Mietrecht aktuell [4. völlig neu bearbeitete Auflage] 9783504381929

Eines der zentralen Werke zum deutschen Mietrecht. Kaum einer hat die Materie über Jahrzehnte so nachhaltig mitgeprägt

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German Pages 1919 [1986] Year 2009

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Mietrecht aktuell [4. völlig neu bearbeitete Auflage]
 9783504381929

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Stemel

MI111Jecht aktuell

Mietrecht aktuell von

Professor Dr. Friedemann Stemel Vorsitzender Richter am lG Harnburg aD.

4. völlig neu bearbeitete Auftage

2009

oUs

\!erlag Dr.OttoSchmidt Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Dentsche Natioruolbibliothek verzeiclmet diese Publikation in der Deutschen Natioruolbibliografle; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Ottn Sclnnidt KG Gustav-Hcinemann-Ufcr 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-sclnnidt.de ISBN 978-3-504-45015-1 ©2009 by Verlag Dr. Otto Sehmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen ZUlltimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Verv:ielfiil.tigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverlilm.ungen und die Eiru!pe.icherung und Verarbeitung In elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aua chlorfrei gebleichten Rohatoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeatiindig und umweltfreundlich. Einbandgcstaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Gesamtherstellung: Bercker, Kevelaer Ptioted in Gerrrumy

Vorwort

Die Neuauflage knüpft an die Aufgabenstellung der Vorauflagen an, durch Dokumentation der mietrechtlichen Rechtsprechung eine Arbeitshilfe für die Praxis zu geben. Einerseits folgt die Darstellung dem bewährten Aufbau vom Abschluss des Mietvertrages bis zur Abwicklung des Mietverhältnisses. Andererseits ist eine systematische Erörterung der einzelnen mietrechtlichen Regelungen nicht beabsichtigt. Die Dokumentation erfolgt vielmehr problemorientiert sowohl für die Wohnraum- als auch für die Gewerberaummiete; ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Vertragsgestaltung und Formularpraxis. Dem Mietprozess ist in einem besonderen Abschnitt Rechnung getragen worden. Die Aktualität einer Entscheidung ist danach bewertet worden, ob sie für die alltägliche mietrechtliche Praxis erheblich sein kann. Unter diesem Blickwinkel sind auch ältere Entscheidungen berücksichtigt worden. Durch die Wiedergabe von Kernaussagen obergerichtlicher Entscheidungen und der stichwortweisen Wiedergabe der zugrunde liegenden Sachverhalte soll es dem Benutzer des Buches erleichtert werden zu überprüfen, ob die eine oder andere Entscheidung zur Problemlösung beitragen kann. Die Mietrechtsreform und mehr noch die kaum versiegende Quelle von BGH-Entscheidungen erfordern eine literarische Aufarbeitung. Diese würde jedoch den Rahmen des Buches sprengen und seinem Konzept auch nicht entsprechen; sie hat daher nur punktuell Eingang gefunden. Literaturquellen sind überwiegend lediglich unterstützend zu solchen Fragen angegeben, zu denen sich noch keine herrschende Meinung gebildet hat, deren Klärung für die Praxis aber wichtig ist. Die Rechtsprechung ist für den Veröffentlichungszeitraum bis Ende 2008, vereinzelt auch darüber hinaus, berücksichtigt worden. Mein Dank gilt dem Verlag, insbesondere Frau Dr. Angelika Stadlhofer-Wissinger und dem Lektorat, für die geduldige, vertrauensvolle und sorgfältige Betreuung des Buchs. Hamburg, im Februar 2009

Friedemann Sternel

V

Inhaltsübersicht

Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

Schrifttumsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLV

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XLVII

I. Vertragsabschluss 1. Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen . . . .

Rn.

Seite

1

1

2. Abschluss des Mietvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

12

3. Vertragsparteien und ihre Bezeichnung . . . . . . . . . . . . .

48

22

4. Schriftform des Mietvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106

46

5. Vorvertragliche Bindungen und Pflichten . . . . . . . . . . .

155

69

6. Wechsel der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179

79

7. Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

279

118

1. Anwendungsbereich des Formularvertragsrechts . . . . . . .

1

136

2. Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

7

138

3. Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien . . . . . . . .

43

153

4. Formularklausel-ABC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101

168

1

238

II. Vertragsgestaltung

III. Miete und Mietsicherung 1. Mietvereinbarung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2. Grenzen der Miethöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

248

3. Gläubiger und Schuldner der Miete . . . . . . . . . . . . . . .

75

269

4. Leistung der Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

274

5. Aufrechnung und Zurückbehaltung

. . . . . . . . . . . . . .

112

287

6. Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung . . .

134

297

7. Mietvorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149

304

8. Verjährung und Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155

307

9. Mietsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

159

309

10. Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

222

343 VII

Inhaltsübersicht

IV. Mieterhöhungen 1. Mieterhöhungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Staffelmieten

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rn.

Seite

1

349

18

355

3. Mietanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

360

4. Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete . . . . . .

74

373

5. Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters 300

451

6. Mieterhöhung wegen Kostensteigerungen . . . . . . . . . . . . 418

492

V. Betriebskosten und ihre Abrechnung 1. Begriff der Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

499

2. Einzelne Betriebskostenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

510

3. Vereinbarung von Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . 123

546

4. Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

564

5. Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

601

6. Betriebskostenabrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

615

7. Abrechnungsreife und Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

646

8. Prüfungsrecht des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

654

9. Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung . 406

661

10. Einwendungausschluss zu Lasten des Mieters . . . . . . . . . 459

684

11. Verwirkung und Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466

688

12. Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

692

. . . . 500

VI. Mietgebrauch 1. Vertragszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

724

2. Mietgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

733

3. Gebrauchsrechte des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

752

4. Pflichten des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

831

VII. Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters 1. Beginn des Mietverhältnisses und Übergabe . . . . . . . . . .

1

881

2. Instandhaltung und Instandsetzung . . . . . . . . . . . . . . .

23

889

3. Duldungsanspruch des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . . 107

923

4. Einzelne Pflichten des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . . 196

954

VIII

Inhaltsübersicht

VIII. Gewährleistung

Rn.

Seite

1. Mängelbegriff im Mietrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

992

2. Beispiele von Mängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

1004

3. Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln . . . . . . . . . . . .

151

1050

4. Leistungsstörungen und Gewährleistung . . . . . . . . . . . .

189

1063

5. Mietminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

232

1079

6. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280

1098

7. Ersatz sonstiger Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

324

1114

8. Kündigungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

341

1121

9. Gewährleistungsausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . .

386

1138

10. Abdingbarkeit von Gewährleistungsrechten . . . . . . . . . .

432

1158

2

1166

2. Schönheitsreparaturen durch den Vermieter . . . . . . . . . .

14

1170

3. Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter . . .

22

1173

IX. Schönheitsreparaturen 1. Begriff der Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . .

4. Laufende Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . .

50

1187

5. Anfangsrenovierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100

1210

6. Schlussrenovierung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

1214

7. Schönheitsreparaturen in Altverträgen der ehemaligen DDR .

124

1220

8. Erfüllungsanspruch des Vermieters bei unterlassenen Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

126

1221

9. Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136

1224

10. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231

1263

1. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1267

2. Befristung und Bedingungseintritt . . . . . . . . . . . . . . .

103

1314

3. Mietaufhebungsvertrag

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

1332

4. Aufhebung der Beendigungstatbestände . . . . . . . . . . . .

167

1342

X. Ordentliche Vertragsbeendigung

XI. Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse 1. Übersicht über den Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . . .

1

1350

2. Kündigungsgründe bei ordentlicher und außerordentlicher befristeter Kündigung des Vermieters . . . . . . . . . . . . .

5

1351 IX

Inhaltsübersicht Rn.

Seite

3. Kündigungswiderspruch und Fortsetzungsverlangen gemäß der Sozialklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

1465

4. Mietverhältnisse ohne Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . . 366

1489

5. Wohnungen mit gemindertem Kündigungsschutz . . . . . . . . 388

1498

XII. Recht zur außerordentlichen Kündigung 1. Fristlose Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1516

2. Fristlose Kündigung wegen Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . .

16

1524

3. Kündigung wegen Hausfriedensstörung . . . . . . . . . . . . . .

87

1559

4. Kündigung wegen Gefährdung der Mietsache und unberechtigter Drittüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

1568

5. Kündigung wegen Zahlungsverzugs und Zahlungssäumigkeit . 119

1577

6. Kündigungsfolgeschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

1607

7. Außerordentliche befristete Kündigung . . . . . . . . . . . . . . 209

1616

XIII. Vertragsabwicklung 1. Räumungsanspruch

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1631

74

1662

3. Weitere Abwicklungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

1687

4. Verjährung

1703

2. Rechtslage bei Vorenthalten der Mietsache

. . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

XIV. Mietprozess und Zwangsvollstreckung 1. Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1728

. . . . . . . . 145

1790

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1827

2. Zwangsvollstreckung und Vollstreckungsschutz

X

Inhaltsverzeichnis

Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Schrifttumsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLV

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XLVII

I. Vertragsabschluss

Rn.

Seite

1

1

. . . . . . . . . .

1 4 9 16 18 20 20 21 24 25

1 2 4 6 7 8 8 9 10 11

2. Abschluss des Mietvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

12

a) Geltung der allgemeinen Vertragsregeln . . . . . . . . . . . . b) Dissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde bezüglich des Vertragsinhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten . . . . . . . . . . e) Vertragsausfertigungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 33

12 15

37 39 47

17 18 22

3. Vertragsparteien und ihre Bezeichnung . . . . . . . . . . . . .

48

22

a) Bezeichnung der Vertragspartei im Mietvertrag . . . . . . . b) Abschluss des Mietvertrages durch einen Vertreter . . . . . c) Personenmehrheit als Mietvertragspartei . . . . . . . . . . . aa) Personenmehrheit als Mieter . . . . . . . . . . . . . . aaa) Eheliche und nichteheliche Lebensgemeinschaften . . bbb) Mietverhältnis und Gewaltschutz . . . . . . . . . . . . bb) Personenmehrheit als Vermieter . . . . . . . . . . . . . cc) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Mietvertragspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

49 63 70 70 76 81 86

23 28 30 30 33 36 38

. .

92 94

40 41

1. Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen . . . . a) b) c) d) e) f)

Genossenschaftswohnungen . . . . . Pacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dingliches Wohnungsrecht . . . . . Franchising und Immobilienleasing . Gemischte Verträge . . . . . . . . . . aa) Beherbergungs- und Reisevertrag bb) Heimvertrag . . . . . . . . . . . . cc) Gestattungsverträge . . . . . . . dd) Sonstige Verträge . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

XI

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

bbb) Gesellschafterwechsel und Umwandlungen . . . . . . . . 96 ccc) Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 ddd) Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

43 44 45

4. Schriftform des Mietvertrags

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

a) b) c) d) e) f)

Wahrung der Schriftform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Urkundeneinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Anwendungsfälle für das Schriftformerfordernis . . . Strengere Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen der Nichtbeachtung der Schriftform . . . . . . . . . . aa) Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit bb) Nachholung der Schriftform . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unzulässige Berufung auf die fehlende Schriftform . . . . g) Abreden zur Schriftform und Vollständigkeit der Vertragsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106 121 128 133 137 139 139 143 146

46 56 59 61 62 63 63 65 66

. 151

68

5. Vorvertragliche Bindungen und Pflichten . . . . . . . . . . . . 155

69

a) b) c) d)

155 156 157 162 162 167 170

69 70 70 72 72 74 75

6. Wechsel der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

79

Der „vorläufige“ Mietvertrag . . . . . . . . . Letter of intent . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Option und Verlängerungsklauseln . . . . . . aa) Vereinbarung und Ausübung der Option bb) Option und Mieterhöhung . . . . . . . . cc) Verlängerungsklauseln . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

a) Erwerbereintritt bei Veräußerung des Mietgrundstücks . aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen des Erwerbereintritts . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen des Erwerbereintritts . . . . . . . . . . . dd) Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung . . . . . b) Wechsel des Zwischenmieters . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinbarter Wechsel der Vertragsparteien . . . . . . . . d) Beitritt zum Mietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Mieterwechsel auf Grund von Mietnachfolgeklauseln . . f) Mieterwechsel nach Treu und Glauben . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Wohngemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Mieterwechsel bei Tod des Mieters . . . . . . . . . . . . aa) Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII

. . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

46

. . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

179 181 182 192 209 211 219 226 228 241 243 253 257 264

79 80 81 84 91 91 94 97 98 103 104 107 109 111

. . . 264

111

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

. . . . .

265 266 267 268 272

111 112 112 113 115

. .

275 276

116 116

7. Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

279

118

a) Verschulden bei Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . aa) Pflichtenkreis des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pflichtenkreis des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auf Vertragsverhandlungen und Vertragsabschluss . . aa) Sachlicher Anwendungsbereich des AGG . . . . . . . . bb) Persönlicher Anwendungsbereich des AGG . . . . . . . cc) Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . . . . . . . . c) Genossenschaftlicher Gleichbehandlungsgrundsatz bei Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften . . . . . . . . . . . .

. . .

279 283 291

118 119 123

. . . .

301 302 305 306

128 129 131 132

. .

308 311

132 133

1. Anwendungsbereich des Formularvertragsrechts . . . . . . . .

1

136

a) Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbraucherverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 4 5

136 137 137

2. Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

7

138

. . . . . . .

7 16 17 20 22 32 36

138 141 142 143 144 147 150

. . . . . . . .

43

153

a) Kundenfeindlichste Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 44

153 153

bb) aaa) bbb) ccc) ddd) eee) fff)

Eintrittsrechte Dritter und Fortsetzung mit überlebenden Mietern bei der Wohnraummiete . . . . . . . . . . Fortbestehendes Mietverhältnis über Wohnraum . . . Tod des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintrittsberechtigter Personenkreis . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen des Eintritts . . . . . . . . . . . . . . . . Fortsetzung des Mietverhältnisses mit überlebenden Mitmietern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen der Fortsetzung des Mietverhältnisses . .

II. Vertragsgestaltung

a) Aushandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorrang der Individualvereinbarung . . . . . . . bb) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . b) Verwendereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einbeziehung von Formularklauseln in den Vertrag d) Auslegung und Unklarheitsregel . . . . . . . . . . e) Überraschende Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

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XIII

Inhaltsverzeichnis Rn.

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50 56 57 58 60 61 62 65

157 161 162 163 164 165 165 168

4. Formularklausel-ABC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

168

Abgeltungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . Abschleifen von Parkettböden . . . . . . . . . . Abschlussgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anerkennung des vertragsgemäßen Zustandes . Antenne, Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufrechnung und Zurückbehaltung . . . . . . . Aufzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Baufeuchte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behördliche Erlaubnisse . . . . . . . . . . . . . Besichtklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besichtigung, Betreten . . . . . . . . . . . . . . Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dach und Fach . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drittüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . Dübel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbauten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzugsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . Erfüllungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . Erfüllungsgehilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . Fachhandwerker . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fensterscheiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuchtigkeitsschäden . . . . . . . . . . . . . . . Flächenangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fortsetzungswiderspruch . . . . . . . . . . . . . Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen Fußboden- und Parkettpflege . . . . . . . . . . . Garantiehaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168 168 168 168 169 169 169 169 172 172 172 172 173 174 179 180 180 181 181 181 181 182 182 183 183 184 184 184 184 184 184 185 187 188

c) d) e) f) g) h) i) j)

Summierungseffekt und Trennungsprinzip . . . . . . Generalisierende Betrachtungsweise . . . . . . . . . . Leitbildfunktion der gesetzlichen Regelung . . . . . . Risikobegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Preisargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherbarkeit des übernommenen Risikos . . . . . Rechtsfolge bei Unwirksamkeit einer Formularklausel Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIV

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. 101 . 102 . 103 . 104 . 105 . 106 . 107 . 108 . 114 . 115 . 116 . 117 . 120 . 121 . 135 . 137 . 138 . 138a . 139 . 140 . 141 . 142 . 143 . 146 . 147 . 148 . 149 . 150 . 151 . 152 . 153 . 154 . 158 . 160

Inhaltsverzeichnis

Gesundheitsschäden . . . . . . . . Gewährleistung . . . . . . . . . . . Gebrauchsfortsetzung . . . . . . . Grillen . . . . . . . . . . . . . . . Güteverfahren . . . . . . . . . . . Haftung des Mieters . . . . . . . . Haftungsausschluss . . . . . . . . Hausordnung . . . . . . . . . . . . Heizkosten . . . . . . . . . . . . . Heizung . . . . . . . . . . . . . . . Instandsetzung und Instandhaltung Kardinalpflichten . . . . . . . . . . Kaution . . . . . . . . . . . . . . . Kenntnisklausel . . . . . . . . . . Kleinreparaturen . . . . . . . . . . Konkurrenzschutz . . . . . . . . . Kündigung . . . . . . . . . . . . . Leitungsverstopfungen . . . . . . . Mahnkosten . . . . . . . . . . . . Mehrbelastungsklausel . . . . . . Mietänderung . . . . . . . . . . . . Mietausfall . . . . . . . . . . . . . Miete . . . . . . . . . . . . . . . . Mieterwechsel . . . . . . . . . . . Mietgebrauch . . . . . . . . . . . . Mietminderung . . . . . . . . . . . Mietpreisrecht . . . . . . . . . . . Mietsicherheit . . . . . . . . . . . Mietstruktur . . . . . . . . . . . . Mietverhältnis . . . . . . . . . . . Mietzeit . . . . . . . . . . . . . . . Modernisierung . . . . . . . . . . . Nutzungsentschädigung . . . . . . Obhutspflicht des Mieters . . . . . Rauchen . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsgeschäftliche Klauseln . . . Reinigungs- und Streupflicht . . . Rückbau . . . . . . . . . . . . . . Rückgabe . . . . . . . . . . . . . . Salvatorische Klauseln . . . . . . . Schadenspauschalierung . . . . . . Schlüssel – Schlüsselverlust . . . . Schönheitsreparaturen . . . . . . . Schriftform . . . . . . . . . . . . . Teppichreinigung . . . . . . . . . .

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161 162 164 164a 165 166 167 177 178 179 181 192 193 194 195 199 200 206 207 208 212 213 214 216a 217 221 226a 227 229 230 231 232 233 234 234a 235 235a 236 237 238 241 242 244 245 252

188 188 189 189 189 189 190 194 194 195 195 199 199 199 199 201 202 203 204 204 206 206 206 208 208 209 212 212 213 214 214 214 214 215 215 215 216 216 216 217 218 218 219 219 222 XV

Inhaltsverzeichnis

Tierhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ungeziefer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untermiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleichsmiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verkehrssicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsabwicklung – Schadensersatz . . . . . . . . Vertragsausfertigungsgebühr . . . . . . . . . . . . . Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses . . . . Warmwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werbegemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungsverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zurückbehaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustandsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . .

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. 253 . 254 . 259 . 260 . 261 . 263 . 265a . 266 . 267 . 268 . 269 . 270 . 271 . 272 . 272a . 273 . 274 . 275 . 276 . 276a . 277 . 281 . 282 . 285 . 286 . 290 . 291a . 292 . 294 . 297

222 223 224 224 225 225 226 226 227 227 227 227 228 228 228 228 228 229 230 230 230 231 232 233 233 234 235 236 236 237

III. Miete und Mietsicherung 1. Mietvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

238

. . . . .

