Minderung beim Dienstvertrag: BGB, DCFR und das Koreanische Bürgerliche Gesetzbuch im Vergleich [1 ed.] 9783737007795, 9783847107798

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Minderung beim Dienstvertrag: BGB, DCFR und das Koreanische Bürgerliche Gesetzbuch im Vergleich [1 ed.]
 9783737007795, 9783847107798

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Schriften zum Internationalen Privatrecht und zur Rechtsvergleichung

Band 42

Herausgegeben im European Legal Studies Institute / Institut für Europäische Rechtswissenschaft / Institut pour le droit en Europe der Universität Osnabrück von Professor Dr. Dr. h. c. mult. Christian von Bar, FBA, MAE, Professor Dr. Christoph Busch, Professor Dr. Hans Schulte-Nölke, MAE, und Professor Dr. Dr. h. c. Fryderyk Zoll

Won Jae Hwang

Minderung beim Dienstvertrag BGB, DCFR und das Koreanische Bürgerliche Gesetzbuch im Vergleich

Mit 2 Abbildungen

V& R unipress Universitätsverlag Osnabrück

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2198-7041 ISBN 978-3-7370-0779-5 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhÐltlich unter: www.v-r.de Verçffentlichungen des UniversitÐtsverlags Osnabrþck erscheinen im Verlag V& R unipress GmbH.  2017, V& R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Gçttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch þtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Themenbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inkompatibilität der Dienstleistung mit dem Markt . . . . 2. Entwertung der freiwilligen Entscheidung . . . . . . . . . 3. Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Forschungsstand und Notwendigkeit der rechtsvergleichenden sowie -historischen Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . § 1. Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen . . I. Begriff des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dienst- und Werkvertrag: Dichotomie im BGB . . . . . . 2. Dienst-, Werkvertrag und Auftrag: Trichotomie im KBGB 3. Ein praktischer Unterscheidungsvorschlag im DCFR . . . II. Entstehungsgeschichte des Dienst- und Werkvertrages . . . 1. Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemeines Recht vor 1900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entwurf des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gesetzliche Unterscheidung im BGB . . . . . . . . . . . . 5. Neue Tendenz im Vertragstypensystem: Dienstleistungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eigenschaften des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterscheidung zwischen selbstständigen Dienstverträgen und abhängigen Arbeitsverträgen . . . . . . . . . . . . . . 3. Dauerschuldcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unübertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

IV. Ergebnis zu § 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 2. Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag . . . . . . . I. Persönliche Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der persönlichen Leistung . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungen über Drittleistung und Einschaltung des Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Äquivalente persönliche Leistung . . . . . . . . . . . . . . II. Konkretisierung der Leistung beim Dienstvertrag . . . . . . . 1. Billiges Ermessen zur Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . a. Subjektiver Leistungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . b. Objektivierungsversuch des Leistungsmaßstabs nach § 243 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Vorgeschriebener Leistungsmaßstab . . . . . . . . . . . 2. Billige Erwartung des Dienstberechtigten . . . . . . . . . . a. Tauglichkeit zum Vertragszweck . . . . . . . . . . . . . . b. Weisungsrecht und Mitwirkungspflicht . . . . . . . . . . c. Verlust des Weisungsrechts aufgrund mangelnder Sachkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragliche Gestaltungen des Dienstvertrages . . . . . . . . a. Zeitbezogener Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . b. Erfolgsbezogener Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . III. Äquivalenzinteresse beim Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . 1. Vertrauen als allgemeine Vertragstheorie . . . . . . . . . . . 2. Verhandlungsmacht beim Dienstvertrag . . . . . . . . . . . 3. Subjektive und objektive Äquivalenz beim Dienstvertrag . . IV. Ergebnis zu § 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 3. Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages . . . . . . . . . . I. Schlechtleistung im BGB, KBGB und DCFR . . . . . . . . . . . 1. Schlechtleistung im BGB und Schlechterfüllung im KBGB . a. Schlechtleistung als mangelhafte Leistung . . . . . . . . . b. Schlechterfüllung als teilweise Nichterfüllung . . . . . . . c. Rechtsfolge der Schlechtleistung im BGB und KBGB . . . 2. Schlechtleistung im DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Nichterfüllung (non-performance) . . . . . . . . . . . . . b. Wesentliche Nichterfüllung (fundamental non-performance) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Rechtsfolge der non-performance . . . . . . . . . . . . . 3. Schlechtleistung und Schlechterfüllung beim Dienstvertrag .

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Inhalt

II. Abgrenzung zu anderen Leistungsstörungstypen . . . . . . . . 1. Abgrenzung zur Teil- und Minderleistung . . . . . . . . . . a. Schlecht- und Teilleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Schlecht- und Minderleistung . . . . . . . . . . . . . . . c. Minderleistung im Rahmen der Teilleistung beim Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung zur Nichtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Gesetzlicher Mangelbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Erheblichkeit des qualitativen Dienstmangels . . . . . . . c. Leistungsort, Leistungszeit und Leistungsinhalt als Kategorien zur Abgrenzung von der Nichtleistung . . . . 3. Abgrenzung zur aliud Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . a. Teleologische Reduktion von §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Subjektives Merkmal zur Bestimmung der aliud Leistung c. aliud Leistung beim Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . III. Beispiel einer misslungenen Einordnung (KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schwerpunkte in diesem Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bummelstreik und Lohnanspruch . . . . . . . . . . . . . . a. Einordnung der Bummelarbeit: Schlechtleistung, Teilleistung oder Nichtleistung . . . . . . . . . . . . . . . b. Falsche Begründungen für Minderung bei Bummelarbeit. c. Angemessene Einordnung der Bummelarbeit und Minderungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beweislast und Leistungsvollständigkeit . . . . . . . . . . . a. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Leistungsvollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zu § 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . § 4. Minderung und ihre Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklungsgeschichte der Minderung . . . . . . . . . . . . 1. Minderungsbehelfe im römischen Recht . . . . . . . . . . a. Sklavenedikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. actio quanti minoris, actio redhibitoria und actio empti 2. Minderungsbehelf im gemeinen Recht . . . . . . . . . . . . a. Motivirrtum oder Informationspflichtverletzung . . . . b. Psychologische Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Subjektiver Mangelbegriff als Voraussetzung der Minderung im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

II. Gesetzliche Minderungsregelungen im BGB, KBGB und DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Restriktiv anwendbare Minderung im BGB . . . . . . . . . a. Regelung der Minderung im BGB . . . . . . . . . . . . . b. Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . c. Sperre der Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schadensersatzrechtliche Minderung im KBGB . . . . . . . a. Regelung der Minderung im KBGB . . . . . . . . . . . . b. Gewährleistungs- und Nichterfüllungstheorie . . . . . . c. Schadensersatz als Gewährleistungsrecht neben der Minderung im KBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Allgemeine Minderung im DCFR . . . . . . . . . . . . . . . a. Regelung der Minderung im DCFR . . . . . . . . . . . . b. Berechnungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Risiko der Preisänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolge der Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Proportionale Berechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . 2. Teilrücktritt und Störung der Geschäftsgrundlage . . . . . . 3. Vertragsanpassung als Rechtsfolge der Minderung . . . . . IV. Ergebnis zu § 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 5. Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB . . . . . . . . I. Ausschlussgründe der Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Rechtsgrundlage im Rahmen des Gewährleistungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Erfolgsversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bemessungsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsprechung zur Minderung beim Dienstvertrag . . . . . . 1. Rechtsprechung gegen die Minderung in Deutschland . . . 2. Ausnahmerechtsprechung in Deutschland . . . . . . . . . . 3. Rechtsprechung in Korea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Minderungsähnliche Rechtsbehelfe im allgemeinen Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Nacherfüllungsanspruch beim Dienstvertrag . . . . . . . b. Unmöglichkeit der Nacherfüllung und Vergütungsgefahr . c. Nacherfüllung und Schadensersatz statt der Leistung . . 2. Schadensersatz statt der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . a. Schadensersatz statt der noch ausgebliebenen Leistung und Ersatz vergeblicher Aufwendungen . . . . . . . . . .

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Inhalt

b. Einbeziehung der entgangenen Dienste in den ersatzpflichtigen Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Normativer Schadensbegriff in der Rechtsprechung . . . 3. Rücktritt und Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Rücktritt und Teilrücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . c. »Kein Interesse« als Schwelle des Minderungseintritts bei Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Verhältnis zwischen Rücktritt und Kündigung . . . . . . e. Harmonisierung zwischen Rücktritt und Kündigung . . . 4. Zurückbehaltung der Gegenleistung wegen nicht erfüllten Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zu § 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Osnabrück als Dissertationsschrift angenommen. Ich danke meinem geschätzten Betreuer Herrn Prof. Dr. Hans Schulte-Nölke aufrichtig für die wissenschaftliche Freiheit und hilfreiche Unterstützung während meiner Dissertationszeit in Deutschland. Für mich als ausländischen Doktoranden war es ein großes Glück, Herrn Prof. Schulte-Nölke als Doktorvater zu haben und den langen Weg zur Dissertation unter seiner Betreuung beschreiten zu dürfen. Auch Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christian von Bar danke ich herzlich für seine einfühlsame Betreuung, die ich in vielfältiger Hinsicht erfahren durfte, ausdrücklich möchte ich mich für den zur Verfügung gestellten Arbeitsraum in der Bibliothek bedanken. Herrn Prof. Dr. Christoph Busch spreche ich meinen herzlichen Dank für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens mit wertvollen Hinweisen aus. Auch Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Fryderyk Zoll danke ich ausdrücklich für die freundliche Unterstützung während meiner LL.M. Zeit. Dem Deutschen Akademischen Austauschdienst möchte ich für die finanzielle Unterstützung meiner wissenschaftlichen Forschung in Deutschland danken. Besonderer Dank gebührt an dieser Stelle Frau Rebekka Wagener für ihre geduldige Hilfe während des Arbeitsprozesses und beim Korrekturlesen. Auf dem langen Weg zur Dissertation hat sie mir auf vielfältige, konstruktive Weise geholfen. Ohne ihre Unterstützung hätte ich meine Dissertation nicht zu Ende bringen können. Herrn Dr. Kolja Naumann, Frau Imke Tuma, Frau Elisabeth Hollmann, Frau Julia Henning und Frau Hee-Jung Joo danke ich ebenfalls herzlich für die sprachlichen Korrekturen. Meinen herzlichen Dank ausdrücken möchte ich auch Frau Dr. Aneta Wiewijrowska-Domagalska, Herrn Dr. Jos8 Carlos de Medeiros Njbrega, Frau Monika Baginski, Herrn Shaun Charlton, Herrn Piotr Kwiatkowski, Herrn Egil Nordqvist und Herrn Thien Le Nguyen Gia für ihre Unterstützung und die oft anregenden Hilfestellungen während meiner Dissertationszeit. Frau Julia Winterberg, Frau Maria Mazet

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Vorwort

und Herrn Dr. Amr Nasr El-Din waren mir während meines Aufenthalts in Deutschland vertrauenswürdige Ratgeber und freundschaftliche Stütze zugleich. Schließlich danke ich meinen Eltern, Joohyun Hwang und Haeju Lee, und meinem Bruder, Prof. Dr. Won Jun Hwang, herzlich für die stete Förderung meines wissenschaftlichen Abenteuers in Deutschland. Ihnen allen widme ich die vorliegende Arbeit. Seoul, im Oktober 2017 Won Jae Hwang

Einleitung

I.

Fragestellung

Der Dienstleistungsmarkt entwickelt sich schnell. Es stellt sich damit auch immer häufiger die Frage, ob ein Kunde im Fall einer schlechten Dienstleistung die Vergütung in voller Höhe bezahlen muss.1 Dies ist die Hauptfrage dieser Arbeit: Ist die Herabsetzung der vereinbarten Vergütung möglich, wenn die Dienstleistung nicht vertragsgemäß erbracht wurde und somit eine Pflichtverletzung des Dienstverpflichteten vorliegt? Im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird die Frage, ob bei einem Dienstvertrag die Vergütung im Fall der Schlechtleistung gemindert werden kann, ohne Rücksicht auf den Einzelfall generell verneint.2 Hingegen darf die Vergütung nach dem koreanischen Bürgerlichen Gesetzbuch (KBGB) im Fall der Schlechtleistung ohne weitere Begründung herabgesetzt werden.3 Dies ist eigenartig, wenn man bedenkt, dass der Leistungsinhalt des Dienstvertrages und die hinter dem Leistungsstörungsrecht liegende Idee der Interessenabwägung in beiden Staaten grundsätzlich gleich sind.4 Angesichts des wachsenden Dienstleistungsmarktes5 und des Verschmelzens von Dienst- und Werkvertrag bei 1 Zu Beispielen der derzeitigen Dienstleistungsverträge und dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsnormen s. Busch, NJW 2010, 3061. 2 Beispielsweise BAG, Beschluss vom 18. 7. 2007 – 5 AZN 610/07, NJOZ 2007, 3900; BGH, Urteil vom 15. 7. 2004 – IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817. Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 223. 3 Beispielsweise Oberster Gerichtshof in Korea (KOGH), Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946. 4 Zum Austauschverhältnis s. Gast, Die Schlechtleistung des Arbeitnehmers im Synallagma des Arbeitsvertrags (2015), S. 26ff. 5 Das Statistische Bundesamt gliedert den gesamten Dienstleistungssektor in folgende 13 Zweige: (1) Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, (2) Verkehr und Lagerei, (3) Gastgewerbe, (4) Information und Kommunikation, (5) Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, (6) Grundstücks- und Wohnungswesen, (7) Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, (8) Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, (9) Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, (10) Erziehung und Unterricht, (11) Gesundheits- und Sozialwesen, (12) Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie (13) Erbringung von sonstigen Dienstleistungen. Online

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Einleitung

vielen Konstellationen von Dienstleistungsverträgen6 ist diese Frage von praktischer Bedeutung. Es gibt ein gesteigertes Bedürfnis, die Minderung beim Dienstvertrag als Rechtsfolge zuzulassen. Bei einem Arbeitsvertrag ist das Kernargument für den Ausschluss der Minderung aus sozialpolitischen Gesichtspunkte evident. Der Minderungsausschluss folgt aus dem arbeitsrechtlichen Prinzip des Entgeltschutzes.7 Jedoch streiten solche sozialen Aspekte nicht für den generellen Ausschluss der Minderung im Dienstvertragsrecht. Denn das Dienstvertragsrecht findet auch auf die sogenannten freien Berufe Anwendung.8 Der Ausschluss der Minderung ist umso mehr begründungsbedürftig, als Innovationen auf dem Markt zur Vergrößerung des Marktanteils genau dieser Dienstleistungsverträge führen.9 Bei Dienstleistungsverträgen, die rechtspolitisch keinen arbeitsrechtsähnlichen Schutz benötigen und in keinem Zusammenhang mit den Entgeltschutznormen stehen, führt das Fehlen eines Minderungsrechts des Dienstberechtigten zur Missachtung seines vertraglichen Äquivalenzinteresses.10 Die Schwierigkeit der Minderung beim Dienstvertrag liegt stets darin, den geschuldeten Leistungsinhalt zu konkretisieren. Die Feststellung der Vertragsgemäßheit der Leistung setzt den vereinbarten Leistungsinhalt als Grundlage voraus. Denn die Minderung wird berechnet,11 indem bestimmt wird, inwieweit der Wert der tatsächlich erbrachten mangelhaften Leistung vom hypothetischen Wert der vereinbarten mangelfreien Leistung abweicht.12 Aber der Wert der mangelfreien Leistung des Dienstvertrages ist in der Regel schwer festzustellen, weil die vereinbarten Dienste zur Zeit des Vertragsschlusses nicht vorhanden sind und nur nachträglich vom Dienstverpflichteten erbracht werden. Selbst der Dienstverpflichtete kann nicht alle Punkte der geschuldeten Leistungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses detailliert beschreiben. Daher werden die

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abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/Dienstleistung en/Methoden/DienstleistungenAllgemein.html (Letzter Besuch am 2. 11. 2016). Zu Dienstleistungsverträgen s. Zimmermann (Hrsg.), Service Contracts (2010); Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 205ff. Der Lohn bildet eine wesentliche Existenzgrundlage der Arbeitnehmer. Daher wird er gesetzlich in besonderem Maße geschützt. S. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 449ff. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 77; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1864f. Nach dem Statistischen Bundesamt ist die Anzahl der Erwerbstätigen in Deutschland im Dienstleistungssektor erheblich gestiegen. Im Jahr 1970 lag der Anteil der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor bei nur 45 % der 26,6 Millionen Erwerbstätigen. Im Jahr 2007 lag der Anteil bei ungefähr 72 % der insgesamt 39,8 Millionen Erwerbstätigen. S. Statistisches Bundesamt, Der Dienstleistungssektor (2009), S. 7. Canaris, FS Schmidt (2009), S. 177f. Zur Proportionalmethode s. Wilhelm, JZ 2001, 861, 868; Honsell, JZ 2001, 278, 281 f.; Canaris, ZRP 2001, 329, 335. MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 441 Rn. 12ff.

Fragestellung

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Dienste in aller Regel in Form einer Rahmenbestimmung zugesagt.13 Die nachträgliche Ermessensausübung, die aufgrund der unpräzisen Rahmenbestimmungen dem Dienstverpflichteten eingeräumt wird, kann aber durch das Weisungsrecht des Dienstberechtigten später eingeschränkt werden.14 Jedoch gibt es auch Dienstverträge, bei denen die Ausübung des Weisungsrechts wegen der mangelnden Sachkenntnis des Dienstberechtigten wenig zur Konkretisierung beitragen kann, was einen den weiten Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten zur Folge hat.15 Um diese Schwierigkeiten zu umgehen und die daraus resultierende Rechtsunsicherheit zu vermeiden, schließt der Gesetzgeber des BGB die Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag aus.16 Der generelle Ausschluss der Minderung im Fall der Schlechtleistung kann jedoch ein ungerechtfertigtes Ergebnis im Einzelfall zur Folge haben.17 Denn unter den Begriff des Dienstvertrages fallen mehrere heterogene Vertragstypen. Daher bedarf es einer stärkeren Differenzierung der Dienstverträge hinsichtlich der Minderung. Das Leitbild des im BGB geregelten Dienstvertrages beruht auf einem politischen Kompromiss des 19. Jahrhunderts.18 Auf diesem Leitbild gründet die Entscheidung des Gesetzgebers zum Ausschluss der Minderung beim Dienstvertrag. Weil sich aber das Leitbild des Dienstvertrages ändert, ist ein erneutes Nachdenken über die Minderung beim Dienstvertrag geboten. Dies ist die Kernthese dieser Arbeit. Wenn die Minderung für jeden Einzelfall ohne weitere Begründung ausgeschlossen ist, beeinträchtigt dies das dem Dienstvertrag zugrundeliegende synallagmatische Interesse.19 Die rechtsvergleichende Betrachtung des Dienstvertragsrechts bestätigt den Bedarf des Dienstberechtigten für eine Minderung.20 Die Rechtfertigung für den Ausschluss der Minderung wird auch deshalb in Frage gestellt, weil ein Schadensersatzanspruch, der in der Praxis als ein passender Rechtsbehelf im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag gilt,21 die subjektive Äquivalenz nicht in Rechnung stellt und deshalb unzureichend sein kann.22 Es werden falsche Anreize gesetzt. Aufgrund der Rechtslage könnte 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 2. Zum Weisungsrecht ausführlich s. u. Zweiter Teil § 2 II 2 b. Zur Beschränkung des Weisungsrechts s. u. Zweiter Teil § 2 II 2 c. Vgl. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207ff. S. Canaris, FS Schmidt (2009), S. 187f. S. Mugdan II, S. 1283f. S. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207. Hierzu ausführlich s. u. Dritter Teil § 4 II 2 und 3. S. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207. Vgl. auch die Rechtsprechung im Fall der Schlechtleistung s. u. Dritter Teil § 5 II. Zum Verhältnis von Schadensersatz und Minderung s. u. Zweiter Teil § 2 III 3 und Dritter Teil § 4 II 2.

16

Einleitung

der opportunistische Dienstverpflichtete versuchen, sein Vertragsinteresse in vertragswidriger Weise zu maximieren.23 Der Dienstberechtigte ist diesem Risiko ohne wirksamen Schutz ausgeliefert. Daher stellt sich die Frage, ob und in welchen Fällen die gesetzgeberische Entscheidung zum Ausschluss der Minderung beim Dienstvertrag im Einzelfall überwunden werden kann.

II.

Themenbeschränkung

Bevor diese Frage beantwortet wird, soll der Umfang des Themas begrenzt werden. Dienste sind keine typischen Güter, die ohne weiteres auf dem Markt gegen Geld eingekauft bzw. verkauft werden können. Sie setzen notwendigerweise einen Dienstleistenden voraus. Diese besonders enge Verknüpfung der Dienste mit dem Rechtssubjekt macht die Besonderheit des Dienstvertrages aus. Aufgrund dieser Besonderheit werden in der Diskussion um die Minderung Gesichtspunkte erörtert, die außerhalb des reinen Leistungsstörungsrechts liegen. Dies erschwert häufig die Betrachtung des genauen Leistungsverhältnisses beim Dienstvertrag. Daher ist es notwendig, die Bearbeitung auf die rechtssystematischen Faktoren, die mit dem Rechtsbehelf in Verbindung stehen, zu begrenzen. Dadurch tritt das rechtssystematische Problem der Minderung beim Dienstvertrag zu Tage.

1.

Inkompatibilität der Dienstleistung mit dem Markt

Die Minderung beim Dienstvertrag pflegt mit dem Argument verweigert zu werden, dass Dienste keine marktüblichen Güter seien. Nach philosophischer Betrachtung behauptet eine Ansicht, dass einige Gegenstände auf dem Markt nicht gegen Geld verkauft werden sollten,24 weil schon der Versuch, sie auf dem Markt gegen Geld zu verhandeln, ihre Würde entwerten könne.25 Sie passten sich der Marktwirtschaft ihrer Natur nach nicht an.26 Folgerichtig passten sie auch nicht zum Synallagma.27 23 Dazu ausführlich s. u. Zweiter Teil § 2 III 2 und 3. 24 Beispielsweise menschliche Organe sowie Embryonen. Der Vertrag, der gegen das Gesetz zum Schutz von Embryonen (ESchG) verstößt, ist nach § 134 BGB nichtig. Staudinger/Sack/ Fischinger (2011), BGB § 138 Rn. 612; Staudinger/Sack/Seibl (2011), BGB § 134 Rn. 226. 25 OLG Hamm, Beschluss vom 2. 12. 1985 – 11 W 18/85, NJW 1986, 781, 782; LG Freiburg, Urteil vom 25. 3. 1987 – 8 O 556/86, NJW 1987, 1486, 1488; MünchKomm/Armbrüster (7. Aufl. 2015), BGB § 138 Rn. 66. Zu vertragsrechtlichen Problemen mit Ersatzmüttern vgl. CoesterWaltjen, NJW 1982, 2528, 2531ff. 26 Zur Grenze des Marktes s. Sandel, Was man für Geld nicht kaufen kann (2012), S. 15ff. 27 Weiter fragwürdig ist, ob alle zugesagten Leistungen im Rahmen des entgeltlichen Synal-

Themenbeschränkung

17

Jedoch hilft eine solche Ansicht nicht bei der Lösung der Problematik der Minderung beim Dienstvertrag. Denn dass der Dienstvertrag ein synallagmatisches Schuldverhältnis begründet, wird vom Gesetzgeber selbst festgelegt.28 Im Rahmen des Vertragsrechts bezieht sich das Synallagma notwendig auf die Entgeltlichkeit.29 Anders gewendet: Aus dem Synallagma folgt die Entgeltlichkeit. Dies bedeutet, dass die im Wege des synallagmatischen Dienstvertrages vereinbarte Leistung, auch wenn sie eine Handlungsschuld begründet, aufgrund ihrer synallagmatischen Eigenschaft gegen Geld auf dem Markt umgetauscht werden darf. Natürlich kann weiter debattiert werden, ob im Einzelfall ein Dienstvertrag ausnahmsweise einmal nicht auf dem Synallagma beruht, obwohl der Gesetzgeber dies im Dienstvertragsrecht gesetzlich vorausgesetzt hat. Soweit dies der Fall ist, ist es richtig, dass die Minderung bei diesen Dienstverträgen unabhängig vom Leistungsstörungstyp von Anfang an ausgeschlossen ist. Denn wenn kein Raum für das Synallagma besteht, ist eine auf dem Synallagma basierende Minderung undenkbar, unabhängig davon, ob die erbrachte Leistung eine Teiloder Schlechtleistung ist. Jedenfalls im Rahmen des BGB macht aber die gesetzliche Abgrenzung des Dienstvertrages vom Auftrag dieses Argument unbrauchbar, weil eine Vereinbarung über die unentgeltliche Dienstleistung als Auftrag einzuordnen ist.30 Der Dienstvertrag im BGB ist gesetzlich so definiert, dass die Erfüllung von Diensten gegen Vergütung versprochen wird.31

2.

Entwertung der freiwilligen Entscheidung

Die Anwendung der Minderung beim Dienstvertrag wird überdies häufig mit dem Argument verneint, dass dadurch die tatsächliche Erfüllung sowie Nacherfüllung der Dienste vom Dienstverpflichteten erzwungen werden könne, obwohl dies gesetzlich nicht notwendig sei.32 Wenn die vom Dienstverpflichteten geleisteten Dienste mangelhaft sind, wird die Nacherfüllung durch die Minderung insofern (in wirtschaftlicher Hinsicht) erzwungen, als sie für den Dienstverpflichteten der einzige Weg ist, um dem Verlust der vereinbarten Vergütung entgegenzuwirken. Dies verhindere eine freiwillige Entscheidung im Rahmen des Vertragsrechts.

28 29 30 31 32

lagmas als reine Profitgegenstände angesehen werden dürfen. S. Sandel, Was man für Geld nicht kaufen kann (2012), S. 16f. Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 4; Motive II, S. 459. Gernhuber, Das Schuldverhältnis (1989), S. 319. MünchKomm/Seiler (6. Aufl. 2012), BGB § 662 Rn. 1f. MünchKomm/Seiler (6. Aufl. 2012), BGB § 662 Rn. 25ff. Hierzu im Hinblick auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages und das Zurückbehaltungsrecht s. u. Dritter Teil § 5 III 4.

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Einleitung

Beim Vertrag spielt die Entscheidungsfreiheit eine entscheidende Rolle. Das vertragsrechtliche Synallagma sieht keine objektive Äquivalenz vor, sondern eine subjektive.33 Die subjektive Äquivalenz, auf die sich die Minderung bezieht, setzt die Willensfreiheit im Rahmen der Privatautonomie voraus.34 Die Rechtfertigung der subjektiven Äquivalenz beruht auf dem konstitutiven freien Willen der Vertragsparteien.35 Die Freiheit der subjektiven Entscheidung bildet den Kern des Vertrages und diese Freiheit muss nicht nur beim Vertragsschluss, sondern auch bei der Vertragserfüllung bewahrt werden. Auch hieraus leitet sich das Argument ab, dass die Erfüllung einer Handlungsschuld nicht wie die Leistung einer Sachschuld gesetzlich erzwungen werden dürfe, weil die Handlungsschuld mit dem Leistungssubjekt stark verbunden sei.36 Auch heute ist das Argument noch einschlägig. Der gleiche Rechtsgedanke ist in §§ 887, 888 ZPO angelegt.37 Ein unmittelbarer Zwang auf den Körper des Schuldners ist verboten.38 Die vertretbaren Handlungen werden gemäß § 887 Abs. 1 ZPO vollstreckt, indem sie auf Kosten des Schuldners durch einen Dritten vorgenommen werden.39 Die unvertretbaren Handlungen, bei denen es ausschließlich auf den Willen des Schuldners ankommt, können durch Zwangsgeld oder durch Zwangshaft aufgrund von § 888 Abs. 1 ZPO erzwungen werden.40 In § 888 Abs. 3 ZPO schreibt der Gesetzgeber vor, dass unvertretbare höchstpersönliche Handlungen, die beim Dienstvertrag versprochen werden, auch durch Zwangsgeld bzw. Zwangshaft nicht vollstreckt werden dürfen.41 Denn eine Zwangsvollstreckung würde keine vollständige Erreichung des Zwecks des Dienstvertrages gewährleisten.42 Außerdem könne dies zur Verletzung der Grundrechte des Schuldners führen.43 Dennoch ergibt sich daraus keine Rechtfertigung für die Auffassung, dass schlecht erbrachte Leistungen beim Dienstvertrag voll vergütet werden sollten. Jedenfalls kann das Interesse des Gläubigers an der Leistung einerseits gemäß 33 Gernhuber, Das Schuldverhältnis (1989), S. 319ff. 34 Auf der Menschwürde nach Art. 1 Grundgesetz (GG) und der freien Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 GG beruht die Privatautonomie. S. Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang (1999), S. 22ff.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts (9. Aufl. 2004), § 1 Rn. 2 ff. 35 Korth, Minderung beim Kauf (2011), S. 91f.; Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 6. 36 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 1. Halbband (13. Aufl. 1986), S. 323. 37 MüKoZPO/Gruber (4. Aufl. 2012), ZPO § 887 Rn. 1 f.; MüKoZPO/Gruber (4. Aufl. 2012), ZPO § 888 Rn. 1. 38 MüKoZPO/Gruber (4. Aufl. 2012), ZPO § 888 Rn. 1. 39 HK-ZPO/Pukall (6. Aufl. 2015), ZPO § 887 Rn. 1. 40 HK-ZPO/Pukall (6. Aufl. 2015), ZPO § 888 Rn. 1. 41 BeckOK ZPO/Stürner (18. Edition 1. 9. 2015), ZPO § 888 Rn. 8 f.; HK-ZPO/Pukall (6. Aufl. 2015), ZPO § 888 Rn. 2. 42 BeckOK ZPO/Stürner (18. Edition 1. 9. 2015), ZPO § 888 Rn. 8 f. 43 BGH, Beschluss vom 3. 7. 2008 – I ZB 87/06, NJW 2008, 2919, 2920f.

Themenbeschränkung

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§ 893 Abs. 1 ZPO, andererseits aufgrund der synallagmatischen Eigenschaft des Vertrages gewahrt werden.44 Überdies verletzen Sanktionen für pflichtwidrige Leistungen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Dienstverpflichteten nicht, wenn nicht zu einer unmittelbaren Zwangsmaßnahme gegen den Körper des Schuldners führen. Die Minderung beim Dienstvertrag hat bei weitem nicht dieselbe Intensität wie eine Zwangsmaßnahme gegen den Körper des Schuldners.

3.

Sittenwidrigkeit

Schließlich kann gefragt werden, ob die Anwendung der Minderung beim Dienstvertrag sittenwidrig ist. Weil die Minderung einen Mangel der Leistung voraussetzt, setzt sie beim Dienstvertrag einen Mangel der geschuldeten Dienste voraus. Denkbar ist, dass die Dienste wegen einer falschen Entscheidung des Dienstverpflichteten fehlerhaft geleistet werden oder die Dienste trotz richtiger Entscheidung des Dienstverpflichteten wegen anderer Gründe, wie z. B. einer Krankheit des Dienstverpflichteten, lückenhaft geleistet werden.45 Die beiden Fälle beziehen sich auf die Erfolgsebene. Bei der Bestimmung der Mangelhaftigkeit der Dienste muss zunächst die im Prinzip vorgesehene gewünschte Form der Bewirkung der Dienste zugrunde gelegt werden. Diese Objektivierung der Dienste auf Erfolgsebene führt bei der Berechnung der Minderung zu einer Gleichbehandlung der Handlungsschuld mit der Sachschuld. Die handlungsbezogene persönliche Natur des Dienstvertrages muss außer Acht bleiben. Dadurch kann der Dienstleistende insoweit entwürdigt werden, als dass die Person des Dienstleistenden als bloßes Element im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse behandelt wird. Hieraus folgert eine Ansicht, dass die Anwendung der Minderung beim Dienstvertrag nach Maßgabe des gesellschaftlichen Werturteils sittenwidrig sein könne. Jedoch ist der Begriff der Sittenwidrigkeit ausfüllungsbedürftig und in vielem umstritten. Eine entscheidende Rolle spielen die gesellschaftlichen Wertvorstellungen. Grundsätzlich spiegelt § 138 Abs. 1 BGB die gesellschaftlichen Wertvorstellungen sowie die ethischen Grundlagen wider,46 durch die die Pri-

44 MüKoZPO/Gruber (4. Aufl. 2012), ZPO § 893 Rn. 1ff. 45 In der Regel wird nur der erstere Fall thematisiert. Theoretisch ist der letztere Fall auch vorstellbar, praktisch jedoch selten. Canaris, FS Schmidt (2009), S. 180. 46 BeckOK BGB/Wendtland (36. Edition 1. 8. 2015), BGB § 138 Rn. 1; MünchKomm/Armbrüster (7. Aufl. 2015), BGB § 138 Rn. 1; Staudinger/Sack/Fischinger (2011), BGB § 138 Rn. 2; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts (9. Aufl. 2004), § 41 Rn. 12ff.

20

Einleitung

vatautonomie passiv beschränkt wird.47 Natürlich bezieht sich die Sittenwidrigkeit nicht ausschließlich auf Ethik, Moral und Sittlichkeit. Trotzdem ist es begrifflich schwierig, außer der Ethik, Moral und Sittlichkeit einen logischen, stabilen und objektiven Grund für die Sittenwidrigkeit zu bestimmen.48 Denn die Anknüpfung an gesellschaftliche Wertvorstellungen, das Anstandsgefühl bzw. die autonomen oder heteronomen Moralordnungen spiegelt schon begrifflich wider, dass die Maßstäbe auf der sich wandelnden gegenwärtigen im territorialen Rechtskreis herrschenden Ethik basieren.49 Wie ein Rechtsgeschäft hinsichtlich der Sittenwidrigkeit gewürdigt werden soll und welches Kriterium hier anzuwenden ist, bleibt jedoch unkonkret. Nach der herrschenden Lehre50 und der ständigen Rechtsprechung51 kommt es auf »das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden« an.52 Die Sittenwidrigkeit eines Dienstvertrages ist ohne konkrete gesetzliche Vorgabe kaum zu beurteilen. Die Menschen dürfen nicht zu Handelswaren entwertet werden.53 Die vertragliche Gleichbehandlung der Handlungsschuld mit der Sachschuld in Bezug auf die Erbringung der Leistung kann nach § 134 BGB oder nach § 138 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen. Jedoch beziehen sich diese Aussagen nicht auf die Sittenwidrigkeit der Minderung beim Dienstvertrag, sondern auf die Sittenwidrigkeit des Dienstvertrages als solchem. Daraus folgt nicht notwendigerweise, dass die Anwendung der Minderung beim Dienstvertrag sittenwidrig ist. Außerdem zielt die Problematik der Minderung beim Dienstvertrag gerade nicht auf die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes,54 sondern auf die Lösung einer Leistungsstörung. Bei der Minderung beim Dienstvertrag geht es um die Frage, ob die Gewährung der vollen Vergütung des Dienstverpflichteten trotz seiner unvollständig erbrachten 47 MünchKomm/Armbrüster (7. Aufl. 2015), BGB § 138 Rn. 1; Staudinger/Sack/Fischinger (2011), BGB § 138 Rn. 2; Lindacher, AcP 173 (1973), 124, 125. 48 Gegen die moralische Würdigung Staudinger/Sack/Fischinger (2011), BGB § 138 Rn. 19. S. auch Mugdan I, S. 725. 49 LG Karlsruhe, Urteil vom 15. 8. 2006 – 2 O 350/06, NJW-RR 2007, 200, 201; OLG Hamm, Urteil vom 13. 1. 2011 – 18 U 88/10, NJW-RR 2011, 1197, 1198; MünchKomm/Armbrüster (7. Aufl. 2015), BGB § 138 Rn. 17; Staudinger/Sack/Fischinger (2011), BGB § 138 Rn. 23. 50 S. Staudinger/Sack/Fischinger (2011), BGB § 138 Rn. 14; Sack, NJW 1985, 761. 51 Zu § 138 BGB BGH, Urteil vom 9. 7. 1953 – IV ZR 242/52, NJW 1953, 1665; BGH, Urteil vom 15. 2. 1956 – IV ZR 294/55, NJW 1956, 865; BGH, Urteil vom 28. 4. 1958 – II ZR 197/57, NJW 1958, 989; BAG, Urteil vom 1. 4. 1976 – 4 AZR 96/75, NJW 1976, 1958; BGH, Urteil vom 6. 7. 1976 – VI ZR 122/75, BGHZ 67, 119; BGH, Urteil vom 29. 9. 1977 – III ZR 164/75, NJW 1977, 2356; BGH, Urteil vom 10. 3. 1982 – VIII ZR 74/81, NJW 1982, 1455. Zu § 826 BGB BGH, Urteil vom 25. 5. 1955 – VI ZR 6/54, NJW 1955, 1274. 52 Zu § 826 BGB s. Motive II, S. 727; Mugdan II, S. 406. 53 OLG Hamm, Beschluss vom 2. 12. 1985 – 11 W 18/85, NJW 1986, 781, 782; LG Freiburg, Urteil vom 25. 3. 1987 – 8 O 556/86, NJW 1987, 1486, 1488. 54 Vgl. KOGH, Urteil vom 12. 4. 2002, 2000 Da 50190. Zur ausführlichen Darstellung dieses Urteils s. u. Dritter Teil § 5 II 3.

Forschungsstand

21

Dienste im Rahmen des gegenseitigen Vertrages als »billig und gerecht« gelten darf.

III.

Forschungsstand und Notwendigkeit der rechtsvergleichenden sowie -historischen Betrachtung

Die Anwendbarkeit der Minderung auf Dienstverträge wurde in Deutschland in Korea in mehrfacher Hinsicht beleuchtet oder jedenfalls gestreift. Im Jahr 2007 hat Tillmanns sich in ihrer Habilitationsschrift mit dieser Problematik beim freien Dienstvertrag beschäftigt und einen alternativen Weg zur Minderung im Dienstvertragsrecht befürwortet.55 Canaris hat im Jahr 2009 dargelegt, dass ein Bedarf zur Minderung im freien Dienstvertrag bestehe.56 Außerdem bejahen einige Stimmen in Deutschland, die Minderung auf Dienstverträge anzuwenden.57 Die herrschende Ansicht verneint dagegen die Anwendbarkeit der Minderung bei Dienstverträgen.58 Im Jahr 2014 hat No sich in einer Veröffentlichung kritisch mit einem koreanischen Urteil auseinandergesetzt.59 Die Anwendbarkeit der Minderung beim Dienstvertrag bezweifelt er dabei nicht.60 Jansen hat die Funktion der Minderung aus rechtsvergleichender Perspektive erklärt, ist dabei jedoch nicht auf die Anwendbarkeit der Minderung beim Dienstvertrag eingegangen.61 Die rechtsvergleichende Methode ist hilfreich, um die Minderungsproblematik im BGB darzustellen und einen Lösungsansatz zu finden. Dadurch werden unterschiedliche ökonomische und kulturelle Sichtweisen der zu vergleichenden Rechtssysteme verdeutlicht und ihre unterschiedlichen rechtspolitischen Kon55 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007). 56 Canaris, FS Schmidt (2009), S. 177ff. 57 Himmelschein, AcP 135 (1932), 255, 292; Hartung, Schlechtleistung und Vergütungsanspruch im Recht des selbständigen Dienstvertrages (2000), S. 97. 58 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 2 (1908), S. 40ff.; Below, FS Lehmann (1956), S. 646, 650f.; Thewalt, Schlechterfüllung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber (1960), S. 14ff., 95f.; Preis/Hamacher, Jura 1998, 116; Peukert, AcP 205 (2005), 430, 463, 480; Maschmann, NZA-Beil. 2006, 13, 17. 59 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946. 60 Ho-Chang No, Überprüfung vom obersten Gericht in Korea, 28. 11. 2013, 2011 Da 39946 über Bummelarbeit und Lohn, Arbeitsrecht 50 (6.2014), S. 299ff. S. auch Jin-Hwan Park, Ohne Arbeit Kein Lohn beim Bummelstreik, Kommentar zur Rechtsprechung vom KOGH 97 Band 2 (2014), S. 395ff. 61 Jansen, Price Reduction under the CISG, 32 J. L. & Com. 325, 329 (2014). Zu einer rechtsvergleichenden Schrift in Korea vgl. auch Young-Jun Kwon, Gewährleistungspflicht des Schuldners, in: The Korean Association of Civil Law (Hrsg.), Rückblick und Ausblick auf Rechtswissenschaft (1993), S. 548ff.

22

Einleitung

zepte sichtbar gemacht.62 Dies ermöglicht es zu verstehen, warum der Gesetzgeber bestimmte Entscheidungen getroffen hat. Die rechtshistorische Betrachtungsmethode dient ebenfalls dazu, die Gründe für die gesetzgeberische Entscheidung zu erkennen, da das Recht einerseits eine Folge der sozialen Entwicklung, andererseits ein historisches Phänomen ist.63 Durch die rechtsvergleichende Betrachtung werden außerdem die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der zu vergleichenden Rechtssysteme erkennbar.64 Diese Gegenüberstellung führt zu der Frage, wie die Unterschiede zwischen den Rechtssystemen nicht nur durch die Kasuistik, sondern auch auf abstrakter und genereller Ebene erklärt werden können.65 Die Minderungsproblematik beim Dienstvertrag ist ein typisches Beispiel für eine solche Frage. In dieser Arbeit wird die rechtsvergleichende Methode zu dem Zweck angewandt,66 ein besseres Verständnis für die Anwendung im BGB zu schaffen, indem außerhalb des deutschen Rechtssystems liegende Ansichten betrachtet werden.67 Als Bezugspunkte der Rechtsvergleichung werden das Koreanische Bürgerliche Gesetzbuch (KBGB) und der Draft Common Frame of Reference (DCFR) verwendet, die beide, anders als das deutsche Recht, beim Dienstvertrag eine Minderung im Fall der Schlechtleistung generell zulassen. Der Vergleich mit diesen Regelungen verdeutlicht die Notwendigkeit einer Minderung beim Dienstvertrag auch im BGB. Er liefert auch Erkenntnisse zu den notwendigen Grenzen der Minderung im Dienstvertragsrecht. Außerdem hilft die Rechtsvergleichung zu bestimmen, in welchem Fall Dienste mangelhaft sind. Damit werden in dieser Arbeit das synallagmatische Schuldverhältnis und die subjektive Äquivalenz beim Dienstvertrag im Rahmen des Leistungsstörungsrechts aus einem rechtsvergleichenden und rechtshistorischen Blickwinkel thematisiert. Die Besonderheiten des Arbeitsrechts sollen weitgehend außer Betracht bleiben, weil sich die Arbeit auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht beim Dienstvertrag konzentriert. Erforderliche Modifikationen im Rahmen des Arbeitsrechts werden aber in Einzelpunkten berücksichtigt. Zum Schluss wird die Frage gestellt, ob de lege ferenda ein Reformbedarf im BGB in Richtung auf eine allgemeine Zulassung der Minderung beim Dienstvertrag besteht,68 und wie eine solche Reform aussehen könnte.69 62 63 64 65 66

Basedow, Comparative Law and its Clients, 62 Am. J. Comp. L. 821, 833–34 (2014). Kyu-Chang Cho, Comparative Law (2007), S. 32. Basedow, Comparative Law and its Clients, 62 Am. J. Comp. L. 821, 834 (2014). Zur Tendenz der Rechtsentwicklung s. Kyu-Chang Cho, Comparative Law (2007), S. 32ff. Zur »functional approach« s. Basedow, Comparative Law and its Clients, 62 Am. J. Comp. L. 821, 835–36 (2014). Vgl. auch Jansen, Principles of European Law on Service Contracts, in: Zimmermann (Hrsg.), Service Contracts (2010), S. 47ff. 67 S. Basedow, Comparative Law and its Clients, 62 Am. J. Comp. L. 821, 838 (2014). 68 Zu einer möglichen Reform der Minderung s. Canaris, FS Schmidt (2009), S. 187. 69 Zur Frage nach einer allgemeinen Minderungsregelung s. Peukert, AcP 205 (2005), 430, 430ff.

Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

Derjenige, der Dienste zusagt, ist zur Leistung dieser vereinbarten Dienste verpflichtet.70 Die vereinbarten Dienste sind jedoch vielfältig. Sie bestehen bei Vertragsschluss noch nicht. Einen körperlichen Gegenstand oder einen zugesagten Erfolg gibt es beim Dienstvertrag schon dem Wortsinn nach nicht.71 Die Dienste fallen mit der Leistung zusammen. Des Weiteren unterliegt die Leistung zwangsläufig einer qualitativen Schwankung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fehlen in der Regel präzise Bestimmungen über den Leistungsinhalt. Vielmehr werden meist Rahmenbestimmungen vereinbart. Dies gewährt dem Dienstverpflichteten einen Ermessensspielraum zur Leistungserbringung.72 Dies ist der Grund für die Schwierigkeit der Minderung beim Dienstvertrag. Bevor der geschuldete Leistungsinhalt des Dienstvertrages beleuchtet wird, soll zunächst der Begriff des Dienstvertrages geklärt werden. Dadurch wird der Dienstvertrag von den anderen Tätigkeitsverträgen abgegrenzt. Dies verdeutlicht die Besonderheiten des Dienstvertrages, um welche es in dieser Arbeit im Kern geht. Vor allem ist hervorzuheben, dass der Dienstvertrag ein synallagmatisches Schuldverhältnis ist.73 Der Dienstverpflichtete schuldet nicht irgendwelche Dienste, sondern die Dienste, welche vom Dienstberechtigten aufgrund der subjektiven Äquivalenz als gleichwertig mit der vereinbarten Vergütung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzusehen sind.74 Weiterhin wird der Dienstvertrag in zwei Untertypen gegliedert, einerseits in die selbstständigen erfolgsbezogenen, andererseits in die abhängigen zeitbezogenen Dienst70 § 611 Abs. 1 BGB, § 655 KBGB, Art. IV.C. – 1:101 (1) (a) DCFR. 71 Zum gesetzlichen sowie geschichtlichen Abgrenzungskriterium zwischen Dienst- und Werkvertrag s. u. Erster Teil § 1 I und II. 72 Der Ermessensspielraum bei der Leistungserbringung löst die Bestimmungsschwierigkeit des Leistungsinhalts, die Einordnungsschwierigkeit der Leistungsstörungstypen und die Bemessungsschwierigkeit der Minderung beim Dienstvertrag aus. Zur Billigkeit der Ermessensausübung s. u. Zweiter Teil § 2 II 1. 73 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 3 f., 366. 74 Zur subjektiven Äquivalenz ausführlich s. u. Zweiter Teil § 2 III 3.

24

Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

verträge. Diese Unterscheidung wird in der weiteren Untersuchung als Hilfsmittel angewendet, um die subjektiven Interessen beider Vertragsparteien zu verdeutlichen.75 Weiter von Bedeutung sind der Dauerschuldcharakter und die Unübertragbarkeit der Dienstleistung, die ebenfalls zu den Besonderheiten des Dienstvertrages, nicht zuletzt in Hinblick auf die Rechtsbehelfe im Fall von Leistungsstörungen, beitragen.76

§ 1. Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen Bei den zahlreichen Vertragstypen zur Tätigkeitsverpflichtung77 stehen der Dienst- und Werkvertrag sowie der Auftrag im Vordergrund.78 Da der Auftrag im BGB als ein unentgeltlicher Vertrag vorgeschrieben ist, weicht er wesentlich von den beiden entgeltlichen Vertragstypen ab.79 Im BGB ist es daher nicht notwendig, den Begriff des Auftrages zu bestimmen, um den Leistungsinhalt des Dienstvertrages festzustellen. Hingegen darf der Auftrag im KBGB und im DCFR entweder entgeltlich oder unentgeltlich abgeschlossen werden.80 Er spielt im KBGB und DCFR also eine eigene Rolle als ein entgeltlicher Tätigkeitsvertrag. Im 75 Zur weiteren Unterscheidung zwischen zeitbezogenem und erfolgsbezogenem Dienstvertrag s. u. Zweiter Teil § 2 II 3. 76 Zur Unübertragbarkeit der Dienstleistung s. u. Zweiter Teil § 2 I. Zum Verhältnis zwischen Rücktritt und Kündigung beim Dauerschuldverhältnis s. u. Dritter Teil § 5 III 3 d. 77 S. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (10. Aufl. 2006), § 82. 78 Zum Schuldverhältnis über Tätigkeiten im BGB zählen Dienstvertrag und ähnliche Verträge (§§ 611 bis 630 h BGB), Werkvertrag und ähnliche Verträge (§§ 631 bis 651 m BGB), Mäklervertrag (§§ 652 bis 656 BGB), Auslobung (§§ 657 bis 661a BGB), Auftrag (§§ 662 bis 674 BGB), Geschäftsbesorgungsvertrag und Zahlungsdienste (§§ 675 bis 676c BGB), Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 bis 687 BGB), Verwahrung (§§ 688 bis 700 BGB) und Einbringung von Sachen bei Gastwirten (§§ 701 bis 704 BGB). Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677ff. BGB und Einbringung von Sachen bei Gastwirten gemäß §§ 701ff. BGB sind jedoch gesetzliche Schuldverhältnisse. Außerdem wird die Auslobung durch einseitiges Rechtsgeschäft begründet. Die drei Vertragstypen (Geschäftsführung ohne Auftrag, Einbringung von Sachen bei Gastwirten und Auslobung) werden hier nicht näher erörtert, weil die Minderungsproblematik bei ihnen nicht besteht. Als Schuldverhältnis über Tätigkeiten regelt das KBGB den Dienstvertrag (§§ 655 bis 663 KBGB), Werkvertrag (§§ 664 bis 674 KBGB), Auslobung (§§ 675 bis 679 KBGB), Auftrag (§§ 680 bis 692 KBGB), Verwahrung (§§ 693 bis 702 KBGB) und Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 734 bis 740 KBGB). Aus den gleichen Gründen wie beim BGB werden Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 734ff. KBGB und Auslobung gemäß §§ 675ff. KBGB im Folgenden nicht betrachtet. Im DCFR können Service (Book IV Part C), Mandate contracts (Book IV Part D), Commercial agency, franchise and distributorship (Book IV Part E) und Benevolent intervention in another’s affairs (Book V) den Tätigkeitsverträgen zugeordnet werden. Aus den gleichen Gründen wie beim BGB und KBGB wird Benevolent intervention in another’s affairs im Folgenden nicht betrachtet. 79 MünchKomm/Seiler (6. Aufl. 2012), BGB 662 Rn. 25. 80 § 686 Abs. 2, 3 KBGB, Art. IV.D. – 2:102 (1) DCFR.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

25

KBGB und DCFR muss daher der Begriff des Auftrags zur Feststellung des Leistungsinhalts des Dienstvertrages berücksichtigt werden. Die Kriterien zur Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen sind je nach Gesetzeskonzept und historischem Kontext verschieden. Auch die Leitbilder des Dienstvertrages im BGB, KBGB und DCFR sind unterschiedlich. Die Entwicklungsgeschichte der Dichotomie von Dienst- und Werkvertrag zeigt außerdem, dass die historischen Leitbilder in Deutschland unterschiedlich sind.81 Trotz solcher Unterschiede gibt es einige gemeinsame Eigenschaften, die den Dienstvertrag ausmachen. Diese Eigenschaften werden in dieser Arbeit als Grundlage des Dienstvertrages übernommen, um einen minderungsähnlichen Weg im Fall der Schlechtleistung zu erarbeiten.

I.

Begriff des Dienstvertrages

Zunächst ist der Dienstvertrag als ein gegenseitiger Vertrag in allen drei Rechtssystemen synallagmatisch.82 Nach § 611 Abs. 1 BGB, § 655 KBGB und Art. IV.C. – 1:101 (1) DCFR wird der Schuldner durch den Dienstvertrag zur Leistung der versprochenen Dienste und der Gläubiger zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.83 Art. IV.C. – 1:101 DCFR enthält keine Begriffsdefinition des Services contract, sondern regelt den Anwendungsbereich des Dienstleistungsvertrages.84 Der Dienstleistungsvertrag wird im Anhang definiert, wonach er ein Vertrag ist, durch den sich eine Partei als Dienstleister zur Erbringung der Dienstleistung an den anderen, den Kunden, verpflichtet.85 81 Dazu ausführlich s. u. Erster Teil § 1 II. 82 BeckOK BGB/Joussen (37. Edition 1. 9. 2015), BGB § 611 Rn. 292; Staudinger/Richardi/ Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 4; ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 639; MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 7; Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 555; von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1597. 83 Zur Leistungspflicht des Dienstverpflichteten s. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 1011. Zur Vergütungspflicht des Dienstberechtigten s. MünchKomm/MüllerGlöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 695. Vgl. § 655 KBGB: »[Wesen des Dienstvertrages] Ein Dienstvertrag kommt zustande, wenn sich beide Teile darüber einig sind, daß der eine verpflichtet wird, dem anderen einen Dienst zu leisten, und der andere dem ersten eine Vergütung für die Dienstleistung zu entrichten hat.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 137. Vgl. auch Art. IV.C. – 1:101 (1) DCFR: »This Part of Book IVapplies: (a) to contracts under which one party, the service provider, undertakes to supply a service to the other party, the client, in exchange for a price; and (b) with appropriate adaptations, to contracts under which the service provider undertakes to supply a service to the client otherwise than in exchange for a price.« 84 Vgl. Artt. IV.A. – 1:202, IV.B. – 1:101 (2), IV.D. – 1:102, IV.F. – 1:101 (2), IV.G. – 1:101, IV.H. – 1:101 (2) DCFR. 85 »A contract for services is a contract under which one party, the service provider, undertakes

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

Trotz der allgemeinen synallagmatischen Eigenschaft des Dienstvertrages erfolgt die Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag sowie Auftrag im BGB, KBGB und DCFR unterschiedlich. Der Vergleich der Abgrenzungskriterien im KBGB und DCFR verdeutlicht, wie anders das gesetzliche Leitbild der drei Vertragstypen in unterschiedlichen Rechtssystemen sein kann. Diese Diskrepanz des Leitbilds wiederum zeigt die unterschiedliche Systematisierung der typischen Verträge in den unterschiedlichen Rechtssystemen.86 Damit wird erkennbar, dass die gesetzliche Trennlinie zwischen Dienst- und Werkvertrag keine apriorische Konstruktion, sondern ein rechtspolitischer Kompromiss ist. Ziel der Untersuchung des Dienstvertragsbegriffs ist, zu verstehen, wie der gesetzliche Schuldinhalt des Dienstvertrages durch Anwendung der unterschiedlichen Trennlinien der drei Regelungssysteme geändert werden kann, und was trotz der Differenzierung als Kernkomponente des Dienstvertrages erhalten bleiben muss. Die im Folgenden dargestellte Abgrenzungslinie hilft schließlich zu verstehen, was durch den Dienstvertrag als dessen Leistungsinhalt vereinbart wird.

1.

Dienst- und Werkvertrag: Dichotomie im BGB

Um den Leistungsinhalt des Dienstvertrages klar zu bestimmen, muss der Dienstvertrag zunächst vom Werkvertrag abgegrenzt werden. Diese Abgrenzung erfolgt durch die vom BGB vorgeschriebene dichotomische Trennlinie »Dienste oder Erfolg«.87 Diese Trennlinie geht auf die Begriffe von Dienst- und Werkvertrag selbst zurück. Nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Dienstverpflichtete die Leistung der vereinbarten Dienste, wohingegen der Unternehmer beim Werkvertrag gemäß § 631 Abs. 1 BGB sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch die Herbeiführung eines versprochenen Erfolgs schuldet.88 Trotz dieses klaren gesetzlichen Abgrenzungskriteriums ist es im Einzelfall nicht leicht, den konkreten Leistungsinhalt und den korrekten Vertragstypen zu bestimmen.89 Diese Schwierigkeit folgt daraus, dass jede Handlung eine Wirkung herbeiführen muss. Beispielsweise hat die Operation durch den Arzt Heilung und Besserung zur Folge. Selbst wenn die Heilung sowie Besserung nicht den Vorstellungen des Patienten entsprechen, bleibt die Tatsache unverändert, dass auch beim Dienstvertrag ein Erfolg, wie die Wirkung der Operation,

86 87 88 89

to supply a service to the other party, the client. (IV. C. – 1:101)« von Bar/Clive/Schulte-Nölke, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Outline Edition (2009), S. 566. Zum besseren Verstehen dieses Unterschieds s. Basedow, Comparative Law and its Clients, 62 Am. J. Comp. L. 821, 837–38 (2014). S. Greiner, AcP 211 (2011), 221, 222. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 631 Rn. 58ff. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 22ff.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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eintritt.90 Des Weiteren setzt die Operation notwendige Zwischenergebnisse voraus, z. B. die angemessene Naht der Wunde. Schon diese Zwischenergebnisse müssen mit den Handlungen zusammen beurteilt werden, um die Ordnungsgemäßheit der Operation zu bewerten. Dies zeigt, dass die Leistungspflicht eines Dienstleisters nicht nur den Dienst an sich, sondern unter Umständen auch einen Erfolg umfasst.91 Ein ordnungsgemäßer Dienst setzt notwendigerweise den zwischenzeitlichen vertragsgemäßen Erfolg voraus.92 In der Praxis tritt diese Schwierigkeit einer klaren Abgrenzung häufig auf. Besonders typengemischte Verträge, wie beispielsweise der Steuerberatervertrag, bereiten Abgrenzungsschwierigkeiten.93 Der Steuerberatervertrag wird regelmäßig als Dienstvertrag qualifiziert.94 Der Grund dafür liegt darin, dass der Steuerberater in diesem Vertrag keinen bestimmten Erfolg schuldet, sondern verschiedene Tätigkeiten, wie Beratung über steuerliche Angelegenheiten, Vermögensbewertung sowie Steuervergünstigung.95 Jedoch verpflichtet sich der Steuerberater, nach der Beratung regelmäßig einige Unterlagen zu erstellen.96 Laut BGH steht dies aber bei der Qualifizierung des Steuerberatervertrages nicht im Vordergrund.97 90 Staudinger/Peters/Jacoby (2014), Vorbemerkungen zu §§ 631ff. BGB Rn. 26. BGH, Urteil vom 16. 7. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323. S. auch Illmer, Die Systematik des Werk- und Dienst(leistungs)vertragsrechts in rechtsvergleichender Perspektive, Informationen über Forschung in Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. Online abrufbar unter http://www.mpipriv.de/de/pub/forschung/privatrecht_vereinheitlichung/sy stematik_des_werk-_und_diens.cfm (Letzter Besuch am 2. 11. 2016). 91 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 13ff. 92 »Damit wird keineswegs schon jede zu erbringende Einzelleistung für sich als ein Erfolg im Sinne des Werkvertragsrechts geschuldet; und selbst wenn eine einzelne Dienstleistung, für sich gesehen, einen »Erfolg« hervorbringt, so ist das bei einem Dauerdienstverhältnis durchaus nichts Ungewöhnliches, wie besonders das Beispiel des Arbeitsverhältnisses deutlich zeigt.« BGH, Urteil vom 4. 6. 1970 – VII ZR 187/68, NJW 1970, 1596, 1597. 93 BGH, Urteil vom 7. 3. 2002 – III ZR 12/01, NJW 2002, 1571. 94 BGH, Urteil vom 4. 6. 1970 – VII ZR 187/68, NJW 1970, 1596; BGH, Urteil vom 6. 11. 1980 – VII ZR 237/79, NJW 1981, 401; BGH, Urteil vom 24. 2. 1982 – IVa ZR 296/80, NJW 1982, 1532; BGH, Urteil vom 17. 10. 1991 – IX ZR 255/90, NJW 1992, 307; BGH, Urteil vom 21. 11. 1996 – IX ZR 159/95, NJW 1997, 516. 95 BGH, Urteil vom 7. 3. 2002 – III ZR 12/01, NJW 2002, 1571, 1572. 96 Zum werkvertragsrechtlichen Charakter der Leistung des Steuerberaters s. OLG Frankfurt/ M., Urteil vom 13. 10. 1993 – 21 U 145/92, DStR 1994, 479; BGH, Urteil vom 7. 3. 2002 – III ZR 12/01, NJW 2002, 1571; OLG Köln, Urteil vom 14. 8. 2002 – 8 U 80/01, VersR 2004, 871. Zur Möglichkeit der Nachbesserung s. OLG Köln, Urteil vom 23. 12. 1982 – 1 U 26/82, ZIP 1983, 706; OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. 1. 2001 – 26 U 37/00, DStRE 2001, 1136. 97 »Unter Berufung auf dieses Urteil hat der VII. Zivilsenat des BGH ferner einen Dienstvertrag auch in einem Fall angenommen, durch den der Steuerberater lediglich mit der Buchhaltung, der Erstellung der Jahresabschlüsse sowie der Vorbereitung der Steuererklärungen beauftragt war, bei dem freilich im Rechtsstreit allein eine fehlerhafte Beratung bei Abgabe der Steuererklärungen in Rede stand.« BGH, Urteil vom 7. 3. 2002 – III ZR 12/01, NJW 2002, 1571, 1572.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

In einem anderen Urteil qualifiziert der BGH einen »Internet-System-Vertrag« als Werkvertrag.98 In dem Vertrag war die Schuldnerin verpflichtet, gegen Vergütung für den Gläubiger eine angemessene Internet-Domain zu recherchieren sowie zu registrieren, alle Webdokumentationen in den Web-Servern mithilfe eines Web-Designers zu systematisieren, eine individuelle Website zu programmieren sowie zu erstellen und für das Hosting der Website und Mailboxen weitere Dienstleistungen, wie Beratung und Betreuung zu leisten.99 Obwohl dieser Vertrag hinsichtlich seiner Eigenschaft dienstvertragliche Elemente innehat, z. B. monatliches Entgelt, Begründung eines Dauerschuldverhältnisses und fehlende Gegenständlichkeit der Leistung, wurde er vom BGH nicht als Dienstvertrag, sondern als Werkvertrag eingeordnet. Nach Ansicht des BGH ist nämlich der vereinbarte Vertragszweck zur Einordnung maßgeblich und die zum Ausdruck kommende verobjektivierte Erwartung des Gläubigers liegt in der ständigen »Abrufbarkeit« der Website, also der Herbeiführung eines Erfolgs.100 In einem Urteil ordnete das OLG Düsseldorf einen Unternehmensberatungsvertrag als einen Dienstvertrag ein.101 In diesem Fall war der Berater vertraglich verpflichtet, für den Dienstnehmer den Ist-Zustand des Unternehmens zu analysieren, seine Schwachstellen herauszuarbeiten, Vorschläge zur Verbesserung seiner Finanzierungslage vorzulegen und dem Dienstnehmer bei der Umsetzung dieser Vorschläge zu helfen.102 Weil von dem Berater ein Antrag auf Zuschuss nach den »Richtlinien über die Förderung von Unternehmensberatungen für kleine und mittlere Unternehmen« vom 11. September 2001 in der geänderten Fassung vom 15. April 2002 zu stellen war, musste ein schriftlicher Beratungsbericht erstellt und ausgehändigt werden.103 Obwohl dieser Vertrag werkvertragliche Elemente enthält, z. B. das Erstellen eines Beratungsberichts, ordnete das OLG Düsseldorf den Vertrag als Dienstvertrag ein, weil die Beratungsleistung als »Dienste höherer Art« im Sinne des § 627 BGB qualifiziert wurde.104 Wie aus den drei Urteilen abzuleiten ist, ist es trotz der klaren gesetzlichen Abgrenzungslinie schwierig, zwischen Dienst- und Werkvertrag zu differenzieren und die Rechtsnatur eines Vertrages zu bestimmen.105 Bei diesen Beispielurteilen erscheint jedoch widersprüchlich, dass die ständige Abrufbarkeit 98 99 100 101 102 103 104 105

BGH, Urteil vom 4. 3. 2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449. Förster, ZGS 2010, 460, 460. BGH, Urteil vom 4. 3. 2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449, 1451. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 11. 2005 – 15 U 117/04, NJW-RR 2006, 1074. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 11. 2005 – 15 U 117/04, NJW-RR 2006, 1074, 1074. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 11. 2005 – 15 U 117/04, NJW-RR 2006, 1074, 1075. Drescher, EWiR 2007, 165, 166. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 22ff.

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der Homepage im zweiten Fall dafür entscheidend ist, den Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren, während die Herstellung der Beratungsunterlagen und des Beratungsberichts im ersten und dritten Fall nicht maßgeblich sein sollen, obwohl das Erfolgselement auch in diesen Fällen dem des zweiten Falles entspricht. Des Weiteren ist fragwürdig, warum die Bemühung der Schuldnerin um die dauernde Abrufbarkeit der Homepage im zweiten Fall nicht als Dienst höherer Art beurteilt wurde, wie die Beratung im dritten Fall. Entscheidend ist, insoweit besteht Einigkeit, der dem Vertrag zugrundeliegende jeweilige Wille der Vertragsparteien; was der Schuldner aufgrund des Vertrages zugestanden hat106 und was der Gläubiger dementsprechend mithilfe des Vertrages erlangen wollte.107 Danach richtet sich die Höhe der Vergütung. Daher ist die Vertragsauslegung maßgeblich, um den vereinbarten Inhalt des Schuldverhältnisses zu bestimmen. Beispielsweise warnt ein Telekommunikationsunternehmen, dass die ständige Abrufbarkeit der Telekommunikation beim Handy gegebenenfalls z. B. im Berg- oder Waldgebiet gestört werden könne.108 In diesem Fall müsste der Vertrag nicht als Werkvertrag, sondern als Dienstvertrag zu qualifizieren sein. Das Unternehmen will das Ausfallsrisiko des Mobilfunkanschlusses nicht übernehmen, sondern will nur seine Bemühungen zur Herstellung ständiger Abrufbarkeit versprechen. Diese Absicht ist auch aus den Auskünften über das Dienstleistungsgebiet in den allgemeinen Geschäftsbedingungen erkennbar.109 Folgerichtig würde auch die ständige Abrufbarkeit der Website im zweiten 106 »Demgegenüber liegt nach dieser Rechtsprechung – bezogen auf das Vertragswerk als ganzes – ein Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter nur ausnahmsweise vor bei Einzelaufträgen, die auf eine einmalige, in sich abgeschlossene Leistung gerichtet sind (etwa auf Anfertigung bestimmter Bilanzen, ein bestimmtes Gutachten oder eine Rechtsauskunft), weil der Steuerberater unter diesen Umständen im Allgemeinen das Risiko hinreichend abschätzen könne, um für einen bestimmten Erfolg seiner Tätigkeit als Werkleistung einzustehen.« BGH, Urteil vom 7. 3. 2002 – III ZR 12/01, NJW 2002, 1571, 1572. 107 »Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien maßgebend. Es kommt darauf an, ob eine Dienstleistung als solche oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg geschuldet wird.« BGH, Versäumnisurteil vom 6. 6. 2013 – VII ZR 355/12, ZfBR 2013, 657, 657. 108 Beispielsweise informiert ein Telekommunikationsunternehmen die Kunden über das Gebiet, in dem die Verbindung möglich ist. Online abrufbar unter http://vzwmap.verizonwireless.com/ dotcom/coveragelocator/default.aspx?requestfrom=webagent (Letzter Besuch am 2. 11.2016). 109 Bezüglich der Netzwerkdienstleistungen schreibt ein Mobilfunkanbieter in Deutschland in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich vor, dass die versprochenen Mobilfunkleistungen räumlich auf den Bereich beschränkt werden, auf den die Mobilfunkstationen eingestellt sind. Die Abrufbarkeit des Mobilnetzes ist jedoch auch in diesem Gebiet nicht in vollem Umfang zu gewährleisten. Nach Art. 2.2. seiner AGB ist der Anbieter verpflichtet, die zumutbaren Bemühungen zu unternehmen, um Beeinträchtigungen der Leistungsqualität aufzuheben. Online abrufbar unter http://static2.o2.de/blob/10455622/ v=10/Binary/agb-leistungsbeschreibung.pdf (Letzter Besuch am 2. 11. 2016).

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

Urteil keine wichtige Rolle zur Qualifizierung des Vertrages spielen, wenn das Hosting der Website als eine Marketingstrategie vonseiten der Schuldnerin verstanden würde und der Vertragszweck des Gläubigers in einem Umsatzzuwachs läge. Dann wollte der Gläubiger der Schuldnerin das Marketing auftragen und der Aufbau der Website würde vonseiten der Schuldnerin nach ihrem Ermessen vorgeschlagen. Die Leistung der Schuldnerin wäre als Dienst höherer Art zu bewerten. Beim zweiten Urteil ist das aber nicht der Fall.

2.

Dienst-, Werkvertrag und Auftrag: Trichotomie im KBGB

Im KBGB ist zur Differenzierung zwischen den Tätigkeitsverträgen eine trichotomische Abgrenzung vorgesehen,110 die durch eine Unterteilung zwischen Dienst, Erfolg und entgeltlichem Auftrag erfolgt. Nach § 655 KBGB wird der Dienstvertrag geschlossen, wenn sich ein Teil verpflichtet, seine Dienste zu leisten, und der andere zusagt, diese zu vergüten. Der Werkvertrag wird nach § 664 KBGB durch eine Vereinbarung begründet, in der ein Teil verspricht, ein Werk herzustellen, und der andere zusagt, für den herbeigeführten Erfolg des Werkes die Vergütung zu entrichten.111 Ein Auftrag nach § 680 KBGB kommt zustande, wenn ein Teil den anderen beauftragt, ein Geschäft zu besorgen, und der andere in die Geschäftsführung einwilligt.112 Bezüglich der Entgeltlichkeit des Auftrages schreibt das KBGB in § 686 Abs. 1 KBGB vor, dass der Beauftragte die Vergütung nicht vom Auftraggeber verlan110 Das Koreanische Bürgerliche Gesetzbuch (KBGB) wurde im Jahr 1958 verabschiedet und trat am 1. Januar 1960 in Kraft. Anfänglich war das koreanische Zivilgesetzbuch (KZGB) nur teilweise vom deutschen BGB geprägt. Denn infolge der Annexion Koreas durch Japan wurde im Jahr 1912 das japanische Zivilgesetzbuch, das einerseits von dem ersten Entwurf des deutschen BGB, andererseits von dem französischen Code civil beeinflusst ist, in Korea zwangsweise eingeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Annäherung des KZGB an das BGB beschleunigt, indem die Bestimmungen, die auf den französischen Code civil zurückgehen, durch die Bestimmungen des BGB ersetzt wurden. Die Änderungen hatten zum Ziel, rechtssystematische Unstimmigkeiten zu beseitigen. Daher ähnelt das gesamte Gefüge des KBGB dem des BGB. Das KBGB besteht aus fünf Büchern; dem allgemeinen Teil (Buch I), dem Sachenrecht (Buch II), dem Schuldrecht (Buch III), dem Familienrecht (Buch IV) und dem Erbrecht (Buch V). Zur ausführlichen Erläuterung des KBGB s. Byung Jun Lee, Zivilrecht, in: Korea Legislation Research Institute (Hrsg.), Einführung in das koreanische Recht (2010), S. 79ff. 111 § 664 KBGB: »[Wesen des Werkvertrages] Ein Werkvertrag kommt zustande, wenn sich beide Teile darüber einig sind, daß der eine zur Herstellung eines bestimmten Werkes, der andere zur Entrichtung der Vergütung für den herbeigeführten Erfolg verpflichtet wird.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 140. 112 § 680 KBGB: »[Wesen des Auftrages] Ein Auftrag entsteht, wenn der eine Teil den anderen mit der Besorgung eines Geschäfts beauftragt und dieser durch Erklärung ihm gegenüber die Geschäftsführung annimmt.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 143.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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gen kann, soweit die beiden nichts anderes vereinbart haben.113 Nach dem Gesetzestext des § 686 Abs. 1 KBGB ist der Auftrag im Prinzip als unentgeltlich anzusehen, weil die Entgeltverpflichtung einer besonderen Vereinbarung bedarf. Nach §§ 686 Abs. 2 und Abs. 3 KBGB ist es aber umgekehrt. §§ 686 Abs. 2 und Abs. 3 KBGB gehen davon aus, dass eine Entgeltvereinbarung getroffen ist.114 Aufgrund der Verkehrssitte gilt die Vergütung als stillschweigend vereinbart.115 Die Unentgeltlichkeit des Auftrages muss bewiesen werden.116 Infolge der Grundannahme der Entgeltlichkeit des Auftrages löst die Trichotomie im KBGB andere Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Vertragseinordnung aus, als dies im BGB der Fall ist. Denn Dienstvertrag und Auftrag können nicht wie im BGB mithilfe der Entgeltvereinbarung voneinander unterschieden werden.117 Neben dem Dienstvertrag kann auch der Auftrag im KBGB ein entgeltliches Schuldverhältnis begründen. Somit ist die Abgrenzung von Dienstvertrag und Auftrag unentbehrlich. Um diese Schwierigkeit der Vertragseinordnung zu beseitigen, wendet die herrschende Lehre in Korea eine nicht unumstrittene Abgrenzungslinie an. Das Dienstvertragsrecht sei beim abhängigen Arbeitsvertrag anzuwenden,118 während alle anderen Leistungen, die nach § 681 KBGB erhöhte Sorgfaltspflichten erfordern (Dienste höherer Art),119 als Auftrag zu erfassen seien.120 Diese Trennung ist im Gesetz so allerdings nicht verankert. Nach dieser Auffassung verlieren die Vorschriften des Dienstvertrages im KBGB ihre selbstständige Bedeutung,121 weil das Arbeitsstandardgesetz in Korea122 auf alle Arbeitsverhältnisse unmittelbar oder ent-

113 § 686 KBGB: »[Anspruch auf Vergütung] (1) Der Beauftragte kann keine Vergütung vom Auftraggeber fordern, soweit nichts besonderes vereinbart ist. (2) Der Beauftragte kann eine Vergütung nicht vor Beendigung der Geschäftsbesorgung fordern, auch wenn eine Vergütung bestimmt ist. Ist eine Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so kann er teilweise Vergütung nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte verlangen. (3) Erlischt der Auftrag während der Geschäftsführung durch Eintritt eines Grundes, der den Zweck des Vertrages erfüllt, so kann der Beauftragte die verhältnismäßige Vergütung zur erfolgten Ausführung des Auftrages vom Auftraggeber verlangen, soweit er den Eintritt eines solchen Grundes nicht zu vertreten hat.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 144f. 114 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 670f. 115 Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Besonderer Teil (2000), S. 332. 116 Beispielsweise in einem Anwaltsvertrag s. KOGH, Urteil vom 12. 11. 1993, 93 Da 36882. 117 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 554f. 118 S. Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Besonderer Teil (2000), S. 286ff. 119 § 681 KBGB: »[Sorgfaltspflichten des Beauftragten] Der Beauftragte ist verpflichtet, das ihm übertragene Geschäft im Sinne des Auftrages mit gleicher Sorgfalt zu besorgen wie ein guter Verwalter.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 144. 120 S. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 562f. 121 Zu einer Ausnahme vgl. KOGH, Urteil vom 14. 3. 2008, 2007 Da 1418. 122 Arbeitsstandardgesetz vom 2. 8. 2012, Gesetz 11270 Ho.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

sprechend angewendet wird.123 Diese Ansicht erlaubt eine klare Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag im KBGB, weil jeder Dienstvertrag letztlich ein Arbeitsvertrag wäre. Im Gegensatz dazu versucht eine andere Auffassung das Arbeitsverhältnis vom Dienstverhältnis im KBGB anhand der Abhängigkeit der Leistung zu unterscheiden.124 Diese Ansicht versucht, außerhalb des Arbeitsrechts eine selbstständige Bedeutung der Vorschriften des Dienstvertrages im KBGB wiederherzustellen. In diesem Fall kommt jedoch eine weitere Abgrenzungsschwierigkeit zwischen Dienstvertrag, Arbeitsvertrag und Auftrag hinzu, weil die unabhängigen Dienste in Bezug auf den Dienstvertrag, die abhängigen Arbeiten in Bezug auf den Arbeitsvertrag und die Dienste höherer Art in Bezug auf den Auftrag voneinander unterschieden werden müssen. Besonders schwierig ist bei diesem Ansatz die Trennung zwischen unabhängigen Diensten beim Dienstvertrag und Diensten höherer Art beim Auftrag.125 Freilich können die Vorschriften des Dienstvertrages im KBGB dadurch ihren selbstständigen Anwendungsbereich erhalten, weil die unabhängigen Dienste, auf die kein Arbeitsrecht anzuwenden ist, und die abhängigen Arbeiten mit Hilfe dieser Ansicht getrennt werden. Nach dieser Ansicht tritt jedoch dieselbe Abgrenzungsproblematik zwischen Dienst- und Werkvertrag wie beim BGB wieder auf, weil das arbeitsrechtliche Merkmal vom Dienstvertrag letztlich beseitigt wird. 3.

Ein praktischer Unterscheidungsvorschlag im DCFR

Anders als das BGB und KBGB versucht der DCFR126 eine pragmatische Lösung zu finden, um die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Dienst- und Werkvertrag zu umgehen. Der DCFR verzichtet auf die Unterscheidung zwischen den beiden Vertragstypen und fokussiert sich auf Einzelverträge beim Dienstleistungsvertrag.127 Obwohl das gesamte systematische Gefüge des DCFR im Ver123 Nach § 11 Abs. 1 Arbeitsstandardgesetz wird das Arbeitsstandardgesetz auf solche Betriebe angewendet, in denen ständig über 5 Arbeitnehmer arbeiten. Nach § 11 Abs. 2 Arbeitsstandardgesetz wird das Gesetz des Weiteren auf die Betriebe nach Maßgabe der Verordnung entsprechend angewendet, in denen ständig sowie in Teilzeit unter 5 Arbeitnehmer arbeiten. S. KOGH, Urteil vom 14. 4. 1987, 87 Do 153; KOGH, Urteil vom 14. 3. 1995, 93 Da 42238; KOGH, Urteil vom 14. 3. 2000, 99 Do 1243. 124 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 562f. Dagegen Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Besonderer Teil (2000), S. 287f. 125 S. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 563, 669ff. 126 Das Ziel des DCFR liegt darin, ein mögliches Modell eines praktischen und politischen gemeinsamen Referenzrahmens (Common Frame of Reference, CFR) zu erschaffen. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 3f. 127 Die Vorschriften über die Dienstleistungsverträge (Service contract) sind im 4. Buch geregelt. In dem 4. Buch werden Sale (Artt. IV.A. – 1:101ff.), Lease of goods (Artt. IV.B. – 1:101ff.), Service (Artt. IV.C. – 1:101ff.), Mandate contracts (Artt. IV.D. – 1:101ff.), Com-

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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gleich zum BGB und KBGB ähnlich strukturiert ist,128 ist der DCFR im Rahmen des Dienstleistungsvertrages an die PEL SC (Principles of European Law – Service Contracts) angelehnt. DCFR und PEL SC sind nicht identisch, stimmen aber insofern überein, als dass in beiden die Dichotomie »Dienste oder Erfolg« aufgegeben wird. Vielmehr sind die Verträge über Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie als Dienstvertrag oder Werkvertrag einzuordnen sind, in die sechs derzeit wichtigsten Vertragstypen aufgeteilt.129 Unter diese sechs Vertragstypen fallen der Herstellungs- (Construction), Bearbeitungs- (Processing), Verwahrungs- (Storage), Entwurfs- (Design), Informations- und Beratungs- (Information and advice)130 sowie der Behandlungsvertrag (Treatment).131 Eine Rechtsvergleichung zeigt, dass keine in Europa geltende Kodifikation die »Dienste oder Erfolg« Dichotomie entsprechend dem DCFR und den PEL SC abgeschafft hat.132 Jedoch ist das Konzept des DCFR, das den Dienst- und Werkvertrag unter den gleichen Vertragstypen Service contracts fasst, nicht völlig neu.133 Dieser Weg wurde schon im Römischen Recht eingeschlagen und fand in der römischen Zeit Anwendung.134 Nach dem Römischen Recht fielen Sachmiete (locatio conductio rei) und Dienstmiete (locatio conductio operarum, locatio conductio operis) unter die locatio conductio. Die Dienstmiete bestand aus Dienst- (locatio conductio operarum) und Werkvertrag (locatio conductio

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mercial agency, franchise and distributorship (Artt. IV.E. – 1:101ff.), Loan contracts (Artt. IV.F. – 1:101ff.), Personal security (Artt. IV.G. – 1:101ff.) und Donation (Artt. IV.H. – 1:101ff.) behandelt. Der DCFR besteht aus zehn Büchern. Darunter fallen der Allgemeine Teil (Book I und Book II), das allgemeine Schuldrecht (Book III), das besondere vertragliche Schuldrecht (Book IV), das besondere Schuldrecht wie die Geschäftsführung ohne Auftrag (Book V), die unerlaubten Handlungen (Book VI) und die ungerechtfertigte Bereicherung (Book VII). Daneben regelt der DCFR auch die Bestimmungen über den Eigentumserwerb sowie -verlust der beweglichen Sachen (Book VIII) und die Realsicherheiten an ihnen (Book IX). Schließlich behandelt der DCFR das Trust law im 10. Buch (Book X). Armgardt, NZBau 2009, 12, 12. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1597f. Anders als der DCFR (Information and advice) spricht Kapitel 6 der PEL SC nur von »Information«. S. Barendrecht/Jansen/Loos/Pinna/Casc¼o/van Gulijk, Service Contracts (PEL SC) (2007), S. 687ff. Unter dem Titel »Services« gliedert sich der DCFR in die allgemeinen Bestimmungen (General provisions nach Artt. IV.C. – 1:101ff. DCFR und Rules applying to service contracts in general nach Artt. IV.C. – 2:101ff. DCFR), die Herstellung (Artt. IV.C. – 3:101ff.), Bearbeitung (Artt. IV.C. – 4:101ff.), Verwahrung (Artt. IV.C. – 5:101ff.), der Entwurf (Artt. IV.C. – 6:101ff.), die Informationen und Beratung (Artt. IV.C. – 7:101ff.) und die Behandlung (Artt. IV.C. – 8:101ff.). S. Schulze/Zimmermann, Europäisches Privatrecht (5. Aufl. 2016), S. 729ff. Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 531. Armgardt, NZBau 2009, 12, 13. Eingehend dazu s. u. Erster Teil § 1 II 1.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

operis).135 Konzeptionell existierte weder zwischen Sach- und Dienstmiete noch zwischen Dienst- und Werkvertrag im Hinblick auf die vertragliche Grundlage eine grundlegende Unterscheidung. Daneben ist im DCFR der Auftrag vorgesehen, der sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich vereinbart werden kann.136 Auffällig ist, dass die Bestimmungen des Auftrages im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung nur auf das Innenverhältnis angewendet werden.137 Daher ist der Auftrag als »Bevollmächtigungsvertrag«, der dem Beauftragten die abstrakte Vertretungsmacht verleiht, konzipiert.138 Obwohl im kumulativen Fall von Auftrags- und Dienstleistungsvertrag gemäß Art. IV.D. – 1:101 (5) DCFR das Auftragsecht vorrangig Anwendung findet,139 hat die Vorschrift hinsichtlich eines Dienstleistungsvertrages wenig Bedeutung, weil der Anwendungsbereich des Auftrags nach Art. IV.D. – 1:101 (1) DCFR auf drei Fallgruppen, nämlich (a) die unmittelbare und (b) die mittelbare Stellvertretung sowie (c) Maklertätigkeiten und Ähnliche, beschränkt ist.140 Folglich betrifft der Auftrag im DCFR die Dienstleistung zur Stellvertretung, sowie die Verhandlung und Vermittlung eines Vertragsschlusses oder Rechtsgeschäfts.141 Außerdem findet sich im DCFR nicht das Abgrenzungskriterium »Dienste höherer Art«.142 Die Bestimmungen über Dienstleistungen werden nach Art. IV.C. – 1:101 (1) DCFR für den Vertrag angewendet, in dem ein Teil (Service provider) dem anderen (Client) eine Serviceleistung gegen Entgelt verspricht. Dies findet auch auf den Vertrag entsprechend Anwendung, in dem ein Teil dem anderen die Leistung des Service unentgeltlich verspricht.143 Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Anwendung der Vorschriften über die Dienstleistungen bei einigen besonderen Verträgen, wie dem Transport- und Versicherungsvertrag sowie dem Vertrag über Sicherheits- und Finanzleistungen.144 Außerdem umfasst der DCFR

135 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 8; Honsell, Römisches Recht (8. Aufl. 2015), § 48, S. 139f. 136 Art. IV.D. – 1:101 (3) DCFR. 137 Art. IV.D. – 1:101 (4) DCFR: »It applies only to the internal relationship between the principal and the agent (the mandate relationship). It does not apply to the relationship between the principal and the third party or the relationship (if any) between the agent and the third party.« Kritisch dazu s. Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 542f. 138 Zum Außenverhältnis s. Buch II, Kapitel 6 von DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 3 (2009), S. 2028. 139 Art. IV.C. – 1:103 DCFR. 140 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 3 (2009), S. 2026. 141 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 3 (2009), S. 2026f. 142 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1597f. 143 Art. IV.C. – 1:101 DCFR. 144 Art. IV.C. – 1:102 DCFR: »Exclusions, This Part does not apply to contracts in so far as they

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

35

keine arbeitsrechtlichen Bestimmungen,145 womit die sozialrechtlichen Änderungen des privatrechtlichen Grundprinzips im Hinblick auf die Minderungsproblematik des Dienstvertrages ausgeblendet sind. Allerdings beachtet der DCFR soziale Gesichtspunkte wie die Korrektur des Marktversagens, social justice und den Schutz einer schwachen Vertragspartei, deren Reichweite bei der Auslegung eines Gesetzes bzw. Vertrages jedenfalls umstritten ist.146 Der DCFR geht ausdrücklich nicht nur von gleich mächtigen Vertragsparteien aus.147

II.

Entstehungsgeschichte des Dienst- und Werkvertrages

Obgleich sowohl im BGB als auch im KBGB der Dienstvertrag neben dem Werkvertrag gesetzlich vorgesehen ist, besteht keine einheitliche Lösung zur Beseitigung der Abgrenzungsschwierigkeiten.148 Bei Schaffung des BGB wurde sie sogar als »ein erheblicher, aber nicht zu beseitigender Übelstand« bezeichnet.149 Vielmehr erfolgt die Abgrenzung des Dienstvertrages vom Werkvertrag in der Regel nicht anhand der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, sondern durch Konvention.150 Dies verursacht jedoch logische Diskrepanzen. Denn die konventionelle Annahme, dass die ärztliche Behandlung immer dienstvertraglich sein müsse, weil der Behandlungsvertrag keinen bestimmten Erfolg im menschlichen Organ garantieren könne,151 gerät in Widerspruch zum gesetzlichen Tatbestand. Denn auf tatbestandlicher Ebene kann sich der Arzt vertraglich zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges verpflichten,152 obwohl in den meisten Fällen nach § 630b BGB auf das Behandlungsverhältnis die Vorschriften

145 146

147 148 149 150 151 152

are for transport, insurance, the provision of a security or the supply of a financial product or a financial service.« Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 531. Ausdrücklich werden im DCFR folgende fünfzehn Aspekte genannt: (1) Gerechtigkeit, (2) Freiheit, (3) Schutz der Menschenrechte, (4) ökonomische Wohlfahrt, (5) Solidarität und soziale Verantwortung, (6) Schaffung des Freiheits-, Sicherheits- und Gerechtigkeitsraums, (7) Förderung des Binnenmarkts, (8) Verbraucherschutz und Schutz der anderen Schutzbedürftigen, (9) Bewahrung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, (10) Rationalität, (11) Rechtssicherheit, (12) Vorhersehbarkeit, (13) Effizienz, (14) vernünftiger Vertrauensschutz, (15) Verteilung der Verantwortlichkeit für die Risikoschaffung. S. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 5. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 5. Beispielsweise s. BGH, Urteil vom 16. 7. 2002 – X ZR 27/01, LMK 2003, 59; BGH, Urteil vom 7. 3. 2002 – III ZR 12/01, NJW 2002, 1571; Roth, JZ 2001, 543, 546. S. Motive II, S. 472; Mugdan II, S. 263. Staudinger/Peters/Jacoby (2014), Vorbemerkungen zu §§ 631ff. Rn. 28. Dazu ausführlich s. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 252f. S. auch BGH, Urteil vom 9. 12. 1974 – VII ZR 182/73, NJW 1975, 305. Dagegen s. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 252f.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

über das Dienstverhältnis anzuwenden sind.153 In der Praxis ist außerdem davon auszugehen, dass die Zielbeschreibung bei einem Vertrag die Annahme des Werkvertrages impliziert.154 Bei einem Dienstvertrag könnte aber auch ein vom Dienstberechtigten erhoffter wirtschaftlicher Erfolg geschildert werden.155 Maßgeblich ist immer der jeweilige Wille der Parteien, für den Erfolg durch den Vertrag einzustehen und einstehen zu lassen. Obwohl der im Vertrag deutlich ausgedrückte Einstandswille zur Abgrenzung entscheidend ist,156 besteht das Bedürfnis, einen Blick auf die Entwicklungsgeschichte der Dichotomie des Dienst- und Werkvertrages zu werfen. Dadurch können die im BGB geprägten gesetzgeberischen Leitbilder des Dienst- und Werkvertrages verdeutlicht werden. Dies ist bedeutsam für die Auslegung der Willenserklärung, die zur Konkretisierung des Leistungsinhalts beiträgt.157 Die kurze Einsicht in die Entstehungsgeschichte der Dienst- und Werkvertrag Dichotomie verdeutlicht jedoch, dass je nach historischem Kontext unterschiedliche Konventionen herrschten. Vom Römischen Recht bis zum Gemeinen Recht vor 1900 war das Abgrenzungsproblem von Dienst- und Werkvertrag nicht maßgeblich, weil der Werkvertrag nicht von besonderer sozialer Bedeutung war. Beim Entwurf des BGB wurde nicht das Abgrenzungsproblem diskutiert, sondern, ob die selbstständigen (liberalen) Dienste auch im Dienstvertrag zusammengefasst werden sollten. Die Schwierigkeit der tatbestandlichen Unterscheidung zwischen Dienst- und Werkvertrag trat erst nach Entstehung des BGB auf, weil der Werkvertrag wirtschaftlich große Bedeutung gewann und sich der Anwendungsbereich der selbstständigen Dienstleistungen ausdehnte.158 1.

Römisches Recht

Unter den Begriff der locatio conductio fielen im Römischen Recht sowohl die Sachmiete (locatio conductio rei: Miete und Pacht), als auch die Dienstmiete (locatio conductio operarum: Dienstvertrag, locatio conductio operis: Werkvertrag).159 Diese wurden im Römischen Recht auch gleichbehandelt.160 Bei der locatio conductio stellte der locator etwas zur Verfügung, der conductor nahm 153 MünchKomm/Wagner (7. Aufl. 2016), BGB § 630b Rn. 1 f.; Jauernig/Mansel (16. Aufl. 2015), BGB § 630b Rn. 1. 154 Oechsler, LMK 2003, 59. 155 Staudinger/Peters/Jacoby (2014), Vorbemerkungen zu §§ 631ff. Rn. 26. 156 Oechsler, LMK 2003, 59, 60. 157 Hierzu eingehend s. u. Zweiter Teil § 2 II. 158 Staudinger/Peters/Jacoby (2014), Vorbemerkungen zu §§ 631ff. Rn. 9 f. 159 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 1; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 8. 160 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 8.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

37

sich das »Hingestellte« mit.161 Beim Dienstvertrag bot also der locator (Dienstverpflichtete) seine Dienste an und der conductor (Dienstherr) konnte über die angebotenen Dienste verfügen. Beim Werkvertrag räumte der locator (Werkbesteller) die Verfügungsmacht über seine Gegenstände ein. Dem conductor (Werkunternehmer) standen eben diese Gegenstände zur Verfügung, um den vereinbarten Erfolg zu erreichen.162 Trotz der ähnlichen Konstellation von locatio conductio operarum (Dienstvertrag) und locatio conductio operis (Werkvertrag) unterlag der Schuldner verschiedenen Leistungspflichten.163 Bei der locatio conductio operarum war der Schuldner zur Erbringung der ordnungsgemäßen Dienste verpflichtet, hingegen musste der Schuldner bei der locatio conductio operis einen bestimmten Erfolg herbeiführen. Folglich wurde die Pflichtverletzung beim Dienstvertrag danach beurteilt, ob der Dienstverpflichtete die ordnungsgemäße Dienstleistung gewährt hatte.164 Beim Werkvertrag kam es darauf an, ob der vereinbarte Erfolg eingetreten war.165 Dieses Konzept der Unterscheidung der Pflichtverletzung ist die klassische Abgrenzungslinie, die bis heute gilt.166 Trotzdem kann diese Abgrenzungslinie nicht unmittelbar auf die heutige gesetzliche Situation übertragen werden, weil der locatio conductio operarum von Anfang an ein Modell der Sklavenmiete war (artes illiberales).167 Er bezieht sich nicht auf den heutigen Dienstvertrag. Als ein Vertrag für die Tätigkeitsschuld der freien Männer kam dem Dienstvertrag keine wesentliche Bedeutung zu.168 Vielmehr sind die artes liberales, wie Arzt- und Rechtsanwaltsverträge, die nach heutiger Ansicht bedeutsam sind, in mandatum einzuordnen, wonach der Schuldner seine Dienste nicht gegen Entgelt, sondern gegen honorarium zu erfüllen hat.169 Anders als bei Sklaven wurde angenommen, dass freie Männer nicht der Weisung eines anderen zu unterwerfen seien. Die Dienstleistungen freier Männer würden nicht gegen Entgelt versprochen.170 Deswegen dürfe der 161 Hähnchen, Die Abgrenzung der aus locatio conductio resultierenden Klagen von anderen Aktionen, in: Santos/Baldus/Dedek (Hrsg.), Vertragstypen in Europa (2011), S. 77. 162 Förster, ZGS 2010, 460, 461; Hähnchen, Die Abgrenzung der aus locatio conductio resultierenden Klagen von anderen Aktionen, in: Santos/Baldus/Dedek (Hrsg.), Vertragstypen in Europa (2011), S. 77; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht (20. Aufl. 2014), § 42 Rn. 4. S. auch Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 215. 163 Förster, ZGS 2010, 460, 461. 164 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht (20. Aufl. 2014), § 42 Rn. 23. 165 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht (20. Aufl. 2014), § 42 Rn. 26. 166 Förster, ZGS 2010, 460, 461. 167 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 8. 168 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 13. 169 Förster, ZGS 2010, 460, 461. 170 In späterer römischer Zeit war jedoch die Entgeltlichkeit des Auftrages teilweise erlaubt. S. Kaser, Das Römische Privatrecht (1975), § 266 I 2 b und c, S. 402f.

