¹⁹⁵ Diese Bezeichnung rekurriert auf den früheren Rechtszustand, als man noch annahm, der in §§ 713, 666 BGB gewährte Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch stehe der Gesamtheit der übrigen Gesellschafter zu.¹⁹⁶ Informationsgläubiger ist nach § 717 Abs. 2 BGB-E indes die Gesellschaft selbst. Das ist mit Blick auf die uneingeschränkte Anerkennung der Rechtsfähigkeit der

 Begr. Mauracher-E, S. 110.  Vgl. Enzinger in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 118 Rn. 35; Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 118 Rn. 16; Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 118 Rn. 30; Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, § 118 Rn. 34.  Vgl. Lieder in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 118 Rn. 30; Roth in Baumbach/Hueck, HGB, 39. Aufl. 2020, § 118 Rn. 18; .  Vgl. Enzinger in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2016, § 118 Rn. 34; Haas in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 118 Rn. 18; Lieder in Oetker Roth in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 118 Rn. 30; Roth in Baumbach/Hueck, HGB, 39. Aufl. 2020, § 118 Rn. 18.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 110.  Begr. Mauracher-E, S. 110.  Vgl. Habermeier in Staudinger, BGB, 2003, § 713 Rn. 6; Hadding/Kießling in Soergel, BGB, 13. Aufl. 2011, § 713 Rn. 7; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 713 Rn. 8; Westermann in Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 713 Rn. 3.

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GbR (vgl. § 705 Abs. 2 BGB-E) nur konsequent. Die Bezeichnung als „kollektives Informationsrecht“ erscheint daher überholt und sollte aus der Entwurfsbegründung gestrichen werden. Ein gesellschaftsvertraglicher Ausschluss der Informationsrechte der Gesellschaft ist nach § 717 Abs. 2 S. 2 BGB-E unwirksam. Demgegenüber sollen bloße Beschränkungen nach der Entwurfsbegründung bis zur Grenze der Rechtsschutzverkürzung (§ 138 BGB) zulässig sein.¹⁹⁷ Diese Regelung erscheint vertretbar. Im geltenden Recht wird sowohl § 713 BGB¹⁹⁸ als auch § 666 BGB¹⁹⁹ als dispositiv angesehen. Die beschränkte Indisponibilität des individuellen Informationsrechts nach § 717 Abs. 1 S. 3 BGB-E sorgt jedenfalls für ein änderungsfestes Mindestniveau an Minderheitenschutz durch Information.

2. Kommanditisten a) Abschrift und Einsichtnahme Es entspricht dem beibehaltenen Leitbild des Kommanditisten als Kapitalgeber, sein Informationsrecht – in Parallel zum stillen Gesellschafter (vgl. § 233 HGB-E) – grundsätzlich auf die Einsichtnahme in den Jahresabschluss und die Prüfung der Rechnungslegungsdokumente zu beschränken.²⁰⁰ Dementsprechend kann der Kommanditist von der KG nach Maßgabe des § 166 Abs. 1 S. 1 HGB-E in erster Linie die Abschrift des Jahresabschlusses (§ 242 Abs. 3 HGB) verlangen und zu Prüfzwecken die zugehörigen Geschäftsunterlagen einsehen. Das berechtigte Informationsinteresse des Kommanditisten wird dadurch gewahrt, dass sich sein Einsichtsrecht nicht nur auf die Prüfungsberichte, sondern das gesamte Rechnungswesen erstreckt.²⁰¹

 Begr. Mauracher-E, S. 111.  Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 713 Rn. 2; Schöne in BeckOK, BGB, Stand: 1.5. 2020, § 713 Rn. 1; Westermann in Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 713 Rn. 1.  Fischer in BeckOK, BGB, Stand: 1.5. 2020, § 666 Rn. 7; Schäfer in Münch. Komm. z. BGB, 8. Aufl. 2020, § 666 Rn. 2; Wiese in Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 666 Rn. 1.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 181.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 182.

Geschäftsführung und Vertretung im modernisierten Personengesellschaftsrecht

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b) Auskunftsrecht Einer Empfehlung des 71. Deutschen Juristentages folgend²⁰² wird außerdem ein allgemeines Auskunftsrecht des Kommanditisten normiert. Nach Maßgabe des § 166 Abs. 1 S. 2 HGB-E kann er von der KG Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten verlangen, soweit dies zur Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist, insbesondere wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht. Mit diesem Erforderlichkeitskriterium, das vom Kommanditisten darzulegen und im Ernstfall zu beweisen ist, kehrt der in § 717 Abs. 1 S. 3 BGB-E verankerte Vorbehalt einer besonderen Ausübungskontrolle²⁰³ wieder. Ganz bewusst haben sich die Entwurfsverfasser gegen eine nur entsprechende Anwendung des allgemeinen Auskunftsrechts nach § 717 Abs. 1 S. 2 BGB-E entschieden, um die unterschiedlich gelagerten Informationsbedürfnisse von persönlich haftenden Gesellschaftern und Kommanditisten hervorzuheben.²⁰⁴ Das scheint offenbar auch der tiefere Grund für die – bereits oben²⁰⁵ kritisierte – Entwurfsfassung des § 717 Abs. 1 S. 2 BGB-E zu sein, dessen inhaltliche Beschränkung auf ein legitimes Informationsinteresse im Gesetzestext deutlicher zum Ausdruck gebracht werden sollte. Darüber hinaus erscheint es mit Blick auf die dogmatische Grundlage des allgemeinen Informationsrechts und im Interesse einer verbandsformübergreifenden Rechtsharmonisierung vorzugswürdig, dem Kommanditisten ein den persönlich haftenden Gesellschaftern vergleichbares Auskunftsrecht zuzugestehen. Darin käme der gemeinsame Regelungskern des allgemeinen Auskunftsrechts hinreichend zum Ausdruck, wonach jedes Mitglied diejenigen Informationen beanspruchen kann, die es zur sachgerechten Ausübung seiner mitgliedschaftlichen Befugnisse benötigt.²⁰⁶ Die unterschiedliche Reichweite des Auskunftsrechts ergibt sich zwanglos aus der unterschiedlichen Rechtsstellung der beiden Gesellschaftergruppen und kann klarstellend in den Materialien vermerkt werden. Im Übrigen kann sich die praktische Anwendung des Auskunftsrechts an den zum geltenden Recht entwickelten Grundsätzen orientieren. Danach bestimmen

 Beschluss Nr. 24, abgedruckt in Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/2, 2017, S. O223; offenbar inspiriert von Roßkopf, Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentags, Bd. II/1, 2017, S. O24.  Siehe oben VII 1 a cc.  Vgl. Begr. Mauracher-E, S. 182.  Siehe nochmals oben VII 1 a bb.  Vgl. Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 3 unter Hinweis auf Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, 2004, § 9 II 5 a aa: „Grundrecht auf Information“.

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sich Inhalt und Umfang des Auskunftsrechts nach der individuellen Rechtsstellung des konkreten Kommanditisten.²⁰⁷ Die erforderlichen Informationen können sich auf sämtliche Rechte des Kommanditisten beziehen, die er in der Gesellschafterversammlung wahrnehmen kann. Das schließt seine Beteiligung an Grundlagengeschäften, die Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen ein.²⁰⁸ Auskünfte über gewöhnliche Geschäfte kann er – mangels Beteiligung – hingegen nicht verlangen,²⁰⁹ es sei denn, es steht die Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen pflichtwidriger Geschäftsführung in Rede.²¹⁰

c) Abweichende Regelungen Nach Maßgabe des § 166 Abs. 2 HGB-E können die individuellen Informationsrechte des Kommanditisten kraft Gesellschaftsvertrags nicht ausgeschlossen werden. Die Entwurfsbegründung sieht Beschränkungen indes als zulässig an, sofern damit keine § 138 BGB widersprechende Rechtsschutzverkürzung verbunden sei.²¹¹ Das ist zumindest missverständlich, weil die Grenzen der Disponibilität der Informationsrechte des Kommanditisten nach geltendem Recht deutlich enger gezogen werden. Insbesondere kann das außerordentliche Informationsrecht nach § 166 Abs. 3 HGB, das im Entwurf keine Entsprechung findet, überhaupt nicht eingeschränkt werden.²¹² Auch das ordentliche Informationsrecht nach § 166 Abs. 1 HGB, dem das Recht auf Abschrifterteilung und Einsichtnahme gem. § 166 Abs. 1 S. 1 HGB-E nachgebildet ist, kann nicht substanziell

 Vgl. Grunewald in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2019, § 166 Rn. 13; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 16.  Vgl. OLG Jena BeckRS 2016, 16922; Casper in Staub, HGB, 5. Aufl. 2014, § 166 Rn. 26; Haas/ Mock in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 166 Rn. 31, 37; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 18; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 166 Rn. 11.  Casper in Staub, HGB, 5. Aufl. 2014, § 166 Rn. 26; Haas/Mock in Röhricht/von Westphalen/ Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 166 Rn. 32; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 18.  Vgl. BGH WM 1983, 910, 911; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 18.  Begr. Mauracher-E, S. 182.  Casper in Staub, HGB, 5. Aufl. 2014, § 166 Rn. 59; Gummert in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 166 HGB Rn. 28; Haas/Mock in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 166 Rn. 41; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 43; Casper/Selbach NZG 2016, 1324, 1327.

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abbedungen werden.²¹³ Zudem sieht die hM auch das nach geltendem Recht anerkannte – ungeschriebene – Informationsrecht, das dem ergänzenden Auskunftsrecht nach § 166 Abs. 1 S. 2 HGB-E entspricht, als unabdingbar an.²¹⁴ Hinter diesem Schutzniveau des geltenden Rechts darf der Entwurf nicht zurückbleiben. Das gilt sowohl für das Recht auf Abschrifterteilung und Einsichtnahme, das dem kapitalanlegenden Kommanditisten durch Informationen zum Jahresabschluss den Wert seiner kapitalmäßigen Beteiligung sichert,²¹⁵ als auch für das allgemeine Auskunftsrecht, das dem Kommanditisten die zur Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte bei außergewöhnlichen und Grundlagenentscheidungen erforderlichen Informationen verschafft.²¹⁶ Im Interesse eines effektiven Minderheits-, aber auch Kapitalanlegerschutzes können die Informationsrechte dem Kommanditisten weder gegen seinen Willen entzogen werden, noch kann er selbst auf den substanziellen Gehalt dieser Rechte eigenverantwortlich verzichten. Dieser Rechtsstand sollte in der Entwurfsbegründung festgeschrieben werden.

VII. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen²¹⁷ 1.

2.

Der Regelungskomplex „Geschäftsführung und Vertretung“ ist gekennzeichnet durch (1.) die Stärkung der innergesellschaftlichen Organisationsstruktur, (2.) klare dogmatische Abschichtungen, (3.) eine verbandsformübergreifende Rechtsharmonisierung und (4.) die maßvolle Kodifizierung anerkannter Rechtsinstitute. Die stärker organschaftlich ausgestaltete Unternehmensverfassung der Personengesellschaften manifestiert sich in einer funktionalen Trennung der

 OLG Jena BeckRS 2013, 199609; 2013, 199610; Grunewald in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2019, § 166 Rn. 51, 56; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 44; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 166 Rn. 18.  Casper in Staub, HGB, 5. Aufl. 2014, § 166 Rn. 60; Grunewald in Münch. Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2019, § 166 Rn. 52; Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, § 166 Rn. 44; Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 45; aA (nur in Bezug auf unentziehbare Rechte) Haas/Mock in Röhricht/von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 166 Rn. 45.  Vgl. Oetker in Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 166 Rn. 44; Lutter ZIP 1997, 613, 619; Veltins/Hikel DB 1989, 465, 466.  Siehe nochmals oben VII 2 b.  Die Thesen lagen den Teilnehmern des ZGR-Sondersymposions „Reform des Personengesellschaftsrechts“ vor, das am 18.6. 2020 über Zoom durchgeführt wurde, und bildeten die Grundlage der Diskussion.

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gesellschaftsinternen Willensbildung durch Gesellschafterbeschluss von der Geschäftsführung durch die Gesellschafter (Funktionentrennung) sowie in der Abschichtung der Zuständigkeiten von Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung (Kompetenzverteilung). 3. Die dispositive Gesamtgeschäftsführungsbefugnis der BGB-Gesellschafter bildet verbandsübergreifend den gesetzlichen Regelfall und korrespondiert mit der persönlichen Haftung aller Gesellschafter. Praktische Probleme, insbesondere im Registerverkehr, werden durch die Schaffung eines GbRRegisters nebst Publizitätswirkung rechtssicher bewältigt. 4. Der Grundsatz der Selbstorganschaft verliert auf der Grundlage des Entwurfs de lege ferenda weiter an Überzeugungskraft. Es ist an der Zeit, im Grundsatz auch Fremdorganschaft im Personengesellschaftsrecht zuzulassen. 5. Beifall verdient die Harmonisierung des OHG- und BGB-Gesellschaftsrechts im Hinblick auf (1.) den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis (gewöhnliche/außergewöhnliche Geschäfte), (2.) die systematische Entkoppelung von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, (3.) die Zulassung der Gesamtvertreterermächtigung, (4.) die Anerkennung der passiven Einzelvertretungsbefugnis und (5.) die unbeschränkte und beschränkbare Vertretungsmacht der Gesellschafter. 6. Aufgrund der verbandsformübergreifenden Rechtsharmonisierung können redundante OHG-Vorschriften ersatzlos gestrichen werden. Das betrifft §§ 108 I, IV 1, VI, 116 III HGB-E. 7. Zustimmung verdient die differenzierte Ausgestaltung der Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis von BGB-Gesellschaftern durch Beschluss der übrigen Gesellschafter. Die Entziehung durch Gestaltungsklage bei OHG und KG entbehrt einer sachlichen Rechtfertigung. §§ 108 V, 116 VI HGB-E sollten ersatzlos gestrichen werden. 8. Die Notgeschäftsführungsbefugnisse sollten regelungstechnisch im Rahmen einer Vorschrift zusammengeführt werden. 9. Die Kodifizierung der Gesellschafterklage ist sachlich gelungen. In der Entwurfsbegründung sollte klargestellt werden, dass es grundsätzlich keinen Vorrang der Beschlussanfechtung gibt, jedenfalls aber Anfechtungs- und Gestaltungsklage in einem Verfahren miteinander verbunden werden können. Weiter sollte in der Begründung festgeschrieben werden, dass die Beschränkung der Gesellschafterklage einer besonderen Rechtfertigung im Einzelfall bedarf und die Klage aus wichtigem Grund überhaupt nicht beschränkt werden kann. 10. Das individuelle Auskunftsrecht der persönlich haftenden Gesellschafter und der Kommanditisten sollte einheitlich geregelt werden. Alle Gesellschafter sollten von der Gesellschaft Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten

Geschäftsführung und Vertretung im modernisierten Personengesellschaftsrecht

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verlangen können, soweit dies zur Wahrnehmung der konkret-individuellen Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist.

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Bericht über die Diskussion

Die Diskussion im Anschluss an den Vortrag von Jan Lieder zur Geschäftsführung und Vertretung wurde von Marc-Philippe Weller geleitet. Die Diskutanten setzten thematische Schwerpunkte beim Prinzip der Selbstorganschaft, bei der Abschaffung der Gestaltungsklage, bei der Ausgestaltung der actio pro socio sowie bei der Beschränkbarkeit der Vertretungsmacht. Schließlich wurde auch noch einmal vertieft der Frage nachgegangen, welche Adressatenkreise bei der Gesetzesredaktion zu berücksichtigen sind.

I. Mehrere Teilnehmer aus der Wissenschaft unterstützten nachdrücklich die Forderung Lieders, das Prinzip der Selbstorganschaft vollständig aufzugeben. Eine Diskutantin verwies auf eine jüngere Untersuchung¹, die auch in rechtsvergleichender Perspektive noch einmal eindrücklich belegt habe, dass das Prinzip im Grunde genommen obsolet geworden sei. Sie bedauerte deshalb, dass sich diese Ansicht in den Entwurfsberatungen letztendlich nicht habe durchsetzen können und man stattdessen an altbewährten Vorstellungen festhalten wolle. Immerhin aber bringe der Entwurf konkludent zum Ausdruck, dass der Grundsatz der Selbstorganschaft zunehmend an Bedeutung verliere. Auch eine andere Teilnehmerin äußerte sich erfreut, dass die Kritik am Prinzip der Selbstorganschaft zunehmend salonfähig werde. Sie plädierte eindringlich dafür, diesen Punkt möglichst doch noch in der Reform aufzugreifen. Eine Lösung durch die Rechtsprechung sei nicht zu erwarten, weil sich die Kautelarpraxis dem Problem durch einigermaßen gekünstelte Konstruktionen entziehe. Nur mit einer gesetzlichen Lösung ließe sich überdies auch dem Bedürfnis Rechnung tragen, den Fremdgeschäftsführer unter erleichterten Voraussetzungen abberufen zu können. Die Teilnehmerin verwies darauf, dass andere Rechtsordnungen, die eine Fremdorganschaft zulassen, in diesem Punkt eine Unterscheidung vornehmen. Ein dritter Beitrag ergänzte diese Ausführungen und betonte, dass die Selbstorganschaft jedenfalls kein naturgesetzliches Prinzip sei, denn dafür fehle nicht nur rechtsvergleichend, sondern auch rechtshistorisch jegliche Evidenz. Der

 Osterloh-Konrad, ZGR 2019, 271. https://doi.org/10.1515/9783110719178-013

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Teilnehmer hob hervor, dass sich das Reichsgericht² seinerzeit klar gegen ein zwingendes Prinzip der Selbstorganschaft ausgesprochen habe. Dagegen habe der 1939 von Hans Würdinger erarbeitete Bericht³ die Selbstorganschaft mit Nachdruck zu einem unabdingbaren Wesenszug der Personengesellschaften erklärt. Für die heutige Zeit konstatierte der Diskutant, das Prinzip sei mittlerweile derart durchlöchert, dass eine Herabstufung zur default rule angebracht sei, wofür er das schweizerische Recht⁴ als Vorbild empfahl. Lieder äußerte sich abschließend erfreut über den Zuspruch. Ob die Frage in den Reformberatungen möglicherweise doch noch einmal aufgegriffen und vielleicht sogar ein Konsens gefunden werden kann, bleibt seiner Meinung nach jedoch abzuwarten.

II. Die von Lieder geforderte Abschaffung der Gestaltungsklage bei der Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis stieß unter den Diskutanten auf ein geteiltes Echo. Eine Teilnehmerin aus der Wissenschaft widersprach dem Argument, die Rechtssicherheit könne faktisch über § 15 HGB gewährleistet werden. Sie verwies darauf, dass die Norm eben gerade nicht gegenüber den Mitgesellschaftern gelte. Auch diese hätten aber ein erhebliches Bedürfnis nach Rechtssicherheit darüber, wer geschäftsführungs- und vertretungsbefugt sei. Ein Vertreter der Richterschaft sprach sich dagegen für eine Abschaffung der Gestaltungsklage aus. Sie sei seiner Meinung nach – im Vorgriff auf den Vortrag von Christian Bochmann – auch in Gestalt der Ausschließungsklage geboten. Die von der Vorrednerin eingeforderte Rechtssicherheit sei nach dem Anfechtungsmodell in hinreichendem Maße gegeben, das schließlich auch bei der GmbH gut funktioniere, wobei sich dort aber im Übrigen auch die Beschlussfeststellung durchaus als gangbarer Weg erwiesen habe. Ein weiterer Diskutant meinte, diese Frage könne man guten Gewissens den Gesellschaftern überlassen. Auch nach geltendem Recht könnten diese die Gestaltungsklage schließlich im Gesellschaftsvertrag ausschließen und durch einen anderen prozessualen Modus ersetzen. Dem stimmte auch Lieder in seiner abschließenden Stellungnahme zu. Er betonte aber zugleich, dass dies die Frage  RGZ 74, 297, 301.  Würdinger, Das Recht der Personalgesellschaften. 1. Teil: Die Kommanditgesellschaft. 1. Arbeitsbericht des Ausschusses für das Recht der Personalgesellschaften der Akademie für Deutsches Recht, 1939, S. 47 ff.  Art. 535 Abs. 1 OR.