1 5 10 13 19

238 239 241 243 246

2. Grenzen der Miethöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

248

a) Unzulässige Mietpreisüberhöhung bei der Wohnraummiete . . aa) Zum Anwendungsbereich des § 5 WiStG . . . . . . . . . .

28 29

249 249

a) b) c) d) e)

Bestimmtheit der Miete . . Art des Mietzinses . . . . . Mietstruktur . . . . . . . . Änderung der Mietstruktur Umsatzsteuer . . . . . . .

XVI

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Inhaltsverzeichnis Rn.

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31 39 46 60 64 66 73

250 253 256 263 265 266 269

3. Gläubiger und Schuldner der Miete . . . . . . . . . . . . . . .

75

269

a) Personenmehrheit auf Vermieterseite b) Personenmehrheit auf Mieterseite . . c) Eintritt in das Mietverhältnis . . . . aa) Eintritt auf Vermieterseite . . . . bb) Eintritt auf Mieterseite . . . . . . d) Nachhaftungsbegrenzung . . . . . .

. . . . . .

75 78 79 79 82 83

269 270 271 271 272 272

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

274

. 87 . 92 . 93 . 96 . 102 . 107 . 111 . 111 . 111c

274 277 277 278 280 282 285 285 287

bb) Überhöhte Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Laufende Aufwendungen des Vermieters . . . . . . . . dd) Ausnutzen eines geringen Angebots an Wohnraum . . ee) Rechtsfolgen der Mietpreisüberhöhung . . . . . . . . . b) Mietüberhöhung und Wucher bei der Gewerberaummiete aa) Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mietwucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4. Leistung der Miete a) b) c) d) e) f) g)

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Fälligkeit und Rechtzeitigkeit . . . . . . Erfüllungsort . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Zahlungsarten . . . . . . . . . Einzugsermächtigung . . . . . . . . . . . Verrechnung von Teilleistungen . . . . . Flächenabweichungen und Mietzahlung Abtretung und Pfändung . . . . . . . . . aa) Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pfändung . . . . . . . . . . . . . . .

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5. Aufrechnung und Zurückbehaltung . . . . . . . . . . . . . . .

112

287

a) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112 118

287 290

6. Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung . . .

134

297

a) Verwendungsrisiko des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mietzahlungspflicht trotz Neuvermietung . . . . . . . . . . . c) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135 140 148

297 300 303

7. Mietvorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149

304

a) Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkung gegenüber dem Grundstückserwerber . . . . . . . . c) Rückzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149 151 154

304 305 306

XVII

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

8. Verjährung und Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

307

a) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

307 307

9. Mietsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarung, Fälligkeit und Anlage der Mietsicherheit . . . . aa) Fälligkeit und Ratenzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Erfüllungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Ratenzahlung bei der Wohnraummiete . . . . . . . . . . bb) Begrenzung der Mietsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflicht zur Anlage und Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verzinsungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Befriedigung aus der Mietsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zugriffsrecht des Vermieters während der Mietzeit . . . . . bb) Verjährte Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erstattung der Mietsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entstehung und Inhalt des Erstattungsanspruchs . . . . . bb) Fälligkeit und Abrechnungsfrist . . . . . . . . . . . . . . cc) Insolvenz, Zwangsverwaltung und Kautionsrückzahlung . aaa) Insolvenz des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Präklusionsfolge der Kautionsrückzahlung . . . . . . . . e) Veräußerung und Mietsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kautionsübergang auf den Erwerber . . . . . . . . . . . . bb) Veräußerer- und Erwerberhaftung für Rückerstattung der Kaution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Veräußererhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Erwerberhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Mietbürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbarung und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inanspruchnahme des Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Durchsetzung verjährter Forderungen . . . . . . . . . . . . ee) Bürgschaftsfreigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

159 159 160 160 166 168 175 175 180 183 184 188 190 190 193 201 201 202 203 204 204

309 309 310 310 314 315 318 318 321 322 323 325 326 326 328 331 331 332 333 334 334

208 208 210 211 212 214 219 220 221

335 335 336 337 337 340 341 342 343

10. Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

343

a) Pfandgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Verwertung und Selbsthilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

344 346

XVIII

Inhaltsverzeichnis

IV. Mieterhöhungen Rn.

Seite

1. Mieterhöhungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

349

a) Schlüssige Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schriftform und Mietänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zustimmung Dritter zur Mieterhöhung . . . . . . . . . . . .

1 14 17

349 353 354

2. Staffelmieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

355

a) Staffelmieten bei der Wohnraummiete . . . . aa) Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . bb) Rechtsfolgen der Staffelmietvereinbarung b) Staffelmieten bei der Gewerberaummiete . . .

. . . .

18 21 25 32

355 356 357 359

3. Mietanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

360

. . . . . . . . . . . . . . .

33 34 37 42 43 44 44 45 50 50 54 58 60 60 65

360 360 361 362 362 363 363 363 364 364 366 368 369 369 371

.

71

373

4. Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete . . . . . .

74

373

a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mieterhöhungsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgeschäftliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . aaa) Der Vermieter im Mieterhöhungsverfahren . . . . . . . . bbb) Der Mieter im Mieterhöhungsverfahren . . . . . . . . . bb) Form und Inhalt des Mieterhöhungsverlangens . . . . . cc) Mieterhöhungsverlangen bei Inklusiv- oder Teilinklusivmiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nachholung und Heilung des Mieterhöhungsverlangens

75 78 78 79 83 88

374 375 375 375 377 378

99 116

381 387

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

a) Mietanpassungsklauseln bei der Wohnraummiete – Indexmiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Vereinbarung . . bb) Durchführung und Rechtswirkungen der Mietanpassung cc) Übergangsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Indexklauseln und Umstellung der Preisindizes . . . . . b) Mietanpassungsklauseln bei der Gewerberaummiete . . . . aa) Allgemeine Anpassungsklausel . . . . . . . . . . . . . bb) Option und Mietänderung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wertsicherungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Neue Rechtslage durch Einführung des Euro . . . . . . bbb) Anwendungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Verwirkung von Erhöhungsbeträgen . . . . . . . . . . . dd) Leistungsvorbehalte und Schiedsgutachterklauseln . . aaa) Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Überprüfung des Schiedsgutachtens . . . . . . . . . . . ccc) Entstehung des Anspruchs auf Zahlung der erhöhten Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

b) Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 aa) Wartefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Überlegungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 cc) Klagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 c) Kappungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Allgemeine Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Ermittlung der Kappungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . 140 cc) Behandlung von zwischenzeitlichen Mieterhöhungen . . . 144 dd) Modernisierungsbedingte Kürzungsbeträge . . . . . . . . . 150 ee) Kappungsgrenze bei fehlbelegten Wohnungen . . . . . . . . 155 d) Ortsübliche Vergleichsmiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Begriff der ortsüblichen Miete . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Vergleichbarkeit der Mietstruktur von Begründungsmittel und Vertragsmiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 cc) Wohnwertmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 aaa) Wohnfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 bbb) Ausstattungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 ccc) Art und Beschaffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 ddd) Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 dd) Mietzuschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 e) Begründungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Mietspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 aaa) Erstellung des Mietspiegels . . . . . . . . . . . . . . . . . 193a bbb) Anwendung des Mietspiegels . . . . . . . . . . . . . . . . 200 ccc) Beweiswert von Mietspiegeln . . . . . . . . . . . . . . . . 214 bb) Sachverständigengutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 cc) Vergleichsmieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 dd) Auskünfte aus Mietdatenbanken und sonstige Begründungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 f) Zustimmung des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 aa) Inhalt und Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 bb) Personenmehrheit auf Mieterseite . . . . . . . . . . . . . . 266 cc) Mängel und Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . 269 g) Fälligkeit der erhöhten Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 h) Mieterhöhungsausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 i) Kündigungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 aa) Sonderkündigungsrecht des Mieters . . . . . . . . . . . . . 283 bb) Einschränkung der Verzugskündigung . . . . . . . . . . . . 287

388 389 391 392 393 393 394 395 398 400 401 401

5. Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters a) Mieterhöhende Baumaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . aa) Modernisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . bb) Maßnahmen zur Einsparung von Energie und Wasser cc) Vom Vermieter nicht zu vertretende Maßnahmen . . XX

. . . .

. . . .

. . . .

403 403 404 409 411 413 413 417 418 418 420 425 431 435 439 439 439 442 443 443 444 448 448 450

300

451

301 306 328 340

451 452 460 465

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

345 345 352 365 366 370 372 372 379 389 395 396 404

466 466 469 474 474 476 477 477 479 483 485 485 487

. . . . .

. . . . .

. . . . .

405 411 412 412 414

488 490 490 490 491

6. Mieterhöhung wegen Kostensteigerungen . . . . . . . . . . . .

418

492

a) Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erhöhung der Betriebskostenpauschale . . bb) Ermäßigung der Betriebskostenpauschale cc) Inklusivmieten . . . . . . . . . . . . . . . b) Veränderung der Kapitalkosten . . . . . . . .

. . . . .

418 419 429 431 432

492 492 496 497 497

1. Begriff der Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

499

a) Tatbestandsmerkmale des Betriebskostenbegriffs . . . . . aa) Entstehen durch bestimmungsmäßigen Gebrauch des Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tatsächliches Entstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Laufendes Entstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung zu anderen Kosten . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abgrenzung zu Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abgrenzung zu Verwaltungskosten . . . . . . . . . . . cc) Abgrenzung zu Anschaffungs- und Kapitalkosten . . . dd) Eigenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. .

4

500

. . . .

. . . .

5 7 8 9

500 501 501 502

. . . .

. . . .

10 17 22 26

502 505 508 509

b) Durchführung der Mieterhöhung . . . . . . . . . . . . . aa) Vertragsmäßigkeit der Baumaßnahme . . . . . . . . bb) Ansatzfähige Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Berechnung der Mieterhöhung . . . . . . . . . . . . aaa) Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Anrechnung von Fördermitteln . . . . . . . . . . . dd) Anforderung der Mieterhöhung . . . . . . . . . . . aaa) Förmliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . bbb) Inhaltliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . ee) Zeitliche Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Erhöhungsausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umlage neuer Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . d) Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auswirkungen auf die Vertragsmiete und Verhältnis zur Mieterhöhung nach § 558 BGB . . . . . . . . . . . . . . f) Verhältnis zu § 5 WiStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Modernisierungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermietermodernisierung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mietermodernisierung . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . . . .

. . . . .

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. . . . .

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V. Betriebskosten und ihre Abrechnung

XXI

Inhaltsverzeichnis

2. Einzelne Betriebskostenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Öffentliche Lasten, insbesondere Grundsteuer (§ 2 Nr. 1 BetrKV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kosten der Wasserversorgung und der Entwässerung (§ 2 Nr. 2, 3 BetrkV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kostenabgrenzung und Umlagemodalitäten . . . . . . . . . bb) Ansatz von Kosten durch bestimmungsmäßigen Gebrauch, Plausibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verbrauchsabhängige Abrechnung . . . . . . . . . . . . . . c) Kosten des Personen- oder Lastenaufzugs und der Beleuchtung (§ 2 Nr. 7, 11 BetrKV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ansatzfähige Kosten für den Aufzug . . . . . . . . . . . . . bb) Umlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kosten der Beleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kosten der Straßenreinigung und Müllbeseitigung (§ 2 Nr. 8 BetrKV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umlagemaßstab und Mischnutzung . . . . . . . . . . . . . bb) Duales Müllsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sperrmüllentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung (§ 2 Nr. 9 BetrKV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gebäudereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kosten der Ungezieferbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . f) Kosten der Gartenpflege (§ 2 Nr. 10 BetrKV) . . . . . . . . . . . aa) Ansatzfähige Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mieternutzung und Gartenpflegekosten . . . . . . . . . . . cc) Ansatz in der Betriebskostenabrechnung . . . . . . . . . . g) Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung (§ 2 Nr. 13 BetrKV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Kosten für den Hauswart (§ 2 Nr. 14 BetrKV) . . . . . . . . . . aa) Ansatzfähige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ansatzfähige Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abgrenzung von anderen Bewirtschaftungskosten . . . . . i) Kosten des Betriebs einer Gemeinschaftsantenne oder eines Breitbandkabelanschlusses (§ 2 Nr. 15 BetrKV) . . . . . . . . . j) Kosten des Betriebs der Einrichtungen für Wäschepflege (§ 2 Nr. 16 BetrKV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Sonstige Betriebskosten (§ 2 Nr. 17 BetrKV) . . . . . . . . . . . aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Wartungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Sicherungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vertragliche Umlagefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .

XXII

Rn.

Seite

28

510

29

511

33 35

513 513

41 46

515 517

50 50 54 57

518 518 519 521

58 61 64 67

521 522 523 524

70 70 75 80 80 86 88

525 525 526 528 528 530 531

89 96 97 100 103

531 534 535 536 537

108

539

111 112 112 115 116 117 122

541 541 541 542 542 543 545

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

3. Vereinbarung von Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . .

123

546

a) b) c) d)

. . . .

124 129 130 131

546 550 550 551

. . . . . . . . .

131 136 137 141 149 150 154 154 155

551 555 555 557 561 561 562 562 562

. .

156 159

563 564

4. Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160

564

a) Gesetzlicher Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Heizkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Preisgebundener Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Preisfreier Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gewerberaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertraglicher Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umlage nach dem Flächenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . aa) Flächenermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertragliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umlage nach Kopfanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Umlage bei Leerständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermieterrisiko bei Leerstand . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Technische Maßnahmen – Veränderung der Abrechnungseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Risikoabändernde Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . dd) Abänderungsmöglichkeiten nach Treu und Glauben . . . ee) Abänderungsmöglichkeiten wegen veränderter Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Anwendung bei personenabhängigem Umlagemaßstab . . gg) Anwendung bei haushaltsabhängigem Umlagemaßstab . . hh) Sicherheitsabschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Mehrverbrauch bei Heizkosten . . . . . . . . . . . . . . . f) Vorerfassung bei gemischt genutzten Grundstücken . . . . . aa) Preisgebundener Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . .

161 161 162 163 164 165 174 174 183 189 193 193

565 565 565 565 566 566 569 569 572 575 576 576

196 199 203

577 578 579

204 210 211 213 214 216 216

580 582 583 583 584 585 585

Bestimmtheit der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung der Betriebskostenverordnung . . . . . . . . . . Mitteilungspflicht bei preisgebundenem Wohnraum . . . . Schlüssige Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nachträgliche Vereinbarung ursprünglich nicht geschuldeter Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nachträgliche Erlassvereinbarung . . . . . . . . . . . . . e) Folgen nicht eindeutiger Vereinbarung . . . . . . . . . . . . f) Nach Mietvertragsschluss eingeführte Betriebskosten . . . . g) Nachbelastung mit Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . aa) Preisgebundener Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . bb) Preisfreier Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale . . . . . . bbb) Vereinbarung einer (Teil-)Inklusivmiete . . . . . . . . ccc) Vereinbarung von Vorauszahlungen auf Abrechnungsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gewerberaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXIII

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

217 226 228 228 234 242 244 244 250

585 589 590 590 592 594 595 595 597

5. Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

601

a) b) c) d) e)

261 267 268 271 276 276 282 284 285 285 288 289 290 292

601 602 603 605 607 607 609 610 611 611 612 612 612 613

6. Betriebskostenabrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

615

a) Wesen der Betriebskostenabrechnung . . . . . . . . . . . . . . b) Abrechnungsschuldner und -gläubiger . . . . . . . . . . . . . . c) Anforderungen an die Betriebskostenabrechnung . . . . . . . . aa) Formelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Begründung und Erläuterung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kostenabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Kostenabgrenzung bei vermietetem Wohnungseigentum . d) Wirtschaftlichkeit des Kostenansatzes . . . . . . . . . . . . . . aa) Elemente der Wirtschaftlichkeitsprüfung . . . . . . . . . aaa) Vermieterverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Betriebskostenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wirtschaftlichkeit bei ausgewählten Betriebskostenarten dd) Rechtsfolgen und Beweislast bei Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ansatz von Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

300 304 309 309 314 323 323 327 335 336 337 343 348

615 618 620 620 622 627 627 629 632 633 633 637 638

355 360

641 645

bb) Preisfreier Wohnraum . . . . . . . . cc) Gewerberaum . . . . . . . . . . . . g) Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertragliche Gestaltung . . . . . . . cc) Wirtschaftlichkeit und Transparenz h) Änderung des Umlagemaßstabs . . . . aa) Gesetzeslage . . . . . . . . . . . . . bb) Vertragslage . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

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Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bemessung der Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Fälligkeit der Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anpassung der Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitliche Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zurückbehaltung und Rückforderung von Vorauszahlungen . . aa) Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rückforderungsanspruch des Mieters . . . . . . . . . . . aaa) Fortbestehendes Mietverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Beendetes Mietverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Ansatz der Vorauszahlungen in der Betriebskostenabrechnung

XXIV

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

7. Abrechnungsreife und Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .

363

646

a) Abrechnungszeitraum . . . . . . . . . . b) Abrechnungsfrist . . . . . . . . . . . . . c) Fälligkeit des Abrechnungssaldos . . . . aa) Fälligkeit von Nachforderungen . . . bb) Fälligkeit von Abrechnungsguthaben

. . . . .

363 366 372 372 382

646 647 650 650 653

8. Prüfungsrecht des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

386

654

a) b) c) d)

. . . .

387 392 399 403

654 656 659 660

9. Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung .

406

661

a) Nachforderungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fehlerberichtigung nach Eintritt der Abrechnungsreife aa) Grundlagen der Fehlerberichtigung . . . . . . . . bb) Katalog einzelner Abrechnungsfehler . . . . . . . aaa) Rechtsgeschäftliche Fehler . . . . . . . . . . . . . bbb) Ausweisung der Gesamtkosten . . . . . . . . . . ccc) Kostenansatz und Kostentrennung . . . . . . . . ddd) Kostenvorerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . eee) Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . fff) Abrechnungs- und Verbrauchszeitraum . . . . . . ggg) Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . hhh) Fehlerhäufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iii) Inhaltliche Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Berichtigung der Abrechnung nach Saldoausgleich . . . d) Rückforderung verspätet abgerechneter Betriebskosten

. . . . . . . . . . . . . . .

406 417 418 424 425 426 429 431 434 439 442 443 444 447 458

661 667 667 670 671 671 673 673 674 676 677 678 678 679 684

10. Einwendungsausschluss zu Lasten des Mieters . . . . . . . .

459

684

a) Gesetzliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umfang des Einwendungsausschlusses . . . . . . . . . . . . .

459 463

684 686

11. Verwirkung und Verjährung

466

688

466 472 472 474 475

688 690 690 691 691

. . . . .

. . . . .

Belegeinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersendung von Kopien . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen bei Einsichtverweigerung . . . Rechtsfolgen bei unterlassener Belegprüfung

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a) Verwirkung nach Treu und Glauben b) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermieteransprüche . . . . . . . bb) Mieteransprüche . . . . . . . . . cc) Übergangsrecht . . . . . . . . . .

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XXV

Inhaltsverzeichnis

12. Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn.

