Mittelbare Drittwirkungen und subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung [1 ed.] 9783428559084, 9783428159086

Lassen sich Dritte an eine Schiedsvereinbarung binden? Die subjektive Reichweite von Schiedsvereinbarungen bildet nicht

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Mittelbare Drittwirkungen und subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung [1 ed.]
 9783428559084, 9783428159086

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Schriften zum Prozessrecht Band 263

Mittelbare Drittwirkungen und subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung Von Philip-René Retzbach

Duncker & Humblot · Berlin

PHILIP-RENÉ RETZBACH

Mittelbare Drittwirkungen und subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Schriften zum Prozessrecht Band 263

Mittelbare Drittwirkungen und subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung Von Philip-René Retzbach

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahr 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 21 Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-15908-6 (Print) ISBN 978-3-428-55908-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Eberhard-​Karls-​ Universität Tübingen im Wintersemester 2018/2019 als Dissertation angenommen. Sie ist während meiner Tätigkeit als Mitarbeiter am Lehrstuhl meines Doktorvaters und Lehrers, Herrn Professor Dr. Martin Gebauer, an der Universität Tübingen entstanden. Seiner frühen und langjährigen Förderung habe ich es zu verdanken, dass ich mich dieser Arbeit widmen konnte. Für seine vorbehaltslose Hilfsbereitschaft, seinen Rat, die weiterführenden Anregungen und für das mir entgegen­ gebrachte Vertrauen möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens danke ich besonders auch Herrn Professor Dr. Roderich C. Thümmel, LL. M. (Harvard). Meinen Kolleginnen und Kollegen des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Tübingen, insbesondere Andreas Mayr, Felix Berner, Mirjam Lubrich, Leonard Wagner und Alexander Critchley, danke ich herzlich für die gemeinsame Zeit und die kon­ struktiven Anregungen. An dieser Stelle danke ich auch den anderen Coaches und den Mitgliedern des Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot Court Teams aus Tübingen, von denen ich Rüdiger Morbach, Michel Boven und Sarah Göltenbott hervorheben möchte, für die gegenseitige Motivation und die vielen Diskussionen. Zutiefst dankbar bin ich meiner Partnerin Franziska Schrade für ihr großes Verständnis und ihre Geduld. Der größte Dank gilt meiner Mutter Marion Kuhlmann, die mich in allen Lebensphasen stets unterstützt und gefördert hat. Ihr ist diese Arbeit gewidmet. Tübingen, Oktober 2019

Philip-​René Retzbach

Inhaltsübersicht Einleitung 21 I. Einführung in die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Fragestellung und Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

1. Kapitel

Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zu der Bestimmung des anwendbaren Rechts 28

I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Das Verhältnis zwischen Schiedsvereinbarung, Hauptvertrag und Schiedsverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts . . . . . . . . . 46 IV. Zusammenfassung des ersten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

2. Kapitel

Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung 98

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette . . . . . . . . . . 130 III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 IV. Zusammenfassung des zweiten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

3. Kapitel

Die Entscheidung über die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 244

I. Die Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung . . . . . . 245 II. Das Verhältnis zwischen der schiedsgerichtlichen und der staatlichen Zuständigkeitsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

8

Inhaltsübersicht

III. Die Berücksichtigung der materiellen Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeits­ prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 IV. Zusammenfassung des dritten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

Inhaltsverzeichnis Einleitung 21 I. Einführung in die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Fragestellung und Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

1. Kapitel

Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zu der Bestimmung des anwendbaren Rechts 28

I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Der Streit über die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Die Folgen der Rechtsnatur für das anzuwendende Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 a) Die kollisionsrechtlichen Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 aa) Die Kollisionsnorm und der Qualifikationsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 bb) Die Lex-​Fori-​Regel als Kollisionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 (1) Der Tatbestand der Lex-​Fori-​Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 (a) Die Begründung der Lex-​Fori-​Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 (b) Schlussfolgerungen für den Anknüpfungsgegenstand . . . . . . . . . 37 (2) Maßgeblichkeit der Lex-​Fori-​Regel für das Zustandekommen von Schiedsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Die Auswirkungen auf das maßgebliche Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Das Verhältnis zwischen Schiedsvereinbarung, Hauptvertrag und Schiedsverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts . . . . . . . . . 46 1. Die objektive Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Das Kollisionsrecht der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 aa) Das Genfer Protokoll von 1923 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 bb) Das Genfer Abkommen von 1927 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 cc) Das UN-​Übereinkommen von 1958 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (1) Der Anwendungsbereich des UN-​Übereinkommens . . . . . . . . . . . . . 51

10

Inhaltsverzeichnis (2) Die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü . . . . . . . . . . . . . . . . 53 dd) Das europäische Übereinkommen von 1961 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (1) Der Anwendungsbereich des EU-​Ü . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 (2) Die Kollisionsregel des Art. 6 Abs. II EU-​Ü . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (3) Das Verhältnis zum UN-​Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 ee) Die Rom I-​Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 ff) Das autonome Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (1) Die Zivilprozessordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (a) Ausländische Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (b) Inländische Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (c) Die Kollisionsregel des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO . . . . . . . . 63 (2) Exkurs: Das englische common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 gg) Die Lex-​Fori-​Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 hh) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Die Regelungslücken des Kollisionsrechts der Schiedsvereinbarung . . . . . . . 67 aa) Die entsprechende Anwendung des bestehenden Kollisionsrechts zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (1) Die entsprechende Anwendung der Rom I-​VO . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (a) Die Anknüpfung an den Schiedsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (b) Die unselbstständige Anknüpfung an den Hauptvertrag . . . . . . . 71 (2) Die entsprechende Anwendung des UN-​Übereinkommens . . . . . . . . 72 (3) Die Schwierigkeiten eines unbestimmten oder wechselnden Schiedsortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Das Gültigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2. Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Die konkludent abgeschlossene Rechtswahlvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Die Indizien zur Feststellung einer eindeutigen Rechtswahlvereinbarung 81 (1) Die Wahl des Hauptvertragsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (2) Die Wahl des Schiedsortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Exkurs: Die offene Rechtswahl zur Begründung des Gültigkeitsprinzips 91 b) Der Abschluss einer mittelbaren Rechtswahlvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Die Wahl eines nichtstaatlichen Schiedsverfahrensrechts . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Die Wahl eines staatlichen Schiedsverfahrensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 c) Das Statut der Rechtswahlvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

IV. Zusammenfassung des ersten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

Inhaltsverzeichnis

11

2. Kapitel

Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung 98

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Die kraft Gesetz eintretende Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Der Übergang als Recht nach § 401 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Der Übergang als Pflicht nach § 404 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 cc) Der Übergang kraft Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB . . . . 103 dd) Der unmittelbare Übergang gemäß § 398 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 ee) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Die Vereinbarkeit mit der Doctrine of Separability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Die Abhängigkeit vom Inhalt der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Der Einfluss relativer Abtretungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Der Einfluss von Geheimhaltungsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 d) Die Bindung bildet keinen Vertrag zulasten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 f) Das Wiederaufleben der Bindungswirkung bei einer Kettenabtretung . . . . . . 115 g) Exkurs: Die Bindung des Zessionars in weiteren Rechtsordnungen . . . . . . . . 117 2. Die Bestimmung des anwendbaren Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Die Interessen der betroffenen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Die Vorhersehbarkeit der Sitzanknüpfung für die Schiedsparteien . . . . . 120 bb) Die Nachteile einer Sitzanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Die Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 d) Die Anknüpfung an das Forderungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 e) Die Bildung einer maßgeblichen Kollisionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Die entsprechende Anwendung des Art. 14 Abs. II Rom I-​VO . . . . . . . . . 128 bb) Das Verhältnis zum Schiedsvereinbarungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette . . . . . . . . . . 130 1. Die Direktansprüche gegen den Hersteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Das Delikts-​und Produkthaftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Das Gewährleistungsrecht und der Unternehmerregress . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 c) Die vertragliche Dritthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Die Haftung aus Garantieverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (1) Der selbstständige Garantievertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (2) Der unselbstständige Garantievertrag als Vertrag zugunsten Dritter . 137

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Inhaltsverzeichnis (a) Die Bindung nach § 328 Abs. I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (b) Die Schiedsvereinbarung als Einwendung gemäß § 334 BGB . . 140 (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (d) Die Abhängigkeit vom Inhalt der Schiedsvereinbarung . . . . . . . 144 bb) Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (1) Die Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (a) Die Leistungsnähe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (b) Die Gläubigernähe und das Einbeziehungsinteresse . . . . . . . . . . 148 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (d) Exkurs: Die Rechtsprechung in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (2) Folgerungen für die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung 154 (a) Die Bindung mittels ergänzender Vertragsauslegung . . . . . . . . . 154 (b) Die entsprechende Anwendung der §§ 328 Abs. I, 334 BGB . . . 155 cc) Exkurs: Die französische Action Directe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (1) Die Action Directe als kaufrechtlicher Direktanspruch . . . . . . . . . . 158 (2) Die Bindung des Anspruchsgläubigers an die Schiedsvereinbarung

160

(a) Die Bindung im Verhältnis zum Hersteller . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (b) Die Bindung im Verhältnis zum Zwischenhändler . . . . . . . . . . . 161 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Die Ermittlung des maßgeblichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Die Interessen der betroffenen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 c) Die Anknüpfung an das Rechtsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Der Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (1) Die vertragliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (2) Die außervertragliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 cc) Exkurs: Die Action Directe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (1) Die außervertragliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (2) Die vertragliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 d) Die Anknüpfung an das Rechtsverhältnis des Endkunden zum Zwischenhändler 174 e) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 aa) Die Vorteile einer Anknüpfung an den Erstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 bb) Die Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung zur Gerichtsstandsvereinbarung 178 cc) Die Bildung einer maßgeblichen Kollisionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Inhaltsverzeichnis

13

1. Die Wirkung der Schiedsvereinbarung einer Personenhandelsgesellschaft gegenüber ihren persönlich haftenden Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Das Zustandekommen einer vertraglichen Sonderverbindung zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und dem Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Die Bindung der Gesellschafter an eine zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossene Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 aa) Die nach § 128 S. 1 HGB kraft Gesetz eintretende Bindung . . . . . . . . . . 188 bb) Die Kritik an der Bindung des persönlich haftenden Gesellschafters . . . 191 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (1) Die Wertungen des § 128 S. 1 HGB als Grundlage der Bindung . . . . 193 (2) Die Abwägung der betroffenen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (3) Die Vereinbarkeit der Bindung mit § 129 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Die Abhängigkeit vom Inhalt der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Die Auswirkungen der Durchgriffshaftung auf die Schiedsvereinbarung . . . . . . 199 a) Die rechtsdogmatische Rechtfertigung der Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . 200 aa) Die Missbrauchslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 bb) Die Normzwecklehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 cc) Die Entwicklungen in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Die Bindung an die Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Exkurs: Das englische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 aa) Die Entwicklung der Durchgriffshaftung im common law . . . . . . . . . . . . 211 (1) Die Prest-​Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (2) Die Notwendigkeit eines bestehenden Direktanspruchs . . . . . . . . . . 216 bb) Die Bindung an die Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (1) Die Antonio-​Gramsci-​Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (2) Folgerungen für die Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 d) Exkurs: Der Gerichtsstand der Durchgriffshaftung im europäischen Zuständigkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Die Ermittlung des maßgeblichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Die Interessen der betroffenen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Die Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 aa) Die Sitztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 bb) Die Gründungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 c) Die Anknüpfung an das Wirkungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 d) Die Differenzierungslehre und das Günstigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 e) Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 f) Die Maßgeblichkeit der lex fori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

14

Inhaltsverzeichnis g) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Die Vorteile der Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut . . . . . . . . . . . . . 234 bb) Kritik an der Anknüpfung an das Wirkungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 cc) Kritik am Günstigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 dd) Kritik an der Anknüpfung an das Rechts am Gerichtsort . . . . . . . . . . . . . 237 ee) Die Vorteile einer Anknüpfung an das Recht am Gründungsort . . . . . . . . 238 ff) Die Bildung einer maßgeblichen Kollisionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 h) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

IV. Zusammenfassung des zweiten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

3. Kapitel

Die Entscheidung über die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 244

I. Die Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung . . . . . . 245 II. Das Verhältnis zwischen der schiedsgerichtlichen und der staatlichen Zuständigkeitsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Der „überholende“ Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 a) Das Überprüfungs-​und Feststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 b) Das Einredeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Die gerichtliche Zuständigkeitsentscheidung nach Schiedshängigkeit . . . . . . . . . 251 3. Die Bindungswirkung der staatlichen Gerichtsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . 252 III. Die Berücksichtigung der materiellen Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeits­ prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Die Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen im Rahmen der Prüfung einer wirksamen Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Die Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 aa) Die prozessökonomischen Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 bb) Die Folgen für den Schiedsbeklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 cc) Das Argument der prozessualen Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 b) Die Zuständigkeitsentscheidung staatlicher Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 aa) Der Umfang der Zuständigkeitsprüfung staatlicher Gerichte . . . . . . . . . . 261 bb) Die Vereinbarkeit einer Schlüssigkeitsprüfung mit Art. 101 Abs. I GG . . 261 cc) Die Gefahr einer Kompetenzüberschreitung staatlicher Gerichte . . . . . . . 262 dd) Die Rechtskraft-​und Bindungswirkung der Zuständigkeitsentscheidung 263 ee) Die Konsequenzen für den Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Inhaltsverzeichnis

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ff) Das Einredeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 gg) Die auf die Zuständigkeitsprüfung ausgerichteten Verfahren . . . . . . . . . . 265 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 IV. Zusammenfassung des dritten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht a. F. alte Fassung Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) ABGB Abs. Absatz AC Law Reports, Appeal Cases AcP Archiv für die civilistische Praxis AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Aktiengesellschaft AktG Aktiengesetz The All-​England Law Reports All E. R. Anh. Anhang Arbitration International Arb. Int. ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz Artikel Art. / ​A rtt. Aksjeselskap (Aktiengesellschaft) AS Aufl. Auflage ber. berichtigt Beschl. Beschluss BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Brüssel Ia-​VO Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-​und Handelssachen (Neufassung), Amtsblatt der EU Nr. L 351 vom 20.12.2012, S. 1 BT-​Drucks. Bundestagsdrucksache The Business Law Reports Bus LR bzw. beziehungsweise Cass. Civ. Cour de cassation, Chambre civile CD Civil Department Cir Circuit Civil Divison Civ. Journal du droit international privé Clunet Co Company Commercial Com / ​Comm Ct Court Dalloz Périodique D. P. DB Der Betrieb ders. derselbe

Abkürzungsverzeichnis

17

Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (Köln) Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 01.03.2018 Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsund Insolvenzrecht DZWIR Ed. Edition EG Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche EGBGB Edinburgh Law Review ELR Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK („Europäische Menschenrechtskonvention“) Europäische Union EU Europäisches Übereinkommen über die internationale HandelsEU-​Ü schiedsgerichtsbarkeit vom 21.04.1961 Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und EuErbVO des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzu­ wendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, Amtsblatt der EU Nr. L 201 vom 27.07.2012, S. 107 Gerichtshof der Europäischen Union EuGH Siehe Brüssel Ia-​VO EuGVVO EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Römisches EWG-​Übereinkommen über das auf vertragliche SchuldEVÜ verhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ) vom 19.06.1980 England & Wales Court of Appeal EWCA Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG England & Wales High Court EWHC Zeitschrift für Europäisches Wirtschafts-​und Steuerrecht EWS f. / ​ff. folgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FamRZ FG Festgabe Fn. Fußnote FS Festschrift Foreign Trade Arbitration Commission at the USSR Chamber of FTAC Commerce and Industry Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer SchiedssprüGA che vom 26.09.1927 Gesellschaft bürgerlichen Rechts GbR GG Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHG Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr vom GP 24. September 1923 Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht GPR Zeitschrift für das Privat-​und Öffentliche Recht der Gegenwart GrünhutsZ House of Lords H. L. HG Handelsgericht DIS DIS-​R

18 HG-​Ü

Abkürzungsverzeichnis

Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30.06.2005 HGB Handelsgesetzbuch Hs. Halbsatz in Verbindung mit i. V. m. ICC International Chamber of Commerce (Paris) Schiedsgerichtsordnung der International Chamber of Commerce ICC-​Rules („ICC“) in der Fassung vom 01.03.2017 Insb. Insbesondere Internationales Privatrecht IPR Praxis des Internationalen Privat-​und Verfahrensrechts IPRax Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz) IPRG Journal of International Arbitration JOIA Jursitische Schulung JuS Juristische Wochenschrift JW Juristen Zeitung JZ KG Kommanditgesellschaft Europäische Kommission KOM / ​COM London Court of International Arbitration LCIA Schiedsgerichtsordnung des London Court of International Arbitra­ LCIA-​R tion in der Fassung vom 01.10.2014 lit. littera Lloyd’s Law Reports Lloyd’s Rep Ltd Limited Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht LZ mit weiteren Nachweisen m. w. N. UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration ML (1985), mit den Änderungen von 2006 („Modellgesetz“) Münchener Kommentar MüKo n. F. neue Fassung Nouveau Code de Procédure Civile NCPC Neue Juristische Wochenschrift NJW NJW-​Rechtssprechung-​Report Zivilrecht NJW-​R R Nr. Nummer New York NY Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZG Oberster Gerichtshof (Österreich) OGH Offene Handelsgesellschaft OHG OLG Oberlandesgericht ProdHaftG Produkthaftungsgesetz Queen’s Bench Division of the High Court QB Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RabelsZ Recht der Transportwissenschaft RdTW RGBl. Reichsgesetzblatt Recht der internationalen Wirtschaft RIW Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und Rom I-​VO des Rates vom 17.  Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom I“), Amtsblatt der EU Nr. L 177

Abkürzungsverzeichnis

19

vom 04.07.2008, S. 6, ber. Amtsblatt Nr. L 309 vom 24.11.2009, S. 87 Rom II-​VO Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), Amtsblatt der EU Nr. L 199 vom 31.7.2007, S. 40, ber. Amtsblatt L 310 vom 9.11.2012, S. 52 Rs. Rechtssache Satz / ​Seite S. Société Anonyme SA Singapore Academy of Law Journal SALJ SC Scottish Zeitschrift für Schiedsverfahren in Zusammenarbeit mit der DIS SchiedsVZ Southern District SD Slg. Sammlung so genannt(e) sog. Società per Azioni (Aktiengesellschaft, Italien) SpA und andere u. a. United Kingdom / ​Vereinigtes Königreich UK United Kingdom House of Lords UKHL United Kingdom Supreme Court UKSC United Nations UN Ü UN-​ Ü bereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung UN-​ ausländischer Schiedssprüche vom 10.06.1958, BGBl. 1962 II S. 102 („New York Convention“) Urt. Urteil United States US United States Court of Appeals USCA United States District Court USDC v versus v. vom Verbrauchsgüterkauf-​RL Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, Amtsblatt der EU Nr. L 171 vom 07.07.1999, S. 12 („Verbrauchsgüterkaufrichtlinie“) Zeitschrift Versicherungsrecht VersR Vgl. Vergleiche VO Verordnung Vol. Volume Vorbemerkung Vor. / ​Vorb. The Weekly Law Reports W. L. R. Wertpapier-​Mitteilungen WM Yearbook Commercial Arbitration Y. C. A. Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZEuP Zeitschrift für deutschen Zivilprozess ZfdZ Zeitschrift für Unternehmens-​und Gesellschaftsrecht ZGR Zeitschrift für das gesamte Handels-​und Wirtschaftsrecht ZHR ZPO Zivilprozessordnung

20 ZRGRA ZRvgl ZZP

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift der Savigny-​Stiftung für Rechtsgeschichte: Romanistische Abteilung Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für Zivilprozess

Einleitung I. Einführung in die Problemstellung Ein Hersteller für Werkzeugmaschinen schließt mit einem Handwerksunternehmen einen Kaufvertrag über den Bau und die Lieferung einer Fräsmaschine. Neben den Einzelheiten über die Beschaffenheit und die Auslieferung der Maschine enthält der Vertrag eine Schiedsvereinbarung1. Die Schiedsvereinbarung sieht vor, dass alle aufkommenden Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag letztverbindlich durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen. Nach Vertragsschluss tritt der Hersteller die Forderung auf Kaufpreiszahlung sicherungshalber an eine Bank ab. Als das Handwerksunternehmen die Zahlung verweigert, möchte die Bank ihre Forderung gerichtlich festgestellt wissen und erhebt gegenüber dem Handwerksunternehmen Klage vor einem staatlichen Gericht. Das beklagte Handwerksunternehmen bestreitet die Zuständigkeit unter Verweis auf die Schiedsvereinbarung und erhebt Schiedseinrede gemäß § 1032 Abs. I ZPO. Das staatliche Gericht hat demnach darüber zu entscheiden, ob die zwischen dem Hersteller und dem Handwerksunternehmen zustande gekommene Schiedsvereinbarung auch Wirkungen gegenüber der Bank entfaltet. Weder das Prozessrecht noch das materielle Recht enthalten eine ausdrückliche Regelung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen der Zessionar an eine zwischen dem Zedenten und dem Schuldner abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Aus diesem Grund wird in der Rechtsprechung und der Literatur ein Streit über die Folgen der Zession für die Schiedsvereinbarung geführt.2 Der Zession kommt eine enorme praktische Bedeutung zu. Der Rechtsverkehr muss die Folgen einer Forderungsabtretung für die Schiedsvereinbarung absehen und mit Blick auf die damit verbundenen Risiken bewerten können. Fehlt es an klaren Regelungen, ist der Rechtsverkehr einer weitgehenden Rechtsunsicherheit ausgesetzt. In dem soeben beschriebenen Fall muss für die Bank vorhersehbar sein, ob die mittels der Zession erworbenen Ansprüche gegen das Handwerksunternehmen vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht durchzusetzen sind. Umgekehrt muss auch das Handwerksunternehmen absehen können, ob die Rechts 1

Als Schiedsvereinbarung wird im Folgenden die Vereinbarung der Schiedsparteien bezeichnet, Streitigkeiten im Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen (enges Verständnis). Der Begriff der Schiedsvereinbarung umfasst demnach nicht die Einigung der Parteien, auf welche Art und Weise das Schiedsverfahren durchzuführen ist (weites Verständnis). 2 Siehe ausführlich zur Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung unten Kapitel 2, I.

22

Einleitung

nachfolger des Herstellers an die Schiedsvereinbarung gebunden werden können, soweit die Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Forderung des Kaufvertrages stehen. Vergleichbare Unsicherheiten im Hinblick auf die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung bestehen neben der Zession überall dort, wo zwischen den Schiedsparteien3 und einem Dritten4 eine rechtliche Beziehung besteht. In Fällen mit grenzüberschreitenden Bezügen wird die Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung weiter verkompliziert. Als Folge der Globalisierung stammen die Vertragspartner häufig aus unterschiedlichen Ländern. In dem soeben beschriebenen Fall könnte der Hersteller (Zedent) seinen Sitz in Deutschland, das Handwerksunternehmen (Schuldner) seinen Sitz in Frankreich und die Bank (Zessionar) ihren Sitz in England haben. Darüber hinaus kommt in Betracht, dass gemäß dem Inhalt der Schiedsvereinbarung ein Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz für aufkommende Streitigkeiten zuständig sein und aufgrund einer Rechtswahlvereinbarung der Kaufvertrag dem italienischen Recht unterliegen soll. Die Frage, ob eine zwischen dem Zedenten und dem Schuldner abgeschlossene Schiedsvereinbarung auch gegenüber dem Zessionar ihre Wirkungen entfaltet, könnte demnach dem deutschen, französischen, englischen, dem schweizerischen oder dem italienischen Recht zu entnehmen sein. Bevor in der Sache über die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung entschieden werden kann, muss daher festgestellt werden, welche Rechtsordnung für betreffende Fragen zur Anwendung gelangt. Geht der Zessionar beispielsweise in Deutschland vor einem staatlichen Gericht gegen den Schuldner vor und erhebt der Schuldner die Schiedseinrede, hat das Gericht dementsprechend zunächst das anzuwendende Recht zu ermitteln. Anhand von Kollisionsnormen5 ist das Sachrecht6 zu ermitteln, welches über die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung entscheidet. Bereits die Ermittlung der Kollisionsnormen bereitet Schwierigkeiten.7 Über den Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerken 3

Als „Schiedspartei“ sollen die am Abschluss der Schiedsvereinbarung unmittelbar beteiligten Personen bezeichnet werden. Entsprechend am Abschluss der Schiedsvereinbarung beteiligt ist eine Person dann, wenn diese sich selbst und unmittelbar mit einer anderen Person auf den Abschluss einer Schiedsvereinbarung verständigt. 4 Als „Dritter“ wird derjenige bezeichnet, der am Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar beteiligt gewesen ist. 5 Als „Kollisionsrecht“ oder „Kollisionsnormen“ werden diejenigen Rechtsregeln einer Rechtsordnung bezeichnet, deren Rechtsfolgen darauf gerichtet sind, eine für die Sachentscheidung maßgebliche Rechtsordnung zu bestimmen und demnach keine unmittelbare Entscheidung in der Sache anordnen. Zum Begriff der Kollisionsnorm unten Kapitel 1 I. 2. a) aa). 6 Als „Sachrecht“ werden diejenigen Rechtsregeln einer Rechtsordnung bezeichnet, deren Rechtsfolgen eine unmittelbare Sachentscheidung anordnen und im Gegensatz zu Kollisionsnormen nicht lediglich eine Verweisung auf eine maßgebliche Rechtsordnung aussprechen. Zur Abgrenzung von Sach-​und Kollisionsnormen unten Kapitel 1 I. 2. a) aa). 7 Umfassend zur Ermittlung des maßgeblichen Kollisionsrechts für die Schiedsverein­ barung unten Kapitel 1 III.

I. Einführung in die Problemstellung

23

nung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche8 und die darin enthaltenen Kollisionsnormen herrscht Streit.9 Daneben kommt in Betracht, dem autonomen Zivilprozessrecht eine maßgebliche Kollisionsnorm zu entnehmen.10 Seit dem Inkrafttreten der Rom I-​VO11 wird die Diskussion über die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts um das vereinheitlichte europäische Kollisionsrecht erweitert. Aufgrund der Bereichsausschlussklausel des Art. 1 Abs. II lit. e Rom I-​VO, welche die Schiedsvereinbarung vom Anwendungsbereich der Verordnung ausnimmt, wird über die Anwendung der Verordnung auf Fragen betreffend die Schiedsvereinbarung gestritten.12 Trotz der Vielzahl an in Betracht kommenden Kollisionsnormen stellt das Kollisionsrecht keine ausdrückliche Kollisionsregel für die Frage bereit, welches Sachrecht für die Entscheidung über die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung berufen ist. Aus diesem Grund ist weitgehend unklar, welche Rechtsordnung für die Entscheidung darüber berufen wird, ob der Zessionar, die persönlich haftenden Gesellschafter oder andere Dritte an eine Schiedsvereinbarung gebunden werden. Neben dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung werden die Unklarheiten durch die ungeklärte Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung verstärkt.13 Es wird seit vielen Jahren darüber gestritten, ob die Schiedsvereinbarung dem materiellen Recht oder dem Prozessrecht zuzuordnen ist.14 Hat das Gericht gemäß dem Grundprinzip forum regit processum sein eigenes Prozessrecht anzuwenden15, könnte eine prozessuale Einordnung der Schiedsvereinbarung dazu führen, dass stets das am Gerichtsort geltende Sachrecht über Fragen betreffend die Schiedsvereinbarung zur Anwendung zu bringen ist. Lässt sich die Schiedsvereinbarung jedoch dem materiellen Recht zuordnen, könnte das für die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht über das Kollisionsrecht zu ermitteln sein. Das Fehlen klarer Regelungen hat eine verfassungsrechtliche Dimension. Mittels der Schiedsvereinbarung verzichten die Schiedsparteien auf eine Sachentscheidung durch staatliche Gerichte und somit auf den gesetzlichen Richter. Wird ein 8

UN-​Ü bereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.06.1958, BGBl 1962 II S. 102. Das Übereinkommen soll im Folgenden als „New York Convention“ oder „UN-​Ü“ bezeichnet werden. 9 Zum Anwendungsbereich der New York Convention unten Kapitel 1 III. 1. a) cc) (1). 10 Zur Diskussion über ein in der Zivilprozessordnung enthaltenes Sonderkollisionsrecht für die Schiedsvereinbarung unten Kapitel 1 III. 1. a) ff). 11 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), Amtsblatt EU Nr. L 177 vom 4.7.2008, S. 6, ber. Amtsblatt Nr. L 309 vom 24.11.2009, S. 87. Im Folgenden „Rom I-​VO“. 12 Zur Anwendung der Rom I-​VO auf die Schiedsvereinbarung unten Kapitel 1 III. 1. a) ee). 13 Zum Einfluss der Rechtsnatur auf die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts unten Kapitel 1 I. 2. 14 Zum Meinungsstand bezüglich der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung unten Kapitel 1 I. 1. 15 Hierzu Schack, IZVR, Rn. 44 ff., m. w. N.

24

Einleitung

Dritter an eine Schiedsvereinbarung gebunden, wird demnach der Schutzbereich des Art. 101 Abs. I S. 2 GG betroffen.16 Der Eingriff in den Schutzbereich rechtfertigt sich durch den gewollten Verzicht auf den gesetzlichen Richter, sodass die Bindung an eine Schiedsvereinbarung auf einen entsprechend zum Ausdruck gekommenen Willen zurückgeführt werden muss.17 Die Feststellung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter an eine Schiedsvereinbarung gebunden wird, hat daher eine entscheidende Bedeutung. Ist sowohl für die Schiedsparteien als auch für den Dritten weitgehend unklar, welches Sachrecht über die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung entscheidet und ob das jeweils berufene Sachrecht eine Bindung des Dritten ausspricht, darf bezweifelt werden, ob sich die Entscheidungszuständigkeit des Schiedsgerichts auf einen gewollten Verzicht auf den gesetzlichen Richter zurückführen lässt. Darüber hinaus werden die Vorteile des Schieds­verfahrens gefährdet, eine effektive, vorhersehbare und rechtssichere Streitbeilegung für die Beteiligten bereitzustellen.

II. Fragestellung und Gegenstand der Untersuchung Ausgehend von diesen Unklarheiten stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter an eine Schiedsvereinbarung gebunden wird. Es wird davon ausgegangen, dass das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung und die Bestimmung der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung nach einem anwendbaren staatlichen Sachrecht zu beurteilen ist. Auf die insbesondere in Frankreich vorherrschende Delokalisationstheorie18 oder den „Jurisdictional Approach“19 wird daher nicht eingegangen. Auch Fragen betreffend die Form der Schiedsvereinbarung werden vom Gegenstand der Untersuchung ausgenommen20. Zur Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter an eine Schiedsvereinbarung gebunden wird, ist zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen das Sachrecht eine Erstreckung bzw. den Übergang der Schieds­ vereinbarung auf einen am Abschluss nicht beteiligten Dritten ausspricht. Diesbezüglich ist zu prüfen, ob sich die Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf einzelne Rechtsinstitute des materiellen Rechts zurückführen lässt. In diesem Zusammen 16 Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit insb. Schack, IZVR, Rn. 1284, m. w. N. 17 Schack, IZVR, Rn. 1284. 18 Zur Delokalisationstheorie insbesondere: Fouchard, Arbitration, S. 867 ff.; Thöne, ­SchiedsVZ 2016, 257. 19 Zur Idee des „Jurisdictional Approach“ insb. Brekoulakis, Third Parties in International Commercial Arbitration, Rn. 7.01 ff. 20 Zur Form der Schiedsvereinbarung statt vieler: Thümmel, Die Schiedsvereinbarung zwischen Formzwang und favor validitatis, 935 ff.; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 92 ff. Grundlegend zum formfreien Übergang der Schiedsvereinbarung bei Drittbeteiligung: Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.03.1978, III ZR 99/76 = BGHZ 71, 162 (Zession). Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 (Zession) = BGH WM 1998, 129 ff.

II. Fragestellung und Gegenstand der Untersuchung

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hang soll die Bindung des Zessionars an eine zwischen dem Schuldner und Zedenten für die zedierte Forderung abgeschlossene Schiedsvereinbarung, Bindung des Endkunden an eine innerhalb einer Vertragskette abgeschlossene Schiedsvereinbarung und die Erstreckung einer von der Gesellschaft abgeschlossenen Schiedsvereinbarung auf die einzelnen Gesellschafter untersucht werden. Lässt sich die Bindung des Dritten auf Regelungen des materiellen Rechts in einem Sachrecht zurückführen, fragt sich, welche Konsequenzen sich hieraus für die Zuständigkeitsprüfung sowohl der staatlichen Gerichte als auch der Schiedsgerichte ergeben. Steht beispielsweise die Bindung des Zessionars in Abhängigkeit von der Wirksamkeit der Abtretung, könnte eine umfassende Prüfung der materiellen Rechtslage bereits auf Ebene der Zuständigkeitsprüfung vorzunehmen sein. Die Zulässigkeitsprüfung würde entsprechend erschwert, sodass der Frage nachzugehen ist, ob sich die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen auf die Prüfung der schiedsgerichtlichen Entscheidungszuständigkeit übertragen lässt. Auf kollisionsrechtlicher Ebene ist zu fragen, anhand welcher Kollisionsnormen das maßgebliche Sachrecht für das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung zu bestimmen ist. Das für das tatbestandliche Zustandekommen einer wirksamen Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht lässt sich als Schiedsvereinbarungsstatut bezeichnen21. Das Schiedsvereinbarungsstatut ist abzugrenzen von dem auf die Hauptsache anzuwendenden Sachrecht und dem für die Verfahrensdurchführung maßgeblichen Sachrecht22. Das vom Schiedsgericht in der Hauptsache anzuwendende Sachrecht sowie die Bestimmungen der Verfahrensdurchführung werden vom Gegenstand der Untersuchung ausgenommen. Es soll jedoch der Frage nachgegangen werden, wie das maßgebliche Sachrecht für die Frage zu bestimmen ist, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter an eine zwischen den Schiedsparteien zustande gekommene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Lässt sich die Bindung des Zessionars an eine zwischen dem Schuldner und dem Zedenten zustande gekommene Schiedsvereinbarung beispielsweise auf die Sachnormen der Zession zurückführen, könnte eine Anknüpfung an die für die Zession maßgeblichen Kollisionsnormen geboten sein. Im Zentrum der Untersuchung steht demnach die Bestimmung eines maßgeblichen Sachrechts, welches über die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung entscheidet. Diesbezüglich kommt insbesondere in Betracht, das hierfür maßgebliche Sachrecht nicht dem Schiedsvereinbarungsstatut zu entnehmen, sondern über verschiedene Sonderanknüpfungen zu ermitteln. Um zu bestimmen, welches Sachrecht über die Bindung Dritter an die Schiedsvereinbarung entscheidet, muss geklärt werden, ob die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung dahingehend Einfluss auf die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts 21

Hausmann, Einheitliche Anknüpfung, 364; MüKo ZPO / ​Münch, § 1029, Rn 39, m. w. N.; Zöller / ​Geimer, § 1029, Rn. 15 („Statut der Schiedsvereinbarung“). 22 Hierzu statt vieler überblickend: Hausmann / ​Odersky / ​Schäuble, § 16, Abschnitt G, I–IV, m. w. N.; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.185 ff.

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Einleitung

haben kann, dass zwingend das Sachrecht am Gerichtsort auf das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung und die Bestimmung ihrer subjektiven Reichweite zur Anwendung kommt. Sollte dies zu verneinen sein, ist eine maßgebliche Kollisionsnorm für die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrechts zu ermitteln. Trifft es zu, dass sich die Bindung des Dritten auf einzelne Rechtsinstitute des Sachrechts zurückführen lässt, ist zu untersuchen, ob aus diesem Grund neben dem für das tatbestandliche Zustandekommen der Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrecht eine gesonderte Anknüpfung für die Bestimmung des für die Drittbindung maßgeblichen Sachrechts vorzunehmen ist.

III. Gang der Untersuchung Die Arbeit gliedert sich neben der Einleitung und der Zusammenfassung in drei Kapitel. Im ersten Kapitel ist zu klären, wie das maßgebliche Sachrecht für das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung zu bestimmen ist. Eingangs soll der Einfluss der Rechtsnatur auf die Ermittlung des maßgeblichen Sachrechts und das Verhältnis zwischen der Schiedsvereinbarung und dem Rechtsverhältnis, auf das sich die Schiedsvereinbarung bezieht23, geklärt werden. Anschließend ist nach einer maßgeblichen Kollisionsnorm zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zu suchen. Im zweiten Kapitel soll anhand von drei Fallgruppen untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen ein Dritter an die Schiedsvereinbarung gebunden wird und wie das hierfür maßgebliche Sachrecht zu bestimmen ist. Zunächst wird die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung untersucht und der Versuch unternommen, die Bindung auf die Bestimmungen des Sachrechts zurückzuführen. Im Anschluss ist zu klären, ob das für die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht vom Schiedsvereinbarungsstatut erfasst wird oder eine Sonderanknüpfung vorzunehmen ist. Vergleichbar zur Zession soll anschließend die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette und die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung dargestellt werden. Auch für die zweite und dritte Fallgruppe wird der Versuch unternommen, die Bindung an die Schiedsvereinbarung auf Regelungen des Sachrechts zurückzuführen und eine hierfür maßgebliche Kollisionsregel zu finden. Im Ergebnis soll für die zu untersuchenden Fallgruppen belegt werden, dass ein Dritter dann an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, wenn sich der streitige Anspruch aus einem Rechtsverhältnis ableitet, für das eine wirksame Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde. Daneben soll auf kollisionsrechtlicher Ebene nachgewiesen werden, dass eine undifferenzierte Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungs-

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Das Rechtsverhältnis, auf welches sich die Schiedsvereinbarung bezieht, lässt sich als „Hauptvertrag“ bezeichnen.

III. Gang der Untersuchung

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statut zu keinen sinnvollen Ergebnissen führt und vielmehr Sonderanknüpfungen vorzunehmen sind. Das dritte Kapitel widmet sich der Entscheidung über die Schiedsvereinbarung. Eingangs ist das Verhältnis zwischen der schiedsgerichtlichen und der staat­lichen Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu verdeutlichen. Mit der Erkenntnis, dass die Bindung des Dritten an die Schiedsvereinbarung von der Rechtsfolge des jeweils anwendbaren Sachrechts abhängt, sollen die Auswirkungen auf die Zulässigkeitsprüfung geklärt werden. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob sich die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen im Rahmen der Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung innerhalb der schiedsrichterlichen und staatlichen Zuständigkeitsprüfung entsprechend zur Anwendung bringen lässt.

1. Kapitel

Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zu der Bestimmung des anwendbaren Rechts Der Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung bildet die Grundlage eines jeden Schiedsverfahrens1. Soll eine Rechtsstreitigkeit anstelle staatlicher Gerichte durch ein Schiedsgericht entschieden werden, verzichten die Schiedsparteien mittels der Schiedsvereinbarung privatautonom auf das verfassungsrechtlich in Art. 101 S. 2 GG verbürgte Recht auf den gesetzlichen Richter.2 Die Prüfung ob und in welchem Umfang eine wirksame Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde, ist daher von zentraler Bedeutung. Ist die Bindung der Schiedsparteien davon abhängig, dass eine wirksame Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde, setzt letztlich auch Drittbindung einer Schiedsvereinbarung voraus, dass diese tatbestandlich wirksam zustande gekommen ist. In Sachverhalten mit grenzüberschreitenden Bezügen hat der Rechtsanwender jedoch zunächst ein für das tatbestandliche Zustandekommen der Schiedsvereinbarung maßgebliches Sachrecht zu ermitteln3. Der Entscheidung über die Schiedsvereinbarung ist demnach die kollisionsrechtliche Fragestellung voranzustellen, nach welcher Rechtsordnung sich das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung zu bemessen hat. Diese Klärung dieser Frage bildet den Gegenstand des folgenden Kapitels. Bevor jedoch nach den maßgeblichen Kollisionsnormen zur Bestimmung eines maßgeblichen Sachrechts gesucht werden kann, ist zu klären, welchen Einfluss die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung auf die Ermittlung des anwendbaren Rechts hat (I.). Die Untersuchung soll sich darauf beschränken, ob sich aus der dogmatischen Einordnung der Schiedsvereinbarung Schlussfolgerungen für die kollisionsrechtliche Behandlung der Schiedsvereinbarung ableiten lassen. Weiter wird untersucht, in welchem Verhältnis das für die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht zu dem für den Hauptvertrag maßgeblichen Sachrecht steht (II.). Anschließend ist der Frage nachzugehen, anhand welcher Kollisionsnormen das für die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht zu bestimmen ist (III.).

1 Zu diesem allgemeinen Grundsatz insb. Hammer, Das Prinzip der Freiwilligkeit als Fundamentalsatz der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 169 ff. m. w. N. 2 Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit überblickend Schütze, Schiedsverfahren, 3 ff., m. w. N.; Hammer, Das Prinzip der Freiwilligkeit als Fundamentalsatz der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 170 ff., m. w. N. 3 Das „Schiedsvereinbarungsstatut“, vgl. zum Begriff oben Einleitung, Fußnote 21.

I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung

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I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung 1. Der Streit über die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung Über die dogmatische Einordnung der Schiedsvereinbarung herrscht ein langjähriger Streit.4 Im Wesentlichen wird darüber gestritten, ob es sich bei der Schiedsvereinbarung um einen Prozessvertrag oder einen materiellrechtlichen Vertrag handelt. Angestoßen wurde die Diskussion über die Rechtsnatur zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Rahmen eines Rechtsstreits betreffend die Erbfolge der spanischen Königin Marie Christine von Bourbon5 vor der Cour de Paris. Das zuständige französische Gericht vertrat die Auffassung, dass ein Schiedsspruch ein „jurisdiktioneller“ Akt und ein ausländischer Schiedsspruch demnach einem ausländischen Gerichtsurteil gleichzustellen sei.6 Diese Entscheidung wich ab von der damals in Frankreich noch nahezu unbestrittenen Auffassung, nach welcher die Schiedsvereinbarung als vertragliches Institut angesehen wurde.7 Philippe Antoine Merlin führte hierzu aus, dass ein Schiedsspruch erst dann eine urteilsgleiche Rechtsnatur erhalte, wenn ein Gericht den Schiedsspruch im Wege des Exequaturverfahrens anerkenne.8 Ohne gerichtliche Entscheidung stehe die Schiedsvereinbarung einem Vertrag gleich. Der prozessualen Einordnung durch die Cour de Paris ist die französische Rechtsprechung in ihren Folgeentscheidungen jedoch nicht gefolgt, sodass diese überwiegend eine vertragliche Einordnung annimmt.9 In Deutschland entfachte sich die Diskussion über die Rechtsnatur erst lange nach Inkrafttreten der ZPO. Bis zur Grundsatzstudie von Joseph Kohler aus dem Jahr 189410 fehlte es an dogmatischen Untersuchungen11. Bis zu der weitbeachteten These Kohlers, dass das Schiedsverfahren prozessualer Natur sei, war die deutsche Literatur ebenfalls von einem materiellrechtlichen Verständnis ausgegangen12. Erst wiederum etwa 50 Jahre nach den Untersuchungen Kohlers und der These der prozessualen Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung, fand das materielle Verständnis in der Mitte des 20. Jahrhunderts durch die dogmatische Auf-

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Umfassend: Stacher, Schiedsvereinbarung, 3 ff. Auch die Rechtsnatur der Gerichtsstandsvereinbarung ist umstritten. Paralleluntersuchungen finden sich stellvertretend bei Lorenz, AcP 157 (1958/1959), 265, 274 ff.; Wagner, Prozeßverträge, 11. 5 Vgl. Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 29. Zur historischen Entwicklung im U. S.-​ ­a merikanischen Recht: Gerber, The Substance-​Procedure Distinction in United States Law, 115. 6 Hierzu Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 29. 7 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 29. 8 Zitiert nach: Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 29. Vgl. hierzu Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 630. 9 Vgl. Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 29 m. w. N. 10 Kohler, Gesammelte Beiträge, 158. 11 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 31.  12 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 31.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

arbeitung von Karl Blomeyer13 und Werner Lorenz14 neuen Anklang15. Seither hat sich eine kaum zu überblickende Vielzahl an Begründungsmodellen entwickelt, die sich um die Klärung der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung bemühen.16 Ein Teil der Literatur sieht in der Schiedsvereinbarung einen materiellrechtlichen Vertrag.17 Die wohl herrschende Auffassung in der Literatur geht jedoch davon aus, dass es sich bei der Schiedsvereinbarung um einen Prozessvertrag18 handelt. Dieser Auffassung hat sich die neuere Rechtsprechung19 angeschlossen, ohne sich jedoch mit der bisherigen Rechtsprechung20 auseinanderzusetzen.

2. Die Folgen der Rechtsnatur für das anzuwendende Recht Der Streit über die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung wird nicht zuletzt mit Blick auf die Folgen der jeweiligen Einordnung geführt.21 Ausgehend davon, ob die Schiedsvereinbarung als Prozessvertrag oder materiellrechtlicher Vertrag einzuordnen ist, könnten sich Auswirkungen auf das für die Schiedsvereinbarung anzuwendende Recht ergeben. Die jeweilige dogmatische Einordnung der Schiedsvereinbarung könnte auf der kollisionsrechtlichen Ebene dazu führen, dass die Schiedsvereinbarung, je nach ihrer dogmatischen Einordnung, anderen Kollisionsnormen zuzuordnen ist. Darüber hinaus könnten innerhalb des maßgeblichen Sachrechts unterschiedliche Rechtsregeln für das Zustandekommen von materiellrechtlichen Verträgen und Prozessverträgen zur Anwendung kommen. Diesen Fragen ist im Folgenden nachzugehen.

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Blomeyer, Betrachtungen über die Schiedsgerichtsbarkeit, S. 51 ff. Lorenz, AcP 157 (1958/1959), 265 ff. 15 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 32. 16 Eingehend mit weiteren Literaturnachweisen insbesondere Wagner, Prozessverträge, 578 ff; Stacher, Schiedsvereinbarung 3 ff. Überblickend über den gegenwärtigen Stand der Diskussion: Mayr, Schiedsvereinbarung und Privatrecht, 16 ff., m. w. N. 17 In diesem Sinne insbesondere Lorenz, AcP 157 (1958/1959), 265; Blomeyer, Betrachtungen über die Schiedsgerichtsbarkeit, S. 59 ff.; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1029, Rn. 3. 18 In diesem Sinne insbesondere Wagner, Prozessverträge, 31; Hausmann, Einheitliche Anknüpfung, 361; Hellwig, Zivilprozessrecht, 57; Böhm, ZRvgl 1968, 262, 270; Schäfer, Die Verträge zur Durchführung des Schiedsverfahrens, 147; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 65; Baumgärtel, Prozeßhandlung, 247; MüKo ZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 12 m. w. N.; Zöller / ​ Geimer, § 1029, Rn. 15; BeckOK ZPO / ​Wolf / ​Eslami, § 1029, Rn. 5 m. w. N. 19 Die neuere Rechtsprechung hat die Schiedsvereinbarung ausdrücklich als Prozessvertrag bezeichnet, Bundesgerichtshof, Urt. v. 03.12.1986, IVb ZR 80/85 = BGHZ 99, 143, 147 = BGH NJW 1987, 651, 652. 20 Die ältere Rechtsprechung sah in der Schiedsvereinbarung einen materiellrechtlichen Vertrag über prozessrechtliche Beziehungen: Bundesgerichtshof, Urt. v. 28.11.1963, VII ZR 112/62 = BGHZ 40, 320, 322 = BGH NJW 1964, 591, 592; Bundesgerichtshof, Urt. v. 30.01.1957, V ZR 80/55 = BGHZ 23, 198, 200 = NJW 1957, 589, 590. 21 Überblickend zu den aus der Rechtsnatur geschlossenen Folgerungen: Solomon, Schiedssprüche, 304 ff. 14

I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung

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a) Die kollisionsrechtlichen Auswirkungen In der Entscheidung über die Rechtsnatur wird eine wesentliche Weichenstellung für die Ermittlung des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Sachrechts gesehen.22 Gemäß dem im internationalen Zivilprozessrecht herrschenden Grundsatz forum regit processum23 hat ein Gericht das Sachrecht am Gerichtsort auf das Verfahren anzuwenden.24 Lässt sich die Schiedsvereinbarung aufgrund ihrer Rechtsnatur dem Prozessrecht zuordnen, könnte dies infolgedessen dazu führen, dass die Schiedsvereinbarung stets nach dem am Gerichtsort geltenden Sachrecht zu beurteilen ist25. Bedingt die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung jedoch, dass diese dem materiellen Recht zuzurechnen ist, könnte das auf die Schiedsvereinbarung anzuwendende Sachrecht, vergleichbar zum Hauptvertrag, über das Kollisionsrecht zu bestimmen sein und von dem am Gerichtsort geltenden Sachrecht abweichen.26 Die Rechtsprechung geht wohl davon aus, dass die prozessuale oder materiellrechtliche Rechtsnatur eines Vertrages einen unmittelbaren Einfluss auf das anzuwendende Recht hat.27 Aus diesem Grund wird der Rechtsprechung vorgeworfen, die Schiedsvereinbarung lediglich deshalb als materiellrechtlichen Vertrag über prozessrechtliche Beziehungen28 bezeichnet zu haben, um über diese dogmatische Einordnung die Maßgeblichkeit der Lex-​Fori-​Regel für das Zustandekommen von Schiedsvereinbarungen abzulehnen und ein im Einzelfall maßgebliches Sachrecht zu bestimmen29. Trotz der weitgehenden Anerkennung der Lex-​Fori-​Regel sind ihre Auswirkungen auf das für Prozessverträge anzuwendende Sachrecht im Einzelfall nicht eindeutig geklärt.30 Im Folgenden ist daher zu fragen, ob sich der Streit über die Rechtsnatur dahingehend auf die Ermittlung des anwendbaren Sachrechts auswirkt, dass bei einer prozessualen Einordnung der Schiedsvereinbarung stets das Sachrecht am Gerichtsort anzuwenden ist. Kann dies verneint werden, könnte 22 Vgl. Kohler, Über prozessrechtliche Verträge und Kreationen, 489 ff.; Schiedermair, Zivilprozess, 164; König, SchiedsVZ 2012, 129, 130; Holeweg, Strohmanngesellschaften, 34; Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473 f.; Zöller / ​Geimer, § 1029, Rn. 17a. 23 Im Folgenden soll dieser Grundsatz als Lex-​Fori-​Regel bezeichnet werden. 24 Umfassend: Geimer, IZPR, 179. 25 In diesem Sinne bereits Schiedermair, Zivilprozess, 164. 26 Zum Verhältnis des auf den Hauptvertrag anwendbaren Sachrechts zu dem auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Sachrecht unten Kapitel 1 II. 27 Bereits das Reichsgericht hat aus der Rechtsnatur der Gerichtsstandsvereinbarung auf die Maßgeblichkeit der Lex-​Fori-​Regel geschlossen. „Die Vereinbarung eines zuständigen Gerichts ist eine Prozesshandlung, die nach deutschem Prozessrecht zu beurteilen ist auch wenn sie im Ausland vorgenommen worden ist“, Reichsgericht, Urt. v. 16.02.1939, IV 201/38 = RGZ 159, 254, 255. Auch der Bundesgerichtshof hat das anwendbare Recht im Zusammenhang mit der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung bestimmt, vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 28.11.1963, VII ZR 112/62 = BGHZ 40, 320, 322 = BGH NJW 1964, 591, 592. 28 Zur Rechtsprechung betreffend die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung siehe Kapitel 1 I. 1. 29 Wagner, Prozessverträge, 350. 30 Umfassend hierzu insbesondere Wagner, Prozessverträge, 346 ff.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

auch bei einer prozessualen Einordnung das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung und ihre subjektive Reichweite nach einem anderen Sachrecht zu bestimmen sein. Infolgedessen könnte aus der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar auf das anzuwendende Recht geschlossen werden, sodass die Rechtsnatur für die Bestimmung des maßgeblichen Rechts offenbleiben könnte. Damit die Frage geklärt werden kann, ob eine prozessuale Einordnung der Schiedsvereinbarung dazu führt, dass das Sachrecht am Gerichtsort zur Anwendung berufen wird, sind zunächst die funktionalen und begrifflichen Grundlagen des Kollisionsrechts zu verdeutlichen. Anschließend ist zu untersuchen, aus welchen Gründen ein Gericht gemäß der Lex-​Fori-​Regel das am Gerichtsort geltende Prozessrecht anzuwenden hat und ob die Lex-​Fori-​Regel für die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts maßgeblich ist. aa) Die Kollisionsnorm und der Qualifikationsbegriff Das Internationale Privatrecht enthält Kollisionsnormen, die eine Antwort auf die Frage geben, welche Rechtsordnung bei einem Sachverhalt mit Berührungspunkten zu mehreren Staaten anzuwenden ist31. Vorzugsweise ist das IPR im weitesten Sinne zu verstehen, wonach dieses neben dem materiellen Recht insbesondere auch Kollisionsnormen für das Zivilverfahren enthält.32 Über die Struktur und das Anwendungsverständnis von Kollisionsnormen herrscht ein nicht ausgefochtener Streit. Gemäß der wohl herrschenden Auffassung besteht eine Kollisionsnorm aus einem Tatbestand und einer Rechtsfolge.33 Der Tatbestand einer Kollisionsnorm umfasst hiernach seinerseits zwei Elemente. Zum einen den sachlichen Anwendungsbereich der Kollisionsnorm, der Anknüpfungsgegenstand genannt wird34. Zum anderen das Anknüpfungsmoment, das auf Vorgänge des Lebenssachverhalts gerichtet ist und eine Verbindung zwischen dem Anknüpfungsgegenstand und dem anwendbaren Recht herstellt.35 Auf Ebene der Rechtsfolge verweist die Kollisionsnorm im Wege einer Gesamt-​oder Sachnormverweisung36 auf eine anzuwendende Rechtsordnung und spricht demnach einen Rechtsanwendungsbefehl aus. Anhand ihrer Rechtsfolge lassen sich Kollisionsnormen daher von Sachnormen abgren-

31 Zum Begriff des Internationalen Privatrechts (im Folgenden „IPR“), insb. Bar / ​Mankowski, IPR I, 1 ff.; Junker, IPR, 2 ff., m. w. N. 32 Das IPR umfasst somit die Gesamtheit der geschriebenen und ungeschriebenen Rechtsnormen, die internationale Sachverhalte regeln. In diesem Sinne von Bar / ​Mankowski, IPR I, 1 ff.; Hoffmann, IPR, Rn. 36. 33 Kegel / ​Schurig, IPR, S. 310 ff.; Kropholler, IPR, 102 ff. 34 Lüderitz, IPR, Rn. 50. 35 Kegel, IPRax 1996, 309; Reuter, Die Qualifikation des falsus procurator, 10 m. w. N. 36 Bei einer Gesamtverweisung wird eine Rechtsordnung mitsamt ihres Kollisionsrechts zur Anwendung berufen. Das Gegenstück hierzu bildet die Sachnormverweisung, bei der unmittelbar auf die anzuwendenden Sachnormen verwiesen wird.

I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung

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zen.37 Sachnormen treffen eine Sachentscheidung, indem sie beispielsweise die Rechtsfolge aussprechen, dass bei Erfüllung ihres Tatbestandes jemand ein Tun oder Unterlassen fordern kann. Kollisionsnormen hingegen helfen dem Rechtsanwender lediglich das anwendbare Recht zu bestimmen, dessen Sachnormen anschließend für die Sachentscheidung anzuwenden sind. Die Anwendung der Kollisionsnorm beginnt gemäß dem herrschenden Anwendungsverständnis auf Tatbestandsebene.38 Hiernach ist zunächst das erste Element des Tatbestandes, der Anknüpfungsgegenstand, zu bestimmen. Ausgehend von dem Verständnis, dass jede Kollisionsnorm einen eigenen sachlichen Anwendungsbereich hat, ist die Kollisionsnorm durch Auslegung des Anknüpfungsgegenstandes von anderen Kollisionsnormen abzugrenzen39. Der jeweilige Anwendungsbereich einer Kollisionsnorm wird demnach durch Auslegung der Anknüpfungsgegenstände ermittelt. Dieser Vorgang kann als Primärqualifikation40 bezeichnet werden41. In einem nächsten Schritt wird das zweite Element des Tatbestandes, das Anknüpfungsmoment, ermittelt und der Lebenssachverhalt unter das Anknüpfungsmoment subsumiert. Die Kollisionsnorm verweist in ihrer Rechtsfolge auf die jeweils maßgebliche Rechtsordnung in Form einer Gesamt-​ oder Sachnormverweisung42. Spricht die Kollisionsnorm eine Gesamtverweisung aus, ist innerhalb des nun anzuwendenden „ausländischen“ IPR erneut eine maßgebliche Kollisionsnorm zu bestimmen. Die Ermittlung der dort maßgeblichen Kollisionsnorm lässt sich als Sekundärqualifikation bezeichnen43. Nimmt das ausländische Recht die Verweisung an, muss in einem letzten Schritt entschieden werden, welche Sachnormen dieses Rechts zur Anwendung berufen werden. Die in Betracht kommenden Sachnormen müssen nach der wohl herrschenden Auf-

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Hierzu Bar / ​Mankowski, IPR I, 196 ff. Kritisch zu dieser Vorgehensweise insbesondere Reuter, Die Qualifikation des falsus procurator, 28 ff. Reuter spricht sich dafür aus, in einem ersten Schritt anhand des Anknüpfungsmoments alle potenziell anwendbaren leges causae zu ermitteln und den Lebenssachverhalt unter die verschiedenen leges causae zu subsumieren. Lediglich die Normen der jeweiligen lex causae, deren Tatbestand vom Lebenssachverhalt erfüllt werden bilden für Reuter den Qualifikationsgegenstand. Die auf diese Art und Weise ermittelten Sachnormen der lex causae werden anschließend dahingehend untersucht ob sie vom Anknüpfungsgegenstand der Kollisionsnorm erfasst werden. 39 Statt vieler MüKo / ​v.Hein, Einleitung zum Internationalen Privatrecht, Rn. 111, m. w. N. 40 Vgl. Zur Primär-​und Sekundärqualifikation: Reuter, Die Qualifikation des falsus procurator, 41 f. 41 Beispielsweise bestimmt sich nach Art. 21 EGBGB das Rechtsverhältnis zwischen einem Kind und seinen Eltern nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Kind und seinen Eltern bildet den Anknüpfungsgegenstand dieser Kollisionsnorm. Der Anknüpfungsgegenstand dieser Kollisionsnorm wird im Wege der Auslegung durch die Primärqualifikation bestimmt. 42 Hierzu und den Folgen einer Rück-​oder Weiterverweisung insb. Kropholler, IPR, 161 ff. 43 Zum Begriff der Sekundärqualifikation insb. Reuter, Die Qualifikation der Haftung des falsus procurator, 43 f., m. w. N. 38

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

fassung letztlich vom Anwendungsbereich der Kollisionsnorm des „eigenen“ IPR erfasst werden. Die Sachnormen kommen daher nur dann zur Anwendung, wenn sich diese in einem letzten Schritt unter die Kollisionsnorm des „eigenen“ IPR subsumieren lassen.44 Diese Rückbindung stellt sicher, dass lediglich diejenigen Sachnormen des fremden Rechts zur Anwendung berufen werden, welche vom Verweisungsbefehl der Kollisionsnorm des Forums nach dem Willen des Gesetzgebers erfasst werden sollen.45 bb) Die Lex-​Fori-​Regel als Kollisionsnorm Die Lex-​Fori-​Regel besagt, dass ein Gericht gemäß dem Grundsatz forum regit processum das am Gerichtsort geltende Prozessrecht zur Anwendung zu bringen hat.46 Wie bereits gezeigt, lassen sich Kollisionsnormen anhand ihrer Rechtsfolge von Sachnormen abgrenzen.47 Die Lex-​Fori-​Regel trifft eine Aussage darüber, welches Prozessrecht in einem Fall mit Auslandsberührung anzuwenden ist.48 Die Rechtsfolge ist demnach darauf gerichtet, dass stets das am Gerichtsort geltende Prozessrecht zur Anwendung zu bringen ist. Ist das am Gerichtsort geltende Prozessrecht anzuwenden, geht aus der Lex-​Fori-​Regel ein Rechtsanwendungsbefehl hervor, sodass die Lex-​Fori-​Regel aus diesem Grund als eine ungeschriebene Kollisionsnorm beschrieben werden kann49. Damit geklärt werden kann, ob die prozessuale Einordnung der Schiedsvereinbarung dazu führt, dass das anzuwendende Recht über die Lex-​Fori-​Regel zu bestimmen ist, bedarf zunächst der Tatbestand der Lex-​Fori-​Regel einer Klärung. Anschließend ist zu zeigen, ob die Schiedsvereinbarung vom Tatbestand erfasst wird und daher das hierfür anzuwendende Recht anhand der Lex-​Fori-​Regel zu bestimmen ist.

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Die Einzelheiten sind umstritten. Im Wesentlichen stehen zwei Lösungsmöglichkeiten gegenüber: die offene und die kanalisierte Verweisung. Siehe hierzu Bernasconi, Qualifikationsprozess, 256. 45 Bernasconi, Qualifikationsprozess, 309. 46 Umfassend Geimer, IZPR, 180 ff. Der Bundesgerichtshof hat sich ausdrücklich für die Geltung der Lex-​fori-​Regel ausgesprochen: „Insoweit gilt, daß sich Verfahrensfragen nur nach dem jeweiligen Prozeßrecht des erkennenden Gerichts (lex fori) bestimmen […]“, Bundesgerichtshof, Urt. v. 27.06.1984, IVb ZR 2/83 = NJW 1985, 552, 553. 47 Zur Abgrenzung von Sach-​und Kollisionsnormen oben Kapitel 1 I. 2. a) aa). 48 Grundsätzlich wird auch bei reinen Inlandssachverhalten zunächst das Kollisionsrecht heranzuziehen sein, wobei dessen Verweisungen im Ergebnis ausnahmslos zum inländischen Recht führen werden. Hierzu Kegel / ​Schurig, IPR, 6; Kropkoller, IPR, 7. A. A. Palandt / ​T horn, Art. 3 EGBGB, Rn. 2, der die Anwendung des IPR bei reinen Inlandsfällen ablehnt. 49 Hierzu Junker, IZPR, 267.

I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung

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(1) Der Tatbestand der Lex-​Fori-​Regel Gemäß der Lex-​Fori-​Regel hat ein Gericht sein eigenes Prozessrecht zur Anwendung zu bringen50. Das Anknüpfungsmoment der Lex-​Fori-​Regel ist demnach die Zugehörigkeit des Gerichts zu einer bestimmten Rechtsordnung51. Auf Rechtsfolgenseite spricht die Lex-​Fori-​Regel einseitige Sachnormverweisung auf das Prozessrecht der Rechtsordnung aus, der sich das betroffene Gericht zurechnen lässt52. (a) Die Begründung der Lex-​Fori-​Regel Die in der älteren Literatur vorgebrachten Argumente, wonach die Anwendung ausländischen Verfahrensrechts gegen den ordre public verstoße, gelten heute als überwunden.53 Über den tragenden Grund für die Geltung der Lex-​Fori-​Regel herrscht im Übrigen jedoch nach wie vor Streit.54 Die wohl herrschende Auffassung führt die Geltung der Lex-​Fori-​Regel auf Praktikabilitäts-​und Effizienzerwägungen zurück.55 Die Rechtspflege sei in ihrem inneren organisatorischen Aufbau und Zusammenwirken aufeinander abgestimmt.56 Werde diese Organisationsstruktur durch die Maßgeblichkeit fremden Prozessrechts durchbrochen, müsse die Gerichtsbarkeit das eigene Handeln einem fremden Recht anpassen.57 Es sei schwer vorstellbar, dass ein Richter nach ausländischem Prozessrecht prozessiere, in welchem er nicht ausgebildet und die Gerichtsorganisation hierauf zudem nicht eingestellt sei.58 Die Anwendung eines fremden Prozessrechts mache das Gerichtsverfahren daher schwerfällig und gehe zulasten der Effektivität der Rechtspflege.59 Um diese Nachteile zu vermeiden habe ein Gericht daher das eigene Prozessrecht zur Anwendung zu bringen. 50

Zu Tatbestand und Rechtsfolge der Lex-​Fori-​Regel insb. Jaeckel, Reichweite, 147 f. Jaeckel, Reichweite, 147. Zum Begriff des Anknüpfungsmoments oben Kapitel  1 I.  2. a) aa). 52 Vgl. Jaeckel, Reichweite, 147. Hat beispielsweise ein deutsches Gericht das anzuwendende Prozessrecht zu ermitteln, führt die Zugehörigkeit des Gerichts zu der deutschen Rechtsordnung dazu, dass die Sachnormen des deutschen Rechts anzuwenden sind. 53 Wagner, Prozessverträge, 354 m. w. N.; Coester-​Waltjen, Beweisrecht, 85 m. w. N. 54 Überblickend zu den vertretenen Argumentationslinien Coester-​Waltjen, Beweisrecht, 84 ff.; Jaeckel, Reichweite, 25 ff.; Wagner, Prozessverträge, 353 ff.; Geimer, IZPR, 180 ff., m. w. N. 55 Kegel / ​Schurig, IPR, 485; Geimer IZPR, 181 m. w. N., Kropholler, IPR, 580; Wagner, Prozessverträge, 355; Solomon, Schiedssprüche, 343. Kritisch zur Legitimation der Lex-​Fori-​ Regel anhand von Praktikabilitätserwägungen Coester-​Waltjen, Beweisrecht, 110 ff. 56 Hutner, Wirtschaftsmediation, 72. 57 Diesbezüglich zwischen Rechtsanwendung und Rechtsbefolgung differenzierend Kegel / ​ Schurig, IPR, 1055. 58 Geimer, IZPR, 181. 59 Umfassend hierzu Basedow, Qualifikation, Vorfrage und Anpassung im Internationalen Zivilverfahrensrecht, 131 ff. 51

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Teilweise wird die Maßgeblichkeit des am Gerichtsort geltenden Prozessrechts anhand des Territorialitätsprinzips im Zusammenhang mit der öffentlich-​rechtlichen Natur des Zivilprozesses begründet60. Rechtsprechung sei öffentlich-​rechtliche Betätigung und Ausübung von Hoheitsgewalt des Staates, der für die Art des Vorgehens seiner Organe lediglich die eigene Rechtsordnung anerkenne.61 Die Maßgeblichkeit ausländischen Verfahrensrechts berühre die gesetzgebende Gewalt und somit die Souveränität eines Staates.62 Wie Behörden nur das deutsche Verwaltungsrecht anwenden, habe ein Gericht das deutsche Verfahrensrecht anzuwenden.63 Umgekehrt könne auch nicht verlangt werden, dass Gerichte einer fremden Rechtsordnung den Vorschriften der eigenen Rechtsordnung Beachtung schenken.64 Gegen die Begründung der Lex-​Fori-​Regel anhand des Territorialitätsprinzips ist jedoch einzuwenden, dass das Territorialitätsprinzip ausschließlich den räumlichen Geltungsbereich einer Rechtsordnung beschreibt.65 Der staatliche Richter bringt die Sachnormen einer fremden Rechtsordnung zur Anwendung, soweit dies das Kollisionsrecht seiner eigenen Rechtsordnung vorsieht. Für das materielle Recht kann kein Zweifel bestehen, dass ein staatlicher Richter fremdes Sachrecht zu beachten hat.66 Nicht ersichtlich ist daher, aus welchen Gründen das Territorialitätsprinzip die Anwendung ausländischen Prozessrechts verbietet, wenn eine Kollisionsnorm der eigenen Rechtsordnung dessen Anwendung vorsieht67. Handelt es sich bei der Lex-​Fori-​Regel um eine ungeschriebene68 Kollisionsnorm, lässt sich die Anwendung fremden Prozessrechts auf eine Regelung der deutschen Rechtsordnung zurückführen69. Die Souveränität des Staates, der das Gericht angehört, wird durch die Anwendung fremden Prozessrechts daher nicht berührt70. Mit Recht führt die wohl herrschende Auffassung die Sicherung einer praktikablen und effektiven Rechtspflege als triftigen Grund für die Lex-​Fori-​Regel an71. Sowohl die Organe der Rechtspflege als auch der einzelne Bürger haben ein 60

Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 94; Junker, IZPR, 267. Kritisch Coester-​ ­Waltjen, Beweisrecht, 88 ff.; Jaeckel, Reichweite, 30; Rixen, Anwendung ausländischen Verfahrensrechts, 47; Hutner, Wirtschaftsmediation, 65; Wagner, Prozessverträge, 354 ff. 61 Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 94. 62 Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 81. 63 Junker, IZPR, 267. 64 Vgl. Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 94. 65 Zur Kritik an der Begründung anhand des Territorialitätsprinzips insb. Wagner, Prozessverträge, 354 f. 66 Dies wird auch von Vertretern des Territorialitätsprinzips als selbstverständlich angesehen. Vgl. Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 81. 67 Wagner, Prozessverträge, 355; vgl. Coester-​Waltjen, Beweisrecht, 102 ff. 68 In diesem Sinne bereits Jaeckel, Reichweite, 147. 69 Andere Rechtsordnungen haben die Lex-​Fori-​Regel ausdrücklich gesetzlich geregelt. Hierzu Geimer, IZPR, 319. 70 Wagner, Prozessverträge, 355. 71 Umfassend statt vieler Geimer, IZPR, 181, m. w. N.

I. Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung

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Interesse an einem praktikablen und effizienten Gerichtsverfahren.72 Die Gerichte sind nur mit beschränkten Finanz-​und Personalressourcen ausgestattet und die von den Parteien zu tragenden Gerichtskosten sind nicht geeignet, die tatsächlichen Kosten eines Gerichtsverfahrens zu decken73. Ferner wird die effektive Rechtsdurchsetzung durch lange Gerichtsverfahren gefährdet und das Vertrauen der Bürger in die Rechtsprechung insgesamt entwertet74. Richtet sich das Handeln der Rechtspflege nach der eigenen Rechtsordnung, ist zudem sichergestellt, dass die Regelungen unterschiedlicher Rechtspflegeorgane zueinander passen und einem Gesamtkonzept entstammen.75 Damit verwirklicht die Lex-​Fori-​Regel letztlich internationalprivatrechtliche Ordnungsinteressen, die eine effiziente Rechtsanwendung sicherstellen sollen.76 (b) Schlussfolgerungen für den Anknüpfungsgegenstand Lässt sich die Geltung der Lex-​Fori-​Regel auf Praktikabilitäts-​und Effizienzerwägungen zurückführen, ist zu klären, welche Rückschlüsse sich hieraus für die Qualifikation der Lex-​Fori-​Regel schließen lassen.77 Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Lex-​Fori-​Regel nicht ausnahmslos Geltung beansprucht78. Geht die Lex-​Fori-​Regel darauf zurück, dass ein Gericht aus Gründen der Praktikabilität und Effizienz das eigene Prozessrecht anwendet, sind im Umkehrschluss für die Fälle Ausnahmen von der Lex-​Fori-​Regel zuzulassen, in denen sich die Anwendung des eigenen Verfahrensrechts nicht mit der Praktikabilität und Effizienz begründen lassen.79 Liegt eine Ausnahme vor, ist der Anwendungsbereich der Lex-​Fori-​Regel nicht eröffnet und das für das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht muss mittels einer anderen Kollisionsnorm bestimmt werden.80 In welchen Fällen Ausnahmen zuzulassen sind, ist daran zu bemessen, worauf die Praktikabilitäts-​und Effizienzerwägungen der Lex-​Fori-​Regel gerichtet sind81. Trifft das Prozessrecht Regelungen, die unmittelbar den Verfahrensablauf betref 72

Hutner, Wirtschaftsmediation, 71. Hutner, Wirtschaftsmediation, 71. 74 Hutner, Wirtschaftsmediation, 71. 75 Vgl. Kegel / ​Schurig, IPR, 143. 76 Allgemein zu den internationalprivatrechtlichen Ordnungsinteressen Kegel / ​Schurig, IPR, 143 f. 77 Ähnlich bereits Wagner, Prozessverträge, 353 ff; Rixen, Anwendung ausländischen Verfahrensrechts, 74. 78 So bereits Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 95 ff.; vgl. Geimer, IZPR, 182, m. w. N. 79 Hutner, Wirtschaftsmediation, 73. 80 Zur Ermittlung des auf die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts unten Kapitel 1 III. 81 Vgl. Geimer, IZPR, 182 f. m. w. N. zu der Diskussion um die Reichweite der Lex-​Fori-​ Regel. 73

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

fen, besteht ein starkes Interesse der Rechtspflege daran, das eigene Verfahrensrecht zur Anwendung zu bringen.82 Die Praktikabilitäts-​und Effizienzerwägungen sind demnach insbesondere auf die innere Organisation der Rechtspflegeorgane und die abstrakt generelle Regelung der Verfahrensdurchführung wie beispielsweise die Struktur des Verfahrens oder die Prozessgrundsätze gerichtet.83 Wird in diesen Regelungsbereichen das eigene Prozessrecht angewendet, muss sich ein Gericht nicht in jedem Gerichtsverfahren mit grenzüberschreitenden Bezügen auf grundlegende Änderungen der Verfahrensdurchführung einstellen84. Auch wird das Gericht davon befreit, für diese Regelungsbereiche ein anzuwendendes Prozessrecht zu ermitteln. Folglich kann sich das Gericht unabhängig vom Einzelfall in seiner inneren Handlungsorganisation auf künftige Verfahren einstellen und die Verfahrensdurchführung prozessökonom gestalten85. Die mit der Anwendung eines fremden Prozessrechts verbundenen Praktikabilitäts-​und Effizienzeinbußen treten daher besonders in den Fällen vor, in denen ein Gericht einem fremden Sachrecht die Regelungen zu entnehmen hat, die unmittelbar die Verfahrensdurchführung betreffen86. Aus diesen Gründen ist zwar daran festzuhalten, dass das anzuwendende Prozessrecht anhand der Lex-​Fori-​Regel zu bestimmen ist. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um einen Grundsatz, der nicht ausnahmslos Geltung beanspruchen kann.87 Insbesondere in den Regelungsbereichen, die nicht die innere Organisation und das eigene Handeln der Rechtspflegeorgane oder die unmittelbare Verfahrensdurchführung betreffen, sind Ausnahmen von der Lex-​Fori-​Regel zuzulassen88. (2) Maßgeblichkeit der Lex-​Fori-​Regel für das Zustandekommen von Schiedsvereinbarungen Zur Klärung der Frage, welchen Einfluss der Streit über die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung haben kann, muss entschieden werden, ob das Zustandekommen von Prozessverträgen vom Anknüpfungsgegenstand der Lex-​Fori-​Regel umfasst wird und sich infolgedessen das Zustandekommen einer Schiedsverein-

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Hutner, Wirtschaftsmediation, 75. Mit weiteren Beispielen Hutner, Wirtschaftsmediation, 74. 84 Vgl. zu den Vorteilen für die Rechtspflegeorgane Hutner, Wirtschaftsmediation, 74 f. 85 Zu den Vorteilen des lex fori Prinzips statt vieler Geimer, IZPR, 180 f; Hutner, Wirtschaftsmediation, 73 f. 86 Vgl. Wagner, Prozessverträge, 369. 87 Hierzu bereits Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 95 ff., der die Geltung des lex fori Prinzips anhand des Territorialitätsprinzips im Zusammenhang mit der öffentlich-​rechtlichen Natur des Verfahrensrechts begründet aber zugleich meint, man dürfe die Maßgeblichkeit der lex fori „nicht übertreiben“ und müsse Einschränkungen zulassen. 88 Ähnlich differenzierend bereits Hutner, Wirtschaftsmediation, 75. Auch die wohl herrschende Literaturauffassung bemisst die Reichweite der Lex-​Fori-​Regel an ihrem Sinn und Zweck. Hierzu Wagner, Prozessverträge, 356. Für eine Prüfung je nach Qualifikationsgegenstand Geimer, IZPR, 185. 83

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barung bei prozessualer Einordnung stets nach dem Sachrecht der Rechtsordnung zu richten hat, dem das Gericht angehört.89 Die vorherigen Überlegungen haben gezeigt, dass ein Gericht aus Gründen der Praktikabilität und Effizienz insbesondere dann das eigene Prozessrecht anzuwenden hat, soweit die innere Organisation, das eigene Handeln oder die unmittelbare Verfahrensdurchführung betroffen werden. Infolgedessen ist im Einzelfall für den jeweiligen Qualifikationsgegenstand90 darüber zu entscheiden, ob dieser vom Anknüpfungsgegenstand der Lex-​Fori-​Regel erfasst wird, oder ob eine Ausnahme von der Lex-​Fori-​Regel zuzulassen ist91. Für die Anwendung der Lex-​Fori-​Regel könnte sprechen, dass das Gericht davon befreit wird, im Wege der Zuständigkeitsprüfung ein anzuwendendes Recht zu ermitteln92. Neben der Schiedsvereinbarung betrifft insbesondere die Gerichtsstandsvereinbarung die Entscheidungszuständigkeit der Gerichte. Hat ein Gericht über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden, kann daher über das Zustandekommen eines Prozessvertrags zu entscheiden sein. Bemisst sich das Zustandekommen einer Schieds-​oder Gerichtsstandsvereinbarung stets nach dem eigenen Sachrecht, hat das Gericht nicht bereits für die Prüfung der eigenen Entscheidungszuständigkeit ein hierfür anzuwendendes Sachrecht zu ermitteln. Demnach wird die Entscheidung über die eigene Zuständigkeit nicht mit der Ermittlung des hierfür anwendbaren Sachrechts erschwert und eine schnelle Zuständigkeitsentscheidung begünstigt.93 Die Entscheidung darüber, ob im Einzelfall zwischen den Parteien ein die Zuständigkeit bestimmender Prozessvertrag zustande gekommen ist, berührt jedoch nicht die innere Handlungsorganisation des hierüber entscheidenden Gerichts.94 Ferner werden keine Regelungen betroffen, die unmittelbar den Verfahrensablauf betreffen, wenn darüber zu entscheiden ist, ob die Voraussetzungen für den Abschluss eines Prozessvertrags vorliegen und gegenüber welchen Rechtssubjekten dieser Wirkungen entfaltet. Aus diesen Gründen lässt sich die Anwendung der Lex-​

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Das Bundesgericht der Schweiz schließt in ständiger Rechtsprechung aus der prozessualen Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung auf die Geltung des am Gerichtsort geltenden Verfahrensrechts: „Schiedsabreden sind prozessualer Natur und unterstehen daher dem kantonalen Verfahrensrecht“, Schweizer Bundesgericht, Urt. v. 17.03.1975, BGE 101 II 168, 170. 90 An dieser Stelle soll offenbleiben, woraus der Qualifikationsgegenstand konkret besteht. Zum Streit über den Qualifikationsgegenstand umfassend Bernasconi, Qualifikationsprozess, 68 ff.; Kropholler, IPR, 116 ff. 91 Ähnlich bereits Gerhard Wagner, der ausgehend von ihrer Ratio die Anwendung der Lex-​ Fori-​Regel auf Schieds-​und Gerichtsstandsvereinbarungen verneint, Wagner, Prozessverträge, 368 f. 92 Im Ergebnis zur Gerichtsstandsvereinbarung bereits Nussbaum, IPR, 402 f. 93 Zu den Interessen der Parteien und der Rechtspflege an einem effizienten und somit schnellen Verfahren oben Kapitel 1 I. 2. bb) (1) (a). 94 Wagner, Prozessverträge, 369.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Fori-​Regel nicht aus Effizienzgründen rechtfertigen.95 Darüber hinaus kann für die Begründung der Lex-​Fori-​Regel nicht ausreichen, dass bereits die Ermittlung des anzuwendenden Sachrechts die Effektivität der Rechtsprechung gefährdet96. Das in der Hauptsache anzuwendende materielle Sachrecht ist über das Kollisionsrecht zu ermitteln und es wird diesbezüglich für unzulässig gehalten, dass Gerichte aus Effizienzgründen stets das eigene Sachrecht anwenden.97 Entsprechendes hat demnach für die Ermittlung der maßgeblichen Sachnormen für das Zustandekommen eines Prozessvertrags zu gelten.98 Infolgedessen ist nicht ersichtlich, weshalb das für Prozessverträge anzuwendende Recht aus Gründen der Effektivität stets dem „eigenen“ Sachrecht zu entnehmen ist. Selbst für den Fall, dass die Anwendung der Lex-​Fori-​Regel aus Effizienzgründen geboten sein könnte, darf bezweifelt werden, dass die Begünstigung einer schnellen Zuständigkeitsentscheidung in einem angemessenen Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen steht. Die Nachteile, die sich aus der uneingeschränkten Anwendung der Lex-​Fori-​Regel ergeben können, lassen sich an folgendem Beispielsfall verdeutlichen: Ein deutscher Verkäufer schließt mit einem spanischen Käufer einen Kauf­ vertrag. Der Kaufvertrag enthält eine Rechtswahlklausel zugunsten des Rechts von Norwegen, sowie eine Schiedsklausel, nach der ein Schiedsgericht in der Schweiz zuständig sein soll. Der Vereinbarung der Parteien lag die Vorstellung zugrunde, in Norwegen eine neutrale Rechtsordnung gefunden zu haben, welche wenige Berührungspunkte zu einer der Parteien aufweist.99 Klagt nun der spanische Käufer vor einem staatlichen Gericht in Deutschland und erhebt der deutsche Verkäufer die Schiedseinrede, hat das deutsche Gericht über das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung zu entscheiden. Handelt es sich bei der Schiedsvereinbarung um einen Prozessvertrag und beansprucht die Lex-​Fori-R ​ egel allein deshalb entsprechend Geltung, hätte das deutsche Gericht zur Beurteilung der Schiedsvereinbarung das deutsche Sachrecht zur Anwendung zu bringen. Da die ZPO keine rechtgeschäftlichen Regelungen hinsichtlich des Zustandekommens von Schiedsvereinbarungen bereithält, werden die Bestimmungen des BGB entsprechend zur Anwendung gebracht.100 Durch die Wahl des Schweizer Rechts und der Schiedsvereinbarung haben die Parteien jedoch zum Ausdruck gebracht, das deutsche Recht und die Zuständigkeit deutscher Gerichte derogieren zu wollen. Deshalb könnte die uneingeschränkte Anwendung der Lex-​ 95 Vgl. Wagner, Prozessverträge, 369. Im Ergebnis ebenso Girsberger / ​Gabriel, Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung im schweizerischen Recht, 827. 96 Vgl. Coester-​Waltjen, Beweisrecht, 112. 97 Coester-​Waltjen, Beweisrecht, 112 m. w. N. 98 Hutner, Wirtschaftsmediation, 81. 99 Zum Einfluss einer für den Hauptvertrag bestehenden Rechtswahl auf das für die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht unten Kapitel 1 III. 2. 100 Die Einzelheiten sind umstritten. Vgl. Wagner, Prozessverträge, 279 m. w. N.

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Fori-​Regel dazu führen, dass eine Rechtsordnung über das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung entscheidet, deren Einfluss die Parteien durch den Abschluss einer Rechtswahl und einer Schiedsvereinbarung ausschließen wollten101. Die Parteien streiten in diesem Fall nicht vor einem „neutralen“ Forum, sondern vor den Gerichten eines Staates, mit dem eine der Parteien eine Verbindung aufweisen kann. Damit kommt ein tragendes Motiv für die Durchführung eines Schiedsverfahrens letztlich nicht zur Geltung. Ferner kann die Lex-​Fori-​Regel zu einer „Verdopplung“ des Vertragsstatuts102 führen.103 In dem soeben gezeigten Beispielsfall ist das Schweizer Vertragsrecht kraft Rechtswahl auf den Hauptvertrag anzuwenden. Es hat sich gezeigt, dass die Lex-​Fori-​Regel bei einer in Deutschland angestrengten Klage zur Anwendung des BGB führt. Ist daneben in Spanien ein Klägergerichtsstand eröffnet, kommt dort bei Maßgeblichkeit der Lex-​Fori-​Regel das spanische Sachrecht zur Beurteilung der Schiedsvereinbarung zur Anwendung. Zuletzt könnten die Gerichte in Norwegen oder der Schweiz gehalten sein, aufgrund der Lex-​Fori-​Regel das eigene Sachrecht für die Entscheidung über das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung heran zu ziehen.104 Es zeigt sich daher, dass in diesem Fall vier unterschiedliche Rechtsordnungen in Betracht kommen, über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung zu entscheiden. Ist die Lex-​Fori-​Regel für das Zustandekommen von Prozessverträgen zur Anwendung zu bringen, wird daher das law shopping though forum shopping105 begünstigt und der internationale Entscheidungseinklang gefährdet. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Maßgeblichkeit der Lex-​Fori-​Regel für Prozessverträge mit erheblichen Nachteilen verbunden ist und sich infolgedessen nicht mit den dieser Regel zugrundeliegenden Praktikabilitäts-​und Effektivitätserwägungen rechtfertigen lässt. Daher ist für die Bestimmung des für das Zustandekommen von Prozessverträgen maßgeblichen Sachrechts eine Ausnahme 101

Vgl. Lorenz, AcP 157 (1958/1959), 265, 269; vgl. Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 190 f. 102 Als Vertragsstatut lassen sich die Sachnormen einer Rechtsordnung bezeichnen, denen ein Vertrag unterliegt und die über das Zustandekommen dieses Vertrages entscheiden. 103 Wagner, Prozessverträge, 349. 104 An dieser Stelle soll offenbleiben, ob in dem Beispielfall ein Gerichtsstand in Norwegen oder der Schweiz eröffnet ist. Haben weder der Kläger noch der Beklagte eine Beziehung zu diesen Staaten, könnte eine fehlende Inlandsbeziehung dazu führen, dass weder in der Schweiz, noch in Norwegen ein Gerichtsstand eröffnet ist. Zum Erfordernis einer hinreichenden Inlandsbeziehung im deutschen Zivilprozessrecht Wagner, Prozessverträge, 358 m. w. N. 105 Unter forum shopping wird allgemein das Bestreben einer Partei verstanden, unter verschiedenen Rechtsordnungen diejenige auszuwählen, die am meisten Vorteile verspricht. Hierzu Jünger, RabelsZ 46 (1980), 708 f. Verspricht sich eine Partei aus der Wahl eines bestimmten Forums dahingehend Vorteile, dass die Gerichte dieses Forums voraussichtlich ein Sachrecht zur Anwendung bringen werden, das für diese Partei in der Sache günstig ist, wird von „law shopping through forum shopping“ gesprochen, Vischer, Zum Verhältnis von internationaler Zuständigkeit und Kollisionsrecht, 350. Zum Einfluss und den Motiven des forum shopping im internationalen Zivilverfahrensrecht: Hau, Positive Kompetenzkonflikte im internationalen Zivilprozessrecht, 29 ff.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

von der Lex-​Fori-​Regel zuzulassen. Im Ergebnis kann aus einer prozessualen Einordnung der Schiedsvereinbarung daher nicht auf die Geltung des Rechts am Gerichtsort geschlossen werden106. cc) Zwischenergebnis Gemäß der Lex-​Fori-​Regel ist das Prozessrecht der Rechtsordnung zur Anwendung zu bringen, der das Gericht angehört. Bei der Lex-​Fori-​Regel handelt es sich daher um eine einseitige Kollisionsnorm, welche eine Sachnormverweisung auf das Sachrecht der Rechtsordnung ausspricht, der das entscheidende Gericht angehört. Die vorangegangenen Überlegungen haben gezeigt, dass das Zustandekommen von Schiedsvereinbarungen nicht vom Anknüpfungsgegenstand der Lex-​Fori-​Regel erfasst wird. Aus diesem Grund kommt für das Zustandekommen von Schieds­ vereinbarungen in Übereinstimmung mit der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur und der Rechtsprechung nicht stets das Sachrecht der Rechtsordnung zur Anwendung, der das entscheidende Gericht angehört. Für den Einfluss der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung auf die Bestimmung des anwendbaren Rechts kann damit festgehalten werden, dass eine prozessuale Einordnung nicht dazu führt, dass sich das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung stets nach dem Sachrecht der Rechtsordnung beurteilt, dem das entscheidende Gericht angehört. Auch bei einer prozessualen Einordnung ist über das Kollisionsrecht ein im Einzelfall maßgebliches Sachrecht zu bestimmen, welches von dem „eigenen“ Recht des Gerichts abweichen kann. Ist aus der prozessualen Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung nicht darauf zu schließen, dass stets das Sachrecht der Rechtsordnung anzuwenden ist, der das Gericht angehört, hat die dogmatische Einordnung der Schiedsvereinbarung keinen unmittelbaren Einfluss auf die Bestimmung des maßgeblichen Rechts. Daher kann aus einer prozessualen Einordnung der Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar auf ein anzuwendendes Sachrecht geschlossen werden. Aus diesem Grund kann die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung für die Ermittlung des anzuwendenden Sachrechts dahingestellt bleiben. b) Die Auswirkungen auf das maßgebliche Sachrecht Ausgehend davon, ob die Schiedsvereinbarung als Prozessvertrag oder materiellrechtlicher Vertrag einzuordnen ist, könnte sich das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung nach unterschiedlichen Sachrechtsnormen richten. Handelt es sich bei der Schiedsvereinbarung um einen materiellrechtlichen Vertrag, sind 106

Im Ergebnis wohl ebenso Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 382 ff.; Mayr, Schiedsvereinbarung und Privatrecht, 57; vgl. Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 58. Im Ergebnis ebenso zur Gerichtsstandsvereinbarung Wagner, Prozessverträge, 367; Gebauer, Das Prorogationsstatut im Europäischen Zivilprozessrecht, 580 f.

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die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts unmittelbar heranzuziehen.107 In diesem Fall richtet das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung und damit verbundene Fragestellungen wie beispielsweise die Rechtsfolgen einer Zession nach den allgemeinen materiellrechtlichen Vorschriften. Umgekehrt wurde aus einer rein prozessualen Natur der Schiedsvereinbarung darauf geschlossen, ausschließlich prozessrechtliche Vorschriften für Fragen betreffend das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung heranzuziehen.108 Da die Zivilprozessordnung jedoch keine entsprechenden Vorschriften enthält, werden die allgemeinen Vorschriften des materiellen Rechts in der neueren Literatur auch von den Vertretern einer prozessrechtlichen Einordnung der Schiedsvereinbarung entsprechend zur Anwendung gebracht.109 Die kritischen Einwände gegenüber der Anwendung allgemeiner materiellrechtlicher Regelungen können daher als überwunden gelten.110 Diesbezüglich führte bereits Armin Ehrenzweig aus: „der Gesetzgeber [wird sich] schwerlich veranlasst sehen, das ganze Vertragsrecht zweifach zu regeln, einmal für die bürgerlichen und dann für die processualischen Verträge. Sind doch die processualischen Verträge anerkanntermassen private Willensäußerungen, von den übrigen privaten Verträgen durch nichts sich unterscheidend als durch ihre Wirkungen. Was in aller Welt nöthigt uns, für ihre Beurtheilung besondere processrechtliche Normen zu fordern?“.111 In der Literatur herrscht unter den Vertretern einer prozessrechtlichen Einordnung lediglich hinsichtlich der Begründung dieses Ergebnisses Uneinigkeit.112 Einerseits werden die Vorschriften des materiellen Rechts analog zur Anwendung gebracht.113 Andererseits wird angenommen, die ZPO enthalte eine ungeschriebene Verweisung auf die Vorschriften des materiellen Rechts.114 Letztlich ist jedoch festzustellen, dass es der weit überwiegenden Auffassung entspricht, das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung und die damit verbundenen Fragestellungen ungeachtet der Rechtsnatur nach den allgemeinen Vorschriften des materiellen Rechts zu bemessen.115 Die allgemeinen Vorschriften des materiellen Sachrechts 107 Für das Zustandekommen einer Gerichtsstandsvereinbarung Bundesgerichtshof, Urt. v. 22.09.1971, VIII ZR 259/69 = BGHZ 57, 72, 75: „[…] eine Gerichtsstandsvereinbarung [ist], jedenfalls wenn sie – wie hier – vor dem Prozess getroffen ist […] ein materiell-​rechtlicher Vertrag, dessen Zustandekommen sich nach dem bürgerlichen Recht […] richtet“. Ebenso: Bundesgerichtshof Urt. v. 17.05.1972, VIII ZR 76/71 = BGHZ 59, 24, 27: „Dieser Standpunkt beruht auf der Erkenntnis, dass das deutsche Prozessrecht keine Vorschriften über das Zustandekommen von Verträgen enthält“. 108 In diesem Sinne insb. Schiedermair, Zivilprozess, 158 f. 109 Umfassend: Wagner, Prozessverträge, 279 m. w. N. 110 Fremuth-​Wolf, Zessionsfall, 68 m. w. N. 111 Ehrenzweig, GrünhutsZ 1891, 228, 243. 112 Wagner, Prozessverträge, 279 m. w. N. 113 Kohler, Über prozessrechtliche Verträge und Kreationen, 504. 114 Vgl. Pohle, JZ 1959, 93. 115 Umfassend Wagner, Prozessverträge, 350 m. w. N. Zur Diskussion über die Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Rechts betreffend die Schiedsvereinbarung insbesondere: Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 51 ff.; Niklas, Subjektive Reichweite, 46 ff.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

zur Anwendung zu bringen, verdient bereits deshalb Zuspruch, da andernfalls offenbleibt, nach welchen Rechtsregeln sich das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung angesichts einer Regelungslücke innerhalb des Prozessrechts sonst bemessen soll.116 Letztlich hat der Streit über die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung daher keine Auswirkungen auf die Bestimmung der maßgeblichen Sachnormen innerhalb des jeweils anzuwendenden Sachrechts, und die Vorschriften des materiellen Sachrechts sind zur Anwendung zu bringen117.

II. Das Verhältnis zwischen Schiedsvereinbarung, Hauptvertrag und Schiedsverfahrensrecht Gemäß der Begriffsbestimmung des § 1039 Abs. I ZPO ist die Schiedsvereinbarung eine Vereinbarung der Parteien, Streitigkeiten in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Die Schiedsvereinbarung ist demnach stets auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis, den Hauptvertrag, bezogen118. Der Hauptvertrag bildet die Grundlage für die zwischen den Parteien vereinbarten Vertragspflichten, wie etwa die Herstellung eines Produkts und die korrespondierende Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises. Gemäß der Doctrine of Separability119 ist die Schiedsvereinbarung wie ein unabhängiger Vertrag zu behandeln, der insbesondere in seiner Wirksamkeit abstrakt zu dem Hauptvertrag ist, auf den er sich bezieht120. Dies gilt sowohl für den Fall,

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So bereits Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 54. Im Ergebnis ebenso Mayr, Schiedsvereinbarung und Privatrecht, 57; vgl. Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 58. Im Ergebnis ebenso zur Gerichtsstandsvereinbarung Wagner, Prozessverträge, 367; Gebauer, Das Prorogationsstatut im Europäischen Zivilprozessrecht, 580 f. 118 Zum notwendigen Inhalt der Schiedsvereinbarung und ihrem Bezug zu einem bestimmten Rechtsverhältnis insb. Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 105 f., m. w. N.; MüKo ZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 69 ff., m. w. N. 119 Auch Trennungsprinzip, Autonomieprinzip, Separability Presumption, Principle of Severability, Principle of Autonomy of the Arbitration Clause. Umfassend Born, Arbitration I, 349 ff. 120 Dies kommt in der Regelung des § 1040 Abs. I S. 2 ZPO zum Ausdruck. Umfassend: Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1040, Rn. 5 m. w. N. Die in der ZPO gesetzliche anerkannte Doctrine of Separability geht maßgeblich zurück auf Art. 16 (I) Uncitral Model Law on International Commercial Arbitration (1985): „The arbitral tribunal may rule on its own jurisdiction, including any objections with respect to the existence or validity of the arbitration agreement. For that purpose, an arbitration clause which forms part of a contract shall be treated as an agreement independent of the other terms of the contract. A decision by the arbitral tribunal that the contract is null and void shall not entail ipso jure the invalidity of the arbitration clause“. Diese Bestimmung findet sich demnach sinngemäß in den Rechtsordnungen derjenigen Staaten, die das Uncitral Modell Gesetz in das eigene nationales Recht integriert haben. Ebenfalls ausdrücklich anerkannt wird die Doctrine of Separability durch die Regelwerke der Schiedsinstitutionen, wie beispielsweise der Internationalen Handelskammer in Paris, welche die Gel 117

II. Schiedsvereinbarung, Hauptvertrag und Schiedsverfahrensrecht 

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dass die Schiedsvereinbarung in Form einer Schiedsabrede121 getroffen, als auch für den Fall, dass die Schiedsvereinbarung als Schiedsklausel122 innerhalb des Hauptvertrages vereinbart wurde. Wird die Schiedsvereinbarung als unabhängiger Vertrag behandelt, ist sichergestellt, dass sich Mängel des Hauptvertrages nicht unmittelbar auf die Schiedsvereinbarung erstrecken.123 Die Frage ob der Hauptvertrag wirksam zustande gekommen ist, kann den Gegenstand der Streitigkeit bilden. Für den Fall, dass ein Schiedsgericht in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis kommt, dass der Vertrag nicht wirksam zustande gekommen ist, würde das Schiedsgericht bei einer Abhängigkeit der Schiedsvereinbarung vom Hauptvertrag die eigene Unzuständigkeit feststellen. Die Parteien wollten die Entscheidung, ob der Vertrag wirksam geschlossen wurde oder nicht, jedoch gerade dem Schiedsgericht anvertrauen. Die Doctrine of Separability verfolgt demnach den Zweck, die Effektivität der Schiedsvereinbarung und die Kompetenz-​Kompetenz des Schiedsgerichts sicher zu stellen.124 Die Doctrine of Separability hat Konsequenzen für das anzuwendende Recht. Ist die Schiedsvereinbarung als unabhängiger Vertrag zu behandeln, kann das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung und das Zustandekommen des Hauptvertrags nach einem jeweils anderen Sachrecht zu beurteilen sein.125 Demnach ist beispielsweise denkbar, dass sich das Zustandekommen des Hauptvertrages nach dem französischen Recht richtet, wohingegen das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung nach dem deutschem Recht zu bemessen sein kann. Da die Schiedsvereinbarung auch dann rechtlich als eigenständiger Vertrag zu behandeln ist, wenn diese in Form einer Klausel innerhalb des Hauptvertrags enthalten ist, kann auch in diesem Fall auf die Schiedsvereinbarung ein vom auf den Hauptvertrag abweichendes Recht anzuwenden sein126. Ist über das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung zu entscheiden, ist daher ein hierfür maßgebliches Sachrecht zu ermitteln, welches von dem auf den Hauptvertrag anzuwendenden Sachrecht abweichen kann. tung Doctrine of Separability in Art. 6 Abs. IX ICC-​Rules vorsieht. Das Regelwerk der ICC ist online abrufbar unter: https://iccwbo.org/dispute-​resolution-​services/arbitration/rules-​of-​ arbitration/#article_6 (zuletzt geprüft am 30.10.18). 121 Im Sinne des § 1029 Abs. 2 Var. 1 ZPO als selbstständige Vereinbarung neben dem Hauptvertrag. 122 Im Sinne des § 1029 Abs. 2 Var. 2 ZPO als Klausel innerhalb des Hauptvertrages. 123 Im Einzelfall ist jedoch denkbar, dass sich Fehler sowohl auf die Schiedsvereinbarung als auch auf den Hauptvertrag erstrecken (sog. „Fehleridentität“), hierzu Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 36. 124 Umfassend Born, Arbitration I, 349 ff. 125 Statt vieler: Lew / ​Mistelis  / ​Kröll, Comparative Arbitration, 107; Geimer IZPR, 1433; Sutton / ​Gill  / ​Gearing, Arbitration, 90. Grundlegend zur Ermittlung des anwendbaren Rechts im Schiedsverfahren: Ferrari, Franco; Kröll, Stefan (Hrsg.), Conflict of Laws in Arbitration; Schmidt-​Ahrendts  / ​Höttler, SchiedsVZ 2011, 267 ff. 126 Überblickend zur Unterscheidung zwischen Schiedsvereinbarungs-​und Hauptvertragsstatut insb. Schmidt-​Ahrendts  / ​Höttler, SchiedsVZ 2011, 267 ff.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Des Weiteren ist das für die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht von dem im Einzelfall maßgeblichen Schiedsverfahrensrecht abzugrenzen.127 Nach dem Schiedsverfahrensstatut bemisst sich insbesondere die Durchführung des Schiedsverfahrens, wie beispielsweise die Voraussetzungen für die Erhebung einer wirksamen Schiedsklage oder die Konstituierung des Schiedsgerichts128. Zwar hält das Schiedsverfahrensrecht eine Regelung betreffend die Notwendigkeit einer wirksamen Schiedsvereinbarung bereit.129 Das in der Zivilprozessordnung normierte deutsche Schiedsverfahrensrecht enthält hingegen keine Bestimmungen über das tatbestandliche Zustandekommen der Schiedsvereinbarung, sodass diesbezüglich neben dem BGB die Anwendung einer anderen Sachrechtsordnung in Betracht kommt. Dementsprechend kann sich das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung nach einer anderen Rechtsordnung bemessen, als die Durchführung des Schiedsverfahrens oder der zugrundeliegende Hauptvertrag130. 