38

Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

freie Mann nur gegen honorarium seine Dienste zur Verfügung stellen.171 Somit werde der Dienstvertrag für abhängige niedere sklavische Dienste vom Werkvertrag für selbstständige handwerkliche den Erfolg bestimmte Tätigkeit und vom Auftrag für höhere unentgeltliche Dienste abgegrenzt.172

2.

Gemeines Recht vor 1900

Obwohl die Abgrenzungslinie aus dem römischen Recht weiterhin allgemein angewendet wurde, war die Klassifizierung der einzelnen Vertragstypen im gemeinen Recht nicht klar.173 Grund dafür war, dass sich die sozialen Leitbilder im Laufe der Zeit erheblich gewandelt hatten. Außerdem waren diese wegen unterschiedlicher Anschauungen weniger einheitlich. Das römische Kriterium zur Unterscheidung zwischen Tätigkeitsschulden wurde nicht in alle Gesetze übernommen.174 Der Auftrag war nicht mehr als ein unentgeltlicher Vertrag anzusehen.175 Daher erfolgte die Zuordnung der Verträge über Tätigkeitsschulden nicht nach den sozialen Leitbildern, sondern nach den ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen.176 Somit verlor der Werkvertrag seine eigenständige nominelle Bedeutsamkeit nicht vollständig,177 obwohl er in der Zeit des gemeinen Rechts kaum von selbstständiger sozialer Bedeutung war.178 Die wesentliche Individualisierung des Werkvertrages erfolgte erst, nachdem der eigenständige Unternehmer mit der handwerklichen Herstellung materieller Werke begonnen hatte.179 Ein Beispiel gesetzgeberischer Regelung im gemeinen Recht vor 1900 war das Preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794.180 In dem Preußischen Allgemeinen Landrecht wurden die verschiedenen Verträge, nämlich Verträge zwischen Herrschaft und Gesinde nach § 894 ALR, Verträge mit gedungenen Handarbeitern und Tagelöhnern nach §§ 895ff. ALR, Verträge mit Handwerkern und Künstlern nach §§ 920ff. ALR, Verträge über ein verdungenes Werk nach §§ 925ff. ALR, Lieferungsverträge nach §§ 981ff. ALR, Prämien nach §§ 988ff. ALR und Verlagsverträge nach §§ 996ff. ALR, zusammengefasst. Der Werkver171 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 11. 172 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 14. 173 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 14f. 174 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 2 (6. Aufl. 1887), § 401. 175 v. Wächter, Pandekten, Band II (1881), § 209, S. 478. 176 Förster, Preußisches Privatrecht, Band II (6. Aufl. 1892), § 138 II. 177 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 15. 178 S. Staudinger/Peters/Jacoby (2014), Vorbemerkungen zu § 631ff. Rn. 2, 9f. 179 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 14ff. 180 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (01. 06. 1794), Erster Theil. Online abrufbar unter http://opinioiuris.de/quelle/1622 (Letzter Besuch am 2. 11. 2016).

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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trag wurde nach §§ 869ff. ALR als Handlungsvertrag eingeordnet. Dadurch wurde das soziale Leitbild des Werkvertrages weniger eindeutig.181 Auch im Österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) von 1811182 galt der Vertrag über Dienstleistungen nach §§ 1151ff. ABGB nach allgemeiner Auffassung als »Grundtyp«.183 Anders als das Preußische Allgemeine Landrecht und das Österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch wurde im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Bayern (BayE) von 1861184 zwischen Dienstvertrag und Werkverdingung deutlich differenziert.185 Die Unterscheidung erfolgte durch das römische Kriterium »Dienste oder Erfolg«.186 Bei der höheren Arbeit fanden die Vorschriften über Dienstverdingung Anwendung,187 wonach die operae liberales und die operae illiberales tatsächlich in einen Vertragstypen zusammengefasst wurden, obwohl die Arbeit höherer Art eigentlich kein Gegenstand der Dienstverdingung war.188 Neben dem bayerischen Entwurf nahm auch der Dresdener Entwurf (Entwurf eines für die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes über Schuldverhältnis, DresdE)189 von 1866 die Dienst- und Werkvertrag Dichotomie an.190 In dem Entwurf umfasste der Begriff der »Dienstleistung« Tätigkeiten,191 die sowohl eine bloße körperliche Kraftanwendung als auch eine besondere Sachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung erforderten.192 Hingegen verpflichtete die »Werkleistung« zur Ausführung von Sachwerken.193 Jedoch waren die dienstvertragsrechtlichen Vorschriften gegenüber den be181 Dernburg, Das Obligationenrecht Preußens und des Reichs und Urheberrecht (4. Aufl. 1889), § 199. 182 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die deutschen Erbländer – der oesterreichischen Monarchie – I. Theil. Online abrufbar unter http://www.literature.at/viewer.alo?objid=11 585& page=1& viewmode=overview (Letzter Besuch am 2. 11. 2016). 183 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 9. 184 Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Bayern. Online abrufbar unter http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs3/object/display/bsb10372948_00003.html (Letzter Besuch am 2.11. 2016). 185 Vgl. Artikel 484 und Artikel 511 BayE. 186 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 16f. 187 S. Artikel 509 BayE. 188 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 17. 189 Entwurf eines für die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes über Schuldverhältnis. Online abrufbar unter https://books.google.de/books?id=vRFGAAAAcAAJ& print sec=frontcover& hl=de#v=onepage& q& f=false (Letzter Besuch am 2. 11. 2016). S. auch Hedemann, Der Dresdner Entwurf von 1866 (1935), S. 30ff. 190 Vgl. Artt. 614ff. und Artt. 634ff. DresdE. S. Förster, ZGS 2010, 460, 462. 191 Art. 614 DresdE. 192 Art. 615 DresdE. 193 Art. 634 DresdE.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

sonderen werkvertragsrechtlichen Vorschriften subsidiär.194 In diesem Sinne wurde nicht eindeutig zwischen Dienst- und Werkvertrag unterschieden. 3.

Entwurf des BGB

Im ersten Entwurf des BGB war die Dienst- und Werkvertrag Dichotomie ähnlich wie im heutigen BGB gefasst. Jedoch waren Dienst- und Werkvertrag anders als im heutigen BGB unter einem Titel »Dienstvertrag und Werkvertrag« geregelt.195 Trotz der Einordnung unter demselben Titel wurde der Dienstvertrag vom Werkvertrag jedoch unterschieden.196 Wie nach der heutigen herrschenden Meinung war im ersten Entwurf das Erfolgselement des Werkvertrages maßgebliches Merkmal, anhand dessen die Abgrenzung zum Dienstvertrag erfolgte.197 Im ersten Entwurf war zwar nach § 567 BGB-E I ein Werk körperlich, jedoch fanden aber die Vorschriften von § 567 BGB-E I bis § 578 BGB-E I auch auf den Vertrag über unkörperlichen Erfolg entsprechend Anwendung.198 Hingegen wurde beim Dienstvertrag die Tätigkeit als solche geschuldet.199 Weil im ersten Entwurf des BGB beim Werkvertrag der Erfolg geschuldet wurde,200 wurde die Vergütungsgefahr wie heute vom Eintritt des vereinbarten Erfolgs abhängig gemacht. Im Fokus der Diskussion beim ersten Entwurf stand allerdings vielmehr die Frage, ob die unselbstständigen und die selbstständigen Tätigkeiten im Dienst194 Art. 636 DresdE. 195 §§ 559ff. BGB-E I. 196 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 10. 197 § 567 BGB-E I: »Durch den Werkvertrag wird der Uebernehmer zur Herstellung des übernommenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der dafür vereinbarten Vergütung verpflichtet. Eine Vergütung ist als stillschweigend vereinbart anzusehen, wenn die Herstellung des Werkes nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.« 198 § 579 BGB-E I: »Auf den Vertrag, welcher nicht die Herstellung oder Veränderung einer Sache, sondern einen anderweiten durch Arbeitsleistung oder Dienstleistung zu bewirkenden Erfolg zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§. 567 bis 578 mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung: 1. bei Anwendung der Vorschriften des §. 571, des §. 573 Abs. 1, 2 und der §§. 576, 577 tritt an die Stelle der Abnahme, sofern diese nach den Umständen ausgeschlossen ist, die Vollendung der dem Uebernehmer obliegenden Leistungen; 2. bei Anwendung der Vorschriften des §. 571 Abs. 1, 2 ist die Verjährungsfrist in allen Fällen die sechsmonatige.« 199 § 559 BGB-E I: »Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher die Dienste zusagt (Dienstverpflichteter), verpflichtet, dem anderen Vertragschließenden (Dienstberechtigter) die vereinbarten Dienste zu leisten, der Dienstberechtigte verpflichtet, dem Dienstverpflichteten die vereinbarte Vergütung zu entrichten. Gegenstand des Vertrages können Dienste jeder Art sein. Eine Vergütung ist als stillschweigend vereinbart anzusehen, wenn die Dienstleistung nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.« 200 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), B. Rechtshistorische Entwicklung des Dienstvertragsrechts Rn. 10. S. auch Motive II, S. 470f.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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vertrag zusammengefasst werden sollten.201 Im ersten Entwurf wurde diese Unterscheidung zwischen operae illiberales und operae liberales abgeschafft, weil dies dem Gesetzgeber den sozialen Anschauungen202 und der rechtsvergleichenden Betrachtung203 nach als angemessen erschien. In diesem Sinne wich das Konzept des Dienstvertragsrechts im Entwurf von der römischen Dienstmiete ab. Kritisiert wurde jedoch, dass der Entwurf die leistungsinhaltlichen sowie in der Ebene der Rechtsfolge liegenden Unterschiede von operae illiberales und liberales außer Acht lasse und das besondere Schutzbedürfnis der abhängigen Arbeitnehmer vernachlässigt sei.204 Trotz dieser Bedenken wurde das Konzept des Entwurfs übernommen.205 Dadurch wurde der Weg eröffnet, einen Vertrag mit Freiberuflern als synallagmatisches Schuldverhältnis anzusehen und das Honorar als eine geschuldete Vergütung für die erbrachten höheren Dienste zu begreifen.206 Das besondere Schutzbedürfnis für Arbeitnehmer wurde durch einzelne besondere Vorschriften nachgeholt.207 Daher verbleibt die Notwendigkeit der Unterscheidung beider operae durch den Abhängigkeitsgrad, obwohl diese grundsätzlich gleichgesetzt sind.208

4.

Gesetzliche Unterscheidung im BGB

Die gesetzliche Unterscheidung zwischen Dienst- und Werkvertrag erfolgt im BGB mithilfe des im Vertrag zugesagten Erfolgsversprechens.209 Gemäß des beim Dienstvertrag entstehenden Synallagmas verpflichtet sich der Schuldner zur Leistung der vereinbarten Dienste, der Gläubiger hingegen zur Gewährung der

201 S. Mugdan II, S. 254. 202 »In neuerer Zeit scheint übrigens sowohl in Theorie als Praxis die Ansicht an Boden zu gewinnen, daß im Hinblicke auf die heutigen sozialen Anschauungen jene Unterscheidung des röm. Rechtes keine Beachtung mehr verdiene, vielmehr gemeinrechtlich auch solche Verträge, welche die entgeltliche Leistung von operae liberales zum Gegenstande haben, nach denselben Regeln wie die locatio conductio operarum zu beurtheilen seien (Entsch. d. R. G. in Civils. XVIII 36 S. 174ff.).« Motive II, S. 456. 203 »Dies ist nach dem Vorgange der meisten neueren Gesetzgebungswerke auch der Standpunkt des Entwurfes (vergl. österr. G. B. §§ 1151, 1163; sächs. G. B. § 1230; schweiz. Bd. Ges. Art. 338, 348; bayr. Entw. Art. 484, 486, 509, dresd. Entw. Art. 615; abweichend hsss. Entw. Art. 208, 209; wegen des preuß. Rechtes vergl. A. L. R. I, 11 §§ 894 bis 924, wegen des franz. Rechtes code civil Art. 1708, 1710, 1711, 1779).« Motive II, S. 456. 204 S. Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1 (1902), S. 20. 205 Zu weiteren Bedenken über die Herabwürdigung der freien Berufe s. Protokolle II, S. 277. 206 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 2. 207 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 19. 208 Jauernig/Mansel (15. Aufl. 2014), Vorbemerkungen zu §§ 611ff. Rn. 2 f., 29ff.; Weber, Die Unterscheidung von Dienstvertrag und Werkvertrag (1977), S. 84ff. 209 Greiner, AcP 211 (2011), 221, 222.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

geschuldeten Vergütung.210 Im Gegensatz dazu verpflichtet sich der Schuldner beim Werkvertrag zur Herstellung oder Veränderung des Werkes bzw. der Sache sowie zur Herbeiführung des Erfolges, der Besteller schuldet wiederum die Entrichtung der Vergütung.211 Die Leistung des Unternehmers beschränkt sich nicht nur auf körperliche Werke, sondern umfasst auch unkörperliche.212 Auch die Dienste höherer Art sind auf einen Erfolg ausgerichtet. Es entsteht eine Konkurrenzsituation zwischen Werkvertrag und erfolgsbezogenem selbstständigen Dienstvertrag, weil sich beide auf dieselben erfolgsorientierten Tätigkeiten des selbstständig Verpflichteten beziehen.213 Einziges Abgrenzungskriterium ist hier das Erfolgsversprechen. Außer einem solchem Versprechen besteht im BGB im Rahmen des Leistungsinhalts kein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Vertragstypen.214 Die Abgrenzungsproblematik zwischen Dienst- und Werkvertrag wurde mit Bezug auf das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz erneut diskutiert.215 Dennoch änderte sich die Rechtslage nicht grundsätzlich,216 obwohl die Betriebsrisikolehre in § 615 S. 3 BGB und die Änderung der Beweislast bei Haftung des Arbeitsnehmers in § 619a BGB neu kodifiziert wurden.217 Nach dem Abschlussbericht der Schuldrechts-Kommission bedürfe es keiner »grundsätzlichen Änderungen beim Werkvertrag« und bei der Abgrenzung dessen vom Dienstvertrag, weil kein besseres Abgrenzungskriterium für die Beseitigung dieser Problematik ersichtlich sei.218

210 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 7; Staudinger/Richard/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 3 f. 211 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 631 Rn. 1; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 631 Rn. 1. 212 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 631 Rn. 61ff. 213 Teichmann, Empfiehlt sich eine Neukonzeption des Werkvertragsrechts? (1984), S. 19. 214 Zur einheitlichen Lösungsmöglichkeit s. Weber, Die Unterscheidung von Dienstvertrag und Werkvertrag (1977), S. 196ff.; Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 214ff. 215 Förster, ZGS 2010, 460, 462. 216 BeckOK BGB/Fuchs (36. Edition 1. 8. 2015), BGB § 611 Rn. 6. 217 Als eine weitere Neuerung im Dienstvertragsrecht sollte die AGB Kontrolle bei arbeitsrechtlichen Klauseln in Betracht gezogen werden. Nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB müssen die Besonderheiten des Arbeitsrechts bei der AGB Kontrolle in angemessener Weise berücksichtigt werden. BeckOK BGB/Fuchs (36. Edition 1. 8. 2015), BGB § 611 Rn. 6. 218 BMJ (Hrsg.), Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts (1992), S. 33, 245f.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

5.

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Neue Tendenz im Vertragstypensystem: Dienstleistungsvertrag

Das BGB enthält keine eindeutige Definition des Dienstleistungsvertrages,219 obwohl das Wort »Dienstleistung« an verschiedenen Stellen vom Gesetz verwendet wird und dieser Vertragstyp auf dem derzeitigen Markt eine wichtige Rolle spielt. Das Wort »Dienstleistung« wird im BGB sogar als ein Synonym für Dienste bzw. Arbeit verwendet (beispielsweise in § 612 Abs. 1, § 613, § 615, § 616, § 618 Abs. 1, § 627 Abs. 1, § 628 Abs. 1 und § 631 Abs. 2 BGB). Daher wird Dienstleistung im BGB traditionellerweise als die Leistung verstanden, zu der man sich nach § 611 BGB durch einen Dienstvertag verpflichtet.220 Das Wort »Dienstleistung« an anderen Stellen des BGB ist jedoch der Gegenbegriff zu »Waren« (beispielsweise in § 305a Nr. 2, § 309 Nr. 9, § 312b Abs. 1 Nr. 4, § 312f Abs. 2, § 312 g Abs. 2 Nr. 8, Nr. 9, Nr. 12, § 312i Abs. 1, § 356 Abs. 4, § 357 Abs. 8, § 443 Abs. 1 und § 474 Abs. 1 BGB).221 In diesem Kontext umfasst die »Dienstleistung« alle übrigen Leistungen außerhalb der »Lieferung von Waren«.222 Der Begriff der Dienstleistung wird sowohl im BGB als auch im europäischen Recht kontextspezifisch verwendet.223 Eine feste Bedeutung des Dienstleistungsvertrages und ein unumstrittenes Kriterium zur Klassifikation als Dienstleistungsvertrag im Vertragstypensystem zu finden, ist daher sehr schwierig.224 Durch die konkrete Ausgestaltung der Dienstleistungsverträge am Markt wird die Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag noch erschwert. Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, wird der Begriff der Dienstleistung in dieser Arbeit kontextspezifisch verwendet.

III.

Eigenschaften des Dienstvertrages

Der Vergleich der Rechtsbegriffe von Dienst- und Werkvertrag unter Beachtung der Entstehungsgeschichte der Dienst- und Werkvertrag-Dichotomie lässt folgende Zusammenfassung der Eigenschaften des Dienstvertrages zu: Erstens werden die Dienste in Rahmen des Dienstvertrages im Prinzip entgeltlich versprochen.225 Zweitens müssen die beiden operae (illiberales und liberales) unterschieden werden. Die versprochenen Dienste, also der Gegenstand des Dienstvertrages, können allerdings Dienste jeder Art sein.226 Sie umfassen 219 220 221 222 223 224 225 226

Unberath, ZEuP 2008, 745, 750f. Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 209. S. auch Unberath, ZEuP 2008, 745, 749. Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 211. Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 214. Zum Zweck der Einordnung der Vertragstypen s. Unberath, ZEuP 2008, 745, 748. § 611 Abs. 1 BGB, § 655 KBGB, Art. IV.C. – 1:101 (1) (a) DCFR. § 611 Abs. 2 BGB, § 615 DresdE, § 559 Abs. 1 S. 2 BGB-E I.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

geistige Bemühungen sowie körperliche Tätigkeiten, Dienste höherer sowie niederer Art,227 selbstständige und abhängige Dienste.228 In der Regel werden beim freien Dienstvertrag die selbstständigen geistigen Dienste höherer Art und beim Arbeitsvertrag zumeist die abhängigen körperlichen und langfristigen Dienste niederer Art versprochen.229 Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Daher tritt weiter die Notwendigkeit der Unterscheidung von selbstständigen und abhängigen Dienstverträgen auf.230 Drittens weist der Dienstvertrag einen Dauerschuldcharakter auf,231 weil die Dienste im Verlauf einer Zeitspanne erfüllt werden.232 Schließlich wird die Unübertragbarkeit der Leistung betrachtet. Die geschuldeten Dienste lassen sich in der Regel weder durch den Gesetzestext noch anhand der Vereinbarungen präzise bestimmen. Dadurch tritt das Vertrauen in die Person des Dienstverpflichteten in den Vordergrund.233 Dies begründet die Unübertragbarkeit der Leistung beim Dienstvertrag. 1.

Entgeltlichkeit

Zunächst beruht das Dienstverhältnis auf Entgeltlichkeit.234 Selbstverständlich ist die Entgeltlichkeit des Dienstvertrages für die Abgrenzung zum Auftrag von Bedeutung.235 Obwohl der Dienstvertrag auch ohne Versprechen eines Entgelts vereinbart werden kann, wird die Entgeltlichkeit des Vertrages durch die Vorschriften ergänzt, es sei denn, es liegt eine besondere Bestimmung über die Unentgeltlichkeit vor.236 Daher kann die Entgeltlichkeit als eine Eigenschaft des Dienstvertrages angesehen werden.237

227 Nach der herrschenden Lehre in Korea sind Dienste höherer Art Gegenstand des Auftrages. S. o. Erster Teil § 1 I 2. 228 Vgl. § 615 DresdE. 229 BeckOK BGB/Fuchs (36. Edition 1. 8. 2015), BGB § 611 Rn. 35, 36. 230 Die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen selbstständigen und abhängigen Dienstverträgen ist mit der Frage nach der Anwendbarkeit des Arbeitsrechts verbunden. S. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 249ff. 231 Zum Dauerschuldverhältnis gehören die Schuldverhältnisse über Miete, Dienste und Verwahrung. BeckOK BGB/Gehrlein/Sutschet (36. Edition 1.8.2015), BGB § 311 Rn. 11. In der Regel wird ohne Zweifel angenommen, dass das Kündigungsrecht beim Dauerschuldverhältnis an die Stelle des Rücktrittsrechts tritt. Vgl. BGH, Urteil vom 10. 7.1968 – VIII ZR 120/ 66, NJW 1969, 37; BGH, Urteil vom 6. 2. 1985 – VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124. Jedoch ist es nicht immer der Fall. Vgl. BGH, Urteil vom 6. 2. 1985 – VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124; BGH, Urteil vom 25. 3.1987 – VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004. Vgl. auch Dritter Teil § 5 III 3 d. 232 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 17f. 233 § 613 BGB, § 657 KBGB. 234 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 258. 235 §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 1 BGB, §§ 655, 656 Abs. 1 KBGB, Artt. IV.C. – 1:101 (1), IV.C. – 2:101 DCFR. 236 § 612 Abs. 1 BGB, § 656 Abs. 1 KBGB, Art. IV.C. – 2:101 DCFR.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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Im BGB jedoch ist auch ein unentgeltlicher Dienstvertrag anerkannt.238 Bei der Auslegung von § 612 Abs. 1 BGB wird diese Möglichkeit deutlich, weil eine stillschweigende Vereinbarung der Vergütung anzunehmen ist, wenn die Erbringung der Dienste nur entgeltlich zu erwarten ist. Auch die Rechtsprechung bestätigt die Möglichkeit eines unentgeltlichen Dienstvertrages unter der Voraussetzung, dass auf das Entgelt nachträglich verzichtet wird.239 Jedenfalls dürfen die unentgeltlichen Dienstvereinbarungen nicht dem Auftrag zugeordnet werden, weil unabhängig von der Sondervereinbarung der Unentgeltlichkeit, welche als nachträglicher Verzicht auszulegen ist, die beim Vertragsschluss nach den Umständen angestrebte Gegenseitigkeit des Dienstvertrages aufrechterhalten werden muss.240 Gleicherweise sind die Vorschriften über den Dienstvertrag gemäß Art. IV.C. – 1:101 (1) (b) DCFR ausnahmsweise beim unentgeltlichen Dienstvertrag entsprechend anzuwenden.241 Was die Entgeltlichkeit beim Dienstvertrag anbelangt, spielt die soziale Bedeutung des Entgelts eine nicht unwesentliche Rolle. Das Entgelt gewährt die Existenzbasis für das soziale Leben des Arbeitnehmers.242 Somit darf es nicht aus einer rein ökonomischen Sicht betrachtet werden. Sogar aus dieser hat der Arbeitnehmer beim Vertragsschluss in der Praxis nicht die gleiche Verhandlungsmacht wie der Arbeitgeber.243 Daher ist eine Änderung des Grundprinzips erforderlich. Aus sozialrechtlicher Perspektive bedarf es besonderer Vorschriften, wie den Regelungen über den Annahmeverzug des Dienstberechtigten, das Betriebsrisiko und die vorübergehende Verhinderung der Dienstleistung.244 Diesen Vorschriften sind die sozialen Vereinbarungen zugrunde zu legen, um das dem Unterhalt dienende Entgelt vor den Zufälligkeiten, die vonseiten der Arbeitnehmer nicht zu vertreten sind,245 zu schützen. Naturgemäß hat diese sozialrechtliche Perspektive bei den freien Berufen weniger Bedeutung.

237 Zu den unentgeltlichen Dienstverträgen und ihrer typologischen Einordnung s. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 254 Fn. 1. 238 Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 200. 239 BGH, Urteil vom 7. 6. 1977 – VI ZR 77/76, NJW 1977, 2120. 240 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 7. 241 Art. IV.C. – 2:101 DCFR über den Preis der Dienstleistung ist nach Ansicht der Autoren des DCFR als eine dispositive Regel anzusehen. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1597. 242 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 258ff. 243 Kritisch dazu Zöllner, AcP 196 (1996), 1, 16ff.; Pötters, NZA 2014, 704, 707f. 244 §§ 615, 616 BGB. Im KBGB existiert keine besondere entsprechende Vorschrift. Das gleiche Ergebnis folgt jedoch aus § 400 i. V. m. § 538 Abs. 1 S. 2 KBGB. Zur Betriebsrisikolehre in Korea ausführlich s. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 585f. 245 Zur Bedeutung des Verschuldens im Rahmen dieser Vorschriften s. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 260f.

46 2.

Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

Unterscheidung zwischen selbstständigen Dienstverträgen und abhängigen Arbeitsverträgen

Obwohl der Gegenstand des Dienstvertrages nach § 611 Abs. 2 BGB alle Arten umfasst,246 entsteht die Notwendigkeit, zwischen den einzelnen Arten des Dienstvertrages zu differenzieren.247 Der im BGB und KBGB vorgesehene Dienstvertrag umfasst zwei verschiedene Untertypen, nämlich die selbstständigen Dienstverträge und die abhängigen Arbeitsverträge.248 Das abhängige Arbeitsverhältnis wird vom selbstständigen Dienstvertrag durch die persönliche Abhängigkeit zwischen Verpflichteten und Berechtigten unterschieden.249 Grundsätzlich beruhen beide Untertypen auf einem Synallagma.250 Daher finden die Vorschriften über gegenseitige Verträge nach §§ 320ff. BGB auf beide Untertypen Anwendung.251 Obwohl früher die Anwendung der Vorschriften nach §§ 320ff. BGB auf das Arbeitsverhältnis oft verneint wurde,252 sind diese Bedenken derzeit nicht mehr vorhanden.253 Beispielsweise schreibt § 614 BGB eine Vorleistungspflicht des Dienstverpflichteten vor, während ihm aber auch die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 BGB zusteht, wenn die Zahlung der Vergütung für die schon erbrachten Dienste in einem Zeitabschnitt ausbleibt oder der Dienstberechtigte erklärt, dass er die Vergütung in Zukunft erheblich kürzen wird.254 Das Synallagma gilt bei beiden Untertypen in derselben Weise, soweit keine besonderen Regelungen vorliegen.

246 Motive II, S. 455f. 247 S. BT-Drucks. 18/9232, S. 31f. 248 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 5 f.; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 250. 249 BAG, Urteil vom 28. 2. 1962 – 4 AZR 141/61, AP BGB § 611 Anhängigkeit Nr. 1; BAG, Urteil vom 30. 11. 1994 – 5 AZR 704/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 74; BAG, Urteil vom 26. 7. 1995 – 5 AZR 22/94, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 79; BAG, Urteil vom 6. 5. 1998 – 5 AZR 247/97, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 102; BAG, Urteil vom 15. 2. 2012 – 10 AZR 301/10, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 123. S. auch Hromadka, NZA 1997, 569, 572. 250 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 7. S. auch Schiemann, JuS 1983, 649. 251 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 7; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 3. 252 »Für das Arbeitsverhältnis hat das RAG in st. Rspr. den Standpunkt vertreten, daß die §§ 323–326 BGB nicht anwendbar seien … Auch das RG hat ausgesprochen, daß man, um zu einer befriedigenden Lösung von Arbeitsstreitigkeiten zu gelangen, nicht von den Vorschriften des BGB ausgehen dürfe, sondern daß man die sozialen Verhältnisse ins Auge fassen müsse, wie sie sich seit Inkrafttreten des BGB entwickelt und in der Gesetzgebung auch ausdrückliche Anerkennung gefunden haben.« BGH, Urteil vom 11. 7. 1953 – II ZR 126/52, NJW 1953, 1465. S. auch BAG, Urteil vom 22. 11. 1956 – 2 AZR 314/54, NJW 1957, 518. 253 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 7. 254 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 9. Zur Ansicht der Rechtspre-

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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Die Notwendigkeit der Unterscheidung beider Untertypen folgt aus folgenden Sonderregelungen.255 Beispielsweise spiegelt der in § 326 Abs. 1 BGB verankerte Grundsatz »Ohne Arbeit kein Lohn« den synallagmatischen Rechtsgedanken im Rahmen des Arbeitsverhältnisses wider.256 Jedoch wird dieser Grundsatz durch §§ 615, 616 BGB und weitere Sonderregelungen des Arbeitsrechts korrigiert.257 Anders als der dem § 326 Abs. 1 BGB zugrunde liegende Rechtsgedanke sieht § 615 BGB neben § 326 Abs. 2 S. 1 BGB eine Fortzahlungspflicht des Gläubigers vor, falls der Gläubiger für den Umstand, durch den die Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB ausgeschlossen wird, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder ein solcher Umstand zu einer Zeit eintritt, in der sich der Gläubiger im Verzug befindet.258 Durch § 615 S. 3 BGB wird der Anwendungsbereich des § 615 S. 1 und S. 2 BGB auf den Fall des Arbeitsausfalls erweitert.259 Außerdem muss die Nachholbarkeit der Leistung im Hinblick auf den Dienstvertrag je nach Untertyp gesondert betrachtet werden, weil beim abhängigen Arbeitsverhältnis die Arbeitsleistung eine absolute Fixschuld ist,260 was hingegen beim selbstständigen Dienstvertrag nicht immer der Fall ist.261 Die §§ 615, 616 BGB beruhen im Prinzip auf dem absoluten Fixschuldcharakter der Arbeitspflicht.262 Obwohl die geschuldete Leistung im Sinne des Dienstvertragsrechts nach

255

256 257

258 259 260 261 262

chung über die Geringfügigkeit des rückständigen Teils gemäß § 320 Abs. 2 BGB s. ArbG Hannover, Urteil vom 11. 12. 1996 – 9 Ca 138/96, BeckRS 1996, 30830846. Als besondere Vorschriften im BGB, die nur auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, können die folgenden Vorschriften genannt werden: Maßregelungsverbot (§ 612a BGB), Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang (§ 613a BGB), Vergütung beim Betriebsrisiko (§ 615 S. 3 BGB), Beweislast bei Haftung des Arbeitnehmers (§ 619a BGB), Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 620 Abs. 3 BGB), Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen (§ 622 BGB), Schriftform der Kündigung (§ 623 BGB) und Pflicht zur Zeugniserteilung (§ 630 S. 4 BGB). Im Gegensatz dazu finden die Vorschriften über die Kündigungsfristen bei Dienstverhältnissen (§ 621 BGB) und die fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung (§ 627 BGB) nur auf das Schuldverhältnis der freien Berufe Anwendung. BT-Drucks. 14/6857, S. 47f.; Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform (2002), Rn. 125f.; DFL/ Löwisch, BGB § 326 Rn. 1. Dagegen Joussen, NZA 2001, 745, 747. Als Sonderregelungen können beispielsweise die Vorschriften über die Betriebsrisikolehre (§ 615 S. 3 BGB), das Urlaubsrecht (Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer) und die Freistellung (Betriebsverfassungsgesetz, Bundespersonalvertretungsgesetz und Personalvertretungsgesetz des Bundes und der Länder) genannt werden. MünchKomm/MüllerGlöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 12; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 52. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 13; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 1; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 66. S. auch BAG, Urteil vom 17. 12. 1968 – 5 AZR 149/68, NJW 1969, 766. Staudinger/Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 6. Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1064. S. auch Söllner, AcP 167 (1967), 132, 139. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 15. Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1064.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

allgemeiner Auffassung in der Literatur stets die sorgfältige Vornahme der geschuldeten Tätigkeit ist,263 wird bezüglich des Leistungsinhalts zusätzlich differenziert. Beim abhängigen Dienstverhältnis wird die geschuldete Tätigkeit mithilfe des Weisungsrechts des Arbeitsgebers konkretisiert.264 Beim unabhängigen Dienstvertrag richtet sich die geschuldete Tätigkeit nach dem Standesrecht265 und dem Vertragsziel, das von den Vertragsparteien beim Vertragsschluss zugrunde gelegt wurde, jedoch kein Erfolgsversprechen darstellt.266 Damit erlangt der selbstständige Dienstvertrag die Eigenschaft der Erfolgsbezogenheit.267 Beim selbstständigen Dienstvertrag verliert die Bemessung nach Zeiteinheiten ihre Bedeutung, weil die Intention der Vertragsparteien nicht in der Bemessung nach Zeiteinheiten liegt. Dagegen muss beim abhängigen Dienstvertrag die Arbeitsleistung zeitlich begrenzt werden und kann daher nach Zeiteinheiten bemessen werden.268 Der abhängige Dienstvertrag ist demzufolge durch das Kriterium der Zeitbezogenheit charakterisiert. 3.

Dauerschuldcharakter

Sowohl der selbstständige Dienstvertrag als auch der abhängige Arbeitsvertrag sind dauerhafte Schuldverhältnisse.269 Jedoch beruht das Leitbild des allgemeinen Schuldrechts, einschließlich des Leistungsstörungsrechts, auf dem Kauf- und Werkvertrag.270 Daraus folgt die Notwendigkeit einer entsprechenden Modifikation, um die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts auf Dauerschuldverhältnisse anwenden zu können.271 Dies ist jedoch problematisch. Denn der Begriff des Dauerschuldverhältnisses wird weder im BGB272 noch im KBGB oder DCFR gesetzlich definiert. Der Begriff »Dauerschuldverhältnis« wird nur in §§ 308 Nr. 3, 309 Nr. 1, 9 und 314 BGB sowie in Art. II. – 9:410 (1) (g) und (i) DCFR erwähnt. Die schon von Otto von Gierke ausgelöste Diskussion über den Begriff des Dauerschuldverhältnisses hat noch nicht zu einem Konsens geführt.273 Für den 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273

Canaris, FS Schmidt (2009), S. 179. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 23ff., 99ff. Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 244f. Zum Vertragszweck eingehend s. u. Zweiter Teil § 2 II 2. Zur Erfolgsbezogenheit ausführlich s. u. Zweiter Teil § 2 II 3 b. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 18; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1055, 1064ff. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 16; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 88ff. Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen (6. Aufl. 2005), § 1 Rn. 12. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 492. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 493. von Gierke, Dauernde Schuldverhältnisse (1914), S. 357ff. S. O. Mülbert, FS Westermann

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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Zweck der vorliegenden Arbeit ist es nicht erforderlich, diese Debatte hier erneut zu führen. Nach der Begründung des Gesetzes zur Schuldrechtsmodernisierung lassen sich Dauerschuldverhältnisse von Schuldverhältnissen zur einmaligen Leistung jedenfalls dadurch unterscheiden, dass »aus ihnen [den Dauerschuldverhältnissen, Anmerkung des Verfassers] während der Laufzeit ständig neue Leistungs- und Schutzpflichten entstehen und dem Zeitelement eine wesentliche Bedeutung zukommt.«274 Dieser Definition lassen sich zwei Merkmale des Dauerschuldverhältnisses entnehmen; nämlich, dass die Leistungspflicht »zeitlich« und »andauernd« ist.275 Im Hinblick auf das Merkmal »andauernd« tritt das erste Problem mit der Rechtsfolge der Erfüllung auf. Nach § 362 Abs. 1 BGB erlischt das Dauerschuldverhältnis, indem die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.276 Das Schuldverhältnis erlischt nur durch die Bewirkung. Ob mit Bewirkung der Erfolg gemeint ist, oder ob bei Bewirkung eine bloße Handlung genügt, kann unterschiedlich ausgelegt werden.277 Insbesondere ist dies von Bedeutung, wenn die geschuldete Leistung eine Unterlassung darstellt.278 Denn ein Unterlassen des Schuldners kann ohne willentliche Bewirkung erfolgt sein, z. B. im Schlaf oder im Koma.279 In diesem Fall ist zu fragen, ob die Leistungen am Gläubiger andauernd bewirkt werden, obwohl eine willentliche Bewirkung des Schuldners nur zum Zeitpunkt des Einschlafens existiert. Denn beim Dauerschuldverhältnis sind notwendigerweise zeitlich andauernde Leistungspflichten vorauszusetzen und während der Schuldner schläft, hat er keine andauernde Absicht zur Erbringung der Unterlassungsleistung, auch wenn er sie zum Zeitpunkt des Einschlafens hatte.280 Ein mögliches Argument, in einem solchen Fall trotzdem die Bewirkung der Leistung anzunehmen, ist, dass trotz nicht andauernder Leistungsabsicht das Gläubigerinteresse nicht beeinträchtigt wird.281 Das andere Merkmal »zeitlich« ist mit der Problematik des Rücktrittsrechts

274 275 276 277 278 279 280 281

(2008), S. 493f. S. auch Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung (1994), S. 181ff.; MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 314 Rn. 5 ff. BT-Drucks. 14/6040, S. 177. Esser/Schmidt, Schuldrecht, Band I Teilband 1 (8. Aufl. 1995), S. 256. MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 362 Rn. 27. Zur Besonderheit bezüglich des Dauerschuldverhältnisses s. Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung (1994), S. 324f.; Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate (2. Aufl. 1994), S. 126. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 494ff. Vgl. § 241 Abs. 1 S. 2 BGB. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 498. Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate (2. Aufl. 1994), S. 126. Zur Ansicht, dass die andauernde Zweckbestimmung bei der Erfüllung im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses nicht notwendig sei, s. Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate (2. Aufl. 1994), S. 126. Dieses Argument ist jedoch unvollständig. Denn es bezieht sich auf das Leistungsergebnis. Die ursprüngliche Frage betrifft die Leistungszweckbestimmung, also die Leistungsabsicht. Vgl. auch Zweiter Teil § 3 II 3 b.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

beim Dienstvertrag verbunden.282 Das Problem bezieht sich auf die Umwandlung des Dauerschuldverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis.283 Nach der in § 346 Abs. 1 BGB vorgesehenen Rechtsfolge des Rücktritts müssen die empfangenen Leistungen und die gezogenen Nutzungen zurückgewährt und herausgegeben werden.284 Im Fall des Ausschlusses der Rückgewähr oder Herausgabe tritt an die Stelle der empfangenen Leistungen und gezogenen Nutzungen der Wertersatz.285 Wie schon in § 346 S. 2 BGB a. F. geregelt war, ist für die geleisteten Dienste nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB Wertersatz zu entrichten.286 Dadurch werden die bislang erbrachten Leistungen ersetzt.287 Beim Rücktritt vom Dienstvertrag braucht der mangelfreie Teil der erbrachten Dienstleistungen nicht rückgängig gemacht zu werden,288 weil dadurch die Berechnung des Wertersatzes, falls im Vertrag eine Gegenleistung vereinbart wird, im Hinblick auf § 346 Abs. 2 S. 2 BGB erleichtert werden kann.289 Dies entspricht der ursprünglichen Vorstellung des Rückgewährgläubigers, wenn die vereinbarten Leistungen nach Zeiteinheit teilbar sind.290 Somit tritt das Rückabwicklungsschuldverhältnis nur in dem Zeitraum ein, in dem eine Leistungsstörung vorliegt. Dadurch nähert sich der Rücktritt, besonders in seinen Rechtsfolgen, der Kündigung an.291 Die frühere Differenzierung zwischen verschuldensunabhängiger Kündigung und verschuldensabhängigem Rücktritt spielt keine Rolle mehr,292 weil das Rücktrittsrecht nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht mehr vom Verschulden abhängig ist.293 Jedoch sind die Voraussetzungen für die beiden Rechtsbehelfe nicht identisch. Die Kündigung des Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund nach § 314 BGB bildet ein eigenständiges Rechtsinstitut neben

282 283 284 285 286 287 288

289 290 291 292 293

Zum Rücktrittsrecht beim Dienstvertrag ausführlich s. u. Dritter Teil § 5 III 3 d. S. BGH, Urteil vom 15. 11. 2006 – VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674. MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 1. MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 15. MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 20. S. auch BT-Drucks. 14/6857, S. 22. Vgl. BGH, Urteil vom 15. 4. 2010 – III ZR 218/09, NJW 2010, 2868. Staudinger/Kaiser (2012), BGB § 346 Rn. 132ff. »Diesen Grundsatz hat der BGH aber nur für den Regelfall aufgestellt, weil die Parteien eines Dauerschuldverhältnisses im Allgemeinen kein Interesse haben, wegen einer nachträglich eingetretenen Störung auch die bereits erbrachten Leistungsteile rückgängig zu machen.« BGH, Urteil vom 19. 2. 2002 – X ZR 166/99, NJW 2002, 1870. S. auch BGH, Urteil vom 25. 3. 1987 – VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004, 2006. Vgl. auch Art. III. – 3:511 (1) DCFR. S. auch von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 898. S. Esser/Schmidt, Schuldrecht, Band I Teilband 1 (8. Aufl. 1995), S. 256. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 504f. Anders als bei der Kündigung besteht das Schuldverhältnis fort, wenn das Rücktrittsrecht in Anspruch genommen wird. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 505. Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung (1994), S. 349ff. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 510.

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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dem Rücktrittsrecht.294 Durch § 313 Abs. 3 S. 2 BGB ist gesetzlich bestätigt, dass die Kündigung an die Stelle des Rücktrittsrechts bei Dauerschuldverhältnissen tritt. Ob nach dem Vollzug des Dauerschuldverhältnisses der Rücktritt geltend gemacht werden kann, bleibt dennoch unklar.295 Aus rechtsvergleichender Sicht kann diese Frage bejaht werden. Beispielsweise sind in § 543 Abs. 1 KBGB das Rücktrittsrecht und das Kündigungsrecht nebeneinander unabhängig geregelt.296 4.

Unübertragbarkeit

Nach § 613 S. 1 BGB und § 657 Abs. 2 KBGB297 muss der Dienstverpflichtete die Dienste im Zweifel in Person leisten.298 Nach Art. IV.C. – 2:104 (1) DCFR hat der Dienstleister die Dienste in Person zu leisten, wenn er zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet ist.299 Grund dafür ist, dass der Dienstvertrag wegen der Unbestimmtheit des Leistungsinhalts in aller Regel an das Vertrauen in die Person des Dienstverpflichteten angelehnt wird.300 Dies gilt sowohl beim Arbeitsverhältnis, das dem Weisungsrecht des Arbeitsgebers unterliegt, als auch beim Dienstverhältnis, das durch die Eigenbestimmung der Tätigkeit die Erreichung des Geschäftszweckes des Dienstberechtigten bezweckt.301 Denn bei der Unübertragbarkeit der Dienste kommt es nicht darauf an, ob die Dienste fremdoder eigenbestimmt sind, sondern darauf, ob das Vertrauen in die Person des Dienstleistenden beim Vertragsschluss im Rahmen der Interessenabwägung als 294 O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 511. 295 BGH, Urteil vom 23. 2. 1972 – VIII ZR 115/70, NJW 1972, 827; BGH, Urteil vom 25. 3. 1987 – VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004; BGH, Urteil vom 19. 2. 2002 – X ZR 166/99, NJW 2002, 1870. 296 § 543 KBGB: »[Kündigung und Rücktritt] (1) Steht das Recht auf Kündigung oder auf Rücktritt aus einem Vertrag oder aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen einem Vertragsteil oder beiden Teilen zu, so erfolgt die Kündigung oder der Rücktritt durch Erklärung gegenüber dem Vertragsgegner. (2) Ausgeschlossen ist der Widerruf der Kündigung und des Rücktritts vom Vertrag.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 116. 297 § 657 KBGB: »[Höchstpersönlichkeit der Berechtigung und Verpflichtung] (1) Der Dienstberechtigte kann mit Einverständnis des Dienstverpflichteten sein Recht auf die Dienste einem Dritten übertragen. (2) Der Dienstverpflichtete kann nur mit Erlaubnis des Dienstberechtigten an seiner Stelle einen Dritten den Dienst leisten lassen. (3) Handelt einer der Vertragsteile den Vorschriften der Absätze 1 und 2 zuwider, so kann der andere Teil das Dienstverhältnis kündigen.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 138. 298 Zur persönlichen Leistung beim Dienstvertrag eingehend s. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 1. Halbband (13. Aufl. 1986), S. 323. Die Unübertragbarkeit der Leistungspflicht ist jedoch abdingbar, weil § 613 S. 1 BGB eine dispositive Vorschrift ist. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 2. 299 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1636. 300 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 256. 301 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 1.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

wichtig einzustufen ist.302 Somit ist es zulässig, einen Gehilfen zur Leistung hinzuzuziehen, falls mit der Auslegung des Vertrages nach § 157 BGB das Gläubigerinteresse nicht beeinträchtigt wird.303 Nach § 613 S. 2 BGB, § 657 Abs. 1 KBGB und Art. III. – 5:109 (1) DCFR ist der Anspruch auf die Dienste im Zweifel unübertragbar.304 Jedoch gilt die Unübertragbarkeit des Anspruchs auf die Dienste beim Arbeitsverhältnis nur, um die Arbeitnehmer zu schützen,305 weil die Arbeitsleistung Teil der höchstpersönlichen Lebensführung ist.306 Somit wird unabhängig von dem Schuldnerinteresse zur Leistung sowie Gegenleistung die selbstständige Entscheidung des Arbeitnehmers, von wem seine persönliche Arbeit gesteuert werden soll, entscheidend für seine Lebensführung.307 Liegt keine bestimmte vorbehaltliche Vereinbarung über die Übertragbarkeit einer solchen Weisungsbefugnis vor, darf diese Befugnis nicht vom beim Vertragsschluss bestimmten Gläubiger einem anderen übertragen werden.308

302 S. beispielsweise »Der Arzt, der gegenüber einem Patienten aus einer Wahlleistungsvereinbarung verpflichtet ist, muss seine Leistungen gem. § 613 S. 1 BGB grundsätzlich selbst erbringen. Nach dieser Bestimmung hat der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu erbringen. Dies ist auch und gerade bei der Vereinbarung einer so genannten Chefarztbehandlung der Fall. Der Patient schließt einen solchen Vertrag im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will.« BGH, Urteil vom 20. 12. 2007 – III ZR 144/07, NJW 2008, 987, 987. 303 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 1. Halbband (13. Aufl. 1986), S. 315. Liegt eine Vereinbarung im Vertrag vor, dass die Dienste durch eine andere Person durchgeführt werden dürfen, wird dieser Vertrag nicht in den Arbeitsvertrag eingeordnet. MünchKomm/ Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 181; BAG, Urteil vom 16. 7. 1997 – 5 AZR 312/96, NZA 1998, 368; BAG, Urteil vom 12. 12. 2001 – 5 AZR 253/00, NZA 2002, 787; BAG, Urteil vom 4. 12. 2002 – 5 AZR 667/01, NZA 2003, 1112; BAG, Urteil vom 20. 1. 2010 – 5 AZR 99/09, BeckRS 2010, 67136. 304 § 613 S. 2 BGB wird von § 613a BGB in bestimmten Fällen verdrängt. MünchKomm/MüllerGlöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 1. S. auch von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1039. 305 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 20; von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1039. 306 »§ 613 S. 2 BGB dient allein dem Schutz des Arbeitnehmers. Seine Entscheidung, ob und in welcher Weise er die eigene Arbeitskraft einsetzt, gehört zum Bereich höchstpersönlicher Lebensführung, der dem Zugriff der Gläubiger entzogen ist. Einer die Grenzen des Arbeitsvertrags überschreitenden Ausübung des Direktionsrechts braucht er deshalb nicht Folge zu leisten. Die gesetzliche Regelung schließt indes nicht aus, dass der Arbeitgeber einem anderen für begrenzte Zeit den Arbeitnehmer zur Dienstleistung überlässt, sofern dieser zustimmt.« BGH, Urteil vom 11. 12. 2003 – IX ZR 336/01, NJW-RR 2004, 696, 697. 307 BAG, Urteil vom 17. 1. 1979 – 5 AZR 248/78, AP BGB § 613 Nr. 2. Jedoch kann dem Dritten die begrenzte Weisungsbefugnis zustehen. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 23ff. 308 ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 613 Rn. 8. Durch Vertrag kann sich das Weisungsrecht

Abgrenzung des Dienstvertrages von anderen Vertragstypen

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Daneben resultieren aus dem Dauerschuldcharakter, abgesehen von der Kurzzeitigkeit oder Langfristigkeit, für den Dienstvertrag besonders erhöhte Verhaltenspflichten, die beide Vertragsteile während der Erfüllung der Leistungspflichten nach Treu und Glauben im Rahmen der Zusammenwirkung gewähren müssen.309 Darüber hinaus ist die Fürsorgepflicht zu erwähnen.310 Wegen der persönlichen Leistung und des Dauerschuldcharakters wird das Gebot von Treu und Glauben beim Dienstvertrag intensiviert. Somit ist diese als Treupflicht bezeichnete Intensivierung des Gebots von Treu und Glauben beim Dienstvertrag als eine Fürsorgepflicht darzustellen und vorzuschreiben.311 All diese Pflichten tragen zur Unübertragbarkeit des Dienstvertrages bei, weil sie auf dem aufgrund des Dienstvertrages geschenkten Vertrauen in die Person des Dienstverpflichteten und auf den daraus resultierenden persönlichen Beziehungen beruhen.312

IV.

Ergebnis zu § 1

In Bezug auf die Minderungsproblematik beim Dienstvertrag ist in einem ersten Schritt der Begriff des Dienstvertrages festzulegen und der Dienstvertrag von anderen Vertragstypen abzugrenzen. Im Gesetzestext sind verschiedene Vertragstypen über die geschuldete Tätigkeit vorgesehen und beim Werkvertrag ist die Minderung ohne Weiteres erlaubt. Obwohl die im Gesetz vorgeschriebene Trennlinie zwischen Dienst- und Werkvertrag und die historische »Dienste oder Erfolg« Dichotomie der Festlegung des Begriffs dienen, erfolgt die Abgrenzung des Dienstvertrages vom Werkvertrag nicht vollständig. Vielmehr sollten Vertragsinteresse und Intention beider Vertragsteile vor Augen gehalten werden. Dabei hilft der Vergleich der Leitbilder der betrachteten Regelungssysteme, den Dienstvertrag bezüglich der Minderung auszulegen. Als ein synallagmatisches Schuldverhältnis hat der Dienstvertrag in allen betrachteten Rechtssystemen vier übergeordnete Eigenschaften. Die Entgeltlichkeit, die Notwendigkeit der Unterscheidung von selbstständigen und abhängigen Diensten, der Dauerschuldcharakter und die Unübertragbarkeit sind im Begriff des Dienstvertrages als eine Schuld zum Tätigwerden geprägt, obwohl der Begriff des Dienstvertrages je nach Regelungssystem und im Laufe der Zeit unterschiedlich gestaltet wird und wurde. Diese Eigenschaften dienen einer weiteren Präzisierung innerhalb des Dienstvertrages. Diese Präzisierung innerhalb des

309 310 311 312

dem Dritten nach § 328 Abs. 1 BGB zustehen lassen. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 23. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 254. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II (12. Aufl. 1981), S. 262ff. Vgl. §§ 617, 618, 619 BGB. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 1. Halbband (13. Aufl. 1986), S. 326f.

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Erster Teil: Charakterisierung des Dienstvertrages

Dienstvertrages führt schließlich bei der Vertragsauslegung zu unterschiedlichen Ergebnissen, besonders im Rahmen der Feststellung des Leistungsinhalts und der Ordnungsgemäßheit der Leistung, wie im Folgenden gezeigt wird.

Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Bei der Erbringung der versprochenen Tätigkeiten im Rahmen des Dienstvertrages lässt sich der Dienstverpflichtete notwendigerweise einen Ermessensspielraum zur Leistung einräumen. Denn die Dienste sind beim Vertragsschluss noch nicht geleistet. Die Verrichtung der Dienste findet eher zukünftig statt und die Leistung ergibt sich gerade aus dem Leistungsvermögen des Dienstverpflichteten.313 Dies rechtfertigt jedoch nicht, dass der Dienstverpflichtete einen unbeschränkten Ermessensspielraum im Rahmen der Erfüllung erhält. Sonst droht eine Benachteiligung des Gläubigers.314 Daher versucht der Gläubiger, um sein Interesse zu wahren, entweder den Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten mithilfe der vertraglichen Vereinbarungen zu begrenzen oder die Befugnis der Ermessensentscheidung in Form des Weisungsrechts teilweise selbst zu tragen. Auch die gesetzlichen Bestimmungen dienen der Beschränkung des Ermessensspielraums des Dienstverpflichteten.315 Die Berücksichtigung solcher Beschränkungen ist im Falle einer Leistungsstörung wichtig, weil nach § 362 Abs. 1 BGB das Schuldverhältnis nur erlischt, wenn die »geschuldete« Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Fraglich ist jedoch, wie die »geschuldeten« Dienste mit Rücksicht auf einen solchen Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten beim Dienstvertrag begriffen werden können. Weil das Regelungssystem des BGB und die Lehre in Korea die Unterscheidung zwischen Schlecht-, Teil-, Nicht- und aliud Leistung im Vergleich mit der »geschuldeten« Leistung voraussetzen und dabei unterschiedliche Rechtsfolgen vorsehen, führt die Einordnung in einen falschen Leistungsstörungstypus zu einem ungerechten Ergebnis.316 Ein koreanisches

313 314 315 316

Zum Leistungsinhalt des Dienstvertrages eingehend s. u. Zweiter Teil § 2 II. Zum Äquivalenzinteresse beim Dienstvertrag s. u. Zweiter Teil § 2 III. Zum billigen Ermessen ausführlich s. u. Zweiter Teil § 2 II 1. Zur Abgrenzung der Schlechtleistung von anderen Leistungsstörungstypen s. u. Zweiter Teil § 3 II.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Urteil macht dies deutlich, bei dem über die Minderungsproblematik beim Arbeitsvertrag im Fall der Bummelarbeit debattiert wurde.317

§ 2. Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag Im Prinzip kann der Ermessensspielraum dem Dienstverpflichteten nicht vollständig entzogen werden. Nicht zuletzt macht die persönliche Leistungspflicht beim Dienstvertrag den vollkommenen Ausschluss des Ermessensspielraums unmöglich. Typischerweise verpflichtet sich der Schuldner beim Dienstvertrag, seine Dienste in Person zu leisten. Wenn jeder die zugesagte Leistung erbringen könnte, würde dies bedeuten, dass der Leistungsinhalt vollständig festgestellt werden kann. Das Leistungssubjekt selbst würde keine Rolle für die Erfüllung spielen, die schuldrechtlichen Pflichten des Dienstverpflichteten einschließlich der Verhaltenspflichten hinsichtlich des Dauerschuldverhältnisses wären von der Person des Leistenden unabhängig.318 Konsequent weitergedacht bedeutet dies, dass das Leistungsergebnis bzw. der Leistungserfolg in den Vordergrund gestellt würden. Dies steht dem Begriff des Dienstvertrages in Hinblick auf die Trennlinie »Dienste oder Erfolg« entgegen.319 Vonseiten des Dienstberechtigten ist es somit notwendig, den Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten zur Leistung zu beschränken, um eine nachträgliche Beeinträchtigung seines synallagmatischen Interesses zu schützen. Dies erfolgt mithilfe vertraglicher Maßnahmen wie dem Weisungsrecht im Rahmen des zeitbezogenen Dienstvertrages oder dem Vertragszweck, welcher dem Vertrag zugrunde liegt, im Rahmen des erfolgsbezogenen Dienstvertrages. Die beiden Maßnahmen dienen nicht nur der Aufrechterhaltung der synallagmatischen Äquivalenz, sondern auch der Konkretisierung des Leistungsinhalts, welche zur Einordnung in den Leistungsstörungstypus notwendig ist. Besonders 317 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946. Zur ausführlichen Darstellung und Erläuterung dieses Urteils s. u. Zweiter Teil § 3 III. 318 Solche Verhaltenspflichten folgen jedoch nicht nur aus dem vertraglichen Verhältnis, sondern auch aus dem sozialen Kontakt. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 16. 319 Freilich ist es möglich, einen Dritten als Gehilfen zur Erfüllung hinzuzuziehen. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 13ff. In diesem Fall wird der Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten bei der Erfüllung nicht vollständig ausgeschlossen, es sei denn, es besteht ein unmittelbares Dienstverhältnis zwischen dem Dienstberechtigten und dem Gehilfen. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 19. Zum mittelbaren Dienstverhältnis s. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 1282. S. auch BAG, Urteil vom 8. 8. 1958 – 4 AZR 173/55, AP BGB § 611 Mittelbares Arbeitsverhältnis Nr. 3; BAG, Urteil vom 20. 7. 1982 – 3 AZR 446/80, AP BGB § 611 Mittelbares Arbeitsverhältnis Nr. 5.

Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag

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die Berücksichtigung der ökonomischen Interessenabwägung und der Verhandlungsmacht beider Vertragsteile helfen zu verstehen, welche Rolle diese Maßnahmen beim Dienstvertrag spielen, und warum der Dienstberechtigte eines Rechtsbehelfs wie der Minderung trotz dieser Maßnahmen bedarf.320

I.

Persönliche Leistung

Die persönliche Leistung ist die Leistung, die nur bei der Leistungserbringung durch den Schuldner selbst als vertragsgemäß beurteilt werden kann.321 Obwohl der Begriff der persönlichen Leistung vielfach benutzt wird, ist der Begriff nicht gesetzlich konkret geregelt.322 Vielmehr erscheinen die Ausdrücke »persönlich«, »in Person« oder »Unübertragbarkeit« an unterschiedlichen Stellen des Gesetzes.323 Paradigmatisch ist der Dienstvertrag auf die persönliche Leistung auszurichten.324 Bezüglich des Leistungsbegriffs sehen das BGB und das KBGB dogmatisch vor, dass die nicht in Person erbrachte Leistung der zentrale Leistungstypus sei. Hiernach stelle die persönliche Leistung einen Ausnahmefall dar.325 Ob die persönliche Leistung systematisch einen zentralen Leistungsbegriff bilden kann, weil die Sachleistung selbst begrifflich die Handlungsschuld zur Sachverschaffung zugrunde legt, soll hier nicht ausführlich besprochen werden, um die thematische Grenze dieser Arbeit nicht zu überschreiten.326 Trotzdem deutet ein solcher Denkansatz darauf hin, dass die persönliche Leistung kein Sonderfall ist. Dadurch kann ein neuer Blickwinkel bezüglich der Minderungsproblematik des Dienstvertrages eingenommen werden. Denn aus diesem Blickwinkel trägt das Argument nicht, dass das Dienstvertragsrecht ein Sonderregime sei und daher die Rechtsbehelfe für die Schlechtleistung beim Dienstvertrag auch besonders geregelt werden müssten. 1.

Begriff der persönlichen Leistung

Aus den Gesetzestexten des BGB, KBGB und DCFR ergibt sich kein eindeutiger Begriff der persönlichen Leistung. Was aus den Gesetzestexten jedoch herge320 Hierzu ausführlich s. u. Zweiter Teil § 2 III. 321 Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 64–90; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band II (4. Aufl. 1992), S. 479, 490; Staudinger/Caspers (2014), BGB § 275 Rn. 64ff.; Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 228f., 251f.; Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 1. 322 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 4ff. 323 §§ 267, 275 Abs. 3, 613 S. 1, 664 Abs. 1, 713, 691 BGB. 324 § 613 BGB, § 657 Abs. 2 KBGB. 325 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 7. 326 Zur dogmatischen Umsetzung in diese Richtung s. Weller, Persönliche Leistungen (2012).

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

leitet werden kann, ist die Tatsache, dass der Gläubiger einer persönlichen Leistung an dieser kein Interesse hat, wenn sie durch Dritte erbracht wurde.327 Nur der Schuldner kann die Leistung vertragsgemäß erfüllen. Sein Leistungsvermögen sei das wichtigste Vertragselement vonseiten des Gläubigers.328 Leistungsvermögen meint die gesamten persönlichen Fähigkeiten des Dienstverpflichteten, die für die Erbringung der Dienste von Bedeutung sind.329 Warum dem Gläubiger beim Dienstvertrag das Leistungsvermögen des Schuldners so wichtig ist, bleibt offen.330 Ein typischer Grund, der vom Dienstvertrag induziert wird, ist die Bestimmungsschwierigkeit des Leistungsinhalts. Bei Vertragsschluss können der Dienstberechtigte und sogar der Dienstverpflichtete sich während der Vertragsabwicklung möglicherweise ergebende Probleme nicht hinreichend genau abschätzen und deshalb nicht präzise bestimmen, welche Verpflichtung der Dienstverpflichtete in jedem Falle zu erfüllen hat. Um sein Interesse an einer vertragsgemäßen Erfüllung zu wahren, wird der Dienstberechtigte folgerichtig dem Dienstverpflichteten das Vertrauen einerseits in seine Person selbst331 und andererseits in sein Leistungsvermögen schenken. Denn das objektive Leistungsvermögen, das in der Person des Dienstverpflichteten selbst liegt, kann nicht durch den bloßen Willen des Dienstverpflichteten willkürlich ersetzt werden.332 Dadurch kann der Gläubiger im Rahmen der objektiven Perspektive eine relativ vorhersehbare Grundlage zur Sicherung seines Interesses schaffen.333 Trotz dieser Erläuterung kann die persönliche Leistung begrifflich nicht konkret erfasst werden. Grundsätzlich ist der Begriff der Leistung selbst noch umstritten.334 Aber, wenn der Begriff der Leistung präzisiert wird, setzt eine Leistung die Person des Leistenden voraus, unabhängig davon, ob entweder eine Sachverschaffung oder Handlung Leistungsinhalt ist. Daher enthält eine MünchKomm/Krüger (7. Aufl. 2016), BGB § 267 Rn. 1. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 615 Rn. 43f. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 169f. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 9. S. Motive II, S. 32; Mugdan II, S. 17. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 615 Rn. 43. S. auch BAG, Urteil vom 29. 10. 1998 – 2 AZR 666/97, NZA 1999, 377. 333 Diesbezüglich ist noch fraglich, ob das Vertrauen beim Dienstvertrag als eine zu fordernde Leistung aufgefasst werden darf, weil es beim Vertragsschluss als ein Interesseelement in Rechnung gestellt werden kann. Die herrschende Ansicht verneint dies. S. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 13ff. Zur Abgrenzung von der Verpflichtung vgl. Staudinger/ Olzen (2015), BGB § 241 Rn. 128ff. 334 Hierzu eingehend s. Beck, Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung (2008), S. 34ff.; Schmidt, Die Unmöglichkeit der Erfüllung in Ansehung der Zeit (2007), S. 16ff.; Sutschet, Garantiehaftung und Verschuldenshaftung im gegenseitigen Vertrag (2006), S. 17ff.; Himmelschein, AcP 135 (1932), 255, 282; Stoll, AcP 136 (1932), 257.

327 328 329 330 331 332

Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag

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Leistung einerseits ein Handlungssubjekt, andererseits ein vereinbartes Handlungsbündel.335 Die Frage, ob dieses Handlungsbündel am Ende auf die Verschaffung einer Sache abzielt oder nur im Stadium der Erbringung der vereinbarten persönlichen Handlungen verweilt, macht hier keinen Unterschied, weil die Tatsache, dass eine Leistung auf dem Handlungsbündel des Leistungssubjekts beruht, trotz des unterschiedlichen Endziels unverändert bleibt.336 Wenn man diesen Gedanken auf die Spitze treibt, fällt die Sachverschaffungsleistung unter den Überbegriff der Handlungsleistung. Die Leistung ist letztlich das Handlungsbündel, das der Gläubiger vom Schuldner aufgrund des Schuldverhältnisses oder des Gesetzes rechtlich verlangen kann.337 Natürlich steht diesem handlungsbezogenen Leistungsbegriff der konventionelle Leistungsbegriff entgegen.338 Hier ist aber nicht die Wandlung des Leistungsbegriffs von Bedeutung, sondern vielmehr die Wahrnehmung, dass die persönliche Leistung im Rahmen des Vertragsrechts keine Ausnahme sein muss. Die Tatsache, ob ein Dienst- oder ein Kaufvertrag abgeschlossen ist und, ob die Handlungs- oder Sachverschaffungspflichten entgeltlich vereinbart werden, macht hinsichtlich der Minderung keinen Unterschied. Angesichts der Minderungsproblematik liegt der Schwerpunkt in Bezug auf die persönliche Leistung vielmehr in dem relativ rudimentär vereinbarten Inhalt der persönlichen Leistung selbst,339 der jedoch das minimale Bestimmtheitserfordernis (essentialia negotii) für die Wirksamkeit eines Vertrages überschreitet.340 Denn ein unbestimmter Vertrag verhindert, die Forderung gerichtlich durchzusetzen und die im Fall der Leistungsstörung zustehenden Rechtsbehelfe auszuüben. Es besteht sogar das Risiko, dass ein unbestimmter Vertrag die Richter zwingt, diesen willkürlich zu ergänzen.341 Daher muss der Leistungsgegenstand mit Hilfe der ergänzenden Vertragsauslegung342 und der Vorschriften wie §§ 315ff. BGB bestimmbar 335 Vgl. die Definition von Performance beim DCFR und Art. III. – 1:102 (2). S. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 76. 336 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 15. 337 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 15. 338 S. Staudinger/Olzen (2015), BGB § 241 Rn. 135. 339 MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 1 ff.; Jauernig/Stadler (15. Aufl. 2014), BGB § 315 Rn. 2. 340 MünchKomm/Bachmann (7. Aufl. 2016), BGB § 241 Rn. 12; BGH, Urteil vom 27. 1. 1971 – VIII ZR 151/69, NJW 1971, 653. 341 Ayres/Gertner, Filling Gaps in Incomplete Contracts: An Economic Theory of Default Rules, 99 Yale L. J. 87, 93 (1989); Epstein, Facilitating Incomplete Contracts, 65 Case W. Res. L. Rev. 297, 299–302 (2014); Baker/Krawiec, Incomplete Contracts in a Complete Contract World, 33 Fla. St. U. L. Rev. 725, 726 (2006). 342 BGH, Urteil vom 4. 4. 2006 – X ZR 80/05, NJW-RR 2007, 56, 57; BGH, Urteil vom 4. 4. 2006 – X ZR 122/05, NJW 2006, 2472, 2473; BGH, Urteil vom 9. 12. 2014 – VI ZR 138/14, NZV 2015, 177, 178.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

sein.343 Im Fall eines Dauerschuldverhältnisses muss außerdem die Dauer der Leistung bestimmbar sein.344

2.

Regelungen über Drittleistung und Einschaltung des Erfüllungsgehilfen

Bezüglich des Leistungsinhalts der persönlichen Leistung lässt sich aus den Vorschriften des BGB, KBGB und DCFR ableiten, welche Tatsache bei der Erbringung der persönlichen Leistung rechtlich in den Vordergrund zu stellen ist, wie das Gläubigerinteresse abgewogen wird und in welchem Fall eine Pflichtverletzung vorliegt. Natürlich wird der Gläubiger bei einem Vertrag über eine persönliche Leistung auf die Person des Schuldners Wert legen. In BGB, KBGB und DCFR ist die persönliche Leistung auf zweierlei Weise geregelt. Erstens kann ein Dritter die Leistung nach § 267 Abs. 1 S. 1 BGB erbringen, wenn sich der Schuldner nicht verpflichtet, in Person zu leisten. In diesem Fall hat die Drittleistung ohne Einwilligung des Schuldners Erfüllungswirkung.345 Wenn der Schuldner der Drittleistung widerspricht, kann der Gläubiger die Leistung nach § 267 Abs. 2 BGB ablehnen. Das heißt, der Gläubiger ist keinesfalls verpflichtet, die Leistung abzulehnen, falls der Schuldner widerspricht.346 Denn daraus, dass der Gläubiger kraft Schuldverhältnisses vom Schuldner die geschuldete Leistung fordern kann, folgt nicht, dass der Gläubiger die Leistung nur von dem Schuldner erhalten darf.347 Die Drittleistung hat nur keine Erfüllungswirkung, falls sie dem Willen des Gläubigers widerspricht und dem Gläubigerinteresse entgegensteht – indes, wenn der Schuldner die Leistung in Person zu erbringen hat.348 Die Regelungen des KBGB sind grundsätzlich ähnlich. Nach § 469 Abs. 1 KBGB kann ein Dritter die Leistung bewirken, es sei denn, die Eigenschaft der Verpflichtung oder die Abrede gestatten dies nicht.349 Ein Dritter, der kein berechtigtes Interesse an der Leistung hat, darf die Leistung nicht erfüllen, S. MüKoZPO/Becker-Eberhard (4. Aufl. 2013), ZPO § 253 Rn. 66ff. MünchKomm/Bachmann (7. Aufl. 2016), BGB § 241 Rn. 15. § 267 Abs. 1 S. 2 BGB. MünchKomm/Krüger (7. Aufl. 2016), BGB § 267 Rn. 16. MünchKomm/Krüger (7. Aufl. 2016), BGB § 267 Rn. 1. MünchKomm/Krüger (7. Aufl. 2016), BGB § 267 Rn. 1; Staudinger/Bittner (2014), BGB § 267 Rn. 4 ff. 349 § 469 KBGB: »[Leistung durch Dritte] (1) Die Leistung kann auch durch einen Dritten erbracht werden, es sei denn, daß ihrer Natur nach die Erfüllung durch Dritte unzulässig ist oder durch Abrede ausgeschlossen wurde. (2) Ein Dritter, der kein Interesse an der Erfüllung der Schuld hat, kann die Schuld gegen den Willen des Schuldners nicht erfüllen.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 102.

343 344 345 346 347 348

Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag

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wenn der Schuldner widerspricht.350 Das heißt, die Drittleistung hat keine Erfüllungswirkung, wenn der Schuldner widerspricht und der Dritte kein berechtigtes Interesse an der Leistung hat.351 Insoweit ist die Rechtsfolge der Drittleistung anders als beim BGB, weil beim KBGB der Dritte, der kein Interesse an der Leistung hat, nicht gegen den Willen des Schuldners leisten darf.352 Auch im DCFR sind Regelungen über die Drittleistung vorgesehen. Nach Art. III. – 2:107 (1) DCFR kann der Gläubiger die Drittleistung zurückweisen, wenn sich der Schuldner vertraglich verpflichtet, die Leistung in Person zu erbringen. Der Gläubiger kann die Leistung jedoch dann nicht zurückweisen, wenn die Drittleistung mit Einwilligung des Schuldners erbracht wird bzw. der Dritte ein berechtigtes Interesse an der Leistung hat, aber die Leistung des Schuldners entweder nicht erbracht wurde oder es offensichtlich scheint, dass die Leistung zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht erbracht werden wird.353 Außerdem kann der Gläubiger die Drittleistung, die keine persönliche Leistung ist, annehmen, obwohl keine Einwilligung des Schuldners vorhanden ist und der Dritte kein berechtigtes Interesse an der Leistung hat.354 In diesem Fall haftet der Gläubiger gegenüber dem Schuldner für alle Verluste, die durch seine Annahme verursacht werden.355 Auffällig ist § 469 Abs. 2 KBGB. Nach § 469 Abs. 2 KBGB ist die Leistung des Dritten, der kein berechtigtes Interesse an der Leistung hat, ausgeschlossen, wenn der Schuldner widerspricht. Somit wird die Entscheidung des Gläubigers über die Annahme der nicht in Person zu erbringenden Leistung vom Willen des Schuldners abhängig.356 Fragwürdig ist hier, warum der Wille des Gläubigers zur Annahme der Leistung, die keiner Mitwirkungspflicht unterliegt, unter den Einfluss des Schuldnerwillens gestellt wird.357 Für diesen Fall scheint vielmehr der Weg des Art. III. – 2:107 (3) DCFR angemessen. Die Erfüllungswirkung erfolgt, weil der Gläubiger dies gewollt hat. Hingegen haftet der Gläubiger gegenüber dem Schuldner für die Konsequenzen seiner Annahme.358 350 § 469 Abs. 2 KBGB. 351 S. Yong-Dam Kim/Jun-Young Jung, Kommentar zum BGB, Schuldrecht Allgemeiner Teil (4) (2014), S. 154. 352 Beim BGB ist die Einwilligung des Schuldners im Fall der Drittleistung hingegen nicht erforderlich (§ 267 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Widerspruch des Schuldners hat keinen Einfluss auf die Entscheidung des Gläubigers, die Leistung abzulehnen oder anzunehmen (§ 267 Abs. 2 BGB). 353 Art. III. – 2:107 (1) DCFR. 354 Art. III. – 2:107 (3) DCFR. 355 Art. III. – 2:107 (3) DCFR. 356 S. Yong-Dam Kim/Jun-Young Jung, Kommentar zum BGB, Schuldrecht Allgemeiner Teil (4) (2014), S. 162f. 357 Vgl. Art. III. – 2:107 (3) DCFR. 358 S. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 742.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Zweitens sehen § 613 S. 1 BGB und § 657 Abs. 2 KBGB eine dispositive Auslegungsregel vor.359 Danach hat der Dienstverpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Ein paradigmatisches Beispiel dafür ist der Arztvertrag. Bei einer Wahlleistungsvereinbarung hat der ausgewählte Arzt die versprochene Kernleistung grundsätzlich selbst zu erfüllen,360 weil das Gläubigerinteresse und die Gegenleistung sich auf die persönlichen Erfahrungen und Kompetenz dieses Arztes stützen.361 Wenn der Arzt entgegen der Vereinbarung die Kernleistung durch Hinzuziehung eines Erfüllungsgehilfen erbringen lässt, verliert er seinen Vergütungsanspruch,362 weil die erbrachten Leistungen als aliud Leistungen zu qualifizieren sind.363 Trotzdem ist die Hinzuziehung anderen Hilfspersonals gestattet, falls es sich um einen ungefährlichen Eingriff, wie »venöse Blutentnahmen, subkutane und intrakutane Injektionen« handelt,364 weil dies dem Gläubigerinteresse entspricht. Wie § 613 S. 1 BGB regeln § 657 Abs. 2 KBGB und Art. IV.C. – 2:104 (1) DCFR die Unübertragbarkeit der höchstpersönlichen Leistung. Nach § 657 Abs. 2 KBGB darf der Dienstverpflichtete nicht ohne Erlaubnis des Dienstberechtigten die Dienste von einem Dritten erbringen lassen.365 Dagegen kann der Dienstleister nach Art. IV.C. – 2:104 (1) DCFR die Diensterbringung von einem Dritten ausführen lassen, ohne dass der Kunde zustimmt. Dies gilt jedoch nicht, wenn im Vertrag eine persönliche Leistung geschuldet ist.366 Ob eine persönliche Leistung geschuldet ist, entscheidet unter Erwägung der Umstände des Einzelfalls das Gericht.367 Die ausreichende Kompetenz des Subunternehmers muss aber gesichert sein,368 falls die Erbringung der persönlichen Leistung von einem Subunternehmer übernommen wird. Er muss also den Maßstab nach Art. IV.C. – 2:105 DCFR einhalten.369 Die Übertragbarkeit der Leistung beim Dienstvertrag im DCFR wird damit begründet.370

359 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 2; Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 582. 360 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 73. 361 BGH, Urteil vom 20. 12. 2007 – III ZR 144/07, NJW 2008, 987; MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 3. 362 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 74; MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 613 Rn. 3. S. auch OLG Koblenz, Urteil vom 21. 2. 2008 – 5 U 1309/07, NJW 2008, 1679. 363 Zur Qualifizierung der aliud Leistung s. u. Zweiter Teil § 3 II 3. 364 Hahn, NJW 1981, 1977, 1981. 365 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 581. 366 Schulze/Zimmermann, Europäisches Privatrecht (5. Aufl. 2016), S. 799. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1636f. 367 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1636. 368 Art. IV.C. – 2:104 (2) DCFR. 369 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1637. 370 S. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1638.

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Ein Subunternehmer kann auch vom Kunden einbezogen werden.371 In diesem Fall wird die Verantwortlichkeit des Dienstleisters nach Artt. IV.C. – 2:107, IV.C. – 2:108 DCFR bestimmt. 3.

Äquivalente persönliche Leistung

Übereinstimmend zwischen den drei Regelungssystemen ist, dass die persönliche Leistung nicht durch einen Dritten erbracht werden kann, somit unübertragbar ist.372 Dies bedeutet, dass der Gläubiger einer persönlichen Leistung vertraglich ein berechtigtes Interesse an der Person des Leistenden selbst, also an dessen Leistungsvermögen und -willen hat. Im Gegensatz dazu hat der Gläubiger einer nicht in Person zu erbringenden Leistung kein Interesse daran, wer sie bewirkt.373 Dieser Gedanke wird beim Dienstvertrag so paraphrasiert, dass ein Dienstvertrag auf dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner basiere.374 Aus dem Blickwinkel der Interessenabwägung sind die persönlich geschuldeten Leistungen beim Dienstvertrag die mangelfreien Dienste,375 welche nach der vereinbarten bzw. vertraglich vorausgesetzten Sachkenntnis, mit ordnungsgemäßer Sorgfalt und im versprochenen bzw. vernünftigerweise vorausgesehenen Zeitraum in Person erbracht werden müssen.376 Ob die Dienste vertragsgemäß erbracht wurden, beurteilt der Gläubiger, weil sie zur Erfüllung des vom ihm bei Vertragsschluss vorgesehenen Geschäftszweckes tauglich sein müssen. Nach dieser Erwartung berechnet der Dienstberechtigte die Vergütung der Dienste. Im Hinblick auf die Mangelfreiheit der Leistung und die dahinterstehende subjektive Äquivalenz wird der Dienstvertrag dem Kauf- und Werkvertrag gleichgestellt, wenn sein besonderes Vertrauensverhältnis nicht in den Vordergrund gestellt wird. Dieser Berechnungsvorgang der Gegenleistung wirft in Hinblick auf die subjektive Äquivalenz bei einem Vertrag über persönliche Leistungen mehrere 371 372 373 374

Art. IV.C. – 2:104 (4) DCFR. § 613 S. 1 BGB, § 657 Abs. 2 KBGB, Art. IV.C. – 2:104 (1) DCFR. Jauernig/Stadler (15. Aufl. 2014), BGB § 267 Rn. 1. S. Motive II, S. 32; Mugdan II, S. 17. In diesem Sinne weicht das Vertrauen bei der persönlichen Leistung von dem Vertrauen ab, das am Wort des creditor besteht. Vgl. Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht (8. Aufl. 1997), S. 261. Zur besonderen Betonung der Rolle des Vertrauens beim Dauerschuldverhältnis formulierte von Gierke den Dienstvertrag als »Geschäfte der sozialen Organisation« um. Damit werde »ein personenrechtliches Verhältnis zwischen Herr und Diener« begründet. von Gierke, Dauernde Schuldverhältnisse (1914), S. 409. 375 Zur Mangelfreiheit beim Kauf- und Werkvertrag vgl. §§ 433 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB, §§ 569ff., 667ff. KBGB und Artt. IV.A. – 2:301ff., IV.C. – 3:104, IV.C. – 5:105, IV.C. – 6:104, IV.C. – 7:105 DCFR. Die Mangelfreiheit der Sachen regelt das KBGB nicht ausdrücklich. 376 S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 228ff.

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Probleme auf, weil ein solcher Vertrag keinen körperlich vorhandenen und konkret vorstellbaren Leistungsgegenstand enthält. Zum Beispiel existiert der Gegenstand des Dienstvertrages anders als beim Kaufvertrag bei Vertragsschluss nicht körperlich und ist anders als beim Werkvertrag nicht konkret vorstellbar. Einzige Grundlage ist das Vertrauen des Dienstberechtigten in die Person des Schuldners.377 Angesichts dieses Vertrauens kann der Dienstberechtigte trotz der unpräzisen Beschreibung des Leistungsinhalts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses sein Vertragsinteresse bewahren. Wer sein Vertragsinteresse noch weitergehend bewahren will, ersetzt das Vertrauen durch die präzisen Vereinbarungen des Leistungsinhalts. Eine gänzlich perfekte Präzisierung übernähme die Rolle des Vertrauens. Trotzdem gelingt dies bei fast allen Dienstverträgen nicht, weil es in der Tat unmöglich ist, die zukünftige Leistung des Schuldners vorher lückenlos zu bestimmen.378

II.

Konkretisierung der Leistung beim Dienstvertrag

Ausgangspunkt zur Bestimmung der geschuldeten Leistung sollte die Vertragsauslegung sein, bei welcher der wirkliche Wille in Hinblick auf Treu und Glauben, unabhängig vom Wortlaut des Vertrages, erforscht wird.379 Diese Vertragsauslegung ist nichts anderes als die objektive Auslegung der Willen, die normalerweise aus Erwartung und Gegenerwartung besteht, die von den Erklärenden als gleichwertig beurteilt wurden.380 Dies wird beim gegenseitigen Vertrag als Synallagma und subjektive Äquivalenz bezeichnet.381 Im Rahmen der subjektiven Äquivalenz liegt eine Pflichtverletzung vor, wenn die Erwartung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der wirklichen Erscheinung, welche die erbrachten Leistungen herbeiführt, nicht entspricht. Anders formuliert liegt eine Pflichtverletzung vor, wenn die Leistung mangelhaft ist, verzögert erfolgt oder ausbleibt, es sei denn, das verschuldensunabhängige Risiko des fehlerhaften Ergebnisses wird vertraglich einem Teil zugewiesen.382 Im Falle einer Pflichtverletzung sind vom jeweiligen Gesetzgeber in BGB, KBGB und DCFR Rechtsbehelfe vorgesehen. Entscheidend ist, 377 Zu dem subjektiven Leistungsmaßstab beim Dienstvertrag s. u. Zweiter Teil § 2 II 1 a. 378 Looschelders, Schuldrecht, Besonderer Teil (6. Aufl. 2011), Rn. 558. 379 Staudinger/Singer (2012), BGB § 133 Rn. 1 f. BGH, Urteil vom 23. 2. 1956 – II ZR 207/54, NJW 1956, 665. 380 Zu dem Prinzip der Selbstbestimmung und der Vertragsfreiheit s. Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 5ff.; Staudinger/Singer (2012), BGB § 133 Rn. 1 f. 381 Zur objektiven Äquivalenz vgl. Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 8ff. 382 Darüber hinaus stellt die positive Forderungsverletzung eine Pflichtverletzung dar. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 280 Rn. 10; Zimmer, NJW 2002, 1, 1ff.

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welcher Rechtsbehelf, wie Nacherfüllung, Schadensersatz, Rücktritt bzw. Kündigung und gegebenenfalls Minderung, zur Beseitigung der Pflichtverletzung geeignet ist.383 Folgerichtig ist zunächst die Erwartung des Gläubigers im Rahmen des Dienstvertrages zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln. 1.

Billiges Ermessen zur Leistung

Die Dienstleistung kann zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht präzise vereinbart werden.384 Daher wird dem Dienstverpflichteten ein Ermessensspielraum zur Erfüllung gegeben. Dieser Ermessensspielraum wird im Gesetzestext als »Bestimmung nach billigem Ermessen« dargestellt.385 Die im Gesetz vorgeschriebene Beschränkung des einseitigen Gestaltungsrechts zur Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen zeigt bereits das gesetzgeberische Bedenken, dass das einseitige Bestimmungsrecht willkürlich ausgeübt werden könnte.386 In der Regel wird bezüglich des Weisungsrechts des Dienstberechtigten das einseitige Bestimmungsrecht (§ 315 BGB) thematisiert.387 Jedoch kann das einseitige Bestimmungsrecht auch durch den Dienstverpflichteten ausgeübt werden. Aus der unbilligen Ermessensausübung vonseiten des Dienstverpflichteten folgt die Problematik der Schlechtleistung im Dienstvertragsrecht.388 Weil es zur nachträglichen Leistungsbestimmung beim Dienstvertrag keiner Willenseinigung bedarf, lässt sich das einseitige Bestimmungsrecht gesetzlich zur Wahrung der Interessen beider Vertragsteile beschränken.389 Nach dem Gesetzestext wird die getroffene Bestimmung nur, dann verbindlich, wenn sie als billig erachtet werden kann.390 Dementsprechend ist der Dienstberechtigte nicht verpflichtet, eine vertragswidrige Leistung anzunehmen. Trotzdem bleibt undeutlich, was unter »Billigkeit« zu verstehen ist.391 Daher 383 Aus dieser Sicht wird die Kompatibilität zwischen Rücktritt und Kündigung beim Dauerschuldverhältnis geprüft werden. Dazu ausführlich s. u. Dritter Teil § 5 III 3. 384 Zu den rahmenmäßigen Vereinbarungen s. MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 2. 385 § 315 Abs. 1 BGB. Vgl. Art. II. – 9:105 DCFR. 386 MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 3 f.; von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 599f. 387 MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 67ff. S. auch ErfK/Preis (17. Aufl. 2017), GewO § 106 Rn. 1 ff. 388 Zu subjektivem Leistungsbegriff und Problematik der Schlechtleistung s. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 645, 682ff. 389 MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 4. Vgl. auch ErfK/Preis (17. Aufl. 2017), GewO § 106 Rn. 6. 390 § 315 Abs. 3 S. 1 BGB. S. auch Staudinger/Rieble (2015), BGB § 315 Rn. 318ff. 391 S. Staudinger/Rieble (2015), BGB § 315 Rn. 318. S. auch BAG, Urteil vom 12. 10. 1961 – 5 AZR 423/60, NJW 1962, 268, 269; BGH, Urteil vom 24. 6. 1991 – II ZR 268/90, NJW-RR 1991,

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ist es dringend notwendig, dies im Rahmen des Dienstvertrages zu klären.392 Bemerkenswert ist, dass nur die grob unvernünftige (grossly unreasonable) Bestimmung der Leistung auf ihre Billigkeit hin geprüft wird.393 Die Vernünftigkeit (reasonableness) muss, mit Rücksicht auf Art und Zweck der Handlung, die Umstände des Einzelfalls und die relevante Verkehrssitte, objektiv festgestellt werden.394 Die aktuelle Rechtsprechung versucht ebenfalls, die Billigkeit der Leistungsbestimmung im Rahmen des Leistungsmaßstabs beim Dienstvertrag klarzustellen.395 Dies bedeutet aber nicht, dass der Dienstverpflichtete zur dem objektiven Leistungsmaßstab entsprechenden Leistung verpflichtet ist.396 Grundsätzlich verpflichtet sich der Dienstverpflichtete, die Dienste nach angemessener Ausschöpfung seiner »geistigen und körperlichen« Fähigkeiten sorgfältig zu leisten.397 Daher können ganz unterschiedliche Ergebnisse aus dem Leistungsvermögen folgen, die alle vertragsgemäße Leistungen sind.398 Hier liegt der Grund, warum der Leistungserfolg im Dienstvertragsrecht nicht in Betracht gezogen wird. Allerdings zeigt die Tendenz der Rechtsprechung, dass eine gewisse Konkretisierung der Leistung beim Dienstvertrag mit Hilfe der normativen Willensauslegung möglich ist.399 a. Subjektiver Leistungsmaßstab Der individuelle Leistungsmaßstab für die Qualität der Dienstleistung, der nach der Rechtsprechung anzunehmen ist, erschwert die Feststellung der

392

393 394 395

396 397 398 399

1248, 1249; Gemeins. Senat der obersten Bundesgerichte, Beschluss vom 19. 10. 1971 – GmS – OGB 3/70, NJW 1972, 1411. MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 31. Zur Bestimmung eines billigen Ermessens s. »Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind«. BAG, Urteil vom 12. 10. 2011 – 10 AZR 757/10, AP BGB § 315 Nr. 98. Vgl. Art. II. – 9:105 DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 600. Vgl. Art. I. – 1:104 DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 90ff. BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, NJW 2008, 3019; BAG, Urteil vom 3. 6. 2004 – 2 AZR 386/03, NZA 2004, 1380; BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, NZA 2008, 693. S. Friemel/Walk, NJW 2005, 3669, 3671. Zur krankheitsbedingten Leistungsminderung s. BAG, Urteil vom 26. 9. 1991 – 2 AZR 132/91, NZA 1992, 1073. BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784; BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, NZA 2008, 693; BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, BeckRS 2008, 52830. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 139ff. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 643. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 644; MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 19ff.; Tschöpe, BB 2006, 213, 214. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 170ff.; Tillmanns, RdA 2009, 391, 393.

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Vertragsgemäßheit der Leistung.400 Denn ein sorgfältiger Dienstverpflichtete unterliegt höheren Qualitätsanforderungen.401 Wer dagegen ein unterdurchschnittliches Leistungsvermögen innehat, schuldet nur die unterdurchschnittliche, nämlich die seinem Leistungsvermögen entsprechende, Leistung.402 Infolgedessen entwickelte die Rechtsprechung die Ansicht, dass ein Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden solle, wenn er eine Leistung von mittlerer Art und Güte erbracht hat.403 In diesem Fall ist § 243 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden, um den Arbeitnehmer zu schützen, indem einem sorgfältigen Dienstverpflichteten eine mittlere Qualitätsanforderung abverlangt wird.404 Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Arbeitnehmer die Dienste »mittlerer Art und Güte« schuldet, obwohl sich dieser Ausdruck unmittelbar in den Urteilen findet.405 Vielmehr kann dies so auszulegen sein, dass der Arbeitnehmer nichts über die Dienste »mittlerer Art und Güte« hinaus schuldet.406 Nicht beantwortet ist die Frage, was der Dienstverpflichtete darüber hinaus im Rahmen der Leistungsqualität schuldet. 400 Zum Beispiel sagt die Rechtsprechung zum individuellen Leistungsmaßstab Folgendes: »Der Arbeitnehmer ist schon aufgrund seines Arbeitsvertrags verpflichtet, die übertragene Arbeit unter Anspannung der ihm möglichen Fähigkeiten ordnungsgemäß zu verrichten, d. h. konzentriert und sorgfältig zu arbeiten und die Arbeit nicht zu unterbrechen, um privaten Interessen nachzugehen.« BAG, Beschluss vom 14. 1. 1986 – 1 ABR 75/83, NJW 1986, 1952. S. auch BAG, Urteil vom 17. 7. 1970 – 3 AZR 423/69, NJW 1971, 111; BAG, Urteil vom 21. 5. 1992 – 2 AZR 551/91, NZA 1992, 1028; BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/ 02, NJW 2004, 2545. 401 ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 644. 402 Zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast s. »Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen, gegebenenfalls das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft.« BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 –2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. 403 »Im übrigen kann der Arbeitgeber auch nicht von den Arbeitnehmern stets die Einhaltung der »optimalen Laufgeschwindigkeit« verlangen, denn der Arbeitnehmer schuldet nur eine Tätigkeit von mittlerer Art und Güte, was auch bei den Vorgaben zur Ausführung der geschuldeten Tätigkeit von dem Arbeitgeber zu beachten ist.« ArbG Berlin, Urteil vom 29. 2. 1996 – 38 Ca 24076/95, BeckRS 1996, 30888881. Außerdem verlangt das BAG in Bezug auf die Kündigung als Schwelle ein Drittel der Normalleistung. »In diesem Sinne hat es der Senat im Rahmen einer krankheitsbedingten Kündigung als erhebliche Minderleistungen angesehen, wenn eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin die – seinerzeit dem Umfang nach unstreitige – Normalleistung dauerhaft um ein Drittel unterschritt.« BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. 404 ArbG Celle, Urteil vom 14. 5. 2001 – 2 Ca 73/01, NZA-RR 2001, 478, 480. Vgl. Hunold, BB 2003, 2345, 2346f. 405 BAG, Urteil vom 17. 3. 1988 – 2 AZR 576/87, NJW 1989, 546, 547. S. auch ArbG Celle, Urteil vom 14. 5. 2001 – 2 Ca 73/01, NZA-RR 2001, 478, 480; ArbG Berlin, Urteil vom 29. 2. 1996 – 38 Ca 24076/95, BeckRS 1996, 30888881. 406 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 144f.