Bericht über die Diskussion

217

nach der gesetzlichen default rule nicht beantworte. Insofern halte er daran fest, dass die Gestaltungsklage eine Anomalie im Recht der Personenhandelsgesellschaften darstelle und dass die Beschlussanfechtung die bessere Standardlösung für ein professionelles Umfeld sei, wobei gesellschaftsvertragliche Abweichungen natürlich zulässig blieben.

III. Eine Diskutantin hielt Lieders Kritik an der im Entwurf vorgesehenen Abdingbarkeit der actio pro socio im Grundsatz für berechtigt, regte allerdings eine Ausnahme für Publikumsgesellschaften an. Hier sollte der Gesellschaftsvertrag einen Schwellenwert vorsehen können, zumal die heutige BGH-Rechtsprechung in Analogie zu § 46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG und § 147 Abs. 2 S. 1 AktG auch die Bestellung eines besonderen Vertreters zulasse.⁵ Ein weiterer Teilnehmer aus der Wissenschaft begrüßte ebenfalls die Kodifikation der Gesellschafterklage, sah aber Nachbesserungsbedarf bei der konkreten Ausformung. Insbesondere mit Blick auf die Geltendmachung von Drittansprüchen mahnte er einen Abgleich mit dem Rechtsstand im GmbH-Recht an. Im Hinblick auf das Subsidiaritätserfordernis regte er einen Seitenblick auf § 148 AktG an, den Dirk Verse schon einmal als mögliche Blaupause für die gesellschaftsrechtliche Institutionenbildung ins Spiel gebracht habe⁶ und aus dem sich beispielsweise das Aufforderungserfordernis auch in die hiesige Kodifikation übernehmen ließe. Auch hinsichtlich der im Entwurf vorgesehenen Abdingbarkeit äußerte der Diskutant deutliche Bedenken, da es sich bei der Gesellschafterklage gleichsam um die Magna Charta des gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutzes handele. Lieder plädierte diesbezüglich für eine Orientierung am bisherigen wissenschaftlichen Konsens. Bislang sei nach seinem Kenntnisstand niemand für eine vollständige Abdingbarkeit eingetreten. Möglicherweise empfehle sich daher, die strittige Passage aus dem Entwurfstext zu streichen und die Frage wie bisher der Rechtsprechung zu überlassen.

 BGH ZIP 2010, 2345, 2346.  Verse, FS U.H. Schneider, 2011, S. 1325.

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IV. Ein Vertreter aus dem Bereich der Wissenschaft kritisierte den nach seinem Dafürhalten überschießenden Anwendungsbereich des § 720 Abs. 4 S. 2 BGB-E, wonach eine Beschränkung des Umfanges der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam ist. Im Falle der nichteingetragenen GbR bestehe kein hinreichendes Schutzbedürfnis für den Rechtsverkehr, weil dieser eben gerade nicht auf eine Registrierung vertrauen könne. Die Entwurfsfassung müsse, um systemwidrige Verschiebungen zu vermeiden, wohl teleologisch reduziert werden. Er begründete seine Position damit, dass auch die rechtsfähige Außen-GbR letztlich eine Personengesellschaft auf vertraglicher Grundlage bleibe. Dem Vertragsmodell sei es aber grundsätzlich fremd, dass ein Gesellschafter unter Verletzung der im Innenverhältnis übertragenen Befugnis vorpresche und seine Mitgesellschafter im Außenverhältnis wirksam verpflichte. Das gelte auch dann, wenn alle Gesellschafter der Teilnahme am Rechtsverkehr zugestimmt haben, denn damit wollten sie nicht automatisch auf das Recht verzichten, den Umfang der Vertretungsmacht beschränken zu können. Ihre Grenze finde die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter erst, wenn die Gesellschaft in das GbR-Register eingetragen werde. Ein weiterer Teilnehmer ging darüber noch hinaus und meinte, die Regelung des geltenden § 126 Abs. 2 HGB sei nicht nur für nicht eingetragene GbR unpassend, sondern sollte insgesamt auf unternehmenstragende GbR beschränkt bleiben. Insofern gleiche der Entwurf die GbR viel zu stark an die oHG an, wenn er neben dem gesamten Haftungsmodell nun auch noch die unbeschränkbare Vertretungsmacht für anwendbar erkläre. Das passe vielleicht für den schneidigen Handelsverkehr, aber nicht für die Gelegenheitsgesellschaft. Auch mit Blick auf die Problematik der „GbR mbH“ bestehe kein Bedürfnis für eine derart strenge Regelung. Obgleich der BGH diesem Modell schon vor längerer Zeit eine klare Absage erteilt habe,⁷ gebe es weiterhin Stimmen, die es unter Verweis auf die Nichtgeltung von § 126 Abs. 2 HGB für zulässig hielten. Der Entwurf schließe zwar diese Lücke, schieße damit aber über das Ziel hinaus. Hinsichtlich der einschneidenden Rechtsfolgen rief der Teilnehmer das von Claus-Wilhelm Canaris bekannte Schreckbeispiel der „Abifeier-GbR“⁸ in Erinnerung. Lieder widersprach dieser Kritik. Die Regelung habe keineswegs nur im professionellen Verkehr ihre Berechtigung, sondern trage – wie auch ein jüngerer Aufsatz⁹ überzeugend gezeigt habe – einem legitimen allgemeinen Verkehrs-

 BGHZ 142, 315.  Canaris, ZGR 2004, 69, 74.  Wertenbruch, NZG 2019, 407.

Bericht über die Diskussion

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schutzinteresse Rechnung. Die Interessen der Gesellschafter seien dadurch ausreichend geschützt, dass sie einerseits dem Tätigwerden im Rechtsverkehr zustimmen müssten und andererseits auch an der Gesamtvertretung als gesetzlichem Regelfall festgehalten werde. Letztendlich setze die Entwurfsfassung an dieser Stelle bloß das stellvertretungsrechtliche Abstraktionsprinzips konsequent um.

V. Kontrovers diskutiert wurde schließlich Lieders Forderung, Redundanzen aus dem Gesetz zu streichen und sich noch stärker der Verweisungstechnik zu bedienen. Ein Teilnehmer bescheinigte Lieder, mit dieser These ganz auf der Linie der Entwurfsverfasser zu liegen. Damit sei aber erneut die grundsätzlichere Frage angesprochen, an wen sich das Gesetz eigentlich richte und wieviel Redundanz wünschenswert sei. Der Teilnehmer wandte sich ausdrücklich gegen die Annahme, dass Laien ohnehin nicht in das Gesetz schauen würden. Der Normtext werde nicht nur von verweisungsgewöhnten Juristen konsultiert, sondern etwa auch von Kaufleuten mit juristischer Vorbildung, die nicht immer teuren Rechtsrat einholen wollten, ebenso wie von Rechtspflegern oder Rechtsanwalts- und Notarsgehilfen. Insgesamt müsse die redaktionelle Maxime sein, einfache Zusammenhänge möglichst übersichtlich darzustellen und dabei auftretende Doppelungen in Kauf zu nehmen. Auch andere Diskutanten betonten den Transparenzgedanken. So verwies ein Teilnehmer auf Erfahrungen im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit, die zeigten, dass Kaufleute sich nicht nur ihren juristischen Beratern ausliefern wollen. Zwar werde bei der Gründung in aller Regel Rechtsrat eingeholt, gerade später im laufenden Betrieb würden Laien aber zum Teil sehr genau in die gesetzlichen Vorschriften schauen. Die oHG müsse darum wie die GbR aus sich heraus verständlich bleiben, und zwar nicht nur für Juristen. Insoweit sei Transparenz wichtiger als juristischer Pyramidenbau und Verweisungseleganz. Ergänzend fügte ein Diskutant noch hinzu, auch die Steuerberater dürften als Gesetzesadressaten nicht unterschätzt werden. Als „graue Eminenzen“ der Familienunternehmen käme ihnen in der Praxis eine überaus wichtige Rolle zu, gleichwohl sei ein umfassendes Verständnis vom Personengesellschaftsrecht nicht immer vorhanden. Mehrere Beiträge betonten schließlich aus der Perspektive des Hochschullehrers die Bedeutung des Normtextes für den akademischen Unterricht. So wurde etwa die Kodifizierung der actio pro socio durch den Entwurf auch unter dem Aspekt begrüßt, dass die Studenten in Zukunft schlicht das Gesetz lesen und

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Lothar Wolff

subsumieren könnten. Ein Teilnehmer fühlte sich in dieser Hinsicht an die von Ulrich Huber geäußerte Maxime „Das Recht muss aus dem Gesetz lehrbar sein“ erinnert. Dies griff ein weiterer Diskutant sogleich auf und verwies auf Erfahrungen bei der Lehre von Inhalten, die nicht im Gesetz stehen. Insoweit sei es ein Verdienst der Schuldrechtsreform gewesen, alle bis dato als ungeschriebene Normen stehenden Rechtsinstitute (culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzungen und Neben- und Aufklärungspflichten) einzukodifizieren. Aus seiner Sicht wäre es daher im Rahmen der anstehenden Reform nur konsequent, auch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht explizit zu kodifizieren und nicht länger nur im Bereich des „unsichtbaren Rechts“ anzusiedeln. Lieder verteidigte seine Position abschließend noch einmal mit dem Hinweis, dass auch nach geltendem Recht bereits eine Verweisungskette von der KG über die oHG zur GbR bestehe. Der Entwurf sehe zwar mehr Verweise in das BGB vor, aber letztlich sei diese Technik auch für Laien vermittelbar. Auch in der Lehre gehe es seiner Ansicht nach eher um die Vermittlung rechtsformübergreifender Zusammenhänge als die isolierte Darstellung der Gesellschaftstypen.

Christian Bochmann*

Gesellschafterwechsel, Ausscheiden und Auflösung im Mauracher Entwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts Zusammenfassung: Die Vorschriften des geltenden Personengesellschaftsrechts zum Gesellschafterwechsel, zum Ausscheiden sowie zur Auflösung sind lückenhaft, unübersichtlich und widersprechen in weiten Teilen den Erwartungen des Rechtsverkehrs. Zu Recht unterzieht der Mauracher Entwurf zur Reform des Personengesellschaftsrechts sie deshalb einer – gelungenen – Generalrevision. Der Beitrag geht unter dem Blickwinkel der Gestaltungspraxis auf ausgewählte Aspekte ein, bei denen sich weitere Anpassungen oder Klarstellungen empfehlen könnten.

Abstract: The provisions of the current partnership law on changes of partners, dissociation of partners and the dissolution of partnerships are incomplete, vague and largely contradict parties’ reasonable expectations. The „Mauracher Entwurf zur Reform des Personengesellschaftsrechts“ (Maurach draft revised partnership law) therefore rightly proposes a comprehensive and sound revision of the respective provisions. This article, from the perspective of legal practice, addresses certain aspects that might require further adjustments or clarifications respectively.

Inhaltsübersicht I. II.

III.

 Einführung Gesellschafterwechsel  . Gesellschafterwechsel unter Lebenden  . Gesellschafterwechsel von Todes wegen  . Testamentsvollstreckung  Neujustierung von Ausscheidens- und Auflösungsgründen . Systematik 

* Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Flick Gocke Schaumburg. https://doi.org/10.1515/9783110719178-014



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Christian Bochmann

.

IV.

V.

VI.

Rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts  a) Ausscheiden statt Auflösung als dispositiver Regelfall  b) Zusätzlicher Kündigungsgrund bei Anteilserwerb von Todes wegen . Innengesellschaft bürgerlichen Rechts  . Personenhandelsgesellschaften  Wegfall des ausdrücklichen Schutzes der ordentlichen Kündigung  . Ersatzlose Streichung von §  Abs.  und §  BGB  . Tragweite  Neuerungen bei den Rechtsfolgen von Auflösung und Ausscheiden  . Auflösung und Liquidation versus Beendigung und Auseinandersetzung . Anteilsbezogenheit der Ab- und Anwachsung  a) Unterscheidung in §  Abs.  und Abs.  BGB-E  b) Denkbare Übertragungseffekte  . Abfindungsanspruch gemäß §  BGB-E  a) Gestaltungsfreiheit und Gestaltungsgrenzen  b) Direkte Anteilsbewertung?  Zusammenfassung in Thesen 





I. Einführung Der Gesellschafterwechsel, das Ausscheiden von Gesellschaftern und erst recht die Auflösung sind keine alltäglichen Ereignisse im Dasein von Personengesellschaften und bergen rechtliche, wirtschaftliche sowie nicht selten auch emotionale Brisanz. Zugleich sind die geltenden Vorschriften zu jenen Vorgängen ein lohnendes Ziel des Kernanliegens des Mauracher Entwurfs¹ – der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts² –, was bereits daran deutlich wird, dass in praktisch jedem überlegt gestalteten Personengesellschaftsvertrag ausdrückliche Modifikationen des offenbar in weiten Teilen als inadäquat empfundenen dispositiven Rechts vereinbart werden,³ die Rechtsprechung äußerst großzügig bei

 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, April 2020 (abrufbar unter www.bmjv.de/ SharedDocs/Downloads/DE/News/PM/Modernisierung_PersonengesellschaftsR.html; zuletzt abgerufen am 15.9. 2020).  Vgl. Ziffer 1 und 3 des Berichts über die Tätigkeit und den Gesetzentwurf der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzten Expertenkommission für die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (abrufbar aaO [Fn. 1]; zuletzt abgerufen am 15.9. 2020).  Vgl. etwa §§ 13 bis 15 des Gesellschaftsvertragsmusters einer gewerblichen Familien-GbR und die zugehörigen Erläuterungen bei Lüke, in: Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, C.1.00; §§ 17 bis 23 und die zugehörigen Erläuterungen des Gesell-

Gesellschafterwechsel, Ausscheiden und Auflösung im Mauracher Entwurf

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der Annahme stillschweigender Abweichungen⁴ ist und die gesetzliche Abbildung des Gesellschafterwechsels – sei es unter Lebenden, sei es von Todes wegen – allenfalls als rudimentär⁵ bezeichnet werden kann. Folgerichtig sollen die bestehenden Regelungen einer Generalrevision unterzogen werden. Dass die entsprechenden Vorschläge in den ersten Stellungnahmen zum Mauracher Entwurf gleichwohl keine größere Beachtung gefunden haben,⁶ liegt vermutlich daran, dass die Reformkommission selbst ihnen nicht den Rang rechtspolitischer Grundsatzentscheidungen zugesprochen hat.⁷ Bei näherer Betrachtung sind die vorgeschlagenen Neuerungen aber nicht nur redaktionell weitreichend, sondern eröffnen auch in der Sache neue Perspektiven im Personengesellschaftsrecht und verlangen schon aufgrund der Sensitivität der Materie sowie ihrer immensen praktischen Bedeutung besondere Aufmerksamkeit⁸ – und möglicherweise weitere Anpassungen sowie Klarstellungen im Detail.

II. Gesellschafterwechsel 1. Gesellschafterwechsel unter Lebenden Der Status quo zur Übertragung der Mitgliedschaft unter Lebenden soll mit § 711 BGB-E im Gesetz verankert werden,⁹ während der infolge der Anerkennung der

schaftsvertrags einer Kommanditgesellschaft bei Blaum/Scholz, in: Hoffmann-Becking/Gebele, Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 13. Aufl. 2019, VIII.D.2.  Zu konkludenten Kündigungsbeschränkungen etwa BGH, Urt. v. 17.6.1953 – II ZR 205/52 = BGHZ 10, 91, 97 f.; BGH, Urt. v. 11.7.1968 – II ZR 179/66 = BGHZ 50, 316, 321; OLG Naumburg, Urt. v. 26.5. 2015 – 12 U 1/15, NZG 2016, 346, 347; zu konkludenten Fortsetzungsvereinbarungen in der GbR etwa OLG Celle, Urt. v. 20. 8. 2014 – 7 U 38/14, BeckRS 2014, 21702; OLG Hamm, Urt. v. 9. 2. 2012 – I-4 U 132711, BeckRS 2012, 10094.  Vgl. etwa Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 45 III.2. (S. 1321 ff.); U. Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970, S. 369; H. P. Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 719 Rdn. 7.  Vgl. aber Bachmann, NZG 2020, 612, 615 f.; Bergmann, DB 2020, 994; Fleischer, DB 2020, 1107, 1111 ff.; Habersack, ZGR 2020, 539, 548, 551; M. Noack, NZG 2020, 581, 584; Heckschen, NZG 2020, 761, 765; Otte-Gräbener, BB 2020, 1295, 1297; Storz, GWR 2020, 257, 260.  Vgl. Ziffer 4, aaO (Fn. 2).  Und waren dementsprechend Gegenstand einer gesonderten Arbeitsgruppe der Expertenkommission für die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts; vgl. 6. Sitzung der Expertenkommission unter Ziffer 3 des Berichts, aaO (Fn. 2).  Vgl. Begründung zum Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Begr. MoPeG), S. 85 f.; vgl. aber noch Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts I/1, 1977, S. 351: „Die Übertragbarkeit der Mitgliedschaft kann nicht auf eine besondere

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Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts¹⁰ missverständlich gewordene § 719 BGB¹¹ als Konsequenz der ausdrücklichen Abwendung des Entwurfs vom Gesamthandsprinzip¹² ersatzlos entfällt und § 717 BGB in Gestalt eines neuen § 711a BGB-E so präzisiert wird, dass Verwirrung hinsichtlich der Übertragbarkeit der Mitgliedschaft¹³ ausgeschlossen ist. In Übereinstimmung mit der außer Streit stehenden herrschenden Ansicht¹⁴ soll die als „Gesellschaftsanteil“ bezeichnete Mitgliedschaft gemäß § 711 Abs. 1 BGB-E durch formfreie¹⁵ Abtretung übertragen werden können, und zwar ebenfalls herrschender Auffassung¹⁶ entsprechend grundsätzlich mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter. Die bei der rechtsfähigen Außengesellschaft bürgerlichen Rechts verortete Bestimmung gilt kraft Verweisung in § 740 Abs. 2 BGB-E für Innengesellschaften, wo der Gesellschafterwechsel durch Übertragung der Mitgliedschaft als weniger selbstverständlich beurteilt wird,¹⁷ und über § 105 Abs. 2, § 161 Abs. 2 HGB-E für die Personenhan-

gesetzliche Regelung gestützt werden[]. Sie bedarf einer solchen aber auch nicht.“; anders aber etwa U. Huber, aaO (Fn. 5), S. 369: „Der Ausgangspunkt für jede Lösung des Problems der Übertragung des Gesellschaftsanteils und ihrer rechtlichen Konstruktion ist die Feststellung, daß eine Lücke im Gesetz vorliegt[].“  BGH, Urt. v. 29.1. 2001 – II ZR 331/00 = BGHZ 146, 341.  Vgl. Karsten Schmidt, ZHR 180 (2016), 411, 416 f.; ders., ZHR 177 (2013), 712, 727 f.  Vgl. Begr. MoPeG, S. 70, 87 f.; vgl. dazu Bachmann, NZG 2020, 612, 615 f., sowie Fleischer, DB 2020, 1107, 1110 f.; vgl. aber den gegensinnigen Beschluss I.6 des 71. Deutschen Juristentags, in: Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages, Bd. II, 2017, S. O104, im Anschluss an Schäfer, in: Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages, Bd. I, 2017, S. E87; dagegen Bachmann, FS Karsten Schmidt II, Band I, 2019, S. 49, 52 ff.; vgl. auch bereits Röder, AcP 215 (2015), 450, 494 ff.; kritisch (mit jeweils unterschiedlicher Zielrichtung) zur Behandlung des Gesamthandprinzips mit Entwurf Altmeppen, NZG 2020, 822, 822 f.; Geibel, ZRP 2020, 137, 138; Habersack, ZGR 2020, 539, 547 ff.; Wilhelm, NZG 2020, 1041 ff.  Zur Erläuterungsbedürftigkeit, dass § 717 BGB die Übertagung der Mitgliedschaft gerade nicht betrifft, etwa Lübke, in: BeckOGK BGB, Stand 1.7. 2020, § 717 Rdn. 9; Sprau, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 717 Rdn. 1.  Seit RG, Beschl. v. 30.9.1944 – GSE 39/1943 = WM 1964, 1130, 1131 f.; vgl. Flume, aaO (Fn. 9), S. 351 f.; Schäfer, in: Münchener Komm. z. BGB, 7. Aufl. 2017, § 719 Rdn. 21; H. P. Westermann, aaO (Fn. 5), § 719 Rdn. 7.  Die Entwurfsbegründung verweist ausdrücklich auf die h.A., wonach mit Ausnahme gezielter Umgehungen die Formfreiheit auch da gilt, wo zum Gesellschaftsvermögen Gegenstände gehören, hinsichtlich derer Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäfte besonderen Formvorschriften unterliegen.  BGH, Urt. v. 28.4.1954 – II ZR 8/53 = BGHZ 13, 179, 186 (Kommanditanteil); BGH, Urt. v. 14.5. 1986 – IVa ZR 155/84 = BGHZ 98, 48, 50 (oHG-Gesellschaftsanteil); Karsten Schmidt, aaO (Fn. 5), § 45 III.2.b (S. 1323); Schäfer, aaO (Fn. 14), § 719 Rdn. 21; H. P. Westermann, aaO (Fn. 5), § 719 Rdn. 8.  Dagegen U. Huber, aaO (Fn. 5), S. 387 f.; dafür, jedoch mit der Einschränkung „wenig diskutiert und demgemäß ungeklärt“ noch Karsten Schmidt, aaO (Fn. 5), § 19 IV.2.b (S. 564); vgl. aber zur

Gesellschafterwechsel, Ausscheiden und Auflösung im Mauracher Entwurf

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delsgesellschaften entsprechend. – Selbstredend kann ein Gesellschafterwechsel außerdem auch künftig durch die „ursprünglichere“¹⁸ Methode des Doppelvertrags im Wege des Aus- und Eintritts¹⁹ erreicht werden.