Seite

. . . . 500

692

a) Geltungsbereich der HeizkostenV . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich der HeizkostenV . . . . . . . . . . . . . . aa) Erfasste Heizungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen vom Anwendungsbereich der HeizkostenV . . c) Vorrang der HeizkostenV vor rechtsgeschäftlichen Regelungen d) Umgestaltung von Mietverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Pflicht zur Verbrauchserfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Auszustattende Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechte und Pflichten der Vertragsparteien . . . . . . . . . f) Kostenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umlagemaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umlagemaßstab bei Ausfall von Erfassungsgeräten . . . . cc) Grundkosten und Verbrauchskosten . . . . . . . . . . . . aaa) Grundkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Verbrauchskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Heizkostenabrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Heizkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Wärmecontracting und Wärmedirektservice . . . . . . . . . . . aa) Vertragliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umlagefähige Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Kürzungsrecht des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Nutzerwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kostenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nutzerwechselgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kaltverdunstungsvorgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

501 502 502 503 506 509 512 513 515 518 518 520 525 525 527 534 536 547 552 553 559 567 567 571 576 576 579 581

692 692 692 693 694 695 696 696 697 698 698 699 701 701 702 705 706 709 711 712 716 718 718 720 721 721 722 723

1. Vertragszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

724

a) Abgrenzung von Wohnraum- und Geschäftsraummiete . . . . b) Mischmietverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mitvermietung von Garagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 9 17

724 727 731

2. Mietgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

733

a) Allgemeiner Inhalt des Mietgebrauchs . . . b) Umfang und Änderung des Mietgebrauchs c) Grenzen des Mietgebrauchs . . . . . . . . . aa) Vertragszweck . . . . . . . . . . . . . .

26 28 36 37

733 735 738 739

VI. Mietgebrauch

XXVI

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Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

. . . . . . . .

39 40 45 47 58 64 66 68

740 740 742 743 746 748 749 750

3. Gebrauchsrechte des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

752

a) Bauliche Veränderungen und Installationen . . . . . . . . . aa) Zulässige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertragswidrige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . cc) Barrierefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Radio und Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anspruch auf Grundversorgung . . . . . . . . . . . . . bb) Anspruch des Mieters auf Installation einer Parabolantenne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Besonderheiten bei vermietetem Wohnungseigentum . bbb) Erlaubniswiderruf und Entfernungspflicht . . . . . . . ccc) Ausländerprivileg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Technische Ausweichmöglichkeiten . . . . . . . . . . eee) Mobile Parabolantenne . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sanktionen bei vertragswidrigem Verhalten . . . . . . c) Benutzung von Gemeinschaftsanlagen und -flächen . . . . . aa) Dispositionsbefugnis des Vermieters . . . . . . . . . . . bb) Abstellen von Gegenständen auf Gemeinschaftsflächen cc) Hoffläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Garten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Gebäudeaußenteile – Reklame, Schilder – Briefkasten . d) Aufnahme von Personen und Drittüberlassung . . . . . . . aa) Aufnahme von Personen in den Haushalt des Mieters . bb) Drittüberlassung und Untermiete . . . . . . . . . . . . aaa) Erlaubnis des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Informationsobliegenheit des Mieters . . . . . . . . . . ccc) Berechtigtes Interesse des Mieters von Wohnraum an der Teilüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Verweigerung der Erlaubnis . . . . . . . . . . . . . . . eee) Außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters . . . . fff) Sanktionen bei unbefugter Gebrauchsüberlassung . . . e) Gewerbliche Tätigkeiten in der Wohnung . . . . . . . . . . f) Tierhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mietgebrauch oder Sondernutzung . . . . . . . . . . . . bb) Vertragliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

76 79 85 92 99 99

752 753 756 759 763 763

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 107 109 113 123 127 131 136 140 144 149 154 157 160 160 166 169 175

764 767 768 769 774 776 777 779 782 783 785 788 790 792 792 796 797 800

. . . . . . . .

179 190 201 208 213 221 221 231

801 806 812 816 818 821 821 826

bb) aaa) bbb) ccc) ddd) eee) fff) cc)

Erlaubnisvorbehalt . . . . . . . . . . Formerfordernis . . . . . . . . . . . . Kriterien für die Erlaubniserteilung . Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . Mietzuschläge und Mietsicherheiten Handeln ohne Erlaubnis . . . . . . . Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . Hausordnung . . . . . . . . . . . . .

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XXVII

Inhaltsverzeichnis Rn.

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cc) Vertragswidrige Tierhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 dd) Tierhaltung und Nachbarschaft . . . . . . . . . . . . . . . 238

827 830

4. Pflichten des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

831

a) Gebrauchs- und Betriebspflicht . . . . . . . . . . . . . . . b) Anzeige- und Obhutspflichten . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Obhutspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Reinigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einhaltung der Hausordnung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Lärm und Mietgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gerüche und Mietgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wahrung des Hausfriedens . . . . . . . . . . . . . . . e) Folgen bei Pflichtverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechte des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Haftung des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ansprüche des in seinen Rechten verletzten Mieters aaa) Rechte gegenüber dem Vermieter . . . . . . . . . . . bbb) Ansprüche gegenüber dem Störer . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . .

240 247 247 258 277 286 289 306 311 316 316 319 331 332 337 337 340

831 834 834 838 848 852 853 861 863 866 866 868 873 874 878 878 879

1. Beginn des Mietverhältnisses und Übergabe . . . . . . . . . . .

1

881

. . . .

1 12 16 21

881 885 887 888

2. Instandhaltung und Instandsetzung . . . . . . . . . . . . . . . .

23

889

a) b) c) d)

25 32 35 39 40 44 58 58 61 64

890 892 895 896 897 898 903 903 904 905

VII. Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

a) b) c) d)

Überlassung der Mietsache . . . . . . Zeitpunkt des Mietbeginns . . . . . . Rechtsfolgen der Übergabe . . . . . . Rechtsfolgen bei verspäteter Übergabe

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. . . .

Der vertragsgemäße Zustand . . . . . . . . . . . . . Gegenständlicher und zeitlicher Umfang . . . . . . Gläubiger und Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Herrichtungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Instandsetzungspflicht während der Mietzeit . . e) Abgrenzung zur Umgestaltung und Modernisierung aa) Umgestaltung im Rahmen der Instandsetzung . bb) Abgrenzung zur Modernisierung . . . . . . . . . f) Pflicht zur Nachrüstung . . . . . . . . . . . . . . . .

XXVIII

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Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

78

911

85 85 90 92

913 913 914 915

99 100 103 105

919 919 921 922

3. Duldungsanspruch des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . .

107

923

a) Duldung von Erhaltungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen des Duldungsanspruchs . . . . . . bb) Inhalt und Rechtsfolgen des Duldungsanspruchs . . b) Duldung von Modernisierungsmaßnahmen . . . . . . . aa) Voraussetzungen des Duldungsanspruchs . . . . . . aaa) Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Modernisierungsankündigung . . . . . . . . . . . . bb) Inhalt und Rechtsfolgen des Duldungsanspruchs . . aaa) Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Außerordentliches Kündigungsrecht . . . . . . . . ccc) Sonstige Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Durchsetzung und Abwehr des Duldungsanspruchs dd) Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . c) Recht zum Betreten und Besichtigen . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

113 114 120 128 132 135 150 167 168 174 176 180 182 184

925 925 927 929 930 932 937 943 943 945 946 947 948 949

4. Einzelne Pflichten des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . .

196

954

a) Versorgung und Entsorgung . . . . . . . . . . . aa) Heizung und Raumklima . . . . . . . . . . bb) Versorgung mit Energie und Wasser . . . . aaa) Stromversorgung . . . . . . . . . . . . . . bbb) Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . cc) Entsorgung von Müll . . . . . . . . . . . . dd) Zurückbehaltung und Liefersperre . . . . . aaa) Zurückbehaltungsrecht des Vermieters . . bbb) Liefersperre des Versorgungsunternehmens b) Verkehrssicherungspflicht . . . . . . . . . . . . aa) Wege, Flure und Treppen . . . . . . . . . . bb) Reinigungs- und Streupflichten . . . . . . . cc) Sonstige Verkehrssicherungspflichten . . . c) Schutzpflichten des Vermieters . . . . . . . . . aa) Abwehr von Immissionen . . . . . . . . . .

196 196 207 207 210 211 215 215 219 222 222 229 232 234 238

954 954 959 959 961 961 963 963 966 967 967 970 972 973 975

g) Überprüfung und Wartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Ausschluss und Grenzen der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbarter Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verwirkung des Instandsetzungsanspruchs . . . . . . . . . cc) Unmöglichkeit und Opfergrenze . . . . . . . . . . . . . . i) Übertragung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auf den Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wohnraummiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewerberaummiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XXIX

Inhaltsverzeichnis Rn.

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240 245 252 252 256 265 269

976 978 982 982 985 988 990

1. Mängelbegriff im Mietrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

992

. . . . . .

2 19 26 30 31 38

992 998 1000 1002 1002 1004

2. Beispiele von Mängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

1004

a) b) c) d) e)

. . . . . . . . . . .

40 44 57 63 74 74 85 87 88 96 99

1004 1007 1012 1014 1017 1017 1021 1022 1022 1026 1028

. . . . .

101 103 117 127 127

1029 1030 1036 1042 1042

. . . .

132 137 138 147

1044 1046 1046 1050

bb) Sicherheitsgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . d) Konkurrenzschutz und Wettbewerbsbeschränkungen aa) Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . . . . . dd) Wettbewerbsbeschränkungen . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

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. . . . . . .

VIII. Gewährleistung

a) b) c) d) e) f)

f)

g) h) i)

j) k) l)

Subjektiver Fehlerbegriff . . . . Anfängliche Mängel . . . . . . . Rechtsmängel . . . . . . . . . . Zerstörung der Mietsache . . . . Zugesicherte Eigenschaften . . . Mangel – Haftung – Zurechnung

. . . . . .

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. . . . . .

Verstöße gegen technische Bauvorschriften . . . . . . . . . . Öffentlich-rechtliche Nutzungshindernisse . . . . . . . . . . Feuchtigkeitsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heizung und Raumklima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lärm und Gerüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Lärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gerüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfeldmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ein- und Auswirkungen auf Mietgebäude und Mietobjekt bb) Beeinträchtigungen aus der Nachbarschaft . . . . . . . . cc) Straßenbaumaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Beeinträchtigungen durch Verkehr und veränderte Verkehrslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umweltbeeinträchtigungen und Wohngifte . . . . . . . . . . Wohn- und Nutzfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerberäume und Einkaufszentren . . . . . . . . . . . . . . aa) Mängel des gemieteten Gewerberaums . . . . . . . . . . bb) Mängel bei Lage der Mieträume in einem Einkaufszentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Gebrauchsbeeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . Rechtsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zerstörung des Mietobjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXX

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

3. Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln . . . . . . . . . . . .

151

1050

a) Allgemeine Beweislastverteilung bei Mängeln b) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beheizung . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschädigungen . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bodenverunreinigungen . . . . . . . . . . dd) Brandschäden . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Feuchtigkeitsschäden . . . . . . . . . . . ff) Fogging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Frostschäden . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Lärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Schutzpflichten des Vermieters . . . . . . jj) Umweltgifte . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

151 158 159 161 165 166 167 176 179 180 185 187

1050 1053 1053 1054 1055 1055 1056 1059 1060 1061 1062 1062

4. Leistungsstörungen und Gewährleistung . . . . . . . . . . . .

189

1063

a) b) c) d) e)

. . . . . . . . . .

193 196 199 203 211 211 215 220 224 226

1066 1067 1068 1069 1071 1071 1072 1074 1076 1076

5. Mietminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

232

1079

a) Wesen der Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Neuregelung bei teilweiser Gebrauchsuntauglichkeit bb) Kriterien der Mängelbewertung . . . . . . . . . . . . cc) Mängelbewertung nach der Nutzwertanalyse . . . . dd) Erheblichkeitsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Minderung und Mietstruktur . . . . . . . . . . . . . . . d) Geltendmachung der Minderung und Darlegungslast . . e) Minderung und Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

232 241 241 243 248 256 258 271 277

1079 1081 1081 1082 1083 1087 1088 1095 1097

6. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280

1098

a) Garantiehaftung . . . . . b) Verschuldenshaftung . . aa) Anspruchsgrundlage bb) Schaden . . . . . . .

281 287 287 298

1099 1101 1101 1105

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Mängel Anfängliche Unmöglichkeit der Leistung . . . . . . . Anfängliches Unvermögen . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . Veränderung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Begriff der veränderten Geschäftsgrundlage . . . cc) Sonderfall: Einkaufszentrum . . . . . . . . . . . . dd) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Aktuelle Beispiele aus der Rspr. . . . . . . . . . .

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XXXI

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

c) Verzugshaftung und Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . 306 aa) Verzugsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 bb) Aufwendungsersatz bei Selbsthilfe . . . . . . . . . . . . . . 312

1107 1107 1110

7. Ersatz sonstiger Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

1114

a) b) c) d)

324 325 332 338

1114 1115 1118 1120

8. Kündigungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

1121

a) Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs aa) Gebrauchsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . bb) Abmahnung und Fristsetzung . . . . . . . . . cc) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung . . . . . aa) Gesundheitsgefährdung . . . . . . . . . . . . . bb) Kündigung und Kündigungsausschlüsse . . . . cc) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . .

341 344 355 358 370 373 381 385

1121 1122 1126 1128 1131 1132 1136 1137

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

1138

Gesetzliche Neuerungen und Anwendungsbereich . . . . . Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprüche des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung Geltendmachung des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . .

9. Gewährleistungsausschlüsse

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

a) Vereinbarter Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel bei Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verwirkung bei vorbehaltloser Mietzahlung trotz Kenntnis vom Mangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wiederaufleben von Gewährleistungsrechten . . . . . . . . aa) Mieterhöhungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mängelvergrößerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verursachung des Mangels durch den Mieter . . . . . . . . f) Verletzung der Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . . . . . .

. . . .

. . . . . . . .

. . 387

1138

. . 395 . . 396 . . 404

1143 1143 1146

. . . . . .

405 419 421 424 425 429

1147 1154 1155 1156 1156 1157

10. Abdingbarkeit von Gewährleistungsrechten . . . . . . . . . . 432

1158

a) b) c) d) e) f) g) h)

1158 1159 1162 1162 1163 1163 1164 1165

Übergabeklauseln . . . . . Mietminderung . . . . . . Garantiehaftung . . . . . . Verschuldenshaftung . . . Verzugshaftung . . . . . . . Aufwendungsersatz . . . . Kündigung . . . . . . . . . Gewährleistungsausschluss

XXXII

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. . . . . . . .

432 433 438 439 442 443 444 445

Inhaltsverzeichnis

IX. Schönheitsreparaturen Rn.

Seite

1. Begriff der Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . .

2

1166

a) Beseitigung von Abnutzungserscheinungen durch vertragsgemäßen Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragliche Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 12

1166 1170

2. Schönheitsreparaturen durch den Vermieter . . . . . . . . . .

14

1170

a) Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einfluss auf Mietänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 18

1171 1172

3. Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter . . . .

22

1173

a) Allgemeine rechtsgeschäftliche Voraussetzungen . . . . . . . b) Zulässigkeit der formularmäßigen Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter . . . . . . . . . . . . . aa) Kriterien der Klauselbewertung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Folgen bei unwirksamen Renovierungsklauseln . . . . . .

22

1173

24 31 42

1174 1177 1180

4. Laufende Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

1187

a) Art der Renovierung . . . . . . . . . . . . . b) Farbliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . c) Fälligkeit und Fristenplan . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen . bb) Fristenpläne . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

52 60 72 73 80

1189 1193 1199 1199 1202

5. Anfangsrenovierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100

1210

a) Vom Vermieter geschuldeter Anfangszustand . . . . . . . . . b) Übertragung auf den Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100 104

1210 1212

6. Schlussrenovierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

1214

a) Vom Mieter geschuldeter Zustand der Räume bei Übernahme laufender Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertraglich übernommene Schlussrenovierung . . . . . . . . .

110 112

1214 1215

7. Schönheitsreparaturen in Altverträgen der ehemaligen DDR .

124

1220

8. Erfüllungsanspruch des Vermieters bei unterlassenen Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

126

1221

9. Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136

1224

a) Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . aa) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb Fristsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

141 144 150

1227 1227 1230

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

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XXXIII

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

152 157 159 160 167 172 177 181 187 197 209 209 212

1231 1234 1235 1235 1237 1238 1240 1242 1244 1247 1252 1252 1253

10. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

1263

a) Ansprüche des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Ansprüche des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 c) Hemmung der Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

1263 1264 1265

cc) Entbehrlichkeit von Abmahnung und Fristsetzung . dd) Wahlerklärung des Vermieters . . . . . . . . . . . . b) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schadensersatz während der Mietzeit . . . . . . . bb) Schadensersatz nach Beendigung der Mietzeit . . . aaa) Malerkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Sachverständigenkosten . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Mietausfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Überflüssige Renovierung und Ausgleichsanspruch c) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Formularklauseln auf Geldleistung . . . . . . . . . . . . aa) Aufwendungsersatzklauseln . . . . . . . . . . . . . bb) Abgeltungs- oder Quotenhaftungsklauseln . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

X. Ordentliche Vertragsbeendigung 1. Kündigung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1267

a) Abtretung und vertraglicher Ausschluss des Kündigungsrechts b) Kündigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . bb) Personenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellvertretung und Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Schriftform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Umdeutung der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zugang der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begründung der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inhalt der Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nachschieben von Kündigungsgründen . . . . . . . . . . cc) Verwirkung und Wegfall von Kündigungsgründen . . . . aaa) Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Wegfall von Kündigungsgründen . . . . . . . . . . . . . . dd) Vertraglicher Ausschluss der Begründungspflicht . . . . . d) Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Dauer der Kündigungsfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berechnung der Kündigungsfristen . . . . . . . . . . . . . . e) Teilkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unzulässigkeit der Teilkündigung . . . . . . . . . . . . . . bb) Teilkündigung von Nebenflächen bei der Wohnraummiete

1 10 11 20 27 36 40 45 54 54 67 73 73 78 83 84 84 90 93 93 97

1267 1271 1272 1276 1279 1283 1285 1288 1292 1292 1297 1300 1300 1302 1304 1305 1305 1309 1310 1310 1312

XXXIV

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

2. Befristung und Bedingungseintritt . . . . . . . . . . . . . . . .

103

1314

a) Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit . . . . . . . . . aa) Rechtslage nach der Mietrechtsreform . . . . . . bb) Befristete Altverträge über Wohnraum . . . . . . b) Befristetes Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel c) Kettenmietverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mietverhältnisse über mehr als 30 Jahre . . . . . . . e) Mietvertrag auf Lebenszeit einer der Vertragsparteien f) Mietverhältnis unter auflösender Bedingung . . . . . g) Zeitmietverträge bei der Wohnraummiete . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

103 103 108 111 116 118 120 123 127 127 136

1314 1314 1317 1318 1320 1321 1323 1324 1326 1326 1329

3. Mietaufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

1332

a) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . aa) Umdeutung einer Kündigung . . . . . . . . . . . . . bb) Schlüssige Mietaufhebungsvereinbarung . . . . . . . cc) Entlassung einer Mietpartei aus dem Mietverhältnis b) Inhaltliche Gestaltung – Abgeltungszahlungen . . . . . .

. . . . .