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts Können aus der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung keine Schlussfolgerungen für das anwendbare Recht geschlossen werden und kann sich das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung nach einem anderen Sachrecht als der Hauptvertrag oder der Verfahrensdurchführung beurteilen, ist im Folgenden die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrechts zu klären. Das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung bemisst sich nach dem so genannten Schiedsvereinbarungsstatut.131 Soweit diesbezüglich nicht dem staatsvertraglich geregelten Einheitsrecht maßgebliche Sachnormen zu entnehmen sind, richten sich die materiellen Anforderungen an den wirksamen Abschluss einer Schiedsvereinbarung daher nach dem über das Kollisionsrecht berufenen Sachrecht132. Nach dem maßgeblichen Schiedsvereinbarungsstatut bemessen sich insbesondere allgemeine vertragsrechtliche Fragestellungen, wie das Wirksam-

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Vgl. die Regelungen des Zehnten Buches der ZPO. Zur Abgrenzung des Schiedsverfahrensstatuts zum Statut des Hauptvertrags und der Schiedsvereinbarung Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.187. 129 Vgl. § 1029 ZPO. 130 MüKoZPO / ​Münch, § 1051, Rn. 11 m. w. N. 131 Zum Begriff bereits oben, Einleitung, Fußnote 21. In Einzelfragen können Sonderanknüpfungen geboten sein. Insbesondere die Formgültigkeit von Schiedsvereinbarungen bemisst sich nicht nach dem Schiedsvereinbarungsstatut. Umfassend zu weiteren Sonderanknüpfungen Handorn, Sonderkollisionsrecht, 158 ff. 132 Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.238; vgl. Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 289; Ahrens, Subjektive Reichweite, 32; Jürschik, Ausdehnung der Schiedsvereinbarung, 27. 128

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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werden von Willenserklärungen, deren Auslegung und damit die Feststellung, ob ein wirksamer Willenskonsens vorliegt.133

1. Die objektive Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts Dem Schiedsvereinbarungsstatut ist nach weit überwiegender Auffassung das tatbestandliche Zustandekommen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zwischen den Schiedsparteien und die Auslegung der Schiedsvereinbarung zu entnehmen134. In aller Regel fehlt es an einer Parteivereinbarung über das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut.135 Mangels Rechtswahl ist das Schiedsvereinbarungsstatut objektiv zu bestimmen und das hierfür maßgebliche Kollisionsrecht zu befragen136. Bereits die Bestimmung des maßgeblichen Kollisionsrechts bedarf jedoch einer Klärung.137 Im Folgenden ist daher zunächst das Kollisionsrecht für die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts darzustellen und die in Betracht kommenden Rechtsquellen sind voneinander abzugrenzen. Anschließend ist der Frage nachzugehen, wie mit Regelungslücken des bestehenden Kollisionsrechts umzugehen ist. a) Das Kollisionsrecht der Schiedsvereinbarung aa) Das Genfer Protokoll von 1923 Das Genfer Protokoll138 war das erste multilaterale Abkommen auf dem Gebiet der Handelsschiedsgerichtsbarkeit und ist für Deutschland am 27.12.1924 in Kraft getreten139. Der Geltungsbereich des Genfer Protokolls ist begrenzt, da für die Vertragsstaaten des UN-​Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche140 untereinander das Genfer Protokoll gemäß 133

Epping, Schiedsvereinbarung, 39; Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 480. Vgl. MüKoZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 39 m. w. N. 135 Born, Arbitration I, 491. 136 Kritisch zur Maßgeblichkeit des materiellen Rechts zur Bestimmung einer wirksamen Schiedsvereinbarung und Bindung Dritter an die Schiedsvereinbarung: Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 7.41 ff. Hierzu kritisch insb. Gottwald, Zur Bindung Dritter an internationale Gerichtsstands-​und Schiedsvereinbarungen, 136. 137 Diesbezüglich auf eine unbefriedigende und unübersichtliche Rechtslage hinweisend Born, Arbitration I, 491. 138 Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr vom 24. September 1923, RGBl. 1925 II S. 47. Im Folgenden werden die Regelungen des Genfer Protokolls als „GP“ bezeichnet. 139 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a. Allgemein zum Genfer Protokoll: Greminger, Genfer Abkommen, 1 ff. 140 New Yorker Übereinkommen von 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl 1962 II S. 102. Im Folgenden soll dieses Übereinkommen als 134

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Art. VII Abs. II UN-​Ü außer Kraft getreten ist141. Heute beansprucht das Genfer Protokoll zwischen Deutschland und sechs Staaten142 weiterhin Geltung.143 Hintergrund des Genfer Protokolls war die innerhalb des romanischen Rechtskreises dominierende Gesetzeslage, dass lediglich Schiedsvereinbarungen über bereits entstandene Streitigkeiten abgeschlossen werden konnten.144 Insbesondere in England existierte zur damaligen Zeit eine lange Tradition, Streitigkeiten betreffend Handelssachen besonderen Schiedsgerichten anzuvertrauen.145 Bei zunehmendem Handel wurde die Unzulässigkeit von Schiedsabreden146 für künftige Verträge dementsprechend vermehrt als unbefriedigend empfunden. Das Genfer Protokoll sollte die Mitgliedstaaten daher verpflichten, nicht nur Schiedsabreden über bereits entstandene Streitigkeiten, sondern auch in Verträgen enthaltene Schiedsklauseln, gerichtet auf künftige Streitigkeiten, grundsätzlich anzuerkennen.147 Art. 2 Abs. I GP enthält eine Regelung bezüglich dem auf das Schiedsverfahren und die Zusammensetzung des Schiedsgerichts anwendbaren Recht: „The arbitral procedure, including the constitution of the Arbitral Tribunal, shall be governed by the will of the parties and by the law of the country in whose territory the arbitration takes place.“148

„UN-​Ü bereinkommen“ und die Artikel des Übereinkommens als „UN-​Ü“ bezeichnet werden. Zum Geltungsbereich des UN-​Ü bereinkommens unten Kapitel 1 III. 1. a) cc) (1). 141 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a. 142 Albanien (RGBl. 1925 II S. 47), Bahamas (RGBl. 1931 II S. 535 und BGBl. 1977 II S. 443), Brasilien (RGBl. 1932 II S. 131 und BGBl. 1953 II S. 593), Irak (RGBl. 1926 II S. 791), Myanmar (früher Birma, RGBl. 1938 II S. 879) und Pakistan (RGBl. 1938 II S. 4 und BGBl. 1954 II S. 465). 143 Vor dem 2. Weltkrieg erstreckte sich der Geltungsbereich des Genfer Protokolls auf 27 Mitgliedstaaten Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a. 144 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a; Greminger, Genfer Ab­ kommen, 1 f. 145 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a; Greminger, Genfer Ab­ kommen, 1 f. 146 Als „Schiedsabrede“ wurde eine Schiedsvereinbarung bezeichnet, welche auf eine bereits entstandene Streitigkeit gerichtet ist. Als „Schiedsklausel“ wurde eine Schiedsvereinbarung bezeichnet, welche auf künftige Streitigkeiten gerichtet ist. Diese Unterscheidung kann heute als überholt gelten, vgl. Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a. Die heutige Differenzierung zwischen Schiedsvereinbarung und Schiedsklausel bezeichnet lediglich den Ort ihrer Regelung und damit die Form der Schiedsvereinbarung als Klausel innerhalb eines Vertrags oder als ausgelagerte Vereinbarung (Vgl. § 1032 Abs. II ZPO). Ungeachtet der jeweiligen Form handelt es sich jedoch insbesondere auch einer in Form der Schiedsklausel bestehenden Schiedsvereinbarung um eine vom Hauptvertrag zu trennende, abstrakt wirksame Vereinbarung. Zum Verhältnis zwischen Schiedsvereinbarung und Hauptvertrag oben Kapitel 1 II. 147 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a. 148 Lediglich die englische oder französische Sprachfassung des Genfer Protokolls gelten als amtliche Fassung, sodass hier auf die englische Fassung zurückgegriffen wird. Das Verhältnis zwischen Parteiwille und dem Recht am Schiedsort wird auch im Übrigen nicht näher geregelt. Siehe hierzu Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 1a; Bülow, RIW 1956, 37, 39.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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Aus dieser Regelung wird abgeleitet, dass das Genfer Protokoll davon ausgeht, dass der Hauptvertrag einer anderen Rechtsordnung unterliegen kann als das Schiedsverfahren, beziehungsweise die Schiedsvereinbarung149. Dem Genfer Protokoll lassen sich nach herrschender Auffassung jedoch keine kollisionsrechtlichen Regelungen für die Schiedsvereinbarung entnehmen.150 Die Regelung des Art. 2 Abs. I GP auf das für die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht zu erstrecken steht im Widerspruch zur Entstehungsgeschichte des Genfer Protokolls, da bereits zur Zeit seiner Entstehung vielfältige Auffassungen über kollisionsrechtliche Fragen der Schiedsvereinbarung existierten und diesbezüglich keine Einigung erzielt werden konnte.151 bb) Das Genfer Abkommen von 1927 Nur wenige Jahre nach der Verabschiedung des Genfer Protokolls einigten sich die Staaten des Völkerbundes auf das Genfer Abkommen152 und somit ein weiteres multilaterales Abkommen auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit. Durch das für Deutschland am 26. September 1930 in Kraft getretene Genfer Abkommen verpflichteten sich die Mitgliedstaaten zur Anerkennung ausländischer Schiedssprüche. Wie für das Genfer Protokoll verbleibt heute auch für das Genfer Abkommen nur ein begrenzter Anwendungsbereich, da gemäß Art. VII Abs. II UN-​Ü auch das Genfer Abkommen im Verhältnis der Mitgliedstaaten des UN-​Ü bereinkommens untereinander außer Kraft getreten ist.153 Das Genfer Abkommen gilt für Deutschland von ehemals 24 Mitgliedstaaten heute daher lediglich im Verhältnis zu vier Staaten.154 Anlass für das Genfer Abkommen waren insbesondere die negativen Erfahrungen mit dem Genfer Protokoll, für welches noch keine Einigung über die Anerkennung von Schiedssprüchen erzielt werden konnte.155 Die fehlende Einigung über die Anerkennung von Schiedssprüchen im Genfer Protokoll konnte im Ergebnis jedoch zu Rechtsschutzlücken führen156. Scheiterte beispielsweise die 149

Demnach liege auch dem Genfer Protokoll die Doctrine of Separability zugrunde Born, Arbitration I, 477. 150 Greminger, Genfer Abkommen, 23 m. w. N.; Born, Arbitration I, 493; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 384. 151 Hierzu Greminger, Genfer Abkommen, 22. 152 Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.09.1927, RGBl. 1930 II S. 1068. Die Vorschriften des Genfer Abkommens werden im Folgenden als „GA“ bezeichnet. 153 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 2a. 154 Bahamas (RGBl. 1931 II S. 535 und BGBl. 1977 II S. 444), Malta (BGBl. 1996 II S. 1525), Myanmar (früher Birma, RGBl. 1938 II S. 879), Pakistan (BGBl. 1954 II S. 465) und Anguilla als nicht souveränes Überseegebiet des Vereinigten Königreichs (RGBl. 1930 II S. 1269, RGBl. 1932 II S. 128 und BGBl. 1953 II S. 116). 155 Zur Entstehungsgeschichte Greminger, Genfer Abkommen, 3 ff.; Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 2a. 156 Vgl. Greminger, Genfer Abkommen, 3.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Vollstreckung eines Schiedsspruchs im Ausland mangels Anerkennung im Vollstreckungsstaat, konnte die Partei in diesen Fällen nicht weiter auf die staatlichen Gerichte zurück greifen, um ihre Ansprüche durchzusetzen, da vor staatlichen Gerichten, gestützt auf das Genfer Protokoll, wirksam die Schiedseinrede erhoben werden konnte.157 Art. 1 GA koppelt die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche an die Voraussetzung, dass der Schiedsspruch auf Grundlage einer wirksamen Schiedsvereinbarung ergangen ist. Zum anwendbaren Recht heißt es: „That the award has been made in pursuance of a submission to arbitration which is valid under the law applicable thereto.“158

Demnach wird ein Schiedsspruch lediglich dann anerkannt, wenn gemäß dem für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Recht eine wirksame Schiedsvereinbarung vorgelegen hat. Die Frage, welches Sachrecht auf die Schiedsvereinbarung anzuwenden ist, lässt jedoch auch das Genfer Abkommen offen.159 In dieser Regelung wird zwar ebenfalls ein Anhaltspunkt für die Doctrine of Separability gesehen, weitergehende Folgerungen für das anwendbare Sachrecht lassen sich jedoch auch aus dem Genfer Abkommen nicht ableiten.160 Das Genfer Abkommen überlässt die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts daher letztlich dem Kollisionsrecht des Staates, in dem der Schiedsspruch anerkannt werden soll.161 cc) Das UN-​Übereinkommen von 1958 Die weitergehende positive Entwicklung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit wird insbesondere auf die Verabschiedung des UN-​Ü bereinkommens162 zurückgeführt. Das UN-​Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche163 wird inzwischen als wichtigste Basis für die Schiedsgerichtsbarkeit bezeichnet164. Es trat am 28. September 1961 für Deutschland in Kraft und gilt inzwischen in mehr als 150 Vertragsstaaten.165 157

Greminger, Genfer Abkommen, 3. Lediglich die englische oder französische Sprachfassung des Genfer Protokolls gelten als amtliche Fassung, sodass hier auf die englische Fassung zurückgegriffen wird. 159 Born, Arbitration I, 477; Greminger, Genfer Abkommen, 22; Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 2b; Mezger, RabelsZ 24 (1959), 222, 226. 160 Born, Arbitration I, 493. 161 Berg, The New York Convention, 283; vgl. Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 384. 162 In der Literatur auch als „New York Convention“ bezeichnet. 163 UN-​Ü bereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.06.1958, BGBl 1962 II S. 102. Auch im deutschen Sprachgebrauch als New York Convention bezeichnet. 164 Diesbezüglich wird von einer „explosionsartigen Entwicklung“ der Schiedsgerichtsbarkeit im Anschluss an das UN-​Ü bereinkommen gesprochen, Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 3a. 165 Eine Liste der Vertragsstaaten ist online abrufbar unter: https://treaties.un.org/Pages/ ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XXII-​1&chapter=22&clang=_en (zuletzt geprüft am 30.10.2018). 158

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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(1) Der Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens Gemäß Art. 1 Abs. I S. 1 UN-​Ü ist das UN-​Ü bereinkommen auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen anzuwenden, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen natürlichen oder juristischen Personen in dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates als desjenigen ergangen sind, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird.166 Nach dem Wortlaut des Art. 1 UN-​Ü erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich daher lediglich auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen.167 Hintergrund des UN-​Ü bereinkommens war insbesondere die Revision des Genfer Abkommens von 1927, unter dem in einigen Ländern große Unterschiede bezüglich der Vollstreckungsfähigkeit von inländischen oder ausländischen Schiedssprüchen herrschten.168 Aus diesem Grund kann aus dem Wortlaut des Art. 1 UN-​Ü und der Entstehungsgeschichte des UN-​Ü bereinkommens darauf geschlossen werden, dass sich das Übereinkommen lediglich an den Exequaturrichter richtet und in den Stadien vor dem Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren, wie beispielsweise im Einrede-​oder Feststellungsverfahren, eine Bindung an die Vorschriften des UN-​Ü bereinkommen abzulehnen ist.169 Auch die Regelungen der Zivilprozessordnung bringen zum Ausdruck, dass das UN-​Ü bereinkommen lediglich im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren anzuwenden ist, da gemäß der ausdrücklichen Anordnung des § 1061 Abs. I S. 1 ZPO die Anerkennung-​ und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem UN-​Ü bereinkommen zu bemessen ist.170 Der sachliche Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens erstreckt sich auf die Frage, ob die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs mangels einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu versagen ist. Im Vergleich zum Genfer Abkommen haben die Versagungsgründe eine wesentliche Konkretisierung erfahren.171 Ein Schiedsspruch ist nach Art. 3 UN-​Ü in den Vertragsstaaten des Über 166 Die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen aus Nichtvertragsstaaten ist ein wesentlicher Unterschied und Fortschritt im Vergleich zum Genfer Übereinkommen von 1927, Berg, The New York Convention, 56. Ferner findet das UN-​Ü bereinkommen für Streitigkeiten zwischen zwei inländischen Parteien Anwendung, soweit in diesem Zusammenhang im Ausland ein Schiedsspruch ergeht. Hierzu Berg, The New York Convention, 15. 167 Berg, The New York Convention, 11; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 384. 168 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 3a. 169 Zur Diskussion über die Reichweite des UN-​Ü insbesondere Born, Arbitration I, 494 m. w. N.; vgl. Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 384, die sich jedoch auch vor Erlass eines Schiedsspruchs für die Berücksichtigung der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü aussprechen, da es dem Geist des UN-​Ü entspreche, wenn bei der Auslegung des Art. 2 UN-​Ü die Vorschrift des Art. 5 UN-​Ü mitberücksichtigt werde. Zur Diskussion über die Anwendbarkeit des UN-​Ü in der Phase vor der Anerkennung und Vollstreckung unten Kapitel 1 III. 1. b) aa) (2). 170 Ist über die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs zu entscheiden, finden gemäß § 1025 Abs. IV ZPO die Vorschriften der §§ 1061–1065 ZPO Anwendung. 171 Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 3a.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

einkommens anzuerkennen und zur Vollstreckung zuzulassen, soweit keiner der in Art. 5 UN-​Ü enumerativ aufgeführten Versagungsgründe einschlägig ist. Gemäß Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü ist die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs insbesondere dann zu versagen, wenn zwischen den Parteien keine wirksame Schiedsvereinbarung im Sinne des Art. 2 UN-​Ü abgeschlossen wurde172. Der räumlich-​persönliche Anwendungsbereich ist eröffnet, soweit ein auslän­ discher Schiedsspruch in einem Vertragsstaat des UN-​Übereinkommens anerkannt oder vollstreckt werden soll. Nach dem UN-​Ü bereinkommen ist nicht erforderlich, dass der Schiedsspruch in einem Vertragsstaat ergangen ist.173 Ferner findet das UN-​Ü bereinkommen gemäß Art. 1 Abs. I S. 2 UN-​Ü auf Schiedssprüche Anwendung, die im Anerkennungs-​und Vollstreckungsstaat ergangen sind, dort aber nicht als inländische Schiedssprüche gelten. Gemäß der „Verfahrenstheorie“ bestimmt sich die Nationalität eines Schiedsspruchs daran, nach welcher Verfahrensordnung der Schiedsspruch ergangen ist174. Ergeht ein Schiedsspruch im Anerkennungs-​und Vollstreckungsstaat nach ausländischem Verfahrensrecht, kann die Verfahrenstheorie dazu führen, dass ein Schiedsspruch aus diesem Grund

172 In Art. 2 UN-​Ü enthält das UN-​Ü bereinkommen eine vereinheitlichte Sachnorm, der die Formanforderungen für den Abschluss einer Schiedsvereinbarung zu entnehmen sind. Gemäß Art. 2 Abs. I, II UN-​Ü liegt eine wirksame Schiedsvereinbarung vor, wenn diese von den Parteien unterzeichnet und damit schriftlich abgeschlossen wurde. Lediglich die chinesische, englische, französische, russische und spanische Sprachfassung ist gemäß Art. 16 UN-​Ü verbindlich, sodass hier auf die englische Sprachfassung zurückgegriffen wird. Art. 2 Abs. I UN-​Ü lautet in deutscher Übersetzung: „Jeder Vertragsstaat erkennt eine schriftliche Vereinbarung an, durch die sich die Parteien verpflichten, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, sei es vertraglicher oder nichtvertraglicher Art, bereits entstanden sind oder etwa künftig entstehen, einem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, sofern der Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann.“ Art. 2 Abs. II UN-​Ü beschreibt die Anforderungen an eine schriftliche Schiedsvereinbarung: „Unter einer „schriftlichen Vereinbarung“ ist eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder TeIegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben.“ Nichtamtliche Übersetzung online abrufbar unter: http://www.newyorkconvention. org/11165/web/files/original/1/5/15457.pdf (zuletzt geprüft am 30.10.18). 173 Berg, The New York Convention, 56. Die einzelnen Vertragsstaaten können gemäß Art. 1 Abs. III UN-​Ü erklären, das Übereinkommen nur auf die Anerkennung und Vollstreckung solcher Schiedssprüche anwenden, die in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates ergangen sind. Eine entsprechende Erklärung haben beispielsweise die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich, Singapur, die Niederlande oder Luxemburg abgegeben. Eine vollständige Liste der Vertragsstaaten, die eine Erklärung nach Art. 1 Abs. III UN-​Ü abgegeben haben ist online abrufbar unter: https://treaties.un.org/Pages/ ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XXII-​1&chapter=22&clang=_en (zuletzt geprüft am 30.10.18). Nach dem Genfer Abkommen war noch erforderlich, dass sowohl die Parteien als auch der Schiedsspruch einem Vertragsstaat entstammen. Das UN-​Ü bereinkommen verfügt aus diesem Grund im Vergleich zum Genfer Abkommen über einen erweiterten Anwendungsbereich. Hierzu Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 3a. 174 MüKoZPO / ​Münch, § 1061, Rn. 7.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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nicht nach dem inländischen Recht vollstreckt werden kann.175 Darüber hinaus ist der Schiedsspruch in diesem Fall nicht in einem anderen Staat ergangen, sodass der Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens nach Art. 1 Abs. I S. 1 UN-​Ü ebenfalls nicht eröffnet ist. Sinn und Zweck der Regelung des Art. 1 Abs. I S. 2 ist daher, dass das UN-​Ü bereinkommen bei Geltung der Verfahrenstheorie auch auf inländische Schiedssprüche zur Anwendung kommt und so die Anerkennung und Vollstreckung ermöglicht wird.176 Die Verfahrenstheorie wurde in Deutschland bis zur Reform des Schiedsverfahrensrechts von der Rechtsprechung vertreten.177 Seit Geltung des § 1025 Abs. I ZPO herrscht jedoch das Territorialitätsprinzip, das die Nationalität eines Schiedsspruchs nach dem Kriterium des Schiedsortes bestimmt.178 Aus diesem Grund ist die Regelung des Art. 1 Abs. I S. 2 UN-​Ü im Geltungsbereich des deutschen Schiedsverfahrensrechts inzwischen obsolet.179 (2) Die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü Das UN-​Ü bereinkommen adressiert das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht ausdrücklicher als seine Vorgänger.180 Das UN-​Ü enthält in seinem Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü eine Kollisionsnorm zur Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung anzuwendenden Rechts: „Recognition and Enforcement of the award may be refused, […] if […] the said agreement is not valid under the law to which the parties have subjected it or, failing any indication thereon, under the law of the country where the award was made […]“.181

Gemäß Art. 5 Abs. I lit. a Var. 1 UN-​Ü ist die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung demnach primär nach dem Sachrecht zu beurteilen, dessen Anwendung

175

MüKoZPO / ​Münch, § 1061, Rn. 7. Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.215. 177 Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.215. 178 MüKoZPO / ​Münch, § 1061, Rn. 7. 179 MüKoZPO / ​Münch, § 1061, Rn. 7; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.215 m. w. N. 180 Born, Arbitration I, 477. 181 Lediglich die chinesische, englische, französische, russische und spanische Sprachfassung ist gemäß Art. 16 UN-​Ü verbindlich, sodass hier auf die englische Sprachfassung zurückgegriffen wird. Die Vorschrift lautet in deutscher Übersetzung: „Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches darf auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, nur versagt werden, wenn diese Partei der zuständigen Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, den Beweis erbringt, a) daß die Parteien, die eine Vereinbarung im Sinne des Artikels II geschlossen haben, nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, in irgendeiner Hinsicht hierzu nicht fähig waren, oder daß die Vereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, ungültig ist […]“. Nichtamtliche Übersetzung online abrufbar unter: http://www. new​york​convention.org/11165/web/files/original/1/5/15457.pdf (zuletzt überprüft am 30.10.18). 176

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

die Parteien mittels einer Rechtswahl vorgesehen haben.182 Liegt keine Rechtswahl der Parteien vor, ist gemäß Art. 5 Abs. I lit. a Var. 2 UN-​Ü das Sachrecht der Rechtsordnung zur Anwendung zu bringen, in der der Schiedsspruch ergangen ist.183 Der Schiedsspruch ergeht an dem Ort, den die Parteien als Schiedsort, beziehungsweise als „Sitz des Schiedsgerichts“, bestimmt haben.184 Mangels Rechtswahl beruft die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü daher letztlich das Sachrecht der Rechtsordnung zur Anwendung, in deren Geltungsbereich der Schiedsort belegen ist.185 Ihrem Wortlaut nach findet die Kollisionsnorm des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü ausschließlich im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren Anwendung, da ein bereits ergangener Schiedsspruch vorausgesetzt wird.186 Deutlich wird dies nicht nur in der Formulierung, dass die Anerkennung-​und Vollstreckung versagt werden kann, sondern auch im Wortlaut des Anknüpfungsmoments, das an das Recht des Landes anknüpft, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Auch die systematische Stellung des Art. 5 UN-​Ü beschränkt die Anwendung der darin enthaltenen Kollisionsregel auf das Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren, da gemäß Art. 3 UN-​Ü187 die Vertragsstaaten einen Schiedsspruch anzuerkennen haben, soweit die Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel gegeben sind.188 dd) Das europäische Übereinkommen von 1961 Um den Einfluss staatlicher Gerichte auf das Schiedsverfahren zu vermeiden und einzelne Fragen betreffend das Schiedsverfahren oder die Konstituierung des Schiedsgerichts festzulegen, regte die Wirtschaftskommission für Europa der 182

Das über die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü bestimmte Sachrecht entscheidet insbesondere über das Zustandekommen und die materielle Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Bezüglich der Form von Schiedsvereinbarungen enthält das UN-​Ü hingegen in Art. 2 UN-​Ü vereinheitlichtes Sachrecht, sodass Formfragen nicht vom Schiedsvereinbarungsstatut erfasst werden. Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.266. 183 Berg, The New York Convention, 282. 184 Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.215. Zur Bestimmung des Schiedsortes im Sinne des Art. 5 UN-​Ü Epping, Schiedsvereinbarung, 18 m. w. N. 185 In diesem Sinne die wohl allgemeine Auffassung, Born, Arbitration I, 499 m. w. N. 186 Niedermaier, Schiedsvereinbarungen in Ungleichgewichtslagen, 27; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 384. 187 Art. 3 Abs. I UN-​Ü: „Each Contracting State shall recognize arbitral awards as binding and enforce them in accordance with the rules of procedure of the territory where the award is relied upon, under the conditions laid down in the following artiles“. In deutscher Übersetzung lautet Art. 3 Abs. I UN-​Ü: „Jeder Vertragsstaat erkennt Schiedssprüche als wirksam an und lässt sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zu, sofern die in den folgenden Artikel festgelegten Voraussetzungen gegeben sind“. 188 Niedermaier, Schiedsvereinbarungen in Ungleichgewichtslagen, 27. Zur Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung außerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens unten Kapitel 1 III. 1. b) aa) (2).

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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Vereinten Nationen eine Ergänzung des UN-​Ü bereinkommens an.189 Angetrieben durch den Ost-​West-​Konflikt sollten neben der Anerkennung und Vollstreckung weitere Fragen betreffend das Schiedsverfahren durch ein internationales Ab­kommen entschieden werden, und es kam am 21.04.1961 zur Verabschiedung des Europäischen Übereinkommens (EU-​Ü)190, welches für Deutschland am 25.02.1965 in Kraft getreten ist191. (1) Der Anwendungsbereich des EU-​Ü Gemäß Art. 1 Abs. I EU-​Ü findet das Übereinkommen Anwendung auf Schiedsvereinbarungen, die zum Zwecke der Regelung von bereits entstandenen oder künftig entstehenden Streitigkeiten aus internationalen Handelsgeschäften zwischen natürlichen oder juristischen Personen geschlossen werden, sofern diese bei Abschluss der Vereinbarung ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben.192 Das EU-​Ü enthält Regelungen hinsichtlich der Organisation und Durchführung des Schiedsverfahrens und den Anforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung. Der sachliche Anwendungsbereich des EU-​Ü ist daher bereits vor Erlass eines Schiedsspruchs, wie beispielsweise im Rahmen eines Einredeverfahrens eröffnet193. Ferner umfasst der sachliche Anwendungsbereich des EU-​Ü gemäß Art. 1 Abs. I lit. b EU-​Ü auch Schiedssprüche, sodass die Regelungen des EU-​Ü grundsätzlich auch im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren anzuwenden sind.194 Das EU-​Ü verfügt über einen geringeren räumlich-​persönlichen Anwendungsbereich als das UN-​Ü bereinkommen.195 Das EU-​Ü setzt voraus, dass eine Schiedsvereinbarung zwischen Parteien aus unterschiedlichen Vertragsstaaten des Überein 189

Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 4b. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.04.1961, BGBl. 1964 II S. 425. Die Vorschriften des Europäischen Übereinkommens werden im Folgenden als „EU-​Ü“ bezeichnet. BGBl. 1965 II S. 107. Zur Wirkung gegenüber dem Land Berlin sowie dem Ost-​West-​Konflikt siehe insbesondere Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 4b. 191 Berg, The New York Convention, 94. 192 Lediglich die englische, russische oder französische Sprachfassung des EU-​Ü bereinkommens gelten als amtliche Fassung. Die englische Sprachfassung des Art. 1 Nr. 1 EU-​Ü lautet: „This Convention shall apply: (a) to arbitration agreements concluded for the purpose of settling disputes arising from international trade between physical or legal persons having, when concluding the agreement, their habitual place of residence or their seat in different Contracting States […]“. 193 Berg, The New York Convention, 94. Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Regelungen hat das EU-​Ü jedoch keine große Bedeutung erlangt, da die Parteien diesbezüglich in der Regel eine Parteivereinbarung treffen. Hierzu Geimer / ​Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Rn. 4 C I 4b. 194 Zur Überschneidung des sachlichen Anwendungsbereichs von EU-​Ü und UN-​Ü umfassend Berg, The New York Convention, 92 ff. 195 Vgl. Berg, The New York Convention, 94. 190

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

kommens zu beurteilen ist.196 Das UN-​Ü bereinkommen lässt es hingegen genügen, dass die Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs in einem Vertragsstaat des UN-​Ü bereinkommens angestrebt wird, sodass nicht vorausgesetzt wird, dass der Schiedsspruch in einem anderen Vertragsstaat ergangen ist.197 Darüber hinaus wurde das EU-​Ü von weitaus weniger Vertragsstaaten als das UN-​Ü bereinkommen ratifiziert.198 Trotz dieser Unterschiede sind jedoch Fälle denkbar, in denen lediglich der räumlich-​persönliche Anwendungsbereich des EU-​Ü eröffnet ist und das UN-​Ü bereinkommen nicht zur Anwendung gelangt.199 Hat beispielsweise ein deutsches Gericht nach § 1059 ZPO darüber zu entscheiden, ob ein inländischer Schiedsspruch zwischen einer deutschen und einer italienischen Schiedspartei aufzuheben ist, findet vorrangig zu § 1059 Abs. II Nr. 1 lit.  a ZPO200 die Kollisionsregel des Art. 6 Abs. II EU-​Ü201 Anwendung202. Der sachliche Anwendungsbereich des EU-​Ü ist eröffnet, da das Übereinkommen gemäß Art. 1 Abs. 1 EU-​Ü auf Schiedsvereinbarungen in internationalen Handelsgeschäften anzuwenden ist. Auch der räumlich-​persönliche Anwendungsbereich des EU-​Ü ist eröffnet, da die Schiedsparteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Vertragsstaaten des EU-​Ü haben. Da es sich um einen inländischen Schiedsspruch handelt, ist der räumlich-​persönliche Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens hingegen nicht eröffnet.203 Letztlich ist das Schiedsvereinbarungsstatut in diesem Fall daher über das EU-​Ü zu bestimmen. (2) Die Kollisionsregel des Art. 6 Abs. II EU-​Ü Das europäische Übereinkommen enthält in seinem Art. 6 Abs. II EU-​Ü eine Kollisionsregel zur Bestimmung des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts: „In taking a decision concerning the existence or the validity of an arbitration agreement, courts […] shall examine the validity of such agreement […] a) under the law to which the parties have subjected their arbitration agreement; b) failing any indication thereon, under the law of the country in which the award is to be made

196

Zu den Hintergründen dieser Regelung Berg, The New York Convention, 94. Hierzu umfassend Berg, The New York Convention, 56 ff. 198 Das EU-​Ü wurde lediglich von rund 30 Staaten ratifiziert. Eine Liste der Vertragsstaaten des EU-​Ü ist online abrufbar unter: https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx​ ?src=TREATY&mtdsg_no=XXII-​2&chapter=22&clang=_en (zuletzt geprüft am 30.10.18). 199 So bereits Berg, The New York Convention, 96. 200 Zur Kollisionsregel des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO unten Kapitel 1 III. 1. a) ff) (1) (c). 201 Zur Kollisionsregel des Art. 6 Abs. II EU-​Ü unten Kapitel 1 III. 1. a) dd) (2). 202 Angelehnt an OLG Hamburg, Urt. v. 22.09.1978, 14 U 76/77 = RIW 1979, 482–486. 203 Handelt es sich sowohl nach dem Territorialitätsprinzip als auch nach dem Verfahrensprinzip um einen inländischen Schiedsspruch, führt auch die Regelung des Art. 1 Abs. I S. 2 UN-​Ü zu keinem anderen Ergebnis. 197

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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c) failing any indication as to the law to which the parties have subjected the agreement and where at the time when the question is raised in court the country in which the award is to be made cannot be determined, under the competent law by virtue of the rules of conflict of the court seized of the dispute. […]“

Nach dem EU-​Ü bereinkommen ist primär eine Rechtswahl der Parteien maßgeblich. Fehlt es an einer Rechtswahl, ist gemäß Art. 6 Abs. II lit.  b EU-​Ü das Sachrecht der Rechtsordnung anzuwenden, in der der Schiedsspruch ergehen soll. Der Schiedsspruch ergeht regelmäßig am Schiedsort, sodass das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung dem am Schiedsort geltenden Sachrecht zu entnehmen ist.204 In Übereinstimmung zu Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü knüpft die Kollisionsnorm des Art. 6 Abs. II lit. b EU-​Ü daher ebenfalls an den Schiedsort an.205 Im Wesentlichen entsprechen die in den Buchstaben  a und  b enthaltenen Kollisionsregeln des Art. 6 Abs. II EU-​Ü daher der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü.206 Die Kollisionsregel des Buchstaben c dient als Auffangklausel, sofern das anwendbare Recht nicht über die Buchstaben a und b ermittelt werden kann207. Gemäß der Regelung des Art. 6 Abs. II lit. c EU-​Ü ist das für die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht anhand des Kollisionsrechts derjenigen Rechtsordnung zu bestimmen, der das entscheidende Gericht angehört. Hilfsweise kommt demnach das Kollisionsrecht der lex fori zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zur Anwendung.208 (3) Das Verhältnis zum UN-​Ü bereinkommen Es hat sich gezeigt, dass der sachliche Anwendungsbereich des EU-​Ü neben dem Einredeverfahren auch im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren eröffnet ist und Art. 6 EU-​Ü eine Kollisionsnorm zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts enthält. Hat ein Gericht im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu entscheiden, stellt daher sowohl das EU-​Ü, als auch das UN-​Ü bereinkommen entsprechende Kolli-

204 So im Ergebnis der Bundesgerichtshof, der aus der Vereinbarung eines Schiedsgerichtsstands in Paris auf die Maßgeblichkeit des französischen Rechts geschlossen hat: „Denn die Anwendung französischen Rechts ergibt sich jedenfalls aus Art. 6 II 1 lit. b IntSchG [hier als EU-​Ü bezeichnet], wonach mangels einer Bestimmung der Parteien das Recht des Staates maßgebend ist, in dem der Schiedsspruch ergehen soll. Das ist hier das französische Recht, da in Art. 21 das Protocole d’ Accord Paris als Schiedsgerichtsstand vereinbart worden ist“, Bundesgerichtshof, Urt. v. 20.03.1980, III ZR 151/79, Rn. 27 = BGHZ 77, 32–35. 205 In der englischen Sprachfassung des EU-​Ü lautet die Formulierung „is to be made“. Im Vergleich hierzu in Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü: „was made“. 206 Born, Arbitration I, 501, Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.276. 207 Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.245, m. w. N. 208 Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.245; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 383.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

sionsnormen bereit. Aus diesem Grund können sich Abgrenzungsprobleme zwischen den Kollisionsnormen des UN-​Ü bereinkommens und des EU-​Ü ergeben.209 In Deutschland ist das UN-​Ü bereinkommen zeitlich vor dem EU-​Ü in Kraft getreten210. Die Rechtsprechung und wohl herrschende Auffassung in der Literatur bringen aus diesem Grund vorrangig das EU-​Ü zur Anwendung.211 Zur Begründung wird auf den Grundsatz lex posterior derogat legi priori verwiesen, nach dem das zeitlich später in Kraft getretene Gesetz Vorrang genießt.212 Ist das EU-​Ü grundsätzlich vorrangig zum UN-​Ü bereinkommen anzuwenden, sind die Konkurrenzen zu anderen Bi-​oder Multilateralen Abkommen nach den Schlussbestimmungen des EU-​Ü zu beurteilen. Diesbezüglich enthält Art. 10 Abs. VII EU-​Ü eine Öffnungsklausel: „The provisions […] shall not affect the validity of […] agreements entered into by Contracting States.“213

Ist neben dem EU-​Ü der Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens eröffnet und enthalten beide Abkommen miteinander kollidierende Regelungen, sind aufgrund der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. VII EU-​Ü die Bestimmungen des UN-​Ü bereinkommen vorrangig anzuwenden214. Lediglich soweit die Kollisionsnormen des EU-​Ü mit den Kollisionsnormen des UN-​Ü bereinkommens kolli 209

Hierzu: Moller, EWS 1996, 297, 297; MüKoZPO / ​Adolphsen, Anhang zu § 1061, UNÜ Art. VII Rn. 6 ff. 210 In Deutschland ist das UN-​Ü bereinkommen am 28.09.1961 und das EU-​Ü am 25.02.1965 in Kraft getreten. 211 Bundesgerichtshof, Urt. v. 25.05.1970, VII ZR 157/68 = WM Nr. 34, 22.08.1970, 1050, 1051; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 379; MüKoZPO / ​Adolphsen, Anhang zu § 1061, UNÜ Art. VII Rn. 8; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.233; Wackenruth, ZZP 1986, 445, 450; Haas, IPRax 1993, 382, 383. Kritisch zum Vorrang des EU-​Ü wegen des Grundsatzes lex posterior derogat legi priori Moller, EWS 1996, 297, 297; Manjoros, RabelsZ 46 (1982), 84, 102. 212 Haas, IPRax 1993, 382, 383 m. w. N. 213 Lediglich die englische, russische oder französische Sprachfassung des EU-​Ü bereinkommens gelten als amtliche Fassung. Die deutsche Übersetzung des Art. 10 Abs. VII lautet: „Die Bestimmungen dieses Übereinkommens lassen die Gültigkeit mehrseitiger oder zweiseitiger Verträge, welche die Vertragsstaaten auf dem Gebiete der Schiedsgerichtsbarkeit geschlossen haben oder noch schließen werden, unberührt“. Während die englische Sprachfassung lediglich den Vorrang bereits geschlossener Verträge vorsieht, sieht die französische Sprachfassung hingegen auch den Vorrang künftiger Verträge im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit vor. Die französische Sprachfassung des Art. 10 Abs. VII EU-​Ü lautet: „Les dispositions […]ne portent pas atteinte à la validité des accords […] conclus ou á conclure par des Étas contractants […]“. Die französische Sprachfassung führt im Vergleich zur englischen Sprachfassung daher zu geringeren Belastungen der Vertragsstaaten, sodass nach Maßgabe der französischen Sprachfassung in Übereinstimmung zur deutschen Übersetzung auch künftige Verträge durch das EU-​Ü unberührt bleiben. Hierzu Moller, EWS 1996, 297, 298. Umfassend zur Auslegung völkerrechtlicher Verträge und zum Vorrang derjenigen Sprachfassung, die zu geringeren Belastungen der Vertragsstaaten führt Hilf, Auslegung mehrsprachiger Verträge, 20 ff. 214 Moller, EWS 1996, 297, 300. Im Ergebnis wohl auch MüKoZPO / ​Adolphsen, Anhang zu § 1061, UNÜ Art. VII Rn. 10.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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dieren, sind aufgrund der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. VII EU-​Ü daher die Kollisionsnormen des UN-​Ü bereinkommens zur Anwendung zu bringen215. Eine entsprechende Normenkollision liegt für die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü und den Kollisionsregeln des Art. 6 Abs. II lit. a und b EU-​Ü vor.216 Diese Normenkollision ist daher dahingehend aufzulösen, dass die Kollisionsnormen des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü zur Anwendung gebracht werden.217 Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren die Kollisionsnorm des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü vorrangig vor den Kollisionsnormen des Art. 6 Abs. II lit. a und b EU-​Ü anzuwenden sind. Hinsichtlich der Auffangklausel des Art. 6 Abs. II lit. c EU-​Ü liegt hingegen keine Normenkollision vor, da das UN-​Ü bereinkommen keine entsprechende Auffangklausel enthält. Die Auffangklausel des EU-​Ü kommt insbesondere im Einredeverfahren zur Geltung, da vor Erlass eines Schiedsspruchs die Bestimmung des Schiedsortes fehlschlagen kann. Der Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens beschränkt sich jedoch auf das Anerkennungs-​und Vollstreckungs­verfahren und setzt demnach voraus, dass bereits ein Schiedsspruch ergangen ist218. Ist bereits ein Schiedsspruch ergangen, kann der Schiedsort im absoluten Regelfall bestimmt werden und das Fehlen einer entsprechenden Auffangklausel innerhalb des UN-​ Übereinkommens bereitet demnach keine Schwierigkeiten219. ee) Die Rom I-​Verordnung Bis zum Inkrafttreten der Rom I-​VO220 wurde das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht über die Artt. 27 bis 37 EGBGB a. F. bestimmt. Die Regelungen des EGBGB basierten wesentlich auf der Umsetzung des Römischen EWG-​Ü bereinkommens.221 Vom Anwendungsbereich des EVÜ waren Schieds-​ und Gerichtsstandsvereinbarungen gemäß Art. 1 Abs. II lit. d EVÜ ausgeschlossen. Auf eine ausdrückliche Bereichsausschlussklausel wurde jedoch im Rahmen 215

Vgl. Moller, EWS 1996, 297, 300. Zur wesentlichen Übereinstimmung der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü zu Art. 6 Abs. II lit. a und b EU-​Ü oben Kapitel 1 III. 1. a) dd) (2). 217 Da die betreffenden Kollisionsnormen im Wesentlichen übereinstimmen, führt der Vorrang des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü praktisch zu selben Ergebnissen. 218 Zum sachlichen Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens oben Kapitel 1 III. 1. a)  cc) (1). 219 Für den Fall, dass das anwendbare Recht nicht über Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü bestimmt werden kann, ist mangels Normenkollision die Auffangklausel des Art. 6 Abs. II lit. c EU-​Ü ergänzend zur Anwendung zu bringen. Zur Ergänzungsfunktion des EU-​Ü im Verhältnis zum UN-​Ü bereinkommen Berg, The New York Convention, 96. 220 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), Amtsblatt EU Nr. L 177 vom 4.7.2008, S. 6, ber. Amtsblatt Nr. L 309 vom 24.11.2009, S. 87. 221 Römisches EWG-​Ü bereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ) vom 19.06.1980, BGBl 1986 II, S. 810. Im Folgenden „EVÜ“. 216

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

der Inkorporation der Regelungen des EVÜ in das EGBGB verzichtet. Vor diesem Hintergrund wurde das Schiedsvereinbarungsstatut über die autonomen Kollisionsregeln der Artt. 27 ff. EGBGB bestimmt.222 Die Regelungen der Artt. 27 ff. EGBGB wurden jedoch durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts223 im Jahr 2009 aufgehoben und durch die Regelungen der Rom I-​VO ersetzt, die gemäß Art. 288 Abs. II AEUV224 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbare Wirkung entfalten. Gemäß der Bereichsausschlussklausel des Art. 1 Abs. II lit. e Rom I-​VO wird die Schiedsvereinbarung aus dem Anwendungsbereich der Rom I-​VO ausgeschlossen. Aus diesem Grund wird in der Literatur mit Recht vorgebracht, die unmittelbare Anwendung der Rom I-​VO zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts sei contra legem.225 Auch die Rechtsprechung lehnt eine unmittelbare Anwendung der Rom I-​VO zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts unter Verweis auf die Bereichsausschlussklausel des Art. 1 Abs. II lit. e Rom I-​VO ab.226 Insbesondere eine teleologische Reduktion der Bereichsausschlussklausel oder deren restriktive Auslegung kann die unmittelbare Anwendung der Rom I-​VO nicht rechtfertigen.227 Die Bereichsausschlussklausel des Art. 1 Abs. II lit. e Rom I-​VO begründet der Kommissionsvorschlag dahingehend, dass das Recht der Schiedsvereinbarung auf internationaler Ebene bereits hinreichend geregelt sei.228 Da die Begründung des Kommissionsvorschlags diesbezüglich ausdrücklich auf das Grünbuch verweist, sind die darin enthaltenen Stellungnahmen heranzuziehen, um die hinter der Ausschlussklausel stehenden Erwägungen des Europäischen Gesetzgebers hinreichend deuten zu können. Das Grünbuch beantwortet die Frage, ob

222

So die wohl herrschende Auffassung zur alten Rechtslage, der sich auch der Bundesgerichtshof angeschlossen hatte. Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.06.2010, XI ZR 349/08, Rn. 30 = IPRax 2011, 499, 502; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 75 m. w. N. Vereinzelt wird eine entsprechende Anwendung der Regelungen des EGBGB a. F. auch nach Inkrafttreten der Rom I-​VO für die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts angenommen. In diesem Sinne Schack, IZVR, Rn. 1331. 223 Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 25.06.2009, BGBl. 2009 I S. 1574. 224 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – Vertrag von Lissabon – in Kraft getreten am 01.12.2009. 225 König, SchiedsVZ 2012, 129, 131. Ebenfalls kritisch Born, Arbitration I, 503; Schmidt-​ Ahrendts / ​Höttler, SchiedsVZ 2011, 267, 272 f. 226 Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.05.2014, III ZR 371/12 = SchiedsVZ 2014, 151, 153; OLG Hamm, Urt. v. 09.07.2013, 21 U 16/13 = SchiedsVZ 2014, 38, 41. 227 Für einen weitgehenden Ausschluss insb. Pfeiffer EuZW 08, 622, 623. A. A. Mankowski, RIW 2011, 30 ff.; HK-​BGB / ​Staudinger, Rom I Art. 1, Rn. 9. 228 Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), 15.12.2005, KOM(2005) 650, 2005/0261 (COD), Seite 5: „In Buchstabe e wird der Ausschluss von Schieds-​und Gerichtsstandsvereinbarungen bestätigt, da, wie auch in den Grünbuchbeiträgen mehrheitlich festgestellt wurde, erstere auf internationaler Ebene bereits zufrieden stellend geregelt sind“.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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die Anwendung der Kollisionsnormen auf Schiedsvereinbarungen für zweckmäßig gehalten werden, wie folgt: „Der Ausschluss von Schiedsvereinbarungen fällt wegen der großen Zahl diesbezüglicher Übereinkommen möglicherweise weniger ins Gewicht, doch betreffen diese Übereinkommen häufiger die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen als das auf Schiedsvereinbarungen selbst anwendbare Recht“229.

Trotz des Hinweises, dass die Anerkennung und Vollstreckung im Vergleich zu dem auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Recht häufiger eine Regelung erfahren haben, spiegelt sich diese Differenzierung nicht im Kommissionsvorschlag wieder. Der Kommissionsvorschlag ist somit dahingehend zu deuten, dass aus Sicht des Unionsgesetzgebers die bestehenden Übereinkommen die Anerkennung und Vollstreckung, einschließlich des auf Schiedsvereinbarungen anzuwendenden Rechts bereits hinreichend Regeln. Neben dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 1 Abs. II lit. e Rom I-​VO zeigt daher auch die Entstehungsgeschichte, dass es dem Willen des Unionsgesetzgebers entspricht, dass die Rom I-​VO nicht für die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zur Anwendung zu bringen ist.230 Damit bleibt für eine teleologische Reduktion oder restriktive Auslegung des Art. 1 Abs. II lit. e Rom I-​VO kein Raum und die unmittelbare Anwendung der Rom I-​VO lässt sich aus diesen Gründen nicht rechtfertigen.231 ff) Das autonome Kollisionsrecht (1) Die Zivilprozessordnung Die Vorschriften der Zivilprozessordnung sind gemäß § 1025 Abs. I ZPO zur Anwendung zu bringen, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland belegen ist. Die Vorschriften der ZPO kommen daher grundsätzlich nur bei einem deutschen Schiedsort zur Anwendung232. Ist bereits ein Schiedsspruch ergangen, kann durch staatliche Gerichte darüber zu entscheiden sein, ob 229

Grünbuch über die Umwandlung des Übereinkommens von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in ein Gemeinschaftsinstrument sowie über seine Aktualisierung, 14.01.2003, KOM(2002) 654, Seite 25, Frage 6. Der Wortlaut dieses Grünbuchbeitrages legt nahe, dass der Unionsgesetzgeber zwischen Regelungen differenziert, die einerseits die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen und andererseits das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht betreffen. 230 Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 475; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.250. 231 Zur Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung der Kollisionsregeln der Rom I-​VO unten Kapitel 1 III. 1. b) aa) (1). 232 In Einzelbereichen werden die Vorschriften der ZPO auch für ausländische Schieds­ verfahren für Anwendbar erklärt. So sind gemäß § 1025 Abs. IV ZPO für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche die §§ 1061–1065 ZPO zur Anwendung zu bringen.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

der Schiedsspruch aufzuheben233 oder die Vollstreckung des Schiedsspruchs234 zu versagen ist. Diesbezüglich unterscheidet die ZPO danach, ob es sich um einen inländischen oder einen ausländischen Schiedsspruch handelt und hält unterschiedliche Regelungen bereit. (a) Ausländische Schiedssprüche Soll ein ausländischer Schiedsspruch in Deutschland vollstreckt werden, hat gemäß § 1062 Abs. II Nr. 4 ZPO das Oberlandesgericht über die Vollstreckbarerklärung235 zu entscheiden236. Die Nationalität eines Schiedsspruchs bemisst sich nach dem Schiedsort.237 Wie bereits gezeigt, bemisst sich die Anerkennung-​und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach § 1061 Abs. I S. 1 ZPO i. V. m. dem UN-​Übereinkommen.238 Gemäß Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü ist die Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruchs und dessen Vollstreckbarkeit zu versagen, soweit die Partei, gegen die der Schiedsspruch gerichtet ist, sich nicht der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unterworfen hat. Demnach kann das angerufene Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 1061 Abs. I S. 1 i. V. m. Artt. 5 Abs. I lit. a, 2 UN-​Ü darüber zu entscheiden haben, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung zustande gekommen ist. Haben deutsche Gerichte über die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs zu entscheiden, ist demnach die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü zur Anwendung zu bringen239. (b) Inländische Schiedssprüche Bei inländischen Schiedssprüchen ist der Schiedsort in Deutschland belegen, sodass gemäß § 1025 Abs. I ZPO die Vorschriften des Zehnten Buchs der ZPO anzuwenden sind. Insbesondere die Vorschriften des UN-​Ü bereinkommens finden auf inländische Schiedssprüche keine Anwendung, da der räumlich-​persönliche Anwendungsbereich des Übereinkommens nicht eröffnet ist.240

233

Vergleiche hierzu die Regelungen der §§ 1059, 1062 Abs. I Nr. 4, II ZPO. Vergleiche hierzu die Regelungen der §§ 1060, 1061, 1062 Abs. I Nr. 4, II ZPO. 235 Auch kann über die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung zu entscheiden sein. Vergleiche hierzu die §§ 1061 Abs. III, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. 236 Da das in § 1059 ZPO vorgesehene Aufhebungsverfahren von § 1025 Abs. II ZPO bei einem ausländischen Schiedsort nicht vorgesehen ist, haben deutsche Gerichte nicht über die Aufhebung eines ausländischen Schiedsspruchs zu entscheiden. 237 Schütze, Schiedsverfahren, 164. 238 Zum Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens oben Kapitel 1 III. 1. a) cc) (1). 239 Zur Kollisionsregel des Art. 5 UN-​Ü oben Kapitel 1 III. 1. a) cc) (2). 240 Zum räumlich-​persönlichen Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens oben Kapitel 1 III. 1. a) cc) (1). Haben die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz nicht in verschiedenen Vertragsstaaten des EU-​Ü, ist darüber hinaus auch der räumlich-​persönliche 234

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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Gemäß den §§ 1059, 1062 I Nr. 4 ZPO kann vor dem Oberlandesgericht die Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs beantragt werden. Das über den Aufhebungsantrag entscheidende Gericht hat den Schiedsspruch gemäß § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO aufzuheben, wenn zwischen den Parteien keine wirksame Schiedsvereinbarung bestanden hat241. Neben der Aufhebung von Schiedssprüchen hat das Oberlandesgericht gemäß den §§ 1062 Abs. II Nr. 4, 1060 ZPO über die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs zu entscheiden. Gemäß § 1060 Abs. I S. 1 ZPO ist ein inländischer Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, soweit kein in § 1059 Abs. II ZPO genannter Aufhebungsgrund vorliegt. Demnach bemisst sich im Aufhebungs-​, Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren inländischer Schiedssprüche die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung nach § 1059 Abs. II ZPO. (c) Die Kollisionsregel des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO Die vorangegangene Darstellung hat gezeigt, dass die ZPO grundsätzlich nur für inländische Schiedsverfahren zur Anwendung kommt und sich die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung für Entscheidungen betreffend einen inländischen Schiedsspruch nach § 1059 Abs. II ZPO bemisst. Daher findet § 1059 ZPO ausschließlich auf inländische Schiedssprüche Anwendung. Die Regelung des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO enthält eine Kollisionsnorm zur Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts: „Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden, wenn […] eine Schiedsvereinbarung […] nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben oder falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem deutschen Recht ungültig ist.“

Gemäß § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO ist demnach primär das von den Parteien gewählte Sachrecht und mangels Rechtswahl das deutsche Sachrecht auf das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung anzuwenden242. Die Kollisionnorm des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO entspricht trotz der objektiven Anknüpfung an das deutsche Sachrecht auf Rechtsfolgenseite der Kollisionsnorm des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü243. Nach dem UN-​Ü bereinkommen wird mangels Rechtswahl das am Schiedsort geltende Sachrecht zur Anwendung berufen. Auch § 1059 Abs. II Nr. 1 Anwendungsbereich des EU-​Ü nicht eröffnet. Zur Maßgeblichkeit des EU-​Ü für inländische Schiedssprüche oben Kapitel 1 III. 1. a) dd) (1). 241 Zur Prüfung der Schiedsvereinbarung unten Kapitel 3 I. 242 Zum Anwendungsbereich und dem Verhältnis zum ML und UN-​Ü: Stein / ​Jonas / ​Schlosser, Anhang zu § 1061, Rn. 155 ff.; Wieczorek / ​Schütze / ​Schütze, § 1029, Rn. 2 m. w. N. 243 Vgl. Wieczorek / ​Schütze / ​Schütze, § 1059, Rn. 2. Ebenso wohl auch Gottwald, der aufgrund der Kollisionsregeln des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO und Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü darauf schließt, dass mangels Rechtswahl das Recht am gewählten Schiedsort über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheide, Gottwald, Zur Bindung Dritter an internationale Gerichtsstands-​und Schiedsvereinbarungen, 132 m. w. N.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

lit. a ZPO beruft mangels Rechtswahl das am Schiedsort geltende Sachrecht244. Die im Wortlaut der Vorschrift angeordnete Maßgeblichkeit des deutschen Sachrechts erklärt sich daraus, dass die Kollisionsnorm des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO ausschließlich bei einem in Deutschland belegenen Schiedsort Anwendung findet.245 (2) Exkurs: Das englische common law Auch das englische Recht folgt dem Grundsatz, dass sich das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung nach einem anderen Recht als der Hauptvertrag beurteilen kann.246 Es entspricht der wohl herrschenden Auffassung in der englischen Literatur, sowie der Auffassung der Rechtsprechung, dass das englische Recht keine statutory provisions247 für die Ermittlung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrechts bereitstellt248. Ferner wird außerhalb des Voll-

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Stein / ​Jonas / ​Schlosser, Anhang zu § 1061, Rn. 159 m. w. N. Vergleichbare Regelungen finden sich im Kollisionsrecht anderer Staaten. Beispielsweise enthält der Arbitration (Scotland) Act 2010 in Section 6 folgende Kollisionsnorm: „Where […] the parties to an arbitration agreement agree that an arbitration under that agreement is to be seated in Scotland, […] but the arbitration agreement does not specify the law which is to govern it, then, unless the parties otherwise agree, the arbitration agreement is to be governed by Scots law.“ Diese Kollisionsnorm findet stets dann Anwendung, wenn der Schiedsort in Schottland belegen ist. Liegt keine Rechtswahl der Parteien vor, wird das schottische Sachrecht zur Anwendung berufen. Auch das Kollisonsrecht der Schweiz trifft in seinem Art. 178 Abs. II IPRG eine vergleichbare Regelung: „Die Schiedsvereinbarung ist […] gültig, wenn sie dem von den Parteien gewählten […] oder dem schweizerischen Recht entspricht.“ Gemäß Art. 176 Abs. I IPRG findet die Regelung des Art. 178 IPRG dann Anwendung, wenn der Schiedsort in der Schweiz belegen ist. Demnach beruft auch das Schweizer Kollisionsrecht bei inländischem Schiedsort mangels Rechtswahl das schweizer Sachrecht zur Anwendung. 246 Dicey / ​Morris, Conflict of Laws, Rn. 16–011. Nach Auffassung von Lord Steyn ist die rechtliche Unabhängigkeit der Schiedsvereinbarung vom Hauptvertrag „the very alphabet of arbitration law“, Lesotho Highlands Development Authority v Impregilo SpA and others, [2005] UKHL 43, Rn. 21. Dieser Grundsatz ist in Section 7 Arbitration Act 1996 ausdrücklich geregelt und entsprach bereits vor der gesetzlichen Regelung dem Common Law, Harbour Assurance Co (UK) Ltd v Kansa General International Insurance Co Ltd [1993] QB 701; Premium Nafta Products Ltd v Fili Shipping Co Ltd [2007] UKHL 40. Dass die rechtliche Trennung bedingt, dass das für die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht entsprechend zu ermitteln ist, wird nicht von allen Entscheidungen berücksichtigt. In der Sumitomo-​Entscheidung wurde aus der Maßgeblichkeit des indischen Rechts für den Hauptvertrag auf die Maßgeblichkeit des indischen Rechts für die Schiedsvereinbarung geschlossen, da diese einen Teil des Hauptvertrages bilde, Sumitomo Heavy Industries Ltd v Oil and Natural Gas Commission, QB (Com. Ct.), [1994] 1 Lloyd’s Rep. S. 45, 57. Zum Verhältnis zwischen Schiedsvereinbarung und Hauptvertrag im deutschen Recht Kapitel 1 II. 247 Als statutory provisions werden die Rechtsregeln des englischen Rechts bezeichnet, die eine ausdrückliche gesetzliche Regelung im Rahmen einer Kodifikation erfahren haben. 248 Sutton / ​Gill  / ​Gearing, Arbitration, 90; Merkin / ​Flannery, Arbitration Act 1996, 208; ­Joseph, Jurisdiction and arbitration agreements, 190; Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA and others v Enesa Engenharia SA and others, [2012] EWCA Civ. 638. 245

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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streckungsverfahrens insbesondere die Anwendung der Kollisionsregel des Art. 5 UN-​Ü abgelehnt.249 Mangels einer statutory provision wird das maßgebliche Sachrecht unter Rückgriff auf das Common Law ermittelt.250 Gemäß dem Common Law ist das für die Schiedsvereinbarung maßgebliche Recht durch eine Prüfung in drei Stufen zu ermitteln.251 Auf der ersten Stufe ist eine ausdrückliche Rechtswahl der Parteien zu beachten. Fehlt es an einer ausdrücklichen Rechtswahl ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob die Parteien eine konkludente Rechtswahl abgeschlossen haben.252 Liegt auch keine konkludente Rechtswahl vor, ist auf der letzten Stufe das Recht zur Anwendung zu bringen, welches mit der Schiedsvereinbarung die engste Verbindung aufweist. Die englische Rechtsprechung und wohl herrschende Auffassung in der Literatur sieht in dem am Schiedsort geltenden Sachrecht das Recht mit der engsten Verbindung zur Schiedsvereinbarung.253 In der Sulamerica-​Entscheidung254 führte der Court of Appeal hierzu aus, dass die am Schiedsort geltende Rechtsordnung einen unmittelbaren Einfluss auf die effektive Durchführung des Schiedsverfahrens habe und aus diesem Grund die engste Verbindung zur Schiedsvereinbarung aufweise.255

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Dicey / ​Morris, Conflict of Laws, Rn. 16–014; Sutton / ​Gill  / ​Gearing, Arbitration, 90. Die Anwendbarkeit der Rom I-​VO wird von der Rechtsprechung unter Verweis auf die Ausschlussklausel des Art. 1 Rom I-​VO abgelehnt, Habas Sinai Ve Tibbi Gazlar Istihsal Endustrisi AS v VSC Steel Company Ltd, [2013] EWHC 4071 (Comm.), Rn. 100; Arsanovia Ltd v Cruz City 1 Mauritius Holdungs, [2013] EWHC 3702 (Comm.), [2013] 1 Lloyd’s Rep. 235, 240. 250 Vgl. Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA and others v Enesa Engenharia SA and others, [2012] EWCA Civ. 638, Rn. 25. 251 Zur Prüfung in drei Stufen: Joseph, Jurisdiction and arbitration agreements, 190; Dicey / ​ Morris, Conflict of Laws, Rn. 16R-​0 01; Sutton / ​Gill  / ​Gearing, Arbitration, 90; Merkin / ​Flannery, Arbitration Act 1996, 208. 252 Joseph, Jurisdiction and arbitration agreements, 191. 253 C v D [2007] EWCA Civ. 1282, Rn. 22, [2008] 1 Lloyd’s Rep. 239; Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA and others v Enesa Engenharia SA and others, [2012] EWCA Civ. 638, Rn. 32; Arsanovia Ltd v Cruz City 1 Mauritius Holdungs, [2013] EWHC 3702 (Comm.), [2013] 1 Lloyd’s Rep. 235, 244; Habas Sinai Ve Tibbi Gazlar Istihsal Endustrisi AS v VSC Steel Company Ltd, [2013] EWHC 4071 (Comm.), Rn. 100; Dicey / ​Morris, Conflict of Laws, Rn. 16; Sutton / ​Gill  / ​Gearing, Arbitration, 92; Merkin / ​Flannery, Arbitration Act 1996, 211. Im Ergebnis wohl auch Joseph, Jurisdiction and arbitration agreements, 194. 254 Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA and others v Enesa Engenharia SA and others, [2012] EWCA Civ. 638. 255 Sulamérica Cia Nacional De Seguros S. A. and others v Enesa Engenharia S. A. and others, [2012] EWCA Civ. 638, Rn. 32. Dieser Auffassung hat sich jüngst die Habas-​Sinai-​Entscheidung ausdrücklich angeschlossen. Habas Sinai Ve Tibbi Gazlar Istihsal Endustrisi AS v VSC Steel Company Ltd, [2013] EWHC 4071 (Comm.), Rn. 100.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

gg) Die Lex-​Fori-​Regel Zuletzt kommt in Betracht, das auf die Schiedsvereinbarung maßgebliche Recht gemäß der Lex-​Fori-​Regel stets dem Sachrecht der Rechtsordnung zu entnehmen, der das entscheidende Gericht angehört. Die vorangegangenen Überlegungen konnten jedoch bereits zeigen, dass selbst bei einer prozessrechtlichen Einordnung der Schiedsvereinbarung, Fragen betreffend das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung und ihrer subjektiven Reichweite nicht vom Anknüpfungsgegenstand der Lex-​Fori-​Regel erfasst werden.256 Aus diesen Gründen muss die Lex-​Fori-​Regel als maßgebliche Kollisionsnorm für die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts ausscheiden. hh) Zwischenergebnis Das Kollisionsrecht der Schiedsvereinbarung setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Rechtsquellen zusammen. Hat das Schiedsgericht bereits einen Schiedsspruch erlassen, ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen ausländischen oder einen inländischen Schiedsspruch handelt. Liegt ein inländischer Schiedsspruch vor, kommt ein Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO in Betracht257. Im Rahmen des Aufhebungsverfahrens ist die Kollisionsnorm des Art. 6 Abs. II EU-​Ü anzuwenden, soweit der Anwendungsbereich des EU-​Ü eröffnet ist. Lediglich soweit der Anwendungsbereich des EU-​Ü nicht eröffnet ist, kann für die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts auf die Kollisionsnorm des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO zurückgegriffen werden. Neben der Aufhebung kann über die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs zu entscheiden sein.258 Auch diesbezüglich kann der Anwendungsbereich des EU-​Ü eröffnet und vorrangig zur Kollisionsnorm des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO die Kollisionsnorm des Art. 6 Abs. II EU-​Ü anzuwenden sein. Liegt ein ausländischer Schiedsspruch vor, ist gemäß § 1061 Abs. I ZPO das UN-​Ü bereinkommen für die Entscheidung betreffend die Anerkennung und Vollstreckung zur Anwendung zu bringen. Aufgrund der Anordnung des § 1061 Abs. I S. 2 ZPO und dem Grundsatz lex posterior derogat legi priori genießt das EU-​Ü grundsätzlich Anwendungsvorrang vor dem UN-​Ü bereinkommen. Im Kollisionsfall sieht das EU-​Ü nach der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. VII EU-​Ü jedoch 256

Zur Anwendung der Lex-​Fori-​Regel auf die Schiedsvereinbarung oben Kapitel  1 I. 2.  a) bb) (2). 257 Gemäß § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO ist eine Schiedsvereinbarung aufzuheben, wenn zwischen den Parteien keine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt. 258 Gemäß Art. 1060 Abs. II S. 1 ZPO ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. II ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs hängt demnach ebenfalls vom Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung ab.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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einen Vorrang der Bestimmungen des UN-​Ü bereinkommens vor, sodass das Schiedsvereinbarungsstatut im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren ausländischer Schiedssprüche nach Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü zu bestimmen ist. b) Die Regelungslücken des Kollisionsrechts der Schiedsvereinbarung Bereits vor dem Erlass eines Schiedsspruchs kann durch ein deutsches Gericht über das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung zu entscheiden sein.259 Zunächst kommt in Betracht, dass die Parteien vor der Konstituierung des Schiedsgerichts gemäß den §§ 1032 Abs. II, 1062 Abs. I Nr. 2 ZPO die gerichtliche Feststellung begehren, dass keine wirksame Schiedsvereinbarung geschlossen wurde. Ferner kommt in Betracht, dass die Parteien nach den §§ 1040, 1062 Abs. I Nr. 2 ZPO die Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts überprüft wissen wollen oder dass nach § 1032 Abs. I ZPO innerhalb eines Einredeverfahrens über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu entscheiden ist.260 Darüber hinaus übernehmen die staatlichen Gerichte für in-​und ausländische Schiedsverfahren unterschiedliche Hilfstätigkeiten.261 Beispielsweise wirken deutsche Gerichte bei der Konstituierung des Schiedsgerichts262 oder der Beweisaufnahme263 mit. Sind die Hilfstätigkeiten deutscher Gerichte von dem Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung abhängig, ist auch in diesem Zusammenhang über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu entscheiden.264 Die vorangegangenen Überlegungen haben gezeigt, dass für die dem Schiedsspruch vorgelagerten Entscheidungen über das Bestehen einer Schiedsvereinbarung grundsätzlich die Kollisionsnormen des EU-​Ü zur Anwendung zu bringen sind.265 Ist der Anwendungsbereich des EU-​Ü nicht eröffnet, fragt sich jedoch, welche Kollisionsnormen vor Erlass eines Schiedsspruchs maßgeblich sind. Der Anwendungsbereich der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü sowie des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO ist auf das Anerkennungs-​und Vollstreckungs-

259

Zu den Konkurrenzen der Entscheidung über die Schiedsvereinbarung einerseits durch staatliche Gerichte andererseits durch Schiedsgerichte unten Kapitel 3 II. 260 Gemäß § 1025 Abs. II ZPO ist hierfür unbeachtlich, ob der Schiedsort im Aus-​oder Inland belegen ist. 261 Überblickend hierzu Geimer, IZPR, 1421 ff. 262 Vergleiche hierzu die Regelungen der §§ 1034, 1035, 1037, 1038, 1062 Abs. I Nr. 1 ZPO. 263 Vergleiche hierzu die Regelungen der §§ 1050, 1062 Abs. IV ZPO. 264 Es herrscht Streit darüber, ob die Hilfstätigkeiten deutscher Gerichte davon abhängen, dass eine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt. Vereinzelt wird eine Prüfung von Amts wegen angenommen: Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 87. 265 Unabhängig vom jeweiligen Schiedsort bemisst sich eine Schiedsvereinbarung insbesondere dann nach den Regelungen des EU-​Ü, soweit die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten des EU-​Ü haben. Zum Anwendungsbereich des EU-​Ü oben Kapitel 1 III. 1. a) dd) (1).

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

verfahren begrenzt.266 Gemäß dem Wortlaut des Art. 1 Abs. I UN-​Ü beschränkt sich der sachliche Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens auf die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen und spiegelt damit den Zweck des UN-​Ü bereinkommens wieder, die noch unter dem Genfer Abkommen von 1927 bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Vollstreckungsfähigkeit von inländischen oder ausländischen Schiedssprüchen zu beseitigen.267 Innerhalb des Einrede-​oder Feststellungsverfahrens fehlt es jedoch an einem Schiedsspruch, sodass bereits aus diesem Grund mit Blick auf den Wortlaut der sachliche Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens nicht eröffnet ist268. Ist noch kein Schiedsspruch ergangen, bereitet zudem die Feststellung der Nationalität des Schiedsspruchs Probleme. Fehlt es an der Vereinbarung eines Schiedsortes, kann insbesondere innerhalb des Feststellungsverfahrens – vor Bildung des Schiedsgerichts – noch offen sein, ob ein in-​oder ausländischer Schiedsspruch ergehen wird269. Die unmittelbare Anwendung des UN-​Ü bereinkommens innerhalb des Einrede-​und Feststellungsverfahrens muss mit Blick auf diese Unsicherheiten daher entschieden zurückgewiesen werden. Da die Kollisionsnormen des UN-​Übereinkommens innerhalb des Feststellungs-​ und Einredeverfahrens nicht zur Anwendung kommen, wurden vor dem Inkrafttreten der Rom I-​VO die autonomen Kollisionsregeln der Artt. 27 ff. EGBGB zur Anwendung gebracht.270 Mit der Aufhebung der Artt. 27 ff. EGBGB ist diese Möglichkeit jedoch weggefallen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die Bereichsausschlussklausel des Art. 1 Abs. II lit. e Rom I-​VO die unmittelbare Anwendung der Kollisionsregeln der Rom I-​VO zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts ausschließt.271 Soweit noch kein Schiedsspruch ergangen und der Anwendungs­ bereich des EU-​Ü nicht eröffnet ist, fehlt es daher an einem gesetzlichen Statut der Schiedsvereinbarung272.

266

In der Literatur wird überwiegend die entsprechende Anwendung des UN-​Ü bereinkommens innerhalb des Einrede-​und Feststellungsverfahrens befürwortet. Stellvertretend für viele Born, Arbitration I, 494. Zum sachlichen Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü oben Kapitel 1 III. 1. a) cc) (1). Zu § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO oben Kapitel 1 III. 1. a) ff) (1) (c). 267 Zur Entstehungsgeschichte und dem sachlichen Anwendungsbereich des UN-​Ü bereinkommens oben Kapitel 1 III. 1. a) cc) (1). 268 A. A. MüKo ZPO / ​Adolphsen, Anh. zu § 1061 ZPO, Art. V UN-​Ü, Rn. 2. Eine unmittelbare Anwendung wohl ebenfalls annehmend Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.239. Zur unmittelbaren Anwendung des § 1059 ZPO lediglich im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren, Schmidt-​Ahrendts  / ​Höttler, SchiedsVZ 2011, 267, 273. 269 Insofern bereitet auch die Bestimmung des Ortes, an dem der Schiedsspruch ergehen soll Probleme. Auf diesen Ort im Einredeverfahren abstellend: Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.242; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 383. 270 Zur alten Rechtslage und der Anwendung des EGBGB oben Kapitel 1 III. 1. a) ee). 271 Zum Anwendungsbereich der Rom I-​VO oben Kapitel 1 III. 1. a) ee). 272 Im Ergebnis bereits Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 474. Zur Diskussion in Österreich: Czernich, SchiedsVZ 2015, 181 ff.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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aa) Die entsprechende Anwendung des bestehenden Kollisionsrechts zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts Da die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts nicht unterbleiben kann, ist im Wege der Rechtsfortbildung eine Kollisionsnorm zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zu bilden.273 Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob eine entsprechende Anwendung bereits bestehender Kollisionsnormen geeignet ist, vor dem Hintergrund der Interessen der Parteien das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut zu bestimmen.274 (1) Die entsprechende Anwendung der Rom I-​VO In der Literatur wird eine entsprechende Anwendung der Rom I-​VO für die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts vorgeschlagen.275 In diesem Sinne verfährt im Ergebnis auch die Rechtsprechung, da sich trotz Bereichsausschlussklausel die den Kollisionsnormen der Rom I-​VO zugrundeliegenden Rechtsgedanken auf Schiedsvereinbarungen übertragen ließen.276 Zwar hat sich gezeigt, dass neben dem klaren Wortlaut der Ausschlussklausel des Art. 1 Abs. II lit.  e Rom I-​VO insbesondere die Entstehungsgeschichte gegen eine Anwendung der Rom I-​VO spricht.277 Der Entstehungsgeschichte ist jedoch nicht zu entnehmen, dass jeder Rückgriff auf die Rom I-​VO ausgeschlossen sein sollte, soweit die zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts bestehenden Übereinkommen eine Regelungslücke offen lassen.278 Die Kollisionsnormen der Rom I-​VO könnten daher im Wege der Rechtsfortbildung entsprechend zur Anwendung gebracht werden.279

273

Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 475. Unter dem bereits bestehenden Kollisionsrecht werden diejenigen Kollisionsregeln verstanden, die zwar grundsätzlich geltendes Recht bilden, deren Anwendungsbereich im Einzelfall jedoch nicht eröffnet ist. 275 Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 275; Niedermaier, Schiedsvereinbarungen in Ungleichgewichtslagen, 29. Im Ergebnis wohl auch MüKo / ​Martiny, Rom I-​VO Art. 1 Rn. 64; BeckOK / ​ Spickhoff, Rom I-​VO Art. 1 Rn. 39. Hiervon zu unterscheiden ist die als „moderner Klassiker“ geltende Diskussion über die Anwendbarkeit der Rom I-​VO für die Bestimmung des in der Hauptsache durch das Schiedsgericht anzuwendenden Rechts. Hierzu Mankowski, RIW 2011, 30 ff. 276 Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.05.2014, III ZR 371/12, Rn. 23 = SchiedsVZ 2014, 151, 153. 277 Zum Anwendungsbereich der Rom I-​VO oben Kapitel 1 III. 1. a) ee). 278 Staudinger / ​Magnus, Rom I-​VO Art. 1, Rn. 73; Pfeiffer, EuZW 2008, 622, 623; MPI, RabelsZ 68 (2004), 1, 23; vgl. MüKo / ​Martiny, Rom I-​VO Vor Art. 1, Rn. 202. 279 In diesem Sinne zur Gerichtsstandsvereinbarung und für eine entsprechende Anwendung für Schiedsvereinbarungen BeckOGK / ​Köhler, Rom I-​VO Art. 4, Rn. 567 und 569. Im Ergebnis wohl auch Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 477, die eine analoge Anwendung der Rom I-​VO ablehnen und die Bildung einer neuen Kollisionsnorm fordern, die im Ergebnis zu einer gleichen Behandlung des Schiedsvereinbarungsstatuts führen könne, wie bei einer analogen Anwendung. 274

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Gemäß Art. 3 Rom I-​VO bemisst sich ein Vertrag primär nach dem von den Parteien gewählten Recht. Soweit die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben, ist das anzuwendende Recht mangels einschlägiger Sondervorschriften der Artt. 5 bis 8 Rom I-​VO über Art. 4 Rom I-​VO zu bestimmen. Da die Schiedsvereinbarung sich nicht unter Art. 4 Abs. I Rom I-​VO subsumieren lässt, könnte gemäß Art. 4 Abs. II Rom I-​VO das Recht des Staates anzuwenden sein, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Anders als für den Hauptvertrag lässt sich eine charakteristische Leistung für die Schiedsvereinbarung jedoch nicht feststellen.280 Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz I oder II bestimmt werden, so unterliegt der Vertrag gemäß Art. 4 Abs. IV Rom I-​VO dem Recht des Staates, zu dem er die engste Verbindung aufweist. Wird das Schiedsvereinbarungsstatut über eine entsprechende Anwendung der Kollisionsregeln der Rom I-​VO bestimmt, ist daher mangels Rechtswahl das Sachrecht der Rechtsordnung anzuwenden, mit dem die Schiedsvereinbarung am engsten Verbunden ist. (a) Die Anknüpfung an den Schiedsort Die Frage, zu welchem Sachrecht die Schiedsvereinbarung die engste Verbindung im Sinne des Art. 4 Abs. IV Rom I-​VO aufweist, wird in der Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Die wohl herrschende Auffassung in der Literatur sieht in dem am Schiedsort geltenden Sachrecht das Recht mit der engsten Verbindung zur Schiedsvereinbarung281. Richtig ist, dass das am Schiedsort geltende Sachrecht einen entscheidenden Einfluss auf die Durchführung des Schiedsverfahrens hat, da dieses zwingend anwendbare Verfahrensregeln enthält282. Ferner spricht für die Anknüpfung an das am Schiedsort geltende Sachrecht, dass diese Anknüpfung einen Gleichlauf zu den Kollisionsregeln des EU-​Ü und des UN-​Ü herstellt283. So hat die Betrachtung der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü gezeigt, dass sich das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren mangels Rechtswahl nach dem am Schiedsort geltenden Sachrecht richtet.284 Bemisst sich das anwendbare Sachrecht innerhalb des Einrede-​oder Feststellungsverfahrens nach dem identischen An 280

Geimer, IZPR, 1434; Geimer, IPRax 2006, 233, 234; MüKoZPO / ​Münch, § 1029 Rn. 37; Elsing, Auslegung von Schiedsvereinbarungen, 114. 281 Ohne weitergehende Begründung Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 275; Geimer IZPR, 1434; Zöller / ​Geimer, § 1029, Rn. 17b m. w. N. In diesem Sinne im Ergebnis wohl auch die englische Rechtsprechung, die eine entsprechende Anwendung der Rom I-​VO ablehnt, aber in dem am Schiedsort geltenden Sachrecht die engste Verbindung zur Schiedsvereinbarung sieht. Hierzu oben Kapitel 1 III. 1. a) ff) (2). 282 Vgl. Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA and others v Enesa Engenharia SA and others, [2012] EWCA Civ. 638, Rn. 32. 283 Vgl. MüKo / ​Münch, § 1029, Rn. 37. 284 Zur Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü oben Kapitel 1 III. 1. a) cc) (2).

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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knüpfungsmoment wie innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren, wird vermieden, dass je nach Verfahrensstadium ein anderes Sachrecht über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entscheidet285, sodass der Gefahr begegnet wird, dass die Entscheidung über das Bestehen einer Schiedsvereinbarung unterschiedlich ausfällt286. Mit Recht wird daher darauf hingewiesen, dass sich die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts in allen Verfahrensstadien nach dem gleichen Anknüpfungsmoment zu richten hat.287 Wird dementsprechend dem am Schiedsort geltenden Sachrecht die engste Verbindung zur Schiedsvereinbarung gesehen, beruft die Kollisionsregel des Art. 4 Abs. IV Rom I-​VO dasjenige Sachrecht zur Anwendung, welches auch innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens von Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü zur Anwendung berufen wird. (b) Die unselbstständige Anknüpfung an den Hauptvertrag Der Bundesgerichtshof288 kommt ohne weitere Begründung zu dem Ergebnis, dass die Schiedsvereinbarung mit dem auf den Hauptvertrag anzuwendenden Sachrecht am engsten Verbunden ist. Diesem Ergebnis wird von einzelnen Literaturstimmen unter Verweis auf die Parteiinteressen zugestimmt.289 Beurteile sich die Schiedsvereinbarung nach einem anderen Sachrecht als der Hauptvertrag, sei denkbar, dass sich eine Partei einem wirksamen Hauptvertrag ausgesetzt sehe, ohne sich zugleich auf eine damit verbundene Schiedsvereinbarung berufen zu können.290 Daher sei lediglich ein Gleichlauf zwischen dem Schiedsvereinbarungs-​ und dem Hauptvertragsstatut geeignet, die Interessen der Parteien hinreichend zu berücksichtigen.291

285

Hierzu Born, Arbitration I, 497; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.239 m. w. N. 286 Beispielsweise ist denkbar, dass ein Gericht die eigene Entscheidungszuständigkeit im Einredeverfahren verneint, da nach dem auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Recht keine wirksame Schiedsvereinbarung zustande gekommen ist. Setzen sich die Parteien nun vor dem Schiedsgericht auseinander und bemisst sich die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs nun nach einer anderen Kollisionsnorm als im Einredeverfahren, könnte die Schiedsvereinbarung gemäß dem über diese Kollisionsnorm bestimmten Sachrecht unwirksam und die Anerkennung und Vollstreckung zu versagen sein. 287 Born, Arbitration I, 494; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.251 m. w. N.; Jürschik, Ausdehnung der Schiedsvereinbarung, 18; Ahrens, Subjektive Reichweite, 27 m. w. N.; Geimer IPRax 2006, 233, 234. Wohl auch MüKoZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 33. 288 Die Entscheidung bezog sich auf Art. 28 Abs. I S. 1 EGBGB a. F., wonach mangels Rechtswahl in Übereinstimmung zu Art. 4 Abs. IV Rom I-​VO das Recht der engsten Verbindung zur Anwendung zu bringen sei. Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.06.2010, XI ZR 349/08, Rn. 30 = ­SchiedsVZ 2011, 46, 48. 289 Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479. 290 Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479; vgl. Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 103. 291 Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Die unselbstständige Anknüpfung an das Statut des Hauptvertrages schlägt jedoch fehl, wenn der geltend gemachte Anspruch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis hervorgeht.292 Ferner ist die Möglichkeit, dass unterschiedliche Sachrechtsordnungen über das Zustandekommen von Schiedsvereinbarung und Hauptvertrag entscheiden, eine Konsequenz der Doctrine of Separability.293 Entspricht es dem Willen der Parteien, das Zustandekommen von Schiedsvereinbarung und Hauptvertrag der selben Sachordnung zu unterstellen, steht diesen darüber hinaus die Möglichkeit einer entsprechenden Rechtswahl offen294. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die Schiedsvereinbarung im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren mangels Rechtswahl nach dem am Schiedsort geltenden Sachrecht beurteilt wird.295 Wird die Schiedsvereinbarung jedoch innerhalb des Einrede-​oder Feststellungsverfahrens nach dem für den Hauptvertrag maßgeblichen Sachrecht beurteilt und stimmt dieses nicht mit dem am Schiedsort geltenden Sachrecht überein, können sich die Parteien innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens einer unwirksamen Schiedsvereinbarung ausgesetzt sehen.296 Dieser Nachteil wird durch die Anknüpfung an das am Schiedsort geltende Sachrecht vermieden und stimmt letztlich mit den Entwicklungen des internationalen Zivilverfahrensrechts überein, da das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen297 und die Brüssel Ia-​VO298 das Zustandekommen von Gerichtsstandsvereinbarung ebenfalls nicht an das Statut des Hauptvertrags, sondern gesondert das forum prorogatum anknüpfen.299 (2) Die entsprechende Anwendung des UN-​Ü bereinkommens In der Literatur wird überwiegend vorgeschlagen, die im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren maßgeblichen Kollisionsnormen in allen Verfahrens­ 292 Diesen Nachteil gestehen auch die Vertreter der unselbstständigen Anknüpfung an den Hauptvertrag ein und schließen daher eine objektive Anknüpfung an das Recht des Schiedsortes nicht aus, Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 480. 293 Zur Doctrine of Separability oben Kapitel 1 II. In der Literatur wird in der Anknüpfung an das Hauptvertragsstatut ein Verstoß gegen die Doctrine of Separability gesehen, vgl. Born, Arbitration I, 545. 294 Vgl. Art. 3 Rom I-​VO; Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü; Art. 6 Abs. II lit. a EU-​Ü; § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO. Zur Wahl des Schiedsvereinbarungsstatuts unten Kapitel 1 III. 2. 295 Zur Maßgeblichkeit des Schiedsortes im Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren oben Kapitel 1 III. 1. a) cc) (2). 296 Zu den Vorteilen einer einheitlichen Anknüpfung in allen Verfahrensstadien oben Kapitel 1 III. 1. b) aa) (1) (a). 297 Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30.06.2005 („HG-​Ü“). Online abrufbar unter: https://www.hcch.net/de/instruments/conventions/full-​text/?cid=98 (zuletzt geprüft am 05.11.18). 298 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-​und Handelssachen (Neufassung). 299 Vgl. Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.251.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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stadien anzuwenden und dementsprechend das UN-​Ü bereinkommen zur Anwendung zu bringen.300 Der nationale Entscheidungseinklang scheint dafür zu sprechen, die Kollisionsnorm des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü bzw. des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO auch dann anzuwenden, soweit noch kein Schiedsspruch ergangen ist.301 Die vorangegangene Diskussion hat gezeigt, dass eine unterschiedliche kollisionsrechtliche Behandlung der Schiedsvereinbarung im Einrede-​und Vollstreckungsverfahren dazu führen kann, dass je nach Verfahrensstadium ein anderes Sachrecht über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entscheidet und somit die Entscheidung über das Bestehen einer Schiedsvereinbarung je nach Verfahrensstadium unterschiedlich ausfallen kann.302 Aus diesem Grund wird die Anwendung des UN-​Ü bereinkommens innerhalb des Einrede-​und Feststellungsverfahrens von der wohl herrschenden Literaturauffassung befürwortet. Für die Anwendung des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü in den Verfahrensstadien vor der Anerkennung und Vollstreckung spricht darüber hinaus, dass die Maßgeblichkeit des UN-​Ü bereinkommens mit Blick auf die Vielzahl an Vertragsstaaten zu einer weitgehenden Rechtsvereinheitlichung führen könnte. (3) Die Schwierigkeiten eines unbestimmten oder wechselnden Schiedsortes Die Bestimmung des Schiedsortes kann innerhalb des Einrede-​oder Feststellungsverfahrens zu Schwierigkeiten führen.303 Fehlt es an einer Parteivereinbarung, wird der Schiedsort gemäß § 1043 Abs. I S. 2 ZPO vom Schiedsgericht bestimmt. Im Zeitpunkt des Feststellungsverfahren nach § 1032 Abs. II ZPO ist jedoch über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu entscheiden, bevor sich das Schiedsgericht konstituiert hat. Das über den Feststellungsantrag entscheidende Gericht kann zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts daher nicht auf den durch das Schiedsgericht bestimmten Schiedsort zurückgreifen.304 Steht der Schiedsort noch nicht fest, könnte das Schiedsvereinbarungsstatut hilfsweise an das Hauptvertragsstatut anzuknüpfen sein.305 Es hat sich jedoch bereits gezeigt, dass die Anknüpfung an das Hauptvertragsstatut innerhalb des Einrede-​und Feststellungsverfahrens den Entscheidungseinklang gefährdet. Vergleichbare Schwierigkeiten ergeben sich bei einer hilfsweisen Anknüpfung an das 300

Insbesondere Born, Arbitration I, 494. Geimer, IPRax 2006, 233, 234; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.251; Jürschik, Ausdehnung der Schiedsvereinbarung, 18; vgl. MüKoZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 31 ff.; vgl. Ahrens, Subjektive Reichweite, 27 f. 302 Hierzu Born, Arbitration I, 497. 303 Zu den Schwierigkeiten der Bestimmung des Schiedsortes in der Phase vor der Voll­ streckung Born, Arbitration I, 496. 304 Vergleichbare Schwierigkeiten können sich auch innerhalb des Einredeverfahrens ergeben, sofern eine Bestimmung des Schiedsgerichts bezüglich des Schiedsortes noch aussteht. 305 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 186; Geimer, IZPR, 1434. 301

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

am Gerichtsort geltende Sachrecht, da der Schiedsort zu einem späteren Zeitpunkt im Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung belegen sein kann. Ferner ist unklar, wie bei einem unbestimmten Schiedsort zu verfahren ist. Für diesen Fall ist vorgeschlagen worden, die Schiedsvereinbarung als schwebend unwirksam anzusehen, bis der Schiedsort feststeht.306 Weshalb die Bestimmung eines Schiedsortes zur konstitutiven Bedingung für das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung erhoben wird, bedarf jedoch mit Blick auf die Regelungen der §§ 1029 Abs. I, 1043 Abs. I S. 2 ZPO einer weiteren Begründung. Hiernach ist die Bestimmung eines Schiedsortes kein Wesensmerkmal der Schiedsvereinbarung und wird mangels Parteivereinbarung dem Schiedsgericht übertragen. Ferner gefährdet diese Lösung den inneren Entscheidungseinklang. Steht im Rahmen des Feststellungsverfahrens kein Schiedsort fest, müsste die Schiedsvereinbarung dieser Auffassung nach wohl für schwebend unwirksam erklärt werden. Strebt anschließend eine der Parteien ein Schiedsverfahren an, stellt sich die Frage, ob das Schiedsgericht die eigene Entscheidungszuständigkeit unter Verweis auf die Entscheidung des staatlichen Gerichts zu verneinen hat. Dies wird wohl zu verneinen sein, da lediglich die schwebende Unwirksamkeit festgestellt wurde und das Schiedsgericht die Möglichkeit haben muss, der Schiedsvereinbarung durch die Bestimmung des Schiedsortes zur Geltung zu verhelfen. Wurde der Schiedsort nun durch das Schiedsgericht bestimmt, fällt die Entscheidung des staatlichen Gerichtes innerhalb des Einredeverfahrens im Unterschied zum Feststellungsverfahren positiv aus und das staatliche Gericht wird kraft infolge einer wirksamen Schiedsvereinbarung auf die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu verweisen. In der Rechtspraxis liegt in der Regel eine Bestimmung über den Schiedsort vor, da entweder eine Parteivereinbarung besteht oder die Regelwerke der Schiedsinstitutionen eine frühzeitige Bestimmung des Schiedsortes vorsehen.307 So sieht beispielsweise die Musterklausel der DIS eine ausdrückliche Einigung über den Schiedsort vor.308 Aus diesem Grund dürfen die Unsicherheiten bei unbestimmtem Schiedsort nicht überbewertet werden. Ein weiterer Nachteil der Anknüpfung an den Schiedsort liegt darin, dass es zu einem Wechsel des Schiedsortes kommen kann. Infolgedessen ist die Gefahr eines Statutenwechsels immanent mit der Anknüpfung an den Schiedsort verbunden309. Ein Wechsel des Schiedsortes dürfte jedoch insbesondere nach Konstituierung des Schiedsgerichts die Ausnahme darstellen, da eine gewillkürte Änderung der Zustimmung der Schiedsrichter bedarf310. Darüber hinaus lässt es § 1043 Abs. II ZPO zu, dass insbesondere der Ort 306

Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 275. Born, Arbitration I, 496. 308 „Die DIS empfiehlt allen Parteien, die auf die 2018 DIS-​Schiedsgerichtsordnung Bezug nehmen wollen, folgende Schiedsvereinbarungen […] Der Schiedsort ist [bitte gewünschten Schiedsort eintragen]“. DIS Musterklausel, online abrufbar unter http://www.disarb.org/de/16/ regeln/-​id37 (zuletzt geprüft am 05.11.2018). 309 Born, Arbitration I, 508. 310 Schütze, Schiedsverfahren, 103. 307

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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der mündlichen Verhandlung oder andere Beratungen keinen Einfluss auf den Schiedsort haben.311 Ein Wechsel des Schiedsortes und der damit verbundene Statutenwechsel wird daher lediglich beim Vorliegen weiterer Umstände ausgelöst. bb) Das Gültigkeitsprinzip Das Gültigkeitsprinzip312 versucht, den Nachteilen der Anknüpfung an ein abstrakt-​generell festgelegtes Schiedsvereinbarungsstatut zu begegnen. Gemäß dem Gültigkeitsprinzip kommt das Sachrecht derjenigen Rechtsordnung zur Anwendung, nach dem die Schiedsvereinbarung als wirksam anzusehen ist313. Ein vielzitiertes Beispiel für eine gesetzliche Ausgestaltung des Gültigkeitsprinzips bildet Art. 178 Abs. II IPRG: „Die Schiedsvereinbarung ist […] gültig, wenn sie dem von den Parteien gewählten, dem auf die Streitsache, insbesondere dem auf den Hauptvertrag anwendbaren oder dem schweizerischen Recht entspricht.“314

Da die Bestimmungen des Schweizer IPRG gemäß Art. 176 Abs. I IPRG stets dann anzuwenden sind, wenn der Schiedsort in der Schweiz belegen ist, verweist Art. 178 Abs. II IPRG alternativ entweder auf das von den Parteien gewählte, das auf den Hauptvertrag anwendbare oder das am Schiedsort geltende Sachrecht. Zur Begründung des Gültigkeitsprinzips wird vorgebracht, dass dieses die wirt­schaftlichen Interessen der Parteien verwirkliche und so dem Zweck einer Schiedsvereinbarung gerecht werde.315 Dem Abschluss einer Schiedsvereinbarung liege die Vorstellung zugrunde, die Streitbeilegung gerade nicht abstrakt einer einzelnen Rechtsordnung zuordnen zu wollen.316 Bemesse sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung aufgrund einer kollisionsrechtlichen Verweisung nach dem Sachrecht einer einzelnen Rechtsordnung, sei es für die Parteien darüber h­ inaus schwer abschätzbar, ob das jeweilige Sachrecht der Schiedsvereinbarung zur Wirksamkeit verhilft.317 Für die Anwendung des Gültigkeitsprinzips scheint zu sprechen, dass dieses auf die Parteiinteressen ausgerichtet ist318. Denkbar ist beispielsweise, dass die Parteien den Hauptvertrag kraft Rechtswahl einer bestimmten Sachrechtsordnung unterstellt haben und die Anwendung dieses Sachrechts zur Unwirksamkeit der 311

Zum Auseinanderfallen von Schiedsort und Sitzungsort: Schütze, Schiedsverfahren, 104. Auch „validation principle“ oder „principle of validity“. 313 Umfassend Born, Arbitration I, 542 ff. 314 Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) der Schweiz in der Fassung vom 18. Dezember 1987 (Stand am 1. April 2017). Online abrufbar unter: https://www.admin.ch/ opc/de/classified-​compilation/19870312/index.html (zuletzt geprüft am 05.11.18). 315 Born, Arbitration I, 544. 316 Born, Arbitration I, 544. 317 Born, Arbitration I, 544. 318 In diesem Sinne Born, Arbitration, 544. 312

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

mit dem Hauptvertrag verbundenen Schiedsvereinbarung führt.319 In diesem Fall kann es dem Parteiinteresse widersprechen, das Hauptvertragsstatut ungeachtet der Doctrine of Separability auf die Schiedsvereinbarung anzuwenden, soweit das Sachrecht am Schiedsort der Schiedsvereinbarung zur Gültigkeit verhilft.320 Umgekehrt ist denkbar, dass das am Schiedsort geltende Sachrecht die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung anordnet. In diesem Fall könnte es wiederum dem Parteiwillen entsprechen, das Hauptvertragsstatut zur Anwendung zu bringen, soweit dieses zur Gültigkeit der Schiedsvereinbarung führt.321 In der zuletzt genannten Fallkonstellation treten jedoch die Schwächen des Gültigkeitsprinzips zutage. Ist die Schiedsvereinbarung nach dem Recht am Schiedsort unwirksam, führt die Anwendung des Gültigkeitsprinzips infolge einer hilfsweisen Anknüpfung an das Hauptvertragsstatut innerhalb des Feststellungs-​und Einredeverfahrens zur Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens verweist die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü mangels Rechtswahl jedoch ausschließlich auf das Sachrecht des Schiedsortes. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass das Gültigkeitsprinzip bei einer Anknüpfung an das Hauptvertragsstatut nicht geeignet ist, den Entscheidungseinklang sicherzustellen und es je nach Verfahrensstadium zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann.322 Darüber hinaus lässt sich bezweifeln, dass die Anwendung des Gültigkeitsprinzips auf den Parteiwillen zurückgeführt werden kann323. Lediglich soweit eine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt, wollen sich die Parteien der Entscheidungszuständigkeit des Schiedsgerichts unterwerfen. Die Parteien wollen daher nicht in jedem Fall ein Schiedsverfahren durchführen.324 Zwar spricht sich der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für eine weite Auslegung der Schiedsvereinbarung aus325. Der Schiedsvereinbarung infolgedessen jedoch im Wege von Hilfsanknüpfungen zur weitgehenden Wirksamkeit zu verhelfen, kann hingegen auch eine schiedsfreundliche Auslegung der Schiedsvereinbarung nicht rechtfertigen.326 Bildet die Entscheidung, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt den Gegenstand der Fragestellung, kann diese Frage daher nicht unter Verweis auf einen entsprechenden Parteiwillen beantwortet werden, ohne der Gefahr eines Zirkelschlusses zu unterliegen. Die Anwendung des Gültigkeitsprinzips ist daher entsprechend abzulehnen.

319

Born, Arbitration I, 545. Born, Arbitration I, 545. 321 In diesem Sinne: Born, Arbitration I, 545. 322 Auf Schwierigkeiten betreffend die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts hinweisend: Landrove, Assignment, 108 m. w. N. 323 Landrove, Assignment, 103 f.; Girsberger, The Law applicable to the assignment, 402. 324 Landrove, Assignment, 108. 325 Umfassende Rechtsprechungsnachweise bei Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 131. 326 Vgl. Girsberger, The Law applicable to the assignment, 402. 320

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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cc) Stellungnahme Die vorangegangenen Überlegungen zeigen, dass die in Betracht kommenden Lösungsmöglichkeiten zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts mit Problemen behaftet sind. Die Diskussion über den Anwendungsbefehl des Art. 4 Abs. IV Rom I-​VO verdeutlicht die Schwäche des Anknüpfungsmoments der engsten Verbindung. Die Entscheidung, zu welcher Rechtsordnung die Schiedsvereinbarung die engste Verbindung aufweist, ist abhängig vom jeweiligen Einzelfall und wird sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Das Anknüpfungsmoment der engsten Verbindung ist daher mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit verbunden.327 Es hat sich gezeigt, dass entweder in dem am Schiedsort geltenden Sachrecht oder in dem auf den Hauptvertrag anwendbaren Sachrecht das Recht mit der engsten Verbindung gesehen wird. Daher wird im Ergebnis auf Anknüpfungsmomente zurückgegriffen, die ihrerseits mit Problemen behaftet sind.328 Sowohl die Anknüpfung an den Schiedsort, als auch die Anknüpfung an das Hauptvertragsstatut gefährden den Entscheidungseinklang. Stimmt das Hauptvertragsstatut nicht mit dem am Schiedsort geltenden Sachrecht überein oder kommt es zu einem Wechsel des Schiedsortes, kann es je nach Verfahrensphase zu unterschiedlichen Entscheidungen über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung kommen. Diesen Problemen ist letztlich ist auch das Gültigkeitsprinzip ausgesetzt, soweit dieses innerhalb des Feststellungs-​und Einredeverfahrens die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung anhand des Hauptvertragsstatuts begründet. Trotz der sich ergebenden Nachteile bei einem unbestimmten oder wechselnden Schiedsort ist beim Auftreten von Regelungslücken innerhalb des Feststellungs-​und Einredeverfahrens an dem Anknüpfungsmoment des Schiedsortes zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts festzuhalten. Bemisst sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung im Grundsatz nach dem Sachrecht derjenigen Rechtsordnung, welches beim Fehlen einer Rechtswahl innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens anzuwenden ist, wird der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen entgegengetreten. In der Rechtspraxis liegt im Regelfall eine Vereinbarung über den Schiedsort vor, sodass die Bestimmung des Schiedsortes keine Schwierigkeiten bereitet. Fehlt es an einer Parteivereinbarung, sehen die Regelwerke der verschiedenen Schiedsinstitutionen einen Mechanismus zur Bestimmung des Schiedsortes vor. Beispielsweise ordnet Art. 18 Abs. I der ICC-​Schiedsordnung329 an, dass der Schiedsort mangels Parteivereinbarung durch ein unabhängiges Organ der Schiedsinstitution zu bestimmen ist. Das UNCITRAL

327

Zur Kritik am Anknüpfungsmoment der engsten Verbindung Born, Arbitration I, 521 f. Born, Arbitration I, 543. 329 Schiedsordnung der International Chamber of Commerce (ICC) in der Fassung vom 01.03.2017. Online abrufbar unter: https://iccwbo.org/dispute-​resolution-​services/arbitration/ rules-​of-​a rbitration/ (zuletzt geprüft am 05.11.18). 328

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Model Law330, diesem folgend die ZPO331 und das Regelwerk der DIS332 sehen die Bestimmung des Schiedsortes durch das Schiedsgericht vor. Zudem sieht eine Vielzahl an Rechtsordnungen ausdrücklich die Geltung zwingender Sachrechtsnormen vor, soweit der Schiedsort im Geltungsbereich der jeweiligen Rechtsordnung belegen ist333. Daher muss sich auch den Parteien die besondere Bedeutung des am Schiedsort geltenden Sachrechts aufdrängen, sodass diese bei Maßgeblichkeit des am Schiedsort geltenden Sachrechts nicht von der Geltung einer vorher nicht absehbaren Rechtsordnung überrascht werden. Zur weitgehenden Sicherung des Entscheidungseinklangs ist unabhängig von der jeweiligen Verfahrensphase eine Kollisionsnorm zu bilden, die innerhalb des Feststellungs-​und Einredeverfahrens zu der gleichen kollisionsrechtlichen Behandlung kommt, wie Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens. Infolgedessen kann die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü als Vorbild zur Bildung einer entsprechenden Kollisionsnorm herangezogen werden. Der Wortlaut des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü knüpft an das Sachrecht der Rechtsordnung an, in der der Schiedsspruch ergangen ist. Da der Schiedsspruch an dem jeweiligen Schiedsort ergeht, sieht Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü letztlich den Schiedsort als maßgebliches Anknüpfungsmoment vor. Die Anknüpfung an den Schiedsort vermeidet die mit Art. 4 Abs. IV Rom I-​VO einhergehenden Unsicherheiten der Bestimmung der engsten Verbindung334. Ferner sieht Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü vorrangig eine subjektive Anknüpfung vor und verwirklicht auch in dieser Hinsicht die Interessen der Parteien, eine Rechtswahl hinsichtlich des Schiedsvereinbarungsstatuts bereits innerhalb des Feststellungs-​und Einredeverfahrens vorrangig einer objektiven Anknüpfung zu berücksichtigen.335 Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die bestehenden Regelungslücken des Kollisionsrechts der Schiedsvereinbarung durch die Bildung einer Kollisionsnorm zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zu schließen sind. Wird die Kollisionsnorm des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü zur Bildung einer Kollisionsnorm als Vorbild herangezogen, richtet sich die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts primär nach dem in einer Rechtswahlvereinbarung zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien. Fehlt es an einer Rechtswahlvereinbarung ist subsidiär das am Schiedsort geltende Sachrecht zur Anwendung zu bringen. 330 UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration (1985), mit den Änderungen von 2006. Im Folgenden bezeichnet als „ML“. Vergleiche Art. 20 Abs. I ML. 331 Vergleiche hierzu § 1043 Abs. I S. 2 ZPO. 332 Vergleiche beispielsweise Art. 22 DIS-​R. 333 Vergleiche für die Rechtsordnungen, die das Modellgesetz umgesetzt haben Art. 1 Abs. II ML. 334 Die Unsicherheiten ergeben sich aus einer unterschiedlichen Auslegung des Begriffs der „engsten Verbindung“ gemäß Art. 4 Abs. IV Rom I-​VO: Einerseits an den Schiedsort, andererseits an das Recht des Hauptvertrages. Hierzu oben Kapitel 1 III. 1. b) aa) (1). 335 Die Rechtswahlfreiheit hinsichtlich des Schiedsvereinbarungsstatuts kann im Ergebnis als unstreitig gelten. Zur Rechtswahl unten Kapitel 1 III. 2.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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2. Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung Insbesondere im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr vereinbaren die Vertragsparteien durch Rechtswahlklauseln, dass der Hauptvertrag nach einer bestimmten Rechtsordnung beurteilt werden soll.336 Die Darstellung des Kollisionsrechts hat gezeigt, dass auch das Schiedsvereinbarungsstatut primär im Wege einer subjektiven Anknüpfung zu ermitteln ist337. Im Geltungsbereich des UN-​Ü bereinkommens wird die Möglichkeit einer Rechtswahl ausdrücklich in Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü vorgesehen, sodass nach der hier vertretenen Auffassung die Möglichkeit einer Rechtswahl zudem bereits im Feststellungs-​und Einredeverfahren entsprechend anzuerkennen ist.338 Auch § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO sieht die Möglichkeit einer Rechtswahl vor.339 Ferner konnte festgestellt werden, dass die Schieds­vereinbarung aufgrund der Doctrine of Separability als unabhängig vom Hauptvertrag zu behandeln ist und ein anderes Sachrecht auf die Schiedsvereinbarung zur Anwendung kommen kann340. Vor dem Hintergrund der rechtlichen Trennung zwischen Hauptvertrag und Schiedsvereinbarung kann der Wortlaut einer Parteivereinbarung vorsehen, dass für alle Bestimmungen des Vertrages, einschließlich der Schiedsvereinbarung, das Sachrecht einer bestimmten Rechtsordnung zur Anwendung kommen soll. In der Rechtspraxis fehlt es jedoch regelmäßig an einer ausdrücklichen Rechtswahlvereinbarung betreffend das Schiedsvereinbarungs­statut.341 Im Regelfall greifen die Parteien auf die unspezifische Formulierung zurück, dass „diese Vereinbarung“ dem Recht eines bestimmten Staates unterliegen soll.342 Im Folgenden ist daher der Frage nachzugehen, unter welchen Voraussetzungen eine konkludente Rechtswahlvereinbarung betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut angenommen werden kann.