2. Gesellschafterwechsel von Todes wegen Die Vererblichkeit von Personengesellschaftsanteilen soll jenseits von Kommanditbeteiligungen²⁰ zu Recht nach wie vor keine Selbstverständlichkeit sein, sondern eine Nachfolgeklausel erfordern (§ 711 Abs. 2 Satz 1 BGB-E).²¹ Ist ein Personengesellschaftsanteil vererblich gestellt, geht er im Falle einer Mehrheit von Erben nach heute unangefochtener Ansicht²² im Wege der Sonderrechtsnachfolge geteilt auf jeden von ihnen direkt über,²³ was § 711 Abs. 2 Satz 2 BGB-E klarstellt,²⁴ indem er § 2032 BGB für unanwendbar erklärt.²⁵ Die in der Entwurfsbegründung im Zusammenhang mit Nachfolgeklauseln gebrauchte Formulierung „für den oder die als Nachfolger in Betracht kommen-

Übertragbarkeit der stillen Beteiligung Karsten Schmidt, in; Münchener Komm. z. HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 Rdn. 17.  Vgl. noch zur Diskussion, ob der Doppelvertrag die „einzige zulässige Form der Auswechslung eines Gesellschafters“ sei, Huber, aaO (Fn. 5), S. 357 f.  Zur Regelung der Ab- und Anwachsung in § 712 BGB-E noch unter V.2.  § 177 HGB bleibt unberührt.  Vgl. Begr. MoPeG, S. 86.  St. Rspr. seit RG, Urt. v. 17. 3.1886 – I 12/86 = RGZ 16, 40, 58; BGH, Urt. v. 22.11.1956 – II ZR 222/55 = BGHZ 22, 186, 192 f.; BGH, Urt. v. 12.1.1998 – II ZR 23/97 = NJW 1998, 1313, 1313 f.; bereits vor über 50 Jahren von Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 196, als „fast zum Gewohnheitsrecht erstarkte Ansicht“ bewertet.  BGH, Urt. v. 22.11.1956 – II ZR 222/55 = BGHZ 22, 186, 192 (oHG-Gesellschaftsanteil); BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89 = BGHZ 108, 187, 192 (Kommanditanteil); BGH, Beschl. v. 14. 2. 2012 – II ZB 15/11 = NJW 2012, 358, 386 (Kommanditanteil); Karsten Schmidt, in: Münchener Komm. z. HGB, 4. Aufl., 2016, § 139 Rdn. 13, 18; ders., aaO (Fn. 5), § 45 V.4.a (S. 1339 ff.); Ulmer, FS Schilling, 1973, S. 79, 93 ff.  Um gegenteiligen Schlussfolgerungen mit Rücksicht auf den Gebrauch des Singulars vorzubeugen, erklärt die Begr. MoPeG, S. 86, diesen ausdrücklich mit rein regelungstechnischen Gründen.  Die Sonderrechtsnachfolge wird zudem mit der ganz h.A. auf die werbende Gesellschaft beschränkt („mit seinem Erben fortgesetzt“; Hervorhebung durch Verf.); vgl. Begr. MoPeG, S. 86; zur dem entsprechenden gegenwärtigen Rechtslage bei der durch Tod aufgelösten (Liquidations‐) Gesellschaft vgl. BGH, Beschl. v. 20. 5.1981 – V ZB 25/79 = NJW 1982, 170, 171; (implizit) auch BGH, Urt. v. 14. 5.1986 – IVa ZR 155/84 = BGHZ 98, 48, 58; Schäfer, aaO (Fn. 14), § 727 Rdn. 14; Wertenbruch, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 76. Erg.-Lfg. 2020, Rdn. I-1692.

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den Personen vererblich“²⁶ kann zudem zwanglos dahin verstanden werden, dass die als qualifizierte Nachfolgeklauseln bekannten und für die Gestaltungspraxis enorm wichtigen Gestaltungsmöglichkeiten, die für den Todesfall eine gesellschaftsvertragliche Feinsteuerung von Anteilsübergang einerseits und Ausscheiden andererseits erlauben,²⁷ unangetastet bleiben. Dass weder der Gesetzeswortlaut noch die Entwurfsbegründung ausdrücklich die Möglichkeit herausstellen, gesellschaftsvertraglich lediglich bestimmte Erben als Nachfolger zuzulassen, ist womöglich dem Bestreben geschuldet, einen Fingerzeig in der jüngeren Diskussion über die Zulässigkeit diskriminierender Nachfolgeklauseln²⁸ zu vermeiden.

3. Testamentsvollstreckung Weder der Entwurf noch die Entwurfsbegründung verlieren ein Wort zur Testamentsvollstreckung, obgleich deren Zulässigkeit auch in Form der Verwaltungstestamentsvollstreckung²⁹ zumindest bei Kommanditanteilen als ebenso geklärt betrachtet werden kann wie die übrigen in das geschriebene Recht überführten Aspekte im Zusammenhang mit Verfügungen über Personengesellschaftsanteile.³⁰ Zur Vermeidung unbeabsichtigter Umkehrschlüsse mit Blick auf die im Übrigen feingliedrige Positivierung wäre es mit Rücksicht auf die immense praktische Bedeutung der Testamentsvollstreckung bei Kommanditanteilen³¹

 Begr. MoPeG, S. 86.  BGH, Urt. v. 10. 2.1977– II ZR 120/75 = BGHZ 68, 225, 236 f.; BGH, Urt. v. 4. 5.1983 – IVa ZR 229/81 = NJW 1983, 2376, 2377; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 16; Reuter, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2003, § 727 Rdn. 19 f.; Krause, in: Scherer, Unternehmensnachfolge, 6. Aufl. 2020, § 14 Rdn. 21 ff.; von Proff zu Irnich, in: BeckOGK BGB, Stand 1.4. 2020, § 727 Rdn. 68 ff.  Vgl. OGH Wien, Urt. v. 24.1. 2019 – 6 Ob 55/18 h = NZG 2019, 904 m. Anm. Kalss. Vgl. bereits zuvor Kalss/Dauner-Lieb, GesRZ 2016, 249, 255 f.; Foerster, AcP 213 (2013), 173, 181 ff.Vgl. zum Urteil des OGH Fleischer, BB 2019, 2819, 2826; Arlt, GesRZ 2019, 187.  Vgl. BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187 (zum Kommanditanteil). Die Auseinandersetzungstestamentsvollstreckung hat wegen der Sondernachfolge (dazu Nachw. in Fn. 23) bei werbenden Gesellschaften keine Bedeutung und ist für die (insbesondere durch Tod eines Gesellschafters) aufgelöste Gesellschaft höchstrichterlich bestätigt; vgl. BGH, Urt. v. 24.11. 1980 – II ZR 194/79 = NJW 1981, 749, 750; vgl. hierzu auch Lorz, in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 139 Rdn. 62.  Überblicke bei Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 44 ff.; Klein/Lindemeier, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. I, 5. Aufl. 2019, § 11 Rdn. 67 ff.; Pauli, in: Bengel/ Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 7. Aufl. 2020, § 5 Rdn. 156 ff.  Vgl. BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89 = BGHZ 108, 187 196, unter Hinweis auf Ersatzkonstruktionen wie die Vollmachtlösung sowie die treuhänderische Anteilsübertragung auf den

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wünschenswert, wenn zumindest die künftige Gesetzesbegründung die Fortgeltung der auf Grundlage des gegenwärtigen Rechts gesicherten Grundsätze billigte. Ein echter Impuls zur Fortentwicklung des erreichten Diskussionsstandes³² könnte von einer Regelung ausgehen, wonach die Testamentsvollstreckung mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter³³ bei jedweder Beteiligung an Personengesellschaften zulässig ist, soweit die persönliche Haftung des Erben-Gesellschafters³⁴ dem nicht entgegensteht. Damit würde der Gesetzgeber sich allerdings über gesellschaftsrechtliche Bedenken insbesondere gegen die Ausübung mitgliedschaftlicher Verwaltungsrechte durch einen Dauertestamentsvollstrecker unter dem Aspekt des Abspaltungsverbots und der Selbstorganschaft³⁵ hinwegsetzen und hinsichtlich der GbR und offenen Handelsgesellschaft³⁶ das gesicherte Terrain verlassen.

Testamentsvollstrecker; vgl. dazu etwa Ulmer, ZHR 146 (1982), 555, 569 ff.; Lorz, aaO (Fn. 29), § 139 Rdn. 78 ff.; Pauli, aaO (Fn. 30), § 5 Rdn. 168 ff.; Everts, MittBayNot 2003, 427, 431; vgl. zum praktischen Bedürfnis der Testamentsvollstreckung bei Personengesellschaften ferner Ulmer, NJW 1984, 1496, 1498 f.; Wiedemann, aaO (Fn. 22), S. 317; Faust, DB 2002, 189; Everts, MittBayNot 2003, 427, 429; Kämper, RNotZ 2016, 625, 629.  Vgl. zum Spannungsfeld zwischen Erb‐ und Gesellschaftsrecht bereits RG, Urt. v. 4. 3.1943 – II 113/42 = RGZ 170, 392, 395 f.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 10. 2.1977 – II ZR 120/75 = BGHZ 68, 225, 239; BGH, Urt. v. 24.11.1980 – II ZR 194/79 = NJW 1981, 749, 750; Wiedemann, aaO (Fn. 22), S. 320 ff.; Pauli, aaO (Fn. 30), § 5 Rdn. 160 ff.; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 5), § 45 V.8.b (S. 1352 f.).  So die h.M. zum geltenden Recht; vgl. BGH, Urt. v. 10. 2.1977 – II ZR 120/75 = BGHZ 68, 225, 241; BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89 = BGHZ 108, 187, 191; BGH, Urt. v. 25. 2.1985 – II ZR 130/84 = NJW 1985, 1953, 1954; Schäfer, in: Habersack/Schäfer, Das Recht der OHG, 2. Aufl. 2019, § 139 Rdn. 61; Pauli, aaO (Fn. 30), § 5 Rdn. 159.  Zu früheren Versuchen, unter der spätestens mit BGH, Urt. v. 8. 2. 2011 – II ZR 263/09 = BGHZ 188, 233, 240, überholten Doppelverpflichtungslehre eine auf den Nachlass beschränkte Haftung des Gesellschafters, dessen Anteil der Testamentsvollstreckung unterliegt, zu konstruieren, Schäfer, aaO (Fn. 14), § 705 Rdn. 114 m. w. Nachw.  Gegen die Stichhaltigkeit derartiger Bedenken etwa Schäfer, aaO (Fn. 14), § 705 Rdn. 117 ff.; ders., aaO (Fn. 33), § 139 Rdn. 59; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 47; Faust, DB 2002, 189, 190 ff.; gegen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Abspaltungsverbots bei der Verwaltungstestamentsvollstreckung über eine Kommanditbeteiligung auch BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/ 89 = BGHZ 108, 187, 194.  Bei oHG und GbR sollen „aus im Gesellschaftsrecht wurzelnden Gründen … die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft … der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers entzogen“ sein (BGH v. 12.1.1998 – II ZR 23/97 = NJW 1998, 1313, 1314); so etwa auch Reimann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2016, § 2205 Rdn. 168 ff.; Pauli, aaO (Fn. 30), § 5 Rdn. 160. Vgl. demgegenüber zur Kommanditgesellschaft BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89 = BGHZ 108, 187, 194 f.; BGH, Urt. v. 13. 5. 2014 – II ZR 250/12 = BGHZ 201, 216 Rdn. 14 („den Geschäfts‐/Gesellschaftsanteil betreffenden Verwaltungs- und Vermögensrechte werden allesamt von dem Testamentsvollstrecker ausgeübt“).

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III. Neujustierung von Ausscheidens- und Auflösungsgründen 1. Systematik Der Mauracher Entwurf sorgt bei den dispositiven gesetzlichen Ausscheidensund Auflösungsgründen für Übersichtlichkeit, indem er die einen wie die anderen sowohl für die GbR als auch für die Personenhandelsgesellschaften in separaten Vorschriften zusammenfasst.³⁷ Außerdem wird der bislang ambivalente Begriff der Kündigung³⁸ sprachlich wie dogmatisch präzisiert und an allen relevanten Stellen zwischen der Kündigung der Mitgliedschaft³⁹ sowie der Kündigung der Gesellschaft⁴⁰ einerseits und der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund⁴¹ andererseits differenziert. Diese Klarheit im Gesetz wird sich perspektivisch auch vorteilhaft auf die Vertragsgestaltungspraxis auswirken, wo die gegenwärtig jedenfalls nicht sonderlich eingängigen Gesetzesformulierungen bisweilen unbeabsichtigt fehlerhaft fortgeschrieben werden.

2. Rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts a) Ausscheiden statt Auflösung als dispositiver Regelfall Das Leitbild der auf gewisse Dauer angelegten, rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts⁴² rundet der Mauracher Entwurf durch die weitgehende Entkopplung des Schicksals der Gesellschaft vom Schicksal der individuellen Mitgliedschaften ihrer Gesellschafter ab.⁴³ Störfälle auf Gesellschafterebene, die nach geltendem Recht mangels anderslautender Regelung im Gesellschaftsvertrag Auflösungsgründe darstellen – Tod, Kündigung durch den Gesellschafter oder  Für die Außengesellschaft bürgerlichen Rechts: §§ 723, 729 BGB-E; für die Innengesellschaft bürgerlichen Rechts: §§ 740a, 740c BGB-E; für die Personenhandelsgesellschaften: §§ 118, 126 HGB-E.  Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, 2004, § 3.III.5.a (S. 265 f.).  § 725 BGB‐E, §§ 120 f. HGB-E.  § 731 BGB-E.  § 727 BGB-E, § 122 HGB-E.  § 705 Abs. 2 BGB-E; vgl. dazu Begr. MoPeG, S. 70.  Im Hinblick auf Tod und Kündigung eines Gesellschafters entsprechend Beschluss IV.21. des 71. Deutschen Juristentags, aaO (Fn. 12), S. O104; vgl. auch Fleischer, DB 2020, 1107, 1111 f.; OtteGräbener, BB 2020, 1295, 1297.

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einen Privatgläubiger sowie die Gesellschafterinsolvenz⁴⁴ –, sollen nach Vorbild der bestehenden Regelungen zur offenen Handelsgesellschaft⁴⁵ im dispositiven Grundsatz lediglich zum Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters führen.⁴⁶ Auf eben dieser, die Kontinuitätsinteressen der rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts betonenden Linie wird die Möglichkeit der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund, die unverändert grundsätzlich durch Beschluss erfolgt, folgerichtig vom Erfordernis einer Fortsetzungsklausel⁴⁷ befreit.⁴⁸

b) Zusätzlicher Kündigungsgrund bei Anteilserwerb von Todes wegen Schließlich überträgt § 724 BGB-E die Regelung des § 139 HGB in modifizierter Form auf die GbR: Auch der Erbe des Gesellschafters einer rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der kraft Nachfolgeklausel Gesellschafter wird, soll künftig eine Kommanditistenstellung – und damit die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft – für sich reklamieren und im Falle der Ablehnung dieses Ansinnens seine Mitgliedschaft kündigen können.⁴⁹ Grundsätzliche Kritik dieses Regelungsvorschlags verbietet sich insofern, als er nicht nur einer mit großer Mehrheit getragenen Empfehlung des 71. Deutschen Juristentags entspricht,⁵⁰ sondern überdies schon nach geltendem Recht die analoge Anwendung von § 139 HGB auf die (unternehmenstragende) Gesellschaft bürgerlichen Rechts von zahlreichen Stimmen befürwortet wird.⁵¹ Allerdings geht  §§ 723 bis 725, 727, 728 Abs. 2 BGB.  § 131 Abs. 3 HGB, der auf das Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz – HRefG) v. 22.6.1998, BGBl. I, S. 1474, zurückgeht; vgl. dazu Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 8.IV.1a (S. 744 f.).  § 723 Abs. 1 BGB-E; für entsprechende Anwendung des § 131 HGB auf die unternehmenstragende GbR bereits nach geltendem Recht Habermeier, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2003, Vorbem. zu §§ 705 – 740 Rdn. 72.  § 737 Satz 1 BGB; vgl. dazu Koch, in: BeckOGK BGB, Stand 1.7. 2020, § 737 Rdn. 10; Reuter, aaO (Fn. 27), § 737 Rdn. 8; H. P. Westermann, aaO (Fn. 5), § 737 Rdn. 1 f.  § 727 i.V.m. § 723 Abs. 1 Nr. 5 BGB-E; vgl. auch Begr. MoPeG, S. 123 f.  § 724 Abs. 2 BGB-E.  Vgl. Beschluss IV.21. des 71. Deutschen Juristentags, aaO (Fn. 12), S. O104, im Anschluss an Schäfer, aaO (Fn. 12), S. E89 f.  Offen gelassen von BGH, Urt. v. 17.12. 2013 – II ZR 121/12 = ZIP 2014, 1221; dafür aber noch die Vorinstanz, KG, Urt. v. 28. 2. 2012– 4 U 55/09 = BeckRS 2014, 10916 Rdn. 66 ff.; ebenfalls dafür: Ulmer, ZIP 2003, 1113, 1121; Schäfer, NJW 2005, 3665 ff.; ders., aaO (Fn. 14), § 727 Rdn. 46 ff.; ders., aaO (Fn. 33), § 139 Rdn. 1; Mock, NZG 2004, 118 ff.; von Proff zu Irnich, aaO (Fn. 27), § 727 Rdn. 52 f.;