144 146 149 154 158

1332 1333 1334 1336 1339

4. Aufhebung der Beendigungstatbestände . . . . . . . . . . . . .

167

1342

a) Rechtsgeschäftliche Aufhebung . . . . . . . . . . b) Widerspruchslose Gebrauchsfortsetzung . . . . . aa) Widerspruchserklärung und Widerspruchsfrist bb) Wirkungen des Widerspruchs . . . . . . . . . cc) Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

167 169 170 184 186

1342 1343 1343 1347 1348

1. Übersicht über den Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . . . .

1

1350

2. Kündigungsgründe bei ordentlicher und außerordentlicher befristeter Kündigung des Vermieters . . . . . . . . . . . . . .

5

1351

9 9 17 33

1353 1353 1357 1364

33

1364

. . . . .

. . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . . . . . . . .

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. . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

XI. Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

a) Schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzungen des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigenbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leitlinien der Rspr. des BVerfG und des BGH zum Begriff des Eigenbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXV

Inhaltsverzeichnis

aaa) Zur Rspr. des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Zur Rspr. des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eigenbedarfsgründe in der Kündigung . . . . . . . . . . aaa) Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte . . . . . . . . . . bbb) Inhalt der Begründungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kündigungsausschlüsse und Missbrauchsfälle . . . . . . aaa) Alternativwohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches . . . . . . . . . ccc) Missbräuchlicher Eigenbedarf . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Überhöhter Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eee) Vorhersehbarer Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . fff) Vorratskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ggg) Verzicht auf Eigenbedarfskündigung . . . . . . . . . . . hhh) Wegfall des Eigenbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Schadensersatz wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Ungerechtfertigte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Räumungsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinderung wirtschaftlicher Verwertung . . . . . . . . . . . . aa) Verfassungsrechtliche Leitlinien . . . . . . . . . . . . . bb) Veräußerungsbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . aaa) Veräußerungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Erheblicher Nachteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Begründung der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sanierungsbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . aaa) Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Begründung der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umwandlungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorkaufsrecht des Mieters in Umwandlungsfällen . . . aaa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Vorkaufsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Ausübung des Vorkaufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Folgen bei Vereitelung des Vorkaufsrechts . . . . . . . . eee) Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . e) Allgemeines Freimachungsinteresse des Vermieters . . . . . aa) Betriebsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fehlbelegung – Überbelegung – Unterbelegung . . . . . . cc) Genossenschaftswohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Öffentliches Nutzungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . ee) Beendigung des Untermietverhältnisses . . . . . . . . . . ff) Wirtschaftliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Sonstige Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXVI

Rn.

Seite

. . . . . . . . . . . . . . .

35 55 64 64 68 82 124 124 142 148 152 158 163 165 166

1365 1371 1377 1377 1378 1382 1396 1396 1403 1405 1406 1408 1410 1411 1411

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173 173 186 192 196 197 204 204 210 222 228 228 242 247 247 259 260 268 271 283 286 287 289 295 297 301 303 305 309

1414 1414 1419 1421 1423 1424 1427 1427 1430 1434 1436 1436 1441 1442 1442 1446 1446 1449 1450 1453 1454 1454 1455 1458 1459 1461 1462 1463 1464

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

310

1465

.

310

1465

. .

313 318

1467 1469

. .

324 334

1471 1476

. . .

338 348 358

1477 1482 1486

4. Mietverhältnisse ohne Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . .

366

1489

a) Mietverhältnisse zu vorübergehendem Gebrauch . . . . . . b) Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum in der Vermieterwohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Untermietverhältnisse über Sozialunterkünfte und Ausbildungswohnplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mietverhältnisse über Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

.

369

1491

.

373

1493

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380

1495

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384

1496

5. Wohnungen mit gemindertem Kündigungsschutz . . . . . . .

388

1498

389 391 397 399

1498 1499 1501 1502

400

1503

402 405 408 409 409 412 414 423

1503 1506 1507 1508 1508 1510 1510 1513

3. Kündigungswiderspruch und Fortsetzungsverlangen gemäß der Sozialklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Sozialklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Form und Frist des Kündigungswiderspruchs und Fortsetzungsverlangens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Härtegründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Härtegründe aus den persönlichen Verhältnissen des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Härtegründe aus den sozialen Verhältnissen des Mieters cc) Härtegründe aus Kündigungsfolgen, insbesondere fehlender Ersatzraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Kündigung von Mietverhältnissen in Gebäuden mit zwei Wohnungen und in Einliegerwohnungen . . . . . . . . . . . . aa) Gebäude mit zwei Wohnungen . . . . . . . . . . . . . . bb) Wohnungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Vom Vermieter bewohnte Wohnung . . . . . . . . . . . bbb) Wohnung innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Maßgebliche Verhältnisse für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ausübung des Sonderkündigungsrechts . . . . . . . . . . b) Kündigung von Werkwohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Arten von Werkwohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Werkmietwohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Werkdienstwohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kündigungserleichterung bei Werkmietwohnungen . . . cc) Kündigung von Werkdienstwohnungen . . . . . . . . . .

XXXVII

Inhaltsverzeichnis

XII. Recht zur außerordentlichen Kündigung Rn.

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1. Fristlose Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1516

a) Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen der fristlosen Kündigung . . . . . . . . . . aa) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen der fristlosen Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . .

1 6 6

1516 1519 1519

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8 13

1521 1523

2. Fristlose Kündigung wegen Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . .

16

1524

. 20 . 31 . 32 . 36 . 36 . 41 . 42 . 43 . 44 . 46 . 50 . 54 . 56 . 60 . 62 . 65 . 67 . 67a . 71 . 72 . 74 . 74 . 80 . 82 . 83

1526 1533 1533 1536 1536 1539 1539 1540 1540 1541 1543 1544 1545 1546 1548 1549 1550 1550 1552 1552 1553 1553 1555 1557 1557

a) Kriterien der Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zerrüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsverstöße des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Beleidigungen, Tätlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . bbb) Sachbeschädigung, Vandalismus . . . . . . . . . . . . ccc) Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Pflichtverletzungen des Mieters . . . . . . . . . . . . aaa) Zweckwidrige Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Unerlaubte bauliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . ccc) Unerlaubte Tierhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Unterlassene Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . eee) Verstoß gegen Obhutspflichten . . . . . . . . . . . . . fff) Verstoß gegen Kooperations- und Treupflichten . . . . ggg) Strafanzeigen, Anschwärzen . . . . . . . . . . . . . . hhh) Rufschädigendes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . dd) Wirtschaftliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Bewirtschaftungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Leerstandsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Vermögensverfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Verletzung von Zahlungspflichten . . . . . . . . . . . aaa) Miete und Mietnebenkosten . . . . . . . . . . . . . . bbb) Nichtleistung der Mietsicherheit . . . . . . . . . . . . ff) Besondere Pflichten aus dem Gewerbemietverhältnis gg) Rechts- und Pflichtenverstöße des Vermieters . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Kündigung wegen Hausfriedensstörung . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff der Hausfriedensstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Lärm, Randalieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Streit, Belästigungen und Mobbing unter Mitbewohnern cc) Verstöße gegen die Hausordnung . . . . . . . . . . . . . . dd) Hausfriedensstörungen durch den Vermieter . . . . . . . XXXVIII

87

1559

. 88 . 93 . 93 . 97 . 101 . 103

1560 1563 1563 1565 1567 1567

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

4. Kündigung wegen Gefährdung der Mietsache und unberechtigter Drittüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

1568

a) Erheblichkeit von Vertrags- und Rechtsverletzung b) Sorgfaltspflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . c) Unberechtigte Drittüberlassung . . . . . . . . . . aa) Zum Anwendungsbereich der Vorschrift . . . bb) Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

104 105 112 112 117

1568 1569 1572 1572 1575

5. Kündigung wegen Zahlungsverzugs und Zahlungssäumigkeit .

119

1577

a) Kündigung wegen Zahlungsverzugs . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Mietbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Zahlungsverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kündigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Schriftform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kündigungsausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Kündigungssperre mit Mieterhöhungsbeträgen . . . . . . bbb) Vollständige Befriedigung des Vermieters vor Ausspruch der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Unverzügliche Aufrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Befriedigung des Vermieters innerhalb der Schonfrist . . eee) Kündigungsausschluss bei Insolvenz des Mieters . . . . b) Kündigung wegen Zahlungssäumigkeit . . . . . . . . . . . . . aa) Zumutbarkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erneue Zahlungssäumigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kündigungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 120 123 125 133 136 139 140 146 146

1577 1577 1579 1580 1584 1585 1587 1587 1590 1590

148 150 152 171 174 175 182 184 186

1591 1592 1592 1599 1600 1601 1604 1604 1605

6. Kündigungsfolgeschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

190

1607

. 191 . 192 . 199a . 200 . 205 . 205 . 207

1608 1608 1612 1613 1614 1614 1615

a) Ansprüche des Vermieters . . . . . . . . . . . aa) Mietausfallschaden . . . . . . . . . . . . . bb) Sonstige kündigungsbedingte Schäden . . cc) Mitverschulden des Vermieters . . . . . . b) Ansprüche des Mieters . . . . . . . . . . . . . aa) Berechtigte Kündigung des Mieters . . . . bb) Unberechtigte Kündigung des Vermieters

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7. Außerordentliche befristete Kündigung . . . . . . . . . . . . .

209

1616

a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen und Kündigungsfrist . . aa) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . .

209 211 211

1616 1617 1617 XXXIX

Inhaltsverzeichnis

bb) Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigungsschutz bei der Wohnraummiete . . . . . . . . . . . d) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kündigung des Mieters bei Eingriffen in seine Rechtssphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kündigung bei Tod des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Kündigungsrecht des Vermieters aus Gründen in der Person des Eintrittsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Kündigungsrecht der eintrittsberechtigten Mitmieter . . . ccc) Kündigungsrecht des Erben und des Vermieters . . . . . . cc) Kündigung aus Anlass eines Vermieterwechsels . . . . . aaa) Kündigung bei Beendigung des Nießbrauchs . . . . . . . . bbb) Kündigung bei Eintritt der Nacherbschaft . . . . . . . . . ccc) Kündigung bei Erlöschen des Erbbaurechts . . . . . . . . ddd) Kündigungsrecht des Erstehers in der Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kündigung bei Mietverträgen über mehr als 30 Jahre . . . ee) Kündigung bei Mieter- und Vermieterinsolvenz . . . . . .

Rn.

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212 213 215

1618 1618 1619

215 217

1619 1620

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1620 1622 1623 1625 1626 1626 1626

238 242 244

1627 1628 1629

1

1631

1 6 8 17 21 27 30 39 44 49 51 52 54 57 58 60 60 64 73

1631 1633 1635 1638 1640 1642 1643 1647 1649 1651 1652 1652 1653 1654 1655 1655 1655 1657 1661

XIII. Vertragsabwicklung 1. Räumungsanspruch

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Wesentlicher Inhalt des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . aa) Besitzverschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rückgabe der Schlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zustand der Räume bei Rückgabe . . . . . . . . . . . dd) Entfernen von Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Erfüllungsort und Fälligkeit des Räumungsanspruchs ff) Rückgabeverhandlung und Rückgabeprotokoll . . . . b) Rückbaupflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einzelheiten zur Rückbaupflicht . . . . . . . . . . . bb) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausnahmen von der Rückbaupflicht . . . . . . . . . aaa) Herrichtung des vertragsgemäßen Zustandes . . . . bbb) Verzicht des Vermieters auf den Rückbauanspruch . ccc) Sonstige Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . dd) Besonderheiten in den neuen Bundesländern . . . . c) Gläubiger und Schuldner des Räumungsanspruchs . . . . aa) Mietvertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Räumungspflicht bei Drittüberlassung . . . . . . . . d) Räumungsanspruch in der Mieterinsolvenz . . . . . . . .

XL

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75 78 89 91 99 109 113 115 117 118 120 121 128 135

1662 1663 1668 1670 1673 1676 1678 1679 1680 1680 1681 1681 1683 1685

3. Weitere Abwicklungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139

1687

a) Wegnahme von Einrichtungen und Entschädigung . . . . . b) Geldleistungen des Mieters und des Vermieters . . . . . . . aa) Mietvorauszahlungen und anrechenbare Finanzierungsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verlorene Baukostenzuschüsse und Finanzierungsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Wohnraummietverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Gewerberaummietverhältnisse . . . . . . . . . . . . . cc) Abstandszahlungen des Vermieters an den weichenden Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Abstands- und Ablösezahlungen des künftigen Mieters aaa) Abstandszahlungen bei der Wohnraummiete . . . . . . bbb) Ablösevereinbarungen bei der Wohnraummiete . . . . ccc) Rückforderungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . .

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139 152

1687 1692

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152

1692

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160 162 163

1694 1695 1696

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168 172 176 178 183

1697 1699 1700 1701 1703

4. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

184

1703

a) Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . aa) Ansprüche des Vermieters . . . . . . . bb) Ansprüche des Mieters . . . . . . . . . b) Beginn der Verjährungsfrist . . . . . . . . aa) Ansprüche des Vermieters . . . . . . aaa) Schlüsselrückgabe . . . . . . . . . . . bbb) Mieterwechsel . . . . . . . . . . . . . bb) Ansprüche des Mieters . . . . . . . . c) Lauf der Verjährungsfrist . . . . . . . . . . d) Weitere mietrechtliche Verjährungsfristen

185 186 193 196 196 206 209 213 216 219

1704 1704 1708 1709 1709 1712 1713 1714 1715 1717

2. Rechtslage bei Vorenthalten der Mietsache . . . . . . . . . . . a) Begriff des Vorenthaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Besitzerlangung durch den Vermieter . . . . . . . . . . bb) Rückerlangungswille des Vermieters . . . . . . . . . . b) Wechselseitige Pflichten aus dem Abwicklungsverhältnis c) Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung . . aa) Höhe der Nutzungsentschädigung . . . . . . . . . . . bb) Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fälligkeit, Aufrechnung und Verjährung . . . . . . . . dd) Mieterinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Anspruchskonkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schadensersatz wegen Räumungsverzugs . . . . . . . . . . aa) Grund und Höhe des Anspruchs . . . . . . . . . . . . bb) Haftungsprivileg des Wohnungsmieters . . . . . . . . e) Ansprüche des Vermieters gegen den Untermieter . . . . .

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XLI

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1717 1718 1719 1719 1720 1721 1723 1724 1725 1726 1727

1. Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1728

1 2 2 12 24 24 27 28 30 30 31 35 38 41 45 47 47 49 58

1728 1728 1728 1731 1735 1735 1736 1736 1737 1737 1737 1739 1740 1742 1743 1743 1743 1744 1749

. 72 . 73 . 74 . 77 . 78 . 104 . 109 . 113

1755 1755 1756 1758 1759 1768 1770 1773

aa) Vermieteransprüche . . . . . . . . . . . . . bb) Mieteransprüche . . . . . . . . . . . . . . . e) Hemmung und Neubeginn der Verjährungsfrist aa) Hemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Klageerhebung . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Zustellung des Mahnbescheids . . . . . . ccc) Selbständiges Beweisverfahren . . . . . . ddd) Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . eee) Leistungsverweigerungsrecht . . . . . . . bb) Neubeginn der Verjährungsfrist . . . . . . f) Vereinbarungen zur Verjährung . . . . . . . . .

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XIV. Mietprozess und Zwangsvollstreckung

a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Zuständigkeit in Wohnraummietsachen . . . . . . . . . bbb) Streitwertabhängige sachliche Zuständigkeit . . . . . . bb) Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Ausschließliche Zuständigkeit der belegenen Sache . . bbb) Gerichtsstand der Niederlassung . . . . . . . . . . . . . ccc) Gerichtsstand bei Anmietung von Ferienwohnungen . . b) Prozessparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Parteifähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Prozesstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Personenmehrheit auf Mieter- und Vermieterseite . . . . dd) Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . ee) Zwangs- und Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . ff) Vertretung und Prozessvollmacht . . . . . . . . . . . . . c) Klagen und Klaganträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Klage auf Abschluss eines Mietvertrages . . . . . . . . . bb) Klage auf Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung . . . . . . . . . dd) Klage des Vermieters auf Duldung von baulichen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Klage des Mieters auf Instandsetzung . . . . . . . . . . . ff) Klage auf Unterlassung von Störungen und Immissionen gg) Klage auf Abrechnung von Betriebskosten . . . . . . . . . hh) Räumungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . jj) Klage im Urkundsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . kk) Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XLII

. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhaltsverzeichnis Rn.

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115 116 121 124 126 129 132 132 134 141

1774 1774 1778 1780 1782 1783 1785 1785 1786 1789

2. Zwangsvollstreckung und Vollstreckungsschutz . . . . . . . .

145

1790

a) Räumungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Räumungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Durchführung der Räumungsvollstreckung . . . . . . . cc) Einweisung von Obdachlosen . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verwirkung des Räumungstitels . . . . . . . . . . . . . b) Zwangsvollstreckung wegen Handlungen oder Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mietberechnung und Betriebskostenabrechnung . . . . . bb) Beseitigung von Störungen und vertragswidrigen Zuständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Behebung von Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Durchsetzung von Dauerpflichten . . . . . . . . . . . . ee) Zwangsvollstreckung bei vermietetem Wohnungs- oder Teileigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Räumungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Interessenabwägung und Pflicht zur Ersatzraumsuche . cc) Gewährung der Räumungsfrist . . . . . . . . . . . . . . dd) Veränderung der Räumungsfrist . . . . . . . . . . . . . . ee) Zuständigkeit und Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . ff) Räumungsvergleich und Räumungsfrist . . . . . . . . . d) Vollstreckungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Härtegründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kosten der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

145 145 152 156 157

1790 1790 1794 1797 1797

. .

159 161

1799 1800

. . .

166 169 172

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175 176 177 182 189 192 194 196 199 200 207 218

1805 1806 1806 1808 1812 1813 1814 1815 1816 1816 1818 1825

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1827

aaa) Doppelvermietung . . . . . . . . . . . . . . bbb) Besitzentziehung und Besitzstörung . . . . . ccc) Bauliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . ddd) Konkurrenzschutzpflicht und Betriebspflicht eee) Vermieterpfandrecht und Mietkaution . . . fff) Räumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kostenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kostenfolge bei sofortigem Anerkenntnis . . cc) Kosten nach Erledigung der Hauptsache . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

XLIII

Schrifttumsverzeichnis

Anwaltkommentar Bd. 2 Schuldrecht

Dauner-Lieb/Langen (Hrsg.), 2005, zit. AnwKomm/Bearbeiter

Barthelmess

Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, 5. Aufl., 1995

Beierlein/Kinne/Koch/ Steckmann/Zimmermann

Der Mietprozess, 2006

Bieber/Ingendoh (Hrsg.)

Geschäftsraummiete, 2007

Blank/Börstinghaus

Miete, 2. Aufl., 2004

Börstinghaus/Eisenschmid

Arbeitskommentar Neues Mietrecht, 2001

Bub/Treier

Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., 1999

Eisenschmid/Rips/Wall

Betriebskosten-Kommentar, 2. Aufl., 2006

Emmerich/Sonnenschein

Miete, Handkommentar, 9. Aufl., 2007

Erman/Bearbeiter

Handkommentar zum BGB, 12. Aufl., 2008

Festschrift für Hubert Blank

Hrsg. von Börstinghaus/Eisenschmid, 2006, zit. FS Blank

Festschrift für Peter Derleder

Hrsg. von Bub/Knieper/Metz/Winter, 2005, zit. FS Derleder

Fischer-Dieskau/Pergande

Wohnungsbaurecht, Kommentar zum Wohnungsbaurecht, Loseblatt

Fritz

Gewerberaummietrecht, 4. Aufl., 2005

Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein

Hrsg. von Jickeli/Kreutz/Reuter, 2003

Harz/Kääb/Riecke/ Schmid (Hrsg.)

Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., 2008

Herrlein/Kandelhard

Mietrecht, 2. Aufl., 2003

Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel

Text- und Diktathandbuch Mietrecht, 3. Aufl., 2004

Horst

Praxis des Mietrechts, 2003

Lammel

Wohnraummietrecht, Kommentar, 2. Aufl., 2002

Langenberg

Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl., 2006 XLV

Schrifttumsverzeichnis

Langenberg

Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 3. Aufl., 2008

Lindner-Figura/Oprée/ Stellmann (Hrsg.)

Geschäftsraummiete, 2006 zit. Lindner-Figura/ Bearbeiter

Lützenkirchen (Hrsg.)

Anwaltshandbuch Mietrecht, 3. Aufl., 2007

MietPrax

Börstinghaus (Hrsg.), Mietrecht in der Praxis, Loseblatt-Kommentar

Münchener Kommentar/ Bearbeiter

Kommentar zum BGB, 4. Aufl., 2004

Palandt/Bearbeiter

Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Aufl., 2007

Pfeifer

Betriebskosten bei Wohn- und Geschäftsraummiete, 2002

Pfeifer

Lärmstörungen, Gutachten und Lärmlexikon, 9. Aufl., 1999

Prütting/Wegen/Weinreich BGB-Kommentar, 2. Aufl., 2007 Schmid

Handbuch der Mietnebenkosten, 8. Aufl., 2004

Schmid (Hrsg.)

Mietrecht Kompaktkommentar, 2006

Schmidt-Futterer/ Bearbeiter

Mietrecht, 9. Aufl., 2007

Schubart/Kohlenbach/ Bohndieck

Wohn- und Mietrecht, Loseblatt-Kommentar

v. Seldeneck

Betriebskosten im Mietrecht, 1999

Soergel/Bearbeiter

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., 1998

Sonnenschein

Wohnraummiete, 1995

Staudinger/Bearbeiter

Kommentar zum BGB, Mietrecht 1 und Mietrecht 2, Neubearbeitung 2006

Sternel

Mietrecht, 3. Aufl., 1988

Ulmer/Brandner/Hensen

AGB-Recht, Kommentar, 10. Aufl., 2006

Zöller/Bearbeiter

Zivilprozessordnung, Kommentar, 27. Aufl., 2008

XLVI

Abkürzungsverzeichnis Die verwendeten Abkürzungen entsprechen dem üblichen Gebrauch. Das folgende Verzeichnis beschränkt sich daher auf hier verwendete fachbezogene Abkürzungen im mietrechtlichen Bereich. a.A. a.a.O. a.F. AFWoG AGG AVBFernwärmeV BaukostenzuschussG BauR BB BezG BetrKV BGBl. Bundesrats-Drucks. Bundestags-Drucks. II. BV

anderer Ansicht am angegebenen Ort alte Fassung Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen i.d.F. vom 13.9.2001, BGBl. I 2414 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14.8.2006, BGBl. I 1897 Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme vom 20.6.1980, BGBl. I 742 Gesetz über die Rückerstattung von Baukostenzuschüssen vom 21.7.1961, BGBl. I 1041 Baurecht Betriebsberater Bezirksgericht Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003, BGBl. I 2346 Bundesgesetzblatt Bundesratsdrucksache Bundestagsdrucksache II. Berechnungsverordnung i.d.F. vom 12.10.1990, BGBl. I 2178

DW DWW

Die Wohnungswirtschaft Deutsche Wohnungswirtschaft

EGBGB

ETW EWiR

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch i.d.F. vom 21.9.1994, BGBl. I 2494 Einkaufszentrum Energieeinsparungsgesetz i.d.F. vom 1.9.2005, BGBl. I 2684 Energieeinsparverordnung vom 24.7.2007, BGBl. I 1519 Eigentumswohnung Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

GBl. GE GewSchG GuT

Gesetzblatt der DDR Berliner Grundeigentum Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001, BGBl. I 3513 Gewerbemiete und Teileigentum

EKZ EnEG EnEV

XLVII

Abkürzungsverzeichnis

GVG GW HeimG HeizkostenV HKA h.M. HmbGE i.d.F. Info M

Gerichtsverfassungsgesetz i.d.F. vom 9.5.1975, BGBl. I 1077 Gemeinnütziges Wohnungswesen Heimgesetz i.d.F. vom 5.11.2001, BGBl. I 2970 Verordnung über Heizkostenabrechnung i.d.F. vom 20.1.1989, BGBl. I 115 Die Heizkostenabrechnung, Hrsg. ARGE Heiz- und Wasserkostenverteilung e.V., Bonn-Bad Godesberg herrschende Meinung Hamburger Grundeigentum

InsO

in der Fassung One-page-Fachinformationen für Mietrecht und Immobilien Insolvenzordnung vom 5.10.1994, BGBl. I 2866

KG KreisG

Kammergericht Kreisgericht

LPartG

Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16.2.2001, BGBl. I 266

MDR MHG

Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz zur Regelung der Miethöhe vom 18.12.1974, BGBl. I 3603, 3604 Der Miet-Rechts-Berater Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4.11.1971, BGBl. I 1745 Mietermagazin Berlin Modernisierungs- und Energieeinspargesetz i.d.F. vom 12.7.1978, BGBl. I 1745 Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001, BGBl. I 1149

MietRB MietRVerbG

MM ModEnG MRRG n.F. NJW NJWE-MietR NJW-RR NMV NZM PiG

PreisklG XLVIII

neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungsdienst Mietrecht NJW-Rechtsprechungsreport Neubaumietenverordnung 1970 i.d.F. vom 12.10.1990, BGBl. I 2203 Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Partner im Gespräch, Schriftenreihe des Evangelischen Siedlungswerks in Deutschland e.V. (zit. nach Band/Jahr) Preisklauselgesetz vom 7.9.2007, BGBl. I 2247

Abkürzungsverzeichnis

RE RegE

Rspr.

Rechtsentscheid Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 9.11.2000, BundestagsDrucks. 14/4553 Rechtsprechung

Tz.

Textziffer

WEG

Wohnungseigentumsgesetz vom 15.3.1951 i.d.F. des Gesetzes vom 26.3.2007, BGBl. I 370 Wohngemeinschaft Wirtschaftsstrafgesetz i.d.F. vom 3.6.1975, BGBl. I 1313 II. Wohnungsbaugesetz i.d.F. vom 19.8.1994, BGBl. I 2137 Wohnungsbindungsgesetz i.d.F. vom 13.9.2001, BGBl. I 2404 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001, BGBl. I 2376 Wohnflächenverordnung vom 25.11.2003, BGBl. I 2346 Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 4.11.1971, BGBl. I 1745

WG WiStG II. WoBauG WoBindG WoFG WoFlV WoVermittG ZGB ZMR ZPO ZRP ZVG

ZWE

Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19.6.1975, GBl. I 465 Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung i.d.F. vom 5.12.2005, BGBl. I 3202 Zeitschrift für Rechtspolitik Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung i.d.F. v.20.5.1898 (RGBl. I 713), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.11.2007, BGBl. I 2614 Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht

XLIX

I. Vertragsabschluss

1. Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen a) Genossenschaftswohnungen Die als „Dauernutzungsverträge“ bezeichneten Verträge zwischen Wohnungsgenossenschaften und Wohnnutzern sind als Wohnraummietverträge zu werten, auf die die Vorschriften des Wohnraummietrechts Anwendung finden,

1

BGH – Urt. v. 10.9.2003 – MDR 2003, 1347 = NZM 2004, 25 = WuM 2003, 691, OLG Karlsruhe – RE v. 22.1.1985 – NJW-RR 1986, 89 = ZMR 1985, 122, BayObLG – Beschl. v. 17.3.1998 – NZM 1998, 369 = WuM 1998, 274 = ZMR 1998, 415.

Die vereinbarte „Nutzungsgebühr“ ist daher Miete, auf deren Erhöhung bei Fehlen dem Mieter günstigerer Abweichungen die §§ 557 ff. BGB anzuwenden sind, BayObLG – Beschl. v. 17.3.1998 – NZM 1998, 369 = WuM 1998, 274 = ZMR 1998, 415.

Ob die besonderen Vertragsbedingungen in einem Dauernutzungsvertrag (früherer gemeinnütziger) Wohnungsgenossenschaften etwa in Bezug auf die Kostenmietbindung und Kündigungsbeschränkungen nach Wegfall der Gemeinnützigkeit fortgelten, ist differenziert zu beantworten. Während die Frage in der bisherigen Rspr. überwiegend bejaht wurde, BayObLG – Beschl. v. 17.3. 1998 – NZM 1998, 369 = WuM 1998, 274 = ZMR 1998, 415, LG München I NZM 1999, 704,

hat der BGH die Bindung jedenfalls an die Kostenmietklausel mit dem Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit auf Grund einer ergänzenden Vertragsauslegung verneint,1 BGH – Urt. v. 14.6.2006 – NZM 2006, 693 = WuM 2006, 520: Ziehen Vertragsparteien bei Vertragsabschluss nicht in Erwägung, dass ihre auf Gesetz beruhende (der einen Seite Steuervorteile und der anderen eine niedrigere Miete einbringende) Gestaltung durch Aufhebung des Gesetzes (über die Wohnungsgemeinnützigkeit [WGG]) hinfällig werden kann, darf eine entstehende Regelungslücke – hier: Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete – im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden.

Diese Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf Vereinbarungen übertragen, die sich auf den Bestandsschutz beziehen. Dieser ist mit der genossenschaftlichen Bindung verknüpft und – wo diese nicht greift – durch den Vertrauensschutz des Mieters gerechtfertigt.

1 Gegen die Weitergeltung vertraglicher Kostenmietklauseln bei Wegfall der Gemeinnützigkeit s. auch schon Roth NZM 1999, 688.

1

2

Rn. I 3

Vertragsabschluss

Soweit die besonderen Vertragsbedingungen fortgelten, binden sie einen Erwerber auch dann, wenn es sich bei ihm nicht um eine Wohnungsgenossenschaft handelt, OLG Karlsruhe – RE v. 22.1.1985 – NJW-RR 1986, 89 = ZMR 1985, 122.

Die Mitgliedschaft des Mieters in der Genossenschaft verleiht ihm eine Doppelstellung, schwächt indes seine Stellung als Mieter nicht. Seiner Rechtsausübung steht also nicht die genossenschaftliche Treupflicht entgegen, LG Köln ZMR 1998, 562 zur Begrenzung der Mieterhöhung bei Energiesparmaßnahmen, LG Dresden MDR 1998, 590 = ZMR 1998, 292 zur Mietminderung.

3

Die Genossenschaft trifft die Pflicht zur Gleichbehandlung ihrer Mitglieder, s. aber auch Rn. VI 47. Das betrifft auch die Gestaltung und Höhe der Miete. Die Genossenschaft verstößt gegen diese Pflicht, wenn sie gegenüber nur einem Mitglied die Miete/Nutzungsentschädigung exemplarisch erhöht, weil dieser nach ihrer Auffassung seine Treupflicht verletzt hat, LG Offenburg WuM 1998, 289.

Dagegen liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gleichbehandlung nicht vor, wenn die Genossenschaft wegen des ungünstigen Marktumfeldes und um Leerstände zu vermeiden, das Mietentgelt bei Neuvermietung herabsetzt; die Bestandsmieter haben keinen Anspruch darauf, dass ihre Miete entsprechend reduziert wird, LG Berlin NZM 2002, 289 = ZMR 2001, 710.

Ebenso wenig wird die Pflicht zur Gleichbehandlung verletzt, wenn die Genossenschaft in Zeiten erheblicher Wohnungsnachfrage von Neubewerbern den Erwerb einer höheren Anzahl von Genossenschaftsanteilen verlangt, AG Dresden ZMR 2001, 714.

b) Pacht 4

Miete und Pacht werden voneinander danach abgegrenzt, ob neben der Verschaffung des Besitzes an den Geschäfts- oder Gewerberäumen auch ein Fruchtgenuss gewährt wird.1 Dabei sind vor allem wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Eine Inventarüberlassung ist zwar kennzeichnend für die Pacht, aber nicht immer erforderlich. Es kann auch genügen, wenn in den Geschäftsräumen für den Geschäftsbetrieb geeignetes Inventar vorhanden ist und dazu der die Räume überlassende Vertragspartner wesentlich beigetragen hat, z.B. durch Nachweis einer günstigen Bezugsquelle oder Bereitstellung eines günstigen Anschaffungskredits, BGH – Urt. v. 27.3.1991 – MDR 1991, 1063 = WuM 1991, 335 = ZMR 1991, 257.

5

Muss derjenige, der die Räume übernimmt, erst noch die Einrichtung besorgen, um dadurch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Fruchtzie1 Fischer-Dieskau/Geldmacher BGB § 535 Anm. 8.1 ff.; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 156 vor § 535 BGB; Staudinger/Emmerich Rn. 30 vor § 535 BGB.

2

Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen

Rn. I 8

hung zu schaffen, so handelt es sich um die Überlassung leerer Räume, mithin um Miete. Anders verhält es sich aber, wenn nach dem Vertrag auch das Inventar mit überlassen werden soll, der Übernehmende dies jedoch vom Vorpächter erwirbt, obwohl er gegenüber dem Überlassenden einen Erfüllungsanspruch gehabt hätte. In diesem Fall ist Pacht angenommen worden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.12.1993 – NJW-RR 1994, 399 = WM 1994, 80.

Wird dem Pächter einer Gaststätte das darin befindliche Inventar vom Vermieter verkauft und ist der Pachtvertrag auf längere Zeit fest abgeschlossen, so bildet es die Geschäftsgrundlage des Pachtvertrages, dass das Pachtverhältnis einige Zeit Bestand haben wird. Endet es kurze Zeit nach Überlassung der Räume an den Pächter, ohne dass dieser die Beendigung zu vertreten hat, ist er wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) zum Rücktritt vom Inventarkaufvertrag berechtigt, OLG Celle – Beschl. v. 1.6.1999 – NZM 2000, 621.

Häufig sind Pachtverträge über Gaststätten mit Getränkebezugsverpflichtungen verknüpft. Hieraus ergeben sich besondere Formerfordernisse nach § 355 BGB. Pachtzinshöhe und Bezugsverpflichtung stehen oft miteinander im Zusammenhang (zur negativen Umsatzpacht s. Rn. III 9). Gerade im Hinblick auf die langen Laufzeiten unterliegen Klauseln, die Bezugspflichten und ihre Verletzungsfolgen regeln, einer scharfen Wirksamkeits- bzw. Inhaltskontrolle nach §§ 138 Abs. 1, 307 BGB.1

6

Die entgeltliche Überlassung unbebauter Grundstücke ist jedenfalls dann Pacht, wenn der Nutzer berechtigt sein soll, Bodenbestandteile auszubeuten, BGH – Urt. v. 10.11.1999 – NZM 2000, 134.

Um Rechtspacht und nicht um Miete handelt es sich, wenn der Vertragspartner berechtigt sein soll, Gebäude- oder Fahrzeugwände als Werbeflächen zu verwenden,

7

BGH – Urt. v. 14.12.1951 – ZMR 1953, 280.

Das Gleiche gilt für Verträge, nach denen es einem Unternehmen gestattet wird, auf einem Grundstück Werbetafeln aufzustellen, BGH – Urt. v. 26.1.1994 – MDR 1994, 346.

Auch beim Bandenwerbungsvertrag – einem Vertrag, mit dem die das Spielfeld eines Stadions umgebenden Banden als Werbeträger gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden – handelt es sich um Rechtspacht, auf die nach § 581 Abs. 2 BGB Mietrecht anzuwenden ist, BGH – Urt. v. 23.12.1998 – NZM 1999, 461.

Erhebliche Bedeutung haben Hotelbetreiberverträge, die als Pacht- und Managementverträge konzipiert werden.2 Der Verpächter wird regelmäßig Eigentümer der Immobilie und deren Investor sein. Anstelle des Pachtvertrages 1 S. dazu Gruber NZM 1999, 1073. 2 Dazu Joachim NZM 2001, 162 f.

3

8

Rn. I 9

Vertragsabschluss

kann er mit dem Betreiber einen Managementvertrag abschließen, der rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) zu werten ist. Hierbei handelt der Betreiber – anders als der Pächter – nicht auf eigene Rechnung und eigenes Risiko, sondern auf Rechnung und Risiko des Eigentümers. Der Betreiber übernimmt die gesamten hoteltypischen Aufgaben einschließlich Personalführung, Bestimmung des Betriebskonzepts, Controlling u.s.w. Für den Eigentümer ist das Konzept des Managementvertrages gegenüber dem Pachtvertrag mit stärkeren Investitionen und erhöhtem Risiko, aber auch größerer Rendite verbunden, weil er unmittelbar am Unternehmensergebnis teilnimmt. Für den Betreiber verhält es sich umgekehrt: Bei der Pacht hat er in der Regel höhere Investitionskosten, trägt das Betriebsrisiko, kann aber mit höherer Rendite rechnen. Insbesondere Hotelketten werden wegen der größeren Flexibilität eher zum Managementvertrag tendieren. In der Praxis finden sich häufig Mischformen zwischen Pacht- und Managementvertrag. Auch wird in diesem Bereich das Franchise-Modell verwendet. c) Leihe 9

Miete und Leihe unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung.1 Ein Leihvertrag über eine Wohnung ist auch auf Lebenszeit möglich; er kann formlos abgeschlossen werden, ohne dass § 550 BGB analog anwendbar ist, und kann fristlos gekündigt werden, wenn dem Verleiher die Fortsetzung des Nutzungsverhältnisses unzumutbar geworden ist, OLG Köln – Urt. v. 24.11.1993 – NJW-RR 1994, 853 = WuM 1994, 332.

Auch ist ein Leihverhältnis angenommen worden, wenn eine Erblasserin ihrem langjährigen Lebensgefährten zu Lebzeiten ein lebenslanges unentgeltliches Wohn- und Nutzungsrecht an einem von ihm schon mitbewohnten Haus eingeräumt hat; dieses kann unter den Voraussetzungen des § 605 Nr. 1 BGB wegen Eigenbedarfs, der auch wirtschaftlich begründet sein kann, gekündigt werden, OLG Köln – Urt. v. 23.4.1999 – ZMR 1999, 759.

Die Kündigungsbefugnis des Verleihers beim Tod des Entleihers nach § 605 Nr. 3 BGB ist selbst bei einem schon lang dauernden Leihverhältnis nicht ausgeschlossen, insbesondere wenn es an einem Vertrauensverhältnis zwischen dem Verleiher und den Erben des Entleihers fehlt, OLG Koblenz – Urt. v. 21.12.2006 – ZMR 2007, 195.

10

Hat jemand zur Errichtung eines Wohngebäudes einen Geldbetrag zur Verfügung gestellt und ist vereinbart, dass der „nicht abgewohnte“ Teil dem Zahlenden beim Auszug zu erstatten ist, so kommt zwischen ihm und dem Zahlungsempfänger ein Mietvertrag zustande; es liegt keine Leihe vor, BGH – Urt. v. 31.1.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263. 1 Fischer-Dieskau/Geldmacher BGB § 535 Anm. 8.5 ff.; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 124 vor § 535 BGB; Staudinger/Emmerich Rn. 33 vor § 535 BGB.