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Außerhalb des Arbeitsrechts steht noch bei den freien Berufen der Äquivalenzgedanke im Vordergrund. Der Dienstverpflichtete schuldet direkt, was er beim Vertragsschluss versprochen hat.407 Der Rechtsanwalt beispielsweise verpflichtet sich, seine Fachkenntnis für den Rechtsstreit anzuwenden.408 Darüber hinaus schuldet der Dienstverpflichtete jedoch nicht, sich weitere Sachkenntnisse anzueignen, als er beim Vertragsschluss versprochen hat. Natürlich kommt ihm der außerrechtliche Vorteil der besseren Reputation im Markt zu, aus der sich nach ökonomischer Betrachtung eine erhöhte Wettbewerbskompetenz ergibt, falls die Qualität der Dienste über das Geschuldete hinausgeht.409 Aus dieser erhöhten Wettbewerbskompetenz folgt die Bereitschaft, eine höhere Vergütung zu entrichten. Umgekehrt erleidet der Dienstverpflichtete eine ökonomische Einbuße durch Reputationsverlust, falls er die geschuldete Leistung unvollständig erbringt.410 Dies spielt vor allem bei den freien Berufen eine große Rolle, weil dieser Vertragstyp auf besonderem Vertrauen beruht.411 Jedoch rechtfertigt dieses tatsächliche Ergebnis nicht, dass es keines weiteren Rechtsbehelfs für die Schlechtleistung bedürfe, weil die Vertragsinteressen beider Parteien mithilfe dieses zusätzlichen ökonomischen Vor- oder Nachteils ausgeglichen werden könnten. Denn die direkte Interesseneinbuße des Gläubigers innerhalb des Schuldverhältnisses im Rahmen des Vertragsrechts bleibt im Rahmen des Vertragsrechts unberührt. b. Objektivierungsversuch des Leistungsmaßstabs nach § 243 Abs. 1 BGB Ungeachtet der Rechtsprechung kann gefragt werden, ob § 243 Abs. 1 BGB als allgemeiner Leistungsmaßstab auf den Dienstvertrag angewendet werden darf.412 Dafür spräche, dass der Schuldner stets dem Anreiz unterläge, dem Gläubiger eine schlechtere Leistung zu erbringen, wenn er nach seinem freien Ermessen die Leistung auswählen könnte.413 Außerdem ist die Tatsache, dass dem Dienstverpflichteten der Ermessensspielraum zur Leistung nur im Rahmen seines Leistungsvermögens zusteht, vergleichbar mit der Vorratsschuld, 407 Vgl. Art. IV.C. – 2:105 (2) DCFR. 408 Zum Anwaltsvertrag s. Feuerich/Weyland/Schwärzer (9. Aufl. 2016), BRAO § 44 Rn. 14ff. Zum Arztvertrag s. Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts (4. Aufl. 2010), § 42 Rn. 3ff. 409 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 154. 410 Charny, Nonlegal Sanctions in Commercial Relationships, 104 Harv. L. Rev. 373, 393 (1990); Wilkins, Who Should Regulate Lawyers?, 105 Harv. L. Rev. 799, 824–25 (1992); van Erp, Reputational Sanctions in Private and Public Regulation, 1 Erasmus L. Rev. 145, 155 (2008). 411 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn. 20ff. und 25ff. Vgl. auch van Erp, Reputational Sanctions in Private and Public Regulation, 1 Erasmus L. Rev. 145, 145–46 (2008). 412 Vgl. § 360 HGB. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 134ff. 413 Vgl. Akerlof, The Market for »Lemons«: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, 84 Q. J. Econ. 488 (1970); Schulte-Nölke, No Market for ›Lemons‹, European Review of Private Law 2–2015, S. 197.

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die als Gattungsschuld anzusehen ist.414 Jedoch ist diese Ansicht fragwürdig, weil § 243 Abs. 1 BGB deutlich ausdrückt, dass die Vorschrift anzuwenden ist, wenn der Schuldner eine der Gattung nach bestimmte »Sache« schuldet.415 Anders als § 243 Abs. 1 BGB nahm § 279 BGB a. F. den Ausdruck »Gegenstand« auf.416 Deswegen war diese Frage noch stärker umstritten.417 Trotz des Wortlauts von § 279 BGB a. F. beschränkte sich der anfänglich konzipierte Anwendungsbereich der Vorschrift nur auf die Sachleistung.418 Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 243 Abs. 1 BGB (oder § 279 BGB a. F.) auf den Dienstvertrag wurde von einigen Wissenschaftlern ganz419 oder nur bei der Arbeitsleistung420 befürwortet. Nach letzterer Ansicht werden unselbstständige von selbstständigen Dienstleistungen anhand des Gattungsschuldcharakters unterschieden.421 Hingegen verneinten andere gänzlich den Gattungsschuldcharakter des Dienstvertrages und stellten die Dienstleistung als Speziesschuld dar.422 Trotzdem führen diese Kategorisierungen nicht notwendigerweise zu einer Antwort auf die Frage nach der Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 243 Abs. 1 BGB.423 Denn die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes verneint diese Ansichten zur Anwendung von § 243 Abs. 1 BGB deutlich.424 Nach der Rechtsprechung des

414 Zur fachgerechten Dienste in Sinne des § 360 HGB vgl. MüKoHGB/Welter (3. Aufl. 2013), HGB § 360 Rn. 22. S. auch Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 141. 415 Medicus, FS Felgentraeger (1969), S. 309ff. 416 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I (1978), S. 258. 417 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 134ff.; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I (1978), S. 50ff. 418 Motive II, S. 10. 419 Kreller, AcP 122 (1924), 1, 34; Roth, VersR 1979, 494, 499. 420 Böttner, Das Direktionsrecht des Arbeitgebers (1971), S. 26ff.; Müller, Der Leistungsbegriff im Arbeitsverhältnis (1974), S. 156; Wolf, Das Arbeitsverhältnis (1970), S. 97f.; MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 157. 421 Wolf, Das Arbeitsverhältnis (1970), S. 97f.; MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 157. 422 Staudinger/Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 35; Picker, JZ 1985, 693, 699 Fn. 113; Maschmann, Arbeitsverträge und Verträge mit Selbständigen (2001), S. 178; Huber, Leistungsstörungen, Band I (1999), S. 577. 423 Zur Ansicht, die ohne diese Kategorisierung über die Anwendbarkeit des § 243 Abs. 1 BGB aufgrund der vereinbarten Merkmale entscheidet, s. Erman/Westermann (13. Aufl. 2011), BGB 243 Rn. 3; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse (15. Aufl. 1958), S. 29f. 424 »Qualität und Quantität der innerhalb der Arbeitszeit geschuldeten Arbeitsleistungen sind zudem nicht nach dem objektiven Maßstab des § 243 I BGB, sondern nach der individuellen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers zu bestimmen.« BAG, Urteil vom 17. 3. 1998 – 2 AZR 576/87, NJW 1989, 546, 547. »Der gegenteiligen Auffassung …, der Arbeitnehmer schulde in Anlehnung an § 243 BGB aF eine »objektive Normalleistung«, folgt der Senat nicht.« BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Bundesarbeitsgerichtes wird der Leistungsumfang nach den subjektiven Leistungsfähigkeiten des einzelnen Arbeitnehmers bestimmt.425 Obwohl die Dienstleistung ihrem Charakter nach nicht wie die Sachleistung behandelt werden dürfte, eröffnet die derzeitige Verkehrsanschauung anders als die herrschende Ansicht die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen eine marktbezogene Dienstleistung als eine standardisierte Gattungsschuld anzusehen.426 Heutzutage könnten Dienstleistungen einen ähnlichen Gattungscharakter haben, falls die rechtlichen Besonderheiten des Leistungssubjekts im vertraglichen oder sozialen Verkehr außer Betracht blieben, z. B. bei den automatisierten Dienstleistungen wie Telekommunikation.427 In diesem Fall werden die Leistungen schon vor der Erfüllung objektiviert und standardisiert.428 c. Vorgeschriebener Leistungsmaßstab In Bezug auf die Billigkeit der Leistung versucht Art. IV.C. – 2:105 DCFR (Obligation of skill and care) den Leistungsmaßstab beim Dienstleistungsvertrag umfangreich und ausführlich zu regeln. Weil die Autoren des DCFR auf das Abgrenzungskriterium »Dienste oder Erfolg« verzichtet haben, wird in dem Artikel vielmehr die Erfüllung der Dienstleistung selbst in den Fokus gerückt.429 Aufgrund dessen wird im DCFR versucht, die Nichterfüllung durch das Kriterium der vom Maßstab abweichenden Handlungen festzustellen.430 Nach Art. IV.C. – 2:105 (1) (a) DCFR muss der Dienstleister die Leistung mit Rücksichtnahme auf die Kompetenz und Sorgfältigkeit erbringen, die der »reasonable« Dienstleister unter den gleichen Umständen einhalten würde.431 Daneben muss der Dienstleister hinsichtlich der Erbringung der Dienstleistung die gesetzlichen bzw. verbindlichen Vorschriften für die Dienstleistung beachten.432 Dies sichert die vertragliche Erwartung des Gläubigers an der 425 BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. 426 Schumacher, MMR 2006, 12, 12. Dazu skeptisch s. Rieg, BC 2005, 100, 103f. Gegen diese Ansicht s. auch Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 139. 427 Blind/Mangelsdorf, Qualitätsbewertung und Standardisierung von Dienstleistungen (2008), S. 24. Zum Telekommunikationsvertrag vgl. Spindler/Schuster/Schuster (3. Aufl. 2015), BGB § 307 Rn. 39ff.; Schmitz, MMR 2001, 150; Fischer/Galster, MMR 2002, 71. 428 Schumacher, MMR 2006, 12, 12f. 429 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1646. 430 »Paragraph (1)(a) imposes an obligation on the service provider to carry out the service with the care and skill generally to be observed in the circumstances of the case. In doing so, the intention of the service provider must be to achieve the result stated or envisaged by the client.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1646. 431 Zur Vernünftigkeit im Rahmen des DCFR s. Art. I. – 1:104 DCFR. 432 Art. IV.C. – 2:105 (1) (b) DCFR.

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Leistung zum anvisierten Geschäftszweck ab.433 Bekundet der Dienstleister ein höheres Niveau von Kompetenz und Sorgfältigkeit, so muss er auch für dieses Niveau einstehen.434 Beispielsweise muss eine Anwaltskanzlei, die sich auf Mergers & Acquisitions spezialisiert und wegen ihrer leistungsstarken Kompetenz berühmt ist, den aus diesen Umständen resultierenden höheren Standard einhalten.435 Das Niveau wird außerdem nach dem von einer Berufsvereinbarung aufgestellten disziplinären Standard bestimmt, wenn der Dienstleister ein Mitglied dieser Vereinbarung ist oder seine Mitgliedschaft behauptet wird.436 Diesbezüglich bestätigt Art. IV.C. – 2:105 (4) (d) DCFR deutlich, dass sich die Qualitätserwartung des Kunden nach dem zu zahlenden Preis richtet.437 Außer der Dauer, die zur Dienstleistung vernünftigerweise zu erwarten ist und in der Regel zur Bestimmung der Qualität in Betracht kommt,438 spielen zur Bestimmung der Kompetenz und Sorgfältigkeit des Dienstleisters auch Art, Umfang, Leistungsfrequenz der Dienstleistung sowie die Berechenbarkeit der mit der Leistung zusammenhängenden Risiken439 und die Vorkehrungskosten für den Schaden440 eine Rolle. Darüber hinaus wird berücksichtigt, ob der Dienstleister ein Unternehmer ist.441 Die benannten Kriterien sind nicht die einzigen, aber die von höchster Bedeutung.442

433 »The obligations which this Article imposes on the service provider all relate to the particular result to be achieved through the service process. That result can be thought of as the accomplishment of the client’s explicit and implicit wishes and needs.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1648. 434 Art. IV.C. – 2:105 (2) DCFR. 435 S. Illustration 7 in: von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1648. 436 Art. IV.C. – 2:105 (3) DCFR. 437 Art. IV.C. – 2:105 (4) (d) DCFR. Vgl. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1648f. 438 Art. IV.C. – 2:105 (4) (e) DCFR. 439 Art. IV.C. – 2:105 (4) (a) DCFR. 440 Art. IV.C. – 2:105 (4) (b) DCFR. Vgl. Art. IV.C. – 2:105 (5) DCFR. 441 Art. IV.C. – 2:105 (4) (c) DCFR. 442 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1648.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Tabelle 1. Vergleich der Kriterien zur qualitativen Feststellung zwischen dem nicht erfolgsbezogenen und dem erfolgsbezogenen Dienstleistungsvertrag beim DCFR IV.C. – 2:105 Obligation of skill and care (1) The service provider must perform the service: (a) with the care and skill which a reasonable service provider would exercise under the circumstances; and (b) in conformity with any statutory or other binding legal rules which are applicable to the service.

IV.C. – 2:106 Obligation to achieve result (1) The supplier of a service must achieve the specific result stated or envisaged by the client at the time of the conclusion of the contract, provided that in the case of a result envisaged but not stated: (a) the result envisaged was one which the client could reasonably be expected to have envisaged; and (b) the client had no reason to believe that there was a substantial risk (2) If the service provider professes a that the result would not be achieved by the higher standard of care and skill the provider must exercise that care and skill. service.

(3) If the service provider is, or purports to be, a member of a group of professional service providers for which standards have been set by a relevant authority or by that group itself, the service provider must exercise the care and skill expressed in those standards. (4) In determining the care and skill the client is entitled to expect, regard is to be had, among other things, to: (a) the nature, the magnitude, the frequency and the foreseeability of the risks involved in the performance of the service for the client; (b) if damage has occurred, the costs of any precautions which would have prevented that damage or similar damage from occurring; (c) whether the service provider is a business; (d) whether a price is payable and, if one is payable, its amount; and (e) the time reasonably available for the performance of the service. (5) The obligations under this Article require in particular the service provider to take reasonable precautions in order to prevent the occurrence of damage as a consequence of the performance of the service.

(2) In so far as ownership of anything is transferred to the client under the service contract, it must be transferred free from any right or reasonably based claim of a third party. IV. A. – 2:305 (Third party rights or claims in general) and IV. A. – 2:306 (Third party rights or claims based on industrial property or other intellectual property) apply with any appropriate adaptations.

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Auch das Standesrecht dient der objektiven Vertragsergänzung in Bezug auf den verbindlichen Leistungsmaßstab.443 Noch fragwürdig ist, ob das Standesrecht direkten oder mittelbaren Einfluss auf die Vertragsauslegung nimmt.444 Das Standesrecht umfasst einerseits die Gesamtheit der nach der besonderen gesetzlichen Ermächtigung erlassenen Pflichten,445 die die Mitglieder der jeweiligen Berufskammer rechtlich binden, und andererseits die entsprechenden Rechte.446 Die Bindungswirkung zwischen Mitgliedern einer Berufskammer und Nichtmitgliedern folgt naturgemäß nicht direkt aus dem Standesrecht.447 Die Bestimmungen des Standesrechts können zum Schuldinhalt werden, wenn sich die Parteien darauf einigen.448 Auch wenn es an einer solchen Vereinbarung mangelt, bildet das auf den Dienstverpflichteten anzuwendende Standesrecht die wichtigste Grundlage für das besondere Vertrauen.449 Dementsprechend kommt das Standesrecht als Maßstab zur Bestimmung der Leistung in Betracht.450 2.

Billige Erwartung des Dienstberechtigten

Der Dienstverpflichtete muss sich bemühen, die versprochenen Dienste sorgfältig zu erbringen. Bei einem Anwaltsvertrag erwartet der Mandant eine ordnungsgemäße Prozessvertretung,451 die zu einem für ihn günstigen Urteil führen soll.452 Das Publikum der Oper wünscht eine hervorragende Aufführung des Stückes.453 Der Arbeitgeber erwartet die weisungsgemäße Erbringung der Dienste innerhalb des von ihm vorgeschriebenen Zeitraums.454 In allen Fällen wird die Kompetenz, die für die versprochenen Dienste erforderlich ist, vorausgesetzt. Besonders die Sachkenntnis des Dienstverpflichteten beim er443 Redeker, NJW 1982, 2761, 2761f.; Vetter, DNotZ 1986, 50, 51ff.; Vesting, NJW 1997, 1605, 1605f. Vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. 7. 1987 – 1 BvR 537/81, 1 BvR 195/87, NJW 1988, 191; BVerfG, Urteil vom 14. 12. 1999 – 1 BvR 1327/98, NJW 2000, 347, 348. 444 Zur mittelbaren Auswirkung des Standesrechts s. Taupitz, MDR 1989, 385, 386; Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag (1981), S. 216ff. 445 Taupitz, Die Standesordnungen der freien Berufe (1991), S. 155ff. 446 Taupitz, Die Standesordnungen der freien Berufe (1991), S. 1253ff. 447 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 184. 448 Vgl. Art. IV.C. – 2:105 (3) DCFR. 449 Gounalakis, NJW 1998, 3593, 3593f. Zum Verschuldensmaßstab beim Anwaltsvertrag s. Henssler, JZ 1994, 178, 182f. 450 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1648. 451 S. Illustration 7 in: von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1648. 452 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 23. 453 Z. B. Illustration 8 zum Piercing in: von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1648. Beim BGB werden diese Beispiele als Werkvertrag eingeordnet. S. Kreile/Hombach, ZUM 2001, 731, 736f. 454 Maschmann, Arbeitsverträge und Verträge mit Selbständigen (2001), S. 170ff.

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folgsbezogenen Dienstvertrag, wie zum Beispiel beim Anwaltsvertrag, ist zur Berechnung der Vergütung als Grundlage anzusehen, weil damit die Eintrittsmöglichkeit des Geschäftsziels objektiv antizipiert werden kann. In Bezug auf die Bestimmung der billigen Erwartung des Dienstberechtigten fallen die drei folgenden Punkte ins Gewicht. Zunächst kommt der implizite Geschäftszweck beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag in Betracht.455 Dabei kann die Vertragsgemäßheit der Leistung mithilfe des Maßstabs der Tauglichkeit der Leistung zur Erfüllung des Geschäftszwecks beurteilt werden.456 Zweitens tritt zur Beurteilung der Vertragsgemäßheit der Leistung im Falle des zeitbezogenen Dienstvertrages das Weisungsrecht des Dienstberechtigten an die Stelle des impliziten Geschäftszwecks.457 Schließlich dienen die den gesetzlichen bzw. verbindlichen Vorschriften entsprechende und bei Diensten gleicher Art und unter gleichen Umständen anzuwendende »Kompetenz und Sorgfältigkeit«, die von einem vernünftigen Dienstleister gefordert werden können,458 zur Beurteilung der Vertragsgemäßheit der Leistung beim Dienstvertrag.459 a. Tauglichkeit zum Vertragszweck Weil der Erfolg kein vertraglicher Gegenstand des Dienstvertrages ist, tritt an die Stelle des Erfolgs die Tauglichkeit der Dienste zum anvisierten Zweck.460 Zweck in diesem Sinne bedeutet die zukünftige Vorstellung, welche der Gläubiger mithilfe des Vertrages zu verwirklichen versucht.461 Grundsätzlich setzt ein synallagmatischer Vertrag die gegenseitige Bewertung der jeweiligen Leistungen voraus. Naturgemäß erfolgt die subjektive Bewertung einer Leistung, indem der Wert derer bemessen wird. Dieser Messung wird ein Maßstab zugrunde gelegt. Die Wertfreiheit findet in einem vertraglichen synallagmatischen Verhältnis keine Berücksichtigung.462 Ansonsten könnten alle Handlungen des Dienstver455 456 457 458 459 460

von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1646. Zu einer ähnlichen Formulierung vgl. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 17. Tillmanns, RdA 2009, 391, 394. Vgl. § 59 HGB. Vgl. §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB. »Die Befriedigung, welche der Wollende sich von der Handlung verspricht, ist der Zweck seines Wollens. Die Handlung selber ist nie Zweck, sondern nur Mittel zum Zweck. Wer trinkt, der will zwar das Trinken, aber er will es nur des Erfolges halber, den er für ihn hat, m.a.W. bei jeder Handlung wollen wir nie sie selber, sondern nur ihre Wirkung auf uns.« v. Jhering, Der Zweck im Recht, Band 1 (4. Aufl. 1904), S. 8. In diesem Sinne bedeutet der Zweck keinen Erfolg, den der Werkvertrag zusichert. 461 v. Jhering, Der Zweck im Recht, Band 1 (4. Aufl. 1904), S. 8ff. 462 »Wie aber auch der Zweck sich mit der Handlung verbinden, und welcher Art er auch sein möge, ohne einen Zweck ist sie undenkbar. Handeln und um eines Zweckes willen handeln ist gleichbedeutend; eine Handlung ohne Zweck ist ein eben solches Unding wie eine Wirkung ohne Ursache.« v. Jhering, Der Zweck im Recht, Band 1 (4. Aufl. 1904), S. 9. Zur Wertfreiheit s. Weber, Die »Objektivität« sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer

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pflichteten, unabhängig davon, ob sie für den Dienstberechtigten tatsächlich wertgebend oder zweckdienend sind, als die vom Vertrag bezweckten Dienste beurteilt werden. Die Dienste des Dienstverpflichteten sind nur unter Beachtung des sich für den Dienstberechtigten ergebenden Wertes in den Vertragsgegenstand zu inkludieren.463 Die Tauglichkeit der Dienste zum Vertragszweck bildet die Grundlage der Interessenwahrung des Dienstberechtigten. Die Dienste orientieren sich an der Zwecktauglichkeit.464 Allerdings ergibt sich die Tauglichkeit der Dienste aus der hinreichenden Kompetenz und Sorgfältigkeit des Dienstverpflichteten. Natürlich kann der Geschäftszweck ohne hinreichende Sachkenntnis trotzdem zufällig erreicht werden. Darüber hinaus werden die Sorgfältigkeit des Dienstverpflichteten betreffende Schwankungen grundsätzlich akzeptiert, soweit das Niveau, das im Verkehr erforderlich ist,465 in gesetzlichen oder verbindlichen Vorschriften vorgeschrieben ist,466 oder im Vertrag versprochen ist,467 nicht unterschritten wird. In der Regel wird die Sachkenntnis des Dienstverpflichteten bei Vertragsschluss ausdrücklich vorausgesetzt, weil der Dienstberechtigte keiner weiteren Unsicherheit bezüglich des Erfolgseintritts ausgesetzt sein will. Jedoch ist die Tauglichkeit zum Vertragszweck ein für die Bestimmung der Vertragsmäßigkeit unklarer Maßstab, weil sich der Dienstverpflichtete aufgrund der Persönlichkeit der Leistung einen umfangreichen Ermessensspielraum vorbehält, obwohl ein Ziel festgelegt ist. Wie bereits in Art. IV.C. – 2:105 (1) DCFR vorgesehen, verleiht der nach den Umständen bzw. dem Zweck hypothetisch entschiedene Leistungsmaßstab dem Dienstverpflichteten einen Ermessensspielraum, die Dienste so zu verrichten, wie sie ein vernünftiger Dienstverpflichteter in derselben Situation verrichten würde.468 Beim nicht zweckorientierten Dienstvertrag bleibt die Tauglichkeit der Dienste zum Geschäftszweck sogar außer Betracht. Daher entsteht die Notwendigkeit, den Ermessensspielraum auf andere Weise zu begrenzen, wie etwa anhand des Weisungsrechts des Dienstberechtigten.469 In diesem Fall wird vom Dienst-

463 464 465 466 467 468 469

Erkenntnis, in: Winckelmann (Hrsg.), Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre (1988), S. 146ff. Zur Funktion des Geschäftszwecks als Abgrenzungskriterium zwischen Schlechtleistung und aliud Leistung s. u. Zweiter Teil § 3 II 3. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 24. § 276 Abs. 2 BGB. Art. IV.C. – 2:105 (1) (b) DCFR. Art. IV.C. – 2:105 (2), (3) DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1646ff. Vgl. Art. 622 DresdE: »Der Dienstverdinger hat die Dienste in vereinbarten Weise und, soweit letztere nicht besonders vereinbart worden ist, nach den Anweisungen des Dienstherrn, in Ermangelung einer solchen aber auf eine dem Gegenstand und dem Zwecke der Dienstleistung entsprechende Weise nach bester Einsicht auszuführen.«

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berechtigten nachträglich entschieden, wo und wie die Dienste des Dienstverpflichteten erbracht werden müssen. b. Weisungsrecht und Mitwirkungspflicht Das Weisungsrecht spielt besonders beim zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnis eine große Rolle.470 Anders als beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag kontrolliert der Dienstberechtigte in diesen Fällen die geschuldeten Leistungen durch das Weisungsrecht.471 Damit lassen sich die Dienste auf die vom Dienstberechtigten erteilte Weisung richten, die nachträglich je nach den Umständen das Ziel und die Qualität der Dienste bestimmt.472 Dadurch kann der Dienstverpflichtete bewusst das unternehmerische Erfolgsrisiko vermeiden und der Dienstberechtigte kann die Dienste für seinen gewünschten Geschäftszweck unter Berücksichtigung der konkreten Umstände selbst kontrollieren. Weisungswidrige Dienste stellen eine Pflichtverletzung im Rahmen der Leistung dar.473 Die Funktion des Weisungsrechts im Dienstvertragsrecht wird deutlicher, wenn man dies mit der Anweisung im Werkvertragsrecht vergleicht. Anders als beim Dienstvertrag steht dem Werkbesteller grundsätzlich kein Weisungsrecht zu, sondern er kann sein Interesse am Erfolg durch die Abnahmeverweigerung bewahren.474 Ausnahmsweise ist in § 645 Abs. 1 S. 1 BGB jedoch ein Weisungsrecht vorgesehen.475 Der Unternehmer trägt, anders als nach § 644 Abs. 1 BGB,476 nur dann keine Vergütungsgefahr, wenn das Werk vor der Abnahme infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung ohne Mitwirkung eines vom Unternehmer zu vertretenden Umstands untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden ist.477 Diese Vorschrift modifiziert aber nur die Zuordnungsregel der Vergütungsgefahr und Lasten im Ausnahmefall.478 Sie ändert nicht den das Weisungsrecht beim Werkvertrag betreffenden Grundgedanken.479 470 Zum Weisungsrecht des Arbeitgebers s. § 106 GewO. S. auch ErfK/Preis (17. Aufl. 2017), GewO § 106 Rn. 1ff. 471 Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse (4. Aufl. 2013), S. 470 Rn. 43. 472 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 23ff., 99ff. 473 Zu den weisungswidrigen Diensten besonders im Rahmen der Qualifizierung der Schlechtleistung s. u. Zweiter Teil § 3 II 3 c. 474 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 640 Rn. 45ff. 475 Staudinger/Peters/Jacoby (2014), Vorbemerkungen zu §§ 631ff. Rn. 29. 476 Aufgrund der Gefahrtragung sowie der werkvertraglichen Risikoverteilung trägt der Unternehmer die Vergütungsgefahr bis zur Abnahme des Werkes. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 644 Rn. 1f. 477 Zum Rechtsgedanken des § 645 Abs. 1 BGB s. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 645 Rn. 1; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 645 Rn. 16ff. Vgl. auch BGH, Urteil vom 21. 8. 1997 – VII ZR 17/96, NJW 1997, 3018; BGH, Urteil vom 16. 10. 1997 – VII ZR 64/ 96, NJW 1998, 456. 478 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 645 Rn. 1.

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Jedoch sieht die Ausnahmeregelung des § 645 Abs. 1 S. 1 BGB in der Tat zumindest ein beschränktes Weisungsrecht im Werkvertragsrecht vor.480 Grundsätzlich darf der Besteller aber keine Anweisung zur Ausführung der Tätigkeit erteilen, weil der Unternehmer den Erfolg schon vertraglich versprochen hat.481 Eine Anweisung, die den im Vertrag zugesagten Leistungsinhalt, insbesondere die Weise der Ausführung, nachträglich einseitig und ohne Wahlmöglichkeit des Unternehmers bestimmt,482 erschüttert das Vertragsfundament.483 Denn ein Unternehmer pflegt mit Rücksicht auf die Art der Ausführung, Kosten und Rentabilität des Werkes abzuwägen. Daher ist ein Werkunternehmer berechtigt, von den Weisungen des Bestellers abzuweichen, falls nach den Umständen anzunehmen ist, dass der Besteller bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde.484 Eine ähnliche Formulierung ist in § 665 S. 1 BGB zu finden. Grundsätzlich muss sich der Beauftragte der Weisung des Auftraggebers unterwerfen, weil er verpflichtet ist, das fremde Interesse zu berücksichtigen.485 Dennoch eröffnet § 665 BGB eine Möglichkeit von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, sofern der Beauftragte den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde und mit dem zeitlichen Aufschub durch eine Anzeige der geplanten Abweichung eine Gefahr verbunden ist.486 Ansonsten muss der Beauftragte vor der Abweichung die Anzeige- und Wartepflicht einhalten.487 Abgesehen vom Ausnahmefall des § 645 Abs. 1 S. 1 BGB wird das Interesse des Bestellers beim Werkvertrag grundsätzlich durch das Erfolgsversprechen des Unternehmers gewahrt.488 Durch das Erfolgsversprechen wird das Erfolgsrisiko dem Unternehmer aufgebürdet. Dies ist gerechtfertigt, weil ein Unternehmer dieses Risiko mithilfe seiner Techniken und Erfahrungen bereits im

479 Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 645 Rn. 17. 480 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 645 Rn. 9. 481 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 27; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), Vorbemerkungen zu §§ 631ff. Rn. 29. 482 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 645 Rn. 9. 483 BGH, Urteil vom 17. 5. 1984 – VII ZR 169/82, NJW 1984, 2457; OLG Stuttgart, Urteil vom 31. 3. 2015 – 10 U 93/14, NZBau 2015, 620. Zur Darlegungslast s. BGH, Urteil vom 29. 9. 2011 – VII ZR 87/11, NJW 2011, 3780. 484 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 645 Rn. 10; MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 634 Rn. 80; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 645 Rn. 18, 20 und 32. 485 MünchKomm/Seiler (6. Aufl. 2012), BGB § 665 Rn. 1. 486 MünchKomm/Seiler (6. Aufl. 2012), BGB § 665 Rn. 1; Staudinger/Martinek (2006), BGB § 655 Rn. 12ff. 487 Vgl. § 665 S. 2 BGB. MünchKomm/Seiler (6. Aufl. 2012), BGB § 665 Rn. 2; Staudinger/ Martinek (2006), BGB § 655 Rn. 20ff. 488 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 43.

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Vorhinein abschätzen kann.489 Hingegen kann er aufgrund des Erfolgsversprechens die Vergütung erhöhen.490 Dem Besteller ist dies auch zumutbar, weil das ihm durch mangelndes Fachwissen entstehende Defizit durch die Zusicherung eines bestimmten Erfolges ausgeglichen wird. In diesem Fall ist irrelevant, dass der Besteller sein Weisungsrecht während der Vertragsabwicklung verliert, weil sein Interesse auch ohne dieses Weisungsrecht vollständig gewahrt werden kann. Das Weisungsrecht ist aber keinesfalls eine vertragliche Verpflichtung des Dienstberechtigten.491 Somit umfasst ein Dienstvertrag nicht die etwa in einem Gesellschaftsvertrag bestehende Pflicht, zum gemeinsamen Zweck in der vereinbarten Weise mitzuwirken.492 Trotzdem ist die Mitwirkung des Dienstberechtigten eine notwendige Voraussetzung,493 um die Leistungen durch den Dienstverpflichteten erbringen zu lassen.494 Übt der Dienstberechtigte sein Weisungsrecht nicht rechtzeitig aus und kommt so in Annahmeverzug der Dienste, ist der Dienstverpflichtete nach § 615 S. 1 BGB ohne Nachleistung berechtigt, die Vergütung zu verlangen.495 Diese Vorschrift betrifft aber nicht etwa einen mit der Pflichtverletzung verbundenen Schadensersatzanspruch, sondern die Gefahrtragung496 und gewährt dem Dienstverpflichteten ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Dienstberechtigten einen Anspruch auf entsprechende Vergütung.497 Anders als im BGB hingegen ist im DCFR der Gläubiger gemäß Art. III. – 1:104 DCFR zur Mitwirkung verpflichtet.498 Diese Pflicht wird gemäß Art. IV.C. – 2:103 DCFR auch beim Dienstleistungsvertrag angenommen. Gemäß Art. IV.C. – 2:103 (1) (a) und (b) DCFR ist die Weisungspflicht insbesondere für die Vertragserfüllung von Bedeutung.499 Nach Art. IV.C. – 2:103 (1) (a) DCFR unterliegt der Kunde einer Auskunftspflicht, wenn der Dienstleister Auskünfte verlangt, die für die Erfüllung der Leistungspflicht unentbehrlich sind. Nach Art. IV.C. – 2:103 (1) (b) DCFR muss der Kunde dem Dienstleister die zur Erfüllung der 489 490 491 492 493 494 495 496 497 498 499

BGH, Urteil vom 10. 10. 1991 – VII ZR 2/91, NJW 1992, 433, 434. BGH, Urteil vom 16. 7. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, 3324. Vgl. ErfK/Preis (17. Aufl. 2017), GewO § 106 Rn. 8. Zum gesellschaftsrechtlichen Aspekt des Arbeitsvertrages s. Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht (1993), S. 15ff. Dazu kritisch vgl. Lieb/Jacobs, Arbeitsrecht (9. Aufl. 2006), S. 10ff. Vgl. § 630c BGB. Die Mitwirkungspflicht im Sinne des § 630c BGB wird nicht als Verpflichtung, sondern als allgemeine Obliegenheit formuliert. S. Jauernig/Mansel (15. Aufl. 2014), BGB § 630c Rn. 1ff. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 8. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 1f. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 1; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 7ff. Motive II, S. 462f.; MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 2. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 685ff. Schulze/Zimmermann, Europäisches Privatrecht (5. Aufl. 2016), S. 798f.

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zugesagten Leistungen als notwendig anzusehenden Weisungen auch dann erteilen, wenn der Dienstverpflichtete diese nicht verlangt hat. Erfüllt der Kunde diese Weisungspflicht nicht, kommen die allgemeinen Rechtsbehelfe des DCFR bei Nichterfüllung in Betracht.500 Außerdem kann der Dienstleister nach Art. IV.C. – 2:103 (2) DCFR die zugesagte Leistung zurückbehalten oder gemäß den Erwartungen, Präferenzen und Prioritäten erbringen, welche ein Kunde vernünftigerweise gesetzt und mit Auskünften und Weisungen zum Ausdruck gebracht hätte. Diese Rechte stehen dem Dienstleister allerdings nur zu, nachdem er den Kunden gemäß IV.C. – 2:108 DCFR gewarnt hat (entsprechend der Regelung des § 665 S. 2 BGB). Jedoch muss keine Entschließung des Kunden abgewartet werden, weil der Kunde aus dem Blickwinkel des DCFR schon seine Mitwirkungspflicht verletzt hat. Außerdem werden im DCFR bei der Interessenabwägung Verlust und Zeitverlängerung, die durch die Verletzung der Mitwirkungspflicht des Kunden verursacht werden, beachtet.501 Der Dienstleister ist in diesem Fall berechtigt, Ersatz des Verlustes und Anpassung der Leistungszeit zu verlangen,502 ohne das Schuldverhältnis zu beenden,503 weil der Dienstleister noch ein Interesse daran haben könnte, die Leistung zu erfüllen und die entsprechende Gegenleistung zu erlangen.504 c. Verlust des Weisungsrechts aufgrund mangelnder Sachkenntnis Je nachdem, ob der Dienstberechtigte entscheidet, das Weisungsrecht auszuüben oder davon keinen Gebrauch zu machen, variiert der Leistungsinhalt.505 Beispielsweise kann der Eigentümer sein Auto einfach bei einem Werkunternehmer reparieren lassen, wenn er über kein Fachwissen verfügt. Dagegen kann er zur Reparatur seines Autos auch einen Arbeitnehmer als eine Hilfskraft aufnehmen, wenn er genügende Fachkenntnis hat und daher den Arbeitnehmer so anweisen kann, dass der anvisierte Zweck, also die Reparatur seines Autos, erreicht wird. Trotzdem verliert das Weisungsrecht ausnahmsweise seine eigentliche Bedeutung als Methode zur Interessenwahrung, wenn das Weisungsrecht des Dienstberechtigten in der Praxis wegen mangelnden Spezialwissens beschränkt 500 501 502 503 504 505

von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1627. Art. IV.C. – 2:103 (3) DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1628. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1629. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1627. Beim Vertragsschluss müssen sich die Vertragsparteien entscheiden, ob durch den Vertrag nur die Dienste oder zusätzlich ein bestimmter Erfolg zugesichert werden. Durch diese Entscheidung wird das Erfolgs- oder Betriebsrisiko vertraglich einem Teil aufgebürdet. Weil der Teil, der das Risiko übernimmt, das Risiko für überwindbar hält, konzentriert er sich auf andere vertragliche Aspekte wie den Preis. Grundsätzlich schulden Arbeitnehmer keinen Erfolg. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 35ff., 40ff.

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wird und der Dienstverpflichtete den Erfolg wegen äußerer Faktoren, die allein durch Fachkenntnis nicht zu beeinflussen sind, nicht versprechen will.506 Zum Beispiel kann ein Arzt die Heilung des Patienten nicht zusichern und auch ein Patient ist nicht in der Lage, den Arzt bei der Operation anzuweisen. Genauso wenig kann ein Rechtsanwalt den Gewinn des Prozesses zusagen, beziehungsweise ein Mandant die Vorgehensweise des Anwalts festlegen.507 Denn sowohl Patienten als auch Mandanten haben in aller Regel keine adäquate Sachkenntnis oder sind nicht in der Lage, ihre Sachkenntnis entsprechend anzuwenden. In diesen Fällen wird das Weisungsrecht de facto beschränkt, obwohl es dem Vertrag weiterhin zugrunde liegt. Besonders beim selbstständigen Dienstvertrag wird der Dienstberechtigte wegen der fehlenden Sachkenntnis regelmäßig dem Sachkundigen die Befugnis der Dienststeuerung übertragen. Konsequenterweise steht dem Dienstberechtigten in diesem Fall kein wesentliches Weisungsrecht zu.508 Der Dienstberechtigte wird vielmehr über die mit den Diensten verbundenen Umstände informiert.509 Die Rechtzeitigkeit der Informierung wird in den Vordergrund gestellt, weil der Gläubiger nur dadurch möglichst früh sein Kündigungsrecht wahrnehmen kann.510 Ein Verzicht auf das Weisungsrecht erfolgt nur unter der Bedingung, dass ein Vertrauensverhältnis, das als Besonderheit der freien Berufe zu bezeichnen ist, begründet wird.511 Ohne ein solches Vertrauen verzichtet der Dienstberechtigte nicht auf das sein Interesse wahrendes Weisungsrecht. Anders formuliert: Das Vertrauen erlangt beim selbstständigen Dienstvertrag eine wesentliche Bedeutung, weil dem Dienstberechtigten außerhalb des Kündigungsrechts kein angemessenes Schutzmittel zusteht. Das Vertrauen, das anstelle des Weisungsrechts eingeräumt wird, ergänzt mittelbar den Leistungsinhalt, der anfangs unpräzise beschrieben ist und dem breiten Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten unterliegt.512 Außerdem beruht das Vertrauen auf dem Standesrecht bzw. der Standesethik.513 Die Angehörigen dieser Berufsgruppen sind verpflichtet, ihre Sachkenntnis nach den besonders vorgeschriebenen Sorg506 507 508 509 510 511 512 513

Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 23ff. Vgl. Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse (4. Aufl. 2013), S. 459 Rn. 12f. Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse (4. Aufl. 2013), S. 462 Rn. 19ff. Zu einer solchen Informations- und Aufklärungspflicht vgl. § 675 Abs. 1 i. V. m. §§ 665 S. 2, 666 BGB. § 627 Abs. 1 BGB. Vgl. Jauernig/Mansel (15. Aufl. 2014), BGB § 627 Rn. 1; MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn. 11, 20ff. Vgl. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn. 2; Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 251. S. Hirte, Berufshaftung (1996), S. 341ff.; Katzenmeier, Arzthaftung (2002), S. 71ff.; Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 244f.; Ende, DStR 2009, 2556, 2557. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. 1. 1975 – 2 BvR 65/74, NJW 1975, 588, 589.

Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag

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faltspflichten anzuwenden.514 In diesem Sinne übernimmt das Standesrecht mittelbar die Rolle des Weisungsrechts und konkretisiert die Anforderung der Tauglichkeit der Dienste zum vereinbarten Zweck.515

3.

Vertragliche Gestaltungen des Dienstvertrages

Dienstverträge lassen sich einerseits in Dienstverträge, deren Inhalt sich anhand des Weisungsrechts bestimmt, und andererseits Dienstverträge, deren Inhalt sich nach der Zwecktauglichkeit bestimmt, einteilen. Diese Kategorisierung kann anhand der Zeit- und Erfolgsbezogenheit weiter präzisiert werden.516 Jedoch enthalten Dienstverträge häufig beide dieser Elemente.517 Beispielsweise kann ein Anwaltsvertrag mit einer zeitlich beschränkten Dauer nach Zeiteinheit vereinbart werden, obwohl der Anwaltsvertrag im Prinzip nicht der zeitlichen Beschränkung zu unterliegen pflegt.518 Einem Beratungsvertrag, in dem der Berater den Kunden innerhalb einer bestimmten Zeitdauer über die Sanierung seines Unternehmens berät, wohnt neben einem zeitbezogenen auch ein erfolgsbezogenes Element inne. Ein solcher Beratungsvertrag bezweckt die Sanierung eines Unternehmens, obwohl kein bestimmter Erfolg im Rahmen der Produktivität vertraglich versprochen wird. Auch beim Arbeitsverhältnis ist eine Vereinbarung vorstellbar, dass neben dem Zeitlohn ein erfolgsbezogener Bonus versprochen wird.519 a. Zeitbezogener Dienstvertrag Bei einem zeitbezogenen Dienstvertrag verpflichtet sich der Dienstverpflichtete zur Erbringung der Dienste in einem bestimmten Zeitraum.520 Das wesentliche Interesse des Dienstberechtigten liegt darin, dass die vereinbarten Dienste innerhalb des festgelegten Zeitfensters durchgehend erbracht werden.521 Nur diese Dienste stellen für den Dienstberechtigten eine der Vergütung entsprechende 514 515 516 517 518

519 520 521

Vgl. § 4 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Vgl. Art. IV.C. – 2:105 (1) (b) DCFR. Nikisch, Die Grundformen des Arbeitsvertrags und der Anstellungsvertrag (1926), S. 14ff. S. Fabricius, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis (1970), S. 10ff.; Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 249f. Dazu kritisch Nikisch, Die Grundformen des Arbeitsvertrags und der Anstellungsvertrag (1926), S. 22. S. GF-BGB/Lauda (2. Aufl. 2014), Anhang zu §§ 611ff.: Das Verhältnis Anwalt – Mandant Rn. 53; Büchting/Heussen/Hamm, Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch (10. Aufl. 2011), § 50 Der Anwaltsvertrag Rn. 46. Vgl. §§ 2, 13 Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG). Vgl. auch BGH, Urteil vom 30. 9. 2004 – I ZR 261/02, NJW 2005, 1266. Vgl. BAG, Urteil vom 6. 5. 2009 – 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783. Nikisch, Die Grundformen des Arbeitsvertrags und der Anstellungsvertrag (1926), S. 14ff. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 47f.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Leistung dar.522 Die Festsetzung der Leistungsdauer ist unerlässlich, weil dadurch der Leistungsumfang bestimmt wird. Die meisten Dienstverträge, insbesondere Arbeitsverträge, werden als zeitbezogene Dienstverträge bezeichnet.523 In der Literatur wird daher der zeitbezogene Dienstvertrag als typische Vertragsform des Dienst- und Dauerschuldverhältnisses genannt.524 Beim zeitbezogenen Dienstvertrag endet das Dienstverhältnis, wenn die vereinbarte Zeit abgelaufen ist.525 Wenn die Dauer des Dienstverhältnisses weder vertraglich vereinbart, noch nach dem Zweck oder aus der Beschaffenheit der Dienste bestimmbar ist, kann jede Partei das Dienstverhältnis nach Fristsetzung kündigen.526 Unselbstständige Dienstverträge sind notwendigerweise durch das Merkmal der Zeitbezogenheit gekennzeichnet. Freilich können unselbstständige Dienstverträge an erfolgsbezogene Elemente gekoppelt werden,527 wodurch der Dienstverpflichtete teilweise von der Bindung an das Weisungsrecht befreit werden kann. Dennoch ist der unselbstständige Dienstvertrag grundsätzlich zeitlich begrenzt. Auch wenn das erfolgsbezogene Element dem Dienstverpflichteten die praktische Entscheidungsbefugnis verleihen könnte, nach den Umständen mithilfe der sachkundigen Kenntnis und mit Rücksicht auf den Vertragszweck die Dauer des Schuldverhältnisses zu bestimmen, ist der unselbstständige Dienstvertrag stets zeitlich zu begrenzen. Sonst würde ein solcher Dienstvertrag der Sklaverei ähneln, was nach heutiger Ansicht ausgeschlossen ist. Konsequenterweise steht dem Dienstverpflichteten in diesem Fall ein Kündigungsrecht zu.528

522 Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 243; Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 47f. 523 Jacobi, Die Lehre vom Dienstvertrag im Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, Archiv für bürgerliches Recht, Band 4 (1890), S. 141f.; Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 2 (1908), S. 7ff. 524 Wolf, Das Arbeitsverhältnis (1970), S. 97f.; Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung (1994), S. 134ff.; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (12. Aufl. 1979), § 2 VI, S. 27ff.; Huber, Leistungsstörungen, Band I (1999), § 6 III 1, S. 160. 525 § 620 Abs. 1 BGB. 526 §§ 621 bis 623 BGB, § 660 Abs. 2 und Abs. 3 KBGB. § 660 KBGB: »[Kündigung bei Nichtbestimmung der Dienstzeit] (1) Ist die Dauer des Dienstverhältnisses nicht vereinbart, so kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil jederzeit gekündigt werden. (2) Im Falle des Absatzes 1 wird die Kündigung mit Ablauf eines Monats nach dem Tage wirksam, an dem die Kündigung dem anderen Teil zugegangen ist. (3) Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so wird die Kündigung mit Ablauf des folgenden Zeitabschnittes nach dem laufenden Zeitabschnitt wirksam, in dem die Kündigung dem anderen Teil zugegangen ist.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 138f. 527 Zum Beispiel des Projektsteuerungsvertrages s. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 631 Rn. 271. Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. 4. 1999 – 22 U 174–98, NJW 1999, 3129. 528 § 620 Abs. 2 BGB, § 660 Abs. 1 KBGB.

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b. Erfolgsbezogener Dienstvertrag Neben die zeitbezogenen Dienstverträge treten die erfolgsbezogenen Dienstverträge wie Anwalts- oder Arztverträge, in denen das zeitliche Element außer Betracht bleibt.529 Bei diesen erfolgsbezogenen Dienstverträgen handelt es sich in den meisten Fällen um geistige Tätigkeiten. Die Erfolgsbezogenheit bedeutet hier nicht das Erfolgsversprechen, sondern die Zielorientierung der Dienste, welche an die Stelle des Weisungsrechts des Dienstberechtigten tritt. Denn, wie oben dargelegt, wird das Weisungsrecht bei selbstständigen Dienstverträgen mangels Fachkenntnis des Dienstberechtigten faktisch beschränkt. In der Regel ist der Dienstverpflichtete auch nicht in der Lage, den Erfolg zu versprechen, weil der Erfolg des bestimmten Geschäftszwecks von verschiedenen äußeren Elementen, die dem Einflussbereich des Sachkundigen entzogen sind, beeinflusst wird. Die Erfolgsbezogenheit ist besonders dafür entscheidend, ob der Rücktritt auf den Dienstvertrag anwendbar ist.530 Auch beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag kann eine Vertragsdauer vereinbart werden.531 Zum Beispiel ist ein zeitlich begrenzter Anwaltsvertrag vorstellbar. Obwohl eine bestimmte Vertragsdauer vorgeschrieben ist, steht jedoch in seinem Wesen die Erfolgsbezogenheit der Dienste im Mittelpunkt, da der Wert der anwaltlichen Tätigkeiten nicht nach Maßgabe der Zeiteinheit beurteilt werden darf. Der Wert geistiger Tätigkeiten kann nur unter Heranziehung des vereinbarten oder dem Vertrag zugrundeliegenden Geschäftszwecks beurteilt werden. Im Falle eines zeitlich begrenzten Vertrages versucht daher ein Anwalt ohne Berücksichtigung der Frist vorzugsweise, den angestrebten Erfolg zu erreichen. Wird dieser Erfolg in dem vorgeschriebenen Zeitraum erlangt, bleibt die Begrenzung der Vertragsdauer unberücksichtigt. Wird der Erfolg allerdings nicht erzielt, endet das Schuldverhältnis mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit. Jedenfalls besteht beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag kein direkter Zusammenhang zwischen Zeitdauer und Vertragszweck. Üblicherweise kann die Vergütung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag unter die aufschiebende Bedingung gestellt werden, den bestimmten Erfolg zu erreichen.532

529 530 531 532

Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 49f. Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 184; Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 274f. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 49f. Zum Erfolgshonorar s. Mayer/Kroiß/Teubel, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (6. Aufl. 2013), RVG § 4a Rn. 11ff., 23ff. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. 12. 2006 – 1 BvR 2576/04, NJW 2007, 979.

84 III.

Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Äquivalenzinteresse beim Dienstvertrag

Im Grunde genommen spiegelt das oben erwähnte Problem bezüglich des Inhalts der Leistungspflicht des Dienstverpflichteten die Frage wider, welche Interessen die Vertragsparteien bei Vertragsschluss verfolgt haben. Natürlich waren diese gegenseitigen Leistungen in subjektiver Hinsicht als äquivalent anzusehen. Somit ist es von Bedeutung, herauszufinden, was hinter dem Vertrag liegt, wenn der von dem Dienstverpflichteten geschuldete Leistungsinhalt nicht eindeutig dargelegt werden kann. Im Prinzip wurde das Prinzip, das Vertrauen bilde die Vertragsgrundlage, nach herrschender Lehre durch den Gedanken ersetzt, dass der Vertrag durch den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien und die willensgemäße Erklärung dessen zustande kommt.533 Trotzdem verliert der Vertrauensgedanke im Rechtsgeschäft seine Bedeutung nicht völlig, weil er für die Berechnung des Schadens relevant werden kann,534 auch wenn dies nicht in Deutschland vertreten wird.535 Außerdem materialisiert das Vertrauen viele zusätzliche Rücksichts-536 und Verhaltenspflichten537 in dem jeweiligen Schuldverhältnis. Entsteht dem Gläubiger durch die schuldhafte Verletzung dieser Pflichten ein Schaden, kann dieser entsprechenden Schadensersatz verlangen.538 Darüber hinaus dient das Vertrauen besonders bei Dienstverträgen trotz Willenseinigung der Parteien der Feststellung des Leistungsinhalts, weil ein Dienstvertrag aus sich heraus die präzise Beschreibung des Leistungsinhalts verhindert.

1.

Vertrauen als allgemeine Vertragstheorie

Bei der Entstehung einer Obligation können zwei Anhaltspunkten angenommen werden. Einerseits könnte eine Obligation aufgrund der Willenseinigung zur Begründung eines Schuldverhältnisses entstehen, andererseits könnte sie auf dem Vertrauen des Gläubigers in die Willenserklärung des Schuldners beruhen.539 Der letztere Anhaltspunkt hebt hervor, dass das Vertrauen des Gläubi533 S. Motive II, S. 175; Mugdan II, S. 96. Vgl. v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1 (1980), S. 379ff. S. auch Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 58. 534 Fuller/Perdue, The Reliance Interest in Contract Damage, 46 Yale L. J. 52, 57–66 (1936); Kelly, The Phantom Reliance Interest in Contract Damages, 1992 Wis. L. Rev. 1755, 1783– 1811 (1992). Vgl. auch R. Petty, The Reliance Interest in Restitution, 32 S. Ill. U. L. J. 365 (2008). Zur Behandlung des Vertrauensschadens in Korea s. u. Dritter Teil § 4 II 2 c. 535 Canaris, Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht (1981), S. 419ff. 536 S. Weller, Die Vertragstreue (2009), S. 240ff. 537 S. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (12. Aufl. 1979), S. 8. 538 § 280 Abs. 1 BGB, § 390 KBGB, Art. III. – 3:701 (1) DCFR. 539 Girtanner, Die Stipulation und ihr Verhältnis zum Wesen der Vertragsobligation (1859), S. 450.

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gers, das auf der Willenserklärung des Schuldners beruht, für die Haftung entscheidender als der übereinstimmende Wille der Parteien sei. Denn der Gläubiger handelt aufgrund dieses Vertrauens. Wie Luhmann formuliert hat, kann der Mensch ohne Vertrauen »morgens sein Bett nicht verlassen«.540 Mithilfe von Vertrauen ist es sogar möglich, die wegen der Komplexität der Handlungsmöglichkeiten und -wirkungen entstandenen geschäftlichen Belastungen zu vermindern und die zeitliche oder örtliche Beschränkung der Geschäftsmöglichkeiten zu überschreiten.541 Die auf dem Vertrauen in die Willenserklärung des Schuldners beruhende Vermögensverfügung des Gläubigers ist deshalb als schutzwürdig anzusehen,542 besonders wenn die Willenserklärung des Schuldners in die Vereinbarungen vonseiten des Gläubigers aufgenommen werden und dadurch das Vertrauen beider Vertragsparteien verstärkt und bestätigt wird.543 Nach herrschender Meinung hingegen ist die Willenseinigung entscheidend. Dies ergibt sich aus der Schwierigkeit, Vertrauen festzustellen und darzulegen.544 Dennoch ergibt sich in bestimmten Fällen die Notwendigkeit, das Vertrauen trotz dieser Schwierigkeiten bei der Vertragsauslegung wieder einzubeziehen. Wie Kübel formuliert hat, richten sich die Vertragsparteien auf den »bestimmten rechtlichen äußeren Erfolg[es]« aus.545 Entfällt das bestimmte äußere Vertragsziel, -objekt oder -element, wie beim Dienstvertrag, der culpa in contrahendo oder dem Rechtsschein,546 tritt das hinter der Willenseinigung stehende Vertrauen in den Vertrag wieder in den Vordergrund,547 obwohl die Haftungsgründe bei den genannten Beispielen im Rahmen des Vertrauens unterschiedlich sind.548 Der Vertrauensgedanke hilft insoweit bei der Auslegung des Dienstvertrages,549 das vertragliche Interesse zu wahren, auch wenn er der konventionellen Meinung entgegensteht.550 540 S. Luhmann, Vertrauen (5. Aufl. 2014), S. 1. 541 Vgl. MünchKomm/Schubert (7. Aufl. 2015), BGB § 164 Rn. 2. 542 Girtanner, Die Stipulation und ihr Verhältnis zum Wesen der Vertragsobligation (1859), S. 354ff. Hofmann, Die Entstehungsgründe der Obligationen (1874), S. 69. 543 Vgl. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 56f. 544 B. Kelly, The Phanthom Reliance Interest in Contract Damages, 1992 Wis. L. Rev. 1755, 1773–83 (1992). 545 v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1 (1980), S. 379. 546 Jedoch sind die Haftungsgründe unterschiedlich. Der Haftungsgrund des Dienstvertrages ist die Pflichtverletzung der Leistungspflicht. Der Haftungsgrund der anderen beiden ist die Verletzung der gesetzlichen Pflichten, etwa aus § 311 Abs. 2 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB oder § 242 BGB. Vgl. MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 311 Rn. 35ff. Vgl. auch MünchKomm/Schubert (7. Aufl. 2016), BGB § 242 Rn. 333ff. 547 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 58. 548 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 67. 549 Vgl. Girtanner, Die Stipulation und ihr Verhältnis zum Wesen der Vertragsobligation (1859), S. 380ff. 550 Zur konventionellen Ansicht s. v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1 (1980), S. 379.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Im Rückschluss bedeutet dies, dass wenn in einem Dienstvertrag der Leistungsinhalt konkret geschildert ist und zusätzlich die leistungsstörungsrechtliche Haftung sowie die entsprechenden Rechtsbehelfe vollständig Anwendung finden, im Fall der Leistungsstörung nicht mehr an das Vertrauen des Gläubigers anzuknüpfen ist.551 Für den Gläubiger sind diese Rechtsbehelfe kostengünstiger und sicherer als die Einbeziehung des Vertrauens bei der Vertragsauslegung.552 In einer komplexen Gesellschaft wird das abstrakte Vertrauen durch ein konkretes Recht ersetzt.553 Beim Dienstvertrag kommen daher für den Gläubiger neben dem Vertrauen in die Person des Schuldners zwei weitere Mittel in Betracht: die Konkretisierung des Leistungsinhalts554 oder die Ergänzung der leistungsstörungsrechtlichen Rechtsbehelfe. Bedeutsam ist hier die letztere Vorkehrung.555 Denn wie oben erklärt, ist es unmöglich, den Leistungsinhalt des Dienstvertrages zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vollständig zu bestimmen. Die schwachen Sanktionen im Fall der Leistungsstörung und die Sanktionslücken können einen opportunistischen Schuldner dazu veranlassen, von dem anfänglich vereinbarten Äquivalenzverhältnis abzuweichen,556 weil der Schuldner dadurch wenige oder sogar gar keine ökonomischen Nachteile erleiden wird.557 Die subjektive Äquivalenz beim Dienstvertrag bleibt jedoch durch die Rechtsbehelfe des BGB unvollständig geschützt. Das BGB ist so konzipiert, dass 551 Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 59. 552 »Vor allem auf der Ebene der Gesellschaft sind die Rechtstatbestände und -normen nun viel zu differenziert, und Vertrauen ist ein viel zu allgemeines, diffuses soziales Erfordernis, als daß beides sich zur Deckung bringen ließe. Recht und Vertrauen trennen sich schließlich auch in ihren Motivationsgrundlagen. Die Rechtsbefolgung kann durch die Gesellschaft nur noch indirekt und unpersönlich motiviert und mit Hilfe eines »letzten Mittels«, nämlich physischer Gewalt, sichergestellt werden. Vertrauen beruht dagegen auf andersartigen Motivquellen, wie persönlicher Risikobereitschaft oder konkreter Bewährung.« Luhmann, Vertrauen (5. Aufl. 2014), S. 42. 553 »Nur in sehr einfachen Sozialsystemen, die kaum eigene Strukturprobleme haben und so klein sind, daß alle Teilnehmer miteinander vertraut sind, ist jedoch eine annähernde Kongruenz von Recht und Vertrauen möglich. … In allen stärker differenzierten, komplexeren Sozialordnungen wird dagegen eine Trennung von Recht und Vertrauen unumgänglich.« Luhmann, Vertrauen (5. Aufl. 2014), S. 41ff. 554 Beispielsweise DIN-Normen im Bereich der Dienstleistungen oder Service Level Agreement. Zu den DIN-Normen s. Busch, NJW 2010, 3061. Zum Service Level Agreement vgl. Schumacher, MMR 2006, 12. 555 »It could further be argued that it is useful to regulate the quality of the input into the service process because it gives the service provider incentives to prevent the result envisaged by the client from not being achieved. It would stimulate the service provider to select competent subcontractors and to use adequate tools, materials, and components. Rules dealing with the quality of the service provider’s input into the service process would also make it easier for the client to take precautionary actions.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1638f. 556 Ripperger, Ökonomik des Vertrauens (2. Aufl. 2003), S. 64. 557 Zu den nachträglichen ökonomischen Nachteilen s. Voigt, DStR 2004, 2214.

Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag

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dieser unvollständige Schutz durch den Rechtsbehelf der außerordentlichen Kündigung und einen Schadensersatzanspruch gestützt auf das in besonderem Maß erhöhte Vertrauen in die Person des Schuldners ergänzt wird.558 Fraglich ist jedoch, was der Dienstberechtigte machen kann, wenn diese beiden Rechtsbehelfe des BGB nicht richtig funktionieren. 2.

Verhandlungsmacht beim Dienstvertrag

Bei Betrachtung der Machtposition der Vertragsparteien in Bezug auf den Dienstvertragsmarkt erscheint dieses Konzept des BGB noch fragwürdig. Aus ökonomischer Sicht hat der, der ein Vertragsangebot annimmt, bei Anbahnung eines Vertrages gegenüber dem Antragenden typischerweise die überlegene Position (Bargaining Power, Verhandlungsmacht).559 Denn während der Annehmende die Folge eines Abbruchs der Vertragsverhandlungen in Kauf nehmen könnte, müsste sich der Antragende hingegen den aus dem Abbruch der Vertragsverhandlungen entstehenden Risiken aussetzen.560 Anders formuliert: Diese überlegene Marktposition des Annehmenden im Stadium der Vertragsanbahnung ergibt sich aus der Tatsache, dass der Annehmende in der Regel entscheiden kann, ob er das vom Antragenden abgegebenen Angebot annimmt und dadurch den angetragenen Vertrag abschließt.561 Wer einem anderen den Antrag auf die Vertragsschließung stellt, ist an diesen Antrag gebunden.562 Dem Annehmenden kommt hingegen der Ermessensspielraum zu, ob er den Antrag annimmt oder mit anderen einen gleichwertigen Vertrag abschließt.563 Der Ermessensspielraum und die daraus resultierende Verhandlungsmacht verleiht dem Annehmenden die Chance, den Wert der Leistung sowohl im Hinblick auf den quantitativen als auch den qualitativen Aspekt zu untersuchen.564 Bei der Vertragsgestaltung kann in der Regel der Annehmende mittels Marktmacht versuchen, den Wert seiner Leistung zu erhöhen und dementsprechend den Wert der ihm zu erbringenden Gegenleistung

558 Zum besonderen Vertrauen s. Staudinger/Preis (2012), BGB § 627 Rn. 21ff. 559 Carstensen, Buyer Power and the Horizontal Merger Guidelines: Minor Progress on an Important Issue, 14 U. Pa. J. Bus. L. 775, 783 (2012). Zu den Marktmachtkonstellationen vgl. auch O. Schenk, Marktwirtschaftslehre des Handels (2013), S. 254ff. 560 Vgl. Pötters, NZA 2014, 704, 707f. Vgl. auch Luhmann, Soziologische Aufklärung 4 (1987), S. 119. 561 Carstensen, Buyer Power and the Horizontal Merger Guidelines: Minor Progress on an Important Issue, 14 U. Pa. J. Bus. L. 775, 783 (2012). 562 § 145 BGB, § 527 KBGB. 563 Barnhizer, Inequality of Bargaining Power, 76 U. Colo. L. Rev. 139, 168–72 (2005). 564 Barnhizer, Inequality of Bargaining Power, 76 U. Colo. L. Rev. 139, 201–13 (2005).

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

herabzusetzen.565 Hierdurch wird die subjektive Wertentscheidung und Äquivalenz der objektiven angenähert. In aller Regel wird diese Machtposition vom Annehmenden genutzt, um den Wert der Gegenleistung, z. B. den Preis, die Miete oder die Vergütung zu mindern. Aber wenn der Annehmende den Wert der Gegenleistung herabsetzt, gilt die Annahme unter Änderung des Werts freilich als die mit einem neuen Antrag verbundene Ablehnung.566 Folgerichtig könnte gefragt werden, ob in diesem Stadium im Gegensatz zum ursprünglichen Fall der anfänglich Antragende die Verhandlungsmacht habe, weil sich die anfänglichen Machtpositionen der Vertragsparteien gewechselt haben. Jedoch trägt der ursprünglich Antragende das Ablehnungsrisiko. Wenn der ursprünglich Antragende die Verhandlungsmacht ausübt, um den Wert seiner Leistung wieder zu steigern, könnte dieser Antrag vom anfänglich Annehmenden abgelehnt werden. In diesem Fall muss der Antragende auf seine Kosten eine andere Vertragspartei finden. Schließlich begründet die getauschte Entscheidungsposition keine Verhandlungsmacht des Antragenden auf dem Markt, weil die Entscheidungsmacht in diesem Fall keinen Ermessensspielraum beinhaltet.567 Freilich könnte der Antragende die Verhandlungsmacht besitzen, falls auf dem Markt wenige Auswahlmöglichkeiten für den Annehmenden vorhanden sind, nämlich weniger Vertragspartner existieren.568 Trotzdem wird der Antragende in diesem Fall die Verzögerungskosten und die Unsicherheitslast tragen müssen, falls er die gewechselte Entscheidungsmacht ausübt, um den Wert seiner Leistung wieder zu erhöhen, und der Annehmende den Antrag zuletzt ablehnt.569 Im Falle eines Dienstvertrages trifft dieses Ergebnis bezüglich der Machtposition bei der Vertragsanbahnung jedoch nicht zu. Obwohl der Dienstberechtigte die Verhandlungsmacht hat, kann er die aus dieser Verhandlungsmacht resultierende Möglichkeit tatsächlich kaum wahrnehmen, da der Wert einer persönlichen Leistung ihrer Natur nach schwierig messbar ist. Falls er auf dem Markt mithilfe des üblichen Preises doch greifbar ist,570 kann die Leistung selbst nach Vertragsschluss vom Dienstverpflichteten noch manipuliert werden, womit ihr Wert nach Absicht des Dienstverpflichteten beeinflusst werden kann. 565 S. Fehr/Kirchsteiger/Riedl, Does Fairness Prevent Market Clearing?, The Quarterly Journal of Economics (May 1993), 437. 566 § 150 BGB, § 534 KBGB. 567 Zur Marktmacht vgl. Pötters, NZA 2014, 704, 707f. 568 Helveston/Jacobs, The Incoherent Role of Bargaining Power in Contract Law, 49 Wake Forest L. Rev. 1017, 1025–26 (2014). 569 Carstensen, Buyer Power and the Horizontal Merger Guidelines: Minor Progress on an Important Issue, 14 U. Pa. J. Bus. L. 775, 783 (2012). 570 § 612 Abs. 2 BGB, § 656 Abs. 1 KBGB.

Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag

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Die Vorleistungspflicht des Dienstverpflichteten nach § 614 BGB wäre kein vollständiges Schutzmittel, wenn dem Dienstberechtigten kein funktionsfähiges Sanktionsmittel im Fall der nicht behebbaren Schlechtleistung zustünde.571 Dies verhindert die positive Rolle der Verhandlungsmacht auf dem Markt, die an die Risikoverteilung des Sach- bzw. Handlungsmangels anknüpft und mithilfe der Annäherung des subjektiven Wertes an den objektiven Wert der Markteffizienz dient.572 Der Schuldner hat grundsätzlich keine Pflicht, den Zustand der Sache umfassend zu untersuchen und den Gläubiger zu informieren.573 Die Verhandlungsmacht des Gläubigers veranlasst den Schuldner, den Zustand der Sache zu untersuchen und für deren Normalzustand einzustehen.574 Bei einer persönlichen Leistung kann eine solche Funktion nicht greifen, weil die »vereinbarte Leistung« im Sinne des Kauf- sowie Werkvertrages nicht vorhanden ist, daher der gegenwärtige Normalzustand der Leistung begrifflich kaum vorstellbar ist und die Dienste nachträglich nach Willen des Dienstverpflichteten verrichtet werden.

3.

Subjektive und objektive Äquivalenz beim Dienstvertrag

Aus rechtsdogmatischer Sicht spielt die subjektive Äquivalenz im Rahmen des gegenseitigen Vertrages die Hauptrolle. Bei der Minderungsproblematik darf die Frage nach dem subjektiven Äquivalenzinteresse nicht außer Acht gelassen werden, weil sich die Minderung direkt auf die »proportionale« Herabsetzung der Gegenleistung bezieht.575 Die proportionale Berechnung der Minderung spiegelt den Rechtsgedanken wider, dass die subjektive Wertentscheidung der Vertragsparteien bezüglich Leistung und Gegenleistung nicht nur zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auch bei der Beseitigung der Leistungsstörung berücksichtigt werden müsse.576 Nach dem subjektiven Äquivalenzprinzip sollte das »schlechte« oder »gute« Geschäft nach dem Vertragsschluss unverändert aufrechterhalten wer571 Hierzu eingehend s. u. Dritter Teil § 5 III 4. 572 Fletcher, Concept and Importance of Bargaining Power, in: Center for Agricultural and Economic Adjustment, Bargaining Power in Agriculture (1961), S. 3. Vgl. auch Choi/Triantis, The Effect of Bargaining Power on Contract Design, 98 Va. L. Rev. 1665, 1701-02 (2012). 573 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 433 Rn. 67; Larouche/Chirico (Eds.), Economic Analysis of the DCFR (2010), S. 67ff. 574 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 433 Rn. 68; BGH, Urteil vom 5. 7. 1978 – VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241; BGH, Urteil vom 14. 3. 1979 – VIII ZR 129/78, NJW 1979, 1707. 575 S. Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 4ff. Zur proportionalen Methode ausführlich s. u. Dritter Teil § 4 III 1. 576 Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 441 Rn. 13ff.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

den.577 Die Vertragsfreiheit trägt zur Gerechtigkeit des proportionalen Verfahrens bei der Minderung bei.578 Denn falls das ursprüngliche Geschäft zum Zeitpunkt der Beseitigung der Leistungsstörung verändert würde, würde daraus eine zweite Chance zur Verhandlung folgen. Damit würde der Rechtsgedanke, pacta sunt servanda, der die Basis für die Vertragsfreiheit ist, missachtet.579 In dem Fall würde jeder sein schlechtes Geschäft durch die aus der Leistungsstörung resultierende zweite Verhandlungschance korrigieren wollen.580 Daher erlangt die Proportionalmethode bei der Minderung durch die subjektive Äquivalenz ihre Berechtigung. Trotzdem wird der Preis einer mangelhaften Sache in der Praxis nicht proportional gemindert, sondern es wird schlicht der Minderwert abgezogen, der zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache liegt.581 Die subjektive Äquivalenz, die durch die Vertragsparteien bei Vertragsschluss begründet wird, bleibt nach dieser Auffassung unberücksichtigt, soweit dem keine Partei widerspricht.582 Denn Hauptargument für diese Auffassung ist, dass aus wirtschaftlicher Perspektive anzunehmen ist, die subjektive Wertentscheidung müsse sich vernünftigerweise dem objektiven Wert nähern, es sei denn, besondere Umstände lägen vor.583 Wie oben erwähnt, spielt dabei die Verhandlungsmacht des Käufers in der Regel eine große Rolle.584 Auf dem Markt spiegelt der Preis mithilfe der Verhandlungsmacht den objektiven Wert wider.585 Allerdings kann die Proportionalmethode auch nach dieser Ansicht als Maßstab für die Minderung herangezogen werden, wenn ein Teil Umstände darlegt, welche der subjektiven Äquivalenz zuwiderlaufen.586 Ansonsten bleibt nach dieser Auffassung die Subtraktionsmethode unberührt.587 Bei einem Dienstvertrag lägen solche besonderen Umstände, die zur Unan577 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 441 Rn. 12; Jauernig/Berger (16. Aufl. 2015), BGB § 441 Rn. 6; Canaris, ZIP 1997, 813, 835; Gaier, ZRP 2001, 336, 339. 578 Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 5. 579 Huber, Leistungsstörungen, Band I (1999), S. 45f. 580 Zur Vertragsgerechtigkeit vgl. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht (1997), S. 46ff.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 283ff. 581 Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 6. 582 Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 441 Rn. 22; MünchKomm/Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 441 Rn. 12ff. 583 Niels/Jenkins/Kavanagh, Economics for Competition Lawyers (2011), S. 13ff.; Gensler, The Competitive Market Model of Contracts, 99 Com. L. J. 384, 384–86 (1994). 584 Aus ökonomischer Sicht liegt die Hauptaufgabe der zivilrechtlichen Vorschriften darin, vernünftige Entscheidungen auf dem Markt zu fördern und die Hindernisse dafür zu beseitigen. Adams, Warum kein Ersatz für Nichtvermögensschäden?, in: C. Ott/H. B. Schäfer (Hrsg.), Allokationseffizienz in der Rechtsordnung: Beiträge zum Travemünder Symposium zur Ökonomischen Analyse des Zivilrechts (1989), S. 210. 585 Niels/Jenkins/Kavanagh, Economics for Competition Lawyers (2011), S. 13ff. 586 Gaier, ZRP 2001, 336, 339. 587 Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 10.

Geschuldete persönliche Leistung beim Dienstvertrag

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wendbarkeit der Subtraktionsmethode führen, vor (falls die Minderung als Rechtsbehelf erlaubt wäre). Die Subtraktionsmethode ist nur dann als richtig anzusehen, wenn die subjektiven Wertentscheidungen beider Parteien mit dem objektiven Wert übereinstimmen.588 Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn beide Parteien ihre Verhandlungsmacht ohne Hindernisse ausüben können. Sogar in diesem Fall kann sich das Geschäft als »schlechtes« oder »gutes« herausstellen, weil stets das Risiko besteht, Marktfaktoren falsch einzuschätzen.589 Eine gestörte Verhandlungsmacht erhöht das Fehleinschätzungsrisiko, weil der Zweck der Verhandlungsmacht darin liegt, den wirklichen Wert der Güter einzuschätzen.590 Dementsprechend sind die objektive Äquivalenzvermutung und die Subtraktionsmethode besonders beim Dienstvertrag unannehmbar.591 Freilich kann die subjektive Äquivalenz durch die objektive Äquivalenzvermutung ersetzt werden, wenn der Parteiwille durch Vorschriften wie §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2, 653 Abs. 2 BGB und § 656 Abs. 1 KBGB592 ergänzt wird.593 Außerdem kann der objektive Wert an die Stelle des subjektiven Äquivalenzprinzips treten, wenn ein besonderer Rechtsgedanke dies erlaubt, z. B. der Verbraucherschutz nach § 346 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB.594 Diese Ausnahmen sollten aber nicht dazu berechtigen, der subjektiven Äquivalenz gegenüber der objektiven keinen Vorrang mehr zu gewähren.595

588 Zur subjektiven und objektiven Äquivalenz s. Larenz, Richtiges Recht (1979), S. 67ff.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts (8. Aufl. 1997), § 2 Rn. 22f.; Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts (1996), S. 159f., 182ff.; Härle, Die Äquivalenzstörung (1995), S. 11ff. und 18f. 589 Zum Risk Management s. Frenkel/Hommel/Rudolf, Risk Management: Challenge and Opportunity (2005). 590 Vgl. diesbezüglich zur Information und legislativen Intervention Schulte-Nölke, No Market for ›Lemons‹, European Review of Private Law 2–2015, S. 203f. 591 Vgl. Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 7; Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht (1997), S. 51ff. 592 § 656 KBGB: »[Höhe der Vergütung; Zeit für die Vergütung] (1) Ist eine Vergütung für eine Dienstleistung, die den Umständen nach nur gegen eine Vergütung erwartet werden darf, stillschweigend vereinbart worden, oder ist die Höhe nicht bestimmt, so richtet sie sich nach der üblichen Vergütung. (2) Die Vergütung ist in der für die Gewährung bestimmten Zeit zu entrichten. Wenn eine Zeit hierfür nicht vereinbart wurde, so bestimmt sie sich nach der ortsüblichen Verkehrssitte. In Ermangelung einer solchen ist die Vergütung nach der Leistung der versprochenen Dienste unverzüglich zu entrichten.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 138. 593 S. Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 612 Rn. 41ff. 594 Erman/A. Röthel (14. Aufl. 2014), BGB § 346 Rn. 17; BeckOK BGB/H. Schmidt (36. Edition 1. 8. 2015), BGB § 346 Rn. 47. 595 Zur Parallelität der subjektiven und objektiven Äquivalenz vgl. Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 8ff. Zur funktionalen Äquivalenz s. Härle, Die Äquivalenzstörung (1995), S. 20.

92 IV.

Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Ergebnis zu § 2

Die geschuldete persönliche Leistung wird durch Vertragsauslegung bestimmt. Der dadurch festgelegte Leistungsinhalt ist Ansatzpunkt, im Fall einer Leistungsstörung eine entsprechende Lösung zu finden. Bei einem Dienstvertrag ist es jedoch schwierig, den vereinbarten Leistungsinhalt zu konkretisieren und eine Mangelhaftigkeit der Leistung festzustellen, da der Ermessensspielraum zur Erfüllung der Leistung dem Dienstverpflichteten nicht vollständig entzogen werden kann. Infolgedessen kann der Dienstverpflichtete nachträglich den Inhalt seiner Leistung ändern, um seinen Gewinn zu maximieren. Dennoch ist eine solche Leistung als vertragsgemäß anzusehen, soweit der Dienstverpflichtete seine geistigen und körperlichen Fähigkeiten bei der Erfüllung in angemessener Weise angewandt hat. Um sein Interesse zu wahren, pflegt der Dienstberechtigte daher eine von zwei alternativen Vertragsformen zu wählen. Erste typische Vertragsform ist der zeitbezogene Dienstvertrag. Bei einem zeitbezogenen Dienstvertrag ist der Dienstverpflichtete in dem vereinbarten Zeitraum dem Weisungsrecht des Dienstberechtigten unterworfen. Eine Pflichtverletzung wird dadurch bestimmt, ob die Dienste weisungswidrig sind. Die andere Vertragsform ist der erfolgsbezogene Dienstvertrag. Beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag lässt der Dienstberechtigte den Dienstverpflichteten versuchen, den Erfolg selbstständig zu erreichen. In letzterem Fall wird die Billigkeit der Ermessensausübung des Dienstverpflichteten nach der Tauglichkeit der erbrachten Dienste zum Vertragszweck bestimmt. Obwohl die Mangelhaftigkeit der Dienste bestimmt wird, ist diese Bestimmung dann nutzlos, wenn kein angemessener Rechtsbehelf für ebensolchen Fall vorgeschrieben ist. Ein opportunistischer Dienstverpflichtete würde nicht sanktioniert, wenn er die unter gleichen Umständen in demselben Sektor üblichen Pflichten einhält, obwohl er die aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten erhöhte Erwartung des Dienstberechtigten, auf der der erhöhte Preis beruht, nicht erfüllt. Damit würde der Schutz des subjektiven Interesses vernachlässigt. Insoweit besteht die Notwendigkeit einer Minderung, um die Beeinträchtigung des subjektiven Interesses auszugleichen. Jedoch ist die Minderung im Fall der Schlechtleistung im BGB ausgeschlossen. Aus dem Blickwinkel des BGB muss der Dienstberechtigte unerwünschte Ergebnisse hinnehmen, weil er mit dem nicht vertrauenswürdigen Dienstverpflichteten einen Vertrag abgeschlossen hat. Fraglich ist, warum im Vergleich zu anderen Vertragstypen nur der Dienstberechtigte ein solches Risiko tragen muss.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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§ 3. Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages Problematisch ist die Minderung beim Dienstvertrag nur im Fall der Schlechtleistung. Im Fall der Teilleistung wird die Minderung ohne Weiteres angewendet. Daher ist es notwendig, die Schlechtleistung beim Dienstvertrag von den anderen Leistungsstörungstypen abzugrenzen.596 Es kann zu falschen Ergebnissen führen, wenn die erbrachte Leistung unrichtig eingeordnet wird.597 Die Einordnung des Leistungsstörungstyps beim Dienstvertrag ist jedoch schwierig. Denn der Einordnungsmechanismus ist ursprünglich in Hinblick auf den Kaufund Werkvertrag entworfen worden. Beim Dienstvertrag muss die Einordnung auf andere Weise erfolgen. Besonders der Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten bei der Erfüllung bereitet Einordnungsschwierigkeiten. Denn wegen des Ermessensspielraums kann bei der Frage, ob eine Schlechtleistung vorliegt, die Reichweite der vertragsgemäßen Leistung beim Dienstvertrag nicht klar bewiesen werden. Im Folgenden wird bestimmt, was Schlechtleistung sowie Schlechterfüllung im Rahmen des Dienstvertrages bedeuten, bevor untersucht wird, ob das Minderungsrecht beim Dienstvertrag anwendbar ist. Dieser Schritt ist notwendig, um die drei Regelungssysteme in Bezug auf die Minderungsproblematik im darauffolgenden Teil dieser Arbeit gegenüberzustellen. Denn die drei Gesetzessysteme sind im Leistungsstörungsrecht unterschiedlich strukturiert. Beispielsweise kennt der DCFR die Schlechtleistung nicht. Vielmehr ist die Nichterfüllung zentraler Leistungsstörungstypus.598 Beim KBGB sind Nichterfüllung und Verzug die im Gesetz geregelten Leistungsstörungstypen.599 Jedoch werden die Vorschriften über die Nichterfüllung auf die Fälle der Schlechterfüllung angewendet.600

I.

Schlechtleistung im BGB, KBGB und DCFR

Im Folgenden wird die Rechtslage der Schlechtleistung in BGB, KBGB und DCFR näher erläutert, um die Schlechtleistung von den anderen Leistungsstörungsformen abzugrenzen. Nach der herrschenden Lehre in Korea basiert die Rechtsgrundlage der Schlechterfüllung beim KBGB auf der Vorschrift über die Nichterfüllung. Beim DCFR wird die Schlechterfüllung in den Begriff der 596 Zur Abgrenzung der Schlechtleistung von anderen Leistungsstörungstypen s. u. Zweiter Teil § 3 II. 597 Für ein Beispiel s. u. Zweiter Teil § 3 III (KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946). 598 Art. III. – 1:102 (3) DCFR. Zur Schlechtleistung beim DCFR s. u. Zweiter Teil § 3 I 2. 599 §§ 387, 390 KBGB. 600 Zur Schlechtleistung beim KBGB s. u. Zweiter Teil § 3 I 1 b.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Nichterfüllung integriert. Daher wird die Schlechterfüllung in KBGB und DCFR nicht gesetzlich hervorgehoben. Im BGB wird die Schlechtleistung von anderen Leistungsstörungstypen unterschieden und erlangt eine selbstständige Bedeutung im Leistungsstörungsrecht. Allgemein anerkannt bei diesen drei Regelungssystemen ist jedoch der Grundgedanke, dass das Schuldverhältnis nur erlischt, wenn der Schuldner seine Leistung vertragsgemäß bewirkt. Liegt also eine Schlechtleistung vor, ist sie als »nicht erfüllungstauglich« einzuordnen und führt nicht zum Erlöschen des Schuldverhältnisses. Dies gilt allgemein, unabhängig davon, wie die Schlechtleistung gesetzlich geregelt ist.

1.

Schlechtleistung im BGB und Schlechterfüllung im KBGB

Die gesetzliche Struktur der Leistungsstörung im KBGB ist ähnlich der anfänglichen Vorstellung der Verfasser des BGB konzipiert. Die Vorstellung, dass sich alle Pflichtverletzungen beim Schuldverhältnis in die Kategorien Verzug und vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit unterteilen ließen, stellte sich jedoch bald als unrichtig heraus.601 Denn es zeigte sich, dass der Schaden, der infolge der unsorgfältigen Erfüllungshandlung des Schuldners herbeigeführt wird, anhand des anfänglichen Gesetzeskonzepts nicht ausgeglichen werden konnte.602 Auch sind in dem Fall, dass es dem Gläubiger nachträglich gelungen ist, im Rahmen der Leistung den vollen »Leistungserfolg« herbeizuführen, weitere Schäden denkbar, die keine Verzögerungsschäden sind.603 Gemeint ist hier der Folgeschaden, der trotz der nachträglichen vertragsgemäßen Bewirkung der Leistung aufgrund schlechter Durchführung der Leistungshandlung entstanden ist, z. B. der von giftigem Pferdefutter verursachte Begleitschaden.604 Solche zusätzlichen Begleit- bzw. Folgeschäden konnten mit Hilfe des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung nicht ausgeglichen werden, weil die mangelfreie Leistung nachträglich geliefert wurde und dadurch bezüglich des Äquivalenzinteresses kein Schaden vorlag.605 Außerdem handelt es sich bei solchen Schäden nicht unmittelbar um Verzugsschäden.606 Von der Schlechtleistung ist jede mangelhafte Leistung erfasst, die den 601 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 363. 602 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 363. 603 Mit »Leistungserfolg« ist hier nicht der Erfolg gemeint, der als Abgrenzungskriterium zwischen Werk- und Dienstvertrag verwendet wird, sondern die Bewirkung der Leistung. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 363. 604 Bekanntes Beispiel dafür : RG, Urteil vom 9. 7. 1907 – II 115/07, RGZ 66, 289ff. 605 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 364. 606 Für die entsprechende Anwendung der Vorschrift des Verzögerungsschadens (§ 286 BGB a. F.) hingegen Staub, Die positiven Vertragsverletzungen (1904), S. 34f., 39. S. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 367.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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Rechtsgütern des Gläubigers einen Folgeschaden zufügt.607 Der Anspruch auf den Ersatz dieses Folgeschadens kann einerseits aus der Verletzung der Leistungspflicht hergeleitet werden, andererseits aus der Verletzung anderer Verhaltenspflichten.608 Diese Verhaltenspflichten entstehen schon ab dem Zeitpunkt der Vertragsanbahnung.609 Bei der Vertragsanbahnung sowie Vertragserfüllung verpflichtet sich jeder Vertragsteil zu »vertragsgerechtem Verhalten«.610 Ob die Verhaltenspflichten auch in den Begriff der geschuldeten Leistung integriert werden können, soll hier nicht weiter diskutiert werden.611 Unabhängig davon, welche Ansicht hier vertreten wird, ist anzunehmen, dass die Verletzung dieser Verhaltenspflichten zur Vertragsverletzung führt.612 a. Schlechtleistung als mangelhafte Leistung Die Rechtslage des BGB hat sich in Bezug auf die Schlechtleistung nach der Schuldrechtsmodernisierung wesentlich geändert. Die Unterscheidung zwischen teilweiser Nichtleistung und Schlechtleistung war schon vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz bekannt.613 Trotzdem war im BGB a. F. weder der Begriff der Schlechtleistung, noch die gesetzliche Abgrenzung von anderen Leistungsstörungstypen geregelt, der Begriff der Schlechtleistung durch die in einzelnen Vertragstypen vorgeschriebenen Mangelgewährleistungsrechte aber angenommen.614 Dies war jedoch unvollständig, weil das Dienstvertragsrecht keine Vorschrift über die Mangelgewährleistung kannte. Daraus entstand die grundlegende Frage, ob die Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages überhaupt möglich ist.615 Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wollte der Gesetzgeber das allgemeine Leistungsstörungsrecht auf die Schlechtleistung erstrecken und die einzelnen Gewährleistungsregeln an die allgemeinen Leistungsstörungsregeln anpassen.616 Dieses Hauptanliegen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ist 607 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil (19. Aufl. 2010), Rn. 503. 608 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil (19. Aufl. 2010), Rn. 503; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 364f. 609 § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB, § 2 Abs. 1 KBGB. § 2 KBGB: »[Treu und Glauben] (1) Die Rechtsausübung und Pflichterfüllung haben nach Treu und Glauben zu erfolgen. (2) Das Recht darf nicht mißbraucht werden.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 11. 610 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 365. 611 S. dazu ausführlich Weller, Persönliche Leistungen (2012). Vgl. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 364f. 612 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 365. 613 S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 86. 614 §§ 459ff., 523ff., 600, 633ff. BGB a. F. S. Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht: Ein Lehrbuch (2002), § 2 Rn. 5. 615 S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 86ff. 616 Canaris, Die Neuregelung des Leistungsstörungs- und des Kaufrechts (2003), S. 54.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

jedoch nicht vollständig gelungen. Beim Gewährleistungsrecht des Mietvertrages (§ 536a BGB) und des Reisevertrages (§ 651f BGB) fehlt die Anknüpfung an das allgemeine Leistungsstörungsrecht.617 Bei diesen Vertragstypen wird der Anwendungsbereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts – besonders der des § 280 BGB – durch §§ 536a, 651f BGB verdrängt.618 Dennoch hat sich der Anwendungsbereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf den Fall der Schlechtleistung nach der Schuldrechtsreform erweitert.619 § 433 Abs. 1 S. 2 BGB bestätigt beispielsweise die Pflicht des Schuldners, die Sache mangelfrei zu verschaffen.620 Nach der Schuldrechtsreform wird die Schlechtleistung in §§ 218 Abs. 1, 281 Abs. 1, 323 Abs. 1, Abs. 5, 326 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich erwähnt. Der Leistungspflicht ist die Pflicht zur Mangelfreiheit der Leistung gesetzlich immanent.621 Im BGB ist die Schlechtleistung mit der Mangelhaftigkeit der Leistung gleichbedeutend. Die Mangelhaftigkeit der Leistung bestimmt sich weiterhin nach den besonderen Gewährleistungsrechten.622 Für einige Vertragstypen ist ein besonderes Gewährleistungsrecht für Mängel normiert, das das allgemeine Leistungsstörungsrecht verdrängt.623 In diesem Fall richtet sich die Mängelhaftung nach den gesetzlichen Sondervorschriften für Kauf- (§§ 434ff. BGB), Miet- (§§ 536ff. BGB), Werk- (§§ 633ff. BGB) und Reisevertrag (§§ 651c ff. BGB). Trotzdem bedeutet dies nicht, dass die Schlechtleistung nur in diesen Vertragstypen auftreten kann.624 Denn die Schlechtleistung ist nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz als ein Leistungsstörungstyp in das allgemeine Leistungsstörungsrecht integriert.625 b. Schlechterfüllung als teilweise Nichterfüllung Anders als das BGB enthält das KBGB keine Vorschrift über die Schlechtleistung. Vielmehr wird der Begriff der Schlechtleistung von der Lehre geprägt, die von

617 MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536a Rn. 1 f.; MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651f Rn. 4. 618 Arnold, ZJS 2009, 22, 22 und 25. Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 536a Rn. 1; Motive II, S. 376f.; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651f Rn. 1; MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651f Rn. 4. Vgl. auch §§ 523, 524 BGB. Zur altruistischen Motivation des Schenkungsvertrages s. MünchKomm/Koch (6. Aufl. 2012), BGB § 523 Rn. 1. 619 S. MünchKomm/Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 437 Rn. 1 ff.; MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 634 Rn. 1ff. 620 Canaris, Die Neuregelung des Leistungsstörungs- und des Kaufrechts (2003), S. 53f. 621 S. Canaris, Die Neuregelung des Leistungsstörungs- und des Kaufrechts (2003), S. 56. 622 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil (19. Aufl. 2010), Rn. 504. 623 S. Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 434 Rn. 131. 624 Erfk/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 683. 625 Dauner-Lieb/Thiessen, DStR 2002, 809, 810.

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der deutschen Rechtsdogmatik stark beeinflusst ist.626 Das Fehlen einer gesetzlichen Definition der Schlechtleistung bringt jedoch unterschiedliche Begriffsbildungen mit sich.627 Um Missverständnisse zu vermeiden und innerhalb der Schlechterfüllung die schlecht erbrachte Leistung von der positiven Forderungsverletzung zu unterscheiden, wird im folgenden Teil über das KBGB der Begriff der Schlechtleistung neben dem der Schlechterfüllung verwendet.628 Obwohl die Schlechtleistung von der positiven Forderungsverletzung abgegrenzt wird, weil sich die positive Forderungsverletzung auf den Folgeschaden oder den Begleitschaden bezieht,629 ist es der Rechtslage des KBGB nach angemessen, beides unter dem übergreifenden Begriff der »Schlechterfüllung« zusammenzufassen. Denn sowohl die Schlechtleistung als auch die positive Forderungsverletzung müssen nach herrschender Lehre tatbestandlich auf der gleichen Vorschrift, § 390 KBGB, beruhen.630 Die Schlechtleistung wird als Erfüllung erbracht und die positive Forderungsverletzung wird bei der Erfüllung durch die Schlechtleistung oder die weitere Neben- sowie Schutzpflichtverletzung verursacht.631 Die »schlechte« Erfüllung bildet das allgemeine Merkmal beider Leistungsstörungsformen.632 Obwohl der Begriff der Schlechterfüllung von fast allen in Korea vertretenen Ansichten allgemein akzeptiert ist, bleibt die Frage offen, ob die Bildung der Kategorie der Schlechterfüllung für die Falllösung von Nutzen ist. Eine Ansicht behauptet sogar, dass von einer Kategorisierung der Schlechterfüllung im KBGB anders als im BGB kein Nutzen ausgehe, weil im Fall einer positiven Forde626 Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 155; Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 213ff. 627 Seung-Jong Hyun, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1982), S. 129; Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 159; Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1994), S. 164. 628 Vgl. Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht: Ein Lehrbuch (2002), § 2 Rn. 6. 629 S. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 213. 630 § 390 KBGB: »[Schadensersatz wegen Nichterfüllung] Hat der Schuldner dem Inhalt des Schuldverhältnisses nach seine[r] Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise erfüllt, so kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen, es sei denn, daß die Leistung infolge eines vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstandes unmöglich wird.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 84. 631 Seung-Jong Hyun, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1982), S. 129f.; Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 159f. 632 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 220. Hingegen behauptet Chang-Su Yang, dass der Gesetzgeber des KBGB zum Zeitpunkt der Gesetzgebung den Begriff der Schlechterfüllung gekannt habe. Die Vorschrift über den Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (§ 390 KBGB) solle daher nur auf die Fälle der Schlechtleistung angewendet werden. Der Fall der positiven Forderungsverletzung müsse dagegen wie ein Fall der unerlaubten Handlung behandelt werden. Yoon-Jik Kwak/Chang-Su Yang, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 9 Schuldrecht II (1995), S. 295ff.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

rungsverletzung der Schadensersatzanspruch nach § 390 KBGB ohne Weiteres beansprucht und neben dem Leistungsstörungsrecht das Deliktsrecht gleichzeitig konkurrierend angewendet werden könnte.633 Hierdurch werde das Interesse des Gläubigers auch ohne den Begriff der Schlechterfüllung lückenlos geschützt.634 Diese Ansicht unterschätzt jedoch den Nutzen der dogmatischen Konstruktion der verschiedenen Leistungsstörungsformen.635 Folgt man dieser Auffassung, entsteht im Falle einer Schlechterfüllung sogar eine gesetzliche Schutzlücke, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.636 Dann sind deliktsrechtliche Ansprüche von Anfang an ausgeschlossen. Eine Schlechterfüllung liegt auch deshalb nicht vor, weil der Begriff der Schlechterfüllung mit dem Schadensersatz verbunden ist und es in diesem Fall an dem Verschulden des Schuldners mangelt.637 Der Begriff der Schlechterfüllung setzt Verschulden voraus. Nur die verschuldensunabhängigen Gewährleistungsrechte können dann Anwendung finden. Jedoch sind diese nicht vollständig und bezüglich der Leistungsstörungsformen nicht systembegründend.638 Daher ist nach herrschender Lehre allgemein anerkannt, dass der Begriff der Schlechterfüllung notwendig ist.639 Die Frage, auf welcher gesetzlichen Vorschrift die Schlechterfüllung beruht, bleibt jedoch umstritten. Häufig als Rechtsgrundlage der Schlechterfüllung genannt ist § 390 KBGB.640 § 390 KBGB ist eine allgemeine Regel über den Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Nach § 390 S. 1 KBGB kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen, wenn der Schuldner die Leistung »nicht wie geschuldet« erbringt. Dies gilt aber nicht, wenn der Schuldner dies nicht zu vertreten hat.641 Der Gesetzestext (»nicht wie geschuldet«) begründet nach herrschender Lehre die Rechtsgrundlage nicht nur für die Nichtleistung, sondern 633 Vgl. § 750 KBGB: »[Inhalt der unerlaubten Handlung] Wer vorsätzlich oder fahrlässig einem anderen widerrechtlich einen Schaden zufügt, ist diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 156. 634 Vgl. Seung Hyeon Seong, Die Rezeption der Lehre von der positiven Vertragsverletzung und das Heute, Chonnam Law Review 34 (3) (2014), S. 37ff.; Seung Hyeon Seong, Der Begriff der »Schlechterfüllung« und der »nicht gehörigen Erfüllung« aus dogmengeschichtlicher und rechtsvergleichender Sicht, Chonnam Law Review 35 (3) (2015), S. 130. 635 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 221. 636 Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 155. 637 S. § 390 KBGB. 638 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 221. 639 Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 155. 640 Seung-Jong Hyun, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1982), S. 127; Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 156; Eun-Young Lee, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1999), S. 237. 641 § 390 S. 2 KBGB. Die Übersetzung von Kyu-Chang Cho ist insoweit nicht originalgetreu, als in seiner Übersetzung kein zweiter Satz existiert. Der zweite Satz wird in seiner Übersetzung mit dem ersten Satz zusammengefasst.