336

Über die Grenzen der Rechtswahlfreiheit bezüglich des vom Schiedsgericht in der Hauptsache anzuwendenden Rechts herrscht Streit. Hierzu Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.419; Wolff, SchiedsVZ 2016, 293, 300; Jacobs, IPRax 2015, 293, 296; MüKoZPO / ​Münch, § 1051, Rn.  18 ff.; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1051, Rn. 3. 337 Zur Anerkennung der Rechtswahlfreiheit bezüglich des Schiedsvereinbarungsstatuts umfassend Born, Arbitration I, 561 ff.; Geimer, IRPR, 1432 m. w. N. Es herrscht Streit darüber, ob die Rechtswahlmöglichkeit den Parteien auch ohne einen Auslandsbezug offensteht. Hierzu Ostendorf, SchiedsVZ 2010, 234 ff. 338 Zum innerhalb des Feststellungs-​und Einredeverfahren anwendbaren Kollisionsrecht oben Kapitel 1 III. 1. b). 339 Entsprechende Regelungen enthält Art. 6 Abs. II lit. a EU-​Ü sowie Art. 34 Abs. II lit. a, i und Art. 36 Abs. I lit. a, i ML. 340 Zur Trennungstheorie und ihren Konsequenzen auf das anzuwendende Sachrecht bereits oben Kapitel 1 II. 341 Lew / ​Mistelis, Comparative Arbitration, 120; Born, Arbitration I, 580; Elsing, Auslegung von Schiedsvereinbarungen, 117; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 75; Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 473. 342 Vgl. Born, Arbitration I, 580.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

a) Die konkludent abgeschlossene Rechtswahlvereinbarung Für das Hauptvertragsstatut wird die Möglichkeit einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung durch den Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt.343 Entsprechendes gilt für die Kollisionsnormen des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO bzw. Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü sowie Art. 6 Abs. II EU-​Ü bei der Bestimmung des Schieds­ vereinbarungsstatuts344. Eine Rechtswahlvereinbarung kann neben einer ausdrücklichen Parteierklärung, dass eine bestimmte Rechtsordnung zur Anwendung kommen soll, daher auch in Form eines schlüssigen Verhaltens abgeschlossen werden. Zur Feststellung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung muss aus den Umständen des Einzelfalls auf eine entsprechende Willensübereinstimmung geschlossen werden345. Welche Anforderungen an die Einzelfallumstände zu stellen sind, lässt sich jedoch weder dem EU-​Ü, dem UN-​Ü oder der ZPO eindeutig entnehmen.346 Da die Schiedsvereinbarung letztlich zu einem Verzicht auf den gesetzlichen Richter führt, darf mit Blick auf die weitreichenden Folgen lediglich bei hinreichenden Anhaltspunkten auf den Abschluss einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung geschlossen werden.347 Vor diesem Hintergrund ist es angemessen, die Anforderungen einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung hinsichtlich des Hauptvertragsstatuts auf die Feststellung einer Wahl des Schiedsvereinbarungs­ statuts zu übertragen.348 Bei der Rechtswahl handelt es sich um eine Parteivereinba 343

Vergleiche Art. 3 Abs. I S. 2 Rom I-​VO. In diesem Sinne die wohl allgemeine Auffassung Born, Arbitration I, 560; Haas, IPRax 1993, 382, 384; Haas, Convention on the Recognition of Arbitral Awards, 491; Elsing, Auslegung von Schiedsvereinbarungen, 118; Epping, Schiedsvereinbarung, 50 m. w. N.; Jürschik, Ausdehnung der Schiedsvereinbarung, 24; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1029, Rn. 28; MüKoZPO / ​ Adolphsen, Anhang zu § 1061, UNÜ Art. V Rn. 48. Über den Umfang der Rechtswahlfreiheit herrscht Streit. Für § 1059 Abs. II lit. a ZPO wird die Auffassung vertreten, dass in Übereinstimmung zu Art. 27 ff. EGBGB lediglich die Wahl staatlicher Rechtsvorschriften ermöglicht wird, sodass die Wahl nichtstaatlicher Regelwerke ausscheiden müsse. Hierzu Jürschik, Ausdehnung der Schiedsvereinbarung, 20. Die Gegenauffassung lässt die Wahl nichtstaatlichen Rechts für das Schiedsvereinbarungsstatut zu. In diesem Sinne MüKo / ​Martiny, Rom I-​VO Art. 3, Rn. 38; Hoffmann, Wahl nichtstaatlichen Rechts, 227 f. Zu den Grenzen der Rechtswahlfreiheit innerhalb des UN-​Ü bereinkommens MüKo ZPO / ​Adolphsen, Anhang zu § 1061, UNÜ Art. V Rn. 49 m. w. N. 345 Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479; Schmidt-​Ahrendts  / ​Höttler, SchiedsVZ 2011, 267, 270; Bundesgerichtshof, Urt. v. 19.01.2000, VIII ZR 275/98 = BGH NJW-​R R 2000, 1002, 1004. 346 Der Wortlaut des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO enthält keine Regelung der konkludenten Rechtswahl. In Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü sowie Art. 6 Abs. II lit. b EU-​Ü wird lediglich auf Indizien einer Rechtswahl hingewiesen („failing any indication“). 347 Jürschik, Ausdehnung der Schiedsvereinbarung, 123. 348 Epping, Schiedsvereinbarung, 51. Zu den Anforderungen an eine konkludente Rechtswahlvereinbarung gemäß Art. 3 Rom I-​VO insbesondere Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.64 ff. Zur Entstehungsgeschichte des Art. 3 Rom I-​VO im Hinblick auf die Anforderungen an eine konkludente Rechtswahl Wagner, IPRax 2008, 377, 378. Die Möglichkeit einer konkludenten Rechtswahl entspricht auch innerhalb des Art. 42 EGBGB der allgemeinen Auffassung. Hierzu MüKoBGB / ​Junker, EGBGB Art. 42, Rn. 12. 344

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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rung, sodass die Feststellung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung auf eine Vertragsauslegung und nicht auf eine objektive Interessensabwägung zurückgehen muss.349 Demnach ist zur Feststellung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung auf den tatsächlichen, nicht auf einen rein hypothetischen Willen der Parteien abzustellen350. Mit Recht wird für den anzulegenden Maßstab, in welcher Deutlichkeit ein entsprechender Parteiwille zutage treten muss, vorausgesetzt, dass sich die konkludente Rechtswahl eindeutig aus dem Vertrag oder den Begleitumständen ergeben muss.351 Damit wird letztlich ein Gleichlauf zu den Anforderungen einer konkludenten Rechtswahl im Sinne des Art. 3 Abs. I S. 2 Rom I-​VO hergestellt.352 aa) Die Indizien zur Feststellung einer eindeutigen Rechtswahlvereinbarung Fehlt es an einer ausdrücklichen Parteierklärung muss zur Feststellung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung auf bestimmte objektiv zutage getretene Anhaltspunkte zurückgegriffen werden353. Da die Feststellung einer Rechtswahlvereinbarung auf eine Vertragsauslegung zurückgeht, müssen alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt werden354. Im Folgenden ist zu fragen, welche Indizien herangezogen werden können, um auf den konkludenten Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut zu schließen. Am Beispiel der Sulamérica-​Entscheidung355 lassen sich die Schwierigkeiten verdeutlichen, die mit der Feststellung eines stillschweigend zum Ausdruck gebrachten Parteiwillens auftreten können. Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Zusammenhang mit der Errichtung eines Wasserkraftwerks einigten sich die Versicherungsnehmer mit mehreren Versicherern auf den Abschluss eines Versicherungsvertrags. Der Vertrag enthielt eine Rechtswahlklausel, wonach das brasilianische Recht auf den Versicherungsvertrag zur Anwendung kommen solle. 349

Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.64. Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.07.2004, VIII ZR 273/03 = NJW-​R R 2005, 206, 208; ­MüKoBGB  / ​Martiny, Rom I-​VO Art. 3, Rn. 47 m. w. N. 351 MüKoZPO / ​Münch, § 1051, Rn. 15. Ähnlich streng Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479. 352 Vgl. MüKoBGB / ​Martiny, Rom I-​VO Art. 3, Rn. 47. 353 Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.69. 354 Bundesgerichtshof, Urt. v. 06.02.1970, V ZR 158/66 = BGHZ 53, 189, 191; Bundes­ gerichtshof, Urt. v. 28.01.1997, XI ZR 42/96 = NJW-​R R 1997, 686; Bundesgerichtshof, Urt. v. 14.01.1999, VII ZR 19/98 = NJW-​R R 1999, 813; Bundesgerichtshof, Urt. v. 07.12.2000, VII ZR 404/99 = NJW 2001, 1936. Zu den Umständen aus denen auf eine konkludente Rechtswahl geschlossen werden kann umfassend Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.69 ff. 355 Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638. 350

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Bezüglich des Aufkommens von Streitigkeiten einigten sich die Parteien auf ein mehrstufiges Verfahren. In einem ersten Schritt sollten Streitigkeiten im Wege der Mediation beigelegt werden. Führt die Mediation zu keinem befriedigenden Ergebnis oder würde eine Mitwirkung abgelehnt, sollte jede Partei das Recht haben, die Streitigkeit zur endgültigen Klärung vor ein Schiedsgericht mit Sitz in London zu bringen. Nachdem es zu mehreren Zwischenfällen gekommen war, machten die Versicherungsnehmer Ansprüche gegen die Versicherer geltend, deren Bestehen die Versicherer jedoch bestritten. Im Zuge der Unstimmigkeiten leiteten die Versicherer ein Schiedsverfahren ein, um im Wege einer negativen Feststellungsklage das Nichtbestehen der vorgetragenen Ansprüche feststellen zu lassen. Daraufhin erwirkten die Versicherungsnehmer vor einem in Sao Paulo eröffneten Gerichtsstand eine Unterlassensverfügung, welche den Versicherern die Einleitung eines Schiedsverfahrens untersagte. Infolgedessen erwirkten die Versicherer wiederum vor einem in England eröffneten Gerichtsstand ihrerseits eine Unterlassensverfügung, welche es den Versicherungsnehmern untersagte, weiter vor den brasilianischen Gerichten gegen die Versicherer vorzugehen. Der High Court (England und Wales) bestätigte die Unterlassensverfügung gegen die Versicherungsnehmer, da zwischen den Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung bestehe.356 Gegen diese Entscheidung richtete sich eine Klage der Versicherungsnehmer vor dem Court of Appeal. Die Versicherungsnehmer trugen vor, dass das brasilianische Recht auf die Schiedsvereinbarung anzuwenden sei. Das brasilianische Recht schreibe vor, dass die Einleitung eines Schiedsverfahrens von der Zustimmung des Beklagten abhängig sei. Die Versicherungsnehmer hätten hingegen zu keiner Zeit eine entsprechende Zustimmung erteilt, sodass die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht eröffnet sei. Zur Begründung brachten die Versicherungsnehmer vor, dass die Parteien das brasilianische Recht für den Hauptvertrag gewählt hätten. In dieser Rechtswahl liege zugleich eine konkludente Rechtswahl hinsichtlich des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts. Die Wahl des brasilianischen Rechts habe zum Ausdruck gebracht, dass die Parteien den gesamten Versicherungsvertrag und damit auch die Schiedsvereinbarung einer einzelnen Rechtsordnung unterstellen wollten. Darüber hinaus bestehe eine enge Verbindung des Vertrags zu Brasilien, da der Versicherungsgegenstand in Brasilien belegen, die Versicherungsprämie in brasilianischen Real zu bezahlen und der Vertrag in der portugiesischen Landessprache verfasst sei.

356

SulaméRica CIA. Nacional De Seguros SA, Allianz Seguros SA, Companhia De Seguros Aliança Do Brasil, Mapfre Vera Cruz Seguradora SA, Itaú-​Unibanco Seguros Corporativos S. A. (Unibanco Seguros SA), Zurich Brasil Seguros SA. v Enesa Engenharia SA – Enesa, Energia Sustentavel Do Brasil  – ESBR, Construções Ecomércio Camargo Corrêa, [2012] EWHC 42 (Comm).

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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Gegen diese Begründung trugen die Versicherer vor, dass die Schiedsvereinbarung neben dem Hauptvertrag eine eigenständige Vereinbarung bilde. Aufgrund der rechtlichen Trennung der Schiedsvereinbarung vom Versicherungsvertrag könne für jede der beiden Vereinbarungen ein anderes Recht zur Anwendung kommen. Die Rechtswahl hinsichtlich des Versicherungsvertrags erstrecke sich aus diesen Gründen nicht auf die Schiedsvereinbarung. Da die Parteien London als Schiedsort gewählt haben, sei die Schiedsvereinbarung am engsten mit dem englischen Recht als das maßgebliche Sachrecht am Schiedsort verbunden.357 Aufgrund der engen Verbindung zum englischen Recht komme dieses auf die Schiedsvereinbarung zur Anwendung. Das englische Recht sehe für die Einleitung des Schiedsverfahrens keine Zustimmung des Beklagten vor, sodass die Zuständigkeit des Schiedsgerichts eröffnet und die Unterlassensverfügung aufrecht zu erhalten sei. (1) Die Wahl des Hauptvertragsstatuts Der soeben geschilderte Fall zeigt, dass aus der Wahl des Hauptvertragsstatuts auf eine korrespondierende Rechtswahl betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut geschlossen werden könnte. Die Schiedsvereinbarung ist gemäß Art. 7 Abs. I ML358 auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezogen359. Haben die Parteien für dieses Rechtsverhältnis eine Rechtswahl getroffen, könnte es dem Willen der Parteien entsprechen, diese konkludent auf das Schiedsvereinbarungsstatut zu erstrecken. Kann auf einen entsprechenden Parteiwillen geschlossen werden, entscheidet das für das Zustandekommen des Hauptvertrages maßgebliche Sachrecht ebenfalls über das Zustandekommen einer wirksamen Schiedsvereinbarung. Aus der Wahl des Hauptvertragsstatuts auf eine Wahl des Schiedsvereinbarungsstatuts zu schließen, hat in der Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Zuspruch gefunden.360 So dürfe man nach allgemeinen Erfahrungssätzen davon ausgehen, dass die Wahl eines für den Hauptvertrag maßgeblichen Rechts regelmäßig darauf gerichtet sei, die Schiedsvereinbarung ebenfalls diesem Recht zu unterstellen361. 357 Die Maßgeblichkeit der engsten Verbindung ist auf das englische Kollisionsrecht zurückzuführen. Zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts anhand des englischen Common Law oben Kapitel 1 III. 1. a) ff) (2). 358 Art. 7 Abs. I S. 1 ML: „‚Arbitration agreement‘ is an agreement by the parties to submit to arbitration all or certain disputes which have arisen or which may arise between them in respect of a defined legal relationship, whether contractual or not“, Hervorhebung durch Verfasser. 359 Diesem entsprechend im deutschen Recht § 1029 Abs. I ZPO: „in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis“. 360 Statt vieler: Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 103. Umfassende Nachweise zur konkludenten Wahl des Schiedsvereinbarungsstatuts bei Wahl des Hauptvertragsstatuts bei Born, Arbitration I, 582 ff.; MüKoZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 35 f. 361 Zur alten Rechtslage vor der Reform des Schiedsverfahrensrechts Bundesgerichtshof, Urt. v. 28.11.1963, VII ZR 112/62 = BGHZ 40, 320, 323. Ebenso nach der Reform OLG Thüringen, Urt. v. 13.01.2011, 1 Sch 1/08; OLG Hamburg, Urt. v. 24.01.2003, 11 Sch 06/01. Aus der

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Der Bundesgerichtshof hat darauf zwar hingewiesen, dass es beim Vorliegen besonderer Umstände möglich sei, dass die beteiligten Parteien für den Hauptvertrag ein anderes Recht wählen als für die Schiedsvereinbarung.362 Im Zweifel geht der Bundesgerichtshof jedoch davon aus, dass sich eine für den Hauptvertrag getroffene Rechtwahl auch auf das Schiedsvereinbarungsstatut erstrecke.363 In der soeben aufgeführten Sulamérica-​Entscheidung stellte der Court of A ­ ppeal fest, dass sich das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung nach einem anderen Recht als der Versicherungsvertrag beurteilen könne.364 Fehle es an einer ausdrücklichen Rechtswahl für die Schiedsvereinbarung, sei nach einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung zu suchen. Lord Moore-​Bick führte hierzu aus, dass die Wahl des für den Hauptvertrag anwendbaren Rechts ein starker Anhaltspunkt für eine konkludente Rechtswahl sei, wonach das für den Hauptvertrag gewählte Recht zugleich für die Schiedsvereinbarung zur Anwendung kommen soll.365 Enthalte der Hauptvertrag eine Rechtswahlklausel, könne daher grundsätzlich angenommen werden, dass sich diese Rechtswahl konkludent auch auf die Schiedsvereinbarung erstreckt.366 Grund für diese Annahme sei, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Parteien durch die Rechtswahl grundsätzlich zum Ausdruck gebracht hätten, die komplette Transaktion einer einzigen Rechtsordnung unterstellen zu wollen.367 Da der Versicherungsvertrag eine Rechtswahl zugunsten des brasilianischen Rechts enthalte, könne sich diese Rechtswahl daher auf die Schiedsvereinbarung erstrecken.368 Trotz dieser Feststellungen sprach sich der Court of Appeal

englischen Rechtsprechung Arsanovia Ltd v Cruz City 1 Mauritius Holdungs, [2013] EWHC 3702 (Comm), [2013] 1 Lloyd’s Rep. 235, 244. Hierzu Merkin / ​Flannery, Arbitration Act 1996, 211; Redfern / ​Hunter, Arbitration, Rn. 3.12 m. w. N. Überblickend zur internationalen Rechtsprechung Landrove, Assignment, 113 f. 362 Bundesgerichtshof, Urt. v. 28.11.1963, VII ZR 112/62 = BGHZ 40, 320, 323. 363 Zur Deutung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Regelvermutung ­MüKoZPO / ​ Münch, § 1029 Rn. 35. Ebenso wohl auch die englische Rechtsprechung, die davon ausgeht, dass die Regelvermutung durch die Wahl eines vom Hauptvertrag abweichenden Schiedsortes nicht widerlegt werde. In diesem Sinne: Habas Sinai Ve Tibbi Gazlar Istihsal Endustrisi AS v VSC Steel Company Ltd, [2013] EWHC 4071 (Comm), Rn. 100. 364 Auch das englische Recht folgt daher letztlich der Doctrine of Separability. 365 Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 25. 366 Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 19 ff. 367 Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 11. Ebenso bereits Sumitomo Heavy Industries Ltd v Oil & Natural Gas Commission [1994] 1 Lloyd’s Rep. 45; Leibinger v Stryker Trauma GmbH [2005] EWHC 690 (Comm). 368 Unter Verweis auf Lord Moore-​Bick kommt die Arsanovia-​Entscheidung zu dem Ergebnis, dass aus der Rechtswahl bezüglich des Hauptvertrags eine konkludente Rechtswahl hinsichtlich der Schiedsvereinbarung hervorgehe. Arsanovia Ltd v Cruz City 1 Mauritius Holdungs, [2013] EWHC 3702 (Comm), [2013] 1 Lloyd’s Rep. 235, 244. Zustimmend Merkin / ​ Flannery, Arbitration Act 1996, 211.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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im Ergebnis jedoch gegen eine konkludente Rechtswahl aus, da das brasilianische Recht für die Einleitung des Schiedsverfahrens die Zustimmung beider Parteien voraussetze, wohingegen die Parteien innerhalb des Vertrages eine einseitige Klage­möglichkeit vorgesehen hätten. Das Ergebnis der Anwendung brasilianischen Rechts stehe daher im Widerspruch zu der im Vertrag vorgesehenen Regelung, sodass es nicht dem Willen der Parteien entsprechen könne, das brasilianische Recht zur Anwendung zu bringen.369 Im Ergebnis verdient die Entscheidung des Court of Appeal Zuspruch, da nicht auf eine konkludente Rechtswahl zugunsten einer Rechtsordnung geschlossen werden kann, deren Anwendung zu einem Ergebnis führt, welches im Widerspruch zu den Vereinbarungen der Parteien steht. Ferner erscheint es auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar, das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung nach dem Sachrecht der Rechtsordnung zu beurteilen, dessen Anwendung die Parteien für den Hauptvertrag vorgesehen haben. Der Gleichlauf zwischen Schiedsvereinbarungs-​und Hauptvertragsstatut könnte einem praktischen Bedürfnis der Parteien entsprechen, da eine vereinfache Rechtsanwendung einhergeht.370 Ferner könnte es den Parteien schlicht unbekannt gewesen sein, dass sich die Schiedsvereinbarung aufgrund der Doctrine of Separability nach einem anderen Sachrecht beurteilen kann als der Hauptvertrag.371 Insbesondere wenn die Schiedsvereinbarung in Form einer Schiedsklausel abgeschlossen wurde, liegt es nahe, dass es dem Willen der Parteien entspricht die Schiedsvereinbarung nach der für den Hauptvertrag gewählten Rechtsordnung zu beurteilen.372 Ungeachtet dessen spricht sich eine Vielzahl an Autoren gegen eine konkludente Wahl des Hauptvertragsstatuts aus.373 Der Hauptvertrag und die Schiedsverein­ barung verfolgen unterschiedliche Ziele und dienen verschiedenen Zwecken, sodass aus der Wahl des Hauptvertragsstatuts nicht ohne weitere Anhaltspunkte

369 Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 30. 370 Vgl. Sandrock JZ 1986, 370, 373; Barber, Objektive Schiedsfähigkeit, 186 f. 371 Vgl. Epping, Schiedsvereinbarung, 54. 372 Bei einer Schiedsklausel auf eine Rechtswahl zugunsten des Hauptvertragsstatuts schließend OLG Hamburg, Urt. v. 15.06.2009, 6 Sch 2/09, Rn. 22. 373 Geimer, IZPR, 1417; Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479; Kronke RIO 1998, 257, 258; Koussoulis, Dogmatik, 421; Gildeggen, Internationale Schieds-​und Schiedsverfahrensvereinbarungen, 160 f.; Epping, Schiedsvereinbarung 56, MüKoZPO / ​Münch, § 1029 Rn. 35 m. w. N. Wohl auch kritisch Born, Arbitration I, 583. A. A. Bundesgerichtshof Urt. v. 28.11.1963, VII ZR 112/62 = BGHZ 40, 320, 323 (Regelvermutung): „Nach allgemeinen Erfahrungssätzen wird man allerdings davon ausgehen können, daß dieser Wille regelmäßig dahin gerichtet ist, die Schiedsgerichtsvereinbarung demselben Recht zu unterstellen wie das zu regelnde materielle Rechtsverhältnis. Das muß aber nicht so sein. Vielmehr ist es beim Vorliegen besonderer Umstände sehr wohl möglich daß die Beteiligten für den Hauptvertrag ein anderes Statut wählen als für die Schiedsgerichtsabrede. Das gilt selbst dann, wenn diese in dem Hauptabkommen enthalten ist […]“.

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

auf eine Wahl des Schiedsvereinbarungsstatuts geschlossen werden könne.374 Tatsächlich bereitet die Annahme einer eindeutigen Rechtswahlvereinbarung infolge der Wahl des Hauptvertragsstatuts Bedenken. Die Wirksamkeit von Haupt-​ und des Schiedsvertrag ist abstrakt voneinander zu beurteilen.375 Ferner kann auf die Schiedsvereinbarung ein anderes Sachrecht Anwendung finden, als auf den Hauptvertrag, ohne dass sich hierfür negative Folgen für die Durchführung des Schiedsverfahrens ergeben.376 Verfolgen beide Verträge darüber hinaus eine unterschiedliche Zweckrichtung, muss bezweifelt werden, dass aus der Wahl des Hauptvertragsstatuts eindeutig auf einen Parteiwillen geschlossen werden kann, die Rechtswahl ungeachtet der Wirkungen der Doctrine of Separability auf die Schiedsvereinbarung zu erstrecken. Die Annahme, dass die Parteien sowohl den Hauptvertrag, als auch die Schiedsvereinbarung der selben Rechtsordnung unterstellen wollten, muss sich daher anhand weiterer Anhaltspunkte begründen lassen. Wie bereits eingangs aufgeführt handelt es sich bei der Rechtswahl um eine Parteivereinbarung, sodass eine Rechtswahlvereinbarung nur in Folge einer umfassenden Auslegung angenommen werden kann, die im jeweiligen Einzelfall auf einen eindeutig zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen schließen lässt377. Zwar mag es im Regelfall dem Parteiwillen entsprechen, die Wirksamkeit des Hauptvertrages und der Schiedsvereinbarung nach derselben Rechtsordnung zu bemessen. Wird hingegen ohne weitere Anhaltspunkte bereits aus der Wahl des Hauptvertragsstatuts auf eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung geschlossen, geht diese letztlich nicht auf eine Auslegung des Einzelfalls zurück, sondern vielmehr wird der hypothetische Parteiwille zur Begründung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung herangezogen. Den hypothetischen Parteiwillen zur Begründung einer Rechtswahlvereinbarung heranzuziehen, wird mit Recht jedoch entschieden abgelehnt378. Darüber hinaus besteht die Gefahr, nicht in Folge einer Einzelfall­auslegung, sondern vielmehr schematisch aus der Wahl des Hauptvertragsstatuts auf eine konkludente Rechtswahlvereinbarung betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut zu schließen. Der Kritik an einer konkludenten Rechtswahl zugunsten des Hauptvertragsstatuts ist zuzustimmen.

374

Koussoulis, Dogmatik, 421; Gildeggen, Internationale Schieds-​und Schiedsverfahrensvereinbarungen, 160 f.; Elsing, Auslegung von Schiedsvereinbarungen, 118 m. w. N.; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.256; Kronke RIW 1998, 257, 258; Epping, Schiedsvereinbarung 56; vgl. Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 32. 375 Allgemein zur Doctrine of Separability oben Kapitel 1 II. 376 Epping, Schiedsvereinbarung, 56. 377 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 192. 378 Vgl. zu Art. 3 Rom I-​VO: BeckOGK / ​Wendland, Rom I-​VO Art. 3, Rn. 135.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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(2) Die Wahl des Schiedsortes Im Regelfall vereinbaren die Parteien einen Schiedsort, und dem am Schiedsort geltenden Sachrecht sind zwingend anzuwendende Verfahrensregeln zu entnehmen.379 Aufgrund des Bezuges des Schiedsverfahrens zum Schiedsort könnte es daher dem Parteiwillen entsprechen, dass das am Schiedsort geltende Sachrecht über alle Fragen betreffend das Schiedsverfahren und damit auch über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden soll.380 Neben der Wahl des Hauptvertragsstatuts wird somit aus der Wahl des Schiedsortes auf eine konkludente Rechtswahl des am Schiedsort geltenden Sachrechts geschlossen.381 Auf die Bedeutung des Schiedsortes wird auch in der eingangs aufgeführten Sulamérica-​ Entschei­dung hingewiesen, wonach in der Wahl eines Schiedsortes in England eine konkludente Rechtswahl zugunsten des englischen Rechts vorliegen könne382. In diesem Zusammenhang wird angeführt, dass die Wahl des Schiedsortes maßgeblichen Einfluss auf das anwendbare Schiedsverfahrensrecht habe und diese Rechtsfolge müsse den Parteien bekannt gewesen sein383. Soweit die Entscheidungszuständigkeit staatlicher Gerichte eröffnet ist, ist aus dem Abschluss einer gültigen Gerichtsstandsvereinbarung darauf geschlossen worden, dass es dem Willen der Parteien entspricht, dass das prorogierte Gericht das eigene Sachrecht zur Anwendung bringt.384 Zur Begründung wird vorgebracht, die Parteien gingen davon aus, dass das prorogierte Gericht über eine besondere Kenntnis des am Gerichtsort geltenden Sachrechts verfüge und dass somit die Anwendung dieses Sachrechts beabsichtigt sei oder die Parteien zumindest mit

379

Vergleiche § 1025 Abs. I i. V. m. 1043 ZPO. Vgl. MüKoZPO / ​Münch, § 1051 Rn. 15 m. w. N. Ebenso im Ergebnis XL Insurance Limited v Owens Corning. [2001] 1 All E. R. (Comm) 530. Kritisch Schmidt-​Ahrendts  / ​Höttler, SchiedsVZ 2011, 267, 270. 381 OLG München, Beschl. v. 07.07.2014, 34 SchH 18/13 = SchiedsVZ 2014, 262, 264; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 76; Koussoulis, Dogmatik, 425; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.257 m. w. N.; XL Insurance Limited v Owens Corning, QB (Com Ct), [2000] 2 Lloyd’s Rep. 500. Bereits in der Black-​Clawson-​Entscheidung wies Mustill darauf hin, dass aus der Wahl des Schiedsortes grundsätzlich auf die Intention der Parteien geschlossen werden könne, dass die Schiedsvereinbarung nach dem Recht am Schiedsort zu beurteilen sei. Black Clawson International Ltd v Papierwerke Waldhof-​Aschaffenburg AG, QB. (Com Ct), [1981] 2 Lloyd’s Rep 446, 456. Mustill bekräftigte diese Auffassung in der Channel-​Entscheidung, wies jedoch auch darauf hin, dass eine Rechtswahl für den Hauptvertrag ein Indiz für eine konkludente Rechtswahl für die Schiedsvereinbarung sein könne, Channel Tunnel Group Ltd und andere v Balfour Beatty Construction Ltd und andere, H. L., [1993] 1 Lloyd’s Rep. 291, 304. 382 Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 19. 383 Sul America Cia Nacional de Seguros SA v Enesa Engenharia SA, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 29. Ebenso XL Insurance Limited v Owens Corning [2001] 1 All E. R. (Comm) 530. 384 Die Einzelheiten sind umstritten. Umfassend hierzu Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.73 ff. 380

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

dessen Anwendung rechnen würden.385 Diese Erwägungen lassen sich auf ein Schiedsgericht hingegen nicht unmittelbar übertragen. Ein Schiedsgericht kann sich aus Schiedsrichtern zusammensetzen, die in verschiedenen Rechtsordnungen beheimatet und ausgebildet sind. Aus diesem Grund kann nicht darauf geschlossen werden, die Parteien würden damit rechnen, das Schiedsgericht verfüge über eine besondere Kenntnis des Rechts am Schiedsort. Weiter wird zur Begründung der Maßgeblichkeit des am Schiedsort geltenden Sachrechts auf die wünschenswerte Harmonisierung von Schiedsvereinbarungs-​ und Schiedsverfahrensstatut verwiesen.386 Zwischen Schiedsvereinbarung und Schiedsverfahren bestehe ein innerer Zusammenhang, sodass es bei einem Auseinanderfallen von Schiedsvereinbarungs-​und Schiedsverfahrensstatut zu einer Normenhäufung oder einem Normenmangel kommen könne und der innere Entscheidungseinklang gefährdet sei.387 Auch wenn es wünschenswert erscheinen mag, einen Gleichlauf zwischen Schiedsvereinbarungs-​und Schiedsverfahrensstatut herzustellen, muss sich eine Rechtswahl weiterhin auf einen eindeutig zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen zurückführen lassen388. Fehlt es an entsprechenden Anhaltspunkten, ist die Herstellung eines entsprechenden Gleichlaufs daher nicht zur Begründung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung geeignet. Ein entsprechender Parteiwille an der Maßgeblichkeit des am Schiedsort geltenden Sachrechts könnte jedoch darauf zurückzuführen sein, dass der Wahl des Schiedsortes der Wunsch zugrunde liegt, bei Streitigkeiten ein möglichst neutrales Forum mit modernen und praktikablen Regelungen zur Verfügung zu haben.389 Der Schiedsort kann sich dadurch auszeichnen, dass er in einer modernen und zuverlässigen Rechtsordnung belegen ist, die aus Sicht der Parteien eine vorhersehbare, sachgerechte und schnelle Lösung von Streitfällen ermöglicht.390 Demgegenüber kann die Wahl des Schiedsortes jedoch lediglich darauf zurück zu führen sein, dass die Parteien einen kurzen oder einfachen Anreiseweg zum Schiedsort haben, am Schiedsort entsprechende Räumlichkeiten, Dolmetscher und 385

Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.73. Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.257; vgl. MüKo / ​Münch, § 1029, Rn. 37. 387 Epping, Schiedsvereinbarung, 55. 388 Fallen Schiedsort und Hauptvertragsstatut auseinander ebenfalls kritisch: Schmidt-​ ­Ahrendts  / ​Höttler, SchiedsVZ 2011, 267, 274. 389 Eine umfassende Analyse der hinter der Wahl des Schiedsortes liegenden Motiven findet sich in der „2010 International Arbitration Survey: Choices in international Arbitration“. Online abrufbar unter http://www.arbitration.qmul.ac.uk/research/2010/index.html (zuletzt geprüft am 15.05.2018). Zu den mit der Wahl des Schiedsortes in Verbindung stehenden Faktoren siehe auch die „UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings 2016“, S. 11 ff. Online abrufbar unter: http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/2016Notes_ proceedings.html (zuletzt geprüft am 15.05.2018). 390 „The most important factor is the ‚formal legal infrastructure‘ at the seat (62 %), which includes the national arbitration law and also the track record in enforcing agreements to arbitrate and arbitral awards in that jurisdiction and its neutrality and impartiality“, 2010 International Arbitration Survey: Choices in international Arbitration, 17. 386

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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weitere Dienstleister zur Verfügung stehen oder der Gegenstand der Streitigkeit, wie beispielsweise ein Bauprojekt, dort belegen ist391. Die Wahl des Schiedsortes kann daher ausschließlich auf rein praktische Erwägungen, wie das Bestehen einer hinreichenden Infrastruktur zurückgehen. Aus diesem Grund kann daher auch aus der Wahl des Schiedsortes nicht eindeutig auf den Willen der Parteien geschlossen werden, das Schiedsvereinbarungsstatut dem am Schiedsort geltenden Sachrecht zu unterwerfen.392 (3) Zwischenergebnis Die bisherige Betrachtung hat gezeigt, dass weder die Wahl des Hauptvertragsstatuts, noch die Wahl des Schiedsortes als hinreichende Indizien für eine eindeutige Rechtswahl betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut herangezogen werden können.393 Mit Recht wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die überkommene Lehre der Maßgeblichkeit des hypothetischen Parteiwillens nicht dahingehend zur Anwendung gebracht werden darf, dass sie zur Begründung einer konkludenten Rechtswahl miteinbezogen wird394. Entsprechend wird jedoch verfahren, wenn unter Verweis auf das allgemeine Interesse der Parteien bereits aus der Wahl des Schiedsortes oder des Hauptvertragsstatuts auf eine konkludente Rechtswahl geschlossen wird. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass das Parteiinteresse sowohl auf die Anwendung des Hauptvertragsstatuts als auch auf die Anwendung des am Schiedsort geltenden Sachrechts gerichtet sein kann und sich demnach keinem der betrachteten Indizien eindeutig zuordnen lässt. Aus diesem Grund kann mangels weiterer Anhaltspunkte aus der Wahl des Schiedsortes oder des Hauptvertragsstatuts nicht eindeutig auf den Willen der Parteien geschlossen werden, eine Rechtswahlvereinbarung betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut abzuschließen395. Entsprechendes hat auch bei der Wahl einer bestimmten Rechts 391 Vgl. zu den vielseitigen Motiven ebenfalls die „2010 International Arbitration Survey: Choices in international Arbitration“. 392 Ohne weitere Begründung wird letztlich auch in der eingangs aufgeführten Sulamérica-​ Entscheidung eine konkludente Rechtswahl zugunsten des am Schiedsort geltenden Sachrechts abgelehnt. Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 26. 393 Da über die Maßgeblichkeit der Indizien des Schiedsortes und der Wahl des Hauptvertrages streit herrscht, wird alleine wegen der Existenz dieser Streitigkeit bezweifelt, dass sich diese Indizien zur Bestimmung des Parteiwillens eignen Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479. 394 Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 479. Zur Lehre des hypothetischen Parteiwillens bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts Kegel / ​Schurig, IPR, 658 ff. 395 Aus der Wahl des auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechts wird darauf geschlossen, dass die Parteien das Schiedsvereinbarungsstatut ebenfalls dieser Rechtsordnung unterstellen wollen Geimer IZPR, 1435; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 75 f.; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn.  8.257; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1029 Rn. 28. A. A. Elsing, Auslegung von Schiedsvereinbarungen, 119; Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 478. Darüber hinaus ist auf eine entsprechende Rechtswahl geschlossen worden, soweit die Parteien lediglich

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

ordnung für den Hauptvertrag bei gleichzeitiger Vereinbarung eines in dieser Rechtsordnung belegenen Schiedsortes zu gelten.396 In diesem Fall führt jedoch die objektive Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zur Maßgeblichkeit des Rechts am Schiedsort und stellt damit einen Gleichlauf zum Statut des Hauptvertrages her397. Dementsprechend werden die Parteien nicht von der Maßgeblichkeit einer fremden Rechtsordnung überrascht. Haben die Parteien die Schiedsvereinbarung übereinstimmend nach dem Sachrecht einer bestimmten Rechtsordnung beurteilt, liegen jedoch hinreichende Anhaltspunkte vor, die eindeutig auf eine konkludente Rechtswahlvereinbarung schließen lassen.398 Ziehen beide Parteien die Sachnormen einer Rechtsordnung zur Argumentation bezüglich des Zustandekommens einer wirksamen Schiedsvereinbarung heran, kann daher auch ohne ausdrückliche Erklärung auf einen übereinstimmenden Parteiwillen geschlossen werden, dass sich die Schiedsvereinbarung nach dieser Rechtsordnung bemessen soll.399 Anders ist jedoch zu entscheiden, wenn nicht die Parteien, sondern das Gericht die Sachnormen einer Rechts­ordnung zur Anwendung bringt und die Parteien keinen Widerspruch gegen die Anwendung dieser Sachnormen erheben.400 In diesem Fall kann nicht eindeutig auf ein Erklärungsbewusstsein der Parteien geschlossen werden, da der unterbliebene Widerspruch darauf beruhen kann, dass die kollisionsrechtliche Fragestellung überhaupt nicht erkannt wurde.401 einzelne Bestimmungen des Schiedsverfahrensrechts abbedungen haben So im Ergebnis XL Insurance Limited v Owens Corning, QB (Com Ct), [2000] 2 Lloyd’s Rep. 500; Arsanovia Ltd v Cruz City 1 Mauritius Holdungs, [2013] EWHC 3702 (Comm), [2013] 1 Lloyd’s Rep. 235, 244; zustimmend Merkin / ​Flannery, Arbitration Act 1996, 211. 396 Anders OLG München, Beschl. v. 07.07.2014, 34 SchH 18/13, Rn. 28: „Die von den Parteien vereinbarte Anwendung deutschen Rechts betrifft ausdrücklich nur das materielle Recht. Dessen ungeachtet spricht alles dafür, deutsches Recht – jedenfalls konkludent – auch für die Wirksamkeit der Schiedsklausel als vereinbart anzusehen. Denn im Zusammenhang mit der vertraglichen Bestimmung deutschen Sachrechts […] ist auch ein deutscher Schiedsort gewählt worden […]“. 397 Zur Maßgeblichkeit des Rechts am Schiedsort infolge einer objektiven Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts oben Kapitel 1 III. 1. a). 398 In diesem Sinne OLG Hamm, Urt. v. 09.07.2013, 21 U 16/13, Rn. 17 = SchiedsVZ 2014, 38 ff.: „Die Schlussfolgerung, dass die Parteien das deutsche Recht zum Schiedsvereinbarungsstatut bestimmt haben, beruht darauf, dass sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren die Frage, ob zwischen ihnen eine Schiedsvereinbarung wirksam zustande gekommen ist, ausschließlich nach den Vorgaben der ZPO und des BGB beurteilt haben“. Ebenso zur Begründung einer konkludenten Rechtswahl des Schuldvertragsstatuts Bundesgerichtshof, Urt. v. 18.01.1988, II ZR 72/87 = BGHZ 103, 84, 86; Bundesgerichtshof, Urt. v. 20.09.1995, VIII ZR 52/94 = BGHZ 130, 371; Bundesgerichtshof, Urt. v. 09.12.1998, IV ZR 306/97 = BGHZ 140, 167; MüKoBGB / ​ Martiny, Rom I-​VO Art. 3, Rn. 53. 399 A. A. Epping, Schiedsvereinbarung 52. 400 Epping, Schiedsvereinbarung, 51. In der Literatur wird eine konkludente Rechtswahl jedoch für den Fall zugelassen, dass das Gericht die Parteien ausdrücklich darauf hinweist, dass aus dem fehlenden Widerspruch auf eine entsprechende Rechtswahl geschlossen wird Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.258. 401 Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.258.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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bb) Exkurs: Die offene Rechtswahl zur Begründung des Gültigkeitsprinzips Gemäß dem Gültigkeitsprinzip ist dasjenige Sachrecht auf die Schiedsvereinbarung anzuwenden, welches der Schiedsvereinbarung zur Gültigkeit verhilft.402 Die Anwendung des Gültigkeitsprinzips kann dazu führen, dass innerhalb des Einrede-​oder Feststellungsverfahrens ein anderes Sachrecht über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheidet, als innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens403. Um dieser Gefahr zu begegnen, wird vorgebracht, dass die Parteien der Schiedsvereinbarung zur weitgehenden Wirksamkeit verhelfen wollen404. Werde das Gültigkeitsprinzip in den Stadien vor der Anerkennung und Vollstreckung als maßgebliche Kollisionsregel zur Anwendung gebracht, könne innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens auf eine konkludente Rechtswahl zugunsten des über das Gültigkeitsprinzip ermittelnden Sachrechts geschlossen werden.405 Verhelfe beispielsweise das Hauptvertragsstatut der Schiedsvereinbarung innerhalb des Einrede-​oder Feststellungsverfahrens zur Geltung, sei eine konkludente Rechtswahl im Sinne des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü anzunehmen, innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens ebenfalls das Hauptvertragsstatut zur Anwendung zu bringen. An der grundsätzlichen Möglichkeit eine offene Rechtswahlvereinbarung abzuschließen, bestehen keine Bedenken. Wird die Zulässigkeit von floating choice of law clauses anerkannt, welche die Bestimmung des im Einzelfall anwendbaren Rechts der Wahl einer Partei, einem Dritten oder der Losentscheidung überlassen406, muss auch die Wahl desjenigen Rechts, welches „der Schiedsvereinbarung zur Wirksamkeit verhilft“ zulässig sein. Bereits aus dem Abschluss einer Schiedsvereinbarung auf eine entsprechend offene und konkludent abgeschlossene Rechtswahl zu schließen, ist jedoch ernsthaften Bedenken ausgesetzt. Ob die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts eröffnet ist, kann den Kern der Streitigkeit bilden. Daher kann die Anwendung eines hierüber entscheidenden Sachrechts nicht mit dem Willen der Parteien begründet werden, der Schiedsvereinbarung in jedem Fall zur Wirksamkeit verhelfen zu wollen.407 Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass sich eine konkludente Rechtswahl eindeutig aus dem Vertrag oder den Begleitumständen ergeben muss. Zwar mag es dem hypothetischen Parteiwillen entsprechen, der Schiedsvereinbarung zur weitgehenden Wirksamkeit zu verhelfen. Wie soeben festgestellt, ist jedoch nicht der hypo 402

Zum Gültigkeitsprinzip oben Kapitel 1 III. 1. b) bb). Zu den Nachteilen des Gültigkeitsprinzips bereits oben Kapitel 1 III. 1. b) bb). 404 Born, Arbitration, 545. 405 Born, Arbitration, 545. 406 Zur Zulässigkeit von floating choice of law clauses MüKoBGB / ​Martiny, Rom I-​VO Art. 3, Rn.  18; Staudinger / ​Magnus, ROM I-​VO, Art. 3, Rn. 54; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.16 m. w. N.; Kegel / ​Schurig, IPR, 653 f. 407 Zur Gefahr eines Zirkelschlusses bereits oben Kapitel 1 III. 1. b) bb). 403

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

thetische Parteiwille der Maßstab zur Annahme einer konkludenten Rechtswahl, sondern die Auslegung des Parteiverhaltens muss im Einzelfall eindeutig auf einen entsprechenden Willen schließen lassen408. Offen bleibt daher, aus welchen Gründen im Einzelfall bereits aus dem der Schiedsvereinbarung eindeutig auf einen den Parteiwillen zum Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung geschlossen werden kann. Selbst für den Fall, dass eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung angenommen werden kann, bleibt ferner unklar, aus welchen Gründen diese innerhalb des Einrede-​und Feststellungsverfahrens unbeachtlich bleibt und erst innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist. Zuletzt bereitet auch die Annahme einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung im Zeitpunkt nach Streitentstehung Bedenken. Es müsste eindeutig auf den Willen der Parteien geschlossen werden können, innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens eine konkludente Rechtswahlvereinbarung zugunsten desjenigen Sachrechts zu vereinbaren, welches innerhalb des Einrede-​oder Feststellungsverfahrens zur Anwendung gebracht worden ist. Wird durch eine Partei die Anerkennung und Vollstreckung mit der Begründung angegriffen, es liege keine wirksame Schiedsvereinbarung vor, fehlt es jedoch offensichtlich an einem gemeinsamen Parteiwillen, der Schiedsvereinbarung zur Wirksamkeit verhelfen zu wollen. Infolgedessen kann nicht eindeutig auf den Willen der Parteien geschlossen werden, dass innerhalb des Einrede-​und Vollstreckungsverfahrens maßgebliche Sachrecht zur Anwendung bringen zu wollen, um der Schiedsvereinbarung zur Geltung zu verhelfen. Im Ergebnis muss daher die Annahme zurückgewiesen werden, dass auf eine konkludent abgeschlossene Rechtswahlvereinbarung zugunsten desjenigen Sachrechts, das der Schiedsvereinbarung zur Geltung verhilft, geschlossen werden kann. b) Der Abschluss einer mittelbaren Rechtswahlvereinbarung Haben die Parteien das für die Schiedsvereinbarung maßgebliche Recht nicht unmittelbar in der Schiedsklausel, der Schiedsabrede oder konkludent bestimmt, kommt eine mittelbare Rechtswahlvereinbarung durch die Wahl einer Schiedsverfahrensordnung in Betracht, die entsprechende Regelungen bereitstellt. aa) Die Wahl eines nichtstaatlichen Schiedsverfahrensrechts Die Parteien können die auf das Schiedsverfahren anwendbaren Regelungen in großen Teilen selbst bestimmen und diesbezüglich auf die Regelwerke verschiedener Institutionen zurückgreifen. Sind sich die Parteien darüber einig, dass sich das Schiedsverfahren nach einem bestimmten Regelwerk richten soll und enthält 408

Zum Maßstab einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung oben Kapitel 1 III. 2 a).

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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dieses Regelwerk eine Bestimmung für das anzuwendende Recht, kann durch die Wahl dieses Regelwerks zugleich eine mittelbare Rechtswahlvereinbarung vorliegen. Beispielsweise enthält das Regelwerk des London Court of International Arbitration (LCIA) in Art. 16.4 LCIA-​R folgende Bestimmung: „The law applicable to the Arbitration Agreement and the arbitration shall be the law applicable at the seat of the arbitration, unless and to the extent that the parties have agreed in writing on the application of other laws or rules of law and such agreement is not prohibited by the law applicable at the arbitral seat.“409

Das Regelwerk des LCIA sieht demnach vor, dass mangels einer anderen Vereinbarung das Recht am Schiedsort auf die Schiedsvereinbarung anzuwenden ist. Haben sich die Parteien darauf verständigt, das Regelwerk des LCIA zur Anwendung zu bringen, liegt in der Wahl dieses Regelwerks daher zugleich eine mittelbare Rechtswahlvereinbarung zugunsten des Rechts am Schiedsort, von der nur mittels einer schriftlichen Vereinbarung abgewichen werden kann. Neben dem Regelwerk der LCIA enthalten auch die Regelwerke anderer Schiedsinstitutionen Regelungen betreffend das anwendbare Recht. Beispielsweise hat das Schiedsgericht gemäß § 24.2 DIS-​R mangels Rechtswahl diejenigen Rechtsregeln anzuwenden, die es für geeignet hält410. Diese Vorschrift bezieht sich jedoch auf das Hauptvertragsstatut411. Eine Regelung bezüglich dem auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Recht lässt sich dem Regelwerk der DIS nicht entnehmen. Aus diesem Grund kann aus der Einigung auf das Regelwerk der DIS nicht auf den Abschluss einer mittelbaren Rechtswahlvereinbarung bezüglich des auf die Schiedsvereinbarung anzuwendenden Rechts geschlossen werden. Entsprechendes muss für diejenigen Regelwerke gelten, die lediglich eine Regelung für das in der Hauptsache anwendbare Recht treffen. bb) Die Wahl eines staatlichen Schiedsverfahrensrechts Neben der Einigung auf das Regelwerk einer Schiedsinstitution kommt in Betracht, dass sich die Parteien auf die Anwendung eines staatlichen Schiedsverfahrensrechts verständigen. In diesen Fall wird von der wohl herrschenden Literaturauffassung auf den Abschluss einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung geschlossen, wonach die Sachnormen der jeweiligen Rechtsordnung neben der Verfahrensdurchführung zugleich über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden sollen.412 409

Abrufbar online unter: http://www.lcia.org/dispute_resolution_services/lcia-​a rbitration-​ rules-​2014.aspx#Article%2016 (zuletzt geprüft am 15.05.2018). 410 Die Schiedsgerichtsordnung der DIS ist online abrufbar unter: http://www.disarb.org/ de/16/regeln/-​id37 (zuletzt geprüft am 15.05.2018). 411 So die Überschrift der Norm: „In der Sache anwendbares Recht“. 412 Geimer, IZPR, 1435; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.257; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 75; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1029 Rn. 28; vgl. Schmidt-​Ahrendts  / ​

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

Enthält bereits das von den Parteien vereinbarte Schiedsverfahrensrecht entsprechende Regelungen, welche die Anforderungen an das tatbestandliche Zustandekommen der Schiedsvereinbarung festlegen, verdient diese Auffassung Zustimmung. Soweit ersichtlich enthält jedoch kein staatliches Schiedsverfahrensrecht auf Grundlage des UNCITRAL-​Modellgesetzes entsprechende Vorschriften, die auch das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung regeln. Auch wenn das von den Parteien bestimmte Schiedsverfahrensrecht die Anwendung der dieser Rechtsordnung zugehörigen Sachnormen anordnet, kann der Auffassung der wohl herrschenden Literaturauffassung gefolgt werden, dass aus der Wahl des jeweiligen Schiedsverfahrensrechts im Ergebnis auf eine Wahl des Sachrechts der betreffenden Rechtsordnung geschlossen werden kann. Enthält das vereinbarte Schiedsverfahrensrecht eine Kollisionsnorm, welche die Anwendung des Sachrechts einer bestimmten Rechtsordnung vorsieht, ist demnach das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut anhand dieser Kollisionsnorm zu bestimmen. Zur Verdeutlichung soll folgender Beispielsfall dienen: Die Parteien vereinbaren einen Schiedsort in Deutschland und die Geltung des englischen Schiedsverfahrensrechts. Das englische Schiedsverfahrensrecht sieht vor, dass mangels ausdrücklicher oder konkludenter Rechtswahl das Sachrecht mit der engsten Verbindung zur Schiedsvereinbarung zur Anwendung zu bringen ist.413 Diesbezüglich geht die englische Rechtsprechung davon aus, dass das am Schiedsort geltende Sachrecht die engste Verbindung zur Schiedsvereinbarung aufweist, sodass letztlich das deutsche Sachrecht als maßgebliches Schiedsvereinbarungsstatut berufen wird414. Durch die Wahl des englischen Schiedsverfahrensrechts bringen die Parteien zum Ausdruck, die darin enthaltenen Vorschriften, einschließlich einer darin enthaltenen Kollisionsnorm zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zur Anwendung zu bringen. Haben die Parteien keine ausdrückliche Rechtswahl betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut abgeschlossen, lässt sich daher auf den konkludent zum Ausdruck gebrachten Parteiwillen schließen, die Bestimmung des hierfür maßgeblichen Rechts nach der Kollisionsnorm des vereinbarten Schiedsverfahrensrechts zu bestimmen. Führt die Verweisung der Kollisionsnorm des vereinbarten Verfahrensrechts jedoch zur Maßgeblichkeit des Sachrechts einer anderen Rechtsordnung, ist dieser Verweisungsbefehl zu berücksichtigen. In dem soeben genannten Beispielsfall verweist die Kollisionsnorm des vereinbarten englischen Schiedsverfahrensrechts auf das deutsche Sachrecht. Hüttler, SchiedsVZ 2011, 267, 273 f. Im Ergebnis wohl auch XL Insurance Limited v Owens Corning, QB (Com Ct), [2000] 2 Lloyd’s Rep. 500; Arsanovia Ltd v Cruz City 1 Mauritius Holdungs, [2013] EWHC 3702 (Comm), [2013] 1 Lloyd’s Rep. 235. A. A. Elsing, Auslegung von Schiedsvereinbarungen, 119 unter dem Verweis auf die „bloße Fiktion“ einer Parteivereinbarung. Ebenso Stürner / ​Wendelstein, IPRax 2014, 473, 478 f. 413 Zum autonomen englischen Kollisionsrecht oben Kapitel 1 III. 1. a) ff) (2). 414 Anders der Bundesgerichtshof, der die Feststellung getroffen hat, dass in dem für den Hauptvertrag maßgeblichen Recht das Recht mit der engsten Verbindung zur Schiedsvereinbarung zu sehen ist. Vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.06.2010, XI ZR 349/08, Rn. 30 = SchiedsVZ 2011, 46, 48.

III. Die Bestimmung des für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts  

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Dementsprechend ist das deutsche Sachrecht als das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen und die Maßgeblichkeit des englischen Sachrechts lässt sich nicht auf die Parteivereinbarung zurückführen. Es muss jedoch bezweifelt werden, ob auch im Übrigen aus der Wahl eines staatlichen Schiedsverfahrensrechts zugleich mittelbar darauf geschlossen werden kann, dass die Parteien die Sachrechtsnormen dieser Rechtsordnung angewendet wissen wollen, welche das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung regeln. Für eine Rechtswahlvereinbarung könnte zwar angeführt werden, dass sich infolgedessen ein Gleichlauf zwischen Schiedsverfahrens-​und Schiedsvereinbarungsstatut herstellen ließe. Es hat sich jedoch bereits gezeigt, dass die Herstellung eines entsprechenden Gleichlaufs nicht geeignet ist, auf eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung zu schließen415. Kann sich das Schiedsverfahren nach einer anderen Rechtsordnung bemessen, als das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung, bedarf es daher weiterer Anhaltspunkte, welche eindeutig auf den Willen der Parteien schließen lassen, die Schiedsvereinbarung nach den Sachrechtsnormen der Rechtsordnung des vereinbarten Schiedsverfahrensrechts zu entnehmen. Ebenso wie der Wahl des Schiedsortes verschiedene Motive zugrunde liegen können,416 kann die Wahl eines staatlichen Schiedsverfahrensrechts im Einzelfall das Ergebnis verschiedenster Erwägungen sein. So könnte der Wahl des deutschen Schiedsverfahrensrechts beispielsweise das Motiv zugrunde liegen, dass dieses in Abweichung zum UNCITRAL-​Modellgesetz eine frühzeitige Überprüfung der Schiedsvereinbarung durch staatliche Gerichte vorsieht.417 Vergleichbar zur Wahl des Hauptvertragsstatuts oder des Schiedsortes,418 kann auch aus der Wahl eines maßgeblichen Schiedsverfahrensrechts daher nicht eindeutig darauf geschlossen werden, dass die Parteien die Sachrechtsnormen dieser Rechtsordnung für die Beurteilung der Schiedsvereinbarung angewendet wissen wollen. Im Ergebnis bedarf es neben der Wahl eines staatlichen Schiedsverfahrensrechts daher weiterer Anhaltspunkte, um auf eine konkludente Rechtswahl betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut zu schließen.

415

Zum Einfluss des Gleichlaufs zwischen Schiedsverfahrens-​und Vereinbarungsstatut oben Kapitel 1 III. 2. a) aa) (2). 416 Zur konkludenten Rechtswahl in Folge der Wahl des Schiedsortes und den Motiven hinter der Wahl des Schiedsortes oben Kapitel 1 III. 2. a) aa) (2). 417 Zur Überprüfung der Schiedsvereinbarung durch staatliche Gerichte umfassend Kapitel 3 I und II. 418 Zum Indiz der Wahl des Hauptvertragsstatuts und des Schiedsortes oben Kapitel  1 III. 2. a) aa) (1).

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1. Kap.: Die Schiedsvereinbarung und ihr Verhältnis zum anwendbaren Recht

c) Das Statut der Rechtswahlvereinbarung Nach welchem Recht sich die Feststellung einer Rechtswahlvereinbarung bemisst, wird weder im autonomen Schiedsverfahrensrecht noch in den multilateralen Übereinkommen geregelt.419 Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, das autonome Schiedsverfahrensrecht, das EU-​Ü und das UN-​Ü dahingehend um eine ungeschriebene Kollisionsnorm zu ergänzen, dass das vermeintlich von den Parteien gewählte Recht über das Zustandekommen einer entsprechenden Rechtswahlvereinbarung entscheidet.420 Dieser Auffassung ist zuzustimmen, soweit eine ausdrückliche Rechtswahlvereinbarung vorliegt. Bei einer ausdrücklichen Parteivereinbarung lässt sich das von den Parteien vermeintlich gewählte Recht ohne weitere Schwierigkeiten bestimmen.421 Mangels ausdrücklicher Parteierklärung bereitet die Bestimmung des vermeintlich gewählten Rechts jedoch Schwierigkeiten. Aus diesem Grund sind die Maßstäbe zur Feststellung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung unmittelbar aus der jeweils anwendbaren Kollisionsnorm zu entwickeln.422 Wie bereits festgestellt, wird für die Kollisionsnormen des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO bzw. Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü sowie Art. 6 Abs. II EU-​Ü vorgeschlagen, den Maßstab des Art. 3 Abs. I S. 2 Rom I-​VO entsprechend zur Anwendung zu bringen, wonach der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung eindeutig aus den Umständen des Einzelfalls hervorgehen muss423.

IV. Zusammenfassung des ersten Kapitels Das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung bemisst sich nach dem im Einzelfall maßgeblichen Schiedsvereinbarungsstatut, welches sich sowohl von dem für den Hauptvertrag maßgeblichen Sachrecht, als auch von dem maßgeblichen Schiedsverfahrensrecht unterscheiden kann. Die in der Literatur und Rechtsprechung weiterhin umstrittene Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung hat hingegen keinen Einfluss auf die Ermittlung des maßgeblichen Schiedsverein­ barungsstatuts. Insbesondere kann aus einer prozessualen Einordnung nicht dar-

419

Epping, Schiedsvereinbarung, 57. Gildeggen, Internationale Schieds-​und Schiedsverfahrensvereinbarungen, 131 f.; Epping, Schiedsvereinbarung, 57. Im Ergebnis wohl auch Bundesgerichtshof, Urt. v. 10.05.1984, III ZR 206/82 = BGH RIW 1984, 644. Diese Vorgehensweise entspricht letztlich der Regelung des Art. 3 Abs. V i. V. m. Art. 10 Abs. I Rom I-​VO. 421 Auf die Vorteile einer schnellen und rechtssicheren Bestimmung hinweisend Epping, Schiedsvereinbarung, 57. 422 Dieser Grundsatz gilt vergleichbar in Art. 3 Abs. I Rom I-​VO zur Bestimmung einer konkludenten Rechtswahl betreffend das Schuldvertragsstatut. Hierzu Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.67. 423 Zum Maßstab der Annahme einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung oben Kapitel 1 III. 2 a). 420

IV. Zusammenfassung des ersten Kapitels 

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auf geschlossen werden, dass der Lex-​Fori-​Regel folgend die Schiedsvereinbarung stets nach dem am Gerichtsort geltenden Sachrecht zu bemessen ist. Die kollisionsrechtliche Behandlung der Schiedsvereinbarung wird durch die Vielzahl an Rechtsquellen erschwert, deren jeweiliger Anwendungsbereich voneinander abzugrenzen ist. Der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü kommt bei der Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts eine zentrale Bedeutung zu. Das UN-​Ü kommt in einer Vielzahl an Rechtsordnungen zur Anwendung und beruft innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens letztlich das Recht am Schiedsort als das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung. Um auch in der Verfahrensphase vor der Anerkennung und Vollstreckung zu identischen Ergebnissen zu kommen, wird vorgeschlagen, die bestehenden Lücken des Kollisionsrechts der Schiedsvereinbarung im Wege der Rechtsfortbildung um eine Kollisionsregel zu ergänzen, die insbesondere innerhalb des Feststellungs-​und Einredeverfahrens das Recht am Schiedsort als das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung beruft. Hierfür kann die Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü als Vorbild dienen und entsprechend zur Anwendung gebracht werden. Der objektiven Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts vorgelagert ist die subjektive Anknüpfung an eine bestehende Rechtswahlvereinbarung. Haben die Parteien das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut gewählt, findet diese Rechtswahl nach den Kollisonsnormen des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO bzw. Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü sowie Art. 6 Abs. II EU-​Ü vorrangig Beachtung. Bei der Feststellung einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung ist hingegen Zurückhaltung geboten, da im Einzelfall eindeutig auf einen entsprechenden Parteiwillen geschlossen werden muss. Insbesondere die Wahl eines maßgeblichen Rechts für den Hauptvertrag, die Wahl des Schiedsortes oder eines maßgeblichen Schiedsverfahrensrechts sind für sich genommen keine hinreichenden Indizien, die auf einen eindeutigen Willen zum Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung schließen lassen.

2. Kapitel

Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung Die Erkenntnis, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens den Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung voraussetzt und dass sich das tatbestand­ liche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung mangels Rechtswahl nach dem am Schiedsort geltenden Sachrecht zu bemessen hat, lässt die Frage unbeantwortet, welche Personen an eine Schiedsvereinbarung gebunden werden. Es wurde bereits eingangs darauf hingewiesen, dass der Gegenstand dieser Arbeit insbesondere darauf gerichtet ist, die Bindung von Personen an eine Schiedsvereinbarung zu untersuchen, welche die Schiedsvereinbarung nicht höchstpersönlich abgeschlossen haben. Dieser Fragestellung widmet sich das folgende Kapitel. Im Folgenden soll anhand von drei verschiedenen Fallgruppen untersucht werden, ob eine zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien wirksam zustande gekommene Schiedsvereinbarung auch gegenüber dritten Personen eine Bindungswirkung entfalten kann. Zunächst wird der Frage nachgegangen, ob der Zessionar eine zwischen dem Schuldner und dem Zedenten für die zedierte Forderung abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird (I.). Im Anschluss an die Zession soll die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  (II.) und die Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung (III.) untersucht werden. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet innerhalb jeder der drei Fallgruppen die Frage, ob ein am Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar beteiligter Dritter von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst und demnach an diese gebunden wird. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob und wie sich rechtsdogmatisch die Bindung eines Dritten an eine zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien zustande gekommene Schiedsvereinbarung rechtfertigen lässt. Anschließend soll für jede Fallgruppe untersucht werden, welches Sachrecht über die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung entscheidet. Innerhalb des ersten Kapitels konnte bereits gezeigt werden, dass sich das tatbestandliche Zustandekommen einer wirksamen Schiedsvereinbarung nach dem am Schiedsort geltenden Sachrecht zu bemessen hat. Die Untersuchung der Fallgruppen umfasst demnach jeweils die Frage, ob die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung nach dem Schiedsvereinbarungsstatut zu bemessen ist, oder ob vielmehr für die jeweilige Fallgruppe eine Sonderanknüpfung geboten ist.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 1. Die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung Die Folgen einer Forderungszession für die Schiedsvereinbarung richten sich nach dem hierfür maßgeblichen Sachrecht. Wie bereits festgestellt, sind für Fragen betreffend das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung, mangels einer Regelung innerhalb des Zivilverfahrensrechts, die Vorschriften des allgemeinen materiellen Rechts entsprechend zur Anwendung zu bringen.1 Die Folgen der Zession für die Schiedsvereinbarung richten sich daher nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts.2 Eine ausdrückliche Bestimmung betreffend die Auswirkungen der Zession auf die Schiedsvereinbarung lässt sich dem BGB nicht entnehmen. Im Ergebnis sprechen sich jedoch sowohl die Rechtsprechung als auch die weit überwiegende Auffassung in der Literatur dafür aus, dass der Zessionar der Forderung an eine für diese Forderung abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird3. Es fragt sich jedoch, anhand welcher Vorschriften sich die Bindung des Zessionars an eine zwischen dem Schuldner und dem Zedenten für die zedierte Forderung abgeschlossene Schiedsvereinbarung rechtfertigen lässt. a) Die kraft Gesetz eintretende Bindung Die Abtretung ist in den Vorschriften der §§ 398–413 BGB geregelt. Wurde zwischen dem zwischen dem Schuldner und dem Zedenten eine wirksame Schiedsvereinbarung abgeschlossen, werden demnach die §§ 398 ff. BGB zur Anwendung gebracht, um zu klären, ob der Zessionar an eine Schiedsvereinbarung gebunden wird.

1

Hierzu insb. Niklas, Subjektive Reichweite, 34 ff., m. w. N. Dies gilt unabhängig von der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung. Hierzu bereits oben Kapitel 1 II. Dass sich die Bindung Dritter aus den Regelungen des materiellen Rechts ergeben kann, entspricht der weit überwiegenden Auffassung. Überblickende Untersuchungen finden sich bei: Born, Arbitration I, 1412 ff., m. w. N.; Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.01 ff., m. w. N.; Wahab, The Extension of Arbitration Agreements to Third Parties, 145 ff. 2 Umfassend hierzu Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 52 ff; Fremuth-​Wolf, Zessionsfall, 61 ff. 3 Statt vieler: Schütze, Schiedsverfahren, 69 m. w. N.; Wagner, Prozeßverträge, 312 ff.; ­Geimer, IZPR, 1443 f.; Gottwald, Zur Bindung Dritter an internationale Gerichtsstands-​und Schiedsvereinbarungen, 133 m. w. N. Bereits das Reichsgericht hat unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung und herrschende Literaturauffassung eine Bindung des Zessionars angenommen: Reichsgericht, Urt. v. 27.11.1934, VII 183/34 = RGZ 146, 53, 56. Zum formfreien Übergang auf den Erwerber: Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 = BGH NJW 1998, 371 ff. Vergleiche im Übrigen die Rechtsprechungs-​und Literaturnachweise unter Kapitel 2 I. 1. a).

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Gemäß § 398 BGB erwirbt der Zessionar aufgrund eines Abtretungsvertrags mit dem Zedenten ein Forderungsrecht und tritt damit in die Gläubigerstellung des Zedenten ein.4 Über die Begründung, wie sich der Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar rechtfertigen lässt, herrscht hingegen ein nicht ausgefochtener Streit. aa) Der Übergang als Recht nach § 401 BGB Das Reichsgericht begründete die Bindung des Zessionars lediglich dahingehend, dass andernfalls die einseitige Lösung von der Schiedsvereinbarung möglich sei.5 Erst eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1975 verknüpfte die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung ausdrücklich mit Normen des Abtretungsfolgenrechts: „Bei einer Abtretung der Rechte aus einem Vertrag gehen nach dem in § 401 BGB enthaltenen Grundgedanken regelmäßig auch die Rechte und Pflichten aus einer mit ihm verbundenen Schiedsklausel auf den Erwerber über“.6

An dieser Begründung hat der Bundesgerichtshof in seinen Folgeentscheidungen festgehalten und die Bindung des Zessionars im Wesentlichen darauf zurückgeführt, dass die Schiedsvereinbarung als „Eigenschaft“ der abgetretenen Forderung nach dem in § 401 BGB enthaltenen Grundgedanken mit dem abgetretenen Recht auf den Erwerber übergehe.7 Dieser Begründung hat sich ein Teil der Literatur angeschlossen.8 4 Der Abtretungsvertrag führt zu einer Verfügung über den Abtretungsgegenstand, sodass die Abtretungswirkungen nicht nur relativ zwischen Zedent und Zessionar eintreten. Der Abtretungsvertrag ist zu unterscheiden von dem der Abtretung zugrundeliegenden Kausalgeschäft zwischen Zedent und Zessionar für welches beispielsweise ein Forderungskauf oder eine Sicherungsabrede in Betracht kommt. 5 Reichsgericht Urt. v. 08.12.1903, VII 321/03 = RGZ 56, 182, 183. Ebenso Reichsgericht Urt. v. 27.11.1934, VII 183/34 = RGZ 146, 52, 55; Reichsgericht Urt. v. 15.03.1935, VII 318/34 = RGZ 147, 213, 216. 6 Bundesgerichtshof, Urt. v. 18.12.1975, III ZR 103/73 = NJW 1976, 852. 7 Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.03.1978, III ZR 99/76 = BGHZ 71, 162, 165 = NJW 1978, 1585. Der Bundesgerichtshof verweist auf die Entscheidung des Reichsgerichts vom 27.11.1934, in welcher der Senat feststellte, dass „bei einer Abtretung der Rechte aus einem Vertrag, der eine Schiedsgerichtsklausel enthält, grundsätzlich auch die Ansprüche aus dieser auf den Rechtserwerber über[gehen]“, RGZ 146, 52, 55. Ebenso zum Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar Bundesgerichtshof, Urt. v. 01.08.2002, III ZB 66/01 = BGH NJW-​R R 2002, 1462, 1463; Bundesgerichtshof, Urt. v. 03.05.2000, XII ZR 42/98 = NJW 2000, 2346; Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 = NJW 1998, 371; Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.03.1978, III ZR 99/76 = BGHZ 71, 162, 165 = NJW 1978, 1585. 8 Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 145 f.; Ebbing, NZG 1998, 63, 64; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1029 Rn. 8. Kritisch zur Schiedsvereinbarung als „Eigenschaft“ der Forderung: Schmidt, DB 1989, 2315, 2318; MüKoHGB / ​Schmidt, § 128 Rn. 22. Ebenso Röhricht / ​Westphalen / ​ Haas / ​Haas, HGB § 128, Rn. 9b; Haas / ​Obermanner, Drittwirkung, 508 ff.; Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 115; wohl auch Schütze / ​Tscherning / ​Wais, Handbuch, 33.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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Den Übergang der Schiedsvereinbarung und damit die Bindung des Zessionars lediglich auf § 401 BGB zurückzuführen, sieht sich hingegen anhaltender Kritik ausgesetzt.9 Neben der fehlenden Aufzählung der Schiedsvereinbarung innerhalb des Wortlautes, werde der Übergang der Schiedsvereinbarung nicht vom Sinn und Zweck der Norm erfasst.10 Zweck der Regelung des § 401 BGB sei, dass dem neuen Gläubiger alle mit der Forderung verbundenen Vergünstigungen und Vorteile erhalten blieben11. Die Vorschrift sei demnach auf den Übergang von rechtlichen Vorteilen zugeschnitten. Die Schiedsvereinbarung führe jedoch nach der wohl überwiegenden Auffassung zu verschiedenen materiellrechtlichen Verpflichtungen.12 Folglich begründe die Schiedsvereinbarung eine Gesamtheit an vertraglichen Rechten und Pflichten, sodass sich der Übergang der Schiedsvereinbarung nicht über § 401 BGB rechtfertigen lasse13. Der Bundesgerichtshof setzte sich mit dieser Kritik auseinander14, hält im Ergebnis jedoch daran fest, dass sich der Übergang auf den Zessionar über den Grundgedanken des § 401 BGB rechtfertigen lasse: „Es ist zwar richtig, daß § 401 BGB im Gegensatz zur Vertragsübernahme (nur) den Übergang gewisser Sicherungsrechte zugunsten des neuen Gläubigers bewirken will. Das schließt es aber nicht aus, die Schiedsklausel als eine „Eigenschaft“ des abgetretenen Rechts zu behandeln und anzunehmen, daß sie diesem entsprechend dem in § 401 BGB enthaltenen Grundgedanken nachfolgt. Das trägt ihrem Charakter als bloßem Hilfsgeschäft (Annex) Rechnung, das ungeachtet seiner sonstigen Eigenständigkeit seiner Funktion nach dem abgetretenen Recht zugeordnet ist, dessen verfahrensmäßiger Verwirklichung und Absicherung es in erster Linie dient“15.

9

Baur, Rechtshängig – Schiedshängig, 91; Olshausen, Forderungsübergang, 137; ­Schricker, Schiedsverträge bei Anspruchsabtretung, 103 ff., Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 63; Wagner, Prozeßverträge, 312; Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 63 ff.; Niklas, Subjektive Reichweite, 119; Massuras, Dogmatische Strukturen, 117; Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1029, Rn. 88. 10 Niklas, Subjektive Reichweite, 119. 11 MüKoBGB / ​Roth  / ​Kieninger, § 401 Rn. 1. 12 Schütze, Schiedsverfahren, 85 f. m. w. N. A. A. Fremuth-​Wolf, Schiedsvereinbarung im Zessionsfall, 146 ff. 13 Baur, Rechtshängig  – Schiedshängig, 91; Wagner, Prozessverträge, 312; Olshausen, Forderungsübergang, 137. Anders ausdrücklich der Bundesgerichtshof: „Es ist zwar richtig, daß § 401 BGB im Gegensatz zur Vertragsübernahme (nur) den Übergang gewisser Sicherungsrechte zugunsten des neuen Gläubigers bewirken will. Das schließt es aber nicht aus, die Schiedsklausel als eine „Eigenschaft“ des abgetretenen Rechts zu behandeln und anzunehmen, daß sie diesem entsprechend dem in § 401 BGB enthaltenen Grundgedanken nachfolgt. Das trägt ihrem Charakter als bloßem Hilfsgeschäft (Annex) Rechnung, das ungeachtet seiner sonstigen Eigenständigkeit seiner Funktion nach dem abgetretenen Recht zugeordnet ist, dessen verfahrensmäßiger Verwirklichung und Absicherung es in erster Linie dient“, Bundes­gerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 = NJW 1998, 371. 14 „Den im Schrifttum geäußerten Bedenken, die der entsprechenden Anwendung des § 401 BGB gelten, folgt der Senat nicht“, Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 = NJW 1998, 371. 15 Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 = NJW 1998, 371.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

bb) Der Übergang als Pflicht nach § 404 BGB Andere Literaturstimmen greifen auf die Regelung des § 404 BGB zurück, um die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung zu begründen.16 Gemäß § 404 BGB kann der Schuldner „dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren“. Demnach verfolge § 404 BGB den Zweck, dass der Zessionar an alle mit der Forderung verbundenen Vertragsbedingungen und die aus diesen hervorgehenden Einwendungen gebunden werde.17 Daraus folge, dass der Zessio­ nar mittels der Regelung des § 404 BGB an die Schiedsvereinbarung gebunden werde, da der Erwerber die Forderung so erhalte, wie diese in den übrigen Vertrag eingebettet sei.18 Auch diese Begründung wird in der Literatur unter Verweis auf die Notwendigkeit einer Schiedseinrede kritisch gesehen19. Die Schiedsvereinbarung eröffne den Schiedsparteien die Möglichkeit der Schiedseinrede im Sinne des § 1032 ZPO, wohingegen § 404 BGB lediglich „Einwendungen“ erfasse, sodass bereits der Wortlaut des § 404 BGB gegen dessen Anwendbarkeit spreche.20 Zwar zeige die Entstehungsgeschichte, dass in den Motiven zu § 404 BGB nicht zwischen Einwendungen und Einreden differenziert werde21, diese seien jedoch stets gegen die Forderung als solche gerichtet22. Demgegenüber sei die Schiedseinrede eben gerade nicht gegen die Forderung als solche gerichtet, da der materiellrechtliche Bestand und die Durchsetzbarkeit der Forderung selbst unabhängig davon bestehe, ob der Zessionar die Forderung vor dem originär zuständigen Gericht oder dem Schiedsgericht geltend mache.23 Dementsprechend könne die Bindung des Zessio­ nars an die Schiedsvereinbarung nicht anhand der Regelung des § 404 BGB begründet werden.

16

Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1029, Rn. 88 m. w. N. Im Ergebnis wohl auch MüKo / ​Roth  / ​Kieninger, § 404, Rn. 6. 17 Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1029, Rn. 88. 18 Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1029, Rn. 88. 19 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 74. 20 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 74. 21 In den Motiven zur Schaffung des BGB lautet es, dass „alle dem Schuldner gegen die Forderung zustehenden Einwendungen, gleichviel, ob sie in Einreden im eigentlichen (materiellen) Sinne bestehen oder sich in rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Thatsachen gründen“ auf den Zessionar übergehen, Mugdan, Gesammelte Materialien II, 70 f. 22 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 74. 23 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 75.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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cc) Der Übergang kraft Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB Um der bestehenden Kritik zu begegnen, den Übergang der Schiedsvereinba­ rung isoliert auf die Regelung des § 401 BGB bzw. des § 404 BGB zu stützen, wird auf ein der Abtretung zugrundeliegendes Prinzip verwiesen.24 Gemäß § 398 S. 2 BGB tritt der neue Gläubiger mit dem Abschluss des Vertrags an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Aus dem Zusammenhang der §§ 401, 404 BGB zu § 398 S. 2 BGB werde deutlich, dass das Abtretungsfolgenrecht vorsehe, dass der Zessio­nar die Forderung in ihrem jeweiligen Bestand, einschließlich aller die Forderung gestaltenden Vereinbarungen und die von der Forderung abhängigen Rechten und Pflichten übernehme.25 Es entspreche dementsprechend dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, dass der Zessionar die Forderung mit allen rechtlichen Vor-​und Nachteilen zu übernehmen habe, sodass sich diese Wertung auf die Schiedsvereinbarung übertragen lasse.26 Die zitierten Bestimmungen seien lediglich Konkretisierungen dieses dem Abtretungsfolgenrecht zugrundeliegenden Prinzips27. Aufgrund ihrer komplexen und ambivalenten Wirkungen lasse sich die Schiedsvereinbarung nicht entweder vor-​oder nachteilig für den Zessionar beziehungsweise als Recht oder Pflicht einer einzelnen Norm zuordnen.28 Es sei jedoch verfehlt, die Schiedsvereinbarung wegen dieser Gegebenheit durch das „dogmatische Netz“ der §§ 309 S.2, 401, 404 BGB fallen zu lassen.29 Wegen ihres Bezuges zur abgetretenen Forderung entspreche es daher dem Willen des Gesetzgebers, den Zessionar an eine mit der Forderung verbundene Schiedsvereinbarung zu binden. Gegen die Bindung des Zessionars infolge einer Gesamtanalogie wird vorgebracht, dass es an der Planwidrigkeit der bestehenden Regelungslücke fehle.30 Dem Gesetzgeber sei bei der Schaffung des § 401 BGB bewusst gewesen, dass eine Forderung mit verschiedenen Nebenrechten oder Vereinbarungen verbunden sein könne, welche von den Wirkungen der Abtretung grundsätzlich nicht erfasst würden.31 Trotz weitreichender Kenntnis der Möglichkeiten der Parteien, weitere Vereinbarungen über die Forderung zu treffen, habe sich der Gesetzgeber bewusst darauf beschränkt, die in § 401 BGB ausdrücklich aufgeführten Rechtspositionen in Folge einer Abtretung zu erhalten.32 Infolgedessen sei eine Gesamtanalogie 24

Wagner, Prozessverträge, 312 f.; Ahrens, Subjektive Reichweite, 105; Niklas, Subjektive Reichweite, 119 f., Gebauer, Subjektive Reichweite, 104. Im Ergebnis wohl auch Stein / ​Jonas / ​ Schlosser, § 1029, Rn. 88. 25 Wagner, Prozessverträge, 312. 26 Wagner, Prozessverträge, 313. 27 Wagner, Prozessverträge, 312. 28 Wagner, Prozessverträge, 312; Olshausen, Forderungsübergang, 134 f. 29 Wagner, Prozessverträge, 312. 30 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 79 f., der aus dem selben Grund die analoge Einzelanwendung der §§ 401,404 BGB ablehnt. 31 In diesem Sinne wohl Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 70. 32 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 70 f.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

mangels planwidriger Regelungslücke nicht geeignet die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung zu begründen. dd) Der unmittelbare Übergang gemäß § 398 BGB Vereinzelt wird angenommen, dass die Schiedsvereinbarung unmittelbar gemäß § 398 BGB auf den Zessionar übergehe.33 Eine Forderung lasse sich lediglich „vinkuliert“ übertragen34. Hiermit ist wohl gemeint, dass die Schiedsvereinbarung fest an den Abtretungsgegenstand gebunden ist. Da die Schiedsvereinbarung zum Inhalt des übertragenen Rechts gehöre, gehe diese zwangsläufig auf den Zessionar über.35 ee) Stellungnahme Die Zession bewirkt ein Auswechseln der Person des Gläubigers.36 Da dieser Gläubigerwechsel nicht in Abhängigkeit von der Zustimmung des Schuldners steht, ist der Schuldner davor zu schützen, dass die Abtretung zu einer Veränderung der gegenüber dem Zedenten bestehenden relativen Rechtspositionen führt.37 Der erforderliche Schuldnerschutz lässt sich jedoch lediglich dann hinreichend sicherstellen, wenn der Zessionar an eine für die abgetretene Forderung vereinbarte Schiedsvereinbarung gebunden wird. Andernfalls hätte es der Zedent in der Hand, sich mittels einer Abtretung einseitig von der Schiedsvereinbarung zu lösen.38 Dieses Ergebnis stünde im Widerspruch zu dem Willen der Parteien, aufkommende Streitigkeiten betreffend die Forderung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zu unterstellen39. Die Entscheidung über den Übergang der Schiedsvereinbarung auf

33

MüKo ZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 47. MüKo ZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 47. 35 MüKo ZPO / ​Münch, § 1029, Rn. 47. 36 MüKo / ​Roth  / ​Kieninger, § 398 Rn. 1 m. w. N. 37 Diesen Schutzgedanken verfolgt insbesondere die Regelung des § 404 BGB. Statt vieler: MüKoBGB / ​Roth  / ​Kieninger, § 404, Rn. 1 m. w. N. Ebenso die ständige Rechtsprechung, vgl. nur Bundesgerichtshof Urt. v. 28.11.1955, II ZR 153/54 = BGHZ 19, 153, 156. 38 Wieczorek / ​Schütze / ​Schütze, § 1029, Rn. 38; Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 276; Kohler, Über prozessrechtliche Verträge und Kreationen, 521; Olshausen, Forderungsübergang, 134; Neuner, Privatrecht und Prozessrecht, 115; Ahrens, Subjektive Reichweite, 103; MüKoZPO / ​ Münch, § 1029, Rn. 47. Ebenso bereits Reichsgericht Urt. v. 08.12.1903, VII 321/03 = RGZ 56, 182, 183. Auf den Sinn und Zweck der Schiedsvereinbarung hinweisend: „Arbitration contracts would be of no value if either party thereto could escape the effect of such a clause by assigning a claim subject to arbitration between the original parties to a third party“, Hosiery Manufacturers Corporation v Natalie Goldston, NYCA, Urt. v. 01.04.1994, 238 NY 22, 143 NE 779. 39 Vgl. Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1029, Rn. 88: „Das Recht des anderen Vertragspartners auf schiedsrichterliche Streiterledigung zu den vereinbarten Bedingungen hat Vorrang. Notfalls 34

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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den Zessionar muss folglich einheitlich ausfallen und darf nicht in das Belieben einer der Parteien gestellt werden.40 Hat eine wirksame Abtretung zur Folge, dass sich die Schiedsvereinbarung nicht auf den Zessionar erstreckt, sieht sich der Schuldner im Streitfall einem Verfahren vor staatlichen Gerichten ausgesetzt, deren Zuständigkeit er eben für diese Forderung ausgeschlossen hatte. Es entspricht demnach insbesondere dem Interesse des Schuldners, dass neben dem Zedenten auch der Zessionar der Forderung an eine für die Forderung abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird, da der Schuldner infolgedessen die eigene Gerichtspflichtigkeit auch im Verhältnis zum Zessionar der Forderung vorhersehen kann.41 Ergänzend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass auch der Zessionar ein berechtigtes Interesse daran haben kann, die Forderung vor dem vereinbarten Schiedsgericht durchzusetzen. Hat sich der Zessionar vor Abschluss des Kausalgeschäfts mit dem Zedenten über die Forderung und deren Durchsetzung gegenüber dem Schuldner informiert, kann auch der Zessionar ein Interesse an den Vorteilen eines Schiedsverfahrens haben und dementsprechend darauf vertrauen, im Streitfall ein Schiedsverfahren gegen den Schuldner einleiten zu können. Damit es zu keiner Schuldnerbenachteiligung kommt, verdient die Auffassung Zustimmung, dass der Abtretung das allgemeine Prinzip zugrunde liegt, den Schuldner vor einseitigen Veränderungen der bisher zum Zedent bestehenden relativen Rechtsposition zu bewahren. Die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung lässt sich dahingehend rechtfertigen, dass der Zessionar neben dem Erwerb einer Forderung und damit einer vorteilhaften Rechtsposition auch die mit dem Vorteil verbundenen Verpflichtungen in Form der Schiedsvereinbarung zu akzeptieren hat.42 Doch wie lässt sich dieses Ergebnis rechtsdogmatisch begründen? Die zuletzt genannte Auffassung, wonach die Schiedsvereinbarung vom Forderungsinhalt erfasst wird, kann hierfür nicht herangezogen werden.43 Die aus der Forderung hervorgehende Leistungspflicht des Schuldners wird durch die Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar beeinflusst.44 Ob und unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger die Leistung verlangen kann oder welchen Umfang die Leistungspflicht hat, wird durch die Schiedsvereinbarung nicht berührt.45 Zwar ist darauf hinzuweisen, dass sich der Forderungsinhalt nicht auf den Anspruch auf eine Leistung muss der Zessionar auf den Erwerb der Forderung verzichten, wenn ihn die Schiedsbindung stört.“ 40 So bereits Olshausen, Forderungsübergang, 135. 41 So zur Gerichtsstandsvereinbarung bereits Gebauer, IPRax 2001, 471, 472. 42 In diesem Sinne zur Gerichtsstandsvereinbarung Mankowski, IPRax 1996, 427, 431. Vergleiche hierzu die Bindung des Dritten beim Vertrag zugunsten Dritter, unten Kapitel 2 II. 2. c) aa). 43 So wohl bereits Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 81. 44 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 82. 45 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 82.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

verkürzen lässt, die zur Erfüllung der Leistungspflicht im Sinne des § 392 Abs. I BGB führt.46 Neben der Befugnis, eine Forderung abzutreten, zu belasten, zu stunden, zu erlassen oder aufzurechnen wird auch die abstrakte Klagbarkeit und Vollstreckbarkeit dem Forderungsinhalt zugerechnet.47 Ungeachtet dessen muss jedoch bezweifelt werden, dass die Schiedsvereinbarung als unmittelbarer Inhalt der abgetretenen Forderung angesehen werden kann. Diese Sichtweise steht im Konflikt zu der Doctrine of Separability, wonach der der Hauptvertrag und somit der Abtretungsgegenstand von der Schiedsvereinbarung zu unterscheiden ist48. Ist die Schiedsvereinbarung unmittelbarer Inhalt der abgetretenen Forderung, bleibt offen, aus welchen Gründen diese in ihrer Wirksamkeit und ihrem Zustandekommen abstrakt von der Forderung zu betrachten ist. Die Feststellung, dass sich die Schiedsvereinbarung nicht dem Forderungsinhalt zurechnen lässt, steht einem Übergang auf den Zessionar jedoch nicht entgegen. Bereits die Bestimmungen der §§ 401, 404 BGB verdeutlichen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, den Schuldnerschutz nicht auf den Forderungsinhalt zu beschränken, sondern vielmehr einen weitreichenden Wechsel der Person des Gläubigers zu verwirklichen49. Angesichts der aufgeführten dogmatischen Bedenken muss eine unmittelbare Anwendung der §§ 401, 404 BGB für die Schiedsvereinbarung jedoch ausscheiden. Mit Recht wird darauf hingewiesen, dass die Schiedsvereinbarung als Komplex aus Rechten und Pflichten nicht den in § 401 BGB aufgeführten Sicherungsrechten gleichgestellt werden kann. Auch betrifft die Schiedsvereinbarung nicht den Bestand oder die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Durchsetzung des streitigen Anspruchs, sodass diese auch nicht unmittelbar unter den Tatbestand einer „Einwendung“ im Sinne des § 404 BGB subsumiert werden kann. Die Auffassung, dass sich der Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar anhand einer Gesamtanalogie der §§ 398 S 2, 401, 404 BGB begründen lässt, verdient hingegen Zustimmung. Zunächst findet die Annahme, dass sich der Gesetzgeber bewusst gegen die Aufnahme der Schiedsvereinbarung in die Regelung des § 401 BGB entschieden habe, in den Motiven keine Stütze. So sprach die ursprüngliche Fassung des § 401 BGB50 allgemein von den „der Verstärkung dienenden Nebenrechten“ und wurde lediglich wegen dem Wunsch nach besserer Verständlichkeit um die in § 401 Abs. I BGB genannten Rechte ergänzt51. Vor diesem Hintergrund bestand Einigkeit darüber, dass es sich innerhalb des § 401 Abs. I BGB um keine abschließende Aufzählung handelt. Dementsprechend liegt letztlich eine planwidrige Regelungslücke vor. 46

Ähnlich bereits Soehring, Nachfolge in Rechtslagen aus Prozessverträgen, 45. Diesbezüglich umfassend mit weiteren Literaturnachweisen Soehring, Nachfolge in Rechtslagen aus Prozessverträgen, 43 ff. 48 Zur Doctrine of Separability oben Kapitel 1 II. 49 Vgl. zum Wechsel des Gläubigers insbesondere § 398 S. 2 BGB. 50 § 297 des ersten Entwurfs. 51 Hierzu: MüKo / ​Roth  / ​Kieninger, § 401, Rn. 2. 47

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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Ferner lässt sich die für eine Analogie vorauszusetzende Vergleichbarkeit der Interessenlage begründen. Das allgemeine Prinzip, dass ein Auswechseln des Gläubigers bewirkt werden soll, spiegelt sich im Wortlaut des § 398 S. 2 BGB wieder. Entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, dass sich die relative Rechtsposition des Schuldners im Verhältnis zum alten und neuen Gläubiger infolge der Abtretung nicht verändern darf, ist eine Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar ebenso geboten, wie eine Erstreckung anderer relativer Rechtspositionen auf den Zessionar, welche die Durchsetzung des zedierten Anspruchs prägen. Dementsprechend begegnet das Gesetz in den §§ 401, 404 BGB den Unsicherheiten betreffend die tatsächliche Durchsetzbarkeit der Forderung und sieht diesbezüglich eine Wirkungserstreckung sowohl der rechtlichen Vergünstigungen und Vorteile, als auch der bestehenden Einwendungen und damit aus Perspektive des Zessionars der mit der Forderung verbundenen Verpflichtungen vor. Zwischen der Schiedsvereinbarung und dem Abtretungsgegenstand besteht eine vergleichbar enge Verbindung, die im Zusammenhang mit der Durchsetzbarkeit des Anspruchs steht. Bereits der Tatbestand einer wirksamen Schiedsvereinbarung setzt voraus, dass sich diese auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezieht.52 Die Schiedsvereinbarung ist als Nebenabrede unmittelbar auf die streitige Forderung bezogen, deren zwangsweise Durchsetzung infolgedessen nur vor einem Schiedsgericht erfolgen soll53. Dementsprechend steht die Schiedsvereinbarung konzeptionell in einem vergleichbar engen Bezug zu der Hauptforderung, wie die in § 401 BGB aufgeführten Nebenrechte oder Einwendungen im Sinne des § 404 BGB. Infolgedessen liegt eine vergleichbare Interessenslage vor. Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass die Bindung des Zessionars an eine für die zedierte Forderung wirksam vereinbarte Schiedsvereinbarung auf eine Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB zurückgeführt werden kann. b) Die Vereinbarkeit mit der Doctrine of Separability Bildet die Schiedsvereinbarung eine in ihrer Wirksamkeit unabhängige Vereinbarung neben dem Hauptvertrag, lässt sich die Frage aufwerfen, ob der Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar mit der Doctrine of Separability vereinbar ist.

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Vergleiche § 1029 Abs. I ZPO. Zutreffend ist in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen worden, dass die Moda­ litäten der zwangsweisen Durchsetzung der Forderung das vertragliche Äquivalenzverhältnis der Parteien beeinträchtigen kann. Vgl. hierzu Wagner, Prozessverträge, 308, der auf den ökonomischen Einfluss einer im Vergleich zur Schiedsvereinbarung veränderten Entscheidungszuständigkeit hinweist. 53

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Vereinzelt wurde die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung aus diesem Grund abgelehnt.54 So heißt es in einer Entscheidung: „Being an autonomous procedural contract, it requires the independent agreement of the assignee for submitting him to the jurisdiction which was chosen by the parties of the contract.“55

Der zitierten Entscheidung ist demnach zu entnehmen, dass infolge der rechtlichen Eigenständigkeit der Schiedsvereinbarung neben dem Hauptvertrag für die Schiedsvereinbarung eine gesonderte Abtretung zu vereinbaren sei. Entgegen dem Tenor dieser Entscheidung entspricht es jedoch der weit überwiegenden Auffassung, dass die Doctrine of Separability dem Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar nicht entgegensteht.56 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Doctrine of Separability dient insbesondere dazu, die Kompetenz des Schieds­ gerichts sicherzustellen, indem die Schiedsvereinbarung von der Wirksamkeit des Hauptvertrages unabhängig ist.57 Zwar ist die Schiedsvereinbarung in ihrer Wirksamkeit vom Hauptvertrag unabhängig, die Schiedsvereinbarung ist jedoch stets auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezogen und lässt sich daher nicht umfassend und absolut von diesem Rechtsverhältnis trennen.58 Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass eine kraft Gesetz eintretende Bindung des Zessionars mit der die Doctrine of Separability vereinbar ist.