4

Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen

Rn. I 13

Einerseits liegt eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung i.S. von § 535 BGB auch dann vor, wenn das vereinbarte Entgelt sehr gering ist,

11

BGH – Urt. v. 4.5.1970 – WPM 1970, 853.

Andererseits ist das Vorliegen eines Mietverhältnisses verneint worden für den Fall, dass der Nutzer an den Überlassenden ein Entgelt nur in Höhe von dessen „Selbstkosten“ zahlen soll; denn in diesem Falle sei für die eigentliche Nutzung ein Entgelt i.S. von § 535 Abs. 2 BGB nicht vereinbart, OLG Dresden – Urt. v. 22.7. 1998 – ZMR 1999, 169; OLG Dresden – Beschl. v. 7.11.2002 – ZMR 2003, 250 für den Fall, dass der Mieter nicht die Ausgaben für das Grundstück, sondern nur diejenigen Kosten übernimmt, die durch seinen Gebrauch entstehen; denn auch bei der Leihe habe regelmäßig der Entleiher die Kosten zu tragen, die den Gebrauch der entliehenen Sache erst ermöglichten. Es bleibe dem Entleiher überlassen, ob er sich durch diese Aufwendungen den Gebrauch ermöglichen wolle.

Dagegen bestehen Bedenken; denn damit wird der Charakter des Entgelts verkannt und der Kreis der übernommenen Leistungen zu eng gezogen. Hierunter ist nämlich jede Gegenleistung zu verstehen, die für die Nutzung aufzuwenden ist (s. Rn. III 5). Die Miete kann sich daher auf die Zahlung der bloßen Betriebskosten beziehen. Anders kann es sich bei solchen verbrauchsoder verursachungsabhängigen Kosten verhalten, die gleichsam zu den Lebens(er)haltungskosten gezählt werden können wie diejenigen für Wasser, Abwasser, Müllentsorgung, Energie und Heizung. Nicht Wohnungsleihe, sondern Miete ist angenommen worden, wenn einer langjährigen Hausangestellten durch Testament des Grundeigentümers ein freies Wohnen im Hause auf Lebenszeit eingeräumt worden ist; die Überlassung ist als Teil des Entgelts für die früher erbrachte Arbeitsleistung gewertet worden,

12

OLG Hamm – Urt. v. 1.10.1991 – MDR 1992, 672.

Überlassen Eltern dem (erwachsenen) Kind Wohnraum in ihrer Wohnung, so ist das Überlassungsverhältnis regelmäßig als Leihe zu behandeln, sofern nicht eine familienrechtliche Sonderbeziehung gewollt ist, LG Hamburg WuM 1994, 545.

Die Vorschriften des Mietrechts sind auf die Raum- und Grundstücksleihe nur in vorsichtiger Analogie anwendbar. So bedarf der Vertrag, gemäß dem der Begünstigte Räume unentgeltlich auf Lebenszeit bewohnen darf, als Vereinbarung eines Leihverhältnisses zu seiner Wirksamkeit weder der in § 518 BGB für Schenkungen noch der in § 550 BGB für längerfristige Mietverträge vorgesehenen Form. Ein solches Leihverhältnis auf Lebenszeit kann nach § 605 Nr. 1 BGB aber vom Entleiher gekündigt werden, wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes die verliehene Sache – nicht nur zur Eigennutzung, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen – benötigt, 5

13

Rn. I 14

Vertragsabschluss

OLG Koblenz – Urt. v. 16.1.1996 – NJW-RR 1996, 843, OLG Köln – Urt. v. 23.4.1999 – ZMR 1999, 758.1

Eine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung eines Leihverhältnisses über Räume kann aber unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen ungerechtfertigt sein, wenn der Entleiher im Vertrauen auf eine dauerhafte unentgeltliche Überlassung entsprechende Investitionen getätigt hat,2 OLG Düsseldorf – Beschl. v. 9.3.2001 – WuM 2001, 555.

Wird das unentgeltlich überlassene Grundstück an einen Dritten veräußert, tritt dieser als Erwerber nicht nach § 566 Abs. 1 BGB in das Überlassungsverhältnis ein. Er kann vielmehr nach § 985 BGB die Herausgabe des Objekts an sich verlangen, OLG Köln – Urt. v. 23.4.1999 – ZMR 1999, 758.

14

Wird ein Gebäude unentgeltlich ohne zeitliche Befristung überlassen, damit der Entleiher das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken ausbauen und herrichten kann, so kann der Leihvertrag nicht vor Erreichen des Zwecks gekündigt werden. Die Zweckerreichung kann ein lebenslanges unentgeltliches Wohnen voraussetzen. Die Absicht des Verleihers, das Grundstück zu verkaufen, begründet keinen Herausgabeanspruch. Soweit er wirtschaftliche Nachteile erleiden würde, kann aber § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB analog berücksichtigt werden, LG Göttingen WuM 1992, 440.

15

Streiten die Parteien eines Nutzungsverhältnisses darüber, ob eine Gebrauchsüberlassung entgeltlich oder unentgeltlich habe erfolgen sollen, so trägt jedenfalls im kaufmännischen Verkehr gemäß § 354 HGB der Nutzer die Beweislast für die Unentgeltlichkeit, wenn er sich hierauf beruft, OLG Rostock – Urt. v. 22.3.1999 – ZMR 1999, 552.

d) Dingliches Wohnungsrecht 16

Die Vereinbarung eines dinglichen Wohnungsrechts nach § 1093 BGB ist eine besondere Ausgestaltung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit und beinhaltet eine dingliche Belastung des der Ausübung des Wohnungsrechts unterfallenden Eigentums.3 Als solche ist sie von der bloß schuldrechtlich bindenden Miete in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich verschieden. Bei einer nachträglichen Wohnungsrechtsbestellung soll es regelmäßig dem Willen der Vertragsparteien entsprechen, den – bestehenden – Mietvertrag aufzuheben

1 Zum Fall: Die Erben des Verleihers benötigten den Veräußerungserlös des verliehenen Grundstücks, um die Heimkosten des Verleihers abzudecken. 2 Zum Fall: Gegenstand der Leihe war eine Abstellkammer, die der Entleiher zu einem WC für die Praxisräume ausbaute; demgegenüber könnte der Verleiher durch Vermietung der angrenzenden Räume mit der Kammer eine um ca. 25 Euro höhere Miete erzielen. 3 S. dazu jeweils zu § 535 BGB: Fischer-Dieskau/Geldmacher Anm. 8.6; Schmidt-Futterer/Blank Vorbem. Rn. 127; Staudinger/Emmerich Vorbem. Rn. 39.

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Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen

Rn. I 18

und durch das Grundgeschäft für das Wohnungsrecht zu ersetzen (BGH LM § 398 BGB Nr. 10), OLG Köln – Beschl. v. 11.8.1997 – WM 1998, 165 = NZM 1998, 930 = ZMR 1998, 226.

Rechtsgrund für ein dingliches Wohnungsrecht ist also der schuldrechtliche Vertrag, in dem der Verpflichtete und der Berechtigte die Bestellung vereinbart haben, nicht aber ein zusätzlich abgeschlossener Mietvertrag über die von dem dinglichen Recht erfasste Wohnung. Wird das Wohnungsrecht vereinbarungsgemäß bestellt, ist der zugrundegelegte Schuldvertrag erfüllt und rechtfertigt den Fortbestand der Dienstbarkeit; er ist kein der Kündigung zugängliches Dauerschuldverhältnis und bleibt von der Kündigung eines zusätzlich abgeschlossenen Mietvertrages unberührt, BGH – Urt. v. 13.11.1998 – MDR 1999, 218 = NZM 1999, 138 = WuM 1999, 169 = ZMR 1999, 231.

Die Festlegung eines einseitigen Kündigungsrechts in Anlehnung an § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB stellt keine unzulässige Umgehung mietrechtlicher Bestimmungen dar, wenn an die Stelle eines Mietvertrages die Bestellung eines entgeltlichen dinglichen Wohnungsrechts tritt; die Vorschrift ist auf solche Vereinbarungen über die Ausübung eines dinglichen Wohnungsrechts nicht anzuwenden. Das dem Eigentümer vertraglich vorbehaltene Recht, die Löschung des entgeltlichen Wohnungsrechts im Falle des Verzuges des Wohnungsberechtigten mit der Zahlung des Nutzungsentgelts zu verlangen, verstößt nicht gegen den Charakter des lebenslänglich vorgesehenen, gegen Zahlung eines Entgelts gewährten Wohnungsrechts, weil in diesem Falle die Äquivalenz der beiderseitigen vertraglichen Leistungen erheblich gestört ist,

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OLG Köln – Beschl. v. 11.8.1997 – WuM 1998, 165 = NZM 1998, 930 = ZMR 1998, 226.

e) Franchising und Immobilienleasing Beim Franchising handelt es sich um die Lizensierung eines bestimmten Vertriebskonzepts.1 Der Franchisevertrag hat zum Gegenstand, dass der FranchiseGeber dem Franchise-Nehmer Handelsware und/oder Marke, Geschäftsform, Vertriebsmethoden und Know-how sowie das Recht überlässt, bestimmte Waren (oder Dienstleistungen) zu vertreiben (Vertriebs- oder Dienstleistungsfranchise). Der Franchise-Nehmer ist nicht nur zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet, sondern ihn treffen in der Regel Abnahme- und Verhaltenspflichten, insbesondere Wettbewerbsverbote, da er meist in das Vertriebssystem des Franchise-Gebers straff eingebunden ist. An sich ist das Franchising nicht notwendig mit der Anmietung des Gewerberaums verknüpft, jedoch kommt dies in der Praxis häufig vor. Der Franchisevertrag setzt sich aus mehreren Vertragstypen zusammen: Tragend sind Rechtspacht, Kauf, aber auch Geschäftsbesorgung, und bei der Anmietung von Gewerberaum vom Franchise-Geber tritt die Miete 1 S. Emmerich JuS 1995, 760; Gieseler NZM 2001, 658; Haager NJW 1999, 2081.

7

18

Rn. I 19

Vertragsabschluss

hinzu. Der Franchise-Nehmer handelt im eigenen Namen und für eigene Rechnung, obwohl er nach außen wie ein Filialist des Franchise-Gebers auftritt. 19

Unter Immobilienleasing versteht man eine Form der langfristigen Überlassung eines Grundstücks auf der Grundlage eines Mietvertrages mit der Möglichkeit des späteren Erwerbs.1 In der Regel handelt es sich um ein Finanzierungsleasing. Folgende Formen sind marktgängig: – Neubauleasing: Der Leasinggeber errichtet den Neubau und vermietet ihn an den Leasingnehmer, der ein Ankaufsrecht erhält. – Sale and lease back: Der Leasinggeber erwirbt vom Leasingnehmer eine Immobilie und vermietet sie an diesen zurück. Diese Form ist häufiger beim Kommunal-Leasing anzutreffen, wenn Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Städte) ihre Dienstgebäude an eine Immobiliengesellschaft (in der Regel mit Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand) verkaufen und zurückmieten. – Buy and lease: Der Leasinggeber erwirbt ein Fremdobjekt und vermietet es an den Leasingnehmer mit Ankaufsrecht. Die Leasingrate stellt das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung dar. Daneben hat der Leasinggeber gemäß Vereinbarung die Bewirtschaftungskosten, insbesondere die Betriebskosten zu tragen. In der Regel wird der Erwerbspreis schon bei Vertragsabschluss vereinbart. Während der Vertragslaufzeit gilt das Mietrecht des BGB, soweit die Vertragsparteien keine abweichenden Vereinbarungen getroffen haben. Es stehen verschiedene Leasingvertragsmodelle zur Verfügung, auch in Gestalt von Fondsmodellen.2 f) Gemischte Verträge aa) Beherbergungs- und Reisevertrag

20

Beherbergungs- und Hotelaufnahmeverträge sind Mietverträge mit dienst- und werkvertraglichen Elementen, die in der Regel für eine vorübergehende Zeit abgeschlossen werden (§ 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB, s. Rn. XI 369).3 Gibt der Gast die Bestellung selbst auf, so ist nach der Verkehrssitte der beiderseitige Erfüllungsort der Ort der Beherbergung (LG Kempten BB 1987, 929). Anders verhält es sich, wenn ein Reisebüro im eigenen Namen für seinen Kunden ein Zimmer bucht. Erfüllungsort für den Zahlungsanspruch des Hoteliers ist dann gemäß § 269 BGB regelmäßig der Sitz des Reisebüros, BGH – Urt. v. 24.1.2007 – ZMR 2007, 353.

1 Zu den Grundzügen s. Engel NZM 1998, 785; zur Vertragsgestaltung s. Seibel NZM 1999, 197. 2 Zusammenfassend s. Feinen, Immobilienleasing in: Wohnungs- und Immobilienlexikon, 1997, S. 452 f. 3 S. Staudinger/Emmerich Rn. 48 vor § 535 BGB.

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Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen

Rn. I 22

Nicht Reisevertragsrecht, sondern Mietrecht ist anzuwenden, wenn ein Ferienhaus unmittelbar vom Eigentümer selbst angemietet wird, OLG München – Urt. v. 2.7.1993 – ZMR 1993, 524, LG Düsseldorf MDR 1991, 440, LG Ravensburg ZMR 1993, 226.1

Zum Gerichtsstand nach Art. 16 EuGVÜ (lex rei sitae) s. Rn. XIV 29 und EuGH – Urt. v. 26.2.1992 – NJW 1992, 1029.

bb) Heimvertrag Ein Heimvertrag über die Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim ist ein gemischter Dienst- und Mietvertrag. Formularklauseln in Heimverträgen müssen sich daher nach § 307 Abs. 2 BGB an beiden Normkomplexen messen lassen,

21

OLG Nürnberg – Urt. v. 12.8.1997 – MDR 1998, 391 (betr. ersparte Leistungen bei Abwesenheit).

Ähnlich verhält es sich mit einem Pensionsvertrag. Es handelt sich hierbei um einen gemischten Vertrag, der sich aus Elementen des Mietvertrags, des Dienstvertrags und des Kaufvertrags zusammensetzt. Ein solcher Vertrag bildet ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinne in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Dienstvertragsanteil Dienstvertragsrecht und auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrages wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrages liegt, BGH – Beschl. v. 21.4.2005 – NZM 2005, 515 = WuM 2005, 399.

Das schließt nicht aus, auch Bestimmungen des Vertragsrechts heranzuziehen, bei dem der Schwerpunkt des Vertrages nicht liegt, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrages richtig gewürdigt werden kann (BGH – Urt. v. 29.10.1980 – NJW 1981, 341, 342 = WuM 1981, 42), BGH a.a.O.

Sind in einer Einrichtung des „Betreuten Wohnens“2 der Mietvertrag und der Mieterbetreuungsvertrag derart miteinander verknüpft bzw. aufeinander abgestimmt, dass nur durch den Abschluss und Bestand beider Verträge der Zweck der Einrichtung gewährleistet werden kann, so bestehen gegen die wechselseitige rechtliche Abhängigkeit – auch auf Grund einer Formularklausel, die den Fortbestand des Servicevertrages an das Mietverhältnis knüpft – keine Beden-

1 Kritisch hierzu Müller-Rubisch ZMR 1993, 227, der § 651f Abs. 2 BGB für entsprechend anwendbar hält. 2 S. dazu Thier, Rechtliche Rahmenbedingungen für Einrichtungen des betreuten Wohnens, NZM 2003, 264; Markus, Rechtsprobleme des betreuten Wohnens, WuM 2005, 291; ferner Heix WuM 1999, 373; Schlüter NZM 2000, 530.

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22

Rn. I 23

Vertragsabschluss

ken: Eine derartige Bindung ist weder sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB), noch verstößt sie gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, BGH – Urt. v. 23.2.2006 – MDR 2006, 1097 = NZM 2006, 290.

Dementsprechend ist die isolierte Kündigung des Betreuungsvertrages durch den Vermieter oder den Mieter unzulässig,1 BGH – Beschl. v. 16.9.2003 – WuM 2003, 573: Beim mietvertraglich vereinbarten „betreuten Wohnen“ in der hierfür mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnanlage kann der Mieter die Betreuungsleistungen im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Vertrages nicht kündigen und sich dabei die preisgünstige Wohnung erhalten; ebenso LG Kiel WuM 2003, 572 für Mieterkündigung, AG Rendsburg NZM 2001, 423 für Vermieterkündigung.

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Die Angemessenheit des Entgelts i.S. des § 7 Abs. 1 HeimG (früher § 4c Abs. 1 HeimG) ist objektiv zu beurteilen. Der Heimträger hat keinen Ermessensspielraum, wohl aber einen Beurteilungsspielraum. Die Angemessenheit kann anhand folgender Kriterien beurteilt werden: – Steigerung der Ausgaben, die die Veränderung der bisherigen Bemessungsgrundlage begründet; – Vergleich mit den Kosten anderer Heime unter Berücksichtigung der verschiedenen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten; – Preis-/Leistungsverhältnis im jeweiligen Heim; – Verhältnis zum Pflegesatz, der mit dem Sozialhilfeträger vereinbart ist, OLG München – Urt.v. 25.4.2001 – WuM 2001, 285.

Die Anforderung des Entgelts muss nach § 7 Abs. 3 HeimG (früher § 4c HeimG) hinreichend begründet werden; anderenfalls ist sie unwirksam, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.3.2002 – WuM 2002, 318, s. auch LG Gießen WuM 2001, 131.

Zu formularvertraglichen Regelungen über die Erstattung ersparter Aufwendungen in Fällen vorübergehender Abwesenheit s. BGH – Urt. v. 27.10.2005 – NZM 2005, 961 = WuM 2005, 795 (LS).

cc) Gestattungsverträge 24

Nicht als Miete sind solche Verträge gewertet worden, durch die sich der Eigentümer gegen Entgelt verpflichtet, die Inanspruchnahme seines Grundstücks lediglich zu dulden, etwa dadurch, dass auf dem Grundstück belegene Gebäude mit Telekommunikationsanlagen versehen werden. Ein solches Schuldverhältnis hat aber mietähnlichen Charakter. Die formularmäßige Vereinbarung einer Laufzeit von 20 Jahren ist hier nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AGBG (nunmehr § 307 Abs. 2 BGB) unwirksam, weil sie dazu führen kann, dass der Eigentümer verpflichtet ist, technisch längst veraltete Anlagen weiterhin zu dulden, BGH – Urt. v. 4.7.1997 – MDR 1997, 1013. 1 S. dazu Markus WuM 2005, 290, 295.

10

Abgrenzung der Miete zu anderen Rechtsverhältnissen

Rn. I 26b

dd) Sonstige Verträge Der Vertrag zwischen dem Betreiber eines Sport- und Fitness-Studios und dessen Kunden ist in seinen wesentlichen Zügen ein Mietvertrag. In einem solchen Vertrag verwendete Formularklauseln sind daher im Rahmen von § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (nunmehr § 307 Abs. 2 BGB) an den Normen des Mietrechts zu messen,

25

BGH – Urt. v. 23.10. 1996 – MDR 1997, 126, BGH – Urt. v. 4.12.1996 – DWW 1997, 73 = ZMR 1007, 172 für Verlängerungsklausel.