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auch für die Schlechtleistung einschließlich der positiven Forderungsverletzung.642 Somit wird die Schlechterfüllung hinsichtlich ihrer Rechtsgrundlage in die Nichterfüllung integriert.643 Anders als die herrschende Lehre behauptet eine andere Ansicht, dass die Rechtsgrundlage der Schlechterfüllung nicht aus § 390 S. 1 KBGB hergeleitet werden könne.644 Vielmehr habe der Gesetzgeber des KBGB anfänglich keine Schlechterfüllung vorgesehen.645 Die Rechtsgrundlage der Schlechterfüllung liege in den gewährleistungsrechtlichen Vorschriften. Der Schaden, der aus der positiven Forderungsverletzung resultiere, werde durch die Vorschriften des Gewährleistungsrechts ausgeglichen.646 Dementsprechend bilden die gewährleistungsrechtlichen Vorschriften im Kaufrecht die allgemeine Rechtsgrundlage der Schlechterfüllung.647 Jedoch muss diese Ansicht abgelehnt werden, weil die positive Forderungsverletzung anders als das Gewährleistungsrecht vom Verschulden des Schuldners abhängig ist und die Verletzung der Leistungspflichten (Schlechtleistung) von der Verletzung der weiteren Verhaltenspflichten (positive Forderungsverletzung) unterschieden werden muss.648 Im Hinblick auf die Rechtsgrundlage liefert diese Ansicht, abgesehen vom gesetzgeberischen Willen, keine hinreichende Begründung dafür, dass der Rechtsgrund der Schlechterfüllung nicht auf § 390 S. 1 KBGB beruht.649 Auffällig ist, dass neben der Schlechterfüllung auch die Teilerfüllung (oder Teilleistung) im KBGB nicht gesetzlich vorgesehen ist. Daher ist eine systematische Abgrenzung von Teilleistung und Schlechtleistung schwierig.650 Auch zur Abgrenzung von einer aliud Leistung enthält das KBGB keine eindeutigen Kriterien. All diese Leistungsstörungstypen beruhen auf der gleichen Rechtsgrundlage, § 390 S. 1 KBGB. Aufgrund dessen streben die Ansichten nach einer Differenzierung zwischen den Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Schlecht-,

642 Seung-Jong Hyun, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1982), S. 127; Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 156; Eun-Young Lee, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1999), S. 237; Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 221. 643 Zur Rechtslage des BGB a. F. bezüglich der Schlechtleistung und Unmöglichkeit s. Preis/ Hamacher, Jura 1998, 116, 117. 644 Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1994), S. 167. 645 Zur gleichen Ansicht s. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 220f. 646 Hingegen Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 220f. 647 Dies entspricht teilweise dem gesetzgeberischen Willen, weil die gewährleistungsrechtlichen Vorschriften im Kaufrecht auf die entgeltlichen Verträge entsprechende Anwendung finden. Dazu ausführlich s. u. Dritter Teil § 4 II 2. 648 Yoon-Jik Kwak unterscheidet nicht. S. Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1994), S. 167. 649 Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 156. 650 Beispielsweise s. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946.

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Teil- und aliud Leistung.651 Der Vertragszweck und das abstrakte Gebot von Treu und Glauben gelten als Differenzierungsmaßstab.652 Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass die unvollständigen Regelungen über die verschiedenen Leistungsstörungstypen in der Praxis zu einer systematischen Lähmung bei der Falllösung führen, wenn eine Leistungsstörung vorliegt und kein dogmatischer Konsens zur Unterscheidung der Leistungsstörungsformen besteht.653

c. Rechtsfolge der Schlechtleistung im BGB und KBGB Die Rechtsfolge der Schlechtleistung bestimmt sich zunächst nach den gewährleistungsrechtlichen Sondervorschriften. Falls – wie beim Dienstvertrag – kein besonderes Gewährleistungsrecht vorgeschrieben ist, kommen die allgemeinen Rechtsbehelfe für Leistungsstörungen in Betracht.654 Dies gilt sowohl im BGB als auch im KBGB. Als erster Rechtsbehelf bei einer Schlechtleistung kann die Nacherfüllung genannt werden.655 Denn nach § 362 Abs. 1 BGB und § 460 KBGB erlischt das Schuldverhältnis nur durch die Erbringung der geschuldeten Leistung.656 Wenn die erbrachte Leistung unvollständig ist, bleibt das Schuldverhältnis bestehen. Der Nacherfüllungsanspruch beruht auf dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch.657 Der Gläubiger, der die erbrachte Leistung angenommen hat, kann Nacherfüllung bzw. Schadensersatz beanspruchen, wenn die erbrachte Leistung nicht vertragsgemäß ist.658 Im Falle einer Schlechtleistung bleibt die Leistungspflicht erhalten, es sei denn, sie ist wegen Unmöglichkeit der Leistung ausgeschlossen.659 Wenn die Primärpflicht des Schuldners in einer Unterlassung liegt und er dieser nicht vertragsgemäß nachkommt, kann gemäß § 389 Abs. 3 KBGB 651 652 653 654 655 656

657 658 659

S. Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 161ff. Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 161. Für ein Beispiel s. u. Zweiter Teil § 3 III. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 183, 207. §§ 281 Abs. 1 S. 1, 323 Abs. 1, 437 Nr. 1, 439, 634 Nr. 1, 635 BGB. Zur Nacherfüllung als Rechtsbehelf im KBGB s. Kim, Die Nacherfüllung als Rechtsbehelf des Käufers (2014), S. 153ff. § 460 KBGB: »[Leistungsangebot] Der Schuldner hat seine Verbindlichkeit nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses durch tatsächliches Angebot der ihm obliegenden Leistung in gehöriger Weise zu erfüllen. Verweigert der Gläubiger zuvor die Annahme der ihm als Erfüllung angebotenen Leistung oder ist zur Bewirkung der Leistung an den Gläubiger dessen Mitwirkung erforderlich, so genügt es, daß der Schuldner dem Gläubiger anzeigt, daß er das zur Leistung seinerseits Erforderliche getan hat, oder daß er ihn zur Annahme der Leistung auffordert.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 100. Huber, NJW 2002, 1004, 1005. Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 165; MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 363 Rn. 2. § 275 BGB. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 93.

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je nach den Umständen eine angemessene Verfügung zur Einhaltung der Verpflichtung angeordnet werden.660 Neben dem Anspruch auf Nacherfüllung kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, wenn der Mangel behebbar ist, aber der Schuldner ihn nicht innerhalb der vom Gläubiger gesetzten angemessenen Frist beseitigt hat.661 Im deutschen Recht kann der Gläubiger im Fall einer Schlechtleistung nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB vom Vertrag zurücktreten, wenn eine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt.662 Im koreanischen Recht kann der Gläubiger, anders als im BGB, im Fall einer Schlechtleistung aufgrund Leistungsverzugs nach § 544 KBGB vom Vertrag zurücktreten.663 Weil durch die Nacherfüllung ein Teil der ursprünglichen Leistung bewirkt werden soll, befindet sich der Schuldner in Verzug, wenn die Nacherfüllung nicht in der bestimmten Frist erfolgt. Nach dem KBGB kann der Gläubiger ohne Mahnung vom Vertrag zurücktreten,664 falls die geschuldete Leistung wegen des Verschuldens des Schuldners auch durch Nacherfüllung nicht bewirkt wird.665 Bei Dauerschuldverhältnissen kann der Gläubiger den Vertrag kündigen.666 Im Fall einer Schlechtleistung kann der Gläubiger Schadensersatz beanspruchen. Nach § 280 Abs. 3 BGB in Verbindung mit §§ 281 bis 283 BGB kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangen.667 Kann die Leistung noch erbracht werden, muss gemäß § 281 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt werden.668 Im koreanischen Recht kann der

660 § 389 Abs. 3 KBGB: »(3) Ist die Verpflichtung eine Unterlassung, so kann verlangt werden, daß der Schuldner die aus seiner Zuwiderhandlung entstandenen folgen auf seine Kosten beseitigen muß, und zugleich beantragt werden, daß ihm gegenüber eine zur Einhaltung der Unterlassungspflicht erforderliche Verfügung angeordnet wird.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 86. Vgl. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (12. Aufl. 1979), § 24 II a, S. 309 und § 27 III c, S. 376ff. 661 § 323 Abs. 1 BGB. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 45. 662 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 242. 663 § 544 KBGB: »[Rücktritt wegen Erfüllungsverzuges] Hat der Schuldner seine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt, so kann der Gläubiger ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erfüllung auffordern und dann vom Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner ungeachtet der Mahnung die Schuld nicht in der bestimmten Frist erfüllt. Die Mahnung ist nicht erforderlich, wenn der Schuldner ihm gegenüber erklärt, daß er seine Verbindlichkeit nicht erfüllen will.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 116. 664 Vgl. § 323 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB und § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 BGB. 665 § 546 KBGB: »[Rücktritt wegen Unmöglichkeit der Leistung] Wird die Leistung infolge eines vom Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich, so ist der Gläubiger zum Rücktritt berechtigt.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 116. 666 Vgl. §§ 314, 543, 626f., 651e BGB und § 543 KBGB. 667 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 280 Rn. 1. 668 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 16; Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. B17.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Gläubiger nach § 390 KBGB vom Schuldner Schadensersatz verlangen.669 Anders als beim BGB kommen beim KBGB in diesem Fall Verhältnismäßigkeitserwägungen in Betracht. Beispielsweise sollte im Fall einer Teilschlechtleistung, bei der der mangelhafte Teil der Leistung leicht durch einen mangelfreien Teil ersetzt werden kann, der Gläubiger zuerst Nacherfüllung verlangen.670 Außerdem kann nach dem KBGB kumulativ Schadensersatz verlangt werden, wenn ein Folgeschaden oder ein Verzugsschaden vorliegt.671 Im deutschen Recht kann der Gläubiger Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB verlangen, wenn die Pflichtverletzung einen Folgeschaden verursacht.672 Beachtenswert ist die Vorschrift über die Gegenleistung im Fall der Unmöglichkeit. Der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt nach § 326 Abs. 1 BGB und § 537 KBGB, wenn die Leistungspflicht vollständig oder teilweise infolge der Unmöglichkeit der Leistung ausgeschlossen ist.673 Im BGB gilt diese Regel nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB jedoch nicht für die Schlechtleistung.674 Hingegen existiert keine solche Ausschlussvorschrift im KBGB, weshalb § 537 KBGB auf die Schlechtleistung ohne Weiteres Anwendung findet. Zu erwähnen ist schließlich noch die Möglichkeit des Gläubigers, nach § 320 Abs. 1 BGB und § 536 KBGB675 mit der Einrede des nichterfüllten Vertrages im Fall einer Schlechtleistung die Gegenleistung zu verweigern.676 2.

Schlechtleistung im DCFR

Verglichen mit dem System des Leistungsstörungsrechts des BGB und KBGB ist der DCFR anders konzipiert. Der DCFR unterscheidet zunächst die Verpflich669 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 223. 670 Yong-Han Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1986), S. 165. 671 § 392 KBGB: »[Ersatz des Verzugsschadens] Der Schuldner hat Ersatz für den aus dem Verzug entstehenden Schaden zu leisten, auch wenn ihn während des Verzuges kein Verschulden trifft. Das gilt jedoch nicht, wenn der Schaden entstanden wäre, auch wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen nachgekommen wäre.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 86f. 672 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 280 Rn. 2. 673 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 8 ff. und 19ff. 674 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 35ff. 675 § 536 KBGB: »[Einrede der Erfüllung Zug-um-Zug] (1) Jeder Vertragsteil kann die aus einem gegenseitigen Vertrag ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der dem anderen Teil geschuldeten Leistung verweigern, es sei denn, daß die Schuld des anderen Teils noch nicht fällig ist. (2) Das gleiche gilt, wenn sich der andere Teil in Umständen befindet, die die Bewirkung der Leistung hindern, auch wenn der eine Teil verpflichtet ist, vorzuleisten.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 114. 676 MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 320 Rn. 11f. Die Anwendbarkeit dieser Einrede ist umstritten. S. Ullrich, NJW 1984, 585. Vgl. auch BGH, Urteil vom 23. 2. 2006 – III ZR 167/05, NJW 2006, 1276, 1277; OLG Koblenz, Urteil vom 19. 12. 2002 – 5 U 669/02, NJWRR 2003, 274, 275.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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tung (obligation) von der Pflicht (duty).677 Der Begriff der Erfüllung (performance) geht von der Verpflichtung aus.678 Nach Art. III. – 1:102 (2) DCFR bedeutet Erfüllung, das zu tun oder zu unterlassen, was der Schuldner nach der Vereinbarung tun muss oder nicht tun darf. Dementsprechend bedeutet Nichterfüllung (non-performance) jedes Misslingen der Erfüllung der Verpflichtung, etwa die Nicht-, Teil-, Schlecht-, aliud Leistung und der Leistungsverzug.679 Die beiden Begriffe (performance und non-performance) bilden den Kern des Obligationsrechts im DCFR.680 a. Nichterfüllung (non-performance) Nach Art. III. – 1:102 (3) DCFR bedeutet Nichterfüllung das Ausbleiben der Erfüllung. Sie umfasst jeden Leistungsstörungstypen, also Nicht-, Teil-, Schlecht-, aliud Leistung und Verzug.681 Das Konzept der Nichterfüllung im DCFR beruht auf der Rechtsidee der PECL.682 Von Anfang an war der Begriff der Nichterfüllung beim acquis communautaire so allgemein konzipiert,683 dass alle Typen der Nichterfüllung einschließlich der Unmöglichkeit umfasst sind, unabhängig von der Art der Obligation, die verletzt wird.684 Dadurch ist der Begriff der Nichterfüllung flexibler anwendbar.685 Dies stimmt mit dem DCFR überein.686 Die Pflichtverletzung wird im DCFR innerhalb des Leistungsstörungsrechts

677 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 671f. 678 Die Regeln über Performance und die Rechtsbehelfe für non-performance sind jedoch auf beides (obligation und duty) anzuwenden. Schulte-Nölke, Contract law or Law of Obligations, in: Schulze (Ed.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law (2. Aufl. 2009), S. 56. 679 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 672. 680 Zoll, The Remedies for Non-Performance in the System of the Acquis Group (2. Aufl. 2009), S. 196. 681 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 672f. 682 Vgl. Art. 8:101 PECL. S. auch Schulze, ZEuP 2007, 731, 733. 683 Zur Beziehung zwischen PECL, acquis principles und DCFR s. Schulte-Nölke, From the Acquis Communautaire to the Common Frame of Reference, Juridica International XIV/ 2008, 27ff. 684 Die drei Richtlinien (Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen und Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr) begründen das System der acquis principles. S. Zoll, The Remedies for Non-Performance in the System of the Acquis Group (2. Aufl. 2009), S. 197. 685 S. Schulze, ZEuP 2007, 731, 733; Zoll, The Remedies for Non-Performance in the System of the Acquis Group (2. Aufl. 2009), S. 197. 686 Vgl. Art. III. – 3:101 DCFR.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

nicht hervorgehoben.687 Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Unterscheidung der Leistungsstörungstypen nicht nötig wäre.688 Es stellt sich die Frage, ob anstatt auf den Begriff der Nichterfüllung auf den der Pflichtverletzung abzustellen ist, um die Unterscheidung der Leistungsstörungstypen zu präzisieren. Jedoch wird dieser Weg im DCFR nicht verfolgt. Nach der im DCFR enthaltenen Definition der Nichterfüllung bedeutet diese, dass die Verpflichtung nicht vertragsgemäß erfüllt wird, unabhängig davon, welcher Leistungsstörungstyp vorliegt und ob die Pflichtverletzung entschuldigt ist oder nicht.689 b. Wesentliche Nichterfüllung (fundamental non-performance) Bemerkenswert ist der Begriff der wesentlichen Nichterfüllung.690 Nach Art. III. – 3:502 (2) DCFR und der Begriffsbestimmung, die sich im Anhang des DCFR befindet, ist eine Nichterfüllung wesentlich, wenn sie dem Gläubiger im Wesentlichen das vorenthält, was er im Hinblick auf den gesamten oder einen erheblichen Teil der Leistung aufgrund des Vertrages erwarten darf.691 In der Regel liegt also eine wesentliche Nichterfüllung vor, wenn die tatsächliche Leistung der Erwartung des Gläubigers in erheblicher Weise nicht gerecht wird.692 Wenn der Schuldner beim Vertragsschluss dieses Ergebnis jedoch nicht vorausgesehen hat und es auch nicht vernünftigerweise vom Schuldner erwartet werden konnte, dies vorauszusehen, liegt keine wesentliche Nichterfüllung vor.693 Hingegen liegt eine wesentliche Nichterfüllung vor, wenn die Nichterfüllung des Schuldners absichtlich oder fahrlässig verursacht wurde und der Gläubiger deshalb nicht erwarten kann, dass der Schuldner in Zukunft verlässlich erfüllt.694 Das Merkmal »wesentlich« ist bezüglich der Rechtsfolge bedeutsam, weil der Gläubiger im Fall der wesentlichen Nichterfüllung vom Vertrag zurücktreten kann.695 Aus Sicht des Gläubigers stellt der Rücktritt ein geeignetes Druckmittel dar, um den Schuldner durch Androhung des Rücktritts zur vertragsgemäßen Leistung zu zwingen. Der Schuldner hingegen erleidet durch den Rücktritt 687 Zoll, The Remedies for Non-Performance in the System of the Acquis Group (2. Aufl. 2009), S. 199f. 688 Die Unterscheidung von Schlechtleistung und Nichtleistung ist notwendig. Zoll, The Remedies for Non-Performance in the System of the Acquis Group (2. Aufl. 2009), S. 199. 689 Zum Begriff der Nichterfüllung s. von Bar/Clive/Schulte-Nölke, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Outline Edition (2009), S. 560. 690 Zum Begriff der wesentlichen Nichterfüllung s. von Bar/Clive/Schulte-Nölke, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Outline Edition (2009), S. 554. 691 Art. III. – 3:502 (2) (a) DCFR. S. Schulze/Zimmermann, Europäisches Privatrecht (5. Aufl. 2016), S. 769. 692 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 853. 693 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 853. 694 Art. III. – 3:502 (2) (b) DCFR. 695 Art. III. – 3:502 (1) DCFR.

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wesentliche Nachteile, wie etwa vergebliche Aufwendungen.696 Aufgrund dessen kann der Gläubiger nur im Fall der wesentlichen Nichterfüllung das Rücktrittsrecht geltend machen.697 Ansonsten bleiben dem Gläubiger als Rechtsbehelfe die Nacherfüllung,698 die Minderung699 und der Schadensersatz.700 In Hinblick auf das beiderseitige vertragliche Interesse ist dieses Ergebnis als gerecht zu bewerten. Beim Dienstleistungsvertrag führen die Verfasser des DCFR in Bezug auf die wesentliche Nichterfüllung die gleiche Frage aus, die schon oben im Rahmen des Dienstvertrages behandelt wurde: Was darf der Gläubiger aufgrund eines Vertrages erwarten? Was ist die Folge in Bezug auf die berechtigte vertragliche Erwartung des Gläubigers, wenn der Schuldner bei der Leistung einen gewissen Ermessensspielraum besitzt oder wenn abhängig von der Leistungsqualität ein Preisunterschied vorhanden ist?701 Letztere Frage betreffend sehen die Autoren des DCFR es als vernünftig an, von einem besser bezahlten Experten eine höhere Qualität der Dienste und ein höheres fachliches Können sowie Wissen zu erwarten als von einem durchschnittlich bezahlten normalen Dienstverpflichteten.702 Somit wird das Merkmal der Wesentlichkeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beurteilt.703 Bei der Feststellung einer wesentlichen Nichterfüllung wird berücksichtigt, ob der Schuldner die Folge der Nichterfüllung vorausgesehen hat oder vernünftigerweise absehen konnte.704 Wenn der Schuldner das wesentliche Resultat zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorausgesehen hat und auch nicht vernünftigerweise voraussehen konnte, kann der Gläubiger nicht vom Vertrag zurücktreten. Das in den Kommentaren zum DCFR aufgeführte Beispiel macht klar, dass die Wesentlichkeit der Nichterfüllung je nach Kenntnis des Schuldners von den maßgeblichen Umständen unterschiedlich eingeschätzt werden kann.705 Beispielsweise stellt für einen Schuldner, der vertraglich verpflichtet ist, einen Temperaturregler im Weinkeller zu installieren, eine Temperaturschwankung von 2 Grad Celsius in der Regel keine wesentliche Nichterfüllung dar. Dagegen 696 697 698 699 700 701 702

von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 852f. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 853. Art. III. – 3:202 DCFR. Art. III. – 3:601 DCFR. Art. III. – 3:701 DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 853f. »What the creditor is entitled to expect will also depend on the qualifications and experience of the party concerned. It is reasonable to expect more skill and knowledge from a highly paid specialist than from an unskilled, modestly paid employee.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 854. 703 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 854. 704 Art. III. – 3:502 (2) (a) DCFR. 705 S. Beispiele 3 und 4 in: von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 854.

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kann dieselbe Temperaturschwankung für einen Gläubiger, der zum Zweck der Forschung eine besondere temperaturempfindliche Pflanze untersuchen wollte, eine wesentliche Nichterfüllung darstellen, falls die Pflanze abgestorben ist und der Schuldner dies zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vernünftigerweise voraussehen konnte. Das Resultat wird dem Schuldner durch das Kriterium der Vorhersehbarkeit zugerechnet.706 Weil den beiden Beispielen unterschiedliche Interessenlagen bezüglich der Leistung zugrunde liegen, kann die äußerlich gleiche Nichterfüllung unterschiedlich beurteilt werden. Fraglich ist jedoch, warum der Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht der Zeitpunkt der Erfüllung für den Rücktritt maßgeblich ist. So ist in dem oben vorgestellten Beispiel nicht einleuchtend, warum der Gläubiger nicht vom Vertrag zurücktreten kann, wenn der Schuldner das wesentliche Resultat der Temperaturschwankung von 2 Grad Celsius zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorausgesehen hat und nicht vernünftigerweise voraussehen konnte, er es jedoch zum Zeitpunkt der Erfüllung voraussieht oder vernünftigerweise voraussehen kann. Nach Art. III. – 3:502 (2) (a) DCFR liegt keine wesentliche Nichterfüllung vor. Auch Art. III. – 3:502 (2) (b) DCFR kann auf diesen Fall nicht angewendet werden, obwohl die Nichterfüllung des Schuldners vorsätzlich oder fahrlässig ist, wenn keine Pflicht zu weiteren künftigen Leistungen besteht.707 Es liegt jedoch ein Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß Art. III. – 1:103 (1) DCFR vor. Nach Art. III. – 1:103 (3) DCFR kann die Berufung auf die Unvorhersehbarkeit des Resultats vonseiten des Schuldners ausgeschlossen sein. Jedenfalls muss der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten können, wenn der Schuldner das wesentliche Resultat zum Zeitpunkt der Erfüllung voraussieht und trotzdem nicht versucht, dieses zu vermeiden und deswegen nicht wie geschuldet erfüllt. c. Rechtsfolge der non-performance Nach Art. III. – 3:101 (1) DCFR kann der Gläubiger jeden Rechtsbehelf, welcher für die Fälle der Nichterfüllung vorgeschrieben ist, beanspruchen, soweit die Nichterfüllung nicht entschuldigt ist. Auch falls die Nichterfüllung entschuldigt ist, kann der Gläubiger Rechtsbehelfe geltend machen, nicht aber den Erfüllungsanspruch und Schadensersatzansprüche.708 Nach Art. III. – 3:102 DCFR können die Rechtsbehelfe nebeneinander beansprucht werden, soweit sie kompatibel sind. Insbesondere kann Schadensersatz neben den anderen Rechtsbehelfen beansprucht werden.709 So, wie für die Frage, ob eine Nichter706 Vgl. Jauernig/Teichmann (15. Aufl. 2014), BGB § 823 Rn. 21ff.; MünchKomm/Wagner (6. Aufl. 2013), BGB § 823 Rn. 57f. 707 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 855. 708 Art. III. – 3:101 (2) DCFR. 709 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 777f.

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füllung vorliegt, die gesetzlichen Vorschriften neben den vertraglichen Bestimmungen in Betracht gezogen werden,710 wird auch bei der Bestimmung der Rechtsfolgen der non-performance sowohl auf die gesetzlichen Vorschriften als auch auf die vertraglichen Bestimmungen abgestellt.711 Art. III. – 3:201 DCFR bestimmt die für den Fall der bestimmten Nichterfüllung (non-conforming performance) anwendbaren Vorschriften.712 Nach Art. III. – 3:202 (1) DCFR hat der Schuldner die Chance, den Mangel der Leistung zu heilen, wenn er innerhalb der Leistungszeit die mangelfreie Leistung erbringen kann. Die gleiche Chance wird dem Schuldner gewährt, wenn er den Mangel zwar nicht innerhalb der Leistungszeit beseitigen kann, aber sofort nach Kenntnisnahme von der Mangelhaftigkeit713 die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist anbietet714 und die Kosten dafür übernimmt.715 In diesem Fall stehen dem Gläubiger nur das Zurückbehaltungsrecht und der Schadensersatzanspruch zu.716 Diese Chance der zweiten Andienung des Schuldners wird damit begründet, dass der Gläubiger für einen vertretbaren Zeitraum trotz der non-performance des Schuldners nach dem Gebot von Treu und Glauben717 an den Vertrag gebunden sein müsse.718 Nur, wenn der Mangel nicht in diesem Zeitraum beseitigt wird, kann der Gläubiger andere Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen.719 Nach Art. III. – 3:202 (2) DCFR scheint dem Schuldner eine Art Recht zur Nacherfüllung zuzustehen, weil der Gläubiger auf das Zurückbehaltungsrecht 710 »The opportunity to cure arises only where there is a non-conforming performance. This means a performance which does not conform to the terms regulating the obligation. In most cases these will be the terms of a contract but the Article is not confined to contractual obligations. Similar fact situations involving defective performances could arise in relation to other obligations.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 813. 711 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 812f. 712 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 812. 713 Zur Mitteilung bezüglich non-performance vgl. auch Art. III. – 3:106 DCFR. 714 Vgl. auch Art. III. – 3:103 (1) DCFR. 715 Art. III. – 3:202 (2) DCFR. 716 Artt. III. – 3:202 (2) und III. – 3:204 (1), (3) DCFR. Zum Schadensersatzanspruch vgl. auch Art. III. – 3:102 DCFR. 717 »The rules in this Section give the debtor a right to cure a non-conforming performance. The allowance of a reasonable opportunity to cure is consistent with the notion of good faith and fair dealing and with the desire to uphold contractual relations where possible and appropriate.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 812. 718 »If, for example, the contract is for the sale of goods and, since it was made, the market price for the goods has fallen, the buyer has a strong incentive to use the non-conformity as a ground on which to escape from the contract. It seems contrary to good faith for the buyer to terminate when the seller can still deliver satisfactory goods in time.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 812. 719 Art. III. – 3:204 (2) DCFR.

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als Rechtsbehelf beschränkt ist und dem Schuldner gesetzlich die Chance zur Nacherfüllung gewährt wird.720 Ein Anspruch des Schuldners auf Nacherfüllung ist in BGB und KBGB jedoch nicht anerkannt.721 Die Nacherfüllung kann nur vonseiten des Gläubigers in Anspruch genommen werden.722 In der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist dies hingegen anders konzipiert.723 Nach Art. 3 Abs. 5 RL 1999/44/EG kann der Verbraucher nur nach dem Ausschluss der Nacherfüllung die anderen Rechtsbehelfe wie Minderung sowie Vertragsauflösung verlangen. Die unterschiedlichen Konzepte über das Nacherfüllungsrecht des Schuldners lassen jedoch die Tatsache unberührt, dass die Erfüllung des Schuldners in diesen Fällen nicht vertragsgemäß ist, weshalb das Interesse des Gläubigers in besonderem Maße zu berücksichtigen ist, auch wenn dem Schuldner eine Chance zur zweiten Andienung gewährt wird.724 Dementsprechend enthält der DCFR strenge Beschränkungen für das Nacherfüllungsrecht des Schuldners. Nach Art. III. – 3:203 (a) DCFR braucht der Gläubiger dem Schuldner die Chance zur zweiten Andienung nicht zu gewähren, wenn die Erfüllung innerhalb der Leistungszeit nicht erfolgt und dies eine wesentliche Nichterfüllung darstellt. Auch nach Art. III. – 3:202 (2) DCFR hat der Schuldner in diesem Fall keine zweite Andienungschance, auch wenn er nach Kenntnisnahme von der Mangelhaftigkeit sofort die Nacherfüllung innerhalb eines angemessen Zeitraums auf seine Kosten anbietet.725 Darüber hinaus wird dem Schuldner die Nacherfüllungschance nicht gewährt, wenn der Gläubiger Grund zur Annahme hat, dass der Schuldner bereits zur Zeit der Erfüllung Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der Leistung hatte und trotzdem entgegen Treu und Glauben und dem redlichen Geschäftsverkehr die mangelhafte Leistung erbrachte.726 Grund dafür ist, dass die Nacherfüllung vonseiten des böswilligen Schuldners missbraucht werden kann, um sein Interesse zu maximieren, falls keine solche Beschränkung existiert.727 Des Weiteren ist die Nacherfüllung des Schuldners ausgeschlossen, wenn der Gläubiger davon ausgehen kann, dass der Schuldner den Mangel nicht innerhalb einer angemessenen Frist ohne erhebliche Unannehmlichkeiten des Gläubigers sowie Beeinträchti-

720 721 722 723 724 725 726 727

S. Art. III. – 3:202 (1), (2) DCFR. S. Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers (2010), S. 6. Vgl. §§ 439, 635 BGB und § 581 Abs. 2 KBGB. Richtlinie 1999/44/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 812. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 818. Art. III. – 3:203 (b) DCFR. S. Schulze/Zimmermann, Europäisches Privatrecht (5. Aufl. 2016), S. 767. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 818.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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gung des Gläubigerinteresses beseitigen kann.728 Außerdem ist die Nacherfüllung nicht gestattet, wenn sie den Umständen nach unangemessen ist.729

3.

Schlechtleistung und Schlechterfüllung beim Dienstvertrag

Vor der Schuldrechtsmodernisierung im BGB war die Erfüllungswirkung der Schlechtleistung beim Dienstvertrag nach der herrschenden Lehre anerkannt.730 Denn das Gesetz kannte beim Dienstvertrag keine besonderen Vorschriften über die Fehlerlosigkeit einer Leistung wie sie beim Kauf- (§§ 459ff. BGB a. F.), Miet(§§ 537ff. BGB a. F.), Pacht- (§ 581 Abs. 2 BGB a. F.), Werk- (§§ 633ff. BGB a. F.) und Reisevertrag (§§ 651c ff. BGB a. F.) zu finden waren. Daher wurde das Gesetz so ausgelegt, dass der Schuldner beim Dienstvertrag keine Fehlerlosigkeit der Dienste schulde. Im Ergebnis bedeutete dies, dass auch die Schlechtleistung eine »vertragsgemäße« Leistung war, soweit die Leistung vertragsgemäße Individualoder Gattungsmerkmale erfüllte.731 Diese Auslegung stand mit der Gewährleistungstheorie in Zusammenhang. Nach der Gewährleistungstheorie erlischt das Schuldverhältnis auch durch Erbringung einer anfänglich mangelhaften Leistung ohne Weiteres,732 weil die Leistungspflicht des Schuldners nur auf eine Speziessache gerichtet sei.733 Zur Nachbesserung oder zur Ersatzlieferung verpflichte sich der Schuldner nicht, weil die (andere) mangelfreie Sache oder der Ersatz keinen Gegenstand dieses Vertrages darstelle.734 Nach einer Ansicht in Korea liegt dieser Gedanke dem KBGB zugrunde. Denn nach § 462 KBGB verpflichtet sich der Schuldner bei einem Vertrag über die Übergabe einer bestimmten Sache, diese wie vorhanden zu übergeben. Daher haftet der Schuldner nicht für die Nichterfüllung, wenn er dem Gläubiger die Sache wie vorhanden übergegeben hat, unabhängig davon, ob die bestimmte Sache zur Zeit der Leistung mangelhaft ist oder nicht,735 soweit er den Eintritt des Mangels nicht zu vertreten hat. Insoweit stellt eine mangelhafte Leistung nach dieser Ansicht keine Pflichtverletzung dar. Jedoch hatten mangelhafte Dienste vor der Schuldrechtsmodernisierung 728 Art. III. – 3:203 (c) DCFR. 729 Art. III. – 3:203 (d) DCFR. 730 Staudinger/Richardi (2005), BGB § 611 Rn. 557; Thewalt, Schlechterfüllung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber (1960), S. 95f.; BGH, Urteil vom 4. 3. 1982 – I ZR 107/ 80, NJW 1983, 1188, 1189. Vgl. dagegen Staudinger/Olzen (2000), BGB § 362 Rn. 19; Roth, VersR 1979, 494, 498; Hartung, Schlechtleistung und Vergütungsanspruch im Recht des selbständigen Dienstvertrages (2000), S. 96ff. 731 S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 88. 732 Zur Gewährleistungstheorie vgl. Soergel/Huber (12. Aufl. 1991), Vor § 459 Rn. 145ff. 733 Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 35ff., 129ff.; Roth, VersR 1979, 494, 498. 734 Soergel/Huber (12. Aufl. 1991), Vor § 459 Rn. 147. 735 § 461 i. V. m. § 460 KBGB.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

nicht nach jeder Ansicht eine Erfüllungswirkung.736 Nach der Nichterfüllungstheorie wird der Schuldner durch die mangelhafte Leistung nicht von seiner Leistungspflicht befreit,737 weil die mangelhafte Leistung keine Erfüllungswirkung hat.738 Vielmehr ist der Schuldner zur Erbringung einer mangelfreien Leistung verpflichtet.739 Nach der Nichterfüllungstheorie wird dieser Gedanke auch beim Dienstvertrag durchweg angewendet. In ähnlicher Weise verneint die herrschende Lehre in Korea die Anwendung von § 462 KBGB. Denn ansonsten könnte der Gläubiger in Verzug kommen, wenn er verweigert, die mangelhafte Leistung anzunehmen. Dieses Ergebnis ist vollkommen unannehmbar.740 Der Ausschluss der Anwendung von § 462 KBGB ist die folgerichtige Konsequenz. Dementsprechend wird § 462 KBGB als fehlerhafte Gesetzgebung kritisiert.741 Auch die Rechtsprechung vertritt die Nichterfüllungstheorie.742 Dies gilt auch für den Dienstvertrag. Die Annahme, dass anfänglich mangelhafte Dienste auch erfüllungstauglich seien, ist abzulehnen. Ansonsten würde dem Dienstverpflichteten die Tür geöffnet, den Schuldinhalt beim selbstständigen Dienstvertrag nachträglich umfangreich zu steuern, ohne dafür sanktioniert zu werden.743 Die Qualität der Dienste, die der Dienstverpflichtete bei Vertragsschluss angeboten hat, würde bei der Erbringung der Leistung nicht eingehalten.744 Aus ökonomischer Sicht würde kein Anlass zur Erbringung der anfänglich geschuldeten Dienste bestehen, weil die mangelhafte Leistung dieselbe Rechtsfolge wie eine mangelfreie Leistung hat. Das Äquivalenzinteresse des Dienstberechtigten wird dadurch beeinträchtigt.745 Diese Ergebnisse hat der Gesetzgeber nicht beabsichtigt.746 Der Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten rechtfertigt diese auch nicht. Der Ermessensspielraum bezieht sich vielmehr auf die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Schlechtleistung. Die Dienste müssen in Bezug auf die Hauptund Nebenpflichten zeitlich, räumlich und inhaltlich vollständig erbracht werden.747 Die mangelhaft erbrachten Dienste sind nicht als erfüllungstauglich zu 736 737 738 739 740 741 742 743 744 745 746 747

Vgl. BGH, Urteil vom 26. 1. 1983 – VIII ZR 227/81, NJW 1983, 1424. Zur Nichterfüllungstheorie vgl. Soergel/Huber (12. Aufl. 1991), Vor § 459 Rn. 151ff. Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 41; Huber, ZIP 2000, 2273, 2276. Soergel/Huber (12. Aufl. 1991), Vor § 459 Rn. 152. Won Lim Ji, Lehrbuch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (10. Aufl. 2012), S. 1424. Dae Jeong Kim, Etude sur l’obligation du d8biteur d’un corps certain de livrer la chose en l’8tat oF elle se trouve, Chung-Ang Law Review, Vol. 15 No. 4 (2013), S. 93ff. KOGH, Urteil vom 18. 5. 1967, 66 Da 2618; KOGH, Urteil vom 23. 11. 1993, 93 Da 37328; KOGH, Urteil vom 30. 6. 1995, 94 Da 23920. Zum damit verbundenen Aspekt der Interessenabwägung s. o. Zweiter Teil § 2 III 2 und 3. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 91. Zur subjektiven Äquivalenz s. o. Zweiter Teil § 2 III 3. Zu Erklärungsversuchen dieses Ergebnisses nach der Gewährleistungstheorie s. Soergel/ Huber (12. Aufl. 1991), Vor § 459 Rn. 149. Himmelschein, AcP 135 (1932), 255, 291.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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erachten.748 Für den Dienstvertrag ist nach den Gesetzgebern von BGB, KBGB und DCFR keine Ausnahme vorgesehen. Im Regelfall wird zur Bestimmung der Schlechtleistung der eingetretene Schaden fokussiert.749 Aus einem eingetretenen Schaden wird im Rückschluss die Verletzung einer Verhaltenspflicht oder die Mangelhaftigkeit der erbrachten Leistung angenommen.750 Die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und gegebenem Schaden ist daher maßgebend, um den entsprechenden Rechtsbehelf geltend zu machen.751 Immerhin hat der Schuldner einen Ermessensspielraum, wie die Verhaltenspflicht zu wahren ist. Der Inhalt dieser Verhaltenspflicht ist nicht konkret festzulegen. Es existieren unzählige mögliche, ordnungsgemäße Arten des Verhaltens. Daher ist ein bestimmtes Verhalten nicht einklagbar752 und gerichtlich nicht vollstreckbar.753 Nur in zwei Fällen ist eine Verletzung dieser Verhaltenspflicht deutlich: entweder wenn ein kausaler Folgeschaden eintritt,754 oder wenn eine wesentliche Pflichtverletzung vorliegt.755 Dies ist vergleichbar mit dem Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag, weil die Leistung beim Dienstvertrag aufgrund des Ermessensspielraums der gleichen Bestimmungsschwierigkeit unterliegt.

II.

Abgrenzung zu anderen Leistungsstörungstypen

Nach alledem ist heute allgemein anerkannt, dass eine mangelhafte Leistung nicht als erfüllungstauglich in Sinne von § 362 Abs. 1 BGB, § 460 KBGB und Art. III. – 1:102 (2), (3) DCFR anzusehen ist.756 Dieses Ergebnis muss auch beim Dienstvertrag gelten, unabhängig davon, ob das Dienstvertragsrecht ein spezielles Gewährleistungsrecht kennt oder nicht. Der alte Gedanke, dass eine Schlechtleistung zur Befreiung des Schuldners von seiner Leistungspflicht führen könne,757 wird im BGB verneint.758 Dies macht die Rechtslage nach der 748 749 750 751 752 753 754 755 756 757

MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 362 Rn. 3 f.; Roth, VersR 1979, 494, 498. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 369. Vgl. Larenz, NJW 53, 686f. Zur Beweislast bezüglich der Schlechtleistung s. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 371ff. Zu den einklagbaren Nebenpflichten s. MünchKomm/Bachmann (7. Aufl. 2016), BGB § 241 Rn. 22 und 24. MünchKomm/Bachmann (7. Aufl. 2016), BGB § 241 Rn. 64; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil (19. Aufl. 2010), Rn. 509. Zum Beweis der Kausalität vgl. Nugel, NJW 2013, 193, 193f. Medicus, FS Canaris, Band I (2007), S. 835ff.; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 503ff. HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 362 Rn. 3. Vgl. BGH, Urteil vom 4. 3. 1982 – I ZR 107/08, NJW 1983, 1188, 1189. Dagegen s. Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung (1969), S. 42; Lessmann, FS Wolf (1985), S. 402f.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Schuldrechtsreform deutlich. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB beispielsweise regelt ausdrücklich die Pflicht des Verkäufers zur Verschaffung einer mangelfreien Sache.759 Nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen.760 Aus § 430 S. 1 KBGB und Art. III. – 1:102 (3) DCFR ergibt sich das gleiche Ergebnis.761 Es besteht folglich die Notwendigkeit, die nicht vertragsgemäße Leistung beim Dienstvertrag von anderen Leistungsstörungsformen zu unterscheiden und je nach Leistungsstörungstyp die angemessene Rechtsfolge zuzuordnen.762

1.

Abgrenzung zur Teil- und Minderleistung

Wäre die Schlechtleistung beim Dienstvertrag als qualitative Teilleistung einzuordnen, wäre die Minderungsproblematik ohne Weiteres lösbar, da gemäß § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 2 BGB die kaufrechtliche Minderung gemäß § 441 Abs. 3 BGB im Fall einer Teilleistung entsprechend angewendet wird.763 Wie schon oben dargelegt, konnte die Schlechtleistung nach der Rechtslage vor der Schuldrechtsmodernisierung als eine Teilleistung angesehen werden,764 auch wenn die herrschende Lehre dies verweigerte.765 Somit muss zunächst die Frage nach der Abgrenzung der Schlechtleistung von der Teilleistung gestellt werden. a. Schlecht- und Teilleistung Die Auffassung von Mommsen, dass eine Teilleistung vorliege, wenn die Leistung im Hinblick auf den Leistungsgegenstand, den Leistungsort und die Leistungszeit nicht ordnungsgemäß erfüllt wurde,766 ist nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht mehr überzeugend. Dafür spricht, dass beim Schadensersatz 758 BT-Drucks. 14/6040, S. 89; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (10. Aufl. 2006), § 42 II Rn. 357f. 759 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 433 Rn. 55ff.; Staudinger/Beckmann (2013), BGB § 433 Rn. 132. Zum Dienstverschaffungsvertrag s. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (10. Aufl. 2006), § 83 VI 3 b). 760 MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 535 Rn. 65; Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 535 Rn. 35f. 761 Zur Debatte um Mangelfreiheit der Kaufsache beim KBGB s. u. Dritter Teil § 4 II 2 b. S. auch Kim, Die Nacherfüllung als Rechtsbehelf des Käufers (2014), S. 171. 762 Zur Unterscheidung der unzureichenden Arbeitsleistung s. Hunold, BB 2003, 2345, 2345. 763 Vgl. Lessmann, FS Wolf (1985), S. 414. 764 Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 9, 153 und § 18 S. 193ff.; Himmelschein, AcP 135 (1932), 255, 291ff. Zur Teilbarkeit und Unteilbarkeit der Leistung vgl. Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 2 (9. Aufl. 1984), S. 16ff. 765 S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 384ff. 766 Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 9, 153, 193ff.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

113

und Rücktritt Teilleistung und Schlechtleistung durchgängig getrennt werden.767 Die Schlechtleistung hat neben der Teilleistung ihren eigenen Anwendungsbereich.768 Bei der Reform des allgemeinen Leistungsstörungsrechts wurde betont, dass die Schlechtleistung als eine selbstständige Art der Leistungsstörung von der Teilleistung zu unterscheiden sei.769 Qualifiziere man die Schlechtleistung als eine Teilleistung, ginge ihre selbstständige Bedeutung verloren, obwohl die Schlechtleistung neben der Teilleistung ausdrücklich vorgesehen ist. Im BGB wird die Schlechtleistung als »nicht vertragsgemäß«770 oder »nicht wie geschuldet«771 bezeichnet. Jedoch enthält das BGB keine eindeutige Legaldefinition des Begriffs der Schlechtleistung. Daraus ergeben sich begriffliche Schwierigkeiten, was überhaupt eine Schlechtleistung beim Dienstvertrag ist und wie sich diese Schlechtleistung von der Teilleistung unterscheidet.772 Im Grunde könnten Schlechtleistung und Teilleistung danach unterschieden werden, ob die vorliegende Leistung einen qualitativen oder einen quantitativen Mangel aufweist.773 Ersteres ist eine Schlechtleistung und letzteres eine Teil- bzw. Minderleistung.774 b. Schlecht- und Minderleistung Die qualitative Schlechtleistung und die quantitative Teilleistung sind in § 281 Abs. 1 S. 2, S. 3 BGB, § 323 Abs. 5 S. 1, S. 2 BGB und § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 2, S. 2 BGB klar voneinander getrennt geregelt. Trotz dieser klaren Unterscheidung zwischen Schlecht- und Teilleistung wohnt dem BGB ein Systemwiderspruch inne. Beispielsweise werden die qualitative Schlechtleistung und die quantitative Minderleistung nach §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB gleichbehandelt,775 womit die Unterscheidung zwischen Schlechtleistung und Minderleistung in

767 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 128; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 199; Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht: Ein Lehrbuch (2002), § 2 Rn. 75. Hingegen unterscheidet das CISG nicht zwischen der quantitativen und qualitativen Schlechtleistung. Art. 35 (1) CISG: »The seller must deliver goods which are of the quantity, quality and description required by the contract and which are contained or packaged in the manner required by the contract.« Zur Ansicht, dass die Schlechtleistung als Teilnichtleistung anzusehen ist, s. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 537. 768 §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5, S. 1 BGB. 769 BT-Drucks. 14/6040, S. 187, 189. Ohne Unterscheidung zwischen Teil- und Schlechtleistung: BT-Drucks. 14/6857, S. 56f.; BT-Drucks. 14/7052, S. 193. 770 § 323 Abs. 1, Abs. 5 S. 2 BGB und § 326 Abs. 1 S. 2 BGB. 771 § 281 Abs. 1 S. 1, S. 3 BGB. 772 S. Hunold, BB 2003, 2345, 2345. 773 Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. C1; BT-Drucks. 14/6040, S. 222. 774 Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 191. 775 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 187.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Hinblick auf die Rechtsfolgen im Rahmen des Kauf- und Werkvertrages letztlich sinn- und zweckfrei ist.776 Dies führt zu einem Problem beim Rücktritt.777 Wenn eine zu geringe Menge geleistet wird, greift gemäß §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB die Rechtsfolge der qualitativen Schlechtleistung, obwohl die erbrachte Leistung eine quantitative Minderleistung ist.778 Im Falle einer quantitativen Minderleistung kann der Gläubiger demgemäß vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn eine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt.779 Dagegen muss der Gläubiger im Falle einer Teilleistung, um vom ganzen Vertrag zurückzutreten, beweisen, dass er kein Interesse an der Leistung hat.780 Damit kann der Gläubiger, der eine offene und sogar absichtliche Teilleistung erhalten hat, vom ganzen Vertrag unter strengeren Voraussetzungen zurücktreten, als der Gläubiger, der eine versteckte und fahrlässige Minderleistung erhalten hat, obwohl ersterer schutzbedürftiger ist als letzterer.781 Es ist schwierig, zu beweisen, dass der Gläubiger an der schon erhaltenen Leistung kein Interesse hat, falls eine zu geringe Menge geleistet wird und die Leistung teilbar ist. Denn der Gläubiger kann die fehlende Menge von anderen beschaffen.782 Hingegen braucht der Gläubiger im Falle einer Schlechtleistung, um vom ganzen Vertrag zurückzutreten, nur die Erheblichkeit der Pflichtverletzung zu beweisen, wobei der Mangel bereits auf die Erheblichkeit hindeutet, auch wenn der Gläubiger an der erbrachten Leistung ein gewisses Interesse hat.783 Fragwürdig ist, ob der Rechtsgedanke von §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB allgemein auf den Dienstvertrag übertragen werden kann.784 Wenn dies bejaht würde, könnte die Minderleistung beim Dienstvertrag als Schlechtleistung eingestuft werden. Wenn dies verneint würde, bestünde die Notwendigkeit, zwischen Minderleistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag zu unterscheiden. In diesem Fall richtet sich die Rechtsfolge einer Minderleistung danach, ob die Minderleistung der Schlecht-, Teil- oder Nichtleistung zuzuordnen 776 777 778 779 780 781 782 783 784

Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 190. S. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 215ff. Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 191f. Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 187; BT-Drucks. 14/7052, S. 185. Vgl. auch Canaris, ZRP 2001, 329, 334f. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 205; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. B130. Dies deutet darauf hin, dass ein hinter dem System versteckter Wertungsverstoß offengelassen wird. Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 193. Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 192. S. Canaris, Schuldrechtsreform 2002 (2002), S. XXII f.; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 248. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 215. Vgl. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung (2002), Kapitel 3 Rn. 164; Erman/Grunewald (13. Aufl. 2011), BGB § 434 Rn. 62.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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ist.785 Die Frage, was die Minderleistung, in §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB beschrieben als die Lieferung einer »zu geringen Menge«, im Vergleich zur »quantitativen« Teilleistung im Dienstvertragsrecht bedeutet, bliebe dabei unbeantwortet.786 c. Minderleistung im Rahmen der Teilleistung beim Dienstvertrag Eine Beurteilung des Begriffs der Minderleistung beim Dienstvertrag ist schwierig, weil der Gesetzgeber hierüber schweigt.787 Zwei Wege sind denkbar : Der erste ist, durch analoge Anwendung der §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB die Minderleistung beim Dienstvertrag wie beim Kauf- und Werkvertrag als quantitativ geringmengige Leistung aufzufassen, sie aber bezüglich ihrer Rechtsfolge als eine Schlechtleistung zu behandeln.788 Der zweite ist, ohne die analoge Anwendung der §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB die Minderleistung beim Dienstvertrag im Sinne der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1, 326 Abs. 1 S. 1 HS. 2 BGB als Teilleistung einzuordnen.789 Hier wird der letzteren Auffassung gefolgt, weil die Voraussetzungen einer Analogie zu §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB, um die Rechtsfolge der Schlechtleistung auf den Fall der Minderleistung beim Dienstvertrag erweiternd anzuwenden, nicht vorliegen. Die Vorschriften der §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB spiegeln außerdem keinen allgemeinen Rechtsgedanken wider,790 der auf den Dienstvertrag ohne Weiteres anzuwenden sein könnte.791 Deswegen existiert das oben erläuterte in der Gesetzessystematik liegende Überschneidungsproblem der Rücktrittsvoraussetzung erfreulicherweise beim Dienstvertrag nicht. Die Minderleistung muss folgerichtig durch Merkmale wie Teilbarkeit nach Zeiteinheit oder Menge der Aufgaben begriffen werden. Weil die Minderleistung als Teilleistung anzusehen ist, stellt sich die Frage, wie die Teilbarkeit beim Dienstvertrag bestimmt werden sollte.792 Dies ist von Bedeutung, weil die Bummelarbeit, die auf qualitativ unvollständige Arbeit 785 Zur quantitativen Messbarkeit bezüglich der Minderleistung s. Maschmann, NZA-Beil. 2006, 13, 18. 786 Zur Ansicht, die die Minderleistung mit der Schlechtleistung gleichbehandelt, s. BeckOK BGB/Fuchs (37. Edition 1. 11. 2015), BGB § 611 Rn. 88f. 787 Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 191f. 788 S. MünchKomm/Hergenröder (6. Aufl. 2012), § 1 KSchG Rn. 273f. Vgl. auch BT-Drucks. 14/ 6040, S. 187; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 215; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. A28, A29. 789 Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 197. 790 Vgl. Canaris, Schuldrechtsreform 2002 (2002), S. XXII f.; Westermann, NJW 2002, 241, 246; Thier, AcP 203 (2003), 399, 425ff.; Heiderhoff/Skamel, JZ 2006, 383, 388f. 791 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 205f. 792 Vgl. Stück, ArbRAktuell 2011, 651.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

hindeutet, häufig als eine Minderleistung bezeichnet wird.793 Wären beispielsweise die Teilbarkeit und die Messbarkeit der Quantität der Dienste zur Abgrenzung entscheidend, müsste die Bummelarbeit am Arbeitsplatz nicht mehr als Minderleistung, sondern als Schlechtleistung verstanden werden.794 Die bei den Diensten unterlaufenen Fehler und die Quantität der Leistungsergebnisse spielen keine Rolle, weil der Dienstverpflichtete keinen Erfolg schuldet. Die Teilbarkeit ist ein wesentliches Merkmal der Teilleistung im Rahmen der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1, 326 Abs. 1 S. 1 HS. 2 BGB.795 Die Teilbarkeit wird in der Regel nach der Verkehrsanschauung bestimmt.796 Dabei wird auf die Vereinbarungen der Parteien und den mit dem Vertrag verfolgten Zweck sowie das dem Vertrag zugrunde liegende Interesse797 abgestellt.798 Die Qualität wird jedoch nicht in messbarer Weise geteilt, es sei denn, es wird eine qualitative Standardisierung zur Abstufung der Qualität durchgeführt.799 Obwohl auch eine teilbare Schlechtleistung vorstellbar ist, zum Beispiel bei einer Teilschlechtleistung,800 besteht kein Zusammenhang zur Qualität selbst. Vielmehr ist dann ein gewisser teilbarer Aspekt betroffen, z. B. die Zeit der Leistung beim zeitbezogenen Dienstvertrag,801 der Umfang der Aufgaben beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag802 oder, in gemischten Fällen, bestimmte vereinbarte Leistungsteile, falls sie nach dem Vertragszweck eigenständig abtrennbar sind. Die qualitative Unteilbarkeit entsprach der herrschenden Lehre vor der Schuld-

793 Beispielsweise s. Maschmann, NZA-Beil. 2006, 13, 17; Friemel/Walk, NJW 2010, 1557; MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 25. 794 Vgl. Singer/Schiffer, JA 2006, 833, 834; Servatius, Jura 2005, 838, 839. 795 Die Teilbarkeit wird in §§ 266, 281 Abs. 1 S. 2, 320 Abs. 2, 323 Abs. 5 S. 1, 326 Abs. 1 S. 1 HS. 2 und 420 BGB geregelt. S. auch BGH, Urteil vom 16. 10. 2009 – V ZR 203/08, NJW 2010, 146. 796 Zur technischen, natürlichen oder tatsächlichen Teilbarkeit s. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 243ff. 797 Beim BGB spielt jedoch das Interesse keine wichtige Rolle, um die Teilbarkeit zu bestimmen, weil das Interesse in §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1, 628 Abs. 1 S. 2 BGB als Eintrittsschwelle zur Rechtsfolge fungiert. Nach der Einordnung in die Teilleistung übernimmt das Tatbestandsmerkmal »Interesse« beim BGB die Funktion der Eintrittsschwelle zur Rechtsfolge. Vgl. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 257f. 798 Zur technischen Unteilbarkeit vgl. BGH, Urteil vom 7. 3. 1990 – VIII ZR 56/89, NJW 1990, 3011, 3012. 799 Zur Standardisierung der Dienstleistungen s. Blind/Mangelsdorf, Qualitätsbewertung und Standardisierung von Dienstleistungen (2008), S. 22ff. 800 Zur Teilschlechtleistung ausführlich Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 278ff. 801 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. B48; BGH, Urteil vom 7. 12. 1987 – II ZR 206/87, NJW-RR 1988, 420. 802 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. B48. Vgl. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 274ff.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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rechtsmodernisierung und entspricht auch der Rechtslage nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz.803

2.

Abgrenzung zur Nichtleistung

Die Frage, wie die Schlechtleistung von der Nichtleistung beim Dienstvertrag abzugrenzen ist, ist eng verknüpft mit der Frage, welcher qualitative Mangel es dem Dienstberechtigten gestattet, die Annahme der erbrachten Dienste abzulehnen. Der Schuldner verpflichtet sich, die vertragsgemäße Leistung zu erbringen. Daher kann ein Gläubiger im Prinzip die Annahme einer qualitativ unzureichenden Leistung verweigern.804 In diesem Fall ist die Leistung nicht bewirkt, womit eine Nichtleistung vorliegt.805 Wenn ein unerheblicher qualitativer Mangel der Leistung gegeben ist, darf der Gläubiger die Leistung nicht ablehnen, auch wenn die Nacherfüllung in Gestalt einer mangelfreien Leistung ausgeschlossen ist.806 Verweigert er die Annahme dennoch, liegt keine Nichtleistung vor,807 sondern er gerät in Verzug.808 Dementsprechend darf der Gläubiger weder Schadensersatz statt der ganzen Leistung noch den Rücktritt vom ganzen Vertrag verlangen.809 Dem Gläubiger steht nur ein Minderungsanspruch zu.810 Doch ist diese Abgrenzungsmethode nicht ergiebig, denn sie beruht vollkommen auf der Frage, ob der Gläubiger die erbrachte Leistung ablehnen darf. In welchem Fall der Gläubiger die erbrachte Leistung ablehnen kann und was ein für die Ablehnung der Leistung erforderlicher erheblicher qualitativer Mangel beim Dienstvertrag bedeutet, bleibt dadurch unbeantwortet. Folglich ist eine weitere Präzisierung bezüglich der Mangelhaftigkeit der Dienste erforderlich. a. Gesetzlicher Mangelbegriff Der schnellste Weg zur Bestimmung der Schlechtleistung ist, zu betrachten, was das Gesetz in gewährleistungsrechtlichen Vorschriften als Mangel bezeichnet. Dadurch wird die Schlechtleistung von der ordnungsgemäßen Leistung und der 803 Zur Unteilbarkeit der Qualität s. Heyers, NJW 2010, 3057, 3057; Scheffler, ZIP 2001, 1182, 1183. 804 Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen (2008), S. 231f. 805 Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. C5f. Vgl. auch HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 266 Rn. 2. 806 Vgl. Lamprecht, ZIP 2002, 1790, 1790; Jansen, ZIP 2002, 1794. 807 Vgl. Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn C25ff. 808 Lamprecht, ZIP 2002, 1790, 1790. Anders MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 293 Rn. 7. 809 §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn C25ff.; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. C24ff. 810 Vgl. Lamprecht, ZIP 2002, 1790, 1790.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Nichtleistung abgegrenzt. Zur Feststellung der im BGB geregelten Mängel sollten §§ 434 Abs. 1 (Kaufvertrag), 536 Abs. 1 (Mietvertrag), 633 Abs. 2 (Werkvertrag) und 651c Abs. 1 (Reisevertrag) BGB betrachtet werden. Im KBGB existiert hingegen keine Vorschrift über den Mangelbegriff.811 Der DCFR enthält ebenfalls keine Bestimmung zum Mangelbegriff im Rahmen des Gewährleistungsrechts, jedoch spricht der DCFR von der Vertragsgemäßheit in Artt. IV.A. – 2:301ff. (Kaufvertrag), IV.B. – 3:102ff. (Mietvertrag), IV.C. – 3:104 (Herstellung), IV.C. – 5:105 (Verwahrung), IV.C. – 6:104 (Entwurf) und IV.C. – 7:105 (Information und Beratung) DCFR.812 Der DCFR beinhaltet Vorschriften, die unmittelbar die Vertragsgemäßheit beim Dienstleistungsvertrag regeln813 und daher zur Feststellung der Schlechtleistung beim Dienstleistungsvertrag direkte Anwendung finden. Nach den Vorschriften des BGB sind eine Sache, ein Werk oder eine Reise mangelfrei, wenn sie die vereinbarte oder zugesicherte Beschaffenheit bzw. Eigenschaft haben.814 Soweit die Vertragsparteien die Beschaffenheit nicht miteinander vereinbart haben, ist die Sache bzw. das Werk frei von Mängeln, wenn die Sache bzw. das Werk sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet.815 Die Mietsache bzw. die Reise ist mangelhaft, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben ist,816 bzw. die Reise mit Fehlern behaftet ist, »die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern«.817 Die Sache, das Werk oder die Reise ist frei von Mängeln, wenn die Sache, das Werk oder die Reise für die gewöhnliche Verwendung, für den gewöhnlichen Gebrauch oder für die gewöhnliche Nutzung geeignet ist und die Sache bzw. das Werk eine Beschaffenheit hat, die bei Sachen bzw. Werken der gleichen Art üblich ist und die der Käufer bzw. der Besteller nach der Art der Sache oder des Werkes erwarten kann.818

811 Die Vorschriften über Mangelfolgen sind Folgende: § 559 (Schenkung), §§ 580, 581 (Kaufvertrag), § 602 (Darlehen), §§ 667–671 (Werkvertrag), §§ 674–6, 674–7 (Reisevertrag) und § 697 (Verwahrung) KBGB. Dennoch existiert keine Vorschrift über den Begriff des Mangels. 812 Art. IV.H. – 3:102 DCFR regelt außerdem die Vertragsgemäßheit bei den Schenkungen. 813 Artt. IV.C. – 3:104, IV.C. – 5:105, IV.C. – 6:104, IV.C. – 7:105 DCFR. 814 §§ 434 Abs. 1 S. 1, 536 Abs. 2, 633 Abs. 2 S. 1, 651c Abs. 1 BGB. 815 §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB. 816 § 536 Abs. 1 S. 1 BGB. 817 § 651c Abs. 1 BGB. 818 §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 651c Abs. 1 BGB. Zur Auslegung des § 536 BGB s. MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 4. S. auch MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651c Rn. 5, 8.

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Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

Tabelle 2. Bestimmungskriterien der Mängel im BGB Vereinbartes Kriterium § 434

§ 536

§ 633

§ 651c

Im Vertrag angelegtes Kriterium

Kriterium nach Verkehrssitte

Eignung zur gewöhnlichen Verwendung und bei Sachen der gleichen Art übliche und zu erwartende Beschaffenheit (Abs. 1 S. 2 Nr. 2) Zugesicherte Tauglichkeit zum Eignung zum Eigenschaft (Abs. 2) vertragsgemäßen gewöhnlichen Gebrauch (Abs. 1 S. 1) Gebrauch und bei vergleichbaren Wohnungen üblicher Wohnstandard (Rechtsprechung)819 Vereinbarte Eignung zur nach dem Eignung zur Beschaffenheit (Abs. 2 Vertrag gewöhnlichen S. 1) vorausgesetzten Verwendung und bei Verwendung (Abs. 2 Werken der gleichen S. 2 Nr. 1) Art übliche und zu erwartende Beschaffenheit (Abs. 2 S. 2 Nr. 2) Zugesicherte Wertmäßigkeit oder Tauglichkeit zum Eigenschaft (Abs. 1) Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen Nutzen nach dem Vertrag (Abs. 1) vorausgesetzten Nutzen (Abs. 1)

Eignung zur nach dem Vereinbarte Beschaffenheit (Abs. 1 Vertrag vorausgesetzten S. 1) Verwendung (Abs. 1 S. 2 Nr. 1)

Wie die vorstehende Tabelle zeigt, weisen die Kriterien, die das Gesetz zur Feststellung eines Mangels bei den verschiedenen Vertragstypen vorsieht, Gemeinsamkeiten auf, sodass diese Kriterien auch zur Feststellung eines Mangels beim Dienstvertrag hilfreich sein könnten.820 Zunächst muss das Kriterium der Vereinbarung betrachtet werden. Ist die Beschaffenheit der Dienste vereinbart, wird diese Vereinbarung natürlich in den Vordergrund gerückt.821 Jedoch fehlt es beim Dienstvertrag in der Regel an einer ausdrücklichen Vereinbarung der Leistungseigenschaften.822 Demnach ist das im Vertrag angelegte Kriterium 819 BGH, Urteil vom 23. 9. 2009 – VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133, 1134. 820 S. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 471ff. Kritisch dazu s. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 212f. 821 Vgl. Art. IV.C. – 3:104 (1) DCFR. 822 Zu dieser Eigenschaft des Dienstvertrages s. o. Zweiter Teil § 2 II.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

(Eignung zur nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung,823 Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch,824 Wertmäßigkeit bzw. Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen825) bedeutend. Als Merkmal für den Mangelbegriff beim Dienstvertrag ist besonders die »Tauglichkeit« aus dem Mietvertrag und Reisevertrag analog anwendbar,826 weil diese beiden Verträge wie der Dienstvertrag einen Dauerschuldcharakter aufweisen. Die anderen Merkmale, wie die nach dem Vertrag vorausgesetzte »Verwendung« in §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 633 Abs. 2 Nr. 1 BGB, der vertragsgemäße »Gebrauch« in § 536 Abs. 1 S. 1 BGB und der nach dem Vertrag vorausgesetzte »Nutzen« in § 651c Abs. 1 BGB sind ohnehin funktional Äquivalente.827 Sie manifestieren den Vertragszweck.828 Obwohl beim Dienstvertrag nicht die Erreichung eines Zwecks versprochen wird, folgt daraus nicht, dass der Zweck zur Beurteilung der Vertragsgemäßheit oder Mangelhaftigkeit als Kriterium nicht hinzugezogen werden sollte. Weil mit Rücksicht auf den Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten der genaue Inhalt der geschuldeten Dienste nachträglich von dem Dienstverpflichteten mitbestimmt wird, ist es sinnvoll, die Mangelhaftigkeit der Dienste anhand des Kriteriums der dauerhaften »Tauglichkeit«, »Geeignetheit« oder »Brauchbarkeit« zum vereinbarten oder dem Vertrag zugrunde liegenden Zweck festzustellen.829 Nur die auf die Erreichung des Vertragszwecks gerichteten Dienste können vom Dienstberechtigten als seinen Erwartungen entsprechende Dienste angesehen werden, unabhängig davon, ob sie schlecht oder ordnungsgemäß erfüllt werden. Beim DCFR ist der gleiche Gedanke für den Dienstleistungsvertrag unmittelbar vorgesehen. Im DCFR sind ausdrücklich Fälle geregelt, in denen die Leistung beim Herstellungs-,830 Verwahrungs-,831 Entwurfs-832 und Informations- sowie Beratungsvertrag833 mangelhaft ist. Durch diese besonderen Vor823 824 825 826 827 828 829

830 831 832 833

§§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB. § 651c Abs. 1 BGB. Zum Beschaffungsrisiko beim Mietvertrag vgl. MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), Vorbemerkung vor § 536 Rn. 9. § 459 Abs. 1 BGB a. F. spricht von »Gebrauch« anstatt von »Verwendung« (Vgl. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB). Vgl. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 226. S. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 471f. Aus sprachlicher Perspektive ist es angemessener, anstatt der Tauglichkeit den Begriff der Geeignetheit oder Brauchbarkeit zu verwenden. S. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 183, 210, 212. Art. IV.C. – 3:104 DCFR. Art. IV.C. – 5:105 DCFR. Art. IV.C. – 6:104 DCFR. Art. IV.C. – 7:105 DCFR.

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schriften wird die ordnungsgemäße Leistung von der mangelhaften Leistung im Rahmen des betroffenen Dienstleistungsvertrages abgegrenzt. Beim Bearbeitungs- und Behandlungsvertrag fehlt jedoch eine vergleichbare Vorschrift. Bei diesen Verträgen werden die allgemeinen Vorschriften über den Dienstleistungsvertrag wie Artt. IV.C. – 2:105, IV.C. – 2:106 DCFR zur Bestimmung der Vertragsgemäßheit zugrunde gelegt.834 Die beiden Vorschriften bilden bei allen anderen Dienstleistungsverträgen die allgemeine Grundlage zur Bestimmung der Vertragsgemäßheit.835 Nach diesen besonderen Vorschriften wird die Vertragsgemäßheit der Dienstleistung beim DCFR in folgender Weise bestimmt: Nach Art. IV.C. – 3:104 (1) DCFR muss das Werk beim Herstellungsvertrag in Bezug auf Qualität sowie Art und Quantität den Vereinbarungen entsprechen. Die Vertragsgemäßheit wird danach bewertet, ob das Werk zum bestimmten »Vertragszweck«836 und zum bei Werken gleicher Art gewöhnlichen Zweck tauglich ist.837 Nach Art. IV.C. – 5:105 (1) DCFR liegt beim Verwahrungsvertrag Mangelhaftigkeit vor, wenn der Zustand des Gegenstands bei der Rückgabe nicht dem Zustand bei der Übergabe an den Verwahrer entspricht. Jedoch kann der Gegenstand in dem Zustand zurückgegeben werden, den der Kunde vernünftigerweise838 erwarten kann, wenn die Rückgabe Gegenstands im Ausgangszustand der Natur des Gegenstandes und des Vertrages nach vernünftigerweise nicht erwartet werden kann.839 Nach Art. IV.C. – 6:104 (1) DCFR liegt beim Entwurfsvertrag Mangelhaftigkeit vor, wenn der Nutzer dieses Entwurfs einen bestimmten Erfolg durch dessen Anwendung nicht erreichen kann, obwohl der Nutzer mit dem vernünftigerweise zu erwartenden Können und der vernünftigerweise zu erwartenden Sorgfalt gearbeitet hat. Beim Informations- und Beratungsvertrag schließlich müssen die Informationen, die der Dienstleister verschafft, nach Art. IV.C. – 7:105 (1) DCFR bezüglich der Quantität, Qualität sowie der Art so geleistet werden, wie sie versprochen sind. Zusammenfassend kann die Nichtleistung von der Schlechtleistung beim Dienstleistungsvertrag danach abgegrenzt werden, ob die Dienstleistung zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten oder von dem Gläubiger vernünftigerweise vorgesehenen Vertragszweck tauglich ist. Obwohl der Dienstleister keinen Erfolg schuldet, sollte seine Dienstleistung die Tauglichkeit zum Vertragszweck haben, weil der Kunde den Preis im Prinzip nur für die zweckmäßigen Hand834 835 836 837 838

Zur Artt. IV.C. – 2:105, IV.C. – 2:106 DCFR s. o. Zweiter Teil § 2 II 1 c. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1720. Art. IV.C. – 3:104 (2) (a) DCFR. Art. IV.C. – 3:104 (2) (b) DCFR. Art. I. – 1:104 DCFR: »(Reasonableness) Reasonableness is to be objectively ascertained, having regard to the nature and purpose of what is being done, to the circumstances of the case and to any relevant usages and practices.« 839 Art. IV.C. – 5:105 (2) DCFR.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

lungen des Dienstleisters bezahlen wollte. Die Frage, inwieweit die Dienste zweckmäßig erbracht werden, spielt für die Abgrenzung der Schlechtleistung von der Nichtleistung keine Rolle. Sie ist vielmehr relevant für die Frage der Minderung, die sich erst stellt, nachdem die erbrachte Dienstleistung als Schlechtleistung eingeordnet wurde. b. Erheblichkeit des qualitativen Dienstmangels Obwohl das Tatbestandsmerkmal der »Tauglichkeit« aus dem Miet- und Reisevertragsrecht zur Bestimmung der Mangelhaftigkeit beim Dienstvertrag in Betracht gezogen werden kann840 und die »Tauglichkeit« der Dienste zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck zur Bestimmung des qualitativen Dienstmangels praktische Bedeutung erlangen kann, muss eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit, wie auch in § 536 Abs. 1 S. 3 BGB vorgesehen, außer Betracht gelassen werden.841 Dies gilt deshalb, weil dem Dienstverpflichteten bei der Erbringung der Leistung ein Ermessensspielraum zusteht und eine unerhebliche Schwankung der Qualität der Dienste ihrer Natur nach unvermeidbar ist.842 Neben der Abgrenzungsproblematik zwischen unerheblicher Schlechtleistung und vertragsgemäßer Leistung besteht die Schwierigkeit, wie eine Nichtleistung von einer erheblichen Schlechtleistung abzugrenzen ist. Denn erheblich mangelhafte Dienste sind für den Dienstberechtigten wie eine Nichtleistung843 gänzlich nutzlos und unbrauchbar, auch wenn sie noch zum Vertragszweck tauglich sind.844 Der Fall, in dem der Dienstverpflichtete überhaupt keine Dienste geleistet hat, ist allerdings ohne Weiteres von der erheblichen Schlechtleistung abzugrenzen. Dieser Fall ist ohne Zweifel ein Fall der Nichtleistung.845 Jedoch existiert dieser simplifizierte Fall in der Realität nicht, weil jede Handlung des Dienstverpflichteten schon einen Dienst darstellt. Es gibt nur wenige Grenzfälle, in denen der Dienstverpflichtete unvollständig leistet, z. B. wenn die Sekretärin ein wichtiges Dokument ohne Rücksicht auf die Rechtschreibregeln durchweg fehlerhaft schreibt846 oder der Arbeitnehmer absichtlich sehr langsam arbeitet.847 Fraglich ist, ob in diesem Fall eine Schlechtleistung vorliegt, obwohl die erbrachten Dienste 840 Zu Gemeinsamkeiten des Dienstvertrages mit dem Miet- und Werkvertrag vgl. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 206. 841 Zur unerheblichen Wert- oder Tauglichkeitsminderung der Kaufsache vgl. § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. 842 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 111ff. 843 S. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 210f. Vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. 844 S. Kramer, MDR 1998, 324, 327f.; Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 536f. 845 S. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 534. 846 Vgl. Brune, AR-Blattei SD, 1420 (Schlechtleistung) Rn. 2. 847 Zum Bummelstreik s. u. Zweiter Teil § 3 III 2.

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nutzlos, unbrauchbar sind. Ein von einer Sekretärin geschriebenes Dokument, das erhebliche Fehler enthält, kann beispielsweise überhaupt nicht verwendet werden. Tillmanns unterscheidet die erhebliche Schlechtleistung von der Nichtleistung dadurch, »ob die erbrachte Tätigkeit noch geeignet ist, die ihr von den Vertragsparteien zugedachte Funktion zu erfüllen«.848 Nach seiner Ansicht wird die Zwecktauglichkeit der Dienste mit dem Begriff »Funktion« in objektiver Weise sichtbar.849 Nur die zur Erfüllung der nach dem Vertrag vorausgesetzten Funktion geeigneten Dienste seien als die geschuldete Leistung zu qualifizieren.850 Hiernach sind die durchweg fehlerhaft durchgeführten Dienste einer Sekretärin oder sehr langsam ausgeübten Dienste eines Arbeitnehmers als Schlechtleistung anzusehen, weil sie noch geeignet sind, die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion zu erfüllen.851 Fraglich ist, wie diese in objektiver Weise sichtbar gemachte Funktion der Dienste im Einzelfall bestimmt werden kann. Fraglich ist auch, ob die den erbrachten Diensten zugedachten Funktionen während der Leistungszeit konstant bleiben oder variabel sind. Es sollte daher anstelle der »Funktion« auf den »Vertragszweck« als Abgrenzungskriterium abgestellt werden. Die Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten oder vom Gläubiger vernünftigerweise vorgesehenen Vertragszweck ist das richtige Kriterium, um die Schlechtleistung von der Nichtleistung abzugrenzen.852 c.

Leistungsort, Leistungszeit und Leistungsinhalt als Kategorien zur Abgrenzung von der Nichtleistung Die Zwecktauglichkeit als Abgrenzungskriterium kann jedoch weiter präzisiert werden. Dafür sind drei Kategorien vorstellbar : (1) der Leistungsort, (2) die Leistungszeit und (3) der Leistungsinhalt bzw. die Art und Weise der Leistung.853 Zunächst ist der Leistungsort für Dienstverträge wichtig, bei denen das Leistungssubstrat den Kern der geschuldeten Dienste bildet, wie beim Unterrichtsvertrag, Betreuungsvertrag, Dolmetschervertrag und Überwachungsvertrag.854 In diesen Fällen ist der Leistungsort der Ort, an dem sich die Studenten, das betreute Kind, der Ausländer oder der Überwachungsgegenstand befindet. Denn aus der Natur dieser Schuldverhältnisse ergibt sich, dass der Leistungsort 848 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 226f. 849 Nach Ansicht von Tillmanns schuldet der Dienstverpflichtete jedoch kein tatsächliches Funktionieren. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 227. 850 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 227. 851 Vgl. MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 32. 852 S. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 537. 853 von Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen römischen Rechts, Band 1 (1851), S. 295f.; Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 8f., 153, 193ff.; Himmelschein, AcP 135 (1932), 255, 282ff.; Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 218ff. Vgl. auch ErfK/Preis (17. Aufl. 2017), GewO § 106 Rn. 2. 854 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 219.

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der Ort ist, an dem die Dienste erbracht werden.855 Ist die Leistung von dem Leistungssubstrat unabhängig, z. B. bei Verträgen mit einem Rechtsanwalt, Anlageberater, Schriftsteller oder Handelsvertreter, weil die Leistung nicht auf einen Gegenstand ausgerichtet ist, sondern vielmehr eine Denkleistung ist, ist die Festlegung des Leistungsorts nicht notwendig.856 Erlangt der Leistungsort beim Dienstvertrag vertragsrechtlich eine besondere Bedeutung, liegt eine Nichtleistung vor, wenn die Leistung am falschen Ort erbracht wird. Zur Präzisierung der Zwecktauglichkeit dient neben dem Leistungsort auch die Leistungszeit. Der Dienstvertrag begründet ein Dauerschuldverhältnis.857 Wesensmerkmal des zeitbezogenen Dienstvertrages ist, dass der Dienstverpflichtete dem Weisungsrecht des Dienstberechtigten nur für einen begrenzten Zeitraum unterworfen ist.858 Somit erlangt die rechtzeitige Leistungserbringung wesentliche Bedeutung für die Erfüllung der Vertragspflicht. Dagegen ist die Leistungszeit beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag von geringerer Bedeutung.859 Erlangt die Leistungszeit beim Dienstvertrag vertragsrechtlich besondere Bedeutung, liegt eine Nicht- oder Teilleistung vor, wenn die ganze Leistung oder ein Teil derer nicht zur richtigen Zeit erbracht wird.860 Es ist jedoch schwierig, den Leistungsinhalt festzulegen. Wie oben aufgezeigt, kann beim Dienstvertrag zur Bewertung der Ordnungsgemäßheit der Leistung nur der subjektive Leistungsmaßstab angelegt werden.861 Der Dienstverpflichtete schuldet die »angemessene Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit«.862 Der Dienstverpflichtete ist jedoch nicht berechtigt, den Leistungsinhalt nach Belieben zu bestimmen.863 Ist eine bestimmte Eigenschaft der Dienste im Vertrag ausdrücklich zugesagt, muss der Dienstverpflichtete die Dienste mit dieser zugesicherten Eigenschaft erbringen.864 Auch wenn die Dienste an dem richtigen Ort und in der vereinbarten Zeit bewirkt werden, liegt in diesem Fall eine Schlechtleistung vor, wenn die erbrachten Dienste nicht die zugesagte Eigenschaft haben, aber mindestens zum Vertragszweck noch taug855 856 857 858 859 860

861 862 863 864

MünchKomm/Krüger (7. Aufl. 2016), BGB § 269 Rn. 2. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 219. Zum Dauerschuldverhältnis s. o. Erster Teil § 1 III 3. S. o. Erster Teil § 1 III 2 und Zweiter Teil § 2 II 3 a. S. o. Erster Teil § 1 III 2 und Zweiter Teil § 2 II 3 b. Ausnahmsweise kann die vorzeitige Leistung im Sinne des § 271 Abs. 2 BGB als Schlechtleistung behandelt werden, falls die zur falschen Zeit erbrachten Dienste noch zur Erreichung des Vertragszwecks taugen. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 232f. Zum subjektiven Leistungsmaßstab s. o. Zweiter Teil § 2 II 1 a. BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 85 Rn. 16. Gegen diese Ansicht vgl. BAG, Urteil vom 13. 5. 1987 – 5 AZR 125/86, AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 4. Hunold, BB 2003, 2345, 2345; Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 222, 230f.

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lich sind.865 Beispielsweise liegt eine Schlechtleistung (oder aliud Leistung) vor, wenn der Klavierlehrer ein anderes, aber besser für Anfänger geeignetes Musikstück von Mozart lehrt, als das, das im Vertrag vereinbart wurde.866 Fehlt eine solche zugesicherte Eigenschaft beim Dienstvertrag, ist allein die Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck für die Feststellung der Schlechtleistung maßgeblich.867 Weil sich der Mensch ständig irgendwie betätigt, ist es rechtlich unmöglich, seine Handlungen ohne das Kriterium des »Zwecks« zu bewerten. Wenn der Zweck des Anwaltsvertrages zur Beurteilung der Leistung unwichtig wäre, würde beispielsweise eine Unterhaltung mit einem alten Freund als die vereinbarten Dienste des Anwalts bezeichnet. Ein Fußballspiel am Arbeitsplatz würde ebenfalls als Arbeit in einer Internetfirma bewertet, falls der Zweck der Arbeit nicht in Betracht gezogen würde.868 Demnach wäre die Nichtleistung im Rahmen des Dienstvertrages undenkbar, weil ohne Betrachtung eines bestimmten Zwecks jede Handlung des Dienstverpflichteten als Schlechtleistung eingeordnet würde. Allerdings schuldet der Dienstverpflichtete nicht die Erreichung des Vertragszwecks.869 Die Tauglichkeit zum Zweck wird aus einem objektiven Blickwinkel betrachtet. Anhand dieser objektiven Beurteilung erfolgt die Unterscheidung zwischen Schlecht- und Nichtleistung.870 Taugt die Leistung nicht zur Erfüllung des Vertragszwecks, liegt eine Nichtleistung vor, obwohl die erbrachte Leistung zu anderen Zwecken für den Dienstberechtigten nützlich sein kann. Beispielsweise liegt eine Nichtleistung (oder aliud Leistung) vor, wenn der Nachhilfelehrer Koreanisch unterrichtet, obwohl im Vertrag vereinbart wurde, den Studenten auf eine englische Prüfung für ein Studium in England vorzubereiten. Dem Gläubiger steht es offen, die Leistung nicht anzunehmen. Gleichgültig ist es in dem Fall, ob der Student nach dem Studium in England bei einer koreanischen Firma arbeiten will oder ob er zufällig seinen Studienort nach Korea verlegt. Ist die Leistung zur Erreichung des Vertragszwecks noch tauglich, so ist sie als eine Schlechtleistung zu verstehen. Beispielsweise ist die verlangsamte Arbeit

865 Vgl. §§ 434 Abs. 1 S. 1, 536 Abs. 2, 633 Abs. 2 S. 1, 651c Abs. 1 BGB. 866 Hingegen ordnet Tillmanns diese Leistung als Nichtleistung ein. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 231. 867 Vgl. §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 536 Abs. 1 S. 1, 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 651c Abs. 1 BGB. S. Kramer, MDR 1998, 324, 325. Außerdem betrachtet der BGH die Eignung der Dienste zur Erlangung eines bestimmten Ergebnisses. S. BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549, 2550. 868 Je nach den Umständen muss die geringfügige kurzzeitige Nichtleistung nach dem Gebot von Treu und Glauben bei der Beurteilung außer Acht gelassen werden. 869 Beim Dienstvertrag trägt das Risiko der Zweckerreichung der Dienstberechtigte. Esser/ Schmidt, Schuldrecht, Band I Teilband 1 (7. Aufl. 1992), S. 94, 96f. 870 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 228.

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keine Nichtleistung,871 sondern eine Schlechtleistung,872 weil die Arbeit noch zum Vertragszweck tauglich ist. In diesem Fall bleibt es unbeantwortet, ob diese Leistung eine ordnungsgemäße ist. Dies entspricht der schon oben geklärten Frage, wie der Inhalt einer persönlichen Leistung nach billigem Ermessen konkretisiert wird.873 Das gleiche gilt für den Fall einer erheblichen Herabsetzung der Zwecktauglichkeit. Auch dann liegt eine Schlechtleistung vor.874 Ist die Tauglichkeit der Leistung zum Vertragszweck erheblich gemindert, bedarf es eines Rechtsbehelfs wie Minderung, Rücktritt und Schadensersatz, um das gestörte Synallagma zu korrigieren.875 Die Minderungsproblematik beim Dienstvertrag tritt besonders in dem Fall in den Vordergrund, in dem die Leistung noch zur Erfüllung des vertraglich vorausgesetzten Zwecks taugt, aber wegen der erheblichen Herabsetzung der Zwecktauglichkeit für den Dienstberechtigten im Vergleich zum ursprünglichen Interesse unannehmbar ist.876 Je nach Ansicht sind die Ergebnisse in diesem Fall unterschiedlich; entweder wird der Dienstverpflichtete voll oder nur teilweise vergütet. In dem ersten Fall kommt die Frage auf, warum dem Dienstverpflichteten die volle Vergütung gewährt wird. Der Grund kann entweder in der Annahme liegen, dass die schlecht erbrachten Dienste unabhängig von ihrer subjektiven Bewertung als »schlecht« völlig ordnungsgemäß seien,877 oder in der gesetzgeberischen Entscheidung, dass die Schlechtleistung beim Arbeitsvertrag aufgrund des Schutzbedürfnisses des Arbeitnehmers voll vergütet werden müsse.878

3.

Abgrenzung zur aliud Leistung

Die Abgrenzung der Schlechtleistung von der aliud Leistung im Rahmen des Dienstvertrages ist notwendig, gestaltet sich allerdings noch schwieriger. Die aliud Leistung scheint prima facie eine Schlechtleistung zu sein, da aufgrund der relativ rudimentären Bestimmung des Leistungsinhalts beim Dienstvertrag die Falschleistung der Dienste dem Gläubiger dennoch ein gewisses Interesse zu 871 Zur Ansicht, dass die Langsamarbeit als Nichtleistung anzusehen ist, s. Kreller, AcP 123 (1925), 263, 288; Beuthien, ZfA 1972, 73, 80ff.; Rabe, Lohnminderung bei Schlecht- und Minderleistung des Arbeitnehmers? (1977), S. 50ff. 872 ArbG Ulm, Urteil vom 14. 2. 1967 – 1 Ca 410/66, BB 67, 1483. S. Wertheimer/Eschbach, JuS 1997, 605, 610; Preis/Hamacher, Jura 1998, 116, 117; Lieb, Arbeitsrecht (7. Aufl. 2000), Rn. 193, 198f. 873 S. o. Zweiter Teil § 2 II. 874 Dagegen vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. 875 Zur ökonomischen Perspektive s. o. Zweiter Teil § 2 III. 876 Vgl. § 313 Abs. 1 BGB. S. MünchKomm/Finkenauer (7. Aufl. 2016), BGB § 313 Rn. 58, 77. 877 S. o. Zweiter Teil § 3 I 3. 878 Hirte, Berufshaftung (1996), S. 372; MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 32.

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gewähren pflegt.879 Beispielsweise erlangt der Dienstberechtigte ein gewisses Interesse, auch wenn der Dienstverpflichtete die Wand mit der falschen Farbe gestrichen hat und dies der Weisung des Dienstberechtigten entgegensteht.880 Nur falls sich die aliud Leistung auf einen ganz anderen Leistungsinhalt richtet und somit durch diese Leistung der Erfüllungswille des Schuldners nach objektiver Beurteilung deutlich missachtet wird und außerdem die Leistung selbst für den Gläubiger keinerlei Nutzen erbringt, kann dieser Zweifel aufgehoben und die Rechtsfolge der Nichtleistung angenommen werden.881 Dementsprechend ist der Gläubiger berechtigt, die Annahme der erbrachten aliud Leistung zu verweigern. a. Teleologische Reduktion von §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB Eine Möglichkeit zur Bewertung der aliud Leistung beim Dienstvertrag ist die analoge Anwendung von §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB.882 Im BGB wird die aliud Leistung beim Kauf- und Werkvertrag nach §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB hinsichtlich ihrer Identität als eine geschuldete erfasst, aber bezüglich ihrer Qualität als Schlechtleistung behandelt.883 Der Grund der Gleichstellung der aliud Leistung mit der Schlechtleistung liegt darin, die Abgrenzungsschwierigkeit zwischen den Leistungsstörungsformen zu vermeiden, die mit der Leistungsidentität und der hinter ihr liegenden Interessenlage verbunden sind.884 Wenn aus diesem Grund §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB auf die aliud Leistung beim Dienstvertrag entsprechend angewendet würden, würde die aliud Leistung beim Dienstvertrag als Schlechtleistung behandelt. Jedoch ist die Anwendbarkeit von §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB auf Stückschulden zweifelhaft.885 Wenn die ausdrücklichen Vorschriften in §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB über die aliud Leistung beim Kauf- und Werkvertrag im Wege der teleologischen Reduktion nur auf die Gattungsschulden angewendet würden, würde die aliud Leistung im Rahmen des Stückkaufs nicht als Schlechtleistung, sondern als Nichtleistung eingeordnet.886 Im Falle der Stückschuld ist es einfacher als im Falle der Gattungsschuld, die Leistungsidentität 879 Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen (2008), S. 231f. 880 MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 29; Richardi, NZA 2002, 1004, 1011; Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 440, 433f. 881 Vgl. § 435 Abs. 2 BGB-KE: »(2) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert, es sei denn, dass sie als Erfüllung offensichtlich nicht in Betracht kommt.« 882 MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 60. 883 S. Musielak, NJW 2003, 89, 92. 884 S. Canaris, Schuldrechtsreform 2002 (2002), S. XXII. Vgl. Köhler/Fritzsche, Fälle zum neuen Schuldrecht (2002), S. 142. 885 S. MünchKomm/Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 434 Rn. 45. 886 Lettl, JuS 2002, 866, 871.