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der Entwurf mit § 724 BGB-E über das im Kern berechtigte Regelungsanliegen des § 139 HGB und den Stand der Diskussion zu seiner analogen Anwendbarkeit auf die GbR hinaus und lässt außer Acht, dass die Situation des Erben eines AußenGbR-Gesellschafters häufig – wenn nicht gar typischerweise – nicht mit derjenigen des Erben eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft vergleichbar ist. § 139 HGB bezweckt den Ausgleich widerstreitender Interessen im Falle der Vererbung einer Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter an einer Personenhandelsgesellschaft: Der Erben-Gesellschafter soll vor der unbeschränkten Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128, 130 HGB, vor der Einzwängung in das Wettbewerbsverbot gemäß § 112 HGB und vor unerwarteten Geschäftsführungspflichten geschützt werden, ohne gleich die gesamte Erbschaft ausschlagen zu müssen.⁵² Die Gesellschaft hingegen soll vor Kapitalabfluss durch ausscheidensbedingte Abfindungszahlungen an Erben bewahrt werden.⁵³ In der Diskussion um die analoge Anwendbarkeit von § 139 HGB auf die GbR wurde überzeugend herausgearbeitet, dass diese sich an jenem bipolaren Schutzzweck orientieren muss.⁵⁴ Ein Kündigungsrecht des Erben-Gesellschafters analog § 139 HGB soll es deshalb insbesondere da nicht geben, wo die Gesellschafterhaftung in der GbR ausnahmsweise eine beschränkte⁵⁵ ist,⁵⁶ obgleich sich im „Normalfall einer GbR die uneingeschränkte Vergleichbarkeit der Interessenlage in Bezug auf die handelsrechtliche Erbenhaftung konstatieren“⁵⁷ lasse. Letzteres ist aus rechtlicher Perspektive zweifellos zutreffend, da auch die in der Person des GbR-Erben-Gesellschafters originär entstehende Gesellschafterhaftung⁵⁸ keine Nachlassverbindlichkeit ist⁵⁹ und sich deshalb nicht gemäß § 1975

dafür bei unternehmenstragender GbR: Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 60; Lorz, aaO (Fn. 29), § 139 Rdn. 97; sympathisierend auch Haas, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 139 Rdn. 23; dagegen: Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 139 Rdn. 8.  Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 5; ders., ZGR 1989, 445, 450; vgl. auch Lorz, aaO (Fn. 29), § 139 Rdn. 3 f.; Kamanabrou, in: Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 139 Rdn. 62.  Schäfer, aaO (Fn. 33), § 139 Rdn. 1.  Vgl. Schäfer, NJW 2005, 3665, 3666 ff.  Vgl. zur AGB-rechtlichen Haftungsbeschränkung bei geschlossenen Immobilienfonds BGH, Urt. v. 21.1. 2002 – II ZR 2/00 = BGHZ 150, 1, 6; Gummert, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. I, 5. Aufl. 2019, § 18 Rdn. 89.  Schäfer, NJW 2005, 3665, 3667; ders., aaO (Fn. 14), § 727 Rdn. 47.  Schäfer, NJW 2005, 3665, 3667; in dieser Richtung sämtliche Stimmen, die die analoge Anwendung von § 139 HGB auf die (unternehmenstragende) GbR befürworten (vgl. Nachw. in Fn. 51).  § 128, § 130 HGB analog; gemäß Entwurf: § 721, § 721b BGB-E.  Vgl. Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 5; Haas, aaO (Fn. 51), § 139 Rdn. 23; Lorz, aaO (Fn. 29), § 139 Rdn. 119 f.; H. P. Westermann, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch Perso-

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BGB auf den Nachlass begrenzen lässt. Qualitativ und wirtschaftlich sind die Haftungsrisiken bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts aber häufig ganz andere als bei Personenhandelsgesellschaften, in denen die Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters vererbt wird.⁶⁰ Anders als bei der offenen Handelsgesellschaft, die im Einklang mit dem gesetzlichen Leitbild regelmäßig im Sinne einer Arbeits- und Haftungsgemeinschaft unternehmerisch tätig ist⁶¹ und keinerlei Bedeutung als rein vermögensverwaltende Rechtsform hat⁶², ist – vom Sonderfall von Freiberuflersozietäten abgesehen – eine unternehmerische Betätigung alles andere als typisch für rechtsfähige Gesellschaften bürgerlichen Rechts, jedenfalls aber kaum verbreiteter als das bloße Halten und Verwalten von Vermögensgegenständen. Aus der bloßen Vermögensverwaltung⁶³ indes resultieren regelmäßig nicht die für unternehmerische (gewerbliche) Tätigkeiten prägenden, unkalkulierbaren Haftungsrisiken, was insbesondere in der Diskussion um die familiengerichtliche Genehmigungsbedürftigkeit der Eingehung von Gesellschaftsverträgen und der Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen gemäß § 1822 Abs. 1 Nr. 3 BGB weithin anerkannt ist.⁶⁴ Der in vielen Fällen – wenn nicht gar typischerweise – geringeren wirtschaftlichen Schutzbedürftigkeit von Erben-Gesellschaftern in der GbR stehen

nengesellschaften, 76. Erg.-Lfg. 2020, Rdn. I-1313 f.; Bochmann, in: Wiese, Handbuch Unternehmensnachfolge, 2020, Rdn. 4.146.  Die vermögensverwaltende (GmbH & Co.) KG ist deshalb gerade kein tauglicher Vergleichsmaßstab.  Vgl. BGH, Urt. v. 6.12.1962 – KZR 4/62 = BGHZ 38, 306, 312; Möhrle, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 46 Rdn. 12 f.; Schäfer, aaO (Fn. 33), § 105 Rdn. 1 f.  Vgl. bereits Begr. RegE Handelsrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 13/8444, S. 40 („Für Vermögensverwaltungsgesellschaften … sind Personenhandelsgesellschaften, insbesondere Kommanditgesellschaften, … von besonderem Interesse.“); vgl. ferner von Oertzen/Hermann, ZEV 2003, 400 ff.; Fischer/Palenker, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 9 Rdn. 6; Fatouros, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, GmbH & Co. KG, 22. Aufl. 2020, Rdn. 2.415; vgl. zur – unabhängig vom Unternehmensgegenstand – zahlenmäßig insgesamt deutlich untergeordneten Bedeutung der oHG im Vergleich zur KG Kormann, GmbHR 2020, 677, 678, 684 f.  Zu den Erscheinungsformen von der Objektgesellschaft über die Holding und Fonds bis hin zu Außen-Poolgesellschaften bereits Begr. RegE Handelsrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 13/8444, S. 39 f.; vgl. ferner Lieder, in: Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 105 Rdn. 27.  Vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 25.4. 2018 – 17 W 160/18 = NZG 2018, 1108, 1109; OLG Jena, Beschl. v. 22. 3. 2013 – 2 WF 26/13 = ZEV 2013, 521, 522; OLG München, Beschl. v. 6.11. 2008 – 31 Wx 76/08 = NZG 2009, 104; OLG Bremen, Beschl. v. 16.6. 2008 – 2 W 38/08 = NZG 2008, 750, 751; Götz, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1822 Rdn. 10; wohl auch BayObLG, Beschl. v. 5. 3.1997– 1Z BR 210/96 = NJW-RR 1997, 1163 (allerdings nicht ganz eindeutig in der Abgrenzung zwischen vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit).

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empfindlichere Eingriffe in die Kontinuitätsinteressen der Gesellschaft als bei Personenhandelsgesellschaften gegenüber. Denn der Schritt von der GbR in die KG ist insbesondere aufgrund der damit verbundenen Buchführungspflicht,⁶⁵ der Pflicht zur Erstellung eines Jahresabschlusses⁶⁶ sowie der Änderung der dispositiven Geschäftsführungs- und Vertretungsregelungen⁶⁷ ein deutlich gravierenderer als der Übergang von der offenen Handelsgesellschaft zur Kommanditgesellschaft. Nach gegenwärtiger Rechtslage wäre zudem das Publizitätsgefälle zwischen GbR und Kommanditgesellschaft als zusätzliche Widrigkeit im Vergleich zum Verhältnis zwischen offener Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft zu nennen, das mit dem künftigen Gesellschaftsregister⁶⁸ aber voraussichtlich gerade bei vermögensverwaltenden Gesellschaften weitgehend nivelliert werden wird. Gesellschaftsvertragliche Umwandlungsklauseln, die das Austrittsrecht durch die aufschiebend bedingte Umwandlung der Beteiligung in eine Kommanditbeteiligung – und der Gesellschaft in eine Kommanditgesellschaft – abwenden,⁶⁹ stellen zwar technisch einen Ausweg aus den Unwägbarkeiten des § 724 Abs. 3 Satz 1 BGB-E dar, ändern aber nichts daran, dass der Zwang in die Kommanditgesellschaft mit der Alternative der Kündigungsmöglichkeit des Erben-Gesellschafters in der Sache häufig keinen angemessen Ausgleich zwischen Erben- und Gesellschaftsinteressen in der GbR schaffen wird. Außerdem dürfen rechtspraktische Hürden nicht ausgeblendet werden, da alle bestehenden rechtsfähigen GbR künftig zunächst einmal erkennen müssten, dass ihnen mit Einführung eines § 724 BGB-E im Erbfall Ungemach droht, und, selbst wenn dies geschieht, eine derart weitreichende Gesellschaftsvertragsänderung wie die Vorbereitung auf eine Zukunft als Kommanditgesellschaft sich häufig gerade nicht punktuell und auf zwingende Änderungsnotwendigkeiten beschränkt umsetzen

 § 238 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 HGB.  § 242 Abs. 1 HGB. Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung sind insbesondere aus steuerlicher Sicht überflüssig, da vermögensverwaltende Gesellschaften (im steuerlichen Sinne) per Definition ausschließlich Überschusseinkünfte erzielen; vgl. statt vieler Wacker, EStG, 39. Aufl. 2020, § 15 Rdn. 20, sowie Kahle, in: Prinz/Kahle, Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, 5. Aufl. 2020, § 7 Rdn. 286. Dementsprechend soll der mit der Abschlusserstellung verbundene Aufwand in der Regel nach Möglichkeit vermieden werden.  §§ 709 Abs. 1, 714 BGB vs. § 161 Abs. 2 i.V.m. §§ 114 Abs. 1, 125 Abs. 1 HGB; künftig §§ 715 Abs. 2, 720 Abs. 1 BGB-E vs. § 161 Abs. 2 i.V.m. §§ 108 Abs. 1, 116 Abs. 1 HGB-E.  § 707 BGB-E; eingehend dazu in diesem Heft Herrler.  Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 135 ff.; ders., BB 1989, 1702 ff.; Haas, aaO (Fn. 51), § 139 Rdn. 46 ff.; Schäfer, aaO (Fn. 33), § 139 Rdn. 7 f.; Lorz, aaO (Fn. 29), § 139 Rdn. 136 ff.; Bochmann, aaO (Fn. 59), Rdn. 4.153 ff.

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lassen wird, sondern nicht selten zu Begehrlichkeiten und taktischen Manövern im Gesellschafterkreis führen dürfte.⁷⁰ Diese Bedenken ließen sich aufgreifen, indem rein vermögensverwaltende Gesellschaften aus dem Anwendungsbereich des § 724 BGB-E ausgenommen werden.⁷¹ Einwände hiergegen dürften sich weniger unter dem Gesichtspunkt der Abgrenzbarkeit⁷² als der Überzeugungskraft gerade dieser Typisierung ergeben. Daher könnte es sich alternativ – und weitergehend – empfehlen, § 724 BGB-E durch Streichung seines Abs. 5 generell als dispositive Vorschrift auszugestalten. Damit wären Erblasser-Gesellschafter zu einer bewussten Entscheidung darüber angehalten, was sie ihren Nachfolgern gesellschaftsrechtlich „zuzumuten“ bereit sind, ohne eine Ausschlagung⁷³ zu provozieren. Zwar stellte sich auch bei einer dispositiven Vorschrift das Problem, dass rechtsfähige GbR zunächst einmal den Regelungsbedarf erkennen müssten; immerhin bestünde aber Raum für die Annahme stillschweigender Abbedingungen. Sollte § 724 BGB-E hingegen in seiner gegenwärtigen Fassung Gesetz werden, wäre künftig – in Umkehrung der gegenwärtigen Diskussion zur analogen Anwendung von § 139 HGB in der GbR – an eine teleologische Reduktion von § 724 BGB-E in Konstellationen zu denken, in denen keine greifbaren Haftungsrisiken für den Erben-Gesellschafter bestehen.⁷⁴ Dass derartige Überlegungen sich nicht schon bei § 139 HGB aufgedrängt haben, dürfte schlicht daran liegen, dass vermögensverwaltende Personenhandelsgesellschaften praktisch stets als (GmbH & Co.) KG ausgestaltet sind und die Vererbung von Beteiligungen persönlich haftender Gesellschafter damit praktisch nicht vorkommt.

 Zu optimistisch daher die Einschätzung von Heckschen, NZG 2020, 761, 766.  In diesem Sinne letztlich bereits der Vorschlag von Karsten Schmidt, ZHR 177 (2013), 712, 737 (sinngemäße Anwendung von § 139 HGB auf die unternehmenstragende Gesellschaft), sowie Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 139 Rdn. 60, und Lorz, aaO (Fn. 29), § 139 Rdn. 97.  Zur Begriffsabgrenzung bei § 105 Abs. 2 HGB statt vieler Lieder, aaO (Fn. 63), § 105 Rdn. 27 ff., unter Hinweis auf die Anhaltspunkte in Begr. RegE Handelsrechtsreformgesetz (HRefG), BTDrucks. 13/8444, S. 40 f.  Durch die der Erbe aufgrund der Rückwirkung der Ausschlagung (§ 1953 Abs. 1 BGB) die gesellschaftsrechtliche Haftung analog § 128, § 130 HGB/gemäß § 721, § 721b BGB-E vermeidet; vgl. Karsten Schmidt, ZGR 1989, 445, 447; Lorz, aaO (Fn. 29), § 139 Rdn. 117.  Vgl. jüngst zu einer an die bloße Vermögensverwaltung (und die damit verbundenen Haftungsrisiken) anknüpfenden Differenzierung im Zusammenhang mit § 2325 Abs. 1 BGB BGH, Urt. v. 3.6. 2020 – IV ZR 16/19 = ZIP 2020, 1298, 1300.

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3. Innengesellschaft bürgerlichen Rechts Die allgemeine Umformung von Ausscheidens- zu Auflösungsgründen beschränkt sich auf die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Für die Innengesellschaft soll es ausweislich § 740c BGB-E hingegen bei den hergebrachten Auflösungsgründen bleiben. Ungeachtet der zahlreichen Einsatzfelder von Innengesellschaften, bei denen die Auflösung als Regelfall ebenso inadäquat wie bei der rechtsfähigen GbR ist – insbesondere bei Poolvereinbarungen⁷⁵ –, überzeugt diese Entscheidung. Denn gestalteten Innengesellschaften ist es deutlich eher zumutbar, (weiterhin) Vorsorge gegen ihre unbeabsichtigte Auflösung zu treffen,⁷⁶ als erwartet werden darf, dass in Gelegenheitsgesellschaften⁷⁷ Auflösungsgründe verabredet werden. Einzig für die Ausschließung aus wichtigem Grund wird der Kontinuitätsgedanke des Rechts der Außengesellschaften in das der Innengesellschaft getragen: Die Ausschließung eines Gesellschafters durch Beschluss soll auch bei der Innengesellschaft künftig ohne Fortsetzungsklausel zulässig sein. Gegen diese Annahme spricht insbesondere nicht, dass § 740c Abs. 2 BGB-E lediglich auf § 727 BGB-E, nicht aber auch auf § 723 Abs. 1 Nr. 5 BGB-E verweist, denn schon aus dem Wortlaut des § 727 BGB-E selbst sowie seiner systematischen Stellung in Untertitel 5 („Ausscheiden eines Gesellschafters“) ergibt sich seine Qualität als Ausscheidensgrund ohne das Erfordernis einer Fortsetzungsklausel; letzte Zweifel dürften mit der direkten Gegenüberstellung von § 740c Abs. 1 und Abs. 2 BGB‐E ausgeräumt sein. Diese Neuerung ist insofern bemerkenswert, als nach geltendem Recht nicht abschließend geklärt ist, ob selbst dann, wenn eine gesellschaftsvertragliche Fortsetzungsklausel existiert – also bei positiv dokumentiertem Fortsetzungswillen –, § 737 BGB auf die Innen-GbR anwendbar ist.⁷⁸ Indes dürfte es sich ohnehin um ein eher theoretisches Problem handeln. Denn bei nichtge-

 Bei den weitverbreiteten Poolvereinbarungen zur Überschreitung der 25 %-Grenze des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG setzt das damit verbundene steuerliche Privileg voraus, dass die Poolvereinbarung während der einschlägigen Behaltensfrist nicht aufgehoben wird (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 5, Abs. 10 Satz 1 Nr. 6 ErbStG); vgl. hierzu Stalleiken, in: von Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13b Rdn. 62; ders., aaO, § 13a Rdn. 180 ff.  Vgl. nur das Vertragsmuster bei Peters, in: Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, C.2.  Vgl. Begr. MoPeG, S. 139 (Gelegenheitsgesellschaft als gesetzliches Leitbild der Innengesellschaft).  Dagegen: OLG Bamberg, Urt. v. 15.4.1998 – 3 U 74/95 = NZG 1998, 897, sowie Sprau, aaO (Fn. 13), § 737 Rdn. 1; dafür in der Konstellation mehrgliedriger Innengesellschaften: Schäfer, aaO (Fn. 14), § 737 Rdn. 5; dafür, sofern ein Fortsetzungswille auch ohne Fortsetzungsklausel nur erkennbar ist: Reuter, aaO (Fn. 27), § 736 Rdn. 8.

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stalteten Innengesellschaftsverträgen wird für den Ausschließungsbeschluss praktisch immer das Einstimmigkeitserfordernis gelten. Einem einstimmig gefassten Ausschließungsbeschluss wird man aber ohne weiteres einen Fortsetzungswillen der verbleibenden Gesellschafter entnehmen können. Wo hingegen bei einer Innengesellschaft das Gestaltungsniveau des Mehrheitsprinzips erreicht ist, wird es auch kaum an einer Fortsetzungsklausel fehlen.

4. Personenhandelsgesellschaften Bei den Personenhandelsgesellschaften sind die materiellen Änderungen hinsichtlich der Ausscheidens- und Auflösungsgründe überschaubar. In Umsetzung einer Juristentagsempfehlung⁷⁹ wird der Streitstand, ob Gesellschaftern in Personenhandelsgesellschaften mit Rücksicht auf einen aus § 133 HGB abzuleitenden Vorrang der Auflösungsklage ein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Mitgliedschaft aus wichtigem Grund zustehen kann,⁸⁰ mit § 120 Abs. 2 HGB‐E im Sinne eines solchen Kündigungsrechts ausgeräumt. Zudem soll das spezielle außerordentliche Kündigungsrecht des § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, Satz 4 bis 5 BGB bei Vollendung des 18. Lebensjahrs für die offene Handelsgesellschaft in § 120 Abs. 3 HGB-E gesondert festgeschrieben werden – in der Kommanditgesellschaft gilt es über § 161 Abs. 2 HGB-E entsprechend –, wenngleich systematisch konsequent als Recht zur Kündigung der Mitgliedschaft, nicht der Gesellschaft. Im Ergebnis ist das nicht neu. Da nach geltendem Recht aber entweder die Anwendung des § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BGB mit Rücksicht auf den abschließenden Anspruch des § 133 HGB versperrt ist⁸¹ oder allenfalls zu eben diesem § 133 HGB – und damit zur Auflösungskündigung – führt,⁸² lässt sich ein Recht zur Kündigung der Mitgliedschaft bei Eintritt der Volljährigkeit in Personenhandelsgesellschaften lediglich als ungeschriebener Fall einer außerordentlichen Austrittskündigung herleiten.⁸³  Vgl. Beschluss 23 des 71. Deutschen Juristentags, aaO (Fn. 12), S. O222.  Vgl. zum Streitstand Begr. MoPeG, S. 172; BGH, Urt. v. 12. 5.1977 – II ZR 89/75 = BGHZ 69, 160, 162 ff.; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 132 Rdn. 37 ff.  Vgl. Schäfer, aaO (Fn. 14), § 723 Rdn. 41; Wertenbruch, aaO (Fn. 25), Rdn. I-1652.  So offenbar die Vorstellung des historischen Gesetzgebers; vgl. Begr. RegE Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz – MHbeG, BT-Drucks. 13/5624, S. 10: „Die ausdrückliche Klarstellung in § 723 [Abs. 1] Satz 3 BGB, wonach die Vollendung des 18. Lebensjahres als wichtiger Grund anzusehen ist, wird darauf ausstrahlen, so daß eine Neuregelung des § 133 HGB entbehrlich schien.“  Vgl. Schäfer, aaO (Fn. 14), § 723 Rdn. 41; ders., aaO (Fn. 33), § 133 Rdn. 32; Grunewald, ZIP 1999, 597, 599; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 132 Rdn. 5; Klöhn, in: Henssler/Strohn, Gesellschafts-

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Diese Begründung lässt es nach geltendem Recht unproblematisch zu, das Kündigungsrecht zu versagen, wenn es an einem wichtigen Grund fehlt, weil der Gesellschafter am 18. Geburtstag gar keiner Haftung ausgesetzt ist, insbesondere wenn die Haftsumme bei einer Kommanditbeteiligung vollständig aufgebracht ist.⁸⁴ Eine auf dieser Erwägung fußende teleologische Reduktion wäre künftig sicherlich nicht ausgeschlossen, in Anbetracht der ausdrücklichen Regelung des neuen § 120 Abs. 3 HGB-E, der das Kündigungsrecht bei Erreichen der Volljährigkeit zudem nicht als Unterfall des wichtigen Grundes regelt, aber mit Unsicherheit verbunden.⁸⁵ Deshalb wäre eine gesetzliche Ausnahme zu erwägen, wonach das Kündigungsrecht bei Erreichen der Volljährigkeit nicht besteht, wenn der in Rede stehende Gesellschafter eine Kommanditbeteiligung hält, bei der die Haftsumme vollständig aufgebracht und nicht zurückgewährt worden ist.