54 Moscow District Court (CD), Urt. v. 21.04.1997, IMP Group Ltd v Aeroimp, abgedruckt in Yearbook Commercial Arbitration, XXIII (1998), S. 745 ff; Schiedsspruch Foreign Trade Arbitration Commission at the USSR Chamber of Commerce and Industry (FTAC) vom 09.07.1984, Sojuznefteexport v Joc Oil Limited, Case No. 109/1980, abgedruckt in Yearbook Commercial Arbitration, XVIII (1993), S. 92 ff. 55 Schiedsspruch Foreign Trade Arbitration Commission at the USSR Chamber of Commerce and Industry (FTAC) v. 09.07.1984, Sojuznefteexport v Joc Oil Limited, Case No. 109/1980, abgedruckt in Yearbook Commercial Arbitration, XVIII (1993), S. 92 ff. Ebenso Moscow District Court (CD), Urt. v. 21.04.1997, IMP Group Ltd v Aeroimp, abgedruckt in Yearbook Commercial Arbitration, XXIII (1998), S. 745 ff: „Basing on the principle of autonomy to the arbitration clause […] assignment of rights from the arbitration agreement is to be formulated specially by written agreement or by conclusion of a new arbitration agreement […]“. 56 Born, Arbitration I, 1469 m. w. N.; Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.19; Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 390 ff.; Mohs, Drittwirkung, 68 ff.; Landrove, Assignment, 115 m. w. N. Umfassend mit weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur Fremuth-​Wolf, Zessionsfall, 79 ff. 57 In einer Entscheidung heißt es hierzu: „The concept of separability itself, however, simply reflects the parties’ presumed intention that their agreed procedure for resolving disputes should remain effective in circumstances that would render the substantive contract ineffective. Its purpose is to give legal effect to that intention, not to insulate the arbitration agreement from the substantive contract for all purposes“, Sulamérica Cia Nacional De Seguros SA und andere v Enesa Engenharia SA und andere, [2012] EWCA Civ 638, Rn. 26. Im Allgemeinen zur Doctrine of Separability bereits oben Kapitel 1 II. 58 Born, Arbitration I, 352 f.; Mohs, Drittwirkung, 70 m. w. N.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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c) Die Abhängigkeit vom Inhalt der Schiedsvereinbarung Der Inhalt der Schiedsvereinbarung betreffend ihre subjektive Reichweite, wird durch den Übergang auf den Zessionar nicht verändert. Der Zessionar „erwirbt“ auch die Schiedsvereinbarung daher lediglich in der Gestalt, in welcher diese vor der Zession bestanden hat. Die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung hängt daher insbesondere vom Inhalt der Schiedsvereinbarung ab.59 Dies steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, die sich zwar für eine kraft Gesetzes eintretende Bindung des Zessionars ausspricht, ungeachtet dessen jedoch auf die Notwendigkeit eines entsprechenden Parteiwillens abstellt60. Bereits die erste Entscheidung des Reichsgerichts zur Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung aus dem Jahr 1903 führt hierzu aus: „Es ist nun aber auch der Vorinstanz darin beizutreten, daß bei der hiernach rechtsgültig erfolgten Cession jener Forderung […] die solchen Anspruch umfassende Schiedsgerichtsklausel in Gemäßheit des vermutlichen Willens jener Personen auf den Cessionar […] sich erstreckt. Dies würde nur dann anders sein, wenn aus dem geschlossenen Vertrage oder den Umständen […] entnommen werden könnte, dass der Schiedsvertrag […] an die Person geknüpft sein sollte.“61

Auch der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Bindung des Zessionars vom Willen der ursprünglichen Schiedsparteien gedeckt sein müsse. Der Wille der Schiedsparteien, den Zessionar an die Schiedsvereinbarung zu binden, sei jedoch zu vermuten62. Dementsprechend müsse ein hiervon abweichender Wille besonders nachgewiesen werden.63 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Schiedsvereinbarungen werden im Regelfall basierend auf sachlichen und nicht aus Gründen betreffend die Persönlichkeit der Parteien selbst getroffen.64 Lässt sich aus den Umständen des Einzelfalls nicht auf ein gegenteiliges Interesse der Parteien schließen, den Zessionar nicht an die Schiedsvereinbarung zu binden, kann ein entsprechender Wille der Parteien im Rahmen der Auslegung der Schiedsvereinbarung vermutet werden. Es fragt sich jedoch, ob aus dem Abschluss eines 59

Ähnlich bereits Massuras, Dogmatische Strukturen, 120 f.; vgl. Baumbach / ​Lauterbach / ​ Albers / ​Hartmann, § 1029, Rn. 24.; vgl. Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 402 m. w. N. 60 Als Notwendigkeit für die Bindung des Zessionars ausdrücklich den Willen der ursprünglichen Schiedsparteien in Bezug nehmend Bundesgerichtshof, Urt. v. 18.12.1975, III ZR 103/73 = NJW 1976, 852; Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 = WM 1998, 129 ff. 61 Reichtsgericht Urt. v. 08.12.1903, VII 321/03 = RGZ 56, 182, 183. Dieser Entscheidung folgend: Reichsgericht Urt. v. 27.11.1934, VII 183/34 = RGZ 146, 52, 55; Reichsgericht Urt. v. 15.03.1935, VII 318/34 = RGZ 147, 213, 216. 62 So bereits: Reichsgericht, Urt. v. 08.12.1903, VII 321/03 = RGZ 56, 182; Jacusiel, LZ 1930, 1143, 1144. In diesem Sinne wohl auch Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 115. 63 Bundesgerichtshof, Urt. v. 18.12.1975, III ZR 103/73 = NJW 1976, 852. Kritisch Hossfeld, Abtretung, 106 ff. 64 Zu den Motiven des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung bereits oben Kapitel  1 III. 2. a) aa). Ebenso Mohs, Drittwirkung, 95 m. w. N.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Abtretungsverbotes oder einer Geheimhaltungsverpflichtung darauf geschlossen werden kann, dass die Schiedsvereinbarung lediglich höchstpersönlich zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien wirken und sich demnach nicht auf den Zessionar erstrecken soll. Dieser Frage wird im Folgenden nachgegangen. aa) Der Einfluss relativer Abtretungsverbote Denkbar ist, dass die Parteien ein rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot (­pactum de non cedendo) im Sinne von § 399 Hs. 2 BGB vereinbart haben.65 Ein Abtretungsverbot führt zur Unwirksamkeit der Abtretung, sodass der Zessionar infolgedessen weder die Forderung erwirbt, noch an die Schiedsvereinbarung gebunden wird.66 Dementsprechend kann aus der Vereinbarung eines Abtretungsverbotes grundsätzlich darauf geschlossen werden, dass neben der Forderung auch die Schiedsvereinbarung lediglich höchstpersönlich Wirkung entfalten soll.67 Im Handelsrecht besteht für die negative Wirkung eines Abtretungsverbots jedoch eine wichtige Ausnahme. Handelt es sich bei den Parteien um Kaufleute, ist die Abtretung einer Geldforderung ungeachtet eines rechtsgeschäftlichen Abtretungsverbots gemäß § 354 a HGB wirksam. Die Rechtsfolge des § 354 a Abs. I S. 1 HGB bestimmt, dass dem Abtretungsverbot lediglich die „dingliche“ Verfügungsbeschränkung genommen wird, sodass der Forderungsübergang trotz Abtretungsverbot gegenüber jedermann wirksam ist.68 Welche Auswirkungen ergeben sich vor diesem Hintergrund jedoch nun für die Auslegung der Schiedsvereinbarung, betreffend den Willen der Parteien, den Zessionar an die Schiedsvereinbarung zu binden? Geht der Anspruch trotz Abtretungsverbot auf den Zessionar über, wird es im Regelfall dem Willen der Parteien entsprechen, den Zessionar an die Schiedsvereinbarung zu binden. Andernfalls müsste sich der Schuldner gegenüber dem Zessionar vor einem staatlichen Gericht auseinandersetzen, dessen Zuständigkeit er weder absehen konnte und dessen Zuständigkeit für die betreffende Forderung gerade ausgeschlossen werden sollte. Aus diesem Grund kann im Zweifel darauf geschlossen werden, dass es dem Willen der Schiedsparteien entspricht, einen Dritten an eine Schiedsvereinbarung zu binden, soweit dieser die Forderung ungeachtet eines Abtretungsverbotes wirksam erwerben sollte. 65 Neben dem rechtsgeschäftlich vereinbarten (relativen) Abtretungsverbot kommen absolute Abtretungsverbote in Betracht. Ein absolutes Abtretungsverbot führt stets zur Unwirksamkeit der Abtretung, sodass dahinstehen kann, ob in diesen Fällen der Parteiwille dahinstehen kann. Hindert ein absolutes Abtretungsverbot die Wirksamkeit der Abtretung, wird der Zessionar daher nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden Mohs, Drittwirkung, 103. 66 Bei Vereinbarung eines Abtretungsverbotes ist ferner anzunehmen, dass es im Grundsatz dem Willen der Schiedsparteien entspricht, eine höchstpersönliche Schiedsvereinbarung abzuschließen. 67 Rechtsvergleichend zu den Wirkungen von Abtretungsverboten auf die Schiedsvereinbarung Landrove, Assignment, 134 ff. 68 MüKoHGB / ​Schmidt, § 354a, Rn. 16.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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Es fragt sich jedoch, ob eine entsprechende Anwendung des § 354 a HGB dazu führen kann, dass die Schiedsvereinbarung auch dann wirksam auf den Zessionar übergeht, wenn die Schiedsparteien eine höchstpersönliche Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben. Zunächst wird in der Literatur bezweifelt, ob der Anwendungsbereich des § 354 a HGB für den Übergang der Schiedsvereinbarung eröffnet ist.69 Selbst für den Fall, dass § 354 a HGB auf die Schiedsvereinbarung entsprechend zur Anwendung gebracht werden kann, tritt im Ergebnis jedoch keine Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung ein. Ebenso wie eine Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB den Zessionar nur insoweit an die Schiedsvereinbarung bindet, wie dies dem Inhalt der Schiedsvereinbarung entspricht, führt die Rechtsfolge des § 354 a Abs. I S. 1 HGB lediglich dazu, dass die Schiedsvereinbarung ungeachtet eines Abtretungsverbotes mit ihrem jeweiligen Inhalt auf den Zessionar übergeht. Dementsprechend geht die Schiedsvereinbarung zwar auf den Zessionar über, dieser wird jedoch nicht von ihrer subjektiven Reichweite erfasst. Anderenfalls würde die Regelung des § 354 a HGB den materiellen Inhalt der Schiedsvereinbarung verändern. Ein Schuldner, der mit dem Zedenten eine höchstpersönliche Schiedsvereinbarung abgeschlossen hat, würde sich gegenüber dem Zessionar der Bindung an eine Schiedsvereinbarung ausgesetzt sehen, die mit diesem Inhalt zu keiner Zeit wirksam vereinbart wurde ist. Infolgedessen bewirkt die entsprechende Anwendung des § 354 a HGB zwar den Übergang auf den Zessionar, dieser wird infolge der Höchstpersönlichkeit der Schiedsvereinbarung jedoch letztlich nicht von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst. Infolgedessen tritt daher auch keine Bindung des Zessionars ein und dieser hat den Schuldner vor staatlichen Gerichten in Anspruch zu nehmen. bb) Der Einfluss von Geheimhaltungsverpflichtungen Die Parteien können sich vertraglich dazu verpflichten, die Existenz des Schiedsverfahrens, den Gegenstand der Streitigkeit, Dokumente betreffend den Vertragsgegenstand und den Schiedsspruch nicht preiszugeben.70 Haben die Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen, wird vereinzelt auf die Höchstpersönlichkeit der Schiedsvereinbarung geschlossen, sodass der Zessionar nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden werde.71 Wird der Zessionar nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden, sieht sich der Schuldner jedoch einer Klage vor staatlichen Gerichten ausgesetzt. Aufgrund des Öffentlichkeitsgrundsatzes werden die Umstände des Verfahrens daher jedermann zugänglich. Wird aus dem Abschluss einer Geheimhaltungsverpflichtung auf die Höchstpersönlichkeit der Schiedsvereinbarung geschlossen, führt dies daher zur Veröffentlichung derjenigen Tatsachen, 69

Niklas, Subjektive Reichweite, 118; Hossfeld, Abtretung, 112 ff. So genannte „Confidentiality Agreements“. Umfassend hierzu Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren. 71 Mohs, Drittwirkung, 98. 70

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

deren Bekanntwerden die Geheimhaltungsverpflichtung gerade verhindern soll. Aus diesem Grund kann aus dem Abschluss einer Geheimhaltungspflicht daher im Zweifel nicht darauf geschlossen werden, dass die Parteien eine höchstpersönliche Schiedsvereinbarung abschließen wollten. Aus der Vereinbarung einer Geheimhaltungspflicht könnte allenfalls auf ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot zu schließen sein.72 Ist dies der Fall, erwirbt der Zessionar weder die Forderung, noch wird dieser an die Schiedsvereinbarung gebunden.73 Ist die Abtretung trotz Abtretungsverbot gemäß § 354 a HGB wirksam, ergeben sich keine Besonderheiten. Kann infolge der Geheimhaltungsverpflichtung nicht auf eine höchstpersönliche Schiedsvereinbarung geschlossen werden, geht die Schiedsvereinbarung bei entsprechender Anwendung des § 354 a HGB auf den Zessionar über, sodass dieser an die Schiedsvereinbarung gebunden wird und die Geheimhaltungsinteressen der Schiedsparteien entsprechend verwirklicht werden können. d) Die Bindung bildet keinen Vertrag zulasten Dritter Die Schiedsvereinbarung bildet als vertragliche Vereinbarung ein Geflecht an Rechten und Pflichten.74 In der Literatur wird gegen den kraft Gesetz eintretenden Übergang der Schiedsvereinbarung vorgebracht, dass der Übergang aufgrund der einhergehenden Pflichten von der Zustimmung des Schuldners abhänge.75 Zwar werde hinsichtlich des Ausschlusses der Drittbindung der Parteiwille herangezogen, die vorausgehende Frage, ob die Drittbindung überhaupt eingetreten sei, werde hingegen nicht auf den Willen der Parteien zurückgeführt.76 Dieser Kritik an der Bindung des Zessionars lassen sich hingegen die vorangegangenen Feststellungen entgegenhalten, wonach die Bindung des Zessionars stets in Einklang zum Inhalt der Schiedsvereinbarung stehen muss.77 Ferner kann auch kein Vertrag zulasten des Zessionars angenommen werden. Richtig ist, dass im Zeitpunkt der Einigung auf eine Schiedsvereinbarung ein 72

Girsberger / ​Hausmaninger, Assignment of Rights, 134 m. w. N. Zum Einfluss relativer Abtretungsverbote bereits oben Kapitel 2 I. 1. c) aa). 74 Hierzu bereits im Rahmen der Diskussion über die Anwendbarkeit des § 401 BGB, oben Kapitel 2 I. 1. a) aa). 75 Schricker, Schiedsverträge bei Anspruchsabtretung, 103 f; Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 98 f.; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 63; Baur, Rechtshängig – Schiedshängig, 91; wohl auch Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 121. Zur Diskussion im Überblick mit Rechtsprechungsnachweisen: Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.23 ff., m. w. N. Auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung hinweisend Girsberger / ​Hausmaninger, Assignment of Rights, 148. 76 Schricker, Schiedsverträge bei Anspruchsabtretung, 104. 77 Vereinzelt wird die Zustimmungsbedürftigkeit abgelehnt, da die Schiedsvereinbarung keine materiellrechtlichen Verpflichtungen begründe, Mohrs, Drittwirkung, 71. Im Ergebnis wohl auch Fremuth-​Wolf, Zessionsfall, 195 f. 73

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

113

unbeteiligter Dritter  – hier der spätere Zessionar  – nicht unmittelbar an diese Schiedsvereinbarung gebunden werden kann. Ein Vertrag zulasten Dritter liegt vor, wenn die Parteien einem Dritten unmittelbare vertragliche Verpflichtungen auf­erlegen78. Die Schiedsvereinbarung kommt jedoch lediglich zwischen den Schiedsparteien zustande. Im Zeitpunkt des Zustandekommens der Schiedsvereinbarung werden dem Zessionar daher keine unmittelbaren vertraglichen Verpflichtungen auferlegt.79 Die Bindung des Zessionars ergibt sich vielmehr infolge einer wirksamen Abtretung, sodass die Bindung des Zessionars lediglich mittelbar auf den Vertragsschluss zwischen Zedent und Schuldner zurückzuführen ist.80 Dementsprechend wird dem Zessionar durch die Bindung an die Schiedsvereinbarung nichts genommen, was er ohne die Zession gehabt hätte.81 Darüber hinaus hat der Zessionar vor Erwerb der Forderung die Möglichkeit, Kenntnis von einer mit dieser Forderung verbundenen Schiedsvereinbarung zu erlangen. Mit Recht wird daher darauf hingewiesen, dass es dem Zessionar zugemutet werden kann, sich über den Inhalt der Forderung, einschließlich der mit dieser möglicherweise verbundenen Schiedsklausel zu informieren.82 Selbst wenn die Bindung des Zessionars aufgrund der verpflichtenden Wirkungen der Schiedsvereinbarung von dessen Zustimmung gegenüber dem Schuldner abhängt, kann in der Übernahme der Forderung und der Inanspruchnahme des Schuldners eine konkludent erteilte Zustimmung zur Bindung an die Schieds­ vereinbarung erblickt werden83. Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass die Bindung des Zessionars keinen Vertrag zulasten Dritter bildet, der dessen Bindung an die Schiedsvereinbarung ausschließt.

78

BeckOGK / ​Mäsch, § 328 Rn. 122. Hossfeld, Abtretung, 80. 80 Hossfeld, Abtretung, 81. 81 Ähnlich zum Vertrag zugunsten Dritter bereits Gebauer, IPRax 2001, 471, 472. 82 Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.10.1997, III ZR 2/96 = NJW 1998, 371; Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.03.1978, III ZR 99/76 = NJW 1978, 1585, 1586. Ebenso Mohs, Drittwirkung, 60; vgl. Gebauer, Subjektive Reichweite, 99. 83 Dementsprechend wird dem Schuldner mit Recht gegenüber dem Zessionar der Einwand verwehrt, er habe zwar die materiellrechtliche Forderung, nicht aber die Schiedsvereinbarung erwerben wollen. Vgl. hierzu insbesondere die US-​amerikanische Rechtsprechung zur Rechtsfigur „equitable estoppel“ oder „arbitral estoppel“, die zur Bindung eines Dritten an die Schiedsvereinbarung herangezogen wird. Die heutigen Ausprägungen der „equitable estoppel“ Doktrin lassen sich allgemein dahingehend beschreiben, dass eine Partei sich mit Blick auf ihre Bindung an eine Schiedsvereinbarung nicht widersprüchlich verhalten darf. Hierzu: Born, Arbitration – Cases and Materials, 584. Vgl. insbesondere Thomson-​csf v American Arbitration Association, 64 F.3d 773 (2nd Cir. 1994): „estopped from denying the existence of an arbitration clause“. Zu den unterschiedlichen Konstellationen der Doktrin im Einzelnen, mit einer Auswertung der Rechtsprechung, Hanotiau, Complex Arbitrations, 20 ff. 79

114

2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

e) Zwischenergebnis Die vorangegangenen Überlegungen haben gezeigt, dass die Schiedsvereinbarung den Zessionar an die Schiedsvereinbarung bindet, soweit dies im Einklang mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung steht. Dieses Ergebnis entspricht nicht nur der weit überwiegenden Auffassung in der deutschen Literatur, sondern ist auch in anderen Rechtsordnungen weitgehend anerkannt.84 Rechtsdogmatisch ist der Übergang auf den Zessionar auf eine Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB zurückzuführen. Das deutsche Recht sieht demnach vor, dass der Zessionar kraft Gesetz an die zwischen dem Schuldner und Zedent abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Die Prüfung, ob im Einzelfall eine Bindung des Zessionars vorliegt, lässt sich damit in drei Schritte unterteilen: Im ersten Schritt ist zu klären, ob zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien (hier Schuldner und Zedent) eine wirksame Schiedsvereinbarung entstanden ist. Ist dies der Fall, ist in einem zweiten Schritt zu fragen, ob das für die Abtretung maßgebliche Sachrecht den Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar anordnet85. Ist dies ebenfalls der Fall, geht die Schiedsvereinbarung auf den Zessionar über. Anschließend ist in einem dritten Schritt zu prüfen, ob die Bindung des jeweiligen Zessionars an die Schiedsvereinbarung im Einklang mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung steht86. Dieser dritte Schritt ist notwendig, da der kraft Gesetz angeordnete Übergang auf den Zessionar innerhalb des zweiten Schrittes nicht dazu führen darf, dass der Inhalt der Schiedsvereinbarung hinsichtlich ihrer subjektiven Reichweite verändert wird. Innerhalb dieses dritten Schrittes ist demnach der Inhalt der Schiedsvereinbarung mit Blick auf die Bindung des jeweiligen Dritten durch Auslegung zu ermitteln. Entspricht es dem Willen der ursprünglichen Schiedsparteien, den Zessionar für die zedierte Forderung an die Schiedsvereinbarung zu binden, wird der Zessionar von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst und an die Schiedsvereinbarung gebunden. Führt die Auslegung der Schiedsvereinbarung innerhalb des dritten Schrittes jedoch dazu, dass die Schiedsvereinbarung den jeweiligen Zessionar nicht erfassen soll, wird dieser nicht von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst.

84

Rechtsvergleichend Fremuth-​Wolf, Zessionsfall, 79 ff; Girsberger / ​Hausmaninger, Assign­ ment of Rights, 123 ff.; Girsberger, The Effects of Assignment on Arbitration Agreements, 734 ff.; Born, Arbitration I, 1466 f. 85 Zur Bestimmung des hierfür maßgeblichen Sachrechts unten Kapitel 2 I. 2. 86 Vgl. Mohs, Drittwirkung, 93 ff. Im Ergebnis ebenso bereits Gottwald, Zur Bindung Dritter an internationale Gerichtsstands-​und Schiedsvereinbarungen, 133.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

115

f) Das Wiederaufleben der Bindungswirkung bei einer Kettenabtretung Die Bindung des Zessionars wurde insbesondere darauf zurückgeführt, dass der Zessionar als neuer Gläubiger an die Stelle des Zedenten tritt, ohne dass die Zession eine Änderung der Rechtsstellung zur Folge hat. Liegt eine Kettenabtretung vor, kann sich jedoch die Frage stellen, ob der Zweiterwerber der Forderung gegenüber dem Schuldner auch dann an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, wenn der Zedent seinerseits nicht von der Schiedsvereinbarung erfasst wurde. Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Die Parteien S und G verständigen sich innerhalb ihrer Schiedsvereinbarung darauf, dass ausschließlich S und G, sowie deren Tochtergesellschaften an die Schiedsvereinbarung gebunden werden sollen. Nach Vertragsschluss tritt G ihre Forderungen sicherungshalber an die Bank B ab. Nach Erfüllung der gesicherten Schuld überträgt die B die Forderung, in Übereinstimmung mit dem Sicherungsvertrag, an eine Tochtergesellschaft der G (im Folgenden T). Es stellt sich die Frage, ob T gegenüber S an die Schiedsvereinbarung gebunden wird. Im Ergebnis ist nicht einzusehen, dass G das Tochterunternehmen T durch das „Dazwischenschalten“ der B von der Bindung an die Schiedsvereinbarung befreien kann.87 Im vorliegenden Fall hat Zessionar T die Forderung jedoch von der Bank B und damit von keiner der Schiedsparteien erworben. Die B ist ihrerseits nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden, da dies nicht mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung im Einklang steht. Geht die Schiedsvereinbarung lediglich dann auf einen Rechtsnachfolger über, soweit der Rechtsvorgänger selbst von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst wird, bleibt unklar, wie sich in dem soeben genannten Beispielsfall eine Bindung des Tochterunternehmens T an die zwischen G und S bestehende Schiedsvereinbarung begründen lässt. Kommt es zwischen T und S zum Streit, kann die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Schiedsvereinbarung gemäß ihrem vereinbarten Inhalt neben S auch die T als Tochtergesellschaft der G erfasst. Die Schiedsvereinbarung ist zwischen S und G entstanden und T war an ihrem Abschluss nicht beteiligt. Zwischen T und G ist daher keine Schiedsvereinbarung abgeschlossen worden. Auch hat T die Forderung nicht von einer der Schiedsparteien, sondern von der B erworben. Aus diesen Gründen kann die Bindung der T gerade nicht ausschließlich und unmittelbar auf die zwischen S und G entstandene Schiedsvereinbarung zurückgeführt werden. Doch wie lässt sich eine Bindung der T gegenüber S begründen? Der Beispielsfall verdeutlicht, dass ein Letzterwerber in Folge einer Kettenabtretung gegenüber dem Schuldner lediglich dann an die Schiedsvereinbarung gebunden werden kann, soweit die Bindung auf den Forderungserwerb selbst zurückzuführen ist. Im vorliegenden Fall müsste die Bindung 87 Zur Notwendigkeit Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht einseitig in das Belieben einer Partei zu stellen oben Kapitel 2 I. 1. c).

116

2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

der Zessionarin T demnach auf den Forderungserwerb von Zedentin B zurückgeführt werden. Hiergegen spricht jedoch, dass die B keiner Bindung an die Schiedsvereinbarung unterlag. Der Eintritt der T in die Gläubigerstellung der B könnte daher dazu führen, die T ebenfalls keiner Bindung an die Schiedsvereinbarung zu unterwerfen. Die Bindung der T lässt sich jedoch dahingehend begründen, dass die Schiedsvereinbarung auch dann auf den Zessionar (hier B) übergeht, wenn dieser selbst nicht von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst ist. In diesem Fall erwirbt B von Schiedspartei G die Forderung mitsamt der Schiedsvereinbarung. Nach dem Inhalt der Schiedsvereinbarung wird B jedoch nicht von der subjektiven Reichweite erfasst. In dem soeben vorgeschlagenen Prüfungsmodell scheitert eine Bindung der B demnach auf Ebene des dritten Prüfungsschrittes, da B gemäß dem Inhalt der Schiedsvereinbarung nicht von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst werden soll88. Ungeachtet dessen ist die Schiedsvereinbarung jedoch weiterhin mit der Forderung verbunden und wirksam auf B übergegangen. Wird die Forderung nun von B an T abgetreten, geht zugleich die Schiedsvereinbarung mit in ihrem ursprünglichen Inhalt auf T über. Da die T als Tochtergesellschaft der G von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst wird, kommt es zu einem „Wiederaufleben“ der Bindungswirkung, sodass T letztlich an die Schiedsvereinbarung gebunden wird. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Schiedsvereinbarung auch dann der Forderung anhaftet, wenn der erste Zessionar nicht von ihrer subjektiven Reichweite erfasst wird. Aufgrund des Inhaltes der Schiedsvereinbarung wird der erste Zessionar jedoch nicht an diese gebunden.89 Überträgt der erste Zessionar seinerseits die Forderung an einen Dritten, erwirbt dieser die Forderung mitsamt der Schiedsvereinbarung. Führt die Auslegung der Schiedsvereinbarung zu dem Ergebnis, dass der Zweiterwerber der Forderung von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst wird, kommt es zu einem „Wiederaufleben“ der Bindungswirkung. Die fehlende Bindung des ersten Zessionars steht in diesem Fall einer Bindung des zweiten Zessionars an die Schiedsvereinbarung nicht entgegen. Wird der Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar zugelassen, auch wenn dieser letztlich nicht von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst wird, lassen sich sowohl die Fälle der Kettenabtretung, als auch der Streit um die Regelung des § 354 a HGB einer sinnvollen Lösung zuführen. Betreffend § 354 a HGB ist auf Ebene der zweiten Prüfungsstufe danach zu fragen, ob die Schiedsvereinbarung trotz Abtretungsverbot aufgrund der Regelung des § 354 a HGB auf den Zessionar übergeht. Ist dies zu bejahen, ist auf der dritten Prüfungsstufe zu fragen, ob der jeweilige Zessionar von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst wird.

88 89

Zur Prüfung in drei Schritten oben Kapitel 2 I. 1. e). Vergleiche hierzu die Prüfung in drei Schritten, oben Kapitel 2 I. 1. e).

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

117

g) Exkurs: Die Bindung des Zessionars in weiteren Rechtsordnungen Kann die Bindung im deutschen Sachrecht auf Regelungen des materiellen Rechts zurückgeführt werden, liegt es nahe, dass auch in anderen Rechtsordnungen die prozessuale Drittwirkung der Schiedsvereinbarung durch die Regelungen des Sachrechts der Zession bestimmt wird90. In England wird der Zessionar an eine wirksame Schiedsvereinbarung gebunden.91 Die Bindung des Zessionars wird im englischen Recht auf das „Conditional Benefit Principle“92 zurückgeführt93. Dieses Prinzip besagt, dass ein Recht mit allen Beschränkungen und Belastungen auf den Erwerber übertragen wird94. Die Schiedsvereinbarung bilde eine entsprechende Belastung des übertragenen Rechts, sodass auch der Zessionar an diese gebunden werde, sodass der Schluss nahe liegt, dass die Bindung des Zessionars auch im englischen Recht letztlich auf die Regelungen des Sachrechts zurückgeführt wird95. Auch der US-​amerikanischen Rechtsprechung lassen sich entsprechende Anhaltspunkte entnehmen. So heißt es beispielsweise in der Bridas-​Entscheidung96: „ordinary principles of contract […] law may be called upon to bind a nonsignatory to an agreement […]“.

Diese Indizien sprechen somit dafür, dass davon ausgegangen werden kann, dass die prozessuale Drittbindung auch in anderen Rechtsordnungen unmittelbar aus den Bestimmungen des materiellen Sachrechts abzuleiten ist97.

90

Umfassend: Born, Arbitration I, 1412 ff. Vgl. zur Diskussion in Österreich: Fremuth-​Wolf, Zessionsfall, 61 ff. Rechtsvergleichend zur Regelung der prozessualen Drittbindung innerhalb des materiellen Sachrechts: Mohs, Drittwirkung, 40 ff. Vgl. Rubino-​Sammartano, International Arbitration, 293. 91 Sutton / ​Gill  / ​Gearing, Arbitration, 114. Vergleiche insbesondere die vielzitierte Entscheidung des englischen Court of Appeal: Schifffahrtsgesellschaft Detleu von Appen GmbH v Voest Alpine Intertrading GmbH [1997] 2 Lloyd’s Rep. 279. 92 Auch „pure principle of benefit and burden“, Vgl. Beale, Contracts, 1546. 93 Vgl. Joseph, Jurisdiction and arbitration agreements, 213. 94 Beale, Contracts, 1546; Joseph, Jurisdiction and arbitration agreements, 213. Vgl. zu diesem Prinzip insb. die Entscheidung Tito v Waddell [1977] 3 All ER 129. 95 Vgl. Joseph, Jurisdiction and arbitration agreements, 213. Diese Begründung ähnelt dem Regelungsinhalt des § 404 BGB. Zum Übergang der Schiedsvereinbarung als Pflicht nach § 404 BGB, oben Kapitel 2 I. 1. a) bb). Die Entscheidung über die Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung wird im englischen Recht unter Rückgriff auf allgemeine Prinzipien des Gesellschaftsrechts beantwortet. Hierzu unten Kapitel 2 III. 2. c) bb). 96 Bridas S.A.P.I.C. u. a. v Government of Turkmenistan u. a., USCA (5th), 345 F3d 347 unter Verweis auf weitere Entscheidungen der US-​amerikanischen Rechtsprechung. 97 In diesem Sinne insb. Born, Arbitration I, 1412 ff. mit umfassenden Rechtsquellen für die prozessuale Drittwirkung und weiteren Literaturhinweisen.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

2. Die Bestimmung des anwendbaren Rechts In Fällen mit grenzüberschreitenden Bezügen ist zunächst das maßgebliche Sachrecht zu ermitteln, das über die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung entscheidet98. Ebenso wie das Sachrecht keine ausdrücklichen Regelungen zur Bindung des Dritten enthält, fehlt es an einer eindeutigen kollisionsrechtlichen Regelung99. Sowohl das UN-​Ü, das EU-​Ü als auch die ZPO enthalten keine ausdrücklichen Kollisionsregeln betreffend die Drittwirkungen der Schiedsvereinbarung100. Aufgrund dessen herrscht Streit über die Frage, ob und unter welche der ausdrücklich geregelten Kollisionsnormen sich die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung subsumieren lässt. a) Die Interessen der betroffenen Personen Eine möglichst sachgerechte Anknüpfung hängt insbesondere von den Interessen derjenigen Personen ab, die von den Auswirkungen der Abtretung auf die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung betroffen werden101. Führt die Forderungsabtretung zur Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung, werden durch die Folgen der Abtretung insbesondere die Interessen des Schuldners, des Zessionars und weiterer Rechtsnachfolger, wie die Interessen der potenziellen Gläubiger des Zessionars betroffen. Die Betrachtung des Sachrechts konnte bereits zeigen, dass der Schuldner ein Interesse daran hat, dass sich die Forderungsabtretung nicht auf seine Rechtsposition auswirkt. Dementsprechend ist der Schuldner davor zu schützen, dass eine Partei den streitigen Anspruch einseitig der Zuständigkeit des Schiedsgerichts entziehen kann.102 Ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn es dem Willen beider Schiedsparteien entsprochen hat, dass sich die Schiedsvereinbarung auf potenzielle Rechtsnachfolger erstrecken soll. Ist dies der Fall, bringt die Schiedsvereinbarung das Interesse des Schuldners zum Ausdruck, auch gegenüber dem Zessionar von den Vorteilen des Schiedsverfahrens

98 So die weit überwiegende Auffassung. Statt vieler: Born, Arbitration I, 1491 f. Kritisch: Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.41 ff. 99 Girsberger / ​Hausmaninger, Assignment of Rights, 134; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 395. 100 Umfassend Girsberger / ​Hausmaninger, Assignment of Rights, 131 ff. Auf das Fehlen anerkannter Kollisionsregeln hinweisend: Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 394 ff. 101 Vgl. zu den in Betracht kommenden Anknüpfungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Interessen insb. Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 395 ff. 102 Ähnlich bereits Gebauer, IPRax 2001, 471, 472.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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profitieren zu wollen.103 Der Schuldner ist insbesondere an einer kostengünstigen und vorhersehbaren Streitbeilegungsmethode interessiert. Die Person des Zessionars ist dem Schuldner jedoch bei Abschluss der Schiedsvereinbarung unbekannt, sodass der Schuldner ein Interesse daran hat, das für die Folgen des Forderungsübergangs maßgebliche Sachrecht ungeachtet der Person des Zessionars ermitteln und entsprechend absehen zu können. Neben dem Schuldner haben auch der Zessionar und andere Rechtsnachfolger der betreffenden Forderung ein Interesse daran, die Folgen des Forderungsübergangs abschätzen zu können. Im Zeitpunkt vor Erwerb der Forderung wird sich der Zessionar über den Inhalt der Forderung und deren Durchsetzbarkeit gegenüber dem Schuldner informieren. Hierzu gehört, dass der Zessionar das für die zwangsweise Durchsetzung der Forderung zuständige Gericht absehen und den maßgeblichen Streitbeilegungsmechanismus in die eigene Risikobewertung miteinbeziehen kann104. So kann sich die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts für den Zessionar bei einer vergleichsweise geringen Forderungshöhe aus betriebswirtschaftlicher Perspektive als teuer und damit unvorteilhaft darstellen. Die Feststellung, ob sich der Zessionar im Streitfall der Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterwirft, ist für diesen daher insbesondere von wirtschaftlicher Bedeutung. Da der Zessionar die Forderung vom Zedenten aufgrund eines in diesem Verhältnis vorliegenden Kausalgeschäfts erwirbt, besteht aus Perspektive des Zessionars grundsätzlich das Interesse, die gesamte Transaktion einschließlich den Drittwirkungen gegenüber dem Schuldner nach einer einzelnen Rechtsordnung zu bemessen. Die Ermittlung des im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zedenten maßgeblichen Sachrechts kann im Einzelfall für den Zessionar mit Schwierigkeiten verbunden sein. Dementsprechend entspricht es dem Interesse des Zessionars, dass sich das maßgebliche Recht nach dem Verhältnis zum Zedenten und eigenen Vertragspartner bemisst. b) Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut Das Schiedsvereinbarungsstatut beantwortet die Frage des wirksamen Zustandekommens einer Schiedsvereinbarung.105 Das Schiedsvereinbarungsstatut regelt neben dem tatbestandlichen Zustandekommen der Schiedsvereinbarung zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien auch die Auslegung der Schiedsverein­

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Im Hinblick auf die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens kann auch der Zedent ein Interesse am Fortbestand der Schiedsvereinbarung gegenüber dem Zessionar haben, sodass auch dieser im Regelfall am Vollzug der mit dem Schuldner abgeschlossenen Schiedsvereinbarung interessiert ist. 104 Zur hiermit verbundenen Diskussion um die Notwendigkeit der Zustimmung des Zessionars: Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.08 ff., m. w. N. 105 Zur Qualifikation der Schiedsvereinbarung oben Kapitel 1 III.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

barung106. Die Frage, ob eine Schiedsvereinbarung auch gegenüber einem Einzelrechtsnachfolger Wirkungen entfaltet, lässt sich dementsprechend dahingehend stellen, ob die Schiedsvereinbarung zwischen den Schiedsparteien wirksam entstanden ist und der Zessionar an diese gebunden wird. Die Bindung des Zessionars könnte sich daher nach dem Schiedsvereinbarungsstatut richten und somit die hierfür maßgebliche Kollisionsnorm zur Anwendung kommen.107 aa) Die Vorhersehbarkeit der Sitzanknüpfung für die Schiedsparteien Stimmen in der Literatur qualifizieren die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung dahingehend, dass die Abtretungswirkungen das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung betreffen und demnach das Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen sei.108 Auch in der Rechtsprechung wurden die Auswirkungen der Abtretung nach dem für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrecht bemessen.109 Das Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen hat den Vorteil, dass eine die Anknüpfung an den Schiedsort der Anknüpfung des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü entspricht und insoweit bei der Bestimmung des maßgeblichen Sachrechts ein Gleichlauf zu den Kollisionsnormen des UN-​Ü hergestellt werden könnte110. Laut Gary Born sind die Schiedsparteien davor zu schützen, dass sich die Auswirkungen einer Abtretung auf die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nach einem „fremden“ Sachrecht, wie beispielsweise dem Forderungsgrundstatut111 beurteilt112. Infolgedessen sei die Anwendung des Schiedsvereinbarungsstatuts angemessen.113 Tatsächlich scheint die Vorhersehbarkeit für die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut zu sprechen.114 Die Betrachtungen innerhalb des ersten Kapitels haben gezeigt, dass die Kollisionsnormen des UN-​Ü bereinkom 106

Hierzu bereits oben Kapitel 1 III. Zur objektiven Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts oben Kapitel 1 III. 1. 108 Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 395; Born, Arbitration I, 1498; Patocchi, IPR, 554; Fouchard, Arbitration, 421; Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 120. 109 Oberlandesgericht Düsseldorf, Urt. v. 17.11.1995, 17 U 103/95 = RIW 1996, 239 f.; Apollo Computer, Inc v Helge Berg, USCA, Urt. v. 28.09.1989, 886 F.2d 469 (First Circuit), Rn. 19; Bundesgericht der Schweiz, Urt. v. 16.10.2001, 4P.176/2001 = BGE 128 III 50, 62; Bundesgericht der Schweiz, Urt. v. 09.04.1991 = BGE 117 II 94, 98. 110 Girsberger, The law applicable to the assignment, 396 f. 111 Als Forderungsgrundstatut bzw. Zessionsgrundstatut lässt sich dasjenige Sachrecht bezeichnen, welches das Rechtsverhältnis zwischen Zedent und Zessionar beherrscht. Zu der Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut unten Kapitel 2 I. 2. c). 112 Born, Arbitration I, 1498. 113 Born, Arbitration I, 1498. An anderer Stelle verweist Born jedoch auf das validation principle, wonach das Sachrecht maßgeblich ist, nach dem die Abtretung auch den Zessionar an die Schiedsvereinbarung bindet, Born, Arbitration I, 1471. 114 Zu den Vorteilen der Anwendung des am Schiedsort geltenden Sachrechts im Zusammenhang zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts oben Kapitel 1 III. 1. b) aa) (1) (a). 107

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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mens, des EU-​Ü und der ZPO, das Recht am Sitz des Schiedsgerichts als Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung berufen. Der Schuldner ist am Abschluss der Schiedsvereinbarung unmittelbar beteiligt, kann Einfluss auf die Bestimmung des Schiedsortes nehmen und das am Schiedsort geltende Sachrecht dementsprechend bereits bei Abschluss der Schiedsvereinbarung absehen. Entsprechendes gilt für den Zedenten. Der von Gary Born genannte Vorteil ist daher zutreffend, da sich die Schiedsparteien bezüglich der Wirkungen der Abtretung mit keiner unbekannten Rechtsordnung konfrontiert sehen, soweit das Schiedsvereinbarungsstatut über das Anknüpfungsmoment des Schiedsortes bestimmt wird.115 Auch für den Zessionar erscheint die Anknüpfung an den Schiedsort vorteilhaft. Insbesondere für den Fall, dass die Schiedsvereinbarung in Form einer Schiedsklausel abgeschlossen wurde und diese eine Angabe zum Schiedsort enthält, kann der Zessionar, der sich vor Erwerb der Forderung über die Vertragsgestaltung und damit den Forderungsinhalt informiert, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und den Schiedsort absehen. Bemisst sich die Bindung des Zessionars stets nach dem am Schiedsort geltenden Sachrecht, ist die Drittbindung auch für den Zessionar abzusehen. bb) Die Nachteile einer Sitzanknüpfung Trotz der Vorhersehbarkeit einer Sitzanknüpfung muss jedoch bezweifelt werden, ob diese geeignet ist, die Interessen der Schiedsparteien hinreichend zu berücksichtigen. Die Diskussion über die Bestimmung des maßgeblichen Schiedsvereinbarungsstatuts hat bereits gezeigt, dass der Vorteil der Vorhersehbarkeit des Schiedsortes bei einem unbestimmten Schiedsort relativiert wird.116 Ferner darf mit Blick auf den Wortlaut bezweifelt werden, dass die Kollisionsnormen zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zugleich das maßgebliche Sachrecht für die Folgen der Abtretung auf die Schiedsvereinbarung berufen.117 Entscheidend gegen die Maßgeblichkeit des Schiedsvereinbarungsstatuts spricht jedoch, dass die Sitzanknüpfung zu einer „Verdopplung“ des für die Abtretung maßgeblichen Sachrechts führen kann, wenn die materiellrechtliche Drittwirkung anders anzuknüpfen ist.118 Ebenso wie sich aufgrund der Doctrine of S­ eparability das Zustandekommen des Hauptvertrages nach einem anderen Sachrecht bemessen kann, als das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung, kann sich die prozessuale Drittwirkung nach einem anderen Sachrecht bemessen, als die materiell­rechtliche Drittwirkung.119 Können sich die für die prozessuale und die materiellrechtliche Drittwirkung maßgeblichen Sachrechtsordnungen unterschei 115

Ebenso bereits Ahrens, Subjektive Reichweite, 99. Zu den Unsicherheiten bei einem unbestimmten Schiedsort oben Kapitel 1 III. 1. b) aa) (3). 117 Diesbezüglich kritisch zu Art. 5 UN-​Ü und dem Europäischen Übereinkommen Girs­ berger / ​Hausmaninger, Assignment of Rights, 131 ff. 118 Vgl. Wagner, Prozessverträge, 349. 119 Ähnlich bereits Landrove, Assignment, 112 f. 116

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

den, ist denkbar, dass die Forderung zwar materiellrechtlich auf den Zessionar übergeht, das für die prozessualen Drittwirkungen maßgebliche Sachrecht jedoch keinen Übergang auf den Zessionar anordnet.120 Bei einem in Deutschland belegenen Schiedsort ist das in der Sache anwendbare Recht über die Kollisionsnorm des § 1051 ZPO zu bestimmen. Wie bereits gezeigt, umfasst eine für den Hauptvertrag getroffene Rechtswahl im Zweifel nicht das Schiedsvereinbarungsstatut.121 Infolgedessen ist das Schiedsvereinbarungsstatut mangels einer darauf bezogenen Rechtswahl im Wege einer objektiven Anknüpfung zu bestimmen, und das am Schiedsort geltende Sachrecht wird zur Anwendung berufen. Denkbar ist daher, dass die Parteien für den Hauptvertrag eine Rechtswahl im Sinne des § 1051 Abs. I ZPO treffen und das für den Hauptvertrag gewählte Sachrecht von dem am Schiedsort geltenden Sachrecht abweicht. Fallen das für den Hauptvertrag maßgebliche Sachrecht und das am Schiedsort geltende Sachrecht auseinander, sind somit auch die Voraussetzungen einer wirksamen Abtretung nach zwei unterschiedlichen Sachrechtsordnungen zu beurteilen, soweit man die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Abtretung dem für den Hauptvertrag maßgeblichen Sachrecht entnimmt122. Stellt das für die materiellen Drittwirkungen der Forderung maßgebliche Sachrecht geringere Anforderungen an eine wirksame Abtretung als das für die prozessualen Drittwirkungen maßgebliche Sachrecht oder sieht das am Sitz des Schiedsgerichts geltende Sachrecht keinen wirksamen Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar vor, kann dies dazu führen, dass zwar die Forderung, nicht jedoch die Schiedsvereinbarung auf den Zessionar übergeht. Entspricht es dem Inhalt der Schiedsvereinbarung, dass auch Einzelrechtsnachfolger der Forderungen aus dem Hauptvertrag an die Schiedsvereinbarung gebunden werden, wird dem in der Schiedsvereinbarung zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien daher nicht hinreichend entsprochen.123 Auch ohne eine Wahl des für den Hauptvertrag maßgeblichen Rechts könnte es zu einer Verdopplung des für die Abtretung maßgeblichen Sachrechts kommen. Mangels Rechtswahl hat das Schiedsgericht in der Sache gemäß § 1051 Abs. II ZPO das Recht des Staates anzuwenden, mit dem der Gegenstand des Verfahrens die engsten Verbindungen aufweist. Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „engsten Verbindung“ werden die Vorschriften der Rom I-​VO entsprechend zur Anwendung gebracht.124 Wird zur Bestimmung der materiellen 120

Ähnlich bereits Landrove, Assignment, 123, der darauf abstellt, dass es bei der Maßgeblichkeit verschiedener Sachrechtsordnungen dazu kommen könne, dass zwar die Bindung an die Schiedsvereinbarung eintreten, nicht aber die Forderung aus dem Hauptvertrag übergehen könne. Die „nackte“ Bindung an die Schiedsvereinbarung sei daher zu vermeiden. 121 Zur subjektiven Anknüpfung des Schiedsvereinbarungsstatuts oben Kapitel 1 III. 2. 122 Hierzu sogleich. 123 Zu den betroffenen Parteiinteressen oben Kapitel 2 I. 2. a). 124 So die wohl herrschende Auffassung in der Literatur: MüKoBGB / ​Martiny, Rom I-​VO, Vor Art.  1, Rn.  111; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1051, Rn. 7. In der Literatur ist umstritten, ob das

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Abtretungswirkungen im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zessionar die Kollisionsregel des Art. 14 Abs. II Rom I-​VO entsprechend herangezogen, bestimmt das Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt, ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner.125 Das Forderungsstatut als das für den Hauptvertrag maßgebliche Sachrecht wird demnach für die materiellrechtlichen Drittwirkungen der Abtretung zur Anwendung berufen.126 Zur Bestimmung des Forderungsstatuts ist auf Art. 4 Rom I-​VO zurückzugreifen. Im ersten Kapitel konnte gezeigt werden, dass die Anwendung des Art. 4 Rom I-​VO im Rahmen der Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts zur Maßgeblichkeit des am Sitz des Schiedsgerichts geltenden Sachrechts als das Recht der „engsten Verbindung“ führen würde127. Im Unterschied zur Schiedsvereinbarung lässt sich der Hauptvertrag jedoch im Regelfall den Regelungen des Art. 4 Abs. I oder II Rom I-​VO zuordnen. Dementsprechend wird beispielsweise für Kaufverträge gemäß Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO das Sachrecht des Staates berufen, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Bestimmung des maßgeblichen Forderungsstatuts gemäß den Artt. 14 Abs. II, 4 Rom I-​VO bereitet im Regelfall daher keine Schwierigkeiten. Lässt sich der Hauptvertrag keiner Variante des Art. 4 Abs. I Rom I-​VO zuordnen, bemisst sich der Hauptvertrag und damit das maßgebliche Forderungsstatut im Sinne des Art. 14 Abs. II Rom I-​VO nach dem Sachrecht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakSchiedsgericht an die Regelungen der Rom I-​VO gebunden wird. Umfassend hierzu Mankowski, RIW 2011, 30. Die wohl herrschende Literaturauffassung spricht sich dafür aus, die Regelungen der Rom I-​VO auch ohne eine unmittelbare Bindung des Schiedsgerichts entsprechend heranzuziehen: Geimer, IZPR, 1460; Schmalz, Arbitration in Germany, 313. Zum alten Recht Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 414. Daneben wird die Anwendung weiterer Sonderregeln der Rom I-​VO vorgeschlagen, wie beispielsweise Art. 7 Rom I-​VO für Versicherungsverträge; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.432. Zu der vorrangig maßgeblichen subjektiven Anknüpfung umfassend: Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.421 ff. Der Gesetzgeber hat sich dafür ausgesprochen, den unbestimmten Rechtsbegriff der „engsten Verbindung“ anhand des Art. 28 EGBGB a. F. zu konkretisieren, Bundestagsdrucksache 13/5274, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts S. 53. 125 Vergleiche Art. 14 Abs. II Rom I-​VO. Es wird davon ausgegangen, dass die Verfügungswirkung der Abtretung erga omnes vom Anwendungsbereich der Rom I-​VO erfasst wird und die Rom I-​VO somit nicht lediglich die Causa der Abtretung erfasst MüKoBGB / ​Martiny, Rom I-​VO Art. 14, Rn. 36; Labonté, Forderungsabtretung, 95 ff. A. A. Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 494 m. w. N., die mit Blick auf die Entstehungsgeschichte bezweifeln, dass die Drittwirkung der Forderungsabtretung vom Anwendungsbereich des Art. 14 Rom I-​VO umfasst wird. 126 In der Literatur wird darüber gestritten, ob sich die materiellen Drittwirkungen der Forderungsabtretung nach dem Forderungsstatut bemessen. Umfassend Bauer, Forderungsabtretung im IPR, 264 ff.; Staudinger / ​Hausmann ROM I-​VO Art. 14, Rn. 55 ff.; Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 496 ff. Zur Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Zedenten und einer Reform des Art. 14 Rom I-​VO unten Kapitel 2 I. 2. e). 127 Zur entsprechenden Anwendung des Art. 4 Rom I-​VO zur Bestimmung des Schieds­ vereinbarungsstatuts oben Kapitel 1 III. 1. b) (1).

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

teristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Vereinbaren die Parteien einen neutralen Schiedsort, der von den Art. 4 Abs. II oder II Rom I-​VO aufgeführten Anknüpfungsmomenten abweicht, fallen das am Schiedsort geltende Sachrecht und das für die materiellen Drittwirkungen maßgebliche Forderungsstatut jedoch auseinander. Somit kann auch die objektive Bestimmung des für die Abtretung der Hauptforderung maßgeblichen Sachrechts dazu führen, dass dieses nicht mit dem am Schiedsort geltenden Sachrecht beziehungsweise dem Schiedsvereinbarungsstatut übereinstimmt128. Erneut kann es daher zu einer Verdopplung des für die Drittwirkungen der Abtretung maßgeblichen Sachrechts kommen, sodass die Gefahr besteht, dass zwar die Forderung aus dem Hauptvertrag übergeht, der korrespondierende Übergang der Schiedsvereinbarung jedoch nach dem hierfür maßgeblichen Sachrecht fehlschlägt. Vergleichbare Schwierigkeiten ergeben sich bei einer Lex-​Fori-​Anknüpfung.129 Entscheidet stets das am Gerichtsort geltende Sachrecht über die prozessuale Drittwirkung der Abtretung für die Schiedsvereinbarung, kann dieses zu anderen Ergebnissen kommen, als das für die materiellen Drittwirkungen maßgebliche Forderungsstatut.130 Darüber hinaus gefährdet die Lex-​Fori-​Anknüpfung den internationalen Entscheidungseinklang, und die Folgen der Abtretung für die Reichweite der Schiedsvereinbarung sind aus Sicht der Parteien bei einer Mehrzahl an eröffneten Gerichtsständen schwer abschätzbar.131 Im Hinblick auf die einhergehenden Nachteile der Sitzanknüpfung ist die Maßgeblichkeit des Schiedsvereinbarungsstatuts für die Folgen der Abtretung daher abzulehnen.

128 Bemessen sich die materiellen Drittwirkungen der Abtretung nach dem Zessionsgrundstatut ist ebenfalls denkbar, dass dieses vom am Schiedsort geltenden Sachrecht abweicht. Insofern kann es auch bei einer Anknüpfung der materiellen Drittwirkungen an das Zessionsgrundstatut zu einer Verdopplung des für die Drittwirkungen maßgeblichen Sachrechts kommen. 129 Zu den Zweifeln, dass Fragen betreffend die Schiedsvereinbarung vom Anknüpfungsgegenstand der Lex-​Fori-​Regel erfasst werden oben Kapitel 1 I. 2. a) bb) (1). Hierauf ebenfalls kritisch hinweisend Girsberger, The Effects of Assignment on Arbitration Agreements, 734. Die prozessualen Wirkungen der Forderungsabtretung nach der jeweiligen Lex-​Fori anknüpfend, zum alten Recht Staudinger / ​Hausmann, Art. 33 EGBGB, Rn. 44. 130 Auch die Anknüpfung an die Rechtsordnung am Sitz des Zedenten oder dem Sitz des Schuldners muss wegen der Gefahr einer Verdopplung des Abtretungsstatuts ausscheiden. Eine entsprechende Anknüpfung wurde im Rahmen der Rom I-​VO diskutiert. Vergleiche hierzu das Grünbuch über die Umwandlung des Übereinkommens von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in ein Gemeinschaftsinstrument sowie über seine Aktualisierung, 14.01.2003. KOM(2002) 654 endgültig, S. 48 f., Vorschlag für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) vom 15.12.2005, KOM(2005) 650 endgültig, S. 21. Zur Entstehungsgeschichte des Art. 14 Rom I-​VO im Bezug auf die Kollisionsregel zur Bestimmung der Drittwirkung von Forderungsabtretungen Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 493 f; Labonté Forderungsabtretung, 175 f. 131 Girsberger / ​Hausmanginger, Assignment of Rights, 154; Landrove, Assignment, 108; Ahrens, Subjektive Reichweite, 98.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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c) Die Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut Muss die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut ausscheiden, ist die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung gesondert anzuknüpfen. Die Bindung des Zessionars betrifft insbesondere die Frage, welches Sachrecht über die Drittwirkungen der Forderungsabtretung entscheidet. Aus diesem Grund könnte die verfahrensrechtliche Bindung des Zessionars mittels der für die Zession maßgeblichen Kollisionsnormen zu bestimmen sein132. So kommt in Betracht, dass sich der Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Zessionar nach dem Sachrecht bemisst, welches das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar beherrscht133. Es könnte also das Zessionsgrundstatut über die Drittwirkungen der Abtretung entscheiden. Dies hätte den Vorteil, dass für Globalzessionen ein einheitliches Abtretungsstatut zu erreichen wäre und sich die Voraussetzungen des Übergangs auf den Zessionar bereits im Zeitpunkt der Abtretung bestimmen ließen.134 Ferner würde eine einheitliche Anknüpfung von Innen-​und Außenverhältnis erzielt, sodass sich die verpflichtenden und verfügenden Elemente der Abtretung für Zedent und Zessionar sowohl in materiellrechtlicher als auch in prozessualer Hinsicht nach einer einzelnen Sachrechtsordnung bemessen würden.135 Andererseits ist die Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut mit erheblichen Nachteilen für den Schuldner verbunden136. Die vorangegangenen Betrachtungen haben gezeigt, dass das deutsche Sachrecht dem Schuldner einen besonderen Schutz vor den Folgen der Abtretung zukommen lässt.137 Der Schuldner ist jedoch nicht nur sachlich, sondern bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene davor zu schützen, dass die Abtretung zu einer Beeinträchtigung seiner Rechtsposition führt.138 Bemessen sich die Folgen 132 Statt vieler: Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 276; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.402 m. w. N. Zur Diskussion über die Anknüpfung der Drittwirkungen der Forderungsabtretung umfassend: Bauer, Forderungsabtretung im IPR, 264 ff.; Staudinger / ​ Hausmann, ROM I-​VO Art. 14, Rn. 55 ff.; Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 496 ff. 133 Im Ergebnis bereits: Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 275 f. Vgl. Landrove, Assignment, 118 f. Kritisch mit Blick auf den Schuldnerschutz: Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 395. 134 Bauer, Forderungsabtretung im IPR, 277. Ebenso Staudinger / ​Hausmann, ROM I-​VO Art. 14 Rom, Rn. 68; Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 497. 135 Staudinger / ​Hausmann, ROM I-​VO Art. 14 Rom, Rn. 67; Flessner, IPRax 2009, 35, 40. Zu den damit verbundenen Vorteilen wurde unter Verweis auf die niederländische Rechtsprechung bereits durch das Grünbuch über die Umwandlung des Übereinkommens von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in ein Gemeinschaftsinstrument sowie über seine Aktualisierung hingewiesen, 14.01.2003. KOM(2002) 654 endgültig, S. 48. 136 Vgl. Mann / ​Nagel, WM 2011, 1499, 1501 f. 137 Zur Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung und dem damit verbundenen Schuldnerschutz Kapitel 2 I. 1. a) cc). 138 In einer jüngeren Entscheidung hat auch der Bundesgerichtshof den kollisionsrechtlichen Schuldnerschutz betreffend die Folgen der Abtretung auf die Schiedsvereinbarung entsprechend anerkannt, Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.05.2014, III ZR 371/12 = SchiedsVZ 2014, 151. Ebenso Labonté, Forderungsabtretung, 224 m. w. N.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

der Abtretung nach dem Zessionsgrundstatut, lässt sich der Schutz des Schuldners jedoch nicht hinreichend sicherstellen.139 Der Schuldner hat keinen Einfluss darauf, welches Sachrecht das Rechtsverhältnis zwischen Zedent und Zessionar beherrscht, sodass sich die Folgen der Abtretung für die Schiedsvereinbarung nach einer für diesen nicht vorhersehbaren Rechtsordnung richten.140 Ferner hätten es der Zedent und Zessionar in der Hand, mittels der Wahl eines entsprechenden Sachrechts mittelbar über die Bindung des Zessionars und damit die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung zu entscheiden.141 Die Notwendigkeit eines effektiven Schuldnerschutzes spricht daher entschieden gegen eine Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut. d) Die Anknüpfung an das Forderungsstatut Bemisst sich die Bindung des Zessionars nach dem Sachrecht, welches den Hauptvertrag beherrscht, wird der Schuldner auf kollisionsrechtlicher Ebene davor bewahrt, dass eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar das für die Drittbindung maßgebliche Sachrecht und damit die Rechtsposition des Schuldners beeinflussen.142 Aus diesem Grund entscheidet nach der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur und Rechtsprechung das Forderungsstatut über die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung143. Der Schuldner ist am Abschluss des Hauptvertrages unmittelbar beteiligt, sodass dieser die Möglichkeit hat, das für den Hauptvertrag maßgebliche Sachrecht durch Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung im Sinne des § 1051 Abs. I S. 1 ZPO zu beeinflussen. Ist für die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung das zwischen den Schiedsparteien maßgebliche Vertragsstatut maßgeblich, bemessen sich die Folgen einer Forderungsabtretung daher nach einer Rechtsordnung, die beiden Schiedsparteien bekannt ist, und der Schuldner wird mit keiner unbekannten Rechtsordnung konfrontiert, deren Maßgeblichkeit er bei Vertragsschluss nicht vorhersehen konnte.144 Zwar kann aus der Wahl eines für den Hauptvertrag maßgeblichen Sachrechts nicht auf eine Rechtswahl betreffend die Schiedsvereinbarung geschlossen werden. Führt die Anknüpfung an das Forderungsstatut zur Anwendung des für den Hauptvertrag maßgeblichen Sachrechts, lässt sich jedoch 139

Landrove, Assignment, 119; Girsberger, The Effects of Assignment on Arbitration Agree­ ments,733. 140 So bereits Born, Arbitration I, 1498. 141 Ahrens, Subjektive Reichweite, 98. Zu den Schwierigkeiten bei einer Mehrfachabtretung Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 496 m. w. N. 142 Das Sachrecht, welches den Hauptvertrag beherrscht lässt sich als Forderungsstatut bezeichnen. 143 Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.05.2014, III ZR 371/12 = SchiedsVZ 2014, 151 ff.; Schütze SchiedsVZ 2014, 274, 276, m. w. N.; Girsberger, The Effects of Assignment on Arbitration ­Agreements, 740. 144 Ähnlich bereits Girsberger, The Effects of Assignment on Arbitration Agreements, 740.

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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im Wege einer objektiven Anknüpfung ein Gleichlauf zwischen dem für den Hauptvertrag und dem für die prozessualen Drittwirkungen maßgeblichen Sachrecht herstellen. Insbesondere wenn die Parteien eine Rechtswahl für den Hauptvertrag getroffen haben, gewährleistet die Anknüpfung an das Forderungsstatut die kollisionsrechtliche Vorhersehbarkeit für den Schuldner.145 Ferner lässt sich über eine Anknüpfung an das Forderungsstatut eine einheitliche kollisionsrechtliche Behandlung im Verhältnis zu den materiellrechtlichen Drittwirkungen erreichen.146 Wird die Kollisionsregel des Art. 14 Abs. II Rom I-​VO sowohl für die materiellrechtlichen als auch für die prozessualen Drittwirkungen der Schiedsvereinbarung zur Anwendung gebracht, bemessen sich die Drittwirkungen der Zession nach der selben Rechtsordnung, und voneinander abweichende Ergebnisse werden vermieden. Darüber darf der Einwand der fehlenden Erkennbarkeit des zwischen dem Schuldner und dem Zedenten maßgeblichen Vertragsstatuts im Anwendungsbereich des europäischen Kollisionsrechts nicht überbewertet werden, da dieses im Regelfall zur Anknüpfung an das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Schuldners der für den Vertrag charakteristischen Leistung gelangt.147 Aus diesen Gründen überwiegt das schutzwürdige Interesse des Schuldners, dass Streitigkeiten betreffend die Forderung vor dem hierfür vorgesehenen Schiedsgericht entschieden werden und sich diese Entscheidung nach einem Recht bemisst, dessen Anwendung der Schuldner bei Abschluss des Vertrages mit dem Zedenten absehen kann. e) Die Bildung einer maßgeblichen Kollisionsregel Die Maßgeblichkeit des am Schiedsort geltenden Sachrechts bringt den Vorteil, dass sich dieses im Regelfall ohne Schwierigkeiten bestimmen lässt. Sowohl für das Schiedsgericht, als auch für ein über die Bindung des Zessionars entscheidendes staatliches Gericht wird die Bestimmung des maßgeblichen Sachrechts daher entsprechend vereinfacht. Andererseits ist die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut ist nicht geeignet die Interessen der betroffenen Personen hinreichend zu wahren, da es zu einem Übergang der Forderung ohne die damit verbundene Schiedsvereinbarung kommen kann. Ferner kann sich der Zessionar nur eingeschränkt über den Schiedsort informieren, soweit die Schiedsvereinbarung nicht in Form einer Schiedsklausel abgeschlossen wurde und sich der Zessionar die Schiedsvereinbarung nicht entsprechend vorlegen lässt. Die Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut ist vorteilhaft für den Zessionar, da dieser Einfluss auf das maßgebliche Recht nehmen kann und sich die Wirkungen 145

Ähnlich zur Gerichtsstandsvereinbarung bereits Gebauer, IPRax 2001, 471, 475. Ebenso Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 496; vgl. Mann / ​Nagel, WM 2011, 1499, 1500 ff. Kritisch zu den Vorteilen der Voraussehbarkeit mangels Rechtswahl Bauer, Forderungsabtretung im IPR, 269. 146 Leible / ​Müller, IPRax 2012, 491, 496. 147 Vgl. Flessner / ​Verhagen, Assignment in European private international law, 54.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

einer Globalzession oder Vorausabtretung nach einem einzelnen für den Zessionar eindeutig zu bestimmenden Sachrecht bemessen. Diese Anknüpfung bringt jedoch entschiedene Nachteile für den Schuldner mit sich, da die Drittwirkung in das Belieben des Zessionars und des Zedenten gestellt wird. Dem Schuldner ist die Person des Zessionars bei Vertragsschluss gänzlich unbekannt, sodass im Vergleich hierzu dem Zessionar zugemutet werden kann, sich beim Zedenten und eigenen Vertragspartner über die Existenz einer Schiedsvereinbarung zu informieren. Dementsprechend hat der Zessionar grundsätzlich die Möglichkeit, sich über den Inhalt der Forderung und das die zedierte Forderung beherrschende Sachrecht zu informieren. Demnach verdienen die Interessen des Schuldners am Erhalt einer unveränderten Rechtsposition den Vorzug. Lediglich die Anknüpfung an das Forderungsstatut ist geeignet ist, dem Schuldnerschutz hinreichend Rechnung zu tragen. Ferner hat die Anknüpfung an das Forderungsstatut den Vorteil, dass sich die prozessualen und materiellrechtlichen Drittwirkungen der Zession nicht nach verschiedenen Sachrechtsordnungen bemessen. Aus diesen Gründen ist in Übereinstimmung zur wohl herrschenden Auffassung in der Literatur und Rechtsprechung an der Anknüpfung an das Forderungsstatut festzuhalten. aa) Die entsprechende Anwendung des Art. 14 Abs. II Rom I-​VO Da es betreffend die Schiedsvereinbarung an einer ausdrücklichen Kollisionsregel zur Bestimmung des für die Drittwirkungen der Zession maßgeblichen Sachrechts fehlt und die Anknüpfung an das Forderungsstatut geeignet ist, die Interessen der betroffenen Personen hinreichend zu berücksichtigen, ist die Kollisionsnorm des Art. 14 Abs. II Rom I-​VO entsprechend zur Anwendung zu bringen. Das Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt, entscheidet demnach insbesondere darüber, ob die Forderung übertragen werden kann, an welche Voraussetzungen eine Übertragung gebunden ist und welche Auswirkungen mit der Übertragung der Forderung auf die Bindung an die Schiedsvereinbarung verbunden sind. bb) Das Verhältnis zum Schiedsvereinbarungsstatut Bemisst sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Zessionar an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, nach dem Forderungsstatut, bedarf das Verhältnis zum Schiedsvereinbarungsstatut einer Klärung. Es hat sich gezeigt, dass die Bindung des Zessionars dem Willen der Schiedsparteien entsprechen muss und daher vom Inhalt der Schiedsvereinbarung gedeckt sein muss.148 Selbst wenn das maßgebliche Forderungsstatut einen Übergang auf den Zessionar vorsieht, steht die Bindungswirkung daher weiter in Abhängigkeit von der Auslegung 148 Zur Abhängigkeit der Drittwirkung vom Inhalt der Schiedsvereinbarung oben Kapitel 2 I. 1. c).

I. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung bei Zession 

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der Schiedsvereinbarung.149 Anderenfalls könnte eine Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung auch dann eintreten, wenn dies nicht im Einklang der Schiedsvereinbarung steht. Dementsprechend spiegelt sich die Trennung zwischen dem für die prozessualen Drittwirkungen und dem für die Auslegung der Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrecht innerhalb des Kollisionsrechts wieder150. Die Frage, ob das Abtretungsfolgenrecht den Zessionar an die Schiedsvereinbarung bindet, ist an das Forderungsstatut anzuknüpfen, um den Schuldner vor Beeinträchtigungen seiner Rechtsposition in Folge der Abtretung auch auf Ebene des Kollisionsrechts hinreichend zu schützen. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob zwischen den Schiedsparteien eine wirksame Schiedsvereinbarung entstanden ist und ob der Übergang auf den Zessionar dem Willen der Schiedsparteien entspricht und mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung vereinbar ist. Diesbezüglich ist das Schiedsvereinbarungsstatut zu befragen und das am Sitz des Schiedsgerichts geltende Sachrecht zur Anwendung zu bringen.

3. Zwischenergebnis Die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung bemisst sich nach dem Forderungsstatut. Die Anknüpfung an das Forderungsstatut stellt sicher, dass sich die Auswirkungen der Zession auf die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach keiner Rechtsordnung bemessen, die der Schuldner bei Vertragsschluss nicht hinreichend absehen konnte. Auch besteht für Dritte grundsätzlich die Möglichkeit, sich vor dem Erwerb der Forderung beim Zedenten über die Existenz einer Schiedsvereinbarung zu informieren und das Forderungsstatut zu überblicken. Auch wenn sich die verfahrensrechtliche Bindung des Zessionars aus dem Forderungsstatut ergibt, muss die Bindung des Zessionars weiterhin im Einklang mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung stehen. Die Frage, ob es dem Willen der Schiedsparteien entspricht, auch Rechtsnachfolger an die Schiedsvereinbarung zu binden, betrifft die Auslegung der Schiedsvereinbarung, sodass diesbezüglich das Schiedsvereinbarungsstatut zu befragen ist. Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass für die Entscheidung, ob der Zessionar an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, neben dem Forderungsstatut das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut zu ermitteln ist. Wird das zuvor genannte Prüfungsmodell151 in drei Schritten mit der kollisionsrechtlichen Behandlung erweitert, ist demnach wie folgt zu verfahren:

149

Vgl. Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 175 ff.; vgl. Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 402 m. w. N. 150 Ähnlich bereits Girsberger, The Effects of Assignment on Arbitration Agreements, 740 f.; Girsberger, The law applicable to the assignment of claims subject to an arbitration agreement, 402. 151 Siehe zur Prüfung in drei Schritten oben Kapitel II, 1, e.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Innerhalb des ersten Prüfungsschrittes ist das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut zu ermitteln. Nach dem Schiedsvereinbarungsstatut bemisst sich die Frage, ob zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien eine wirksame Schiedsvereinbarung entstanden ist. Hier ist die Kollisionsnorm des Art. 5 Abs. I lit.  a UN-​Ü zur Anwendung zu bringen,152 sodass sich das tatbestandliche Zustandekommen der Schiedsvereinbarung primär nach dem gewählten Recht und subsidiär im Wege einer objektiven Anknüpfung nach dem am Sitz des Schiedsgerichts geltenden Sachrecht bemisst. Besteht zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien eine wirksame Schiedsvereinbarung, ist innerhalb des zweiten Prüfungsschrittes zu fragen, ob die Schiedsvereinbarung wirksam auf den Zessionar übergegangen ist. Zur Klärung dieser Frage ist das Forderungsstatut zur Anwendung zu bringen, sodass ein Gleichlauf, zwischen dem für die materiellrechtlichen Drittwirkungen und den prozessrechtlichen Drittwirkungen maßgeblichen Sachrecht hergestellt wird. Sieht das maßgebliche Forderungsstatut die Bindung des Zessionars vor, ist im dritten Prüfungsschritt zu klären, ob die Bindung des jeweiligen Zessionars an die Schiedsvereinbarung mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung im Einklang steht. Hierfür ist erneut das Schiedsvereinbarungsstatut zu befragen und daher das am Sitz des Schiedsgerichts geltende Sachrecht anzuwenden. Führt auch die Auslegung der Schiedsvereinbarung zu dem Ergebnis, dass der Zessionar an die Schiedsvereinbarung gebunden werden soll, wird dieser für den zedierten Anspruch letztlich an die Schiedsvereinbarung gebunden.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette Als Vertragskette lässt sich eine Konstellation bezeichnen, in der sukzessiv hintereinander geschlossene Verträge unterschiedlicher Beteiligter auf den identischen Vertragsgegenstand gerichtet sind153. Als Musterbeispiel einer Vertragskette lässt sich der Weg eines Produkts vom Hersteller bis hin zum Endkunden anführen. In der Grundkonstellation einer solchen Vertrags-​oder Lieferkette verkauft der Hersteller als Erstverkäufer sein Produkt an einen Zwischenhändler, der die Ware seinerseits an den Endkunden als den Letztkäufer veräußert. Enthält der zwischen 152

Zur entsprechenden Anwendung des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü innerhalb des Einrede-​und Feststellungsverfahrens oben Kapitel 1 III. 1. b) aa) (2). 153 Es lässt sich zwischen heterogenen und homogenen Vertragsketten unterscheiden. Im Folgenden werden lediglich homogene Vertragsketten untersucht, die sich dahingehend kennzeichnen, dass jeder der sukzessiv aufeinanderfolgenden Vertrag auf den identischen Vertragsgegenstand gerichtet ist und dass jedem der in der Vertragskette enthaltenen Verträge ein identischer Vertragstypus, wie beispielsweise ein Kaufvertrag zugrunde liegt. Eine homogene Vertragskette liegt demnach insbesondere dann vor, wenn eine Sache durch eine Kette von Kaufverträgen an verschiedene Personen veräußert wird.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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dem Hersteller und dem Zwischenhändler geschlossene Vertrag eine Schiedsvereinbarung, kann sich die Frage stellen, ob der Endkunde an diese Schiedsvereinbarung gebunden ist. Die Klärung dieser Frage steht insbesondere dann im Raum, wenn der Endkunde einen unmittelbaren Anspruch gegen den Hersteller vorträgt, den er vor einem staatlichen Gericht festgestellt haben möchte. Verkompliziert wird die Fragestellung bei einer internationalen Vertragskette. Denkbar ist beispielsweise, dass ein französischer Hersteller unter Abschluss einer Schiedsvereinbarung ein Produkt an einen französischen Zwischenhändler verkauft. Der Zwischenhändler verkauft das Produkt seinerseits an einen deutschen Endkunden. Geht nun der Endkunde vor einem staatlichen Gericht in Deutschland unmittelbar gegen den Hersteller vor, stellt sich für die Beurteilung der Zuständigkeit die Frage, ob sich der Endkunde eine zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler geschlossene Schiedsvereinbarung entgegenhalten lassen muss und welches Sachrecht darüber zu entscheiden hat. Im Folgenden ist am Beispiel des Produktweges vom Hersteller über einen Zwischenhändler an den Endkunden die subjektive Reichweite einer Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette zu untersuchen. Die Betrachtung soll sich insbesondere auf die Frage beschränken, ob der Endkunde an eine zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande gekommene Schiedsvereinbarung gebunden wird154. Am Beginn der Überlegungen steht eine Analyse der in Betracht kommenden Direktansprüche des Endkunden gegen den Hersteller. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Auswirkungen etwaiger Direktansprüche auf die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung. Im Anschluss ist der Bestimmung des hierfür maßgeblichen Sachrechts nachzugehen.

1. Die Direktansprüche gegen den Hersteller a) Das Delikts-​und Produkthaftungsrecht Das Delikts-​und Produkthaftungsrecht kann dem Endkunden einen Direktanspruch gegen andere Beteiligte der Vertragskette, als dem Letztverkäufer und unmittelbaren Vertragspartner eröffnen. Insbesondere das Deliktsrecht ermöglicht es dem Endkunden, auch ohne Vertragsbeziehung zum Hersteller, im Wege der Produzentenhaftung gegen den Hersteller vorzugehen.155 Neben der deliktsrecht 154 Nicht untersucht wird damit die Frage, ob eine Bindung des Endkunden auch für den Fall eintritt, dass alle Verträge der Kette gleiche inhaltliche Bestimmungen, einschließlich der „selben“ Schiedsvereinbarung enthalten. Für diesen Fall wohl eine Bindung annehmend: Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.294. 155 Voraussetzung für die Haftung des Schädigers gemäß § 823 Abs. I BGB ist, dass der Schädiger fahrlässig eine Rechtsgutsverletzung herbeiführt. Um den Rechtsverkehr, mit Blick auf die Gefahren des täglichen Lebens, keiner allseitigen und unüberschaubaren Haftung auszusetzen, ist die deliktsrechtliche Haftung auf das Integritätsinteresse des Endkunden beschränkt.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

lichen Haftung eröffnet auch das Produkthaftungsrecht dem Endkunden einen Direktanspruch gegenüber dem Hersteller. Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts gemäß § 1 Abs. 1 ProdHaftG verpflichtet, dem geschädigten Endkunden den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Nimmt der Endkunde den Hersteller für ein fehlerhaftes Produkt in Anspruch, ist im Anwendungsbereich der EuGVVO nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO das Gericht des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht156. Die Formulierung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, ist so zu verstehen, dass diese sowohl den Schadenseintrittsort, als auch den Ort des den Schaden verursachenden Ereignisses meint, sodass der Geschädigte den Schädiger nach seiner Wahl vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagen kann.157 In einer Vertragskette entspricht es dem Regelfall, dass der Handlungs-​und Erfolgsort auseinanderfallen. Ist das den Schaden verursachende Ereignis auf den Produktionsprozess zurückzuführen, liegt der Handlungsort am Herstellungsort.158 Der Erfolgsort wird hingegen in der Regel beim Endkunden liegen, der das Produkt in Gebrauch nimmt. Vertreibt der Hersteller sein Produkt ausschließlich über Zwischenhändler, sind dem Hersteller die einzelnen Endkunden nicht bekannt, sodass der Hersteller den Schadenseintrittsort nicht vorhersehen kann. Dementsprechend sieht sich der Hersteller einem unvorhersehbaren Gerichtsort ausgesetzt, sodass es im Regelfall dem Interesse des Herstellers entspricht, eine mit dem Zwischenhändler vereinbarte Schiedsvereinbarung auf die Ansprüche potenzieller Endkunden zu erstrecken. Hat der Hersteller mit dem Zwischenhändler eine entsprechende Schiedsvereinbarung abgeschlossen, könnte für die Feststellung von Produktmängeln und den hieraus entstehenden Schäden infolgedessen einzig das Schiedsgericht zuständig sein. Trotz dieses Vorteils ist jedoch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Endkunde zur Durchsetzung seiner Ansprüche an eine von dem Hersteller mit dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden kann. Bringt der Hersteller ein Produkt in den Verkehr, muss dieser damit rechnen, bei einer Rechtsgutsverletzung von jedem potenziellen Endkunden in Anspruch genommen zu werden. Da sich die Haftung aus dem Delikts-​und Produkthaftungsrecht auf das Integritätsinteresse des Endkunden beschränkt, wird der Hersteller jedoch keinem unüberschaubaren Haftungsrisiko ausgesetzt. Entscheidend gegen die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung spricht jedoch, dass die aus dem Delikts-​und Produkthaftungsrecht hervorgehende 156

Hierzu umfassend Musielak / ​Voit / ​Stadler, EugVVO Art. 7, Rn. 19 ff. So die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 16.07.2009, C-​189/08 (Zuid-​Chemie BV v Philippo’s Mineralenfabriek NV / ​SA), Rn. 23 m. w. N. 158 In Produkthaftungsfällen liegt der Handlungsort als der Ort des den Schaden verursachenden Ereignisses am Herstellungsort, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 16.01.2014, C-​45/13, (Andreas Kainz v Pantherwerke AG), Rn. 27 m. w. N. 157

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Haftung des Herstellers zu Ansprüchen des Endkunden aus eigenem Recht führt. Die Haftung ist daher nicht auf ein mit einer Schiedsvereinbarung verbundenes Rechtsverhältnis zurückzuführen. Sieht das Delikts-​und Produkthaftungsrecht eigene Ansprüche des Endkunden vor, die unabhängig von dem Vertragsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler bestehen, ist die Bindung des Endkunden an eine zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage abzulehnen. Dies muss selbst dann gelten, wenn der Hersteller mit dem Zwischenhändler vereinbart, dass neben vertraglichen Forderungen auch alle deliktsrechtlichen Ansprüche der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unterliegen sollen.159 Bereits dem Wortlaut des § 1029 Abs. I ZPO lässt sich entnehmen, dass die zwischen den Schiedsparteien entstandene Schiedsvereinbarung lediglich die „zwischen ihnen“ bestehenden außervertraglichen Rechtsverhältnisse erfasst. Fehlt es zwischen dem Endkunden und dem Hersteller am Abschluss einer entsprechenden Schiedsvereinbarung, wird der Endkunde infolgedessen zur Durchsetzung eigener außervertraglicher Ansprüche nicht an eine vom Hersteller als seinem Anspruchsschuldner abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden. b) Das Gewährleistungsrecht und der Unternehmerregress Der Endkunde nimmt das Produkt tatsächlich in Gebrauch, sodass dieser im Regelfall die Mangelhaftigkeit eines Produkts feststellt. Aus diesem Grund sieht sich insbesondere der Letztverkäufer einer Vertragskette den Gewährleistungsansprüchen des Endkunden ausgesetzt. Liegt kein Lager-​oder Transportschaden, sondern ein auf den Herstellungsprozess zurückzuführender Mangel vor, fällt es jedoch nicht in die Sphäre des Zwischenhändlers, sondern in die Sphäre des Herstellers, dass das Produkt der geschuldeten Beschaffenheit nicht hinreichend gerecht wird. Neben dem Delikts-​und Produkthaftungsrecht wird dem Endkunden durch das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht jedoch kein vertraglicher Direktanspruch gegen den Hersteller eröffnet. Der Endkunde muss sich vielmehr für Schäden, die sein Äquivalenzinteresse betreffen, bei dem Letztverkäufer als seinem unmittelbaren Vertragspartner schadlos halten.160 Folglich hat der Letztverkäufer für Mängel einzustehen, deren Entstehungsursache nicht auf ihn selbst, sondern auf den Hersteller, beziehungsweise seinen Lieferanten zurückzuführen sind. Diesem Umstand tragen die §§ 434, 437, 445a BGB dahingehend Rechnung, dass sich der Letztverkäufer über den so genannten Unternehmerregress bei seinem eigenen Lieferanten schadlos halten kann, sofern er vom Endkunden in Anspruch genom-

159

Eine die nichtvertraglichen Ansprüche umfassende Schiedsvereinbarung wird durch § 1029 Abs I ZPO ausdrücklich vorgesehen. 160 Zu der Möglichkeit einer vertraglichen Haftung des Herstellers gegenüber dem Endkunden unten Kapitel 2 II. 1. c).

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

men wird.161 Der Unternehmerregress eröffnet dem vom Endkunden in Anspruch genommenen Letztverkäufer jedoch keinen unmittelbaren Direktanspruch gegen den Hersteller des Produkts. Der Letztverkäufer hat sich vielmehr gemäß § 445a Abs. I BGB an seinen jeweils eigenen Lieferanten und unmittelbaren Vertragspartner zu wenden.162 Der über den Unternehmerregress in Anspruch genommene Lieferant des Letztverkäufers kann sich dann wiederum seinerseits bei seinem eigenen Zulieferer schadlos halten, sodass die Lieferanten innerhalb der Vertragskette bis hin zum Hersteller ihre jeweiligen Vertragspartner in Regress nehmen können. Hintergrund der Regelung des § 445a BGB ist die Umsetzung des Art. 4 Verbrauchsgüterkauf-​R L163. Gemäß Art. 4 S. 1 Verbrauchsgüterkauf-​R L „kann der Letztverkäufer den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette in Regress nehmen“. Damit stand es im Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in das nationale Recht einem vom Verbraucher in Anspruch genommenen Letztverkäufer einen unmittelbaren Direktanspruch gegen den Hersteller zu eröffnen. Es zeigt sich jedoch, dass sich der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bewusst gegen Direktansprüche gegen andere Beteiligte der Lieferkette als dem eigenen Vertragspartner entschieden hat, obwohl eine entsprechende Regelung innerhalb seines Gestaltungsspielraums stand.164 Deshalb haben sich sowohl der Endkunde als auch der Letztverkäufer bei ihren jeweiligen Vertragspartnern schadlos zu halten. Das deutsche Recht eröffnet dem Endkunden daher keinen auf das Äquivalenzinteresse gerichteten Direktanspruch gegen den Hersteller. Die Wertung des Gesetzgebers, dass sich der Anspruchsgläubiger hinsichtlich seines Äquivalenzinteresses bei seinem eigenen Vertragspartner schadlos zu halten hat, ist auf die Bindung an die Schiedsvereinbarung zu übertragen. Nicht ersichtlich ist, aus welchen Gründen der Endkunde zur Durchsetzung entsprechender Ansprüche im Verhältnis zum Zwischenhändler an eine zwischen dem Zwischenhändler und dem Hersteller zustande gekommene Schiedsvereinbarung gebunden werden kann. Bemessen sich die Ansprüche des Endkunden ausschließlich nach dem Rechtsverhältnis mit dem Zwischenhändler, hat sich auch das hierfür zuständige Streitentscheidungsorgan ausschließlich nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Endkunden und dem Zwischenhändler zu bemessen. Daher kann 161 Der Unternehmerregress steht dem Letztverkäufer hingegen nur in engen Bahnen zur Verfügung. Voraussetzung ist insbesondere, dass zwischen dem Letztverkäufer und dem Endkunden ein Verbrauchsgüterkauf zur Lieferung einer neuen Ware zustande gekommen ist. Zu Normzweck und Hintergrund MüKo / ​L orenz, § 478, Rn. 1 ff. 162 In der Grundkonstellation einer Vertragskette, bestehend aus Hersteller, Zwischenhändler und Endkunde ermöglicht der Unternehmerregress den Rückgriff auf den Hersteller der Ware. In dieser Konstellation handelt es sich beim Hersteller jedoch ohnehin um den unmittelbaren Vertragspartner des in Anspruch genommenen Zwischenhändlers, sodass gerade keine typische Konstellation der Direkthaftung des Herstellers vorliegt. 163 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter. 164 Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 90.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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der Endkunde zur Durchsetzung seiner Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis mit dem Zwischenhändler nicht an eine Schiedsvereinbarung gebunden werden, die in dem Rechtsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossen wurde. Dieses Ergebnis muss auch für den Unternehmerregress gelten. Wird der Zwischenhändler vom Endkunden in Anspruch genommen, hat sich der Zwischenhändler bei seinem eigenen Zulieferer schadlos zu halten, sodass sich das hierfür zuständige Streitentscheidungsorgan nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Zwischenhändler und dessen Zulieferer bestimmt. Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass das Gewährleistungsrecht und der Unternehmerregress in Deutschland vorsehen, dass der Anspruchsgläubiger die auf das Äquivalenzinteresse gerichteten Ansprüche lediglich bei seinem eigenen Vertragspartner geltend machen kann und diesbezüglich an keine Schiedsvereinbarung gebunden wird, die im Rechtsverhältnis anderer Personen der Lieferkette abgeschlossen wurde. c) Die vertragliche Dritthaftung Die bisherige Analyse hat gezeigt, dass das deutsche Sachrecht dem Endkunden oder anderen Beteiligten in der Lieferkette grundsätzlich keinen vertraglichen Direktanspruch gegen den Hersteller eröffnet. Im Einzelfall sind jedoch Konstellationen denkbar, in denen dem Endkunden ein entsprechender vertraglicher Direktanspruch gegen den Hersteller zustehen könnte. aa) Die Haftung aus Garantieverträgen Bereits das Reichsgericht hatte in der Apotheken-​Entscheidung165 über das Bestehen eines unmittelbaren Vertragsverhältnisses zwischen dem Hersteller und dem Endkunden zu entscheiden. Ein Kunde erwarb von einem Apotheker ein original verpacktes Glas künstlich hergestelltes Salz, welches der Apotheker seinerseits vom Hersteller des Salzes bezogen hatte. Es stellte sich heraus, dass das Salz mit feinen Glassplittern verunreinigt war. Der Kunde nahm daraufhin den Salzhersteller mit der Behauptung auf Schadensersatz in Anspruch, dass diesem gegenüber ein unmittelbares Vertragsverhältnis entstanden sei. Das Reichsgericht stellte zunächst fest, dass einerseits zwischen dem Salzhersteller und dem Apotheker und andererseits zwischen dem Apotheker und dem Kunden ein Vertragsverhältnis entstanden sei. Die Existenz eines unmittelbaren Vertragsverhältnisses zwischen dem Salzhersteller und dem Kunden setze jedoch voraus, dass in diesem Verhältnis der Wille zum Abschluss eines Vertrages „irgendwie zum Ausdruck gelangt sein muss“166. Alleine aus der Versendung in 165 166

Reichsgericht, Urt. v. 25.02.1915, Rep. IV 526/14 = RGZ 87, 1 ff. Reichsgericht, Urt. v. 25.02.1915, Rep. IV 526/14 = RGZ 87, 1, 2.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Originalverpackungen könne auf Seiten des Herstellers nicht auf einen entsprechenden Willen zum Abschluss eines Vertrages mit dem Endkunden geschlossen werden, sodass infolgedessen zwischen dem Salzhersteller und dem Endkunden kein stillschweigend eingegangenes Vertragsverhältnis zustande gekommen sei.167 Mangels eines gegenüber dem Hersteller bestehenden Vertragsverhältnisses wurde der Endkunde für den Schadensausgleich daher auf das Deliktsrecht verwiesen.168 (1) Der selbstständige Garantievertrag Die Entscheidung des Reichsgerichts verdeutlicht, dass sich der Hersteller vertraglich unmittelbar gegenüber dem Endkunden dahingehend verpflichten kann, für die Beschaffenheit des Produktes einstehen zu wollen. Dieser vertraglichen Dritthaftung liegt im Regelfall ein selbstständiger Garantievertrag zugrunde169. Hiernach verpflichtet sich der Hersteller als Garantiegeber gegenüber dem Endkunden, für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen oder die Gefahr für den Eintritt eines Schadens übernehmen zu wollen.170 Wie sich bereits den Anforderungen des Reichsgerichts an das Zustandekommen eines unmittelbaren Vertragsverhältnisses entnehmen lässt, kommt der selbstständige Garantievertrag als eigenständiges Schuldverhältnis über die allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff. BGB zustande. Das Angebot des Herstellers zum Abschluss eines Garantievertrags ist regelmäßig in einer der Ware beigefügten Erklärung zu sehen, wohingegen zugleich konkludent nach § 151 BGB auf den Zugang der korrespondierenden Annahmeerklärung des Endkunden verzichtet wird.171 Der selbstständige Garantievertrag ist daher sowohl in seiner Wirksamkeit als auch in seinem Zustandekommen abstrakt zu den einzelnen Kaufverträgen der Vertragskette.172 Nicht ersichtlich ist, aus welchen Gründen sich der Hersteller bei Streitigkeiten betreffend den Garantievertrag auf eine Schiedsvereinbarung berufen können

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Nach Auffassung des Reichsgerichts sei die Annahme einer stillschweigenden Abtretung der Gewährleistungsansprüche des Zwischenabnehmers auf den Endkunden „noch weniger natürlich“. Ein unmittelbares Vertragsverhältnis könne jedoch dann zwischen Hersteller und Endkunde zustande kommen, wenn der Hersteller beispielsweise auf der Verpackung darauf hinweise, dass er für den ordnungsgemäßen Inhalt der Verpackung einstehe. Ein entsprechender Annahmewille des Kunden stoße in diesem Fall auf keine Bedenken. 168 Mangels eines unmittelbaren Vertragsverhältnisses sind die Ansprüche des Endkunden auf das Integritätsinteresse beschränkt, und dem Hersteller steht über einen Entlastungsbeweis nach § 831 BGB eine vergleichsweise weitgehende Haftungsexkulpation offen. 169 Zur Definition des selbstständigen Garantievertrages insb. BeckOGK / ​Köhler, Rom I-​VO Art. 4, Rn. 518. 170 BeckOGK / ​Köhler, Rom I-​ VO Art. 4 Rn. 518. Ähnlich: Bundesgerichtshof, Urt. v. 11.07.1985, IX ZR 11/85 = NJW 1985, 2941. 171 Hierzu: MüKo / ​Westermann, § 443, Rn. 5 ff. 172 In der hier untersuchten Konstellation: Hersteller-​Zwischenhändler und Zwischenhändler​Endkunde.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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soll, die im Verhältnis zum Zwischenhändler abgeschlossen wurde.173 Richten sich die Anspruchsbegründung und der Anspruchsumfang ausschließlich nach der Garantieerklärung, kann nicht darauf geschlossen werden, dass sich eine im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung auf das Rechtsverhältnis erstreckt, welches zwischen dem Garantiegeber und dem Begünstigten zustande kommt. Fehlt es an einer Schiedsvereinbarung des Herstellers mit dem Endkunden, kann die Zuständigkeit des Schiedsgerichts daher nicht auf eine in der Vertragskette enthaltene Schiedsvereinbarung gestützt werden174. (2) Der unselbstständige Garantievertrag als Vertrag zugunsten Dritter Neben dem Abschluss eines Garantievertrages im Verhältnis des Herstellers zum Endkunden schließt der Hersteller regelmäßig einen Garantievertrag mit dem Zwischenhändler als dem eigenen, unmittelbaren Vertragspartner. Einigt sich der Hersteller mit dem Zwischenhändler auf den Abschluss eines entsprechenden Garantievertrages, besteht die Möglichkeit, diese Garantie auf den Endkunden als Garantienehmer zu erstrecken, sodass im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Endkunden ein unselbstständiger Garantievertrag zustande kommt. Ein unselbstständiger Garantievertrag ist daher dadurch gekennzeichnet, dass sich vertragliche Direktansprüche des Endkunden aus einem zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande gekommenen Produktgarantie ableiten lassen.175 Führt die Auslegung der Garantieerklärung dazu, dass dem Endkunden eigene Ansprüche aus einem Garantievertrag zwischen Hersteller und Zwischenhändler zustehen sollen, lassen sich unselbstständige Garantieverträge den echten Verträgen zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB zuordnen.176 Zu einem entsprechenden Ergebnis kam der Bundesgerichtshof in der Isolarglas-​Entscheidung177. Der Hersteller von Isolarglas erklärte in seinen an den Zwischenhändler gerichteten Werbeprospekten, dass er eine Haltbarkeitsgarantie für seine Produkte übernehme.178 173 Das Selbe muss für die Bindung des Herstellers an eine zwischen dem Zwischenhändler und dem Endkunden bestehende Schiedsvereinbarung gelten. 174 Ebenfalls nach der konkreten Form der Garantie differenzierend wohl bereits Wahab, The Extension of Arbitration Agreements to Third Parties, 162 f. 175 Vgl. MüKoBGB / ​Gottwald, § 328, Rn. 75. Der Begriff der unselbstständigen Garantie ist im Folgenden daher dahingehend zu verstehen, dass der Endkunde seine Garantieansprüche aus einem Garantieversprechen ableitet, das zwischen dem Hersteller und dem Endkunden zustande gekommen ist. 176 Vgl. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-​K lauselwerke, Teil Vertragsrecht, Garantieklauseln, Rn. 31. 177 Bundesgerichtshof, Urt. v. 28.06.1979, VII ZR 248/78 = BGHZ 75, 75 ff. 178 Die Garantieerklärung lautete unter anderem: „Die Hersteller von ISOLAR-​Glas garantie­ ren […] daß unter normalen Bedingungen weder durch Bildung eines Films noch durch Staubablagerungen im Scheibenzwischenraum die Durchsichtigkeit des ISOLAR-​Glases beeinträchtigt wird […]“, Bundesgerichtshof, Urt. v. 28.6.1979, VII ZR 248/78 = BGHZ 75, 75, 76.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Auch wenn zwischen dem Hersteller und dem Endkunden kein selbstständiges Vertragsverhältnis bestehe, sei zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler ein Garantievertrag zugunsten des Endkunden zustande gekommen.179 Kommt es zwischen dem Drittbegünstigten und dem Garantiegeber zum Streit, ist über die Zuständigkeit zu entscheiden. Angesichts der mit dem Abschluss einer Schiedsvereinbarung verbundenen Rechte und Pflichten kann die Schiedsvereinbarung für sich genommen nicht als Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Abs. I BGB abgeschlossen werden.180 Leiten sich die Ansprüche des Drittbegünstigten aus dem zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossenen Vertrag ab und enthält dieser Vertrag eine Schiedsvereinbarung, fragt sich, ob sich der Dritte diese Schiedsvereinbarung entgegen halten lassen muss. Das Reichsgericht hat sich in ständiger Rechtsprechung für die Bindung des Dritten181 an eine innerhalb des Deckungsverhältnisses abgeschlossene Schiedsvereinbarung ausgesprochen.182 Diesem Ergebnis hat sich die neuere Rechtsprechung ohne nähere Begründung angeschlossen.183 Auch die wohl herrschende Auffassung in der Literatur kommt zu dem Ergebnis, dass ein Vertrag zugunsten Dritter den Dritten an eine zwischen dem Versprechenden184 und dem Versprechens 179 Bundesgerichtshof, Urt. v. 28.6.1979, VII ZR 248/78 = BGHZ 75, 75, 78. Der Bundesgerichtshof führte einen Vertrag zugunsten Dritter auf die Interessenlage aller Beteiligten zurück. Der Zwischenhändler profitiere von dem Abschluss eines Garantievertrages zugunsten des Endkunden, da der Zwischenhändler im Verhältnis zum Endkunden von der eigenen Haftung befreit werde, soweit der Hersteller den Mangel aufgrund der Garantieverpflichtung selbst behebt. Der Hersteller profitiere durch die mit der Garantie verfolgte Werbung. Das Berufungsgericht hatte ein Interesse der Parteien am Abschluss eines Vertrages zugunsten Dritter abgelehnt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hätten in aller Regel weder der Hersteller noch der Zwischenhändler den Willen, dem Endkunden vertragliche Ansprüche zukommen zu lassen. 180 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 118. Im Ergebnis bereits Ahrens, Subjektive Reichweite, 79. Es wird jedoch angenommen eine „Schiedsvereinbarung zugunsten Dritter“ könne abgeschlossen werden. Voraussetzung sei, dass der Dritte die Möglichkeit habe, sich auf die Schiedsvereinbarung zu berufen, ohne seinerseits jedoch gegen seinen Willen einer Bindung an die Schiedsvereinbarung zu unterliegen, Massuras, Dogmatische Strukturen, 109. Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.05.2006, I-​17 U 162/05 = SchiedsVZ 2006, 331, 333, soweit die Bindung des Dritten von dessen Zustimmung abhängig gemacht wird. Ebenso wohl auch Geimer, IZPR, 1443 f. Andere differenzieren danach, ob sich der Drittbegünstigte oder der Schuldner auf die Schiedsvereinbarung berufen. Hierzu Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.164, m. w. N. 181 Der Dritte lässt sich auch als Destinatär, Drittbegünstigter oder Begünstigter bezeichnen. 182 Reichsgericht, Urt. v. 12.02.1901, VII 349/1900 = JW 1901, 207, 208; Reichsgericht, Urt. v. 19.09.1924, VII 687/23 = LZ 1925, 263, zitiert nach JW 1925, 2608; Reichsgericht, Urt. v. 30.10.1924, VI 106/24 = JW 1925, 2608; Reichsgericht, Urt. v. 27.11.1934, VII 183/34 (obiter) = RGZ 146, 52, 57. 183 Bundesgerichtshof (obiter), Urt. v. 22.05.1967, VII ZR 188/64 = BGHZ 48, 35, 45; Bayrisches Oberlandesgericht München, Beschl. v. 09.09.1999, 4 Z SchH 3/99 = BB Beilage Nr. 8, S. 16, 19. Wohl auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.05.2006, I-​17 U 162/05 = SchiedsVZ 2006, 331, 333. 184 Der Versprechende lässt sich auch als Promittent oder Schuldner bezeichnen.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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empfänger185 für das Deckungsverhältnis abgeschlossene Schiedsvereinbarung bindet.186 In anderen Rechtsordnungen ist die Bindung des Dritten ausdrücklich vorgesehen.187 Auch die Rechtsprechung der US-​amerikanischen Gerichte ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Drittbegünstigte eines unselbstständigen Garantievertrages an eine zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird.188 In der Schwabedissen-​Entscheidung189 stellte der Court of Appeals des fourth circuit fest, dass der Endkunde seine Direktansprüche gegen den Hersteller ausschließlich auf eine Vereinbarung stütze, für die eine Schiedsvereinbarung bestehe190. Infolgedessen könne der Endkunde nicht einerseits die aus diesem Vertrag hervorgehenden Rechte beanspruchen, ohne andererseits an die in diesem Vertrag enthaltenen Verpflichtungen wie die Schiedsvereinbarung gebunden zu werden.191 Trotz der weitgehenden Einigkeit über die Bindung des Dritten an die Schiedsvereinbarung, herrscht Uneinigkeit über die Begründung dieses Ergebnisses. Im Folgenden ist daher danach zu fragen, auf welche Bestimmungen des deutschen Sachrechts sich die Bindung des Dritten stützen lässt.