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und die hinter ihr liegende Interessenlage festzustellen.887 Außerdem scheint bei der Stückschuld der vom Gesetzgeber im Fall der Schlechtleistung vorgeschriebene Rechtsbehelf der Minderung dem Zweck der Vorschriften nicht zu entsprechen.888 Die Minderung setzt nämlich voraus, dass die gelieferte Sache zwar der Identität nach der geschuldeten Sache entspricht, ihre Qualität jedoch nicht mit der vereinbarten übereinstimmt. Im Falle der Stückschuld deutet die aliud Leistung auf die fehlende Übereinstimmung der Identität der gelieferten Sache mit der Identität der geschuldeten hin.889 Dies wird deutlicher, wenn die erbrachte Leistung von der geschuldeten erheblich abweicht.890 Die Nacherfüllung könnte in diesem Fall der einzig passende Rechtsbehelf sein, sodass die geschuldete Sache nach der Beanspruchung durch den Gläubiger geliefert wird.891 Diese Frage nach der Reduktion des Gewährleistungsrechts auf die Gattungsschuld wurde schon in Bezug auf § 378 HGB a. F. diskutiert.892 Beispielsweise betrachtet der BGH in einem Urteil die Interessenlage des Gläubigers, um ihm den Erfüllungsanspruch oder den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu gewähren. Denn im Fall der erheblich abweichenden Leistung beim Stückkauf musste der Rechtsbehelf des Gläubigers nach der damaligen Rechtslage entweder auf Wandelung oder Minderung beschränkt werden, obwohl die geschuldete Sache noch vom Schuldner geleistet werden konnte und dies auch dem Willen des Gläubigers entsprach.893 Nach Ansicht des BGH sollte die Anwendung des Gewährleistungsrechts in diesem Fall teleologisch ausgeschlossen werden.894 Die Rechtslage hat sich jedoch durch das Schuldrechtsmodernisie887 Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. C6. Beispielsweise s. auch BGH, Urteil vom 29. 6. 1977 – VIII ZR 43/76, NJW 1977, 1914. 888 Musielak, NJW 2003, 89, 89f. 889 S. MünchKomm/Westermann (7. Aufl. 2016), BGB § 434 Rn. 45; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 434 Rn. 146ff. 890 Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht (2002), S. 221f. Dagegen Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht (23. Aufl. 2011), Rn. 288. 891 »Wird beim Stückkauf ein Identitäts-aliud geliefert, so kommt neben dem Erfüllungsanspruch auf Lieferung der gekauften Sache ein davon verschiedener Nachlieferungsanspruch nicht in Betracht.« BT-Drucks. 14/6040, S. 216. 892 Vgl. BGH, Urteil vom 20. 12. 1978 – VIII ZR 236/77, NJW 1979, 811; Schultz, NJW 1980, 2172; Marburger, JuS 1983, 1, 8; Ebenroth/Boujong/Joost/Müller (2001), HGB § 378 Rn. 1ff. 893 BGH, Urteil vom 20. 12. 1978 – VIII ZR 236/77, NJW 1979, 811, 811. 894 BGH, Urteil vom 20. 12. 1978 – VIII ZR 236/77, NJW 1979, 811, 811f.: »Die Lieferung eines anderen als des vom Kl. gekauften Lkw stellt – wie das BerGer. mit Recht annimmt – keine Schlechterfüllung dar, sondern eine Falschlieferung (Lieferung eines sog. »Identitätsaliud«). Für die Ansprüche des Käufers wegen einer solchen Abweichung vom Vertrage sind auch beim Handelskauf nicht die Gewährleistungsvorschriften (§§ 459ff. BGB), sondern die allgemeinen Bestimmungen über Leistungsstörungen (§§ 320ff. BGB) maßgebend. Andernfalls wäre der Käufer einer Speziessache von Anfang an – falls nicht die Voraussetzungen des § 463 BGB vorlägen – auf Wandelung oder Minderung beschränkt, selbst

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rungsgesetz geändert. Somit werden die Rechtsbehelfe des Gläubigers in diesem Fall nicht mehr auf Rücktritt und Minderung beschränkt. Folgerichtig trifft die teleologische Reduktion der §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB auf die Gattungsschuld nach der jetzigen Rechtslage nicht zu.895 Nicht beantwortet ist jedoch, ob diese Vorschriften über die Gleichstellung der aliud Leistung mit der Schlechtleistung auf Dienstverträge entsprechend angewendet werden können, also ob sich beim Dienstvertrag die Rechtsfolge der aliud Leistung nach der Rechtsfolge der Schlechtleistung richten sollte. Besonders beim zeitbezogenen Dienstvertrag sind die Leistungsidentität und die hinter ihr liegende Interessenlage schwierig festzustellen. Die Notwendigkeit zur Gleichstellung der aliud Leistung mit Schlechtleistung besteht insoweit.896 Die Debatte über die teleologische Reduktion von §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB macht es jedoch schwierig, diese Vorschriften auf Dienstverträge entsprechend anzuwenden. Denn die Überzeugungskraft der Behauptung, dass diese Vorschriften auf Dienstverträge entsprechend angewendet werden müssten, geht verloren, falls behauptet werden kann, dass die Vorschriften in ihrem Anwendungsbereich auf die Gattungsschuld beschränkt werden müssen. b. Subjektives Merkmal zur Bestimmung der aliud Leistung Es könnte hilfreich sein, dieses Problem von Anfang an aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Das subjektive Merkmal, der Erfüllungswille (oder die Tilgungsbestimmung), könnte zur Bestimmung der aliud Leistung in Betracht kommen,897 da bei einer Tätigkeitsschuld überwiegend auf die subjektive Bewertung und Entscheidung des Schuldners abgestellt wird. Die Auffassung von Büdenbender, dass die aliud Leistung mit der Schlechtleistung nur gleichbehandelt werden könne, wenn der Wille des Schuldners zur Erfüllung gegeben sei,898 sieht bereits den Willen des Schuldners zur Erfüllung seiner Verpflichtung als wichtiger an, als die tatsächliche Bewirkung der Leistung.899 Diese Auffassung entspricht der Begründung der Vorschrift von § 434 Abs. 3 BGB.900

895 896 897 898 899 900

wenn die vertragsgemäße Leistung ohne weiteres noch möglich wäre und der Käufer weiterhin ein Interesse an ihr hätte.« Musielak, NJW 2003, 89, 90f. S. MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 60. Zum Erfüllungswillen s. Musielak, NJW 2003, 89, 91. Zur Tilgungsbestimmung vgl. Lorenz, JuS 2003, 36, 37; Tiedtke/Schmitt, JZ 2004, 1092, 1095; Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 434 Rn. 144. NK-BGB/Büdenbender (2. Aufl. 2012), BGB § 434 Rn. 70. S. auch Bülow, JuS 1991, 529, 530f.; Muscheler/Bloch, JuS 2000, 729, 731ff. Zur Willensauslegung im objektiven Empfängerhorizont s. Tiedtke/Schmitt, JZ 2004, 1092, 1095. Tiedtke/Schmitt, JZ 2004, 1092, 1095. »Voraussetzung für die Gleichstellung von Falsch- und Zuweniglieferung mit Sachmängeln ist, dass der Verkäufer die Leistung als Erfüllung seiner Pflicht erbringt. Für den Käufer muss erkennbar dieser Zusammenhang zwischen Leistung

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Nach dieser Auffassung kann die aliud Leistung keine Erfüllungswirkung erlangen, wenn der Schuldner das aliud ohne Erfüllungsabsicht geleistet hat.901 Hingegen liegt eine Schlechtleistung vor, wenn der Schuldner das aliud mit Erfüllungsabsicht erbracht hat. Im Fall der Nichterfüllung beim Dienstvertrag darf der Dienstverpflichtete keinen Willen zur Erfüllung haben,902 wie das Beispiel des Computerspiels am Arbeitsplatz zeigt. Hingegen muss der Dienstverpflichtete im Falle der Schlechterfüllung wenigstens den Willen zur Erfüllung haben, wie etwa bei der weisungswidrigen Arbeit am Arbeitsplatz.903 Diese Auffassung wird jedoch abgelehnt. Was soll passieren, wenn der Dienstverpflichtete mit Erfüllungswillen handelt, sich jedoch über die Person des Gläubigers irrt und die Dienste einer anderen Person leistet?904 Wie wäre es, wenn der Dienstverpflichtete ohne Erfüllungswillen, aber irrtümlicherweise vertragsgemäß geleistet hätte? Anders als diese Ansicht über die finale Leistungsbewirkung verlangt die herrschende Lehre außer der objektiven Leistungsbewirkung kein zusätzliches subjektives Merkmal.905 Dementsprechend liegt im ersten Fall eine Nichtleistung vor und im zweiten Fall eine vertragsgemäße Leistung. Aus dem gleichen Grund liegt im oben genannten Beispiel des Computerspiels am Arbeitsplatz keine Nichtleistung, sondern eine Schlechtleistung vor, da der Dienstverpflichtete, auch wenn er nicht mit Erfüllungswillen handelt, noch dem Weisungsrecht unterliegt. c. aliud Leistung beim Dienstvertrag Die Vorschriften beim Kauf- und Werkvertrag über die aliud Leistung (§§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB) dürfen nicht allgemein auf den Dienstvertrag angewendet werden. Denn diese Vorschriften spiegeln keinen allgemeinen Rechtsgedanken wider. Der Rechtsgedanke aus dem Kauf- und Werkvertragsrecht hinsichtlich der aliud Leistung lässt sich nicht auf die Interessenlage des Dienstvertragsrechts übertragen.906 Dienstleistungen sind keine Gattungsschulden.907 Vielmehr ist jede Dienstleistung einzigartig.908 Schließlich muss der

901 902 903 904 905 906 907

und Verpflichtung bestehen, und es darf sich nicht um eine Teilleistung oder eine Leistung auf Grund einer anderen Verbindlichkeit handeln.« BT-Drucks. 14/6040, S. 216. Musielak, NJW 2003, 89, 91. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 213. Das Computerspiel am Arbeitsplatz ist als Identitäts-aliud anzusehen. Die weisungswidrige Arbeit ist als Qualifikations-aliud anzusehen. Zur Unterscheidung des Identitäts- und Qualifikations-aliud s. Schulze, NJW 2003, 1022, 1022; Tiedtke/Schmitt, JZ 2004, 1092, 1094. Zu dieser Frage s. auch Musielak, NJW 2003, 89, 91. MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 362 Rn. 7. S. auch Muscheler/Bloch, JuS 2000, 729, 732; Musielak, NJW 2003, 89, 91; Tiedtke/Schmitt, JZ 2004, 1092, 1096. Zum Verhältnis zwischen Nicht- und aliud Leistung beim Dienstvertrag ausführlich s. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 213. Zur Ansicht, dass bei der Stückschuld Qualifikations-aliud ausgeschlossen ist, s. Tiedtke/ Schmitt, JZ 2004, 1092, 1094.

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Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Gleichstellung der aliud Leistung mit der Schlechtleistung auf die Stückschuld schon innerhalb des Kauf- und Werkvertragsrechts umstritten ist.909 Es ist angemessen, die aliud Leistung beim Dienstvertrag in eigener Weise zu bewerten. Unabhängig von den Erfüllungstheorien910 muss geklärt werden, ob die aliud Leistung beim Dienstvertrag als Schlechtleistung zu behandeln ist, wenn die erbrachten Dienste als wesentlich andere bezeichnet werden können. Denn in diesem Fall ist die Tauglichkeit der erbrachten Dienste zum Vertragszweck und das Interesse des Dienstberechtigten erheblich beeinträchtigt, obwohl die Dienste noch mit dem Willen erbracht wurden, die Verpflichtung zu erfüllen.911 Im Prinzip wird die wesentlich von der versprochenen Leistung abweichende Leistung nicht als Schlechtleistung behandelt. In diesem Fall scheint es angemessen, dass die geschuldete Leistung als nichterfüllt behandelt wird.912 Dieses Ergebnis kann aber noch auf folgende Weise präzisiert werden. Im Fall der aliud Leistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag besteht kein Unterschied zur Nichtleistung,913 da eine aliud Leistung nicht dem Zweck des Dienstberechtigten dient. Zum Beispiel erfüllt ungewünschter Mathematikunterricht nicht das Interesse des Schülers, der Musik lernen will.914 Die erbrachte Leistung weicht von der versprochenen wesentlich ab.915 Somit wird diese aliud Leistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag als Nichtleistung qualifiziert.916 Der Klavierunterricht für Anfänger mit einem Musikstück von Mozart statt des vereinbarten Musikstücks von Tschaikowski wird jedoch nicht als Nichtleistung eingeordnet. Denn es ist für einen Anfänger, der Musik lernen will, geeignet und zwecktauglich. Es besteht keine wesentliche Abweichung zur versprochenen Leistung. Viel problematischer ist hingegen die Qualifizierung der aliud Leistung beim 908 Zur Unübertragbarkeit der persönlichen Leistung s. o. Erster Teil III 4. 909 Dazu kritisch s. Musielak, NJW 2003, 89, 90. Vgl. Schulze, NJW 2003, 1022, 1022f. 910 S. MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 362 Rn. 6 f.; Staudinger/Olzen (2016), Vorbemerkungen zu §§ 362ff. Rn. 7 ff. 911 S. Boehmer, Der Erfüllungswille (1910), S. 41ff.; Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis (1969), S. 290f. 912 Musielak, NJW 2003, 89, 90f. 913 Zur Gleichstellung der aliud Leistung mit der Nichtleistung ohne Unterscheidung zwischen erfolgsbezogenem und zeitbezogenem Dienstvertrag s. Preis/Hamacher, Jura 1998, 116, 117. 914 Vgl. Zweiter Teil § 3 II 2 c. 915 Zur extremen Abweichung der Leistung und dem Zurückweisungsrecht des Käufers s. MünchKomm/Westermann (7. Aufl. 2016), BGB § 434 Rn. 44; MünchKomm/Westermann (7. Aufl. 2016), BGB § 437 Rn. 18. 916 Schulze, NJW 2003, 1022, 1022f.; Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 210ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 434 Rn. 147.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

zeitbezogenen Dienstvertrag. Beim zeitbezogenen Dienstvertrag, bei dem mit Hilfe des Weisungsrechts nachträglich der Vertragszweck ergänzt und geändert werden kann, wird die weisungswidrige aliud Leistung mit der Schlechtleistung gleichgesetzt. Beide Vertragsparteien haben nämlich ein spezielles Interesse daran, dass der Dienstverpflichtete während der Vertragslaufzeit dem Weisungsrecht des Dienstberechtigten unterworfen ist.917 Dieses Interesse wird durch die weisungswidrige aliud Leistung nicht erheblich beeinträchtigt.918 Beispielsweise sind Dienstleistungen, die entgegen der Weisung des Dienstberechtigten langsam bzw. schnell aber fehlerhaft erbracht werden, eine weisungswidrige aliud Leistung.919 In diesem Fall ist es schwierig, die Leistungsidentität und die hinter ihr liegende Interessenlage zu bestimmen. Naturgemäß besteht daher die Notwendigkeit, die aliud Leistung mit der Schlechtleistung gleichzustellen.920 Der Rechtsgedanke von §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB ist in diesem Fall entsprechend anwendbar.921 Jedoch kann die aliud Leistung beim zeitbezogenen Dienstvertrag als Nichtleistung bewertet werden, wenn die Weisungswidrigkeit der Dienste darauf beruht, dass der Dienstverpflichtete die Befolgung der Weisungen verweigert.922 Beispielswiese liegt eine Nichtleistung vor, wenn der Arbeitnehmer eine bestimmte Arbeit wie etwa Außendienste ohne triftige Gründe verweigert, obwohl die Vertragsparteien von Anfang an die Möglichkeit von Außendiensten festgelegt hatten. Falls der Dienstverpflichtete die billige Weisung des Dienstberechtigten ohne triftige Gründe ablehnt und vollkommen andere Arbeiten (Total-aliud) leistet,923 lässt sich diese aliud Leistung als Nichtleistung bewerten.924 Schließlich ist unzweifelhaft, dass die Leistungsidentität der erbrachten Leistung von der geschuldeten Leistung erheblich abweicht und durch diese Abweichung der Leistung die Interessenlage beider Parteien erheblich beeinträchtigt wird. Der Gläubiger muss eine solche Leistung nicht annehmen. 917 Zum zeitbezogenen Dienstvertrag und seiner Interessenlage s. o. Zweiter Teil § 2 II 3 a. S. auch Preis/Hamacher, Jura 1998, 116, 117. 918 S. MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 29; Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 433f. 919 Zur Ansicht, die die aliud Leistung als Schlechtleistung, jedoch die langsame Arbeit als Minderleistung einordnet, s. Moll/Glaser (3. Aufl. 2012), § 24 Entgelt bei Leistungsstörungen Rn. 276. 920 S. o. Zweiter Teil § 3 II 3 a. S. auch Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. C6. 921 MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 60. 922 Die erheblich weisungswidrigen Dienste müssen für treuwidrig erachtet werden. S. Becker, Vertragliche Schuldverhältnisse (2002), Rn. 1028. S. auch MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 30. 923 S. Lorenz, JuS 2003, 36, 37. 924 S. MünchArbR/Reichold (3. Aufl. 2009), § 39 Rn. 30. Zum allgemein bewußten Zurückbehalten der Leistung vgl. auch BAG, Urteil vom 17. 7. 1970 – 3 AZR 423/69, NJW 1971, 111, 111.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

III.

133

Beispiel einer misslungenen Einordnung (KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946)

Das im Folgenden dargestellte Urteil zeigt die Konsequenzen einer misslungenen Abgrenzung der Leistungsstörungstypen beim Dienstvertrag. Wie oben erklärt, enthält das KBGB anders als das BGB keine gesetzliche Unterscheidung zwischen Nicht-, Teil-, Schlecht- und aliud Leistung.925 Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass es zur Auslegung des Gesetzes der Abgrenzung dieser Begriffe bedarf, weil sie eine detailliertere Unterscheidung der Rechtsfolgen ermöglicht. Das Urteil, das sich mit einer Lohnminderung während der Streikzeit auseinandersetzt und sich dabei besonders in Bezug auf die Bummelarbeit für eine Lohnminderung ausspricht,926 rief eine Debatte über die Einordnungsproblematik der Schlechtleistung beim Dienstvertrag und die Minderungsproblematik beim Dienstvertrag hervor. Der Sachverhalt gestaltet sich folgendermaßen:927 Die Beklagte (Kyungnam, pharmazeutische AG) ist eine pharmazeutische Aktiengesellschaft und beschäftigt sich mit der Herstellung bzw. Vermarktung von Medikamenten. Die Klägerinnen (57 Frauen) sind Arbeitnehmerinnen dieser Aktiengesellschaft. Alle Klägerinnen sind Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall in Chungnam. Die Beklagte wurde am 3. 9. 2003 von anderen pharmazeutischen Aktiengesellschaften (Noksipja und Noksipjasanga, folgend Noksipja genannt) übernommen, wobei die Beklagte, der neue Betriebsinhaber und die Gewerkschaft vereinbart hatten, die zur Zeit des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse, den Tarifvertrag sowie sonstige Vereinbarungen und Organisationen der Gewerkschaft auf den neuen Betriebsinhaber, nämlich Noksipja, übergehen zu lassen. Inzwischen hatte Noksipja den übernommenen Betrieb einer anderen pharmazeutischen Aktiengesellschaft, Biopharm, übergeben. Wegen der vertraglichen Geheimhaltungspflicht war der Betriebsübergangsvertrag nicht veröffentlicht worden. Dies verstoß gegen die bei Betriebsübergang tarifvertragliche vereinbarte Mitteilungs- bzw. Verhandlungspflicht gegenüber der Gewerkschaft. Bei Verhandlungen zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft vom 18. 7. 2007 bis 18. 9. 2007 war es nicht gelungen, beide zufriedenstellende Vereinbarungen zu treffen. Schließlich führte die Gewerkschaft im Zeitraum vom 20. 7. 2007 bis 20. 9. 2007 einen 39-tägigen Bummelstreik unter dem Motto »Arbeit für bessere Qualität«. Die Beklagte wollte während der Streikzeit die am Streik beteiligten Gewerkschaftsmitglieder durch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder ersetzen, um einen reibungslosen Betriebsablauf zu sichern. Die betroffenen Gewerkschaftsmitglieder übergaben ihre Arbeitsstellen weisungswidrig nicht den Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern. Am 21. 9. 2007 sperrte die Beklagte aus (lockout). Am 4. 4. 2008 endeten der Streik und die Aussperrung. 925 Zur Rechtslage des KBGB bezüglich der Leistungsstörungstypen s. o. Zweiter Teil § 3 I 1 b. 926 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946; Koreanischer Obergerichtshof (KObGH) in Daejeon, Urteil vom 21. 4. 2011, 2010 Na 7216. 927 Zum detaillierten Sachverhalt dieses Urteils s. Ho-Chang No, Überprüfung vom obersten Gericht in Korea, 28. 11. 2013, 2011 Da 39946 über Bummelarbeit und Lohn, Arbeitsrecht 50 (6.2014), S. 305ff.

134

Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Bei der Bezahlung des Arbeitslohns im Juli, August und September hatte die Beklagte den Lohn entsprechend der durch die Bummelarbeit verlorenen Zeit gemindert. Während dieses Zeitraums im Jahr 2007 betrug der Umsatz der Beklagten verglichen mit dem gleichen Zeitraum im Jahr 2006 nämlich durchschnittlich nur 16.91 % des damaligen Umsatzes. Die Beklagte kalkulierte bei der Lohnminderung zunächst einen Zeitlohn, obwohl dieser nicht vereinbart worden war. Auf Grundlage dieses Zeitlohns wurden die Löhne der Klägerinnen nach Maßgabe der durch Bummelarbeit verlorenen Zeit herabgesetzt. Die Bummelarbeit wurde als Nichterfüllung angesehen. Die 57 Arbeitnehmerinnen erhoben gegen die Beklagte (Kyungnam) Klage, mit dem Ziel, die Minderung des Lohns aufzuheben und den wegen der Lohnminderung noch nicht gezahlten Lohn zu erhalten. Tabelle 3. Monatliche Umsätze der Beklagten im Vergleich zwischen dem Jahr 2006 und 2007928 Juni

Juli

August

September

Oktober

Jahr 2006 31.7 35.1 31.8 33.1 30.0 Jahr 2007 30.3 9.4 3.3 4.5 14.4 Vergleich 95.58 % 26.78 % 10.37 % 13.59 % 48 % Legende: Umsatz in 100 Millionen Won. 1.271,49 Won entsprechen dem Wert von 1 Euro (2. 11. 2016).

1.

Schwerpunkte in diesem Urteil

In diesem Urteil klärte der oberste Gerichtshof in Korea (KOGH) schwerpunktmäßig drei Fragen. Erstens beurteilte er, ob die Lohnansprüche der Klägerinnen während der Streikzeit begründet sind und, wenn sie begründet sind, ob die Beklagte die Löhne der Klägerinnen aufgrund ihrer Schlechtleistung mindern kann.929 § 44 Abs. 1 GewArbSG (Gesetz über Gewerkschaft und Schlichtung des Arbeitsverhältnisses) regelt, dass der Arbeitgeber sich nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer, der am Arbeitskampf beteiligt ist, während des Arbeitskampfes Lohn zu zahlen.930 Zweitens beurteilte der KOGH die Frage, ob die Methode der Lohnminderung der Beklagten richtig ist. Die Beklagte errechnete die Lohnminderung aufgrund des Zeitlohns nach Maßgabe der 928 Die Tabelle ist von Ho-Chang No übernommen. S. Ho-Chang No, Überprüfung vom obersten Gericht in Korea, 28. 11. 2013, 2011 Da 39946 über Bummelarbeit und Lohn, Arbeitsrecht 50 (6.2014), S. 307. 929 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 1. 930 § 44 GewArbSG: »(Prohibition of Demand for Wages Payment during Period of Industrial Actions) (1) An employer shall have no obligation to pay wages during a period of industrial actions to workers who did not provide labor because of their participation in industrial actions. (2) A trade union shall not conduct industrial actions in order to demand and secure wages payment for a period of industrial actions.«

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

135

Streikzeit unter Berücksichtigung der Änderung der gesamten Produktivität.931 Drittens wurde in dem Urteil geklärt, ob auch der Lohn der Vollzeit-Gewerkschaftsfunktionäre932 entsprechend der durchschnittlichen Streikzeit der Klägerinnen zu mindern ist.933 Außer dieser drei Fragen werden im Folgenden keine anderen Schwerpunkte bezüglich des Arbeitsrechts näher beleuchtet, weil sich das Thema dieser Arbeit auf den vertragsrechtlichen Aspekt beschränkt.

2.

Bummelstreik und Lohnanspruch

Zur Beantwortung der Fragen in diesem Urteil muss zunächst die Bedeutung eines Bummelstreiks geklärt werden. Unter einem Bummelstreik versteht man ein Arbeitskampfmittel, bei dem die Arbeitnehmer schlecht leisten, um die von der Gewerkschaft festgelegten Ziele, z. B. Erhaltung oder Verbesserung der Arbeitsbedingungen, zu erreichen.934 Die Leistung muss dabei dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen und der Arbeitnehmer darf den Arbeitsplatz nicht verlassen. Der Arbeitnehmer übt seine Leistungskompetenz im Rahmen seines Ermessensspielraums bezüglich der Leistung in verlangsamter Weise und unvollständig aus. Somit liegt eine teilweise Pflichtverletzung vor, die Arbeitseffizienz wird im Vergleich zum optimalen oder durchschnittlichen Fall beeinträchtigt.935 In Korea ist der Bummelstreik in der Form von »Dienst nach Vorschrift«936 als eine Vorwarnungsmethode beliebt, weil die Gewerkschaft dadurch die gesellschaftliche Stimmung gegen den Streik vermeidet und kein Risiko trägt, den Schaden ersetzen zu müssen, der aufgrund der rechtswidrigen Pflichtverletzungen im Zuge des Streiks verursacht zu werden pflegt.937 Weil der Bummelstreik keine vollständige Pflichtverletzung darstellt, wird die Gewerkschaft nur in sehr wenigen Fällen angeklagt. Daher gab es in Korea vor diesem kein anderes 931 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 2 und 3. 932 Zum Vergleich der Vollzeit-Gewerkschaftsfunktionäre in Korea mit den Vertrauensleuten in Deutschland s. Kwi Cheon Park, Gewerkschaftliche Vertrauensleute in Deutschland, Ewha law jounal Vol. 18 No. 3 (2014), S. 294ff.; Ki Woo Kim, Überprüfung des Instituts über gewerkschaftliche Fachreferenten in USA und Deutschland, Jounal of Labor Vol. 2008 No. 12 (2008), S. 17ff. 933 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 4. 934 Vgl. Müller/Preis, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (7. Aufl. 2009), Zweiter Abschnitt Kollektives Arbeitsrecht Rn. 144ff. 935 ErfK/Linsenmaier (16. Aufl. 2016), GG Art. 9 Rn. 273f. Vgl. BGH, Urteil vom 31. 1. 1978 – VI ZR 32/77, NJW 1978, 816. 936 Hierzu s. MünchArbR/Ricken (3. Aufl. 2009), § 193 Rn. 6. 937 Ho-Chang No, Überprüfung vom obersten Gericht in Korea, 28. 11. 2013, 2011 Da 39946 über Bummelarbeit und Lohn, Arbeitsrecht 50 (6.2014), S. 300; Yoo-Sung Kim, Arbeitsrecht, Band 2 (1999), S. 246.

136

Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Urteil des obersten Gerichtshofes über den Bummelstreik.938 Der Bummelstreik ist freilich als Druckmittel weniger stark als andere Streikarten, weil die Arbeitnehmer an den Arbeitsstellen anwesend sind und dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen bleiben.939 Dennoch bringt der strenge Bummelstreik den Betrieb zum Erliegen.940 Für den Lohnanspruch im Fall des Streiks regelt das GewArbSG das Grundprinzip »ohne Arbeit kein Lohn«. Nach § 44 Abs. 1 GewArbSG ist der Arbeitgeber dem am Arbeitskampf beteiligten Arbeitnehmer während der Zeit des Arbeitskampfes nicht zur Lohnzahlung verpflichtet. Dabei regelt § 2 Nr. 6 GewArbSG, dass vom Begriff des »Arbeitskampfes« der Streik, der »Bummelstreik«, die Aussperrung und alle anderen Handlungen der Parteien im Arbeitsverhältnis umfasst sind, die den normalen Betrieb stören oder diese Störungshandlungen verhindern wollen, um ihr Ziel zu erreichen.941 Überdies ist von der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass dem Arbeitnehmer der Lohnanspruch nicht zusteht, wenn die Hauptleistung des Arbeitnehmers, nämlich die versprochene Arbeit, nicht verrichtet wird, es sei denn, aus dem Tarifvertrag bzw. der Arbeitsordnung, den besonderen Vereinbarungen oder der Verkehrssitte im Arbeitsfeld ergibt sich etwas anderes.942 Bei der Anwendung dieses Grundprinzips »ohne Arbeit kein Lohn« sei es gleichgültig, ob das Prinzip gesetzlich geregelt ist oder nicht.943 Konsequenterweise hat der KOGH das Grundprinzip »ohne Arbeit kein Lohn« auf den Fall des Bummelstreiks angewendet, da der KOGH die Ansicht vertritt, dass beim Bummelstreik die Hauptleistung der am Streik beteiligten Arbeitnehmer in qualitativer Weise zum Teil nicht erfüllt wird.944 a.

Einordnung der Bummelarbeit: Schlechtleistung, Teilleistung oder Nichtleistung Um die Frage der Lohnminderung zu beantworten, muss zunächst bestimmt werden, ob die Bummelarbeit eine Schlecht-, Teil- oder Nichtleistung darstellt. Wie oben erläutert, kann die weisungswidrige aliud Leistung beim zeitbezoge938 Ausnahmsweise wurde ein Fall vom KObGH beurteilt. Vgl. KObGH in Seoul, Urteil vom 27. 3. 2009, 2008 Na 71577. 939 S. ErfK/Linsenmaier (16. Aufl. 2016), GG Art. 9 Rn. 274. 940 Müller/Preis, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (7. Aufl. 2009), Zweiter Abschnitt Kollektives Arbeitsrecht Rn. 144. 941 § 2 Nr. 6 GewArbSG: »(Definitions) The term »industrial actions« means actions or counter-actions which obstruct the normal operation of a business, such as strikes, sabotage, lock-outs, and other activities through which the parties to labor relations intend to accomplish their claims.« 942 KOGH, Urteil vom 21. 12. 1995, 94 Da 26721; KOGH, Urteil vom 24. 12. 2009, 2007 Da 73277. 943 KOGH, Urteil vom 21. 12. 1995, 94 Da 26721. 944 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 1.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

137

nen Dienstvertrag als Schlechtleistung behandelt werden, hingegen kann die Leistung eines Total-aliud945 einer Nichtleistung gleichgesetzt werden.946 Um die Minderung anzuwenden, bedarf es der Qualifizierung der Leistung als Schlechtoder Teilleistung. Bei der Nichtleistung ist die Frage nach der Anwendbarkeit der Minderung von Anfang an zu verneinen. In diesem Urteil des KOGH wird die Einordnung der mangelhaften Leistung jedoch nicht klar ausgeführt. Es wird nicht ausdrücklich Stellung genommen, ob die Bummelarbeit als Schlechtleistung oder als Teilnichtleistung bzw. Teilleistung einzuordnen ist. Der Grund dafür liegt in der Unvollständigkeit der Regelungen bezüglich der Leistungsstörungstypen im KBGB.947 Vielmehr führt die Urteilsbegründung zu einem bestimmten Gesetz, nämlich zu § 44 Abs. 1 i. V. m. § 2 Nr. 6 GewArbSG.948 Der vom KOGH gewählte Ausdruck ist sogar irreführend: Er gibt an, dass die Erbringung der Arbeit durch den Bummelstreik, der eine »Schlechterfüllung« darstelle, »teilweise gehemmt« werde.949 Wenn der Gerichtshof damit die zeitliche Teilleistung (Nichtleistung während der Streikzeit) gemeint hat, folgt daraus nicht die Konsequenz, die Minderung im Fall der Schlechtleistung anzuwenden. Hingegen kann die Anwendbarkeit der Minderung im Fall der Schlechtleistung aus dem Urteil gefolgert werden, wenn der Gerichtshof eine Schlechtleistung angenommen hat. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass der KOGH die Schlechtleistung als eine qualitative Teilleistung betrachtet hat, wodurch die weitere Unterscheidung zwischen Schlecht- und Teilleistung entbehrlich würde. Abgesehen davon fand der Begriff der »Schlechterfüllung« in Bezug auf die Bummelarbeit in diesem Urteil fortlaufend Anwendung. Die Beantwortung der Frage nach dem Leistungsstörungstyp muss der KOGH bei der Beurteilung dieses Falls als irrelevant angesehen haben. Auf den ersten Blick scheint dies richtig. Denn anders als das BGB öffnet das KBGB im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag den Weg zur Minderung.950 Die Minderung beim Dienstvertrag ist von der Rechtsprechung anerkannt.951 Eine gesetzgeberische Entscheidung zum Ausschluss der Minderung beim Dienstvertrag im Fall einer Schlechtleistung gibt es im KBGB nicht.952 Dementsprechend besteht keine Notwendigkeit in Bezug auf die Minderung Schlechtleistung und Teilleistung voneinander abzugrenzen. Thematisiert wird vielmehr wie die Minderung zu 945 946 947 948 949 950 951 952

Hierzu s. Lorenz, JuS 2003, 36, 37. S. o. Zweiter Teil § 3 II 3 c. S. o. Zweiter Teil § 3 I 1 b. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 1 1. Absatz. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 1 1. Absatz. S. § 567 KBGB. Vgl. KObGH in Seoul, Urteil vom 27. 3. 2009, 2008 Na 71577. Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 223.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

berechnen ist,953 weil der Dienstverpflichtete keinen Erfolg schuldet, der bei der Berechnung des Minderwerts als Vergleichsgrundlage dienen kann.954 Folgerichtig tritt die Bemessungsschwierigkeit der Minderung auf. Trotzdem ist die Abgrenzung der Schlechtleistung von der Teilleistung für die Anwendung der Minderung notwendig. Denn das Fehlen der Bemessungsgrundlage des Minderwerts führt natürlich zu Komplikationen der Interessenlage bei der Berechnung der Minderung im Rahmen des Synallagmas. Der Grund zur Abgrenzung der Schlechtleistung von der Teilleistung liegt genau darin, die unnötige Verkomplizierung der Interessenlage zu vermeiden. Als Grundlage für die Berechnung des Minderungsbetrags dienen beispielsweise die Leistungszeit oder die Menge der Leistungssubstrate, welche mit der Eigenschaft der »Teilbarkeit« verbunden sind. Die nach dieser Grundlage berechenbare Leistung wird als Teilleistung eingeordnet. Demnach muss die ohne Weiteres berechenbare Teilleistung vorab abgespalten werden. Auch wenn ein Gesetz, wie das KBGB, diese Unterscheidung nicht ausdrücklich vorsieht, ist sie natürlicherweise im Fall der Minderung vorausgesetzt. Erst nach Abgrenzung von Teilund Schlechtleistung wird der Kern der Bemessungsproblematik deutlich. Die Bemessungsschwierigkeit des Minderwerts bezieht sich nur auf die Schlechtleistung. In diesem Sinne führte die undeutliche Einordnung der mangelhaften Leistung bei diesem Urteil zur Verkomplizierung der Interessenlage und zum Verlust der Überzeugungskraft der Argumente.955

b. Falsche Begründungen für Minderung bei Bummelarbeit Zu Recht ging der KOGH davon aus, dass die Minderung im Prinzip nach Maßgabe der »Leistungsvollständigkeit« berechnet werden muss.956 Somit wurde die Frage, inwieweit die Leistung in diesem Fall unvollständig ist, zur zentralen Frage, um den Minderungsbetrag zu berechnen. Weil es keinen Tarifvertrag und keine Arbeitsordnungen in Bezug auf die Schlechtleistung und Minderung gab, musste das Gericht den allgemein geltenden vertragsrechtlichen Maßstab feststellen und anwenden. Der Minderungsbetrag musste sogar für jeden einzelnen Arbeitnehmer unterschiedlich berechnet werden. In einem nächsten Schritt wurde jedoch dieser Weg zur Minderungsberechnung vom Gericht verweigert. Dem Gericht schien es mit Rücksicht auf einzelne Umstände rationaler, den Minderungsbetrag nicht nach Maßgabe der Unvollständigkeit 953 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3. 954 Zur Berechnung der Minderung s. u. Dritter Teil § 4 III 1. 955 Zur im Ergebnis gleichen Ansicht s. Ho-Chang No, Überprüfung vom obersten Gericht in Korea, 28. 11. 2013, 2011 Da 39946 über Bummelarbeit und Lohn, Arbeitsrecht 50 (6.2014), S. 312ff. 956 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3.

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der Leistung, sondern nach Maßgabe der »Zeit der Bummelarbeit« zu bestimmen. Dies wurde folgendermaßen begründet: Erstens mussten die Klägerinnen ihre Dienste kooperativ erbringen. Deswegen sei es von vornherein unmöglich, die Unvollständigkeit der Leistung für die einzelnen Klägerinnen differenziert zu beurteilen. Die Schlechtleistung einer Klägerin beeinflusse die Leistungsvollständigkeit der anderen in einer kooperativen Arbeitsstruktur direkt. Ein möglicher Weg zur Bemessung der Leistungsvollständigkeit sei es, sie anhand der gesamten Produktivität während der Streikzeit zu messen.957 Zweitens scheint es für das Gericht hier klar zu sein, dass für den Produktivitätsausfall außer des Bummelstreiks keine anderen Gründe vorliegen.958 Drittens kann nach Ansicht des Gerichts angenommen werden, dass die Bummelarbeit in diesem Fall als Nichtleistung zu bewerten ist. Denn die monatliche Arbeitsproduktivität wurde um 75 % bis zu 90 % reduziert, obwohl die längste Streikzeit monatlich zwischen 20 % und 66 % der geschuldeten Arbeitszeit betrug. Wegen dieser Unverhältnismäßigkeit zwischen Streikzeit und Produktivitätsausfall und wegen der kooperativen Arbeitsstruktur sah es das Gericht als gerecht an, die Unvollständigkeit der Arbeit auf ungefähr 100 % festzulegen.959 Viertens nahm das Gericht an, dass diese Lohnminderung nach Maßgabe der Streikzeit für die Klägerinnen vorteilhafter ist als für den Umsatzverlust der Beklagten Schadensersatz zu leisten.960

Im Ergebnis erlaubte das Gericht die Minderung zu Recht. Irreführend sind jedoch die Begründungen. Zunächst geht der KOGH richtigerweise davon aus, dass die Bummelarbeit eine Schlechtleistung ist und die Minderung anhand der Leistungsunvollständigkeit der einzelnen Klägerin bemessen werden muss.961 Jedoch wurde dieser Ansatzpunkt vom Gericht im nachfolgenden Satz selbst verweigert, weil die kooperative Arbeitsstruktur die Bemessung der Leistungsvollständigkeit der einzelnen Klägerinnen erschwere.962 Das Gericht schlug einen alternativen Weg ein. Es bemaß den Minderungsbetrag anhand der Produktivität, obwohl der Arbeitnehmer keine bestimmte Produktivität schuldet (Erste Begründung). Daraus ergibt sich die Frage nach der Zurechenbarkeit des entstandenen Produktivitätsausfalls (Zweite Begründung).963 Durch die Beantwortung dieser Frage versuchte das Gericht, die Kausalität und Verhältnismäßigkeit zwischen Leistungsvollständigkeit und Produktivität festzustellen. Der vom Gericht gewählte Weg ist jedoch nicht überzeugend. Die kooperative Eigenschaft der Arbeitsstruktur stellt ein Organisations- sowie Betriebsrisiko 957 958 959 960 961 962 963

KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (1). KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (2). KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (3). KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (4). KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (1). KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (2).

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

dar, das vom Arbeitgeber zu übernehmen ist. Die rechtliche Bewertung der Leistungsvollständigkeit des Arbeitnehmers darf durch diese Kooperation nicht zu seinem Nachteil ausfallen, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer diese Eigenschaft zum Zeitpunkt der Erfüllung zur Kenntnis genommen hat oder nicht. Es gibt keinen Grund, warum der Arbeitnehmer, der fast 90 % von seinen Verpflichtungen erfüllt hat, wegen der kooperativen Arbeitsstruktur die nachteilige Bewertung von z. B. 70 % oder 60 % der Leistungsvollständigkeit erhalten soll. Die Kooperation und die Produktivität sind Außenfaktoren, die der Arbeitnehmer nicht beeinflussen kann und will. Der Arbeitnehmer trägt hierfür kein Risiko. Vielmehr bezieht sich die kooperative Arbeitsstruktur auf die Produktivität. Eine kooperative Arbeitsstruktur ist ein vonseiten des Arbeitgebers vorgegebenes betriebliches System, das die Produktivität der Arbeitnehmer steigert. Genauer hätte es im Urteil heißen müssen, dass die kooperative Eigenschaft der Arbeitsstruktur für die Minderungsberechnung ausschlaggebend ist, weil die Produktivität als ein Maßstab zur Minderung herangezogen worden ist. Die Erklärung des Gerichts, dass die Produktivität als ein Maßstab zur Minderung angenommen werden müsse, weil die kooperative Eigenschaft der Arbeitsstruktur die Feststellung der einzelnen Leistungsvollständigkeit störe, ist falsch und sogar gegen alle Logik. Aus der kooperativen Eigenschaft der Arbeitsstruktur folgt eher ein Korrekturbedürfnis bei der Minderungsberechnung, falls die Minderung nach Maßgabe der Produktivität berechnet wird. Denn diese Eigenschaft stört die Proportionalität zwischen Produktivität und Leistungsvollständigkeit. Weil der Ansatzpunkt zur Berechnung des Minderungsbetrages in diesem Urteil falsch war, war die weitere Begründung ebenfalls unzutreffend. Darin hieß es, dass die Bummelarbeit der Klägerinnen während der Streikzeit als Nichtleistung zu bewerten sei. Als Grund dafür zeigte das Gericht die Tatsache auf, dass die monatliche Produktivität um bis zu 90 % gesunken war, obwohl die monatliche Arbeitszeit wegen des Streiks nur um bis zu 66 % gekürzt wurde. Das Gericht nahm wahrscheinlich an, wenn die Klägerinnen in einem Monat während der um 66 % gekürzten Arbeitszeit vollkommen nicht geleistet haben (Nichtleistung), müsse die Produktivität in diesem Monat um circa 66 % herabgesetzt sein. Wäre die Bummelarbeit eine Schlechtleistung, müsste die Produktivität höher sein als im Fall der Nichtleistung. Aus dieser Annahme folgte die Beurteilung, dass die Bummelarbeit der Klägerinnen der Nichtleistung gleichgesetzt werden müsse (Dritte Begründung). Jedoch beruht das tatsächliche Ergebnis, die um 90 % gesunkene Produktivität, nicht nur auf der Unvoll-

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ständigkeit der Leistungen, sondern kann auch Resultat der kooperativen Arbeitsstruktur sein.964 Jedenfalls ist die Produktivität kein passender Maßstab für die Bemessung der Minderung. Wenn die Produktivität bei der Minderung als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, weil kein anderer Berechnungsmaßstab existiert, ist dieser Maßstab mit entsprechender Vorsicht und Sorgfalt anzuwenden, da die Produktivität nur ein Indiz für die Leistungsvollständigkeit ist.965 Beispielsweise beeinträchtigt die kooperative Arbeitsstruktur das Verhältnis zwischen Produktivität und Leistungsvollständigkeit. Ist, wie in diesem Urteil, die Proportionalität zwischen Produktivität und Leistungsvollständigkeit erheblich gestört, darf die Produktivität nicht als Minderungsmaßstab herangezogen werden. Trotzdem nahm das Gericht fälschlicherweise an, dass die Produktivität ein angemessener Maßstab zur Minderungsberechnung sei und zog diese Annahme auch nicht in Zweifel. c. Angemessene Einordnung der Bummelarbeit und Minderungsberechnung Das Gericht hat die Bummelarbeit der Klägerinnen im Ergebnis als Nichtleistung eingeordnet. Dadurch wurde die Frage ausgeschlossen, wie die Minderung im Fall einer Schlechtleistung berechnet werden muss. Die anfängliche Problematik der Minderung im Fall der Schlechtleistung wurde plötzlich umformuliert in die Problematik der Minderung im Fall der Teilleistung. Der anfängliche Maßstab zur Minderung, die Produktivität, wurde durch einen anderen Maßstab, die Arbeitszeit, ersetzt. Dadurch war die Bemessungsschwierigkeit der Minderung beim Dienstvertrag zwar überwunden, jedoch nicht hinreichend und schlüssig begründet. Ein anderes Ergebnis ist in diesem Fall angemessener. Die ursprünglich geschuldete Arbeit ist die Leistung eines zeitbezogenen Dienstvertrages. Die Bummelarbeit ist als Schlechtleistung einzuordnen, weil die langsame Arbeit einen qualitativen Mangel darstellt. Die Leistungen der Klägerinnen bestehen aus zwei Teilen; einerseits der ordnungsgemäßen Leistung außerhalb der Streikzeit, andererseits der Schlechtleistung während der Streikzeit (Teilschlechtleistung).966 Daher ist die Minderung nach Zeiteinheit zunächst anwendbar, wenn die Schlechtleistung im Ergebnis nicht vergütet würde, weil die zeitliche Teilbarkeit zwischen beiden Leistungstypen (die ordnungsgemäße 964 Nach Ansicht des Gerichts existiert kein Grund für die gesunkene Produktivität außerhalb der kooperativen Arbeitsstruktur und des Bummelstreiks (Zweite Begründung und Dritte Begründung). 965 Zum Anscheinsbeweis s. GMP/Prütting (8. Aufl. 2013), ArbGG § 58 Beweisaufnahme Rn. 64ff., 67. 966 Zur teilweisen Schlechtleistung s. Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. C7; Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 241ff.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Leistung außerhalb der Streikzeit und die Schlechtleistung in Form der Bummelarbeit während der Streikzeit) ohne Weiteres denkbar ist. Die entscheidende Frage ist, wie der Teil der Schlechtleistung in diesem Fall behandelt werden soll. Wie oben ausgeführt, ist die Schlechtleistung von der Nichtleistung dadurch abzugrenzen, ob die erbrachte Leistung noch zur Erreichung eines nach dem Vertrag vorausgesetzten Zwecks tauglich ist.967 Die Zwecktauglichkeit beim zeitbezogenen Dienstvertrag wird insbesondere dadurch bestimmt, ob der Dienstverpflichtete noch durch den weisungsberechtigten Gläubiger kontrolliert wird und somit die Dienste vom Dienstberechtigten gesteuert werden können. Das tatsächliche Interesse des Dienstberechtigten, wie die Produktivität, bleibt außer Betracht, weil es nicht vertraglich garantiert ist. In diesem Fall hatte die Beklagte noch das Weisungsrecht, auch wenn die Klägerinnen die Weisungen nicht vollständig befolgt haben. Die Beklagte hat die Annahme der Leistung nicht verweigert und die Klägerinnen während der Streikzeit nicht ausgesperrt, obwohl sie weisungswidrig gearbeitet haben.968 Deshalb sind die weisungswidrig erbrachten Dienste in einem ersten Schritt als aliud Leistung einzuordnen.969 In der Regel ist die weisungswidrige aliud Leistung beim zeitbezogenen Dienstvertrag als Schlechtleistung zu qualifizieren.970 In bestimmten Fällen kann die weisungswidrige aliud Leistung beim zeitbezogenen Dienstvertrag aber auch als Nichtleistung bewertet werden.971 In dem vorliegenden Fall jedoch liegt kein Grund vor, die weisungswidrige aliud Leistung als Nichtleistung zu betrachten. Die Klägerinnen arbeiteten zwar unvollständig, jedoch so, dass der vertragliche Zweck erfüllt werden konnte und sie unterlagen auch dem Weisungsrecht der Beklagten. Es lag keine wesentliche Weisungsverweigerung vor. Die Abweichung der Leistungsidentität der erbrachten Leistung ist unerheblich und auch lehnte die Beklagte die Leistungen nicht ab. Die (weisungswidrigen) Bummelarbeiten der Klägerinnen während der Streikzeit stellen letztlich also eine Schlechtleistung dar. Das Ergebnis dieser Einordnung der Bummelarbeit unterscheidet sich erheblich von dem des Urteils. Anders als im Urteil ist die Minderung nach Maßgabe der Streikzeit unzulässig, weil die Einordnung des Bummelstreiks als Schlechtleistung bedeutet, dass die Klägerinnen auch während der Streikzeit 967 S. o. Zweiter Teil § 3 II 2. Zur Rolle des Zwecks bezüglich des Schadensersatzanspruchs s. auch Canaris, JZ 2001, 499, 513. 968 In diesem Fall wäre die Verweigerung der Annahme der Leistung sowie die Aussperrung für den Arbeitgeber die beste Methode gewesen, um sein Interesse zu schützen. S. Jong-Ryul Lim, Arbeitsrecht (2012), S. 246. 969 Zur aliud Leistung, s. o. Zweiter Teil § 3 II 3. 970 S. o. Zweiter Teil § 3 II 3 c. 971 S. o. Zweiter Teil § 3 II 3 a.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

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gearbeitet haben. Das Prinzip »ohne Arbeit kein Lohn« darf in diesem Fall nicht angewendet werden, weil die Voraussetzung »ohne Arbeit« nicht erfüllt ist. Ein möglicher Weg zur Minderung nach Maßgabe der Streikzeit wäre die strikte Anwendung des § 44 Abs. 1 GewArbSG. Nach § 44 Abs. 1 GewArbSG braucht der Arbeitgeber für den Zeitraum des Arbeitskampfes den Lohn nicht zu bezahlen, wenn sich der Arbeitnehmer an dem Arbeitskampf (einschließlich des Bummelstreiks) beteiligt und seine Leistung »nicht« erbracht hat.972 Die Rechtsprechung und herrschende Lehre vertreten, dass diese Vorschrift das Prinzip »ohne Arbeit kein Lohn« widerspiegelt.973 Der Lohn wird genau nach der entsprechenden Zeiteinheit gekürzt. Bei der Auslegung dieser Vorschrift tritt jedoch wieder die anfängliche Frage auf, ob die Klägerinnen während des Bummelstreiks ihre Leistung »nicht« erbracht haben. Denn begrifflich gehört der Bummelstreik zum Arbeitskampf,974 währenddessen nach § 44 Abs. 1 GewArbSG kein Lohnanspruch besteht, obgleich die Bummelarbeit keine Nichterfüllung ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Bummelarbeit entweder in quantitativer Weise oder in qualitativer Weise »keine Arbeit« ist. Dies verstößt jedoch gegen jede Logik. Der KOGH bestätigt in seinem Urteil ausdrücklich, dass die Bummelarbeit eine schlechte, jedoch »eine Arbeit« ist.975 Auch wenn die Bummelarbeit eine qualitative Teilleistung, also keine Arbeit in qualitativer Weise wäre, ist die vollständige Lohnkürzung nach Zeiteinheit wie im Fall der zeitlichen Teilleistung zumindest nicht gerechtfertigt. Denn der Arbeitnehmer hat, wenn auch nicht in vollständiger Weise, »gearbeitet«. Deswegen behauptet eine Ansicht, dass § 44 Abs. 1 GewArbSG und mithin das Prinzip »ohne Arbeit kein Lohn« im Fall der Bummelarbeit nicht angewendet werden solle.976 Nach dieser Ansicht ist die Minderung im Fall der Bummelarbeit nicht nach Maßgabe der Streikzeit, sondern nur nach Maßgabe der Leistungsvollständigkeit anwendbar.977

972 § 44 Abs. 1 i. V. m. 2 Nr. 6 GewArbSG. 973 S. o. Zweiter Teil § 3 III 2 b. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 1. S. auch Hyung-Bae Kim, Arbeitsrecht (2011), S. 990. Hingegen wird die Gleichstellung von § 44 Abs. 1 GewArbSG und dem Prinzip »ohne Arbeit kein Lohn« in der Literatur bezweifelt. S. Jong-Ryul Lim, Arbeitsrecht (2012), S. 241. 974 § 2 Nr. 6 GewArbSG. 975 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (3). Vgl. auch Ho-Chang No, Überprüfung vom obersten Gericht in Korea, 28. 11. 2013, 2011 Da 39946 über Bummelarbeit und Lohn, Arbeitsrecht 50 (6.2014), S. 312ff. 976 Hyung-Bae Kim, Arbeitsrecht (2011), S. 990; Ho-Chang No, Überprüfung vom obersten Gericht in Korea, 28. 11. 2013, 2011 Da 39946 über Bummelarbeit und Lohn, Arbeitsrecht 50 (6.2014), S. 312ff. 977 Hyung-Bae Kim, Arbeitsrecht (2011), S. 990. Für das gleiche Resultat, jedoch mit anderen Begründungen s. Jong-Ryul Lim, Arbeitsrecht (2012), S. 246.

144 3.

Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

Beweislast und Leistungsvollständigkeit

Wenn die Bummelarbeit als Schlechtleistung einzustufen wäre, würde die Bestimmung der Leistungsvollständigkeit den Schwerpunkt dieses Urteils darstellen. Diese zu bemessen ist jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.978 Die quantitative Vollständigkeit der Leistung ist dank der »Teilbarkeit« von der Bemessungsschwierigkeit nicht betroffen. Anders als die quantitativ unvollständigen Dienste sind die qualitativ unvollständigen Dienste schwer fassbar, weil die Unvollständigkeit der Dienste nur auf zwei Arten bewiesen werden kann: durch das unvollständige Resultat sowie das beeinträchtigte Interesse des Dienstberechtigten und die Pflichtverletzung des Dienstverpflichteten. Ersteres wird häufig als Maßstab zur Minderungsberechnung angewendet, letztere hingegen bildet die Eintrittsschwelle zur Minderung, zum Rücktritt und zum Schadensersatzanspruch. Die Leistungsergebnisse sind jedoch ein Indiz für unvollständige Leistung. Aus der gesunkenen Produktivität sowie dem entfallenen Umsatz folgt nicht direkt die Unvollständigkeit der Leistung. Um die Leistungsergebnisse als Maßstab der Leistungsvollständigkeit anzuwenden, muss daher bewiesen werden, dass die betroffenen Leistungsergebnisse tatsächlich aus der Schlechtleistung beim Dienstvertrag folgen und nicht auch bei ordnungsgemäßer Leistung bestehen würden.979 Wenn dies nicht bewiesen wird, dürfen die Leistungsergebnisse nicht als Maßstab der Minderung angenommen werden. Die Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen ist hier nicht anwendbar, weil die Leistungsergebnisse nicht im Gefahrenbereich des Dienstverpflichteten liegen.980 Für die Beweiswürdigung wird der Anscheinsbeweis angewendet, es sei denn, der Gegenbeweis des Beweisgegners erschüttert die Überzeugung des Gerichts.981 Darüber hinaus muss die Verhältnismäßigkeit zwischen der Fehlerhaftigkeit der Leistungsergebnisse und der Unvollständigkeit der Leistung bewiesen werden. Falls ein außervertraglicher Faktor gegeben ist, der diese Verhältnismäßigkeit stört, wie etwa die kooperative Eigenschaft der Arbeitsstruktur, muss er bei der Berechnung des Minderungsbetrags sorgfältig berücksichtigt werden, um die Proportionalität der Minderung wiederherzustellen.

978 Dazu s. u. Dritter Teil § 5 I 3. 979 Zur abgestuften Darlegungslast s. BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48; BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, NZA 2008, 693. 980 S. Larenz, FS Hauß (1978), 225; Löwisch, NZA 2001, 465, 466; Krause, RdA 2013, 129, 136; MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 490f. 981 Krause, RdA 2013, 129, 137; MüKoZPO/Prütting (5. Aufl. 2016), ZPO § 286 Rn. 48ff. und 65.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

145

a. Beweislast Im Regelfall trägt der Schuldner die Beweislast für die ordnungsgemäße Erfüllung und das Erlöschen des Schuldverhältnisses.982 Hingegen trägt der Gläubiger die Beweislast,983 wenn der Schuldner eine Unterlassungspflicht984 oder eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht verletzt.985 Falls der Dienstberechtigte die erbrachten Dienste als Erfüllung angenommen hat, muss er die Unvollständigkeit der Dienste beweisen.986 Die Beweislast wird in diesem Fall umgekehrt, der Schuldner braucht somit nicht zu beweisen, die ordnungsgemäße Leistung erbracht zu haben.987 Der Wille, die Leistung als Erfüllung anzunehmen, wird durch das Verhalten des Gläubigers erkennbar.988 Außerdem trägt der Gläubiger die Beweislast für die Tatsache, die seinen Anspruch begründet, wie die Mangelhaftigkeit der Leistung oder die Beeinträchtigung des Leistungsinteresses.989 Dies gilt auch im Minderungsprozess beim Dienstvertrag, sodass der Dienstberechtigte die Tatsache beweisen muss, die den Anspruch auf Minderung begründet.990 Folgerichtig musste die Beklagte in diesem Fall die Unvollständigkeit der Leistung der Klägerinnen beweisen.991 Um die Unvollständigkeit der Leistung darzulegen, musste die Beklagte auch den Maßstab benennen, an dem die Unvollständigkeit festgestellt wurde. Nach dem Sachverhalt dieses Urteils wurden die Arbeiten der Klägerinnen von der Beklagten als Erfüllung angenommen. Die Beklagte hat die Klägerinnen während der Dauer des Bummelstreiks nicht 982 S. MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 363 Rn. 1; Staudinger/Olzen (2016), BGB 363 Rn. 4; Staudinger/Olzen (2016), BGB § 362 Rn. 50ff. Vgl. BGH, Urteil vom 29. 1. 1969 – IV ZR 545/68, NJW 1969, 875; BGH, Urteil vom 24. 4. 1982 – IV a ZR 303/80, NJW 1982, 1516, 1517; BGH, Urteil vom 17. 12. 1992 – III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1706; BGH, Urteil vom 2. 6. 2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299, 2300; BGH, Urteil vom 11. 2. 2009 – VIII ZR 274/ 07, NJW 2009, 1341, 1342. 983 BGH, Urteil vom 4. 6. 1996 – IX ZR 246/95, NJW 1996, 2571, 2572; BGH, Urteil vom 25. 3. 1999 – IX ZR 283/97, NJW 1999, 2437; BGH, Urteil vom 27. 6. 2000 – XI ZR 174/99, DStR 2000, 1879, 1880; BGH, Urteil vom 24. 1. 2006 – XI ZR 320/04, NJW 2006, 1429; BGH, Urteil vom 11. 10. 2007 – IX ZR 105/06, NJW 2008, 371, 372; BGH, Urteil vom 13. 6. 2008 – V ZR 114/07, NJW 2008, 2852, 2853. 984 Vgl. § 345 BGB. Staudinger/Olzen (2016), BGB § 362 Rn. 51. 985 Vgl. § 241 Abs. 2 BGB. MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 363 Rn. 1. 986 Vgl. § 363 BGB und § 292 ZPO. Zur Erhöhung der Substantiierungslast des Dienstverpflichteten dagegen s. Weller, Persönliche Leistung (2012), S. 488f. 987 MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 363 Rn. 4; Weller, Persönliche Leistung (2012), S. 488f. 988 MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 363 Rn. 3. 989 MünchKomm/Fetzer (7. Aufl. 2016), BGB § 363 Rn. 1; BGH, Urteil vom 2. 6. 2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299, 2300. 990 Vgl. BGH, Urteil vom 20. 3. 1986 – IX ZR 42/85, NJW 1986, 2426, 2427; BGH, Urteil vom 13. 11. 1998 – V ZR 386/97, NJW 1999, 352, 353; BGH, Versäumnisurteil vom 26. 3. 1999 – V ZR 368/97, NJW 1999, 2034, 2035. 991 Staudinger/Olzen (2016), BGB § 362 Rn. 50; Staudinger/Olzen (2016), BGB § 363 Rn. 1.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

ausgesperrt, auch wenn sie die Weisung der Beklagten bezüglich der Leistungserfüllung nicht befolgten. Im Ergebnis musste die Beklagte die Beweislast für die Unvollständigkeit der Leistung tragen. Diese Beweislastumkehr beeinflusst jedoch nicht die materiellen Rechte des Gläubigers, die wegen der unvollständigen Leistung entstehen.992 b. Leistungsvollständigkeit Für die Geltendmachung der Minderung ist der Beweis der Leistungsunvollständigkeit entscheidend. In der Praxis ist es jedoch schwierig, diesen zu erbringen. Besonders ohne ein konkretes Indiz ist es fast unmöglich, die Leistungsunvollständigkeit zu beweisen, auch wenn im Fall des erfolgsbezogenen Dienstvertrages die Zwecktauglichkeit der Dienste die Leistungsvollständigkeit darstellt. Denn die Bestimmung der Zwecktauglichkeit selbst beruht auf Indizien wie Produktivität oder Fehlerquote. Nur in dem Fall, dass der äußere Geschehensablauf offenkundig auf die Unvollständigkeit der Leistung hinweist, wie bei bestimmten gesetzlichen oder vertraglichen Pflichtverletzungen, kann die Leistungsunvollständigkeit klar vor Augen geführt werden, ohne diese Indizien einzubeziehen.993 Noch schwieriger ist die Bemessung der Leistungsvollständigkeit im Fall des zeitbezogenen Dienstvertrages. Denn hier verhindert das Weisungsrecht des Dienstberechtigten die Bemessung der Leistungsvollständigkeit, die durch Einbeziehung der Indizien erfolgt. Je nach Einzelfall kann die tatsächliche Leistungsbewirkung nicht der Verantwortlichkeit des Dienstverpflichteten zugerechnet werden.994 Beispielsweise können eine ineffiziente Arbeitsweise oder ein langsames Arbeitstempo, also unvollständige Leistungsergebnisse, auf falschen oder unklaren Weisungen des Arbeitgebers beruhen.995 Die Bemalung einer Wand mit der falschen Farbe beispielsweise kann von einer undeutlichen Weisung wie »gemütliche Farbe« herrühren.996 In diesem Fall folgt aus den Indizien, also dem langsamen Arbeitstempo und der mit der falschen Farbe gestrichenen Wand, keine Unvollständigkeit der Leistung.997 Folge ist wieder die Bemessungsschwierigkeit.998 Naturgemäß sollte die Leistungsvollständigkeit in

992 BGH, Urteil vom 1. 7. 1987 – VIII ZR 117/86, NJW 1988, 204, 206. 993 Beispielsweise s. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 28. 1. 2015 – 1 U 32/13, BKR 2015, 292. 994 Zur Zurechenbarkeit des Produktivitätsausfalls s. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946, Begründung Nr. 3 (2). 995 Zum Weisungsrecht des Dienstberechtigten und seiner Mitwirkungspflicht s. o. Zweiter Teil § 2 II 2 b. 996 Zur aliud Leistung s. o. Zweiter Teil § 3 II 3 c. 997 Vgl. § 323 Abs. 6 BGB. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 268ff. 998 Zur Bemessungsschwierigkeit in Bezug auf die Minderung s. u. Dritter Teil § 5 I 3.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

147

anderer Weise dargelegt werden, damit die Minderung in Anspruch genommen werden kann. Was die Darlegungslast beim Dienstvertrag anbelangt, sollte der Weg der Rechtsprechung in Deutschland beachtet werden. Sie eröffnet die besondere Möglichkeit der abgestuften Darlegungslast.999 Ohne diesen Weg wäre der Dienstberechtigte der beliebigen Leistungsbestimmung des Dienstverpflichteten schutzlos ausgeliefert. Denn in der Tat ist die Darlegung der Schlechtleistung beim Dienstvertrag schwierig.1000 In Bezug auf die abgestufte Darlegungslast muss der Dienstberechtigte »die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse« vortragen,1001 welche die Schlechtleistung des Dienstverpflichteten widerspiegeln. Es ist dann Sache des Dienstverpflichteten, die Aussage des Dienstberechtigten zu bestreiten. Um die aus den Arbeitsergebnissen herzuleitende Haftung zu vermeiden, muss er also darlegen, dass es zu dem objektiv messbaren schlechten Leistungsresultat kam, obwohl er in angemessener Weise seine subjektive Arbeitsfähigkeit ausgeschöpft hat.1002 Wenn der Dienstverpflichtete erfolgreich darlegt, dass er seine Leistung so gut erbracht hat, wie es ihm möglich ist, wird die Last wieder auf den Dienstberechtigten verlagert, diese Aussage zu widerlegen.1003 Wenn der Dienstverpflichtete die ausreichende Qualität seiner Leistung jedoch nicht plausibel darlegt, ist die Aussage des Dienstberechtigten in Bezug auf die Unvollständigkeit der Leistung als zugestanden anzusehen.1004 Ob eine Unvollständigkeit der Leistung vorliegt, lässt sich zwar mittels der abgestuften Darlegungslast bestimmen, für die Frage, inwieweit das Interesse des Dienstberechtigten durch die Schlechtleistung in messbarer Weise beeinträchtigt wird, trägt aber der Dienstberechtigte die Darlegungslast. Denn die abgestufte Darlegungslast erleichtert die Feststellung, ob die Leistung unvollständig ist oder nicht, jedoch sagt sie darüber hinaus nichts aus. Für die Minderung beim Dienstvertrag bedarf es der Darlegung der Interessenbeeinträchtigung, weil danach die verhältnismäßige Minderung erfolgt und anders als bei der Mietminderung die Minderung nicht kraft Gesetzes eintritt.1005 Der Dienstberechtigte muss einen Maßstab zur Bemessung der Interessen-

999 BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48; BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, NZA 2008, 693. 1000 Hierzu s. Tillmanns, RdA 2009, 391, 395f. 1001 BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. 1002 BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. 1003 BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. 1004 Vgl. § 138 Abs. 3 ZPO. Musielak ZPO/Stadler (12. Aufl. 2015), ZPO § 138 Rn. 12. 1005 Vgl. BGH, Urteil vom 29. 2. 2012 – VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647.

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Zweiter Teil: Geschuldete Leistung und Schlechtleistung beim Dienstvertrag

beeinträchtigung darlegen.1006 Anders als beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag ist diese Darlegung beim zeitbezogenen Dienstvertrag nur schwer möglich. Trotzdem ist sie als angemessen anzusehen, um zu verhindern, dass der Dienstberechtigte die Minderung zweckwidrig ausnutzt. Dadurch kann die unerhebliche Schwankung der Leistungsqualität, die der Dienstberechtigte schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vernünftigerweise vorgesehen und hingenommen hat, außer Betracht bleiben.1007 Allerdings ist es Sache des Gerichts, nach der Darlegung die Minderungshöhe zu bestimmen.1008 Der Betrag der Minderung wird durch die freie Überzeugung des Gerichts nach § 287 ZPO entschieden. Die Würdigung des Gerichts wird unter Berücksichtigung aller Umstände durchgeführt. Wenn das Gericht die Begutachtung durch einen Sachverständigen für notwendig hält, kann es diese anordnen.1009

IV.

Ergebnis zu § 3

Weil das Schuldverhältnis gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch die Schlechtleistung nicht erlischt, sollte geklärt werden, was Erfüllungstauglichkeit beim Dienstvertrag bedeutet. Daneben ist es nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im BGB erforderlich geworden, die Schlechtleistung von der Nicht-, Teil- und aliud Leistung abzugrenzen. Beim KBGB ist, obwohl keine gesetzliche Trennung vorgeschrieben ist, eine solche Abgrenzung ebenso erforderlich, um die Bemessungsschwierigkeit der Minderung im Fall der Schlechtleistung zu bewältigen. Die Abgrenzung der Schlechtleistung von Nicht-, Teil- und aliud Leistung ist beim Dienstvertrag jedoch schwierig. Denn der Schuldinhalt des Dienstvertrages lässt sich seiner Natur nach zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses grundsätzlich noch nicht exakt bestimmen. Dem Dienstverpflichteten steht ein Ermessensspielraum bei der Erfüllung seiner Verpflichtung zu. Ein unerwünschtes Ergebnis weist nicht auf die Unvollständigkeit der Leistung hin, die die Pflichtverletzung des Dienstverpflichteten ausmacht. Vielmehr werden unerwünschte Ergebnisse von dem Weisungsrecht oder dem Substrat des Dienst1006 »Da die Minderung nach § 536 I BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen.« BGH, Urteil vom 29. 2. 2012 – VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647, 1648. 1007 Tillmanns, RdA 2009, 391, 393f. 1008 Zur Mietminderung anhand der Feststellungsklage vgl. BGH, Urteil vom 12. 6. 1985 – VIII ZR 142/84, BeckRS 1985, 31076518. 1009 § 287 Abs. 1 S. 2 ZPO. HK-ZPO/Saenger (6. Aufl. 2015), ZPO § 287 Rn. 19.

Schlechtleistung im Rahmen des Dienstvertrages

149

berechtigten beeinflusst. In diesem Fall liegt keine Schlechtleistung vor, auch wenn das Leistungsresultat unannehmbar ist, wenn der Dienstverpflichtete bei der Erfüllung seinen subjektiven Leistungsmaßstab angewandt hat. Im Hinblick auf die Rechtsfolge der Schlechtleistung stellt sich beim Dienstvertrag jedoch die Frage, ob die Vergütung vollständig erbracht werden soll oder gemindert werden kann. Die Festlegung des Leistungsinhalts und die Einordnung als Schlechtleistung sind die ersten notwendigen Schritte zur Beantwortung dieser Frage. Auch wenn die erbrachten Dienste als Schlechtleistung qualifiziert werden, folgt daraus nicht automatisch und unmittelbar die Rechtfertigung der Herabsetzung der Vergütung. Welche Rechtsfolge im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag gerechtfertigt ist, soll deswegen weiter ermittelt werden. Darauf wird im nachfolgenden dritten Teil näher eingegangen.

Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Die Frage, ob die Minderung bei der unbehebbaren Schlechtleistung möglich ist, verneint das BGB, während das KBGB und der DCFR sie bejahen. Der Ausschluss der Minderung beim Dienstvertrag ist vom deutschen Gesetzgeber beabsichtigt. Die Regierungsbegründung besagt: »Hat die gelieferte Sache einen Mangel, so kann der Käufer ein Interesse daran haben, sie zu behalten und den Kaufpreis herabzusetzen. Diesem Ziel dient die Minderung. Dabei ist zunächst die Frage zu behandeln, ob die Minderung als Rechtsbehelf in das allgemeine Leistungsstörungsrecht neben Rücktritt und Schadensersatz eingestellt werden soll. Entscheidend dagegen spricht, dass die Minderung für einzelne Vertragstypen, insbesondere für den Dienstvertrag, als Rechtsbehelf ausgeschlossen bleiben muss. Für den Kauf- und Werkvertrag bedarf es daher einer besonderen Vorschrift über die Minderung.«1010 Mit dieser Begründung wurde die Minderung als Rechtsbehelf ins Kauf- und Werkvertragsrecht integriert, ins Dienstvertragsrecht jedoch nicht. Darüber hinaus schrieb der Gesetzgeber des BGB keinen besonderen Rechtsbehelf im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung beim Dienstvertrag vor. Aufgrund dieser Rechtslage ist allgemein anerkannt, dass die Minderung beim Dienstvertrag ausgeschlossen ist. Dadurch wird jedoch der subjektive Wert der Dienste, der für die Entscheidung des Dienstberechtigten zum Vertragsschluss eine entscheidende Rolle gespielt hat, im Stadium der Leistungserbringung nicht mehr berücksichtigt. Der Dienstberechtigte muss eine Schlechtleistung des Dienstverpflichteten voll vergüten, soweit ihm kein Schaden entsteht. Er ist sogar der böswilligen Schlechtleistung des Dienstverpflichteten schutzlos ausgeliefert. Um die subjektive Äquivalenz im Stadium der Leistungserbringung aufrechtzuerhalten, scheint ein minderungsähnlicher Weg notwendig zu sein. In der Regel ist der Nacherfüllungsanspruch zum Ausgleich der Schlechtleistung beim Dienstvertrag nicht hilfreich, weil der Dienstvertrag in den meisten 1010 BT-Drucks. 14/6040, S. 223.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Fällen Fixschuldcharakter hat. Außerdem hätte der Dienstberechtigte keinen weiteren Rechtsbehelf außer der Kündigung, wenn der Dienstverpflichtete die Nacherfüllung berechtigterweise verweigert und ihm kein Schaden entsteht. Dem Gesetzgeber muss die Kündigung als bester Rechtsbehelf des Dienstberechtigten erschienen sein. Jedoch gibt es Fälle, in denen die Kündigung tatsächlich unmöglich ist. Daher muss der Dienstberechtigte einen minderungsähnlichen Rechtbehelf einlegen können, um einerseits die Erbringung der vertragsgemäßen Leistung des Dienstverpflichteten im Stadium der Erfüllung zu erzwingen und andererseits im Fall der Pflichtverletzung sein Leistungsinteresse zu bewahren. Auf diesem Weg wird der Zustand wiederhergestellt, der bestehen würde, wenn der Dienstberechtigte die Unvollständigkeit der vom Dienstverpflichteten erbrachten Dienste zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gekannt hätte. Dieser minderungsähnliche Weg steht der gesetzgeberischen Entscheidung nicht entgegen, weil aus ihr nicht die strikte Verneinung aller minderungsähnlichen Wege folgt.1011

§ 4. Minderung und ihre Rechtsfolge Um einen minderungsähnlichen Weg zu finden, müssen zunächst Tatbestand und Rechtsfolge der Minderung erläutert werden. Dadurch zeigt sich die Eigenschaft der Minderung. Anhand dieser Eigenschaft kann die Minderung den anderen Rechtsbehelfen gegenübergestellt werden. Hierdurch zeichnet sich ein möglicher minderungsähnlicher Weg ab. Im Folgenden wird die Frage nach der Eigenschaft der Minderung aus zwei Perspektiven beantwortet. Erstens wird die Entwicklungsgeschichte der Minderung erläutert. Dadurch wird die Vorstellung des römischen Rechts von der Eigenschaft der Minderung deutlich. Zweitens werden die heutigen gesetzlichen Regelungen zur Minderung im BGB, KBGB und DCFR dargestellt.

I.

Entwicklungsgeschichte der Minderung

Für die Anwendung der Minderung muss ein Mangel vorliegen. Jedoch hat sich der Mangelbegriff im Lauf der Zeit geändert. Der in § 434 Abs. 1 BGB verankerte subjektive Mangelbegriff1012 wurde erst im Jahr 1948 nach der Arbeit von 1011 Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 181. 1012 Zum subjektiven Mangelbegriff s. Mundt, NZBau 2003, 73; Tempel, NJW 1997, 2206, 2207; Knöpfle, NJW 1987, 801, 801ff.

Minderung und ihre Rechtsfolge

153

Flume anerkannt.1013 Vor Flume galt der objektive Mangelbegriff. Bei entwicklungsgeschichtlicher Betrachtung fällt auf, dass das Vertragssubjekt für die Feststellung der Mangelhaftigkeit immer wichtiger wird. Dementsprechend ist das Werturteil des Vertragssubjektes zur Zeit des Vertragsschlusses in den Vordergrund gerückt worden. Jede subjektive Wertentscheidung wird als eine eigenständige Entscheidung respektiert, unabhängig davon, ob sie in objektiver Hinsicht rational oder irrational ist.1014 Folgerichtig spielt die Beschaffenheit, die vereinbart worden ist oder dem Vertrag zugrunde liegt, eine entscheidende Rolle. Bei der Entscheidung, welchen Preis er zu zahlen bereit ist, stellt der Gläubiger auf diese zugesagte sachliche und rechtliche Beschaffenheit ab.1015 1.

Minderungsbehelfe im römischen Recht

Im römischen Recht trug der Käufer nach dem Grundsatz caveat emptor das Risiko,1016 dass die Kaufsache nicht die Beschaffenheit aufweist, die notwendig ist, um den Verwendungszweck des Käufers zu erreichen.1017 Die Beschaffenheit der Sache zu untersuchen und auf dieser Grundlage den Kaufpreis auszuhandeln, war Aufgabe des Käufers. Ob der Verkäufer eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache verspricht, um den Kaufpreis zu erhöhen, war hingegen seine Angelegenheit.1018 Der Verkäufer konnte also beim Kaufvertrag die Beschaffenheit der Kaufsache garantieren.1019 Durch dicta und promissa übernahm der Verkäufer das Beschaffenheitsrisiko.1020 Die Garantie der Beschaffenheit sowie der Mangelfreiheit durch dictum und promissum fungierte als Einschränkung des Grundsatzes caveat emptor. Darüber hinaus haftete der arglistige Verkäufer, der den Käufer bezüglich eines Mangels bewusst getäuscht hat.1021

1013 Huber, AcP 209 (2009), 143, 144ff.; Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 109ff. 1014 »Den Parteien steht es auf Grund ihrer Privatautonomie frei, auch eine aus objektiver Sicht wesentlich geringere Gegenleistung subjektiv noch als gleichwertig anzusehen, so genanntes Prinzip der subjektiven Äquivalenz.« OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss vom 27. 2. 2008 – 9 UF 219/07, NJW 2008, 2720, 2721. 1015 Vgl. Schumacher, MMR 2006, 12. 1016 Zum Begriff von Caveat emptor s. Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 307f. 1017 Jakobs, Gesetzgebung im Leistungsstörungsrecht (1985), S. 126f.; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 307, 311, 319. 1018 Zur Verhandlungsmacht s. Zweiter Teil § 2 III 2. 1019 Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 28, 29. 1020 Zu dictum et promissum und laudatio s. Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 132ff. 1021 S. Harke, AcP 205 (2005), S. 70f.; Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

a. Sklavenedikt Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Grundsatz caveat emptor auch durch das Sklavenedikt eingeschränkt wurde,1022 welches von den kurulischen Ädilen erlassen wurde.1023 Als Grund wurde angegeben, dass Krankheiten (morbus) und Fehler (vitium) des Sklaven ohne Bekanntgabe durch den Verkäufer nicht bemerkbar seien.1024 Sie seien verborgen, nicht ersichtlich und realisierten sich erst nach der Übergabe des Sklaven.1025 In diesem Punkt verlor der Grundsatz caveat emptor seine Überzeugungskraft als ein Grundprinzip auf dem Markt. Daraus folgte die Notwendigkeit, das Marktprinzip im Fall des Sklavenkaufs entsprechend zu modifizieren. Diese Begründung des römischen Rechts verdient besondere Beachtung. Denn der Dienstvertrag weist die gleichen Merkmale auf. Die Beschaffenheitsmängel einer Dienstleistung sind bei Vertragsschluss verborgen. Sie werden erst nach der Erbringung der Dienstleistung ersichtlich. Die Frage nach der Minderung beim Dienstvertrag beinhaltet die Frage, ob beim heutigen Dienstvertrag am Grundsatz caveat emptor festgehalten werden sollte. Beim Vertrag zum Erwerb eines Sklaven waren zwei Wege vorstellbar, um diese Schwäche des Käufers auf dem Markt zu kompensieren. Einerseits konnte die Marktstörung durch eine Informationspflicht beseitigt werden.1026 Dabei bildete das Sklavenedikt die objektive Grundlage für eine solche Informationspflicht. Mängel wie Krankheiten (morbus) und Fehler (vitium) waren objektiv bestimmt, so dass der Verkäufer den Käufer über die Abweichung des Sklaven von der »üblichen Beschaffenheit« informieren musste.1027 Die Haftung des Sklavenedikts trat unabhängig vom Verschulden des Verkäufers ein. Er haftete also für einen Mangel, den er unverschuldet nicht kannte.1028 Andererseits konnte die Marktstörung dadurch beseitigt werden, dass der

1022

1023 1024 1025 1026 1027 1028

(Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 38. Vgl. Honsell, Quod interest im bonaefidei-iudicium (1969), S. 79. Die Regelungstechnik des Edikts über iumenta entsprach der des Sklavenedikts. Beim Verkauf von Lasttieren galt die gleiche Einschränkung des Grundsatzes caveat emptor. Nach dem Edikt über iumenta musste der Verkäufer über bestimmte Krankheiten und Fehler des betroffenen Lasttiers informieren. S. Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 139f. Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 125ff.; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 311. Vgl. Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 126 Fn. 15 und S. 127. S. Bechmann, Der Kauf nach gemeinem Recht, Teil 3 Hälfte 2 (1965), S. 165. Zur Informationspflicht beim Sklavenedikt s. Harke, AcP 205 (2005), S. 68f.; Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 127ff. S. Baldus, Una actione experiri debet?, in: Orbis Iuris Romani (1999), S. 35 Fn. 58; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 311ff. Baldus, Una actione experiri debet?, in: Orbis Iuris Romani (1999), S. 35; Harke, AcP 205 (2005), S. 69; Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 33.

Minderung und ihre Rechtsfolge

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Verkäufer dafür einsteht, dass am Sklaven kein Mangel besteht (dictum promissumve).1029 Durch diese ausdrückliche Beschaffenheitsgarantie wurde das Beschaffenheitsrisiko auf den Verkäufer verlagert. Die Mängelhaftung des Verkäufers war also nicht auf die Vorschriften des Sklavenedikts beschränkt.1030 Die Haftung für seelische Mängel des Sklaven (vitium animi), die im Edikt nicht ausdrücklich geregelt war,1031 wurde auf diese Beschaffenheitsgarantie gestützt.1032 Denn in diesem Fall war die Zusicherung bestimmter Eigenschaften als entscheidend für die Preisbildung des Käufers anzusehen. Demzufolge durfte der Verkäufer nicht von der Haftung befreit werden, auch wenn er von der mangelhaften Beschaffenheit des Sklaven nicht wusste.1033 b. actio quanti minoris, actio redhibitoria und actio empti Verletzte der Verkäufer die ädilizischen Pflichten, den Käufer über Krankheiten (morbi) und Fehler (vitia) des Sklaven zu informieren, oder trat ein Mangel trotz einer Beschaffenheitsgarantie des Verkäufers auf, konnte der Käufer im römischen Recht zwei Rechtsbehelfe geltend machen: actio redhibitoria und actio quanti minoris.1034 Übte der Käufer actio redhibitoria binnen 6 Monaten aus, bekam er den Kaufpreis zurück und musste dem Verkäufer den Sklaven zurückgeben.1035 Wenn er binnen eines Jahres actio quanti minoris geltend machte, konnte er vom Verkäufer verlangen, den Kaufpreis zu mindern, ohne dass er den Sklaven zurückgeben musste.1036 Neben der actio redhibitoria und der actio quanti minoris konnte auch die actio empti für Mängel geltend gemacht werden.1037 Die ädilizischen Behelfe, 1029 S. Honsell, GS Kunkel (1984), S. 59; Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 68; Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 132; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 315f. 1030 Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 43; Jakab, Cavere und Haftung für Sachmängel, in: Jakab/Ernst (Hrsg.), Kaufen nach römischem Recht (2008), S. 134; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 315. 1031 Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 84. 1032 Honsell, GS Kunkel (1984), S. 59; Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 45. 1033 Vgl. Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 133f. 1034 Baldus, Una actione experiri debet?, in: Orbis Iuris Romani (1999), S. 35ff.; Honsell, GS Kunkel (1984), S. 59; Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 35. 1035 Baldus, Una actione experiri debet?, in: Orbis Iuris Romani (1999), S. 36f.; Honsell, GS Kunkel (1984), S. 59; Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 130. 1036 Harke, AcP 205 (2005), S. 68f.; Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 73; Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 34f. 1037 Baldus, Una actione experiri debet?, in: Orbis Iuris Romani (1999), S. 40ff.; Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 81f.; Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken,

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

actio redhibitoria und actio quanti minoris, waren auf den Kauf von Sklaven und Lasttieren beschränkt.1038 Die actio empti dagegen war bei allen Kaufgegenständen anwendbar.1039 Nach der actio empti war der Verkäufer verpflichtet, zu leisten, was er dem Käufer nach bona fides schuldete.1040 Durch die Flexibilität der actio empti wurde es möglich, die ädilizischen Rechtsbehelfe im Wege des prätorischen Verfahrens anzuwenden.1041 Wegen der Ausweitung auf weitere Kaufgegenstände und der Integration in actio empti verloren actio redhibitoria und actio quanti minoris ihre selbstständige Bedeutung im römischen Recht, obwohl sie formell aufrechterhalten wurden.1042 Im Fall der Preisminderung besteht im Hinblick auf die Rechtsfolge ohnehin kein Unterschied zwischen actio quanti minoris und actio empti. Die Klage nach actio empti wurde der Klage nach actio quanti minoris im Fall der Preisminderung gleichgestellt.1043 Der Minderungsbetrag ergab sich aus der objektiven Wertdifferenz zwischen dem mangelhaften und dem mangelfreien Zustand des Sklaven zum Zeitpunkt des Kaufs.1044 Teilweise wurde zwar vom Differenzbetrag zwischen dem Kaufpreis und dem objektiven Wert des mangelhaften Sklaven gesprochen.1045 Jedoch war dies kein Unterschied, weil der Kaufpreis in römischer Zeit in aller Regel dem objektiven Wert des mangelfreien Sklaven entsprach. Denn der Marktpreis war nach detailliert eingestuften Eigenschaften des Sklaven standardisiert.1046 2.

Minderungsbehelf im gemeinen Recht

Die Auffassungen zum Minderungsbehelf im gemeinen Recht waren Erklärungsversuche der ädilizischen Rechtsbehelfe actio redhibitoria und actio quanti minoris. Um die ädilizischen Rechtsbehelfe im gemeinen Recht zu harmonisieren, wurden ihre Voraussetzungen und Rechtsfolge denen des ge-

1038 1039 1040 1041 1042 1043 1044 1045 1046

in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 40; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 319ff. Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 319. Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 319. Chiusi, Jura 2003, 217, 221. Baldus, Una actione experiri debet?, in: Orbis Iuris Romani (1999), S. 41f.; Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 82; Jakab, Diebische Sklaven, marode Balken, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa (2003), S. 40. Burke, Einschränkungen der ädilizischen Rechtsbehelfe beim Kauf von der Rezeption bis zur Gegenwart (1967), S. 8; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 322. Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse (1855), S. 282 Fn. 9. S. auch Hanausek, Die Haftung des Verkäufers für die Beschaffenheit der Waare (1883), S. 57. Harke, AcP 205 (2005), S. 69; Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 74f.; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 318. Honor8, The History of the Aedilitian Actions from Roman to Roman-Dutch Law, in: Daube (Hrsg.), Studies in the Roman Law of Sale (1959), S. 152ff. Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 10.

Minderung und ihre Rechtsfolge

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meinen Rechts gegenübergestellt. Die verschiedenen Autoren nahmen unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen an. a. Motivirrtum oder Informationspflichtverletzung Nach der Irrtumslehre von Savigny waren die actio redhibitoria und die actio quanti minoris Rechtsbehelfe für den Ausnahmefall des Motivirrtums.1047 Nach seiner Irrtumslehre durften der Irrtum über den Beweggrund und der Motivirrtum keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Willenserklärung haben, weil die Verkehrssicherheit dadurch wesentlich beeinträchtigt würde.1048 Nach Savigny war der Eigenschaftsirrtum ein Motivirrtum. Er meinte, dass sich die ädilizischen Rechtsbehelfe zwar auf den Beschaffenheitsirrtum beziehen, aber der Käufer die Rückabwickelung des Vertrages oder die Minderung des Kaufpreises nur ausnahmsweise verlangen dürfe. In diesem Sinne wurden die actio redhibitoria und die actio quanti minoris als besondere Rechtsbehelfe bezeichnet. Mommsen begründete die ädilizischen Rechtsbehelfe mit der Informationspflichtverletzung des Verkäufers bezüglich des Mangels.1049 Er ging davon aus, dass der Käufer den Kaufvertrag sicherlich nicht zum gleichen Preis abgeschlossen hätte, wenn er den Beschaffenheitsmangel der Kaufsache gekannt hätte. Nach Mommsen richtete sich die Minderung auf die Herstellung eines hypothetischen Zustands, der bestanden hätte, wenn der Käufer über den Mangel informiert worden wäre.1050 Verletzte der Verkäufer seine Informationspflicht bezüglich des Mangels, durfte der Käufer die Rückabwicklung des Vertrages nach actio redhibitoria oder die »verhältnismäßige« Herabsetzung des Kaufpreises nach actio quanti minoris verlangen.1051 Hingegen versuchte Jhering, die actio quanti minoris und actio redhibitoria mit Hilfe der Begriffe des positiven und negativen Interesses zu begründen und voneinander zu unterscheiden.1052 Nach seiner Ansicht bezog sich die actio quanti minoris auf das positive Interesse, während die actio redhibitoria auf 1047 von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 3 (1840), S. 358f. 1048 von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 3 (1840), S. 277. 1049 »Aus dem Inhalt der von den Aedilen auferlegten Verpflichtung erklären sich auch die Wirkungen der Nichterfüllung derselben, ohne daß hierbei von einer Unmöglichkeit die Rede wäre. Der Verkäufer muß dem Käufer das Interesse prästiren, welches dieser daran hatte, daß die Anzeige nicht unterlassen wäre. Nur dann, wenn der Verkäufer in dolo war, tritt eine abweichende Behandlung ein, welche aber nicht im Edict, sondern schon im Zivilrecht ihren Grund hat, indem der dolose Verkäufer zur Erstattung des Interesse verpflichtet ist, welches der Käufer daran hatte, daß ihm die Sache ohne die fraglichen Mängel geliefert wäre.« Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 197f. 1050 Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 199. 1051 Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 198 Fn. 7. 1052 v. Jhering, Culpa in contrahendo oder Schadensersatz, JherJb 4 (1861), S. 17.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

das negative Interesse zielte.1053 Die Auffassung, die actio quanti minoris richte sich auf das positive Erfüllungsinteresse, wurde jedoch von der damaligen herrschenden Lehre abgelehnt.1054 Vielmehr ging die herrschende Lehre davon aus, die Minderung richte sich auf die Herstellung des hypothetischen Zustands, der ohne den Motivirrtum des Käufers oder die Verletzung der Informationspflicht des Verkäufers bestehen würde.1055 Dass ein hypothetischer Zustand hergestellt werden soll, würde verdeutlichen, dass die actio quanti minoris nicht auf die Verwirklichung des Erfüllungsinteresses (positives Interesse) oder den Ersatz des Vertrauensinteresses (negatives Interesse) ziele.1056 Somit war die actio quanti minoris nach herrschender Lehre ein Rechtsbehelf zum teilweisen Rücktritt vom Vertrag.1057 b. Psychologische Lehre Dagegen unterschied die psychologische Lehre von Zitelmann zur Erklärung des Beschaffenheitsirrtums den rechtlich beachtlichen Absichtsirrtum vom rechtlich unbeachtlichen Motivirrtum.1058 Diese Unterscheidung erfolgte durch die Abgrenzung der Absicht vom Motiv. Die Absicht zielt nach Ansicht von Zitelmann auf die künftige Veränderung des Gegenstandes, die er als Rechtserfolg beschreibt.1059 Bei diesem Veränderungsvorgang seien die Eigenschaften des ausgewählten Gegenstandes in Bezug auf Raum und Zeit belanglos, weil sie nicht die seelische Entscheidung zur Veränderung eines Gegenstandes beträfen, sondern bloß der Zustand des ausgewählten Gegenstandes seien.1060 Somit seien die Eigenschaften der Kaufsache nicht Absicht, sondern Motiv. Die Minderung sei ein Ausnahmerechtsbehelf, weil sie auf dem rechtlich unbeachtlichen Beschaffenheitsirrtum beruhe. Bei der actio quanti minoris näherte sich die Lehre von Zitelmann der von Savigny an.1061 1053 1054 1055 1056 1057 1058 1059 1060

v. Jhering, Culpa in contrahendo oder Schadensersatz, JherJb 4 (1861), S. 17. Hellweg, AcP 59 (1876), S. 40f. Hellweg, AcP 59 (1876), S. 40f. S. Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 78. Hellweg, AcP 59 (1876), S. 40. Zitelmann, Irrtum und Rechtsgeschäft (1879), S. 373ff. Zitelmann, Irrtum und Rechtsgeschäft (1879), S. 377. »Daraus folgt: alle Vorstellungen, welche ich noch weiter über dieses bereits individuell bestimmte Object habe, alle Vorstellungen über Eigenschaften desselben im allerweitesten Sinne sind für die Individualisirung selbst völlig gleichgiltig: sie sind nicht mehr ein Act der Auswahl, sondern nur ein Aussagen über das bereits Ausgewählte. Wenn ich von einem concret bestimmten Object die Vorstellung habe, dass ihm die Eigenschaft zukomme golden zu sein, so bildet diese Vorstellung nicht mehr ein Element der Absicht; sie dient nicht mehr dazu, aus der Reihe der möglicher Weise gemeinten Objecte eines auszuscheiden, sondern sie ist Aussage, Urteil über ein bereits ausgeschiedenes Object.« Zitelmann, Irrtum und Rechtsgeschäft (1879), S. 439. 1061 von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 3 (1840), S. 439f.

Minderung und ihre Rechtsfolge

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Nach Pfersche hingegen sollte die Beurteilung des Rechtsgeschäfts anders als bei der psychologischen Untersuchung normativ erfolgen.1062 Nach seiner Auffassung erlangte die Beschaffenheit der Sache selbstständige Bedeutung im Rahmen des Rechtsgeschäfts.1063 Indem er der von Zitelmann vertretenen psychologischen Unterscheidung zwischen Absicht und Motiv widersprach,1064 verlagerte Pfersche den Legitimationsgrund der actio quanti minoris vom außervertraglichen in den innervertraglichen Bereich.1065 Damit wurde die Eigenschaft der Kaufsache in den Gegenstand des Rechtsgeschäfts integriert.1066 Jedoch hatte die Ansicht von Pfersche in Deutschland wenige Anhänger.1067 3.

Subjektiver Mangelbegriff als Voraussetzung der Minderung im BGB

Dadurch, dass Flume die Beschaffenheit der Kaufsache als einen Inhalt des Rechtsgeschäfts anerkannt hatte, wurden die Ansichten von Savigny und Mommsen bei der Auslegung des BGB überwunden. Die Minderung und die Wandelung nach § 462 BGB a. F. waren vom Konstrukt des Motivirrtums befreit und ihre Legitimation von außervertraglichen Aspekten entbunden.1068 Seitdem wurde die sachliche sowie rechtliche Beschaffenheit der Kaufsache als Vertragselement eines Kaufvertrages betrachtet.1069 Der Verkäufer verpflichte sich zur Lieferung der Kaufsache mit der vereinbarten Beschaffenheit.1070 Flume verneinte auch die Ansicht von Zitelmann. Die Beschaffenheit der Kaufsache dürfe nicht isoliert von deren Gegenstand beurteilt werden.1071 Der rechtsgeschäftliche Wille des Käufers richte sich vielmehr auf den Gegenstand 1062 S. Pfersche, Die Irrthumslehre des österreichischen Privatrechts (1891), S. 21. 1063 Pfersche, Die Irrthumslehre des österreichischen Privatrechts (1891), S. 48ff. 1064 »Damit haben wir den einzigen psychologischen Unterschied des Irrthums im Motiv vom Irrthum in der Absicht gefunden; er besteht darin, dass der Gedankenlauf in den beiden Fällen an verschiedenen Punkten einsetzt. Es bedarf jedoch keines Beweises, dass das ein nebensächliches, zufälliges Moment ist, welches meist subjectiv unbeachtet, immer objectiv unfassbar und unbeweisbar bleibt; der Unterschied ist besonders deshalb gleichgiltig, weil ja bei überlegtem Handeln regelmässig die ganze Gedankenreihe »überlegt«, das heisst in verschiedener Richtung reproducirt wird, wodurch der obige Unterschied vor der wirklichen Ausführung der Handlung vollständig wieder verwischt wird.« Pfersche, Die Irrthumslehre des österreichischen Privatrechts (1891), S. 50. 1065 S. Korth, Minderung beim Kauf (2010), S. 13f. 1066 Pfersche, Die Irrthumslehre des österreichischen Privatrechts (1891), S. 48ff. 1067 Die Ansicht von Pfersche in Bezug auf das österreichische Privatrecht fand wenig Anklang in Deutschland. S. Schermaier, Die Bestimmung des wesentlichen Irrtums von den Glossatoren bis zum BGB (2000), S. 530. 1068 Mugdan II, S. 658. 1069 Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 17ff. 1070 Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 31f. 1071 Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 18.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

mit der bestimmten Beschaffenheit. Die vertraglichen Interessen der Parteien seien auf den Zustand der Sache ausgerichtet, der beim Gefahrübergang vorhanden sein soll. Es müsse daher die Sollbeschaffenheit im Vordergrund stehen.1072 Hiermit trat erstmalig der subjektive Mangelbegriff auf die Bühne der Entwicklungsgeschichte des Gewährleistungsrechts in Deutschland. Dieser subjektive Mangelbegriff wurde in die Begründung des Gesetzesentwurfes zur Schuldrechtsmodernisierung mit Bezug auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG1073 und ins BGB aufgenommen.1074 Beispielsweise liegt nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ein Sachmangel vor, wenn die vereinbarte Beschaffenheit zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht gegeben ist.1075 Die Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit von der vereinbarten Beschaffenheit wird also als Mangel im Rahmen des Gewährleistungsrechts bezeichnet.1076 Somit dürfen die Vertragsparteien vertraglich bestimmen, wer das Risiko der mangelhaften Beschaffenheit des Gegenstandes trägt, indem sie mögliche Mängel des Gegenstandes selbst durch Vereinbarung festlegen.1077 Solche Beschaffenheitsvereinbarungen spielen beim Vertragsschluss eine wichtige Rolle, weil der Käufer in der Regel weniger Informationen über die Beschaffenheit der Sache hat als der Verkäufer. Die Vereinbarung der Sollbeschaffenheit ist für den Käufer in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht am günstigsten.1078 § 434 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB beinhalten denselben Rechtsgedanken wie 1072 Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 19, 31f. 1073 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, Amtsblatt Nr. L 171 vom 07/07/1999 S. 0012–0016. 1074 »Es kommt hinzu, dass das geltende Recht in mehrfacher Hinsicht Mängel aufweist: Der Wortlaut des bisherigen § 459 Abs. 1 Satz 1 scheint dafür zu sprechen, dass unter »Fehler« ein Merkmal der Kaufsache verstanden werden soll, das an objektiven, von den Vereinbarungen der Parteien unabhängigen Kriterien gemessen werden kann. Eine solche Auslegung würde objektiv feststellbare, gegeneinander abgegrenzte Gattungen von Sachen voraussetzen. Da eine solche Abgrenzung in der Realität nicht möglich ist, wendet die Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der ganz h. L. einen subjektiven Fehlerbegriff an …: Danach kommt es in erster Linie auf die Vereinbarungen der Parteien über die Beschaffenheit der Kaufsache an. Nur wenn solche Vereinbarungen, auch konkludente, nicht feststellbar sind, ist die gewöhnliche Beschaffenheit maßgebend.« BT-Drucks. 14/ 6040, S. 211. 1075 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 434 Rn. 4; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 434 Rn. 160ff. 1076 Vgl. Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 120. 1077 Schulte-Nölke, ZGS 2002, 72, 73. 1078 Die Garantie im Sinne des § 443 BGB wird vom Gewährleistungsrecht unterschieden, obwohl sie sich ebenfalls auf die Vereinbarung der Sollbeschaffenheit bezieht. MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB 443 Rn. 1 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 443 Rn. 2. S. auch Schulte-Nölke, ZGS 2002, 72, 74; BT-Drucks. 14/ 6040, S. 239.