IV. Wegfall des ausdrücklichen Schutzes der ordentlichen Kündigung 1. Ersatzlose Streichung von § 723 Abs. 3 und § 724 BGB Verstärkt wird der mit dem neuen Grundsatz „Ausscheiden statt Auflösung“⁸⁶ verbundene Verstetigungseffekt bei den rechtsfähigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts, indem § 725 Abs. 5 BGB-E – einen Vorschlag Karsten Schmidts aus dem Jahr 1983 aufgreifend⁸⁷ – den ausdrücklichen gesellschaftsrechtlichen Schutz vor kündigungsbeschränkenden Vereinbarungen auf die außerordentlichen Kündigungsgründe in § 725 Abs. 2 und Abs. 3 BGB-E beschränkt.⁸⁸ § 723

recht, 4. Aufl. 2019, § 132 HGB Rdn. 20; Roth, aaO (Fn. 51), § 133 Rdn. 7; gegen Austrittskündigungsrecht und für Recht zur Kündigung der Gesellschaft im Einzelfall hingegen z. B. Butzer/Knof, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. I, 5. Aufl. 2019, § 83 Rdn. 33 f.; Lorz, aaO (Fn. 29), § 132 Rdn. 11.  So z. B. Grunewald, ZIP 1999, 597, 599; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 132 Rdn. 5; Klöhn, aaO (Fn. 83), § 132 Rdn. 20; Schäfer, aaO (Fn. 14), § 723 Rdn. 41.  Der Entwurf hebt selbst hervor, dass sich das Kündigungsrecht mit Eintritt der Volljährigkeit qualitativ von dem aus wichtigem Grund unterscheidet, und trennt deshalb in § 725 Abs. 2 und Abs. 2 BGB-E sowie § 120 Abs. 2 und Abs. 3 HGB-E auch redaktionell; vgl. Begr. MoPeG, S. 122.  Dazu bereits unter III.2.a).  Karsten Schmidt, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III, 1983, S. 540; vgl. auch bereits Flume, aaO (Fn. 9), S. 196 ff.  Begr. MoPeG, S. 122; anders der Vorschlag von Schäfer, aaO (Fn. 12), S. E91 f.

Gesellschafterwechsel, Ausscheiden und Auflösung im Mauracher Entwurf

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Abs. 3 BGB, demzufolge Vereinbarungen nichtig sind, die das Kündigungsrecht ausschließen oder unangemessen einschränken, soll ersatzlos gestrichen werden.⁸⁹ Das gleiche Schicksal ist § 724 BGB bestimmt,⁹⁰ der die auf Lebenszeit eingegangene Gesellschaft der unbefristeten gleichstellt und damit ihre jederzeitige ordentliche Kündbarkeit ermöglicht. Außerdem soll die Kündigung in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts künftig grundsätzlich fristgebunden sein.⁹¹ Für die Innengesellschaft gilt kraft Verweisung in § 740a BGB-E nichts anderes,⁹² allerdings, wie nach geltendem Recht, bezogen auf die Kündbarkeit der Gesellschaft, nicht der Mitgliedschaft. Für die Personenhandelsgesellschaften kann nichts anderes gelten als für die GbR, da der Schutz der ordentlichen Kündbarkeit der Mitgliedschaft gemäß § 132, § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HGB bisher über die Verweisungskette der §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB ebenfalls aus § 723 Abs. 3 BGB hergeleitet wird⁹³ – der nun aber entfallen soll. § 120 Abs. 5 HGB-E, der lediglich gesellschaftsvertragliche Beschränkungen der Kündigungsrechte nach Abs. 2 und Abs. 3 – wichtiger Grund und Erreichen der Volljährigkeit – für unwirksam erklärt, bestätigt dies letztlich ausdrücklich. Der bislang unverbrüchliche Schutz der ordentlichen Kündbarkeit in der unbefristeten (oder auf Lebenszeit eingegangenen) Personengesellschaft⁹⁴ – sei es der Gesellschaft, sei es der Mitgliedschaft – würde damit zum dispositiven Regelfall herabgestuft. Die Entwurfsbegründung hebt zwar hervor, „dass sich Vereinbarungen, die das Recht zur ordentlichen Kündigung … ausschließen oder

 Begr. MoPeG, S. 122.  Begr. MoPeG, S. 120 f.  § 725 Abs. 1 BGB-E; Begr. MoPeG, S. 120.  Hinsichtlich der ebenfalls grundsätzlich geltenden Kündigungsfrist des § 725 Abs. 1 BGB-E legt Begr. MoPeG, S. 121, jedoch nahe, dass bei Gelegenheitsgesellschaften gegebenenfalls mit Rücksicht auf ihren Zweck von einer stillschweigenden Abbedingung der Kündigungsfrist ausgegangen werden kann; vgl. dazu Fleischer, DB 2020, 1107, 1111.  BGH, Urt. v. 14.11.1953 – II ZR 232/52 = NJW 1954, 106; BGH, Urt. v. 24.9.1984 – II ZR 256/83 = NJW 1985, 192, 193; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 132 Rdn. 30; Schäfer, aaO (Fn. 33), § 132 Rdn. 1, 29; Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 3.III.5.c.aa (S. 268 f.), § 8.IV.3.b (S. 751).  Vgl. um Grundsatz der ordentlichen Kündbarkeit unbefristeter und auf Lebenszeit eingegangener Gesellschaften bereits Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. II, 1888, S. 618 ff.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 20.12.1956 – II ZR 166/55 = BGHZ 23, 10, 15 („Die ordentliche Kündigung ist bei den Personalgesellschaften, die auf Lebenszeit eines Gesellschafters oder auf unbestimmte Zeit eingegangen werden, ein notwendiges Element in dem strukturellen Aufbau dieser Gesellschaften. Ihr zwingender Charakter …“); BGH, Urt. v. 13.6.1994 – II ZR 38/93 = BGHZ 126, 226, 230 f. („zwingende Charakter der Vorschrift“ des § 723 Abs. 3 BGB); Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 3.III.5.a (S. 265); ders., aaO (Fn. 22), S. 89; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 132 Rdn. 30; Fleischer/Bong, WM 2017, 1957, 1961; Lübke, aaO (Fn. 13), § 723 Rdn. 94.

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beschränken … an der beweglichen Schranke des § 138 BGB“ messen lassen müssen.⁹⁵ Sie setzt aber sogleich hinzu, die Wertung des § 725 Abs. 5 BGB-E – also der Entfall des dezidierten gesellschaftsrechtlichen Schutzes der ordentlichen Kündbarkeit – müsse bei der Sittenwidrigkeitsprüfung Berücksichtigung finden.⁹⁶

2. Tragweite Die ordentliche Kündbarkeit von Personengesellschaften oder zumindest der Mitgliedschaft in Personengesellschaften und der in diesem Zusammenhang befürchtete Kapitalabfluss oder gar Zerfall unternehmerischer Werte stellt eine der Hauptherausforderungen der personengesellschaftsrechtlichen Gestaltungspraxis dar.⁹⁷ Die Praxis wird deshalb, sollte § 725 Abs. 5 BGB-E Gesetz werden, bei der Befristung von Personengesellschaften absehbar deutlich forscher vorgehen und die Grenzen der Neuregelung vermutlich sogar in der Weise austesten, dass die ordentliche Kündbarkeit nach § 725 Abs. 1 BGB-E bzw. § 120 Abs. 1 HGB-E gänzlich ausgeschlossen wird, was jedenfalls im Umkehrschluss zum jeweiligen Abs. 5 der genannten Vorschriften möglich erscheint. Dass sich nicht alle bei § 723 Abs. 3 BGB verorteten Schranken der Gestaltungsfreiheit uneingeschränkt in die Sittenwidrigkeitsprüfung gemäß § 138 BGB übertragen lassen, wird etwa durch den argumentativen Aufwand belegt, den die herrschende Ansicht⁹⁸ betreibt, um bei der stillen Gesellschaft ungeachtet des Wortlauts von § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB, der das nicht eben nahelegt,⁹⁹ zur Anwendung des § 723 Abs. 3 BGB zu gelangen, statt sich mit dem Sittenwidrigkeitsmaßstab zu begnügen. Da § 723 Abs. 3 BGB gegenwärtig eine gegenüber § 138 BGB erhöhte Begrenzungswirkung zugesprochen wird, müsste sein Entfall konsequenterweise zu einer Erweiterung der Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit von Personengesellschaften führen. Insbesondere bei Innengesellschaften, bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften und überhaupt bei der GmbH & Co. KG würde sich die Argu-

 Begr. MoPeG, S. 122.  Begr. MoPeG, S. 122.  Vgl. bereits Karsten Schmidt, aaO (Fn. 87), S. 540; vgl. ferner Ulmer, ZIP 2010, 805, 806 f.; H. P. Westermann, aaO (Fn. 5), § 723 Rdn. 22; Kamanabrou, aaO (Fn. 52), § 132 Rdn. 17.  Vgl. BGH, Urt. v. 20.12.1956 – II ZR 166/55 = BGHZ 23, 10, 12 (gegen RG, Urt. v. 22.10.1937– II 58/37 = RGZ 156, 129, 134 f.); vgl. ferner Haas, aaO (Fn. 51), § 234 Rdn. 8; Harbarth, in: Staub, HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 Rdn. 23; Wackerbarth, in: Heymann, HGB, 3. Aufl. 2020, § 131 Rdn. 5; Wedemann, in: Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 234 Rdn. 13; a.A. Karsten Schmidt, aaO (Fn. 17), § 234 Rdn. 47.  Vgl. Karsten Schmidt, aaO (Fn. 17), § 234 Rdn. 47.

Gesellschafterwechsel, Ausscheiden und Auflösung im Mauracher Entwurf

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mentationslast im Falle langjähriger Befristungen verschieben. Muss der befristete Ausschluss der ordentlichen Kündigung nach geltendem Recht stets mit Blick auf § 723 Abs. 3, § 724 BGB (§ 134 HGB) zu rechtfertigen sein, müsste nach deren Streichung gezeigt werden, dass und weshalb die komplette Abbedingung der ordentlichen Kündbarkeit oder auch nur ihre Einschränkung durch langjährige Befristung im Einzelfall sittenwidrig sein soll. Der vom Bundesgerichtshof mit Blick auf § 723 Abs. 3 BGB formulierte allgemeine Rechtsgedanke, wonach es mit der persönlichen Freiheit von Vertragsschließenden – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Haftung und der Berufsfreiheit – unvereinbar sei, Bindungen ohne zeitliche Begrenzung und ohne Kündigungsmöglichkeit einzugehen,¹⁰⁰ verliert unter dem Blickwinkel eines möglichen Sittenwidrigkeitsverdikts in seiner Allgemeinheit jedenfalls dort an Überzeugungskraft, wo eine Perpetuierung persönlicher Haftung entweder de jure (Innengesellschaft) oder de facto (vermögensverwaltende Personengesellschaft, GmbH & Co. KG) nicht im Raume steht¹⁰¹ und Einschränkungen der Berufsfreiheit nicht zu befürchten sind. Es ließe sich in diesen Konstellationen sogar behaupten, mit dem gesellschaftsvertraglichen Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit werde letztlich nur das neue Leitbild der rechtsfähigen Außengesellschaft konsequent vervollkommnet und ein der GmbH vergleichbarer Zustand¹⁰² hergestellt. Dies allerdings wirft die Frage auf, ob und inwieweit der Zugewinn an Gestaltungssicherheit für die Praxis, in der die ordentliche Kündbarkeit häufig als Störfaktor empfunden wird, nicht

 BGH, Urt. v. 13.6.1994 – II ZR 38/93 = BGHZ 126, 226, 230 f.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 14.11.1953 – II ZR 232/52 = NJW 1954, 106.  In dieser Richtung etwa Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 132 Rdn. 31, der darauf hinweist, im Zusammenhang mit den Restriktionen des § 723 Abs. 3 BGB sei „die Funktion von Beteiligungen als pures Investment noch nicht in den Blick genommen“ worden; vgl. ferner Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 3.III.5.c.bb (S. 272) (verminderte Schutzwürdigkeit bei Beteiligung juristischer Personen); vgl. auch die Gegenüberstellung zwischen Lösungsrecht aus wichtigem Grund in allen Verbänden und ordentlicher Kündbarkeit bei Personengesellschaften aufgrund personenbezogener Pflichten und persönlicher Haftung bei Wiedemann, aaO (Fn. 22), S. 89; vgl. schließlich Flume, aaO (Fn. 9), S. 196; entschieden gegen „Rücksicht auf den mehr oder weniger kapitalistischen Einschlag“ bei der Beurteilung von Kündigungsbeschränkungen hingegen BGH, Urt. v. 11.7.1968 – II ZR 179/66 = BGHZ 50, 316, 320 f.  Wo es, sofern nicht gesellschaftsvertraglich Kündigungsgründe vorgesehen sind, lediglich ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund gibt; vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1991 – II ZR 58/91 = BGHZ 116, 359, 369; BGH, Urt. v. 18. 2. 2014 – II ZR 174/11 = GmbHR 2014, 534, 535; OLG München, Urt. v. 16. 2. 2001– 23 U 4590/00 = NZG 2001, 662, 663; Berner, in: Münchener Komm. z. GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 60 Rdn. 223; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 34 Rdn. 144; Seibt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, Anh. § 34 Rdn. 1 ff., 6; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/ Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2014, Anh. nach § 34 Rdn. 1 ff., 46 f.

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durch die Nachteile der (leichtfertigen) Zementierung gesellschaftsrechtlicher Strukturen¹⁰³ konterkariert wird.¹⁰⁴

V. Neuerungen bei den Rechtsfolgen von Auflösung und Ausscheiden 1. Auflösung und Liquidation versus Beendigung und Auseinandersetzung Der Mauracher Entwurf spezifiziert die Rechtsfolgen der Auflösung von Personengesellschaften und ordnet sie dies- und jenseits der Trennlinie zwischen Außen- und Innengesellschaften neu:¹⁰⁵ Für die rechtsfähige GbR ist als Regelfall ein Liquidationsverfahren nach Vorbild der Personenhandelsgesellschaften vorgesehen,¹⁰⁶ bei Innengesellschaften hingegen setzt der Entwurf im Einklang mit der herrschenden Ansicht¹⁰⁷ zum geltenden Recht an die Stelle von Auflösung und Liquidation, derer es mangels Gesellschaftsvermögens nicht bedarf, die Beendigung¹⁰⁸ mit gegebenenfalls anschließender schuldrechtlicher Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern.¹⁰⁹

2. Anteilsbezogenheit der Ab- und Anwachsung Im Zuge der ausdrücklichen Abwendung des Mauracher Entwurfs vom Gesamthandsprinzip¹¹⁰ werden die mit dem Ausscheiden von Gesellschaftern und einem  Und damit letztlich auch gesellschaftsrechtlich gebundenen Vermögens; grundlegende Kritik – und Verteidigung der Vorschriften zur ordentlichen Kündbarkeit von Personengesellschaften – bei Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973, S. 140 ff.; vgl. ferner Lübke, aaO (Fn. 13), § 723 Rdn. 95.  Pointierte Kritik in dieser Richtung im Hinblick auf den Vorschlag einer GmbH in Verantwortungseigentum (GmbH-VE) bei Habersack, GmbHR 2020, 992, 994 ff.; Hüttemann/Rawert/ Weitemeyer, FAZ v. 4.9. 2020 (Nr. 206), S. 16. Vgl. – unter dem Blickwinkel des Erbrechts – auch Röthel, AcP 220 (2020), 19 ff.  Vgl. Begr. MoPeG, S. 131.  §§ 736 ff. BGB-E; vgl. zu den Ausnahmen Bachmann, NZG 2020, 612, 617.  Vgl. BGH, Urt. v. 28.9. 2005 – XII ZR 189/02 = BGHZ 165, 1, 7 f.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 26.6.1989 – II ZR 128/88 = NJW 1990, 573; RG v. 20. 2.1941 – II 99/40 = RGZ 166, 160, 164.  § 740a BGB-E.  § 740b BGB-E.  Vgl. Nachw. in Fn. 12.

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etwaigen Eintritt verbundenen Folgen der Ab- und Anwachsung bei rechtsfähigen Gesellschaften nunmehr in Abkehr von § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB konsequenterweise allein bezogen auf die in Rede stehenden Gesellschaftsanteile – nicht das Gesellschaftsvermögen – in § 712 Abs. 1 und 2 BGB‐E geregelt.

a) Unterscheidung in § 712 Abs. 1 und Abs. 2 BGB-E In diesem Zusammenhang fällt auf, dass § 712 Abs. 1 BGB-E für die Anwachsung bei den verbleibenden Gesellschaftern im Falle des Ausscheidens eine Zweifelsregelung enthält, Abs. 2 für die Abwachsung beim Hinzutreten eines Gesellschafters jedoch nicht. Dieser von der Entwurfsbegründung nicht näher erläuterte Unterschied erscheint durchaus sachgerecht: Abreden der Beteiligten gehen in jedem Falle vor (vgl. § 708 BGB-E). Fehlt es aber an einer Vereinbarung über die anteilsbezogenen Folgen des Ausscheidens, soll diese allein das Innenverhältnis der verbleibenden Gesellschafter betreffende Regelungslücke im Sinne der Rechtssicherheit für den Ausscheidenden und den Rechtsverkehr nicht das Ausscheiden als solches behindern – was mit der Zweifelsregelung in § 712 Abs. 1 BGB-E erreicht wird. Denkbare Anwendungsfälle sind etwa das unvermittelt durch Tod eintretende oder einseitig durch Ausschließung veranlasste Ausscheiden. Beim Eintritt eines Gesellschafters hingegen, der notwendigerweise einen Aufnahmevertrag – sei es mit den vorhandenen Gesellschaftern, sei es mit der Gesellschaft¹¹¹ – voraussetzt, wird es zwar kaum jemals an einer zumindest konkludenten Vereinbarung darüber fehlen, zu wessen Lasten der neue Gesellschaftsanteil des Eintretenden zu bilden ist. Fehlt dieses essentialium negotii dennoch, besteht kein Anlass, diesen Mangel durch eine gesetzliche Zweifelsregelung endgültig zu überbrücken. Die Konsequenzen können vielmehr mit den Grundsätzen zum fehlerhaften Beitritt bewältig werden,¹¹² die zwar ebenfalls zu einer proratarischen Belastung der vorhandenen Gesellschafter führen werden –

 Vgl. zur Technik BGH, Urt. v. 11. 2.1980 – II ZR 41/79 = BGHZ 76, 160, 164 (Vertragsschluss mit allen vorhandenen Gesellschaftern); BGH, Urt. v. 14.11.1977 – II ZR 95/76 = NJW 1978, 1000 (Aufnahme im Namen der Gesellschaft mit Wirkung für alle Gesellschafter bei Publikums-KG); BGH, Urt. v. 1. 3. 2011 – II ZR 16/10 = NJW 2011, 1666 (Aufnahme durch Gesellschaft im Namen der vorhandenen Gesellschafter bei Publikums-KG); vgl. zur Systematik Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 5.1.a (S. 389 ff.).  Vgl. dazu Karsten Schmidt, aaO (Fn. 5), § 6 V.1.a (S. 160 f.); Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 5.1.c (S. 393 f.); Schäfer, aaO (Fn. 14), § 705 Rdn. 366 ff.