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Der Versprechensempfänger lässt sich auch als Promissar oder Stipulant bezeichnen. Dem Urteil des Reichsgerichts vom 30.10.1924, VI 106/24 zustimmend Kisch in JW 1925, 2608. Für Garantieverträge unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von Schiedsgerichten und der englischen Rechtsprechung im Ergebnis zustimmend Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn 2.146 ff. Im Ergebnis ebenso Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1029, Rn. 70 m. w. N.; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 140 f.; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.403; Schütze, Schiedsverfahren, 72; Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 276; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 65; Massuras, Dogmatische Strukturen, 109; Zöller / ​Geimer, § 1031 Rn.  18; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1029 Rn. 8; Soergel / ​Hadding, § 334, Rn.  2; Wieczorek / ​Schütze / ​ Schütze, § 1029, Rn. 40; MüKoZPO / ​Münch, § 1029 Rn. 54; Staudinger / ​Jagmann, § 334 Rn. 17. Rechtsvergleichend Born, Arbitration I, 1456 ff. A. A. Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 117 ff., m. w. N. 187 Vergleiche § 8 Contracts (rights of third parties) Act 1999 (England), hierzu: Sutton / ​Gill  / ​ Gearing, Arbitration, 111. Ebenso § 9 Contracts (rights of third parties) Act 2002 (Singapur). Zur weitgehenden internationalen Anerkennung der Bindung des Dritten im Überblick Born, Arbitration I, 1455 f.; Brekoulakis / ​L ew  / ​Mistelis, Evolution, 125 ff. 188 Vgl. insbesondere International Paper v Schwabedissen Maschinen & Anlagen Gmbh, 206 F.3d 411 (4th Cir 2000. Überblickend Hosking, Arbitration International 2004, 289, 292. 189 International Paper v Schwabedissen Maschinen & Anlagen Gmbh, 206 F.3d 411 (4th Cir 2000). 190 International Paper v Schwabedissen Maschinen & Anlagen Gmbh, 206 F.3d 411 (4th Cir 2000), Rn. 25. 191 International Paper v Schwabedissen Maschinen & Anlagen Gmbh, 206 F.3d 411 (4th Cir 2000), Rn. 25. Zur Begründung der Bindung des Drittbegünstigten führt die zitierte Entscheidung die „doctrine of equitable estoppel“ an: „We believe that the doctrine of equitable estoppel applies here. Equitable estoppel precludes a party from asserting rights „he otherwise would have had against another“ when his own conduct renders assertion of those rights contrary to equity“, International Paper v Schwabedissen Maschinen & Anlagen Gmbh, 206 F.3d 411 (4th Cir 2000), Rn. 23. Im Ergebnis ebenso bereits Mankowski, IPRax 1996, 427, 431; Gebauer IPRax 2001, 471, 472. 186

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

(a) Die Bindung nach § 328 Abs. I BGB Das Reichsgericht führte die Bindung des Dritten auf das Forderungsrecht selbst zurück.192 Dieser Begründung hat sich ein Teil der Literatur angeschlossen193. Die Schiedsvereinbarung sei eine Eigenschaft des dem Dritten zustehenden Forderungsrechts.194 Der Anspruch selbst werde daher von vornherein bezüglich der zulässigen Streitbeilegungsmethode beschränkt.195 Lässt sich die Schiedsverein­ barung als anfängliche Beschränkung des dem Dritten zugesprochenen Forderungsrechts einordnen, ließe sich die Bindung des Dritten infolgedessen unmittelbar auf § 328 Abs. I BGB zurückzuführen. (b) Die Schiedsvereinbarung als Einwendung gemäß § 334 BGB Die wohl herrschende Auffassung in der Literatur führt die Bindung des Dritten auf § 334 BGB zurück.196 Gemäß § 334 BGB stehen dem Schuldner die Einwendungen aus dem Vertrag auch gegenüber dem Dritten zu. Der Begriff der Einwendung sei im weitesten Sinne zu verstehen, sodass auch die Schiedsvereinbarung vom Anwendungsbereich des § 334 BGB erfasst werde.197 An der Anwendbarkeit des § 334 BGB auf die Schiedsvereinbarung wird jedoch Kritik geäußert198. Die Schiedsvereinbarung begründe gemäß § 1032 Abs. I ZPO eine Einrede und keine Einwendung199. Der Wortlaut des § 334 BGB stehe daher einer Anwendung entgegen200. Ferner sei die Schiedsvereinbarung aufgrund der Doctrine of Separability vom Hauptvertrag zu trennen. Daher könne die Schiedsvereinbarung nicht als Einwendung „aus dem Vertrag“ zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger angesehen werden201. Darüber hinaus sei die Rechtsfolge des § 334 BGB nicht darauf gerichtet, den Dritten in sämtliche zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger bestehenden Rechtsbeziehungen eintreten zu 192

Reichsgericht, Urt. v. 12.02.1901, VII 349/1900 = JW 1901, 207, 208. Kisch JW 1925, 2608; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 323; Jacusiel, LZ 1930, 1143, 1148; wohl auch Niklas, Subjektive Reichweite, 159. 194 So bereits Kisch JW 1925, 2608. Ebenso Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 323; Jacusiel, LZ 1930, 1143, 1148. 195 Staudinger / ​Klumpp, § 328, Rn. 368. 196 BeckOK / ​Janoschek, § 334 Rn. 2; Staudinger / ​Jagmann, § 334, Rn. 17; Erman / ​Westermann, § 334 Rn. 4; Soergel / ​Hadding, § 334 Rn. 2. 197 BeckOK / ​Janoschek, § 334 Rn. 2; Staudinger / ​Jagmann, § 334, Rn. 17; Erman / ​Westermann, § 334 Rn. 4; Soergel / ​Hadding, § 334 Rn. 2. 198 Zur Kritik an der Anwendung des § 334 BGB: Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 131 f. Die Kritik an der Anwendbarkeit des § 334 BGB stellt sich vergleichbar für die Anwendbarkeit des § 404 BGB. Zur Diskussion über die Anwendung des § 404 BGB zur Begründung der Drittbindung oben Kapitel 2 I. 1. a) bb). 199 Diesbezüglich für eine nicht zu wörtliche Auslegung der Einwendung, die auch die Schiedseinrede erfassen soll Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 131, m. w. N. 200 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 131. 201 Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 132. 193

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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lassen202. Die Bindung des Dritten an die vom Hauptvertrag rechtlich zu trennende Schiedsvereinbarung könne daher nicht mittels des § 334 BGB begründet werden. (c) Stellungnahme Die Bindung des Dritten hat den Vorteil, dass bei Streitigkeiten sowohl im Verhältnis des Schuldners zum Versprechensempfänger als auch im Verhältnis zum Dritten die Zuständigkeit des Schiedsgerichts eröffnet ist. So werden die Rechtswegaufspaltung und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen vermieden. Ferner kommt den Parteien des Deckungsverhältnisses auch im Verhältnis zum Dritten der Vorteil der Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens zugute, und diese haben sich im Streitfall nicht vor einem staatlichen Gericht auseinanderzusetzen, dessen Entscheidungszuständigkeit bei Vertragsschluss nicht vorherzusehen war. Die Bindung stellt daher sicher, dass die Interessen der Parteien des Deckungsverhältnisses gewahrt werden.203 Da der Dritte vergleichbar zur Zession einen rechtlichen Vorteil erwirbt, lassen sich die mit der Bindung an die Schiedsvereinbarung verbundenen Verpflichtungen dadurch rechtfertigen, dass der Dritte durch die Bindung nichts verliert, was er ohne den Vertrag zu seinen Gunsten gehabt hätte204. Mit Recht verweist die Schwabedissen-​Entscheidung in diesem Zusammenhang auf den Umstand, dass der Drittbegünstigte nicht einerseits die Vorteile aus dem Vertrag geltend machen kann, ohne andererseits die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen auf sich zu nehmen205. Der weit überwiegenden Auffassung, dass der Drittbegünstigte an eine für das Deckungsverhältnis abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird, ist daher zuzustimmen. Um die genannten Vorteile zu erhalten und einen Wettlauf der Kläger zu vermeiden, muss dieses Ergebnis unabhängig davon gelten, ob der Dritte seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner gerichtlich durchsetzen möchte oder ob der Schuldner negative Feststellungsklage gegenüber dem vermeintlich Drittbegünstigten erhebt206. Auch muss die Bindung unabhängig von einer Zustimmung des Drittbegünstigten eintreten207. Die in der Rechtsprechung und Literatur angeführten Argumente zur Begründung der Drittbindung sind jedoch dogmatischen Bedenken ausgesetzt208. Nach 202

Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 132. In diesem Sinne zur Gerichtsstandsvereinbarung Gebauer, IPRax 2001, 471, 472. 204 Gebauer, IPRax 2001, 471, 472. Vgl. Gottwald, Zur Bindung Dritter an internationale Gerichtsstands-​und Schiedsvereinbarungen, 133. 205 International Paper v Schwabedissen Maschinen & Anlagen Gmbh, 206 F.3d 411 (4th Cir 2000), Rn. 25. 206 Vgl. Oberlandesgericht Köln, Urt. v. 09.11.1960, 2 U 65/60 = NJW 1961, 1312, 1313. Anders wohl Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.165 m. w. N. 207 Hierbei handelt es sich insb. nicht um einen Vertrag zulasten Dritter. Siehe hierzu bereits oben Kapitel 2 I. 1. d). Kritisch insb. Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 133. 208 Ohne weitergehende Begründung eine Bindung des Dritten beim Vertrag zugunsten Dritter annehmend, statt vieler: Wieczorek / ​Schütze / ​Schütze, § 1029, Rn. 40 ff. 203

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

§ 328 Abs. I BGB kann durch Vertrag eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Der echte Vertrag zugunsten Dritter spricht dem Dritten ein eigenes, unmittelbares Forderungsrecht zu.209 Die Entstehung und die Voraussetzungen dieses Forderungsrechts richten sich ausschließlich nach den Vereinbarungen innerhalb des Deckungsverhältnisses.210 Der Wortlaut des § 328 Abs. I BGB lässt offen, ob der Dritte die Schiedsvereinbarung als Eigenschaft, Teil oder anfängliche Beschränkung des Forderungsrechts erwirbt.211 Die Schiedsvereinbarung betrifft jedoch lediglich die gerichtliche Feststellung der Forderung und damit nicht die Entstehung oder das Fortgelten des materiellrechtlichen Forderungsrechts.212 Ob und unter welchen Voraussetzungen der Dritte vom Versprechenden die zugesprochene Leistung verlangen kann, ist daher unabhängig davon, welches Gericht das materiellrechtliche Bestehen des Forderungsrechts feststellt213. Aus diesem Grund muss bezweifelt werden, dass die Schiedsvereinbarung als Beschränkung des Forderungsrechts selbst und damit als dessen Teil oder Eigenschaft angesehen werden kann214. Ferner verweist 328 Abs. I BGB darauf, dass der Dritte ein „Recht“ und damit einen rechtlichen Vorteil aus dem Deckungsverhältnis erwirbt. Wie bereits mehrfach angedeutet führt die Schiedsvereinbarung hingegen zu Rechten und Pflichten, sodass im Hinblick auf die Pflichten bezweifelt werden muss, dass sich die Bindung des Dritten alleine auf § 328 Abs. I BGB zurückführen lässt.215 Richtet sich das Forderungsrecht ausschließlich nach dem Deckungsverhältnis, darf sich die Rechtsposition des Schuldners mangels entsprechender Vereinbarung nicht dadurch verändern, dass er an den Dritten und nicht an den Versprechensempfänger zu leisten hat.216 Die Rechte des Dritten können daher grundsätzlich nicht weitergehen als die Rechte des Versprechensempfängers.217 Den hierfür erforderlichen Schutz des Schuldners stellt insbesondere § 334 BGB sicher, indem dem Schuldner auch gegenüber dem Dritten alle Einwendungen zustehen, die er dem Versprechensempfänger entgegenhalten könnte. Die Bindung an die Schiedsvereinbarung unmittelbar auf § 334 BGB zurückzuführen, ist jedoch ebenfalls kritisch zu 209

Umfassend Staudinger / ​Klumpp, § 328, Rn. 64 ff. m. w. N. Staudinger / ​Klumpp, § 328, Rn. 36 ff. 211 Kritisch bereits Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 122. 212 Ähnlich bereits die Kritik am Übergang in Folge der Abtretung. Hierzu Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 82. Vergleiche die Kritik an der Bindung des Zessionars nach § 398 BGB, Kapitel 2 I. 1. a) dd). 213 Vgl. Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 82. 214 Vgl. Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung, 82 f. 215 Die Diskussion um den Übergang der Schiedsvereinbarung als Recht im Sinne des § 401 BGB hat bereits gezeigt, dass die Schiedsvereinbarung nicht ausschließlich zu Berechtigungen führt. Zur Kritik am Übergang der Schiedsvereinbarung nach § 401 BGB oben Kapitel 2 I. 1. a) aa). 216 MüKoBGB / ​Gottwald, § 334 Rn. 1. 217 Vgl. aus der Rechtsprechung nur: Bundesgerichtshof, Urt. v. 19.11.2009, III ZR 108/08 = NJW 2010, 1277; Bundesgerichtshof, Urt. v. 15.06.1971, VI ZR 262/69 = BGHZ 56, 269, 272 = NJW 1971, 1931. 210

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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sehen. Selbst für den Fall, dass der Anwendungsbereich des § 334 BGB im weitesten Sinne zu verstehen ist und neben Einwendungen auch Einreden umfasst, darf der Dritte dem Versprechenden nur diejenigen Einreden entgegenhalten, die sich auf das Deckungsverhältnis zurückführen lassen218. Einwendungen oder Einreden die sich aus anderen Rechtsverhältnissen ableiten, werden daher nicht von § 334 BGB erfasst. Wie bereits angeführt, hat die Schiedsvereinbarung keinen Einfluss auf das materiellrechtliche Forderungsrecht des Dritten und stellt eine rechtlich vom Deckungsverhältnis zu trennende Vereinbarung dar. Deshalb muss bezweifelt werden, dass sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung ausschließlich anhand des § 334 BGB begründen lässt. Trotz der Bedenken gegen eine unmittelbare Anwendung der §§ 328 Abs. I, 334 BGB spricht der diesen Bestimmungen gemeinsame Grundgedanke für die Bindung des Dritten an eine für das Deckungsverhältnis vereinbarte Schiedsvereinbarung219. Insbesondere die Regelung des § 328 Abs. II BGB bringt zum Ausdruck, dass sich das Zustandekommen oder das Fortbestehen des Forderungsrechts ausschließlich nach dem Deckungsverhältnis bemessen. Gemäß § 328 Abs. II BGB ist in Ermangelung einer besonderen Bestimmung aus den Umständen zu entnehmen, ob der Dritte das Recht sofort erwerben, ob dieses nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern. Die Parteien des Deckungsverhältnisses können daher nach § 328 Abs. I BGB vertraglich vereinbaren, dass das Forderungsrecht des Dritten aufgehoben, inhaltlich modifiziert oder einseitig durch den Versprechensempfänger widerrufen werden kann.220 Infolgedessen spricht das Gesetz den Parteien des Deckungsverhältnisses die umfassende Gestaltungsfreiheit betreffend das Forderungsrecht des Dritten zu.221 Steht das Forderungsrecht des Dritten zur freien Disposition der Parteien des Deckungsverhältnisses, ohne dass es diesbezüglich einer Zustimmung durch den Dritten bedarf, muss es diesen nach dem Grundgedanken des § 328 Abs. I BGB ebenfalls möglich sein, ein im Streitfall für die Feststellung des Forderungsrechts zuständiges Streitentscheidungsorgan mit Wirkung für den Dritten zu bestimmen. Die Regelung des § 334 BGB gibt Aufschluss über das Verhältnis des Dritten zu den Bestimmungen des Deckungsverhältnisses. Zweck der Regelung ist es, den Schuldner im Verhältnis zum Dritten so zu stellen, wie er im Verhältnis zum Versprechensempfänger steht. Die hieraus folgende Gleichbehandlung bezieht sich auf das Deckungsverhältnis, sodass der Dritte zwar nicht vollständig in die Rechtsstellung des Versprechensempfängers eintritt, wohl aber betreffend die Vereinbarungen innerhalb des Deckungsverhältnisses so zu behandeln ist, wie 218

Vgl. hierzu statt vieler MüKo / ​Gottwald, § 334, Rn. 1. Vgl. die Diskussion um die Bindung des Zessionars und der Anwendung der Grund­ gedanken der §§ 328 ff. BGB. Hierzu oben Kapitel 2 I. 1. a). 220 Staudinger / ​Klumpp, § 328, Rn. 71. 221 Vergleiche hierzu § 328 Abs. II BGB. 219

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

der Versprechensempfänger. Wird dieser Grundgedanke auf die Schiedsvereinbarung übertragen, muss sich der Dritte bei Streitigkeiten betreffend das aus dem Deckungsverhältnis abgeleitete Forderungsrecht ebenfalls auf die Schiedsvereinbarung verweisen lassen. Richtig ist, dass die Schiedsvereinbarung in ihrem Bestand und Zustandekommen unabhängig von den materiellrechtlichen Vereinbarungen innerhalb des Deckungsverhältnisses ist. Das wirksame Zustandekommen der Schiedsvereinbarung setzt jedoch voraus, dass diese auf „ein bestimmtes Rechtsverhältnis“ bezogen ist.222 Bezieht sich die Schiedsvereinbarung auf das Deckungsverhältnis als das bestimmte Rechtsverhältnis im Sinne des § 1029 Abs. I ZPO, steht die Schiedsvereinbarung in einem unmittelbaren Zusammenhang zu dem Deckungsverhältnis. Kraft dieser Verknüpfung werden der Versprechende und der Versprechensempfänger für Streitigkeiten aus dem Deckungsverhältnis an die Schiedsvereinbarung gebunden und können hieraus hervorgehende Ansprüche lediglich vor dem Schiedsgericht durchsetzen. Hat sich der Schuldner hingegen gegenüber dem Dritten betreffend die Forderung aus dem Deckungsverhältnis trotz der Schiedsvereinbarung vor einem ordentlichen Gericht auseinanderzusetzen, steht der Schuldner im Verhältnis zum Dritten gerade nicht so, wie im Verhältnis zum Versprechensempfänger. Um den Interessen der Parteien am Vollzug der für das Deckungsverhältnis abgeschlossenen Vereinbarungen zu entsprechen und den Schuldner im Verhältnis zum Dritten im Hinblick auf die Vereinbarungen des Deckungsverhältnisses gleichzustellen, ist in Übereinstimmung mit der wohl herrschenden Auffassung der Drittbegünstigte an die Schiedsvereinbarung zu binden. Sieht die Regelung des § 334 BGB vor, dass der Schuldner im Verhältnis zum Dritten so zu stellen ist, wie er im Verhältnis zum Versprechensempfänger steht, ist es konsequent, dass sich der Schuldner seinerseits die Schiedsvereinbarung ebenfalls entgegenhalten lassen muss. Anderenfalls bestünde für den Schuldner die Möglichkeit, vor dem Schiedsgericht negative Feststellungsklage zu erheben, wohingegen der Dritte seine Ansprüche stets vor staatlichen Gerichten durchsetzen müsste, soweit der Schuldner auf die Schiedseinrede verzichtet223. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass es aufgrund der engen Verknüpfung der Schiedsvereinbarung zum Deckungsverhältnis und der von § 334 BGB vorgesehenen Gleichbehandlung des Dritten, dem Grundgedanken der §§ 328 Abs. I, 334 BGB entspricht, dass sich der Schuldner gegenüber dem Dritten auf die für das Deckungsverhältnis vereinbarte Schiedsvereinbarung berufen kann. (d) Die Abhängigkeit vom Inhalt der Schiedsvereinbarung Lässt sich die Bindung des Dritten an die Schiedsvereinbarung über den Grundgedanken der §§ 328 Abs. I, 334 BGB begründen, kann dies nicht dazu führen, dass der Dritte gegen den Willen der Parteien des Deckungsverhältnisses an die 222 223

Vergleiche § 1029 Abs. I ZPO. So im Ergebnis jedoch wohl Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.165.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Schiedsvereinbarung gebunden wird.224 Die Bindungswirkung der §§ 328 Abs. I, 334 BGB lässt demnach den Inhalt der Schiedsvereinbarung unberührt, sodass die Bindung des Dritten im Einklang mit der Auslegung der Schiedsvereinbarung stehen muss225. Führt die Auslegung der Schiedsvereinbarung dazu, dass der Dritte keiner Bindung unterliegen soll, wirkt die Schiedsvereinbarung mit diesem Inhalt nach dem Grundgedanken der §§ 328 Abs. I, 334 BGB dahingehend auch gegenüber Dritten, dass dieser gerade nicht von der Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst wird226. Vergleichbar zur Bindung des Zessionars lässt sich die Bindung des Drittbegünstigten an die Schiedsvereinbarung in drei Schritte differenzieren. Zunächst ist zu fragen, ob zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler eine wirksame Schiedsvereinbarung betreffend den Garantievertrag abgeschlossen wurde. Anschließend ist zu prüfen, ob das für den Garantievertrag (hier Vertrag zugunsten Dritter) maßgebliche Sachrecht den Übergang auf den Drittbegünstigten anordnet. Kann dies bejaht werden, ist in einem dritten Schritt zu überprüfen, ob die Bindung des jeweiligen Drittbegünstigten im Einklang mit der Schiedsvereinbarung steht. Innerhalb dieses dritten Schrittes ist der Inhalt der Schiedsvereinbarung durch Auslegung zu ermitteln. Entspricht dem Willen der Parteien des Deckungsverhältnisses, den Dritten der Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu unterwerfen, wird dieser letztlich von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst und an die Schiedsvereinbarung gebunden. bb) Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Vertreibt der Hersteller seine Produkte über verschiedene Zwischenhändler an den Endkunden, kann dieser Vertragskette aus Sicht des Herstellers von vornherein die Vorstellung zugrunde liegen, dass nicht sein unmittelbarer Vertragspartner, sondern der Endkunde das Produkt tatsächlich in Gebrauch nehmen wird und dass der Endkunde auf die fehlerfreie Beschaffenheit des Produktes vertraut.227 Daher wird insbesondere der Endkunde von den Produktmängeln betroffen und den damit einhergehenden Gefahren ausgesetzt.228 Verfolgt der Vertrag des Her 224 Zur Abhängigkeit der Drittbindung vom Willen des Versprechenden und des Versprechensempfängers und somit der Auslegung der Schiedsvereinbarung bereits Born, Arbitration I, 1458. Im Ergebnis ebenso Wahab, The Extension of Arbitration Agreements to Third Parties, 162 f. Rechtsprechungsnachweise zur Rückbindung an den Parteiwillen beim Vertrag zugunsten Dritter: Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.158 ff. Vgl. auch die Anmerkungen und Nachweise zur Bindung des Zessionars und der Abhängigkeit vom Willen der Schiedsparteien, oben Kapitel 2 I. 1. c). 225 Vgl. Born, Arbitration, 1458. 226 Im Zweifel auf einen entsprechenden Willen der Parteien schließend Niklas, Subjektive Reichweite, 160. 227 Vergleiche Oberster Gerichtshof (Österreich), Urt. v. 04.02.1976, 1 Ob 190/75. 228 Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 101.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

stellers mit dem Zwischenhändler insbesondere den Zweck, die Produkte an den Endkunden zu vertreiben, könnte auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Endkunden geschlossen werden.229 Im Folgenden ist demnach der Frage nachzugehen, ob neben dem unselbstständigen Garantievertrag zugunsten Dritter ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter einen vertraglichen Direktanspruch des Endkunden gegenüber dem Herstellers gegenüber eröffnen kann. Kommt im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Endkunden ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Endkunden zustande und enthält dieser Vertrag eine Schiedsvereinbarung, stellt sich die anschließende Frage, ob die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für Streitigkeiten im Verhältnis zwischen dem Endkunden und dem Hersteller eröffnet ist. (1) Die Haftungsvoraussetzungen Die Voraussetzungen einer Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, sondern wurden durch die Rechtsprechung entwickelt.230 Eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs fasst die Voraussetzungen der Haftung unter Berücksichtigung der Rechtsprechungsentwicklung wie folgt zusammen: „Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der (Haupt-​)Leistung in Berührung kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sein wie der Gläubiger (Leistungsnähe). Der Gläubiger muss ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages haben (Einbeziehungsinteresse). Für den Schuldner muss die Leistungsnähe des Dritten und dessen Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages erkennbar und zumutbar sein (Erkennbarkeit und Zumutbarkeit). Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes muss nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen, weil der der Dritte anderenfalls nicht ausreichend geschützt wäre (Schutzbedürfnis).“231

Rechtsdogmatisch führt die Rechtsprechung Ansprüche aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf eine ergänzende Vertragsauslegung zurück, sodass der hypothetische Wille der Parteien, den Dritten entsprechend zu schützen, anhand einer sorgfältigen Abwägung der schutzwürdigen Parteiinteressen und den Interessen des Dritten zu ermitteln sei.232 Im Folgenden ist zu fragen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten 229

In diesem Sinne insbesondere Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 97 ff. Zusammenfassend und überblickend zur Rechtsprechungsentwicklung Bundesgerichtshof, Urt. v. 17.11.2016, III ZR 139/14; Bundesgerichtshof, Urt. v. 07.05.2009, III ZR 277/08 = BGHZ 181, 12; Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.07.1996, X ZR 104/94 = BGHZ 133, 168. Umfassend insb. Gernhuber, Drittwirkungen im Schuldverhältnis kraft Leistungsnähe, 249 ff. 231 Bundesgerichtshof, Urt. v. 17.11.2016, III ZR 139/14, Rn. 17 = NJW-​R R 2017, 888 ff. 232 In diesem Sinne mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen Bundesgerichtshof, Urt.v. 17.11.2016, III ZR 139/14 = NJW-​R R 2017, 888 ff.; Bundesgerichtshof, Urt. v. 24.04.2014, III ZR 156/13 = NJW 2014, 2345. Kritisch Bayer, JuS 1996, 473, 476; Jauernig / ​Stadler, § 328 Rn. 21. 230

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Dritter innerhalb einer Vertragskette vorliegen und dem Endkunden infolgedessen ein vertraglicher Direktanspruch zum Schutz seines Äquivalenzinteresses zusteht. (a) Die Leistungsnähe Die Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter setzt zunächst eine Leistungsnähe voraus.233 Hiernach ist erforderlich, dass der Dritte mit der Leistungspflicht des Herstellers bestimmungsgemäß in Berührung kommt und vergleichbaren Gefahren ausgesetzt ist wie der Zwischenhändler.234 Der Hersteller schuldet dem Zwischenhändler die Herstellung und Lieferung einer mangelfreien Sache, die sich für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme eignet. Insbesondere der Hersteller ist dazu in der Lage, die Gefahren des von ihm gefertigten Produktes zu überblicken, sodass der Hersteller in Form von Schutzpflichten dafür zu sorgen hat, dass die mit dem Produkt verbundenen Gefahren zu keinen Schäden für das Produkt selbst oder die Rechtsgüter des Käufers entstehen. Kann aus den Umständen des Einzelfalls darauf geschlossen werden, dass dem Vertrag zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler die Vorstellung zugrunde liegt, dass das Produkt über den Zwischenhändler den Endkunden erreicht und insbesondere der Endkunde das Produkt tatsächlich in Gebrauch nimmt, wird der Endkunde nicht lediglich zufällig von den Folgen einer Pflichtverletzung betroffen.235 Der Endkunde bildet den Endpunkt der Vertragskette, und im Regelfall wirken sich die Gefahren einer mit der Herstellung verbundenen Sorgfaltspflichtverletzung erst bei Verbrauch oder Ingebrauchnahme des Produktes aus.236 Der Endkunde kommt infolgedessen bestimmungsgemäß mit den Haupt-​und Schutzpflichten des Herstellers in Berührung.237 Da der Endkunde den Gefahren des Produktes nicht während der Leistungserbringung des Herstellers an den Zwischenhändler, sondern erst nach Leistung an den Zwischenhändler ausgesetzt wird, ist die Leistungsnähe des Endkunden in Frage gestellt worden.238 Hiergegen wird jedoch mit Recht vorgebracht, dass das 233

Vgl. die soeben zitierte Entscheidung, Bundesgerichtshof, Urt. v. 17.11.2016, III ZR 139/14, Rn. 17 = NJW-​R R 2017, 888 ff. Mit umfassenden Rechtsprechungsnachweisen Staudinger / ​Klumpp, Vorb. zu § 328, Rn. 111 ff. Zur Anforderung der Leistungsnähe insbesondere, Gernhuber, Drittwirkungen im Schuldverhältnis kraft Leistungsnähe, 269 ff. 234 Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.6.2001, X ZR 231/99 = NJW 2001, 3115, 3116; Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.07.1996, X ZR 104/94 = BGHZ 133, 168 = NJW 1996, 2927, 2928; MüKoBGB / ​Gottwald, § 328 Rn. 181. Kritisch zur Anforderung einer „vergleichbaren“ oder „ebenso“ starken Gefährdung des Dritten, Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 101. 235 Sack, VersR 2006, 582, 587; vgl. Bayer, JuS, 473, 478. 236 Latté, Beziehungen zwischen Verbraucher und Hersteller, 157. 237 Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 105. Bei der für die Leistungsnähe maßgeblichen Leistung kann es sich sowohl um Schutz-​als auch um Hauptleistungspflichten handeln. Hierzu Staudinger / ​Klumpp, Vorb. zu § 328, Rn. 113 ff., m. w. N. 238 Müller, AcP 165 (1965), 285, 302; Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 105.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Kriterium der Leistungsnähe nicht auf den Leistungszeitpunkt zu verkürzen ist, soweit der Dritte den Gefahren einer Rechtsgutsverletzung ebenso ausgesetzt ist wie der Vertragsgläubiger.239 Insbesondere bei der Verletzung von Schutzpflichten liegt eine vergleichbare Gefährdungslage des Endkunden vor240. Als Verletzung einer Schutzpflicht ist beispielsweise denkbar, dass der Hersteller nicht hinreichend auf die Anforderungen an eine sachgemäße Lagerung des Produktes und die von einer fehlerhaften Lagerung ausgehenden Gefahren hinweist. Somit wird sowohl der Zwischenhändler als auch der Endkunde von den Folgen einer fehlerhaften Lagerung in vergleichbarer Art und Weise betroffen. Darüber hinaus wird die Gefährdung der Rechtsgüter des Endkunden im Vergleich zum Vertragspartner des Herstellers dahingehend verschärft, dass der Endkunde das Produkt tatsächlich in Gebrauch nimmt und der Zwischenhändler nicht über diejenigen Prüfmöglichkeiten verfügt, die dem Hersteller des Produktes zukommen.241 Die Leistungsnähe des Endkunden wird im Besonderen bei einem Vergleich zu einem Mietvertrag deutlich, in dessen Schutzbereich neben dem Mieter auch am Mietvertrag unbeteiligte Dritte einbezogen werden können.242 Im Gegensatz zu einem Besucher des Mieters wird der Endkunde nicht lediglich rein tatsächlich den Gefahren des Vertragsgegenstandes ausgesetzt, sondern wird selbst Besitzer und Eigentümer des Produktes.243 Auch dieser Vergleich zeigt, dass der Endkunde den Gefahren des Vertragsgegenstandes daher dauerhaft und bestimmungsgemäß ausgesetzt wird. Ferner werden die Rechtsgüter des Endkunden im Vergleich zum Zwischenhändler aufgrund der tatsächlichen Ingebrauchnahme vergleichbar oder sogar verstärkt gefährdet244. Im Ergebnis ist aus diesen Gründen festzuhalten, dass die für die Haftung notwendige Leistungsnähe im Rahmen der hier untersuchten Konstellation einer homogenen Vertragskette vom Hersteller zum Endkunden vorliegt. (b) Die Gläubigernähe und das Einbeziehungsinteresse Eine weitere Voraussetzung für die Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist die so genannte Gläubigernähe245. In der Hühnerpest-​Entschei­ dung246 betonte der Bundesgerichtshof, dass der Schuldner bei einer vertraglichen 239

Steinmeyer, DB 1988, 1049, 1053 f.; Canaris, Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, 100 f. 240 Sack, VersR 2006, 582, 587; vgl. Canaris, JZ 1968, 494, 502. 241 Latté, Beziehungen zwischen Verbraucher und Hersteller, 156. 242 Zur Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Mietvertrages Bundesgerichtshof, Urt. v. 22.01.1968, VIII ZR 195/65 = BGHZ 49, 350–356; Bundesgerichtshof, Urt. v. 21.07.2010, XII ZR 189/08 = BGH NJW 2010, 3152 ff.; vgl. Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 104 f. 243 Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 104 f. 244 Vgl. Sack, VersR 2006, 582, 587; vgl. Canaris, JZ 1968, 494, 502; vgl. Latté, Beziehungen zwischen Verbraucher und Hersteller, 156. 245 Umfassend: MüKo / ​Gottwald, § 328, Rn. 182 ff., m. w. N. 246 Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.11.1968, VI ZR 212/66 = BGHZ 51, 91 ff.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Dritthaftung sein eigenes Haftungsrisiko bei Abschluss des Vertrages nicht hinreichend abschätzen könne.247 Aus diesem Grund sei Voraussetzung für eine Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, dass der Gläubiger248 für das „Wohl und Wehe“ des Dritten verantwortlich sei249. Hiernach steht die Haftung des Herstellers in Abhängigkeit vom Bestehen einer Fürsorgepflicht des Zwischenhändlers gegenüber dem Endkunden250. Ein solches Fürsorgeverhältnis und damit die nötige Gläubigernähe liege bei Kauf-​und Werkverträgen jedoch in aller Regel nicht vor.251 Aus diesem Grund hat sich die Rechtsprechung gegen eine Haftung des Herstellers aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ausgesprochen.252 In jüngeren Entscheidungen ist der Bundesgerichtshof jedoch davon abgerückt, dass der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ein besonderes Fürsorgeverhältnis des Gläubigers gegenüber dem Dritten voraussetzt253. Die Rechtsprechung zur Sachwalterhaftung254 in der Mitte der Achtzigerjahre hat einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vielmehr auch in Fällen angenommen, in denen die Interessen des Gläubigers und des Dritten gegenläufig zueinanderstehen.255 Exemplarisch lässt sich in diesem Zusammenhang die vielzitierte Dachstuhl-​Entscheidung256 des Bundesgerichtshofs anführen257. Die Hauseigentümerin beauftragte einen Bausachverständigen zur Begutachtung einer Immobilie, um die Ergebnisse des Gutachtens zur Grundlage späterer Verhandlungen mit Kaufinteressenten zu machen. Die Hauseigentümerin und Gläubigerin des Vertrags war daher an einer vorteilhaften Einschätzung des Bausachverständigen interessiert, um einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Auf der anderen Seite waren die Käufer, als Dritte des Vertrags zwischen Gutachter und Hauseigentümerin, an einem niedrigen Kaufpreis interessiert. Die Interessen des Gläubigers 247

Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.11.1968, VI ZR 212/66 = BGHZ 51, 91, 96. In der hier betrachteten Konstellation der Zwischenhändler als Vertragspartner des Herstellers. 249 Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.11.1968, VI ZR 212/66 = BGHZ 51, 91, 96. 250 Kritisch an der persönlichen Fürsorge-​und Obhutspflicht statt vieler MüKo / ​Gottwald, § 328, Rn. 182 m. w. N. 251 Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.11.1968, VI ZR 212/66 BGHZ 51, 91, 96. Zustimmend Müller, AcP 165 (1965), 285, 302. Ebenso bereits Diedrichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 103, der darauf hinweist, dass der Zwischenhändler kein Interesse an der Schadensfreiheit oder dem Schicksal des Endkunden habe, sondern lediglich am reibungslosen Absatz der Ware interessiert sei. 252 Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.11.1968, VI ZR 212/66 = BGHZ 51, 91, 96. Ebenso Bundesgerichtshof, Urt. v. 14.5.1974 – VI ZR 48/73 = NJW 1974, 1503, 1504. 253 Zur Rechtsprechungsentwicklung: Sack, VersR 2006, 582, 586 ff. 254 Unter dem Stichwort der Sachwalter-​Experten-​oder Berufshaftung ist insbesondere die Haftung von Sachverständigen für ein erstelltes Gutachten zu verstehen, welches erkennbar zum Gebrauch gegenüber einem Dritten bestimmt ist Sack, VersR 2006, 582, 586 m. w. N. 255 Sack, VersR 2006, 582, 586. 256 Bundesgerichtshof, Urt. v. 10.11.1994, III ZR 50/94 = BGHZ 127, 378 ff. = NJW 1995, 392 ff. 257 Der Fall wird hier in einer vereinfachten Form dargestellt. Im vorliegenden Zusammenhang soll lediglich die Gegenläufigkeit der Interessen des Gläubigers und des Dritten illustriert werden. 248

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

und des Dritten standen sich damit entgegen. Das Gutachten konstatierte, dass „nennenswerte Reparaturarbeiten“ in nächster Zeit nicht für Erforderlich gesehen werden. Nach Übereignung der Immobilie stellten die Käufer der Immobilie bei Renovierungsarbeiten erhebliche Mängel am Spitzdachboden fest, welcher einen umfassenden Sanierungsbedarf aufwies. Es stellte sich heraus, dass der Bausachverständige den Dachboden bei Erstellung des Gutachtens nicht hinreichend in Augenschein genommen hatte. Im Ergebnis sah der Bundesgerichtshof trotz entgegenstehender Interessen des Dritten und des Gläubigers die Voraussetzungen für einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als gegeben an.258 Dem Sachverständigen werde ein „besonderes Vertrauen“ entgegengebracht, dass dieser den Kaufgegenstand einer objektiven Bewertung unterziehe, sodass den Äußerungen des Sachverständigen möglicherweise sogar ein größeres Gewicht zukomme, als den Äußerungen des Verkäufers.259 Aus diesem Grund seien die Käufer in den Schutzbereich des zwischen dem Gutachter und der Hauseigentümerin abgeschlossenen Gutachtervertrags miteinbezogen, sodass ein vertraglicher Schadensanspruch der Käufer gegenüber dem Bausachverständigen eröffnet sei.260 Angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung zur Sachwalterhaftung, wonach auch bei gegenläufigen Interessen eine Dritthaftung angenommen wurde, haben sich Stimmen in der Literatur für eine Neubewertung der Herstellerhaftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ausgesprochen.261 Seit der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Fällen gegenläufiger Interessen sei das tragende Argument gegen die Dritthaftung des Herstellers weggefallen.262 Das Erfordernis des Drittschutzinteresses sei ersetzt worden durch das „besondere Vertrauen“ des Dritten in die fehlerfreie Vertragsleistung.263 Aufgrund der zwischen der Sachwalterhaftung und der Produkthaftung bestehenden Rechtsähnlichkeit sei eine Gleichbehandlung gerechtfertigt und eine Haftung des Herstellers gegenüber dem Endkunden aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht kategorisch abzulehnen.264 258

Kritisch hierzu Canaris, JZ 1995, 441, 443 f. Bundesgerichtshof, Urt. v. 10.11.1994, III ZR 50/94 = NJW 1995, 392, 393. 260 Die Dachstuhl-​Entscheidung ist zu Recht insbesondere dahingehend kritisiert worden, dass in diesen Fällen nur von einem rein fiktiven Interesse des Gläubigers gesprochen werden kann, den Dritten in den Schutzbereich des Vertrages mit aufnehmen zu wollen Canaris, JZ 1995, 441, 443 f. 261 Sack, VersR 2006, 582, 587; Bayer, JuS 1996, 473, 478. 262 Sack, VersR 2006, 582, 587. Der Bundesgerichtshof hatte in der Hühnerpest-​Entscheidung die Haftung des Herstellers gegenüber dem Dritten mit dem Argument abgelehnt, dass der Letztverkäufer nicht für das Wohl und Wehe des Endkunden einzustehen habe, Bundesgerichtshof, Urt. v. 26.11.1968, VI ZR 212/66 = BGHZ 51, 91, 96. 263 Sack, VersR 2006, 582, 587. 264 Sack, VersR 2006, 582, 587. Ebenso bereits Canaris, Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, 100, Schwenzer JZ 1988, 525, 531. Anders wohl Staudinger / ​Klumpp, BGB Vorb. zu § 328, Rn. 120, der sich dafür ausspricht, in anderen Fallgruppen als der Sachwalterhaftung an der „Wohl und Wehe“-​Formel festzuhalten. 259

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Tatsächlich lässt sich nicht von der Hand weisen, dass sowohl die Sachwalterhaftung als auch die Produkthaftung hinsichtlich des Vertrauens auf die vertragsgemäße Leistung gewisse Parallelen aufweisen.265 In den Fällen der Sachwalterhaftung vertraut der Dritte auf die Objektivität des Gutachtens und Expertise des Sachverständigen. Ferner ist es für den Sachverständigen regelmäßig erkennbar, dass sich ein Dritter auf den Inhalt des Gutachtens verlässt und dass der Schuldner das Gutachten für diesen Zweck nutzen möchte.266 In den Fällen der Produkthaftung vertraut der Dritte auf die Fehlerfreiheit des Produkts und die besondere Expertise des Herstellers, sodass das Vertrauen in die fehlerfreie Beschaffenheit dem Hersteller entgegen gebracht wird.267 Daneben vertraut der Endkunde darauf, dass der Hersteller auf die von dem Produkt ausgehenden Gefahren hinweist, wenn er dieses in den Verkehr bringt. Ebenso ist es für den Hersteller regelmäßig erkennbar, dass nicht der Zwischenhändler, sondern vielmehr der Endkunde und tatsächliche Nutzer der Ware darauf vertraut, dass die Ware sich für die bestimmungsgemäße Nutzung eignen wird.268 Vor diesem Hintergrund wird darauf geschlossen, dass die erforderliche Gläubigernähe aufgrund eines besonderen Vertrauens des Endkunden gegenüber dem Hersteller gegeben sei.269 Trotz dieser Parallelen muss jedoch bezweifelt werden, dass dem Hersteller ein „besonderes Vertrauen“ entgegengebracht wird, welches dessen Haftung rechtfertigt. Da das Erfordernis des besonderen Vertrauens in die vertragsgemäße Leistung vor dem Hintergrund der Sachwalterhaftung entwickelt wurde, sind die dort entwickelten Grundsätze für eine Konkretisierung der geforderten Gläubigernähe und dementsprechend eines „besonderen Vertrauens“ entsprechend heranzuziehen. Die Darstellung der Dachstuhl-​Entscheidung hat gezeigt, dass die Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich von so genannten Expertenverträgen auf der Annahme beruht, dass der Schuldner eine besondere Expertise mitbringt, die sich insbesondere in der Objektivität des erstellten Gutachtens niederschlägt. In einer aktuelleren Entscheidung verweist die Rechtsprechung auf „Personen, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen und in dieser Eigenschaft gutachterliche Stellungnahmen abgeben“, sodass für die Haftung nur wesentlich sei, dass „eine von Sachkunde geprägte Stellungnahme oder Begutachtung den Zweck hat, das Vertrauen eines Dritten zu erwecken“270. Der Dritte vertraut daher nicht lediglich auf die Expertise und ordnungsgemäße Leistungserbringung, son-

265

Zu den Parallelen der Produkthaftung zur Sachwalterhaftung im Hinblick auf das dem Schuldner entgegengebrachte Vertrauen Sack, VersR 2006, 582, 587. 266 Sack, VersR 2006, 582, 587. 267 So bereits Canaris, JZ 1968, 494, 502. Ebenso Sack, VersR 2006, 582, 587; Schwenzer, JZ 1988, 525, 531. 268 Zur Erkennbarkeit für den Hersteller bereits Latté, Beziehungen zwischen Verbraucher und Hersteller, 158. 269 Sack, VersR 2006, 582, 587. Im Ergebnis ebenso Bayer, JuS 1996, 473, 478. 270 Bundesgerichtshof, Urt. v. 24.04.2014, III ZR 156/13 = NJW 2014, 2345.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

dern darüber hinaus auf die persönliche Gewähr des Schuldners hinsichtlich der Seriosität des Geschäfts und dessen Erfüllung.271 Aus Perspektive des Dritten bzw. des Endkunden wird dem Hersteller hingegen kein hiermit vergleichbares, „besonderes Vertrauen“ in die Produktfertigung entgegengebracht. Die Expertenverträge zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass dem Gutachter kein Eigeninteresse am Ergebnis des Gutachtens zukommt. Auf die hiermit verbundene Objektivität des Gutachtens lässt sich die persönliche Gewähr des Gutachters und damit das besondere Vertrauen des Dritten zurückführen.272 Zwar ist richtig, dass der Endkunde das Vertrauen in die fehlerfreie Herstellung im Regelfall dem Hersteller entgegenbringt. Im Unterschied zu den Expertenverträgen ist jedoch sowohl das Interesse des Herstellers als auch des Zwischenhändlers insbesondere darauf gerichtet, ein fertiggestelltes Produkt profitabel an den Endkunden zu verkaufen. Dieser Gegebenheit muss sich auch der Endkunde bewusst sein, sodass dem Hersteller kein „besonderes Vertrauen“ entgegengebracht wird, welches sich mit dem Vertrauen in die Objektivität eines Gutachtens vergleichen lässt. Es fehlt daher im Wesentlichen an einer mit einem Gutachter vergleichbaren, von Sachkunde geprägten Stellungnahme des Herstellers. Dementsprechend fehlt es an einem Vertrauen des Endkunden, dass der Hersteller neben der Fehlerfreiheit des Produktes eine darüberhinausgehende persönliche Gewähr für die Beschaffenheit und die Sicherheit des Produktes übernimmt. Dass der Endkunde dem Hersteller kein besonderes Vertrauen entgegenbringt, zeigt sich zugleich darin, dass der Endkunde im Regelfall drauf vertraut, dass der Zwischenhändler die Beschaffenheit des Produktes bei dessen Ankauf hinreichend kontrolliert. Ferner vertraut der Endkunde darauf, dass ihn der Zwischenhändler im Rahmen der Produktberatung und den anschließenden Vertragsverhandlungen über die mit dem Produkt verbundenen Gefahren aufklärt. Das Erfordernis des „besonderen Vertrauens“ auf das einfache Vertrauen in ein fehlerfreies Produkt zu reduzieren, ist daher abzulehnen.273 Ferner spricht gegen die Annahme eines besonderen Vertrauens, dass sich die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf weitere Fälle von Kettenverträgen übertragen ließe, in denen der Dritte auf die vertragsmäßige Leistung des Erstverkäufers vertraut274. Infolgedessen wäre eine uferlose Haftung des Erstverkäufers zu befürchten275. Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass die Rechtsprechung außerhalb der Sachwalterhaftung an dem Erfordernis einer Fürsorgepflicht oder einem Schutzinteresse des Gläubigers festhält.276 Die Wertungen der Rechtsprechung zur Sachwalterhaftung 271

BeckOGK / ​Herresthal, § 311, Rn. 513. BeckOGK / ​Herresthal, § 311, Rn. 513. 273 Im Ergebnis wohl auch Canaris, JZ 1968, 494, 502; Schwenzer, JZ 1988, 525, 531. 274 Steinmeyer, DB 1988, 1049, 1055. 275 Steinmeyer, DB 1988, 1049, 1055. 276 Zur Fürsorgepflicht Bundesgerichtshof, Urt. v. 21.07.2010, XII ZR 189/08 = NJW 2010, 3152, 3153. Zur Notwendigkeit eines Schutzinteresses des Gläubigers Bundesgerichtshof, Urt. v. 17.11.2016, III ZR 139/14 = NJW-​R R 2017, 888 ff. 272

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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lassen sich daher nicht auf die Fallgruppe einer Vertragskette übertragen277. Im Ergebnis kann damit festgehalten werden, dass es an der für die Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter notwendigen Gläubigernähe fehlt. (c) Zwischenergebnis Die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sind innerhalb einer Vertragskette im Regelfall nicht eröffnet. Zwar ist die für die Haftung erforderliche Leistungsnähe gegeben, es fehlt jedoch an einem besonderen Vertrauen des Endkunden in die vertragsgemäße Leistung des Herstellers. Selbst für den Fall, dass der Endkunde dem Hersteller ein besonderes Vertrauen entgegenbringt, muss daran gezweifelt werden, dass dem Endkunden Ansprüche aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zustehen. Zwar kann der Hersteller und Vertragsschuldner im Regelfall die Leistungsnähe des Endkunden und dessen Vertrauen in die ordnungsgemäße Leistung an den Zwischenhändler erkennen.278 Auch ist unbeachtlich, ob dem Hersteller der jeweilige Endkunde bekannt ist.279 Soweit dem Dritten jedoch eigene vertragliche Ansprüche gleich gegen wen zustehen, fehlt es nach Auffassung der Rechtsprechung an einem schutzwürdigen Vertrauen des Dritten, und Ansprüche aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter scheiden aus.280 Da dem Endkunden einer Vertragskette vertragliche Ansprüche gegen den Zwischenhändler als seinem unmittelbaren Vertragspartner zustehen, müssen auch aus diesen Gründen Ansprüche aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ausscheiden. (d) Exkurs: Die Rechtsprechung in Österreich Auch wenn sich die Haftung des Herstellers aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Deutschland bisher nicht durchsetzen konnte, ist sie in der Rechtsprechung Österreichs auf anhaltende Zustimmung gestoßen281. So sah es der Oberste Gerichtshof in seiner Kunststoffplatten-​Entscheidung282 als für gegeben an, dass der Endkunde in den Schutzbereich des Vertrags zwischen Hersteller 277

Vgl. Staudinger / ​Klumpp, BGB Vorb. zu § 328, Rn. 120. Sack, VersR 2006, 582, 587. Zur hiermit verbundenen Kalkulierbarkeit des Risikos für den Hersteller Latté, Beziehungen zwischen Verbraucher und Hersteller, 158; Steinmeyer, DB 1988, 1049, 1054; Schwenzer JZ 1988, 525, 531 m. w. N. 279 Vergleiche hierzu Bundesgerichtshof, Urt. v. 20.04.2004, X ZR 250/02 = NJW 2004, 3035, 3038. 280 Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.07.1996, X ZR 104/94 = NJW 1996, 2927, 2929; Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.01.2011, VIII ZR 346/09 = NJW-​R R 2011, 462. 281 Oberster Gerichtshof Österreich, Urt. v. 04.02.1976, 1 Ob 190/75; Oberster Gerichtshof Österreich, Urt. v. 03.11.1981, 4 Ob540/81. Hierzu bereits Sack, VersR 2006, 582, 587. 282 Oberster Gerichtshof Österreich, Urt. v. 04.02.1976, 1 Ob 190/75. 278

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

und Zwischenhändler einbezogen ist. In der Entscheidung betont der OGH, dass der Hersteller über den Vertrag mit dem Zwischenhändler anstrebe, dass seine Produkte über eine Vertragskette den Endkunden erreichen. Ferner sei es für den Hersteller erkennbar, dass der Endkunde auf die einwandfreie Beschaffenheit der Produkte vertraue. Aus diesen Gründen entfalte der erste Kaufvertrag zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler Schutzwirkungen gegenüber dem Endkunden. Bringe ein Hersteller ein Produkt mit technischen Mängeln in den Verkehr, habe der Hersteller nicht lediglich Personen-​und Sachschäden des Endkunden, sondern vielmehr auch reine Vermögensschäden zu ersetzen. Ersatzfähig seien hingegen lediglich Schäden, welche typischerweise aufgrund der Mangelhaftigkeit des Produkts entstehen. Durch die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs auf „typische Schäden“ vermeidet die Rechtsprechung Österreichs eine „unerträgliche Ausuferung“ der Herstellerhaftung und stellt sicher, dass der Hersteller sein Haftungsrisiko zumindest im Ansatz überblicken kann.283 (2) Folgerungen für die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung Die vorangegangene Betrachtung zeigt, dass der Endkunde bei Maßgeblichkeit des deutschen Sachrechts im Regelfall nicht in den Schutzbereich des Vertrages zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler einbezogen wird. Kommt dem Vertrag keine drittschützende Wirkung zu, wird der Dritte lediglich in seinem Integritätsinteresse geschützt und kann sich insbesondere für reine Vermögensschäden nicht beim Hersteller schadlos halten. In diesem Fall ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Endkunde zur Durchsetzung eigener Ansprüche aus dem Delikts-​und Produkthaftungsrecht oder seiner gewährleistungsrechtlichen Ansprüche gegenüber dem Zwischenhändler an eine im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande gekommene Schiedsvereinbarung gebunden werden kann. Kann im Einzelfall hingegen auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geschlossen werden, stellt sich die Frage, ob und anhand welcher Vorschriften sich die Bindung des Endkunden an eine zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande gekommene Schiedsvereinbarung begründen lässt. Dieser Frage ist im Folgenden nachzugehen. (a) Die Bindung mittels ergänzender Vertragsauslegung Kommt in Übereinstimmung mit der Auffassung der Rechtsprechung in Österreich zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zustande, könnte der Endkunde an eine zwischen dem 283

Vgl. Sack, VersR 2006, 582, 587.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Hersteller und dem Zwischenhändler für den drittschützenden Vertrag abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden. Wird der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf eine ergänzende Vertragsauslegung zurückgeführt, könnte die Bindung des Dritten an eine im Vertrag enthaltene Schiedsvereinbarung ebenfalls ausschließlich auf eine ergänzende Vertragsauslegung zurückgeführt werden. Hieran bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Zwar ist richtig, dass die Bindung des Dritten stets im Einklang mit dem Willen der Schiedsparteien stehen muss. Die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung kann ohne Zustimmung des Dritten jedoch nicht ausschließlich über den Willen der Schiedsparteien begründet werden. Anderenfalls könnten die Schiedsparteien jeden beliebigen Dritten, ungeachtet der jeweiligen Rechtsverhältnisse des Dritten zu den Schiedsparteien, der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unterwerfen. Die Schiedsvereinbarung ist stets auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezogen. Die vorangegangenen Betrachtungen konnten bereits zeigen, dass die Drittbindung neben dem Parteiwillen insbesondere auf die für das Rechtsverhältnis des Dritten zu den Schiedsparteien maßgeblichen Bestimmungen zurückzuführen ist.284 So war beispielsweise die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung auf eine Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB zurückzuführen. Es erweist sich daher, dass es neben dem Willen der Schiedsparteien einer gesetzlichen Anordnung bedarf, den Dritten an die Schiedsvereinbarung zu binden. Der Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Endkunden kann infolgedessen nicht ausschließlich mittels einer ergänzenden Vertragsauslegung begründet werden. (b) Die entsprechende Anwendung der §§ 328 Abs. I, 334 BGB Kann die Bindung des Endkunden nicht auf eine ergänzende Vertragsauslegung zurückgeführt werden, kommt in Betracht, die Bindung auf eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Vertrages zugunsten Dritter zurückzuführen285. Vergleichbar zum Vertrag zugunsten Dritter leitet der Dritte seine Schutzansprüche aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Inhalt und Umfang vom Vertrag zwischen den unmittelbaren Vertragsparteien ab. Demgemäß zieht die Rechtsprechung § 328 BGB als maßgebliche Bestimmung zur Begründung eines Anspruchs aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter heran.286 Trifft es zu, dass der Dritte seine Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis der unmittelbaren Vertragsparteien ableitet, ist der Schuldner vergleichbar zum Vertrag zugunsten 284 Für die Zession ist die Bindung neben dem Willen des Zedenten und Schuldners auf die Wertung der §§ 398 S. 2, 401, 402 BGB zurückzuführen, oben Kapitel 2 I.) a) cc). Für den Vertrag zugunsten Dritter ist die Bindung neben dem Willen des Versprechenden und des Versprechensempfängers auf die Wertung der §§ 328, 343 BGB zurückzuführen, oben Kapitel 2 II. 1. c) aa) (2). 285 In diesem Sinne bereits Niklas, Subjektive Reichweite, 162 f. 286 Bundesgerichtshof, Urt. v. 21.01.2011, VIII ZR 346/09 = NJW-​R R 2011, 462 ff.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Dritter davor zu schützen, dass dem Dritten nicht mehr Rechte zustehen als dem unmittelbaren Vertragspartner. Dementsprechend wird der Rechtsgedanke des § 334 BGB von der Rechtsprechung und wohl herrschenden Auffassung in der Literatur für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter herangezogen.287 Aus diesem Grund lassen sich die Wertungen der §§ 328, 334 BGB auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter übertragen. Die Betrachtung des Vertrages zugunsten Dritter hat gezeigt, dass der Dritte für Streitigkeiten betreffend Ansprüche aus dem Vertrag zugunsten Dritter infolge einer Gesamtanalogie der §§ 328 Abs. I, 334 BGB an eine zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger zustande gekommene Schiedsvereinbarung gebunden wird288. Lässt sich die Wertung der §§ 328, 334 BGB auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter übertragen, lässt sich dementsprechend die Bindung des geschützten Dritten an eine zwischen den unmittelbaren Vertragsparteien zustande gekommene Schiedsvereinbarung begründen289. Infolgedessen wird der in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogene Dritte zur Durchsetzung betreffender Ansprüche von der Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst. cc) Exkurs: Die französische Action Directe Die Analyse des deutschen Rechts hat gezeigt, dass sich der Endkunde grundsätzlich bei seinem eigenen Vertragspartner schadlos halten und der in Anspruch genommene Zwischenhändler sich seinerseits an den Hersteller als seinen Lieferanten wenden muss. Das französische Recht eröffnet den Beteiligten einer Lieferkette verschiedene Möglichkeiten, sich gerichtlich über die Folgen eines fehlerhaften Produktes auseinanderzusetzen. Geht der geschädigte Endkunde gegen den Zwischenhändler vor, besteht für den beklagten Zwischenhändler beispielsweise die Möglichkeit, seinen eigenen Lieferanten mittels der Appel en Garantie290 in den Prozess hineinzuziehen291. Voraussetzung für die Appel en Garantie ist, dass dem beklagten Zwischenhändler seinerseits vertragliche oder deliktische Ansprüche gegen seinen Lieferanten, wie beispielsweise dem Hersteller, zustehen.292 287

Zur Anwendung des Rechtsgedankens des § 334 BGB auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter: Bundesgerichtshof, Urt. v. 23.09.2010, III ZR 246/09 = BGHZ 187, 86 = NJW 2011, 139, 141; Bundesgerichtshof, Urt. v. 10.11.1994, III ZR 50/94 = BGHZ 217, 378, 384 f. = NJW 1995, 392; Bundesgerichtshof, Urt. v. 13.11.1997, X ZR 144/94 = NJW 1998, 1059, 1061; Staudinger / ​Jagmann, § 334, Rn. 3; Erman / ​Westermann, § 334, Rn. 3; BeckOK BGB / ​Janoschek, § 334, Rn. 5; Jauernig / ​Stadler, § 328, Rn. 30; wohl auch MüKoBGB / ​Gottwald, § 334, Rn. 2. 288 Siehe oben Kapitel 2 II. 1. c) aa) (2) (c). 289 Im Ergebnis bereits Niklas, Subjektive Reichweite, 162 ff.; Stein / ​Jonas / ​Schlosser, § 1029, Rn. 70. 290 Artt. 331 ff. Nouveau Code de Procédure Civile („NCPC“). 291 Produkthaftungshandbuch / ​Weber, § 134 (Frankreich), Rn. 40. 292 Produkthaftungshandbuch / ​Weber, § 134 (Frankreich), Rn. 41.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Im Vergleich zur Streitverkündung des deutschen Prozessrechts293 ermöglicht das Institut der Appel en Garantie nicht lediglich die verbindliche Tatsachenfeststellung, sondern zugleich eine verbindliche Sachentscheidung gegenüber allen Prozessbeteiligten.294 Innerhalb eines vom Endkunden angestrebten Prozesses kann daher sowohl über die Verantwortlichkeit des Zwischenhändlers als auch über die Verantwortlichkeit des Lieferanten des Zwischenhändlers entschieden werden. Soweit der Zwischenhändler Ansprüchen des Endkunden ausgesetzt wird und dem Zwischenhändler seinerseits Ansprüche gegen den Hersteller zustehen, kann der Zwischenhändler die Freistellung von den Ansprüchen des Endkunden oder die Entlassung aus dem Rechtsstreit bei Übernahme durch den Hersteller verlangen.295 Existiert eine Vertragskette, bestehend aus einer Vielzahl an sukzessiven Lieferverträgen, lässt sich mittels der Appel en Garantie die Verantwortlichkeit für einen Fehler bis zu dessen Urheber in einem einzigen Prozess zurückverfolgen.296 Trotz den Vorteilen, die ein einziger Prozess für die Verfahrensbeteiligten haben kann297, muss bei einer Verantwortlichkeit des Herstellers die unter Umständen aus zahlreichen Parteien bestehende Lieferkette vollständig zurückverfolgt werden.298 Aus diesem Grund wird die Appel en Garantie als wenig praktikabel angesehen und hat stark an Bedeutung verloren.299 Besteht hingegen ein Direktanspruch des Endkunden gegenüber dem Hersteller, muss die Lieferkette nicht vollständig zurückverfolgt werden und der soeben benannte Nachteil der Appel en Garantie lässt sich vermeiden300. Im Gegensatz zum deutschen Recht eröffnet das französische Recht dem Endkunden die Möglichkeit, etwaige Äquivalenzschäden direkt gegenüber dem Hersteller geltend zu machen.301 Das Rechtsinstitut der Action Directe verschafft dem Endkunden einen entsprechenden Direktanspruch gegen andere Beteiligte in der Vertragskette als dem eigenen Vertragspartner und soll im Folgenden daher im Hinblick auf die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung betrachtet werden.

293

Gemäß den §§ 72 ff. ZPO. Produkthaftungshandbuch / ​Weber, § 134 (Frankreich), Rn. 40; Lem, Die Haftung für fehlerhafte Produkte, 103. 295 Ficker, Schadensersatzpflicht, 136. 296 Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 96; Lem, Die Haftung für fehlerhafte Produkte, 104. 297 Beispielsweise profitiert der Hersteller von der einheitlichen Feststellung der Rechtslage und sieht sich nicht einer Vielzahl von Klagen unterschiedlicher Verkäufer ausgesetzt: Lem, Die Haftung für fehlerhafte Produkte 104; Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 96. 298 Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 96; Schley, Das französische Produkthaftungsrecht, 93. 299 Klima RIW 1987, 307, 310. Ebenso Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 97; Schley, Das französische Produkthaftungsrecht, 93. 300 Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 96. 301 Rechtsvergleichend bezüglich Vertragsansprüche Dritter im französischen und deutschen Recht: Wahl, Vertragsansprüche Dritter, 277. 294

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

(1) Die Action Directe als kaufrechtlicher Direktanspruch Hinter der Action Directe verbirgt sich ein vielseitiges Rechtsinstitut, welches einem Dritten in unterschiedlichen Konstellationen einen Direktanspruch, insbesondere gegenüber dem Schuldner des eigenen Schuldners verschafft.302 Erstmals von der Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt wurde die Action Directe, vor dem Hintergrund der Sachmängelhaftung, durch eine Entscheidung des Kassationshofs Frankreichs vom 12.11.1884303. Inzwischen entspricht der Direktanspruchs des Endkunden gegenüber dem Hersteller oder anderen Beteiligten innerhalb einer Lieferkette der ständigen Rechtsprechung und wird als allgemeines Prinzip304 neben dem Kaufrecht auch auf andere Bereiche wie beispielsweise das Mietrecht305 übertragen306. Angesichts der Vielzahl an Anwendungsfällen der Action Directe307, muss sich die Untersuchung dieses „schillernden“308 Rechtsinstituts auf die kaufrechtlichen Direktansprüche innerhalb einer homogenen Vertragskette beschränken. Die Action Directe verschafft dem Endkunden die Möglichkeit, nach seiner Wahl unmittelbar und in eigenem Namen gegen einzelne oder alle Beteiligten der Lieferkette vorzugehen, wenn und soweit der Sach-​oder Rechtsmangel im Zeitpunkt der Weiterveräußerung bereits vorhanden war.309 Dem Endkunden steht infolgedessen ein auf das Äquivalenzinteresse des Endkunden gerichteter, unmittelbarer Direktanspruch gegen den Hersteller des Produktes zu, obwohl der Hersteller und der Endkunde untereinander keine vertragliche Vereinbarung getroffen haben.310 Über die dogmatische Rechtfertigung der Action Directe herrscht ein bisher nicht ausgefochtener Streit311. Die französischen Gerichte begründen die Action Directe in ständiger Rechtsprechung anhand der Zubehör-​Theorie312. Gemäß der Zubehör-​Theorie gehen vertragliche Haftungsansprüche mit der Übertragung des Eigentums als Zubehör der Kaufsache auf die in der Vertragskette nachfolgenden 302

Umfassend Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe. Cass. Civ., Urt. v. 12.11.1984 = D. P. 1885, 1, 357. Umfangreiche Besprechung der Entscheidung bei Wahl, Vertragsansprüche Dritter, 21 ff. 304 Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 78. 305 Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 82 f.; Wahl, Vertragsansprüche Dritter, 41 ff. 306 Sowohl die von der Rechtsprechung geschaffenen Fälle der Action Directe als auch die kodifizierten Direktansprüche lassen sich als Ausprägungen eines gemeinsamen Rechtsinstituts qualifizieren Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 36 ff. 307 Im Überblick hierzu Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 81 ff. 308 In diesem Sinne Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 36; vgl. Gebauer, Relativität und Drittwirkung, 325. 309 Köhler, Die Haftung im UN-​Kaufrecht, 112, m. w. N. 310 Hierzu Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 102 ff. 311 Überblickend Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 61 ff. 312 Hierzu Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 68 ff. 303

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Käufer über.313 Die wohl herrschende Auffassung in der Literatur lehnt die Zubehör-​Theorie hingegen als dogmatische Rechtfertigung der Action Directe ab.314 Die Zubehör-​Theorie sei in sich widersprüchlich, da eine konsequente Anwendung der Zubehör-​Theorie bedinge, dass ein Weiterverkauf dazu führen müsse, dass der Zwischenhändler zeitgleich mit der Übereignung der Sache an den Endkunden seine eigenen Gewährleistungsansprüche verliere.315 Da der Zwischenhändler seine Ansprüche trotz Übereignung an den Endkunden behalte, sei die Zubehör-​ Theorie nicht geeignet, die Action Directe dogmatisch zu rechtfertigen.316 Aus diesem Grund sehen Stimmen in der Literatur die Action Directe als abstrakte, eigenständige Rechtsregel an, welche aus Gründen der Billigkeit beziehungsweise der ausgleichenden Gerechtigkeit gerechtfertigt sei.317 Ungeachtet der dogmatischen Rechtfertigung herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Action Directe dem Anspruchsgläubiger eine Rechtsposition verschafft, die sich von dem Erstvertrag zwischen dem Hersteller und dem ersten Zwischenhändler ableitet.318 Handelt es sich bei der Action Directe um eine abgeleitete Rechtsposition, können dem Endkunden nicht mehr Rechte zustehen als dem ersten Zwischenhändler.319 Dieses Ergebnis entspricht dem Grundsatz nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet, wonach niemand mehr Rechte übertragen kann als er selbst innehat.320 Im Ergebnis erweitert die Action Directe daher lediglich den Kreis der Personen, welche Ansprüche aus dem Erstvertrag ableiten können, sodass das Pflichtenprogramm des Herstellers durch die Action Directe nicht erweitert wird.321 Dementsprechend wird darauf geschlossen, dass sich der Anspruchsgläubiger alle Verteidigungsmittel, insbesondere etwaige im Erstvertrag vereinbarte Haftungsbeschränkungen entgegen halten lassen muss.322 313 Köhler, Die Haftung im UN-​Kaufrecht, 106; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 68. 314 Köhler, Die Haftung im UN-​Kaufrecht, 109 m. w. N.; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 69. 315 Köhler, Die Haftung im UN-​Kaufrecht, 109; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 69. 316 Köhler, Die Haftung im UN-​Kaufrecht, 109 m. w. N.; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 69. 317 Köhler, Die Haftung im UN-​Kaufrecht, 110; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 77. 318 Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 106 m. w. N.; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 78 ff. Die Action Directe erinnert in diesem Zusammenhang an den Vertrag zugunsten Dritter, ist von diesem jedoch strickt abzugrenzen, da der Vertrag zugunsten Dritter ausschließlich durch eine Parteivereinbarung zustande kommt. 319 Klima, RIW 1987, 307, 311. Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 107; Niggemann / ​de Ligne, RIW 2011, 295, 296. Erneut zeigt sich eine Parallele zum Vertrag zugunsten Dritter und dem Rechtsgedanken des § 334 BGB. 320 Schulz, Action Directe, 92; Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 107. 321 Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 107; Bauerreis, Das Französische Rechtsinstitut der action directe, 78. Ebenso wohl auch Köhler, Die Haftung nach UN-​Kaufrecht, 111. 322 Zu den Einschränkungen des Direktanspruchs Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 106 ff.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

(2) Die Bindung des Anspruchsgläubigers an die Schiedsvereinbarung Der Endkunde einer Vertragskette hat die Möglichkeit, mittels der Action ­ irecte unmittelbar gegen den Hersteller oder nach seiner Wahl gegen jeden BeD teiligten innerhalb der Vertragskette vorzugehen. Demnach sind alle Vorverkäufer in der Vertragskette potenzielle Anspruchsschuldner des Endkunden.323 Enthält der Vertrag zwischen dem Hersteller und dem ersten Zwischenhändler eine Schiedsvereinbarung, könnte der Endkunde zur Durchsetzung seiner Direktansprüche an diese Schiedsvereinbarung gebunden sein324. (a) Die Bindung im Verhältnis zum Hersteller Zunächst ist danach zu fragen, ob der Endkunde an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, soweit dieser den Hersteller des Produktes und damit das erste Kettenglied in der Vertragskette in Anspruch nimmt. Die neuere französische Rechtsprechung nimmt an, dass eine im Erstvertrag abgeschlossene Schieds­ vereinbarung auf den Anspruchsgläubiger der Action Directe übergeht und hat sich für die Bindung an die Schiedsvereinbarung ausgesprochen.325 Für dieses Ergebnis spricht, dass sich die Rechtsposition des Endkunden aus dem Erstvertrag des Herstellers mit dem ersten Zwischenhändler ableitet und der Zwischenhändler nicht mehr oder weniger Rechte übertragen kann, als ihm selbst zustehen326. Der Hersteller ist demnach dahingehend schutzwürdig, dass er sich bei einer Inanspruchnahme durch den Endkunden keinem anderen Pflichtenprogramm ausgesetzt sieht als gegenüber dem Zwischenhändler und unmittelbaren Vertrags-

323

Köhler, Die Haftung nach UN-​Kaufrecht, 112. Vgl. hierzu Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.298. 325 Cass. Civ., Urt. v. 06.02.2001, N° de pourvoi 98-20776: „Attendu que dans une chaîne homogène de contrats translatifs de marchandises, la clause d’arbitrage international se transmet avec l’action contractuelle, sauf preuve de l’ignorance raisonnable de l’existence de cette clause“. Cass. Civ., Urt. v. 27.03.2007, N° de pourvoi 04-20.842: „Mais attendu que, dans une chaîne de contrats translatifs de propriété, la clause compromissoire est transmise de façon automatique en tant qu’accessoire du droit d’action, lui-​même accessoire du droit substantiel transmis, sans incidence du caractère homogène ou hétérogène de cette chaîne“. Cass. Civ., Urt. v. 17.11.2010, N° de pourvoi 09-12.442: „Mais considérant que la cour d’appel a exactement décidé que dans une chaîne de contrats translatifs de propriété, la clause compromissoire est transmise de façon automatique en tant qu’accessoire du droit d’action lui-​même accessoire du droit substantiel transmis, sans incidence du caractère homogène ou hétérogène de cette chaîne“. Die zitierten Entscheidungen markieren eine Wende der Rechtsprechung der Cour de cassation, da ältere Entscheidungen die Bindung des Anspruchsgläubigers mangels einer unmittelbaren Schiedsvereinbarung mit dem Hersteller abgelehnt haben. Vergleiche zur älteren Rechtsprechung Cass. Civ., Urt. v. 06.11.1990, N° de pourvoi 88-12132, 88-12247, 88-12270, 88-12430, 88-12633, 88-14477. 326 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Bindung des Zessionars, Kapitel 2 I. 1. a) oder des Drittbegünstigten, Kapitel 2 II. c) aa) und bb). 324

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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partner327. Die Gleichbehandlung des Endkunden im Vergleich zum Zwischenhändler lässt sich jedoch lediglich dann verwirklichen, wenn der Endkunde zur Durchsetzung der aus dem Rechtsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler abgeleiteten Ansprüche an eine für dieses Rechtsverhältnis abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Wird der Endkunde an die Schiedsvereinbarung gebunden, hat sich der Hersteller sowohl gegenüber dem Zwischenhändler, als auch für die Ansprüche des Endkunden vor dem Schiedsgericht auseinander zu setzen. Demnach kann es aus Perspektive des Herstellers zu keiner Gerichtspflichtigkeit kommen, die dieser bei Vertragsschluss mit dem Zwischenhändler nicht absehen konnte. Die Bindung des Endkunden ist daher im Hinblick auf die schutzwürdigen Interessen des Herstellers geboten.328 Der Auffassung, dass der Endkunde zur Durchsetzung seiner Direktansprüche gegenüber dem Hersteller an eine im Erstvertrag enthaltene Schiedsvereinbarung gebunden wird, ist daher im Ergebnis zuzustimmen. (b) Die Bindung im Verhältnis zum Zwischenhändler Nimmt der Endkunde einen Zwischenhändler in Anspruch, könnte anders zu entscheiden sein. Die Schutzbedürftigkeit des Herstellers ist darauf zurückzuführen, dass dieser ausschließlich einen Vertrag mit dem Zwischenhändler abschließt und dem Hersteller weder die Person, noch die Anzahl die nachfolgenden Kettenglieder bekannt sind. Infolgedessen hat sich die Inanspruchnahme des Herstellers nach dem Inhalt des Erstvertrages zu richten, um das mit dem Geschäft verbundene Haftungsrisiko abschätzen zu können. Der Zwischenhändler vertraut jedoch mit Blick auf sein eigenes Haftungsrisiko gegenüber den nachfolgenden Käufern nicht maßgeblich auf den Inhalt des Erstvertrages mit dem Hersteller. Der Zwischenhändler erwirbt das Produkt vom Hersteller und verkauft dieses an den Endkunden weiter. Die Risikoabschätzung betreffend den Weiterverkauf an den Endkunden oder einen weiteren Zwischenhändler bezieht sich daher nicht auf das Rechtsverhältnis mit dem Hersteller und eigenen Zulieferer, sondern ist darauf gerichtet, ob und in welchem Umfang der Zwischenhändler gegenüber dem Endkunden oder den nachfolgenden Zwischenhändlern für die vertragsgemäße Leistung einzustehen hat. Damit der Zwischenhändler das eigene Haftungsrisiko abschätzen kann, müsste sich die Haftung daher nach dem Rechtsverhältnis mit dem nachfolgenden Käufer bemessen. Ein schutzwürdiges Interesse, dass sich die Haftung nach dem Rechtsverhältnis mit dem Hersteller bemisst, ist daher nicht erkennbar. Dementsprechend könnte eine Bindung des Endkunden an eine im Erstvertrag enthaltene 327 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Schutzbedürftigkeit des Schuldners bei der Zession, Kapitel 2 I. 1. a) oder des Vertrages zugunsten bzw. mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, Kapitel 2. II. c) aa) und bb). 328 Leitet sich der Drittanspruch vom Erstvertrag ab, lässt sich die Schutzbedürftigkeit des Herstellers mit dem Vertrag zugunsten Dritter vergleichen.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Schiedsvereinbarung mangels Schutzbedürftigkeit des Zwischenhändlers zu verneinen sein. Soweit ersichtlich lässt sich der französischen Rechtsprechung keine eindeutige Antwort auf die Frage entnehmen, ob der Endkunde an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, wenn dieser lediglich den Zwischenhändler mittels einer Action Directe in Anspruch nimmt. Für den Fall, dass der Endkunde sowohl gegen den Zwischenhändler als auch gegen den Hersteller vorgeht, wurde eine Bindung des Endkunden jedoch wohl entsprechend angenommen329. Für die Bindung des Endkunden im Verhältnis zum Zwischenhändler spricht, dass es sich bei der Action Directe um einen aus dem Erstvertrag abgeleiteten Direktanspruch handelt und sich die Haftung infolgedessen nach den Vereinbarungen des Erstvertrages zu bemessen hat. Dies hat auch für die im Erstvertrag vereinbarte Schiedsvereinbarung zu gelten330, sodass ebenso wie bei einer gegen den Hersteller gerichteten Klage auch im Verhältnis zum Zwischenhändler eine Bindung an die Schiedsvereinbarung eintreten muss. Wird eine Bindung gegenüber dem Zwischenhändler jedoch abgelehnt, könnte es je nach Anspruchsgegner zu einer Ungleichbehandlung der Anspruchsgläubiger der Action Directe kommen, da sich diese gegenüber dem Hersteller vor dem Schiedsgericht und gegenüber dem Zwischenhändler vor staatlichen Gerichten auseinandersetzen müssten. Damit ist bereits das zweite Argument für eine Bindung angesprochen. Wird der Endkunde im Verhältnis zum Zwischenhändler gebunden, wird eine Aufspaltung der Entscheidungszuständigkeit vermieden331. Ist im Verhältnis zwischen dem Endkunden und dem Zwischenhändler die Zuständigkeit des Schiedsgerichts eröffnet, entscheidet das Schiedsgericht über die Haftung des Zwischenhändlers und ist darüber hinaus zuständig, wenn sich der in Anspruch genommene Zwischenhändler beim Hersteller schadlos halten will. d) Zwischenergebnis Das Delikts-​und Produkthaftungsrecht eröffnet dem Endkunden einen Direktanspruch aus eigenem Recht gegen den Hersteller. Dieser Direktanspruch ist in seiner Entstehung abstrakt und unabhängig vom Rechtsverhältnis des Endkunden zum Zwischenhändler, sowie dem Rechtsverhältnis des Zwischenhändlers zum Hersteller. Daher wird der Endkunde zur Durchsetzung dieses Anspruchs nicht 329

Vergleiche hierzu Kapitel 2 II 1. c) cc) (2) (a). Vergleiche hierzu die Begründung der französichen Rechtsprechung, Kapitel  2 II 1. c)  cc) (2) (a). 331 In anderen Zusammenhängen wird die Vermeidung von Zuständigkeitsaufspaltungen ebenfalls als Argument für die Drittbindung angeführt. Vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424 betreffend die Bindung eines Gesellschafters an die von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung. Hierzu unten Kapitel 2 III. 1. b). 330

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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an eine Schiedsvereinbarung gebunden, die der Hersteller für das Rechtsverhältnis mit dem Zwischenhändler abgeschlossen hat. Auch die Haftung des Herstellers aus einer selbstständigen Produktgarantie eröffnet dem Endkunden einen Direktanspruch aus eigenem Recht, sodass sich der Endkunde aus den selben Gründen zur Durchsetzung seiner Garantieansprüche nicht auf das Schiedsgericht verweisen lassen muss. Leitet sich der Direktanspruch des Endkunden gegen den Hersteller jedoch aus einem Rechtsverhältnis ab, für welches eine Schiedsvereinbarung besteht, wird der Endkunde an diese Schiedsvereinbarung gebunden. Der Hersteller und der Zwischenhändler können beispielsweise den Abschluss eines unselbstständigen Garantievertrages zugunsten des Endkunden vereinbaren. Daneben ist zumindest im Grundsatz denkbar, einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Endkunden abzuschließen. Die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung rechtfertigt sich in diesen Fällen dadurch, dass die den drittschützenden bzw. drittbegünstigenden Vertrag abschließenden Parteien das mit dem Vertrag verbundene Haftungsrisiko einschließlich ihrer damit verbundenen Gerichtspflichtigkeit abschätzen können müssen. Dem Endkunden wird andererseits nichts genommen, was er ohne den Vertrag des Herstellers mit dem Zwischenhändler hätte. Ferner gestaltet sich der Anspruch des Endkunden ausschließlich nach Maßgabe der den Vertrag schließenden Parteien, sodass sich der Endkunde nicht lediglich auf die Vorteile des Anspruchs berufen kann, ohne zugleich auf die mit den Vorteilen verbundenen Auflagen gebunden zu werden. Aus diesen Gründen wird der Endkunde zur Durchsetzung der Ansprüche aus einem Vertrag zu seinen Gunsten oder einem Vertrag mit Schutzwirkung zu seinen Gunsten an eine für diesen Vertrag abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden. Entsprechendes hat auch für die Action Directe zu gelten, die dem Endkunden einen unmittelbaren Direktanspruch gegen den Hersteller oder andere Personen in der Vertragskette eröffnet. Enthält der Erstvertrag eine Schiedsvereinbarung, muss sich der Endkunde zur Durchsetzung seiner Direktansprüche auf die Schiedsvereinbarung verweisen lassen. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass ebenso wie bei der Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung auch die Drittbindung innerhalb der Vertragskette davon abhängt, dass die Bindung mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung im Einklang steht.

2. Die Ermittlung des maßgeblichen Rechts Hat die Vertragskette einen Bezug zu verschiedenen Rechtsordnungen, ist ein für die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung maßgebliches Sachrecht zu ermitteln. Erneut fehlt es diesbezüglich an einer ausdrücklichen kollisionsrechtlichen Regelung, sodass im Folgenden nach einer maßgeblichen Kollisionsregel zur Bestimmung des maßgeblichen Sachrechts zu suchen ist.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

a) Die Interessen der betroffenen Personen Ist darüber zu entscheiden, ob der Endkunde im Verhältnis zum Hersteller an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, sind insbesondere die Interessen des Herstellers und des Endkunden im Rahmen der kollisionsrechtlichen Behandlung zu berücksichtigen. Die Analyse des deutschen Sachrechts hat gezeigt, dass die Haftung des Herstellers gegenüber dem Endkunden grundsätzlich auf das Integritätsinteresse beschränkt ist. Damit sich der Hersteller keinem unüberschaubaren Haftungsrisiko ausgesetzt sieht, kann sich der Endkunde daher bezüglich seiner reinen Vermögensschäden nicht beim Hersteller schadlos halten. Um das mit einem Vertragsschluss verbundene Haftungsrisiko einschätzen zu können, hat der Hersteller auf kollisionsrechtlicher Ebene ein Interesse daran, dass sich die Haftung gegenüber Dritten nach dem Sachrecht bemisst, das im Verhältnis zum eigenen Vertragspartner zur Anwendung kommt.332 Dem Hersteller ist die Person des Endkunden unbekannt, sodass es dem Interesse des Herstellers entspricht, das maßgebliche Sachrecht für das Bestehen und den Umfang von Direktansprüchen des Endkunden zu erkennen und die mit dem Inverkehrbringen des Produkts verbundenen Risiken abschätzen zu können333. Hiermit korrespondiert das Interesse des Herstellers, dass sich die Bindung des Endkunden an eine im Rechtsverhältnis mit dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung ebenfalls nach dem für dieses Rechtsverhältnis maßgeblichen Sachrecht bemisst. Das Interesse des Endkunden ist insbesondere darauf gerichtet, nicht gegen seinen Willen der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unterworfen zu werden. Für den Endkunden ist die im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler vereinbarte Schiedsvereinbarung und das für dieses Rechtsverhältnis maßgebliche Sachrecht schwer erkennbar. Der Endkunde tritt lediglich mit dem Zwischenhändler in eine Vertragsbeziehung ein, sodass das Interesse des Endkunden darauf gerichtet ist, dass sich die eigenen Ansprüche und das hierfür zuständige Streitentscheidungsorgan nach dem Rechtsverhältnis zum Zwischenhändler bemessen. b) Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut In der Literatur ist vorgeschlagen worden, die Bindung des Drittbegünstigten, hier des Endkunden, nach dem für die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrecht zu bemessen.334 Die Frage, ob der Drittbegünstigte an eine Schiedsverein 332

Vgl. Gebauer, IPRax 2001, 471, 475. Vgl. zu den kollisionsrechtlichen Interessen BeckOGK / ​M. Müller, Rom II-​VO Art. 5, Rn. 2 ff., m. w. N. 334 Vgl., Born, Arbitration I, 1459. 333

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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barung gebunden wird, die zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler für einen unselbstständigen Garantievertrag abgeschlossen wurde, betreffe die Auslegung der Schiedsvereinbarung und sei demnach nach dem Schiedsvereinbarungsstatut zu bemessen.335 Wie bereits gezeigt ist dem am Sitz des Schiedsgerichts geltenden Sachrecht das maßgebliches Schiedsvereinbarungsstatut zu entnehmen.336 Entscheidet das Schiedsvereinbarungsstatut über die Bindung des Drittbegünstigten an die Schiedsvereinbarung, wäre entsprechend das am Sitz des Schiedsgerichts geltende Sachrecht zur Anwendung zu bringen. c) Die Anknüpfung an das Rechtsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler Leiten sich die Direktansprüche des Herstellers aus dem Rechtsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler ab, könnte sich die Bindung des Endkunden an eine für dieses Rechtsverhältnis abgeschlossene Schiedsvereinbarung nach dem Statut bemessen, das auf das Rechtsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler anzuwenden ist.337 Für die Drittwirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung ist der EuGH für einen speziellen Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bindung des Dritten nach dem anwendbaren Recht im Verhältnis zwischen den die Gerichtsstandsvereinbarung abschließenden Parteien zu beurteilen ist. So war in der Rechtssache „Tilly Russ“ darüber zu entscheiden, ob die in einem Konnossement338 zwischen dem Be-​und Verfrachter abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarung auch einen Drittinhaber bindet339. Der EuGH sprach sich für die Bindung des Dritten aus, da der Erwerb des Konnossements dem Drittinhaber

335 In diesem Sinne Born, der darauf hinweist, die Anknüpfung an das den Dritten begünstigende Rechtsverhältnis sei „[L]ess likely“, Born, Arbitration I, 1459. 336 Hierzu umfassend Kapitel 1 III. 337 In der US-​amerikanischen Rechtsprechung finden sich Beispiele für eine entsprechende Anknüpfung. In der Entscheidung Fleetwood Enterprises, Inc v Gaskamp, 280 F.3d 1069, 1075–77 (5th Cir 2002) hatte der United States Court of Appeals des Fifth Circuit darüber zu entscheiden, ob ein Tochterunternehmen einer der Schiedsparteien an die Schiedsvereinbarung gebunden ist. Zur Klärung dieser Frage brachte das Gericht das von den Schiedsparteien für den Hauptvertrag gewählte texanische Sachrecht zur Anwendung. In der Entscheidung American Patriot Insurance Agency, Inc v Mutual Risk Management, Ltd, 364 F.3d 884, 890 (2nd Cir 2004) stellte der United States Court of Appeals des Seventh Circuit fest, dass sich die Bindung eines Drittbegünstigten an eine mit dem Vertrag zu seinen Gunsten verbundene Schiedsvereinbarung gebunden nach dem auf den Vertrag zu seinen Gunsten maßgeblichen Recht bemesse und verwies die Entscheidung hierüber zurück an den District Court: „Insofar as the plaintiff’s third-​party beneficiary claim is concerned, the plaintiff is indeed bound by the choice of law and arbitration clauses in the contract“. Für eine alternative Anknüpfung an das Recht des Hauptvertrages oder das Schiedsvereinbarungsstatut: Wahab, The Extension of Arbitration Agreements to Third Parties, 163. 338 Englisch „Bill of lading“. 339 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 19.06.1984, Rs. 71/83.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

nicht mehr Rechte verleihen könne, als der Befrachter hatte.340 Somit könne es dem Drittinhaber nicht gestattet werden, sich der Bindung an die Gerichtsstandsvereinbarung zu entziehen, soweit diese zwischen dem Be-​und Verfrachter gültig und der Drittinhaber nach dem anwendbaren nationalen Recht mit dem Erwerb des Konnossements in die Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten sei.341 Ein ausdrücklicher Hinweis, dass der EuGH auf das im Verhältnis zwischen dem Be-​und Verfrachter für das Konnossement anwendbare nationale Recht verweist, lässt sich der Begründung nicht entnehmen. Sowohl die Entscheidung als auch Generalanwalt Slynn verweisen jedoch stets auf das Verhältnis zwischen dem Be-​und Verfrachter, sodass davon auszugehen ist, dass an das in diesem Verhältnis für das Konnossement anwendbare nationale Recht anzuknüpfen ist.342 Die Drittwirkung der Gerichtsstandsvereinbarung nach dem im Verhältnis zwischen dem Be-​und Verfrachter anwendbaren Recht zu beurteilen, hat der EuGH in seinen Folge­ entscheidungen hingegen bestätigt.343 In der Coreck-​Maritime-​Entscheidung344 fasst der EuGH die Ermittlung des für die Drittwirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung maßgeblichen Rechts unter Verweis auf die Tilly-​Russ-​Entscheidung entsprechend zusammen: „Somit ist nach dem [für das Konnossement] anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen, ob der am ursprünglichen Vertrag nicht beteiligte Dritte, dem eine Gerichtsstandsklausel entgegengehalten wird, in die Rechte und Pflichten einer der ursprünglichen Parteien eingetreten ist.“345

Wird die Rechtsprechung zur Drittwirkung einer Gerichtsstandsvereinbarung auf die Ermittlung des maßgeblichen Rechts für die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung übertragen, bemisst sich diese nach dem für das Rechtsverhältnis zwischen den Schiedsparteien maßgeblichen Recht. Im Folgenden soll eine entsprechende Anknüpfung für die Bestimmung der Drittwirkungen innerhalb einer Vertragskette auf die jeweiligen Rechtsgrundlagen übertragen werden.

340

Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 19.06.1984, Rs. 71/83, Rn. 24. Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 19.06.1984, Rs. 71/83, Rn. 24. 342 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 19.06.1984, Rs. 71/83, Rn. 23; Generalanwalt Slynn, Schlussanträge 21.03.1984, Rs. 71/83, Slg. 1984, I-​2343 f. Ebenso wohl auch Generalanwalt Alber, Schlussanträge 23.03.2000, Rs. C-​387/98, Rn. 58; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.127. 343 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 16.03.1999, Rs. C-​159/97, Rn. 41; Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-​387/98, Rn. 23. 344 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-​387/98. 345 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-​387/98, Rn. 24. 341

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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aa) Der Vertrag zugunsten Dritter Hat der Hersteller mit dem Zwischenhändler einen unselbstständigen Garantievertrag zugunsten des Endkunden vereinbart und enthält dieser Vertrag eine Schiedsvereinbarung, könnte sich die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung nach dem für den Vertrag zugunsten des Endkunden maßgeblichen Sachrecht bemessen346. Der Vertrag zugunsten Dritter wird als vertragliches Schuldverhältnis vom Anwendungsbereich der Rom I-​VO erfasst.347 Mangels Rechtswahl und unbeschadet der Art. 5 bis 8 Rom I-​VO ist infolgedessen Art. 4 Rom I-​VO zur Anwendung zu bringen.348 Im Rahmen der Produktgarantie steht der Hersteller unabhängig von der Hauptschuld für einen bestimmten Erfolg ein, sodass sich die Produktgarantie keiner Alternative des Art. 4 Abs. I Rom I-​VO zuordnen lässt und infolgedessen gemäß Art. 4 Abs. II Rom I-​VO das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.349 Die für den Garantievertrag charakteristische Leistung liegt in der Haftung des Herstellers gegenüber dem Begünstigten.350 Daher ist für den Garantievertrag (als das die Haftung gegenüber dem Endkunden begründende Rechtsverhältnis) das Sachrecht des Staates anzuwenden, in dem der Hersteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gemäß Art. 12 Abs. I lit. b Rom I-​VO ist das nach der Rom I-​VO auf einen Vertrag anzuwendende Recht insbesondere maßgebend für die Erfüllung der den Vertrag begründeten Verpflichtungen, sodass das Vertragsstatut darüber bestimmt, wer Gläubiger des Vertrages ist351. Auch die Folgen „der vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung dieser Verpflichtungen“ werden gemäß Art. 12 Abs. I lit. c Rom I-​VO vom Vertragsstatut erfasst. Entspricht es dem Inhalt des Garantievertrages, dass dem Dritten ein Anspruch auf das Garantieversprechen zusteht, bestimmt das Statut des Garantievertrages infolgedessen darüber, ob aus dem Garantievertrag zwischen Hersteller und Zwischenhändler Wirkungen zugunsten des Endkunden hervorgehen. Wird die Bindung des Endkunden nach dem Sachrecht bemessen, 346

Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 276; Gottwald, Zur Bindung Dritter an internationale Gerichtsstands-​und Schiedsvereinbarungen, 133 m. w. N. 347 Staudinger / ​Magnus, ROM I-​VO Art. 1, Rn. 38 m. w. N. 348 Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem Zwischenhändler um keinen Verbraucher im Sinne des Art. 6 Rom I-​VO handelt. 349 Einzelheiten der Anknüpfung der Garantie innerhalb des Art. 4 Rom I-​VO sind umstritten. So kommt in Betracht die Garantie als Dienstleistungsvertrag im Sinne des Art. 4 Abs. I lit b Rom I-​VO oder nach Art. 4 Abs, II Rom I-​VO anzuknüpfen. Hierzu MüKoBGB / ​Martiny, Rom I-​VO Art. 4, Rn. 231. Mit Recht wird in diesem Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen, dass die Abgrenzung meist offenbleiben kann, da die Anknüpfung nach Art. 4 Abs. I lit. b Rom I-​VO oder dem subsidiär anwendbaren Art. 4 Abs. II Rom I-​VO in aller Regel zum gleichen Recht führt, Staudinger / ​Magnus, ROM I-​VO Art. 4, Rn. 40. 350 Staudinger / ​Magnus, ROM I-​VO Art. 4, Rn. 426 m. w. N. 351 MüKoBGB / ​Spellenberg, Rom I-​VO Art. 12, Rn. 56.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

das für das die Haftung begründende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, entscheidet beim Vertrag zugunsten Dritter demnach das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers über die Bindung an die Schiedsvereinbarung. bb) Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Die Analyse des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hat gezeigt, dass die Rechtsprechung in Österreich im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Vertrag des Herstellers mit dem Zwischenhändler auf einen Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten des Endkunden schließt352. Im Folgenden ist danach zu fragen, nach welchem Sachrecht sich die Entscheidung zu bemessen hat, ob sich die Schutzwirkungen des Erstvertrages auf den Endkunden erstrecken. Über die Anknüpfung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter herrscht im Anwendungsbereich des europäischen Kollisionsrechts ein nicht ausgefochtener Streit. Werden die Schutzpflichten gegenüber dem Dritten aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeleitet, könnte die Haftung des Herstellers gegenüber dem Dritten vertraglich zu qualifizieren sein.353 Auf der anderen Seite zeigt insbesondere die Handte-​Entscheidung354, dass Ansprüche aus einem Vertrag nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs eine „freiwillig eingegangene Verpflichtung“ voraussetzen355. In der Handte-​Entscheidung sprach sich der EuGH gegen ein Vertragsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Endkunden aus, da der Hersteller lediglich mit dem Zwischenhändler, aber nicht mit dem Endkunden einen Vertrag abgeschlossen habe.356 Wird dieser Maßstab auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter über 352

Zur Rechtsprechung in Österreich oben Kapitel 2 II. 1. c) bb) (1) (d). Für eine vertragliche Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter: Bamberger / ​Roth / ​Spickhoff, Art. 32 EGBGB Rn 5; vgl. MünchKomm / ​Spellenberg, Art. 12 Rom I-​VO, Rn. 57; Soergel / ​v.Hoffmann, Art. 32 EGBGB, Rn 27; Staudinger / ​Magnus, ROM I-​ VO Art. 1, Rn. 38. Vgl. Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge 08.04.1992, Rs. C-​26/91, Rn. 33 „Das stärkste Argument zugunsten einer Qualifikation als Haftung aus Vertrag ist, daß das Klagerecht des späteren Erwerbers nicht unabhängig von der Existenz eines Vertrags entsteht“. Im Ergebnis sprach sich der Generalanwalt Jacobs jedoch gegen eine vertragliche Qualifikation aus, da im Verhältnis zwischen dem Endkunden und dem Hersteller eben kein Vertrag abgeschlossen worden sei: „Das Hauptargument zugunsten einer Einstufung der Klage des späteren Erwerbers gegen den Hersteller wegen Lieferung von Ware unzureichender Qualität als Klage aus unerlaubter Handlung besteht in der schlichten Tatsache, daß zwischen beiden Parteien kein Vertrag geschlossen wurde, Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge 08.04.1992, Rs. C-​26/91, Rn. 34. 354 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.06.1992, Rs. C-​26/91. 355 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.06.1992, Rs. C-​26/91, Rn. 15. 356 „Zu der Klage des späteren Erwerbers einer bei einem Zwischenhändler gekauften Ware gegen den Hersteller auf Ersatz des Schadens, der angeblich aus der Nichtübereinstimmung der Sache mit den Anforderungen resultiert, ist festzustellen, daß zwischen dem späteren Erwerber und dem Hersteller keine vertragliche Beziehung besteht, da dieser gegenüber dem 353

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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tragen, fehlt es im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Endkunden an einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung zur Übernahme von Schutzpflichten.357 Der Endkunde ist am Vertragsschluss eines zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande kommenden Vertrages, dessen Schutzwirkungen ihm zugutekommen sollen, nicht beteiligt. Somit könnten sich die Drittwirkungen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter mangels einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Endkunden außervertraglich zu qualifizieren sein und nach dem Deliktsstatut bemessen358. Lässt sich der Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter sowohl vertraglich als auch außervertraglich qualifizieren, sind im Folgenden die jeweiligen Auswirkungen für die Bestimmung des maßgeblichen Rechts aufzuzeigen. (1) Die vertragliche Qualifikation Zunächst ist denkbar, die Ansprüche des Endkunden nach dem Vertragsstatut zu bemessen, das im Verhältnis zwischen dem Endkunden und dem Zwischenhändler zur Anwendung kommt. Die Anknüpfung an das für den Erstvertrag maßgebliche Vertragsstatut gewährleistet jedoch, dass sich der Hersteller betreffend seine vertragliche Haftung mit keiner Rechtsordnung konfrontiert sieht, deren Anwendung er bei Abschluss des Vertrages mit dem Zwischenhändler nicht vorhersehen konnte.359 Darüber hinaus betrifft die Klärung der Frage, ob sich die Schutzwirkungen neben den Vertragsparteien auf einen Dritten erstrecken sollen, die Auslegung des Vertrages des Herstellers mit dem Zwischenhändler. Aus diesem Grund sich bei vertraglicher Qualifikation die Schutzwirkungen nach dem Vertragsstatut im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zu beurteilen. Gemäß Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO richtet sich das Vertragsstatut im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Verkäufers. Die Entscheidung darüber, ob der Kaufvertrag zugleich Schutzwirkungen gegenüber dem Endkunden entfaltet, betrifft im Wesentlichen die Auslegung des Vertrages im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler, sodass eine Anknüpfung an Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO vorgeschlagen wird. Selbst für den Fall, dass diese Fragestellung unter späteren Erwerber keine vertragliche Verpflichtung eingegangen ist“, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.06.1992, Rs. C-​26/91, Rn. 16. 357 Dutta, IPRax 2009, 293, 295; Palandt / ​T horn, ROM II-​VO Art. 12, Rn. 5. 358 Für eine außervertragliche Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter: Martiny, Haftung Dritter im internationalen Schuldrecht, 492; Dutta, IPRax 2009, 293, 294  ff; JurisPK-​BGB  / ​Lund, Rom II-​VO, Art. 1, Rn. 41; Obergerichtshof Österreich, Beschluss v. 26.06.2007, 10 Ob 66/07i = OGH IPRax 2009, 354 ff.; MüKo / ​Martiny, Rom I-​VO, Art. 1, Rn 16; Palandt / ​T horn, ROM II-​VO, Art. 12, Rn. 5; MüKoZPO / ​Gottwald, Art. 25, Brüssel Ia-​VO, Rn.  55; Gebauer, Subjektive Reichweite, 105 f. 359 Zur kollisionsrechtlichen Vorhersehbarkeit der Anknüpfung an das für den Erstvertrag maßgebliche Vertragsstatut Gebauer, IPRax 2001, 471, 475.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

keine Fallgruppe des Art. 4 Abs. I Rom I-​VO subsumieren lässt, kann in der Haftung des Herstellers für die Fehlerhaftigkeit seiner Produkte die charakteristische Leistung im Sinne des Art. 4 Abs. II Rom I-​VO erblickt werden360, sodass bei einer entsprechenden Anknüpfung ebenfalls das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers zur Anwendung berufen wird. Ferner hat sich bereits gezeigt, dass die Regelung des Art. 12 Abs. I lit. b, c Rom I-​VO vorsieht, dass das Vertragsstatut ebenfalls darüber entscheidet, wer Gläubiger einer vertraglichen Verpflichtung ist. Daher führt eine vertragliche Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Ergebnis dazu, dass sich die Schutzwirkungen gegenüber dem Endkunden nach dem Sachrecht der Rechtsordnung bemessen, in welcher der Hersteller als Verkäufer des Produktes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bemisst sich die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung nach dem Sachrecht, das auf das die Haftung begründende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, entscheidet infolgedessen das Sachrecht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers darüber, ob der Dritte an eine Schiedsvereinbarung gebunden wird, die der Hersteller mit dem Zwischenhändler für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Dritten abgeschlossen hat. (2) Die außervertragliche Qualifikation Wird der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter außervertraglich qualifiziert, ist das hierfür maßgebliche Deliktsstatut über die Art. 4 ff. Rom II-​VO361 zu bestimmen. Geht der Schaden auf ein Produkt des Herstellers zurück, findet vorrangig die Kollisionsnorm des Art. 5 Rom II-​VO Anwendung.362 Gemäß der Anknüpfungsleiter des Art. 5 Abs. I Rom II-​VO ist primär das Recht des Staates anzuwenden, in dem die geschädigte Person beim Eintritt des Schadens ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, Art. 5 Abs. I S. 1 lit. a Rom II-​VO. Sekundär ist das Recht des Staates maßgeblich, in dem das Produkt erworben wurde, falls das Produkt dort in den Verkehr gebracht wurde, Art. 5 Abs. I S. 1 lit. b Rom II-​VO. Anderenfalls ist auf der letzten Stufe der Anknüpfungsleiter das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist anzuwenden, soweit das Produkt dort in den Verkehr gebracht wurde, Art. 5 Abs. I S. 1 lit. c Rom II-​VO. Vorranging findet gemäß Art. 5 Abs. I S. 2 Rom II-​VO jedoch stets das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers Anwendung, soweit der Hersteller das Inverkehrbringen des Produktes

360

Vgl. hierzu die Anknüpfung beim Vertrag zugunsten Dritter, oben Kapitel 2 II. 2. c) aa). Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), Amtsblatt L 199 vom 31.7.2007, S. 40, ber. Amtsblatt L 310 vom 9.11.2012, S. 52. 362 Zur Anwendung des Art. 5 Rom II-​VO auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Endkunden Dutta, IPRax 2009, 293, 298. 361

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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in den von Art. 5 Abs., I S. 1 lit. a, b, c, Rom II-​VO genannten Staaten vernünftigerweise nicht voraussehen konnte. Eine außervertragliche Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter führt demnach dazu, dass sich die Voraussetzungen für die Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich und somit die Haftungsvoraussetzungen nach dem über Art. 5 Rom II-​VO zu bestimmenden Deliktsstatut bemessen.363 Doch wie verhält sich das für die Drittwirkungen maßgebliche Deliktsstatut zum Statut des Vertrages zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler? Dem Vertragsstatut ist die Antwort auf die Vorfrage zu entnehmen, ob zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist364. Die Haftung des Herstellers gegenüber dem Dritten wird jedoch gesondert vom Vertragsstatut angeknüpft365. Wird diesbezüglich das Deliktsstatut zur Anwendung gebracht, ist denkbar, dass ein Vertrag selbst dann Schutzwirkungen zugunsten des Endkunden entfalten kann, wenn sich das maßgebliche Vertragsstatut gegen eine Schutzwirkung zugunsten Dritter ausspricht.366 Wird die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung an das die Haftung begründende Rechtsverhältnis angeknüpft, ist bei einer außervertraglichen Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter das Deliktsstatut zur Anwendung zu bringen. Dementsprechend entscheidet in diesem Fall das über die Anknüpfungsleiter des Art. 5 Rom II-​VO zu bestimmende Sachrecht über die Bindung des vom Schutzbereich erfassten Endkunden an eine Schiedsvereinbarung. Schließt beispielsweise ein österreichischer Hersteller mit einem Zwischenhändler aus Deutschland einen Kaufvertrag einschließlich einer Schiedsvereinbarung, um seine Produkte in Deutschland zu vertreiben, findet mangels Rechtswahl gemäß Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO das österreichische Sachrecht auf den Kaufvertrag Anwendung. Über das wirksame Zustandekommen des Kaufvertrages entscheidet demnach das ABGB. Macht nun ein deutscher Endkunde geltend, der Vertrag zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler entfalte Schutzwirkungen zu seinen Gunsten und der Hersteller habe eine Schutzpflicht verletzt, könnte diesbezüglich die Zuständigkeit des Schiedsgerichts eröffnet sein. Bei einer außervertraglichen Anknüpfung verweist Art. 5 Abs. I S. 1 lit. a Rom II-​VO auf das deutsche Recht, da das Produkt dort in den Verkehr gebracht wurde und der Endkunde dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die deutschen Sachnormen entscheiden demnach über die Bindung des Dritten an die Schiedsvereinbarung, sodass die §§ 328 Abs. I, 334 BGB entsprechend zur Anwendung berufen werden. Im Ergebnis scheidet daher sowohl eine Bindung an die Schiedsvereinbarung, als auch ein drittschützender Anspruch des Endkunden aus, obwohl das für den 363

In diesem Sinne Dutta, 2009, 293, 298. Dutta, 2009, 293, 298. 365 Dutta, 2009, 293, 298. 366 Dutta, 2009, 293, 298. 364

172

2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Kaufvertrag maßgebliche österreichische Sachrecht eine materiellrechtliche Drittwirkung vorsieht367. cc) Exkurs: Die Action Directe Die Qualifikation der Action Directe ist im Anwendungsbereich des europäischen Kollisionsrechts vergleichbaren Schwierigkeiten ausgesetzt wie die Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Auf der einen Seite leitet der Endkunde mittels der Action Directe einen unmittelbaren Direktanspruch gegen weitere Personen der Vertragskette als dem Letztverkäufer aus dem Erstvertrag zwischen dem Hersteller und dem ersten Zwischenhändler ab. Lässt sich die Haftung unabhängig von der dogmatischen Einordnung der Action Directe auf das Vertragsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler zurückführen, könnte daher eine vertragliche Qualifikation geboten sein.368 Auf der anderen Seite war der Endkunde am Abschluss des Erstvertrages nicht beteiligt, sodass der Hersteller mit dem Endkunden keine unmittelbare bzw. in der Terminologie des EuGH „freiwillig eingegangene Verpflichtung“ eingegangen ist. Dementsprechend ist auch im Verhältnis des Endkunden gegenüber anderen Personen der Vertragskette als dem eigenen Vertragspartner kein Vertrag zustande gekommen. Da die Action Directe dem Endkunden ungeachtet dessen jedoch einen Direktanspruch gegen den Hersteller und andere Personen der Vertragskette eröffnet, könnte sie daher als außervertragliches Schuldverhältnis zu qualifizieren sein.369 Ähnlich wie beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kommt demnach sowohl eine vertragliche, als auch eine außervertragliche Qualifikation in Betracht, deren jeweilige Konsequenzen im Folgenden darzustellen sind. (1) Die außervertragliche Qualifikation Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen legt eine außervertragliche Qualifikation der Action Directe nahe. In der Refcomp-​Entscheidung370 wurde festgestellt, dass sich aus 367

Zur prozessualen Drittwirkung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im deutschen Recht oben Kapitel 2 II. 1. c) bb). Zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Österreich oben Kapitel 2 II. 1. c) bb) (1) (d). 368 Zur vertraglichen Qualifikation der Action Directe: Gebauer, IPRax 471, 474 f; Weller, IPRax 2013, 501, 502; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 308 m. w. N. Wohl auch Rauscher-​EuZPR / ​Mankowski, Brüssel Ia-​VO, Art. 25, Rn. 232. 369 Für eine außervertragliche Qualifikation der Action Directe insbesondere: Wahl, Vertragsansprüche Dritter, 208; Illmer, RabelsZ 73 (2009), 269, 283; Spickhoff, Die Produkthaftung im Europäischen Kollisions-​und Zivilverfahrensrecht, 679; BeckOGK / ​Müller, Rom II-​VO Art. 5, Rn. 27; Freitag, IPRax 2016, 418, 424; Staudinger / ​Magnus, ROM I-​VO Art. 1, Rn. 38. 370 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10 = RIW 2013, 316 ff.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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Art. 23 Abs. I EuGVVO a. F. [Art. 25 Abs. I EuGVVO n. F.] eindeutig ergebe, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung voraussetze, dass die Parteien ein Gericht „vereinbart“ haben371. Gerade diese Willensübereinstimmung zwischen den Parteien rechtfertige den Vorrang eines anderen Gerichts als desjenigen, das originär für die Entscheidung zuständig gewesen wäre.372 Der Hersteller sei mit dem End­kunden jedoch nicht vertraglich verbunden, sodass folglich keine „Vereinbarung“ betreffend die Entscheidungszuständigkeit zustande gekommen sei.373 Aus diesem Grund stellte der EuGH letztlich fest, dass „eine in dem Vertrag zwischen dem Hersteller eines Gegenstands und dem Erwerber vereinbarte Gerichtsstandsklausel dem späteren Erwerber, der diesen Gegenstand am Ende einer Kette von das Eigentum übertragenden Verträgen […] erworben hat und eine Haftungsklage gegen den Hersteller erheben möchte, nicht entgegengehalten werden kann, es sei denn, es steht fest, dass dieser Dritte der Klausel unter den in diesem Artikel [Art. 25 EuGVVO] genannten Bedingungen tatsächlich zugestimmt hat“374.

Wird diese Rechtsprechung auf die Bestimmung des anwendbaren Rechts übertragen, könnte im Anwendungsbereich des europäischen Kollisionsrechts eine außervertragliche Qualifikation der Action Directe geboten und die Anwendung der Art. 4 ff. Rom II-​VO vorgeschrieben sein. Nimmt der Endkunde den Hersteller wegen eines Schadens durch ein Produkt in Anspruch, bemessen sich die Drittwirkungen des Erstvertrages infolgedessen nach dem über Art. 5 Rom II-​VO ermittelten Sachrecht. Ist Bindung an die Schiedsvereinbarung nach dem die Haftung begründenden Rechtsverhältnis anzuknüpfen, ist daher für die Entscheidung über die Bindung des Endkunden ebenfalls das gemäß Art. 5 Rom II-​VO ermittelte Sachrecht zu befragen. Soweit der Endkunde seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hat und das Produkt dort in den Verkehr gebracht wurde, wird die Drittwirkung durch die Normen des französischen Sachrechts geregelt, die im Ergebnis zu einer Bindung an die Schiedsvereinbarung führen375. (2) Die vertragliche Qualifikation Wird die Action Directe vertraglich qualifiziert, entscheidet das Vertragsstatut darüber, ob eine Vertragskette vorliegt und ob dem Endkunden ein vertraglicher Direktanspruch gegenüber dem Hersteller zusteht. Im Hinblick auf die kollisionsrechtliche Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts für den Hersteller wird die Anknüpfung an das Vertragsstatut vorgeschlagen, welches den Erstvertrag des 371

Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 26 = RIW 2013, 316, 318. Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 26 = RIW 2013, 316, 318. 373 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 32 f. = RIW 2013, 316, 318. In diesem Zusammenhang verwies der EuGH auf die Handte-​Entscheidung: Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.06.1992, Rs. C-​26/91, Rn. 16. 374 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 41 = RIW 2013, 316, 319. 375 Zur prozessualen Drittwirkung der Action Direkte oben Kapitel 2 II. 1. c) cc) (2). 372

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Herstellers mit dem Zwischenhändler beherrscht.376 Daher bemessen sich die Direkt­ansprüche des Endkunden gemäß Art. 4 Abs. I lit. a, 12 Abs. I lit. b, c Rom I-​VO nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers377. Bei einer entsprechenden Anknüpfung an das Rechtsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler ist infolgedessen auch die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers zu beurteilen. d) Die Anknüpfung an das Rechtsverhältnis des Endkunden zum Zwischenhändler Zuletzt kommt in Betracht, die Bindung des Endkunden an das Statut anzuknüpfen, welches das Rechtsverhältnis zwischen dem Endkunden und dem Zwischenhändler beherrscht.378 Erwirbt der Endkunde vom Zwischenhändler ein Produkt, liegt dem Letztvertrag der Vertragskette ein Vertrag über den Kauf einer beweglichen Sache zugrunde, sodass nach Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Zwischenhändlers zur Anwendung kommt. Wird die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung nach dem Vertragsstatut des Endkunden im Verhältnis zum Zwischenhändler bemessen, richtet sich die Drittbindung demnach nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Zwischenhändlers. e) Stellungnahme Die zuletzt genannte Anknüpfung ist zurückzuweisen. Zwar entspricht die Anknüpfung an das Rechtsverhältnis des Endkunden zum Zwischenhändler insbesondere dem Interesse des Endkunden, sich keinem prorogierten Gerichtsstand oder der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts ausgesetzt zu sehen, die er im Verhältnis zu seinem eigenen Vertragspartner nicht abgeschlossen hat. Der Hersteller sieht sich jedoch seinerseits einer Inanspruchnahme durch jeden potenziellen Endkunden und damit einer für diesen nicht absehbaren Entscheidungszuständigkeit konfrontiert, wenn sich die Reichweite einer Zuständigkeitsvereinbarung nach dem jeweiligen Rechtsverhältnis eines jeden potenziellen Endkunden mit dem Zwischenhändler bemisst. Aus diesen Gründen ist diese Anknüpfung nicht geeignet, die Interessen der betroffenen Personen angemessen in Ausgleich zu bringen. Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut wird insbesondere dem Interesse des Herstellers gerecht, da der Hersteller am Abschluss der Schiedsver-

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Gebauer, IPRax 2001, 471, 475. Vgl. zur Anknüpfung an Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO bereits oben Kapitel 2 II. 2. c) aa). 378 Vgl. die Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut, oben Kapitel 2 I. 2. c). 377

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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einbarung unmittelbar beteiligt ist379. Entscheidet das am Sitz des Schiedsgerichts geltende Sachrecht über die Bindung von Dritten an die Schiedsvereinbarung, bemisst sich die Drittwirkung nach einer Rechtsordnung, die dem Hersteller im Zusammenhang mit der Schiedsvereinbarung bekannt und dessen Maßgeblichkeit er infolgedessen absehen konnte. Darüber hinaus wird mit Recht darauf verwiesen, dass bei der Bindung des Endkunden die Auslegung der Schiedsvereinbarung weiter von Relevanz ist.380 Jedoch darf die Bindung des Endkunden an eine zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande gekommene Schiedsvereinbarung nicht gegen den Willen der ursprünglichen Schiedsparteien verstoßen381. Anderenfalls sieht sich der Hersteller gegenüber dem Endkunden auch dann der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts ausgesetzt, wenn die Schiedsparteien eine höchstpersönliche Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben382. Die Bindung des Endkunden ist aus diesem Grund abhängig von einem entsprechenden Bindungswillen der ursprünglichen Schiedsparteien. Die Feststellung, ob es dem Willen der Schiedsparteien entspricht, den Endkunden an die Schiedsvereinbarung zu binden, betrifft die Auslegung der Schiedsvereinbarung, sodass hierfür das Schiedsvereinbarungsstatut zu ermitteln und das maßgebliche Sachrecht zur Anwendung zu bringen ist383. Sind infolgedessen die Drittwirkungen der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette ebenfalls an das Schiedsvereinbarungsstatut anzuknüpfen? Diese Frage ist zu verneinen. Die Diskussion über die Bestimmung des für die Drittwirkungen der Zession maßgeblichen Rechts konnte bereits zeigen, dass die Anknüpfung der Drittwirkungen an das Schiedsvereinbarungsstatut mit erheblichen Nachteilen verbunden ist384. Bemisst sich die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung nach dem Schiedsvereinbarungsstatut und unterscheidet sich dieses vom im Verhältnis zwischen den Schiedsparteien maßgeblichen Vertragsstatut, kann es dazu kommen, dass das Vertragsstatut dem Dritten einen Direktanspruch gegen die Schiedsparteien zuspricht, das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut jedoch keine Bindung des Dritten an die Schiedsvereinbarung vorsieht, obwohl es dem Willen der Schiedsparteien entsprach, jeden, der Ansprüche aus dem Vertrag ableitet, an die Schiedsvereinbarung zu binden. Aus diesem Grund ist die Frage, ob der Dritte von den subjektiven Wirkungen der Schiedsvereinbarung erfasst wird, gesondert vom Schiedsvereinbarungsstatut anzuknüpfen.