Minderung und ihre Rechtsfolge

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§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB, ohne dass die vereinbarte Beschaffenheit vorausgesetzt wird.1079 Anders als Art. 2 Abs. 2 RL 1999/44/EG, der die Vermutung der Vertragsgemäßheit regelt, spricht § 434 Abs. 1 S. 2 BGB unmittelbar von Mangelfreiheit, wenn seine Voraussetzungen erfüllt werden.1080 Dementsprechend wird der Begriff der Mangelfreiheit an die typisierten Beschaffenheitsvereinbarungen geknüpft.1081 Indem § 434 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB die typisierten Verkehrserwartungen darstellen, dienen sie in subsidiärer Weise der Bestimmung der Beschaffenheitsvereinbarung. Denn diese Beschaffenheit wird bei der Vertragsauslegung als der vereinbarte Inhalt angesehen.1082 Diese konkludente Beschaffenheitsvereinbarung führt zur Reduktion der Verkehrskosten bei der Vertragsanbahnung und Vertragsauslegung.1083 Natürlich hat die Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB Vorrang vor der konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB.1084 Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gilt der subjektive Mangelbegriff auch für Rechtsmängel,1085 wodurch die Vorschriften über den Sachmangel und den Rechtsmangel harmonisiert und gleichgestellt werden.1086 Mithin liegt ein Mangel vor, falls dem Käufer rechtliche Lasten aufgebürdet werden, die ein Dritter vom Käufer verlangen kann und die der Käufer beim Vertragsschluss nicht übernommen hat.1087 Wie Flume zu Recht hervorhob, war die Unterscheidung zwischen dem Sach- und dem Rechtsmangel »ein Fehler des BGB«.1088 Folglich ist es zur Bestimmung des Rechtsmangels maßgebend, ob die rechtliche Beschaffenheit der Kaufsache den Vereinbarungen entspricht.1089

1079 Zur Funktion des § 434 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB s. Canaris, Die Neuregelung des Leistungsstörungs- und des Kaufrechts (2003), S. 58, 61ff. 1080 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 434 Rn. 7; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 434 Rn. 46. S. auch Jorden/Lehmann, JZ 2001, 952, 953; Ernst/ Gsell, ZIP 2000, 1410, 1414. 1081 Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 234. 1082 Vgl. auch Erwägungsgründe Nr. 8 von RL 1999/44/EG. 1083 Vgl. Canaris, Die Neuregelung des Leistungsstörungs- und des Kaufrechts (2003), S. 58; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 235. 1084 BT-Drucks. 14/6040, S. 211. 1085 Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 165ff. 1086 BT-Drucks. 14/6040, S. 217. 1087 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 435 Rn. 4f. 1088 Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 171 Fn. 16. 1089 Korth, Minderung beim Kauf (2010), S. 20.

162 II.

Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Gesetzliche Minderungsregelungen im BGB, KBGB und DCFR

Die Minderungsregelungen im BGB, KBGB und DCFR haben einen gemeinsamen Ursprung im römischen Recht, sind jedoch verschieden. Der Grund hierfür sind unterschiedliche gesetzgeberische Würdigungen und Entscheidungen beim Leistungsstörungs- und Nichterfüllungsrecht. Teilweise spielen dabei falsche Annahmen zum Schadensersatzrecht eine Rolle. Welcher Weg angemessen ist, ist schwer zu sagen. Dennoch muss klargemacht werden, dass diese Unterschiede in realen Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. 1.

Restriktiv anwendbare Minderung im BGB

Die Regelungen zur Minderung im BGB können grob zwei Kategorien zugeordnet werden. Die erste Kategorie bilden die gewährleistungsrechtlichen Regelungen, die die Minderung ausdrücklich im Fall der Schlechtleistung vorschreiben. Die zweite Kategorie bildet § 326 Abs. 1 BGB, der tatsächlich als Regelung zur Minderung fungiert.1090 Die zweite Kategorie bezieht sich in Wahrheit auf die Leistungsunmöglichkeit gemäß § 275 BGB. So ist § 326 Abs. 1 BGB gemäß § 275 Abs. 4 BGB nur anwendbar, falls die Leistung nicht oder nicht vollständig erfüllt wurde und die Nacherfüllungspflicht nach § 275 BGB ausgeschlossen ist. Bei der Anwendung des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB gibt es aus systematischer Sicht keinen Unterschied zwischen Nicht-, Teil- und Schlechtleistung.1091 Jedoch ist die Minderung ipso iure im Fall der Schlechtleistung ausgeschlossen. Der Ausschluss der Minderung ipso iure erfolgt nur, weil der Gesetzgeber dies in § 326 Abs. 1 S. 2 BGB geregelt hat.1092 Der Grund dieser Einschränkung liegt darin, Wertungswidersprüche bei den Vertragstypen zu vermeiden, bei denen die gewährleistungsrechtliche Minderung vorgeschrieben ist. Denn sie ist ein Gestaltungsrecht, wohingegen die Min1090 »In diesem Fall wird der Gläubiger teilweise von der Gegenleistung frei. Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 behandelt diesen Fall ähnlich wie die Minderung im Kauf und verweist deshalb für die Berechnung des Umfangs, in dem der Gläubiger nach Absatz 1 Satz 1 teilweise von der Gegenleistung frei wird, auf die Vorschriften über die Berechnung der Minderung in § 441 Abs. 3 RE.« BT-Drucks. 14/6040, S. 188. 1091 »Dem Wortlaut des § 326 Abs. 1 Satz 1 RE könnte zu entnehmen sein, dass sich auch in diesem Fall [Schlechtleistung, Anmerkung des Verfassers] der Wert der Gegenleistung im Umfang der Unmöglichkeit kraft Gesetzes mindert.« BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1092 »§ 326 Abs. 1 Satz 3 RE stellt indes klar, dass dies [Minderung ipso iure im Fall der Schlechtleistung, Anmerkung des Verfassers] nicht zutrifft, und bestimmt, dass in einem solchen Fall [Schlechtleistung, Anmerkung des Verfassers] § 323 RE mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass eine Fristsetzung entbehrlich ist, weil ja von vornherein feststeht, dass eine Nacherfüllung keinen Erfolg haben kann.« BT-Drucks. 14/6040, S. 189.

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derung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB ohne Gestaltungserklärung automatisch eintritt.1093 a. Regelung der Minderung im BGB Im BGB wird die Minderung in § 441 (Kaufvertrag), § 536 (Mietvertrag), § 638 (Werkvertrag) und § 651d (Reisevertrag) vorgeschrieben. Beim Kaufvertrag kann der Käufer den Kaufpreis nach § 441 Abs. 1 S. 1 BGB mindern, wenn die Sache nach §§ 434, 435 BGB mangelhaft ist und die Voraussetzungen der Minderung vorliegen.1094 Die Minderung darf wie der Rücktritt erst nach dem Nacherfüllungsrecht gemäß § 439 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden.1095 So darf der Käufer die Minderung nur beanspruchen, wenn die angemessene Frist zur Nacherfüllung erfolglos verstrichen ist, es sei denn, die Fristsetzung ist nach § 440 BGB entbehrlich.1096 Weil die Minderung nach § 441 Abs. 1 S. 1 BGB eine Minderungserklärung des Käufers gegenüber dem Verkäufer voraussetzt, ist die Minderung als ein Gestaltungsrecht anzusehen.1097 Durch die Gestaltungserklärung tritt die Folge der Minderung unmittelbar ein und der Verkäufer ist an sie gebunden.1098 Dies ist anders als die Rechtslage im alten BGB. Das Minderungsrecht im alten BGB war als Anspruch konzipiert.1099 Nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ähnelt sich die Minderung im Mietrecht und im Kaufrecht.1100 Beim Mietvertrag liegt ein Mangel vor, wenn die vereinbarte Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aufgehoben oder gemindert ist.1101 Mit dem subjektiven Mangelbegriff zielt das Minderungsrecht im Mietvertrag auf die Wiederherstellung der subjektiven Äquivalenz.1102

1093 BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1094 HK-BGB/Saenger (8. Aufl. 2014), BGB § 437 Rn. 6. 1095 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 441 Rn. 1; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 441 Rn. 3. 1096 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 441 Rn. 1; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 441 Rn. 3. Zur sofortigen Minderung s. BGH, Urteil vom 9. 1. 2008 – VIII ZR 210/06, JuS 2008, 557. S. auch MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 440 Rn. 1f. 1097 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 441 Rn. 1; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 441 Rn. 1. 1098 Vgl. HK-BGB/Saenger (8. Aufl. 2014), BGB § 441 Rn. 2. 1099 MünchKomm/H. P. Westermann (3. Aufl. 1995), BGB § 462 Rn. 3 ff.; Staudinger/Honsell (1995), BGB § 462 Rn. 4. 1100 MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 4; Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 536 Rn. 51. 1101 MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 3; Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 536 Rn. 5. 1102 MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 1; Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 536 Rn. 5. Der subjektive Mangelbegriff bedeutet nicht, dass die Beschaffenheit einseitig vom Mieter bestimmt werden kann. Vgl. BGH, Urteil vom 20. 5. 2009 – VIII ZR

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Außerdem tritt die Minderung im Mietrecht im Gegensatz zur Minderung im Kaufrecht kraft Gesetzes ein, wenn der Mangel der Mietsache zum Zeitpunkt der Überlassung oder während der Mietzeit anhaftet.1103 Im Mietvertragsrecht spielt die Minderung eine wichtige Rolle, weil der Mieter in der Regel ein Interesse an der Fortdauer des Mietverhältnisses hat und die Kündigung diesem Interesse nicht gerecht wird. Auch mit dem Schadensersatzanspruch kann das subjektive Äquivalenzinteresse des Mieters unter Umständen nicht vollständig gewahrt werden.1104 Beim Mietvertrag bleibt die unerhebliche Herabsetzung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch außer Betracht.1105 Zur Unerheblichkeit des Mangels sagt der BGH, es komme darauf an, ob der Mangel »leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann.«1106 Beim Werkvertrag steht dem Besteller nach § 638 Abs. 1 BGB das Minderungsrecht statt des Rücktrittsrechts zu, wenn dem Werk ein Sach- oder Rechtsmangel anhaftet.1107 Der Mangel ist im Rahmen des Werkvertrages schwieriger zu bestimmen als beim Kaufvertrag, weil zu den möglichen Gegenständen des Werkvertrages unkörperliche schöpferische Werke gehören.1108 Zur Bestimmung des Werkmangels ist maßgeblich, ob die Istbeschaffenheit von der Sollbeschaffenheit abweicht.1109 Inhaltlich steht das Minderungsrecht nach § 638 BGB beim Werkvertrag dem nach § 441 BGB beim Kaufvertrag gleich.1110

1103 1104 1105 1106

1107 1108 1109 1110

191/07, NJW 2009, 2807. S. auch MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 4; Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 536 Rn. 5. MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 27; Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 536 Rn. 52. S. auch BGH, Urteil vom 27. 2. 1991 – XII ZR 47/90, NJW-RR 1991, 779, 780. S. Staudinger/Emmerich (2014), BGB § 536 Rn. 52. Vgl. MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 1. MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 21. Beispielsweise s. BGH, Urteil vom 15. 10. 2008 – XII ZR 1/07, NJW 2009, 664, 665. »Diese dogmatisch konsequente, aber nicht interessengerechte Regelung haben Rechtsprechung und Schrifttum bald negiert und die Geltendmachung eines ganz geringfügigen Mangels als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen. Das 2. MietRÄndG hat insoweit kein neues Recht geschaffen, sondern nur richterliches Gewohnheitsrecht bestätigt und dadurch die Parallele zum Kaufrecht hergestellt. Als unerheblich ist ein Fehler insbesondere dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann, so dass die Geltendmachung einer Minderung gegen Treu und Glauben verstieße.« BGH, Urteil vom 30. 6. 2004 – XII ZR 251/02, NJW-RR 2004, 1450, 1451. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 638 Rn. 4; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 634 Rn. 109. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 631 Rn. 1 f.; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 631 Rn. 6. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 633 Rn. 7. MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 638 Rn. 1; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 634 Rn. 108, 113.

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Nach § 638 Abs. 1 S. 2 BGB darf der Besteller die Vergütung mindern, auch wenn der qualitative Mangel des Werkes unerheblich und deshalb der Rücktritt ausgeschlossen ist.1111 Jedoch bleibt die Minderung nach Treu und Glauben ausgeschlossen, falls der Mangel des Werkes unwesentlich ist.1112 Schließlich regelt das BGB in § 651d BGB ein Minderungsrecht beim Reisevertrag. Die Minderung beim Reisevertrag tritt wie im Fall des Mietvertrages kraft Gesetzes ein.1113 Liegt ein Mangel der Reise nach § 651c Abs. 1 BGB vor, wird der Reisepreis ohne Gestaltungserklärung gemindert.1114 Durch die Minderung kraft Gesetzes wird die ursprüngliche subjektive Äquivalenz beim Schuldverhältnis trotz des Reisemangels aufrechterhalten.1115 Dies entspricht dem Rechtsgedanken aus § 326 Abs. 1 S. 1 BGB.1116 Auffällig ist die Anzeigeobliegenheit des Reisenden nach § 651d Abs. 2 BGB.1117 Diese Anzeige kann natürlich durch das Abhilfeverlangen nach § 651c Abs. 2 BGB erfolgen.1118 Wenn der Reisende die Anzeigeobliegenheit ohne Verschulden verletzt, z. B., weil der Reiseveranstalter nicht über die Anzeigeobliegenheit informiert hat,1119 tritt die Minderung des Reisepreises auch ohne die Anzeige ein.1120 b. Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB Neben den oben genannten gewährleistungsrechtlichen Minderungsregelungen ist in § 326 Abs. 1 S. 1 BGB die Minderung ipso iure vorgeschrieben. Nach § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB tritt die Minderung kraft Gesetzes ein,1121 wenn die Leistungspflicht des Schuldners gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist oder der Schuldner seine Leistung gemäß § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB verweigern darf.1122 Nach § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB gilt bei einer Teilleistung die 1111 Vgl. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. S. auch Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 634 Rn. 109. 1112 MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 633 Rn. 9; vgl. Hahn, BauR 1985, 521, 523. 1113 MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651d Rn. 7; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 1. S. auch BT-Drucks. 8/2343, S. 9. 1114 MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651d Rn. 3; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 1. 1115 MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651d Rn. 1. 1116 Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 1. 1117 MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651d Rn. 7 ff.; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 11. S. auch Tempel, NJW 1986, 547, 549f. 1118 MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651c Rn. 135; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 16. 1119 § 6 Abs. 2 Nr. 7 Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoV). 1120 MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651d Rn. 13; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 33. 1121 BT-Drucks. 14/6040, S. 188. 1122 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 1; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. A1.

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Minderungsvorschrift des § 441 Abs. 3 BGB entsprechend.1123 Demnach entfällt der Anspruch des Schuldners auf die Gegenleistung kraft Gesetzes in dem Verhältnis, in dem der Wert der Leistung zu dem Wert der Teilleistung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gestanden hätte.1124 Das Verschulden des Schuldners spielt wie im Fall des gewährleistungsrechtlichen Minderungsrechts keine Rolle.1125 Trotz dieser Ähnlichkeit gehen die Minderung ipso iure und die gewährleistungsrechtliche Minderung entwicklungsgeschichtlich auf unterschiedliche Grundlagen zurück. Die Minderung ipso iure beruht auf dem konditionellen Synallagma.1126 Die gewährleistungsrechtliche Minderung dagegen entstammt den Regelungen des ädilizischen Edikts.1127 Die beiden Rechtsinstitute zielen dementsprechend konzeptionell auf unterschiedliche Zwecke ab. Dennoch sind sie miteinander verbunden. Denn die gewährleistungsrechtliche Minderung bezieht sich hauptsächlich auf die Beschränkung des römischen Prinzips »caveat emptor«. Dadurch wird das Risiko der mangelnden Beschaffenheit des Leistungsgegenstandes auf die Seite des Schuldners verlagert. Im Fall der zufälligen qualitativen Verschlechterung des Leistungsgegenstandes trägt der Schuldner die Gegenleistungsgefahr. Daraus ergibt sich für den Beschaffenheitsmangel die gleiche Risikoverteilung wie in dem Fall, dass die Beseitigung des Leistungsmangels nach § 275 BGB unmöglich ist oder verweigert wird.1128 Für die Minderungsproblematik beim Dienstvertrag ist § 326 BGB als eine Gefahrtragungsregel von Bedeutung. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB bewirkt im Zusammenspiel mit § 275 BGB bei beiderseits nicht zu vertretender Unmöglichkeit eine Art automatischer Vertragsstornierung, da in diesem Fall auch keine Schadensersatzberechtigung nach § 283 BGB entsteht.1129 Beim Kaufund Werkvertrag trägt der Schuldner vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an bis zur Übergabe der Sache bzw. Abnahme des Werkes die Gegenleistungsgefahr.1130 Wäre dieser Gedanke beim Dienstvertrag entsprechend anzuwen1123 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 19ff. 1124 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 24ff. Zur Rechtsfolge der Minderung s. Jauernig/Berger (16. Aufl. 2015), BGB § 441 Rn. 6. Für den Weg über den Schadensersatzanspruch im Fall der Unmöglichkeit der Minderungsberechnung vgl. auch BGH, Urteil vom 5. 11. 2010 – V ZR 228/09, NJW 2011, 1217. 1125 Kritisch dazu s. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 6, 14f. 1126 Vgl. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 6. Zum konditionellen Synallagma s. Gernhuber, Das Schuldverhältnis (1989), S. 317f. 1127 Dazu s. o. Dritter Teil § 4 I 1. 1128 Zum konditionellen Synallagma Staudinger/Schwarze (2015), Vorbemerkung zu §§ 320– 326 Rn. 20. 1129 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 10. Vgl. Art. III. – 3:104 (4) DCFR. 1130 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. A1. S. auch MünchKomm/H. P. Westermann

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den, trüge der Dienstverpflichtete die Vergütungsgefahr vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an bis zum Zeitpunkt der Erbringung der Dienste. Dies ist das Grundprinzip »Ohne Arbeit kein Lohn«.1131 Genauer formuliert heißt es »ohne vollständige Arbeit kein voller Lohn«. Dieses Prinzip wurde im zuvor erwähnten koreanischen Beispielurteil angewendet. Es gilt jedoch nicht, falls die Ursache der Unmöglichkeit dem Dienstberechtigten zuzurechnen ist, wie im Fall des Gläubigerverzugs.1132 Im Fall der unverschuldeten Leistungsunmöglichkeit verliert der Dienstberechtigte den Anspruch auf die Leistung und der Dienstverpflichtete den Anspruch auf die Gegenleistung, soweit nichts anderes vereinbart oder geregelt ist.1133 Freilich kann der Gläubiger beim Vertragsschluss die Gegenleistungsgefahr übernehmen. Darüber hinaus regelt das BGB gesetzliche Ausnahmen. Nach § 615 S. 3 BGB entfällt der Anspruch auf die Vergütung nicht, wenn der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Dies ist bei Risiken der Fall, die sich aus der Betriebsleitung und der betrieblichen Organisation ergeben.1134 § 615 S. 3 BGB beruht also auf der Betriebsrisikolehre.1135 Nach § 616 BGB verliert der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung nicht, wenn seine Leistung ohne sein Verschulden wegen in seiner Person liegenden Gründen für verhältnismäßig unerheblich lange Zeit unmöglich ist.1136 § 616 BGB beruht auf humanitären sozialpolitischen Erwägungen zum Schutz von Arbeitneh-

1131 1132 1133 1134 1135

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(6. Aufl. 2012), BGB § 446 Rn. 1. Vgl. auch Art. 185 Obligationenrecht (OR): »B. Nutzen und Gefahr 1. Sofern nicht besondere Verhältnisse oder Verabredungen eine Ausnahme begründen, gehen Nutzen und Gefahr der Sache mit dem Abschlusse des Vertrages auf den Erwerber über. 2. Ist die veräusserte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so muss sie überdies ausgeschieden und, wenn sie versendet werden soll, zur Versendung abgegeben sein. 3. Bei Verträgen, die unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen sind, gehen Nutzen und Gefahr der veräusserten Sache erst mit dem Eintritte der Bedingung auf den Erwerber über.« MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 12. Vgl. Söllner, AcP 167 (1967), 132, 132; Richardi, NZA 2002, 1004, 1008. Vgl. §§ 326 Abs. 2, 446 S. 3, 615 S. 1 BGB. Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. C1. Vgl. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 10; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. B30. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 96ff.; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 203ff. »Der Arbeitgeber muß, wenn die Arbeit aus im Betrieb liegenden Gründen nicht geleistet werden kann, gleichwohl den vollen Lohn weiterzahlen. Das folgt daraus, daß der Arbeitgeber, der den Betrieb und die betriebliche Gestaltung organisiert, leitet, die Verantwortung trägt und die Erträge bezieht, seinen Arbeitnehmern dafür einstehen muß, daß der Betriebsorganismus in Funktion bleibt und die Arbeitsmittel zur Verfügung stehen, die dem Arbeitnehmer die Arbeit und damit die Erzielung des Lohnes ermöglichen.« BAG, Urteil vom 8. 2. 1957–1 AZR 338/55, NJW 1957, 687, 688. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 616 Rn. 1, 17ff., 56ff., 59ff. Vgl. auch § 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz).

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mern.1137 Außerdem regelt das BGB in § 2380 BGB, dass der Erbschaftskäufer schon ab Vertragsschluss die Gegenleistungsgefahr trägt.1138 Er muss seine Leistung erbringen, auch wenn die Erbschaftsgegenstände zufällig untergegangen oder verschlechtert sind.1139 Der Grund für diese Vorschrift liegt darin, dass der Kaufpreis mit Rücksicht auf die gesamte Erbschaft und nicht nur den einzelnen Gegenstand gebildet wird.1140 Daher verhindern der zufällige Untergang bzw. die zufällige Verschlechterung eines Einzelgegenstands zu Recht nicht den Gegenleistungsanspruch. Folgerichtig trägt der Erbschaftskäufer ab Vertragsschluss die Preisgefahr.1141 Außerdem beinhaltet § 326 Abs. 1 S. 1 BGB eine ungeschriebene Anwendungsbegrenzung,1142 die bei der Schaffung des § 326 Abs. 1 S. 2 BGB zugrunde gelegt wurde. Würde die Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB ohne Begrenzung angewendet, könnten die besonderen gewährleistungsrechtlichen Vorschriften beim Kauf-, Miet-, Werk- und Reisevertrag belanglos werden.1143 Damit entstünde ein Systemwiderspruch. Der Gesetzgeber wollte dies vermeiden.1144 Das besondere Gewährleistungsrecht soll deshalb vorrangig behandelt werden. Erst wenn dieses nicht anwendbar ist, kommt § 326 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht. c. Sperre der Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB Bei der Problematik der Minderung im Dienstvertragsrecht spielt § 326 Abs. 1 S. 2 BGB eine Schlüsselrolle. Je nach Auslegung des § 326 Abs. 1 S. 2 BGB lässt sich ein minderungsähnlicher Weg eröffnen oder nicht. Nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB wird der Gläubiger nicht kraft Gesetzes von seiner Gegenleistungspflicht befreit,1145 wenn im Fall der Schlechtleistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist oder nach § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB verweigert wird.1146 Welche Rechtsbehelfe der Gläubiger in diesem Fall verlangen kann, 1137 Motive II, S. 463 f. 1138 MünchKomm/Musielak (6. Aufl. 2013), BGB § 2380 Rn. 2; Staudinger/Olshausen (2010), BGB § 2380 Rn. 1. 1139 MünchKomm/Musielak (6. Aufl. 2013), BGB § 2380 Rn. 2; vgl. auch MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 446 Rn. 10f. 1140 MünchKomm/Musielak (6. Aufl. 2013), BGB § 2380 Rn. 1; Staudinger/Olshausen (2010), BGB § 2380 Rn. 1. 1141 MünchKomm/Musielak (6. Aufl. 2013), BGB § 2380 Rn. 1ff. 1142 Dazu ausführlich s. Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 178. 1143 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. B75 und A36ff. 1144 BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1145 PWW/Medicus (4. Aufl. 2009), BGB § 326 Rn. 12; Soergel/Gsell (13. Aufl. 2005), BGB § 326 Rn. 29. 1146 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 35; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. B69.

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schreibt das BGB jedoch nicht ausdrücklich vor.1147 Bei der Auslegung des Gesetzestextes sind nur zwei Tatsachen eindeutig: dass im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung die Minderung ipso iure ausgeschlossen ist und dass die besonderen Gewährleistungsrechte Vorrang vor dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht haben.1148 Problematisch wird es, wenn wie beim Dienstvertrag kein besonderes Gewährleistungsrecht vorgesehen ist. Denn aus den oben genannten beiden Tatsachen und der Rechtslage des BGB folgt, dass dem Gläubiger trotz des gestörten synallagmatischen Schuldverhältnisses selbst im Fall der vorsätzlichen Schlechtleistung keine Minderung ipso iure und keine gewährleistungsrechtliche Minderung zustehen. Dieses Ergebnis wird häufig fälschlicherweise dahingehend interpretiert, dass der Dienstberechtigte die volle Vergütung bezahlen müsse, obwohl der Dienstverpflichtete in erheblicher Weise schlecht erfüllt hat.1149 Als Grund dafür wird häufig das strikte Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers genannt.1150 § 326 Abs. 1 S. 2 BGB enthält keine konkrete Antwort auf die Frage nach dem Schicksal der Gegenleistung im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung.1151 Sicher tritt die Minderung ipso iure im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung nicht ein. Auch stehen dem Gläubiger keine besonderen Gewährleistungsrechte zu. Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass der Schuldner im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung dazu berechtigt ist, die vollständige Gegenleistung zu erhalten.1152 Die sich aus dieser Problematik ergebende Frage lautet, ob ein »minderungsähnlicher« Weg im System des BGB erschlossen werden kann, ohne dem gesetzgeberischen Willen zu widersprechen.1153 Der Gesetzgeber sieht in seiner Begründung zum Gesetzentwurf einen Weg 1147 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 35. 1148 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. B80; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil (21. Aufl. 2015), Rn. 334. 1149 Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207f.; Motzer, Die »positive Vertragsverletzung« des Arbeitnehmers (1982), S. 174 und vgl. auch Fn. 51. 1150 Vgl. Roth, VersR 1979, 494, 501f.; Lessmann, FS Wolf (1985), S. 398, 409f.; Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 206ff., 210f.; Motzer, Die »positive Vertragsverletzung« des Arbeitnehmers (1982), S. 204ff.; Hirte, Berufshaftung (1996), S. 372. 1151 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 35; Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207. Vgl. Peukert, AcP 205 (2005), 430, 431. 1152 S. Ullrich, NJW 1984, 585, 586f. 1153 Die ausdrücklichen Äußerungen des Gesetzgebers lauten: »Entscheidend dagegen spricht, dass die Minderung für einzelne Vertragstypen, insbesondere für den Dienstvertrag, als Rechtsbehelf ausgeschlossen bleiben muss.« BT-Drucks. 14/6040, S. 223.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

vor.1154 Das BGB regelt in § 326 Abs. 5 BGB ein Rücktrittsrecht.1155 Im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung darf der Gläubiger vom Vertrag gemäß § 323 BGB zurücktreten, ohne eine Frist zur Nachleistung zu setzen.1156 Durch die Rücktrittserklärung tritt das Rückabwicklungsverhältnis an die Stelle der automatischen Inhaltsänderung des Schuldverhältnisses nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB.1157 Mithilfe des § 326 Abs. 5 BGB kann sich der Gläubiger entscheiden, ob er die Rechtsfolge des § 326 Abs. 1 S. 2 BGB akzeptiert oder nicht. § 326 Abs. 5 BGB bestätigt also ausdrücklich, dass der Gläubiger den ipso iure modifizierten Inhalt des Schuldverhältnisses annehmen oder ablehnen kann. Denn der Gläubiger wollte bei Vertragsschluss nicht die volle Vergütung für die nicht vertragsgemäße Leistung entrichten. Die ursprünglich vom Gläubiger bestimmte Verbindlichkeit wird nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB ohne Zutun des Gläubigers ipso iure inhaltlich geändert.1158 Für den Dienstberechtigten besteht keine gewährleistungsrechtliche Möglichkeit zur Herabsetzung der Gegenleistung, weil im Dienstvertragsrecht keine gewährleistungsrechtliche Minderung vorgesehen ist. Daher ist § 326 Abs. 5 BGB im Fall des Dienstvertrages besonders wichtig.1159 2.

Schadensersatzrechtliche Minderung im KBGB

Die Minderung als ein Rechtsbehelf bei Rechts- oder Sachmängeln ergibt im KBGB kein einheitliches Bild. Der Grund hierfür liegt in der Uneinigkeit bezüglich des Mangelbegriffs. Abzugrenzen sind zwei Theorien: die Gewährleistungs-1160 und die Nichterfüllungstheorie.1161 Die Rechtsprechung trägt zur Uneinigkeit bei, weil sie der Nichterfüllungstheorie folgt,1162 obwohl das Gesetz 1154 »Der Gläubiger kann deshalb bei einer Schlechtleistung stets nur nach § 326 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 323 RE zurücktreten; eine Minderung der Gegenleistung kraft Gesetzes tritt nach § 326 Abs. 1 Satz 1 RE nicht ein. Für dieses Rücktrittsrecht gilt dann auch die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 4 Satz 2 RE.« BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1155 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 107. 1156 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. F3; BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1157 Vgl. MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 15. 1158 Vgl. § 311 Abs. 1 BGB. S. auch MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 311 Rn. 1. 1159 S. O. Mülbert, FS Westermann (2008), S. 513; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 109. 1160 Zur Gewährleistungstheorie s. Jeung Han Kim/Hak Dong Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (7. Aufl. 2006), S. 235; Hyun-Chae Kim, Kommentar zum Schuldrecht, Besonderer Teil, Band 1 (1985), S. 534. 1161 Zur Nichterfüllungstheorie s. Hyung-Bae Kim, Recherche des bürgerlichen Rechts (1986), S. 226ff.; Kyu-Chang Cho, Sachmangelhaftung im Kaufrecht, Archiv für juristische Recherche Band 21 (1983), S. 221ff.; Juk In Hwang, Heutige Lehre des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band IV (1987), S. 231ff. 1162 S. beispielsweise KOGH, Urteil vom 18. 5. 1967, 66 Da 2618. Dagegen vertritt ein anderes Urteil die Gewährleistungstheorie. Vgl. KOGH, Urteil vom 30. 6. 1995, 94 Da 23920.

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mit der Gewährleistungstheorie besser erklärt werden kann. Dadurch gibt es viele Lehren, die jeweils eigenständig das System des Gewährleistungsrechts zu erklären versuchen. Die Behauptungen all dieser Lehren brauchen hier jedoch nicht erörtert zu werden. Sie sind unerheblich für die Problematik der Minderung und überschreiten den Umfang dieser Arbeit. Im Folgenden werden somit nur die zwei größten Lehren betrachtet. Hierbei wird sich besonders auf den Kaufvertrag bezogen. Denn das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht wird nach § 567 KBGB auf die anderen entgeltlichen Vertragstypen entsprechend angewendet.1163 a. Regelung der Minderung im KBGB Die Minderung ist im KBGB an drei unterschiedlichen Orten vorgeschrieben: beim Kauf-, Miet- und Reisevertrag.1164 Zunächst ist ein Minderungsrecht beim Rechtskauf in § 572 KBGB und § 578 KBGB geregelt. Nach § 572 KBGB stehen dem Käufer eines Rechts im Fall des teilweisen Rechtsmangels drei Rechtsbehelfe zu: die Minderung nach § 572 Abs. 1 KBGB, der Rücktritt vom ganzen Vertrag nach § 572 Abs. 2 KBGB und der Schadensersatzanspruch nach § 572 Abs. 3 KBGB. Nach § 572 Abs. 1 KBGB kann der Käufer die verhältnismäßige Herabsetzung des Kaufpreises verlangen, wenn das eingekaufte Recht teilweise nicht dem Verkäufer gehört und die Übergabe des vollständigen Rechts dem Verkäufer unmöglich ist.1165 Außerdem enthält § 578 Abs. 1 KBGB eine Minderungsregelung für den Kauf durch Versteigerung.1166 Nach § 578 Abs. 1 KBGB kann der Ersteher Minderung verlangen, falls der durch die öffentliche Versteigerung erworbenen Sache ein Rechtsmangel anhaftet. Dagegen steht dem Ersteher nach § 580 Abs. 2 KBGB im Fall des Sachmangels kein Ge1163 § 567 KBGB: »[Anzuwendende Vorschriften] Die Vorschriften dieses Kapitels sind auch auf andere entgeltliche Verträge entsprechend anzuwenden, es sei denn, daß sie der Natur des Vertrages nach ungeeignet sind.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 120. 1164 §§ 572, 578 KBGB (Kaufvertrag), § 627 KBGB (Mietvertrag) und § 674–6 KBGB (Reisevertrag). 1165 § 572 KBGB: »[Gewährleistung wegen teilweisen Rechtsmangels] (1) Verschafft der Verkäufer nur einen Teil des verkauften Rechts, weil der übrige Teil einer anderen Person gehört, so kann der Käufer im Verhältnis zum Wert des von ihm erworbenen Rechts Minderung verlangen. (2) Im Falle des Absatzes 1 kann der gutgläubige Käufer Wandlung verlangen, wenn er nur mit dem von ihm geleisteten Teil des Rechts den Vertragszweck nicht erreichen kann, und den Kaufvertrag nicht eingegangen wäre, wenn er von einem solchen Mangel gewußt hätte. (3) Außer Minderung und Wandlung kann der Käufer, sofern er gutgläubig ist, auch Schadenersatz verlangen.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 121. 1166 § 578 KBGB: »[Gewährleistung bei Verkauf im Wege der Versteigerung] (1) Beim Verkauf einer Sache im Wege öffentlicher Versteigerung kann der Ersteher, falls die gekaufte Sache mangelhaft ist, gemäß den §§ 570 bis 577 die Wandlung oder Minderung vom Schuldner verlangen.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 122f.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

währleistungsrecht zu.1167 Das verdeutlicht die gesetzgeberische Entscheidung, zwischen Sachmängeln und Rechtsmängeln zu differenzieren. § 569 KBGB spiegelt diese gesetzgeberische Entscheidung ebenfalls wider. Nach § 569 KBGB verpflichtet sich der Verkäufer eines Rechts, dem Käufer das verkaufte Recht zu verschaffen, auch wenn er nicht Inhaber dieses Rechts ist.1168 Damit wird beim Rechtskauf im Gegensatz zum Sachkauf Mangelfreiheit gewährleistet.1169 Auf den Fall der teilweisen Unmöglichkeit wird § 537 KBGB angewendet.1170 § 572 Abs. 1 KBGB und § 537 KBGB stehen in einem ähnlichen Verhältnis zueinander wie § 441 BGB und § 326 BGB. Nach § 537 KBGB tritt die Minderung ipso iure ein, wenn es dem Verkäufer wegen beiderseits nicht zu vertretender Umstände teilweise unmöglich ist, das vereinbarte Recht zu leisten.1171 Dies entspricht § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. Anders als § 326 Abs. 5 BGB enthält § 537 KBGB jedoch keine Vorschrift bezüglich des Rücktrittsrechts. Das Rücktrittsrecht wird in § 572 Abs. 2 KBGB geregelt. Nach § 572 Abs. 2 KBGB kann der Käufer vom ganzen Vertrag zurücktreten, wenn anzunehmen ist, dass der Käufer den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, falls er den teilweisen Mangel des Rechts gekannt hätte. Außerdem kann der Käufer Schadensersatz geltend machen.1172 Das Rücktrittsrecht und der Schadensersatzanspruch stehen nur dem gutgläubigen Käufer zu, wie in § 442 BGB geregelt ist.1173 Merkwürdigerweise kommt es bei der Minderung nicht darauf an, ob der Käufer beim Vertragsschluss den Rechtsmangel kannte oder nicht.1174 1167 § 580 KBGB: »[Gewährleistung wegen Sachmängel] (1) Ist eine verkaufte Sache zur Zeit des Kaufes mit Fehlern behaftet, so gelten die Vorschriften des § 575 Abs. 1 entsprechend. Das gilt jedoch nicht, wenn der Käufer den Mangel beim Abschluß des Kaufes kannte oder infolge Fahrlässigkeit nicht kannte. (2) Auf den Verkauf einer Sache im Wege öffentlicher Versteigerung finden die Vorschriften des Absatzes 1 keine Anwendung.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 123. 1168 § 569 KBGB: »[Kauf fremder Rechte] Wird ein einer anderen Person gehörendes Recht verkauft, so hat der Verkäufer dem Käufer das Recht, nachdem er es erworben hat, zu verschaffen.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 120. 1169 S. Jun-Su Park/Hyun-Chae Kim, Kommentar zum BGB, Schuldrecht Besonderer Teil (3) (1999), S. 80ff. 1170 § 537 KBGB: »[nicht zu vertretendes Unmöglichwerden] Wird die aus einem gegenseitigen Vertrag dem einen Teil obliegende Leistung infolge eines Umstandes unmöglich, den weder er noch der andere zu vertreten hat, so verliert er den Anspruch auf Gegenleistung.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 115. 1171 Dong-Yun Jung/Ji-Hong Ju, Kommentar zum BGB, Schuldrecht Besonderer Teil (1) (2014), S. 342f. 1172 § 572 Abs. 3 KBGB. 1173 § 572 Abs. 2 und Abs. 3 KBGB. Zur Kenntnis des Käufers von dem im Grundbuch eingetragenen Recht vgl. MünchKomm/Westermann (7. Aufl. 2016), BGB § 442 Rn. 16f. 1174 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 333f. Dagegen vgl. § 442 Abs. 1 S. 1 BGB.

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Anders als beim Rechtskauf steht dem Käufer beim Sachkauf nach § 580 KBGB (Gewährleistung bei Stückkauf) und § 581 KBGB (Gewährleistung bei Gattungskauf) kein Minderungsrecht zu. § 574 KBGB schreibt jedoch vor, dass §§ 572, 573 KBGB auf den Sachmangel entsprechend Anwendung finden, soweit der Käufer den Sachmangel nicht kannte.1175 Damit wird die im Fall des Sachmangels neben §§ 580, 581 KBGB1176 Minderung als Rechtsbehelf anwendbar.1177 Trotz dieses ausdrücklichen Gesetzestextes verneinen einige Auffassungen die Anwendbarkeit der Minderung gemäß § 574 i. V. m. § 572 Abs. 1 KBGB beim Sachmangel. Sie wollen § 574 KBGB teleologisch reduzieren, weil sonst §§ 580, 581 KBGB, die für den Sachmangel vorgeschrieben sind, ihre systematische Bedeutung verlieren könnten.1178 Hingegen behauptet eine andere Ansicht, dass die Minderung nach § 574 i. V. m. § 572 Abs. 1 KBGB nur auf die Teilleistung angewendet werden solle und auf die Schlechtleistung der Rücktritt (nach § 580 Abs. 1 i. V. m. § 575 Abs. 1 S. 1 KBGB), der Schadensersatz (nach § 580 Abs. 1 i. V. m. § 575 Abs. 1 S. 2 KBGB) und die Nachlieferung einer mangelfreien Sache (nach § 581 Abs. 2 KBGB).1179 Nach der Rechtsprechung ist § 574 KBGB auf Fälle anzuwenden, in denen die Anzahl oder die Menge der Sachen zur Bestimmung des Kaufpreises maßgeblich war.1180 Vereinbart der Käufer den Kaufpreis nur mit Rücksicht auf die Lage des Grundstücks, ist die Größe für die Preisbildung also nicht maßgeblich, obwohl von ihr die Rede ist, verneint die Rechtsprechung die Anwendbarkeit der Minderung nach § 574 i. V. m. § 572 Abs. 1 KBGB.1181 Die Rechtsprechung sagt jedoch nicht, dass § 574 KBGB nur auf die Teilleistung angewendet wird und für die Schlechtleistung ausgeschlossen ist. Wie oben erläutert, unterscheidet die koreanische Rechtsprechung die Schlechtleistung 1175 § 574 KBGB: »[Gewährleistung bei fehlender Menge und teilweisem Untergang] Soweit ein Sachmangel dem Käufer unbekannt ist, gelten die Vorschriften der §§ 572, 573 auch dann, wenn ein Teil der nach dem Maßstab der Anzahl oder Menge gekauften Sache fehlt oder die Sache zur Zeit des Kaufabschlusses bereits teilweise untergegangen ist.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 121. 1176 § 581 KBGB: »[Gewährleistung bei Gattungskauf] (1) Ist eine gekaufte, nur Gattung nach bestimmte Sache mit Fehlern behaftet, so gelten die Vorschriften des § 580 entsprechend. (2) Im Falle des Absatzes 1 kann der Käufer statt Wandlung oder Schadenersatz wegen Sachmangels verlangen, daß ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert wird.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 123. 1177 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 335f. 1178 Eun-Young Lee, Schuldrecht, Besonderer Teil (1992), S. 223. 1179 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 336. 1180 KOGH, Urteil vom 22. 12. 1992, 92 Da 30580; KOGH, Urteil vom 9. 4. 1996, 95 Da 48780; KOGH, Urteil vom 26. 6. 1998, 98 Da 13914; KOGH, Urteil vom 10. 4. 2001, 2001 Da 12256; KOGH, Urteil vom 8. 11. 2002, 99 Da 58136. 1181 KOGH, Urteil vom 9. 4. 1991, 90 Da 15433; KOGH, Urteil vom 25. 6. 1993, 92 Da 56674; KOGH, Urteil vom 24. 1. 2003, 2002 Da 65189. S. auch Jun-Su Park/Hyun-Chae Kim, Kommentar zum BGB, Schuldrecht Besonderer Teil (3) (1999), S. 109ff.

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nicht von der qualitativen Teilleistung.1182 Nach dieser Ansicht kann die Minderung nach § 574 i. V. m. § 572 Abs. 1 KBGB ohne Weiteres auf die Schlechtleistung angewendet werden, besonders im Fall der Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 574 Alt. 2 KBGB.1183 Obwohl die gewährleistungsrechtlichen Vorschriften des Kaufvertrages nach § 567 KBGB auf andere entgeltliche Verträge entsprechend anzuwenden sind, regelt das KBGB bei einzelnen Vertragstypen ein zusätzliches Minderungsrecht. In § 627 Abs. 1 KBGB ist ein Minderungsrecht beim Mietvertrag vorgeschrieben.1184 Hiernach kann der Mieter die Minderung der Miete verlangen, wenn er den Mangel der Mietsache nicht verschuldet hat. Neben der Minderung kann der Mieter den Mietvertrag kündigen, wenn der dem Mietvertrag vorausgesetzte Zweck wegen des Mangels nicht erreicht werden kann.1185 Außerdem regelt das KBGB seit dem 4. 2. 2016 ein Minderungsrecht beim Reisevertrag. Nach § 674–6 Abs. 1 KBGB kann der Reisende vom Reiseveranstalter Abhilfe oder die Minderung des Reisepreises verlangen, wenn die Reise mit Mängeln behaftet ist. Der Anspruch auf Abhilfe ist jedoch ausgeschlossen, wenn sie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist oder mit Rücksicht auf die Umstände vernünftigerweise nicht erwartet werden kann.1186 Der Reisende kann nach § 674–6 Abs. 3 KBGB Schadensersatz statt oder neben der Abhilfe bzw. Minderung verlangen. Außerdem steht ihm gemäß § 674–7 KBGB wie nach § 651e BGB im Fall des erheblichen Reisemangels ein Kündigungsrecht zu.1187 1182 Dazu s. o. Zweiter Teil § 3 I 1 b; KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946. 1183 Der gleiche Gedanke ist im BGB a. F. zu erkennen: »Die theilweise Unmöglichkeit der Leistung kann sich ebensowohl auf die Qualität, als auf die Quantität derselben beziehen, auch im Falle einer Verschlechterung der Kaufsache kann eine theilweise Unmöglichkeit der Leistung vorliegen, und es muß in diesem Falle konsequenterweise dasselbe gelten, wie wenn in quantitativer Beziehung eine theilweise Unmöglichkeit eingetreten ist.« v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 3 (1980), S. 1077. 1184 § 627 KBGB: »[Kündigung oder Anspruch auf Minderung bei teilweisem Untergang] (1) Ist die Mietsache ohne Verschulden des Mieters teilweise untergegangen oder der Gebrauch und die Nutzung der gemieteten Sache zum Teil aufgehoben, so kann der Mieter im Verhältnis zur Behinderung des Gebrauchs und der Nutzung Minderung des Mietzinses verlangen. (2) Im Falle des Absatzes 1 kann der Mieter das Mietverhältnis kündigen, wenn er mit dem übrigen Teil der Mietsache den Zweck des Mietvertrages nicht verfolgen kann.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 132. 1185 § 627 Abs. 2 KBGB. 1186 § 674–6 Abs. 1 S. 2 KBGB. 1187 § 674–7 KBGB: »[Gewährleistung des Reiseveranstalters; Kündigungsrecht des Reisenden] (1) Der Reisende kann den Reisevertrag kündigen, wenn die Reise mit erheblichen Fehlern behaftet ist und die Fehler nicht beseitigt wurden oder die vertragsgemäße Erfüllung nicht zu erwarten ist. (2) Wird der Reisevertrag gekündigt, verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf Zahlung des Reisepreisses. Wenn der Reisende an den

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b. Gewährleistungs- und Nichterfüllungstheorie In der Literatur und Praxis wird bei der Auslegung des Gewährleistungsrechts des KBGB häufig gesagt, dass die Minderung durch den besonderen Schadensersatz, der kein Verschulden des Schuldners voraussetzt, ersetzt werden könne, weil sie die gleiche Funktion hätten. Im Ergebnis ist diese Aussage falsch. Um die Funktion des Schadensersatzes und der Minderung im Gewährleistungsrecht zu verstehen, muss das Basiskonzept des Gewährleistungsrechts im KBGB skizziert werden. Dabei ist insbesondere die Debatte um die Eigenschaft des Gewährleistungsrechts wichtig. Nach der Gewährleistungstheorie ist der Verkäufer nicht verpflichtet, die Kaufsache frei von Mängeln zu verschaffen.1188 Vor der Schuldrechtsmodernisierung in Deutschland war das Gewährleistungsrecht nach §§ 459ff. BGB a. F. ein besonderes Rechtsinstitut, das sich auf die actio empti im römischen Recht und die Gewährleistungstheorie bezog.1189 Diesem Gedanken folgend, wurden die Gewährleistungsrechte im KBGB als besondere Rechtsbehelfe geregelt, die die allgemeinen Rechtsbehelfe ersetzen.1190 Während die Gewährleistungstheorie mit der Schuldrechtsmodernisierung in Deutschland erfolgreich durch die Nichterfüllungstheorie ersetzt wurde, ist die Rechtslage in Korea unverändert. Infolgedessen wird die Gewährleistungstheorie in Korea von einigen Anhängern bis heute vertreten.1191 Der wichtigste gesetzliche Ansatzpunkt für die Gewährleistungstheorie in Korea ist § 462 KBGB.1192 Nach § 462 KBGB verpflichtet sich der Schuldner beim Stückkauf, die bestimmte Sache in dem Zustand zu liefern, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Erfüllung befindet.1193 Die Pflicht, die Sache in dem

1188 1189 1190 1191 1192 1193

bereits erbrachten Reiseleistungen ein gewißes Interesse hat, ist er verpflichtet, dem Reiseveranstalter dafür Ausgleich zu gewähren. (3) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Maßnahmen zu treffen, die infolge der Kündigung notwendig geworden sind, und den Reisenden zurückzubefördern, falls er zur Rückbeförderung vertraglich verpflichtet war. Der Reiseveranstalter kann die Kosten teilweise vom Reisenden verlangen, wenn ein sachgerechter Grund vorliegt.« Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf (1975), S. 35ff.; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 1. Halbband (13. Aufl. 1986), § 41 II e. Vgl. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 1. Halbband (13. Aufl. 1986), § 41 I ff.; Honsell, Römisches Recht (8. Aufl. 2015), S. 136f. Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (1994), S. 170. Sung Jae Hong, Wesen der Gewährleistung wegen Mangel der Sache beim Spezieskauf, Justice Band 34 Heft 4 (2001), S. 5ff.; Jae-Hyun Jang, Schuldrecht, Besonderer Teil (2006), S. 231. Dae Jeong Kim, Etude sur l’obligation du d8biteur d’un corps certain de livrer la chose en l’8tat oF elle se trouve, Chung-Ang Law Review, Vol. 15 No. 4 (2013), S. 92ff. § 462 KBGB: »[Übergabe der Sache im vorhandenen Zustand] Ist der Schuldner zur Übergabe einer bestimmten Sache verpflichtet, so hat er sie in dem Zustand auszuliefern, in dem sie sich zur Zeit der Leistung befindet.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 101.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Zustand, in dem sie sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses befindet, zu gewähren, folgt nicht aus dem Vertrag, sondern aus dem besonders geregelten Gewährleistungsrecht. Daraus folgern die Vertreter der Gewährleistungstheorie, dass für den Verkäufer keine vertragsrechtliche Verpflichtung besteht, die mangelfreie Sache zu verschaffen, weil die mangelhafte Sache nach § 462 KBGB Gegenstand der Erfüllung eines Stückkaufs ist, soweit der Mangel ohne Verschulden des Schuldners nach Vertragsschluss entstanden ist.1194 Zudem enthält das KBGB keine Vorschrift zur Nacherfüllung beim Stückkauf.1195 Im alten KZGB (koreanisches Zivilgesetzbuch), das bei der Entwicklung der Rechtsprechung eine Rolle spielte, war auch beim Gattungskauf kein Anspruch auf Nachlieferung einer mangelfreien vorgeschrieben. Ein solcher ist jetzt in § 581 Abs. 2 KBGB geregelt.1196 Zwar verliert die Gewährleistungstheorie in Korea derzeit durch die Verbreitung der Nichterfüllungstheorie und die Neuregelung des Gewährleistungsrechts beim Gattungskauf in § 581 KBGB an Bedeutung. Ihr Einfluss in Rechtsprechung und Lehre bleibt aber bestehen. So ist vom verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch die Rede,1197 obwohl in § 390 KBGB ausdrücklich das Verschuldensprinzip vorgeschrieben ist.1198 Die Verschuldensunabhängigkeit des Schadensersatzanspruchs im Rahmen des Gewährleistungsrechts wurzelt im Gedanken der Gewährleistungstheorie,1199 dass der Verkäufer nicht den Zustand der Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs,1200 sondern den Zustand der Sache zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 1194 Jeung Han Kim/Hak Dong Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (7. Aufl. 2006), S. 235; HyunChae Kim, Kommentar zum Schuldrecht, Besonderer Teil, Band 1 (1985), S. 534. 1195 Vgl. § 581 Abs. 2 KBGB. 1196 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 319. 1197 KOGH, Urteil vom 22. 7. 2003, 2002 Da 35676. Vgl. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 1. Halbband (13. Aufl. 1986), § 41 II c. 1198 Die Nichterfüllungstheorie in Korea basiert auf § 390 KBGB. Nach § 390 KBGB verpflichtet sich der Schuldner, die Leistung »in gehöriger Weise« zu erfüllen, wie bei § 362 Abs. 1 BGB. Nach der Nichterfüllungstheorie kann der Gläubiger somit die Annahme der Leistung nach § 536 (Einrede der Erfüllung Zug-um-Zug) und § 588 KBGB (Zahlungsverweigerung wegen Gefährdung) verweigern, falls sie nicht in gehöriger Weise erfüllt wird. 1199 Zu den Überlegungen des Gesetzgebers zum verschuldensunabhängigen Schadensersatz nach § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB vgl. MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), Vorbemerkung vor § 536 Rn. 10; BT-Drucks. 14/6857, S. 66. 1200 Den Zeitpunkt des Gefahrübergangs regelt das KBGB nicht ausdrücklich. Jedoch ist der Zeitpunkt durch Auslegung des § 587 KBGB erkennbar. § 587 KBGB: »[Fruchtziehung und Verzinsung des Kaufpreises] Der Käufer ist berechtigt, die Früchte aus der nach Abschluß des Kaufvertrages ihm nicht ausgelieferten Sache [richtig: nach Abschluß des Kaufvertrages ihm ausgelieferten Sache, Anmerkung des Verfassers] zu ziehen, aber verpflichtet, den Kaufpreis von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, in dem ihm die Sache geliefert wird, sofern nicht der Kaufpreis gestundet ist.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 124. Der Zeitpunkt des Gefahrübergangs ist damit der Zeitpunkt, in dem die Sache dem Käufer geliefert wird.

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gewähren müsse.1201 Damit ist das Gewährleistungsrecht nur für den anfänglichen Mangel ein Sonderregime geworden.1202 Der Schadensersatzanspruch wegen des anfänglichen Beschaffenheitsmangels beruhe daher nicht auf der leistungsbezogenen Pflichtverletzung, sondern beziehe sich unmittelbar auf das besonders geregelte Gewährleistungsrecht. Die Voraussetzungen des gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruchs knüpfen dadurch nicht notwendigerweise an die Voraussetzungen des allgemeinen Nichterfüllungsrechts an.1203 Durch die besonderen Vorschriften kann von den allgemeinen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs, wie etwa dem Verschuldensprinzip, abgewichen werden.1204 Für den Schadensersatzanspruch wegen des nachträglichen Mangels gilt weiterhin das allgemeine Nichterfüllungsrecht und damit das Verschuldensprinzip.1205 Nach der Gewährleistungstheorie wird dieses Ergebnis gesetzlich durch § 374 KBGB gestützt.1206 § 374 KBGB regelt eine besondere Sorgfaltspflicht des Schuldners bei der Erfüllung. Nach § 374 KBGB verpflichtet sich der Schuldner im Fall einer Stückschuld, die Sache vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an bis zur Übergabe mit erhöhter Sorgfalt zu bewahren. Damit werde anerkannt, dass die zwei Rechtsinstitute Gewährleistungsrecht (das einen anfänglichen Mangel voraussetzt) und Nichterfüllungsrecht (das die Verletzung der erhöhten Sorgfaltspflicht nach § 374 KBGB voraussetzt) beim Stückkauf nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses voneinander getrennt werden. Unter Einbeziehung des § 462 KBGB müsse der gesetzgeberische Wille so verstanden werden, dass der Verkäufer im Fall des Stückkaufs nach § 462 KBGB zur Lieferung der beim Vertragsschluss bestimmten Speziessache verpflichtet ist und ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses der erhöhten Sorgfaltspflicht nach § 374 KBGB unterliegt.

1201 Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Besonderer Teil (2000), S. 179; KOGH, Urteil vom 18. 1. 2000, 98 Da 18506; KOGH, Urteil vom 13. 2. 1958, 4290 Minsang 762. 1202 Yoon-Jik Kwak/Dae-Hee Kim, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 11 Schuldrecht IV (1999), S. 53. 1203 Nach herrschender Lehre richtet sich der Schadensersatz im Rahmen des Gewährleistungsrechts nach dem Ersatz des Vertrauensschadens. S. Yoon-Jik Kwak, Schuldrecht, Besonderer Teil (2000), S. 168; Ki-Sun Kim, Koreanisches Schuldrecht, Besonderer Teil (1988), S. 135. 1204 Hyung-Bae Kim, Recherche des bürgerlichen Rechts (1986), S. 230. Dagegen Kyu-Chang Cho, Sachmangelhaftung im Kaufrecht, Archiv für juristische Recherche Band 21 (1983), S. 256. 1205 KOGH, Urteil vom 29. 12. 1970, 70 Da 2449. 1206 § 374 KBGB: »[Sorgfaltspflicht bis zur Übergabe] Ist eine bestimmte Sache zu übergeben, so hat der Schuldner die Sache bis zur Übergabe mit gleicher Sorgfalt aufzubewahren wie ein guter Verwalter.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 83.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Tabelle 4. System des Gewährleistungsrechts bei unbehebbaren Mängeln im KBGB nach der Gewährleistungstheorie Mangel nach Mangel vor Vertragsschluss Vertragsschluss, vor Gefahrübergang Nachlieferung der mangelfreien Sache (§ 581 Abs. 2 Gattungs- KBGB), kauf Wandelung oder Schadensersatz (§ 581 i. V. m. § 580 KBGB) VerschuldensWandelung oder Minderung ipso iure wegen unabhängige Schadensersatz (§ 580 quantitativer sowie Rechtsbehelfe StückAbs. 1 i. V. m. § 575 Abs. 1 qualitativer Unmöglichkeit kauf KBGB), (§ 537 KBGB) Minderung (§ 574 i. V. m. § 572 Abs. 1 KBGB)1207 Schadensersatz wegen Allgemeine Rechtsbehelfe anfänglicher wegen Nichterfüllung: Verschuldensabhängige Unmöglichkeit (§ 535 Rücktritt (§ 546 KBGB)1209 Rechtsbehelfe KBGB)1208 oder Schadensersatz (§ 390 KBGB)

Nach der Nichterfüllungstheorie dagegen ist der Haftungsgrund im Gewährleistungsrecht die Verletzung der Pflicht, die Sache mangelfrei zu verschaffen.1210 Nach der Nichterfüllungstheorie ist es somit nicht notwendig, wie in § 374 KBGB eine besondere Sorgfaltspflicht des Schuldners zu regeln.1211 In der Tat ist die Trennung des Haftungsgrundes gemäß §§ 374, 462 KBGB mit der Gewährleistungstheorie leichter erklärbar. Konsequenterweise versucht die Nichterfüllungstheorie in Korea die Bedeutung der §§ 374, 462 KBGB teleologisch zu reduzieren, um die beiden Rechtsinstitute wieder zusammenzufassen. § 374 1207 S. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 335f. 1208 § 535 KBGB: »[Verschulden bei Vertragsabschluß] (1) Wer bei Abschluß eines Vertrages, der eine unmögliche Leistung zum Gegenstand hat, die Unmöglichkeit der Leistung kannte oder kennen mußte, hat den Schaden zu ersetzen, den der andere Teil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraute. Der Schadenersatz kann jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinausgehen, das der andere Teil an der Gültigkeit des Vertrages hat. (2) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden jedoch keine Anwendung, wenn der andere Teil die Unmöglichkeit der Leistung beim Vertragsabschluß kannte oder kennen mußte.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 114. 1209 Umstritten ist jedoch die Frage, ob der Rücktritt das Verschulden des Schuldners voraussetzt. S. Kyung-Hyo Ha, Die Voraussetzungen für die Nichterfüllung und den Rücktritt, Korea Law Review Band 40 (2003), 67ff. 1210 Die Mangelhaftigkeit der Sache wird somit zum Zeitpunkt bestimmt, in dem die Gefahr der Sache auf den Käufer übergegangen ist. S. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 353f. 1211 S. Soon-Koo Myung, First Step for Unification of Laws Relating to Breach of Contract, Rechtsvergleichung des Privatrechts Band 13 Heft 4 (2006), S. 320f.

Minderung und ihre Rechtsfolge

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KBGB wird sogar mit Verweis auf die Entwicklungsgeschichte des KBGB als ein klarer Gesetzgebungsfehler kritisiert. Denn bei der Gesetzgebung des KBGB wurde § 374 KBGB von § 400 JZGB (Japanisches Zivilgesetzbuch) beeinflusst. § 400 JZGB war wiederum von Art. 1136 Code civil beeinflusst. Somit harmoniert § 374 KBGB nicht mit den anderen Vorschriften des KBGB.1212 Hebt man die Trennung auf, stehen dem Käufer bei einem Mangel vor Gefahrübergang die Gewährleistungsrechte neben den allgemeinen Rechtsbehelfen aus dem Nichterfüllungsrecht zu.1213 Die Rechtsprechung befürwortet wie ein Großteil der Literatur die Nichterfüllungstheorie. c. Schadensersatz als Gewährleistungsrecht neben der Minderung im KBGB Problematisch ist, welche Rolle die Minderung im Verhältnis zu einem verschuldensunabhängigen gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch spielt.1214 Seine Funktion wird von der Rechtsprechung häufig mit der der Minderung gleichgesetzt.1215 Im Ergebnis erfüllen beide Rechtsinstitute jedoch vor allem hinsichtlich der Rechtsfolge unterschiedliche Funktionen. Dies hängt mit ihren unterschiedlichen geschichtlichen Wurzeln zusammen.1216 Dass der Schadensersatz nach § 393 KBGB umfangreicher berechnet werden kann als nach § 249 BGB,1217 ändert die Funktion des Schadensersatzanspruchs nicht. Denn § 393 KBGB bezieht sich nicht auf die Funktion, sondern auf die tatsächliche Feststellung der Schadensposten, wie der entgangene Gewinn nach § 252 BGB oder der immaterielle Schaden nach § 253 BGB. Obwohl der Schadensersatz und die Minderung auf die Wiederherstellung eines hypothetischen Zustandes abzielen, unterscheiden sich beide im Hinblick auf den Zustand, den der Berechtigte anstrebt. Der Schadensersatz soll den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung in Form des Mangels nicht vorgelegen hätte.1218 Hingegen bezweckt die Minderung, bezüglich der Gegenleistung den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn die In1212 S. Soon-Koo Myung, First Step for Unification of Laws Relating to Breach of Contract, Rechtsvergleichung des Privatrechts Band 13 Heft 4 (2006), S. 321f. 1213 Beispielsweise KOGH, Urteil vom 23. 11. 1993, 93 Da 37328; KOGH, Urteil vom 22. 7. 2004, 2002 Da 51586. 1214 S. Kyu-Chang Cho, Gewährleistungshaftung der Sache, Ratio und Intuition (1998), S. 179ff. 1215 Beispielsweise KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946. 1216 Zu den Wurzeln des Schadensersatzanspruchs im römischen Recht vgl. Honsell, Römisches Recht (8. Aufl. 2015), S. 88ff. 1217 § 393 KBGB: »[Umfang des Schadensersatzes] (1) Die Höhe des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung kann den Betrag nicht überschreiten, der unter gewöhnlichen Umständen entstehen würde. (2) Für den infolge eines außergewöhnlichen Umstandes entstehenden Schaden ist der Schuldner nur dann verantwortlich, wenn er diesen Umstand kannte oder kennen mußte.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 87. 1218 Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (2. Aufl. 1999), S. 235ff.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

formationspflicht nicht verletzt worden wäre, der Gläubiger den Mangel also beim Vertragsschluss gekannt hätte.1219 Durch die Minderung wird dem Gläubiger der verhältnismäßige Teil der Gegenleistung zurückerstattet, den er infolge der Unkenntnis des Mangels beim Vertragsschluss zu viel versprochen und bezahlt hat.1220 Die Minderung bezieht sich auf die Korrektur der infolge der Unkenntnis des Mangels gestörten subjektiven Wertentscheidung beim Vertragsschluss, also auf die Korrektur der gestörten subjektiven Äquivalenz.1221 Die Gleichstellung der Minderung mit dem Schadensersatz beruht auf der falschen Annahme, dass der infolge der Minderung herabzusetzende Betrag dem Mangelschaden entspreche.1222 Diese Annahme ist nur in dem idealen Fall richtig, in dem der Kaufpreis den objektiven Wert der Sache genau widerspiegelt. In anderen Fällen ist sie falsch. Ein Beispiel, in dem die Annahme nicht zutrifft, ist, dass K einen Laptop zum Preis von 800 Euro kauft, der normalerweise für einen Preis von 1200 Euro verkauft wird.1223 Bei Gefahrübergang bemerkt K einen Mangel, der den objektiven Wert des Laptops um 200 Euro reduziert. In diesem Fall ist für K der Anspruch auf den Mangelschaden vorteilhafter als die Minderung. Denn K erhält den Laptop im Wert von 1000 Euro und zusätzlich 200 Euro für den Mangelschaden. Im Ergebnis erzielt K einen Gewinn von 400 Euro. Wenn K Minderung verlangt, muss er den verhältnismäßig geminderten Preis von 666,67 Euro bezahlen1224 und erhält den Laptop im Wert von 1000 Euro. Im Ergebnis hat er einen Gewinn von 333.33 Euro. Das Ergebnis ist anders, wenn der Käufer aufgrund einer falschen Einschätzung ein schlechtes Geschäft gemacht hat. Beispielsweise kauft K für 800 Euro einen Laptop, der normalerweise zum Preis von 700 Euro verkauft wird. Bei Gefahrübergang bemerkt K einen Mangel, der eine Wertminderung von 100 Euro mit sich bringt. In diesem Fall ist die Minderung für Kvorteilhafter als der Schadensersatzanspruch. Infolge der Minderung kann K den Laptop im Wert von 600 Euro für einen Preis von 685,71 Euro erhalten.1225 Im Ergebnis schrumpft das Vermögen des K um 85,71 Euro. Wenn K aber Schadensersatz verlangt, bekommt er 100 Euro, um den Mangel zu beseitigen. Im Ergebnis hat K einen Verlust von 100 Euro, weil er von Anfang an einen Verlust von 100 Euro hatte.

1219 1220 1221 1222 1223

Dazu s. o. Dritter Teil § 4 I 1 und 2. Hellweg, AcP 59 (1876), S. 40. Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 3ff.; Korth, Minderung beim Kauf (2010), S. 91ff. Dazu ausführlich s. o. Zweiter Teil § 2 III 2 und 3. Der Fall von St. Lorenz/Riehm ist hier verändert übernommen. Vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht (2002), Rn. 425. 1224 Der Betrag wird auf folgende Weise berechnet: (800 V 1000) /1200 = 666,67. 1225 Der Betrag wird auf folgende Weise berechnet: (800 V 600) /700 = 685,71.

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Minderung und ihre Rechtsfolge

Beispiel eines guten Geschä!s 600 400 200 0 -200

Vor der Leistung

Erbringung der Leistung

Erhalt der Gegenleistung

-400 -600 -800 -1000 Geplanter Zustand

Tatsächlicher Zustand

Zustand nach Minderung

Beispiel eines schlechten Geschä!s 0 -100

Vor der Leistung

Erbringung der Leistung

Erhalt der Gegenleistung

-200 -300 -400 -500 -600 -700 -800 -900 Geplanter Zustand

Tatsächlicher Zustand

Zustand nach Minderung

Hier könnte gefragt werden, warum der Käufer den Vertrag überhaupt abgeschlossen hat, obwohl das Geschäft für ihn in wirtschaftlicher Hinsicht schlecht war. Der Grund liegt nicht nur in misslungenen Verhandlungen oder falschen Werturteilen, sondern auch in Elementen, die sich außerhalb des Vertrages

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

befinden, wie der Erwerbschance beim Weiterverkauf,1226 oder in Elementen, die keinem wirtschaftlichen Zweck dienen, wie dem Affektionsinteresse.1227 Diese Elemente bedürfen zur Einrechnung in den Schaden besonderer Voraussetzungen1228 und können nur in den Erfüllungsschaden eingerechnet werden.1229 Eine Ansicht befürwortet die Gleichstellung von Minderung und Schadensersatz, weil der gewährleistungsrechtliche Schadensersatz nur den Vertrauensschaden ausgleiche,1230 nicht den Erfüllungsschaden.1231 Somit umfasse der gewährleistungsrechtliche Schadensersatz nur den Mangelschaden bzw. die Aufwendungen zur Beseitigung des Mangels, aber nicht den Mangelfolgeschaden bzw. den entgangenen Gewinn.1232 Nach dieser Ansicht wird der Vertrauensschaden nicht vom Mangelschaden unterschieden.1233 Sie behauptet sogar, dass der Vertrauensschaden genau den Betrag darstelle, der im Fall der Minderung verhältnismäßig herabgesetzt wird.1234 Jedoch ist es dieser Ansicht nicht gelungen, zu erklären, warum bei der Berechnung des Schadensersatzes die subjektive Wertentscheidung, das heißt die Höhe der Gegenleistung, in Betracht gezogen werden muss. Das subjektive Werturteil des Gläubigers und die freiwillige Erbringung der Aufwendungen machen keinen Schaden aus und das KBGB enthält keine Vorschrift wie § 284

1226 Vgl. § 252 BGB. 1227 Vgl. § 253 BGB. 1228 Vgl. § 253 Abs. 1 BGB. »Das hier erkennende Gericht vertritt die Auffassung, dass das sogenannte Affektionsinteresse oder Liebhaberinteresse, soweit es um Entschädigung in Geld geht, von dem an wirtschaftlichen Interessen ausgerichteten Schadensersatzbegriff des § 249 BGB nicht erfasst wird. Bei dem Affektionsinteresse, das auf den persönlichen Gefühlswert des Geschädigten abstellt, handelt es sich um immateriellen Schaden im Sinne von § 253 BGB. Nach dieser Vorschrift kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.« LG Traunstein, Urteil vom 10. 8. 1983 – 5 S 1658/83, NJW 1984, 1244, 1244. 1229 Vgl. § 252 S. 2 BGB. Vgl. HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 252 Rn. 1 ff.; MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 252 Rn. 31. 1230 Yoon-Jik Kwak/Hyo Sun Nam, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 14 Schuldrecht VII (2002), S. 221ff. 1231 Vgl. KOGH, Urteil vom 18. 5. 1967, 66 Da 2618; KOGH, Urteil vom 19. 1. 1993, 92 Da 37727. Die beiden Urteile vertreten den Ersatz des Erfüllungsschadens beim gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch. 1232 Vgl. KOGH, Urteil vom 14. 11. 1989, 89 Daka 15298. Dieses Urteil vertritt den Ersatz des entgangenen Gewinns beim gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch. S. auch Ju Su Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 1997), S. 205; Eun-Young Lee, Schuldrecht, Besonderer Teil (3. Aufl. 1999), S. 316ff.; Jun-Su Park/Hyun-Chae Kim, Kommentar zum BGB, Schuldrecht Besonderer Teil (3) (1999), S. 164. 1233 S. Hyung-Bae Kim, Schuldrecht, Besonderer Teil (2. Aufl. 2001), S. 356f. 1234 S. Jun-Su Park/Hyun-Chae Kim, Kommentar zum BGB, Schuldrecht Besonderer Teil (3) (1999), S. 158, 166f.; Won Lim Ji, Lehrbuch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (10. Aufl. 2012), S. 1424, 1429f.

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BGB.1235 Die Minderung würde überflüssig werden, wenn Tatbestand und Rechtsfolge beider Rechtsbehelfe gleichgesetzt würden. Dieses Ergebnis steht dem Gesetzestext nach §§ 572 Abs. 3, 578, 674–6 Abs. 3 KBGB entgegen, weil die Minderung in diesen Vorschriften ausdrücklich als ein selbstständiger Rechtsbehelf neben dem Schadensersatzanspruch vorgeschrieben ist. Außerdem verwickelt sich diese Ansicht in Widersprüche. Denn sie gilt zwar im Fall des Sachmangels, nicht aber beim Rechtsmangel. Beim Rechtsmangel wird behauptet, der Verkäufer verpflichte sich gemäß § 569 KBGB, das vollständige Recht zu verschaffen. Folgerichtig richtet sich der gewährleistungsrechtliche Schadensersatz beim Rechtsmangel auf den Erfüllungsschaden.1236 Die Minderung und der Schadensersatz sind im Rahmen des Gewährleistungsrechts funktional unterschiedlich. Unabhängig von den Fragen, ob der verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch in Anbetracht des § 390 KBGB ein Systemwiderspruch ist und ob die beiden Schadensersatzsysteme zu einer unnötigen Verkomplizierung führen, hat der Gesetzgeber des KBGB den gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch neben der Minderung als einen eigenständigen Rechtsbehelf geschaffen. Obwohl in einigen idealen Fällen der Schadensersatz der Minderung nahekommt, rechtfertigt dies nicht ihre Gleichstellung.

3.

Allgemeine Minderung im DCFR

Anders als das BGB und KBGB regelt der DCFR die Minderung in allgemeiner Weise. Die Minderung ist als ein allgemeiner Rechtsbehelf für den Fall der Nichterfüllung in Art. III. – 3:601 DCFR vorgeschrieben. Neben Art. III. – 3:601 DCFR schreibt auch Art. IV.B. – 4:102 DCFR die Minderung vor, er knüpft aber an die allgemeine Regelung des Art. III. – 3:601 DCFR an. Art. IV.B. – 4:102 DCFR soll die allgemeine Minderungsregelung für das Mietvertragsrecht angemessen modifizieren.1237 Dieses Konzept des DCFR ist sehr auffällig, weil das BGB die Minderung absichtlich nicht in die allgemeinen Rechtsbehelfe für Leistungsstörungen integriert1238 und die Minderung beim KBGB zwar allgemein angewendet werden kann, jedoch nur mittelbar durch entsprechende Anwendung des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts.1239 1235 Vgl. »Glücksfallargument« in BT-Drucks. 14/6040, S. 143. 1236 KOGH, Urteil vom 18. 5. 1967, 66 Da 2618. Dagegen spricht eine Entscheidung des KObGH in Pusan (Urteil vom 6. 5. 1992, 91 Na 11896) vom Ersatz des Vertrauensschadens. 1237 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1513f., 1527f. 1238 § 326 Abs. 1 S. 2 BGB. S. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 223. 1239 § 567 KBGB.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

a. Regelung der Minderung im DCFR Nach Art. III. – 3:601 Abs. 1 S. 1 DCFR kann der Gläubiger die verhältnismäßige Herabsetzung des Preises verlangen, wenn die Leistung mangelhaft ist. Was die Mangelhaftigkeit anbelangt, schreibt Art. III. – 3:601 DCFR nur grob vor, dass es um die Abweichung der erbrachten Leistung von den vereinbarten Bedingungen (Nonkonformität) geht. Dies ist nach seinem Kommentar so umfangreich auszulegen, dass die Nonkonformität der Leistung aus quantitativen oder qualitativen Mängeln und sogar Faktoren wie der falschen Lieferzeit resultieren kann.1240 Beim DCFR ist die Minderung so konzipiert, dass der Gläubiger die mangelhafte Leistung erhält und den Preis unabhängig vom Verschulden des Schuldners herabsetzen lässt.1241 Dementsprechend steht dem Gläubiger ius variandi zwischen Minderung und Ersatz des Mangelschadens zu.1242 Natürlich kann der Gläubiger den Ersatz des Folgeschadens verlangen, der durch Minderung und Ersatz des Mangelschadens nicht auszugleichen ist.1243 Außerdem regelt der DCFR die Minderung in Art. IV.B. – 4:102 DCFR. Sie ist eine Sonderregelung, die die allgemeinen Regelungen teilweise modifiziert.1244 Nach Art. IV.B. – 4:102 (1) DCFR kann der Mieter die Miete mindern, wenn der Wert der Leistung nicht mit dem übereinstimmt, was der Vermieter versprochen hat, wenn die Leistung also z. B. verzögert oder nicht vertragsgemäß erbracht wird. Falls die Reduktion des Leistungswerts vom Mieter verursacht wird, gilt dies nicht.1245 Bei der Minderung der Miete für einen bestimmten Zeitraum ist es nicht entscheidend, ob der Vermieter in diesem Zeitraum tatsächlich die Möglichkeit hatte, den Leistungsmangel zu beseitigen.1246 Nach Art. IV.B. – 4:102 (2) DCFR darf der Mieter die Minderung geltend machen, obwohl dem Vermieter nach Artt. III. – 3:103, III. – 3:202 (2), III. – 3:204 DCFR die Chance zur Nacherfüllung gewährt wird.1247 Im Prinzip darf der Gläubiger nach Artt. III. – 3:103 (2), III. – 3:202 (2), III. – 3:204 (1) DCFR während der Frist zur Nacherfüllung nur die Zurückbehaltung seiner Verpflichtung in Anspruch nehmen. Diese Regelung wird beim Mietvertrag selbstverständlich nicht angewendet, weil die Nacherfüllung im Dauerschuldverhältnis nur die Mangelhaftigkeit der künftigen Leistung beseitigen kann. 1240 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 910. 1241 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 910f. 1242 Art. III.–3:601 (3) DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 910. 1243 Art. III.–3:601 (3) DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 911. 1244 Art. IV.B. – 4:102 (2) DCFR. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1527. 1245 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1527f. 1246 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1527. 1247 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1527.

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Somit ist es notwendig, die bereits eingetretene Beeinträchtigung des Interesses auszugleichen, obwohl der Vermieter noch die Möglichkeit zur Nacherfüllung hat.1248 Der Mieter verliert sein Recht zur Minderung jedoch für den Zeitraum, in dem er dem Vermieter die Vertragswidrigkeit verzögert mitgeteilt hat.1249 b. Berechnungszeitpunkt Die Berechnung der Minderung erfolgt grundsätzlich durch die gleiche Methode wie in § 441 Abs. 3 BGB. Ein großer Unterschied liegt jedoch im Zeitpunkt der Berechnung der Minderung.1250 Nach § 441 Abs. 3 BGB wird die Minderungsquote danach bestimmt, inwieweit der Wert der mangelhaften Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von dem hypothetischen Wert der mangelfreien Leistung abweicht. Dagegen ist nach Art. III. – 3:601 (1) DCFR der Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgeblich.1251 Somit trägt der Schuldner neben der Preisgefahr1252 das Risiko der Preisänderung, das beim BGB und KBGB dem Gläubiger auferlegt wird. Dies ist fragwürdig, weil ein vernünftiger Gläubiger bei der Bestimmung des Preises das Marktrisiko der Preisänderung beachten müsste. Warum sollte das Risiko, das der Gläubiger beim Vertragsschluss in seine Überlegungen einbezieht, nach Vertragsschluss auf den Schuldner übergehen?1253 Dass der Schuldner im Fall der Minderung seine Pflicht verletzt hat, rechtfertigt nicht, dass ihm ein außervertragliches Risiko wie das Risiko der Preisänderung aufgebürdet wird. Dies ist

1248 1249 1250 1251

von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1527. Art. IV.B. – 4:102 (3) i. V. m. Art. IV.B. – 4:103 DCFR. Vgl. Basedow, Reform des deutschen Kaufrechts (1988), S. 72f. Vgl. Art. 50 CISG: »If the goods do not conform with the contract and whether or not the price has already been paid, the buyer may reduce the price in the same proportion as the value that the goods actually delivered had at the time of the delivery bears to the value that conforming goods would have had at that time. However, if the seller remedies any failure to perform his obligations in accordance with article 37 or article 48 or if the buyer refuses to accept performance by the seller in accordance with those articles, the buyer may not reduce the price.« 1252 Art. IV.A. – 5:101 DCFR. 1253 Vgl. § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB. In § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist geregelt, dass die Gefahr der Verschlechterung und des Untergangs der empfangenen Leistungen und gezogenen Nutzungen in bestimmten Fällen wieder auf die andere Partei übergeht. Der Gefahrübergang bei Übergabe (beispielsweise nach § 446 BGB) wird also abgelehnt. Dass die Gefahr nach § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB wieder auf die andere Partei übergeht, wird damit begründet, dass der Rücktrittsgegner seine Pflicht verletzt habe, sein Vertrauen auf den Gefahrübergang daher nicht schutzwürdig sei und er deshalb das Risiko der Verschlechterung bzw. des Untergangs tragen müsse. MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 54.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

besonders zweifelhaft, weil die Minderung anders als der Schadensersatz ohne Verschulden des Schuldners verlangt werden kann.1254 Im Ergebnis werden die Minderungsbeträge im DCFR anders als im BGB und KBGB berechnet. Beim oben vorgestellten Beispielsfall des guten Geschäfts bezahlt der Käufer nach Geltendmachung der Minderung 666,67 Euro.1255 Wäre der Preis des Laptops zwischen Vertragsschluss und Leistungserbringung um 100 Euro gesunken, würde der Preis im mangelfreien Zustand 1100 Euro und im mangelhaften Zustand 900 Euro betragen.1256 Der Käufer müsste im Fall der Minderung 654,55 Euro bezahlen.1257 Legt man den Zeitpunkt des BGB und KBGB zugrunde, müsste er 666,67 Euro bezahlen. Im Vergleich verliert der Verkäufer 12,12 Euro, weil er teilweise das Risiko der Preisänderung trägt. Hingegen kann er nach dem Zeitpunkt des DCFR zusätzlichen Gewinn erzielen, wenn der Preis im gleichen Zeitraum (nach Vertragsschluss, jedoch vor Leistungserbringung) gestiegen ist. Beim zweiten Beispielsfall, der ein schlechtes Geschäft beinhaltet, bezahlt der Käufer infolge der Minderung 685,71 Euro.1258 Wäre der Preis des Laptops bis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung um 150 Euro gestiegen, würde er im mangelfreien Zustand 850 Euro und im mangelhaften Zustand 750 Euro kosten. Dementsprechend müsste der Käufer nach Geltendmachung der Minderung 705,88 Euro bezahlen.1259 Legt man den Zeitpunkt des BGB und KBGB zugrunde, müsste er nur 685,71 Euro bezahlen. Der Verkäufer hat also ohne triftigen Grund einen zusätzlichen Gewinn von 20,17 Euro. c. Risiko der Preisänderung Dieses Ergebnis ist zusätzlich fragwürdig, wenn man bedenkt, warum der Käufer den Laptop zum Preis von 800 Euro gekauft hat, obwohl der übliche Marktpreis nur 700 Euro beträgt. Diese auf den ersten Blick unvernünftig wirkende Wert1254 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 911. S. auch Basedow, Reform des deutschen Kaufrechts (1988), S. 73. 1255 K kauft einen Laptop zum Preis von 800 Euro. Der Laptop wird am Markt für einen Preis von 1200 Euro verkauft. Wegen des Mangels sinkt der objektive Wert des Laptops um 200 Euro. Der Betrag der Minderung wird auf folgende Weise berechnet: (800 V 1000) / 1200 = 666,67. 1256 In dieser Rechnung werden 200 Euro (Minderwert) vom gesunkenen Preis (1100 Euro) abgezogen. Der Minderwert kann sich nach Maßgabe der Preisänderung ändern. Die Kosten der Mangelbeseitigung werden jedoch nicht immer davon beeinflusst. S. BGH, Urteil vom 24. 2. 1972 – VII ZR 177/70, NJW 1972, 821. 1257 Der Betrag wird auf folgende Weise berechnet: (800 V 900) /1100 = 654,55. 1258 K kauft einen Laptop zum Preis von 800 Euro. Der Laptop wird am Markt für einen Preis von 700 Euro verkauft. Wegen des Mangels sinkt der objektive Wert des Laptops um 100 Euro. Der Betrag der Minderung wird auf folgende Weise berechnet: (800 V 600) /700 = 685,71. 1259 Der Betrag wird auf folgende Weise berechnet: (800 V 750) /850 = 705,88.

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entscheidung des Gläubigers ergibt sich in aller Regel aus seinen künftigen Erwartungen wie dem Gewinn des Weiterverkaufs oder der Preissteigerung, soweit die Wertentscheidung nicht von wirtschaftlich irrationalen Faktoren beeinflusst wird. Diese außervertraglichen Elemente werden als Gewinnchance des Käufers bezeichnet. Natürlich führen sie gegebenenfalls zum Verlust.1260 Im Prinzip trägt der Gläubiger das Risiko der Preisänderung. Er muss ihm bei der Preisentscheidung Rechnung tragen. Es ist unvorstellbar, dass der Käufer behauptet, er müsse weniger bezahlen als er versprochen hat, weil der Preis der Leistung zwischenzeitlich gesunken sei. Ebenso unvorstellbar ist die Behauptung des Verkäufers, dass er mehr bekommen solle als ihm versprochen wurde, weil der Preis der Leistung vor der Leistungserbringung gestiegen sei. Der gleiche Gedanke muss auch im Fall der Minderung gelten. Jedoch könnte für die Regelung des Art. III. – 3:601 (1) DCFR argumentiert werden, dass der Zeitpunkt der Berechnung des Minderungsbetrags mit dem Zeitpunkt der Feststellung der Mangelhaftigkeit gleichgesetzt werden muss, weil dies aus Sicht der Nichterfüllungstheorie angemessen erscheint und dadurch die Bestimmung eines hypothetischen Werts der mangelfreien Leistung nicht unnötig verkompliziert wird. In der Tat ist die hypothetische Wertfeststellung der mangelfreien Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schwieriger als zum Zeitpunkt der Leistungserbringung,1261 weil der Zeitpunkt des Vertragsschlusses weiter in der Vergangenheit liegt. Außerdem muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass der Schuldner im Fall der Minderung seine Pflicht verletzt hat. Die daraus resultierenden Nachteile muss er hinnehmen.1262 Für die Minderungsberechnung muss dennoch der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend sein. Denn es entspricht dem Willen beider Parteien, dass der Gläubiger das Risiko der Preisänderung (Gewinnchance und Verlustrisiko) trägt. Dementsprechend wird es dem Gläubiger vertraglich aufgebürdet. Die Tatsache, dass der Schuldner seine Pflicht verletzt hat, spielt daher keine Rolle. Denn das Marktrisiko wird bei Vertragsschluss vertraglich verteilt. Weiterhin folgt aus der Nichterfüllungstheorie kein Argument, dass der Zeitpunkt der 1260 »Dazu nahm Smith einen »natürlichen« Preis an, der sich aus dem Arbeitswert eines Produkts ergibt. Wenn der Marktpreis größer als der natürliche Preis wird, ist die Profitrate hoch, so daß sich die Produktion ausweitet und damit zur Preissenkung führt. Die umgekehrte Bewegung tritt ein, wenn der Marktpreis kleiner als der natürliche Preis ist. Durch Gewinnchancen und Verlustrisiken steuert sich also das Marktsystem selbst und strebt einem absoluten Gleichgewichtszustand von Angebot und Nachfrage zu.« Mainzer, Komplexe Systeme und Nichtlineare Dynamik in Natur und Gesellschaft (1999), S. 24. 1261 Vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen (6. Aufl. 2013), CISG Art. 50 Rn. 11. 1262 »After all, it is the debtor who has been guilty of the non-performance. If there is any doubt about the fairness of allowing an attempted cure it ought to be resolved in favour of the innocent creditor.« von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 812.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Mangelbestimmung und der Zeitpunkt der Minderungsberechnung gleichgesetzt werden müssten. Der Erste bezieht sich auf den Tatbestand und der Zweite auf die Rechtsfolge. Die Nichtübereinstimmung beider Zeitpunkte bedeutet deshalb keinen Systemwiderspruch. Schließlich ist die Minderung kein Rechtsbehelf, der sich auf den Schaden bezieht.1263 Der Zeitpunkt nach Art. III. – 3:601 (1) DCFR entspricht jedoch dem Zeitpunkt der Schadensberechnung.1264

III.

Rechtsfolge der Minderung

Zur Berechnung des Minderungsbetrags nimmt § 441 Abs. 3 S. 1 BGB die ursprünglich vereinbarte Gegenleistung in Bezug. Savigny koppelte die actio quanti minoris an die Gegenleistung, indem er die Minderung als einen besonderen Rechtsbehelf für den Beschaffenheitsirrtum bei Vertragsschluss einordnete.1265 Mommsen vertrat das gleiche Ergebnis, jedoch mit anderer Begründung. Nach seiner Ansicht muss der Schuldner dem Gläubiger das Interesse gewähren, das bestünde, wenn der Gläubiger den Mangel bei Vertragsschluss gekannt hätte.1266 Somit war der Auslöser des Minderungsbehelfs die Verletzung der Anzeigepflicht.1267 Die proportionale Berechnungsmethode war jedoch weder im gemeinen Recht noch im römischen Recht ausdrücklich geregelt.1268 Man war sich nicht einig über die Berechnungsmethode.1269 Einerseits diente die verhältnismäßige Herabsetzung des Kaufpreises als Berechnungsmethode.1270 Andererseits wurde der objektive Wertabzug vom Kaufpreis als angemessen angesehen.1271 Jedoch löste diese Uneinigkeit im römischen Recht keinen Konflikt aus, weil angenommen wurde, dass der Kaufpreis den objektiven Wert des Kaufgegenstandes ziemlich genau widerspiegelt.1272 Nach heutiger herrschender Ansicht bezweckt die Minderung keinen Abzug des objektiven Mangelwertes vom Kaufpreis.1273

1263 Zum Zeitpunkt der Wertbemessung bei der Leistungskondiktion vgl. Kaiser, Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge (2000), S. 342ff. 1264 Vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen (6. Aufl. 2013), CISG Art. 50 Rn. 11. 1265 von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 3 (1840), S. 358f. 1266 Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung (1853), S. 197f. 1267 Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse (1855), S. 282. 1268 Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 74. 1269 Harke, AcP 205 (2005), S. 69. 1270 Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 75f.; Zimmermann, The Law of Obligations (1996), S. 318. 1271 Bechmann, Der Kauf nach gemeinem Recht, Teil 3 Hälfte 2 (1965), S. 161. 1272 Jakab, Praedicere und cavere beim Marktkauf (1997), S. 10; Hanausek, Die Haftung des Verkäufers für die Beschaffenheit der Waare (1883), S. 128. 1273 Hingegen ist die Minderung beispielsweise nach der Ansicht von Jhering auf den Ausgleich

Minderung und ihre Rechtsfolge

189

Sie ist beim BGB, KBGB und DCFR auf die verhältnismäßige Herabsetzung des Kaufpreises gerichtet.

1.