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aber, da sie zugleich eine Lösungsmöglichkeit aus wichtigem Grund¹¹³ verschaffen, eben nicht endgültig.

b) Denkbare Übertragungseffekte Die Aufgabe des Gesamthandsprinzips sowie die Anknüpfung der Ab‐ und Anwachsungsfolgen beim Ausscheiden an die in Rede stehenden Gesellschaftsanteile (§ 712 Abs. 1 BGB-E) werfen Folgefragen auf: Wird insbesondere die Unmöglichkeit des Erwerbs eigener Anteile¹¹⁴ und der Einpersonengesellschaft¹¹⁵ noch so gewiss sein wie nach geltendem Recht? Immerhin begründet die herrschende Ansicht jene Grundsätze jeweils dezidiert mit den Besonderheiten der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand¹¹⁶ – die nun aber durch das Leitbild einer rechtsfähigen, von ihren Gesellschaftern in stärkerem Maße als zuvor verselbstständigte Außengesellschaft abgelöst werden soll. Beides sind indes Fragen, die nicht im Gesetzgebungsverfahren beantwortet werden müssen, deren Analyse aber neue Impulse erhalten dürfte.¹¹⁷

3. Abfindungsanspruch gemäß § 728 BGB-E § 728 BGB-E formuliert die Regelungen zu den Ansprüchen des ausgeschiedenen Gesellschafters komplett neu, soll ausweislich der Entwurfsbegründung aber nicht in die auf Grundlage von § 738 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze zur Abfindungshöhe und deren gesellschaftsvertraglicher Gestaltbarkeit eingreifen.¹¹⁸ Ungeachtet dieser konservativen Intention sind Veränderungen des Status quo im Zusammenhang mit § 728 BGB‐E denkbar. Jedenfalls ist es nicht ausgeschlossen, dass die Vorschrift in der praktischen Anwendung (zunächst) eine gewisse Eigendynamik entwickelt, und zwar – ähnlich wie bei den

 Vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1974 – II ZR 27/73 = BGHZ 63, 338; Schäfer, aaO (Fn. 14), § 705 Rdn. 368.  Karsten Schmidt, ZIP 2014, 493, 497 ff.; Schäfer, aaO (Fn. 33), § 105 Rdn. 39, 97; für die Möglichkeit eigener Anteile im Personengesellschaftsrecht Priester, ZIP 2014, 245, 246 ff.  Flume, aaO (Fn. 9), S. 99; Karsten Schmidt, ZIP 2014, 493, 497 ff.; Schäfer, aaO (Fn. 14), § 705 Rdn. 62.  Vgl. Nachw. in Fn. 114 f.  So bereits Bachmann, NZG 2020, 612, 615; kritisch Geibel, ZRP 2020, 137, 138; a.A. (§ 122 Abs. 2 HGB-E als inzidente Verneinung von Einpersonengesellschaft und Mehrfachbeteiligung) Habersack, ZGR 2020, 539, 548.  Vgl. Begr. MoPeG, S. 124 f.

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absehbaren Auswirkungen der Streichung von § 723 Abs. 3 BGB¹¹⁹ – getrieben durch das häufig und nachdrücklich artikulierte Bedürfnis der Beratungspraxis nach größerer Gestaltungsfreiheit bei Abfindungsbeschränkungen.¹²⁰

a) Gestaltungsfreiheit und Gestaltungsgrenzen Dass § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB-E die Abfindungspflicht im Ausscheidensfall ausdrücklich zur Disposition des Gesellschaftsvertrags stellt, wird man allerdings, da gegenwärtig in der Sache nichts anderes gilt,¹²¹ kaum als Fingerzeig in Richtung größerer Gestaltungsfreiheit¹²² deuten dürfen.¹²³ Ebenso wenig erfährt diese eine Erweiterung durch den im Rahmen des 71. Deutschen Juristentags von Wicke begründeten¹²⁴ – und als Empfehlung an den Gesetzgeber angenommenen¹²⁵ – Vorschlag einer Ausübungskontrolle an-

 Dazu bereits unter IV.  Vgl. etwa Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl. 2018, § 6 Rdn. 161 ff.; Heckschen, NZG 2020, 761, 765; Hennerkes/May, NJW 1988, 2761, 2765 f.; Kormann, in: Scherer/Blanc/Kormann/Groth/ Wimmer, Familienunternehmen, 2. Aufl., 2012, Rdn. 192; Krause, aaO (Fn. 27), § 14 Rdn. 138; Scherer, BB 2010, 323, 324 f.; Ulmer, ZIP 2010, 805, 813 ff.; Rasner, ZHR 158 (1994), 292, 307 f.; Wicke, in: Verhandlungen des 71. DJT, Band II/1, 2017, S. O31, O41 f.; ders., ZGR 2012, 450, 477; vgl. auch Fleischer/Bong,WM 2017, 1957, 1964 ff.; Schäfer, aaO (Fn. 14), § 738 Rdn. 59a; H. P. Westermann, aaO (Fn. 59), Rdn. I-1151 f.  Die Begr. zu § 725 Abs. 1 BGB-E, Entwurf, S. 124, spricht entsprechend von einer Klarstellung; vgl. zur dispositiven Natur des § 738 BGB RG, Urt. v. 15.10.1928 – VI 241/28 = RGZ 122, 149, 150; BGH, Urt. v. 2.6.1997 – II ZR 81/96 = BGHZ 135, 387, 389; BGH, Urt. v. 24. 5.1993 – II ZR 36/92 = NJW 1993, 2101, 2102; Schön, ZHR 166 (2002), 585, 588; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 131 Rdn. 149; Haas, aaO (Fn. 51), § 131 Rdn. 61; Roth, aaO (Fn. 51), § 131 Rdn. 38, 58.  Vgl. aber Hamburger Kreis Recht der Familienunternehmen, NZG 2020, 105, 106: „Das Gesetz sollte die Möglichkeit von Abfindungsbeschränkungen und -ausschlüssen positiv regeln, um dem besonderen Bedürfnis nach Anerkennung gelebter Vertragsfreiheit einen erhöhten Stellenwert zu verleihen.“ (Hervorh. d. Verf.).  Vgl. auch Begr. MoPeG, S. 124: „Gesetzlich klarzustellen ist, dass die Ansprüche grundsätzlich zur Disposition der Gesellschafter stehen.“ (Hervorh. d. Verf.).  Wicke, aaO (Fn. 120), S. O31, O41 f.; vgl. im Anschluss daran Hamburger Kreis Recht der Familienunternehmen, NZG 2020, 105, 106; zuvor – auf Grundlage des geltenden Rechts – bereits in dieser Richtung Sigle, ZGR 1999, 659, 665 f.; Lange, NZG 2001, 635, 638; offenlassend, § 138 BGB aber auf gänzlichen Abfindungsausschluss sowie erheblich unter dem Buchwert liegende Beträge beschränkend Dauner-Lieb, ZHR 158 (1994), 271, 288; dagegen aber Schäfer, aaO (Fn. 12), S. E49 i.V.m. ders., aaO (Fn. 14), § 738 Rdn. 45 ff.; ferner dagegen (wenn auch in erster Linie am Beispiel der Hinauskündigungsklauseln) Armbrüster, ZGR 2014, 333, 356 ff.  Beschluss 11a des 71. Deutschen Juristentags, aaO (Fn. 12), S. O220.

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stelle der von der herrschenden Ansicht befürworteten Wirksamkeitskontrolle¹²⁶ bei anfänglich grob unverhältnismäßigen Abfindungsbeschränkungen, dessen Umsetzung die Entwurfsbegründung unter Hinweis auf die verhaltenssteuernde Wirkung der Wirksamkeitskontrolle ausdrücklich ablehnt.¹²⁷ Ein unausgesprochener Grund dieser Ablehnung besteht möglicherweise darin, dass letztlich ungeklärt geblieben ist, wie genau die Sittenwidrigkeitskontrolle rechtstechnisch zurückgedrängt werden soll. Ein denkbarer Regelungsansatz wäre eine Ausschlussfrist bezüglich der Geltendmachung der Nichtigkeit. Damit könnte zugleich ein in der Sache nicht gerechtfertigter Unterschied zum GmbH-Recht beseitigt werden. Denn in der GmbH reduziert immerhin die analoge Anwendung der Heilungsvorschrift des § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG auf anfänglich grob unverhältnismäßige und daher sittenwidrige Abfindungsklauseln¹²⁸ die damit verbundene Unsicherheit signifikant. Als tatsächliche Erweiterung der Gestaltungsfreiheit bei Abfindungsbeschränkungen könnte allerdings der Wegfall von § 723 Abs. 3 BGB missdeutet werden. Denn einerseits sind zwar überzeugende rechtssystematische Bedenken gegen die Aussagekraft von § 723 Abs. 3 BGB bei der Beurteilung von Abfindungsbeschränkungen dargelegt worden, insbesondere weil sonst für die nicht ordentlich kündbare GmbH¹²⁹ andere Abfindungsgrundsätze als für Personengesellschaften gelten müssten.¹³⁰ Andererseits führt auch die jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung¹³¹ im Einklang mit der herrschenden Ansicht¹³² § 723 Abs. 3 BGB als Grenze von Abfindungsbeschränkungen im Personengesell-

 Grundlage der Differenzierung zwischen anfänglich grobem Missverhältnis zwischen Abfindungsanspruch und Anteilswert BGH, Urt. v. 24.5.1993 – II ZR 36/92 = NJW 1993, 2101, sowie BGH, Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 104/92 = BGHZ 123, 281; vgl. ferner Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 131 Rdn. 167 ff.; Sprau, aaO (Fn. 13), § 738 Rdn. 7.  Begr. MoPeG, S. 124; vgl. auch Bergmann, DB 2020, 994, 994 f.  Vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 368; Ulmer/Habersack, aaO (Fn. 102), § 34 Rdn. 105 ff.; Kersting, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 34 Rdn. 31; Sosnitza, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 34 Rdn. 91. – Die Heilungswirkung tritt allerdings nicht gegenüber Gesellschaftsgläubigern ein.  Vgl. Nachw. in Fn. 102.  Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 131 Rdn. 156; ders., aaO (Fn. 5), § 50 IV.2.c.cc (S. 1486 ff.); Dauner-Lieb, ZHR 158 (1994), 271, 288; Fleischer/Bong, WM 2017, 1957, 1965.  BGH, Urt. v. 21.1. 2014 – II ZR 87/13 = BeckRS 2014, 9619; BGH, Urt. v. 7.4. 2008 – II ZR 181/04 = NZG 2008, 632; BGH, Urt. v. 13. 3. 2006 – II ZR 295/14 = NZG 2006, 425.  Vgl. etwa Berufung auf § 723 Abs. 3 BGB hinsichtlich der Beurteilung von Abfindungsbeschränkungen bei Habermeier, aaO (Fn. 46), § 723 Rdn. 21; Heidel/Hanke, in: Heidel/Schall, HGB, 2011, Anh. § 131 Rdn. 23; Koch, aaO (Fn. 47), § 738 Rdn. 59; Sprau, aaO (Fn. 13), § 738 Rdn. 7; Schäfer, aaO (Fn. 25), § 738 Rdn. 49 ff.; Ulmer, ZIP 2010, 805, 811; H. P. Westermann, aaO (Fn. 5), § 723 Rdn. 23.

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schaftsrecht an, was bei den in der Entwurfsbegründung¹³³ zitierten Entscheidungen¹³⁴ nur deshalb nicht ins Auge fällt, weil es sich dabei jeweils um GmbHSachverhalte handelte. Je nachdem, wie ein Gesetzentwurf sich schlussendlich zur ordentlichen Kündbarkeit verhält,¹³⁵ könnte sich eine Klarstellung in der Gesetzesbegründung, dass Übertragungseffekte im Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit bei Abfindungsklauseln nicht beabsichtigt sind, empfehlen. Im Übrigen erscheint es in Anbetracht der Komplexität und rechtspolitischen Dimension der gesamten Abfindungsthematik – wie bei der Streichung von § 723 Abs. 3 BGB stellt sich auch diesbezüglich die Frage nach Nutzen und Schaden der mit einer Erweiterung der Gestaltungsfreiheit einhergehenden Lock-in-Effekte¹³⁶ – wünschenswert, wenn die Gesetzesbegründung die künftige Rechtsentwicklung möglichst unbeeinflusst ließe, indem sie insbesondere keine Aversion gegen den Vorschlag eines Vorrangs der Ausübungskontrolle¹³⁷ zu erkennen gibt. In diesem Sinne könnte es sich ferner empfehlen, das Attribut „angemessene“ in § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB-E durch „entsprechende“ zu ersetzen, um deutlich zu machen, dass lediglich eine objektivierbare (dispositive) Abfindungshöhe festgelegt, nicht aber ein zusätzliches Wertungselement eingeführt werden soll.¹³⁸

b) Direkte Anteilsbewertung? Konsequenzen könnte schließlich die Anknüpfung von § 728 BGB-E an den Wert des Anteils des Ausscheidenden hinsichtlich der ihm geschuldeten Abfindung haben, wobei sich aus § 728 Abs. 2 BGB-E unzweifelhaft ergibt, dass der Gesellschaftsanteil gemeint ist. Auf den ersten Blick erscheint die Neuformulierung als bloße Folgeanpassung im Zuge der Aufgabe des Gesamthandsprinzips.¹³⁹ Stellt man sie aber dem geltenden Recht gegenüber, ergibt sich ein anderes Bild: Der Wortlaut von § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB und der darin bestimmte Bezugspunkt – der um die Prämisse der Unternehmensfortführung ergänzte fiktive Liquidationser Begr. MoPeG, S. 124.  BGH, Urt. v. 16.12.1991 – II ZR 58/91 = BGHZ 116, 359; BGH, Urt. v. 27.9. 2011 – II ZR 279/09 = ZIP 2011, 2357.  Vgl. hierzu bereits unter IV.  Auch diesbezüglich sind Impulse aus der Diskussion um die GmbH in Verantwortungseigentum zu erwarten; vgl. Nachw. in Fn. 104.  Vgl. Fn. 124.  Dass dies nicht intendiert ist, ergibt sich aus Begr. MoPeG, S. 125; vgl. aber M. Noack, NZG 2020, 581, 584, demzufolge die Formulierung „angemessene Abfindung“ „mehr ‚Beinfreiheit‘ bei der Ausgestaltung von Abfindungsklauseln“ verschaffe.  Vgl. Nachw. in Fn. 12.

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lös¹⁴⁰ – definieren nach herrschender Ansicht nicht lediglich das Bewertungsobjekt, sondern schreiben, im Gegensatz etwa zu §§ 327a f. AktG,¹⁴¹ auch die Bewertungsmethode im Sinne einer indirekten, aus dem anteiligen Unternehmenswert abzuleitenden Abfindungsermittlung vor („Tortenschnitt“¹⁴²).¹⁴³ Obgleich aus der Entwurfsbegründung recht deutlich hervorgeht, dass keine Veränderung der gegenwärtigen Rechtslage, sondern lediglich eine Präzisierung des Bewertungsobjekts intendiert ist,¹⁴⁴ liegt es nicht fern, dem Wortlaut des § 728 BGB-E – ebenso wie dem geltenden Recht, jedoch in anderer Richtung – auch eine Aussage zur maßgeblichen Bewertungsmethode zu entnehmen. Wenn die vermögens- und auseinandersetzungsbezogenen Formulierungen des § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB eine indirekte Bewertung bestimmen,¹⁴⁵ dann legen die Wendungen „Wert seines Anteils“ und „Wert des Gesellschaftsanteils“ (§ 728 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB-E) prima facie die direkte Anteilsbewertung nahe. Damit würde sich die Folgefrage verbinden, ob und inwiefern rein anteilsbezogene wertbildende oder wertmindernde Faktoren bei der Abfindungsbemessung zu berücksichtigen sind, etwa eine disquotale Ergebnis‐ oder Stimmverteilung, Entnahme-, Aus-

 BGH, Urt. v. 21.4.1955 – II ZR 227/53 = BGHZ 17, 130, 136; BGH, Urt. v. 22.10.1973 – II ZR 37/72 = NJW 1974, 312; BGH, Urt. v. 24.9.1984 – II ZR 256/83 = NJW 1985, 192, 193.  Vgl. BGH, Urt. v. 12.1. 2016 – II ZB 25/14 = BGHZ 208, 265, 273, wonach bei der Ermittlung der „angemessenen Barabfindung“ gemäß §§ 327a f. AktG sowohl die indirekte als auch die direkte Anteilsbewertung in Betracht kommt, solange nur gewährleistet ist, dass der wahre Wert der Beteiligung ermittelt wird.  Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 3.III.3.e (S. 241).  Vgl. BGH, Urt. v. 17. 5. 2011 – II ZR 285/09 = NJW 2011, 2355, 2356; Fleischer, in: Fleischer/ Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2019, Rdn. 20.1, 20.3, 20.16; Wiedemann, aaO (Fn. 38), § 3.III.3.e.aa (S. 242); Schäfer, aaO (Fn. 14), § 738 Rdn. 33; Karsten Schmidt, aaO (Fn. 23), § 131 Rdn. 141; für die GmbH: Kleindiek, aaO (Fn. 102), § 34 Rdn. 161; OLG Köln, Urt. v. 26. 3.1999 – 19 U 108/96 = NZG 1999, 1222, 1224; letztlich unergiebig – wenngleich häufig als Beleg für den Grundsatz der indirekten Anteilsbewertung angeführt – BGH, Urt. v. 16.12. 1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 370 („Dabei wird es [das Berufungsgericht] prüfen müssen, ob im Hinblick darauf, daß die Verkehrsfähigkeit der Gesellschaftsanteile wegen der Voraussetzungen, an welche die Mitgliedschaft in der Bekl. geknüpft ist und von denen die Abtretbarkeit der Anteile nach der Satzung abhängt, in hohem Maße eingeschränkt ist, als Verkehrswert der Betrag zu gelten hat, den ein Dritter als Erwerber zahlen würde … Im Zweifel ist der Anteilswert auf der Grundlage des wirklichen Wertes des lebenden Unternehmens einschließlich der stillen Reserven und gegebenenfalls auch des goodwill zu errechnen.“).  Begr. MoPeG, S. 125 („Geschätzt wird zwar im Regelfall indirekt zunächst der Wert des Gesellschaftsvermögen als Ganzes und dann der des Anteils durch Umlage im Verhältnis der Kapitalbeteiligung des Ausgeschiedenen …“).  Vgl. Nachw. in Fn. 143.

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schüttungs- und Kündigungsbeschränkungen, Minderheitsabschläge sowie die rechtliche oder faktische Unveräußerlichkeit der Beteiligung.¹⁴⁶ Selbst wenn man in § 728 BGB-E keine Festlegung auf die direkte Anteilsbewertung erblickt, deutet die Anknüpfung an die Gesellschaftsanteile aber doch zumindest eine gewisse Offenheit für die Berücksichtigung diesbezüglicher wertbildender oder wertmindernder Faktoren an. Ein Seitenblick auf das – freilich andere Zwecke als die gesellschaftsrechtliche Abfindungspflicht verfolgende – Familien- und Erbrecht zeigt jedenfalls, dass die Ausgangsgröße des anteiligen Werts des Unternehmens unter Fortführungsprämisse die Berücksichtigung anteilsbezogener wertbildender oder wertmindernder Faktoren nicht per se ausschließt.¹⁴⁷

VI. Zusammenfassung in Thesen 1.

2.