379

Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 2 I. 2. b). Vgl. Born, Arbitration I, 1459. 381 Vgl. zur Rückbindung an den Parteiwillen bereits oben Kapitel 2 I. 1. c) und Kapitel 2 II. 1. c) aa) (2) (d). 382 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Kapitel 2 I. 1. c). 383 Hierzu bereits oben Kapitel 2 I. 2. e) bb). 384 Zu den Nachteilen einer Sitzanknüpfung insbesondere oben Kapitel 2 I. 2. a) bb). 380

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

aa) Die Vorteile einer Anknüpfung an den Erstvertrag Vorzugswürdig ist es, die Drittwirkungen der Schiedsvereinbarung an das Statut anzuknüpfen, das auf das Rechtsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler anzuwenden ist. Leitet sich der Direktanspruch aus einem zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossenen Vertrag ab, ist daher an das diesen Vertrag beherrschende Vertragsstatut anzuknüpfen. Sieht ein zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande gekommener unselbstständiger Garantievertrag vor, dass sich die Produktgarantie neben dem Zwischenhändler auf den Endkunden erstrecken soll, liegt ein Vertrag zugunsten des Endkunden vor. Der zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossene Garantievertrag bemisst sich infolgedessen gemäß Art. 4 Abs. II Rom I-​VO nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers. Sind sowohl die materiellrechtlichen Drittwirkungen als auch die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach dem Vertragsstatut zu bemessen, welches den selbstständigen Garantievertrag im Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler beherrscht, wird die kollisionsrechtliche Vorhersehbarkeit für den Hersteller gewährleistet.385 Dem Hersteller ist das Recht an seinem gewöhnlichen Aufenthalt bekannt, sodass dieser das mit dem Vertragsschluss verbundene Haftungsrisiko und die eigene Gerichtspflichtigkeit gegenüber jedem potenziellen Anspruchsgläubiger des Garantievertrages absehen kann. Auf der anderen Seite werden jedoch auch die Interessen des Endkunden, der sich auf Ansprüche aus dem Garantievertrag beruft, hinreichend gewahrt, da der gewöhnliche Aufenthalt des Herstellers im Sinne des Art. 19 Rom I-​VO für den Endkunden erkennbar ist. Neben dem Vertrag zugunsten Dritter sind auch die Drittwirkungen der Action Directe vorzugswürdig an das Vertragsstatut anzuknüpfen, welches das Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler beherrscht.386 Für eine entsprechende Qualifikation lässt sich eine am Leistungsinteresse des Gläubigers ausgerichtete Abgrenzung zwischen vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnissen vornehmen.387 Ist das Leistungsinteresse des Anspruchsgläubigers auf den Schutz seines Integritätsinteresses gerichtet, handelt es sich demnach um einen außervertraglichen Anspruch.388 Wird hingegen die Mehrung des Gläubigervermögens behindert oder beeinträchtigt, lassen sich die aus dem Rechtsverhältnis abgeleiteten Ansprüche vertraglich einordnen.389 Letzteres trifft 385

Vgl. Gebauer, IPRax 2001, 471, 474. Vgl. Martiny ZeuP 2008, 84: „Man kann aber nicht allein auf den Subunternehmervertrag abstellen, da der Auftraggeber an ihm nicht beteiligt ist und er andernfalls mit einem für ihn fremden Recht konfrontiert werden könnte“. 386 Für die Action Directe Gebauer, IPRax 2001, 471, 474; vgl. Martiny ZeuP 2008, 84. 387 Bar, IPR II, Rn. 556. Kritisch: Jungemeyer, Durchgriffsrechte in Lieferketten, 183 f. 388 Bar, IPR II, Rn. 556. Für die Action Directé ebenso auf das Äquivalenzinteresse abstellend und daher eine außervertragliche Qualifikation annehmend: Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 357. 389 Bar, IPR II, Rn. 556.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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sowohl für den Vertrag zugunsten Dritter, als auch die Action Directe zu.390 Diese eröffnen dem Anspruchsgläubiger einen auf das Äquivalenzinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch, der sich aus dem Vertragsverhältnis des Herstellers mit dem Zwischenhändler ableitet. Nimmt der Endkunde den Hersteller eines fehlerhaften Produktes in Anspruch, ist der Endkunde daran interessiert ein fehlerfreies Produkt zu erhalten und rügt eine Schlechtleistung des Herstellers.391 Daher ist das Leistungsinteresse des Endkunden nicht darauf beschränkt, sich beim Hersteller für eine Schädigung seines bereits bestehenden Vermögens schadlos zu halten392. Doch wie ist der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu qualifizieren? Schutzpflichten sind auf das Integritätsinteresse gerichtet, sodass dementsprechend eine außervertragliche Qualifikation geboten und den Vertretern einer außervertraglichen Qualifikation393 entsprechend zuzustimmen ist. Dies führt dazu, dass sich die materiellrechtlichen und prozessualen Drittwirkungen bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nach dem über die Art. 4 ff. Rom II-​VO ermittelten Sachrecht bemessen394. Das hierüber ermittelte Sachrecht kann jedoch von dem für den Vertrag zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler maßgeblichen Sachrecht abweichen. Deshalb kann die Situation eintreten, dass zwar das für den Vertrag zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler maßgebliche Sachrecht eine Bindung des Dritten vorsieht, die Bindung des Endkunden jedoch infolge einer außervertraglichen Qualifikation letztlich nicht eintritt, da das über die Art. 4 ff. Rom II-​VO ermittelte Sachrecht sich gegen eine prozessuale Drittwirkung ausspricht. Auf den ersten Blick führt eine außervertragliche Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter aus Perspektive des Herstellers zu identischen Problemen, wie eine Anknüpfung an das Rechtsverhältnis des Endkunden mit dem Zwischenhändler, da sich die Drittwirkungen nach einer anderen Rechtsordnung bemessen, als der Vertrag mit dem Zwischenhändler. Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch darin, dass die Kollisionsnorm des Art. 5 Rom II-​VO den Interessen des Herstellers an der Vorhersehbarkeit des anwendbaren Sachrechts dahingehend Rechnung trägt, dass der Hersteller das Inverkehrbringen des Produktes in dem Staat, in dem der Endkunde seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vernünftigerweise vorhersehen konnte. Die Drittwirkungen des Vertrages mit dem Zwischenhändler richten sich daher nach keiner Rechtsordnung, deren Maßgeblichkeit der Hersteller bei Vertragsschluss nicht absehen konnte.

390 Vgl. Gebauer, IPRax 2001, 471, 474; Weller, IPRax 2013, 501, 503; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 357. 391 Vgl. Gebauer, IPRax 2001, 471, 474; Weller, IPRax 2013, 501, 503. 392 Vgl. Gebauer, IPRax 2001, 471, 474; Weller, IPRax 2013, 501, 503. 393 MüKo / ​Martiny, Art. 1, Rn. 16; Dutta, IPRax 2009, 293, 294 f. 394 Vgl. Dutta, IPRax 2009, 293, 297.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

bb) Die Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung zur Gerichtsstandsvereinbarung Die Rechtsprechung des EuGH zur Gerichtsstandsvereinbarung kann nicht gegen eine vertragliche Qualifikation angeführt werden.395 Zunächst herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Feststellungen zu Tatbestandsmerkmalen der EuGVVO nicht zwingend auf alle Rechtsakte der Europäischen Union zu übertragen sind und die Auslegung der Rom II-​VO bzw. der Rom I-​VO infolgedessen im Verhältnis zur EuGVVO autonom zu erfolgen hat396. In der Handte-​Entscheidung hat der EuGH die Maßgeblichkeit des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ [Art. 7 Nr. 1 EuGVVO] für eine Klage des Endkunden gegenüber dem Hersteller verneint397. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass die Maßgeblichkeit des Gerichtsstandes am Erfüllungsort des Erstvertrages zwischen dem Hersteller und Zwischenhändler für den Endkunden „nicht vorhersehbar und deshalb mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar“ sei398. Werden die Direktansprüche des Endkunden vertraglich qualifiziert und die Drittwirkungen an dem für den Vertrag des Herstellers mit dem Zwischenhändler maßgeblichen Vertragsstatut angeknüpft, kommt das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers zur Anwendung. Das am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers geltende Recht ist für den Endkunden jedoch vorhersehbar, sodass der Grundsatz der Rechtssicherheit nicht gegen eine vertragliche Qualifikation vorgebracht werden kann. In der Refcomp-​Entscheidung stellte der EuGH fest, dass die Erstreckung einer Gerichtsstandsvereinbarung auf den Endkunden eine tatsächliche Willenseinigung der Parteien voraussetze und der Endkunde einer Gerichtsstandsvereinbarung demnach zustimmen müsse399. Unter Verweis auf die Entscheidungen „Tilly Russ“400 und „Coreck Maritime“401 hat die Refcomp-​Entscheidung jedoch eine Ausnahme vom Zustimmungserfordernis des Endkunden anerkannt, soweit dieser

395

A. A. Dutta, IPRax 2009, 293, 295, der aus der Rechtsprechung des EuGH zum Gerichtsstand des Erfüllungsortes auf eine außervertragliche Qualifikation des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter schließt. 396 Gebauer, IPRax 2001, 471, 474; Dutta, IPRax 2009, 293, 295; vgl. Generalanwalt Jakobs, Schlussanträge 04.02.1992, Rs. C-​26/91 Rn. 23; vgl. Generalanwältin Kokott, Schlussanträge 20.09.2007, Rs. C-​435/06, Rn. 38 und dieser im Ergebnis folgend Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 27.11.2007, Rs. C-​435/06, Rn. 38. Selbst die Feststellungen zu Art. 5 EuGVVO lassen sich nur eingeschränkt auf Art. 23 EuGVVO übertragen. Vgl. Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge 18.10.2010, Rs. C-​543/10, Rn. 63: „[…] die Definition des Begriffs ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘ im Sinn von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, so wie sie dem Urteil Handte zu entnehmen ist, [hat] keine direkten Auswirkungen auf die Auslegung von Art. 23 der genannten Verordnung […]“. 397 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.06.1992, Rs. C-​26/91, Rn. 22. 398 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.06.1992, Rs. C-​26/91, Rn. 19. 399 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 26 = RIW 2013, 316, 318. 400 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 19.06.1984, Rs. 71/83. 401 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-​387/98.

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

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in sämtliche Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers eintritt402. Bei einer Vertragskette sei dies jedoch nicht der Fall, da „die vertraglichen Ansprüche, die der spätere Erwerber gegen den unmittelbaren Verkäufer geltend machen kann, nicht notwendigerweise dieselben sind wie die, die der Hersteller in seinen Beziehungen zum ersten Käufer vereinbart hat“403. Dementsprechend lehnte der EuGH die Erstreckung einer Gerichtsstandsvereinbarung auf den Endkunden als Gläubiger der Action Directe ab404. Welche Rückschlüsse lassen sich jedoch nun aus der Refcomp-​Entscheidung für die Ermittlung des für die Drittwirkungen maßgeblichen Rechts schließen? Aus der Urteilsbegründung lassen sich zwei allgemeine, voneinander unabhängige Legitimationsgründe zur Bindung eines Dritten an die Gerichtsstandsvereinbarung ableiten405. Ein erster Legitimationsgrund liegt in der Zustimmung des Dritten, sich der im Erstvertrag enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung zu unterwerfen406. Der zweite Legitimationsgrund liegt im Eintritt des Dritten in die Rechtsstellung einer Partei der Gerichtsstandsvereinbarung407. Die Feststellung, ob der Dritte in sämtliche Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers eintritt, kann jedoch nicht autonom innerhalb der EuGVVO, sondern nur nach dem im Einzelfall anwendbaren Recht bestimmt werden.408 Dies wird insbesondere in der Refcomp-​Entscheidung deutlich, da der EuGH die Feststellung, dass eine Vertragskette nicht zu einem Eintritt des Endkunden in alle Rechte und Pflichten des Zwischenhändlers führt, nicht ohne Rückgriff auf ein nationales Sachrecht treffen konnte.409 Ungeachtet dessen sprechen sich insbesondere die der Entscheidung vorangegangenen Schlussanträge gegen die Anwendung des Kollisionsrechts zur Bestimmung der Drittwirkungen aus. In seinen Schlussanträgen betont Generalanwalt Jääskinen, dass die Erwägungsgründe der EuGVVO410 eine Voraussehbarkeit der Gerichtszuständigkeit anstreben und somit insbesondere bei Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung die Rechtssicherheit aller an einem Rechtsstreit beteiligten Parteien zu gewährleisten sei.411 Der Hersteller habe eine Gerichtsstandsvereinbarung abgeschlossen, um vorhersehen zu können, vor welchem Gericht er mit Hinblick auf den mit dem seinem Vertragspartner abgeschlossenen Vertrag verklagt werden könnte.412 Andererseits habe der Endkunde 402 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 34: „In einem solchen Fall muss das angerufene Gericht nicht prüfen, ob der Dritte der Klausel zugestimmt hat“. 403 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 37. 404 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 41. 405 Weller, IPRax 2013, 501, 504. Ebenso Reuter, Die Qualifikation der Haftung des falsus procurator, 369. 406 Hierzu Weller, IPRax 2013, 501, 504. 407 Weller, IPRax 2013, 501, 504. 408 Gebauer, Relativität und Drittwirkung, 329 f.; Weller IPRax 2013, 501, 504 f.; Reuter, Die Qualifikation des falsus procurator, 369. 409 So bereits Reuter, Die Qualifikation des falsus procurator, 369. 410 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 15 der EuGVVO: „Die Zuständigkeitsvorschriften sollten in hohem Maße vorhersehbar sein […]“. 411 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge 18.10.2010, Rs. C-​543/10, Rn. 48. 412 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge 18.10.2010, Rs. C-​543/10, Rn. 49.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

den die Gerichtsstandsvereinbarung enthaltenen Vertrag nicht abgeschlossen und müsse von der Gerichtsstandsvereinbarung daher vernünftigerweise so lange keine Kenntnis haben, bis ihm diese entsprechend vorgehalten wird.413 Verstehe man das Erfordernis der Vorhersehbarkeit unabhängig vom Standpunkt der am Rechtsstreit beteiligten Parteien, würde der Rückgriff auf das Kollisionsrecht zur Bestimmung der prozessualen Drittwirkung die Vorhersehbarkeit beeinträchtigen.414 Bemesse sich die Drittwirkung nach dem im Einzelfall anwendbaren Recht, entstehe „ein Quell der Komplikationen und Ungewissheiten“415. Dieser Begründung hat sich die Entscheidung des EuGH angeschlossen.416 Zu Recht wird hiergegen jedoch vorgebracht, dass die abstrakt-​generelle Regel, die Drittwirkungen nach der den Erstvertrag beherrschenden lex causae zu bemessen, präzise bestimmt und daher nicht zu Ungewissheiten führt.417 Ist die Feststellung, ob der Endkunde in die Rechte und Pflichten des Zwischenhändlers eingetreten ist, nach dem für den Erstvertrag maßgeblichen Recht zu bestimmen, lassen sich die von Generalanwalt Jääskinen angeführten Argumente für die Qualifikation der Action Directe und des Vertrages zugunsten Dritter ins Felde führen. Eine außervertragliche Qualifikation führt zur Maßgeblichkeit des Art. 5 Rom II-​VO, sodass die Drittwirkungen im Verhältnis zu jedem potenziellen Endkunden nach der in dieser Bestimmung enthaltenen Anknüpfungsleiter zu bestimmen sind. Aus Perspektive des Herstellers kann die Entscheidung über die Bindung an die Gerichtsstandsvereinbarung damit für jeden Endkunden anders ausfallen. Dieses Ergebnis führt zu den beschriebenen Rechtsunsicherheiten und wird durch eine vertragliche Qualifikation entsprechend vermieden, da alle Personen der Vertragskette das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers absehen können. Darüber hinaus lässt sich eine vertragliche Qualifikation des Vertrages zugunsten Dritter und der Action Directe mit dem europäischen Kollisionsrecht der Produkthaftung vereinbaren. Der Anwendungsbereich der Rom II-​VO und der Kollisionsnorm des Art. 5 Rom II-​VO ist nach der hier vertretenen Auffassung stets dann eröffnet, wenn ein auf das Integritätsinteresse des Endkunden ausgerichteter Anspruch betroffen ist. Insbesondere Mangelfolgeschäden, wie beispielsweise 413

Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge 18.10.2010, Rs. C-​543/10, Rn. 49. Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge 18.10.2010, Rs. C-​543/10, Rn. 50. 415 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge 18.10.2010, Rs. C-​543/10, Rn. 50 f. 416 Werde für die Drittwirkung auf das nationale Recht verwiesen, „würde das Ziel einer Vereinheitlichung der Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit, das die Verordnung gemäß ihrem zweiten Erwägungsgrund verfolgt, beeinträchtigt. Eine solche Verweisung auf das nationale Recht würde auch zu Unsicherheiten führen, was unvereinbar wäre mit dem Bestreben, die Vorhersehbarkeit auf dem Gebiet der gerichtlichen Zuständigkeit sicherzustellen, bei der es sich, wie im elften Erwägungsgrund der Verordnung ausgeführt, um eines der Ziele der Verordnung handelt“, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 07.02.2013, C-​543/10, Rn. 39. 417 Weller, IPRax 2013, 501, 504 f. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die EuGVVO zur Bestimmung des vereinbarten Erfüllungsortes nach Art. 7 Abs. I EuGVVO ebenfalls auf die jeweilige lex causae verweist. Ebenso Reuter, Die Qualifikation des falsus procurator, 370. 414

II. Die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette  

181

eine durch das Produkt verursachte Gesundheitsschädigung betreffen die Wiederherstellung des Vermögenszustandes, der vor dem Erwerb des Produktes bestand und sind demnach auf das Integritätsinteresse des Endkunden ausgerichtet. Infolgedessen ist für diese Ansprüche die Kollisionsnorm des Art. 5 Rom II-​VO zur Anwendung zu bringen. Betrifft der Anspruch hingegen das Äquivalenzinteresse des Endkunden, ist eine vertragliche Qualifikation geboten, an das für den Erstvertrag maßgebliche Vertragsstatut anzuknüpfen und das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers anzuwenden. cc) Die Bildung einer maßgeblichen Kollisionsregel Da es an einer ausdrücklichen Kollisionsregel zur Bestimmung eines maßgeblichen Sachrechts betreffend die Bindung des Endkunden an eine in der Vertragskette zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung fehlt, ist eine solche auch hier rechtsfortbildend zu entwickeln. Die vorausgehende Analyse des deutschen und österreichischen Sachrechts konnte zeigen, dass der Übergang einer zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler zustande gekommenen Schiedsvereinbarung auf den Endkunden auf unterschiedliche Rechtsinstitute wie einem Vertrag zugunsten Dritter oder einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zurückgehen kann. Ferner hat sich gezeigt, dass die kollisionsrechtliche Behandlung dieser Rechtsinstitute auf Ebene des europäischen Kollisionsrechts im Hinblick auf die Qualifikation umstritten ist. Letztlich führt für beide Rechtsinstitute eine Anknüpfung an das die Haftung begründende Rechtsverhältnis zu einem weitgehenden Interessensausgleich. Es konnte gezeigt werden, dass für den Vertrag zugunsten Dritter eine vertragliche Qualifikation zu befürworten ist. Somit wird vorgeschlagen, zur Bestimmung des für die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Sachrechts, die Kollisionsnorm des Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO entsprechend zur Anwendung zu bringen, soweit das Leistungsinteresse des Dritten auf das Äquivalenzinteresse ausgerichtet ist418. Wird die Kollisionsnorm des Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO entsprechend herangezogen, entscheidet das am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers geltende Sachrecht darüber, ob der Endkunde an eine im Verhältnis zum Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Der Vorteil einer entsprechenden Anknüpfung besteht darin, dass sich ein Gleichlauf zu dem für das Rechtsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler maßgeblichen Sachrecht herstellen lässt. Ferner ist sowohl für den Hersteller, als auch für den Zwischenhändler und Endkunden das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers im Vorfeld des Vertragsschlusses erkennbar. Dementsprechend können alle beteiligten Personen absehen, nach welchem Sach 418 Entsprechendes muss nach der hier vertretenen Auffassung auch für die Action Directe gelten.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

recht sich die Frage bemisst, ob eine vom Hersteller mit dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung auf den Endkunden übertragen wird. Bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist das Leistungsinteresse des Endkunden auf das Integritätsinteresse ausgerichtet. Daher wird eine außervertragliche Qualifikation mit entsprechender Anknüpfung an Art. 5 Rom II-​VO vorgeschlagen. Richtet sich die Bindung des Endkunden nach dem die Dritthaftung begründenden Rechtsverhältnis, wird erneut ein Gleichlauf zwischen materiellrechtlicher und prozessualer Drittwirkung hergestellt und ein Auseinanderfallen zwischen Dritthaftung und Drittbindung wird auf Ebene des Kollisionsrechts vermieden. f) Zwischenergebnis Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut muss mit Blick auf die hiermit verbundenen Nachteile ausscheiden, sodass das für den Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Endkunden einer Vertragskette maßgebliche Recht im Wege einer Sonderanknüpfung zu ermitteln ist. Die Anknüpfung an das Rechtsverhältnis des Endkunden zum Zwischenhändler ist nicht geeignet, die Interessen der betroffenen Personen hinreichend zu berücksichtigen, sodass eine Anknüpfung an das die Dritthaftung begründende Rechtsverhältnis vorzunehmen ist. Die Betrachtung des Sachrechts konnte zeigen, dass die Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung grundsätzlich auf einen Vertrag zugunsten Dritter oder einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zurückgeführt werden kann. Ähnlich wie bei der Zession wird infolge der sachrechtlichen Regelung daher vorgeschlagen, den Übergang der Schiedsvereinbarung entweder nach dem für den Vertrag zugunsten Dritter oder dem für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter maßgeblichen Sachrecht zu bemessen. Diesbezüglich hat sich gezeigt, dass für den Vertrag zugunsten Dritter eine vertragliche Qualifikation zu befürworten und demnach die Kollisionsnormen der Rom I-​VO entsprechend zur Anwendung zu bringen sind. Um einen Gleichlauf zwischen der Bindung des Endkunden an die Schiedsvereinbarung und dem für die Ansprüche des Endkunden maßgeblichen Sachrechts herzustellen, wird für den Vertrag zugunsten Dritter die entsprechende Anwendung des Art. 4 Abs. I lit. a Rom I-​VO vorgeschlagen. Infolgedessen entscheidet das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers darüber, ob eine zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossene Schiedsvereinbarung den Endkunden bindet. Für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wird die entsprechende Anwendung des Art. 5 Rom II-​VO vorgeschlagen, sodass im Regelfall das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Endkunden über die Bindung entscheidet. Wird die Prüfung in drei Schritten auf die Reichweite der Schiedsvereinbarung in einer Vertragskette übertragen, ist innerhalb des ersten Schrittes zu prüfen, ob zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler eine wirksame Schiedsvereinbarung entstanden ist. Diesbezüglich ist das Schiedsvereinbarungsstatut zur An-

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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wendung zu bringen. Anschließend ist innerhalb des zweiten Schrittes ist danach zu fragen, ob die Schiedsvereinbarung infolge der gesetzlichen Bestimmungen des Vertrages zugunsten Dritter (des Endkunden) oder eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (des Endkunden) bzw. einer Action Directe auf den Endkunden übergegangen ist. Sieht das für die Dritthaftung maßgebliche Sachrecht einen Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Endkunden vor, ist im dritten Schritt zu prüfen, ob dieser Übergang dem Willen der Schiedsparteien entspricht. Für die Auslegung der Schiedsvereinbarung ist erneut das Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen. Ist die Bindung des Endkunden mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung vereinbar, wird der Endkunde letztlich an die im Erstvertrag der Vertragskette enthaltene Schiedsvereinbarung gebunden und hat sich zur Durchsetzung der aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler hervorgehenden Ansprüche an das Schiedsgericht zu wenden.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung Die Fähigkeit von Gesellschaften, selbst Träger von Rechten und Pflichten zu sein, ermöglicht es insbesondere Großkonzernen, die Haftung für Verbindlichkeiten des Konzerns auf einzelne konzernzugehörige Gesellschaften zu beschränken. Unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger einer konzernzugehörigen Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft zugreifen können und ob für die Inanspruchnahme der Muttergesellschaft eine mit der Tochtergesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung zu berücksichtigen ist, bildet insbesondere seit der Dow-​Chemical-​Entscheidung419 den Gegenstand eines umfassenden Meinungsstreits in der Literatur und Rechtsprechung420. Vergleichbar zur Streitigkeit über die Erstreckung einer Schiedsvereinbarung auf konzernzugehörige Gesellschaften stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Gesellschaftsgläubiger auf die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter zugreifen können. Besteht zwischen den Gesellschaftsgläubigern und der Gesellschaft eine Schiedsvereinbarung betreffend die Gesellschaftsverbindlichkeit, stellt sich jedoch die Frage, ob sich die Gesellschaftsgläubiger gegenüber den Gesellschaftern ebenfalls vor dem Schiedsgericht auseinandersetzen müssen. Dieser Fragestellung soll im Folgenden sowohl für das Verhältnis der Gesellschaftsgläubiger zu den persönlich haftenden Gesellschaftern einer Perso-

419

Dow Chemical v Isover Saint Gobain, ICC Fall Nr. 4131, abgedruckt in: Y. C. A. Vol. IX (1984), 131. 420 Der Streit um die Bindung konzernzugehöriger Unternehmen an die Schiedsvereinbarung wird unter den Stichworten „Group of Companies Doctrine“ oder „piercing the corporate veil“ geführt, die jeweils zur Begründung einer entsprechenden Erstreckung der Schiedsvereinbarung herangezogen werden. Umfassend hierzu statt vieler Born, Arbitration I, 1444 ff.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

nenhandelsgesellschaft, als auch für das Verhältnis zu den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft nachgegangen werden421.

1. Die Wirkung der Schiedsvereinbarung einer Personenhandelsgesellschaft gegenüber ihren persönlich haftenden Gesellschaftern Personenhandelsgesellschaften nehmen am Rechtsverkehr teil und gehen hierbei vertragliche Verpflichtungen mit Dritten ein. Gemäß dem Grundsatz der akzessorischen Gesellschafterhaftung haften die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft gemäß § 128 S. 1 HGB neben der Gesellschaft unmittelbar und persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Bei aufkommenden Streitigkeiten kann der Gläubiger demnach die Gesellschafter einer OGH, oder, gemäß den §§ 161 Abs. II, 128 HGB, die Komplementäre einer KG, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch nehmen. Hat der Gläubiger mit der Gesellschaft eine wirksame Schiedsvereinbarung abgeschlossen, kann sich die Frage stellen, ob sich der Gläubiger bei einer Inanspruchnahme der persönlich haftenden Gesellschafter ebenfalls an das mit der Gesellschaft vereinbarte Schiedsgericht zu wenden hat. Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts könnte für die Feststellung und Durchsetzung von Ansprüchen der Gläubiger gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern422 oder für negative Feststellungsklagen der Gesellschafter gegenüber den Gläubigern eröffnet sein. Im umgekehrten Verhältnis kann sich die Frage stellen, ob sich die Gesellschafter für Leistungsklagen gerichtet auf die Durchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaft gegenüber den Vertragspartnern der Gesellschaft ebenfalls an ein Schiedsgericht zu wenden haben.423 Wird die Bindung der persönlich haftenden Gesellschafter an eine zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschaftsgläubiger abgeschlossene Schiedsvereinbarung abgelehnt, müssten die Gläubiger der Gesellschaft neben einem Gesellschaftsprozess vor dem Schiedsgericht einen Gesellschafterprozess vor dem jeweils zuständigen staatlichen Gericht führen. Diese Rechtswegaufspaltung stellt dem Entscheidungseinklang sowie die effektive, vorhersehbare und kostengünstige Rechtsdurchsetzung in Frage und steht damit im Widerspruch zu den Vorteilen der Schiedsgerichtsbarkeit.424 421

Die Untersuchung beschränkt sich somit auf die Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, sodass insbesondere Ansprüche wie beispielsweise § 64 S. 1 GmbHG von der Untersuchung ausgenommen werden. Zur Reichweite der Schiedsvereinbarung bei Organhaftung, Beschlussmängelstreitigkeiten, Abberufung oder Ähnlichem, umfassend: Schlüter, Schiedsbindung von Organmitgliedern. 422 So genannte Passivprozesse. 423 So genannte Aktivprozesse. 424 In diesem Sinne Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424; vgl. Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 494.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

185

Für die Gesellschaftsgläubiger hat die Bindung der Gesellschafter den Vorteil, sich neben dem Schiedsgericht nicht an ein staatliches Gericht wenden zu müssen. Ferner kann dem Gesellschaftsgläubiger die Person der einzelnen Gesellschafter unbekannt sein, sodass der Gesellschaftsgläubiger, soweit lediglich ein Beklagtengerichtsstand eröffnet ist, der Gefahr ausgesetzt ist, vor den Gerichten einer nicht absehbaren Rechtsordnung gegen den Gesellschafter vorgehen zu müssen. Die Bindung des Gesellschafters entspricht daher insbesondere dem Interesse der Gesellschaftsgläubiger. Im Regelfall wird die Schiedsvereinbarung jedoch zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern abgeschlossen, sodass der einzelne Gesellschafter selbst im Zweifel am Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar beteiligt ist. Den Vorteilen einer vereinfachten Rechtsdurchsetzung und Vorhersehbarkeit, die eine „Einheitslösung“425 für die Gläubiger der Gesellschaft hat, steht daher das Interesse der einzelnen Gesellschafter entgegen, nicht an eine Vereinbarung gebunden zu werden, welche diese weder selbst noch durch einen Vertreter abgeschlossen haben. Trotz der weitreichenden Folgen für die Gesellschafter entspricht es der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, dass die persönlich haftenden Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft an eine zwischen der Gesellschaft und einem Dritten abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden.426 Auch für die persönlich haftenden Gesellschafter einer GbR wird eine entsprechende Bindungswirkung angenommen.427 Lediglich gegenüber den Kommanditisten einer KG entfalte die Schiedsvereinbarung keine bindende Wirkung.428 Das Zehnte Buch der ZPO enthält keine Bestimmung, ob und inwieweit der persönlich haftende Gesellschafter an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Die unterschiedlichen Begründungen für eine Bindung der persönlich haftenden Gesellschafter an eine zwischen der Gesellschaft und einem Drittgläubiger zustande gekommene Schiedsvereinbarung lassen sich danach unterscheiden, ob die Bindung auf den eigenständigen Abschluss einer Schiedsvereinbarung eines jeden Gesellschafters oder auf eine Bindung der einzelnen Gesellschafter an eine von der Gesellschaft abgeschlossenen Schiedsvereinbarung zurückgeführt wird. 425

Zum Begriff der Einheitslösung Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 494. 426 Zur Bindung bereits Jacusiel, LZ 1930, 1143, 1148 m. w. N. Aus der neueren Literatur mit umfassenden Literaturhinweisen: Massuras, Dogmatische Strukturen, 144; Stein / ​Jonas / ​ Schlosser, § 1029, Rn. 79; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 324; Schütze / ​Tscherning / ​Wais, Handbuch, 31.  A. A. Prütting / ​Gehrlein / ​Prütting, § 1029, Rn. 8; Habersack, Schiedsvereinbarung und akzessorische Haftung, 165. 427 Wiegand, SchiedsVZ 2003, 52, 58; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 65; Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 142; Wieczorek / ​Schütze / ​Schütze, § 1029, Rn. 51. 428 Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 64 m. w. N.; vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

a) Das Zustandekommen einer vertraglichen Sonderverbindung zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und dem Dritten Kommt im Verhältnis zwischen dem Dritten und den persönlich haftenden Gesellschafter eine (unmittelbare)  Schiedsvereinbarung zustande, sind die Gesell­ schafter an diese Schiedsvereinbarung gebunden. Im Wesentlichen sind zwei Möglichkeiten denkbar, wonach zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft und dem Dritten eine unmittelbare Vereinbarung zustande kommen kann. Zunächst ist denkbar, dass sich eine unmittelbare Verpflichtung der Gesellschafter und damit eine Bindung an die Schiedsvereinbarung bereits aus der Rechtsnatur der Personengesellschaft ableiten lässt.429 Sind die persönlich haftenden Gesellschafter die Träger der zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Verpflichtungen, werden die Gesellschafter durch den Abschluss einer Schiedsvereinbarung zwischen der Gesellschaft und einem Drittem automatisch selbst Vertragspartner und damit an die Schiedsvereinbarung gebunden.430 Die Auffassung, dass das Gesellschaftsvermögen nur ein Sondervermögen der Gesellschafter mit der Fähigkeit zur selbstständigen Rechtsträgerschaft ist431, kann inzwischen jedoch als überwunden gelten432. Die Gesellschaft wird vielmehr als ein eigenständiger von den Gesellschaftern zu unterscheidender Rechtsträger angesehen.433 Ist die Identität von Gesellschaftern und Gesellschaft, sowie die damit einhergehende Identität von Gesellschafts-​und Gesellschafterschuld abzulehnen, werden die Gesellschafter nicht unmittelbar selbst Vertragspartner und infolgedessen nicht unmittelbar an die Schiedsvereinbarung gebunden.434 Aufgrund der inzwischen weitgehend anerkannten eigenständigen Rechtssubjektivität lässt sich aus der Rechtsnatur der Personengesellschaft daher keine Bindung der Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung ableiten.435 Dies muss seit der Anerkennung der eigenständigen Rechts-

429

Vgl. Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 501. 430 Mit Verweis auf § 129 Abs. 4 HGB wird die Bindung der Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung auch bei Annahme eines Sondervermögens der Gesellschafter kritisch gesehen, Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 502. 431 So insbesondere die ältere Rechtsprechung: Bundesgerichtshof, Urt. v. 16.02.1961, III ZR 71/60 = BGHZ 34, 293, 296 f.; Bundesgerichtshof, Urt. v. 24.01.1990, IV ZR 270/88 = BGHZ 110, 127, 128 f. 432 Vgl. Henssler / ​Strohn / ​Seitz, HGB § 124, Rn. 2. 433 Vgl. MüKoHGB / ​Schmidt, § 124, Rn. 2, m. w. N.; vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 05.03.2008, IV ZR 89/07 = NJW 2008, 1737, 1738. 434 Weber / ​Schlabrendorff, Die Erstreckung von Schiedsabreden auf ihre Gesellschafter, 483. 435 Vgl. Habersack, SchiedsVZ 2003, 241, 246. Zur Bindung der Gesellschafter einer OHG an die Schiedsvereinbarung: Baumbach / ​Hopt / ​Roth, HGB § 128, Rn. 40 m. w. N.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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subjektivität durch den Bundesgerichtshof neben der OHG daher entsprechend für die GbR gelten.436 Als zweite Möglichkeit kommt in Betracht, dass ein Gesellschafter nicht nur in Vertretung für die Gesellschaft, sondern daneben in Vertretung für die übrigen Gesellschafter eine Schiedsvereinbarung mit dem Dritten abschließt.437 Aufgrund einer wirksamen Stellvertretung könnte es daher zu einer unmittelbaren Verpflichtung aller Gesellschafter und infolgedessen zu einer Bindung an die Schieds­ vereinbarung kommen.438 Ob der für die Gesellschaft handelnde Gesellschafter aufgrund einer wirksamen Stellvertretung alle übrigen Gesellschafter unmittelbar verpflichtet, darf mangels konkreter Anhaltspunkte für eine Stellvertretung jedoch bezweifelt werden.439 Eine wirksame Vertretung der übrigen Gesellschafter würde zunächst voraussetzen, dass der handelnde Gesellschafter gemäß § 164 Abs. I BGB in fremden Namen handelt. Demnach müsste der Gesellschafter im Verhältnis zu dem Dritten nicht nur im Namen der Gesellschaft, sondern zugleich im Namen aller Gesellschafter gehandelt haben440. Fehlt es an einer ausdrücklichen Erklärung, kann nach § 164 Abs. I S. 2 BGB aus den Umständen des Einzelfalls aus objektiver Empfängersicht auf eine Fremdbezogenheit des Handelns zu schließen sein. Unter Hinweis auf die weitreichenden Folgen für die Vertragspartner wird jedoch zurecht bezweifelt, dass der Dritte davon ausgehen darf, dass der handelnde Gesellschafter seine Willenserklärung neben der Gesellschaft zugleich für alle übrigen Gesellschafter abgeben möchte.441 Selbst wenn aus den Umständen des Einzelfalls auf ein Handeln in fremdem Namen geschlossen werden kann, müsste der handelnde Gesellschafter mit Vertretungsmacht der übrigen Gesellschafter gehandelt haben. Aus dem Gesellschaftsvertrag lässt sich hingegen grundsätzlich keine Vertretungsmacht für das Verhältnis der übrigen Gesellschafter zu Vertragspartnern der Gesellschaft ableiten.442 Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass 436

Zur Anerkennung der Rechtssubjektivität der GbR grundlegend: Bundesgerichtshof, Urt. v. 29.01.2001, II ZR 331/00 = BGHZ 146, 341 ff. 437 Baumbach / ​Hopt / ​Roth, HGB § 128, Rn. 40 m. w. N.; Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 116. Kritisch Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 503. 438 Diese Auffassung entspricht im Wesentlichen der „Doppelverpflichtungstheorie“, Vgl. Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 503. 439 Kritisch zur Bindung kraft Vertretung bereits Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 500 ff. 440 Hierzu Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 503. 441 Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 504. A. A. Baumbach / ​Hopt / ​Roth, HGB § 128, Rn. 40; Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 116. 442 Weber / ​Schlabrendorff, Die Erstreckung von Schiedsabreden auf ihre Gesellschafter, 485 m. w. N. Ebenso Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 505, die auch das Vorliegen einer Duldungs-​und Anscheindsvollmacht ablehnen. A. A. und von einer konkludenten Vollmachtserteilung der Gesellschafter

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

mangels weiterer Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine von dem handelnden Gesellschafter abgegebene Erklärung neben der Gesellschaft zugleich die übrigen Gesellschafter persönlich verpflichten sollte. Eine unmittelbare Bindung der persönlich haftenden Gesellschafter aufgrund einer gesonderten Vertragsbeziehung gegenüber dem Dritten ist daher entsprechend zu verneinen. Letztlich bleibt damit festzuhalten, dass unabhängig von der Schiedsvereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Dritten im Verhältnis zwischen den einzelnen Gesellschaftern und dem Dritten im Regelfall keine (unmittelbare) Schiedsvereinbarung zustande kommt. b) Die Bindung der Gesellschafter an eine zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossene Schiedsvereinbarung Neben einer eigenen Vereinbarung der Gesellschafter mit dem Dritten könnte die Bindung der Gesellschafter auf die zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossene Schiedsvereinbarung zurückgeführt werden. Gemäß § 128 S. 1 HGB haften die Gesellschafter unbeschränkt mit ihrem gesamten Vermögen für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Aufgrund der inzwischen anerkannten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft handelt es sich bei der Gesellschaftsverbindlichkeit und bei der persönlichen Haftung der Gesellschafter um verschiedene Verbindlichkeiten.443 Vor diesem Hintergrund stellt sich daher die Frage, ob sich eine zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschaftsgläubiger abgeschlossene Schiedsvereinbarung neben der Gesellschaftsverbindlichkeit auch auf die persönliche Haftung der Gesellschafter erstrecken kann. aa) Die nach § 128 S. 1 HGB kraft Gesetz eintretende Bindung Der Bundesgerichtshof hat sich für die Bindung des persönlich haftenden Gesellschafters an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung ausgesprochen.444 Zwar führe die Bindung des persönlich haftenden Gesellschafausgehend: Baumbach / ​Hopt / ​Roth, HGB § 128, Rn. 40; Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 115; Schmidt, DB 1989, 2315, 2318; Schmidt, ZHR 162 (1998), 265, 273. 443 MüKoHGB / ​Schmidt, § 128, Rn. 1. 444 Dies entspricht im Ergebnis auch der weit überwiegenden Auffassung in der Literatur, Vgl. hierzu Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 115 m. w. N., die die Bindung des Gesellschafters (bei der Personengesellschaft) jedoch unmittelbar auf eine Auslegung der Schiedsvereinbarung zurückführen. Obiter zur Bindung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG in: Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. Ebenso zur Kommanditgesellschaft Bayerisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 13.11.2003, 4 Z SchH 08/03 = SchiedsVZ 2004, 45, 46: „[Die] Bindung erstreckt sich nach § 161 Abs. II, 128 S. 1 HGB auf den Antragsteller […] in seiner Eigenschaft als Komplementär der vor dem Schiedsgericht auf Zahlung in Anspruch genommenen Kommanditgesellschaft“.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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ters zu einer Ausnahme des Grundsatzes, dass nur derjenige eine Schiedsvereinbarung gegen sich gelten lassen müsse, der an ihrem Abschluss beteiligt war.445 Hingegen finde die Bindung des Gesellschafters „ihre Rechtfertigung allein in der besonderen Haftungsvorschrift des § 128 S. 1 HGB und wird begrenzt durch die besondere Situation, in der sich der persönlich haftende Gesellschafter befindet“446. Daher erstrecke sich die von der Gesellschaft mit dem Dritten getroffene Schiedsvereinbarung nicht nur auf Streitigkeiten, die einen Anspruch des Dritten gegen die Gesellschaft und die gleichgerichtete Haftung der Gesellschafter betreffen.447 Daneben seien auch diejenigen Forderungen von der Schiedsvereinbarung erfasst, die der Gesellschaft gegen den Dritten zustehen.448 Soweit der Gesellschafter einen Anspruch der Gesellschaft erhebe oder von ihr herleite, sei er demnach ebenfalls an die Schiedsvereinbarung gebunden.449 Im Gegensatz hierzu seien persönliche Ansprüche des Gesellschafters, die diesem nicht in seiner Eigenschaft als Mitglied der Gesamthand zustehen, nicht von der Schiedsvereinbarung erfasst und hierfür eine Bindung abzulehnen.450 Erstreckt sich die Schiedsvereinbarung auf die soeben genannten Streitigkeiten, lasse sich die Aufspaltung der Gerichtswege vermeiden und sowohl der Gesellschafter wie auch der Dritte erhielten die „Vorteile des schnellen und regelmäßig kostengünstigen Schiedsgerichtsverfahrens“451. In einer Entscheidung des OLG Köln wird zur Begründung der Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaftsverbindlichkeit zu trennende Schiedsvereinbarung angeführt, dass die Schiedsvereinbarung als Eigenschaft der Gesellschaftsverbindlichkeit anhafte und damit den Inhalt der Forderung selbst bestimme.452 Da der Forderungsinhalt nicht davon abhängen könne, ob die Forderung beim Gesellschafter geltend gemacht wird, werde dieser letztlich an die Schiedsvereinbarung gebunden.453 Die zitierte Entscheidung des OLG Köln, sowie die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sind vor der Anerkennung der verselbstständigten Rechtsträgerschaft der Personenhandelsgesellschaft und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergangen.454 Inzwischen kann es jedoch als unstreitig gelten, dass sowohl die Personen 445

Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. 447 Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. 448 Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. 449 Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. Ebenso Schmidt, ZHR 168 (1998), 265, 272: „In Aktivprozessen kommt es darauf an, ob der Gesellschafter ein Recht der Gesellschaft geltend macht – dann bindet auch ihn die auf dieses Recht bezogene Schiedsvereinbarung – oder ob es sich um die Geltendmachung eines eigenen, nicht von der Gesellschaft abgeleiteten Rechts handelt“. Zustimmend Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 64. 450 Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. 451 Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424. 452 Oberlandesgericht Köln, Urt. v. 09.11.1960, 2 U 65/60 = NJW 1961, 1312, 1313. 453 Oberlandesgericht Köln, Urt. v. 09.11.1960, 2 U 65/60 = NJW 1961, 1312, 1313. 454 Dies verdeutlicht der Hinweis, dass es sich nach Auffassung des Senats „bei der Forderung gegen die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter […] um einen einheitlichen Anspruch [handelt]“, Oberlandesgericht Köln, Urt. v. 09.11.1960, 2 U 65/60 = NJW 1961, 1312, 446

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

handelsgesellschaft als auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann455. Eine Begründung, wie sich die Bindung des persönlich haftenden Gesellschafters dogmatisch vor dem Hintergrund rechtfertigen lässt, dass der Gesellschafter gemäß § 128 S. 1 HGB aus einer neben der Hauptschuld bestehenden Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten haftet, lässt sich den zitierten Entscheidungen dementsprechend nicht entnehmen. Darüber hinaus bleibt weitgehend unklar, aus welchen Gründen sich die Haftung des Gesellschafters neben der Gesellschaftsverbindlichkeit, auf die hiervon zu trennende Schiedsvereinbarung erstreckt. Die Bindung des Gesellschafters auf § 128 S. 1 HGB zurückzuführen, entspricht auch der wohl überwiegenden Auffassung in der Literatur.456 Im Einzelnen werden zur Begründung der Bindung jedoch verschiedene Aspekte der Gesellschafterhaftung herangezogen. Hillmann begründet die Bindung damit, dass sich die Haftung des Gesellschafters nach dem Inhalt der Schuld der Gesellschaft richte, sodass die Schiedsvereinbarung den Gesellschafter sowohl bei einem gegen ihn gerichteten Passivprozess zur Durchsetzung der Gesellschaftsverbindlichkeit, als auch bei einem Aktivprozess zur Durchsetzung der Gesellschaftsansprüche gegen den Dritten erfasse.457 Ähnlich argumentiert auch Hueck, der die Bindung ebenfalls auf den Inhalt der Schuld zurückführen und auf das praktische Bedürfnis einer einheitlichen Zuständigkeit hinweist458. Auch Kornblum führt die Haftung auf § 128 S. 1 HGB zurück und begründet die Bindung an die Schiedsvereinbarung damit, dass die Haftungserweiterung „technisch unvollkommen“ sei, wenn der Gläubiger die Gesellschaft und den Ge1313. Der Bundesgerichtshof hat ungeachtet des § 124 Abs. I HGB angenommen, dass die Gesellschafter die Träger der von der Personenhandelsgesellschaft begründeten Verpflichtungen sind. In diesem Sinne die ältere Rechtsprechung: Bundesgerichtshof, Urt. v. 21.01.1990, IV ZR 270/88 = BGHZ 110, 127, 128 f., m. w. N. Die neuere Rechtsprechung hat diese Sichtweise jedoch aufgegeben, Vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 05.03.2008, IV ZR 89/0 = NJW 2008, 1737. Zur Personengesellschaft als Versicherungsnehmer einer Kaskoversicherung und Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, Bundesgerichtshof, Urt. v. 05.03.2008, IV ZR 89/07 = NJW 2008, 1737. Grundlegend zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Bundesgerichtshof, Urt. v. 29.01.2001, II ZR 331/00 = BGHZ 146, 341, 344 ff. 455 Umfassend: BeckOGK / ​Hertel, § 899a BGB, Rn. 5 ff., m. w. N.; vgl. insb. Bundesgerichtshof, Urt. v. 29.01.2001, II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056, 1057. 456 Umfassend: Koller / ​K indler / ​Roth / ​Drüen / ​Kindler, Erläuterungen zu den §§ 128, 129, Rn. 2 ff., m. w. N.; Oetker / ​Boesche, § 128 Rn. 85; EBJS / ​Hillmann, § 128, Rn. 61; Röhricht / ​ Westphalen / ​Haas, HGB § 128, Rn. 9b; Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1029 Rn. 8; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 64; Kornblum, Die Haftung der Gesellschafter, 167; Wünsch, Schiedsgerichtsbarkeit in Handelssachen, 68; Wiegand, SchiedsVZ 2003, 52, 57; Niklas, Subjektive Reichweite, 189. Wohl auch Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 141. 457 EBJS / ​Hillmann, § 128, Rn. 61. 458 Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 819 f.; Wünsch, Schiedsgerichtsbarkeit in Handelssachen, 68.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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sellschafter nicht zugleich einheitlich vor ein und dem selben Schiedsgericht verklagen könnte459. Wiegand verweist auf die Akzessorietät der Haftung, um die Bindung an die Schiedsvereinbarung zu begründen.460 Die akzessorische Haftung führe kraft Gesetz zu einer Ausdehnung der Schiedsvereinbarung auf die persönlich haftenden Gesellschafter. Infolgedessen werde der Gesellschafter in dem Moment, in dem die Gesellschaft mit einem Dritten eine Schiedsvereinbarung abschließe, ohne weiteres zu einer akzessorischen Verbindlichkeit der Gesellschafter selbst.461 Haas führt die Bindung hingegen darauf zurück, dass § 128 S. 1 HGB ein Repräsentationsgedanke zugrunde liege462. Der Hintergrund der persönlichen Haftung sei, dass der Gesellschafter die Gesellschaft hinsichtlich ihrer Kreditwürdigkeit repräsentiere, sodass der Sinn und Zweck der Haftung darauf schließen lasse, dass der Gesellschafter zur gleichen Leistung wie die Gesellschaft zu verurteilen sei.463 Übertrage man diesen Gedanken auf die Schiedsvereinbarung, sei der persönlich haftende Gesellschafter an die von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden.464 In ihrem Kern könne die Bindung auf einen interessensbasierten Lösungsansatz zurückgeführt werden, sodass diese letztlich mittels einer Abwägung der Interessen der betroffenen Personen zu begründen sei.465 bb) Die Kritik an der Bindung des persönlich haftenden Gesellschafters Die Bindung des persönlich haftenden Gesellschafters auf § 128 S. 1 HGB zurückzuführen, wird von Teilen der Literatur hingegen kritisch gesehen.466 Insbesondere Karsten Schmidt hat sich gegen eine Bindung der Gesellschafter an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung ausgesprochen.467 Seit der Anerkennung der selbstständigen Rechtsträgerschaft der OHG, die in § 124 HGB positivrechtlich anerkannt sei, ließe sich die Bindung der Gesellschafter nicht mit dem Argument begründen, die Gesellschaft sei lediglich ein Zusammenschluss 459

Kornblum, Die Haftung der Gesellschafter, 167. Wiegand, SchiedsVZ 2003, 52, 57. Ähnlich Niklas, Subjektive Reichweite, 188 f. 461 Wiegand, SchiedsVZ 2003, 52, 57. 462 Röhricht / ​Westphalen / ​Haas, HGB § 128, Rn. 9b. 463 Röhricht / ​Westphalen / ​Haas, HGB § 128, Rn. 6. 464 Röhricht / ​Westphalen / ​Haas, HGB § 128, Rn. 9b. 465 Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 510 ff. 466 Habersack, SchiedsVZ 2003, 241, 246; Habersack, Schiedsvereinbarung und akzessorische Haftung, 165. Weber / ​Schlabrendorff, Die Erstreckung von Schiedsabreden auf ihre Gesellschafter, 478 f.; Schmidt ZHR 168 (1998), 265, 273; Schmidt, DB 1989, 2315, 2318; Müller / ​ Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 115; Massuras, Dogmatische Strukturen, 144 ff.; MüKoHGB / ​ Schmidt, § 128, Rn.  22; Baumbach / ​Hopt / ​Roth, § 128 Rn. 40. 467 Schmidt ZHR 168 (1998), 265, 273; Schmidt, DB 1989, 2315, 2318; MüKoHGB / ​Schmidt, § 128, Rn. 22. 460

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

der einzelnen Gesellschafter unter einer gemeinsamen Firma.468 Die Fähigkeit der Gesellschaft, selbst Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein, schlage sich auf prozessualer Ebene dahingehend nieder, dass der Gesellschaftsprozess vom Gesellschafterprozess strikt zu trennen sei, sodass diese Trennung auch für das schiedsrichterliche Verfahren zu gelten habe.469 Die Bindung lasse sich darüber hinaus auch nicht aus der von § 128 S. 1 HGB vorgesehenen akzessorischen Haftung ableiten, da die Haftung materiellrechtlicher Natur sei und es sich infolgedessen bei der Schiedsvereinbarung um keine „Modalität“ der Gesellschaftsverbindlichkeit handeln könne.470 Dieser Kritik hat sich Habersack unter Verweis auf die Haftung des Bürgen angeschlossen.471 Ergebe sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung bereits aus der akzessorischen Haftung der Gesellschafter, sei auch ein Bürge an eine zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger abgeschlossene Schiedsvereinbarung zu binden.472 Dieses Ergebnis stehe jedoch im Widerspruch zu den berechtigten Interessen des Bürgen und werde demnach von der Rechtsprechung und Literatur abgelehnt.473 Oberhammer zweifelt mit Blick auf die prozessuale Aufgabenverteilung des § 129 Abs. I, IV HGB an der Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung.474 Zwar sei der Gesellschafter gemäß § 129 Abs. I HGB an eine im Gesellschaftsprozess ergangene Entscheidung über die Gesellschaftsschuld gebunden. Die Regelung des § 129 Abs. IV HGB sehe jedoch vor, dass der Gesellschaftsgläubiger nicht berechtigt sei, aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten Titel die Zwangsvollstreckung gegen den Gesellschafter zu betreiben. Sofern der Gesellschaftsgläubiger gegen den Gesellschafter vorgehen möchte, habe der Gesellschaftsgläubiger demnach trotz Feststellung eines Anspruchs in einem gesonderten Prozess einen Schuldtitel gegen den Gesellschafter zu erstreiten. Dementsprechend werde der Gesellschafter zwar hinsichtlich der Gesellschaftsschuld im Gesellschaftsprozess von der Gesellschaft prozessual repräsentiert, hinsichtlich der persönlichen Haftungsschuld habe der Gesellschafter jedoch das Recht auf einen eigenen Prozess. Der Gesetzgeber habe sich damit dagegen ausgesprochen, dass der Gesellschaftsgläubiger mit einem gegen die Gesellschaft gerichteten Titel nach entsprechender Umschreibung unmittelbar auf den Gesellschafter zugreifen kann. Die akzessorische Gesellschafterhaftung sehe demnach zwar bezüglich des 468

Schmidt, DB 1989, 2315, 2317 f. Schmidt, DB 1989, 2315, 2318. 470 Schmidt, DB 1989, 2315, 2318; MüKoHGB / ​Schmidt, § 128, Rn. 22. Ebenso Röhricht / ​ Westphalen / ​Haas, HGB § 128, Rn. 9b; Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 115; Haas / ​ Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 508 ff. 471 Habersack, SchiedsVZ 2003, 241, 246. Ebenso Röhricht / ​Westphalen / ​Haas, HGB § 128, Rn. 9b. 472 Habersack, SchiedsVZ 2003, 241, 246. 473 Habersack, SchiedsVZ 2003, 241, 246 m. w. N. 474 Zum dem Folgenden: Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 516 ff. 469

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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materiellen Inhalts des Anspruchs eine weitgehende Wirkungserstreckung auf die Gesellschafter vor, dieser Erstreckung seien jedoch durch § 129 Abs. IV HGB auf prozessualer Ebene Grenzen gesetzt. Dementsprechend könne aus der Akzessorietät der Gesellschafterhaftung nicht darauf geschlossen werden, dass die Gesellschafter neben dem Anspruch auch bezüglich der prozessualen Wirkungen der Gesellschaft gleichgestellt werden. Infolgedessen sei der Gesellschafter nicht an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden. cc) Stellungnahme Ist die Gesellschaft selbst Trägerin von Rechten und Pflichten, richten sich die Gesellschaftsverbindlichkeiten gegen die Gesellschaft selbst, sodass diesem Grundsatz folgend insbesondere zwischen der Gesellschaft und dem Dritten eine Schiedsvereinbarung zustande kommt. Mit der Erkenntnis, dass es sich bei der Gesellschaft und den Gesellschaftern um voneinander zu trennende Rechtssubjekte handelt, ist für die Frage, ob sich eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung auf den Gesellschafter erstrecken kann, jedoch noch nicht viel gewonnen. Auch der Zessionar ist ein vom Zedenten zu unterscheidendes Rechtssubjekt, wird in Folge der Zession jedoch an die Schiedsvereinbarung gebunden475. Ebenso verhält es sich mit dem Drittbegünstigten eines Vertrages, der an die mit dem ihn begünstigenden Vertrag verbundene Schiedsvereinbarung gebunden werden kann476. Aus diesen Gründen steht nicht bereits die Anerkennung einer eigenen Rechtsträgerschaft der Bindung der persönlich haftenden Gesellschafter entgegen477. (1) Die Wertungen des § 128 S. 1 HGB als Grundlage der Bindung Die Bindung des Gesellschafters an eine für die Gesellschaftsverbindlichkeit abgeschlossene Schiedsvereinbarung ausschließlich auf die Akzessorietät der Haftung zurückzuführen, ist kritisch zu sehen. Nach dem Grundsatz der Akzessorietät bemisst sich der Haftungsinhalt nach der Gesellschaftsverbindlichkeit.478 Infolgedessen ließe sich die Bindung des Gesellschafters lediglich dann anhand der akzessorischen Haftung begründen, wenn die Schiedsvereinbarung der gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung selbst zugerechnet und demnach als „Eigenschaft“ oder „Modalität“ derselben angesehen werden kann. Die Diskussion um die Bindung des Zessionars konnte jedoch bereits zeigen, dass die Schiedsverein­barung 475

Zur Bindung des Zessionars oben Kapitel 2 I. 1. Zur Bindung des Endkunden an einer vom Hersteller mit dem Zwischenhändler vereinbarte Schiedsvereinbarung oben Kapitel 2 II. 1. 477 Anders wohl Wieczorek / ​Schütze / ​Schütze, § 1029, Rn. 50. 478 Baumbach / ​Hopt / ​Roth, HGB § 128, Rn. 9; MüKoHGB / ​Schmidt, § 128, Rn. 16; BeckOK HGB / ​Klimke, § 128, Rn. 27; Oetker / ​Boesche, § 128, Rn. 5. 476

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

mit Blick auf die Doctrine of Separability nicht als Teil der Forderung selbst angesehen werden kann479. Infolgedessen lässt sich die Bindung des Gesellschafters nicht unter Verweis auf den Inhalt der Forderung und anhand der Akzessorietät der Haftung begründen. Es kann hingegen aus den der Gesellschafterhaftung zugrundeliegenden Wertungen auf eine Bindung an die Schiedsvereinbarung geschlossen werden. Die gesetzliche Ausgestaltung der Gesellschafterhaftung basiert im Wesentlichen auf einem Interessensausgleich. Ein auf den Interessen der betroffenen Personen basierter Lösungsansatz hat sich bei der Bindung des Zessionars als tragbar erwiesen.480 Der maßgeblich von Haas angeführte Vorschlag, die Bindung des Gesellschafters auf eine Interessensabwägung zurückzuführen, verdient daher Zustimmung, soweit sich diese an den vom Gesetzgeber zum Ausdruck gekommenen Wertungen orientiert481. Mit Recht zieht Haas die Regelung des § 128 S. 1 HGB als Ausgangspunkt für eine Interessensabwägung heran. Die Haftungsnorm des § 128 S. 1 HGB führt zu einer kraft Gesetz eintretenden Haftung der Gesellschafter für fremde Schuld, die auf die Mitgliedschaft in der Gesellschaft zurückzuführen ist.482 Auf welchen Inhalt die Haftung nach § 128 S. 1 HGB gerichtet ist, bildet den Gegenstand eines langjährigen Streits.483 Nach der wohl herrschenden Erfüllungstheorie haften die Gesellschafter auf Erfüllung der Schuld der Gesellschaft, sodass die Gesellschafter inhaltlich die gleiche Leistung zu erbringen haben, wie die Gesellschaft selbst.484 Die Erfüllungstheorie wird nicht aus dem Grundsatz der Akzessorietät, sondern aus dem Sinn und Zweck der Gesellschafterhaftung abgeleitet.485 Die Gesellschaftsgläubiger sollen mangels Haftungskapital der Personengesellschaft darauf vertrauen, notfalls auf das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen zu können.486 Für die Erfüllungstheorie ist anzuführen, dass sich ein hinreichender Gläubigerschutz nur dann realisieren lässt, wenn die Gläubiger auch von den per 479 Zur Kritik an der Schiedsvereinbarung als Teil der Forderung oben Kapitel  2 I. 1.  c) aa) (2) (c). 480 Vgl. hierzu die Diskussion zur Bindung kraft einer Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB, oben Kapitel 2 I. 1. a) ee). 481 Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 510 ff. 482 Staub / ​Habersack, § 128, Rn. 17. 483 Überblickend zum Streitstand Koch, Gesellschaftsrecht, § 16, Rn. 5 ff. 484 Bundesgerichtshof, Urt. v. 22.03.1988, X ZR 64/87 = BGHZ 104, 76, 78; Kindler, Handels-​ und Gesellschaftsrecht, Rn. 103; Bundesgerichtshof, Urt. v. 14.02.1957, II ZR 190/55 = BGHZ 23, 302, 305 f.; Bundesgerichtshof, Urt. v. 11.12.1978, II ZR 235/77 = BGHZ 73, 217, 221 f. 485 EBJS / ​Hillmann, § 128, Rn. 22; Röhricht / ​Westphalen / ​Haas, § 128, Rn. 6, m. w. N. 486 Bundesgerichtshof, Urt. v. 11.12.1978, II ZR 235/77 = BGHZ 73, 217, 224; Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 513. Die Erfüllungstheorie sieht jedoch keine vollständige Gleichstellung zwischen der Haftung der Gesellschaft und der Haftung der einzelnen Gesellschafter vor. Siehe hierzu im Überblick Koch, Gesellschaftsrecht, § 16, Rn. 8 ff.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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sönlich haftenden Gesellschaftern die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeit verlangen und sich diesen gegenüber nicht auf eine Geldleistung verweisen lassen müssen487. (2) Die Abwägung der betroffenen Interessen Werden die einzelnen Gesellschafter der Gesellschaft über die Regelung des § 128 S. 1 HGB weitgehend gleichgestellt, um den Gesellschaftsgläubigern einen Zugriff auf die Gesellschafter zu ermöglichen, stellt sich die Frage, wie sich dieser Gedanke auf die Bindung an die Schiedsvereinbarung übertragen lässt. Die wohl herrschende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung setzt für die Haftung auf Erfüllung eine Abwägung zwischen dem Sicherungsinteresse des Gläubigers und den schutzwürdigen Interessen der einzelnen Gesellschafter voraus.488 Diese Interessensabwägung ist dementsprechend auch für die Drittwirkung der Schiedsvereinbarung anzustellen.489 Wird die der Gesellschafterhaftung zugrundeliegende Wertung des § 128 S. 1 HGB auf die Bindung an die Schiedsvereinbarung übertragen, lässt sich die Bindung demnach lediglich dann rechtfertigen, wenn die Interessensabwägung zugunsten der Gläubigerinteressen ausfällt. Im Regelfall entspricht es dem Interesse des Gläubigers, dass neben der Gesellschaft zugleich die Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung gebunden werden.490 Anderenfalls müssten die Gesellschaftsgläubiger die Gesellschaftsforderung gegenüber der Gesellschaft vor dem vereinbarten Schiedsgericht und gegenüber den Gesellschaftern vor dem im Einzelfall zuständigen ordentlichen Gericht geltend machen491. Die Gesellschaftsgläubiger haben in diesem Fall zunächst das für den jeweiligen Gesellschafter zuständige Gericht zu ermitteln. Aufgrund des international weit verbreiteten Grundsatzes des Beklagtengerichtsstandes haben die Gesellschaftsgläubiger den Gesellschafterprozess in internationalen Sach­ verhalten daher in einer nicht vorhersehbaren Rechtsordnung zu führen. Die mit

487 Insbesondere für den Fall, dass die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeit für den Gesellschaftsgläubiger zwingend notwendig ist, um im Verhältnis zu den Dritten den eigenen Vertragspflichten nachzukommen, ist eine Geldleistung nicht geeignet, die negativen Konsequenzen einer Nichtleistung der Gesellschaft hinreichend zu kompensieren. 488 Bundesgerichtshof, Urt. v. 11.12.1978, II ZR 235/77 = BGHZ 73, 217, 221; Baumbach / ​ Hopt / ​Roth, HGB § 128, Rn. 9; Kritisch zu dieser Interessensabwägung Kindler, Handels-​und Gesellschaftsrecht, Rn. 108. 489 Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 513. 490 Ebenso wohl auch Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 514. 491 Vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.11.1990, II ZR 249/89 = BGH NJW-​R R 1991, 423, 424 f; vgl. Wieczorek / ​Schütze / ​Schütze, § 1029, Rn. 50. Insgesamt auch mit Blick auf die betroffenen Interessen kritisch zur Bindung: Habersack, Schiedsvereinbarung und akzessorische Haftung, 165 f.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

der Klage in einer unbekannten Rechtsordnung verbundene Rechtsunsicherheit sollte der Abschluss einer Schiedsvereinbarung jedoch gerade verhindern. Zu den schutzwürdigen Interessen der Gesellschafter zählt in erster Linie das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG492 beziehungsweise die vom Schutzbereich erfasste staatliche Zuständigkeitsverteilung493. Das Interesse der Gesellschafter ist dementsprechend darauf gerichtet, sich nicht der Entscheidungszuständigkeit eines Schiedsgerichts unterwerfen zu wollen, der sie nicht ausdrücklich zugestimmt haben. Für die Zuständigkeit staatlicher Gerichte lässt die Rechtsprechung und wohl herrschende Literatur eine Zuständigkeitserstreckung auf die Gesellschafter und damit einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG zu.494 Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO oder der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO sollen beispielsweise auch für Klagen des Gläubigers gegen die Gesellschafter aus § 128 HGB eröffnet sein.495 Gerechtfertigt wird dieser Eingriff anhand der besonderen Stellung der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft.496 Lässt sich die Zuständigkeitserstreckung zulasten des Gesellschafters trotz der gegebenen Grundrechtsrelevanz für die staatliche Zuständigkeitsverteilung entsprechend rechtfertigen, muss dies auch für die Schiedsvereinbarung gelten.497 Das schutzwürdige Interesse der Gesellschafter auf den gesetzlichen Richter lässt die Abwägung gegenüber den Interessender Gläubiger daher nicht ausnahmslos zugunsten der Gesellschafter ausfallen. Für ein Überwiegen der Gläubigerinteressen spricht, dass die Gesellschafter die weitreichenden materiellrechtlichen Konsequenzen einer persönlichen Haftung nach § 128 S. 1 HGB bewusst anerkennen.498 Die Gesellschafter sind sich dementsprechend bewusst, dass sich der Haftungsumfang nach der Gesellschaftsverbindlichkeit richtet, an deren Abschluss der einzelne Gesellschafter nicht beteiligt gewesen ist. Ungeachtet dessen setzen sich die Gesellschafter dem Risiko aus, für die Gesellschaftsverbindlichkeit primär und in vollem Umfang aus ihrem Privatvermögen in Anspruch genommen zu werden. Im Hinblick auf das vom 492

Ebenso Art. 6 EMRK. BeckOK GG / ​Morgenthaler, Art. 101, Rn. 12. 494 Vgl. Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 515, m. w. N. 495 Ein weiteres Beispiel ist die Klage auf Arbeitsvergütung. Wird neben der Gesellschaft ein Gesellschafter aus § 128 HGB auf Zahlung einer Arbeitsvergütung in Anspruch genommen, ist auch für diese Klage nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Hierzu m. w. N. Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 515. 496 Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 515 m. w. N. 497 Vgl. Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 514. 498 Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 514. 493

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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Gesetzgeber vorgesehene materielle Haftungsrisiko der Gesellschafter greift die Art und Weise der Anspruchsdurchsetzung nicht so weitgehend in die Interessen der Gesellschafter ein, dass diese die Gläubigerinteressen überwiegen499. Setzen sich die Gesellschafter bewusst und gewollt dem Risiko aus, unmittelbar in vollem Umfang und Persönlich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten einzustehen, ist es den Gesellschaftern ebenso zumutbar, sich diesbezüglich vor dem von der Gesellschaft vereinbarten Schiedsgericht auseinanderzusetzen. Darüber hinaus kann es auch dem Interesse der Gesellschafter entsprechen, die Gesellschaftsverbindlichkeiten einheitlich festgestellt zu wissen, um der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen zu begegnen. Aus diesen Gründen überwiegt letztlich das Interesse der Gesellschaftsgläubiger die Gesellschafter auch im Hinblick auf die Bindung an die Schiedsvereinbarung der Gesellschaft gleichzusetzen. (3) Die Vereinbarkeit der Bindung mit § 129 HGB Die der Gesellschafterhaftung nach § 128 S. 1 HGB zugrundeliegende Wertung spricht dementsprechend für eine Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung. Im Ergebnis lässt sich die Bindung des Gesellschafters daher durch eine entsprechende Anwendung des § 128 S. 1 HGB begründen. Wie lässt sich diese Feststellung nun mit den von Oberhammer geäußerten Bedenken vereinbaren, die Wertung des § 129 Abs. I, IV HGB spreche gegen eine Bindung des Gesellschafters? Die Regelung des § 129 Abs. I HGB ist Ausdruck der akzessorischen Gesellschafterhaftung, wonach der für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haftende Gesellschafter insoweit Einwendungen aus dem Recht der Gesellschaft geltend machen kann, als diese von der Gesellschaft erhoben werden können.500 Vergleichbar zu § 334 BGB ist die unmittelbare Anwendung des § 129 Abs. I HGB auf die Schiedsvereinbarung kritisch zu sehen.501 Aus § 129 Abs. I HGB wird jedoch abgeleitet, dass ein gegen die Gesellschaft erstrittenes rechtskräftiges Urteil auch gegen den Gesellschafter wirkt.502 Die Regelung des § 129 Abs. I HGB stellt damit sicher, dass sich der Gesellschaftsgläubiger nicht mit jedem einzelnen Gesellschafter über das Bestehen der Gesellschaftsverbindlichkeit auseinandersetzen muss.503 Insoweit bestärkt § 129 Abs. I HGB die im Rahmen des § 128 S. 1 HGB festgestellte Wertung des Gesetzgebers, den Gesellschafter mit der Gesellschaft weitgehend gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber hat sich jedoch dagegen entschieden, den Gesellschafter auch mit Blick auf die zwangsweise Durchsetzung des Urteils mit der Gesellschaft gleichzustellen. Gemäß § 129 Abs. IV HGB findet aus

499

Vgl. Westermann / ​Wertenbruch / ​Westermann, I-​376. MüKoHGB / ​Schmidt, § 129, Rn. 1. 501 Vgl. MüKoHGB / ​Schmidt, § 129, Rn. 5. 502 BeckOK HGB / ​Klimke, § 129, Rn. 11. 503 Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 517. 500

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht statt. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesellschafter in einem eigenen Prozess die Möglichkeit haben soll, seine persönlichen Einwendungen gegen den Klageanspruch vorzutragen.504 Das OLG Köln hat in der eingangs angeführten Entscheidung jedoch zutreffend festgestellt, dass dem Gesellschafter in Folge einer Bindung an die Schiedsvereinbarung nicht das Recht genommen wird, seine persönlichen Einwendungen in einem eigenen Prozess geltend zu machen.505 Die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung hat lediglich zur Folge, dass es sich bei diesem gesonderten Verfahren um ein schiedsrichterliches Verfahren handelt, vor dem der Gesellschafter die aus seiner Person ergebenden Einwände erheben kann506. Die Regelung des § 129 Abs. IV HGB stellt damit lediglich sicher, dass sich der Gesellschafter in einem gesonderten Schiedsverfahren entsprechend verteidigen kann. Dementsprechend steht der Sinn und Zweck der Regelung des § 129 Abs. IV HGB einer Bindung des Gesellschafters nicht entgegen.507 c) Die Abhängigkeit vom Inhalt der Schiedsvereinbarung Werden die persönlich haftenden Gesellschafter in Folge einer entsprechenden Anwendung des § 128 S. 1 HGB an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden, muss diese Bindung weiterhin im Einklang mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung stehen508. Ergibt die Auslegung der Schiedsvereinbarung, dass diese lediglich höchstpersönlich zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschaftsgläubiger wirken soll, ist dieser Wille bei der Entscheidung über die Wirkungserstreckung gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern zu berücksichtigen509. Andernfalls müsste der Gläubiger einer Gesellschaftsverbindlichkeit auch dann vor einem Schiedsgericht gegen die persönlich haftenden Gesellschafter vorgehen, wenn der Inhalt der vom Gläubiger mit der Gesellschaft abgeschlossenen Schiedsvereinbarung ausdrücklich vorsieht, dass die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nur im Gesellschaftsprozess und gerade nicht im Gesellschafterprozess eröffnet sein soll.

504

Haas / ​Oberhammer, Drittwirkungen von Schiedsvereinbarungen einer Personenhandelsgesellschaft, 518 m. w. N. 505 OLG Köln, Urt. v. 09.11.1960, 2 U 65/60 = NJW 1961, 1312, 1313. 506 OLG Köln, Urt. v. 09.11.1960, 2 U 65/60 = NJW 1961, 1312, 1313. 507 Ebenso im Ergebnis OLG Köln, Urt. v. 09.11.1960, 2 U 65/60 = NJW 1961, 1312, 1313. 508 Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 141. 509 In diesem Sinne wohl bereits Schmidt, ZHR 168 (1998), 265, 273. Ebenso Baumbach / ​ Hopt / ​Roth, HGB § 128, Rn. 40.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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2. Die Auswirkungen der Durchgriffshaftung auf die Schiedsvereinbarung Die Gläubiger einer Kapitalgesellschaft können insbesondere im Insolvenzfall ein Interesse daran haben, auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter zuzugreifen. Für Kapitalgesellschaften wird die persönliche Haftung der Gesellschafter im Grundsatz hingegen ausgeschlossen. Gemäß § 1 Abs. I S. 2 AktG und § 13 Abs. II GmbHG ist die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Für die Gläubiger von Gesellschaftsverbindlichkeiten besteht daher nicht die Möglichkeit, neben der Gesellschaft zugleich die Gesellschafter in Anspruch zu nehmen und sich im Insolvenzfall aus dem Privatvermögen der Gesellschafter zu befriedigen. Diese Haftungsbeschränkung gilt nach der wohl herrschenden Auffassung jedoch nicht uneingeschränkt510. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger trotz der Haftungsbeschränkung auf das Vermögen der Gesellschafter zugreifen können, ist Gegenstand einer umfassenden Streitigkeit511. In der Literatur wird die Diskussion unter dem Terminus der Durchgriffshaftung oder dem Haftungsdurchgriff geführt, zu welcher sich eine kaum zu überblickende Vielzahl an Literaturmeinungen herausgebildet hat.512 Der Begriff der Durchgriffshaftung wird in der Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich gehandhabt, sodass der Auseinandersetzung mit der Durchgriffshaftung eine terminologische Klarstellung voranzustellen ist. Weit überwiegend wird zwischen echter und unechter Durchgriffshaftung differenziert.513 Unter der echten Durchgriffshaftung514 lassen sich alle Rechtserscheinungen zusammenfassen, die trotz der angeordneten Haftungsbeschränkung zu einer persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten führen. Die echte Durchgriffshaftung führt damit zu einer Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ohne dass im Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten ein eigenständiger Verpflichtungsgrund zustande gekommen ist515. Abzugrenzen von der echten Durchgriffshaftung ist die unechte Durchgriffshaftung und der Zurechnungsdurchgriff. Die unechte Durchgriffshaftung erfasst Rechtserscheinungen, nach denen die Haftung auf eine besondere Verpflichtung 510

Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 377 ff., m. w. N. Vgl. Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 377 ff., m. w. N. 512 Überblickend insbesondere Schmidt, Gesellschaftsrecht, 217 ff., m. w. N.; Hachenburg / ​ Mertens, Anhang I § 13, Rn. 1 ff., m. w. N. 513 Vgl. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 222. 514 Vereinzelt auch Durchgriffshaftung „im engeren Sinne“. 515 In diesem Sinne Henssler / ​Strohn / ​Verse, GmbHG § 13, Rn. 35. Der Begriff der „echten“ Durchgriffshaftung wird in der Literatur jedoch nicht einheitlich gehandhabt. Andere Autoren verweisen für den Begriff der „echten“ Durchgriffshaftung oder „echten“ Durchgriffslehre auf das Wegfingieren der juristischen Person, wie beispielsweise Schmidt, Gesellschaftsrecht, 217 ff. 511

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern zurückführen ist516. Die Gesellschafter haften demnach für eine Verpflichtung, die sich nicht aus der Gesellschaftsverbindlichkeit ableitet. Unter dem Begriff des Zurechnungsdurchgriffs wird darüber diskutiert, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Eigenschaften, Kenntnisse oder Verhaltensweisen der Gesellschaft den Gesellschaftern zugerechnet werden können517. Im Folgenden sollen lediglich die Auswirkungen der echten Durchgriffshaftung auf die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung untersucht werden. Die unechte Durchgriffshaftung und der Zurechnungsdurchgriff werden demnach vom Gegenstand der folgenden Untersuchungen ausgenommen. Nehmen die Gesellschaftsgläubiger die Gesellschafter bezüglich der Gesellschaftsverbindlichkeiten mittels einer echten Durchgriffshaftung in Anspruch, stellt sich die Frage, welches Streitentscheidungsorgan über die persönliche Haftung zu richten hat. Besteht zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschaftsgläubiger eine Schiedsvereinbarung, könnte sich die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf die Entscheidung über die persönliche Haftung der Gesellschafter erstrecken. In diesem Fall hat das Schiedsgericht über die Voraussetzungen der echten Durchgriffshaftung zu entscheiden. Werden die Gesellschafter hingegen nicht an eine zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern zustande gekommene Schiedsvereinbarung gebunden, haben sich die Gesellschaftsgläubiger für ihre Gesellschafterklage an das jeweils zuständige staatliche Gericht zu wenden. Im Folgenden sollen zunächst die rechtsdogmatischen Grundlagen der Durchgriffshaftung betrachtet werden. Anschließend sind die Folgen der Durchgriffshaftung für die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung zu untersuchen und zu fragen, ob sich die Schiedsvereinbarung der Gesellschaft auf die in Anspruch genommenen Gesellschafter erstreckt. a) Die rechtsdogmatische Rechtfertigung der Durchgriffshaftung Die umfangreiche Diskussion über die Rechtfertigung der Durchgriffshaftung hat ihren Ursprung in der Mitte der 1950er Jahre.518 Seither hat sich in der Literatur und Rechtsprechung eine Vielzahl an Begründungsmodellen entwickelt, sodass eine umfassende und abschließende Darstellung des Streitstandes im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden kann.519 Die heutigen Lehren zur echten Durch 516

Aus diesem Grund wird vereinzelt die Verwendung des Begriffs der „Durchgriffshaftung“ für die Rechtserscheinungen der „unechten Durchgriffshaftung“ grundsätzlich abgelehnt. 517 Ehricke, AcP 199 (1999), 257, 258; Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 342. 518 Die wohl erste umfassende Untersuchung zur rechtsdogmatischen Rechtfertigung der Durchgriffshaftung geht zurück auf Rolf Serick. In seiner Habilitationsschrift untersucht Serick aus rechtsvergleichender Perspektive die Haftung der hinter einer Gesellschaft stehenden Personen: Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen. 519 Umfassend insbesondere Schmidt, Gesellschaftsrecht, 221 ff., m. w. N.; Wilhelm, Rechtsform und Haftung; Mülhens, Haftungsdurchgriff; Aukhatov, Durchgriffs-​und Existenzver-

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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griffshaftung lassen sich jedoch im Wesentlichen der Missbrauchslehre oder der Normzwecklehre zuordnen, die im Folgenden für die Zwecke dieser Untersuchung zu analysieren sind520. aa) Die Missbrauchslehre Die Missbrauchslehre lässt sich auf Rolf Serick zurückführen, der den Missbrauch der juristischen Person als Rechtfertigung für die Durchgriffshaftung identifiziert.521 Die juristische Person ermögliche es den Gesellschaftern, unter dem Schein der Rechtmäßigkeit rechtswidrige Ziele zu verfolgen, welche die Rechtsordnung nicht dulden könne.522 Als Beispiel nennt Serick die Nutzung einer GmbH, um sich einer eigenen vertraglichen Verpflichtung zu entziehen.523 Denkbar ist, dass die Gesellschafter einer GmbH eine Handlung durch die juristische Person vornehmen lassen könnten, zu deren Unterlassung sich die Gesellschafter selbst jedoch vertraglich verpflichtet hatten. Einen entsprechenden Missbrauch der Rechtsform der juristischen Person könne die Rechtsordnung jedoch nicht dulden.524 Ein Missbrauch könne hingegen vereitelt werden, wenn auf die Menschen hinter der juristischen Person zugegriffen werde.525 Um das Rechtsinstitut der juristischen Person nicht aufzulösen oder zu ent­ werten, könne jedoch nicht bereits aus den objektiven Umständen auf einen Missbrauch der juristischen Person geschlossen werden.526 Eine juristische Person sei ohne die hinter ihr stehenden Menschen nicht denkbar, sodass das Handeln der Gesellschafter maßgeblich sei, ob ein Missbrauch der juristischen Person vorliege oder nicht527. Aus diesen Gründen sei ein subjektives Element von ausschlaggebender Bedeutung528. Infolgedessen komme ein Durchgriff grundsätzlich nur dann in Frage, wenn die hinter der juristischen Person stehenden Menschen die Rechtsform bewusst für die eigenen Zwecke missbrauchen.529 Dieser subjektiven Missnichtungshaftung; Michalski / ​Lieder, GmbHG § 13, Rn. 376 ff.; Altmeppen, ZIP 2002, 1553 ff., m. w. N. 520 Die Normanwendungslehre steht der Durchgriffshaftung insgesamt kritisch gegenüber. Nach der Normanwendungslehre wird die Haftung der Gesellschafter vielmehr auf bereits bekannte Verpflichtungsgründe zurückführt, sodass diese nicht den echten Durchgriffslehren zugerechnet werden kann. Hierzu Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 382 m. w. N. 521 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 203 ff. 522 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 204. 523 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 205. Weitere Beispiele für Gesetzesumgehungen: Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 17 und 70 ff. 524 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 204. 525 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 205. 526 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 208 ff. 527 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 205. 528 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 28 f. 529 Die von Serick entwickelte Missbrauchslehre wird heute als „subjektive Missbrauchslehre“ bezeichnet.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

brauchslehre steht die objektive Missbrauchslehre gegenüber, die auf das Erfordernis eines subjektiven Elements verzichtet und den Missbrauch der Rechtsform ausschließlich anhand objektiver Umstände begründet.530 Sowohl die objektive als auch die subjektive Missbrauchslehre sind jedoch auf die selbe Rechtsfolge ausgerichtet: Lässt sich ein Missbrauch der Rechtsform feststellen, wird die juristische Person schlicht wegfingiert531. Infolgedessen haften die Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern unmittelbar und persönlich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. bb) Die Normzwecklehre Die wohl herrschende Auffassung begründet die Durchgriffshaftung anhand der Normzwecklehre532, die maßgeblich auf eine kritische Auseinandersetzung von Wolfram Müller-​Freienfels mit der subjektiven Missbrauchslehre Rolf Sericks zurückgeht533. Die Kritik an der Missbrauchslehre richtet sich insbesondere gegen die Unbestimmtheit ihrer Voraussetzungen. Die Durchgriffshaftung könne auf keine Generalformel zurückgeführt werden, die sich an subjektiven Kriterien orientiere.534 Es sei vielmehr zu berücksichtigen, welchen Sinn und Zweck das konkrete Gesetz in der Rechts-​und Wirtschaftsordnung verfolge und welche höherwertigen Interessen einer ausnahmslos beschränkten Haftung entgegenstehen.535 Die Durchgriffshaftung habe sich demnach an der Ratio der jeweiligen Norm, dem vom Gesetzgeber gewollten Interessensschutz und den jeweils zu ermittelnden Grenzen dieses Interessensschutzes zu orientieren.536 Sind die Voraussetzungen der Durchgriffshaftung an der jeweiligen Norm zu bestimmen, liegen der Durchgriffshaftung letztlich verobjektivierte Kriterien zugrunde. Demzufolge spricht sich Müller-​Freienfels gegen das generelle Erfordernis subjektiver Elemente aus537. Ist beispielsweise darüber zu entscheiden, ob auf die Gesellschafter einer GmbH zugegriffen werden kann, sind die gesetzlichen Regelungen der GmbH, insbesondere die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter, auf die der gesetzlichen Regelung zugrundeliegende Interessenslage zu untersuchen. Kann aus dem Verhalten eines Gesellschafters darauf geschlossen werden, dass dieses

530 Im Einzelnen lassen sich die Literaturauffassungen nicht eindeutig der objektiven Missbrauchslehre oder den Normzweck-​oder Normanwendungslehren zuordnen. Zu den Lehren im Überblick insb. Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 377 ff., m. w. N. Kritisch zur subjektiven Missbrauchslehre bereits Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522. 531 Mülhens, Haftungsdurchgriff, 87; Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 379. 532 Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 392. 533 Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522. 534 Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 537. 535 Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 537. 536 Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 537. 537 Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 543.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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im Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Interessensschutz steht, kommt eine Durchgriffshaftung nach der Normzwecklehre in Betracht. In ihrem Ursprung sah es auch die Normzwecklehre auf Rechtsfolgenseite vor, die juristische Person wegzufingieren, um zu einer persönlichen Haftung der Gesellschaft zu kommen.538 Die heutige Normzwecklehre führt die Durchgriffshaftung hingegen auf eine zweckorientierte teleologische Reduktion der Haftungsbeschränkung zurück.539 Konkret werden die im Gesetz enthaltenen Haftungsbeschränkungen, wie beispielsweise § 1 Abs. I S. 2 AktG und § 13 Abs. II GmbHG teleologisch reduziert. In Folge der teleologischen Reduktion lässt sich eine persönliche Haftung der Gesellschafter parallel zur Haftung der Personengesellschafter über eine entsprechende Anwendung des § 128 S. 1 HGB realisieren. Die Gesellschafter haften demnach neben der Gesellschaft persönlich und unbeschränkt für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Dementsprechend wird die Rechtssubjektivität der juristischen Person auf der Rechtsfolgenseite weiter aufrechterhalten, sodass die Gesellschaft selbst weiterhin Schuldnerin des Gesellschaftsgläubigers bleibt.540 cc) Die Entwicklungen in der Rechtsprechung Die Haftung der hinter einer Gesellschaft stehenden Gesellschafter beschäftigt die deutsche Rechtsprechung seit den 1920er Jahren.541 Das Reichsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob der Geschäftsführer einer GmbH oder ihr einziger Gesellschafter bezüglich der Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden kann.542 Das Reichsgericht stellte fest, „der Richter [habe] aber vor der juristischen Konstruktion die Wirklichkeiten des Lebens und die Macht der Tatsachen zu berücksichtigen […]“543, sodass aus diesen Gründen auf das Vermögen des einzigen Gesellschafters einer GmbH zugegriffen werden könne. In der Folgezeit hat die Rechtsprechung den Zugriff auf das persönliche Vermögen der Gesellschafter trotz einer gesetzlich vorgesehen Haftungsbeschränkung in einer Vielzahl von Entscheidungen zugelassen.544 538

Die juristische Person wegzufingieren sei „einfach eine Notwendigkeit“, Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 530. 539 Gross, SchiedsVZ 2006, 194, 196. 540 Michalski / ​Lieder, § 13, Rn. 380. 541 Mülhens, Haftungsdurchgriff, 86. 542 Reichsgericht, Urt. v. 22.06.1920, III 68/20 = RGZ 99, 232 ff. 543 Reichsgericht, Urt. v. 22.06.1920, III 68/20 = RGZ 99, 234 ff. 544 Reichsgericht, Urt. v. 21.10.1921 = RGZ 103, 64, 66: „die Gesellschaft m.b.H. [hat] selbstständige Persönlichkeit […] Aber das hat Grenzen. Es gibt einen Punkt, wo die Konsequenz zur Unmöglichkeit wird“; Reichsgericht, Urt. v. 19.05.1930 = RGZ 129, 50, 53; Bundesgerichtshof, Urt. v. 30.01.1956, II ZR 168/54 = BGHZ 20, 4, 14: „Die Rechtsfigur der juristischen Person kann nur in dem Umfang Beachtung finden, in dem ihre Verwendung dem Zweck der Rechtsordnung entspricht. Es genügt nicht, daß diese Rechtsfigur ihren eigenen Zwecken gemäß benutzt wird“; Bundesgerichtshof, Urt. v. 29.11.1956, II ZR 156/55 = BGHZ 22, 226, 230;

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Eine ausdrückliche dogmatische Rechtfertigung lässt sich den zur echten Durchgriffshaftung ergangenen Entscheidungen hingegen nicht entnehmen.545 Die Kritik einer unzureichenden dogmatischen Rechtfertigung wies der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahr 1961 unter Verweis auf die Vielfalt der Lebensverhältnisse zurück.546 Neben der dogmatischen Rechtfertigung blieben die Voraussetzungen der Durchgriffshaftung insbesondere in der älteren Rechtsprechung weitgehend unklar.547 Das Reichsgericht und die früheren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs führten die persönliche Haftung der Gesellschafter auf eine Durchbrechung des Trennungsprinzips zurück. Die „Rechtsfigur der juristischen Person [werde] beiseitegeschoben, falls eine sachgerechte Entscheidung nur dann möglich ist, wenn die realen Kräfte aufgesucht werden, die hinter der juristischen Person stehen“548. Letztlich wurden, vergleichbar zu den Missbrauchslehren, die Gesellschaft und ihre Gesellschafter als Einheit angesehen.549 Zur Rechtfertigung der Durchgriffshaftung verweist die ältere Rechtsprechung auf den Grundsatz von Treu und Glauben, da die Berufung der Gesellschafter auf die eigenständige Rechtssubjektivität der Gesellschaft dem Zweck der Rechtsordnung wider­ spreche.550 Demzufolge sei es den Gesellschaftern nach Treu und Glauben versagt, sich auf die rechtliche Selbstständigkeit der Gesellschaft und dementsprechend die Haftungsbeschränkung zu berufen. Die jüngere Rechtsprechung geht hinsichtlich der dogmatischen Rechtfertigung der Durchgriffshaftung neue Wege. In der Autokran-​Entscheidung551 führte der Bundesgerichtshof die persönliche Haftung der GmbH-​Gesellschafter auf eine Einschränkung des § 13 Abs. II GmbHG zurück552. Dieser Begründung hat sich

Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.07.1957, II ZR 54/56 = BGHZ 25, 115, 117; Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.03.1959, II ZR 180/57 = BGHZ 29, 385, 392. 545 Boujong, Das Trennungsprinzip des § 13 Abs. 2 GmbHG und seine Grenzen in der neueren Judikatur des Bundesgerichtshofes, 742. 546 Bundesgerichtshof, Urt. v. 04.07.1961, VI ZR 84/60 = WM 1961, 1103 ff.: „Serick (Rechtsform und Realität juristischer Personen, 1955, S. 13; vgl. auch Serick, Durchgriffsprobleme bei Vertragsstörungen 1959 S. 21) bedauert, daß den Urteilen, die die Rechtsform der juristischen Person mißachtet haben, die festen dogmatischen Grundlagen fehlen. Es ist jedoch nicht daran vorbeizukommen, daß die Vielfalt der Lebensverhältnisse eine dogmatische Grundlegung erschwert, so daß immer wieder der einzelne Fall neu betrachtet werden muß, […]“. 547 Insbesondere das Erfordernis eines subjektiven Elements wurde nicht einheitlich beurteilt, sodass der älteren Rechtsprechung eine grundsätzliche Konzeptlosigkeit hinsichtlich der Voraussetzungen der Durchgriffshaftung vorgeworfen wird Holeweg, Strohmanngesellschaften, 94 m. w. N. 548 Bundesgerichtshof, Urt. v. 04.07.1961, VI ZR 84/60 = WM 1961, 1103 ff. 549 Schmidt, Gesellschaftsrecht, 95. 550 Bundesgerichtshof, Urt. v. 14.12.1959, II ZR 187/57 = BGHZ 31, 258, 271; Bundesgerichtshof, Urt. v. 08.07.1970, VIII ZR 28/69 = BGH NJW 1970, 2015, 2016; Bundesgerichtshof, Urt. v. 29.11.1956, II ZR 156/55 = BGHZ 22, 226 ff. 551 Bundesgerichtshof, Urt. v. 16.09.1985, II ZR 275/84 = BGHZ 95, 330. 552 Bundesgerichtshof, Urt. v. 16.09.1985, II ZR 275/84 = BGHZ 95, 330, 332: „Wenn aber ein Ausnahmetatbestand vorliegt, dessentwegen sich die GmbH-​Gesellschafter auf die rechtliche

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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der Bundesgerichtshof für die Begründung der Existenzvernichtungshaftung in der KBV-​Entscheidung553 entsprechend angeschlossen und die persönliche Haftung mit dem Verlust des Haftungsprivilegs begründet554. Da die Rechtsprechung die Durchgriffshaftung auf einem Verlust des Haftungsprivilegs zurückführt, kommt sie zu vergleichbaren Ergebnissen wie die Normzwecklehre und begründet die persönliche Haftung mittels einer entsprechenden Anwendung des § 128 S. 1 HGB.555 Eine Grundsatzentscheidung, wonach sich die Rechtsprechung zweifelsfrei zu einer in der Literatur entwickelten Lehre bekennt, ist jedoch noch nicht ergangen. Seit der Trihotel-​Entscheidung556 ist hingegen geklärt, dass die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Fallgruppe der Existenzvernichtungshaftung auf § 826 BGB zurückzuführen und eine eigenständige Haftungsfigur, die an den Missbrauch der Rechtsform anknüpft, aufzugeben ist.557 Die Existenzvernichtungshaftung begründet einen Innenanspruch der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern558. Die Existenzvernichtungshaftung führt daher nicht zu einer Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sodass es sich um keinen Fall der echten Durchgriffshaftung handelt. Liegt kein Fall der Existenzvernichtungshaftung vor, kann daher ungeachtet der Trihotel-​Entscheidung angenommen werden, dass die Rechtsprechung die persönliche Haftung der Gesellschafter weiterhin mit einer Einschränkung der Haftungsbeschränkung rechtfertigt. dd) Stellungnahme Eine Rechtsordnung, welche die Rechtssubjektivität von Gesellschaften anerkennt, muss dem gezielten Missbrauch juristischer Personen zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger entgegentreten. Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, Selbständigkeit der GmbH als juristische Person nicht berufen dürfen, so heißt das, daß sie zu behandeln sind, als hätten sie das von der GmbH betriebene Handelsgeschäft selbst ohne Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG) geführt. In entsprechender Anwendung der §§ 105,128 HGB haften sie daher persönlich“. 553 Bundesgerichtshof, Urt. v. 24.06.2002, II ZR 300/00 = BGHZ 151, 181. 554 Bundesgerichtshof, Urt. v. 24.06.2002, II ZR 300/00 = BGHZ 151, 181, 287: „Allein dieses Zusammenspiel von Vermögenstrennung und Vermögensbindung einerseits sowie die Haftungsbeschränkung andererseits vermag das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG zu rechtfertigen. Entziehen die Gesellschafter unter Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf diese Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten, so liegt darin, wie der Senat schon früher ausgesprochen hat (vgl. BGHZ 122, 123 – TBB), ein Mißbrauch der Rechtsform der GmbH, der zum Verlust des Haftungsprivilegs führen muß“. Zur Entwicklung der Rechtsprechung im Bereich der Existenzvernichtungshaftung: BeckOK GmbHG / ​Wilhelmi, § 13, Rn. 74 ff. 555 Vgl. Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil v. 14.11.2005, II ZR 178/03 = BGHZ 165, 85 ff. 556 Bundesgerichtshof, Urt. v. 16.07.2007, II ZR 3/04 = BGHZ 173, 246 ff. 557 Bundesgerichtshof, Urt. v. 16.07.2007, II ZR 3/04 = BGHZ 173, 246 ff. 558 BeckOK GmbHG / ​Wilhelmi, § 13, Rn. 118 m. w. N.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

dass die persönliche Haftung der Gesellschafter in ihrem Grundsatz ein geeignetes Mittel darstellt, die schutzwürdigen Interessen der Gesellschaftsgläubiger zu wahren und so die vom Gesetzgeber zum Ausdruck gekommenen Interessen hinreichend zu schützen.559 Es muss Konstellationen geben, in denen die Gesellschaftsgläubiger trotz der Haftungsbeschränkung auf das persönliche Vermögen der Gesellschafter zugreifen können. Es hat sich gezeigt, dass die heutige Normzwecklehre die Durchgriffshaftung auf eine zweckorientierte teleologische Reduktion der die Haftung beschränkenden Norm zurückführt. Eine teleologische Reduktion ist dann geboten, wenn eine gesetzliche Rechtsregel entgegen ihrem Wortlaut, aber gemäß ihrem Sinn und Zweck eine Einschränkung bedarf, die aus dem Gesetzestext nicht ausdrücklich hervorgeht.560 Zwar geht aus dem Wortlaut des § 1 Abs. I S. 2 AktG und des § 13 Abs. II GmbHG keine Einschränkung der Haftungsbeschränkung hervor. Wird die juristische Person jedoch zu Zwecken eingesetzt, die dem Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung widersprechen, kann die Haftungsbeschränkung entgegen ihrem Wortlaut teleologisch reduziert werden. In welchen Fällen die Haftungsbeschränkung teleologisch reduziert werden kann, orientiert sich daher an keiner Generalformel, sondern an den gesetzgeberischen Interessen, die der konkreten Norm zugrunde liegen. Der Normzwecklehre ist vorgeworfen worden, dass sie nicht in der Lage sei, geeignete Kriterien zur Begründung der Durchgriffshaftung aufzustellen.561 Die teleologische Reduktion der Haftungsbeschränkung sei die Rechtsfolge der Durchgriffshaftung und nicht ihre Voraussetzung, sodass unklar bleibe, in welchen Fällen die Normen teleologisch zu reduzieren seien.562 Lediglich die Missbrauchslehre biete geeignete Kriterien die Durchgriffshaftung zu begründen.563 Wird die Durchgriffshaftung hingegen anhand der Missbrauchslehre begründet, stellt sich gleichermaßen die Frage, in welchen konkreten Fällen ein Missbrauch der Rechtsform angenommen werden kann. Die unterschiedlichen Begründungsmodelle der Durchgriffshaftung vereint daher, dass sich die Tatbestandsvoraussetzungen der Durchgriffshaftung nicht abschließend beschreiben lassen. Insofern ist der Hinweis des Bundesgerichtshofs zutreffend, dass die Vielfalt der Lebensverhältnisse eine abstrakt-​generelle Festlegung der Tatbestandsvoraussetzungen der Durchgriffshaftung erschwert.564 Weitgehend Einigkeit besteht jedoch dahingehend, dass die Durchgriffshaftung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen kann.565 Wo jedoch die Grenze zum Rechtsmissbrauch zu ziehen ist oder in welchen konkreten Fällen ein Verhalten gegen den Sinn und Zweck einer Haftungsbeschränkung 559

Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 205. Larenz / ​Canaris, Methodenlehre, 210. 561 Holeweg, Strohmanngesellschaften, 125. 562 Holeweg, Strohmanngesellschaften, 125. 563 Holeweg, Strohmanngesellschaften, 125. 564 In diesem Sinne Bundesgerichtshof, Urt. v. 04.07.1961, VI ZR 84/60 = WM 1961, 1103 ff. 565 MüKoGmbHG / ​Merkt, § 13, Rn. 344 m. w. N. 560