Mietverträge über Räume zum Betrieb einer Apotheke sind zulässig, bedürfen jedoch im Hinblick auf das Apothekengesetz einer speziellen Vertragsgestaltung.1 Dagegen sind Pachtverträge über Apotheken nach § 134 BGB, § 9 ApoG, abgesehen von eng begrenzten Ausnahmen, nichtig,2

26

BGH – Urt. v. 22.10.1997 – DWW 1998, 17 = WuM 1999, 161, OLG München – Urt. v. 14.3.1997 – ZMR 1997, 297.

Mietverträge mit ausländischen Staaten zur Nutzung als Botschaft oder Konsulat sind mit erheblichen Risiken verbunden.3 Regelungspunkte sollten insbesondere sein: die Parteistellung, die Zustellung von Erklärungen, die Vereinbarung deutschen Rechts und deutscher Gerichtsbarkeit (Immunitätsverzicht) sowie eine ausreichende Mietsicherheit.

26a

Wird ein Obdachloser von der Obdachlosenbehörde in die Wohnung einer Privatperson eingewiesen, so wird kein Miet- oder sonstiges zivilrechtliches Nutzungsverhältnis zwischen dem Inhaber der Wohnung und der einweisenden Behörde begründet. Vielmehr liegt ein „verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“ – eine Art öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis – vor. Danach ist die einweisende Behörde gegenüber dem Inhaber der Wohnung verpflichtet, die Wohnung freizumachen, wenn der Eingewiesene sich nach Ablauf der Einweisungsfrist weigert auszuziehen,

26b

BGH – Urt. v. 13.7.1995 – BGHZ 130, 132, 137 = MDR 1995, 1014 = WuM 1995, 720; s. auch OVG Baden-Württemberg – Beschl. v. 2.12.1996 – ZMR 1997, 206 zur Räumungsanordnung der Einweisungsbehörde nach Ablauf der Beschlagnahmefrist bei Selbsttötungsgefahr des Obdachlosen.

Dadurch wird jedoch keine Pflicht der Behörde zur ordnungsmäßigen oder gar „vertragsgemäßen“ Nutzung begründet; ebenso wenig haftet sie für das Verhalten des Eingewiesenen über § 278 BGB, schon gar nicht für Exzesshandlungen; denn sie überlässt die Wohnung nicht dem Obdachlosen, sondern disponiert über sie im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabe, Obdachlosigkeit zu bekämpfen, BGH – Urt. v. 21.12.2005 – NZM 2006, 267 = WuM 2006, 164 = ZMR 2006, 349 = MietRB 2006, 286 (Krapf). 1 S. dazu Saalfrank NZM 2001, 971. 2 Geldmacher DWW 1999, 109. 3 Buch NZM 2000, 367.

11

Rn. I 26c

Vertragsabschluss

Bestand zwischen dem Inhaber der Wohnung und dem Eingewiesenen ein Mietverhältnis, das gekündigt worden ist, und hat der Inhaber der Wohnung gegenüber dem Eingewiesenen einen Räumungstitel erwirkt, so wird dieser durch die Einweisung nicht verbraucht, selbst wenn zuvor schon eine symbolische Räumung durchgeführt worden ist.1 26c

Bei einem Pferdepensionsvertrag soll es sich um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag handeln, bei dem die Aufbewahrung in der Gewährung des erforderlichen Raums sowie in der Übernahme der Obhut für die Sache liegt. Das Füttern und die Pflege eines überlassenen Tieres sind als Maßnahmen zur Erhaltung Teil der Pflichten eines solchen Verwahrungsvertrages, OLG Brandenburg – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 839.

Anders verhält es sich, wenn lediglich eine Pferdebox angemietet wird oder ein Pferdewirt ein Tier in die von ihm betriebene sog. Robusthaltung (Offenhaltung) übernimmt, AG Essen NZM 2008, 264.

2. Abschluss des Mietvertrages a) Geltung der allgemeinen Vertragsregeln 27

Für den Abschluss des Mietvertrages sind die allgemeinen Regeln aus §§ 145 ff. BGB anzuwenden. Das gilt etwa auch für die Annahmefrist nach § 147 BGB, wobei in der Praxis häufig der künftige Mieter in die Rolle des Antragenden gedrängt wird. Behält sich der Vermieter die Annahme oder Ablehnung des ihm vorliegenden Mietvertragsangebots des Mieters vor, so richtet sich die Annahmefrist, bis zu deren Ablauf die Annahmeerklärung dem Mietinteressenten zugegangen sein muss, nach den regelmäßigen Umständen, soweit anderes nicht vereinbart ist, KG – Urt. v. 22.3.1998 – WuM 1999, 323.2

Die gesetzliche Annahmefrist nach § 147 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrags an den Empfänger, dessen Überarbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden, KG – Urt. v. 4.12.2000 – GE 2001, 418 = WuM 2001, 111:3 Das Angebot des Mietinteressenten auf Abschluss des Mietvertrages gegenüber der Hausverwaltung des Vermieters ist zur Wahrung der Annahmefrist nach einer Überlegungszeit von (hier:) höchstens 2–3 Tagen anzunehmen, wenn die Einzelheiten schon vorher besprochen

1 Zöller/Stöber ZPO § 885 Rn. 36. 2 Zum Fall: Die Übermittlung der Annahmeerklärung der Hausverwaltung zum Formularmietvertrag über Ladenräume innerhalb von 5 Werktagen ist nach den Umständen als großzügig bemessener Zeitraum angesehen worden. 3 Dazu Lindner-Figura/Harte NZM 2003, 750: verspätete Annahme eines (Geschäftsraum-)Mietvertrages und die daraus resultierenden Risiken.

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Rn. I 26c

Vertragsabschluss

Bestand zwischen dem Inhaber der Wohnung und dem Eingewiesenen ein Mietverhältnis, das gekündigt worden ist, und hat der Inhaber der Wohnung gegenüber dem Eingewiesenen einen Räumungstitel erwirkt, so wird dieser durch die Einweisung nicht verbraucht, selbst wenn zuvor schon eine symbolische Räumung durchgeführt worden ist.1 26c

Bei einem Pferdepensionsvertrag soll es sich um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag handeln, bei dem die Aufbewahrung in der Gewährung des erforderlichen Raums sowie in der Übernahme der Obhut für die Sache liegt. Das Füttern und die Pflege eines überlassenen Tieres sind als Maßnahmen zur Erhaltung Teil der Pflichten eines solchen Verwahrungsvertrages, OLG Brandenburg – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 839.

Anders verhält es sich, wenn lediglich eine Pferdebox angemietet wird oder ein Pferdewirt ein Tier in die von ihm betriebene sog. Robusthaltung (Offenhaltung) übernimmt, AG Essen NZM 2008, 264.

2. Abschluss des Mietvertrages a) Geltung der allgemeinen Vertragsregeln 27

Für den Abschluss des Mietvertrages sind die allgemeinen Regeln aus §§ 145 ff. BGB anzuwenden. Das gilt etwa auch für die Annahmefrist nach § 147 BGB, wobei in der Praxis häufig der künftige Mieter in die Rolle des Antragenden gedrängt wird. Behält sich der Vermieter die Annahme oder Ablehnung des ihm vorliegenden Mietvertragsangebots des Mieters vor, so richtet sich die Annahmefrist, bis zu deren Ablauf die Annahmeerklärung dem Mietinteressenten zugegangen sein muss, nach den regelmäßigen Umständen, soweit anderes nicht vereinbart ist, KG – Urt. v. 22.3.1998 – WuM 1999, 323.2

Die gesetzliche Annahmefrist nach § 147 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrags an den Empfänger, dessen Überarbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden, KG – Urt. v. 4.12.2000 – GE 2001, 418 = WuM 2001, 111:3 Das Angebot des Mietinteressenten auf Abschluss des Mietvertrages gegenüber der Hausverwaltung des Vermieters ist zur Wahrung der Annahmefrist nach einer Überlegungszeit von (hier:) höchstens 2–3 Tagen anzunehmen, wenn die Einzelheiten schon vorher besprochen

1 Zöller/Stöber ZPO § 885 Rn. 36. 2 Zum Fall: Die Übermittlung der Annahmeerklärung der Hausverwaltung zum Formularmietvertrag über Ladenräume innerhalb von 5 Werktagen ist nach den Umständen als großzügig bemessener Zeitraum angesehen worden. 3 Dazu Lindner-Figura/Harte NZM 2003, 750: verspätete Annahme eines (Geschäftsraum-)Mietvertrages und die daraus resultierenden Risiken.

12

Abschluss des Mietvertrages

Rn. I 30

worden sind. Die Annahmeerklärung muss dem Mieter binnen 5 Tagen zugegangen sein.1

Die Dauer der Annahmefrist richtet sich auch danach, ob auf Seiten des Annehmenden Gesellschaften beteiligt sind und welche wirtschaftliche Bedeutung das Rechtsgeschäft hat; sie ist im Regelfall auf zwei bis drei Wochen zu bemessen,2

28

OLG Naumburg – Urt. v. 7.9.2004 – NZM 2004, 285 = ZMR 2005, 539, KG – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 731 = ZMR 2007, 781, s. auch OLG Dresden – Urt. v. 31.8.2004 – NZM 2004, 826, 827.

Aus der unterbliebenen Rücksendung des Mietvertrages innerhalb der angemessenen Frist (ca. drei bis vier Wochen) ist aus §§ 147 Abs. 2, 150 Abs. 1 BGB aber auch gefolgert worden, dass ein Mietvertrag gar nicht zustande gekommen ist,

29

LG Berlin WuM 1987, 378, LG Köln WuM 1988, 50, LG Stendal NZM 2005, 15: Sendet der Vermieter den gegengezeichneten Mietvertrag nicht binnen 2 bis 3 Wochen an den Mieter zurück, so kommt kein schriftlicher Mietvertrag zwischen den Parteien zustande.3

Andererseits ist auch zu prüfen, ob der Zugang der Annahmeerklärung gemäß § 151 BGB im Hinblick auf die Verkehrssitte oder einen Verzicht des Anbietenden entbehrlich ist. Bejahend: LG Freiburg ZMR 1998, 780.4

Soll der Vertrag der gesetzlichen Schriftform (§§ 126 Abs. 1, 550 BGB) genügen – s. dazu Rn. I 109 –, so ist Obacht darauf zu geben, dass die Annahmeerklärung der Urkundeneinheit entspricht. Es genügt – anders als bei der gewillkürten Form – nicht, wenn eine der unterschriebenen Urkunden nur die Willenserklärung einer Partei enthält und sich die Willensübereinstimmung erst aus der Zusammenfassung beider Urkunden ergibt,5

1 Zum Fall: Angebot des Mietinteressenten: 13.1.1998; Zugang der Annahmeerklärung des Vermieters: 23.1.1998. 2 Zum Fall: Anmietung einer Gewerbefläche von ca. 4000 qm für eine monatliche Miete von 35 000 Euro vom Reißbrett. 3 Das Gericht geht aber zu Unrecht von einem mündlich geschlossenen Mietvertrag aus, da sich die Parteien über die Essentialia geeinigt hätten, ohne dass § 154 Abs. 2 BGB erörtert wird. 4 Zum Fall: Der Mieter hatte ein vollständig ausgefülltes Vertragsexemplar unterzeichnet und an den Vermieter zurückgesandt sowie eine halbe Monatsmiete bezahlt; das Mietobjekt war aber noch nicht überlassen worden. 5 Zum Fall: Der Mieter nahm das Angebot des Vermieters auf Abschluss eines langfristigen Mietvertrages, den dieser unterzeichnet hatte, mit Änderungen an, die er in einem Anschreiben zusammenfasste (u.a. Abschluss einer Glasversicherung, Mietsicherheit durch Bankbürgschaft). Er setzte hinzu: „Der Mietvertrag gilt nur auf der Grundlage der in diesem Anschreiben genannten Bedingungen. Wir bitten daher um Rücksendung der von Ihnen unterschriebenen beiliegenden Kopie des Anschreibens, das Vertragsbestandteil wird.“ Der Vermieter unterschrieb die Kopie und sandte sie an den Mieter zurück.

13

30

Rn. I 30a

Vertragsabschluss

BGH – Urt. v. 18.10.2000 – DWW 2001, 300 = NZM 2001, 42 = WuM 2001, 112, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – WuM 2004, 534: Ein Briefwechsel, etwa die Übersendung eines Angebots und die Rücksendung einer Annahmeerklärung, reicht zur Wahrung der Schriftform i.S. von § 550 BGB nicht aus, weil sich die Willensübereinstimmung der Parteien dann nicht aus einer, sondern erst aus der Zusammenfassung zweier Urkunden ergibt.

Zu beachten ist ferner, dass im Hinblick auf die Annahmefrist aus §§ 147 Abs. 2, 151 Satz 2 BGB der Vertrag nur dann zustande kommt, wenn die Unterschrift innerhalb dieser Frist unter die Urkunde gesetzt wird, selbst wenn die andere Seite auf den Zugang des unterschriebenen Vertragsexemplars nach § 151 Satz 1 BGB verzichtet hat, vgl. OLG Celle – Urt. v. 24.6.1998 – NZM 2000, 863, 865.

Zur Wahrung der Schriftform bei einem Vertragsabschluss unter Abwesenden, insbesondere zum Verhältnis von § 147 Abs. 2 BGB zu § 550 Satz 1 BGB, s. im Übrigen Rn. I 109a. Die Parteien können vereinbaren, dass eine Partei an ihr Angebot zum Abschluss eines Mietvertrages befristet gebunden ist oder sie sich die Annahme befristet vorbehält. Derartige Abreden gehören nicht zu den formbedürftigen Punkten eines langfristigen Mietvertrages, KG – Urt. v. 27.3.2006 – NZM 2007, 86.1

Eine Formularklausel, nach der sich der Vermieter die Annahme des Vertragsangebots bis zum vorgesehenen Mietbeginn offen hält, verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, BGH – Urt. v. 19.12.2007 – NZM 2008, 206 = MietRB 2008, 101 (Dötsch) für einen Mietvertrag über einen Messestand.

Entsprechendes gilt, wenn sich der Vermieter formularmäßig eine unangemessen lange Annahmefrist vorbehält. In diesem Fall tritt an die Stelle der vorformulierten Frist die gesetzliche Regelung in § 147 Abs. 2 BGB (§ 306 Abs. 2 BGB). 30a

Hat eine Partei die Annahmefrist nicht eingehalten, so muss die antragende Partei nach dem Grundgedanken des § 149 BGB die andere Partei unverzüglich davon unterrichten, dass sie die Annahme für verspätet hält. Anderenfalls ist sie ebenso wie die verspätet annehmende Partei gehindert, aus der verspäteten Annahme Rechte abzuleiten, OLG Dresden – Urt. v. 31.8.2004 – NZM 2004, 826, 828 Sp. 2, OLG Naumburg – Urt. v. 25.9.2007 – ZMR 2008, 371 = MietRB 2008, 167 (Kurek).

31

Die Parteien können vereinbaren, dass das Zustandekommen des Mietvertrages von der Zustimmung eines Dritten abhängig sein soll. Ein für den Bestand

1 Zum Fall: Eine formularmäßige Bindefrist von über einem Monat über Mieträume in einem noch zu errichtenden Einkaufszentrum ist nicht unangemessen lang, auch wenn regelmäßig nach § 147 Abs. 2 BGB für den Abschluss eines Mietvertrages nur eine kürzere Annahmefrist anzunehmen sein mag.

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Abschluss des Mietvertrages

Rn. I 33

des Mietvertrages konstitutives vertragliches Zustimmungserfordernis können nur die Parteien des Mietvertrages vereinbaren, nicht aber Dritte: Sofern die Wohnungseigentümer im Rahmen von § 15 Abs. 1 WEG vereinbart haben, dass ein Wohnungseigentümer seine Wohnung nur mit Zustimmung des Verwalters oder der anderen Eigentümer vermieten darf, ist ein ohne die Zustimmung abgeschlossener Mietvertrag im Verhältnis von vermietendem Wohnungseigentümer und Mieter wirksam; die Vereinbarung wirkt also nicht dinglich in der Weise, dass der Mietvertrag etwa schwebend unwirksam ist, bis die Zustimmung vorliegt, LG Bonn ZMR 1990, 458.

Die Zustimmung des Dritten bedarf auch bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr nicht der Schriftform des § 550 BGB (s. § 182 Abs. 2 BGB, Rn. I 118), OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.3.2005 – NZM 2005, 909 (LS) = ZMR 2006, 35, s. auch BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 920 = ZMR 2005, 610, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.5.2007 – ZMR 2008, 122, jeweils für die Zustimmung zur Vertragsübernahme (s. dazu Rn. I 222).

Ein Mietvertrag kann unter einer (aufschiebenden) Bedingung abgeschlossen werden. Ist streitig, ob ein Vertrag unbedingt oder unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen worden ist, trägt die Partei, die aus dem Vertrag Rechte herleiten will, die Beweislast für einen unbedingten Vertragsschluss; denn der Gegner, der sich auf eine aufschiebende Bedingung beruft, macht keine Einwendung geltend, sondern leugnet bereits die Wirksamkeit des Vertragsabschlusses,

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BGH – Urt. v. 10.5.2002 – MDR 2002, 1050.

Tritt die aufschiebende Bedingung nicht ein, so kann es gleichwohl zu einem Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten (s. dazu Rn. I 39) kommen, wenn die Vertragsparteien den Vertrag in Vollzug setzen, OLG Rostock – Urt. v. 30.9.2002 – WuM 2003, 55 (LS).

b) Dissens Haben die Parteien sich nicht über alle Punkte geeinigt, über die nach dem erklärten Willen auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden sollte, so ist der Vertrag im Zweifel nicht zustande gekommen. Dies gilt insbesondere bei fehlender Einigung über den Mietzins, KG – Urt. v. 17.5.1999 – NZM 2000, 1229.

War der Abschluss eines Mietvertrages mit einer Regelung aller wesentlichen Punkte einschließlich der Nebenbestimmungen beabsichtigt, kommt er aber mangels Einigung über alle von den Parteien als regelungsbedürftig angesehenen Punkte nicht zustande, so kann nicht angenommen werden, dass stattdessen auf Grund eines im Laufe der Verhandlungen über einen Teil der beabsichtigten vertraglichen Regelung erzielten Einverständnisses (hier: über das Nutzungsentgelt für Teilflächen) ein Vertrag in Form eines entgeltlichen Nut15

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Rn. I 34

Vertragsabschluss

zungsvertrages geschlossen wurde. Für jeden Vertrag, gleich welcher Art, ist die Einigung über die auch nur von einer Partei als wesentlich angesehenen Vertragspunkte unabdingbare Voraussetzung. Hier fehlt es an der Einigung über die Dauer der Nutzung, BGH – Urt. v. 15.12.1999 – NZM 2000, 183.

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Wollen die Parteien einen schriftlichen Mietvertrag mit einer Laufzeit von über einem Jahr abschließen, so ist davon auszugehen, dass ohne Einhaltung der Form ein Vertrag noch nicht zustande gekommen ist, wie schon aus § 154 Abs. 2 BGB folgt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.11.1987 – ZMR 1988, 54.