Proportionale Berechnungsmethode

Die Rechtsfolge der Minderung ist anders als die des Schadensersatzes, obwohl häufig behauptet wird, sie seien deckungsgleich.1274 Der Unterschied in der Rechtsfolge ist schon durch die proportionale Berechnungsmethode gesetzlich klargestellt. Die vorstellbare und auch vorgeschlagene Alternative für die Rechtsfolge der Minderung ist der Ersatz des Erfüllungsinteresses.1275 Denn so könne entweder der wegen des Mangels verminderte objektive Wert der Leistung1276 oder der Differenzbetrag, der zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert besteht,1277 kompensiert werden. Damit werden jedoch die subjektiven Wertentscheidungen beider Vertragsparteien, die dem Vertragsschluss zugrunde liegen, außer Acht gelassen.1278 Die objektive Vorwerfbarkeit (objektive Zurechenbarkeit) der Herbeiführung einer Vermögensbeeinträchtigung wird in den Vordergrund gestellt.1279 Hiermit nähert sich die Minderung dem Schadensersatz an. Dieser Weg ist jedoch nicht vom BGB, KBGB und DCFR vorgeschrieben.1280 Bei der Gesetzgebung des BGB kam eine modifizierte Ansicht auf, dass der Minderungsbetrag in verhältnismäßiger Weise berechnet,

1274 1275 1276 1277 1278

1279

1280

des beeinträchtigten Erfüllungsinteresses ausgerichtet. S. v. Jhering, Culpa in contrahendo oder Schadensersatz, JherJb 4 (1861), S. 17. S. Dedek, Negative Haftung aus Vertrag (2007), S. 188ff.; Honsell, Quod interest im bonaefidei-iudicium (1969), S. 78. Vgl. § 440 Abs. 3 BGB-KE und § 441 Abs. 3 BGB-RE. S. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 235. S. Canaris, ZRP 2001, 329, 335; Gaier, ZRP 2001, 336, 337. Zimmer, Das geplante Kaufrecht (2001), S. 201; Honsell, JZ 2001, 278, 282. Insbesondere muss das subjektive Affektionsinteresse besonders behandelt werden. »Nicht gefolgt wird auch dem Vorschlag, bei der Berechnung des Minderungsbetrags subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Wird durch den Mangel der Kaufsache ein Affektionsinteresse des Käufers verletzt, kann der Verkäufer unter Umständen bereits nach § 439 Abs. 3 RE die Nacherfüllung verweigern, weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Subjektive Erwartungen und Vorstellungen können bei der insoweit gebotenen umfassenden Interessenabwägung besser berücksichtigt werden als bei der Minderung.« BT-Drucks. 14/6040, S. 235. Das konditionelle Synallagma rechtfertigt die Rechtsfolge der Minderung. Ohne Vorliegen eines solchen synallagmatischen Verhältnisses wird ein Rechtfertigungsgrund dafür benötigt, dem Schuldner die Haftung für das beeinträchtigte Interesse aufzuerlegen. S. Maeda, FS Hyung-Bae Kim (1995), S. 273ff. Zur gesetzgeberischen Entscheidung beim BGB s. »Die Neufassung des Absatzes 3 greift die derzeit geltende Regelung des § 472 BGB zur Berechnung der Minderung wieder auf. Die mit dem Entwurf angestrebte Vereinfachung wurde mit der Formulierung des Absatzes 3 nicht erreicht und hat zu Missverständnissen geführt. Daher soll es nach Ansicht des Ausschusses bei der bisherigen Regelung des § 472 Abs. 1 BGB bleiben.« BT-Drucks. 14/7052, S. 197.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

aber auf den Betrag des Schadensersatzes beschränkt werden solle. Jedoch wurde dies verweigert, weil kein ausreichender Grund für diese Beschränkung besteht.1281 Durch die proportionale Berechnungsmethode wird bei der Minderung das subjektive Äquivalenzinteresse des Vertrages gewahrt.1282 Trotz der Herabsetzung des Kaufpreises oder der Vergütung infolge der Geltendmachung des Minderungsrechts wird das ursprüngliche Verhältnis zwischen der subjektiven Wertentscheidung und dem objektiven Wert der Leistung unverändert aufrechterhalten.1283 Die verbreitete und gesetzlich vorgesehene proportionale Berechnungsmethode erscheint sachgerecht, weil dadurch der anfängliche Wille beider Parteien in angemessener Weise geschützt werden kann.1284 Trotzdem braucht die einseitige Modifizierung des Inhalts des Schuldverhältnisses, die durch die Ausübung des Minderungsrechts ausgelöst wird, entweder eine vertragliche oder eine gesetzliche Grundlage.1285 Im BGB fungieren §§ 441 Abs. 3, 638 Abs. 3 BGB als gesetzliche Grundlage. Neben §§ 441 Abs. 3, 638 Abs. 3 BGB regelt das BGB die verhältnismäßige Herabsetzung des Wertersatzes in § 346 Abs. 2 BGB.1286 Dies ist bemerkenswert, weil ein Zusammenhang zwischen Minderung und Rücktritt besteht. Anders als bei §§ 441 Abs. 3, 638 Abs. 3 BGB, in denen ausdrücklich von der verhältnismäßigen Herabsetzung des Kaufpreises die Rede ist, drückt der Gesetztext des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB nicht deutlich aus, was es bedeutet, die Gegenleistung bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen. Die ratio legis des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der Erhalt der Entgeltabrede, also der subjektiven Äquivalenz.1287 Dementsprechend muss bei der Berechnung des Wertersatzes nicht nur der Wert der Gegenleistung, sondern auch der Mangel der Leistung berück1281 S. Jakobs/Schubert (Hrsg.), Recht der Schuldverhältnisse II (1980), S. 185ff. 1282 S. Canaris, ZRP 2001, 329, 335. 1283 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 441 Rn. 12; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 441 Rn. 15; Erman/Westermann (14. Aufl. 2014), BGB § 441 Rn. 4. Zum objektiven Verkehrswert s. auch Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 441 Rn. 17. Vgl. auch Canaris, ZIP 1997, 813, 835; Gaier, ZRP 2001, 336, 339. 1284 S. Mugdan II, S. 130f. 1285 S. MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 311 Rn. 1 ff.; Staudinger/Feldmann/ Löwisch (2012), BGB § 311 Rn. 1 ff. 1286 S. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 403ff. 1287 »Die Wertersatzpflicht des Schuldners soll sich in erster Linie nach der im Vertrag bestimmten Gegenleistung ausrichten; soweit eine solche Bestimmung fehlt, sollen wie in § 818 Abs. 2 die objektiven Wertverhältnisse maßgebend sein. Das grundsätzliche Festhalten an den vertraglichen Bewertungen erscheint interessengerecht, da die aufgetretene Störung allein die Rückabwicklung, nicht aber die von den Parteien privatautonom ausgehandelte Entgeltabrede betrifft. Soweit auch diese beeinträchtigt ist, etwa weil die Voraussetzungen der §§ 119 Abs. 2, 123 vorliegen, hat der Gläubiger die Möglichkeit, den Vertrag anzufechten und den Anspruch aus den §§ 812ff. geltend zu machen.« BT-Drucks. 14/6040, S. 196.

Minderung und ihre Rechtsfolge

191

sichtigt und der Ersatzbetrag der Gegenleistung dementsprechend modifiziert werden.1288 Dabei muss angenommen werden, dass zur Zeit des Vertragsschlusses von beiden Parteien vereinbart wird, dass die Leistung und die Gegenleistung im Hinblick auf die primäre Leistungsebene gleichwertig sind. Dies wird deutlicher, wenn man über den Unterschied zwischen Rücktritt und Schadensersatz nachdenkt. Der Schadensersatz, der sich nach §§ 249ff. BGB im Prinzip auf den Differenzbetrag des Vermögens ausrichtet,1289 und der Rücktritt, der sich nach §§ 346f. BGB im Fall des Wertersatzes auf die subjektive Wertentscheidung (Gegenleistung) ausrichtet, sind nicht deckungsgleich. Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs wird der Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, der zur Herstellung des hypothetischen Zustands erforderlich ist, danach bestimmt, was »ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.«1290 Hingegen ist bei der Berechnung des Wertersatzes nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB die Gegenleistung zugrunde zu legen, die gegebenenfalls unverständig oder unwirtschaftlich bestimmt worden und unzweckmäßig oder wertlos sein kann. Daher ist sogar kein Wertersatz zu leisten, wenn die Leistung unentgeltlich geschuldet wurde.1291 Eine Fallkonstellation zeigt diesen Unterschied zwischen Rücktritt und Schadensersatz und das Verhältnis zur Rechtsfolge der Minderung deutlich:1292 K hat von V einen Laptop für 1000 Euro gekauft, der am Markt zum Preis von 800 Euro verkauft zu werden pflegt. Nach der Übergabe erkennt K einen Mangel. Nun ist der Istwert des Laptops 700 Euro.1293 In diesem Fall kann K, wenn er die Minderung nach § 441 Abs. 3 BGB erklärt, den Differenzbetrag von 125 Euro nach § 441 Abs. 4 BGB von V zurückfordern.1294 Das Gleiche gilt beim Wertersatz nach § 346 Abs. 2 BGB. Falls sich K nach erfolgloser Fristsetzung zur Nacherfüllung entscheidet, vom Vertrag zurückzutreten, und der Laptop aufgrund der 1288 Vgl. Kohler, WM 1993, 45, 54f.; Hager, Das geplante Recht des Rücktritts und des Widerrufs, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform (2001), S. 450f. 1289 MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 18f.; Staudinger/Schiemann (2005), BGB § 249 Rn. 4; HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 249 Rn. 5. Zum Schaden bezüglich der Rechtsgütern s. auch Staudinger/Schiemann (2005), BGB § 249 Rn. 5. 1290 HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 249 Rn. 5. Vgl. auch BGH, Urteil vom 6. 11. 1973 – VI ZR 27/73, NJW 1974, 34, 35; BGH, Urteil vom 7. 5. 1996 – VI ZR 138/95, NJW 1996, 1958, 1958; BGH, Urteil vom 29. 4. 2003 – VI ZR 393/02, NJW 2003, 2085, 2085; BGH, Urteil vom 29. 4. 2003 – VI ZR 398/02, NJW 2003, 2086, 2087; BGH, Urteil vom 15. 2. 2005 – VI ZR 74/ 04, NJW 2005, 1041, 1042. 1291 MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 44. 1292 Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 20. 1293 Dieser Fall ist von St. Lorenz/Riehm konzipiert, wurde hier jedoch verändert. S. Lorenz/ Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht (2002), Rn. 425. 1294 Der Betrag wird auf folgende Weise berechnet: 1000 – (1000 V 700) /800 = 125.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

groben Fahrlässigkeit des K untergegangen ist,1295 darf V nicht den anfänglichen Kaufpreis von 1000 Euro, der beim Vertragsschluss von beiden Parteien subjektiv als gleichwertig mit dem Laptop wahrgenommen wurde,1296 von K verlangen. Ihm stehen stattdessen nur 875 Euro, die wegen des Mangels proportional herabgesetzt sind, zu.1297 Weil K nach § 346 Abs. 1 BGB seinen Kaufpreis von 1000 Euro zurückfordern kann, bleibt ihm im Ergebnis der Differenzbetrag von 125 Euro. Anders ist es, wenn K den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 Abs. 1 i. V. m. §§ 249ff. BGB in dem Fall geltend macht, dass der Laptop in gleicher Weise mangelhaft, aber nicht untergegangen ist. Der Schaden im Rahmen der §§ 249ff. BGB beträgt in diesem Fall 100 Euro. Dies ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Sollwert (800 Euro) und dem Istwert (700 Euro). Dieses Ergebnis fußt auf dem in § 249 Abs. 1 BGB angelegten Restitutionsprinzip.1298 Denn der Schadensersatzanspruch richtet sich auf die Herstellung des hypothetischen Zustands, welcher ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bestehen würde. Es geht also um die Differenz zwischen dem hypothetischen und realen Vermögensstand.1299 Maßgeblich bei der Schadensberechnung ist der Vergleich der objektiven Vermögenslagen.1300 Demnach bleibt die subjektive Wertentscheidung beider Parteien außer Betracht. An ihre Stelle tritt die Herstellung des hypothetischen, objektiv zu bewertenden Zustands oder Geldersatz, falls er nach §§ 249 Abs. 2, 250f. BGB verlangt werden kann.1301 Obwohl die Differenzhypothese gegebenenfalls Schwächen aufweist,1302 ist deutlich, dass bei der Schadensberechnung der objektive Wert zu betrachten ist, weil §§ 249ff. BGB auch beim Deliktsrecht für die Berechnung des Schadens anzuwenden sind, das keinen Raum für die 1295 In diesem Fall entfällt die Pflicht des Rücktrittsberechtigten zum Wertersatz nicht. Denn er unterlässt die Sorgfalt, die er in seinen eigenen Angelegenheiten anwendet. § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 277 BGB. 1296 Nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB wird die Gegenleistung (1000 Euro) bei dieser Berechnung zugrunde gelegt. MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 44. S. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), S. 403ff. 1297 BeckOK BGB/H. Schmidt (38. Edition 1. 2. 2016), BGB § 346 Rn. 46; MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 45; Gaier, WM 2002, 1, 9; Reischl, JuS 2003, 667, 669ff.; Faut, JuS 2009, 481, 487. 1298 MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 320, 357; Staudinger/Schiemann (2005), BGB § 249 Rn. 132f. 1299 MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 18. 1300 MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 19; Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse (1885), S. 3; Medicus, FS Nobbe (2009), S. 1004; Looschelders, Schuldrecht, Allgemeiner Teil (10. Aufl. 2012), Rn. 880. 1301 MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 320. Zum Nichtvermögensschaden s. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 321f. 1302 MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 21f.; Honsell, JuS 1973, 69, 71ff.

Minderung und ihre Rechtsfolge

193

subjektive Wertbestimmung der Parteien bietet.1303 Aufgrund der proportionalen Berechnungsmethode bei der Minderung und dem Wertersatz nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist anerkannt, dass der Schadensersatz im BGB nicht mit der subjektiven Äquivalenz zusammenhängt, während die Minderung und der Rücktritt auf ihr beruhen.1304

2.

Teilrücktritt und Störung der Geschäftsgrundlage

Beim BGB steht die Minderung bezüglich ihrer Voraussetzungen und Funktion in Zusammenhang zum Rücktritt.1305 Bezüglich der Voraussetzung ist dies ausdrücklich geregelt: nach § 441 Abs. 1 BGB kann der Käufer die Minderung statt des Rücktritts verlangen. Nach derzeit anerkannter Ansicht setzen beide Rechtsbehelfe kein Verschulden des Schuldners voraus. Außerdem ist die Minderung mit dem Rücktritt in ihrer Funktion deckungsgleich,1306 weil beide Rechtsbehelfe bezüglich ihrer Rechtsfolgen die Gegenleistung in Rechnung stellen.1307 Daher ist die Minderung als eine Form des Teilrücktritts anzusehen.1308 Die Minderung wird sogar als eine Sonderregel des Rücktritts betrachtet.1309 Die Minderung und der Rücktritt sind keine Sanktionsinstrumente.1310 In diesem Sinne sind sie deutlich vom Schadensersatz abzugrenzen. Dem steht nicht entgegen, dass dem Gläubiger im Fall der vom Schuldner zu vertretenden Pflichtverletzung beide Arten von Rechtsbehelfen (Rücktritt bzw. Minderung und Schadensersatz) zustehen können. Dass der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann, nachdem er den Rücktritt bzw. die Minderung geltend gemacht hat, steht dem ebenfalls nicht entgegen.1311 Obwohl die Minderung eine Form des Teilrücktritts ist, regelt das BGB den Teilrücktritt nicht ausdrücklich. In § 323 Abs. 5 S. 1 BGB ist jedoch eine 1303 BeckOK BGB/Schubert (38. Edition 1. 3. 2011), BGB § 249 Rn. 5 ff.; MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 2. 1304 Wenn die Gegenleistung weder vertraglich noch gesetzlich (z. B. gemäß §§ 612, 632 BGB) bestimmt wird, kann der Rückgewährgläubiger den Wert der Leistung nach § 316 BGB festlegen. Falls dies auch nicht möglich ist, kommt es auf den objektiven Wert der empfangenen Leistungen an. MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 44. 1305 Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 441 Rn. 3 ff., 39. 1306 Canaris, FS Wiedemann (2002), S. 30. 1307 Vgl. § 346 Abs. 2 S. 2 BGB. 1308 Soergel/Gsell (13. Aufl. 2005), BGB § 323 Rn. 169; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 243. 1309 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 243. 1310 Dagegen Honsell, FS Schwerdtner (2003), S. 579. Vgl. auch Lorenz, Die Lösung vom Vertrag, insbesondere Rücktritt und Widerruf, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts (2001), S. 345. 1311 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 325 Rn. 24ff.; Erman/H. P. Westermann (14. Aufl. 2014), BGB § 325 Rn. 1; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 325 Rn. 17.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Grundlage zur Auslegung für den Teilrücktritt zu finden. Der Gläubiger kann hiernach »vom ganzen Vertrag nur zurücktreten«, wenn ihm die Teilleistung kein Interesse gewährt. Im Umkehrschluss bedeutet diese Vorschrift, dass der Teilrücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB erklärt werden darf, wenn die Schwelle des § 323 Abs. 5 S. 1 BGB nicht erreicht ist.1312 Dies wird noch deutlicher, wenn man den Gesetzestext des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB mit dem des § 323 Abs. 5 S. 1 BGB vergleicht.1313 Nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB kann der Gläubiger »vom Vertrag nicht zurücktreten«, wenn eine unerhebliche Pflichtverletzung vorliegt, unabhängig davon, ob er vom ganzen Vertrag zurücktreten wollte oder nur von einem Teil des Vertrages.1314 Dementsprechend wird der Rechtsbehelf des Gläubigers im Fall der unerheblichen Schlechtleistung, die aus einer unerheblichen Pflichtverletzung folgt, auf die Minderung beschränkt, vorausgesetzt, ein gewährleistungsrechtliches Minderungsrecht ist in den jeweiligen Vertragstypen ausdrücklich vorgeschrieben. Hier tritt die Frage auf, was passiert, wenn der Teilrücktritt in qualitativer Hinsicht gesetzlich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen ist, aber die Minderung nach anderen Vorschriften wie § 441 Abs. 1 BGB beansprucht werden kann, obwohl sich beide (Teilrücktritt und Minderung) in ihren Eigenschaften decken.1315 Genau diese Frage wird von § 441 Abs. 1 S. 2 BGB für den Kaufvertrag und von § 638 Abs. 1 S. 2 BGB für den Werkvertrag beantwortet.1316 Danach kann die Minderung im Fall der unerheblichen Pflichtverletzung angewendet werden, der Teilrücktritt dagegen nicht.1317 Nach § 536 Abs. 1 S. 3 BGB darf die Miete im Fall der unerheblichen Minderung der Tauglichkeit der Mietsache nicht herabgesetzt werden.1318 Ohne solche besonderen Vorschriften 1312 »In einem solchen Fall kann der Gläubiger nicht auf die Alternative beschränkt sein, entweder den Vertrag ganz aufzuheben oder den Vertrag ganz durchzuführen. Oft ist es die sinnvollere Lösung, den Vertrag auf die durchführbaren oder durchgeführten Teile zu beschränken.« BT-Drucks. 14/6040, S. 186. 1313 »Der Entwurf hat sich für den Grundsatz des Teilrücktritts entschieden, wobei durch die Einführung des Wortes »nur« deutlich gemacht wird, dass grundsätzlich bei Teilstörungen auch nur Teilrücktritt möglich sein soll.« BT-Drucks. 14/6040, S. 186. 1314 »§ 323 Abs. 1 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 2 RE schreibt deshalb vor, dass der Gläubiger bei Schlechtleistung des Schuldners nach erfolgloser Fristsetzung grundsätzlich auch vom ganzen Vertrag zurücktreten können soll. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Bei einer unerheblichen Pflichtverletzung kann der Gläubiger dann gar nicht vom Vertrag zurücktreten, also weder vom ganzen Vertrag noch von Teilen desselben.« BT-Drucks. 14/6040, S. 187. 1315 Gegen die Gleichstellung der Minderung mit dem Teilrücktritt s. Peukert, AcP 205 (2005), 430, 439; Korth, Minderung beim Kauf (2010), S. 99f. 1316 BT-Drucks. 14/6040, S. 235. 1317 MünchKomm/Westermann (7. Aufl. 2016), BGB § 441 Rn. 1; MünchKomm/Busche (6. Aufl. 2012), BGB § 638 Rn. 4. Vgl. auch Art. 3 Abs. 6 Richtlinie 1999/44/EG. 1318 MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 536 Rn. 21. »Als unerheblich ist ein Fehler insbesondere dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen

Minderung und ihre Rechtsfolge

195

bezüglich des geringfügigen qualitativen Mangels gilt § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, sodass sowohl der (Teil-) Rücktritt als auch die Minderung ausgeschlossen sind. Diese Erkenntnis ist wichtig, weil § 323 Abs. 5 S. 2 BGB die Schwelle zur Minderung bei anderen Vertragstypen bilden kann, bei denen keine besondere Vorschrift für die Minderung vorgesehen ist, z. B. beim Dienstvertrag.1319 Schließlich ist die Minderung mit der Störung der Geschäftsgrundlage vergleichbar.1320 Nach § 313 Abs. 1 und Abs. 2 BGB setzt eine Störung der Geschäftsgrundlage voraus, dass sich Umstände oder wesentliche Vorstellungen, die zur Basis des Vertrages geworden sind, nachträglich gravierend verändern oder als falsch herausstellen.1321 Im Fall der unzumutbaren Störung der Geschäftsgrundlage wird dem einen Teil das Recht zur Anpassung des Vertrages gewährt.1322 Des Weiteren kann der Benachteiligte den Rücktritt sowie die Kündigung des Vertrages verlangen, wenn die Anpassung des Vertrages unmöglich oder einem Teil unzumutbar ist.1323 Dennoch zeigt der subjektive Mangelbegriff deutlich, dass die Beschaffenheitsvereinbarungen, auf denen die Gewährleistungsrechte beruhen, schon vom vereinbarten Vertragsinhalt umfasst werden und damit nicht mehr die außervertragliche Geschäftsgrundlage sein können.1324 Insoweit unterscheidet sich die Minderung von der Störung der Geschäftsgrundlage. 3.

Vertragsanpassung als Rechtsfolge der Minderung

Neben der verhältnismäßigen Herabsetzung der Gegenleistung ist eine andere Rechtsfolge der Minderung, dass der ursprüngliche Vertrag inhaltlich geändert wird.1325 Die mangelhafte Leistung und die geminderte Gegenleistung sind nun als die von den Parteien geschuldete Leistung und Gegenleistung anzusehen.1326

1319 1320 1321 1322 1323 1324

1325 1326

Kosten beseitigt werden kann, so dass die Geltendmachung einer Minderung gegen Treu und Glauben verstieße.« BGH, Urteil vom 30. 6. 2004 – XII ZR 251/02, NZM 2004, 776, 777. Dazu ausführlich s. u. Dritter Teil § 5 III 3 e. BT-Drucks. 14/6040, S. 174. MünchKomm/Finkenauer (7. Aufl. 2016), BGB § 313 Rn. 54ff. BT-Drucks. 14/6040, S. 176; MünchKomm/Finkenauer (7. Aufl. 2016), BGB § 313 Rn. 81ff. § 313 Abs. 3 BGB. S. auch JurisPK/Pfeiffer (7. Aufl. 2014), BGB § 313 Rn. 76ff. Bei § 313 Abs. 1 BGB müssen folgende Punkte erfüllt sein: »– Es müssen sich nach Vertragsschluss Umstände entscheidend verändert haben. – Diese Umstände dürfen nicht Inhalt des Vertrags geworden sein. – Die Parteien müssten, wenn sie die Änderung vorausgesehen hätten, den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen haben. – Das Festhalten am unveränderten Vertrag muss für den einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, unzumutbar sein.« BT-Drucks. 14/6040, S. 175. Zur Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB vgl. MünchKomm/Finkenauer (7. Aufl. 2016), BGB § 313 Rn. 89f. Gaier, ZRP 2001, 336, 339; Piegsa, Teilleistungsstörungen bei Verträgen über mehrere körperliche Gegenstände (2005), S. 210, 380; v. Olshausen, FS Huber (2006), S. 488;

196

Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Natürlich kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag zurücktreten, wenn ihm die wegen der Minderung modifizierte Leistung unzumutbar ist, wenn ihm also kein Interesse gewährt wird oder die Pflichtverletzung des Schuldners erheblich ist.1327 Das Rücktrittsrecht nach § 326 Abs. 5 BGB ist besonders bei der Minderung ipso iure von Bedeutung. Denn anders als bei der gestaltungsrechtlichen Minderung, tritt die Rechtsfolge der Minderung ipso iure ohne Rücksicht auf den Willen des Gläubigers automatisch ein.1328 Notwendigerweise muss der Gläubiger die kraft Gesetzes eintretende Inhaltsänderung des Schuldverhältnisses nach seinem Willen bestätigen oder verweigern können.1329 Falls der Gläubiger das Minderungsrecht in Anspruch nimmt oder bei der Minderung ipso iure nicht zurücktritt, darf er keinen Ersatz des Mangelschadens verlangen,1330 weil die mangelhafte Leistung jetzt als die geschuldete gilt.1331 Nach § 325 BGB kann der Gläubiger jedoch Schadensersatz statt der ausgebliebenen Leistung zusammen mit der Minderung verlangen.1332 Er muss in der Praxis einen Anspruch auf den kleinen Schadensersatz haben, weil der Betrag der Minderung und der des Schadensersatzes nicht immer identisch sind. Beispielsweise werden die Kosten der Mangelbeseitigung bei der Berechnung der Minderung nicht angerechnet, aber stellen einen ersatzfähigen Schaden dar.1333 Die Ersatzfähigkeit des Folgeschadens, der durch die Minderung nicht ausge-

1327

1328 1329 1330 1331 1332 1333

MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 411 Rn. 17; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013), BGB § 441 Rn. 38. § 323 Abs. 5 BGB und § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 BGB. »Es ist übrigens durch den dargelegten Standpunkt des Entw. nicht ausgeschlossen, daß, wo nach den Umständen des Falles der Rücktritt im Falle theilweiser zufälliger Unmöglichkeit der dem einen Theile obliegenden Leistung der Vertragsintention entspricht, solcher gestattet sein muß, wie andererseits als selbstverständlich zu bezeichnen ist, daß, wenn in concreto der an sich möglich gebliebene Theil der Leistung auch nicht mehr als Theil der geschuldeten Leistung angesehen werden kann, der Vertrag und demgemäß das Recht auf die Gegenleistung ganz wegfällt.« Mugdan II, S. 114f. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 1; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. A1. Vgl. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 108; BT-Drucks. 14/6040, S. 189; BT-Drucks. 14/7052, S. 193. S. auch v. Olshausen, FS Huber (2006), S. 488f.; Lögering, MDR 2009, 664, 666f. Vgl. Art. III. – 3:601 (3) DCFR. Althammer/Löhning, AcP 205 (2005), S. 540; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 325 Rn. 24ff. Vgl. »Will der Käufer die Sache behalten, kann er derzeit nach den bisherigen §§ 462, 472 wegen eines Mangels den Kaufpreis mindern, also für den Minderwert Ausgleich in Geld verlangen. Für die Berechnung der Minderung gilt zwar grundsätzlich, dass die Aufwendungen des Käufers zur Beseitigung des Mangels nicht zum Maßstab genommen werden können. Gleichwohl können solche Kosten zumindest Anhaltspunkte für die Wertberechnung sein. Der Minderungsbetrag deckt sich daher weitgehend mit dem »kleinen Schadensersatz«, für den anerkannt ist, dass der Käufer den Betrag fordern kann, den er für die Beseitigung des Mangels benötigt.« BT-Drucks. 14/6040, S. 226.

Minderung und ihre Rechtsfolge

197

glichen wird, ist unumstritten.1334 Denn die Tatsache, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, ist trotz der Vertragsanpassung unverändert geblieben. Dies entspricht den Rechtsgedanken aus § 325 BGB,1335 § 551 KBGB1336 und Art. III. – 3:601 (3) DCFR.1337 Die Vertragsanpassung kann jedoch keine Folge der Minderung sein, wenn der Vertrag ein Dauerschuldverhältnis begründet. Beispielsweise wird der Vertragsinhalt über die Beschaffenheit der Mietsache während der Mietzeit nicht modifiziert, obwohl die Mietminderung kraft Gesetzes eingetreten ist.1338 Dies ist selbstverständlich, weil sich das vertragliche Interesse des Mieters beim Mietvertrag nicht nur auf die erbrachten mangelhaften Leistungen ausrichtet, sondern auch auf die künftigen mangelfreien Leistungen.1339 Der Vermieter schuldet weiter den Inhalt des ursprünglichen Vertrages, weil der Gläubiger noch ein Interesse an der mangelfreien Mietsache hat.1340

IV.

Ergebnis zu § 4

Die Minderung ist dem Schadensersatz wesensfremd. Dies ist selbstverständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass beide Rechtsbehelfe verschiedenen Zwecken dienen. Der Schadensersatz bezieht sich auf den durch die Pflichtverletzung erlittenen schlechteren Vermögenszustand, der Rücktritt und die Minderung dagegen auf die infolge der nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung gestörte Äquivalenz.1341 Jedoch wurde und wird die Minderung, etwa im gemeinen Recht und beim KBGB, häufig als ein dem Schadensersatz ähnlicher Rechtsbehelf gedacht. Seit der Annahme des subjektiven Mangelbegriffs werden jedoch die subjektive Wertentscheidung und ihr Schutz in den Vordergrund gestellt. Damit wird die Minderung als ein Rechtsbehelf zum Schutz des sub1334 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 325 Rn. 54f. 1335 »Dieser hatte demgegenüber zusätzlich vorgeschrieben, dass der Gläubiger ohne weiteres nur einfachen Schadensersatz und Schadensersatz statt der ausgebliebenen Leistung mit dem Rücktritt sollte verbinden können.« BT-Drucks. 14/6040, S. 188. »Damit kommt zum Ausdruck, dass Schadensersatz auch neben dem Rücktritt oder der Minderung verlangt werden kann, vgl. auch § 325 RE.« BT-Drucks. 14/6040, S. 226. 1336 § 551 KBGB: »[Schadensersatz bei Kündigung und Rücktritt] Der Schadensersatzanspruch bleibt durch die Ausübung des Kündigungs- oder Rücktrittsrechts unberührt.« Kyu-Chang Cho, Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (1984), S. 117. 1337 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 911. 1338 § 536 Abs. 1 S. 2 BGB. S. Erman/Lützenkirchen (14. Aufl. 2014), BGB § 536 Rn. 54; BGH, Urteil vom 12. 6. 1985 – VIII ZR 142/84, BeckRS 1985, 31076518. 1339 Vgl. Art. IV.B. – 4:102 (1) und (2) DCFR. S. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 2 (2009), S. 1527f. 1340 § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. S. MünchKomm/Häublein (6. Aufl. 2012), BGB § 535 Rn. 101. 1341 Korth, Minderung beim Kauf (2010), S. 88f.

198

Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

jektiven Äquivalenzinteresses vom Schadensersatzanspruch deutlich abgegrenzt. Die unterschiedliche systematische Einordnung der Minderung in den drei Regelungssystemen zeigt die unterschiedlichen Konzepte, die den Rechtsystemen zugrunde liegen. Der DCFR sieht die Minderung als einen allgemeinen Rechtsbehelf vor. Somit ist die Minderung beim Dienstvertrag ohne Zweifel anwendbar. Beim KBGB ist die Minderung als ein gewährleistungsrechtlicher, aber schadensersatzbezogener Rechtsbehelf im Kaufrecht vorgeschrieben. Sie ist bei anderen entgeltlichen Vertragstypen einschließlich des Dienstvertrages entsprechend anzuwenden. Anders als beim KBGB und DCFR ist die Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag im Regelungssystem des BGB ausgeschlossen. Zwar kann der Dienstberechtigte in diesem Fall Schadensersatz verlangen, dieser unterscheidet sich jedoch in seiner Funktion von der Minderung. Trotzdem konzipierte der Gesetzgeber des BGB kein besonderes gewährleistungsrechtliches Minderungsrecht im Dienstvertragsrecht. Der Teilrücktritt, der mit der Minderung als deckungsgleich anzusehen ist, ist im Fall der unerheblichen Pflichtverletzung nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ebenfalls nicht möglich. Auch die Minderung ipso iure, also die Befreiung von der Gegenleistungspflicht nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB, wird nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB im Fall der Schlechtleistung ausgeschlossen. In Betracht kommt nur noch das Rücktrittsrecht nach § 323 BGB und § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 BGB und das Kündigungsrecht nach §§ 626, 627 BGB. Diese beiden Rechtsbehelfe werden im Folgenden als ein minderungsähnlicher Weg erörtert.

§ 5. Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB Vor dem Hintergrund der systematischen Einordnung des Minderungsbehelfs im BGB, KBGB und DCFR wird deutlich, dass der Ausschluss der Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag nicht zweifelsfrei notwendig ist. Unumstritten ist nur, dass der Arbeitnehmer vor der Lohnminderung geschützt werden muss. Abgesehen von diesem besonderen sozialpolitischen Aspekt ist zu fragen, ob die Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag außerhalb des Arbeitsverhältnisses ebenfalls ausgeschlossen bleiben muss. Diese Frage ist beim BGB besonders bedeutsam, weil es im deutschen Recht bisher allgemein anerkannt ist, dass das Dienstvertragsrecht keine Minderung kennt. Das bedeutet, dass keine Minderung geltend gemacht werden darf, auch wenn die Qualität der erbrachten Dienste erheblich mangelhaft ist. Jedoch weist die Begründung des Gesetzesentwurfs zur Schuldrechtsmodernisierung auf einen alternativen Weg hin: »Der Gläubiger kann deshalb bei einer Schlecht-

Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB

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leistung stets nur nach § 326 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 323 RE zurücktreten; eine Minderung der Gegenleistung kraft Gesetzes tritt nach § 326 Abs. 1 Satz 1 RE nicht ein. Für dieses Rücktrittsrecht gilt dann auch die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 4 Satz 2 RE.«1342 Weil der Gesetzgeber neben dem Rücktrittsrecht nach § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB und dem Kündigungsrecht nach §§ 626, 627 BGB keinen besonderen Rechtsbehelf für den Dienstberechtigten im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung vorsieht, kommen die allgemeinen Rechtsbehelfe im Fall der Schlechtleistung grundsätzlich in Betracht.1343 Bevor diese Rechtsbehelfe analysiert werden, soll jedoch vor Augen geführt werden, mit welchen Argumenten die Anwendbarkeit der Minderung beim Dienstvertrag häufig verneint zu werden pflegt und wie die Minderung beim Dienstvertrag in der deutschen und koreanischen Rechtsprechung behandelt wird. Hiervon ausgehend soll ein angemessener Weg zur Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag erarbeitet werden.

I.

Ausschlussgründe der Minderung

Die Minderung beim Dienstvertrag im Fall der Schlechtleistung ist beim BGB ausgeschlossen, obwohl der Dienstvertrag ein synallagmatisches Verhältnis ist.1344 Für den Minderungsausschluss werden drei Gründe genannt. Der erste ist die fehlende Rechtsgrundlage. Im Dienstvertragsrecht sei kein Minderungsrecht vorgeschrieben. Zweitens wird angeführt, dass der Dienstverpflichtete keinen Erfolg, sondern die Dienste als solche schulde. Daher trage der Dienstverpflichtete kein unternehmerisches Erfolgsrisiko. Die Berechnung des Minderungsbetrags erfolge aber in der Regel durch Vergleich des Erfolgs mit den Vereinbarungen. Als wichtigster Grund wird die tatsächliche Bemessungsschwierigkeit der Minderung wegen des Ermessensspielraums des Dienstverpflichteten bei der Erfüllung der Dienste genannt. 1.

Keine Rechtsgrundlage im Rahmen des Gewährleistungsrechts

Ein gängiges Argument für den Minderungsausschluss beim Dienstvertrag ist die mangelnde Rechtsgrundlage. In der Tat fehlt ein besonderes Minderungs1342 BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1343 Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207. 1344 Bruns, AcP 178 (1978), 34, 42ff.; Peukert, AcP 205 (2005), 430, 453ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht II, Besonderer Teil (17. Aufl. 2014), Rn. 611; Lieb/Jacobs, Arbeitsrecht (9. Aufl. 2006), Rn. 201.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

recht im Dienstvertragsrecht.1345 Der Grund dafür ist im Gesetzestext und seinen Begründungen nicht ausdrücklich erkennbar. Jedoch kann ein Grund vermutet werden. Beim Dienstvertrag ist es schwierig, die geschuldete Leistung exakt zu bestimmen, weil der Dienstverpflichtete einen Ermessensspielraum zur Erfüllung hat.1346 Durch den Ausschluss der Minderung beim Dienstvertrag wollte der Gesetzgeber diese Bemessungsschwierigkeit und die damit verbundene Rechtsunsicherheit wohl vermeiden.1347 Die fehlende Rechtsgrundlage für die Minderung bedeutet jedoch nicht, dass die Schlechtleistung eine erfüllungstaugliche Leistung ist und der Dienstverpflichtete voll vergütet werden muss. Vielmehr folgt hieraus, dass im Fall der Schlechtleistung das allgemeine Leistungsstörungsrecht ohne Modifizierung angewendet werden kann, weil die Schlechtleistung grundsätzlich das Äquivalenzinteresse des Gläubigers verletzt.1348 Entscheidend im Dienstvertragsrecht sind daher die Fragen, ob den Vereinbarungen und den jeweiligen Umständen eine vertragliche oder tatsächliche Grundlage für die Minderung entnommen werden kann, und ob eine Rechtsgrundlage für einen minderungsähnlichen Anspruch im Rahmen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zu finden ist.1349 Keinesfalls ist das Argument überzeugend, dass keine Minderung möglich sei, weil beim Dienstvertrag kein Gewährleistungsrecht existiere.1350 2.

Kein Erfolgsversprechen

Wie schon im ersten Teil erläutert wird, schuldet der Dienstverpflichtete keinen Erfolg. Er schuldet nur die ordnungsgemäßen Dienste.1351 Daher kommt es für die Minderung beim Dienstvertrag nicht auf die Mangelhaftigkeit des Leistungserfolgs an, sondern darauf, ob die erbrachten Dienste selbst in ihrer Beschaffenheit nicht vertragsgemäß sind.1352 Daher ist das Argument, dass beim Dienstvertrag keine Minderung möglich ist, weil kein Erfolgsversprechen vor-

1345 BT-Drucks. 14/6040, S. 223. 1346 Zum Ermessensspielraum des Dienstverpflichteten bei der Erfüllung s. o. Zweiter Teil § 2 II 1 und 2. 1347 S. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207. 1348 Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 208; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (14. Aufl. 1987), § 24 I a; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil (18. Aufl. 2008), Rn. 504. 1349 Motzer, Die »positive Vertragsverletzung« des Arbeitsnehmers (1982), S. 174ff., 180ff. 1350 Peukert, AcP 205 (2005), 430, 457; Motzer, Die »positive Vertragsverletzung« des Arbeitsnehmers (1982), S. 177. 1351 Dagegen zur Ansicht, dass die Mangelhaftigkeit der Leistung am Ergebnis der Leistung anknüpft, s. Preis/Hamacher, Jura 1998, 116, 117. S. auch Ullrich, NJW 1984, 585, 586. 1352 Canaris, FS Schmidt (2009), 177, 187.

Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB

201

handen ist, nicht überzeugend.1353 Die Minderung erfolgt nach Maßgabe der Unvollständigkeit der Dienste selbst. Hierbei wird die Vollständigkeit der Dienste danach beurteilt, ob sie für den dem Vertrag zugrundeliegenden Zweck tauglich sind1354 oder weisungsgemäß erfüllt werden. Nur die zielgerichteten oder weisungsgemäßen Dienste sind im Hinblick auf das Gläubigerinteresse als wertvoll anzusehen.1355 Daneben sind die Sachkenntnis und Sorgfältigkeit des Dienstverpflichteten ein Maßstab für die Vollständigkeit der Dienste. Er muss das Niveau an Sachkenntnis und Sorgfältigkeit einhalten, das im Verkehr erforderlich ist.1356 Außerdem müssen die Dienste gemäß den gesetzlichen oder verbindlichen (z. B. Standesregeln) Vorschriften erbracht werden.1357 Wird dem Vertrag ein erhöhtes Niveau an Sachkenntnis oder Sorgfältigkeit zugrunde gelegt, muss dieses ebenfalls eingehalten werden.1358 Ist ein Element davon nicht eingehalten, sind die Dienste nicht vertragsgemäß. Die Unvollständigkeit der Dienste kann unter Berücksichtigung aller Umstände berechnet werden. In der Regel spiegelt das mangelhafte Ergebnis die fehlerhaften Dienste wider und die Unvollständigkeit der Dienste ist ohne Hilfe eines fassbaren Ergebnisses in der Tat schwer messbar.1359 Das mangelhafte Resultat der Dienste spiegelt die Unvollständigkeit der Dienste jedoch nicht immer exakt wider,1360 sondern das Ausbleiben des gewünschten Ergebnisses ist bloß ein Indiz für die Fehlerhaftigkeit der Dienste.1361 Der Dienstverpflichtete verspricht den Eintritt des Erfolges nicht. Das Erfolgsrisiko trägt der Dienstberechtigte.1362 Vielmehr muss die Unvollständigkeit der Dienste ohne Betrachtung des eingetretenen bzw. ausgebliebenen Ergebnisses aufgrund des Leistungsinhalts des Dienstverpflichteten dargelegt werden. Folglich kommt die Minderung sehr wohl in Frage, wenn die Leistung in quantitativer sowie qualitativer Hinsicht ausgeblieben ist. Denn der Dienstverpflichtete trägt die Gegenleistungsgefahr, soweit im Gesetz oder Vertrag nichts S. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 208. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 23. Zum Gläubigerinteresse beim Dienstvertrag s. o. Zweiter Teil § 2 III 3. § 276 Abs. 2 BGB. Art. IV.C. – 2:105 (1) (a) DCFR. Art. IV.C. – 2:105 (1) (b) DCFR. Art. IV.C. – 2:105 (2) und (3) DCFR. Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 207ff.; Preis/Hamacher, Jura 1998, 116, 117; Peukert, AcP 205 (2005), 430, 458. 1360 Beispielsweise s. o. Zweiter Teil § 3 III 2 b. 1361 Ein sorgfältiger Anwalt kann trotz Ausschöpfung seiner ganzen Kapazität den Prozess des Mandanten verlieren. Das bedauerliche Ergebnis muss der Mandant hinnehmen. Aus einem solchen Ergebnis folgt nicht die Fehlerhaftigkeit der Dienste, also die unsachgemäße Verteidigung durch den Anwalt. Ansonsten würde der Anwalt das Erfolgsrisiko tragen. S. Preis/Hamacher, Jura 1998, 116, 117; Beuthien, ZfA 1972, 73, 78 Fn. 19. 1362 HK-BGB/Schreiber (8. Aufl. 2014), BGB § 611 Rn. 6. 1353 1354 1355 1356 1357 1358 1359

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

anderes bestimmt ist. Er hat die Dienste vertragsgemäß zu erfüllen, um die Vergütung zu erhalten.1363 Der Grundsatz »ohne Arbeit kein Lohn« aus § 326 Abs. 1 BGB weist darauf hin.1364 Nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Dienstverpflichtete nur den Teil der Vergütung verlangen, der dem entspricht, was er vor der Kündigung erbracht hat.1365 Allerdings enthält § 615 S. 1 BGB im Fall der zeitbezogenen Dienstleistung eine Ausnahme von dem Grundsatz »ohne Arbeit kein Lohn«.1366 Außerdem kann der Dienstverpflichtete die Vergütung ausnahmsweise nach § 616 S. 1 BGB erhalten,1367 wenn er wegen eines in seiner Person liegenden Grundes, jedoch ohne sein Verschulden in verhältnismäßig kurzer Zeit die Dienstleistung nicht erbringt.1368 Die unerhebliche Leistungsverhinderung, die aus einem in der Person des Dienstverpflichteten liegenden Grund resultiert, ist als ein vertragsimmanentes Risiko des Dienstvertrages anzusehen.1369 Freilich wird das Risiko des kurzzeitigen Dienstausfalls bei der Festlegung der Vergütung eingerechnet.1370 Außer dieser besonderen Modifizierung nach §§ 615, 616 BGB1371 trägt im Prinzip der Dienstverpflichtete die Gegenleistungsgefahr.1372 3.

Bemessungsschwierigkeiten

Der letzte gängige Einwand gegen die Anwendung der Minderung beim Dienstvertrag ist die Bemessungsschwierigkeit.1373 Anders als im Fall der Teilleistung ist es im Fall der Schlechtleistung schwierig, ihren Wert zu bestimmen, 1363 MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 1011; Staudinger/Richardi/ Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1037. 1364 Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht (2007), S. 135. 1365 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 7 ff.; Staudinger/Preis (2012), BGB § 628 Rn. 17f. 1366 Picker, JZ 1979, 285, 293; Richardi, NJW 1987, 1231, 1234f.; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 615 Rn. 2. 1367 Staudinger/Oetker (2011), BGB § 616 Rn. 18. 1368 MünchArbR/Boewer (3. Aufl. 2009), § 70 I 1 Rn. 1; MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 616 Rn. 2; Staudinger/Oetker (2011), BGB § 616 Rn. 118. 1369 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 616 Rn. 2. 1370 Staudinger/Oetker (2011), BGB § 616 Rn. 17. S. auch Wiedemann, Das Arbeitsverhältnis als Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis (1966), S. 16f. 1371 »Die eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen (vergl. § 237 Abs. 2, § 368 Abs. 1) enthaltende Bestimmung beruht auf sozialpolitischen Rücksichten und auf Gründen der Humanität.« Motive II, S. 463. S. auch Staudinger/Oetker (2011), BGB § 616 Rn. 21; BeckOK ArbR/Joussen (38. Edition 1. 12. 2015), BGB § 616 Rn. 4. 1372 Picker, FS Kissel (1994), S. 819. Vgl. Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1095; Richardi, NZA 2002, 1004, 1007. 1373 Schlechtriem, Schuldrecht, Besonderer Teil (6. Aufl. 2003), Rn. 377 Fn. 53; Lieb, Dienstvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Band III (1983), S. 211. Dagegen zur möglichen Bemessungsmethode s. Motzer, Die »Positive Vertragsverletzung« des Arbeitnehmers (1982), S. 164f., 170ff.

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203

weil es weder einen konkreten Maßstab, wie etwa zeitliche Einheiten, noch einen marktüblichen Preis für die schlecht erbrachte Dienstleistung gibt.1374 Solche Bemessungsschwierigkeiten treten jedoch zumindest teilweise auch bei Vertragstypen auf, bei denen die Minderung erlaubt ist. Die mangelhaften Sachen und Werke haben auch keinen Marktpreis und es gibt keinen konkreten Maßstab für die Minderung.1375 Daher kann nur ein Näherungswert verwendet werden. In diesem Fall ist vielmehr wichtig, ob das zu ersetzende Interesse nach § 287 Abs. 1 ZPO ermittelt werden kann.1376 Angesichts dieses Arguments scheint der Ausschluss der Minderung nur angemessen, wenn diese Ermittlung nach freier Überzeugung des Gerichts unter Würdigung aller Umstände unmöglich ist.1377 Die Ermittlung des zu ersetzenden Interesses wird zwar dadurch erschwert, dass die vertragsgemäß oder schlecht erbrachten Dienste nach dem Tätigwerden nicht übrigbleiben.1378 Jedoch besteht dieselbe Schwierigkeit beim Reisevertrag, in dem das Minderungsrecht ohne Weiteres angenommen wird.1379 Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Dienstberechtigte. Die Darlegungsund Beweisschwierigkeiten können die Geltendmachung der Minderung in der Tat verhindern, jedoch rechtfertigen sie ihren Ausschluss nicht. Das Weisungsrecht und die Mitwirkungspflicht des Dienstberechtigten rufen weitere Bemessungsschwierigkeiten hervor.1380 Die schlecht erbrachten Dienste könnten durch die fehlerhafte Weisung des Dienstberechtigten herbeigeführt worden sein.1381 Außerdem könnte die mangelnde Mitwirkung des Dienstberechtigten zur Schlechtleistung geführt haben.1382 In der Tat lässt sich vertreten, dass das Weisungsrecht und die Mitwirkungspflicht des Dienstberechtigten bei der Berechnung der Minderung in Rechnung gezogen werden müssen, wenn die Schlechtleistung durch schlechte Weisung oder Unterlassung einer Mitwirkungspflicht des Dienstberechtigten und ohne Verschulden des Dienstver-

1374 Rabe, Lohnminderung bei Schlecht- und Minderleistung des Arbeitnehmers? (1977), S. 30; Motzer, Die »Positive Vertragsverletzung« des Arbeitnehmers (1982), S. 164f. 1375 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 403. 1376 Vgl. BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549, 2550. 1377 Beispielsweise s. o. Zweiter Teil § 3 III (KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946). 1378 Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 227. 1379 Zum Mangelbegriff beim Reisevertrag s. MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651c Rn. 3 f.; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651c Rn. 5. Zur Minderungsberechnung s. MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651d Rn. 14ff.; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 38ff. Insbesondere zu den Bemessungskriterien s. Staudinger/ Staudinger (2016), BGB § 651d Rn. 44ff. 1380 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 402ff. 1381 Hanau, FS Steffen (1995), S. 186. S. auch BGH, Urteil vom 16. 6. 1987 – IX ZR 74/86, NJW 1987, 2510, 2511. 1382 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 406ff.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

pflichteten verursacht wird.1383 Der Ausschluss der verschuldensunabhängigen Minderung erscheint in diesem Fall gerecht. Jedoch tritt in diesem Fall die Frage auf, ob überhaupt eine Schlechtleistung vorliegt. Hat der Dienstverpflichtete nach der Weisung des Dienstberechtigten seine Dienste gemäß seines subjektiven Leistungsmaßstabs geleistet,1384 liegt keine Schlechtleistung vor, wenn der Dienstverpflichtete den Dienstberechtigten auf die Unangemessenheit der Weisung hingewiesen hat.1385 Dies ist unabhängig davon, ob die Weisung des Dienstberechtigten tatsächlich ein schlechtes Ergebnis erzeugt.1386 Wenn der Dienstberechtigte seine Mitwirkungspflicht verletzt hat und dadurch die Leistung des Dienstverpflichteten mangelhaft geworden ist, liegt keine Schlechtleistung vor, wenn der Dienstverpflichtete nach der Aufforderung zur Einhaltung der Mitwirkungspflicht die Dienste geleistet hat, die der vernünftige Dienstberechtigte unter gleichen Umständen erwartet hätte.1387 Außerdem kommt keine Rechtsfolge der Schlechtleistung in Betracht, wenn die Unterlassung der Mitwirkungspflicht des Dienstberechtigten zum Annahmeverzug führt.1388 In diesem Fall kann der Dienstverpflichtete die vereinbarte Vergütung ohne Nacherfüllung verlangen.1389 Weil dieser Anspruch auf die Vergütung kein Schadensersatzanspruch ist, ist ein etwaiges Mitverschulden des Dienstverpflichteten unerheblich.1390 Daher ist es in diesem Fall nicht erforderlich, die Ursache der Schlechtleistung zu ermitteln. Konsequenterweise ist das Argument der Bemessungsschwierigkeit gegen die Minderung beim Dienstvertrag nicht überzeugend. Die Darlegungs- sowie Beweislast, die mit der Bemessungsschwierigkeit verbunden ist, trägt der Dienstberechtigte. Sie erschwert den Eintritt der Minderung, aber sie rechtfertigt den Ausschluss der Minderung nicht. Außerdem ist die Leistung des Dienstverpflichteten in den oben erwähnten Fällen der schlechten Weisung oder mangelnden Mitwirkung keine Schlechtleistung, weil nach § 315 BGB anzunehmen

1383 Vgl. § 645 Abs. 1 BGB. Vgl. auch § 326 Abs. 2 BGB. 1384 Zum subjektiven Leistungsmaßstab s. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 19ff. 1385 Art. IV.C. – 2:107 (2) DCFR. Vgl. § 665 S. 2 BGB. 1386 Beispielsweise können sich die ineffizienten langsamen Arbeiten des Arbeitnehmers aus der undeutlichen oder falschen Weisung des Arbeitgebers ergeben. Zur Beweislast in diesem Fall s. o. Zweiter Teil § 3 III 3. 1387 Art. IV.C. – 2:103 (2) DCFR. Vgl. § 665 S. 1 BGB. S. auch von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1627f. 1388 S. Beispiel 7 in: von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1628. 1389 § 615 S. 1 BGB. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 51; Staudinger/ Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 135. 1390 Vgl. § 254 BGB. S. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 54; Staudinger/ Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 134.

Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB

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ist, dass er seine Leistung nach billigem Ermessen bestimmen soll.1391 Dadurch kann der Dienstverpflichtete seine Vergütung sichern,1392 obwohl dem Dienstberechtigten kein Interesse gewährt wird. Im Ergebnis ist die Minderung in diesen Fällen ausgeschlossen, jedoch nicht wegen der Bemessungsschwierigkeit, sondern weil überhaupt keine Schlechtleistung vorliegt oder der Dienstberechtigte in Verzug gerät. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der allgemeine Ausschluss der Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag auch nicht durch die Bemessungsschwierigkeit gerechtfertigt ist.

II.

Rechtsprechung zur Minderung beim Dienstvertrag

Obwohl kein Grund für den Ausschluss der Minderung besteht, lehnt die Rechtsprechung in Deutschland ganz überwiegend ab, die Minderung beim Dienstvertrag anzuwenden. Jedoch macht sie Ausnahmen.1393 Anders als die Rechtsprechung in Deutschland bejaht die Rechtsprechung in Korea die Möglichkeit der Minderung beim Dienstvertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Die Begründung dafür ist jedoch nicht einheitlich und systematisch.1394 1.

Rechtsprechung gegen die Minderung in Deutschland

In der deutschen Rechtsprechung wird die Minderung beim Arbeitsverhältnis einheitlich versagt.1395 Denn der Arbeitsinhalt ist in aller Regel beim Vertragsschluss nicht konkret vereinbart. Er richtet sich dadurch einerseits nach dem Weisungsrecht, andererseits nach der subjektiven Leistungsfähigkeit des Arbeitsnehmers.1396 Dabei ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, den Leistungsinhalt willkürlich zu bestimmen. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, seine subjektive Leistungsfähigkeit in angemessener Weise für seine Arbeit einzusetzen.1397 Der Ausschluss der Minderung gilt auch, wenn die Schlechtleistung schuldhaft vom Arbeitnehmer verursacht wird.1398 1391 Zu den Kriterien des billigen Ermessens s. MünchKomm/Würdinger (7. Aufl. 2016), BGB § 315 Rn. 31. Zur Billigkeit der persönlichen Leistung s. o. Zweiter Teil § 2 II 1. 1392 von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 1630. 1393 BGH, Urteil vom 19. 10. 1987 – II ZR 97/87, NJW-RR 1988, 352. 1394 Beispielsweise s. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946; KOGH, Urteil vom 12. 4. 2002, 2000 Da 50190. 1395 BAG, Urteil vom 6. 6. 1972–1 AZR 438/71, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 71. 1396 BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. 1397 BAG, Urteil vom 21. 5. 1992 – 2 AZR 551/91, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Im Fall der Schlechtleistung kann der Arbeitgeber Schadensersatz wegen positiver Forderungsverletzung verlangen und damit gegen die vereinbarte Vergütung nach gesetzlichen Vorschriften aufrechnen.1399 Neben dem Schadensersatz kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis entweder personenbedingt oder verhaltensbedingt kündigen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber unzumutbar ist.1400 Dies ist der Fall, wenn die Schlechtleistung die berechtigte Äquivalenz des Vertrages beeinträchtigt oder bei der verhaltensbedingten Kündigung die Pflichtverletzung vorwerfbar ist.1401 Im Fall der verhaltensbedingten Kündigung wird das Verschulden des Dienstverpflichteten danach bestimmt, ob anhand der tatsächlichen Arbeitsergebnisse eine langfristige erhebliche Unterschreitung der Leistungsqualität festzustellen ist und dies als eine vorwerfbare Pflichtverletzung anzusehen ist.1402 Das Gleiche gilt bei den freien Berufen. Bei einem Anwaltsdienstvertrag versagt der BGH im Fall der Schlechtleistung die Minderung, weil sie im Dienstvertragsrecht nicht anerkannt ist.1403 Trotzdem besteht kein Lohnanspruch, wenn aufgrund der erheblichen Pflichtverletzung nach dem Rechtsgedanken aus § 654 BGB gar kein Anspruch auf die Vergütung entstanden ist. Dies ist etwa bei der Begehung eines strafbaren Parteiverrats gemäß § 356 StGB der Fall.1404 Außerdem steht dem Dienstberechtigten ein Schadensersatzanspruch wegen der positiven Forderungsverletzung zu, um sein beeinträchtigtes Interesse im Fall der Schlechtleistung zu bewahren.1405 In diesem Fall liegt der Schwerpunkt der Prüfung darin, ob der haftungsausfüllende Kausalzusammenhang zwischen der Schlechtleistung und dem Schaden erfolgreich dargelegt und bewiesen werden kann.1406 Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach

1398 1399 1400 1401 1402 1403 1404 1405

1406

Kündigung Nr. 28; BAG, Urteil vom 17. 7. 1970 – 3 AZR 423/69, AP MuSchG 1968 § 11 Nr. 3; BAG, Urteil vom 20. 3. 1969 – 2 AZR 283/68, AP GewO § 123 Nr. 27. LAG Bremen, Urteil vom 15. 7. 1959 I Sa 42/59 u. 99/59, BB 1959, 994 (L). BAG, Urteil vom 18. 7. 2007 – 5 AZN 610/07, AP BGB § 611 Minderleistung Nr. 1. BAG, Urteil vom 11. 12. 2003 – 2 AZR 667/02, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 48. Vgl. auch BAG, Urteil vom 21. 5. 1992 – 2 AZR 10/92, NZA 1993, 115. BAG, Urteil vom 21. 11. 1996 – 2 AZR 357/95, NJW 1997, 2195; BAG, Urteil vom 17. 1. 1991 – 2 AZR 375/90, NJW 1991, 1906; BAG, Urteil vom 21. 5. 1992 – 2 AZR 10/92, NZA 1993, 115; BAG, Urteil vom 17. 6. 2003 – 2 AZR 62/02, NJOZ 2004, 3771. BAG, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 AZR 536/06, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 85. BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549. S. auch BGH, Urteil vom 15. 7. 2004 – IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817. Vgl. BGH, Urteil vom 15. 1. 1981 – III ZR 19/80, NJW 1981, 1211. BGH, Urteil vom 15. 7. 2004 – IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817, 2817. »Eine Haftung für die unzureichende Qualität von Dienstleistungen sei allein nach den Grundsätzen über die Haftung für positive Vertragsverletzungen zu beurteilen.« BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549. S. auch BGH, Urteil vom 15. 7. 2004 – IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817, 2818. BGH, Urteil vom 30. 9. 1993 – IX ZR 73/93, NJW 1993, 3259; BGH, Urteil vom 15. 7. 2004 – IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817, 2818.

Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB

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§ 320 BGB versagt der BGH jedoch, weil dadurch dem Dienstverpflichteten im Fall der Schlechtleistung ein »überverschuldensmäßiges« Risiko des Lohnausfalls aufgebürdet würde.1407 Schließlich ist der Rücktritt ausgeschlossen, weil das Rücktrittsrecht durch die Kündigung ersetzt wird.1408 Zusammenfassend verweigert der BGH die Anwendung der Minderung beim Dienstvertrag im Fall der Schlechtleistung, unabhängig davon, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein Schuldverhältnis bei den freien Berufen besteht.1409 Die Rechtsprechung in Deutschland geht davon aus, es sei der gesetzgeberische Wille, dass der Dienstberechtigte das Risiko trägt, den falschen Dienstverpflichteten einzustellen.1410 Somit müsse dem Dienstverpflichteten trotz der Mangelhaftigkeit seiner Dienste die vollständige Vergütung gewährt werden.1411 Folglich kann der Dienstberechtigte weder die vollständige oder teilweise Befreiung von seiner Leistungspflicht noch die Rückzahlung der schon gezahlten Vergütung verlangen. 2.

Ausnahmerechtsprechung in Deutschland

Abweichend von dieser Rechtsprechung lässt der BGH ausnahmsweise die Gegenleistungspflicht entfallen, wenn der Ausfall der Vergütung wie in § 654 BGB ausdrücklich im Gesetz normiert ist.1412 Dies ist der Fall, wenn der Mäkler dem Inhalt des Vertrages zuwider für den anderen Teil tätig gewesen ist.1413 Die Gegenleistung entfällt auch, wenn die Dienstleistungen aufgrund ihres Fixschuldcharakters als eine Teilleistung qualifiziert werden können.1414 Außerdem lässt der BGH es in einem Urteil zu, dem Anspruch auf die Vergütung den Arglisteinwand entgegenzuhalten, wenn »sich der Dienstverpflichtete gegenüber dem anderen Teil grob unanständig verhalten hat.«1415 In dem betreffenden Urteil 1407 BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549. 1408 Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1278; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. B56. S. BGH, Urteil vom 10. 7. 1968 – VIII ZR 120/66, NJW 1969, 37; BGH, Urteil vom 6. 2. 1985 – VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124, 125. S. BT-Drucks. 14/6040, S. 177. 1409 BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549. Zum Fall des Werkvertrages (Winterdienst) vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 6. 6. 2013 – VII ZR 355/12, NJW 2013, 3022. S. auch BGH, Urteil vom 4. 2. 2010 – IX ZR 18/09, BeckRS 2010, 5360. 1410 BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549, 2549. 1411 Teumer, VersR 2009, 333, 335. 1412 Vgl. auch BGH, Urteil vom 15. 7. 2004 – IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817. 1413 BGH, Urteil vom 15. 1. 1981 – III ZR 19/80, NJW 1981, 1211. 1414 BGH, Urteil vom 7. 12. 1987 – II ZR 206/87, NJW-RR 1988, 420; BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549. 1415 »Die Revision verweist mit Recht darauf, daß durch unerlaubte Wettbewerbshandlungen allenfalls Unterlassungs- und vor allem Schadensersatzansprüche begründet werden, mit denen die Bekl. gegenüber den Gehaltsansprüchen hätte aufrechnen können, daß derartige Verstöße den Dienstherrn aber grundsätzlich nicht berechtigen, die Dienstbezüge zu

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

verneinte der BGH jedoch den entsprechenden Arglisteinwand. Hiernach konnte die Tätigkeit als Geschäftsführer in einer Konkurrenzfirma nicht als ein so krass liegender Fall angesehen werden.1416 In einem anderen Fall versagte das Landgericht Karlsruhe bei einem Zahnarztvertrag grundsätzlich die Minderung im Fall der Schlechtleistung.1417 Das Gericht führte jedoch aus, dass der Patient durch den Schadensersatzanspruch aufgrund der positiven Forderungsverletzung von seiner Verpflichtung zur Bezahlung der Vergütung befreit werde.1418 Auffällig ist, dass das Gericht in diesem Urteil anerkennt, dass das Interesse des Dienstberechtigten infolge der Schlechtleistung beschädigt sei und aufgrund dessen die Bezahlung der Vergütung verweigert werden könne.1419 Nach der Ansicht des Landgerichts Karlsruhe ist die Unterscheidung zwischen Schlecht- und Nichtleistung im Fall der erheblichen Schlechtleistung nicht notwendig.1420 Der Dienstberechtigte kann die Zahlung der Vergütung verweigern oder die gezahlte Vergütung zurückverlangen. Insoweit weicht die Auffassung des Landgerichts Karlsruhe von der Auffassung ab, dass die Schlechtleistung mit der Nichtleistung in der Rechtsfolge nicht gleichgesetzt sei und daher die Rückzahlung der bereits gezahlten Vergütung unmöglich sei.1421 Außerdem nimmt das Landgericht Karlsruhe an, dass das beschädigte Interesse des Dienstberechtigten bei der Schlechtleistung mit dem Schaden durch die positive Forderungsverletzung identisch sei und mindestens mit dem kleinen Schadensersatz statt der ausgebliebenen Dienste nach §§ 280, 281 BGB gleichgesetzt werden müsse.1422

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verweigern. Allenfalls in besonders kraß liegenden Fällen, in denen sich der Dienstverpflichtete gegenüber dem anderen Teil grob unanständig verhalten hat, kann es gerechtfertigt sein, dem Vergütungsanspruch den Arglisteinwand entgegenzuhalten.« BGH, Urteil vom 19. 10. 1987 – II ZR 97/87, NJW-RR 1988, 352, 353. BGH, Urteil vom 19. 10. 1987 – II ZR 97/87, NJW-RR 1988, 352, 353. LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. »Der Patient kann jedoch einen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung bzw. (wenn auch im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar) gem. den §§ 280, 281 BGB entgegenhalten, durch den er im Ergebnis (bei umstrittener dogmatischer Begründung) von der Honorarverbindlichkeit befreit wird.« LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1507. »Zutreffender Ansatzpunkt der Überlegungen muss vielmehr sein, dass auch ein Dienstvertrag in einer Weise schlecht erfüllt werden kann, dass seine Erfüllung überhaupt für den Dienstberechtigten/Patienten kein Interesse hat. Im Umfang des fehlenden Interesses ist der Dienstberechtigte dann berechtigt, die Vergütung zu verweigern oder eine bezahlte Vergütung zurückzuverlangen.« LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/ 04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. »Aus Sicht des Gläubigers einer Dienst- oder Werkleistung oder der Verschaffungspflicht aus Kaufvertrag ist es letztlich gleichgültig, ob der Schuldner seine Leistung schlecht oder gar nicht erbringt, solange es sich um eine erhebliche Schlechterfüllung handelt.« LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. S. OLG München, Urteil vom 12. 6. 1997 – 1 U 1704/97, BeckRS 1997, 16066. »Das fehlende Interesse des Dienstberechtigten ist kongruent mit einem Schadenser-

Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB

3.

209

Rechtsprechung in Korea

In Korea gibt es zwei Rechtsprechungslinien zur Minderung beim Dienstvertrag. Eine geht davon aus, dass die Schlechtleistung eine Art der qualitativen Teilleistung sei und die Unmöglichkeit der Leistung aufgrund des Fixcharakters des Dienstvertrages zu einer Minderung der Gegenleistung führe.1423 Die andere Rechtsprechungslinie des KOGH geht davon aus, dass der Beauftragte (Dienstverpflichtete)1424 bei einem Rechtsanwaltsvertrag im Prinzip vom Mandanten (Auftraggeber) das volle Honorar verlangen dürfe, dieses Honorar im Einzelfall jedoch gekürzt werden könne, wenn anzunehmen sei, dass der Anspruch auf das volle Honorar nach den Prinzipien von »Treu und Glauben« und »Equity« nicht akzeptabel sei.1425 Der zweite Ansatz ist vergleichbar mit § 3a Abs. 2 i. V. m. § 14 Abs. 1 RVG1426 in Deutschland und der deutschen Rechtsprechung zur Unangemessenheit des Honorars.1427 Nach dem KOGH wird die Unangemessenheit des Honoraranspruchs unter Berücksichtigung folgender Umstände bestimmt: die Beziehung zwischen dem Verteidiger und dem Mandanten, die Beweggründe des Vertragsschlusses, die Höhe der Vorschüsse für die Prozessvorbereitung, die Schwierigkeit der Klage, der tatsächliche Ablauf des Gerichtsverfahrens, die Sorgfältigkeit des Verteidigers, der Streitwert, das tatsächliche Interesse des Mandanten im Fall des Prozessgewinns, die Honorarordnung der betroffenen Sozietät sowie alle weiteren in Betracht kommenden Umstände.1428 Jedoch soll nach Ansicht des KOGH die Minderung des Honorars nach der zweiten Rechtsprechungslinie die Ausnahme bleiben, weil sie eine fremdbestimmte

1423 1424 1425 1426 1427 1428

satzanspruch, den der Patient – nach altem Recht – aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung dem Arzt entgegenhalten kann.« LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. Vgl. BGH, Urteil vom 7. 12. 1987 – II ZR 206/87, NJW-RR 1988, 420, 420. KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946. Zur entgeltlichen Eigenschaft des Auftrags im KBGB s. o. Erster Teil § 1 I 2. KOGH, Urteil vom 12. 4. 2002, 2000 Da 50190. Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG). BGH, Urteil vom 4. 2. 2010 – IX ZR 18/09, BeckRS 2010, 5360. KOGH, Urteil vom 25. 4. 1995, 94 Da 57626; KOGH, Urteil vom 12. 4. 2002, 2000 Da 50190. Vgl. die deutsche Rechtsprechung »Als zu berücksichtigende Umstände (vgl. § 12 I BRAGO; jetzt § 14 I RVG) kommen die Schwierigkeit und der Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel, das der Auftraggeber mit dem Auftrag angestrebt hat, in Betracht. Außerdem ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang dieses Ziel durch die Tätigkeit des Rechtsanwalts erreicht worden ist, wie weit also das Ergebnis tatsächlich und rechtlich als Erfolg des Rechtsanwalts anzusehen ist. Ferner sind die Stellung des Rechtsanwalts und die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers in die Bewertung einzubeziehen.« BGH, Urteil vom 4. 2. 2010 – IX ZR 18/09, BeckRS 2010, 5360.

210

Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Vertragsänderung aufgrund der Prinzipien von Treu und Glauben und Equity sei.1429 Weil die Anwendbarkeit der Minderung beim Dienstvertrag im KBGB nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, betreffen die Hauptbedenken die Suche nach einem tauglichen Maßstab für die Minderung. Beispielsweise nennt der KOGH in der zweiten Rechtsprechungslinie verschiedene vertragliche Faktoren (wie die Höhe der Vorschüsse für die Prozessvorbereitung oder den Streitwert) und außervertragliche Faktoren (wie die Beziehung zwischen dem Anwalt und dem Mandanten oder die Beweggründe des Vertragsschlusses) als mögliche Gründe dafür, das Honorar beim Anwaltsvertrag zu kürzen.1430 Auffällig ist dabei, dass diese Rechtsprechung sowohl auf die ordnungsgemäße Leistung als auch auf die Schlechtleistung angewendet werden kann.1431 Die zweite Rechtsprechungslinie ist wichtig für die Minderungsproblematik, weil sie deutlich macht, welche vertraglichen und außervertraglichen Elemente bei der Vergütungsbestimmung einberechnet werden.

III.

Minderungsähnliche Rechtsbehelfe im allgemeinen Leistungsstörungsrecht

Im Folgenden werden die Rechtsbehelfe des allgemeinen Leistungsstörungsrechts unter dem Gesichtspunkt der Minderungsproblematik beim Dienstvertrag erörtert. Das Dienstvertragsrecht kennt kein besonderes Gewährleistungsrecht, jedoch wird das Äquivalenzinteresse im Fall der Schlechtleistung ohne Zweifel beschädigt. Das Bedürfnis nach einem Interessenausgleich besteht. Da kein besonderes Gewährleistungsrecht beim Dienstvertrag vorgeschrieben ist, wird im Folgenden versucht, anhand des allgemeinen Leistungsstörungsrechts einen minderungsähnlichen Weg zu erschließen. Im Fall der Schlechtleistung kann der Gläubiger nach deutschem allgemeinen Leistungsstörungsrecht gegen den Schuldner folgende Rechtsbehelfe geltend machen: Er kann Nacherfüllung verlangen, die Gegenleistung zurückbehalten oder vom Vertrag zurücktreten bzw. den Vertrag kündigen. Daneben kann er Schadensersatz beanspruchen. Hier werden besonders die Vorschriften zum Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB und § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB und zur 1429 KOGH, Urteil vom 12. 4. 2002, 2000 Da 50190. 1430 KOGH, Urteil vom 12. 4. 2002, 2000 Da 50190. 1431 S. auch KOGH, Urteil vom 10. 7. 2014, 2014 Da 18322; KOGH, Urteil vom 10. 9. 2009, 2009 Da 40677; KOGH, Urteil vom 9. 7. 2009, 2009 Da 21249; KOGH, Urteil vom 25. 4. 1995, 94 Da 57626; KOGH, Urteil vom 31. 3. 1992, 91 Da 29804; KOGH, Urteil vom 13. 12. 1991, 91 Da 8722 u. 91 Da 8739; KOGH, Urteil vom 29. 2. 1972, 71 Da 2722.

Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB

211

Folge der Kündigung nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB betrachtet, weil sich beide auf funktionaler Ebene mit der Rechtsfolge der Minderung gleichsetzen lassen.

1.

Nacherfüllung

Nach der Schuldrechtsmodernisierung wurde der Anspruch auf Nacherfüllung neu eingeordnet.1432 Der Nacherfüllungsanspruch wird nunmehr in erster Linie als Rechtsbehelf im Fall der Schlechtleistung gesehen.1433 Denn der Leistungsanspruch aus dem Schuldverhältnis erlischt nur durch die Bewirkung der vertragsgemäßen Leistung nach § 362 Abs. 1 BGB.1434 Bei einer Schlechtleistung bleibt der ursprüngliche Leistungsanspruch des Gläubigers erhalten. Der Anspruch auf Nacherfüllung ist im Prinzip der unerfüllt gebliebene ursprüngliche Anspruch und ist nicht aufgrund der gesetzlichen Vorschriften neu entstanden.1435 Freilich ist der Anspruch auf Nacherfüllung nicht mit dem ursprünglichen Anspruch identisch.1436 Denn nach der Schlechtleistung wird der ursprüngliche Erfüllungsanspruch dem Mangel entsprechend modifiziert.1437 a. Nacherfüllungsanspruch beim Dienstvertrag Dieser Grundgedanke gilt nicht nur beim Kauf- und Werkvertrag, sondern auch bei allen anderen Vertragstypen. Dementsprechend erlischt der Leistungsanspruch beim Dienstvertrag durch die Schlechtleistung nicht. Es kommt nicht darauf an, ob der Nacherfüllungsanspruch gesetzlich vorgeschrieben ist.1438 Im Fall der schlechten Dienstleistung bleibt der Nacherfüllungsanspruch daher erhalten, falls der die Schlechtleistung begründende qualitative Mangel der Dienste noch behebbar ist.1439 Demzufolge ist eine angemessene Fristsetzung zur Nacherfüllung notwendig, um den Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 281 Abs. 1 BGB sowie den Rücktritt vom Vertrag gemäß § 323 Abs. 1 BGB zu beanspruchen. Denn der Schuldner hat in diesem Fall noch das Vertragsinteresse, durch die Beseitigung des Dienstmangels die Gegenleistung zu erhalten.1440 1432 BeckOK BGB/Faust (38. Edition 1. 8. 2014), BGB § 439 Rn. 1. 1433 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 439 Rn. 1; Canaris, Schuldrechtsreform 2002 (2002), S. XXV. 1434 HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 362 Rn. 3. 1435 BT-Drucks. 14/6040, S. 138. 1436 S. Canaris, Schuldrechtsreform 2002 (2002), S. XXV. S. auch MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 439 Rn. 2. 1437 Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 439 Rn. 1; Huber, NJW 2002, 1004, 1005; Oechsler, NJW 2004, 1825, 1825f. 1438 Vgl. §§ 437 Nr. 1, 439, 634 Nr. 1, 635 BGB. S. Canaris, Schuldrechtsreform 2002 (2002), S. XXV. 1439 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 348. 1440 Lorenz, NJW 2006, 1175, 1175.

212

Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Allerdings besteht der Nacherfüllungsanspruch beim Dienstvertrag nicht allein aufgrund der Behebbarkeit des Mangels. Es kommt auch auf Faktoren wie eine Interessenabwägung nach Treu und Glauben oder am Interesse nicht messbare Hindernisse an.1441 Beispielsweise müsste der Dienstverpflichtete beim zeitbezogenen Dienstvertrag im gleichen oder teilweise gekürzten Zeitumfang wiederum seine ganze Arbeitskraft opfern, um den qualitativen Dienstmangel zu beseitigen.1442 Natürlich ist dies besonders beim Arbeitsverhältnis untragbar, unabhängig davon, ob die Mangelbeseitigung möglich ist oder nicht.1443 Ansonsten würde der Arbeitnehmer jeden Tag von Neuem seine ganze Arbeitsleistung opfern, ohne seinen Lohn zu erhalten, nur weil die erbrachte Arbeitsleistung unvollständig ist. Daher muss der Anspruch auf Nacherfüllung beim Arbeitsvertrag ausgeschlossen bleiben.1444 Jedoch ist das Bedürfnis, den Nacherfüllungsanspruch auszuschließen, im Fall des erfolgsbezogenen Dienstvertrages geringer.1445 Somit ist die Auffassung, dass der Anspruch auf Nacherfüllung beim Dienstvertrag allgemein ausgeschlossen bleiben muss, nicht akzeptabel. Die Frage nach der Anwendbarkeit des Nacherfüllungsanspruchs im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag bestimmt sich vielmehr mithilfe von §§ 275, 615 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.1446 b. Unmöglichkeit der Nacherfüllung und Vergütungsgefahr Die Unmöglichkeit der Leistung nach § 275 BGB wird unter Betrachtung der Vereinbarungen sowie des Vertragsinteresses des Gläubigers durch normative Auslegung bestimmt.1447 Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Nacherfüllungsanspruch ausgeschlossen, wenn die Nacherfüllung objektiv unmöglich ist, also für jedermann einschließlich des Schuldners.1448 Verliert beispielsweise der Sänger 1441 MünchKomm/H. P. Westermann (6. Aufl. 2012), BGB § 439 Rn. 20ff., 26f.; Staudinger/ Matusche-Beckmann (2013), BGB § 439 Rn. 101. 1442 Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten (2004), S. 255f. 1443 Motive II, S. 461; Mugdan II, S. 257; Ehmann, NJW 1987, 401, 406; Richardi, NJW 1987, 1231, 1234. 1444 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 450ff. 1445 Zur Problematik der Nacherfüllung beim Behandlungsvertrag s. Ballhausen, NJW 2011, 2694, 2695f. 1446 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 355ff. 1447 Jauernig/Stadler (16. Aufl. 2015), BGB § 275 Rn. 4 ff.; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 275 Rn. 6; Canaris, JZ 2001, 499. 1448 »Unmöglich meint, wie sich aus Absatz 2 ergibt, nur die objektive oder subjektive »wirkliche« Unmöglichkeit, nicht dagegen die faktische Unmöglichkeit, die Regelungsgegenstand des § 275 Abs. 2 RE ist. Eine Leistung ist in diesem Sinne objektiv unmöglich, wenn sie von niemandem erbracht werden kann.« BT-Drucks. 14/6040, S. 129. S. auch MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 275 Rn. 36.

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seine Stimme, liegt Unmöglichkeit vor,1449 falls es dem Interesse des Gläubigers entgegensteht, den Sänger auszutauschen.1450 Kommt die Hochzeitssängerin erst nach der Hochzeit an, liegt ebenfalls Unmöglichkeit vor, weil die vereinbarten Dienste nur in dem bestimmten Zeitraum Bedeutung für den Vertrag haben. In diesem Fall handelt es sich um eine absolute Fixschuld.1451 Obwohl die Nacherfüllung möglich ist, kann der Dienstverpflichtete nach § 275 Abs. 2 BGB die Nacherfüllung verweigern,1452 wenn die erneuten Verschaffungskosten1453 im Vergleich zum Interesse des Gläubigers unzumutbar hoch ist.1454 Dies ist von Bedeutung, weil beim Dienstvertrag die Nacherfüllung in der Regel mit Zeitaufwand nachträglich erbracht werden kann, soweit keine Besonderheit wie ein absoluter Fixschuldcharakter vorliegt. Beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag ist es noch leichter, weil die Interessen beider Seiten nicht direkt an die zeitliche Perspektive anknüpfen. Beispielsweise kann die unvollständige Finanzberatung durch eine ergänzende Beratung nachgeholt werden. Außerdem kann der Dienstverpflichtete nach § 275 Abs. 3 die Nachbesserung der mangelhaften Dienste verweigern, wenn es unter Abwägung des Hindernisses, das der Nachbesserung entgegensteht, mit dem Leistungsinteresse des Dienstberechtigten als nicht zumutbar erscheint, die Nacherfüllung zu erbringen.1455 Zur Bejahung der Unzumutbarkeit ist eine erhebliche Belastung des Dienstverpflichteten notwendig.1456 Natürlich kann der Dienstverpflichtete sich entscheiden, trotz des Leistungshindernisses auf die Verweigerung zu verzichten und seine Dienste nachzuholen. Nach § 615 BGB schuldet der Dienstverpflichtete keine Nachleistung, wenn der Dienstberechtigte mit der Annahme in Verzug kommt oder der Arbeitgeber das Betriebsrisiko für einen Arbeitsausfall trägt.1457 In diesem Fall kann der Dienstverpflichtete trotz der unvollständigen Leistung die vereinbarte Vergütung verlangen.1458 Wenn der Dienstverpflichtete zu einer absoluten Fixschuld 1449 Vgl. AG Mannheim, Urteil vom 2. 10. 1990 – 3 b C 144/90, NJW 1991, 1490. S. auch Huber, Leistungsstörungen, Band II (1999), § 56 I 6, S. 709f. 1450 Zur Unübertragbarkeit der persönlichen Leistung s. o. Erster Teil § 1 III 4. 1451 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 356. 1452 Vgl. §§ 439 Abs. 3, 635 Abs. 3 BGB. 1453 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 275 Rn. 83f. 1454 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 275 Rn. 90; Staudinger/Caspers (2014), BGB § 275 Rn. 101. 1455 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 275 Rn. 108; Staudinger/Caspers (2014), BGB § 275 Rn. 108; Hennsler, RdA 2002, 129, 131f.; Canaris, JZ 2001, 499, 501. S. auch BTDrucks. 14/6040, S. 130. 1456 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 275 Rn. 117; Staudinger/Caspers (2014), BGB § 275 Rn. 109; Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform (2002), Rn. 99. 1457 HK-BGB/Schreiber (8. Aufl. 2014), BGB § 615 Rn. 1. 1458 BAG, Urteil vom 24. 9. 2014 – 5 AZR 593/12, NZA 2015, 35, 37f. S. auch Staudinger/ Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 7 ff.

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verpflichtet ist, wird er von der Nacherfüllungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB befreit.1459 Dennoch besteht der Anspruch auf die Vergütung nach § 615 BGB weiter.1460 Das Prinzip »ohne Arbeit kein Lohn« wird hier nicht angewendet.1461 c. Nacherfüllung und Schadensersatz statt der Leistung Hinsichtlich der Problematik der Minderung erlangt der Anspruch auf Nacherfüllung Bedeutung, wenn er an den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung anknüpft.1462 Dies ist der Fall, wenn der Dienstberechtigte einen Nacherfüllungsanspruch hat, der Dienstmangel jedoch trotz einer angemessenen Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht beseitigt wird. Dann kann der Dienstberechtigte den Schadensersatz statt der noch ausgebliebenen Leistung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen, vorausgesetzt, der Dienstverpflichtete hat die Schlechtleistung zu vertreten. Problematisch sind oftmals die sachgemäße Schadensberechnung und die Zurechenbarkeit des Schadens.1463 Wenn die Nacherfüllung hingegen nach § 275 BGB ausgeschlossen ist, wie in den meisten Fällen des Dienstvertrages, kommt der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 283 S. 2 i. V. m. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB in Betracht. Dies setzt voraus, dass der Dienstverpflichtete die Schlechtleistung zu vertreten hat.1464 Wenn der Dienstberechtigte beispielsweise ein Deckungsgeschäft getätigt hat, um die infolge der schlecht erbrachten Dienste entstehende Beeinträchtigung seines Interesses zu vermeiden, kann er den Ersatz der Kosten nach § 283 S. 2 i. V. m. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB verlangen.1465 Jedoch muss der Dienstberechtigte darlegen und beweisen, dass wegen des Leistungsmangels ein Deckungsgeschäft notwendig war.1466 Außerdem kann der Dienstberechtigte im Fall der Schlechtleistung Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach § 281 Abs. 1 S. 3 BGB verlangen, wenn die Nacherfüllung mit Rücksicht auf § 275 BGB noch möglich ist, der Dienstverpflichtete nicht nach § 615 BGB von seiner Nachleistungspflicht befreit wird 1459 Zum Verhältnis von § 326 Abs. 2 BGB und § 615 BGB s. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 3 ff. 1460 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 1; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011), BGB § 615 Rn. 1. 1461 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 615 Rn. 1 f.; Motive II, S. 461, 462; Mugdan II, S. 257. 1462 Beispielsweise s. LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. 1463 Zur sachgemäßen Schadensbegrenzung s. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 134ff. 1464 Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 283 Rn. 45f. Umstritten ist, ob der Schuldner die Umstände zu vertreten haben muss, die die Unmöglichkeit der Leistung nach § 275 BGB herbeiführen. S. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 283 Rn. 1. 1465 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 133ff. 1466 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 372.

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und eine erhebliche Pflichtverletzung des Dienstverpflichteten in Bezug auf den qualitativen Mangel der Dienste vorliegt.1467 Ist die Nacherfüllung nach §§ 275, 615 BGB ausgeschlossen und ist der qualitative Mangel der erbrachten Dienste erheblich, kann Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach § 283 S. 2 i. V. m. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB verlangt werden.1468 In diesem Fall kann der Dienstverpflichtete vom Dienstberechtigten nach §§ 283 S. 2, 281 Abs. 5 i. V. m. § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz für seine erbrachten Leistungen verlangen.1469 In diesem Sinne entspricht der Schadensersatz statt der ganzen Leistung in seiner Wirkung dem Rücktritt und dem damit kombinierten Schadensersatz nach § 325 BGB.1470 2.

Schadensersatz statt der Leistung

Beim BGB übernimmt der Schadensersatz im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag eine ähnliche Funktion wie die Minderung,1471 obwohl die Minderung auf der Primärebene und der Schadensersatz auf der Sekundärebene des Leistungsstörungsrechts beruht. Jedoch stellt der Schaden im Rahmen des Schadensersatzrechts nicht genau das gestörte subjektive Äquivalenzinteresse der beiden Vertragsparteien dar.1472 Die Störung des Äquivalenzinteresses wird deshalb durch den Schadensersatz nicht vollständig geheilt. Der Schadensersatz bezweckt dies im Gegensatz zur Minderung auch nicht. a.

Schadensersatz statt der noch ausgebliebenen Leistung und Ersatz vergeblicher Aufwendungen Der Schadensersatz statt der noch ausgebliebenen Leistung kann grundsätzlich als ein Weg zur Minderung fungieren. Wenn der Nachhilfelehrer einen Teil des vereinbarten Lehrstoffs falsch unterrichtet hat und deswegen ein ergänzender Unterricht notwendig ist, der Lehrer jedoch verweigert, in der gesetzten angemessenen Frist nachzuerfüllen, und deshalb eine Ersatzkraft beschäftigt werden muss,1473 nähert sich der Schadensersatz, also der Ersatz der Kosten für die Ersatzkraft, in seiner Funktion der Minderung an.1474 In diesem Fall lassen sich

1467 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 152. 1468 HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 283 Rn. 3. 1469 Jauernig/Stadler (16. Aufl. 2015), BGB § 281 Rn. 32; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 157; Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. E4. 1470 Jauernig/Stadler (16. Aufl. 2015), BGB § 281 Rn. 32; BT-Drucks. 14/6040, S. 141. 1471 LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508. 1472 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 132. Zur subjektiven Äquivalenz s. o. Zweiter Teil § 2 III. 1473 Der Fall von Tillmanns ist hier verändert übernommen. Vgl. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 212ff. 1474 Zum Umfang des Ersatzes des Minderwerts sowie der Herstellungskosten s. Münch-

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

die Kosten der Ersatzkraft gegen die Vergütung aufrechnen.1475 Wenn die Vergütung vorgeleistet ist, obwohl dies gemäß § 614 BGB nicht der gesetzliche Normalfall ist, kann der Dienstberechtigte die Kosten als Schaden nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen. Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann außerdem Ersatz der vergeblichen Aufwendungen nach § 284 BGB verlangt werden.1476 Ein Beispiel ist, dass der Nachhilfeschüler einen Raum für den Unterricht reserviert hat, der Nachhilfelehrer den Unterricht jedoch verweigert. Dann sind die schon gezahlten Kosten für den Raum ersatzfähige Aufwendungen.1477 § 284 BGB ermöglicht eine besondere Entschädigung des negativen Interesses,1478 nämlich die Kosten, die im Vertrauen darauf aufgewendet wurden,1479 die vertragsgemäße Leistung zu erhalten, und nutzlos wurden.1480 Trotzdem umfasst der Aufwendungsersatz nach § 284 nicht das ganze negative Interesse des Gläubigers,1481 sondern nur die Aufwendungen, die billigerweise gemacht werden durften.1482 Fraglich ist, ob die Gegenleistung zu diesen Aufwendungen gehört.1483 Wenn dies bejaht würde, würden sich die Rechtsfolge von § 284 BGB und die der Minderung annähern. Jhering fasste die actio redhibitoria als einen Rechtsbehelf für das negative Interesse auf1484 und einige Ansichten betrachteten die actio quanti minoris als einen Rechtsbehelf für den Ersatz des negativen Interesses.1485 Die Minderung unterscheide sich jedoch vom Ersatz des negativen Interesses

1475 1476 1477 1478 1479 1480

1481 1482 1483 1484 1485

Komm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 133. S. auch BGH, Urteil vom 23. 6. 1989 – V ZR 40/88, NJW 1989, 2534, 2535. Vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 28. 4. 2005 – 8 O 362/04, NJW-RR 2005, 1507, 1508; OLG Zweibrücken, Urteil vom 20. 11. 2001 – 5 U 20/01, MedR 2002, 201; OLG Köln, Urteil vom 26. 5. 1986–7 U 77/84, VersR 1987, 620. HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 284 Rn. 1 ff.; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 14ff. Zur Rentabilitätsvermutung vgl. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 4. Vgl. §§ 122, 179 Abs. 2 BGB und § 467 S. 2, 634 Abs. 4 BGB a. F. Zur Ansicht, dass sich § 284 BGB auf den besonderen Nichterfüllungsschaden beziehe, s. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 6. Canaris, JZ 2001, 499, 516. HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 284 Rn. 1; MünchKomm/Enrst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 4. S. auch BGH, Urteil vom 26. 3. 1999 – V ZR 364/97, NJW 1999, 2269; Huber, AcP 210 (2010), 320, 346ff.; Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 87; Zimmer, NJW 2002, 1, 10. BT-Drucks. 14/6040, S. 144; MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 6. Zimmer, NJW 2002, 1, 10. Dazu bejahend s. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 11. 2005 – 15 U 117/04, NJW-RR 2006, 1074, 1075. Verneinend s. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 18. v. Jhering, Culpa in contrahendo oder Schadensersatz, JherJb 4 (1861), S. 17. S. Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 78. Vgl. Pringsheim, Das Alter der aedilizischen actio quanti minoris, in: Kaiser/Schermaier/Thür (Ed.), Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Romanistische Abteilung, Band 69, Heft 1 (Aug. 1952), 234, 240.

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dadurch, dass sie den Mangelfolgeschaden nicht umfasse.1486 Wenn sich die ersatzfähigen Aufwendungen nach § 284 BGB auf die Gegenleistung beschränken,1487 ist das Hindernis für die funktionale Gleichsetzung von § 284 BGB und der Minderung beseitigt. Jedoch wird dies verneint, weil die Rückgabe der Gegenleistung nach heutiger Rechtslage nur durch den Rücktritt erfolge.1488 Der Ansatz, die Gegenleistung mithilfe der Rentabilitätsvermutung in den ersatzfähigen Schaden einzubeziehen,1489 beruhe auf der alten Rechtslage, bei der sich Schadensersatz und Rücktritt gegenseitig ausschlossen.1490 Demzufolge bestehe nach heutiger Rechtslage keine Notwendigkeit, die Gegenleistung in die Aufwendungen gemäß § 284 BGB einzubeziehen.1491 Die als »der erste handgreifliche Schaden« bedachte erbrachte Gegenleistung gehört nicht zu den Aufwendungen nach § 284 BGB.1492 Die Frage, ob dem Dienstverpflichteten trotz seiner Schlechtleistung die Vergütung gewährt werden muss, wenn aus seiner Pflichtverletzung kein Schaden und keine Aufwendungen resultieren, kann mithilfe des kleinen Schadensersatzes und des Ersatzes vergeblicher Aufwendungen jedoch kaum beantwortet werden. Ohne den Rücktritt nach § 323 BGB oder die Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Dienstberechtigte nicht von seiner Vergütungspflicht befreit werden. § 281 Abs. 4 BGB schließt den Anspruch auf die Leistung aus, jedoch sagt er darüber hinaus nichts über die Gegenleistung.1493 Der Dienstberechtigte muss die volle Vergütung bezahlen, selbst wenn die Dienste in unzumutbarer Weise schlecht erfüllt wurden. Beispielsweise fügt die schlecht erbrachte Psychotherapie dem Patienten in der Regel keinen Schaden zu. Ob der Psychotherapeut voll vergütet werden muss, obwohl er in erheblicher Weise schlecht geleistet hat, beantwortet das BGB nicht.1494 In diesem Fall wäre 1486 S. Honsell, Quod interest im bonae-fidei-iudicium (1969), S. 78. S. auch Medicus, Id quod interest (1962), S. 124f. 1487 BeckOK BGB/Unberath (38. Edition 1. 3. 2011), BGB § 281 Rn. 47. 1488 Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung (2002), S. 163. Vgl. auch § 281 Abs. 5 BGB. 1489 »Für Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat allerdings schon das RG in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß der Käufer oder Werkbesteller die geleistete Zahlung sowie die mit dem Vertragsschluß verbundenen (nutzlos gewordenen) Auslagen als Mindestschaden berechnen dürfe.« BGH, Urteil vom 21. 4. 1978 – V ZR 235/77, NJW 1978, 1805, 1806. 1490 S. §§ 325, 326 BGB a. F. Vgl. auch § 325 BGB. 1491 Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung (2002), S. 163. 1492 S. RG, Urteil vom 19. 2. 1930 – I 248/29, RGZ 127, 245, 248. Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Band II (1999), S. 200ff.; Stoll, JZ 1987, 517, 518. 1493 Vgl. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 281 Rn. 109. 1494 Vgl. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie). Online abrufbar unter https://www.g-ba.de/in formationen/richtlinien/20/ (Letzter Besuch am 2. 11. 2016). Vgl. auch Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz – PsychThG) und Gebührenordnung für Psy-

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der Weg denkbar, die nicht vollständig geleisteten Dienste dem Schaden zuzurechnen.1495 Es handelt sich um die in qualitativer Weise entgangenen Dienste.1496 Dadurch könnte ein Weg zur Minderung beim Dienstvertrag mithilfe des Schadensersatzanspruchs eröffnet werden.1497 b. Einbeziehung der entgangenen Dienste in den ersatzpflichtigen Schaden Es ist umstritten, ob die entgangenen Dienste, also die nicht erbrachten Dienste oder der Minderwert der schlecht erbrachten Dienste, selbst den Schaden bilden. Dagegen ist man sich einig, dass die Kosten des Deckungsgeschäfts, das aus den entgangenen Diensten resultiert und zum Schutz des Gläubigerinteresses notwendig ist, ein ersatzfähiger Schaden sind. Die Frage nach den entgangenen Diensten birgt die Schwierigkeit, wie der Schaden in dem Fall berechnet werden kann, in dem dem Vermögen kein Nachteil zugefügt wurde. Nach der Differenztheorie ist diese Beeinträchtigung des Interesses nicht schadensersatzfähig. Ohne gegenwärtiges Vermögensopfer wie die Kosten des Deckungsgeschäfts wird der Schaden kaum fassbar. Beim Dienstvertrag ist die Vornahme eines Deckungsgeschäfts jedoch nur sehr begrenzt möglich. Denn das Deckungsgeschäft ist unvorstellbar, wenn die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB objektiv unmöglich ist.1498 Der Berechnung des Schadens dient vor allem § 249 BGB. Nach § 249 Abs. 1 BGB muss der ersatzpflichtige Dienstverpflichtete den hypothetischen Zustand herstellen, der bestünde, wenn keine Pflichtverletzung eingetreten wäre.1499 Schaden bedeutet in dieser Vorschrift »jede Beeinträchtigung eines Interesses.«1500 Dieses Interesse umfasst das Vermögensinteresse und das immaterielle bzw. ideelle Interesse.1501 Der Zweck dieser Vorschrift liegt genau darin, die Beeinträchtigung eines solchen Interesses auszugleichen.1502 Es ist fraglich, ob die in qualitativer Weise entgangenen Dienste oder der Minderwert der un-

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chologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (GOP). Vgl. auch Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), besonders §§ 4, 5 GOÄ. Lange/Schiemann, Schadensersatz (3. Aufl. 2003), § 6 VII 1, S. 273 und § 6 VII 4, S. 283ff.; Stoffels, Der Vertragsbruch des Arbeitnehmers (1994), S. 150f. Von einigen Autoren wird dieser Weg verneint. S. Esser/Weyers, Schuldrecht, Band II Teilband 1 (8. Aufl. 1998), § 29 I 1, S. 243ff.; Bamberger/H. Roth/Fuchs (2. Aufl. 2008), BGB § 611 Rn. 88. Teilweise bejahend s. Maschmann, NZA-Beil. 2006, 13, 17. Lessmann, FS Wolf (1985), S. 415ff.; Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. C7. Beispielsweise aufgrund des Charakters des Fixgeschäfts s. HK-BGB/Schulze (8. Aufl. 2014), BGB § 275 Rn. 13. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 16ff. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 16; Lange/Schiemann, Schadensersatz (3. Aufl. 2003), § 1 I, S. 27ff. Staudinger/Schiemann (2005), Vorbemerkungen zu §§ 249–254 BGB Rn. 43ff. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 8; Lange/Schiemann, Schadensersatz (3. Aufl. 2003), S. 9ff.; Motive II, S. 17f. S. auch BGH, Urteil vom 7. 5. 2004 – V ZR 77/03, NJW 2004, 2526, 2528.