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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verstößt, ist seit Beginn der Diskussion über die dogmatische Rechtfertigung der Durchgriffshaftung im Wesentlichen ungeklärt.566 Bleibt unklar, in welchen Fällen trotz Haftungsbeschränkung auf die Gesellschafter zugegriffen werden kann, ist insbesondere aus Perspektive der Gesellschafter auf die damit verbundene Rechtsunsicherheit hinzuweisen. Literatur und Rechtsprechung greifen auf Fallgruppen zurück, um die Tatbestandsvoraussetzungen der Durchgriffshaftung zu konkretisieren. Vor diesem Hintergrund bietet die Normzwecklehre Vorteile gegenüber der Missbrauchslehre. Die Normzwecklehre führt die Durchgriffshaftung auf eine konkrete Rechtsnorm und keine Generalklausel zurück, sodass sich ausgehend vom Sinn und Zweck einer einzelnen Norm konkrete Fallgruppen entwickeln lassen.567 Dementsprechend kann die Rechtsprechung für jede Gesellschaftsform die der Haftungsbeschränkung zugrundeliegenden Interessen feststellen und infolgedessen ausgehend vom gesetzgeberischen Zweck die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion konkretisieren. Ferner orientiert sich die Feststellung, ob im konkreten Fall eine teleologische Reduktion der Haftungsbeschränkung geboten ist, bei Anwendung der Normzwecklehre an den objektiven Umständen des Einzelfalls. Dementsprechend entfällt der unter Umständen schwer zu führende Nachweis einer subjektiven Missbrauchs-​oder Umgehungsabsicht, die von der subjektiven Missbrauchslehre für einen Haftungsdurchgriff voraussetzt wird.568 Zwar verzichtet auch die objektive Missbrauchslehre auf den Nachweis dieses subjektiven Elements. Entscheidend gegen die Missbrauchslehre spricht jedoch die von der objektiven und subjektiven Missbrauchslehre vorgesehene Rechtsfolge. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Missbrauchslehre vor, wird die juristische Person wegfingiert und die Gesellschafter haften unmittelbar aus eigener Schuld für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. An dieser Rechtsfolge zeigt sich, dass die Missbrauchslehre die Rechtsfähigkeit von juristischen Personen insgesamt relativiert und für jeden Einzelfall in Frage stellt569. Hängt Rechtsträgerschaft der Gesellschaft vom jeweiligen Einzelfall ab, wird das Rechtsinstitut der juristischen Person hingegen weitgehend aufgelöst und entwertet.570 Dieses Ergebnis vermeidet die Normzwecklehre, da in Einzelfällen lediglich die Haftungsbeschränkung eingeschränkt und die Gesellschaft weiterhin die Schuldnerin der Gesellschaftsverbindlichkeiten bleibt. Dementsprechend haften die Gesellschafter für fremde Schuld als Folge ihrer Mitgliedschaft.571 Darüber hinaus müsste die konsequente Anwendung der Missbrauchslehre dazu führen, dass das Wegfingieren der Gesellschaft den Gesellschaftsgläubigern die 566 „Wo liegt aber – so wird man fragen – diese Grenze?“, Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 204. 567 Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 537. 568 Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 537. 569 Ähnlich bereits Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 525. 570 Vgl. Müller-​Freienfels, AcP 156 (1957), 522, 525. 571 Zur Haftung für fremde Schuld als Folge der Mitgliedschaft in der Gesellschaft Staub / ​ Habersack, § 128, Rn. 17.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Möglichkeit nimmt, die Gesellschafter neben der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Dementsprechend hat die Normzwecklehre für die Gesellschaftsgläubiger den Vorteil, dass die Gesellschafter als weitere Schuldner neben die Gesellschaft treten.572 Aus diesen Gründen ist hinsichtlich der dogmatischen Rechtfertigung der Durchgriffshaftung in Übereinstimmung mit der wohl herrschenden Auffassung an der Normzwecklehre festzuhalten. b) Die Bindung an die Schiedsvereinbarung Welche Rückschlüsse lassen sich aus der dogmatischen Rechtfertigung der Durchgriffshaftung nun jedoch für die Bindung der einzelnen Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung ziehen? Die wohl herrschende Auffassung spricht sich für eine Bindung des Gesellschafters an die von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung aus, soweit der Gesellschafter gegenüber dem Gesellschaftsgläubiger für die Gesellschaftsverbindlichkeit haftet.573 Es hat sich gezeigt, dass die Durchgriffshaftung auf eine teleologische Reduktion der Haftungsbeschränkung zurückzuführen ist und die Gesellschafter einer AG oder GmbH mangels Haftungsprivileg aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 128 S. 1 HGB für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haften. Wie bereits festgestellt, werden die persönlich haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden. Führt der Wegfall des Haftungsprivilegs dazu, dass die Gesellschafter einer AG oder GmbH letztlich wie Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft behandelt werden, könnten sich die für die Personengesellschaft festgestellten Ergebnisse zur Bindung an die Schiedsvereinbarung auf die Durchgriffshaftung übertragen lassen574. In diesem Fall werden die im Wege der Durchgriffshaftung in Anspruch genommenen Gesellschafter in Folge ihrer persönlichen Haftung nach § 128 S. 1 HGB an eine zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschaftsgläubiger abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden.575 Gegen die Bindung des Gesellschafters wird vorgebracht, dass die echte Durchgriffshaftung zu einer Haftung für fremde Schuld führe und der Gesellschafter infolgedessen nicht an eine zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden sei.576 Hiergegen lässt sich jedoch anführen, dass sich die Bindung des persönlich haftenden Gesellschafters auf die dem 572

Anzumerken ist, dass der parallele Zugriff auf die Gesellschaft den Gläubigern im Insolvenzfall keine Vorteile verschafft. 573 Vgl. Gross, SchiedsVZ 2006, 194, 195. Kritisch Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 117; vgl. Gottwald, Zur Bindung Dritter an internationale Gerichtsstands-​und Schiedsvereinbarungen, 133 m. w. N. Kritisch wohl Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.243. 574 Ähnlich bereits Niklas, Subjektive Reichweite, 214. 575 Im Ergebnis bereits Gross, SchiedsVZ 2006, 194, 195. 576 Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 277. Wegen der fehlenden Vorhersehbarkeit einer Durchgriffshaftung ebenfalls kritisch Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 117.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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§ 128 S. 1 HGB zugrundeliegende Wertung des Gesetzgebers zurückführen lässt und es dementsprechend zu einer kraft Gesetz eintretenden Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung kommt. Zwar ist richtig, dass der Gesellschafter nach § 128 S. 1 HGB aus eigener Schuld haftet. Die der Gesellschafterhaftung zugrundeliegenden Wertungen bedingen es jedoch, dass der Gesellschafter betreffend die Gesellschaftsverbindlichkeiten ungeachtet einer Haftung aus eigener Schuld an die Schiedsvereinbarung gebunden werden kann577. Anderenfalls wird der Gesellschafter zwar hinsichtlich der materiellrechtlichen Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeit der Gesellschaft weitgehend gleichgestellt, hinsichtlich der prozessualen Stellung des Gesellschafters würde es jedoch zu einer Schlechterstellung des Gläubigers kommen, da sich der Gläubiger gegenüber dem Gesellschafter vor staatlichen Gerichten auseinandersetzen müsste.578 Mit Recht wird daher darauf hingewiesen, dass sich die Bindung des Gesellschafters einerseits mit dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger rechtfertigen lässt und andererseits der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen entgegen getreten wird.579 Wird in Folge des Wegfalls des Haftungsprivilegs die Haftungsnorm des § 128 S. 1 HGB entsprechend zur Anwendung gebracht, muss auch die § 128 S. 1 HGB zugrundeliegende Abwägung zwischen dem Sicherungsinteresse der Gesellschaftsgläubiger und den schutzwürdigen Interessen der Gesellschafter auf die Durchgriffshaftung übertragen werden.580 Den Gläubigern einer Kapitalgesellschaft sind die einzelnen Gesellschafter im Zweifel unbekannt. Besteht im Verhältnis zur Gesellschaft eine Schiedsvereinbarung, haben die Gläubiger infolgedessen ein Interesse daran, sich auch gegenüber den Gesellschaftern vor dem vereinbarten Schiedsgericht und sich nicht an einem unvorhersehbaren Beklagtengerichtsstand auseinanderzusetzen. Der Gesellschafter ist seinerseits jedoch daran interessiert, sich nicht vor einem Schiedsgericht auseinanderzusetzen, dessen Zuständigkeit er selbst nicht vereinbart und damit ebenfalls nur eingeschränkt absehen kann. Für die Personenhandelsgesellschaft wurde die Abwägung zugunsten der Gläubigerinteressen insbesondere dadurch gerechtfertigt, dass sich die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft bewusst dem mit der Mitgliedschaft verbundenen Haftungsrisiko aussetzen581. Es fragt sich jedoch, ob sich diese Wertung auf eine Kapitalgesellschaft übertragen lässt. Hiergegen spricht, dass die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft im Gegensatz zu den Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft gerade nicht davon ausgehen, uneingeschränkt mit dem eigenen Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften. Der Betei 577

Vgl. Gross, SchiedsVZ 2006, 194, 196. Gross, SchiedsVZ 2006, 194, 196. 579 Gross, SchiedsVZ 2006, 194, 196. 580 Die Bindung der persönlich haftenden Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft ließ sich letztlich insbesondere auf die der Haftungsnorm des § 128 S. 1 HGB zugrundeliegenden Wertungen zurückführen. 581 Zur Abwägung der betroffenen Interessen bei der Personenhandelsgesellschaft bereits oben Kapitel 2 III. 1. b) cc) (2). 578

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

ligung an einer Kapitalgesellschaft liegt vielmehr die Vorstellung zugrunde, dass die über das Gesellschaftsvermögen hinausgehende Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten dem Wesen der Kapitalgesellschaft nach bereits ausgeschlossen ist. Auf der anderen Seite hat sich jedoch gezeigt, dass die teleologische Reduktion des Haftungsprivilegs auf Ausnahmefälle beschränkt sein muss, in denen aus den Umständen des Einzelfalls darauf zu schließen ist, dass die juristische Person zu Zwecken eingesetzt wird, die dem Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung widersprechen. Setzen die Gesellschafter die juristische Person zu Zwecken ein, die dem Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung widersprechen, verdienen die Gläubigerinteressen den Vorrang vor den schutzwürdigen Interessen der Gesellschafter. Dementsprechend fällt die Abwägung zugunsten der Gesellschaftsgläubiger aus, sodass bei einem Wegfall des Haftungsprivilegs und entsprechender Anwendung des § 128 S. 1 HGB die der Haftungsnorm zugrundeliegende Wertung zu einer Bindung der Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung führt582. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass die Gesellschaftsgläubiger zur Durchsetzung ihrer Ansprüche aus der echten Durchgriffshaftung vor dem mit einer Kapitalgesellschaft vereinbarten Schiedsgericht gegen die Gesellschafter vorgehen können und sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung auf eine teleologische Reduktion des Haftungsprivilegs und den Sinn und Zweck des § 128 S. 1 HGB zurückführen lässt. c) Exkurs: Das englische Recht In der englischsprachigen Literatur werden die hier betrachteten Konstellationen der Durchgriffshaftung unter dem Begriff „piercing the corporate veil“583 diskutiert. Die „piercing the corporate veil“ Doktrin zählt seit dem frühen zwanzigsten Jahrhundert zu den umstrittensten Rechtserscheinungen der anglo-​amerikanischen Literatur, sodass sich die hierzu veröffentlichten Werke nicht vollständig erfassen lassen.584 Die Rechtsprechung der Gerichte in England und Wales585 ist entgegen früherer Tendenzen zurückhaltend in der Anwendung der Durchgriffshaftung.586 Auch im 582 Tritt in Folge der Normzwecklehre der Gesellschafter als Schuldner neben die Gesellschaft, hat die Bindung der Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung den Vorteil, dass es zu keiner Rechtswegaufspaltung zwischen dem Gesellschafter-​und Gesellschaftsprozess kommt. 583 Vereinzelt auch „lifting the corporate veil“. 584 Überblickend mit einem Rechtsvergleich zwischen England und den Vereinigten Staaten: Cheng, Corporate Veil, 329, 330. 585 Im Folgenden wird vereinfacht von der englischen Rechtsprechung und dem englischen Recht gesprochen. 586 Zur Entwicklung der englischen „corporate veil doctrine“ Cheng, Corporate Veil, 329, 334 ff., der die Entwicklungs-​und Anwendungsgeschichte der englischen Ausprägungen der Durchgriffshaftung in drei Perioden beschreibt: Die erste Periode beginne 1897 mit der Salomon-​Entscheidung des House of Lords (Salomon v Salomon & Co Ltd [1896] UKHL 1 (16 November 1896)). Diese Periode lasse sich als Experimentalperiode beschreiben und ende mit dem zweiten Weltkrieg. Die nachfolgende zweite Periode markiere bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts den Höhepunkt der Durchgriffshaftung, in welcher diese weitgehend auf

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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englischen Recht herrscht der Grundsatz, dass die Mitglieder einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit nicht für die Gesellschaftsverbindlichkeiten herangezogen werden können.587 Es ist strikt zu unterscheiden, ob die Durchgriffshaftung mittels einer ausdrücklich geregelten Gesetzesbestimmung588 angeordnet ist oder aus dem Fallrecht589 hervorgeht590. Insbesondere im Insolvenz-​und Gesellschaftsrecht sehen statutory provisions die Durchgriffshaftung ausdrücklich vor.591 Sofern der Wortlaut die Durchgriffshaftung nicht ausdrücklich anordnet, spricht sich die Rechtsprechung jedoch dagegen aus, die Durchgriffshaftung auf eine statutory provision zurückzuführen.592 Ferner wird bezweifelt, ob es sich bei den ausdrücklich in einer Norm vorgesehenen Fällen der Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten tatsächlich um einen Fall der Durchgriffshaftung handelt, oder ob der Haftung vielmehr eine selbstständige, gesetzlich angeordnete Verpflichtung gegenüber dem Dritten zugrunde liegt.593 Die gesetzlich geregelten Fälle der Durchgriffshaftung sollen im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung unberücksichtigt bleiben. Es fragt sich jedoch, unter welchen Voraussetzungen unter Rückgriff auf das common law eine Durchgriffshaftung und dementsprechend eine Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf die Gesellschafter zulässig ist. aa) Die Entwicklung der Durchgriffshaftung im common law Den ersten Entscheidungen zur Durchgriffshaftung lassen sich keine analytischen Erwägungen hinsichtlich der Voraussetzungen einer Durchgriffshaftung entnehmen.594 Erst die Entscheidung in der Streitsache Smith, Stone and Knight Zustimmung gestoßen sei. Mit Beginn der dritten und letzten Periode durch die Woolfson-​ Entscheidung (Woolfson v Strathclyde RC [1978] UKHL 5 (15 February 1978)) werde die Durchgriffshaftung jedoch unter weitgehender Zurückhaltung nur in Ausnahmefällen zur Anwendung gebracht. 587 Dieser Grundsatz wird auf die Entscheidung Salomon v A Salomon & Co Ltd, [1897] AC 22 zurückgeführt und als Salomon-​Prinzip bezeichnet. Hierzu: French / ​Mayson  / ​Ryan, On Company Law, 131; Worthington, Company Law, 63; Kershaw, Company Law in context, 46. 588 Sog. „statutory provision“. 589 Sog. „common law“. 590 Gower / ​Davies, Modern Company Law, 214. 591 Siehe insbesondere die Durchgriffshaftung folgender Bestimmungen: Insolvency Act 1986, Section 212 ff.; Companies Act 2006, Section 767 (3); Companies Directors Disqualifications Act 1986, Section 15. Überblickend zu den gesetzlichen Regelungen der Durchgriffshaftung French / ​Mayson  / ​Ryan, On Company Law, 133; Grier, Company Law, 25 ff. 592 Gower / ​Davies, Modern Company Law, 216. Eine aktuelle Entscheidung des Supreme Court verdeutlicht die Zurückhaltung der Rechtsprechung die Durchgriffshaftung ohne entsprechenden Wortlaut aus gesetzlichen Bestimmungen abzuleiten. In der Urteilsbegründung von Lord Sumption heißt es: „The language of this provision is clear.“ Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 37. 593 Worthington, Company Law, 81; French / ​Mayson  / ​Ryan, On Company Law, 133. 594 Aus diesen Gründen von einer Experimentalperiode sprechend Cheng, Corporate Veil, 329, 336 f.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

v Birmingham aus dem Jahr 1939595 setzte sich mit generellen Anforderungen für die Durchgriffshaftung auseinander596. Die Entscheidung formulierte sechs Anhaltspunkte, welche als Voraussetzungen der Durchgriffshaftung heranzuziehen seien.597 Diese Anhaltspunkte wurden von den Folgeentscheidungen jedoch weitgehend übergangen.598 Zwar bekam die Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts durch die Arbeiten von Lord Denning neuen Aufschwung.599 Einheitliche und damit voraussehbare Anforderungen an die Durchgriffshaftung bildete die Rechtsprechung jedoch auch in dieser Zeit nicht heraus, sodass die auf dem Fallrecht basierende Durchgriffshaftung als unbefriedigend und verwirrend empfunden wurde.600 (1) Die Prest-​Entscheidung Eine neuere Entscheidung des Supreme Court verschafft jedoch weitgehende Klarheit hinsichtlich der Voraussetzungen der Durchgriffshaftung. Die Prest-​Entscheidung601 kann gegenwärtig als Leitentscheidung für die Voraussetzungen der Durchgriffshaftung im englischen common law betrachtet werden602. Der Entscheidung lag eine Streitigkeit über die Auseinandersetzung des nachehelichen Vermögens der Revisionsklägerin Y und ihrem ehemaligen Ehemann 595 Smith, Stone and Knight Ltd v Lord Mayor, Aldermen and Citizens of the City of Birmingham, [1939] 4 All E. R. 116. 596 Cheng, Corporate Veil, 329, 337; Gower / ​Davies, Modern Company Law, 223. 597 In der Entscheidung heißt es wörtlich: „[…] I find six points which were deemed relevant for the determination of the question: Who was really carrying on the business? […]. Were the profits treated as the profits of the company? Thirdly was the company the head and the brain of the trading venture? […] Fourthly, did the company govern the adventure, decide what should be done and what capital should be embarked on the venture? Fifthly, did the company make the profits by its skill and direction? Sixthly, was the company in effectual and constant control?“ Smith, Stone and Knight Ltd v Lord Mayor, Aldermen and Citizens of the City of Birmingham, [1939] 4 All E. R. 116. Übersetzung durch den Verfasser: (1.) Wer hat tatsächlich die Geschäfte geführt? (2.) Wurden die Gewinne aus dem Geschäft als Gewinne des Mutterunternehmens behandelt? (3.) War das Mutterunternehmen der tatsächliche Kopf des Unterfangens? (4.) Traf das Mutterunternehmen die maßgeblichen Entscheidungen, insbesondere über den Investitionsumfang? (5.) Hat das Mutterunternehmen von dem Geschäft mittels der Kontrolle und der eigenen Kompetenz profitiert? (6.) Hatte das Mutterunternehmen die dauerhafte und tatsächliche Kontrolle über das Geschäft?“. 598 Cheng, Corporate Veil, 329, 337. 599 Viel zitiert ist in diesem Zusammenhang Lord Denning, der in der Entscheidung D. H. N. Food Distributors Ltd v Tower Hamlets London Borough Council, [1976] 1 W. L. R. 852 die Anforderungen der Druchgriffshaftung mit dem Erfordernis der „single economic entity“ konkretisierte. 600 In diesem Sinne Lord Neuberger: „It is […] clear from the cases and academic articles that the law relating to the doctrine is unsatisfactory and confused“, Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 64. 601 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415. 602 Vgl. Worthington, Company Law, 64; vgl. French / ​Mayson  / ​Ryan, On Company Law, 141.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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M zugrunde. Die Klage war darauf gerichtet, dass Y das Eigentum an mehreren Wohnimmobilien zu verschaffen sei. Zur Durchsetzung ihrer Ansprüche ging Y hingegen nicht unmittelbar gegen M vor, sondern gegen die Petrodel-​Unternehmensgruppe, die maßgeblich unter der Kontrolle des M stand. Fünf Immobilien standen im Eigentum des Unternehmens Petrodel Resources Ltd („PRL“), gegründet auf der Isle of Man. Zwei weitere Immobilien standen im Eigentum der Vermont Petroleum Ltd („VPL“), ebenfalls mit Gründung auf der Isle of Man. Es war darüber zu entscheiden, ob Y von M die Übertragung des Eigentums an den Grundstücken verlangen könne, obwohl diese nicht im Eigentum von M, sondern im Eigentum der Unternehmen PRL und VPL standen. Der erstinstanzlich zuständige High Court of Justice bejahte diese Frage und leitete die Haftung des M aus einer Vorschrift des Scheidungsfolgenrechts ab.603 Der Court of Appeal lehnte die Haftung hingegen ab, da diese nicht aus der betreffenden Norm hervorgehe und damit die Voraussetzungen der Durchgriffshaftung nicht erfüllt seien.604 Gegen diese Entscheidung richtete sich das von der Revisionsklägerin angestrengte Verfahren vor dem Supreme Court. Der Supreme Court stimmte den Feststellungen des Court of Appeal insoweit zu, als aus der betreffenden Vorschrift des Scheidungsfolgenrechts keine gesetzliche Durchgriffshaftung hervorgehe.605 Anschließend widmete sich das Gericht der Frage, ob die Voraussetzungen einer aus dem common law hervorgehenden Durchgriffshaftung vorliegen könnten. Diesbezüglich setzte sich der Supreme Court zunächst mit dem Grundprinzip auseinander, dass eine Gesellschaft eigene Rechten und Pflichten habe, sodass ein der Gesellschaft zustehendes Eigentum nicht das Eigentum der Gesellschafter sei.606 Es liege lediglich dann ein Fall der Durchgriffshaftung vor, wenn eine echte Ausnahme von diesem Grundprinzip gemacht werde.607 Dies sei beispielsweise der Fall, soweit der Inhaber eines Unternehmens rechtlich mit dem Unternehmen gleichgesetzt werde, welches der Inhaber maßgeblich kontrolliert.608 Anschließend setzte sich die Entscheidung vor dem Hintergrund bereits ergangener Entscheidungen mit der Rechtfertigung einer Durchgriffshaftung auseinander. Lord Sumption kommt hierbei zu dem Ergebnis, dass Einigkeit darüber bestehe, dass es bestimmte Umstände geben müsse, die eine Durchgriffshaftung rechtfertigen könnten.609 Anschließend führt er aus, dass es bei 603 Der High Court begründete die Durchgriffshaftung anhand Section 24 (1) (a) des Matrimonial Causes Act 1973, Prest v Prest [2011] EWHC 2956. 604 Lord Thorpe führt in der Urteilsbegründung wie folgt aus: „Insofar as he was suggesting that section 24(1)(a) enabled the court to treat a company’s property as belonging to its 100 % owner, he was wrong. Section 24(1)(a) confers no such jurisdiction“ Petrodel Resources Limited, Petrodel Upstream Limited, Vermont Petroleum Limited v Yasmin Aishatu Mohammed Prest, Michael Jenseabla Prest, Elysium Diem Limited [2012] EWCA Civ 1395, Rn. 157. 605 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 37 ff. 606 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 8 ff. 607 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 16. 608 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 16. 609 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 27.

214

2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Vorliegen sorgfältig festgelegter Umstände notwendig sei, die Durchgriffshaftung in gewissen Grenzen anzuerkennen, um das Recht nicht dem Rechtsmissbrauch auszusetzen.610 Die Schwierigkeit bestehe jedoch darin, die konkreten Umstände festzulegen, die eine Durchgriffshaftung rechtfertigen können.611 Der Rückgriff auf die Begriffe „Fassade“ oder „Täuschung“, anhand welcher in den bisher ergangenen Entscheidungen die Durchgriffshaftung begründet wurde, werfe zu viele Fragen auf und führe zu keiner zufriedenstellenden Antwort.612 Hinter den weitgehend unbestimmten Begriffen „Fassade“ oder „Täuschung“ stehen nach Auffassung von Lord Sumption zwei unterschiedliche Prinzipien, die voneinander zu unterscheiden seien.613 Die beiden Prinzipien ließen sich als Verschleierungs-​ und Ausweichprinzip bezeichnen.614 Ein einzelnes Unternehmen oder eine Unternehmensgruppe könne strukturell dazu genutzt werden, die Identität der dahinterstehenden tatsächlichen Akteure zu verschleiern. Das Verschleierungsprinzip besage dementsprechend, dass ein Gericht die hinter einem Unternehmen stehenden Akteure ermitteln kann, sofern diese Feststellung von rechtlicher Relevanz sei. In diesem Fall werde die „Fassade“ nicht umgangen, sondern lediglich hinter die Fassade geblickt, um die Tatsachen zu ermitteln, welche die Unternehmensstruktur verschleiern sollte. Das Verschleierungsprinzip sei daher nicht geeignet, eine Durchgriffshaftung zu begründen.

610 „This is because I think that the recognition of a limited power to pierce the corporate veil in carefully defined circumstances is necessary if the law is not to be disarmed in the face of abuse“, Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 27. 611 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 28. 612 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 28. Indem sich das Gericht mit den Begriffen „Fassade“ und „Täuschung“, im Originalwortlaut „facade“ und „sham“ auseinandersetzt, übt es direkte Kritik an bisherigen Entscheidungen zur Durchgriffshaftung. Das Kriterium „facade“ geht zurück auf die Entscheidung Woolfson v Strathclyde Regional Council [1978] SC (HL) 90. Das Kriterium „sham“ geht zurück auf die Entscheidung Jones v Lipman und andere [1962] 1 W. L. R. 832. Vgl. Kershaw, Company Law in context, 54 ff. Bereits in der Entscheidung VTB Capital plc v Nutritek International Corp und andere [2013] UKSC 5, [2013] 2 AC 337 wurde der Rückgriff auf die Vielzahl an Begriffen von Lord Neuberger kritisiert: „Words such as „façade“, and other expressions found in the cases, such as „the true facts“, „sham“, „mask“, „cloak“, „device“, or „puppet“ may be useful metaphors. However, such pejorative expressions are often dangerous, as they risk assisting moral indignation to triumph over legal principle, and, while they may enable the court to arrive at a result which seems fair in the case in question, they can also risk causing confusion and uncertainty in the law“, VTB Capital plc v Nutritek International Corp und andere [2013] UKSC 5, [2013] 2 AC 337, Rn. 124. 613 Die Unsicherheiten hinsichtlich der Durchgriffshaftung seien maßgeblich darauf zurückzuführen, dass die den bisher verwandten Begriffen zugrundeliegenden Prinzipien nicht voneinander abgegrenzt wurden Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 28. 614 Jeweils in freier Übersetzung durch den Verfasser. In der Entscheidung werden die Prinzipien als „Concealment Principle“ und als „Evasion Principle“ bezeichnet. Zu Inhalt und Abgrenzung der Prinzipien Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 28.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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Von dem Verschleierungsprinzip zu trennen sei das Ausweichprinzip.615 Hiernach müsse dem Gläubiger ein unmittelbarer Rechtsanspruch gegen die jeweilige Person. Dieser Rechtsanspruch müsse unabhängig von der Beteiligung der Gesellschaft entstanden sein. Letztlich müsse die Gesellschaft dem Rechtsanspruch dahingehend zwischengeschaltet sein, dass die eigenständige Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft den Rechtsanspruch vereitelt oder die Durchsetzung des Anspruchs verhindert. Das Ausweichprinzip entspreche daher einem Grundsatz des englischen Rechts, wonach eine Durchgriffshaftung dann gerechtfertigt sei, wenn die eigenständige Rechtspersönlichkeit zur Umgehung des Rechts eingesetzt oder die Anspruchsdurchsetzung hierdurch gezielt verhindert werden soll. Für die aus dem Fallrecht hervorgehende Durchgriffshaftung lässt sich damit festhalten, dass diese ausschließlich in Folge des Ausweichprinzips in Betracht kommt.616 Auch wenn die Rechtsprechung bereits vor der Prest-​Entscheidung die Haftung der Gesellschafter unter Rückgriff auf die Durchgriffshaftung angenommen hat, liegt es nach Auffassung von Lord Neuberger nahe, dass die Voraussetzungen der Durchgriffshaftung in keinem der bereits hierzu entschiedenen Fälle tatsächlich vorgelegen haben und die Haftung in diesen Fällen vielmehr anhand etablierter Rechtsprinzipien begründet werden könne.617 Beispielsweise komme in Betracht, die Haftung der Gesellschafter damit zu begründen, dass die Gesellschaft im Einzelfall lediglich als Vertreter für die Gesellschafter gehandelt habe.618 Die Prest-​Entscheidung stellt klar, dass die Durchgriffshaftung lediglich subsidiär hinter anderen Haftungsmodellen in Betracht kommen kann, da bei Bestehen anderer Zugriffsmöglichkeiten eine Durchgriffshaftung nicht mit dem Ausweichprinzip gerechtfertigt werden könne.619 Ferner sei die Durchgriffshaftung nicht auf Gesellschaften beschränkt. Es könne angenommen werden, dass das Ausweichprinzip eine Durchgriffshaftung auch dann rechtfertige, wenn keine Gesellschaft, sondern eine natürliche Person wie beispielsweise der Ehepartner einer Haftung zwischengeschaltet sei.620 Im Ergebnis gab der Supreme Court der Revisionsbeklagten recht, da die Voraus­setzungen der aus dem common law hervorgehenden Durchgriffshaftung 615

In der Entscheidung heißt es hierzu: „The evasion principle is different. It ist hat the court may disregard the corporate veil if there is a legal right against the person in control of it which exists independently of the company’s involvement, and a company is interposed so that the separate legal personality of the company will defeat the right or frustrate its enforcement“. 616 French / ​Mayson  / ​Ryan, On Company Law, 141. 617 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 64; Worthington, Company Law, 64. 618 Weitere Beispiele bei Worthington, Company Law, 64. 619 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 35. Lord Neuberger führt hierzu aus: „Furthermore, I agree that, if the court has power to pierce the corporate veil, […] it could only do so in favour of a party when all other, more conventional, remedies have proved to be of no assistance“, Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 62. 620 Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 83.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

ebenfalls nicht erfüllt seien.621 Die Übertragung des Eigentums an die Petrodel-​ Unternehmensgruppe diente nach Auffassung des Gerichts nicht dem Zweck, die Durchsetzung von Ansprüchen zu vereiteln, die Y unmittelbar gegen M zustehen könnten. Die Immobilien seien den Unternehmen lange vor dem Scheitern der Ehe übertragen worden. Auch wenn sich M unangemessen verhielt, habe die Übertragung daher nicht dem Zweck gedient, eine Haftung gegenüber seiner damaligen Ehefrau zu umgehen. (2) Die Notwendigkeit eines bestehenden Direktanspruchs Die Prest-​Entscheidung hat gezeigt, dass dem Gläubiger ein unmittelbarer Direktanspruch gegen den Gesellschafter zustehen muss. Nur für den Fall, dass die Haftung des Gesellschafters gegenüber dem Gläubiger durch das Dazwischenschalten der Gesellschaft vereitelt wird und andere Haftungsmodelle ausscheiden, kommt ein Rückgriff auf die aus dem common law hervorgehende unechte Durchgriffshaftung in Betracht.622 Wird ein eigenständiger, von der Gesellschaft unabhängiger Anspruch vorausgesetzt, kann ein Gesellschafter im Vergleich zur Rechtslage in Deutschland hingegen nicht mittels einer echten Durchgriffshaftung für Verbindlichkeiten einer Gesellschaft haftbar gemacht werden. Dies hat der Supreme Court in der VTB-​Entscheidung623 ausdrücklich klargestellt. Einen Dritten über die Durchgriffshaftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, führe zu einer unzulässigen Ausdehnung der Durchgriffshaftung.624 Werde über die Durchgriffshaftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf einen Dritten zugegriffen, werde dieser so behandelt als sei er selbst der Vertragspartner des Gläubigers.625 Der richtige Ansatzpunkt für die Haftung des Dritten sei vielmehr ein Rückgriff auf bestehende Grundprinzipien des Vertragsrechts.626 Der Dritte hafte demnach nur dann für vertragliche Verbindlichkeiten, wenn aus Perspektive eines objektiven Beobachters davon ausgegangen werden könne, dass sich der Dritte selbst einer vertraglichen Verpflichtung unterwerfen

621

Prest v Petrodel Resources Ltd [2013] UKSC 34, [2013] 2 AC 415, Rn. 36. In der Prest-​Entscheidung stand die Durchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaftsgläubigerin gegen den Gesellschafter aus dem Scheidungsfolgenrecht in Frage. Daneben kommen insbesondere „equitable remedies“ oder „freezing injunctions“ als unmittelbare Direktansprüche in Betracht, French / ​Mayson  / ​Ryan, On Company Law, 139. 623 VTB Capital plc v Nutritek International Corp und andere [2013] UKSC 5, [2013] 2 AC 337. 624 In gewissermaßen keiner bisher ergangenen Entscheidung zur Durchgriffshaftung sei entsprechend verfahren worden, VTB Capital plc v Nutritek International Corp und andere [2013] UKSC 5, [2013] 2 AC 337, Rn. 140 ff. 625 VTB Capital plc v Nutritek International Corp und andere [2013] UKSC 5, [2013] 2 AC 337, Rn. 140. 626 VTB Capital plc v Nutritek International Corp und andere [2013] UKSC 5, [2013] 2 AC 337, Rn. 140. 622

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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wollte.627 Für das englische Recht bleibt damit im Ergebnis festzuhalten, dass das common law für die Durchgriffshaftung eine Verbindlichkeit des Gesellschafters gegenüber dem Dritten voraussetzt und keine echte Durchgriffshaftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten vorgesehen ist.628 bb) Die Bindung an die Schiedsvereinbarung Die vorangegangene Analyse zeigt, dass die aus dem common law hervorgehende Durchgriffshaftung einen von der Gesellschaftsverbindlichkeit unabhängigen Direktanspruch des Gläubigers gegen den Gesellschafter voraussetzt, sodass eine echte Durchgriffshaftung infolgedessen nicht vorgesehen ist629. Demgegenüber anerkennt das common law die unechte Durchgriffshaftung zur Durchsetzung eines einem Dritten gegen den Gesellschafter zustehenden Anspruchs, soweit der Gesellschafter der Anspruchsdurchsetzung durch ein Dazwischenschalten der Gesellschaft ausweicht630. Sieht das common law nach dem Ausweichprinzip eine Durchgriffshaftung vor, stellt sich die anschließende Frage, ob die Entscheidung über die Direktansprüche des Gläubigers der Zuständigkeit des zwischen dem Dritten und der Gesellschaft vereinbarten Schiedsgerichts unterliegt. (1) Die Antonio-​Gramsci-​Entscheidung Soweit ersichtlich, ist seit den Klarstellungen der Prest-​Entscheidung keine Entscheidung über die Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung in Folge der Durchgriffshaftung nach dem Ausweichprinzip ergangen. In der Antonio-​Gramsci-​Entscheidung631 hatte der Court of Appeal jedoch darüber zu entscheiden, ob sich die Feststellungen zur Durchgriffshaftung auf eine Gerichtsstandsvereinbarung übertragen lassen. Die Antonio Gramsci Shipping Corporation („AG“) schloss mit fünf Unternehmen insgesamt 63 Charterverträge. Den Verträgen lag ein Regelwerk zugrunde, welches die Zuständigkeit der Gerichte von England und Wales vorsah. Ferner wurde eine unter der im Markt üblichen Rate liegende Charterrate vereinbart. Ungeachtet dessen vermieteten die Unternehmen die Schiffe ihrerseits zur üblichen Marktrate an Dritte weiter und generierten auf diese Weise einen Gewinn. Die AG 627 VTB Capital plc v Nutritek International Corp und andere [2013] UKSC 5, [2013] 2 AC 337, Rn. 140. 628 Kershaw, Company Law in context, 76. 629 Vgl. zur US-​amerikanischen Rechtsprechung: Brekoulakis, Third Parties in Arbitration, Rn. 2.243 ff. 630 Das so genannte „Ausweichprinzip“. 631 Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

trug vor, dass die hinter den Unternehmen stehenden Personen den so generierten Gewinn dazu genutzt hätten, Marktanteile am Mutterkonzern der AG zu erwerben. Vor diesem Hintergrund beabsichtigte die AG, neben den Unternehmen insbesondere gegen die Einzelperson L vorzugehen, um von diesem die Herausgabe der durch die Untervermietung erzielten Gewinne zu erreichen. Zur Durchsetzung der Ansprüche erhob die AG vor dem in den Charterverträgen vereinbarten Gerichtsstand Klage gegen L. Die Eingangsinstanz und der High Court verneinten im Verhältnis zu L die Zuständigkeit am prorogierten Gerichtsstand.632 Gegen die Entscheidung des High Court richtete sich das Verfahren vor dem Court of Appeal, sodass dieser darüber zu entscheiden hatte, ob L an die in den Charterverträgen enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gebunden wird.633 In dem Verfahren vor dem Court of Appeal führte die AG aus, dass L die Unternehmen dazu genutzt habe, bei aufkommenden Streitigkeiten der eigenen Gerichtspflichtigkeit zu entgehen.634 Der Abschluss von Zuständigkeitsvereinbarungen zwischen den Gläubigern und den unter der Kontrolle von L stehenden Unternehmen habe dazu geführt, dass L seine eigene Gerichtspflichtigkeit vor den in den Verträgen vereinbarten Gerichten umgangen habe.635 Zwar sei L kein Vertragspartner der Charterverträge, aufgrund einer Durchgriffshaftung sei L jedoch an die darin enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarungen gebunden.636

632

Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Recoletos Limited und andere including Aviars Lembergs [2012] EWHC 1887 (Comm), Rn. 56 ff. 633 Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 3. 634 Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 64. 635 „Shelter behind the corporate structure of companies which they have set up for the purpose of defrauding an innocent party with whom their puppet company contracts in order to avoid being sued in the courts of a Member State in which the puppet company has agreed to be sued“, Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 29. 636 Der Antonio-​Gramsci-​Entscheidung, die sich gegen L richtete, ging eine andere Entscheidung in einer mit dem Sachverhalt verknüpften Streitigkeit voraus. Die AG versuchte neben L auf eine andere Einzelperson mit dem Namen Oleg Stephanos zuzugreifen. Auch in dem Verfahren der AG gegen Stephanos war zu entscheiden, ob die Gerichtsstandsvereinbarung gegenüber dem hinter den Unternehmen stehenden Stephanos Wirkung enfaltet. Der High Court sah es unter Rückgriff auf die Durchgriffshaftung als für gegeben an, dass Stephanos an die in den Charterverträgen enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gebunden ist, Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Oleg Stepanovs, [2011] EWHC 333 (Comm), Rn. 60. Die Entscheidung gegen Stephanos basierte maßgeblich auf der Annahme, dass Stephanos für die Verbindlichkeiten der Unternehmen einzutreten habe und erging zeitlich vor der VTB-​Entscheidung des Supreme-​Court. Seit der VTB-​Entscheidung ist hingegen klargestellt, dass Dritte nicht für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft, hier die Unternehmen, haftbar gemacht werden können. Aus diesen Gründen widmet sich die Antonio-​Gramsci-​Entscheidung lediglich der Frage, ob ein Dritter, welcher nicht Partei des Hauptvertrages ist, auf Grundlage der Durchgriffshaftung Partei einer Zuständigkeitsvereinbarung werden kann.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

219

Der Court of Appeal wies darauf hin, dass das Dazwischenschalten der Unternehmen bezüglich der Zuständigkeitsvereinbarung vor dem Hintergrund des Ausweichprinzips637 für eine Bindung sprechen könne638. Die Prest-​Entscheidung habe jedoch gezeigt, dass das englische Recht lediglich dann eine Durchgriffshaftung vorsehe, wenn der Schuldner durch das Vorschalten eines rechtlich selbstständigen Unternehmens die Durchsetzung eines ihm gegenüber bereits bestehenden Anspruchs umgehe639. Das Gericht wies dementsprechend darauf hin, dass eine bestehende Verpflichtung zwischen dem Dritten und dem hinter den Unternehmen stehenden Personen vorausgesetzt werde, deren Durchsetzung durch das Dazwischenschalten eines Unternehmens verhindert werden soll.640 Ob zwischen der AG und L materiellrechtliche Direktansprüche in Betracht kommen, war hingegen nicht Gegenstand des Verfahrens641. Dementsprechend lehnte der Court of Appeal die Bindung des L an die Gerichtsstandsvereinbarung unter Verweis auf die VTB-​ Entscheidung und die Prest-​Entscheidung ab.642 Der Entscheidungsbegründung der Antonio-​Gramsci-​Entscheidung lässt sich jedoch nicht entnehmen, welcher Umstand im Einzelnen ausschlaggebend für die Ablehnung einer Erstreckung der Gerichtsstandsvereinbarung auf den hinter den Gesellschaften stehenden L war. Die VTB-​Entscheidung hat klargestellt, dass eine hinter der Gesellschaft stehende Person nicht für die Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden kann, auch wenn dieser die Gesellschaft maßgeblich kontrolliert. Da der Court of Appeal in der Antonio-​Gramsci-​Entscheidung auf die VTB-​Entscheidung verweist, könnte die Erstreckung der Gerichtsstandsvereinbarung daran gescheitert sein, dass L keine Partei der Charterverträge gewesen ist und L zu keiner Zeit seinen Willen zum Ausdruck gebracht, sich der Bindung an die Gerichtsstandsvereinbarung zu unterwerfen.

637

Zum Ausweichprinzip oben Kapitel 2 III. 2. c) aa) (1). „The references in Lord Sumption’s judgment in Prest v Petrodel Resources Ltd and ­others [2013] UKSC 34 […] justifying piercing the corporate veil may appear to give some support to a policybased approach“, Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 65. 639 Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 65. 640 „But it is clear from the decision of the Supreme Court that, in the present state of English law, the Court can only pierce the corporate veil when „a person is under an existing legal obligation or liability or subject to an existing legal restriction which he deliberately evades or whose enforcement he deliberately frustrates by interposing a company under his control“, Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 65. 641 „The appeal is concerned only with the circumstances in which a person who is not a party to a contract containing a jurisdiction clause can be regarded as having given his consent to the chosen jurisdiction“, Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 3. 642 Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 65. 638

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

(2) Folgerungen für die Schiedsvereinbarung Welche Folgerungen lassen sich aus der zur Gerichtsstandsvereinbarung ergangenen Antonio-​Gramsci-​Entscheidung nun für die Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft mit dem Dritten abgeschlossene Schiedsvereinbarung ableiten? Die Antonio-​Gramsci-​Entscheidung zeigt, dass die Rechtsprechung der Erstreckung einer Gerichtsstandsvereinbarung kritisch gegenübersteht, sodass davon ausgegangen werden kann, dass diese Grundsätze in künftigen Entscheidungen auch auf die Schiedsvereinbarung übertragen würden. Sieht das Fallrecht keine echte Durchgriffshaftung vor, ist dem Ergebnis der Antonio-​Gramsci-​Entscheidung zuzustimmen und dementsprechend eine Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung abzulehnen. Die Prest-​Entscheidung hat klargestellt, dass dem Gläubiger ein unmittelbarer Direktanspruch gegen den Gesellschafter zustehen muss, dessen Durchsetzung der Gesellschafter durch das Dazwischenschalten der Gesellschaft vereitelt. Sollen diese Voraussetzungen auf eine Schiedsvereinbarung übertragen werden, müsste der Gesellschafter durch das Dazwischenschalten der Gesellschaft den Vollzug einer zwischen dem Dritten und dem Gesellschafter bestehenden Schiedsvereinbarung vereitelt haben. Dies ist jedoch nicht der Fall, soweit zwischen dem Dritten und dem Gläubiger keine Schiedsvereinbarung zustande gekommen ist. Die VTB-​Entscheidung hat klargestellt, dass die Durchgriffshaftung nicht geeignet ist, eine Verpflichtung zwischen dem Dritten und dem Gesellschafter zu begründen. Dementsprechend muss dies auch für eine Schiedsvereinbarung gelten. Soweit im Verhältnis zwischen dem Gesellschaftsgläubiger und dem Gesellschafter keine Schiedsvereinbarung zustande gekommen ist, kann eine solche nicht unter Rückgriff auf die Durchgriffshaftung begründet werden. Da sich die Antonio-​Gramsci-​Entscheidung zurückhaltend zu Weiterentwicklungen der Durchgriffshaftung äußert, darf bezweifelt werden, dass die Durchgriffshaftung in Zukunft zur Begründung einer wirksamen Schiedsvereinbarung zwischen dem Dritten und dem Gesellschafter herangezogen werden kann643. cc) Zwischenergebnis Die Inanspruchnahme des Gesellschafters setzt das Bestehen einer vertraglichen Verpflichtung im Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten voraus, sodass das common law lediglich die unechte Durchgriffshaftung ermöglicht. Da sich der Supreme Court in der VTB-​Entscheidung dagegen ausgesprochen hat, die Verpflichtungen des Vertrages zwischen dem Dritten und der Gesellschaft auf 643

„As to further development of the law, doing so by classical common law techniques may not be easy“, Antonio Gramsci Shipping Corporation und andere v Aivars Lembergs [2013] EWCA Civ 730, [2014] Bus LR 239, Rn. 66. An weiteren Entwicklungen der Durchgriffshaftung zweifelnd French / ​Mayson  / ​Ryan, On Company Law, 142.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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den Gesellschafter zu erstrecken, kann der Dritte dementsprechend nicht an eine zwischen dem Dritten und der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden. Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass die aus dem common law hervorgehende Durchgriffshaftung nicht geeignet ist, die Wirkungen einer zwischen dem Dritten und der Gesellschaft abgeschlossenen Schiedsvereinbarung auf einen Gesellschafter zu erstrecken. d) Exkurs: Der Gerichtsstand der Durchgriffshaftung im europäischen Zuständigkeitsrecht Besteht zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschaftsgläubiger keine Zuständigkeitsvereinbarung, oder wird entgegen der hier vertretenen Auffassung die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung abgelehnt, stellt sich bei einer Inanspruchnahme des Gesellschafters die Frage nach der internationalen Gerichtszuständigkeit. In der Streitsache OTP-​Bank Nyilvánosan Működő Részvénytársaság v Hochtief Solution AG 644 hatte der Europäische Gerichtshof darüber zu entscheiden, ob der für eine vertragliche Gesellschaftsverbindlichkeit in Anspruch genommene Gesellschafter nach Art. 7 Nr. 1 lit. a EuGVVO645 am Gerichtsstand des Erfüllungsortes verklagt werden kann. Im Ergebnis verneinte der EuGH diese Frage, da zwischen dem Gesellschaftsgläubiger und dem Gesellschafter keine vertragliche Verpflichtung bestanden habe646. Infolgedessen komme allenfalls eine Klage am Deliktsgerichtsstand nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO647 in Betracht648. Die Entscheidung ist in der Literatur auf Zustimmung gestoßen.649 Die Zahlungspflicht des Gesellschafters sei kraft Gesetz entstanden und somit im Vergleich zur Abtretung nicht durch Rechtsnachfolge begründet worden.650 Dementsprechend habe der EuGH mit Recht nicht auf eine freiwillig eingegangene Verpflichtung geschlossen.651 644

Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.10.2013, Rs. C-​519/12. Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO a. F. 646 „[I]l n’existe pas de lien contractuel direct entre OTP Bank et Hochtief“, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.10.2013, Rs. C-​519/12. Rn. 25. 647 Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a. F. 648 Diesbezüglich bestätigte der EuGH seine zum Deliktsgerichtsstand ergangene Rechtsprechung unter Verweis auf die ÖFAB-​Entscheidung dahingehend, dass nicht für jede unerlaubte Handlung, sondern insbesondere für die Haftung auf Schadensersatz der Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO eröffnet sei, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 17.10.2013, Rs. C-​519/12, Rn. 26. In der ÖFAB-​Entscheidung heißt es hierzu: „Gleichwohl bezieht sich der Begriff ‚unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung‘ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 [Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n. F.] nach ständiger Rechtsprechung auf jede Klage, mit der eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird […]“, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 18.07.2013, Rs. C-​147/12, Rn. 32. Hierzu Kindler, IPRax 2014, 486, 489. 649 Kindler, IPRax 2014, 486, 487; Mansel / ​T horn  / ​Wagner, IPRax 2014, 1, 12. 650 Mansel / ​T horn  / ​Wagner, IPRax 2014, 1, 12. 651 Mansel / ​T horn  / ​Wagner, IPRax 2014, 1, 12. 645

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Daher fragt sich, ob der Gesellschafter am besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in Anspruch genommen werden kann. Diese Frage ist mit Recht verneint worden.652 Handelt es sich um keine Schadensersatzklage oder besteht zwischen dem Schaden und dem schädigenden Ereignis kein ursächlicher Zusammenhang653, fehlt es an einer unerlaubten Handlung, und der Gesellschaftsgläubiger hat den Gesellschafter gemäß den Artt. 4, 63 EuGVVO an dessen Wohnsitz zu verklagen.654 Ist das Klageziel des Gesellschaftsgläubigers auf die Durchsetzung von Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgerichtet, ist dementsprechend der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO nicht eröffnet, sodass der Gesellschaftsgläubiger am Wohnsitz des jeweiligen Gesellschafters zu klagen hat. Mit Recht wird darauf hingewiesen, dass der Gesellschafter mangels einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung gegenüber dem Gesellschaftsgläubiger grundsätzlich nicht damit zu rechnen hat, am Gerichtsstand des Erfüllungsortes des zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossenen Vertrages gerichtspflichtig zu sein.655 Der Wohnsitz des jeweiligen Gesellschafters ist den Gesellschaftsgläubigern jedoch im Zweifel unbekannt, sodass sich die Gläubiger für die Gesellschafterhaftung vor einem vor Vertragsschluss nicht absehbaren Forum auseinanderzusetzen haben. Mit Blick auf dieses Ergebnis ist erneut darauf hinzuweisen, dass sich der von § 128 S. 1 HGB vorgesehene Gläubigerschutz lediglich dann realisieren lässt, wenn der Gesellschafter bezüglich der Gesellschaftsverbindlichkeit an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird.656

3. Die Ermittlung des maßgeblichen Rechts Die vorangegangenen Betrachtungen haben gezeigt, dass ein Gesellschafter an eine zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden kann. Es konnten drei Möglichkeiten herausgearbeitet werden, die grundsätzlich zu einer Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung führen können. Die erste Möglichkeit, die nach der hier vertretenen Auffassung bei Maßgeblichkeit des deutschen Sachrechts verneint wurde, betrifft den Abschluss einer 652

Kindler, IPRax 2014, 486, 489. Zum Erfordernis des kausalen Zusammenhangs zwischen Schaden und schädigendem Ereignis, Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 18.07.2013, Rs. C-​147/12, Rn. 34, m. w. N.: „Zum anderen kommt nach ständiger Rechtsprechung eine Haftung aus unerlaubter Handlung oder aus einer dieser gleichgestellten Handlung nur in Betracht, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schaden und dem ihm zugrunde liegenden Ereignis feststellbar ist“. 654 Vgl. Kindler, IPRax 2014, 486, 489. Zur deliktischen Qualifikation der gesellschaftsrechtlichen Außenhaftung Mansel / ​T horn  / ​Wagner, IPRax 2014, 1, 13. 655 Kindler, IPRax 2014, 486, 489. 656 Auf die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und einer Schlechterstellung des Gläubigers bei einer Rechtswegaufspaltung wurde bereits hingewiesen. 653

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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eigenen Schiedsvereinbarung des Gesellschafters infolge einer wirksamen Stellvertretung.657 Da die Bindung an die Schiedsvereinbarung in dieser Konstellation nicht auf eine zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschaftsgläubiger zustande gekommene Schiedsvereinbarung zurückgeführt werden kann, wird die kollisionsrechtliche Behandlung dieser ersten Möglichkeit von der folgenden Untersuchung ausgenommen. Als zweite Möglichkeit wurde die Bindung des persönlich haftenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft dargestellt, die sich auf den Grundgedanken des § 128 S. 1 HGB zurückführen ließ. Als dritte Möglichkeit wurde die Bindung eines Kapitalgesellschafters mittels einer teleologischen Reduktion des Haftungsprivilegs und entsprechender Anwendung des § 128 S. 1 HGB angeführt. Wie ist jedoch in Fällen mit grenzüberschreitenden Bezügen das für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht zu ermitteln? Dieser Fragestellung soll im Folgenden vor dem Hintergrund der Interessen der betroffenen Personen nachgegangen werden. a) Die Interessen der betroffenen Personen Die Gesellschaft, ihre Organe und Gesellschafter sind daran interessiert, ihr Verhältnis zu Dritten im Vorfeld einer rechtsgeschäftlichen Tätigkeit einschätzen zu können. Insbesondere das Interesse des einzelnen Gesellschafters ist darauf gerichtet, das mit der Mitgliedschaft verbundene Haftungsrisiko zu bewerten und in Relation zu den Vorteilen der Gesellschafterstellung zu setzen. Teil dieser Bewertung durch die Gesellschafter ist die Einschätzung, unter welchen Voraussetzungen der einzelne Gesellschafter an eine von der Gesellschaft mit einem Dritten abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden kann. Das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft kann auf eine Mehrzahl unterschiedlicher Staaten ausgerichtet sein, sodass die Gesellschaftsgläubiger aus verschiedenen Rechtsordnungen stammen können. Im Regelfall ist die Person des jeweiligen Gesellschaftsgläubigers den einzelnen Gesellschaftern jedoch unbekannt. Ist die Gesellschaft grenzüberschreitend tätig, schlägt sich das Interesse der Gesellschafter, das eigene Haftungsrisiko absehen zu können somit dahingehend nieder, dass sich das Verhältnis der Gesellschafter zu den Gläubigern der Gesellschaftsverbindlichkeiten nach einer Rechtsordnung bemisst, die für die Gesellschafter unabhängig von der Person des jeweiligen Gesellschaftsgläubigers voraussehbar ist.658 Die Gesellschaftsgläubiger sind ebenfalls im Vorfeld des Vertragsschlusses daran interessiert, das mit dem Rechtsgeschäft verbundene Haftungsrisiko und die Voraussetzungen einer persönlichen Inanspruchnahme der einzelnen Gesell-

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Bei dieser Konstellation entsteht eine unmittelbare Haftung des Gesellschafters aus eigener Schuld sowie eine unmittelbare Schiedsvereinbarung im Verhältnis zu dem Dritten. 658 Umfassend zu den Interessen der Gesellschaft, ihrer Organe und den Gesellschaftern: Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 62 ff.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

schafter schnell und zuverlässig abschätzen zu können.659 Dem Interesse, die Zugriffsmöglichkeiten auf die einzelnen Gesellschafter vorauszusehen, entspricht das Interesse, das hierfür zuständige Streitentscheidungsorgan absehen zu können. Handelt es sich aus Perspektive des Gesellschaftsgläubigers um eine ausländische Gesellschaft und bemessen sich eventuelle Haftungsfragen nach dem Heimatrecht der Gesellschaft oder des in Anspruch genommenen Gesellschafters, können die Gesellschaftsgläubiger die Haftungsmodalitäten nur erschwert absehen. Dementsprechend ist das Interesse der Gesellschaftsgläubiger darauf gerichtet, dass sich die Haftung und die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach einem für die Gläubiger absehbaren und entsprechend bekannten Sachrecht bemisst. In welchem Verhältnis der einzelne Gläubiger zu anderen Gläubigern der Gesellschaft steht, bildet ebenfalls einen Teil der Risikobewertung durch die Gesellschaftsgläubiger660. Stehen einzelnen Gläubigern weitergehende Zugriffsmöglichkeiten auf die Gesellschafter zu als anderen, kommt es zu einer Ungleichbehandlung der Gesellschaftsgläubiger. Infolgedessen ist das Interesse der Gläubiger darauf gerichtet, dass die Gesamtheit der Gläubiger gleichbehandelt wird und sich das Verhältnis der Gläubiger zu den Gesellschaftern nach einer einzigen Rechtsordnung bemisst.661 b) Die Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut Eine ausdrückliche Kollisionsnorm zur Bestimmung des für die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts lässt sich dem bestehenden Kollisionsrecht nicht entnehmen. Da jedoch darüber zu entscheiden ist, ob sich der Gesellschafter für Streitigkeiten betreffend eine Gesellschafts­ verbindlichkeit vor dem Schiedsgericht auseinandersetzen muss, könnte für diese Fragen eine Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut in Betracht kommen662. Alle gesellschaftsrechtlichen Fragen, welche die Rechtsbeziehungen einer Gesellschaft in ihrem Innen-​und Außenverhältnis betreffen, werden nach der herrschenden Einheitslehre nach dem Recht einer einzelnen Rechtsordnung beurteilt.663. Das maßgebliche Gesellschaftsstatut664 im Sinne der Einheitslehre entscheidet demnach abschließend über alle die Gesellschaft betreffenden Fragen, von ihrer Errichtung bis hin zu ihrer Auflösung und beherrscht die Gesellschaft „in voller Breite“665. Gemäß der Einheitslehre sind die Voraussetzungen und der Um 659 Umfassend zu den Interessen der Gesellschaftsgläubiger: Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 32 ff. 660 Vgl. Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 41. 661 Vgl. Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 41. 662 Vgl. Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.402. 663 Vgl. für viele Staudinger / ​Großfeld, IntGesR Rn. 16 m. w. N.; MüKo / ​Kindler, IntGesR, Rn.  521; Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, a, Rn. 21 m. w. N. 664 Das Gesellschaftsstatut wird auch als Organisationsstatut, Statut der Gesellschaft oder ex societatis bezeichnet. Hierzu Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 8 m. w. N. 665 Kegel / ​Schurig, IPR, 577; Junker, IPR, 251.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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fang einer Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft dem Gesellschaftsstatut zu entnehmen.666 Dementsprechend beurteilt die wohl herrschende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen der echten Durchgriffshaftung anhand des Gesellschaftsstatuts.667 Richtet sich das Verhältnis der Gesellschaftsgläubiger zu den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsstatut, bemessen sich alle Rechtsverhältnisse der Gesellschaft nach einer Rechtsordnung, sodass infolgedessen die Gleichbehandlung der Gläubiger sichergestellt wird.668 Für die Anknüpfung der Durchgriffshaftung an das Gesellschaftsstatut wird daher vorgebracht, dass dem Interesse der Gesellschaftsgläubiger entsprochen werde, dass sich die Haftung der Gesellschafter auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nach gleichen Maßstäben bemisst und Ungleichbehandlungen zwischen den Gläubigern vermieden werden.669 Nimmt der Gesellschaftsgläubiger den Gesellschafter für eine Gesellschaftsverbindlichkeit in Anspruch, die mit einer Schiedsvereinbarung verbunden ist, wird zur Bestimmung des für die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts dementsprechend die Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut vorgeschlagen.670 Doch wie ist das maßgebliche Gesellschaftsstatut zu bestimmen? Das vereinheitlichte europäische Kollisionsrecht schließt Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht von seinem Anwendungsbereich aus.671 Auch das autonome deutsche Kollisionsrecht enthält keine gesetzliche Regelung über die Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts.672 Im Wesentlichen673 bestehen zur Bestimmung des Gesellschaftsstatuts zwei Möglichkeiten674. Das Gesellschaftsstatut lässt sich einerseits über die Anwendung der die Sitztheorie bestimmen, die an den tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft anknüpft.675 Andererseits

666

Junker, IPR, 251. MüKo / ​Kindler, IntGesR, Rn. 611 m. w. N.; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 7.156 m. w. N.; vgl. insbesondere Bundesgerichtshof, Urt. v. 05.11.1980, VIII ZR 230/79 = BGH NJW 1981, 525 mit weiteren Rechtsprechungs-​und Literaturnachweisen: „Nach dem Personalstatut entscheidet sich der Umfang der Rechtsfähigkeit und damit auch die Frage, ob der Gesellschafter einer als juristische Person organisierten Gesellschaft im Wege der Durchgriffshaftung ausnahmsweise den Gesellschaftsgläubigern persönlich haftet“. 668 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 41. 669 Ulrich, Regeln des internationalen Privatrechts über die Haftung des Gesellschafters oder der Verwaltung einer Kapitalgesellschaft, S. 54. Ebenso MüKo / ​Kindler, IntGesR, Rn. 611. 670 Schütze, SchiedsVZ 2014, 274, 277. 671 Vergleiche hierzu die Art. 1 Abs. 2 lit. f Rom I-​VO; Art. 1 Abs. 2 lit. d Rom II-​VO; Art. 1 Abs. 2 lit. h, i EuErbVO. 672 Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b Rn. 30. 673 Ausgehend von der Gründungs-​und Sitztheorie haben sich vermittelnde Theorien entwickelt, die versuchen den Nachteilen der Gründungs-​und Sitztheorie entgegenzutreten. Überblickend zu den vermittelnden Theorien Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b Rn. 64 ff. 674 Junker, IPR, 248. 675 Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b. Rn. 34. 667

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

lässt sich das Gesellschaftsstatut über die Gründungstheorie676 bestimmen, die an das Recht des Staates anknüpft, in dem die Gesellschaft gegründet worden ist677. aa) Die Sitztheorie Die deutsche Rechtsprechung678 und wohl herrschende Auffassung in der Literatur679 folgte bis zum Beginn des Jahrhunderts der Sitztheorie680. Die Sitztheorie geht davon aus, dass eine Gesellschaft mit derjenigen Rechtsordnung am engsten verbunden ist, in welcher der Schwerpunkt der tatsächlichen Aktivitäten belegen ist681. Es könne angenommen werden, dass der Schwerpunkt der tatsächlichen Aktivitäten einer Gesellschaft dort liege, wo sich der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft befinde.682 Nach der Sitztheorie ist daher das am effektiven Verwaltungssitz der Gesellschaft geltende Sachrecht als das maßgebliche Gesellschaftsstatut zur Anwendung zu bringen.683 Dementsprechend entscheidet bei einer Anknüpfung an das über die Sitztheorie ermittelte Gesellschaftsstatut, das am effektiven Verwaltungssitz geltende Sachrecht über die Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft vereinbarte Schiedsvereinbarung. Neben dem generellen Strukturprinzip des Kollisionsrechts, dasjenige Recht zur Anwendung zu berufen, welches die engste Verbindung zum jeweiligen Sachverhalt aufweist, wird insbesondere auf die Schutzfunktion der Sitztheorie hingewiesen.684 Sei das Gesellschaftsstatut nach der Rechtsordnung zu bestimmen, in der die Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz habe, könne eine Gesellschaft die Interessen der Gesellschaftsgläubiger nicht durch eine Gründung im Ausland umgehen.685 Eine entsprechende Umgehung könnte beispielsweise darin zu erblicken sein, dass ausschließlich zur Durchführung eines in Deutschland be 676

Zu den englischen Ursprüngen der Gründungstheorie insb. Staudinger / ​Großfeld, IntGesR Rn. 31 m. w. N. 677 Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b. Rn. 59. 678 Vgl. aus der neueren Rechtsprechung insb. Bundesgerichtshof Urt. v. 27.10.2008, II ZR 158/06 = BGH NJW 2009, 290 ff.; Bundesgerichtshof Urt. v. 01.02.2002, II ZR 380/00 = BGH NJW 2002, 3539 ff. 679 Vgl. für viele Staudinger / ​Großfeld, IntGesR Rn. 38 ff. m. w. N.; MüKo / ​Kindler, IntGesR., Rn. 420 ff. m. w. N. 680 Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b, Rn. 33. 681 Vgl. Palandt / ​T horn, Anh. EGBGB Art. 12, Rn 10; Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b Rn. 35. 682 Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b Rn. 35. 683 Koch / ​Magnus  / ​Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung, Rn. 20. 684 Michalski / ​L eible, Systematische Darstellung 2, B, I, 1, Rn. 5; Bundesgerichtshof, Beschl. v. 30.03.2000, VII ZR 370/98 = BGH EuZW 2000, 412, 413; MüKoGmbHG / ​Weller, Einleitung, Rn. 320 m. w. N.; Reithmann / ​Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 7.157. Kritisch zur Schutzfunktion der Sitztheorie: Behrens, IPRax 2003, 193, 195; Halbhuber, ZeuP 2003, 418, 424 f. 685 Bundesgerichtshof, Beschl. v. 30.03.2000, VII ZR 370/98 = BGH EuZW 2000, 412, 413.  

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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legenen Bauvorhabens eine Kapitalgesellschaft im Ausland gegründet wird. Diese ausländische Gesellschaft könnte die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränken, im Vergleich zu einer inländischen GmbH oder AG jedoch über ein sehr geringes Stammkapital verfügen und es zulassen, dass die erwirtschafteten Gewinne unbeschränkt an die Gesellschafter ausgeschüttet werden können. Kommt es nun zu Baumängeln und ist das ausländische Gesellschaftsrecht maßgeblich, können die Gesellschaftsgläubiger aufgrund der Haftungsbeschränkung lediglich auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen. Aufgrund des geringen Stammkapitals, der Gewinnabführung und dem Fehlen anderer Einnahmequellen wird das der Gesellschaft verbleibende Kapital im Regelfall jedoch relativ gering ausfallen und zur Deckung eventuell eingetretener Schäden der Gesellschaftsgläubiger im Zweifel nicht ausreichen. Beschränkt sich die Tätigkeit jedoch ausschließlich auf die Durchführung eines einzelnen Bauvorhabens, ist in diesem Beispielsfall von einem effektiven Verwaltungssitz in Deutschland auszugehen. Bei Anwendung der Sitztheorie wird dementsprechend das deutsche Gesellschaftsrecht als maßgebliches Gesellschaftsstatut berufen. Die Gesellschaftsgläubiger werden infolgedessen auch gegenüber der im Ausland gegründeten Gesellschaft durch die Schutzvorschriften des deutschen Gesellschaftsrechts geschützt. Wurde die Gesellschaft im Ausland gegründet, vollzieht ihre Tätigkeiten jedoch effektiv ausschließlich im Inland, handelt es sich um eine Scheinauslandsgesellschaft.686 Auch wenn diese im Ausland wirksam gegründet und dort als rechtsfähige Kapitalgesellschaft anzusehen ist, wird die Scheinauslandsgesellschaft bis zu ihrer wirksamen Neugründung in Deutschland, abhängig von ihrem jeweils verfolgten Zweck, insbesondere als OHG oder GbR behandelt.687 Zwar anerkennt die neuere Rechtsprechung die Scheinauslandsgesellschaft als rechtsfähige Personengesellschaft deutschen Rechts, sodass diese vor deutschen Gerichten klagen und verklagt werden kann.688 Zum Schutz des Rechtsverkehrs wird hingegen eine im Gründungsstaat vorgesehene Haftungsbeschränkung nicht anerkannt. Betreibt die Scheinauslandsgesellschaft ein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 Abs. II HGB, wird diese in Deutschland als OHG behandelt, sodass die Gesellschafter nach § 128 S. 1 HGB persönlich für die Gesellschaftsschulden haften.689 Demnach ermöglicht die Sitztheorie, trotz der im Gründungsstaat anerkannten Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen, den Zugriff auf das Privatvermögen der Gesellschafter und die Interessen der Gesellschaftsgläubiger werden entsprechend berücksichtigt.

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MüKoAktG / ​Pentz, HGB § 13d, Rn. 24. MüKoAktG / ​Pentz, HGB § 13d, Rn. 25; Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b, Rn. 41. 688 Vgl. nur Bundesgerichtshof, Urt. v. 01.07.2002, II ZR/380/00 = BGHZ 151, 204, 206 ff. In der Literatur wird daher von „milder“ oder „neuer“ Sitztheorie gesprochen, vgl. Junker, IPR, 250; vgl. Ebke, JZ 2003, 927, 929. 689 Spahlinger / ​Wegen / ​Spahlinger, B, I, 2, b, Rn. 46. 687

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

bb) Die Gründungstheorie Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Scheinauslandsgesellschaft durch die Rechtsprechung ist auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zurückzuführen.690 Aus Rücksicht auf die in den Artt. 49, 54 AEUV verbürgte Niederlassungsfreiheit kann die Sitztheorie im Verhältnis zu Gesellschaften aus Mitgliedstaaten der Europäischen nicht mehr uneingeschränkt zur Anwendung gebracht werden.691 In der Überseering-​Entscheidung692 erklärte der Europäische Gerichtshof die Anwendung der Sitztheorie auf eine in einem anderen Mitgliedstaat gegründete Gesellschaft für unionsrechtswidrig.693 Der Zuzugsstaat, in den eine im Ausland gegründete Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz verlegt, habe die Rechtsform der zugezogenen Gesellschaft anzuerkennen, da andernfalls ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vorliege.694 Wurde eine Gesellschaft nach dem Recht eines Mitgliedstaats wirksam gegründet und ist die Gesellschaft nach dem Recht des Gründungsstaats rechts-​und parteifähig, habe der Zuzugsstaat die Rechts-​und Parteifähigkeit der Gesellschaft zur Wahrung der Niederlassungsfreiheit anzuerkennen.695 Im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit schreibt der Europäische Gerichtshof daher letztlich die Anwendung der Gründungstheorie vor.696 Die Gründungstheorie unterstellt eine Gesellschaft dem Recht des Staates, in dem sie nach dortigem Recht wirksam gegründet wurde697. Neben der Rechtsfähigkeit bestimmt die Rechtsprechung insbesondere die Außenhaftung der Gesellschafter aus Rücksicht auf die Niederlassungsfreiheit nach dem Recht des Gründungsstaats.698 Daher entscheidet bei einer Anknüpfung an das über die 690

Zur Rechtsprechungsentwicklung insb. MüKo / ​Kindler, IntGesR, Rn. 361 ff. m. w. N.; MüKo / ​Hein, EGBGB Art. 3, Rn. 93 ff.; vgl. die Überseering-​Entscheidung: Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 05.11.2002, Rs. C-​208/00. 691 Junker, IPR, 251.Neben der in Art. 49, 54 AEUV garantierten Niederlassungsfreiheit können Bi-​oder Multilaterale Abkommen der Bundesrepublik Deutschland die uneingeschränkte Anerkennung einer ausländischen Gesellschaft und somit die Anwendung der Gründungstheorie bedingen. So schreibt beispielsweise Art. XXV Abs. V S. 2 des deutsch-​amerikanischen Freundschafts-​, Handels-​und Schiffahrtsvertrags (BGBl. 1956 II, S. 488) die Geltung der Gründungstheorie vor. Hiernach ist der rechtliche Status einer Gesellschaft nach den Vorschriften des Staates anzuerkennen, in dem die Gesellschaft errichtet wurde. 692 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 05.11.2002, Rs. C-​208/00. 693 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 05.11.2002, Rs. C-​208/00. 694 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 05.11.2002, Rs. C-​208/00. 695 Europäischer Gerichtshof, Urt. v. 05.11.2002, Rs. C-​208/00. 696 Außerhalb des Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit bringt die Rechtsprechung weiterhin die Sitztheorie zur Anwendung. So ausdrücklich: Bundesgerichtshof, Urt. v. 27.10.2008, II ZR 158/06 = BGH NJW 2009, 289, 290. 697 Junker, IPR, 248. Ihren Ursprung hat die Gründungstheorie im englischen Recht. Siehe hierzu insbesondere Staudinger / ​Großfeld, IntGesR, Rn. 31 f.; MüKoGmbHG / ​Weller, Einleitung, Rn. 336 m. w. N. Zur Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts und der Durchgriffshaftung im englischen Kollisionsrecht: Tham, Piercing the Corporate Veil, 24 m. w. N. 698 Bundesgerichtshof, Urt. v. 14.03.2005, II ZR 5/03 = BGH NJW 2005, 1648, 1649.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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Gründungstheorie ermittelte Gesellschaftsstatut das im Gründungsstaat geltende Sachrecht über die Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft vereinbarte Schiedsvereinbarung. Wurde beispielsweise eine private limited company in England wirksam gegründet und sieht diese eine Haftungsbeschränkung für ihren Geschäftsführer vor, ist diese Haftungsbeschränkung auch bei einer Verlagerung des effektiven Verwaltungssitzes nach Deutschland zu berücksichtigen.699 Dementsprechend bemisst sich auch die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung bei Maßgeblichkeit der Gründungstheorie nach dem englischen Sachrecht, welches sich mangels einer unmittelbaren Verpflichtung des Gesellschafters gegen eine Bindung an die Schiedsvereinbarung ausspricht. Während die Gesellschafter einer private limited company bei Anwendung der Sitztheorie mangels Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister mit ihrem Privatvermögen für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haften und dementsprechend in entsprechender Anwendung des § 128 S. 1 HGB an die Schiedsvereinbarung gebunden werden, ist die im englischen Gesellschaftsrecht vorgesehene Haftungsbeschränkung und fehlende Bindung an die Schiedsvereinbarung bei Anwendung der Gründungstheorie auch im Zuzugsstaat anzuerkennen. Die Gründungstheorie berücksichtigt daher insbesondere das Interesse der Gesellschafter. Durch die Entscheidung hinsichtlich des Gründungsortes treffen diese letztlich eine Rechtswahl, da das für die Gesellschaft maßgebliche Sachrecht in Folge der Gründungstheorie unabhängig vom Ort der effektiven Tätigkeit der Gesellschaft zu bestimmen ist.700 Ist das Recht am Gründungsort maßgeblich, verliert der Zuzugsstaat an Kontrolleinfluss, und den Gesellschaftsgläubigern kommen die gesellschaftsrechtlichen Schutzvorschriften im Zuzugsstaat nicht zugute.701 c) Die Anknüpfung an das Wirkungsstatut Hat sich der Gesellschaftsgläubiger vor Vertragsschluss im Zuge seiner Risikobewertung in dem für das Gesellschaftsstatut maßgeblichen Sachrecht zu erkundigen, unter welchen Voraussetzungen ein Zugriff auf die einzelnen Gesellschafter und eine Bindung an die Schiedsvereinbarung möglich ist, wird der Gesellschaftsgläubiger einer vergleichsweise starken Belastung ausgesetzt.702 Demgegenüber setzen sich der Gesellschaftsgläubiger wie auch die Gesellschaft im Vorfeld des Vertragsschlusses grundsätzlich damit auseinander, welche Rechtsordnung die Gesellschaftsverbindlichkeit beherrscht703. In der Literatur wird daher in der Anknüpfung an das für die Gesellschaftsverbindlichkeit maßgebliche Sachrecht eine 699

Bundesgerichtshof, Urt. v. 14.03.2005, II ZR 5/03 = BGH NJW 2005, 1648, 1649. Junker, IPR, 249. 701 Umfassend zur Kritik an der Gründungstheorie insb. Staudinger / ​Großfeld, IntGesR, Rn. 52 ff. m. w. N.; vgl. MüKoGmbHG / ​Weller, Einleitung, Rn. 337; vgl. MüKo / ​Kindler, IntGesR, Rn. 359 ff. 702 Vgl. Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 636 ff. 703 Vgl. Bernstein, Durchgriff bei juristischen Personen, 57. 700

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

interessensgemäße Kollisionsregel für die Gesellschaftsgläubiger, die Gesellschaft und deren Träger gesehen, da dieses die Gesamtheit der Rechte aller an dem Rechtsgeschäft beteiligten Personen bestimmt.704 Das für die Gesellschaftsverbindlichkeit maßgebliche Sachrecht lässt sich als „Wirkungsstatut“ bezeichnen. Für eine ausschließliche Anknüpfung der materiellrechtlichen Haftung der Gesellschafter an das Wirkungsstatut hat sich Hans-​Joachim Mertens ausgesprochen705. Sei die Haftung des Gesellschafters mittels der Norm zu beantworten, die das Außenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftsgläubiger beherrscht, sei auch kollisionsrechtlich das im Außenverhältnis maßgebliche Recht zur Anwendung zu bringen.706 Dementsprechend bemesse sich die Haftung des Gesellschafters nach dem jeweiligen Wirkungsstatut, welches die Gesellschaftsverbindlichkeit beherrsche.707 Wird die Anknüpfung an das Wirkungsstatut für die Bestimmung des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts entsprechend herangezogen, bemisst sich diese im Verhältnis zwischen dem Gesellschaftsgläubiger und den einzelnen Gesellschaftern einheitlich nach dem für die betreffende Gesellschaftsverbindlichkeit maßgeblichen Sachrecht.708 d) Die Differenzierungslehre und das Günstigkeitsprinzip Die von Günther Grasmann entwickelte Differenzierungslehre richtet sich gegen die Einheitslehre zur Bestimmung des Gesellschaftsstatuts. Die Einheitslehre führe nicht zu befriedigenden Lösungen, gleichgültig welches Anknüpfungs­ moment herangezogen werde.709 Im Innen-​und Außenverhältnis der Gesellschaft herrschen nach Grasmann unterschiedliche Interessenlagen.710 Das Innenverhältnis der Gesellschaft zu ihren Organen und einzelnen Gesellschaftern sei geprägt von einer langen und engen Bindung711. Aufgrund dieser engen Bindung sei es im Innenverhältnis zumutbar, sich nach der Zugehörigkeit der Gesellschaft zu einer 704 Herbert Bernstein spricht sich betreffend die Durchgriffshaftung für eine primäre Anknüpfung an das Wirkungsstatut aus, lässt jedoch subsidiär die Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut zu. Bernstein, Durchgriff bei juristischen Personen, 57. Aus diesen Gründen wird Bernstein den Vertretern des Günstigkeitsprinzips zugerechnet, Aukhatov, Durchgriffs-​und Existenzvernichtungshaftung, 132. 705 Hachenburg / ​Mertens, Anhang I § 13, Rn. 76. In der Folgeauflage lässt Mertens die Anknüpfung in der Kommentierung zu § 13 GmbHG offen. 706 Hachenburg / ​Mertens, Anhang I § 13, Rn. 76. 707 Hachenburg / ​Mertens, Anhang I § 13, Rn. 76. 708 In der US-​amerikanischen Rechtsprechung finden sich Beispiele für eine Anknüpfung an das für die Gesellschaftsverbindlichkeit maßgebliche Wirkungsstatut: Vgl. Motorola Credit Corporation v Uzan, USCA, 2nd Cir, Urt. v. 22.10.2004, 388 F.3d 39, Rn. 40 ff.; vgl. FR8 Singapore Pte. Ltd v Albacore Maritime Inc, USDC (SD New York), Urt. v. 13.12.2010, 754 F.Supp.2d 628, 635 (2010). 709 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 615. 710 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 615 ff. 711 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 617.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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bestimmten Rechtsordnung und dementsprechend dem Heimatrecht der Gesellschaft zu informieren.712 Im Vergleich zum Innenverhältnis trete die Gesellschaft im Außenverhältnis jedoch nur kurz in Kontakt zu Dritten, sodass es insbesondere im Interesse der Wirtschaftspolitik und des internationalen Handels stehe, den Dritten von der zeitraubenden und kostspieligen Prüfung des Heimatrechts der Gesellschaft zu befreien.713 Um den jeweiligen Interessen im Innen-​und Außenverhältnis gerecht zu werden, sei daher bei der Bestimmung des maßgeblichen Rechts zu differenzieren. Die Haftung der Gesellschafter und die Bindung an die Schiedsvereinbarung im Verhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern betrifft das Außenverhältnis der Gesellschaft. Gemäß der Differenzierung könne aus der Sach-​und Interessenslage für das Außenverhältnis eine eigenständige Kollisionsregel abgeleitet werden.714 Grasmann schließt unter Verweis auf die Stellvertretung auf einen allgemeinen „Verkehrs-​und Drittbegünstigkeitsgrundsatz“715. Der Gesellschaftsgläubiger vertraue auf die Maßgeblichkeit der Rechtsordnung, in der von den Organbefugnissen Gebrauch gemacht werde (Vornahmestatut), als auch auf die Rechtsordnung, welche die Gesellschaftsverbindlichkeit beherrsche (Wirkungsstatut) und schließlich auf die Rechtsordnung, in der die Gesellschaft „angepasst“ ist (Organisationsstatut716)717. Von den genannten Anknüpfungen sei diejenige Anknüpfung von Amts wegen zu wählen, die für den Dritten zur günstigsten Entscheidung führt718. Von der Anknüpfung an das Vornahme-​oder Wirkungsstatut will Grasmann jedoch dann eine Ausnahme zulassen, wenn die Gesellschaft beweist, dass der Gesellschaftsgläubiger bei Vornahme des Rechtsgeschäfts gewusst hat, es mit einer ausländischen Gesellschaft zu tun zu haben und wenn dem Gesellschaftsgläubiger bekannt war, dass nach dem ausländischen Gesellschaftsstatut das Verhältnis zu den Gesellschaftern anders geregelt sind als im Vornahme-​oder Wirkungsstaat719. Wird die Differenzierungslehre auf die Bestimmung des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts übertragen, wird der Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung gebunden, wenn entweder das Vornahme-​, Wirkungs-​ oder Gesellschaftsstatut eine Bindung vorsieht. Das Gesellschaftsstatut ist jedoch 712

Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 619. Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 636 ff. 714 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 622 ff. 715 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 623. 716 Das Organisationsstatut kann als Synonym zum Gesellschaftsstatut verstanden werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird einheitlich vom Gesellschaftsstatut gesprochen. Grasmann möchte Missverständnisse im Verhältnis zu Personenzusammenschlüssen, die keine Gesellschaften sind vermeiden und spricht vom Organisationsstatut, Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 8. 717 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 623. 718 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 623. Dementsprechend wird Grasmann den Vertretern des „Günstigkeitsprinzips“ zugerechnet, Aukhatov, Durchgriffs und Existenzvernichtungshaftung, 131. 719 Grasmann, System des Gesellschaftsrechts, Rn. 623. 713

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

stets dann maßgeblich, wenn der Gesellschafter beweist, dass es dem Gesellschaftsgläubiger bei Vertragsschluss bewusst war, dass dieser mit einer ausländischen Gesellschaft eine Schiedsvereinbarung abschließt und dass es dem Gesellschaftsgläubiger bekannt war, dass das Gesellschaftsstatut die Bindung an die Schiedsvereinbarung anders entscheidet als das Vornahme-​und Wirkungsstatut. e) Die Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut Vergleichbar zur Bindung des Zessionars in Folge der Abtretung oder der Bindung innerhalb einer Vertragskette wird auch für die Bindung des Gesellschafters an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung das Schieds­ vereinbarungsstatut für maßgeblich gesehen, da über die Reichweite der Schiedsvereinbarung zu entscheiden sei.720 Erneut kommt daher in Betracht, die Entscheidung über die Drittbindung akzessorisch an das Schiedsvereinbarungsstatut anzuknüpfen. Dementsprechend entscheidet bei einer entsprechenden Anknüpfung das am Sitz des Schiedsgerichts geltende Sachrecht über die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung. f) Die Maßgeblichkeit der lex fori Insbesondere von Klemens Teipel ist für die Durchgriffshaftung die Anwendung der lex fori vorgeschlagen worden.721 Im Wesentlichen führt Teipel die Maßgeblichkeit des am Gerichtsort geltenden Sachrechts auf eine Gesamtschau der positiven Funktion des Ordre Public, der „Datum“-​Lehre von Ehrenzweig722 und Verkehrsschutzgesichtspunkte zurück723. Werde ein Rechtsmissbrauch nicht sanktioniert, liege ein Verstoß gegen den inländischen Ordre Public vor724. Teipel überträgt diesen Gedanken auf den Missbrauch der Gesellschaftsform. Werde eine Gesellschaft von den Gesellschaftern dahingehend missbraucht, der persönlichen Haftung zu entgehen, sei dieser Rechtsmissbrauch aus Sicht des deutschen Rechts zu sanktionieren, wobei gleichgültig sei, ob es sich um eine ausländische oder inländische Gesellschaft handelt.725 Dementsprechend müssten sich die Wertungen der lex fori, einen Missbrauch der Gesellschaft zu sanktionieren, über die Funktion des Ordre Public durchsetzen. 720

Derains, Clunet 124 (1997), 1061, 1072 f. Vgl. die Nachweise in Kapitel 1 I. 2 b) und Kapitel 2 I. 2 b). 721 Teipel, Die Bedeutung der lex fori, 97 ff. 722 Umfassend zur Datum-​Lehre von Ehrenzweig: Jayme, Internationales Privatrecht, Ideengeschichte von Mancini und Ehrenzweig zum Europäischen Kollisionsrecht, S. 192 ff., m. w. N. 723 Teipel, Die Bedeutung der lex fori, 112. 724 Teipel, Die Bedeutung der lex fori, 105. 725 Teipel, Die Bedeutung der lex fori, 112.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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Im Ergebnis werde das Gesellschaftsstatut daher durch die Wertungen der lex fori verdrängt, sodass sich die Durchgriffshaftung letztlich nach dem am Gerichtsort geltenden Sachrecht zu beurteilen habe.726 Der Vorschlag von Teipel wird überwiegend kritisch gesehen.727 Bemesse sich die Durchgriffshaftung stets nach der jeweiligen lex fori, werde der internationale Entscheidungseinklang gefährdet.728 Diesem Einwand begegnet Teipel dahingehend, dass die herkömmlichen allseitigen Kollisionsregeln ebenfalls nicht in der Lage seien, den internationalen Entscheidungseinklang herzustellen.729 Solange sich das Kollisionsrecht der einzelnen Staaten voneinander unterscheide und verschiedene Anknüpfungspunkte vorsehe, die der Qualifikation nach der jeweiligen lex fori unterliegen, sei der internationale Entscheidungseinklang ohnehin nicht zu realisieren.730 Der Entscheidungseinklang könne daher nicht gegen die Maßgeblichkeit der lex fori angeführt werden. Wird die Anknüpfung an die lex fori auf die Bestimmung des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts übertragen, bemisst sich die Bindung stets nach dem am Gerichtsort geltenden Sachrecht. g) Stellungnahme Die vorangegangene Darstellung zeigt, dass für die Ermittlung des für die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts eine Mehrzahl an Anknüpfungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Die Bestimmung einer geeigneten Anknüpfungsmethode wird dahingehend erschwert, dass die Ermittlung des für die materiellrechtliche Haftung der Gesellschafter anwendbaren Rechts nicht einheitlich gehandhabt wird. Wie bereits festgestellt, entspricht es im Regelfall dem Interesse der Schiedsparteien, die Haftungsvoraussetzungen des materiellen Rechts und die Voraussetzungen der Bindung an die Schiedsvereinbarung einer einzelnen Rechtsordnung zu entnehmen.731 Ein Gleichlauf zwischen der materiellrechtlichen Haftung und der Bindung an die Schiedsvereinbarung setzt daher eine einheitliche Anknüpfung dieser rechtlich voneinander zu unterscheidenden Fragestellungen voraus. Infolgedessen hat der Streit um eine taugliche Anknüpfungsmethode zur Bestimmung des für die materiellrechtliche Gesellschafterhaftung maßgeblichen Sachrechts mit 726

Teipel, Die Bedeutung der lex fori, 105. Aukhatov, Durchgriffs und Existenzvernichtungshaftung, 141 m. w. N. 728 Vgl. Aukhatov, Durchgriffs und Existenzvernichtungshaftung, 141. 729 Aukhatov, Durchgriffs und Existenzvernichtungshaftung, 120 f. 730 Aukhatov, Durchgriffs und Existenzvernichtungshaftung, 120 f. 731 Entscheidend für die Anwendbarkeit einer einzelnen Rechtsordnung hat gesprochen, dass sich eine Schiedspartei anderenfalls zur Feststellung eines Anspruchs nicht auf das für diesen Anspruch vereinbarte Schiedsgericht berufen kann. 727

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

telbar Auswirkungen auf die Bestimmung des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts. Dem Interesse, die materiellrechtliche Haftung und die Bindung an die Schiedsvereinbarung einer einzelnen Rechtsordnung zu entnehmen, ist es daher geschuldet, die für die Gesellschafterhaftung entwickelten Anknüpfungsmöglichkeiten auf ihre Tauglichkeit zur Bestimmung des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts zu untersuchen. aa) Die Vorteile der Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut Unter welchen materiellrechtlichen Voraussetzungen die persönlich haftenden Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haften und ob im Wege der echten Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter zugegriffen werden kann, knüpft die wohl herrschende Auffassung gemäß der Einheitslehre an das Gesellschaftsstatut an. Mit Recht wird für diese einheitliche Anknüpfung angeführt, dass sich die materiellrechtliche Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten somit nach einer einzelnen Rechtsordnung bemisst und sich somit die Gleichbehandlung aller Gesellschaftsgläubiger erreichen lässt. Entscheidet das Gesellschaftsstatut zudem über die Bindung der Gesellschafter an die zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern abgeschlossene Schiedsvereinbarung, setzt sich diese Gleichbehandlung der Gläubiger für die Bindung an die Schiedsvereinbarung fort. Unter welchen Voraussetzungen sich die Gläubiger auf eine mit der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung berufen können, wird ebenfalls für alle Gesellschaftsgläubiger einheitlich beurteilt. Neben der Gleichbehandlung der Gesellschaftsgläubiger hat die Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut den Vorteil, dass wie soeben erwähnt, die wohl herrschende Auffassung die materiellrechtliche Gesellschafterhaftung nach dem Gesellschaftsstatut bemisst, sodass sich neben der Gleichbehandlung der Gläubiger die materiellrechtlichen Haftungsvoraussetzungen und die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach der selben Rechtsordnung beurteilen. Demnach wird sowohl im Verhältnis zwischen den einzelnen Gesellschaftsgläubigern untereinander als auch im Verhältnis des für die materiellrechtliche Haftung und des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts ein Gleichlauf hergestellt. bb) Kritik an der Anknüpfung an das Wirkungsstatut Demgegenüber könnte für die Anknüpfung an das Wirkungsstatut sprechen, dass sich die Gesellschaftsverbindlichkeit nach dieser Rechtsordnung bemisst und den Gesellschaftsgläubigern dementsprechend bekannt ist. Ferner werden die Gläubiger der Gesellschaftsverbindlichkeit gleichbehandelt, da das Wirkungsstatut einheitlich das Verhältnis zu allen Gläubigern der jeweiligen Verbindlichkeit beherrscht. Eine vollständige Gleichstellung aller Gesellschaftsgläubiger lässt sich hierdurch jedoch nicht erreichen, da sich die Bindung im Verhältnis der Gläubi-

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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ger und den Gesellschaftern nach dem für die jeweilige Verbindlichkeit maßgeblichen Wirkungsstatut bemisst und infolgedessen für verschiedene Gesellschafts verbindlichkeiten unterschiedlich ausfallen kann. Ferner ist das Wirkungsstatut und demzurfolge die Bindung an die Schiedsvereinbarung für die Gesellschafter nur eingeschränkt vorhersehbar. Eine Gesellschaft schließt eine Vielzahl an Verträgen ab, sodass der einzelne Gesellschafter die aus dem jeweils maßgeblichen Wirkungsstatut hervorgehende Bindung nicht absehen und infolge seiner Mitgliedschaft demnach stets damit rechnen muss, dass eines der in Betracht kommenden Wirkungsstatute eine persönliche Haftung und Bindung an die Schiedsvereinbarung anordnet. Hingegen könnte für die Anknüpfung an das Wirkungsstatut sprechen, dass sich die materiellrechtliche Haftung und die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach der selben Rechtsordnung bemisst und sich diesbezüglich somit ein Gleichlauf erreichen lässt. Das Wirkungsstatut beherrscht die Gesellschaftsverbindlichkeit und damit die Voraussetzungen einer aus dieser Verbindlichkeit hervorgehenden Haftung. Vergleichbar zur Zession könnte sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung daher nach dem für den Hauptvertrag maßgeblichen Recht bemessen und so ein Gleichlauf zur materiellrechtlichen Haftung hergestellt werden.732 Im Unterschied zur Zession geht die Gesellschafterhaftung und die Bindung an die Schiedsvereinbarung jedoch auf die rechtliche Ausgestaltung der juristischen Person zurück.733 Die wohl herrschende Auffassung bringt das Gesellschaftsstatut für die Gesellschafterhaftung zur Anwendung. Wird die Bindung an die Schiedsvereinbarung hingegen an das Wirkungsstatut angeknüpft und fällt dieses mit dem für die Gesellschafterhaftung maßgeblichen Recht auseinander, kann es dazu kommen, dass ein Gesellschafter zwar für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haftet, das für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgebliche Recht sich jedoch gegen eine Bindung ausspricht. Infolgedessen hat sich der Gesellschaftsgläubiger für den Gesellschafterprozess vor staatlichen Gerichten und im Verhältnis zur Gesellschaft vor dem Schiedsgericht auseinanderzusetzen. Dies wird jedoch nicht den Interessen der Schiedsparteien gerecht, soweit diese eine umfassende Entscheidungszuständigkeit des Schiedsgerichts für alle Streitigkeiten betreffend die Gesellschaftsverbindlichkeit vereinbart haben und es besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in Folge der Rechtswegaufspaltung. Zwar ist denkbar, dass das Wirkungsstatut einem anderen Sachrecht unterliegt als das für die Gesellschafterhaftung und Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgebliche Recht. Es zeigt sich jedoch, dass über die Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut anstatt einer Anknüpfung an das Statut des Hauptvertrages ein 732 Die Darstellung der Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung konnte zeigen, dass die Anknüpfung an das Forderungsstatut und damit das für den Hauptvertrag maßgebliche Recht zu interessensgerechten Lösungen führt. 733 Dass die Durchgriffshaftung ihren Ursprung in der Struktur der juristischen Person und nicht in der Außenbeziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftsgläubiger hat, wird in der Literatur gegen die Anknüpfung der echten Durchgriffshaftung an das Wirkungsstatut vorgebracht, Teipel, Die Bedeutung der lex fori, 71; Aukhatov, Durchgriffs und Existenz­ vernichtungshaftung, 134.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Gleichlauf zwischen der Bindung an die Schiedsvereinbarung und der Haftung für die mit der Schiedsvereinbarung verbundene Verbindlichkeit hergestellt wird, der darauf zurückzuführen ist, dass die Haftung ihren Ursprung in der juristischen Person und nicht in der Gesellschafsverbindlichkeit hat.734 Im Ergebnis ist wegen der einhergehenden Nachteile die Anknüpfung an das Wirkungsstatut daher abzulehnen. cc) Kritik am Günstigkeitsprinzip Die von Grasmann entwickelte Differenzierungslehre hat den Vorteil, dass das anwendbare Recht im Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern und im Verhältnis der Gesellschaft zu einem Dritten vor dem Hintergrund der jeweiligen Interessenslage mit Hilfe von Sonderanknüpfungen ermittelt werden kann. Auf den ersten Blick erfolgt die Anknüpfung daher unter Berücksichtigung der Interessen aller beteiligten Personen. Es bestehen jedoch Zweifel, ob die von Grasmann für das Außenverhältnis entwickelte Kollisionsregel geeignet ist, die Interessen des Gesellschafters und der Gesellschaftsgläubiger in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Die Gesellschafterhaftung betrifft nicht lediglich das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Dritten, sondern in Folge der rechtlichen Selbstständigkeit der Gesellschaft liegt eine Dreiecksbeziehung vor. Dementsprechend muss auch das Verhältnis zwischen dem Dritten und dem einzelnen Gesellschafter betrachtet und die in diesem Verhältnis herrschende Interessenslage gewürdigt werden. Dem einzelnen Gesellschafter sind die Gesellschaftsgläubiger und dementsprechend das Vornahme-​oder Wirkungsstatut im Regelfall unbekannt. Haftet der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeit, wenn wahlweise das Vornahme-​, Wirkungs-​ oder Gesellschaftsstatut eine Bindung vorsehen, wird für den Gesellschafter daher eine unüberschaubare Haftungssituation geschaffen.735 Wird das für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgebliche Sachrecht im Rahmen einer entsprechenden Anknüpfung ermittelt, sieht sich der Gesellschafter mit Blick auf die Bindung 734 An dieser Stelle besteht der Unterschied zur Forderungsabtretung oder der Haftung innerhalb einer Vertragskette. In diesen Fällen ist die Haftung auf die Hauptforderung zurückzuführen, sodass die Anknüpfung an die Hauptforderung einen Gleichlauf zur Bindung an die Schiedsvereinbarung herstellt. Demgegenüber ist die Haftung des Gesellschafters gerade nicht auf die Hauptforderung, sondern auf die rechtliche Ausgestaltung der juristischen Person zurückzuführen, sodass die Anknüpfung an die für die Gesellschafterhaftung maßgebliche Rechtsordnung zu einem Gleichlauf führt. 735 Aukhatov, Durchgriffs und Existenzvernichtungshaftung, 134; MüKo / ​Kindler, IntGesR, Rn. 612. Vergleichbar zur Differenzierungslehre sind in der Literatur weitere Lehren entwickelt worden, die alternativ zum Gesellschaftsstatut das Vornahme-​oder Wirkungsstatut zur Anwendung berufen, soweit sich hierdurch eine Haftung des Gesellschafters für die Gesellschaftsverbindlichkeiten erreichen lässt. Im Überblick: Aukhatov, Durchgriffs und Existenzvernichtungshaftung, 130 ff.; Teipel, Die Bedeutung der lex fori, 86 ff. Die fehlende Vorhersehbarkeit für den Gesellschafter stellt auch in diesen Lehren einen entsprechenden Nachteil dar.

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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an die Schiedsvereinbarung vergleichbaren Unsicherheiten ausgesetzt. Da der Gesellschafter insbesondere die in Betracht kommenden Vornahme-​und Wirkungsstatute nicht absehen kann, wird dessen Risikobewertung erheblich erschwert, und es kommt in Folge der alternativen Anknüpfung zu einer weitreichenden Bindung an die Schiedsvereinbarung. Der Gesellschaftsgläubiger wird demgegenüber in seinem Vertrauen geschützt, sich wahlweise auf die Bindung des Gesellschafters nach dem Vornahme-​, Wirkungs-​oder Gesellschaftsstatut zu verlassen. Da die Gesellschaft gerade nicht als Vertreter der einzelnen Gesellschafter handelt, lässt sich entgegen der Begründung von Grasmann das Stellvertretungsrecht nicht zur Begründung dieses weitreichenden Vertrauensschutzes anführen. Im Ergebnis zeigt sich daher, dass die Differenzierungslehre nicht geeignet ist die Interessen des Gesellschafters hinreichend zu berücksichtigen. Aus diesen Gründen ist diese letztlich zurückzuweisen.

dd) Kritik an der Anknüpfung an das Rechts am Gerichtsort Die Diskussion um die Ermittlung des maßgeblichen Rechts infolge einer Zession oder einer Vertragskette hat bereits gezeigt, dass sich bei einer Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut die materiellrechtliche Haftung und die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach verschiedenen Rechtsordnungen beurteilen und es infolgedessen zu einem Auseinanderfallen von Haftung und Bindung an die Schiedsvereinbarung kommen kann. Entsprechendes gilt bei der Entscheidung über die Bindung des Gesellschafters, soweit sich die Gesellschafterhaftung nach dem Gesellschaftsstatut zu beurteilt und sich das Schiedsvereinbarungsstatut nach einem anderen Sachrecht bemisst. Wählen die Parteien einen neutralen Schiedsort, der keine Verbindungen zum Heimatrecht der Gesellschaft aufweist, fallen das Gesellschafts-​und Schiedsvereinbarungsstatut auseinander, sodass es infolgedessen zu einer Haftung des Gesellschafters ohne Bindung an die Schiedsvereinbarung kommen kann. Die Nachteile der Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut ergeben sich in entsprechender Art und Weise bei einer Anknüpfung an die jeweilige lex fori. Das am Gerichtsort geltende Sachrecht kann sich vom für die Gesellschafterhaftung maßgeblichen Gesellschaftsstatut unterscheiden, und es kann zu einem Auseinanderfallen von Haftung und Bindung kommen. Auf die Gefährdung des internationalen Entscheidungseinklangs infolge einer Anknüpfung an die lex fori wurde bereits an anderer Stelle hingewiesen. Mit Recht bringt Teipel vor, dass sich der internationale Entscheidungseinklang mangels vereinheitlichtem Kollisionsrecht nicht garantieren lässt. Die Anknüpfung an das jeweils am Gerichtsort geltende Recht ist jedoch dem Nachteil ausgesetzt, dass eine Mehrzahl an Gerichtsständen eröffnet sein kann, sodass sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung weder für die Gesellschaft, noch für die Gesellschaftsgläubiger hinreichend absehen lässt. Nimmt der Gesellschaftsgläubiger den Gesellschafter an dessen Wohnsitz in An-

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

spruch, bemisst sich die Drittbindung nach einer Rechtsordnung, die der Gesellschaftsgläubiger bei Vertragsschluss mit der Gesellschaft im Zweifel nicht in seine Risikoabschätzung aufgenommen hat. Darüber hinaus bemisst sich die Bindung bei einer Anknüpfung an die lex fori an jedem der in Betracht kommenden allgemeinen Beklagtengerichtsstände nach dem dort geltenden Sachrecht, sodass die Bindung je nach Gesellschafter anders zu beurteilen sein könnte. Ist wiederum ein besonderer Klägergerichtsstand eröffnet, vor dem der Gesellschaftsgläubiger die Gesellschafter in Anspruch nehmen kann, können letztere die Bindung an die Schiedsvereinbarung ebenso schwer absehen. Die mangelnde Vorhersehbarkeit spricht daher ebenfalls gegen eine Anknüpfung an das am Gerichtsort geltende Sachrecht und ist im Ergebnis daher abzulehnen.

ee) Die Vorteile einer Anknüpfung an das Recht am Gründungsort Es erweist sich, dass letztlich die Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut den Vorzug verdient. Doch wie ist das maßgebliche Gesellschaftsstatut zu bestimmen? Hierfür wurde die Möglichkeit der Anknüpfung an den effektiven Sitz der Ge­ sellschaft oder das am Gründungsort geltende Recht dargestellt. Die Sitztheorie wurde insbesondere mit dem Gläubigerschutz gerechtfertigt, da sich die Gläubiger bei einem effektiven Sitz der Gesellschaft in der Rechtsordnung des Gläubigers auf die dort vorgesehenen Schutzvorschriften berufen können. Wird der Gedanke des Gläubigerschutzes auf die Schiedsvereinbarung übertragen, werden die Gläubiger demnach davor geschützt, dass sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung im Verhältnis zu den Gesellschaftern nach einer fremden Rechtsordnung bemisst. Hat die Gesellschaft ihren effektiven Sitz im Staat des Gesellschaftsgläubigers, kommen ferner die dem Gläubiger aus seiner eigenen Rechtsordnung bekannten Drittbindungsvorschriften zur Anwendung, obwohl es sich um eine ausländische Gesellschaft handelt. Die Anknüpfung an den Sitz der Gesellschaft dient daher auch auf Ebene der Zuständigkeit den Interessen der Gesellschaftsgläubiger. Relativiert werden diese Vorteile hingegen durch die Bestimmung des effektiven Verwaltungssitzes der Gesellschaft. Bei einer international tätigen Gesellschaft, die in einer Vielzahl an Rechtsordnungen Geschäftsbeziehungen und Verwaltungsstrukturen unterhält, kann die Bestimmung des effektiven Verwaltungssitzes durch die Gesellschaftsgläubiger im Vorfeld einer Transaktion zu Unsicherheiten führen. Zwar ist für die Gesellschafter der effektive Verwaltungssitz aufgrund ihrer Nähe zur Gesellschaft grundsätzlich erkennbar oder es kann diesen zugemutet werden, sich über den effektiven Sitz der Gesellschaft zu informieren. Doch in welchem Zeitpunkt führt eine Gesellschaft ihre Tätigkeiten effektiv innerhalb einer bestimmten Rechtsordnung durch? Werden in den verschiedenen Rechtsordnungen unterschiedliche Anforderungen an die Bestimmung des effektiven Verwaltungssitzes gestellt, herrscht sowohl für die Gesellschafter als auch für die Gesellschaftsgläubiger Unsicherheit über die Bestimmung des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts. Diese Problematik lässt sich

III. Die Bindung des Gesellschafters an eine Schiedsvereinbarung  

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an der Rechtsprechung zur Scheinauslandsgesellschaft verdeutlichen. Abhängig davon, unter welchen Voraussetzungen eine ausschließliche Tätigkeit der zugezogenen Gesellschaft in Deutschland angenommen wird, handelt es sich um eine Scheinauslandsgesellschaft, sodass ein im Gründungsstaat vorgesehenes Haftungsprivileg nicht anerkannt wird. Infolgedessen haften die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Bemisst sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach den Grundsätzen der Sitzanknüpfung, werden die Gesellschafter dementsprechend für Streitigkeiten betreffend die Gesellschaftsverbindlichkeiten an die Schiedsvereinbarung gebunden. Wird der effektive Verwaltungssitz jedoch in eine andere Rechtsordnung verlagert, kann sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung in dem neuen Zuzugsstaat nach anderen Maßstäben bemessen. Infolgedessen hat es letztlich die Gesellschaft in der Hand, durch eine Sitzverlegung über die Bindung der Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung zu entscheiden. Wegen der Möglichkeit eines Statutenwechsels in Folge der Sitzverlegung und dem unbestimmten Maßstab der Sitzbestimmung, führt die Anknüpfung nach der Sitztheorie demnach dazu, dass sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung im Zuge der Risikobewertung vor der Transaktion nur schwer absehen lässt. Die Gründungstheorie scheint den Nachteilen der Sitztheorie entgegen zu treten. Bemisst sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung stets nach dem Recht des Staates, in dem die Gesellschaft gegründet wurde, kann es zu keiner Sitzverlegung kommen. Ferner bereitet die Bestimmung der maßgeblichen Rechtsordnungen keine Schwierigkeiten, da insbesondere für die Gesellschaftsgläubiger vor Vertragsschluss erkennbar ist, dass diese mit einer Gesellschaft aus einem bestimmten Herkunftsland in eine Vertragsbeziehung treten. Der Gründungsort und das dort geltende Sachrecht ist demnach sowohl für die Gesellschafter als auch für die Gesellschaftsgläubiger erkennbar. Insbesondere die Gesellschaftsgläubiger haben die Möglichkeit, sich über die im Gründungsland herrschende Rechtslage betreffend die Bindung der Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung zu informieren. Zwar wurde bereits darauf hingewiesen, dass den Gläubigern diese Informationsmöglichkeit bei einer Haftung infolge einer unerlaubten Handlung nicht offensteht. Im diesen Fall wird es in der Regel jedoch im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und der Gesellschaft an einer Schiedsvereinbarung fehlen, sodass es bei einer Inanspruchnahme der Gesellschafter zu keiner Schlechterstellung der Gesellschaftsgläubiger mangels Bindung an eine mit der Gesellschaft vereinbarte Schiedsvereinbarung kommt. Es fragt sich jedoch, ob das gegen die Gründungstheorie angeführte Argument, die Gläubigerschutzvorschriften im Zuzugsstaat könnten umgangen werden, ebenfalls im Rahmen der Bestimmung des für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgeblichen Rechts anführen lässt. Be­m isst sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung nach dem Gründungsrecht, vollzieht die Gesellschaft ihre Tätigkeit jedoch im Zuzugsstaat, können sich die Gesellschaftsgläubiger im Zuzugsstaat nicht auf die eigenen Drittbindungsvorschriften berufen. Sieht das Recht im Gründungsstaat im Unterschied zum Zu-

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

zugsstaat keine Bindung an die Schiedsvereinbarung vor, haben die Gesellschaftsgläubiger den Gesellschafterprozess infolgedessen vor staatlichen Gerichten zu führen. Die Gründungstheorie ermöglicht es den Gesellschaftern daher, sowohl der persönlichen Haftung, als auch der Bindung an die Schiedsvereinbarung zu entgehen. Ungeachtet dieser mit der Gründungstheorie einhergehenden Konsequenz überwiegen jedoch die Vorteile der Anknüpfung an das am Gründungsort der Gesellschaft geltende Recht. Auch die Sitztheorie ermöglicht es den Gesellschaftern, durch Verlegung des Verwaltungssitzes das für die Bindung an die Schiedsvereinbarung maßgebliche Recht zu beeinflussen und sich durch die Wahl eines Verwaltungssitzes innerhalb einer Rechtsordnung, welche die Bindung ausschließt, der Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu entziehen. Bemisst sich die Bindung an die Schiedsvereinbarung jedoch stets nach dem Gründungsrecht, herrscht Klarheit über die kollisionsrechtliche Behandlung der Bindung an die Schiedsvereinbarung. Die Vorteile einer schnellen und vorhersehbaren Bestimmung des für die Bindung maßgeblichen Sachrechts sprechen daher entscheidend für eine Anknüpfung an das am Gründungsort geltende Recht. Die Gesellschafter vor dem Schiedsgericht für die Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch zu nehmen, steht insbesondere im Interesse der Gesellschaftsgläubiger, sodass diesen vor Vertragsschluss zugemutet werden kann, sich über die am Gründungsort geltenden Regelungen zu informieren. Zwar ist die Feststellung der Rechtslage innerhalb des für die Gesellschaftsgläubiger fremden Rechts mit einem gewissen Aufwand verbunden. Diesem Aufwand können sich jedoch auch die einzelnen Gesellschafter ausgesetzt sehen, die sich an einer im Ausland gegründeten Gesellschaft beteiligen. Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass die Anknüpfung an das über die Gründungstheorie ermittelte Gesellschaftsstatut unter den in Betracht kommenden Anknüpfungsmöglichkeiten den Vorzug verdient.

ff) Die Bildung einer maßgeblichen Kollisionsregel Wie bereits angedeutet, fehlt es hinsichtlich der Bestimmung des maßgeblichen Rechts für die Bindung des Gesellschafters an eine zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern für die Gesellschaftsverbindlichkeit abgeschlossene Schiedsvereinbarung an einer ausdrücklichen Kollisionsregel. Die Analyse der in Betracht kommenden Anknüpfungsmöglichkeiten konnte zeigen, dass die Anwendung desjenigen Sachrechts den Vorzug verdient, welches im jeweiligen Einzelfall über die materiellrechtliche Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten zur Anwendung berufen wird. Insofern verdient die Anwendung des am Gründungsort der Gesellschaft geltenden Sachrechts den Vorzug. Deshalb wird vorgeschlagen, dass sich die Frage, ob sich die Schiedsvereinbarung bei Streitigkeiten betreffend die Gesellschaftsverbindlichkeit auf die einzelnen

IV. Zusammenfassung des zweiten Kapitels 

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Gesellschafter erstreckt, ebenfalls nach dem am Gründungsort der Gesellschaft geltenden Sachrecht bemisst. h) Zwischenergebnis Die Anknüpfung an das über die Gründungstheorie ermittelte Gesellschaftsstatut ist geeignet, die Interessen der betroffenen Personen in angemessenen Ausgleich zu bringen. Das am Gründungsort der Gesellschaft geltende Sachrecht ist sowohl für die Gesellschaftsgläubiger, als auch für die einzelnen Gesellschafter absehbar. Infolge einer entsprechenden Anknüpfung können die Gesellschafter vor dem Beitritt zur Gesellschaft bzw. vor der Gründung im Geltungsbereich der jeweiligen Rechtsordnung absehen, unter welchen Voraussetzungen diese bei Streitigkeiten über die Gesellschaftsverbindlichkeiten an eine zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern hierfür abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden. Für die Vertragspartner der Gesellschaft ist vor Vertragsschluss erkennbar, in welcher Rechtsordnung die Gesellschaft gegründet wurde, sodass diese, insbesondere im Vergleich zur Anknüpfung an den effektiven Verwaltungssitz, die für die Erstreckung auf die Gesellschafter maßgebliche Rechtsordnung ebenfalls entsprechend absehen können. Ein weiterer Vorteil der Anknüpfung an den Gründungsort liegt darin belegen, dass es zu keinem Statutenwechsel kommen kann und sich die weitgehende Gleichbehandlung aller Gesellschaftsgläubiger realisieren lässt. Entscheidet das über die Sitztheorie ermittelte Gesellschaftsstatut über die Voraussetzungen einer materiellrechtlichen Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, bestimmt sich darüber hinaus sowohl die Haftung, als auch die Erstreckung der Schiedsvereinbarung nach derselben Rechtsordnung, sodass ein entsprechender Gleichlauf hergestellt wird.