Weder der Mauracher Entwurf noch die Entwurfsbegründung greifen die Testamentsvollstreckung auf, die im Personengesellschaftsrecht zwar alles andere als eine Selbstverständlichkeit darstellt, deren Zulässigkeit aber jedenfalls für Kommanditbeteiligungen gesichert ist. Zur Vermeidung von Umkehrschlüssen mit Blick auf die detaillierte Positivierung der unumstrittenen Grundsätze zum Gesellschafterwechsel unter Lebenden und von Todes wegen wäre zumindest ein klarstellender Hinweis bezüglich der Testamentsvollstreckung in der Gesetzesbegründung wünschenswert. § 724 BGB-E, der das Wahlrecht des Erben-Gesellschafters gemäß § 139 HGB in modifizierter Form auf die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts

 Überblick bei Fleischer, aaO (Fn. 143), Rdn. 20.6 ff.; im pflichtteilsrechtlichen Zusammenhang eingehend Riedel, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler/Wälzholz, Handbuch Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2010, § 16 Rdn. 65 ff.; steuer‐/bewertungsrechtlich werden diese Faktoren mit Ausnahme der Bewertung auf Grundlage von Vorverkäufen an fremde Dritte (§ 11 Abs. 2 BewG) wegen § 9 Abs. 2, Abs. 3 BewG gerade nicht berücksichtigt, was sich auch im Umkehrschluss aus der Steuerbefreiung gemäß § 13a Abs. 9 ErbStG ergibt; vgl. dazu Stalleiken, aaO (Fn. 75), § 13a Rdn. 220; Wachter, NZG 2016, 1168, 1170.  Vgl. zum güterrechtlichen Zugewinnausgleichsanspruch: BGH, Urt. v. 10.10.1979 – IV ZR 79/ 78 = BGHZ 75, 195, 201; BGH, Urt. v. 1.10.1986 – IV b ZR 69/85 = NJW 1987, 321, 322; BGH, Urt. v. 25.11. 1998 – XII ZR 84/97 = NJW 1999,784, 785; Koch, in: Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl. 2019, § 1376 Rdn. 53; kritisch aber Cziupka, in: BeckOK BGB, 54. Ed. 2020, § 1376 Rdn. 31. Vgl. zum erbrechtlichen Pflichtteilsanspruch: Riedel, aaO (Fn. 146), § 16 Rdn. 117 ff.; Dutta, Warum Erbrecht?, 2014, S. 540; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 3. Aufl. 2009, Rdn. 375; Lange, in: Münchener Komm. z. BGB, 8. Aufl. 2020, § 2311 Rdn. 55; Müller-Engels, in: BeckOK BGB, 54. Ed. 2020, § 2311 Rdn. 44; vgl. auch Ulmer, aaO (Fn.23), S. 79, 100 ff.

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überträgt, geht über sein im Kern berechtigtes Regelungsanliegen hinaus. Denn im Gegensatz zur offenen Handelsgesellschaft ist die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts typischerweise keine Arbeits- und Haftungsgemeinschaft. Das Individualinteresse des Erben-Gesellschafters am Wechsel in eine Kommanditistenposition oder hilfsweise an der Kündigung seiner Mitgliedschaft ist deshalb häufig weniger gewichtig als die Kontinuitätsinteressen der Gesellschaft. Es empfiehlt sich, entweder Ausnahmen von § 724 BGB-E für rein vermögensverwaltende Gesellschaften vorzusehen oder die Unabdingbarkeit der Vorschrift (§ 724 Abs. 5 BGB-E) insgesamt zu überdenken. Das „neue“ Kündigungsrecht bei Erreichen der Volljährigkeit in § 120 Abs. 3 HGB-E, das über § 161 Abs. 2 HGB auch für die Kommanditgesellschaft gilt, sollte um eine ausdrückliche Ausnahme für Kommanditbeteiligungen mit vollständig aufgebrachter Haftsumme ergänzt werden. Der Schutz der ordentlichen Kündbarkeit in unbefristeten Personengesellschaften – sei es der Gesellschaft (§ 740a Abs. 1 Nr. 5 BGB-E), sei es der Mitgliedschaft (§ 725 Abs. 1 BGB-E, § 120 Abs. 1 HGB-E) – würde mit der ersatzlosen Streichung von § 723 Abs. 3, § 724 BGB abgeschwächt und die diesbezügliche Gestaltungsfreiheit insbesondere im Hinblick auf langjährige Befristungen erweitert werden. Der Mauracher Entwurf stellt im Einklang mit dem geltenden Recht ausdrücklich klar, dass der Abfindungsanspruch ausscheidender Gesellschafter (§ 728 BGB-E) zur Disposition des Gesellschaftsvertrags steht. Weitere Regelungen zur Gestaltungsfreiheit und zu Gestaltungsgrenzen in diesem Zusammenhang sind hingegen nicht vorgesehen. Insbesondere soll die Wirksamkeitskontrolle anfänglich grob unverhältnismäßiger Abfindungsklauseln nicht durch eine Ausübungskontrolle ersetzt werden. Diesbezüglich könnte ein (vermittelnder) Ansatz in der Einführung einer Ausschlussfrist hinsichtlich der Berufung auf die Nichtigkeit anfänglich grob unverhältnismäßiger Abfindungsklauseln liegen. Jedenfalls wäre es wünschenswert, wenn eine künftige Gesetzesbegründung die Spielräume der Rechtsfortbildung in diesem Zusammenhang nicht verengt. Es ist mit Blick auf die gegenwärtigen Begründungslinien zu den Grenzen der Gestaltungsfreiheit bei gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln nicht ausgeschlossen, dass der Wegfall von § 723 Abs. 3 BGB als Ausdruck einer Erweiterung jener Gestaltungsfreiheit interpretiert wird; gegebenenfalls empfiehlt sich insofern eine Klarstellung in der Gesetzesbegründung. Hingegen könnte die Formulierung „angemessene Abfindung“ in § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB-E als ein die bestehende Gestaltungsfreiheit verkürzendes Wer-

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tungselement verstanden werden, weshalb sich die Ersetzung durch „entsprechende Abfindung“ empfiehlt. Die Wendung „dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung“ in § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB-E legt – entgegen der herrschenden Ansicht zum geltenden Recht – die direkte Anteilsbewertungsmethode zur Ermittlung der Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters nahe; diese würde es erfordern, rein anteilsbezogene wertbildende und wertmindernde Faktoren wie Entnahmebeschränkungen, Kündigungsfristen und Veräußerungshürden bei der Abfindungsbemessung zu berücksichtigen. Auch insofern empfiehlt sich gegebenenfalls eine Klarstellung in der Gesetzesbegründung.

Stefanie Leclerc

Bericht über die Diskussion An den Vortrag von Christian Bochmann zu „Ausscheiden und Auflösung“ schloss sich unter der Leitung von Hanno Merkt eine rege Diskussion an. Mit Blick auf die durch den Mauracher Entwurf vorgeschlagenen Änderungen des Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts standen dabei drei Themen im Fokus der Diskussion: Die Übernahme der Regelung des geltenden § 139 HGB zur Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben bzw. deren Ausscheiden in § 724 BGB-E (dazu unter I.), der Wegfall von § 723 Abs. 3 BGB sowie die damit einhergehenden Konsequenzen für Befristungen und Abfindungsbeschränkungen (dazu unter II.) und schließlich die Neuformulierung der Regelung zur Abfindungsbemessung bei Ausscheiden eines Gesellschafters in § 728 Abs. 2 BGB-E (dazu unter III.). Mit Blick auf die Personenhandelsgesellschaften beleuchtete die Diskussion ferner die Entwurfsregelung zur Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts bei Erreichen der Volljährigkeit des Gesellschafters in § 120 Abs. 2 HGB-E (dazu unter IV.).

I. Die im Referat von Christian Bochmann geäußerten Bedenken gegenüber der uneingeschränkten Übernahme der für die Personenhandelsgesellschaft geltenden Regelung des § 139 HGB in § 724 BGB-E wurden in der Diskussion nicht uneingeschränkt geteilt. Ein Diskutant aus der Wissenschaft und zugleich Mitglied der mit dem Entwurf betrauten Expertenkommission wies darauf hin, dass die kritisierte zwingende Geltung gemäß § 724 Abs. 5 BGB-E eine schlichte Übernahme der bereits im Recht der Personenhandelsgesellschaften geltenden Rechtslage sei, die dort keine Konflikte verursache und daher auch im Kontext der von § 724 BGB-E erfassten Gesellschaften bürgerlichen Rechts unproblematisch sei. Sofern das durch die Regelung vorgesehene Wahlrecht durch die Gesellschafter nicht gewünscht sei, könne das Eingreifen des Mechanismus durch die in der Rechtspraxis der offenen Handelsgesellschaften bereits etablierten automatischen Umwandlungsklauseln abgewendet werden. Im Übrigen sei die Regelung im Kontext der von § 724 BGB-E erfassten Gesellschaften bürgerlichen Rechts ebenso veranlasst wie für die vom geltenden § 139 HGB erfassten Personenhandelsgesellschaften.

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II. Für Diskussion sorgte auch die These des Vortragenden, der durch die Entwurfsregelung in § 725 Abs. 5 BGB-E vorgesehene Wegfall des bislang über § 723 Abs. 3 BGB geschützten Prinzips der ordentlichen Kündbarkeit könne in der Praxis mit Blick sowohl auf mögliche Befristungen als auch auf die Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen als Hinweis auf ein erhöhtes Maß an Gestaltungsfreiheit gedeutet werden. Ein Mitglied der mit dem Entwurf betrauten Expertenkommission konstatierte insofern, dass weder bezüglich der Befristungsmöglichkeiten noch hinsichtlich der Zulässigkeit von Abfindungsklauseln eine Veränderung der bisherigen Rechtslage beabsichtigt gewesen sei. Mit Blick auf die Zulässigkeit von Abfindungsklauseln entspreche es zudem der Rechtsprechung des BGH, dass die hierfür geltenden Maßstäbe des § 138 BGB und des § 723 Abs. 3 BGB identisch seien. Die Streichung des § 723 Abs. 3 BGB könne als Bestätigung dieser Rechtsprechung verstanden werden; eine inhaltliche Änderung sei damit nicht verbunden. Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft wies in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass die Vermischung der Materien des zwingenden Kündigungsrechts und des Abfindungsanspruchs auf einem historischen Missverständnis beruhe. Auch dass das Argument der unzulässigen Kündigungserschwerung nicht unbesehen auf die GmbH übertragen werden könne, zeige, dass der Wert des Arguments gering sei. Eine Diskutantin aus der Wissenschaft stimmte dem Referenten darin zu, dass der mit Blick auf die Zulässigkeit von Befristungen im Entwurf enthaltene Verweis auf § 138 BGB nicht alles umfassen könne, was der noch geltende § 723 Abs. 3 BGB leiste. Anleihe könne man allerdings bei der arbeitsrechtlichen Rechtslage nehmen. Dort wirke sich der Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit auf die Einschätzung der Zumutbarkeit der außerordentlichen Kündigung aus. Ähnlich könne man das im Kontext des Personengesellschaftsrechts wohl auch sehen. In seiner Replik, in der das primäre Anliegen der zur Diskussion gestellten Thesen betont wurde, nämlich die mögliche Reaktion der Praxis auf die Streichung des geltenden § 723 Abs. 3 BGB aufzuzeigen, wies Christian Bochmann erneut auf die Unterschiedlichkeit der Maßstäbe des § 138 BGB und des § 723 Abs. 3 BGB hinsichtlich der Zulässigkeit von Befristungen hin. Gerade im Rahmen von Familienunternehmensnachfolgen sei angesichts des etwa im Rahmen von Poolgesellschaften und GmbH & Co. KG fehlenden Risikos der persönlichen unbeschränkten Haftung nicht ersichtlich, weshalb eine außerordentlich langfristige Bindung der Anteile sittenwidrig sein solle. Aktuell sehe die Praxis mit Blick

Bericht über die Diskussion

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auf die BGH-Rechtsprechung regelmäßig keine Bindung von über 30 Jahren vor. Dies könne sich bei Wegfall des § 723 Abs. 3 BGB ändern.

III. Ein zentraler Aspekt der Diskussion war die Frage, welche Auswirkungen die Entwurfsregelung in § 728 BGB-E auf die Methode der Anteilsbewertung haben könnte. Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft mutmaßte insofern, dass das Abstellen auf den Gesellschaftsanteil in § 728 BGB-E auf die durch den BGH im sog. Nestlé-Beschluss zum Squeeze-Out vollzogene Unterscheidung zurückzuführen sei. Darin habe der BGH festgestellt, dass Bewertungsobjekt stets der Anteil sei, die Frage des Bewertungsverfahrens – indirekt oder direkt – indes eine davon zu unterscheidende sei. Sollte der Entwurf jedoch tatsächlich eine direkte Anteilsbewertung vorsehen, würde dies eine Reihe schwieriger Folgefragen aufwerfen. Ein Diskutant aus der Praxis unterstrich nochmals das Problem der Unklarheit der derzeitigen Entwurfsfassung und empfahl, die Unterscheidung zwischen Bewertungsobjekt und -verfahren in der Entwurfsbegründung klarzustellen. In seiner Replik äußerte auch der Referent Sympathien für diesen Vorschlag. Ohne eine solche Klarstellung habe die Formulierung des § 728 BGB-E durchaus das Potenzial, als Entscheidung für eine direkte Anteilsbewertung (miss‐)verstanden zu werden. Ein Mitglied der Expertenkommission führte als einen Grund für die Änderung des Wortlauts des § 728 BGB-E gegenüber dem bisherigen § 738 BGB an, dass § 738 Abs. 1 S. 2 BGB für die Bemessung auf die Situation der Liquidation der Gesellschaft abstelle. Hinsichtlich der Frage, nach welchen Bewertungsverfahren vorzugehen sei, habe der Entwurf hingegen keine Vorschriften gemacht bzw. machen wollen. Diese Frage solle vielmehr weiterhin Rechtsprechung und Schrifttum überlassen bleiben. Von einem Vertreter der Praxis wurde kritisiert, dass § 728 BGB-E nicht die Empfehlung des 71. Deutschen Juristentages aufgegriffen habe, einen Vorrang der Ausübungs- vor einer Wirksamkeitskontrolle aufzunehmen. Hierin liege eine Gestaltungsbremse, die im Widerspruch zu den Bedürfnissen der unternehmensrechtlichen Praxis stünde. Letztere äußerten sich nicht zuletzt in aktuellen Vorhaben, eine neue Gesellschaftsform für Verantwortungseigentum zu schaffen, die einen Abfindungsanspruch über die Einlage hinaus nicht vorsehe. Die in der Entwurfsbegründung geäußerte Ablehnung eines Vorrangs der Ausübungs- vor einer Wirksamkeitskontrolle sei geeignet, das klassische Gesellschaftsrecht für diese Entwicklung vollständig zu sperren und stattdessen das Bedürfnis einer Spezialrechtsform aufkommen zu lassen, was bedauernswert sei. Den Vorschlag

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des Diskussionsteilnehmers, die Frage des Vorrangs der Ausübungs- vor einer Wirksamkeitskontrolle sowohl im Entwurf als auch in der Entwurfsbegründung der künftigen Rechtsentwicklung zu überlassen, begrüßte Christian Bochmann in seiner Replik als guten Kompromiss.

IV. Mit Blick auf die durch den Mauracher Entwurf beleuchteten Änderungen des Rechts der Personenhandelsgesellschaften konzentrierte sich die Diskussion auf das neu kodifizierte außerordentliche Kündigungsrecht des volljährig gewordenen Gesellschafters in § 120 Abs. 3 HGB-E. Im Referat wurde insofern angeregt, die Entwurfsregelung aufgrund ihrer sich über § 161 Abs. 2 HGB auch auf die Kommanditgesellschaft erstreckenden Geltungskraft um eine ausdrückliche Ausnahme für Kommanditbeteiligungen mit vollständig aufgebrachter Haftsumme zu ergänzen. Dem sachlichen Anliegen dieses Vorschlags wurde in der Diskussion vonseiten der Kommission beigepflichtet, wobei als Alternative zur Änderung des Gesetzeswortlauts auch die Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung in den Raum gestellt wurde.

Angaben zu den Verfassern Dr. Christian Armbrüster, Universitätsprofessor an der Freien Universität Berlin Nina Benz, Wissenschaftliche Assistentin, Lehrstuhl Prof. Weller, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Dr. Christian Bochmann, LL.M., Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Ingo Drescher, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Honorarprofessor an der Eberhard-Karls-Universität Tü bingen Dr. Dr. h.c. Holger Fleischer, LL.M., Professor, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg Dr. Elke Heinrich, Wissenschaftliche Referentin bei Prof. Fleischer, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg Sebastian Herrler, Notar in München Ralf Knaier, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl Prof. Teichmann, Julius-Maximilians-Universität Würzburg Stefanie Leclerc, Ref. jur. am Hanseatischen Oberlandesgericht Dr. Jan Lieder, LL.M., Universitätsprofessor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Richter im zweiten Hauptamt am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht Dr. Eberhard Schollmeyer, LL.M., Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und Leiter des u. a. für das Personengesellschaftsrecht zuständigen Referats, Berlin Dr. Christoph Teichmann, Universitätsprofessor an der Julius-Maximilians-Universität-Würzburg Dr. Jennifer Trinks, LL.M., Wissenschaftliche Referentin bei Prof. Fleischer, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg Dr. Dirk Uwer, LL.M., Mag.rer.publ., Honorarprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Lehrbeauftragter an der Freien Universität und der Technischen Universität Berlin, Rechtsanwalt in Düsseldorf Lothar Wolff, Ref. jur. am Hanseatischen Oberlandesgericht, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl Prof. Teichmann, Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Sachregister Abfindung 125, 129, 245, 248 f. – Abfindungsanspruch 20, 222, 242, 244, 248, 252 f. – Abfindungsausschluss 243 – Abfindungsbeschränkung 243 f., 251 f. Abschrift 170, 205, 208 Abschrifterteilung 210 f. Abwachsung 167, 241 actio pro socio 20, 26, 35, 130, 169, 172, 199 – 202, 204, 215, 217, 219 ADHGB 9 f., 15, 185 Aktienregister 70, 76 Altgesellschaften 49 Anachronismen 1 f., 21, 24 Anfechtung 129, 131, 137 f., 159, 201, 212 – Anfechtbarkeit 115, 123, 129, 131, 135, 139, 162 – Anfechtungsbefugnis 115, 127, 132 – Anfechtungsklage 116, 126 – 130, 133 – 135, 137 – 139 Anmeldepflicht 48, 55, 57, 59, 62, 75, 188 Anmeldepflichtige 40, 55 Anmeldung 40, 44, 53 – 58, 62, 68, 73 f., 77, 157, 162 Anreiz 39 f., 44, 46, 48, 50 – 52, 62, 70, 76, 83, 158 Anteilsbewertung 253 – Direkte Anteilsbewertung 222, 245 – 247, 253 – Indirekte Anteilsbewertung 21, 246 Anteilsübertragung 226 Anwachsung 151, 222, 225, 240 f. anwaltliches Gesellschaftsrecht 87, 91, 93, 100, 102 Anwaltsgesellschaft, doppelstöckige 92 ARGE Weißes Ross 4, 11, 83, 144, 147, 150 f., 163 Arresthypothek 61, 78 Auffangregelung 2, 14 f., 71, 77, 191 Auflösung 120, 140, 145, 155, 173, 221 f., 228, 234 – 236, 240, 251 Außengesellschaft 11, 13, 15, 27, 34, 48, 76, 82, 128, 143 f., 147 – 152, 155, 157, 159, https://doi.org/10.1515/9783110719178-017

161 – 163, 165 f., 175, 224, 228, 234, 239, 242 außergewöhnliche Geschäfte 117, 182, 191, 212 Auskunftsrecht 170, 172, 205 f., 209 – 212 ausländische Gesellschaften 40, 54, 66, 71, 77 Ausscheiden 20, 35, 131, 145, 158, 160, 221 f., 226, 228 f., 234 – 236, 240 – 242, 251 Ausschluss 90, 122, 133, 139, 181, 185, 192 f., 208, 239, 252 Ausschuss für das Recht der Personalgesellschaften in der Akademie für Deutsches Recht 25 Bauherrengemeinschaft 19, 35 Befristung 123 f., 238 f., 248, 251 f. Behelfslösung 39, 43 Benachrichtigungspflicht 207 Berichtigung 67 – 69 Berufsausübungsgesellschaften, interprofessionell 91, 96, 103 Berufsrechtsvorbehalt 90, 93, 96, 100, 104, 106, 109 – 111 Beschlussfassung 18, 115 – 118, 121 f., 124 f., 131 – 133, 135, 137, 171, 173, 195 f., 198 Beschlussfeststellung 124 f., 127 – 129, 133, 135, 138 f., 216 Beschlussmängel 115 f., 123, 137, 159 Beschlussverfahren 18, 115 f., 118, 137, 140 f. besondere Ausübungskontrolle 206, 209 Bestandsgesellschaften 40 f., 60, 67, 70, 72, 74 f., 77 Bewertungsfragen 21 bewilligungsbefugt 68 BGB-Gesellschaft 1, 12, 24, 80, 90, 102, 126, 128, 134, 144 f., 147, 149, 151 – 153, 163, 175, 185, 187, 189 f., 194, 196, 205, 212 BMJV-Eckpunktepapier 2, 91, 101 f., 104 Bundesministerium der Justiz 3, 29 f., 33, 91, 176, 222