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vollständig erfüllten Dienste auch dann eine Beeinträchtigung eines Interesses im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB darstellen können,1503 wenn der Dienstberechtigte aus der positiven Forderungsverletzung keinen weiteren Schaden erleidet und auf das Deckungsgeschäft verzichtet.1504 Dies ist dann der Fall, wenn der Dienstberechtigte den mangelhaften Teil der Dienste selbst erledigt oder die Ersatzkraft diesen Teil kostenlos tätigt.1505 Es geht um den abstrakten oder normativen Schaden1506 und um die Greifbarkeit eines solchen abstrakten oder normativen Interesses. Zunächst könnte die Gegenleistung erneut aufgrund der Rentabilitätsvermutung als ein greifbarer Schaden aufgefasst werden.1507 Die Auffassung, dass der Minderwert der schlecht erbrachten Dienste als Beeinträchtigung des negativen Interesses nach § 284 BGB sowie §§ 249, 252 BGB ersetzt werden könne,1508 wird zu Recht verneint, obwohl der Zweck dieser Vorschriften darin liegt, den nicht in Geld berechenbaren Schaden zu ersetzen.1509 Denn die Aufwendungen nach § 284 BGB sind nicht allgemein mit dem Ersatz des negativen Interesses gleichzusetzen.1510 Es ist nicht der gesetzgeberische Wille, im Fall der Leistungsstörung das negative Interesse vollständig nach § 284 BGB zu ersetzen.1511 Dadurch würde eine willkürliche Schadensberechnung ermöglicht, die jedenfalls von den besonderen Vorschriften in §§ 252, 253 BGB abweichen würde. Die Rechtsicherheit würde dadurch beschädigt. Außerdem gilt die Rentabilitätsvermutung im Sinne von §§ 249, 252 BGB nicht, wenn der Vertrag keinen wirtschaftlichen Zweck ver-

1503 Diese Frage wird in der Regel verneint. S. BAG, Urteil vom 6. 6. 1972 – 1 AZR 438/71, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 71; Stoffels, Der Vertragsbruch des Arbeitnehmers (1994), S. 150f.; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1287. 1504 S. Lange/Schiemann, Schadensersatz (3. Aufl. 2003), § 6 VII, S. 273ff. 1505 S. Servatius, Jura 2005, 838, 843. 1506 »Inhaltlich wurde ein Schaden bereits im Wegfall der Arbeitskraft selbst gesehen. Dabei spielte es keine Rolle, ob er zu Vermögensaufwendungen führte, etwa durch Entlohnung einer Ersatzkraft, oder ob dies nicht der Fall war, indem ein Ausgleich durch die unbezahlte Arbeit anderer Familienmitglieder oder überhaupt nicht stattfand. Der Schadensbegriff wurde hier also schon damals normativ aufgefaßt.« BGH, Beschluss vom 9. 7. 1968 – GSZ 2/67, NJW 1968, 1823, 1823. 1507 »Dabei stellte es u. a. auf den synallagmatischen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ab und führte aus, daß sich die beiderseitigen Leistungen nach dem Partei willen als gleichwertig gegenüberstünden und der Kaufpreis daher der geringste Schaden sei.« BGH, Urteil vom 21. 4. 1978 – V ZR 235/77, NJW 1978, 1805, 1806. 1508 S. Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses (2007), S. 369ff.; Huber, AcP 210 (2010), 320, 346ff. S. auch Müller, Der Ersatz entwerteter Aufwendungen bei Vertragsstörungen (1991), S. 89ff. 1509 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 5; Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 284 Rn. 9. 1510 Erman/Westermann (14. Aufl. 2014), BGB § 284 Rn. 3; v. Olshausen, FS Huber (2006), S. 491; Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 86; Wiedemann, FS Ulmer (2003), S. 1273, 1279f. 1511 BT-Drucks. 14/6040 S. 144. S. auch MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 284 Rn. 6.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

folgt.1512 Der Verdienst- und Gewinnausfall ist ein greifbarer Schaden, der jedoch nach § 252 BGB ersetzt werden kann.1513 Denkbar ist auch der Weg, die zeitanteilige Vergütung, die während der Schlechtleistung entrichtet wurde, als ersatzfähigen Schaden anzunehmen, obwohl der Dienstverpflichtete seine Dienste zwar nicht vollständig, aber erbracht hat. Dieser Weg muss abgelehnt werden. Denn dadurch wird die gesetzliche Abgrenzung zwischen Schlecht- und Nichtleistung verwischt. Die gesetzgeberische Entscheidung bezüglich der Gegenleistungsgefahr in §§ 326 Abs. 1, 615 S. 3 BGB wird ignoriert.1514 Folgerichtig kann der abstrakte oder normative Schaden nur geltend gemacht werden, wenn eine besondere Regelung dafür vorhanden ist oder die Rechtsprechung dies unter besonderen Voraussetzungen erlaubt.1515 c. Normativer Schadensbegriff in der Rechtsprechung Für den Dienstberechtigten bedeuten die schlecht erbrachten Dienste eine qualitativ teilweise entzogene Nutzungsmöglichkeit oder entgangene Gebrauchsvorteile. Die Frage ist, ob der normative Schadensbegriff auch bei schlecht erbrachten Diensten gilt,1516 also in dem Fall, dass die Erfüllung der synallagmatischen geldwerten Leistung gescheitert ist, jedoch kein finanzieller Schaden vorliegt.1517 Wenn in solchen Fällen der Dienstberechtigte auf das Deckungsgeschäft verzichtet oder ein solches nicht notwendig ist, ist die Differenzhypothese von Mommsen nicht hilfreich für die Berechnung des Schadens,1518 weil kein unfreiwilliges Vermögensopfer vorhanden ist.1519 Bei-

1512 BGH, Urteil vom 10. 12. 1986 – VII ZR 349/85, NJW 1987, 831. S. auch BeckOK BGB/ Unberath (38. Edition 1. 3. 2011), BGB § 281 Rn. 46. 1513 MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 252 Rn. 4 ff. 1514 Jauernig/Stadler (16. Aufl. 2015), BGB § 326 Rn. 1; Jauernig/Mansel (16. Aufl. 2015), BGB § 615 Rn. 7. 1515 BeckOK BGB/Schubert (38. Edition 1. 3. 2011), BGB § 249 Rn. 15. 1516 Zum normativen Schadensbegriff s. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 23; Würthwein, JZ 2000, 337, 338. Vgl. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 60ff. Vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. 7. 1986 – GSZ 1/86, NJW 1987, 50. 1517 »Der »normative Schadensbegriff« geht nicht von den Auswirkungen der schädigenden Handlung (Verletzungshandlung) auf das Gesamtvermögen des Geschädigten aus, sondern knüpft an den objektiven Wert des verletzten Gutes an.« BAG, Urteil vom 24. 4. 1970 – 3 AZR 324/69, AP HGB § 60 Nr. 5. Vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. 7. 1968 – GSZ 2/67, NJW 1968, 1823. 1518 Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse (1855), S. 3; Honsell, JuS 1973, 69, 69f.; Schiemann, FS Hagen (1999), S. 40ff. 1519 Vgl. EBJS/Füller (3. Aufl. 2015), HGB § 396 Rn. 15. »Das hat der Große Senat für Zivilsachen in seiner Entscheidung BGHZ 50, 304 = NJW 68, 1823 bestätigt und in der Begründung seiner Lösung unterstützend bemerkt, diese sei auch als Ausstrahlung des in der neueren Rechtsprechung in Abkehr von der reinen Differenzhypothese entwickelten

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spielsweise bejaht der BGH bei einem Vertrag über einen Internetanschluss, dass der Ausfall der Nutzungsmöglichkeit des Internetanschlusses einen ersatzfähigen Schaden darstelle, obwohl dieser bei Anwendung der Differenztheorie keinen Vermögensschaden bilde.1520 Die Vorinstanz LG Koblenz sieht dies anders. Der Nutzungsausfall sei in diesem Fall kein ersatzfähiger Schaden. Nur die Mehrkosten für das Deckungsgeschäft könnten ersetzt werden.1521 Jedoch ist der Weg des BGH bei schlecht erbrachten Diensten abzulehnen.1522 Die Arbeitskraft ist kein marktübliches Vermögensgut,1523 obwohl sie teilweise standardisiert und kommerzialisiert ist.1524 Auch wenn die Arbeitskraft unter Umständen als ein Vermögensgut bewertet werden könnte, ist eine von der Rechtsprechung verlangte Voraussetzung nicht erfüllt. Im Normalfall haben die entgangenen oder schlecht erbrachten Dienste keine signifikante Bedeutung für die Lebenshaltung.1525 Ohne eine solche Voraussetzung des Schadensersatzes verliert § 253 Abs. 1 BGB seine eigenständige Funktion, weil alle Nichtvermögensschäden mithilfe dieses Umwegs unbeschränkt ersetzt werden könnten.1526 Folglich ist es nur in sehr begrenzten Fällen möglich, die entgangenen Dienste als normativen Schaden zu begreifen und dessen Ersatz geltend zu machen. Die Differenzhypothese wird außerdem durch den normativen Schadensbegriff nicht grundsätzlich ersetzt.1527 Vielmehr dient der normative Schadensbegriff im

1520 1521 1522 1523

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1526 1527

»normativen Schadensbegriffs« gerechtfertigt.« BGH, Urteil vom 5. 5. 1970 – VI ZR 212/68, NJW 1970, 1411, 1411. BGH, Urteil vom 24. 1. 2013 – III ZR 98/12, MMR 2013, 611. LG Koblenz, Urteil vom 7. 3. 2012 – 12 S 13/11, BeckRS 2013, 03032. Stoffels, Der Vertragsbruch des Arbeitnehmers (1994), S. 150f.; Staudinger/Richardi (1999), BGB § 611 Rn. 467. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I (12. Aufl. 1979), § 29 II e, S. 414. S. auch Würthwein, JZ 2000, 337, 343ff. Vgl. auch BGH, Urteil vom 8. 4. 2008 – VI ZR 49/07, NJW 2008, 2185. »Auch die Rechtsprechung des BGH, wonach unter normativen Gesichtspunkten eine vom Schädiger zu verantwortende vorübergehende Nichtbenutzbarkeit bestimmter vom Eigentümer selbst genutzter Sachen als in Geld zu ersetzender Vermögensschaden anzusehen sein kann …, bezieht sich auf bestimmte nutzbare Sachen, nicht dagegen auf persönliche Rechtsgüter wie die Frezieit [sic!].« BVerwG, Urteil vom 21. 2. 1991–2 C 48/88, NVwZ 1992, 172. Zur Kommerzialisierungsthese s. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 41ff. »Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts kommt für einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Einsatz der betreffenden Sache in Betracht.« BGH, Urteil vom 24. 1. 2013 – III ZR 98/12, MMR 2013, 611, 612. »Der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen.« BGH, Urteil vom 24. 1. 2013 – III ZR 98/12, MMR 2013, 611, 612. BGH, Beschluss vom 9. 7. 1986 – GSZ 1/86, NJW 1987, 50, 52. MünchKomm/Oetker (7. Aufl. 2016), BGB § 249 Rn. 23. S. »Ein Geschädigter soll grundsätzlich im Wege des Schadensersatzes nicht mehr erhalten als dasjenige, was er nach der

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

Einzelfall der sachgemäßen Schadensbestimmung, indem der Schaden unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Rechtsordnung bestimmt wird.1528 Bei entgangenen oder schlecht erbrachten Diensten greift der Schutzzweck jedoch nicht.1529

3.

Rücktritt und Kündigung

Wenn der Dienstverpflichtete die Leistung nicht vertragsgemäß erbringt und die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist oder nach § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB verweigert wird, kann der Dienstberechtigte nach § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten. Wenn die Nacherfüllung im Fall der Schlechtleistung noch möglich ist, jedoch trotz Fristsetzung nicht erfolgt, kann der Dienstberechtigte nach § 323 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten. In beiden Fällen hat der Dienstberechtigte die Wahl, sich des ipso iure geänderten bzw. durch die Pflichtverletzung des Schuldners gestörten Schuldverhältnisses zu entledigen oder dieses zu akzeptieren. Im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung spielt diese Wahlmöglichkeit nach § 326 Abs. 5 BGB eine entscheidende Rolle. Denn ohne eine solche Möglichkeit könnte der Gläubiger gesetzlich mittelbar gezwungen werden, die nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB ipso iure eintretende Inhaltsänderung des Schuldverhältnisses zu akzeptieren.1530 Trotz dieser ausdrücklichen Vorschriften ist es fraglich, ob der Dienstberechtigte im Fall der Schlechtleistung teilweise vom Vertrag zurücktreten kann. Eine weitere Frage ist, ob der Rücktritt nach §§ 323 Abs. 1, 326 Abs. 5 BGB neben der Kündigung nach §§ 626, 627 BGB zur Verfügung steht oder ob sie sich gegenseitig ausschließen. Nach ganz überwiegender Meinung wird der Rücktritt beim Dauerschuldverhältnis durch die Kündigung nach §§ 626, 627 BGB vermateriellen Rechtslage hätte verlangen können. Der Verlust einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die er keinen Anspruch hat, ist grundsätzlich kein erstattungsfähiger Nachteil. Durch eine fiktive Entscheidung, die gerade mit diesem Inhalt nicht hätte ergehen dürfen, wird kein schutzwürdiger Besitzstand begründet.« BGH, Urteil vom 25. 10. 2012 – IX ZR 207/11, NJW 2013, 540, 543. 1528 »Indes hat sich in der Rechtsprechung des BGH die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Differenzmethode als wertneutrale Rechenoperation nicht davon enthebt, am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestimmen.« BGH, Beschluss vom 9. 7. 1986 – GSZ 1/86, NJW 1987, 50, 51. 1529 Dagegen BAG, Urteil vom 24. 8. 1967 – 5 AZR 59/67, NJW 1968, 221, 222: »Unserem gesamten Schadensersatzrecht liegt der Gedanke zugrunde, daß der Schaden vom Geschädigten auf den Schädiger abgewälzt wird. Dieser Gedanke würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn über den Weg einer Vorteilsausgleichung Ersatzmaßnahmen des Geschädigten dem Schädiger zugute kämen mit der Folge, daß dieser ganz oder zum Teil von seiner Schadenersatzpflicht befreit würde.« 1530 Vgl. MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 107.

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drängt.1531 § 313 Abs. 3 S. 2 BGB liegt wohl der gleiche Gedanke zugrunde.1532 Dennoch besteht in einigen Fällen die Notwendigkeit, den Rücktritt beim Dauerschuldverhältnis wieder zuzulassen.1533 Dementsprechend müssen die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen beider Rechte harmonisiert werden, um einem Systemwiderspruch vorzubeugen. a. Rücktritt und Teilrücktritt Es ist fraglich, ob das Teilrücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB hergeleitet werden kann, weil § 323 BGB nur vorgibt, »vom Vertrag zurücktreten« zu können.1534 § 323 BGB enthält jedoch auch keinen ausdrücklichen Ausschluss des Teilrücktritts. Es scheint daher sachgemäß, das Teilrücktrittsrecht zu gestatten, weil anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber des BGB dem Art. 51 CISG folgen wollte,1535 der das Teilrücktrittsrecht im Fall der Teil- und Teilschlechtleistung vorschreibt.1536 Gesondert vorgeschrieben ist lediglich der Rücktritt vom ganzen Vertrag in Art. 51 Abs. 2 CISG, an den bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden. Bezüglich der Minderungsproblematik beim Dienstvertrag ist diese Erkenntnis wichtig. Denn wie oben dargestellt, entspricht der Teilrücktritt im Wesentlichen der Minderung.1537 Außerdem ist der Rücktritt nach der Schuldrechtsmodernisierung als ein allgemeiner Rechtsbehelf im Rahmen des Leistungsstörungsrechts unter der Voraussetzung der Pflichtverletzung, jedoch nicht des Verschuldens des Schuldners ausgestaltet.1538 Dies gilt auch für den Teilrücktritt. Folglich besteht das Recht zum Teilrücktritt im Fall der behebbaren Schlechtleistung gemäß § 323 Abs. 1 BGB. Im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung hat der Dienstberechtigte das Recht zum Teilrücktritt nach § 326 Abs. 5 1531 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 626 Rn. 43; Staudinger/Preis (2012), BGB § 626 Rn. 13; Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung (1994), S. 352ff. S. auch BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674, 1675; BGH, Urteil vom 19. 2. 2002 – X ZR 166/99, NJW 2002, 1870, 1870. Teilweise bejahend s. Canaris, FS Schmidt (2009), S. 181. 1532 BT-Drucks. 14/6040, S. 176. S. MünchKomm/Finkenauer (7. Aufl. 2016), BGB § 313 Rn. 110. 1533 S. BGH, Urteil vom 19. 2. 2002 – X ZR 166/99, NJW 2002, 1870. 1534 Peukert, AcP 205 (2005), 430, 440. 1535 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 201; BT-Drucks. 14/6040, S. 86. 1536 Article 51 CISG: »(1) If the seller delivers only a part of the goods or if only a part of the goods delivered is in conformity with the contract, articles 46 to 50 apply in respect of the part which is missing or which does not conform. (2) The buyer may declare the contract avoided in its entirety only if the failure to make delivery completely or in conformity with the contract amounts to a fundamental breach of the contract.« 1537 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 243. 1538 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 3; Jauernig/Stadler (16. Aufl. 2015), BGB § 323 Rn. 1 ff.; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. A8; Dörner/Staudinger, Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (1. Aufl. 2012), Rn. 42.

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

i. V. m. § 323 Abs. 1 BGB.1539 Wenn noch nicht klar ist, ob die Nacherfüllung möglich ist, steht es dem Gläubiger offen, den Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 1 BGB geltend zu machen.1540 Nach einer Ansicht kann der Teilrücktritt auf diesem Weg eine minderungsähnliche Rolle im Dienstvertragsrecht erlangen.1541 Diese Ansicht ist nachvollziehbar, wenn man die Entstehungsgeschichte des § 326 Abs. 5 BGB betrachtet.1542 Der »Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts« enthielt den § 326 Abs. 1 S. 3 BGB-E, der dem heutigen § 326 Abs. 5 BGB entspricht.1543 Während § 326 Abs. 1 S. 2 BGB-E im Fall der irreparablen Teilleistung die Minderung und den Rücktritt vom ganzen Vertrag als Rechtsbehelf vorsah, war für den Fall der unbehebbaren Schlechtleistung nach § 326 Abs. 1 S. 3 BGB-E der Rücktritt sowie der Teilrücktritt vorgesehen. Damit lehnte der Gesetzgeber die Aufnahme der Minderung in das allgemeine Leistungsstörungsrecht ab, um Wertungswidersprüche zu vermeiden, die zwischen der Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB-E und der anstelle des Rücktritts auszuübenden gestaltungsrechtlichen Minderung etwa beim Kaufund Werkvertrag bestehen.1544 Später wurde die Regelung des § 326 Abs. 1 S. 3 BGB-E in § 326 Abs. 5 BGB verschoben und der Anwendungsbereich wurde erweitert. Jetzt beschränkt sich das Rücktrittsrecht nach § 326 Abs. 5 BGB nicht mehr auf die Schlechtleistung.1545 b. Außerordentliche Kündigung Trotz dieses auf den ersten Blick klar scheinenden Umwegs zur Minderung durch den Teilrücktritt ist es nicht leicht, dieses Ergebnis grundsätzlich für den Dienstvertrag zu begründen. Denn beim Dienstvertrag ist das Kündigungsrecht besonders geregelt. Zunächst kann jeder Vertragsteil im Fall der Schlechtleistung nach § 626 Abs. 1 BGB das Dauerschuldverhältnis kündigen. Dabei ist keine 1539 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 326 Rn. 40, 107; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 326 Rn. F39; Erman/H. P. Westermann (14. Aufl. 2014), BGB § 326 Rn. 8, 19. 1540 »Bei fortbestehender Ungewissheit über die Möglichkeit der Leistung kann dann in der Praxis regelmäßig offen bleiben, ob sich der Rücktrittsgrund aus § 323 Abs. 1 oder § 326 Abs. 5 BGB-BE ergibt.« BT-Drucks. 14/7052, S. 193. 1541 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 393ff. 1542 Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 389. 1543 § 326 Abs. 1 BGB-E: »(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 oder 2 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung. Bei einer Teilleistung gilt § 441 Abs. 3 entsprechend; der Gläubiger kann in diesem Fall vom ganzen Vertrag zurücktreten, wenn er an der bewirkten Leistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.« 1544 BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1545 »Der neue Absatz 5 enthält die Regelung aus § 326 Abs. 1 Satz 3 BGB-E, allerdings nicht mehr beschränkt auf die nicht vertragsgemäße Leistung.« BT-Drucks. 14/7052, S. 193.

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bestimmte Kündigungsfrist einzuhalten, wenn dem Kündigenden nicht zuzumuten ist, das Dienstverhältnis bis zum vereinbarten Vertragsende oder Ablauf der Kündigungsfrist fortzuführen.1546 Eine solche Unzumutbarkeit wird im Gesetz als wichtiger Grund bezeichnet. Es müssen hierbei alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die Interessen beider Parteien abgewogen werden.1547 Die Vertragsparteien erhalten beim Dauerschuldverhältnis also das Gestaltungsrecht der Kündigung, um im Extremfall ihr Interesse bewahren zu können.1548 Den gleichen Gedanken spiegeln §§ 314, 723 BGB wider.1549 § 627 Abs. 1 BGB regelt eine andere Kündigungsform. Nach § 627 Abs. 1 BGB kann jeder Vertragsteil das Dienstverhältnis ohne die Voraussetzung der Unzumutbarkeit nach § 626 Abs. 1 BGB und sogar ohne Begründung kündigen,1550 wenn das Dienstverhältnis auf besonderem Vertrauen beruht und kein Arbeitsverhältnis ist.1551 Der Anwendungsbereich des § 627 BGB ist also auf Dienstverträge begrenzt, bei denen der Dienstverpflichtete keinem Weisungsrecht des anderen Teils unterworfen ist. Dies ist der Fall, wenn er die vereinbarten Dienste nach seinen selbstständigen Leistungsbestimmungen leisten muss,1552 z. B. beim Anwalts-,1553 Arzt-,1554 Beratungs-1555 oder Nachhilfevertrag.1556 In solchen Dienstverhältnissen können die Dienste nur bei gegenseitigem Vertrauen erfolgsreich erfüllt werden.1557 Schon das Vertrauen stellt jedoch ein nicht objektivierbares Interesse dar, sodass § 627 Abs. 1 BGB neben § 626 Abs. 1 BGB eigene gesetzliche Bedeutung erlangt.1558 In diesem Sinne weicht das Kündigungsrecht nach § 627 Abs. 1 BGB von dem allgemeinen Kündigungsrecht 1546 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 626 Rn. 72. 1547 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 626 Rn. 1; Staudinger/Preis (2012), BGB § 626 Rn. 49. 1548 Staudinger/Preis (2012), BGB § 626 Rn. 5. Vgl. BGH, Urteil vom 17. 3. 2008 – II ZR 239/06, NJW-RR 2008, 1488. 1549 MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 314 Rn. 1; MünchKomm/Schäfer (6. Aufl. 2013), BGB § 723 Rn. 4, 26. 1550 Erman/Belling (14. Aufl. 2014), BGB § 627 BGB Rn. 7. 1551 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn. 1; Staudinger/Preis (2012), BGB § 627 Rn. 5. 1552 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn 11; Staudinger/Preis (2012), BGB § 627 Rn 5. 1553 BGH, Urteil vom 29. 9. 2011 – IX ZR 170/10, BeckRS 2011, 24548; BGH, Urteil vom 23. 4. 2009 – IX ZR 167/07, NJW 2009, 3297, 3300; BGH, Versäumnisurteil vom 4. 7. 2002 – IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774, 2775; BGH, Urteil vom 30. 3. 1995 – IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954. 1554 BGH, Urteil vom 9. 6. 2011 – III ZR 203/10, NJW 2011, 2955, 2957; BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674. 1555 BGH, Urteil vom 31. 3. 1967 – VI ZR 288/64, NJW 1967, 1416. 1556 BAG, Urteil vom 29. 11. 1962 – 2 AZR 176/62, BeckRS 9998, 150479. S. auch Heinbuch, NJW 1981, 2734. 1557 Vgl. Dombek, FS Streck (2011), S. 659ff. 1558 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn. 2; Staudinger/Preis (2012), BGB § 627 Rn. 8.

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beim Dauerschuldverhältnis ab.1559 Jeder Vertragsteil hat damit die Freiheit zu kündigen.1560 Für die Problematik der Minderung beim Dienstvertrag ist außerdem § 628 Abs. 1 BGB von Bedeutung. Wenn das Dienstverhältnis nach §§ 626, 627 BGB ex nunc gekündigt wird, kann der Dienstverpflichtete nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich den Teil der Vergütung verlangen, der seinen schon erbrachten Dienstleistungen entspricht.1561 Bei der Berechnung der Teilvergütung kommt vorrangig die zeitanteilige Herabsetzung der Vergütung in Betracht.1562 Die qualitativen Faktoren der Dienstleistung sind jedoch nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ebenfalls einzubeziehen.1563 Zur Berechnung der Teilvergütung werden die tatsächlich erbrachten Dienste den vereinbarten Diensten gegenübergestellt.1564 Folglich stellt sich die Frage, ob § 628 Abs. 1 BGB als eine allgemeine Vorschrift zur Minderung beim Dienstverhältnis fungiert.1565 c. »Kein Interesse« als Schwelle des Minderungseintritts bei Kündigung Wird das Dienstverhältnis nach §§ 626, 627 BGB gekündigt, kann der Dienstverpflichtete nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB seinen Vergütungsanspruch entsprechend seiner erbrachten Leistung geltend machen.1566 Anders formuliert: Nachdem das Dienstverhältnis nach §§ 626, 627 BGB gekündigt wurde, steht dem Dienstverpflichteten kein Anspruch auf die Vergütung zu, sofern er seine Leistung nicht erbracht hat. Die Frage, ob für die bisher erbrachten Dienste die volle Vergütung gewährt wird, wird jedoch nicht durch § 628 Abs. 1 S. 1 BGB beantwortet,1567 sondern durch § 628 Abs. 1 S. 2 BGB. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB verschiebt die Vergütungsgefahr auf die Seite, die die außerordentliche Kündigung verursacht hat.1568 Gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB steht dem Dienstver1559 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn. 3. 1560 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 627 Rn. 4; Staudinger/Preis (2012), BGB § 627 Rn. 1. Vgl. Mugdan II, S. 913. 1561 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 7; BGH, Urteil vom 23. 4. 2009 – IX ZR 167/07, NJW 2009, 3297, 3300; BGH, Urteil vom 30. 3. 1995 – IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954, 1955. 1562 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 8; Staudinger/Preis (2012), BGB § 628 Rn. 17; BGH, Urteil vom 8. 10. 2009 – III ZR 93/09, NJW 2010, 150, 152. 1563 Zur Ansicht, dass die qualitativen Faktoren nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB einzubeziehen sind, s. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 8; Staudinger/Preis (2012), BGB § 628 Rn. 17. 1564 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 8; Staudinger/Preis (2012), BGB § 628 Rn. 19ff. 1565 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 33; Staudinger/Preis (2012), BGB § 628 Rn. 22, 27. 1566 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996 – IX ZR 37/96, NJW 1997, 188, 189. 1567 Dagegen vgl. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 8; Staudinger/Preis (2012), BGB § 628 Rn. 17. 1568 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 35.

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pflichteten der Vergütungsanspruch insoweit nicht zu, als seine bisher erbrachten Dienste infolge der vorzeitigen Kündigung dem Dienstberechtigten kein Interesse gewähren, falls er ohne Verschulden des Dienstberechtigten das Dienstverhältnis kündigt oder durch sein Verschulden die Kündigung des Dienstberechtigten veranlasst. Die in § 628 Abs. 1 S. 2 BGB tatbestandlich vorgeschriebene Schwelle »kein Interesse« scheint beim Dienstverhältnis angemessen zu sein.1569 Wegen der persönlichen Natur des Dienstvertrages wird der Dienstverpflichtete durch strengere Voraussetzungen für den Eintritt des Abwicklungsverhältnisses als beim Rücktritt privilegiert, sodass er ohne drohende Vergütungseinschränkung den Ermessensspielraum bei der Erfüllung ausüben kann.1570 Insoweit trägt der Dienstberechtigte in dienstnehmerfreundlicher Weise das Risiko, trotz der Schlechtleistung und trotz der vorzeitigen Kündigung die den schon erbrachten Diensten entsprechende Teilvergütung zahlen zu müssen, wenn es ihm nicht gelingt, darzulegen und zu beweisen, dass ihm die erbrachten Dienste unter Berücksichtigung des ganzen Vertrages überhaupt kein Interesse gewähren. Beispielsweise kann der Arbeitgeber den Lohn nicht mindern, obwohl der Arbeitnehmer weisungswidrig langsam gearbeitet hat und infolgedessen gekündigt wird, soweit die erbrachte Arbeit dem Arbeitgeber trotz der vorzeitigen Kündigung irgendein Interesse gewährt.1571 Dagegen erschließt § 628 Abs. 1 S. 2 BGB in krass liegenden Fällen die Möglichkeit der Einschränkung des Vergütungsanspruchs. Wenn ein Arzt beispielsweise wegen einer erheblichen Sorgfaltspflichtverletzung eine Fehldiagnose stellt, aufgrund dieser Diagnose operiert und dann der Behandlungsvertrag gekündigt wird, steht ihm nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB kein Honoraranspruch zu, weil die durchgeführte Behandlung und Operation dem Patienten im Ergebnis keinerlei Vorteil bringt.1572 Es steht dem Gerechtigkeitsgefühl entgegen, wenn der Dienstberechtigte in diesem Fall die volle Vergütung bezahlen muss. Dem Dienstberechtigten würde neben dem Erfolgsrisiko jede Last aufgebürdet, die der opportunistische Dienstverpflichtete in vertragswidriger Weise bei der Erfüllung verursacht. 1569 Canaris, FS Schmidt (2009), S. 182ff. 1570 Vgl. andere Eintrittsschwellen, z. B. Erheblichkeit der Pflichtverletzung und Übermaßverbot. »Das Recht zur fristlosen Kündigung eines Dienstvertrags ersetzt ein Rücktrittsrecht …, das im Falle einer Schlechtleistung bei einer unerheblichen Pflichtverletzung ausgeschlossen ist (§ 323 V 2 BGB). Für die Vergütung gekündigter Dienste höherer Art (§§ 627, 628 BGB) ist eine entsprechende Einschränkung vorzunehmen. Sie ergibt sich aus dem § 242 BGB zu entnehmenden Übermaßverbot, wonach bestimmte schwerwiegende Rechtsfolgen bei geringfügigen Vertragsverletzungen nicht eintreten.« BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674, 1675. 1571 Beispielsweise s. o. Zweiter Teil § 3 III. 1572 Canaris, FS Schmidt (2009), S. 183.

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§ 628 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB wird jedoch nicht angewendet, wenn das Dienstverhältnis aufgrund des Zeitablaufs endet.1573 Dadurch hat der Dienstberechtigte trotz Schlechtleistung keine Möglichkeit, den Vergütungsanspruch einzuschränken, auch wenn er gar nicht rechtzeitig kündigen kann, wie im Falle des unter Narkose zu operierenden Patienten. Dieses Ergebnis ist widersprüchlich. Sachgemäß ist in diesem Fall vielmehr der Teilrücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 1 BGB, der Rücktritt vom ganzen Vertrag nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB oder die entsprechende Anwendung des § 628 Abs. 1 BGB.1574 d. Verhältnis zwischen Rücktritt und Kündigung Weil nach herrschender Auffassung beim Dauerschuldverhältnis der Rücktritt durch die Kündigung ersetzt wird,1575 erscheint es auf den ersten Blick gesetzwidrig, beim Dienstvertrag einen minderungsähnlichen Weg durch einen Teilrücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 1 BGB zu ermöglichen. Auch scheint dieser Weg dem gesetzgeberischen Willen entgegenzustehen. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich die Minderung als Rechtsbehelf im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag ausschließen.1576 Er wollte die Minderung auch nicht in das allgemeine Leistungsstörungsrecht aufnehmen.1577 Dieser Gedanke wird durch die Neuschaffung des § 314 BGB verdeutlicht. Nach dem Regierungsentwurf wird der Rücktritt durch die Kündigung verdrängt.1578 Die Kündigung ist nach Auffassung des Gesetzgebers als Rechtsbehelf im Fall der Leistungsstörung beim Dauerschuldverhältnis angemessen.1579 Außerdem ist die Kündigung die »vorzeitige« Auflösung des gestörten Dauerschuldverhältnisses.1580 Das zeitliche Element ist demzufolge hervorgehoben.1581 Obwohl das Gesetz keinen Begriff des Dauerschuldverhältnisses vorschreibt, ist als Dauerschuldverhältnis ein Schuldverhältnis zu verstehen, in 1573 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 6. 1574 S. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 11. 2005 – 15 U 117/04, NJW-RR 2006, 1074, 1075. 1575 Huber, Leistungsstörungen, Band II (1999), § 46 I 2, S. 440 und § 47 I, S. 472ff.; MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 611 Rn. 14, 1041; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 611 Rn. 1278; BGH, Urteil vom 22. 5. 1990 – IX ZR 208/89, NJW 1990, 2549, 2550. 1576 BT-Drucks. 14/6040, S. 223. 1577 BT-Drucks. 14/6040, S. 189. 1578 Vgl. § 313 Abs. 3 BGB-RE. »Schließlich können § 314 und § 323 RE konkurrieren. Insoweit verdrängt § 314 RE in seinem Anwendungsbereich den § 323 RE.« BT-Drucks. 14/6040, S. 177. 1579 BT-Drucks. 14/6040, S. 176ff. 1580 BT-Drucks. 14/6040, S. 176. 1581 Erman/L. Böttcher (14. Aufl. 2014), BGB § 314 Rn. 3a; MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 314 Rn. 5.

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dem neue Leistungspflichten und Schutzpflichten andauernd in einer bestimmten Laufzeit entstehen.1582 Unter Berücksichtigung des Schuldinhalts des Dienstvertrages bedeutet dies, dass eine ständige und gleiche Pflichtenanspannung bei der Erfüllung der Leistung notwendig ist.1583 Es scheint möglich zu sein, die Leistungen beim Dauerschuldverhältnis nach Zeiteinheit zu teilen.1584 Konsequenterweise scheint die Kündigung sachgemäß für den Fall des Dauerschuldverhältnisses. Jedoch ist die herrschende Meinung ein Widerspruch in sich. Zunächst unterscheidet sich der Rücktritt in seinem Wesen von der Kündigung.1585 Anders als die Kündigung, die das künftige Schuldverhältnis aufhebt, bezweckt der Rücktritt, den status quo ante contractum wiederherzustellen.1586 Anders formuliert stellt der Rücktritt die Rechtslage her, die vor Vertragsschluss bestand.1587 Infolge der Geltendmachung des Rücktrittsrechts entfallen die vereinbarten Leistungspflichten1588 und das ursprüngliche Schuldverhältnis wird durch das Rückgewährschuldverhältnis ersetzt.1589 Außerdem kann die Ansicht, dass die Leistungen beim Dienstverhältnis nach Zeiteinheiten teilbar sind, beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag nicht vollständig gelten, weil in diesem Fall die zeitanteilige Auflösung des Dienstverhältnisses für den Dienstberechtigten keinen Sinn macht. Darüber hinaus wird die Pflichtverletzung des Dienstverpflichteten in der Regel erst nach Ende des Dienstverhältnisses bemerkt, weil der Dienstberechtigte beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag keine besondere Sachkenntnis hat, mit der er die Pflichtverletzung beurteilen kann. Insoweit wird der Dienstberechtigte beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag bezüglich der Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB in eine schlechtere Position als der Dienstverpflichtete versetzt. Das abstrakte Vertrauen zur Person des Dienstverpflichteten ist die einzige und schwache Grundlage, auf die der Dienstberechtigte sich berufen kann, wenn eine Leistungsstörung vorliegt.1590 Somit wird beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag ein anderer Rechtsbehelf als die Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB benötigt. 1582 BT-Drucks. 14/6040, S. 177; MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 314 Rn. 5; BMJ (Hrsg.), Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts (1992), S. 152. 1583 BMJ (Hrsg.), Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts (1992), S. 152. 1584 Wendehorst, AcP 206 (2006), 205, 274f. 1585 Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung (1994), S. 349. 1586 Motive II, S. 280f.; MünchKomm/Gaier (7. Aufl. 2016), BGB § 346 Rn. 1; Staudinger/ Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. D21; Döll, Rückgewährstörungen beim Rücktritt (2011), S. 50f.; Herresthal, JuS 2007, 798, 799. 1587 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. D21. 1588 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. D22ff. 1589 Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 323 Rn. D26. 1590 Zum Vertrauensverhältnis s. o. Zweiter Teil § 2 III 1.

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In der Rechtsprechung ist ein ähnlicher Gedanke enthalten. Beim Dauerschuldverhältnis trete die Kündigung an die Stelle des Rücktritts, wenn der Dienstverpflichtete schon angefangen habe, die Leistung zu erbringen.1591 Jedoch gelte dieser Grundsatz nur, wenn die schon erbrachten Leistungen nach dem Willen beider Parteien nicht zu beanstanden seien, also wenn beide Parteien kein Interesse daran hätten, die geleisteten Dienste rückabzuwickeln.1592 Bestehe jedoch beim Dienstberechtigten ein solches Interesse, könne er den Rücktritt in Anspruch nehmen, um die Leistungsstörung zu beseitigen.1593 Konsequenterweise ist das Rücktrittsrecht beim Dauerschuldverhältnis insoweit anwendbar. Die Kündigung ersetzt den Rücktritt also nicht vollständig. Es kommt für die Verdrängung des Rücktrittsrechts durch das Kündigungsrecht darauf an, ob die Rückabwicklung des erfüllten Vertragsteils ohne große Mühe möglich ist und unter Abwägung der Interessen beider Parteien sachgemäß ist. e. Harmonisierung zwischen Rücktritt und Kündigung Wenn nach dem oben Gesagten der Rücktritt beim Dienstvertrag neben der Kündigung anzuwenden ist, ist es notwendig, die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen beider Rechte zu harmonisieren. Ansonsten würden die für den gleichen Zweck bezüglich der Gegenleistung vorgeschriebenen Rechte unterschiedliche Ergebnisse unter unterschiedlichen Voraussetzungen erzeugen. Dies würde die Rechtssicherheit beschädigen. Dabei muss der gesetzgeberische Wille zum Ausschluss der Minderung beim Dienstvertrag beachtet werden. Im Prinzip beinhaltet der Rücktritt den Teilrücktritt. Aus funktionaler Sicht ist der Teilrücktritt die Minderung. Wenn der Rücktritt beim Dienstvertrag ohne Eintrittsschwelle nur aufgrund einer Pflichtverletzung und nach Fristsetzung zur Nacherfüllung, die gegebenenfalls sogar entbehrlich sein kann, ermöglicht wird, kann Minderung nicht nur im Fall der Teilleistung, sondern auch im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag verlangt werden. Genau diesen Weg wollte der Gesetzgeber jedoch versperren. Die starke Leistungsschwankung bei der Handlungsschuld, die Bemessungsschwierigkeit des Minderungsbetrags aufgrund des Ermessensspielraums bei der Handlungsschuld,1594 die mit dem Ermessensspielraum des Dienstver1591 BGH, Urteil vom 25. 3. 1987 – VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004, 2006; BGH, Urteil vom 6. 2. 1985 – VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124, 125; BGH, Urteil vom 10. 7. 1968 – VIII ZR 120/66, NJW 1969, 37. 1592 BGH, Urteil vom 19. 2. 2002 – X ZR 166/99, NJW 2002, 1870, 1870. 1593 »Besteht ausnahmsweise ein derartiges Interesse, kann also auch bei einem Dauerschuldverhältnis ein Rücktritt in Betracht kommen, selbst wenn einzelne Leistungen bereits erbracht sind.« BGH, Urteil vom 25. 3. 1987 – VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004, 2006. Vgl. BGH, Urteil vom 6. 2. 1985 – VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124, 125. 1594 Zur Bemessungsschwierigkeit s. o. Dritter Teil § 5 I 3.

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pflichteten verbundene Darlegungs- und Beweislast1595 und die aus all diesen Schwierigkeiten resultierende Rechtsunsicherheit sowie den systematischen Ballast wollte der Gesetzgeber vermeiden. Insoweit muss der gesetzgeberische Wille respektiert werden. Dem Weg zur Minderung durch den Teilrücktritt stehen außerdem die in der Rechtsprechung erwähnten Voraussetzungen zum Rücktritt beim Dauerschuldverhältnis entgegen. Denn der Teilrücktritt aufgrund einer unerheblichen Pflichtverletzung ist nach dem Interesse beider Parteien nicht sachgerecht, auch wenn die Rückabwicklung des erbrachten Vertragsteils gegebenenfalls durchführbar ist.1596 Daher ist der Weg zur Minderung durch einen Teilrücktritt nicht eröffnet.1597 Vielmehr ist der Rücktritt vom ganzen Vertrag nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Fall der Schlechtleistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag angemessen. Mithin wird das Dienstverhältnis im Fall der Schlechtleistung nur rückabgewickelt, wenn eine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt.1598 Natürlich müssen die Voraussetzungen für den Rücktritt beim Dauerschuldverhältnis, wie die Durchführbarkeit des Rücktritts und dass der Rücktritt unter Abwägung der Interessen der Parteien sachgemäß ist, erfüllt sein. Anders als nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB wird jedoch nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht in Rechnung gezogen, inwieweit die erbrachten Dienste dem Dienstberechtigten ein Interesse gewähren.1599 Danach richtet sich in der ständigen Rechtsprechung der Schadensersatzbetrag.1600 In der Tat orientiert sich die Rechtsprechung bei der Feststellung der Unerheblichkeit gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB häufig an der wirtschaftlichen Bewertung, die als Verlust bezeichnet wird.1601 Dabei ist eigentlich anzunehmen, dass sich die Erheblichkeit der Pflichtverletzung durch die Abwägung umfassender Interessen beider Parteien mit Rücksicht auf das Schuldnerverhalten bestimmt.1602 Allerdings verlangt die Schwelle nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB keinen vollständigen Wegfall des Gläubigerinteresses. Vielmehr liegt eine erhebliche Pflichtverletzung vor, wenn unter Abwägung des durch die Pflichtverletzung 1595 Zur Darlegungs- und Beweislast s. o. Zweiter Teil § 3 III 3. 1596 S. BGH, Urteil vom 19. 2. 2002 – X ZR 166/99, NJW 2002, 1870, 1870. 1597 Dagegen wird der Weg zur Minderung von Tillmanns bejaht. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 391ff. 1598 Vgl. Henssler/Deckenbrock, NJW 2005, 2. 1599 Vgl. § 323 Abs. 5 S. 1 BGB. Vgl. auch Canaris, FS Schmidt (2009), S. 182ff. 1600 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996 – IX ZR 37/96, NJW 1997, 188, 189; BGH, Urteil vom 30. 3. 1995 – IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954, 1955; BGH, Urteil vom 7. 6. 1984 – III ZR 37/83, NJW 1985, 41, 41; BGH, Urteil vom 8. 10. 1981 – III ZR 190/79, NJW 1982, 437, 438. 1601 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 248. 1602 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 248; BGH, Urteil vom 17. 2. 2010 – VIII ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289, 1291; BGH, Urteil vom 24. 3. 2006 – V ZR 173/05, LMK 2006, 182969. Gegen die Interessenabwägung s. Staudinger/Schwarze (2014), BGB § 281 Rn. C27.

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beeinträchtigten Leistungsinteresses des Gläubigers mit dem Interesse des Schuldners am Bestand des Vertrages eine unzumutbare Beeinträchtigung anzunehmen ist.1603 Die Schwelle nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB verlangt ebenfalls keinen vollständigen Interessenwegfall. In diesem Sinne nähert sich die Eintrittsschwelle nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB der nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB an. Jedoch ist in der Regel anzunehmen, dass die erste Schwelle niedriger ist als die zweite.1604 Das beeinträchtigte Interesse im Fall der Schlechtleistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag kann durch § 628 Abs. 1 S. 2 BGB dennoch nicht vollständig ausgeglichen werden. Denn anders als die Teilleistung, bei der die Leistungen teilbar sind und die bisherigen Leistungen das Interesse anteilig gewähren, ist die Schlechtleistung unteilbar und das Interesse an den bisherigen Leistungen kann nur unter Berücksichtigung des ganzen Vertrages berechnet werden. Im Fall der Schlechtleistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag wird dies noch deutlicher, weil der erfolgsbezogene Dienstvertrag nicht zeitanteilig teilbar ist und das Interesse an der bisherigen Leistung nur unter Berücksichtigung des von beiden Vertragsteilen angestrebten Vertragszwecks bewertet werden kann.1605 Daher besteht die Notwendigkeit, den erfolgsbezogenen Dienstleistungsvertrag gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Fall der Schlechtleistung vollständig aufheben zu können. Im Fall der Schlechtleistung beim zeitbezogenen Dienstvertrag ist dies anders. In diesem Fall scheint § 628 Abs. 1 S. 2 BGB sachgemäß. Denn der Dienstberechtigte hat das erhalten, was er zeitanteilig beim Vertragsschluss erwartet hat, auch wenn sein ganzer Plan infolge der Kündigung nicht aufgegangen ist. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ist im Fall der Schlechtleistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag auch deshalb unangemessen, weil das vorzeitig gekündigte Dienstverhältnis für den Dienstberechtigten bedeutungslos sein kann, obwohl es ihm zunächst ein gewisses Interesse gewährt hat. Denn die bisher erbrachten Dienste sind schon mit dem die Kündigung verursachenden Grund behaftet, der erheblichen Pflichtverletzung.1606 Damit wird das Erreichen des Vertragszwecks 1603 MünchKomm/Ernst (7. Aufl. 2016), BGB § 323 Rn. 252. Vgl. auch Schmidt-Räntsch, FS Wenzel (2005), S. 423f. 1604 Canaris, FS Schmidt (2009), S. 182. 1605 Vgl. Staudinger/Preis (2016), BGB § 628 Rn. 20. 1606 Vgl. »Davon ist aber abgesehen worden, weil die Schlechtleistung sich nicht immer nur auf die Leistung insgesamt beziehen muss, sondern nicht selten auch auf abgrenzbare Teile beschränkt sein wird. Dieser Umstand hat den Gedanken nahegelegt, bei der Schlechtleistung ähnlich wie bei der verzögerten Leistung zwischen der vollständigen Mangelhaftigkeit und der teilweisen Mangelhaftigkeit zu unterscheiden. Dies hat sich letztlich aber als nicht durchführbar erwiesen, da die teilweise von der vollständigen Mangelhaftigkeit kaum abgrenzbar ist. Im Ergebnis bereitet das an sich strenge Kriterium des Interessefortfalls bei einer mangelhaften Leistung aber keine unangemessene Belastung

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erheblich behindert. Das Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien, das beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag als abstraktes, jedoch letztes Schutzmittel des Dienstberechtigten fungiert, ist infolge der erheblichen Pflichtverletzung zerstört.1607 Folgerichtig ist der Totalrücktritt nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB in diesem Fall sachgerechter als die Einschränkung des Vergütungsanspruchs nach Maßgabe des Interesses gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB. Vielmehr bezieht sich § 628 Abs. 1 S. 2 BGB auf einen gemischten Fall, in dem Teil- und Schlechtleistung gleichzeitig vorliegen, weil wegen der Schlechtleistung das Dienstverhältnis vorzeitig gekündigt wird. Die schlecht erfüllte Dienstleistung wird durch die Kündigung zeitlich geteilt, ohne zu fragen, ob das betroffene Dienstverhältnis überhaupt zeitlich teilbar ist. Damit wird die Eintrittsschwelle des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB mit der Schwelle im Fall der Teilleistung gemäß § 281 Abs. 1 S. 2 BGB und § 323 Abs. 5 S. 1 BGB gleichgestellt.1608 In diesem Sinne verschließt der Gesetzgeber erneut die Augen vor der Rechtsfolge der Schlechtleistung beim Dienstvertrag. Es wird nur die Perspektive der Teilleistung eingenommen. Obwohl in der Literatur die Schwelle des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB für alle Dienstverträge einschließlich der erfolgsbezogenen Dienstverträge befürwortet wird, weil durch eine so strenge Schwelle »dienstnehmerfreundliche« Ergebnisse erzielt würden1609 und der Umweg zur Minderung versperrt werden könne, ist § 628 Abs. 1 S. 2 BGB im Fall der Schlechtleistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag aus den oben genannten Gründen nicht angemessen. Fraglich ist jedoch, ob § 628 Abs. 1 S. 2 BGB beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag neben dem Totalrücktritt nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anwendbar ist. Tatbestandlich schließt § 628 Abs. 1 S. 2 BGB seine Anwendungsmöglichkeit auf den erfolgsbezogenen Dienstvertrag nicht aus,1610 weil § 628 Abs. 1 S. 1 BGB die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB oder § 627 BGB voraussetzt. Die Kündigung kann aufgrund der Erschütterung des Vertrauensverhältnisses beim erfolgsbezoge-

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des Gläubigers. Je umfangreicher die Mängel sind, desto eher wird das Leistungsinteresse des Gläubigers es auch erforderlich machen, dass er Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen kann.« BT-Drucks. 14/6040, S. 140. Vgl. BGH, Urteil vom 5. 11. 1998 – III ZR 226/97, NJW 1999, 276, 278. Anders als in § 281 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB war die Schwelle in § 281 Abs. 1 S. 3 BGB-RE für den Schadensersatz statt der ganzen Leistung im Fall der Schlechtleistung der Schwelle im Fall der Teilleistung gleichzusetzen. S. BT-Drucks. 14/6040, S. 140. Canaris, FS Schmidt (2009), S. 182. Zur Anwendbarkeit des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB auf erfolgsbezogene Dienstverträge am Beispiel eines Arztes vgl. Mugdan II, S. 915.

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nen Dienstvertrag nach § 627 BGB erfolgen.1611 Folglich entfällt der Vergütungsanspruch beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB insoweit, als die bisher erbrachten Dienste infolge der Kündigung dem Dienstberechtigten kein Interesse gewähren,1612 obwohl § 628 Abs. 1 S. 2 BGB für den Fall der Schlechtleistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag unangemessen ist. Durch die im Folgenden vorgeschlagene Auslegung kann jedoch die Systemwidrigkeit der Anwendung des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB auf den erfolgsbezogenen Dienstvertrag abgemildert werden. Bei § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ist die Frage, was das fehlende Interesse des Dienstberechtigten bedeutet,1613 wichtig. Der Dienstverpflichtete schuldet kein nach wirtschaftlichen Maßstäben bemessenes Ergebnis. Dennoch fungiert ein solches Ergebnis, also das Interesse nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB, als ein Maßstab zur Berechnung des Minderungsbetrags. Dies ist systemfremd, weil die Voraussetzung »kein Interesse« zum Totalrücktritt im Fall der Teilleistung nur als Eintrittsschwelle fungiert und die Rechtsfolge des Rücktritts in einer anderen Vorschrift (§ 346 BGB) mit anderen Maßstäben geregelt ist. Gegebenenfalls führt der Berechnungsmaßstab in § 628 Abs. 1 S. 2 BGB zu einem kaum vertretbaren Ergebnis, wie das oben dargestellte koreanische Urteil verdeutlicht.1614 Denn das beeinträchtigte Interesse ist in Wahrheit bloß ein Indiz für die Unvollständigkeit der Leistung.1615 Ob die erbrachte Leistung dem Dienstberechtigten ein gewisses Interesse gewährt, spielt beim Dienstvertrag keine Rolle. Nur beim zeitbezogenen Dienstvertrag darf das Interesse in Rechnung gezogen werden, weil das zeitanteilige Vertragsinteresse beim Vertragsschluss von beiden Parteien geplant ist. Ansonsten sollte die Herabsetzung der Vergütung nur nach Maßgabe der Leistungsvollständigkeit erfolgen. Daher ist es falsch, § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ohne Betrachtung des Verhältnisses zwischen dem verwirklichten Interesse und der Leistungsvollständigkeit anzuwenden. Dennoch orientiert sich die ständige Rechtsprechung des BGH bei der Bestimmung des beeinträchtigten Interesses gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB an dem Betrag des Schadensersatzanspruchs.1616 Beispielsweise seien die Leistungen des Rechtsanwalts als kein Interesse gewährend anzusehen, wenn der An1611 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 17, 20; Staudinger/Preis (2012), BGB 628 Rn. 13, 25. 1612 Henssler/Deckenbrock, NJW 2005, 1. 1613 Vgl. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 892f. 1614 KOGH, Urteil vom 28. 11. 2013, 2011 Da 39946. S. o. Zweiter Teil § 3 III. 1615 Motzer, Die »positive Vertragsverletzung« des Arbeitnehmers (1982), S. 164. 1616 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996 – IX ZR 37/96, NJW 1997, 188, 189; BGH, Urteil vom 30. 3. 1995 – IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954, 1955; BGH, Urteil vom 7. 6. 1984 – III ZR 37/83, NJW 1985, 41; BGH, Urteil vom 8. 10. 1981 – III ZR 190/79, NJW 1982, 437, 438.

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waltsvertrag wegen der erheblichen Schlechtleistung gekündigt wird und der Mandant für den anderen Anwalt das gleiche Honorar bezahlen muss. Dies sei unabhängig davon, ob die bisherigen Leistungen des gekündigten Anwalts nützlich sind oder nicht. Laut BGH setzt § 628 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB außerdem die Verantwortlichkeit nach §§ 276, 278 BGB voraus.1617 Dies entspricht dem ursprünglichen gesetzgeberischen Willen. Ursprünglich kannte der »Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich« nur den Schadensersatzanspruch in § 566 Abs. 1 S. 2 BGB-Entw.1618 Diese Ansicht des BGH vermeidet die komplizierte Berechnung der Minderung und wird daher in der Praxis häufig angewendet. Dennoch darf das Interesse nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB nicht mit dem Schaden gleichgesetzt werden, der ohnehin nach § 628 Abs. 2 BGB ersetzt werden kann.1619 Das beeinträchtigte Interesse im Sinne des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB und der Schadensbetrag nach § 628 Abs. 2 i. V. m. §§ 249ff. BGB können je nach Umständen unterschieden werden, weil beide Rechtsbehelfe einen eigenen Zweck im Gesetzsystem haben. Im Extremfall kann der Mandant sogar die jahrelange Arbeit des Anwalts wertlos machen, indem er die Angelegenheit nach der Kündigung dem neuen Anwalt zum gleichen Honorar überträgt, obwohl ihm die Leistungen des gekündigten Anwalts weitgehend nützlich waren. Dieses Ergebnis ist nicht sachgemäß, obwohl ihm zugrunde liegt, dass der Dienstverpflichtete seine Pflicht erheblich verletzt hat.1620 Daher muss das beeinträchtigte Interesse im Rahmen des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB selbstständig, ohne Anknüpfung an den Schadensersatzanspruch bestimmt werden.1621 Auch wenn der Mandant nach der Kündigung die Angele1617 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 17; Staudinger/Preis (2012), BGB § 628 Rn. 24; BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674, 1675; BGH, Urteil vom 30. 3. 1995 – IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954, 1955. 1618 »Die weitere Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 beruht auf der Erwägung, daß die allgemeinen Rechtsgrundsätze es erheischen, demjenigen Theile, welcher durch sein vertragswidriges Verhalten den Grund zur Auflösung des Dienstvertrages herbeigeführt hat, die Pflicht zum Schadensersatze aufzuerlegen, wie dies auch im Art. 346 des schweiz. Bd. Ges. geschehen und bei den Berathungen des dresd. Entw. als Konsequenz allgemeiner Grundsätze anerkannt ist (vergl. ferner preuß. A.L.R. I, 11 § 878, I, 5 §§ 408, 410; bayr. Entw. Art. 503 Abs. 2 und 3).« Motive II, S. 470. 1619 Vgl. Mugdan II, S. 916; ErfK/Müller-Glöge (16. Aufl. 2016), BGB § 628 Rn. 22, 23; MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 79f. Dagegen vgl. Kramer, MDR 1998, 324, 331. 1620 Dagegen vgl. Henssler/Deckenbrock, NJW 2005, 4. 1621 »Die Frage, ob die bis zur Mandatsniederlegung erbrachte Leistung des Bekl. für den Kl. noch von Interesse ist, kann nicht allein nach wirtschaftlichen Kriterien entschieden werden.« OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. 3. 1994 – 3 U 45/93, NJW-RR 1994, 1084, 1085. S. auch KG, Urteil vom 12. 10. 2001 – 15 U 6025/00, NJW-RR 2002, 708, 710. Vgl. Art. III. – 3:510 DCFR. S. auch von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 893: »This Article provides wide and flexible restitutionary remedies, as are

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

genheit keinem neuen Anwalt überträgt, sollte dem gekündigten Anwalt insoweit sein Honorar zustehen, als die bisherigen Leistungen dem Mandanten ein Interesse gewähren.1622 Denn die Herabsetzung des Honorars erfolgt nicht wegen des nachträglich vorgenommenen Deckungsgeschäfts, sondern infolge der Schlechtleistung selbst. Das Interesse in § 628 Abs. 1 S. 2 BGB kann nicht nur durch den objektiven Wert der Leistung berechnet werden.1623 Ihm liegen auch der subjektive Wert der Leistung für den Dienstberechtigten nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB1624 und weitere Faktoren aus dem Bereicherungsrecht zugrunde.1625 § 628 Abs. 1 S. 3 BGB enthält beide Berechnungsmaßstäbe für das Interesse im Sinne des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB. § 628 Abs. 1 S. 3 BGB gilt für den Fall, dass die im Voraus gezahlte Vergütung aufgrund der Kündigung nach §§ 626, 627 BGB eine Überzahlung darstellt.1626 Eine Überzahlung kann auch durch § 628 Abs. 1 S. 2 BGB verursacht werden.1627 Im Rückschluss aus § 628 Abs. 1 S. 3 BGB steht dem Dienstverpflichteten also der nach § 346 BGB herabgesetzte Vergütungsanspruch zu, wenn er die außerordentliche Kündigung schuldhaft verursacht hat.1628 Wenn die außerordentliche Kündigung ohne Verschulden des Dienstverpflichteten erfolgt, der Dienstverpflichtete das Dienstverhältnis also wegen des Verschuldens des Dienstberechtigten kündigt oder das Dienstverhältnis ohne Verschulden beider Seiten gekündigt wird, steht dem Dienstverpflichteten insoweit der Vergütungsanspruch zu, als er nach dem Bereicherungsrecht nicht mehr ungerechtfertigt bereichert ist.1629 Wenn es um die Bestimmung des Vertragsinteresses im Sinne des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB geht, sollte ein kurzer Blick auf die Vorschrift des Restatement of Restitution and Unjust Enrichment zu quantum meruit geworfen werden.1630 Nach § 49 (2) Third Restatement of Restitution and Unjust Enrichment werden folgende vier Kriterien nacheinander betrachtet, um das schwer greifbare In-

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found in most (but not all) the laws of the Member States, in order to ensure that neither party is left unjustly enriched after termination of the contractual relationship.« Vgl. Pabst, MDR 1978, 449, 452. BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674, 1675. Vgl. auch von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 894, E. Vgl. auch Art. III. – 3:512 (2) DCFR. S. von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 903. Vgl. auch Art. III. – 3:511 (3) DCFR. S. auch von Bar/Clive, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Volume 1 (2009), S. 899f. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 36; Staudinger/Preis (2016), BGB § 628 Rn. 29. MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 38; Staudinger/Preis (2016), BGB § 628 Rn. 29. BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674, 1674. Staudinger/Preis (2016), BGB § 628 Rn. 32. Zu quantum meruit s. Kovacic-Fleischer, Quantum Meruit and the Restatement (Third) of Restitution and Unjust Enrichment, 27 Rev. Litig. 127 (2007); Fridman, Quantum Meruit, 37 Alta. L. Rev. 38 (1999); Thornton, Quantum Meruit – Services, 20 Cent. L. J. 326 (1885).

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teresse zu bestimmen:1631 (a) der Wert der Leistung zur Zweckerreichung des Bereicherten (vergleichbar mit § 628 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 BGB), (b) die Kosten der Leistung für den Leistenden (vergleichbar mit § 628 Abs. 2 BGB), (c) der marktübliche Preis der Leistung (vergleichbar mit § 628 Abs. 2 BGB) und (d) der vereinbarte Preis zwischen beiden Vertragsparteien (vergleichbar mit § 628 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 i. V. m. § 346 BGB). Das Kriterium (a) sei das restriktivste Kriterium zur Interessenbestimmung, also das arbeitgeberfreundlichste.1632 Hingegen sei das Kriterium (d) das weiteste Kriterium im Rahmen des § 49 Third Restatement of Restitution and Unjust Enrichment,1633 also das dienstnehmerfreundlichste. Es bestehe allerdings kein Zusammenhang zwischen quantum meruit und dem Schadensersatzrecht.1634 Im Ergebnis ist es angemessen, dass die Vergütung im Fall der Schlechtleistung beim zeitbezogenen Dienstvertrag nach § 628 Abs. 1 S. 2, S. 3 BGB unter der Voraussetzung »kein Interesse« und nach Maßgabe des § 346 BGB gekürzt wird, nachdem das Dienstverhältnis nach § 626 BGB oder § 627 BGB gekündigt wurde. Die in § 628 Abs. 1 S. 2 BGB vorgeschriebene Eintrittsschwelle erschwert es, die Vergütung bei einer Schlechtleistung beim zeitbezogen Dienstvertrag zu mindern. Denn der Dienstberechtigte hat das Überschreiten dieser Schwelle darzulegen und nachzuweisen.1635 Dadurch ist ein dienstnehmerfreundliches Ergebnis sichergestellt. Dagegen erscheint es im Fall der Schlechtleistung beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag angemessen, dass die Vergütung nach dem Kompromiss zwischen § 628 Abs. 1 S. 2, S. 3 BGB und § 323 Abs. 5 S. 2 BGB unter der Voraussetzung der »erheblichen Pflichtverletzung« und nach Maßgabe des § 346 BGB herabgesetzt wird, wenn der Dienstberechtigte den Vertrag kündigt oder die Kündigung nach Ablauf des Vertrages entsprechend angewendet werden darf. Nach § 346 BGB wird die im Voraus entrichtete Vergütung zurückerstattet oder die noch nicht bezahlte Vergütung herabgesetzt. Aus § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB folgt das gleiche Ergebnis im Fall der unbehebbaren Schlechtleistung. Allerdings ist dieser Weg kein allgemeiner Weg zur Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag,1636 weil er die Fälle der unerheblichen Pflichtverletzung nicht einschließt. In ähnlicher Weise wird nach herrschender 1631 Kovacic-Fleischer, Quantum Meruit and the Restatement (Third) of Restitution and Unjust Enrichment, 27 Rev. Litig. 127, 133 (2007). 1632 Restatement of Law Third, Restitution and Unjust Enrichment, § 49 d, S. 180f. 1633 Vgl. Restatement of Law Third, Restitution and Unjust Enrichment, § 50 und § 51. 1634 Fridman, Quantum Meruit, 37 Alta. L. Rev. 38, 38 (1999). 1635 BGH, Urteil vom 12. 5. 2011 – III ZR 107/10, NJW-RR 2011, 1426, 1429; BGH, Urteil vom 30. 3. 1995 – IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954, 1954; BGH, Urteil vom 8. 10. 1981 – III ZR 190/ 79, NJW 1982, 437, 438. 1636 Canaris, FS Schmidt (2009), S. 182f.; MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 33.

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Lehre als Eintrittsschwelle zur Vergütungsminderung nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ein schwerwiegendes »vertragswidriges Verhalten« des Dienstverpflichteten verlangt.1637 Auch nach dem aktuellen Urteil des BGH gilt eine Eintrittsschwelle für die Anwendung des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB in Gestalt eines Übermaßverbots aus § 242 BGB.1638 Nach dem BGH tritt die Rechtsfolge nach § 628 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB nicht ein, wenn eine geringfügige Pflichtverletzung vorliegt.1639 Die ex nunc Wirkung der Kündigung steht dieser Ansicht nicht entgegen. Denn wenn der Dienstberechtigte das Kündigungsrecht wegen der Schlechtleistung des Dienstverpflichteten in Anspruch hätte nehmen können, dies aber nicht getan hat, weil es ihm faktisch unmöglich war, kann § 628 Abs. 1 S. 1 BGB nach Ende des Dienstverhältnisses entsprechend angewendet werden.1640 Nach Ansicht des BGH besteht sogar die Möglichkeit, die bisher erbrachten Dienste rückabzuwickeln, wenn die Vertragsparteien daran ein Interesse haben und dies ohne große Mühe möglich ist.1641 Allgemein anerkannt ist außerdem, dass sich das Kündigungsrecht nach § 651e Abs. 3 BGB dem Rücktrittsrecht annähere.1642 Insoweit stehe die Kündigung dem Rücktritt in ihrer Funktion gleich. In gleicher Weise verweist § 628 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 BGB als Rechtsfolge der Kündigung auf § 346 BGB.

4.

Zurückbehaltung der Gegenleistung wegen nicht erfüllten Vertrages

In § 320 BGB ist als ein Druckmittel bei nicht oder nicht vertragsgemäßer Leistung ein Leistungsverweigerungsrecht vorgesehen.1643 Dieses Zurückbehaltungsrecht beruht auf dem synallagmatischen Charakter des Vertrages.1644 Nach § 320 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Gläubiger seine Leistung bis zu dem Zeitpunkt 1637 Canaris, FS Schmidt (2009), S. 183; MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 20. 1638 BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674, 1675. 1639 BGH, Urteil vom 29. 3. 2011 – VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674, 1675. 1640 MünchKomm/Henssler (6. Aufl. 2012), BGB § 628 Rn. 18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 11. 2005 – 15 U 117/04, NJW-RR 2006, 1074, 1075. 1641 BGH, Urteil vom 19. 2. 2002 – X ZR 166/99, NJW 2002, 1870, 1870; BGH, Urteil vom 25. 3. 1987 – VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004, 2006; BGH, Urteil vom 6. 2. 1985 – VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124, 125. 1642 Erman/R. Schmid (14. Aufl. 2014), BGB § 651e Rn. 1; MünchKomm/Tonner (6. Aufl. 2012), BGB § 651e Rn. 1; Staudinger/Staudinger (2016), BGB § 651e Rn. 1f. 1643 MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 320 Rn. 1; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 320 Rn. 1 f.; BGH, Urteil vom 13. 7. 1970 – VII ZR 176/68, NJW 1970, 2019, 2021; BGH, Urteil vom 25. 1. 1982 – VIII ZR 310/80, NJW 1982, 874, 875; BGH, Urteil vom 4. 7. 2002 – I ZR 313/99, NJW 2002, 3541, 3542. 1644 MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 320 Rn. 22; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 320 Rn. 9.

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verweigern, in dem er die vertragsgemäße Gegenleistung erhält.1645 Damit wird der Gläubiger davor bewahrt, zur Erfüllung seiner Leistung gezwungen zu werden, wenn er die vereinbarte Gegenleistung nicht erhalten hat.1646 Wenn sich eine Partei verpflichtet vorzuleisten, gilt die Vorschrift nicht.1647 Im Fall der Teilleistung ist das Recht nach § 320 Abs. 2 BGB auf einen Teil beschränkt, der unter Berücksichtigung der Geringfügigkeit des ausgebliebenen Leistungsteils, nach den Umständen des Einzelfalls und nach dem Grundprinzip von »Treu und Glauben« gerechtfertigt ist.1648 Insoweit nähert dies sich dem Minderungsrecht an.1649 Außerdem ist ein Weg zur Minderung bei einer Schlechtleistung über § 614 i. V. m. § 320 BGB denkbar. Der Dienstverpflichtete ist verpflichtet, vorzuleisten.1650 Die Fälligkeit der Vergütung nach § 614 BGB tritt entweder – im Fall des erfolgsbezogenen Dienstvertrages – nach der Erbringung der Dienste (§ 614 S. 1 BGB) oder – im Fall des zeitbezogenen Dienstvertrages – nach Zeitablauf ein (§ 614 S. 2 BGB).1651 Wenn der Dienstverpflichtete seine Dienste nicht vertragsgemäß erfüllt hat oder die vereinbarten Zeitabschnitte für die Erfüllung der Dienste nicht abgelaufen sind, ist der Anspruch auf die Vergütung nicht fällig.1652 Deshalb kann der Dienstberechtigte im Fall der Schlechtleistung Nacherfüllung verlangen, ohne die vereinbarte Vergütung zu zahlen, es sei denn, der Nachholbarkeit der Dienste stehen §§ 275, 615 BGB entgegen1653 oder dem Dienstverpflichteten steht ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu. Jedoch steht dem Dienstverpflichteten das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB erst zu, nachdem er den Anspruch auf die Vergütung erworben hat.1654 Zwar findet die Einrede nach § 320 BGB auch auf den Dienstvertrag Anwendung, für die Minderungsproblematik beim Dienstvertrag spielt sie aber keine wichtige Rolle.1655 Wendet man die Einrede nach § 320 BGB als einen Weg 1645 1646 1647 1648 1649 1650 1651 1652 1653 1654 1655

Ernst, AcP 199 (1999), 485, 486. MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 320 Rn. 1. Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 320 Rn. 6. Jauernig/Stadler (16. Aufl. 2015), BGB § 320 Rn. 16f.; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 320 Rn. 50. Below, FS Lehmann (1956), S. 651; Ji, Haftungsfragen im freien Dienstvertrag (2007), S. 99ff. Zur Abdingbarkeit der Vorleistungspflicht s. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 614 Rn. 2. Vgl. auch MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 614 Rn. 9. S. MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 614 Rn. 1, 9, 11; Staudinger/Richardi/ Fischinger (2016), BGB § 614 Rn. 13f. Vgl. § 271 Abs. 1 BGB. S. MünchKomm/Krüger (7. Aufl. 2016), BGB § 271 Rn. 1. S. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 611 Rn. 675ff. MünchKomm/Krüger (7. Aufl. 2016), BGB § 273 Rn. 49; Staudinger/Bittner (2014), BGB § 273 Rn. 89; BAG, Urteil vom 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62, NJW 1964, 883. Vgl. »Für den Fall, dass die im Servicevertrag versprochenen Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht werden, stehen den Mietern im Übrigen dienstvertragliche Rechte

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Dritter Teil: Minderung beim Dienstvertrag

zur Minderung an, würde dies die gesetzgeberische Entscheidung, die Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag auszuschließen, ignorieren.1656 Außerdem eignet sich die Einrede nach § 320 BGB nicht als ein minderungsähnlicher Rechtsbehelf, weil sie dilatorisch und vorläufig ist. Ebenso wenig ist die Fälligkeitsregelung der Vergütung nach § 614 BGB für die Minderungsproblematik von Bedeutung. Denn aus § 614 BGB ergibt sich keine Rechtsfolge für die Schlechtleistung.1657 § 614 BGB ist eine reine Fälligkeitsregel.1658 Die Einrede nach § 320 BGB und die Fälligkeitsregelung der Vergütung nach § 614 BGB dienen als ein Druckmittel des Dienstberechtigten, seinen Nacherfüllungsanspruch durchzusetzen, jedoch nicht als ein Weg zur Minderung.1659

IV.

Ergebnis zu § 5

Die gängigen Gründe für den Minderungsausschluss beim Dienstvertrag sind nicht überzeugend. Die fehlende Rechtsgrundlage für die Minderung beim Dienstvertrag versperrt den Weg zur Minderung nicht. Es bleibt ein Weg über das allgemeine Leistungsstörungsrecht. Das Argument, dass der Dienstverpflichtete keinen Erfolg schulde, ist ohne Belang, weil die Minderung auf der Unvollständigkeit der Dienste selbst beruht. Die tatsächliche Schwierigkeit der Minderungsbemessung besteht zwar, zwingt jedoch nur zum Minderungsausschluss, wenn sie in der Tat unüberwindbar ist. Aus der Bemessungsschwierigkeit folgt nicht, dass die Minderung bei allen Dienstverträgen ausgeschlossen bleiben muss. Die richtige Aussage ist, dass die Minderung beim Dienstvertrag angewendet wird, wenn die Minderungsberechnung möglich ist. Der Schwerpunkt der Minderungsproblematik beim Dienstvertrag ist demnach ein anderer. In dem Fall, dass die Zahlung der vereinbarten Vergütung unter Abwägung der Interessen beider Seiten unzumutbar ist und die Minderungsberechnung ohne große Mühe möglich ist, muss die Minderung möglich sein. Was jetzt fokussiert werden muss, ist nicht die Frage, ob die Minderung

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zu Gebote. Für von dem Dienstverpflichteten vertretbar nicht oder in unbrauchbarer Form geleistete (nicht nachholbare) Dienste braucht der Dienstberechtigte die Vergütung nicht zu zahlen (vgl. §§ 614, 320, 326 I BGB; …).« BGH, Urteil vom 23. 2. 2006 – III ZR 167/ 05, NJW 2006, 1276, 1277. S. auch MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 320 Rn. 11. MünchKomm/Emmerich (7. Aufl. 2016), BGB § 320 Rn. 11; Staudinger/Schwarze (2015), BGB § 320 Rn. 84; Ullrich, NJW 1984, 585, 587f. Kramer, MDR 1998, 324, 325; ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 614 Rn. 4; Staudinger/ Richardi/Fischinger (2016), BGB § 614 Rn. 1. ErfK/Preis (16. Aufl. 2016), BGB § 614 Rn. 4; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB § 614 Rn. 1. Vgl. auch MünchKomm/Müller-Glöge (6. Aufl. 2012), BGB § 614 Rn. 1. S. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages (2007), S. 426f.

Minderung beim Dienstvertrag im Rahmen des BGB

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beim Dienstvertrag möglich ist, sondern die Frage, unter welchen Voraussetzungen, nach welchem Maßstab und mit welcher Rechtsgrundlage die Vergütung des Dienstverpflichteten im Fall der Schlechtleistung herabgesetzt werden kann. Das beeinträchtigte subjektive Äquivalenzinteresse muss im Fall der Schlechtleistung ausgeglichen werden. Das mithilfe des abstrakten Schutzkonzepts »Vertrauen« geschützte Interesse des Dienstberechtigten muss durch konkrete Rechtsbehelfe gewahrt werden, falls das Schutzmittel »besonderes Vertrauen« nicht in vorgesehener Weise funktioniert. Als minderungsähnliche Rechtsbehelfe kommen in diesem Fall der Rücktritt vom ganzen Vertrag nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, die Teilvergütung bei der Kündigung nach § 628 Abs. 1 S. 2, S. 3 BGB und der Schadensersatz nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB, § 283 i. V. m. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB oder § 628 Abs. 2 BGB in Betracht. Besonders beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag ist ein Kompromiss zwischen dem Rücktritt nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB und der Vergütungsminderung nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB erforderlich. Dies entspricht auch § 628 Abs. 1 S. 3 BGB. Der Schadensersatzanspruch dient einem anderen Zweck, der sich auf die Sekundärebene der Leistung richtet.

Schluss

Der Ausschluss der Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag ergibt sich nach der herrschenden Auffassung aus einer Entscheidung des deutschen Gesetzgebers. Durch den Ausschluss der Minderung wird das BGB von den Schwierigkeiten der Minderungsbemessung und den mit der Minderung verbundenen Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten entlastet. Außerdem wird Rechtssicherheit geschaffen. In der Tat führt die Minderung beim Dienstvertrag zu einer unvermeidbaren Rechtsunsicherheit. Denn es ist schwierig, den Schuldinhalt des Dienstvertrages, der bei der Minderungsberechnung zugrunde gelegt wird, zu konkretisieren, weil dem Dienstverpflichteten ein Ermessensspielraum zur Bestimmung des Leistungsinhalts zusteht. Außerdem ist umstritten, welche Leistungsstörungen beim Dienstvertrag als Nicht- oder als Schlechtleistung zu qualifizieren sind. Ein Urteil in Korea ordnet ohne überzeugende Begründung die weisungswidrig langsam erbrachten Dienste als Nichtleistung ein. Es scheint, als würde die Einordnung rein ergebnisorientiert erfolgen. Jedoch geht der Ausschluss der Minderung beim Dienstvertrag zu Lasten der Austauschgerechtigkeit. Durch den Ausschluss der Minderung im Dienstvertragsrecht wird das vertragliche Äquivalenzinteresse nicht vollständig geschützt. Im Extremfall wird das Äquivalenzinteresse des Dienstberechtigten erheblich beschädigt. Durch das Schutzkonzept des Vertrauens in den Dienstverpflichteten und den Schadensersatz wird diese Lücke nur teilweise geschlossen. Der Schaden spiegelt das beeinträchtigte Interesse des Dienstberechtigten nicht vollständig wider. Der opportunistische Dienstverpflichtete erhält dadurch mehr Möglichkeiten, durch Schlechtleistung seinen Gewinn zu maximieren. Der Dienstberechtigte wird damit benachteiligt. Diese Rechtslage wird vom Gesetzgeber des BGB durch sozialpolitische Aspekte gerechtfertigt. Nach der Ansicht des Gesetzgebers muss der Dienstberechtigte diese Situation hinnehmen oder den Vertrag rechtzeitig kündigen. Wenn der Dienstberechtigte keine ausreichende Sachkenntnis hat, um die Unangemessenheit der Leistung zu beurteilen, hat er jedoch keine Chance, den Vertrag rechtzeitig zu

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Schluss

kündigen und sein Interesse vor dem nicht vertrauenswürdigen Verhalten des Dienstverpflichteten zu schützen. Dieser Missstand wird mit dem Argument der Rechtssicherheit verteidigt, obwohl Fälle existieren, in denen das beeinträchtigte Interesse ohne Mühe ausgeglichen werden könnte. Daher ist zu fragen, inwieweit die gesetzgeberische Entscheidung über den Ausschluss der Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag durchgehalten werden soll. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers ist nicht überzeugend. Vor rechtsvergleichendem Hintergrund ist der Ausschluss der Minderung im Dienstvertragsrecht nicht zu vertreten. Beim KBGB wird der Lohn des Arbeitnehmers im Fall der Schlechtleistung gekürzt. Beim DCFR ist die Minderung der Gegenleistung ohne weiteres möglich, wenn die erbrachten Dienste mit einem qualitativen Mangel behaftet sind. Auch beim BGB ist die Anwendbarkeit der Minderung beim Dienstvertrag nicht vollständig ausgeschlossen. Im Fall der Teilleistung kann die Vergütung gemindert werden. Nur im Fall der Schlechtleistung besteht die Minderungssperre. Auch die Marktverhältnisse liefern keine Begründung, die Minderung im Fall der Schlechtleistung beim Dienstvertrag auszuschließen. Vielmehr weist alles darauf hin, dass die Minderung je nach den Umständen angewendet werden kann. Dies entspricht auch der Tendenz der raschen Verbreitung von Dienstleistungen, die nicht mehr an den klassischen Arbeitnehmerbegriff angeknüpft sind. Das herkömmliche sozialrechtliche Schutzbedürfnis besteht bei diesen Dienstleistungen nicht. Als Ergebnis dieser Arbeit können folgende fünf Punkte festgehalten werden: (1) Als minderungsähnlicher Weg sind zwei Rechtsbehelfe de lege lata im BGB möglich. Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Entscheidung muss der Weg zur »echten« Minderung beim Dienstvertrag im Fall der Schlechtleistung jedoch verschlossen bleiben. Aus demselben Grund ist der minderungsähnliche Weg nur eröffnet, wenn die Störung des Äquivalenzinteresses unter Berücksichtigung aller Umstände unzumutbar ist. Dies ist beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag der Fall, wenn die Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB oder § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB erheblich ist. Beim zeitbezogenen Dienstvertrag ist die Störung unzumutbar, wenn gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB die schlecht erbrachten Leistungen für den Dienstberechtigten kein Interesse haben. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB gilt auch beim erfolgsbezogenen Dienstvertrag, jedoch sollte er im Zusammenspiel mit der Voraussetzung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB angewendet werden. (2) Als Maßstab zur Minderung beim Dienstvertrag dient die Vollständigkeit der Leistung. Denn bei der Minderung steht die subjektive Wertentscheidung der beiden Vertragsparteien im Vordergrund. Insofern unterscheidet sich der Schadensersatz von der Minderung. Sie wirkt auf der Primärebene und bemisst

Schluss

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sich nach der Gegenleistung. Dagegen wirkt der Schadensersatz auf der Sekundärebene und richtet sich nach dem ersatzfähigen Schaden. Er setzt außerdem ein Verschulden des Schuldners voraus. Die proportionale Minderungsmethode ist geeignet, das subjektive Äquivalenzinteresse zu erhalten. Das im wirtschaftlichen Sinne »schlecht« oder »gut« abgeschlossene ursprüngliche Geschäft bleibt damit erhalten. Für den Zeitpunkt der Minderungsberechnung ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Dadurch wird das Marktrisiko in angemessener Weise verteilt. (3) Bei Geltendmachung der Minderung ist die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Unvollständigkeit der geleisteten Dienste von hoher Bedeutung. Sie schafft eine hohe Hürde für die Minderung beim Dienstvertrag. Die Frage der Darlegungs- und Beweislast ist jedoch eine Frage des Prozessrechts und nicht des materiellen Rechts. Sie muss separat beantwortet werden. Der Dienstberechtigte trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Unvollständigkeit der Leistung. Die Schwierigkeit der Darlegung und des Beweises benachteiligt ihn. Es ist jedoch systemwidrig, zugunsten des Dienstberechtigten statt der Unvollständigkeit der Dienste das verwirklichte Interesse als Minderungsmaßstab zu nehmen. (4) Empfehlenswert ist schließlich de lege ferenda die Einführung einer allgemeinen Minderung im BGB, wie sie im DCFR angelegt ist. Angesichts der Systematik des allgemeinen Leistungsstörungsrechts im BGB wäre die passende Stelle für eine solche Vorschrift bei § 327 BGB, da sich die Minderung auf den gegenseitigen Vertrag bezieht. Das systematische Zusammenspiel von § 326 Abs. 1 S. 2 BGB und den besonderen gewährleistungsrechtlichen Minderungsvorschriften im Fall der Schlechtleistung muss jedoch aufrechterhalten werden. Ohne dieses Zusammenspiel würde die Minderung ipso iure nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zu Wertungswidersprüchen mit dem hier vorgeschlagenen allgemeinen Minderungsrecht in § 327 BGB führen, welches ein Gestaltungsrecht sein muss. Damit würde ebenso die anfänglich vom Gesetzgeber in § 326 Abs. 1 S. 2 BGB konzipierte Unterscheidung von Teil- und Schlechtleistung im Rahmen des Minderungsrechts sinnlos. Dies bringt mit sich, dass das Gesamtsystem des Leistungsstörungsrechts im BGB zusammenbräche. Diese Folge muss unbedingt vermieden werden. Außerdem muss das Verhältnis zu § 323 Abs. 5 S. 2 BGB klargestellt werden. Dabei müssen auch die Besonderheiten von Dauerschuldund Arbeitsverhältnissen berücksichtigt werden. Bei der Berechnung des Minderungsbetrags müssen die Ergebnisse der Leistung einbezogen werden, soweit dies dem Interesse beider Parteien bei Vertragsschluss entspricht. Soweit, wie in aller Regel beim Dienstvertrag Ergebnisse nicht versprochen sind, ist das Aus-

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bleiben der erhofften Ergebnisse der Leistung dem Risiko des Gläubigers zuzuordnen. Sie sind lediglich ein Indiz für ein Leistungsdefizit. (5) Unter Berücksichtigung all dieser Punkte kann § 327 BGB (Vorschlag) folgendermaßen als eine allgemeine Minderungsvorschrift gefasst werden: »§ 327 Minderung (1) Statt zurückzutreten, kann der Gläubiger im Falle einer nicht vertragsgemäßen Leistung die Gegenleistung mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Miet- oder Dienstverhältnis vor. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge nach § 611a sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Bei Dauerschuldverhältnisse mindert sich die Gegenleistung nur für die Dauer des Mangels. (2) Sind auf der Seite des Gläubigers oder auf der Seite des Schuldners mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden. (3) Bei der Minderung ist die Gegenleistung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Leistung in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Bei der Berechnung des Minderungsbetrags sind die Ergebnisse der Leistung nicht maßgebend, soweit sie nicht versprochen sind. (4) Hat der Gläubiger mehr als die geminderte Gegenleistung erbracht, so ist der Mehrbetrag vom Schuldner zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.« § 326 Abs. 1 S. 1 BGB bleibt unberührt und in § 326 Abs. 1 S. 2 BGB wird »§ 441 Abs. 3« durch »§ 327 Abs. 3« ersetzt. Dementsprechend müssen §§ 441, 638 und 651d Abs. 1 BGB aufgehoben werden. § 536 und § 651d Abs. 2 BGB bleiben unberührt. Sie können als eine Sonderregelung fungieren, die die allgemeine Minderungsregelung des § 327 BGB (Vorschlag) teilweise modifiziert.

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Sachregister

Abgestufte Darlegungslast 144, 147 Absolute Fixschuld 47, 213 actio empti 155f., 175 actio quanti minoris 155–159, 188, 216 actio redhibitoria 155–157, 216 aliud Leistung 55, 62, 75, 99f., 103, 125– 133, 136, 142, 146, 148 Bemessungsschwierigkeiten 23, 138, 141, 144, 146, 148, 199f., 202–205, 230, 240 Betriebsrisiko 45, 47, 79, 139, 213 Bummelarbeit 21, 56, 115f., 133–144 caveat emptor

153f., 166

Dauerschuldverhältnis 24, 28, 44, 48–51, 56, 60, 63, 65, 82, 101, 124, 184, 197, 222– 226, 228–231, 246 Dienste oder Erfolg 26, 33, 39, 53, 56, 70 Entgangene Dienste 218, 221 Entgeltlichkeit 17, 30f., 37, 44f., 53 Erfolgsbezogenheit / Erfolgsbezogene Dienstverträge 48, 81, 83, 233 Erfolgsversprechen / Erfolgsrisiko 41f., 48, 76–78, 83, 199–201, 227 Erfüllungsgehilfe (Drittleistung) 60–62

Gewährleistungstheorie 175–178

109f., 170f.,

Interessenabwägung 13, 51, 57, 63, 79, 110, 189, 212, 231 Kündigung / Außerordentliche Kündigung 24, 47, 50f., 65, 67, 69f., 82, 87, 144, 147, 152, 164, 174f., 195, 197, 202, 205–207, 211, 222, 224–230, 232–238, 241 Leistungsinhalt des Dienstvertrages 13, 23f., 26, 55, 86 Leistungsort 112, 123f. Leistungssubstrat 123f., 138 Leistungsvermögen / Individuelles Leistungsvermögen 55, 58, 63, 66–68 Leistungsvollständigkeit / Leistungsunvollständigkeit 138–141, 143f., 146, 234 Leistungszeit 79, 107f., 112, 123f., 138 locatio conductio operarum 33, 36f., 41 locatio conductio operis 33f., 36f. locatio conductio rei 33, 36

Freie Berufe 14, 41, 45, 47, 68, 73, 80, 206f.

Minderung ipso iure 162, 165f., 168f., 172, 178, 196, 198, 217, 224, 245 Mittlere Art und Güte 67 Mitwirkungspflicht 61, 76, 78f., 146, 203f.

Gattungsschuld 69f., 127–130 Gefahrtragung 76, 78

Nacherfüllung 17, 65, 100–102, 105, 107– 109, 112, 117, 128, 152, 162f., 168, 176,

268

Sachregister

184f., 189, 191, 204, 210–215, 218, 222, 224, 230, 239 Nichterfüllungstheorie 110, 170, 175f., 178f., 187 Nichtleistung / Nichterfüllung 70, 79, 93– 99, 103–109, 111, 114, 117f., 121–128, 130–132, 134, 136f., 139–143, 157, 178f., 183, 208, 217, 220, 243 Normatives Interesse 219 Objektives Äquivalenzinteresse 18, 64, 88, 89–91 Ohne Arbeit kein Lohn 21, 47, 136, 143, 167, 202, 214 PEL SC (Principles of European Law – Service Contracts) 33 Persönliche Leistung 51, 53, 56–63, 74, 84–86, 88f., 92, 95, 113, 119f., 122f., 126, 131, 145, 205, 213 Positive Forderungsverletzung 64, 97–99, 206, 208, 219 Proportionalmethode 14, 90 quantum meruit

236f.

Rentabilitätsvermutung 216f., 219 Risiko der Preisänderung 185–187 Rücktritt / Teilrücktritt 24, 50f., 65, 83, 101, 104, 106, 113f., 117, 126, 129, 144, 151, 158, 163, 165, 171, 173, 178, 190f., 193–198, 207, 211, 215, 217, 222–224, 227–231, 234, 238, 241 Schadensersatz / Schadensersatz statt der ganzen Leistung / Schadensersatz statt der Leistung 15, 65, 84, 97f., 100–102, 105f., 112, 117, 126, 139, 151, 157f., 172–180, 182f., 186, 189–193, 196–198, 206, 208, 210f., 214–219, 221f., 233, 235, 241, 243–245 Schlechtleistung (Abgrenzung zur aliud Leistung) 126 Schlechtleistung (Abgrenzung zur Nichtleistung) 117

Schlechtleistung (Abgrenzung zur Teilund Minderleistung) 112 Speziesschuld 69 Standesrecht 48, 73, 80f. Störung der Geschäftsgrundlage 193, 195 Stückschuld 127f., 130f., 177 Subjektiver Leistungsmaßstab 66 Subjektiver Mangelbegriff 159 Subjektives Äquivalenzinteresse 89, 164, 190, 198, 215, 241, 245 Subtraktionsmethode 90f. Synallagma / Synallagmatisches Interesse 13, 16–18, 41, 46, 64, 126, 138, 166, 189 Teilbarkeit 112, 115–117, 138, 141, 144 Teilleistung / Teilschlechtleistung 93, 99, 102, 112–116, 124, 130, 136–138, 141, 143, 165f., 173f., 194, 202, 207, 209, 223f., 230, 232–234, 239, 244 Unmöglichkeit 57f., 94, 99–103, 111f., 123, 157, 162, 166f., 172, 174, 178, 188, 196, 209, 212–214 Unübertragbarkeit der Dienstleistung 24 Unzumutbarkeit 213, 225 Verhandlungsmacht (Bargaining Power) 45, 57, 87–91, 153 Vertragszweck / Geschäftszweck / Tauglichkeit zum Vertragszweck 28, 30, 48, 51, 56, 63, 71, 74–76, 82f., 92, 100, 116, 120–126, 131f., 171, 232 Vertrauen (in die Person des Dienstverpflichteten) 44, 51–53, 58, 63f., 68, 73, 80, 84–87, 185, 216, 225, 229, 241, 243 Weisungsrecht / Weisungsbefugnis 15, 48, 51f., 55f., 65, 74–83, 92, 124, 130, 132, 135f., 142, 146, 148, 203, 205, 225 Zeitbezogenheit / Zeitbezogene Dienstverträge 24, 48, 81–83 Zeiteinheiten 48, 50, 81, 83, 115, 141, 143, 229 Zurückbehaltungsrecht 17, 107, 238f.