IV. Zusammenfassung des zweiten Kapitels Die Untersuchung der Zession, der Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette und der Bindung der einzelnen Gesellschafter an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung konnte zeigen, dass sich die Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf einen am Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar beteiligten Dritten auf die Vorschriften des materiellen Rechts zurückführen lässt. Zwar lassen sich den Bestimmungen des materiellen Rechts keine ausdrücklichen Regelungen betreffend die Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf einen Dritten entnehmen, es erweist sich jedoch, dass die Erstreckung insbesondere anhand des Telos der jeweiligen materiellrechtlichen Regelung begründet werden kann. Dementsprechend fehlt es an einer zentralen sachrechtlichen Regelung betreffend die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung und der Erstreckung auf einen am Abschluss nicht unmittelbar beteiligten Dritten.

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2. Kap.: Die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung

Auf Ebene des Kollisionsrechts hat sich gezeigt, dass es an ausdrücklichen Kollisionsregeln zur Ermittlung des für die Erstreckung einer Schiedsvereinbarung auf einen Dritten maßgeblichen Sachrechts fehlt. Eine einheitliche Anknüpfung der prozessualen Drittwirkung an das Schiedsvereinbarungsstatut führt jedoch zu keinen sinnvollen Ergebnissen. Folge einer Anknüpfung an das Schiedsvereinbarungsstatut wäre, dass das am Schiedsort geltende Sachrecht darüber befinden müsste, unter welchen Voraussetzungen ein Dritter an eine zwischen den Schiedsparteien zustande gekommene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Demgegenüber kommen jedoch für die materiellrechtlichen Drittwirkungen im Verhältnis der Schiedsparteien zu dem Dritten unterschiedliche Kollisionsregeln zur Anwendung. Um ein Auseinanderfallen des anwendbaren Rechts, einerseits betreffend die materiellrechtlichen Drittwirkungen und andererseits der korrespondierenden Frage der prozessualen Drittwirkung, zu vermeiden, werden verschiedene Sonderanknüpfungen vorgeschlagen. Die im Rahmen des zweiten Kapitels untersuchten Fallkonstellationen konnten zeigen, dass im Einzelfall, ausgehend vom jeweiligen Qualifikationsgegenstand, eine Anknüpfung an dasjenige Statut zu interessensgerechten Ergebnissen führt, das eine Regelung zur Bestimmung des für die materiellrechtlichen Drittwirkungen maßgeblichen Sachrechts trifft. Betrifft der Qualifikationsgegenstand die Frage, ob der Zessionar für Streitigkeiten betreffend die zedierte Forderung an eine für die Forderung abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird, ist demnach diejenige Kollisionsnorm entsprechend zur Anwendung zu bringen, die eine Regelung zur Bestimmung des für die materiellrechtlichen Wirkungen der Forderungsabtretung maßgeblichen Rechts trifft736. Ebenso ist zu verfahren, wenn darüber zu entscheiden ist, welche Reichweite eine Schiedsvereinbarung innerhalb einer homogenen Vertragskette entfaltet oder ob ein einzelner Gesellschafter an eine von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden wird. Die Entscheidung über die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung lässt sich in Folge der bisherigen Untersuchung in eine Prüfung in drei Schritten übertragen. Die Durchführung eines jeden Schiedsverfahrens setzt den Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung voraus, sodass innerhalb des ersten Schrittes das tatbestandliche Zustandekommen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien zu prüfen ist. Diesbezüglich ist das Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen, sodass das am Sitz des Schiedsgerichts geltende Sachrecht hierfür maßgeblich ist. Innerhalb des zweiten Schrittes ist danach zu fragen, ob die Schiedsvereinbarung im jeweiligen Einzelfall, neben den ursprünglichen Schiedsparteien auch den Dritten bindet. Innerhalb des zweiten Schrittes sind bei der Bestimmung des hierfür maßgeblichen Sachrechts, abhängig vom jeweiligen Qualifikationsgegenstand, unterschiedliche Anknüpfungen 736

Im Ergebnis bereits Schütze, SchiedsV 2014, 274, 276: „Die kollisionsrechtliche Behandlung der Erstreckung der Wirkungen einer Schiedsvereinbarung auf Dritte bestimmt sich nach dem Rechtsgrund der Erstreckung.“

IV. Zusammenfassung des zweiten Kapitels 

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vorzunehmen. Spricht sich das jeweils maßgebliche Sachrecht für einen Übergang der zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien zustande gekommenen Schiedsvereinbarung auf den Dritten aus, ist innerhalb des dritten Schrittes zu prüfen, ob dieser Übergang mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung im Einklang steht. Diese Rückbindung stellt sicher, dass es infolge des innerhalb des zweiten Schrittes festgestellten, gesetzlich angeordneten Übergangs der Schiedsvereinbarung, nicht zur Bindung eines Dritten kommen kann, die im Widerspruch zum erklärten Willen der Schiedsparteien steht. Steht die Bindung des jeweiligen Dritten im Einklang mit der Schiedsvereinbarung, wird der Dritte letztlich von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst und demzufolge an diese gebunden.

3. Kapitel

Die Entscheidung über die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung Bevor eine Sachentscheidung ergehen kann, ist in einem ersten Schritt über die Zuständigkeit zu entscheiden, da die Entscheidungszuständigkeit eine Sachentscheidungs-​bzw. Prozessvoraussetzung ist.1 Daneben lassen sich für den Vorrang der Zuständigkeitsentscheidung prozessökonomische Erwägungen anführen, da sich die Sachauseinandersetzung bei einer negativen Zuständigkeitsentscheidung erübrigt und ein nicht für die Sachentscheidung zuständiges Gericht infolgedessen Zeit und Kosten einsparen kann. Die bisherige Untersuchung konnte zeigen, dass die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung in einem engen Zusammenhang mit der materiellrechtlichen Rechtslage steht. So konnte beispielsweise die Bindung des Zessionars an die Schiedsvereinbarung auf eine Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB zurückgeführt werden. Wie ist jedoch zu verfahren, wenn die Wirksamkeit der Zession den Gegenstand der Streitigkeit bildet? Hat das jeweils angerufene Streitentscheidungsorgan bereits im Wege der Zuständigkeitsprüfung die Wirksamkeit der Zession zu prüfen, da nur in diesem Fall eine Bindung an die Schiedsvereinbarung eintritt? Eine vergleichbare Fragestellung ergibt sich für die Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette, wenn beispielsweise streitig ist, ob dem Endkunden ein Direktanspruch aus einem Vertrag zugunsten Dritter zusteht. Auch die Bindung des Gesellschafters an die Schiedsvereinbarung kann zu entsprechenden Fragen führen, soweit der Gesellschafter das Bestehen einer persönlichen Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern bestreitet. Aufgrund der Verbindung zwischen der materiellrechtlichen Rechtslage und der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung bedarf die Entscheidung über die Drittwirkung im Wege der Zuständigkeitsprüfung einer Klärung. Im Folgenden ist daher zunächst im Überblick darauf einzugehen, welchem Streitentscheidungsorgan die Kompetenz zukommt, über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu entscheiden (I.). Anschließend ist das Verhältnis zwischen der schiedsgerichtlichen und der staatlichen Zuständigkeitsentscheidung zu verdeutlichen (II.), bevor näher auf die Berücksichtigung der materiellen Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung eingegangen werden kann (III.). 1 Musielak / ​Voit / ​Heinrich, § 1, Rn. 15. Die Schiedsvereinbarung wird vor staatlichen Gerichten lediglich in der Einredesituation geprüft. Hierzu und dem historischen Hintergrund umfassend: Münch, Die Schiedsbindung als Prozesseinrede, 461 ff.

I. Die Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung   245

I. Die Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung Das UNCITRAL-​Modellgesetz2 legt in seinem Art. 16 ML fest, dass das Schiedsgericht, dem Grundsatz der Kompetenz-​Kompetenz folgend, über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden hat. Lediglich im Anschluss an die Zuständigkeits­ entscheidung des Schiedsgerichts ist in Art. 16 Abs. III ML eine Überprüfung dieser Entscheidung durch staatliche Gerichte vorgesehen. Der deutsche Gesetzgeber hat die Regelungen des UNCITRAL-​Modellgesetzes bei der Reform des zehnten Buches der ZPO weitgehend übernommen und verleiht dementsprechend in § 1040 Abs. I ZPO dem Schiedsgericht das Recht, über die eigene Zuständigkeit selbst zu entscheiden3. Entgegen dem Regelungsvorschlag des Art. 16 Abs. III ML hat sich der deutsche Gesetzgeber jedoch dafür entschieden, dass staatliche Gerichte bereits vor der Entscheidung durch das Schiedsgericht über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entscheiden können. Gemäß § 1032 Abs. II ZPO haben die Parteien bis zur Bildung des Schiedsgerichtes4 und damit noch vor der Entscheidung durch das Schiedsgericht die Möglichkeit, das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung im Wege eines Feststellungsverfahrens gerichtlich überprüfen zu lassen5. Hintergrund dieser Regelung ist, dass „möglichst frühzeitig“ klare Verhältnisse bezüglich der Schiedsvereinbarung und der Zuständigkeit herrschen sollen.6 Dementsprechend sieht das deutsche Schiedsverfahrensrecht neben dem Feststellungsverfahren vor, dass das mit dem Hauptsacheverfahren betraute staatliche Gericht gemäß § 1032 Abs. I, III ZPO über die Begründetheit 2 UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration (1985), mit den Änderungen von 2006. 3 Grundsätzlich zur Kompetenz-​Kompetenz: Bundesgerichtshof, Urt. v. 13.01.2005, III ZR 265/03 = SchiedsVZ 2005, 95 ff. 4 Der Bundesgerichtshof hat sich entgegen dem Wortlaut des § 1032 Abs. II ZPO dafür ausgesprochen, dass das staatliche Gericht auch nach der Konstituierung des Schiedsgerichtes über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entscheiden darf, soweit der Feststellungsantrag vor der Konstituierung des Schiedsgerichts eingereicht worden ist. Bundesgerichtshof, Beschl. v. 30.06.2011, III ZB 59/10 = SchiedsVZ 2011, 281. 5 Gemäß § 1062 Abs. I Nr. 2 ZPO entscheidet mangels entsprechender Parteivereinbarung das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt über den Feststellungsantrag im Sinne des § 1032 Abs. II ZPO. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 1025 Abs. II ZPO der Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. II ZPO auch bei einem im Ausland belegenen Schiedsort statthaft ist. Infolgedessen ist denkbar, dass die internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte für jedes Schiedsverfahren weltweit eröffnet ist und die Feststellung einer wirksamen Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1032 Abs. II ZPO begehrt werden kann, Schroeter, SchiedsVZ 2004, 288, 290 m. w. N. Mangels inländischem Schiedsort bemisst sich die Zuständigkeit deutscher Gerichte in diesem Fall nach § 1062 Abs. II ZPO, wonach das Oberlandesgericht zuständig ist, „in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit der Schiedsklage in Anspruch genommene oder von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht“. 6 Bundestagsdrucksache 13/5274, zu § 1032.

246

3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

einer Schiedseinrede zu entscheiden hat, ohne diesbezüglich eine Entscheidung durch ein Schiedsgericht abzuwarten.7 Im Regelfall wird über die Begründetheit der Schiedseinrede gemäß § 280 ZPO abgesondert verhandelt, sodass sich die Prüfung der Schiedseinrede als Einredeverfahren bezeichnen lässt.8 Ein vor staatlichen Gerichten anhängiges Verfahren in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen und die Entscheidung durch ein in diesem Zeitpunkt noch nicht konstituiertes Schiedsgericht abzuwarten, wurde vom Gesetzgeber hingegen als bedenklich angesehen.9 Sei stets eine Entscheidung des Schiedsgerichts abzuwarten, bleibe das staatliche Gericht oft über lange Zeit mit einer Streitigkeit befasst, obwohl ungewiss ist, ob und inwiefern das Verfahren vor dem staatlichen Gericht fortgesetzt werden kann.10 Es lässt sich daher festhalten, dass der deutsche Gesetzgeber entgegen dem Regelungsvorschlag des UNCITRAL-​Modellgesetzes vorsieht, dass staatliche Gerichte innerhalb des Feststellungs-​oder Einredeverfahrens über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu entscheiden haben, bevor das Schiedsgericht gemäß dem Grundsatz der Kompetenz-​Kompetenz die Möglichkeit hatte, über die eigene Zuständigkeit zu entscheiden.11 Hat das Schiedsgericht eine Zuständigkeitsentscheidung getroffen, unterliegt diese Entscheidung der Kontrolle der staatlichen Gerichte. Die Regelung des § 1040 Abs. III S. 2 i. V. m. § 1062 Abs. I Nr. 2 ZPO eröffnet demnach den Parteien die Möglichkeit, die Zuständigkeitsentscheidung vor dem jeweils zuständigen Oberlandesgericht im Wege eines Überprüfungsverfahrens12 nachprüfen zu lassen. Ist bereits ein Schiedsspruch ergangen13, besteht darüber hinaus die Möglichkeit, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts mit Blick auf das Bestehen einer wirksamen 7

In der Literatur wird in der Regelung des § 1031 Abs. I ZPO eine Abweichung von Art. 8 Abs. I ML gesehen, Huber, SchiedsVZ 2003, 73. 8 Vgl. Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1032, Rn. 9; vgl. MüKoZPO / ​Münch, § 1032, Rn. 21. An in dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass sowohl vor, als auch nach Einleitung eines Schiedsverfahrens ein Hauptsacheverfahren vor einem staatlichen Gericht angestrengt werden kann, sodass das staatliche Gericht vor und nach der Bildung eines Schiedsgerichts über die Begründetheit einer Schiedseinrede zu entscheiden hat. 9 Bundestagsdrucksache 13/5274, zu § 1032. 10 Bundestagsdrucksache 13/5274, zu § 1032. 11 Nach der Auffassung von Schütze hat sich der deutsche Gesetzgeber demnach für das „Windhundverfahren mit konzeptionellem Vorsprung der staatlichen Gerichte“ entschieden: Schütze, Doppelrelevante Tatsachen im Schiedsverfahrensrecht, 532. Neben dem Einrede-​und Feststellungsverfahren, die eine unmittelbare Prüfung der Schiedsvereinbarung zum Gegenstand haben, setzen Hilfstätigkeiten des staatlichen Gerichts eine inzidente Prüfung des Bestehens einer wirksamen Schiedsvereinbarung voraus. Die Hilfstätigkeiten der staatlichen Gerichte im Überblick: Schütze, Schiedsverfahren, 62 ff. 12 Das Überprüfungsverfahren wird auch als Anfechtungsverfahren bezeichnet. 13 Die Verfahrensphase nach Erlass eines Schiedsspruchs lässt sich als „postarbitrale Phase“ bezeichnen. Dementsprechend soll die Verfahrensphase vor Erlass eines Schiedsspruches als „präarbitrale Phase“ bezeichnet werden. Vgl. Haas, Die gerichtliche Kontrolle der schieds­ gerichtlichen Entscheidungszuständigkeit, 187.

II. Schiedsgerichtliche und staatliche Zuständigkeitsentscheidung 

247

Schiedsvereinbarung in Form eines Aufhebungsantrages nach § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO oder innerhalb des Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens nach § 1060 Abs. II i. V. m. 1059 Abs. II ZPO bzw. § 1061 Abs. I ZPO i. V. m. Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü durch staatliche Gerichte letztverbindlich feststellen zu lassen.

II. Das Verhältnis zwischen der schiedsgerichtlichen und der staatlichen Zuständigkeitsentscheidung Steht den Parteien bereits in der präarbitralen Phase die Möglichkeit offen, die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung von einem staatlichen Gericht mittels eines Feststellungs-​oder Einredeverfahrens überprüfen zu lassen, bedarf das Verhältnis des staatlichen Gerichtsverfahrens zum Schiedsverfahren einer Klärung.14

1. Der „überholende“ Schiedsspruch In Übereinstimmung mit Art. 8 Abs. II ML hat sich der deutsche Gesetzgeber in § 1032 Abs. III ZPO dafür entschieden, dass trotz der Anhängigkeit eines Feststellungs-​oder Einredeverfahrens die Einleitung und Durchführung eines Schiedsverfahrens oder das Erlassen eines Schiedsspruches zulässig ist.15 Entsprechendes gilt für das Überprüfungsverfahren im Sinne des § 1040 Abs. III ZPO. Hat das Schiedsgericht seine eigene Zuständigkeit bereits festgestellt und möchte die Schiedsbeklagte infolgedessen den entsprechenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts von einem staatlichen Gericht überprüft wissen, ist das Schiedsgericht, ungeachtet einer noch ausstehenden Entscheidung innerhalb des Überprüfungsverfahrens, gemäß § 1040 Abs. III S. 3 ZPO nicht gehindert, einen Schiedsspruch zu erlassen. Vergleichbar zur Regelung des § 1032 Abs. III ZPO hat sich der deutsche Gesetzgeber daher dafür entschieden, dass das Schiedsgericht das Schiedsverfahren weiter fortsetzen kann und dieses nicht in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO bis zur Entscheidung über den Überprüfungsantrag auszusetzen hat.16 14 Hierzu insbesondere Haas, Die gerichtliche Kontrolle der schiedsgerichtlichen Entscheidungszuständigkeit; Huber, SchiedsVZ 2003, 73 ff.; Schroeter, SchiedsVZ 2004, 288 ff; Münch, ZZP 2015, 307 ff.; Spohnheimer, Die Vorabentscheidung über die (Un-​)Zuständigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO durch staatliche Gerichte. 15 Für das Verhältnis zwischen dem Feststellungs-​und dem Einredeverfahren nimmt die wohl herrschende Auffassung an, dass ein im Hauptsacheverfahren eingeleitetes Einredeverfahren das Rechtsschutzinteresse des Feststellungsverfahrens entfallen lässt, Schütze, Schiedsverfahren, 91 m. w. N. Entsprechendes habe zu gelten, wenn ein Feststellungsverfahren eingeleitet und anschließend die Schiedseinrede im Hauptsacheverfahren erhoben werde, Schütze, Schiedsverfahren, 91. Kritisch Münch, ZZP 2015, 314 ff. 16 Andere Rechtsordnungen, wie beispielsweise die Schweiz sehen hingegen vor, dass ein vor einem staatlichen Gericht anhängiges Hauptverfahren die Durchführung eines Schieds-

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

Kann sowohl im Einrede-​und Feststellungsverfahren als auch im Überprüfungsverfahren ein Schiedsspruch ergehen, bevor das staatliche Gericht über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entschieden hat, kann es zu einem Konflikt zwischen dem Schiedsspruch und der staatlichen Zuständigkeitsprüfung kommen. Insbesondere im Einredeverfahren kann die Situation eintreten, dass die Entscheidung über die Begründetheit der Schiedseinrede weiter aussteht, vor dem Schiedsgericht jedoch in der Zwischenzeit eine Sachentscheidung ergeht. Dass eine Entscheidung über die Begründetheit der Schiedseinrede über einen längeren Zeitraum ausstehen kann, liegt in dem Umstand begründet, dass die nach den allgemeinen Bestimmungen zuständigen Gerichte über die Schiedseinrede entscheiden, sodass diesbezüglich nicht gemäß § 1062 ZPO die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte eröffnet und infolgedessen zwei Tatsachen-​und eine Rechtsinstanz durchlaufen werden können.17 Ergeht ein Schiedsspruch, während ein staatliches Gerichtsverfahren zur Klärung des Bestehens eines wirksamen Schiedsverfahrens anhängig ist, liegt ein so genannter „überholender“ Schiedsspruch vor, sodass die Konsequenzen für das staatliche Gerichtsverfahren klärungsbedürftig sind. a) Das Überprüfungs-​und Feststellungsverfahren Für das Überprüfungsverfahren nach § 1040 Abs. III ZPO hat sich der dritte Zivilsenat des BGH dafür ausgesprochen, dass das Rechtsschutzbedürfnis entfalle, soweit vor der Entscheidung des staatlichen Gerichts ein Schiedsspruch erlassen wird.18 Dies hat zur Konsequenz, dass die Schiedsbeklagte stets Gefahr läuft, bei einer zwischenzeitig ergangenen Entscheidung des Schiedsgerichts mit dem Überprüfungsantrag zu scheitern und infolgedessen die Feststellung der Unzuständigkeit erneut innerhalb eines Aufhebungsverfahrens anzustrengen hat.19 Ist das Überprüfungsverfahren bereits weit fortgeschritten und beispielsweise bereits vor dem Bundesgerichtshof als Rechtsmittelinstanz anhängig, führt das Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses und die erneute Prüfung innerhalb des Aufhebungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht (und gegebenenfalls dem Bundesgerichtshof), sowohl für die Schiedsbeklagte als auch für die mit den Verfahren betrauten Ge-

verfahrens sperrt. Nach Auffassung des Schweizer Bundesgerichtes habe ein Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz Art. 9 IPRG anzuwenden und das Schiedsverfahren dementsprechend auszusetzen, Schweizer Bundesgericht, Urt. v. 14.05.2001, BGE 127 III 279, 288. Hierzu Haas, Die gerichtliche Kontrolle der schiedsgerichtlichen Entscheidungszuständigkeit, 194. 17 Die Vorschrift des § 1062 ZPO führt demgegenüber weitgehend zu einer Zuständigkeitskonzentration vor den Oberlandesgerichten, da lediglich die Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof statthaft ist. Vgl. den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 1062 ZPO, Bundestagsdrucksache 13/5274 zu § 1062. 18 Bundesgerichtshof, Beschl. v. 30.04.2014, III ZB 37/12 = SchiedsVZ 2014, 200 ff. Damit bestätigte der Bundesgerichtshof seinen Hinweisbeschluss vom 19.09.2013, III ZB 37/12 = SchiedsVZ 2013, 333 ff. 19 Pörnbacher / ​Gebert, SchiedsVZ 2014, 200, 202.

II. Schiedsgerichtliche und staatliche Zuständigkeitsentscheidung 

249

richte zu einer Mehrbelastung. Mit den verfahrensökonomischen Folgen seiner Entscheidung hatte sich der dritte Zivilsenat ebenfalls auseinandergesetzt, wies entsprechende Bedenken jedoch dahingehend zurück, dass die im Überprüfungsverfahren gewonnenen Kenntnisse innerhalb des Aufhebungsverfahrens verwertet werden könnten.20 In der Literatur wird hingegen darauf hingewiesen, dass der Verweis auf das Aufhebungsverfahren den Parteien die Möglichkeit nehme, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts entsprechend dem Willen des Gesetzgebers frühzeitig klären zu lassen.21 Im Geschäftsjahr 2014 wechselte die Zuständigkeit in Rechtsstreitigkeiten betreffend Schiedsvereinbarungen vom dem dritten auf den ersten Zivilsenat, der sich zunächst der bisherigen Auffassung angeschlossen hatte.22 Mit Beschluss vom 06.08.2016 hat der erste Zivilsenat die bisherige Rechtsprechung hingegen aufgegeben und sich dafür ausgesprochen, dass die Fortsetzung des Überprüfungsverfahrens trotz eines in der Zwischenzeit ergangenen Schiedsspruches weiter zulässig sei.23 Die neuere Rechtsprechung ist in der Literatur auf Zustimmung gestoßen, da die Fortsetzung des Überprüfungsverfahrens die Nachteile einer erneuten Prüfung innerhalb des Aufhebungsverfahrens vermeide.24 Setzt das staatliche Gericht das Überprüfungsverfahren trotz des Bestehens eines Schiedsspruches fort und verneint die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, kommt es zwischen dem Schiedsspruch und der negativen Zuständigkeitsentscheidung zu einem Konflikt. Zur Lösung dieses Konflikts weist der erste Zivilsenat darauf hin, dass der Schiedsspruch auf Parteiantrag gemäß § 1059 Abs. II ZPO aufgehoben werden könne.25 Stellt das staatliche Gericht innerhalb des Überprüfungsverfahrens die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung fest, wird der Schiedsspruch nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht nichtig.26 Besteht lediglich Streit über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung, ist das für das Aufhebungsverfahren zuständige Oberlandes­ gericht jedoch an die Feststellungen des Überprüfungsverfahrens gebunden, sodass sich im Vergleich zur überkommenen Rechtsprechung eine erneute und umfangreiche Prüfung der Schiedsvereinbarung erübrigt. Lässt sich die Fortsetzung des Überprüfungsverfahrens dadurch rechtfertigen, dass eine erneute Prüfung der Schiedsvereinbarung innerhalb des Aufhebungs­

20

Bundesgerichtshof, Beschl. v. 19.09.2013, III ZB 37/12 = SchiedsVZ 2013, 333 ff. Pörnbacher / ​Gebert, SchiedsVZ 2014, 200, 202. 22 Der erste Zivilsenat hielt zunächst daran fest, dass das Rechtsschutzbedürfnis eines Überprüfungsverfahrens infolge eines in der Zwischenzeit ergangenen Schiedsspruchs entfällt, Bundesgerichtshof, Beschl. v. 05.11.2015, I ZB 5/15. 23 Bundesgerichtshof, Beschl. v. 06.08.2016, I ZB 1/15 = SchiedsVZ 2017, 103 ff. 24 Gebert / ​Pörnbacher, SchiedsVZ 2017, 103, 106. 25 Bundesgerichtshof, Beschl. v. 06.08.2016, I ZB 1/15 = SchiedsVZ 2017, 103, 104. 26 Vgl. Bundesgerichtshof, Beschl. v. 06.08.2016, I ZB 1/15 = SchiedsVZ 2017, 104. Anders die wohl herrschende Literaturauffassung, die in Folge einer negativen Zuständigkeitsentscheidung unmittelbar auf die Nichtigkeit des Schiedsspruches schließt. Siehe hierzu Musielak / ​Voit / ​ Voit, § 1032, Rn. 14 m. w. N. 21

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

verfahrens vermieden wird, könnte sich die zum Überprüfungsverfahren ergangene Rechtsprechung auf das Feststellungsverfahren übertragen lassen. Wird vor der Bildung des Schiedsgerichtes ein Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. II ZPO gestellt und wird vor der Entscheidung hierüber ein Schiedsspruch erlassen, könnte das staatliche Gericht ungeachtet des Schiedsspruches über den Feststellungs­ antrag entscheiden. Wird das für das Aufhebungsverfahren zuständige Oberlandes­ gericht an den Ausgang des Feststellungsverfahrens gebunden, lässt sich auch in dieser Konstellation eine erneute Prüfung innerhalb des Aufhebungsverfahrens vermeiden. b) Das Einredeverfahren Steht die Entscheidung über die Schiedseinrede bei Erlass eines Schiedsspruches aus, wird eine entsprechende Anwendung des § 148 ZPO vorgeschlagen, sodass das mit dem Einredeverfahren betraute staatliche Gericht das Verfahren auszusetzen hat, um der im Schiedsverfahren unterlegenen Partei die Möglichkeit zu geben, mittels eines Aufhebungsverfahrens gegen den Schiedsspruch vorzugehen.27 Gegen die Aussetzung des Verfahrens ließe sich einwenden, dass sich der Gesetzgeber durch die Möglichkeit einer präarbitralen Kontrolle der Schiedsvereinbarung dafür ausgesprochen hat, dass das Bestehen einer Schiedsvereinbarung frühzeitig geklärt werden soll. Im Gesetzesentwurf zu § 1032 ZPO wird eine Aussetzung des Verfahrens dementsprechend kritisch gesehen.28 Entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, dass das staatliche Gericht nicht die Entscheidung durch das Schiedsgericht abzuwarten hat und vielmehr selbst eine Entscheidung treffen darf, könnte Entsprechendes für das Verhältnis zum Aufhebungsverfahren gelten, sodass das mit dem Einredeverfahren betraute Gericht ungeachtet des Schiedsspruches eine Entscheidung treffen und nicht die Entscheidung des Aufhebungsverfahrens abzuwarten hat. Das Einredeverfahren bis zum Abschluss des Aufhebungsverfahrens auszusetzen, hat hingegen den Vorteil, dass für das Aufhebungsverfahren die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts eröffnet ist. Dementsprechend werden die mit dem Einredeverfahren betrauten Gerichte, deren Zuständigkeit sich nach den allgemeinen Vorschriften bestimmt, von der Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung befreit, und den Parteien kommt die Zuständigkeitskonzentration des § 1062 Abs. I Nr. 3 i. V. m. § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO zugute. Damit wird letztlich der Wille des Gesetzgebers verwirklicht, der bei der Reform des 27

Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1032, Rn. 8 m. w. N. „Eine Aussetzung des Verfahrens begegnet deshalb Bedenken, weil das staatliche Gericht oft über lange Zeit mit dem Verfahren befaßt bleibt, obwohl ungewiß ist, ob und inwieweit das Verfahren vor dem staatlichen Gericht später, z. B. als Vollstreckbarerklärungsverfahren, wieder aufgenommen werden kann“, Bundestagsdrucksache 13/5274 zu § 1062 ZPO. 28

II. Schiedsgerichtliche und staatliche Zuständigkeitsentscheidung 

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Schiedsverfahrensrechts auf die Vorteile der Zuständigkeitskonzentration vor den Oberlandesgerichten hingewiesen hat, die es den Parteien erspart, die Prüfung der Schiedsvereinbarung im Einzelfall vor zwei Tatsacheninstanzen und einer Rechtsinstanz vorzunehmen.29 Steht im Einredeverfahren eine Entscheidung aus und hat das Schiedsgericht zwar keinen Schiedsspruch erlassen, jedoch durch Zwischenentscheid die eigene Zuständigkeit im Sinne des § 1040 Abs. III ZPO festgestellt, kommt ebenfalls in Betracht, das Einredeverfahren in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen und eine Entscheidung über den Überprüfungsantrag nach § 1040 Abs. III S. 2 ZPO abzuwarten. Da infolge der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Rechtsschutzinteresse des Überprüfungsverfahrens durch einen überholenden Schiedsspruch unberührt bleibt, kann das hierfür zuständige Oberlandesgericht ungeachtet des Schiedsspruches über den Überprüfungsantrag und infolgedessen über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Auch in diesem Fall hat die Aussetzung des Einredeverfahrens den Vorteil, dass die Parteien von der Zuständigkeitskonzentration des § 1062 ZPO profitieren und das mit dem Einredeverfahren betraute Gericht von der Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung befreit wird. Das Einredeverfahren infolge einer entsprechenden Anwendung des § 148 ZPO bis zur Entscheidung innerhalb eines Überprüfungs-​oder Aufhebungsverfahrens auszusetzen, verdient daher Zustimmung.

2. Die gerichtliche Zuständigkeitsentscheidung nach Schiedshängigkeit Wurde bereits ein Schiedsverfahren eingeleitet, stellt sich die Frage, ob staat­ liche Gerichte ungeachtet dessen über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden können. Wie bereits angedeutet kommt ein Feststellungsverfahren in Betracht, um eine frühzeitige gerichtliche Entscheidung über die Schiedsvereinbarung zu erreichen. Der Feststellungsantrag ist gemäß § 1032 Abs. II ZPO „bis zur Bildung des Schiedsgerichtes“ statthaft. Entgegen dem Wortlaut des § 1032 Abs. II ZPO hat sich der Bundesgerichtshof dafür ausgesprochen, dass das staatliche Gericht auch nach der Konstituierung des Schiedsgerichtes über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entscheiden darf, soweit der Feststellungsantrag vor der Konstituierung des Schiedsgerichts eingereicht worden ist.30 Dementsprechend ist eine gerichtliche Zuständigkeitsentscheidung auch nach Eintritt der Schiedshängigkeit möglich, da sich das Schiedsgericht erst nach dem Zeitpunkt 29

Vgl. Bundestagsdrucksache 13/5274 zu § 1062. Bundesgerichtshof, Beschl. v. 30.06.2011, III ZB 59/10 = SchiedsVZ 2011, 281. Mit Recht wird jedoch darauf hingewiesen, dass infolgedessen jede Partei die Möglichkeit hätten unmittelbar vor der Konstituierung des Schiedsgerichtes einen Antrag nach § 1032 Abs. II ZPO einzureichen, um das Schiedsverfahren zu „torpedieren“, Schütze, Schiedsverfahren, 93. 30

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

bildet, in dem der Antrag des Schiedsklägers, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen dem Schiedsbeklagten bereits zugegangen ist.31 Hat sich das Schiedsgericht konstituiert, soll grundsätzlich zunächst das Schiedsgericht gemäß § 1040 Abs. I ZPO über die eigene Zuständigkeit entscheiden. Dementsprechend sieht beispielsweise Art. 6 Abs. III EU-​Ü32 vor, dass das Gericht eines Mitgliedsstaates nach Einleitung eines Schiedsverfahrens, ein später eingeleitetes staatliches Gerichtsverfahren wegen derselben Streitigkeit zwischen den selben Parteien auszusetzen hat, „bis der Schiedsspruch ergangen ist, es sei denn, dass ein wichtiger Grund dem entgegensteht“. Hat das Schiedsgericht noch keinen Schiedsspruch erlassen, wird die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens vor dem staatlichen Gericht zugelassen, sodass die Schiedshängigkeit einer Klage nicht entgegensteht.33 Wird daraufhin die Schiedseinrede erhoben, hat das staatliche Gericht infolgedessen auch nach der Bildung des Schiedsgerichtes über das Bestehen einer Schiedsvereinbarung zu entscheiden.34 Erneut kommt in Betracht, das Hauptsacheverfahren nach § 148 ZPO auszusetzen, bis das Schiedsgericht über die eigene Zuständigkeit entschieden hat. Wie bereits gezeigt entspricht es jedoch dem Willen des Gesetzgebers, dass das staatliche Gericht keine Entscheidung des Schiedsgerichtes abwarten soll, sodass eine Aussetzung des Verfahrens aus diesen Gründen kritisch zu sehen ist.

3. Die Bindungswirkung der staatlichen Gerichtsentscheidung Den staatlichen Gerichten kommt die Letztentscheidungsbefugnis mit Blick auf das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu. Die Letztentscheidungsbefugnis staatlicher Gericht kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn das Schiedsgericht bereits einen Schiedsspruch erlassen hat. In diesem Fall kann das staatliche Gericht innerhalb des Aufhebungs-​, Anerkennungs-​oder Vollstreckungsverfahrens gemäß § 1059 Abs. II ZPO bzw. Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entscheiden und den Schiedsspruch infolgedessen gegebenenfalls aufheben bzw. die zwangsweise Durchsetzung versagen. Wie bereits angedeutet, bindet die Entscheidung eines staatlichen Gerichtes betreffend die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung die nachfolgenden Gerichte. Anderenfalls müsste beispielsweise innerhalb eines Aufhebungsverfahrens erneut umfassend über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung gestritten werden, obwohl die Schiedsvereinbarung innerhalb eines Feststellungsverfahrens bereits 31

Zum Eintritt der Schiedshängigkeit Schütze, Schiedsverfahren, 105 f., m. w. N. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.04.1961, BGBl. 1964 II S. 425. 33 Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1032, Rn. 8 m. w. N. 34 Vgl. Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1032, Rn. 8. 32

III. Die materielle Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 

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überprüft wurde. Der Sinn und Zweck einer frühzeitigen Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes ließe sich nicht verwirklichen, sodass dementsprechend innerhalb eines nachgerückten Verfahrens keine erneute Prüfung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung stattfindet.35

III. Die Berücksichtigung der materiellen Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind insbesondere dem Prozessrecht zu entnehmen, wohingegen die Begründetheit der Klage durch das im Einzelfall maßgebliche materielle Sachrecht beherrscht wird. Die Untersuchungen innerhalb des zweiten Kapitels dieser Arbeit konnten jedoch zeigen, dass sich eine solch strikte Trennung zwischen dem Prozessrecht und dem materiellem Recht nicht aufrechterhalten lässt. Das materielle Recht hat vielmehr einen entscheidenden Einfluss auf das Prozessrecht, da die Prüfung prozessualer Tatbestände auf einen Rückgriff auf die Regelungen des materiellen Sachrechts angewiesen ist. Die Untersuchung der Zession konnte zeigen, dass ein Dritter in Folge einer Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB an eine Schiedsvereinbarung gebunden wird, soweit dem Dritten eine Forderung abgetreten wurde, die mit einer Schiedsvereinbarung verbunden ist. Die Frage, „ob“ die Forderung wirksam an den Dritten abgetreten wurde, bildet jedoch nicht selten den Gegenstand der Streitigkeit. Ist darüber zu entscheiden, ob die Entscheidungszuständigkeit des zwischen dem Schuldner und dem Zedenten vereinbarten Schiedsgerichts gegenüber dem Zessionar eröffnet und der Schuldner dem Zessionar gegenüber zur Leistung verpflichtet ist, können die Voraussetzungen einer wirksamen Forderungsabtretung demnach sowohl für die Zulässigkeit als auch die Begründetheit der Klage von entscheidender Bedeutung sein. Wird der Zessionar lediglich dann an die Schiedsvereinbarung gebunden, wenn der mit der Schiedsvereinbarung verbundene Anspruch wirksam abgetreten wurde, könnten die Voraussetzungen einer wirksamen Abtretung infolgedessen bereits auf Ebene der Zulässigkeit vollständig zu überprüfen sein. Die prozessökonomischen Vorteile einer der Sachentscheidung vorgelagerten Zuständigkeitsprüfung wären relativiert. Im Folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden inwiefern die materielle Rechtslage bereits bei der Prüfung der Entscheidungszuständigkeit zu berücksichtigen ist.

35

Huber, SchiedsVZ 2003, 73, 74; vgl. MüKoZPO / ​Münch, § 1032, Rn.  11 ff.; Musielak / ​Voit / ​ Voit, § 1032, Rn. 9.

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

1. Die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen Ausschließlich ein sachlich, örtlich und funktionell zuständiges Gericht darf eine Sachentscheidung treffen. Das Gericht überprüft seine eigene Zuständigkeit von Amts wegen auf der Grundlage der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen.36 Der Kläger hat demnach substantiiert die Tatsachen darzulegen, welche die Zuständigkeit des Gerichts begründen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs und der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur herrscht im deutschen Zivilprozess jedoch der Grundsatz, dass Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage notwendigerweise erheblich sind, erst bei der Prüfung der Begründetheit festgestellt werden müssen.37 Dementsprechend ist gemäß der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen für die Begründung der Zuständigkeit ausreichend, dass der Kläger die für die Zulässigkeit der Klage erforderlichen Tatsachen schlüssig vorträgt.38 Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit kann sich beispielsweise die Frage stellen, ob der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO eröffnet ist39. Möchte der Kläger den Beklagten am besonderen Gerichtsstand auf Schadensersatz wegen einer unerlaubten Handlung in Anspruch nehmen, ist die Frage, „ob“ eine unerlaubte Handlung vorliegt, sowohl für die Zuständigkeit am besonderen Gerichtsstand als auch für die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zu überprüfen40. Das von der wohl herrschenden Auffassung vorausgesetzte, begriffsbildende Kriterium für eine Tatsache mit Doppelrelevanz ist in diesem Fall erfüllt: Das Vorliegen der Tatsache (hier eine unerlaubte Handlung) ist sowohl für die Beurteilung der Zulässigkeit, sowie die Begründetheit zwingend notwendig.41 Demnach liegt im Umkehrschluss keine doppelrelevante Tatsache vor, wenn der geltend gemachte Anspruch auch ohne das Vorliegen dieser Tatsache begründet sein kann.42 Gemäß § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Nimmt der Kläger den Beklagten am besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in Anspruch, muss er demnach alle Tat­sachen vortragen, die auf das Vorliegen einer unerlaubten Handlung innerhalb des die Zuständigkeit begründenden Gerichtsbezirks schließen lassen.43 Ist dies der Fall, 36

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungszuständigkeit des Schiedsgerichts von staatlichen Gerichten nicht von Amts wegen zu prüfen, sondern innerhalb eines Hauptsacheverfahrens lediglich infolge einer Schiedseinrede festzustellen ist. 37 Hierzu Musielak / ​Voit / ​Heinrich, § 1, Rn. 20, m. w. N. 38 Vgl. Musielak / ​Voit / ​Heinrich, § 1, Rn. 20. 39 Für dieses Beispiel soll davon ausgegangen werden, dass der Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. 40 Bundesgerichtshof, Urt. v. 25.11.1993, IX ZR 32/93 = BGHZ 124, 237, 241. 41 Näher zum Begriff der doppelrelevanten Tatsache: Ost, Doppelrelevante Tatsachen, 2 ff.; Hoffmann-​Nowotny, Doppelrelevante Tatsachen im Zivilprozess, 5.  42 Ost, Doppelrelevante Tatsachen, 3. 43 Umfassend Ost, Doppelrelevante Tatsachen, 23 ff. Da § 32 ZPO den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung an den Handlungsort anknüpft, muss der Kläger die den Handlungsort bestimmenden Tatsachen hinreichend darlegen. An dieser Stelle lässt sich bestreiten, dass

III. Die materielle Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 

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darf das jeweilige Gericht im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung vom Vorliegen der unerlaubten Handlung ausgehen und ist von einer entsprechenden Beweisaufnahme bei der Zulässigkeitsprüfung befreit. Der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen liegt eine Prüfung in mehreren Schritten zugrunde.44 Zunächst ist der Klägervortrag darauf zu untersuchen, ob sich die vorgetragenen Tatsachen unter den Tatbestand des materiellen Rechts subsumieren und sich dementsprechend ein Anspruch schlüssig begründen lässt.45 Anschließend ist der in Betracht kommende materielle Anspruch einer Zuständigkeitsnorm zuzuordnen.46 Eröffnet diejenige Zuständigkeitsnorm, welcher sich der schlüssig vorgetragene Anspruch zuordnen lässt, die Zuständigkeit des Gerichts, hat das Gericht die Tatsachen mit Doppelrelevanz auf Ebene der Zuständigkeit nicht abschließend festzustellen, sondern darf die Prüfung der Hauptsache aufnehmen. In dem soeben aufgeführten Beispiel macht der Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen einer unerlaubter Handlung nach § 823 BGB geltend. Dieser Anspruch lässt sich der Zuständigkeitsnorm des § 32 ZPO zuordnen, da dieser an das Vorliegen einer unerlaubten Handlung anknüpft.47 Das Gericht prüft demnach bei der Beurteilung seiner Zuständigkeit, ob der Kläger das Vorliegen einer unerlaubten Handlung gemäß § 823 BGB innerhalb des jeweiligen Gerichtsbezirkes schlüssig vorgetragen hat. Die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen befreit den Kläger davon, die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen auf Ebene der Zulässigkeit zu beweisen, sodass sich in diesem Stadium des Verfahrens eine umfangreiche Beweiserhebung vermeiden lässt.48 Zur Rechtfertigung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen werden daher insbesondere prozessökonomische Erwägungen angeführt, da eine vereinfachte und beschleunigte Erledigung des Rechtsstreits bezweckt werde.49 Der Verzicht auf eine umfassende Beweisaufnahme im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit führe zu einer Entlastung, sowohl der Prozessparteien als auch der Gerichte. Tatsächlich sehen sich die Parteien einer unter Umständen erhöhten Kostenbelastung ausgesetzt, falls die Beweisaufnahme lediglich zu einer negativen der Ort der unerlaubten Handlung ebenfalls eine doppelrelevante Tatsache ist, da das „Wo“ der unerlaubten Handlung in der Begründetheit im Rahmen der Prüfung des „Ob“ keine vorrangige Rolle spielt. Siehe hierzu Ost, Doppelrelevante Tatsachen, 36 ff. 44 Zu der Prüfung in mehreren Schritten beziehungsweise Stufen Ost, Doppelrelevante Tatsachen, 29.  45 Zur Notwendigkeit einer Rechtsprüfung auf Zulässigkeitsebene Ost, Doppelrelevante Tatsachen, 170 ff. 46 Ob in einem ersten Schritt zunächst die Zuständigkeitsnorm ermittelt wird und in einem zweiten Schritt das materielle Recht zu ermitteln ist, soll hier nicht näher problematisiert werden Ost, Doppelrelevante Tatsachen, 29.  47 Musielak / ​Voit / ​Heinrich, § 32, Rn. 2 m. w. N. 48 So bereits das Reichsgericht mit Urt. v. 11.03.1892, III 288/91 = RGZ 29, 371, 372. 49 Bundesgerichtshof, Urt. v. 25.11.1993, IX ZR 32/93 = BGHZ 124, 237, 241; Reichsgericht mit Urt. v. 11.03.1892, III 288/91 = RGZ 29, 371, 372; Gottwald, IPRax 1995, 75. Kritisch hierzu Mankowski, IPRax 2006, 454, 459 f.; Wendelstein, Telemedizin, 477.

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

Zuständigkeitsentscheidung führt und ein zweiter Prozess am zuständigen Gericht anzustrengen ist. Entscheidend für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen spricht jedoch, dass ihre Anwendung der prozessualen Gerechtigkeit dient.50 Für den Beklagten wird sichergestellt, dass dieser durch kein unzuständiges Gericht zu einer Leistung verurteilt wird.51 Liegt die vom Kläger behauptete Tatsache vor, entscheidet ein zuständiges Gericht in der Sache. Stellt sich im Rahmen der Begründetheitsprüfung jedoch heraus, dass die behauptete Tatsache nicht vorliegt, wird die Klage mittels Sachurteil abgewiesen. Da es in beiden Fällen zu einem Sachurteil kommt, erlangt der Beklagte nach Eintritt der Rechtskraft Rechtssicherheit bezüglich dem in Streit stehenden Anspruch.52 Darüber hinaus stellt das Sachurteil sicher, dass der Kläger keine Möglichkeit hat, bei einer Mehrzahl eröffneter Gerichtsstände die Rechtskraft zu manipulieren.53 Zwischen dem besonderen und dem allgemeinen Gerichtsstand steht dem Kläger ein Wahlrecht offen. Nimmt der Kläger den Beklagten beispielsweise am besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO in Anspruch, führt die Ablehnung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen dazu, dass auf Ebene der Zuständigkeit über das Vorliegen einer unerlaubten Handlung zu entscheiden ist. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass keine unerlaubte Handlung vorliegt, würde es die Klage mittels Prozessurteil als unzulässig abweisen. In diesem Fall stünde für den Kläger erneut die Möglichkeit offen, die identische Sache am allgemeinen Gerichtsstand zur Entscheidung zu bringen.54 Der Kläger könnte demnach erneut Klage erheben, sodass am allgemeinen Gerichtsstand erneut über das Vorliegen einer unerlaubten Handlung zu entscheiden ist. Aus diesem Grund verhindert die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen ein Rechtskraftgefälle zulasten des Beklagten.55

2. Die Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen im Rahmen der Prüfung einer wirksamen Schiedsvereinbarung Die für die Bestimmung der Zuständigkeit staatlicher Gerichte entwickelte Lehre der doppelrelevanten Tatsachen könnte sich auf die Prüfung einer wirksamen Schiedsvereinbarung übertragen lassen.56 Die Untersuchung der Zession im Hin 50

Stein / ​Jonas / ​Roth, § 1, Rn. 30. Stein / ​Jonas / ​Roth, § 1, Rn. 30. 52 Bundesgerichtshof, Urt. v. 25.11.1993, IX ZR 32/93 = BGHZ 124, 237, 241. 53 Stein / ​Jonas / ​Roth, § 1, Rn. 32. 54 Gottwald, IPRax 1995, 75, 76 m. w. N. 55 Zu dem hier gesagten Stein / ​Jonas / ​Roth, § 1, Rn. 32. 56 So bereits Schütze, Doppelrelevante Tatsachen im Schiedsverfahrensrecht, 535 ff. Im Ergebnis wohl ablehnend Müller / ​Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 117. 51

III. Die materielle Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 

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blick auf die Bindung des Zessionars an eine für die zedierte Forderung abgeschlossene Schiedsvereinbarung hat gezeigt, dass der Zessionar in Folge einer Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, soweit der Zessionar die Forderung wirksam erworben hat. Nimmt der Zessionar den Schuldner mit dem Argument vor dem Schiedsgericht in Anspruch, dass er die streitige Forderung im Wege der Abtretung erworben habe und der Schuldner infolgedessen auch gegenüber dem Zessionar an die Schiedsvereinbarung gebunden sei, ist die Feststellung der wirksamen Abtretung infolgedessen sowohl für die Feststellung der Zuständigkeit, als auch für Begründetheit der Klage zwingend notwendig. Dementsprechend könnte es sich bei der Abtretung um eine „Tatsache“ mit Doppelrelevanz handeln. Wird die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen für die Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichtes entsprechend zur Anwendung gebracht, wird die Zuständigkeit des Schiedsgerichts angenommen, soweit der Zessionar im Rahmen einer gegen den Schuldner gerichteten Leistungsklage schlüssig vorträgt, dass er einen mit einer Schiedsvereinbarung verbundenen Anspruch erworben habe und infolgedessen auf eine wirksame Schiedsvereinbarung im Verhältnis zum Schuldner geschlossen werden kann. a) Die Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts Lässt sich die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen im Rahmen der Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichtes entsprechend zur Anwendung bringen, wird das Schiedsgericht im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung im Sinne des § 1040 Abs. I ZPO von einer umfassenden Beweisaufnahme befreit. Bei einem schlüssigen Vortrag der die Zuständigkeit des Schiedsgerichts begründenden Tatsachen durch den Schiedskläger könnte das Schiedsgericht dementsprechend vergleichsweise schnell in die Prüfung der Begründetheit einsteigen. Fehlt es an einem schlüssigen Klägervortrag, kann auf der anderen Seite eine frühe schiedsgerichtliche Entscheidung über die eigene Unzuständigkeit ergehen. Insbesondere die Schiedsbeklagte wird infolgedessen davon befreit, sich längere Zeit vor einem unzuständigen Schiedsgericht auseinanderzusetzen zu müssen. aa) Die prozessökonomischen Folgen Auf den ersten Blick ist dieses Vorgehen für die Schiedsparteien von Vorteil, da das Schiedsgericht die eigene Zuständigkeit ohne umfassende Beweisaufnahme feststellen und in die Begründetheitsprüfung einsteigen kann. Infolge des frühen Einstieges in die Begründetheitsprüfung könnte sich das Verfahren beschleunigen und infolgedessen Verfahrenskosten einsparen lassen. Hiervon zu unterscheiden sind jedoch die prozessökonomischen Folgen aus Perspektive des Gerichts. Im Vergleich zu staatlichen Gerichten ist das Schiedsgericht selbst nicht an der Reduzierung von Verfahrenskosten interessiert, sondern hat vielmehr ein eigenes

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

wirtschaftliches Interesse an der vollständigen Durchführung des Verfahrens. Die für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführten prozessökonomischen Vorteile für das Gericht, nicht Gefahr zu laufen, eine vollständige Beweisaufnahme durchführen zu müssen, um lediglich die eigene Unzuständigkeit festzustellen, lassen sich daher nur eingeschränkt auf das Schiedsgericht übertragen. Stellt das Schiedsgericht die eigene Zuständigkeit durch Zwischenentscheid fest, kann der Schiedsbeklagte ein Überprüfungsverfahren nach § 1040 Abs. III S. 2 i. V. m. § 1062 Abs. I Nr. 2 ZPO anstrengen, sodass letztlich das Oberlandesgericht über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu entscheiden hat. Demnach werden die prozessökonomischen Vorteile einer vergleichsweise schnellen Zuständigkeitsentscheidung bereits dann relativiert, wenn der Schiedsbeklagte gemäß § 1040 Abs. II ZPO gegen die Zuständigkeitsfeststellung vorgeht. bb) Die Folgen für den Schiedsbeklagten Gelangt das Schiedsgericht zu der Auffassung, dass der Klägervortrag die zur Begründung der eigenen Entscheidungszuständigkeit relevanten Tatsachen schlüssig vorgetragen hat und folgt das Schiedsgericht dem Klägervortrag auch in der Sache, ist sichergestellt, dass der Schiedsbeklagte durch ein zuständiges Schiedsgericht verurteilt wird. Eine Schwäche der Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen durch das Schiedsgericht könnte sich jedoch in der Konstellation offenbaren, in der das Schiedsgericht infolge der Schlüssigkeitsprüfung die eigene Zuständigkeit annimmt, innerhalb der Begründetheitsprüfung jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die Klage unbegründet ist. Beispielsweise ist denkbar, dass der Zessionar zur Durchsetzung eines Anspruchs gegenüber dem Schuldner schlüssig vorträgt, dass er den mit einer Schiedsvereinbarung verbundenen Anspruch wirksam erworben habe und infolgedessen im Verhältnis zum Schuldner eine Schiedsvereinbarung bestehe. Gelangt das Schiedsgericht im Rahmen der Begründetheitsprüfung nun zu dem Ergebnis, dass der Zessionar zu keiner Zeit Inhaber der streitigen Forderung geworden ist, fehlte es zwischen dem Zessionar und dem Schuldner letztlich an einer wirksamen Schiedsvereinbarung. Der beklagte Schuldner sah sich demnach der Durchführung eines umfassenden Schiedsverfahrens ausgesetzt, ohne dass im Verhältnis zum Zessionar eine Schiedsvereinbarung bestanden hatte.57 Hiergegen lässt sich jedoch einwenden, dass der Schiedsbeklagte das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung gegenüber dem Schiedsgericht frühzeitig zu rügen hat und der Schiedsbeklagte den infolge der Rüge ergangenen Zwischen­entscheid des 57

Ähnlich bereits Mankowski, IPRax 2006, 454, 456 f. zur Berücksichtigung doppel­ relevanter Tatsachen im Rahmen der internationalen Entscheidungszuständigkeit staatlicher Gerichte, der insbesondere auf den Nachteil für den Beklagten hinweist, sich gegebenenfalls im Ausland gerichtlich auseinandersetzen zu müssen.

III. Die materielle Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 

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Schiedsgerichtes mittels des Überprüfungsverfahrens durch staatliche Gerichte angreifen kann.58 Darüber hinaus sieht sich der Schiedsbeklagte in Folge der Regelung des § 1040 Abs. III S. 3 ZPO ohnehin stets der Gefahr ausgesetzt, dass das Schiedsverfahren fortgesetzt wird, ohne dass über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung letztverbindlich entschieden worden ist. Selbst für den Fall, dass das Schiedsgericht die eigene Zuständigkeit infolge einer umfassenden Prüfung angenommen hat und das Schiedsverfahren entsprechend fortsetzt, kann daher die Situation eintreten, dass erst im Anschluss an das Schiedsverfahren eine Entscheidung innerhalb eines Feststellungs-​oder Überprüfungsverfahren ergeht und sich der Schiedsbeklagte infolgedessen trotz fehlender Schiedsvereinbarung einem Schiedsverfahren ausgesetzt sah. cc) Das Argument der prozessualen Gerechtigkeit Stellt das Schiedsgericht innerhalb der Begründetheitsprüfung fest, dass die Schiedsklage unbegründet ist, stellt sich die anschließende Frage, in welcher Gestalt eine entsprechende Entscheidung zutage tritt. Liegt die Tatsache von Doppelrelevanz nicht vor, fehlt es an der Entscheidungszuständigkeit des Schiedsgerichts. In dem soeben aufgeführten Beispiel würde das Schiedsgericht mit der Entscheidung, dass der Zessionar zu keiner Zeit der Inhaber des Anspruchs geworden ist, letztlich die eigene Unzuständigkeit feststellen. Führt die Unbegründetheit der Klage daher im Ergebnis lediglich zu einer negativen Zuständigkeitsentscheidung durch das Schiedsgericht? Wird die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen entsprechend zur Anwendung gebracht, wird man dies zu vereinen haben, da es der wesentlichen Funktion dieser Lehre entspricht, die eigene Entscheidungs­zuständigkeit bereits infolge des schlüssigen Klägervortrags anzunehmen. Demnach führt die Anwendung dieser Lehre letztlich dazu, dass das Schiedsgericht einen Schiedsspruch mit dem Inhalt erlassen kann, dass der Schiedskläger mit seinem Klagevorbringen keinen Erfolg hat. Ergeht ein Schiedsspruch, scheint sich das für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführte Argument der Herstellung prozessualer Gerechtigkeit auf das Schiedsverfahren übertragen zu lassen. Gelangt ein staatliches Gericht innerhalb der Begründetheitsprüfung zu der Auffassung, dass die Tatsache von Doppel­ relevanz nicht vorliegt, ergeht wie bereits angeführt ein Sachurteil, sodass der Kläger nicht die Möglichkeit hat, den Streitgegenstand erneut vor einem anderen Gerichtsstand zur Entscheidung zu bringen. Ergeht infolge der Begründetheitsprüfung ein Schiedsspruch, der die Unbegründetheit der Klage feststellt, hat der 58

Da das Rechtsschutzbedürfnis nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes infolge eines inzwischen ergangenen Schiedsspruches nicht entfällt, ist der Schiedsbeklagte darüber hinaus nicht der Gefahr ausgesetzt, infolge eines überholenden Schiedsspruches mit dem Überprüfungsverfahren zu scheitern und ein umfassendes Aufhebungsverfahren anzustrengen.

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

Schiedskläger ebenfalls nicht die Möglichkeit, den Streitgegenstand vor staatlichen Gerichten erneut überprüfen zu lassen. Zwar kommt grundsätzlich in Betracht, ein Aufhebungsverfahren im Sinne des § 1059 Abs. II ZPO anzustrengen und wird der Schiedsspruch aufgehoben, kann der Kläger erneut vor einem staatlichen Gericht versuchen, eine positive Entscheidung zu erlangen. Ein Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO, gestützt auf die Begründung, dass keine wirksame Schiedsvereinbarung bestehe, muss dem Schiedskläger jedoch verwehrt sein.59 Erhebt der Schiedskläger einerseits Schiedsklage und trägt vor dem Schiedsgericht schlüssig vor, dass die Zuständigkeit des Schiedsgerichts eröffnet ist, verhält sich der Schiedskläger widersprüchlich, wenn er im Anschluss an das Schiedsverfahren einen Aufhebungsantrag mit der Begründung stellt, es habe keine wirksame Schiedsvereinbarung bestanden. Gelangt das Schiedsgericht im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu der Auffassung, dass die Tatsache von Doppelrelevanz nicht vorliegt, bleibt dem Schiedskläger daher im Ergebnis eine erneute Klage vor dem staatlichen Gericht verwehrt, sodass auch innerhalb des Schiedsverfahrens die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen ein Rechtskraftgefälle zulasten des Beklagten vermeidet. dd) Zwischenergebnis Die für die Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführten Argumente lassen sich auf die Zuständigkeitsprüfung des Schiedsgerichts entsprechend übertragen. In Anbetracht dessen, dass sich ein Rechtskraftgefälle zulasten des Beklagten vermeiden lässt und die Parteien von prozessökonomischen Vorteilen profitieren, ist eine entsprechende Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen für die Begründung der Zuständigkeit des Schiedsgerichtes daher zu befürworten. Infolgedessen kann das Schiedsgericht die eigene Entscheidungszuständigkeit bereits dann feststellen, wenn eine Tatsache sowohl für die Zuständigkeit als auch für die Begründetheit notwendig festzustellen ist und aus dem Vortrag des Schiedsklägers das Vorliegen der Tatsache von Doppelrelevanz schlüssig hervorgeht.

59 An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass dem Schiedsbeklagten die Möglichkeit offenstehen kann, ein Aufhebungsverfahren anzustrengen. Es bleibt hingegen der jeweiligen Schiedsbeklagten überlassen ein Aufhebungsverfahren gegen einen Schiedsspruch einzuleiten, der die Feststellung zum Gegenstand hat, dass dem Schiedskläger gerade keinen Anspruch gegen den Schiedsbeklagten zusteht.

III. Die materielle Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 

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b) Die Zuständigkeitsentscheidung staatlicher Gerichte Wie bereits gezeigt können staatliche Gerichte in unterschiedlichen Verfahrensstadien über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu entscheiden haben. Auf die Vorteile der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen für die staatlichen Gerichte wurde bereits hingewiesen. Fragt sich daher, ob sich die für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführten Argumente auf die Prüfung der Schiedsvereinbarung durch staatliche Gerichte übertragen lassen und welchen Maßstab staatliche Gerichte für die Prüfung des Bestehens einer wirksamen Schieds­ vereinbarung anzulegen haben. aa) Der Umfang der Zuständigkeitsprüfung staatlicher Gerichte Ist die Entscheidungszuständigkeit des Schiedsgerichts eröffnet, besteht für die Parteien grundsätzlich nicht die Möglichkeit, die Streitsache von einem staatlichen Gericht entscheiden zu lassen. Die Entscheidung, ob eine wirksame Schieds­ vereinbarung besteht, hat demnach weitreichende Konsequenzen für die Parteien, da letztlich die staatlich vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten nicht weiter offenstehen. Vor diesem Hintergrund ist danach zu fragen, welchen Prüfungsmaßstab das staatliche Gericht bei der Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts anzulegen hat.60 bb) Die Vereinbarkeit einer Schlüssigkeitsprüfung mit Art. 101 Abs. I GG Zunächst ist festzustellen, dass Art. 101 Abs. I GG keine umfassende Prüfung der Entscheidungszuständigkeit voraussetzt und demnach einer Schlüssigkeits­ prüfung nicht entgegensteht. Die Betrachtung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen hat gezeigt, dass selbst dann ein Sachurteil mit Wirkung gegenüber dem Beklagten ergeht, wenn das Gericht im Rahmen der Begründetheit die Feststellung trifft, dass die Tatsache von Doppelrelevanz entgegen dem schlüssigen Vortrag des Klägers eben nicht vorgelegen hat. Würde Art. 101 Abs. I GG eine umfassende Zuständigkeitsprüfung einschließlich Beweisaufnahme verlangen, stünde das Recht auf den gesetzlichen Richter bereits im Grundsatz der Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen entgegen. Anderenfalls könnte kein die Klage abweisendes Sachurteil ergehen, wenn das Gericht innerhalb der Begründetheitsprüfung feststellt, dass die Tatsache von Doppelrelevanz nicht vorgelegen hat, da 60

Abzugrenzen von dieser Fragestellung ist die Diskussion darüber, ob Hilfstätigkeiten der staatlichen Gerichte eine Prüfung der Schiedsvereinbarung voraussetzen und ob in diesem Zusammenhang lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Hierzu Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 537 f.

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

die Zuständigkeit des Gerichtes infolge der Begründetheitsprüfung letztlich nicht angenommen werden könnte. cc) Die Gefahr einer Kompetenzüberschreitung staatlicher Gerichte Bezüglich des Feststellungsantrages gemäß § 1032 Abs. II ZPO wird vorgebracht, dass eine endgültige Entscheidung betreffend eine Tatsache von Doppel­relevanz innerhalb der Zuständigkeitsprüfung dazu führen würde, dass das staatliche Gericht über einen Gegenstand entscheidet, welcher der Entscheidungszuständigkeit staatlicher Gerichte entzogen sei.61 Wird der Zessionar infolge einer wirksamen Abtretung an die Schiedsvereinbarung gebunden, führt eine vollständige Prüfung der Abtretung tatsächlich dazu, dass das staatliche Gericht im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung über die Wirksamkeit der Abtretung entscheidet. Gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein mit einer Schiedsvereinbarung verbundener Anspruch wirksam auf den Zessionar übergegangen und dieser demzufolge an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, hat das staatliche Gericht letztlich im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung über das Bestehen einer Abtretung zu entscheiden, obwohl für diese Entscheidung infolge der Zuständigkeitsprüfung letztlich das Schiedsgericht zuständig ist.62 Es zeigt sich daher, dass in Fällen, in denen das Gesetz entsprechend der materiellrechtlichen Haftung den Übergang der Schiedsvereinbarung auf einen Dritten anordnet, die Gefahr besteht, dass das staatliche Gericht bereits im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung über die materiellrechtliche Rechtslage entscheidet und damit die eigene Entscheidungszuständigkeit überschreitet. Um der Gefahr entgegenzutreten, dass das staatliche Gericht die Entscheidung des Schiedsgerichts innerhalb der Zuständigkeitsprüfung vorwegnimmt, wird vorgeschlagen, den Prüfungsmaßstab des staatlichen Gerichtes auf eine Schlüssig­ keitsprüfung zu beschränken, soweit die Bindung an die Schiedsvereinbarung vom Bestand eines materiellrechtlichen Anspruchs des Dritten gegen eine der Schiedsparteien anhängt.63 Mache der Schiedskläger geltend, er habe einen mit einer Schiedsvereinbarung verbundenen Anspruch wirksam erworben und sei der Schiedsbeklagte infolgedessen an die Schiedsvereinbarung gebunden, habe das

61 Schütze, Doppelrelevante Tatsachen im Schiedsverfahrensrecht, 536; vgl. Gebauer, Subjektive Reichweite, 103. 62 Entsprechende Schwierigkeiten ergeben sich beispielsweise beim Vertrag zugunsten Dritter oder der persönlichen Haftung des Gesellschafters für die eine mit einer Schiedsvereinbarung verbundene Gesellschaftsverbindlichkeit. 63 Schütze, Doppelrelevante Tatsachen im Schiedsverfahrensrecht, 537 m. w. N.; vgl. Gebauer, Subjektive Reichweite, 103; vgl. Münch, ZZP 2015, 307, 319 ff. Insbesondere die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichtes spricht sich in ständiger Rechtsprechung für eine eingeschränkte Prüfungsbefugnis aus, Vgl. Schweizer Bundesgericht, Urt. v. 14.05.2001, BGE 127 III 279, 286; Schweizer Bundesgericht, Urt. v. 29.04.1996, BGE 122 III 139, 143 (lediglich „prima facie“ Prüfung zulässig).

III. Die materielle Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 

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staatliche Gericht dies bei der Zuständigkeitsprüfung hinzunehmen, soweit der Vortrag des Schiedsklägers nicht widersprüchlich ist und den Antrag nicht trage.64 dd) Die Rechtskraft-​und Bindungswirkung der Zuständigkeitsentscheidung Es fragt sich jedoch, ob der Zuständigkeitsentscheidung des staatlichen Gerichts eine so weitreichende Bindungswirkung zukommt, dass es zu einer letztverbindlichen Entscheidung über die Tatsachen mit Doppelrelevanz kommen kann.65 Hat ein staatliches Gericht über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entschieden, kann im Anschluss an diese Entscheidung nicht erneut die Überprüfung der Schiedsvereinbarung begehrt werden, sodass eine Bindungswirkung eintritt. Wurde beispielsweise innerhalb eines Feststellungsverfahrens die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung festgestellt und erlässt das Schiedsgericht einen Schiedsspruch, kann demnach kein Aufhebungsverfahren nach § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO angestrengt werden, um den Schiedsspruch mangels wirksamer Schiedsvereinbarung aufheben zu lassen. Doch hinsichtlich welcher Feststellungen der staatlichen Zuständigkeitsentscheidung tritt eine Bindungswirkung ein? Einerseits ist denkbar, dass neben der Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung die hinter dieser Entscheidung stehenden Elemente ebenfalls in materielle Rechtskraft erwachsen.66 Dies hätte in den hier betrachteten Konstellationen zur Folge, dass das Bestehen einer wirksamen Abtretung im Rahmen der Zuständigkeitsentscheidung in materielle Rechtskraft erwächst und infolgedessen verbindlich festgestellt wird. Es zeigt sich daher, dass sich die Gefahr einer Kompetenzüberschreitung insbesondere dann verwirklicht, soweit auch für die hinter der Entscheidung stehenden Elemente eine Bindungswirkung eintritt. Mit Recht wird die Bindungs-​und Rechtskraftwirkung unter Verweis auf § 322 ZPO jedoch auf den Subsumtionsschluss des Gerichtes beschränkt67. Gegenstand der Rechtskraft-​und Bindungswirkung ist demnach lediglich die Feststellung, ob zwischen dem Antragssteller und dem Antragsgegner eine wirksame Schieds­ vereinbarung vorliegt, sodass für die hinter dieser Entscheidung stehenden Erwägungen, wie das Bestehen einer wirksamen Abtretung, keine letztverbindliche Entscheidung getroffen wird. Führt das staatliche Gericht beispielsweise innerhalb 64

Schütze, Doppelrelevante Tatsachen im Schiedsverfahrensrecht, 537. Allgemein zur Rechtskraft-​und Bindungswirkung der Zuständigkeitsentscheidung insbesondere: Wolf / ​Eslami, Schiedseinrede im staatlichen Verfahren, 825 ff. 66 In diesem Sinne wohl Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 54. 67 Rosenberg / ​Schwab  / ​Gottwald, Zivilprozessrecht, § 153, Rn. 6 f.; Wolf / ​Eslami, Schiedseinrede im staatlichen Verfahren, 826. Im Ergebnis wohl offen: Bundesgerichtshof, Beschl. v. 18.06.2014, III ZB 89/13, Rn. 18 = WM 2014, 1880 ff. 65

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

des Feststellungsverfahrens eine umfassende Beweisaufnahme durch und kommt zu dem Ergebnis, dass eine wirksame Abtretung vorliegt und infolgedessen der Zessionar an die Schiedsvereinbarung gebunden wird, tritt lediglich für das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zessionar eine Rechtskraft-​und Bindungswirkung ein. Ungeachtet den Feststellungen des staatlichen Gerichts kann das Schiedsgericht infolgedessen betreffend die Abtretung zu einer abweichenden Auffassung gelangen und sich gegen eine wirksame Abtretung des Anspruchs aussprechen. ee) Die Konsequenzen für den Prüfungsumfang Erstreckt sich die Rechtskraft-​und Bindungswirkung der staatlichen Zuständigkeitsentscheidung nicht auf die hinter der Entscheidung stehenden Elemente, ist keine Kompetenzüberschreitung zu befürchten, sodass eine umfassende Zuständigkeitsprüfung des staatlichen Gerichts geboten sein könnte.68 Insbesondere dem Wortlaut der Regelung des § 1059 Abs. II Nr. 1 lit. a ZPO, sowie Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü lässt sich nicht entnehmen, dass sich die Zuständigkeitsprüfung auf eine Schlüssigkeitsprüfung zu beschränken hat. Im Folgenden ist daher danach zu fragen, ob sich die für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen auf die Prüfung der Schiedsvereinbarung durch staatliche Gerichte übertragen lässt und welche Konsequenzen sich für den Prüfungsumfang schließen lassen. ff) Das Einredeverfahren Das Einredeverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Hauptsache­verfahren vor staatlichen Gerichten eingeleitet wird und der Beklagte daraufhin die Schiedseinrede im Sinne des § 1032 Abs. I ZPO erhebt. Das staatliche Gericht hat demnach lediglich dann über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung zu entscheiden, wenn eine Rüge durch den Beklagten erfolgt. Der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen liegt hingegen das Prinzip zugrunde, die eigene Zuständigkeit infolge eines schlüssigen Klägervortrages anzunehmen, sodass sich die Lehre nicht unmittelbar auf das Einredeverfahren zur Anwendung bringen lässt. Die für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführten Argumente könnten sich jedoch auf das Einredeverfahren übertragen lassen, sodass eine entsprechende Anwendung geboten sein könnte. Denkbar ist beispielsweise, dass der (vermeintliche) Zessionar das Bestehen eines Anspruches gegenüber dem Schuldner vor einem staatlichen Gericht festgestellt wissen möchte. Erhebt daraufhin der Schuldner die Schiedseinrede und trägt vor, dass das Schiedsgericht über das 68 Für eine umfassende Prüfung des staatlichen Gerichts: Haas, Die gerichtliche Kontrolle der schiedsgerichtlichen Entscheidungszuständigkeit, 190; Schwab / ​Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 54.

III. Die materielle Rechtslage im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung 

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Bestehen eines Anspruches zu entscheiden habe, ist in der Wirksamkeit der Abtretung eine doppelrelevante Tatsache zu erblicken, da diese sowohl für die Begründetheit der Klage, als auch für die Entscheidung über das Bestehen einer Schiedsvereinbarung notwendig festzustellen ist. Infolgedessen könnte sich das staatliche Gericht innerhalb des Einredeverfahrens bei einer entsprechenden Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen darauf beschränken, den Vortrag der Beklagten dahingehend zu prüfen, ob sich aus der Schiedseinrede schlüssig auf das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung schließen lässt. Hat das staatliche Gericht innerhalb des Einredeverfahrens lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung durchzuführen, ist keine umfassende Beweisaufnahme durchzuführen, sodass nicht die Gefahr besteht, dass am Ende der umfassenden Prüfung der Schiedseinrede lediglich die eigene Unzuständigkeit festgestellt werden kann. Das für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführte Argument der prozessökonomischen Vorteile kann infolgedessen auf das Einredeverfahren übertragen werden. Lässt sich aus dem Vortrag des Beklagten schlüssig auf das Bestehen einer Schiedsvereinbarung schließen, ist die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes eröffnet. An diese Entscheidung werden die für das Überprüfungs-​und Aufhebungsverfahren, bzw. Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren zuständigen Gerichte gebunden. Unterliegt der Zessionar innerhalb des Schiedsverfahrens, da es nach den Feststellungen des Schiedsgerichts an einer wirksamen Zession fehlte, hat dieser daher nicht die Möglichkeit, den Schiedsspruch bzw. den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts unter Verweis auf das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung anzugreifen und das Klageziel infolgedessen erneut vor einem staatlichen Gericht vorzubringen. Das für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführte Argument, es lasse sich ein Rechtskraftgefälle zulasten des Beklagten vermeiden, spiegelt sich daher auch innerhalb des Einredeverfahrens wieder. Aus diesen Gründen ist eine entsprechende Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen innerhalb des Einredeverfahrens zu befürworten. gg) Die auf die Zuständigkeitsprüfung ausgerichteten Verfahren Liegt lediglich dann eine Tatsache von Doppelrelevanz vor, wenn die Feststellung der Tatsache sowohl für die Zulässigkeit, als auch für die Begründetheit einer Klage zwingend notwendig ist, stellt sich die Frage, ob die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen innerhalb derjenigen Verfahren zur Anwendung gebracht werden kann, die ausschließlich auf die Prüfung der Zuständigkeit ausgerichtet sind. Das mit dem Feststellungs-​und Überprüfungsverfahren betraute Oberlandesgericht hat ausschließlich über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung und damit die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu entscheiden. Entsprechendes gilt für das Aufhebungsverfahren, sowie das Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahren, soweit der Antragssteller gemäß § 1059 Abs. II ZPO bzw. Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü die Zuständigkeit des Schiedsgerichts überprüft wissen möchte. Wird

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung und dementsprechend die Zuständigkeit staatlicher Gerichte festgestellt, findet in diesen Verfahren demzufolge keine weitere Begründetheitsprüfung statt. Liegt eine doppelrelevante Tatsache lediglich dann vor, wenn diese für die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage notwendig festzustellen ist, muss daher bezweifelt werden, ob die Anwendungsvoraussetzungen der Lehre in den genannten Verfahren gegeben sind.69 Ungeachtet dessen könnte hingegen eine entsprechende Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen geboten sein, soweit sich die für die Lehre angeführten Argumente auch in denjenigen Verfahren abzeichnen, die ausschließlich auf die Prüfung der Schiedsvereinbarung ausgerichtet sind. Die Konsequenzen einer Schlüssigkeitsprüfung lassen sich erneut am Beispiel der Zession verdeutlichen. Stellt der vermeintliche Zessionar eines mit einer Schiedsvereinbarung verbundenen Anspruchs einen Feststellungsantrag im Sinne des § 1032 Abs. II ZPO und kann aus dem Vortrag des Schiedsklägers darauf geschlossen werden, dass dieser den Anspruch erworben und infolgedessen eine wirksame Schiedsvereinbarung im Verhältnis zum Schuldner besteht, könnte sich das Gericht auf diese Prüfung beschränken und die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes entsprechend feststellen. Gibt das anschließend konstituierte Schiedsgericht der Klage statt, da der Anspruch wirksam vom Zedenten auf den Schiedskläger übergegangen ist, wird der in Anspruch genommene Schuldner von dem zuständigen Schiedsgericht verurteilt.70 Gelangt das Schiedsgericht hingegen zu der Auffassung, dass der Anspruch nicht mittels einer Abtretung wirksam vom Zedent auf den vermeintlichen Zessionar und Schiedskläger übergegangen ist, kann das Schiedsgericht die Unbegründetheit der Klage im Wege eines Schiedsspruches feststellen. Es hat sich gezeigt, dass eine vom Feststellungsantrag abweichende Entscheidung betreffend die Wirksamkeit der Abtretung durch das Schiedsgericht möglich ist, da sich die Rechtskraft lediglich auf die Wirksamkeit der Schieds­vereinbarung beschränkt. Darüber hinaus hat der vermeintliche Zessionar aufgrund der Bindungswirkung des Feststellungsantrages nicht die Möglichkeit, die Aufhebung, Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruches mit der Begründung zu verhindern, im Verhältnis zum Schuldner bestehe keine wirksame Schiedsvereinbarung. Infolgedessen ist ausgeschlossen, die Wirksamkeit der Abtretung erneut vor staatlichen Gerichten überprüfen zu lassen und ein Rechtskraftgefälle zulasten des Beklagten lässt sich vermeiden. 69 Das Feststellungsverfahren ist beispielsweise zulässig, wenn eine konkrete Streitigkeit noch nicht in Aussicht steht, da ungeachtet eines streitigen Verfahrens das Interesse besteht, Klarheit über den Ausschluss des staatlichen Rechtsschutzes zu verschaffen. Vgl. hierzu ­Musielak / ​Voit / ​Voit, § 1032 Rn. 12 m. w. N. Fehlt es jedoch an einer Streitigkeit, lassen sich die für die Begründetheit einer (künftigen) Klage notwendig festzustellenden Tatsachen nicht identifizieren. 70 Entsprechendes gilt beispielsweise bei einer Inanspruchnahme des persönlich haftenden Gesellschafters durch den Gesellschaftsgläubiger, soweit das Schiedsgericht zu der Auffassung gelangt, dass der Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden einzutreten und infolgedessen an die Schiedsvereinbarung gebunden wird.

IV. Zusammenfassung des dritten Kapitels 

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Führt das staatliche Gericht innerhalb des Feststellungsverfahrens eine Beweis­ aufnahme und vollständige Prüfung der Abtretung durch, beschränkt sich die Rechtskraft ungeachtet dieser umfassenden Prüfung auf die Feststellung, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht. Kommt das Gericht zu der Feststellung, dass die Abtretung unwirksam ist und infolgedessen keine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, muss aufgrund der eingeschränkten Rechtskraftwirkung in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren erneut über das Bestehen einer wirk­ samen Abtretung entschieden werden. Entsprechendes gilt bei einer positiven Zuständigkeitsentscheidung und anschließender Schiedsklage, da das Schiedsgericht mangels Bindungswirkung innerhalb der Begründetheitsprüfung erneut über das Bestehen einer wirksamen Abtretung zu entscheiden hat.71 Neben den Gerichten werden demnach insbesondere die Parteien mit einer mehrfachen Prüfung der Wirksamkeit der Abtretung und den einhergehenden prozessökonomischen Nachteilen belastet. Es zeigt sich daher, dass sich die für die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen angeführten Vorteile auch in denjenigen Verfahren verwirklichen, die ausschließlich auf die Zuständigkeitsprüfung ausgerichtet sind. Aus diesen Gründen ist die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen auch in diesen Verfahren entsprechend zur Anwendung zu bringen. c) Zwischenergebnis Die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen kann für die Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entsprechend zur Anwendung gebracht werden. Infolgedessen kann sich das staatliche Gericht auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränken, sodass die Gerichte innerhalb der Zuständigkeitsprüfung von einer umfassenden Beweisaufnahme befreit und infolgedessen entsprechend entlastet werden. Darüber ermöglicht eine entsprechende Anwendung der Lehre der doppelrelevanten Tatsachen eine vergleichsweise schnelle und frühzeitige Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung, und insbesondere der Beklagte wird vor einem Rechtskraftgefälle zu seinen Lasten geschützt.

IV. Zusammenfassung des dritten Kapitels Die Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung steht sowohl dem Schiedsgericht, als auch staatlichen Gerichten zu. Die staatlichen Gerichte entscheiden hingegen letztverbindlich über die Wirksamkeit und 71

Hat das Schiedsgericht bereits einen Schiedsspruch erlassen und hat das staatliche Gericht innerhalb des Überprüfungs-​, Aufhebungs-​, Anerkennungs-​und Vollstreckungsverfahrens eine vollständige Prüfung durchzuführen, kann es ebenfalls zu einer mehrfachen Prüfung der Abtretung und dementsprechend zu den prozessökonomischen Nachteilen kommen.

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3. Kap.: Die Drittbindung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung

dementsprechend die subjektive Reichweite der Schiedsvereinbarung. Bemisst sich die Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf einen Dritten nach den Vorschriften des materiellen Rechts, besteht demnach die Gefahr, dass das staatliche Gericht im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung bereits verbindlich über die materielle Rechtslage entscheidet und die Entscheidung des Schiedsgerichts vorwegnimmt. Hier konnte jedoch gezeigt werden, dass sich die Rechtskraft der Zuständigkeitsentscheidung nicht auf die dieser Entscheidung zugrundeliegenden Feststellungen erstreckt. Ferner hat sich gezeigt, dass die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen auf die Entscheidung betreffend das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung entsprechend zur Anwendung gebracht werden kann, soweit die Feststellung sowohl für die Zuständigkeit, als auch für die Begründetheit der Klage zwingend festzustellen ist.

Zusammenfassung der Ergebnisse Die Durchführung eines Schiedsverfahrens setzt den Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung voraus. Infolge der Relativität von Schuldverhältnissen, jedoch insbesondere auch aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 GG, ist die Zuständigkeit des Schiedsgerichts im Grundsatz lediglich gegenüber denjenigen Personen eröffnet, die sich zur Durchführung eines Schiedsverfahrens bereiterklärt haben. In Einzelfällen sind hingegen Ausnahmen von diesem Grundsatz zuzulassen, sodass eine Person auch dann von der subjektiven Reichweite einer Schiedsvereinbarung erfasst werden kann, wenn diese Person selbst nicht unmittelbar am Abschluss der Schiedsvereinbarung beteiligt war. Voraussetzung für die Erstreckung einer Schiedsvereinbarung auf eine dritte Person ist, dass die Schiedsvereinbarung zwischen den Schiedsparteien wirksam zustande gekommen ist. Ein Einfluss der Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung auf die Bestimmung des hierfür maßgeblichen Sachrechts konnte nicht festgestellt werden. Das tatbestandliche Zustandekommen der Schiedsvereinbarung zwischen den Schiedsparteien und ihre inhaltliche Auslegung bemessen sich nach dem Schiedsvereinbarungsstatut. Die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts setzt eine Abgrenzung der hierfür in Betracht kommenden Kollisionsnormen voraus. Innerhalb des Anerkennungs-​und Aufhebungsverfahrens kommt der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü hierbei eine besondere Bedeutung zu. Es wird vorgeschlagen, die bestehenden Lücken des Kollisionsrechts der Schiedsvereinbarung durch eine entsprechende Anwendung der Kollisionsregel des Art. 5 Abs. I lit. a UN-​Ü zu schließen. Dementsprechend ist ungeachtet des jeweiligen Verfahrensstadiums das Sachrecht derjenigen Rechtsordnung als das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen, in welcher der Schiedsort belegen ist. Vorrangig zu dieser objektiven Anknüpfung ist eine Rechtswahlvereinbarung betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut zu beachten. Es kann jedoch weder aus der Wahl des für den Hauptvertrag maßgeblichen Sachrechts, noch aus der Wahl des Schiedsortes auf den Willen der Parteien geschlossen werden, eine Rechtswahlvereinbarung betreffend das Schiedsvereinbarungsstatut eingehen zu wollen. Der Übergang der Schiedsvereinbarung auf einen am Abschluss nicht unmittelbar beteiligten Dritten lässt sich auf einzelne Rechtsinstitute des materiellen Rechts zurückführen. Auch wenn es diesbezüglich an einer ausdrücklichen Regelung fehlt, konnte für die Fallgruppe der Zession gezeigt werden, dass sich der der Übergang der Schiedsvereinbarung auf eine Gesamtanalogie der §§ 398 S. 2, 401, 404 BGB zurückführen lässt. Für die Fallgruppe der Reichweite der Schiedsvereinbarung innerhalb einer Vertragskette hat sich gezeigt, dass der Endkunde infolge eines

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Zusammenfassung der Ergebnisse

Vertrages zu seinen Gunsten im Wege einer Gesamtanalogie der §§ 328 Abs. I, 334 BGB an eine Schiedsvereinbarung gebunden werden kann, die zwischen dem Hersteller und dem Zwischenhändler abgeschlossen wurde. Die Untersuchung der dritten Fallgruppe hat letztlich gezeigt, dass der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft in Folge einer entsprechenden Anwendung des § 128 S. 1 HGB an eine zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschaftsgläubiger abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden werden kann. Entsprechendes gilt in Folge einer teleologischen Reduktion der Haftungsprivilegierung für die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Auf kollisionsrechtlicher Ebene ist die Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf einen Dritten gesondert neben dem Schiedsvereinbarungsstatut anzuknüpfen. Hierfür sind im Wege der Rechtsfortbildung maßgebliche Kollisionsregeln zu bilden. Für die Zession konnte gezeigt werden, dass eine Anknüpfung an das Forderungsstatut vorzugswürdig ist und daher eine entsprechende Anwendung der Kollisionsregel des Art. 14 Abs. II ROM I-​VO vorzuschlagen ist. Betreffend die Bindung des Endkunden an eine in der Vertragskette enthaltene Schiedsvereinbarung konnte festgestellt werden, dass die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Herstellers zu vertretbaren Ergebnissen führt. Für die Voraussetzungen einer Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf den einzelnen Gesellschafter verdient das mittels der Gründungstheorie ermittelte Gesellschaftsstatut den Vorzug. Insgesamt hat sich für die betrachteten Fallgruppen gezeigt, dass ein Gleichlauf zwischen dem für die materiellrechtlichen Drittwirkungen und dem für die prozessualen Drittwirkungen maßgeblichen Sachrecht anzustreben ist. Sieht das jeweils maßgebliche Sachrecht einen Übergang der Schiedsverein­ barung auf den Dritten vor, setzt die Bindung des Dritten weiterhin voraus, dass es dem Willen der Schiedsparteien entspricht, den jeweiligen Dritten an die Schiedsvereinbarung zu binden. Eine Schiedsvereinbarung kann somit nur mit ihrem jeweils vereinbarten Inhalt auf eine dritte Person übergehen. Auch wenn sich der Übergang auf eine gesetzliche Anordnung zurückführen lässt, ist diese für sich genommen nicht geeignet, den vereinbarten Personenkreis entgegen dem Inhalt der Schiedsvereinbarung zu erweitern. Ist darüber zu entscheiden, ob sich die subjektive Reichweite einer Schiedsvereinbarung auf einen Dritten erstreckt, wird eine Prüfung in drei Schritten vorgeschlagen: Erster Schritt: Ist zwischen den Schiedsparteien eine wirksame Schiedsvereinbarung zustande gekommen? Innerhalb des ersten Schrittes ist das tatbestandliche Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung zwischen den ursprünglichen Schiedsparteien zu prüfen. Zur Beantwortung dieser Frage ist das Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen, sodass mangels Rechtswahl das am vereinbarten Schiedsort geltende Sachrecht diesbezüglich zur Anwendung zu bringen ist.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Zweiter Schritt: Sieht das maßgebliche Sachrecht einen Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Dritten vor? Kann das Zustandekommen einer wirksamen Schiedsvereinbarung innerhalb des ersten Schrittes bejaht werden, ist innerhalb des zweiten Schrittes die Frage zu klären, ob die Schiedsvereinbarung auf einen am Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht unmittelbar beteiligten Dritten übergegangen ist. Je nachdem, ob gegebenenfalls darüber zu befinden ist, ob die Schiedsvereinbarung auf den Zessionar, einen Drittbegünstigten aus einem Vertrag zugunsten Dritter bzw. einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten oder einen Gesellschafter übergegangen ist, muss hierfür das jeweils maßgebliche Sachrecht bestimmt werden. Anschließend ist zu prüfen, ob das anwendbare Sachrecht einen Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Dritten anordnet. Dritter Schritt: Ist die Bindung des jeweiligen Dritten mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung vereinbar? Sieht das maßgebliche Sachrecht einen Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Dritten vor, muss im dritten und letzten Schritt geprüft werden, ob der Übergang auf den jeweiligen Dritten dem Willen der ursprünglichen Schiedsparteien entspricht und dementsprechend mit dem Inhalt der Schiedsvereinbarung vereinbar ist. Der dritte Schritt übernimmt damit eine Kontrollfunktion. Liegen im Einzelfall keine besonderen Anhaltspunkte vor, ist im Zweifel davon auszugehen, dass es dem Willen der Schiedsparteien entspricht, den Zessionar, den Drittbegünstigten oder den persönlich haftenden Gesellschafter an die Schiedsvereinbarung zu binden. Die Bestimmung des Inhalts der Schiedsvereinbarung betrifft die Auslegung der Schiedsvereinbarung, sodass diesbezüglich das Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung zu bringen ist. Führt auch diese Prüfung zu einem positiven Ergebnis, wird der jeweilige Dritte von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst und an die Schiedsvereinbarung gebunden. Den staatlichen Gerichten obliegt die Letztentscheidungsbefugnis betreffend das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung. Diesbezüglich ist die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen entsprechend zur Anwendung zu bringen, sodass die Entscheidung über die Zuständigkeit keine umfassende Prüfung der materiellen Rechtslage auf Ebene der Zuständigkeitsprüfung voraussetzt. Eine Tatsache von Doppelrelevanz liegt stets dann vor, wenn diese sowohl für die Zuständigkeit, als auch für die Begründetheit der Klage zwingend notwendig festzustellen ist. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung und der materiellen Rechtslage liegt insbesondere dann eine Tatsache mit Doppelrelevanz vor, wenn darüber zu entscheiden ist, ob ein Dritter einen materiellrechtlichen Anspruch aus einem Rechtsverhältnis ableiten kann, für das eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde. Wird die Lehre der doppelrelevanten Tatsachen entsprechend zur Anwendung gebracht und auf das vorgeschlagene Prüfmodell in drei Schritten übertragen, kann sich die Prüfung des Übergangs auf den Dritten innerhalb des zweiten Schrittes auf eine Schlüssig-

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Zusammenfassung der Ergebnisse

keitsprüfung beschränken. Sowohl staatliche Gerichte als auch das Schiedsgericht können den Übergang der Schiedsvereinbarung auf den Dritten im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung demnach bereits dann feststellen, soweit der Vortrag des Klägers diesbezüglich schlüssig ist.

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Sachwortverzeichnis Abtretungsfolgenrecht 99 Abtretungsvertrag 100 Action Directe  156 ff., 172 Akzessorietät  184, 191, 197 Anerkennungsverfahren 252 Anfechtungsverfahren 246 Anknüpfungsgegenstand 32 Anknüpfungsleiter 170 Anknüpfungsmoment 32 Appel en Garantie  156 Äquivalenzinteresse  133, 147, 158, 176, 181 Aufhebung von Schiedssprüchen  63, 247, 249 Ausweichprinzip 214 Autonomes Kollisionsrecht  61, 65, 225 Autonomieprinzip 44 Besonderes Vertrauen  150 Charakteristische Leistung  70 Chartervertrag 217 Common Law  65, 211 Concealment Principle  214 Conditional Benefit Principle  117 Confidentiality 111 Deckungsverhältnis  138, 141 Deliktsrecht  131, 154, 162 Deliktsstatut 169 Differenzierungslehre 230 DIS  74, 78, 93 Doctrine of Separability  44, 72, 79, 85, 106 f., 140 Doppelrelevante Tatsachen  254, 256, 260 Doppelverpflichtungstheorie 187 Durchgriffshaftung  199 ff., 208, 210, 217, 234, 237 Einbeziehungsinteresse 148 Einheitslösung 185 Einrede  102, 140, 246

Einredeverfahren 264 Einwendung  102, 140 Endkunde  130, 135, 154, 160 Engste Verbindung  65, 70, 94, 226 Entscheidungseinklang  41, 73, 77, 88, 124, 184, 233 Erfolgsort 132 Erfüllungstheorie 194 Ergänzende Vertragsauslegung  146, 154 Erstvertrag  159, 168, 176 EU-Übereinkommen 54 Evasion Principle  214 Existenzvernichtungshaftung 205 Facade 214 Feststellungsverfahren  68, 248, 251, 266 Feststellungsverfahren 73, Floating Choice of Law Clause  91 Forderungsstatut, 123 Form der Schiedsvereinbarung  24, 46, 54, 99 Forum regit processum  31, 34 Forum Shopping  41 Frachtvertrag 165 Garantievertrag  135, 145, 163 GbR 187 Genfer Abkommen  49 Genfer Protokoll  47 Gerichtsstandsvereinbarung  39, 44, 72, 105, 141, 165, 178, 217 Gesamtanalogie  40, 103, 114, 155, 171, 181, 253 Gesamtverweisung 32 Gesellschafterhaftung  184, 190, 195, 209, 233, 235 Gesellschafterprozess  192, 195, 198, 235 Gesellschaftsforderung 195 Gesellschaftsgläubiger  183, 188, 195, 200, 208 Gesellschaftsprozess  192, 198, 210 Gesellschaftsstatut  224, 228, 241

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Sachwortverzeichnis

Gesellschaftsverbindlichkeit  188, 193, 199 Gewährleistungsrecht 133 Gewöhnlicher Aufenthalt  55, 123, 167, 181, 245 Gläubigernähe 148 Großkonzern 183 Gründungstheorie  226, 228, 239, 270 Gültigkeitsprinzip 91 Haftungsbeschränkung  159, 199, 206, 227 Haftungsdurchgriff  199, 207 Haftungsprivileg  205, 208 Handlungsort 132 Harmonisierung 88 Hauptsacheverfahren  245, 252, 264 Hauptvertrag  44, 71, 77, 83, 107, 122 Hauptvertragsstatut  71, 73, 76, 80, 83 Höchstpersönliche Schiedsvereinbarung  111 Hypothetischer Parteiwille  86, 90 ICC  45, 77 Insolvenz  199, 208, 211 Integritätsinteresse  132, 154, 164, 176 Kapitalgesellschaft  199, 209, 223, 227 Kaufvertrag  123, 130, 136, 154, 169 Kollisionsnorm 32 Kommanditgesellschaft 188 Kompetenz-Kompetenz  45, 108, 245 Konnossement 165 LCIA 93 Leistungsnähe 147 Letztkäufer 130 lex posterior derogat legi priori  66 Lex-Fori Regel  34 Lieferant 133 lifting the corporate veil  210 Mangel  132, 158 Mangelfolgeschaden 180 Missbrauchslehre  201, 207 Muttergesellschaft 183 Nationalität des Schiedsspruchs  62 New York Convention  50 Normanwendungslehre 201 Normzwecklehre  202, 206

Oberlandesgericht  62, 245, 246, 265 Öffentlichkeitsgrundsatz 111 OHG 186 Ordre Public  35, 232 Organisationsstatut  224, 231 Österreich 153 pactum de non cedendo  110 Personenhandelsgesellschaft  184, 186, 208 piercing the corporate veil  210 präarbitrale Kontrolle  250 Primärqualifikation 33 Principle of Autonomy  44 Principle of Severability  44 Produkthaftung 131 Produzentenhaftung 131 Prozessökonomie  249, 253, 257 Prozessurteil 256 Prozessvertrag  29 f, 42 f. Qualifikation  32 f. Rechtskraftgefälle 256 Rechtswahl  47, 79 Rechtswegaufspaltung 184 Repräsentationsgedanke 191 Risikobewertung 119 Rom I-VO  59 Sachnorm 32 Sachnormverweisung 32 Sachurteil  256, 261 Scheinauslandsgesellschaft 227 Schiedsabrede 45 Schiedseinrede  102, 246 Schiedsklausel  45, 85, 121 Schiedsort  70, 77 Schiedsvereinbarung  29, 43 Schiedsvereinbarungsstatut  25, 46 Schiedsverfahrensrecht 46 Schiedsverfahrensstatut  46, 87 Schlüssigkeitsprüfung  261, 265 Schuldnerbenachteiligung 105 Schuldnerinteresse 119 Schutzbereich 146 Schwebende Unwirksamkeit  74 Sekundärqualifikation 33

Sachwortverzeichnis Separability Presumption  44 Sham 214 Sicherungsrechte 101 Sitztheorie  226, 238 Statutory Provisions  64 Territorialitätsprinzip 36 Tochtergesellschaft 183 Trennungsprinzip  44, 204 Treu und Glauben  204 Überholender Schiedsspruch  248 Überprüfungsverfahren 246 UNCITRAL-Modellgesetz  44, 78, 95, 245 Unselbstständige Anknüpfung  71 Unternehmerregress 133 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 134 Verfahrenstheorie 52 Vermeintlich gewähltes Recht  96 Verschleierungsprinzip 214

Versprechender 138 Versprechensempfänger 138 Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten ­Dritter ​145 Vertrag zugunsten Dritter  137 Vertrag zulasten Dritter  113 Vertragskette 130 Vertragsstatut  41, 76, 80 Vollstreckbarerklärung 66 Vornahmestatut 231 Wirkungsstatut 231 Zession 99 Zessionsgrundstatut 125 Zubehör Theorie  158 Zurechnungsdurchgriff 199 Zuständigkeitsentscheidung  251, 257 Zuständigkeitserstreckung 196 Zuständigkeitskonzentration 248 Zwischenhändler 130

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