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Sachregister

Code civil 9 – 11, 16 Companies House 56 default rule 15, 24, 194, 196, 216 f. Deutscher Juristentag 152, 186 Digitalisierung 31, 56, 99 diligentia quam in suis 26 Drittansprüche 26, 170, 200, 202, 204, 217 Einladungsmangel 131 Einsichtnahme 42, 170, 205 f., 208, 210 f. Einstimmigkeit 118, 121 Eintragung 12, 33, 39 – 41, 43 – 50, 52, 54, 56 – 67, 69 – 79, 82 – 84, 88, 90, 107, 110, 144, 149 f., 153, 157 f., 166, 176, 186 f. – Eintragungsanreiz 39 f., 44, 46, 48, 50 – 52, 62, 70, 76, 83, 158 – Eintragungspflicht 40, 44, 46 – 48, 50 – 52, 76, 82 – 84, 187 – Eintragungswahlrecht 4, 40, 44, 46 f., 50, 60 – fakultative Eintragung 12, 40, 47, 82 f. – konstitutive Eintragung 10, 40, 46, 48 f., 83 Eintragungsinhalt 40, 54, 60, 65, 77 Einzelgeschäftsführungsbefugnis 174, 177, 182, 189 Einzelvertretungsbefugnis 174, 184 – 186, 189, 212 Einzelverweisungen 160, 162 Entstehungsgeschichte der §§ 705 ff. BGB 7 Entwurfsbegründung 15, 17, 19, 21, 116, 119 – 121, 123, 126 f., 130, 147, 151 – 153, 157, 159, 162, 174, 201, 203, 205 – 208, 210 – 212, 224 – 226, 237, 241 f., 244 – 247, 253 f. Entziehung 117, 169 – 171, 192 f., 195, 212, 216 – Entziehung gesetzlicher Befugnisse 170, 193 – Teilweise Entziehung 170, 192 Erbengemeinschaft 152, 154 f., 167 Erfolgshonorarverbot 99 Erstanmeldung 53, 57 f., 77 Ersterwerb 40, 60, 64, 70, 76 f. EU-Richtlinie 2018/958 99

Existenz 41, 43, 57, 62, 65 f., 71, 150, 167 Expertenkommission 1 – 5, 26, 29, 31 f., 38, 87, 90 f., 93, 95 f., 103, 107, 141, 166, 176, 222 f., 251 – 253 Feststellungsklage 123, 127 – 129, 134 f., 138, 159, 162 Firmenbestattung 33, 58 Formwechsel 33, 37 freiberufliche Konzernstrukturen 88, 103 f. Freie Berufe 4, 36, 87 f., 90, 92 f., 96 – 99, 102, 107, 111, 113 Fremdbeteiligungsverbot 101, 105 Fremdorganschaft 180 f., 212, 215 Funktionentrennung 171 f., 212 Funktionstrennung 172, 211 GbR-Register 30, 40, 42, 45 f., 51, 59, 76 – 78, 85, 113, 157, 175, 212, 218 Gelegenheitsgesellschaften des täglichen Lebens 14, 163 – Gelegenheitsgesellschaft 8, 12, 14 f., 47, 51, 62, 80, 83 f., 124 f., 163, 175, 177, 183, 218, 234, 237 Generalverweisung 16, 157 – 160, 162 Gesamtgeschäftsführungsbefugnis 174, 182, 187, 192, 212 Gesamthand 7, 21 – 23, 81, 83, 144, 151, 166 f., 242 Gesamthandsgemeinschaft 39, 49, 167 Geschäftsführung 23 f., 93, 105, 116 – 118, 121 f., 124, 130, 147, 150, 169 – 175, 177 f., 180, 182 – 185, 189, 191 – 194, 199 f., 205 f., 209 – 212, 215 f., 232 – Geschäftsführung GbR 173 – 175, 177 f., 182 – 185 – Geschäftsführung KG 189 – Geschäftsführung OHG 190 f. Geschäftsführungsbefugnis 23, 117, 174, 177 f., 182, 184, 189, 191 – 194, 212 Geschäftsführungspflicht 173 f., 193, 230 Gesellschaft auf Einlagen 34 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 4 – 9, 15 – 17, 22, 26, 30 f., 33 – 35, 39 – 65, 67 – 70, 72 – 85, 90, 103, 111, 116 f., 137 f., 140, 144, 146, 148 – 151, 154 f., 157 f., 167, 169 – 177, 179 f., 182 – 186,

Sachregister

189 f., 192 – 194, 197, 199 f., 204, 208, 218 – 220, 222 – 224, 227 – 234, 237, 240, 251 – Außen-GbR 4, 8, 18, 41 f., 47, 79, 171, 173, 177, 184, 218, 230 – eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts 33, 44 – 46, 57 – 59, 61 f., 65, 67 – 69, 72 – 75, 77 f. – Gesellschafter 6 f., 11 f., 14 f., 18, 20, 22 – 26, 35, 41 – 45, 47 – 50, 52 – 55, 57, 59 – 62, 64 – 66, 68 – 75, 77, 79, 81, 83, 85, 89, 101, 103 f., 117 – 122, 124 f., 127 – 135, 137 – 139, 145, 147 – 158, 160 – 162, 165 – 167, 170 – 188, 190 – 209, 212, 216, 218 f., 222, 224 – 237, 240 – 243, 247 – 249, 251, 254 – grundbesitzhaltende 56, 69 – Innen-GbR 157, 177, 234 – Namens-GbR 41, 66 – Vor-GbR 49 Gesellschafterbeschluss 117, 129, 172 f., 179, 194 f., 201, 212 Gesellschafterklage 20, 26, 35, 169 f., 172, 199 – 201, 203 f., 212, 217 – Anfechtungsklage 116, 126 – 130, 133 – 135, 137 – 139 – Drittansprüche 26, 170, 200, 202, 204, 217 – Sozialansprüche 200 f., 204 Gesellschafterliste 40, 70 – 73, 77 – Zuständigkeit 30 f., 41, 73, 109, 116, 127, 134 f., 172 f., 182, 212 Gesellschafterstellung 24, 54, 70, 72 f., 75, 104, 132 Gesellschaftervereinbarung 234 Gesellschafterversammlung 18, 118, 121, 132, 139, 171 – 173, 182, 191, 210, 212 Gesellschafterwechsel 41, 68, 119, 221 – 225, 247 Gesellschafterzuständigkeit 115, 117 Gesellschaftsregister 4, 10, 13, 30, 33, 39, 42, 44 – 46, 54, 56, 60 f., 63 – 65, 67 – 70, 72 – 76, 82, 90, 103, 144 f., 153, 160, 163, 175 f., 186 – 188, 232 – Grenzen 8, 40, 59, 129, 150, 177, 210, 238, 248 gesetzliche Einziehungsbefugnis 202 – Rechtskrafterstreckung 170, 202 f.

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gesetzliche Prozessführungsbefugnis 202 gewöhnlich 25, 173, 182 f., 212 – gewöhnliche Geschäfte 182, 210 Grundbuch 30, 40 – 42, 44, 63 – 70, 77, 153 Grundbuchfähigkeit 30, 41, 63 Grundbuchordnung 33 grundbuchverfahrensrechtliche Sperre 40, 63 f. Grundlagenentscheidung 11, 169, 172, 182, 191, 211 Grundlagengeschäft 117, 182, 210 Gütergemeinschaft, eheliche 152, 154 f., 167 Hadding, Walter 30, 157, 179, 184 f., 196 f., 207 Handelsregister 4, 12, 40, 42, 44 – 46, 53, 56, 58, 61, 73 – 77, 88, 91, 149 f., 153, 188, 194 Handlungsorganisation 48, 134, 149 f. Hemmung 132 Hineinverschmelzung 37 f. Identität 41, 43, 54, 62, 66, 68, 71, 73 f. Idiosynkrasien 2, 21 Individualklagerecht 202 Informationsrecht 2, 25, 130, 169 f., 204 – 211 – Informationsrechte der Gesellschafter 170, 204 f. – Informationsrechte der Gesellschaft 170, 207 f. Infrastrukturverantwortung, gesetzgeberische 4 Innengesellschaft 7, 11, 13 – 15, 17, 48, 82, 126 – 128, 143 – 147, 149 f., 152 – 163, 165 – 168, 222, 224, 228, 234 f., 237 – 240 Institutionenbildung 2, 19 f., 204, 217 Kapitalgesellschaft 23, 33 f., 37 f., 49, 54, 88, 111, 119, 122, 168, 192, 196 Kausalgeschäft 42 f., 66 Klagefrist 20, 116, 124 – 127, 132 Klagegegner 116, 127 f., 134 f. Koalitionsvertrag 31 f., 88 Kodifikationsidee 31 Kohärenzdefizite 88, 99 – berufsrechtliche Kohärenzdefizite 88, 99

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Sachregister

Kommanditgesellschaft 4 – 6, 12, 14, 25, 34, 36 – 38, 49, 61 f., 73 – 76, 85, 88 – 93, 103, 111 f., 118, 124, 126, 128, 132, 134, 170, 172, 181, 183, 190 f., 197, 199, 208 f., 212, 216, 220, 223, 227, 229, 231 – 233, 235, 238 f., 241, 243, 248, 252, 254 Kommanditist 25, 74 f., 85, 118, 134, 170, 172, 180, 190 f., 204, 206, 208 – 212 – Abschrift 170, 205, 208 – Auskunftsrecht 170, 172, 205 f., 209 – 212 – Einsichtnahme 42, 170, 205 f., 208, 210 f. Kompetenzverteilung 117, 171 – 173, 212 Komplementärin 34, 61, 75, 103, 134, 175, 191 f., 194, 205 konstitutiv 23, 39, 45, 70, 83, 157 – konstitutive Tatsachen 176 – konstitutive Wirkung 49, 57, 70, 82, 144, 150, 157, 176 Kündigung 125, 154, 160, 170, 189, 192 f., 222, 228, 236 – 240, 245, 248, 252 – Kündigung der Gesellschaft 228, 236 – Kündigung durch Gesellschafter 170, 193, 228 – Kündigung der Mitgliedschaft 160, 228, 235 – Kündigungsbeschränkung 223, 239, 247 Lakunae 2, 21, 26 Legal Tech-Anbieter 99, 109 Listenerstellung 41, 73 Löschung 40, 44, 58 f., 62, 158, 162 Maurach 1 – 3, 6 f., 9 – 11, 13 f., 16 – 27, 29 f., 32 f., 36, 39, 43 – 46, 50 f., 54, 58 – 61, 69 – 71, 76 – 80, 82, 87 – 93, 95 f., 98 – 101, 103, 107, 110 f., 114 – 127, 129 – 131, 133 – 135, 137 – 141, 143 f., 165 – 167, 169, 171 – 176, 179 f., 182 f., 186, 191 – 194, 196 – 203, 206 – 210, 221 – 223, 228, 240, 247 f., 251, 254 Mauracher Entwurf 1 – 3, 6 f., 9 – 11, 13 f., 16 – 27, 29 – 33, 35 f., 39, 43 – 46, 50 f., 54, 58 – 61, 69 – 71, 76 – 80, 82, 87 – 93, 95 f., 98 – 101, 103, 107, 110 f., 114 – 127, 129 – 131, 133 – 135, 137 – 141, 143 f., 165 – 167, 169, 171 – 176, 179 f., 182 f.,

186, 191 – 194, 196 – 203, 206 – 210, 221 – 223, 225, 227 f., 240, 247 – 249, 251, 254 Mehrheit 8, 31, 36, 115 f., 118 – 122, 137, 140, 167, 204, 225, 229 Mehrheitsbeschluss 202 Mehrheitsklausel 115, 119 – 121, 126 Minderheitsgesellschafter 200 Minderheitsrecht 204 Mitgliedschaftsrecht 24, 206, 209, 211, 213, 225 Mitunternehmerbesteuerung 34, 89 Nachfolgeklausel 225 f., 229 – Qualifizierte Nachfolgeklausel 226 Nachweisanforderung 41, 72 – 74, 76 Nachweisanforderungen 41, 72 – 74, 76 Namenszusatz 44, 57, 60, 62 Neueintragung 67 f., 82 – 84, 176 Nichtgesellschafter 180 f. Nichtigkeit 115, 123, 126, 128 f., 131, 135, 137, 139, 162, 244, 248 – Nichtigkeitsgrund 129 – Nichtigkeitsklage 127, 131, 159 Niederlassungsfreiheit 37 Normativsystem 49 f., 52 Notgeschäftsführungsbefugnis 169, 172, 196 – 199 Objektregister 39, 43, 51, 65, 76 – 78 Offene Handelsgesellschaft 4, 9, 12, 16 – 18, 25, 33 f., 42 – 45, 47, 49, 53, 57 – 59, 61 f., 73, 75 f., 79 f., 82 f., 88, 92 f., 112 f., 138, 150, 170 – 175, 180, 182 – 185, 187, 189 f., 192 – 197, 199, 204 f., 212, 218 – 220, 224 f., 227, 229, 231 f., 235, 248, 251 – kleingewerbliche 45, 47, 57 – 59, 76 – vermögensverwaltende 42, 45, 57 – 59, 111 öffentlicher Glauben 44, 57 f., 176 Österreich 23, 25, 32, 48, 50 PartGmbB 89, 95, 110 Partnerschaftsgesellschaft 31, 36, 85, 89, 102, 104, 112 – 114, 138 Partnerschaftsgesetz 36

Sachregister

Personengesellschaft 3 – 7, 10, 13, 16, 18, 20, 24, 33 – 35, 37, 49, 53, 55, 90, 92, 107, 116, 119, 123 – 125, 134 f., 137 f., 151, 168 – 173, 180 f., 190, 192, 196, 204, 211, 216, 218, 222, 225, 227, 231 f., 237 – 240, 244, 248 Personenhandelsgesellschaften 4, 12, 31, 37, 66, 88, 91, 96, 107, 109, 111 – 113, 116 f., 123, 125 f., 134, 145, 150, 152, 168, 170, 194, 217, 222, 225, 228, 231 – 233, 235, 237, 240, 251, 254 – Rechtsfähige Personengesellschaft 23, 70f., 80f., 145, 152, 166f., 204 – nicht rechtsfähige Personengesellschaft 76, 146f., 149, 150, 160 – 162 Prozessvergleich 202 Publizität 39, 41 – 44, 47 – 51, 54, 57 – 59, 62, 65 f., 71, 74 f., 77, 82 – 84, 157, 176 – Objektpublizität 42 f., 176 – Publizitätsdefizit 39 – 44, 46 – 52, 55, 59, 68, 74, 76 f. – Publizitätswirkung 40, 42 f., 57 – 59, 63, 70, 75, 77, 82, 158, 175 f., 187, 212 – Subjektpublizität 40 – 43, 47, 49 – 52, 56, 59, 64, 176 Rechtsfähigkeit 4, 8, 24, 30, 39, 42, 44, 46 – 50, 52, 76, 82, 119, 127, 143 – 145, 147, 149 – 153, 155 f., 159, 161, 167 f., 171, 207, 224 Rechtsform 6, 36 f., 43 – 45, 53, 84 f., 87 – 95, 97, 102 f., 107, 111 – 113, 173, 190, 231 Rechtsformbeschränkung 95 Rechtskrafterstreckung 170, 202 f. Rechtspolitik 6, 31 Rechtssicherheit 42, 46 f., 49, 51, 53 f., 61, 64, 81, 124, 133, 138 f., 158, 160, 167, 193 f., 203, 216, 241 Rechtsträgerwechsel 49 Rechtsunsicherheit 42, 76, 160, 188 Regelungsstruktur 32, 143 – 145, 147, 161 f. Regelungs- und Verweisungstechnik 2, 16 Registerblatt 46, 57, 60, 64 – 66, 71, 73, 76 Registerfähigkeit 67 Registergericht 33, 37, 40, 48, 56, 60, 64 – 66, 70 f., 73, 76, 83 f., 157, 161, 166

261

Registernummer 40, 53 f., 65, 70 f., 77 Registerverfahren 40, 44, 53, 56, 77 Registerverordnung 46 Registervollmacht 55 f. Registrierung 40, 43 – 51, 56 f., 59 – 61, 63 f., 68, 70, 143 f., 157, 161, 176, 218 Registrierungsanreiz 40, 51 f. Richtigkeit 57, 61, 77, 175, 194 Richtigkeitsgewähr 68 Richtigstellung 67 – 69 Schiedsfähigkeit 116, 135, 137, 141 Schmidt, Karsten 3, 5, 11 – 13, 19, 26, 30 f., 34, 42 f., 45, 48, 123, 128, 147, 149 – 152, 154 – 156, 171 f., 174, 179, 185 f., 188, 190, 196, 202, 204, 223 – 227, 230, 232 f., 235 – 239, 241 – 244, 246 Schutz des BGB-Gesellschafters 175 Selbstorganschaft 23 f., 179 – 181, 215 f., 227 – Grundsatz der Selbstorganschaft 23, 124, 167, 179 f., 212, 215 societas fratrum 25 societas unius rei 9 société civile 10, 13, 16 société en participation 10, 13 f. Sonderrecht 128, 130 Sozialansprüche 200 f., 204 Sperre, grundbuchverfahrensrechtliche 40, 63 f. Stimmkraft 115, 121, 140 Stimmverbot 18, 115, 118, 122 Subjektpublizität, doppelte 103 Subjektregister 39, 43 f., 76, 176 Teilnahme am Rechtsverkehr 51, 143 f., 148, 157, 161 f., 165, 218 Testamentsvollstreckung 221, 226 f., 247 Think small first 14, 16 Transparenz 2, 42, 46 f., 49, 51, 53 f., 58, 66, 71, 80, 83 f., 100, 104, 146, 165, 219 Treuepflicht 19, 180, 201, 220 Übergangsregelung 47, 59, 64, 67, 69, 74 f., 77 f. Umfirmierung 73 – 75 – isolierte Umfirmierung 69

262

Sachregister

Umwandlungsfähigkeit 32 f., 37, 44, 60 f. Umwandlungsgesetz 33, 37, 45 Umwandlungsrecht 32, 38 Unabhängigkeitsverpflichtung 98 Unwirksamkeit 128, 135 Unwirksamkeitsklage 115, 128, 131 Verfahrensmangel 131 verfahrensrechtlicher Zwang 39 f., 50, 46, 69 Verfügung 7, 22 f., 27, 32, 40 f., 44, 62, 64, 67 – 70, 72, 74 – 76, 78, 88, 90 f., 93, 226 Verhältnismäßigkeitsprüfung 99 f. Verkehrsfähigkeit 71, 246 Verkehrsschutz 64, 145, 156 f., 180 Vermögensfähigkeit 143 f., 150, 155, 161, 165 f. Vertragsänderung 117, 119 f., 140 Vertragssitz 53, 62 Vertretung 23, 72, 74, 84, 134, 150, 169 f., 172 f., 175, 177, 180, 184 f., 189, 191 – 194, 211, 215 Vertretungsbefugnis 53, 56, 58, 65, 169, 171, 174, 184 – 188, 191 – 194, 199, 212, 216

Vertretungsmacht 15, 58, 60, 122, 178, 184 – 188, 212, 215, 218 Vollständigkeit 77, 175, 194 Vorabbescheinigung 37 Voreintragungserfordernis 67 – 69, 73, 76 Voreintragungsobliegenheit 40 f., 50 – 52, 58, 60 f., 63 f., 69 f., 73 – 78 Wettbewerbsverbot 2, 9, 19, 26 f., 117, 180, 230 Widerspruchsrecht 177 f., 186, 189 Wirkung, konstitutive 49, 57, 70, 82, 144, 150, 157, 176 Zuständigkeit 30 f., 41, 73, 109, 116, 127, 134 f., 172 f., 182, 212 Zustimmung 15, 22, 24, 117, 120 f., 128, 130 f., 139, 146, 148, 182, 184, 191, 198, 204, 212, 224, 227 Zustimmungserfordernis 182 Zwangshypothek 61 Zwangsmittel 48 Zwangsvollstreckung 61, 150, 153 f. Zwang, verfahrensrechtlicher 39 f., 50, 46, 69 Zwischenholding 35