Ob man in einem solchen Fall annehmen kann, die Einhaltung der Form habe nur Beweiszwecken dienen sollen, ist zweifelhaft, so aber OLG Hamburg ZMR 1974, 242, wenn es nicht zum Abschluss gemäß dem vorgesehenen Mustervertrag gekommen ist.

Vielmehr wird die Partei, die als Verwender des Formulars anzusehen ist, auch ein Interesse an der Geltung des Formularinhalts haben. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich die Parteien erst in dem noch abzuschließenden schriftlichen Mietvertrag über die Höhe des Mietzinses, Kündigungsfristen, Vertragsdauer etc. einigen wollten, KG – Urt. v. 17.5.1999 – NZM 2000, 1229.

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Haben die Parteien über den Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages verhandelt und behauptet die eine Partei, dass eine Einigung zustande gekommen ist, die Ausfertigung des Mietvertrages aber nur unterblieben ist, weil kein Vertragsformular zur Hand war, so muss sie darlegen und beweisen, dass eine Einigung erfolgt ist und die Schriftform nicht konstitutiv für das Zustandekommen des Vertrages sein sollte, LG Mannheim WuM 1998, 659.

Die Zweifelsregelung in § 154 Abs. 2 BGB soll jedenfalls dann nicht eingreifen, wenn sich die Parteien auf die wesentlichen Punkte eines Mietverhältnisses geeinigt und sich über Monate hin entsprechend dieser vertraglichen Vereinbarung verhalten haben, KG – Urt. v. 10.3.2005 – NZM 2005, 636 = WuM 2005, 336.

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Trotz eines offenen Dissenses ist gleichwohl eine vertragliche Bindung der Mietparteien aus Treu und Glauben bejaht worden, wenn sie mit der tatsächlichen Vertragsdurchführung begonnen haben (z.B. Übergabe der Schlüssel an den Mieter, der Renovierungsarbeiten durchführt, einzieht und Miete zahlt). In diesen Fällen soll ein Verhandlungsspielraum nur noch hinsichtlich der offen gebliebenen Teilpunkte bestehen, LG Landau ZMR 1993, 569, vgl. auch LG Hamburg WuM 1987, 270.

Nicht anders verhält es sich, wenn die Parteien sich über die Vertragsdauer noch nicht geeinigt haben, jedoch den Mietvertrag gleichwohl in Vollzug 16

Abschluss des Mietvertrages

Rn. I 38

setzen. In diesem Fall soll sich keine der Parteien darauf berufen können, dass der Mietvertrag im Zweifel nicht geschlossen sei, LG Landau WuM 1997, 428.

Zum Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten s. Rn. I 39. c) Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde bezüglich des Vertragsinhalts Für den Vertragsinhalt sind nicht schlechthin alle Äußerungen einer Partei während der Verhandlungen, sondern nur Erklärungen maßgeblich, die am Ende der Verhandlungen nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien verbindlich festgelegt werden. Nicht selten beruft sich jedoch eine Vertragspartei darauf, dass im Rahmen von Vertragsverhandlungen dieser oder jener Punkt erörtert worden sei und darüber Einigkeit bestanden habe. Die Anforderungen daran, ob diese Punkte Vertragsinhalt geworden sind, sind jedoch insbesondere dann hoch, wenn die Vertragsparteien einen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen haben. Hier greift nämlich der Grundsatz der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde ein. Er besagt, dass sich der maßgebliche Inhalt des Rechtsgeschäfts – unbeschadet der gebotenen Auslegung – in erster Linie aus der darüber aufgenommenen Urkunde ergibt.1 Zur Widerlegung der Vermutung genügt noch nicht der Nachweis, dass die Parteien während der Verhandlungen über einen bestimmten Punkt sich einig waren; vielmehr muss darüber hinaus nachgewiesen werden, dass die Parteien diesen Punkt auch noch zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde als Vertragsinhalt wollten,

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KG – Urt. v. 27.5.2002 – MDR 2003, 79.

Die in einem Gewerberaummietvertrag über Räume in einem Einkaufszentrum vorangestellte Präambel kann zwar Vertragsbestandteil werden und auch Zusicherungen enthalten. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn sie das Umfeld des Mietobjekts sowie die vorgesehenen anderen Vermietungen beschreibt. Ebenso wenig soll die Präambel die Geschäftsgrundlage des Vertrages darstellen, BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 618 = ZMR 2004, 664,2 OLG Rostock – Urt. v. 3.2.2003 – NZM 2003, 282, ferner BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54 zur Vollvermietung.

1 Zur Beweislast desjenigen, der sich darauf beruft, dass die Urkunde unvollständig sei und auch das mündlich Besprochene habe gelten sollen, s. OLG Celle – Beschl. v. 5.10.2006 – WuM 2007, 201. 2 In der Präambel heißt es: „Der Vermieter vermietet in J ein EKZ, bestehend aus einem Baumarkt mit Gartencenter mit einer Verkaufsfläche von mindestens 5000 qm, einem Lebensmittelmarkt mit einer Fläche von ca. 1000 qm und einem weiteren Fachmarkt von ebenfalls etwa 1000 qm. Innerhalb dieses EKZ mietet die Firma R eine Fläche für einen Schuhmarkt ...“.

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38

Rn. I 39

Vertragsabschluss

d) Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten 39

An das Zustandekommen eines Mietvertrages durch schlüssiges Verhalten werden strenge Anforderungen gestellt.1 Erforderlich ist stets, dass ein übereinstimmender Parteiwille festgestellt werden kann, eine vertragliche Bindung einzugehen. Das bedingt, dass keine Umstände vorliegen, die gegen einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen sprechen, so dass das schlüssige Verhalten aus der Sicht eines mit den Verhältnissen vertrauten Betrachters eindeutig erscheint, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.4.2002 – NZM 2002, 739 = WuM 2002, 481 = ZMR 2002, 589.

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Unter diesem Gesichtspunkt ist auch zu werten, ob ein schlüssiger Vertrag dadurch zustande kommt, dass der Vermieter dem Mieter das Mietobjekt überlässt, der Mieter dieses nutzt und ein Entgelt hierfür entrichtet. Wird etwa ein unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossener Mietvertrag nicht wirksam, weil die Bedingung bis zu dem vorgesehenen Termin nicht eingetreten ist, so kann gleichwohl in der Folgezeit der Mietvertrag konkludent mit dem zuvor schriftlich niedergelegten Inhalt geschlossen werden, wenn die Vertragsparteien nach Eintritt der Bedingung das Mietverhältnis in der Weise vollziehen, dass der Vermieter dem Mieter den Mietgebrauch einräumt und dieser die vereinbarte Miete entrichtet, OLG Rostock – Urt. v. 30.9.2002 – WuM 2003, 55 (LS).

Ebenso kann ein Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten erfolgt sein, wenn der Vermieter dem Mietinteressenten die Schlüssel für eine Wohnung überlassen hat, die dieser dann nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltet sowie zwei Mieten an den Vermieter gezahlt hat, LG Düsseldorf DWW 1991, 24, 25.

Zum Beitritt eines Dritten zum Mietvertrag durch schlüssiges Verhalten s. Rn. I 71a. 41

Andererseits reicht es für die Annahme eines konkludenten Vertragsabschlusses nicht, dass konkrete Verhandlungen über wesentliche Bestandteile des Mietvertrages geführt werden und der (potentielle) Vermieter dem (potentiellen) Mieter einen paraphierten Mietvertrag übersendet, LG Münster MietRB 2006, 182 (Loscha).

Ebenso wenig soll die Entgegennahme von Miete- und Kautionszahlungen den Schluss auf einen konkludent abgeschlossenen Mietvertrag zulassen, wenn sich aus den weiteren Umständen ergibt, dass der Vermieter am Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages interessiert war, LG Hannover ZMR 1999, 407.

Auch ist ein Vertragsabschluss verneint worden, wenn der Mieter die Wohnung bezogen und der Vermieter den Scheck für die 1. Monatsmiete eingelöst 1 S. dazu Fischer-Dieskau/Franke BGB § 535 Anm. 13.2.1; Artz NZM 2005, 367 = WuM 2005, 215; Sternel, Schlüssiges Verhalten im Mietrecht, FS Blank, 2006, S. 421, 423.

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Abschluss des Mietvertrages

Rn. I 43

hat, sofern die Parteien einen schriftlichen Mietvertrag wollten und der Vermieter den ihm unterzeichnet übergebenen Mietvertrag ca. 8 Wochen nach Bezug der Wohnung unterschrieben mit Abänderungen zurücksendet, was der Mieter als Angebot zum Abschluss eines neuen Mietvertrages auffasst, das er aber nicht annimmt, LG München I NZM 2002, 946.

Ein konkludenter Vertragsschluss zwischen Vermieter und Untermieter ist verneint worden, wenn Letzterer nach Auszug des Hauptmieters in den Räumen verbleibt und die Miete unmittelbar an den Vermieter zahlt, ohne dass der bisherige Mieter dem widerspricht,

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OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.10.1987 – ZMR 1988, 22, OLG Brandenburg – Urt. v. 23.9.1998 – ZMR 1999, 102.

Das gilt nach dem oben Ausgeführten erst recht, wenn die Zahlung des Untermieters auch als Drittleistung auf Grund einer Freihalteverpflichtung verstanden werden kann, LG Hamburg WuM 2004, 349.

Vereinbarungen durch schlüssiges Verhalten haben erhebliche Bedeutung bei Vertragsänderungen, insbesondere was Mieterhöhungen (s. dazu Rn. IV 4 ff.) und die Umlage von Betriebskosten (s. Rn. V 131) anbelangt.1 Auch hier ist zu beachten, dass die Annahme einer Vertragsänderung durch schlüssiges Verhalten stets voraussetzt, dass sich eine Willensübereinstimmung der Vertragsparteien feststellen lässt. Nimmt z.B. der Mieter einen zusätzlichen Kellerraum in Benutzung, ohne dass der Vermieter davon Kenntnis erlangt, führt dies auch dann nicht zu einer Erweiterung des Mietgegenstandes, wenn die zusätzliche Nutzung sich über einen Zeitraum von 15 Jahren erstreckt, LG Berlin NZM 2000, 457; bedenklich AG Trier WuM 2006, 143, das eine Gebrauchserweiterung selbst nach jahrzehntelanger Nutzung einer Hoffläche als Pkw-Stellplatz trotz Kenntnis des Vermieters bzw. stillschweigender Duldung nicht ausreichen lässt, mag auch hierüber zwischen den Vertragsparteien nicht gesprochen worden sein.

Was die Feststellung der Einigung anbelangt, stehen sich zwei Auffassungen gegenüber. Einerseits wird gefordert, dass auf Seiten beider Vertragsparteien ein rechtsgeschäftliches Erklärungsbewusstsein erforderlich ist, d.h. das Bewusstsein, durch ein bestimmtes Verhalten eine rechtserhebliche Erklärung abzugeben. Daran fehlt es häufig, so bei einseitigen Mieterhöhungen durch den Vermieter und Zahlung durch den Mieter, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 735 = WuM 2005, 581 = ZMR 2005, 848: Die Umdeutung einer einseitigen rechtsgestaltenden Willenserklärung in ein annahmebedürftiges Vertragsangebot ist nur dann zulässig, wenn sich der Erklärende bei Abgabe der Willenserklärung bewusst gewesen ist, dass sie als einseitige nicht wirksam werden könnte und es für diesen Fall zur Herbeiführung des rechtlichen und wirtschaftlichen Erfolges hilfsweise der Zustimmung des Erklärungsempfängers bedürfe (zur 1 Dazu ausführlich Artz NZM 2005, 367 = WuM 2005, 215.

19

43

Rn. I 44

Vertragsabschluss

Umdeutung einer Kündigung: BGH – Urt. v. 24.9.1980 – NJW 1981, 43 = WuM 1981, 57);1 LG Mannheim WuM 2000, 308, WuM 2004, 481,2 LG Berlin ZMR 2005, 125, 127.3 Für nicht vereinbarte Kosten in der Betriebskostenabrechnung und wiederholten Ausgleich des Abrechnungssaldos durch den Mieter: OLG Hamm – Urt. v. 18.9.1980 – WuM 1981, 62, LG Mannheim NZM 1999, 365, LG Landau ZMR 2001, 457, LG Karlsruhe GuT 2002, 177, s. zu dieser Problematik auch Rn. V 131.

44

Andererseits wird stärker auf den objektiven Erklärungswert und den Vertrauensschutz des Erklärungsempfängers abgestellt. Legt jemand ein Verhalten an den Tag, das die andere Partei bei objektiver Wertung nach Treu und Glauben als rechtsgeschäftliche Erklärung mit einem bestimmten Inhalt verstehen darf, so muss sie sich daran festhalten lassen, selbst wenn ihr ein Erklärungsbewusstsein fehlt, sofern der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat, BGH – Urt. v. 7.6.1984 – MDR 1984, 838, BGH – Urt. v. 29.11.1994 – NJW 1995, 953: Soll schlüssiges Verhalten ohne Erklärungsbewusstsein als Willenserklärung behandelt werden, muss der sich Äußernde fahrlässig bei dem Erklärungsempfänger das Vertrauen auf einen bestimmten Erklärungsinhalt geweckt haben.

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Im mietrechtlichen Anwendungsbereich wird häufig nicht genügend berücksichtigt, dass der Erklärungsempfänger selbst den Anlass für ein bestimmtes Verhalten desjenigen gesetzt – überspitzt: provoziert – hat, zu dessen Nachteil es sich dann auswirkt. Da die zuletzt genannte Auffassung sich nicht auf eine dogmatische Grundlage zu stützen vermag, sondern ihren Grund in Treu und Glauben im Rechtsverkehr hat,4 ist in solchen Fällen besonders zu prüfen, ob derjenige, der zu seinen Gunsten eine Vertrauenshaftung des anderen reklamiert, schutzbedürftig ist. Dieser Gesichtspunkt kommt in den genannten Hauptanwendungsfällen der Mietanhebung und Betriebskostenumlage zu kurz, indem (vorschnell) von einer Vertragsänderung zu Lasten des Mieters ausgegangen wird, so BGH – Urt. v. 29.6.2005 – NZM 2005, 736 = WuM 2005, 518 = ZMR 2005, 847 bei einem unwirksamen Zustimmungsverlangen nach § 2 MHG (§ 558 BGB) und jahrelanger Zahlung durch den Mieter; bei einseitigen Mieterhöhungen durch den Vermieter und Zahlung durch den Mieter: OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.12.2002 – NZM 2003, 513,

1 Zum Fall: Der Vermieter hatte sich im Mietvertrag – rechtsunwirksam – ein einseitiges Erhöhungsrecht ausbedungen und hiervon Gebrauch gemacht; der Mieter hatte den erhöhten Mietzins längere Zeit gezahlt. 2 S. dazu die Besprechung von Börstinghaus WuM 2005, 192. 3 Jedoch soll das Rückforderungsverlangen des Mieters gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er jahrelang die preisrechtlichen Erhöhungsbeträge gezahlt hat. 4 S. nur Palandt/Heinrichs BGB § 133 Rn. 11.

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Abschluss des Mietvertrages

Rn. I 46a

LG Leipzig ZMR 1999, 767, GE 2001, 1671; für nicht vereinbarte Kosten in der Betriebskostenabrechnung und wiederholten Ausgleich des Abrechnungssaldos durch den Mieter: BGH – Beschl. v. 29.5.2000 – NZM 2000, 961, Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 292 = WuM 2004, 292,1 OLG Naumburg – Urt. v. 25.9.2007 – ZMR 2008, 371 = MietRB 2008, 166, 167 (Kurek), LG Saarbrücken NZM 1999, 408.

Hier zeichnet sich ein Wandel in der Rspr. ab, die ihren Niederschlag in der Bewertung von Betriebskostennachzahlungen bezüglich nicht vereinbarter Kosten gefunden hat, indem auf rechtsgeschäftliche Erfordernisse abgestellt wird, so für die schlüssige Vereinbarung ursprünglich nicht geschuldeter Nebenkosten,

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BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 81 = WuM 2007, 694 = ZMR 2008, 107 = MietRB 2008, 66, 67 (Kurek):2 Tz. 18 Ein Änderungsvertrag, der eine erweiterte Umlage von Betriebskosten zum Gegenstand hat, kann zwar grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen. Erforderlich ist dafür aber, dass der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage weiterer Betriebskosten zustimmt. Dafür reicht es grundsätzlich nicht aus, dass der Mieter Betriebskostenabrechnungen unter Einbeziehung bisher nicht vereinbarter Betriebskosten lediglich nicht beanstandet. (Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der Mieter jeweils ein Guthaben hatte.) Tz. 19 Außerdem lässt sich aus der Sicht des Mieters der Übersendung einer Betriebskostenabrechnung, die vom Mietvertrag abweicht, schon nicht ohne weiteres der Wille des Vermieters entnehmen, eine Änderung des Mietvertrages herbeizuführen. Selbst wenn er darauf eine Zahlung erbringt, kommt darin zunächst allein die Vorstellung des Mieters zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein. Anders verhält es sich, wenn auf Grund besonderer Umstände der Änderungswille des Vermieters für den Mieter erkennbar ist. OLG Düsseldorf – Hinweisbeschl. v. 10.5.2007 – ZMR 2008, 45 = MietRB 2008, 11 (Kunze): Bei mehrjähriger Zahlung von bestimmten Positionen kann eine konkludente Vertragsänderung angenommen werden. Aus dem Verhalten des Mieters muss sich jedoch schlüssig die Erklärung ergeben, dass eine Änderung der vertraglichen Vereinbarung gewollt ist. Eine zwei- bis dreimalige Zahlung reicht hierfür nicht aus (OLG Hamburg MDR 1988, 1059).

Entsprechendes gilt für die Voraussetzungen, unter denen eine als umlegbar vereinbarte Kostenart als abbedungen anzusehen ist, weil der Vermieter über diese Kosten jahrelang nicht abgerechnet hat, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann): Ein die Umlage der Betriebskosten betreffender Änderungsvertrag kann grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen. Erforderlich ist dafür aber ein Verhalten der einen Vertragspartei, das aus der Sicht der anderen Partei einen entsprechenden Vertragsänderungswillen erkennen lässt.

Die Richtigkeit dieser Auffassung gegenüber derjenigen, die auf den Vertrauensschutz abstellt, soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Stellt der Vermieter eine Kostenposition in die Betriebskostenabrechnung ein, die nicht 1 Kritisch dazu Kappus, Schweigen ist Geld – Betriebskostenüberbürdung im Stillen?, NZM 2004, 411; Schumacher WuM 2004, 507; s. dazu auch Rn. V 131. 2 Dazu Schmid ZMR 2008, 110.

21

46a

Rn. I 47

Vertragsabschluss

zu den Betriebskosten zählt oder nicht als umlagefähig vereinbart ist, und tut er dieses bewusst, um den Mietvertrag abzuändern, so muss von ihm verlangt werden, dass er sich deutlich erklärt; denn er kann nicht davon ausgehen, dass der Mieter ein solches Verhalten ohne weiteres als Vertrags-Abänderungsangebot erkennt. Unterlässt er dies und akzeptiert der Mieter die Abrechnung, ohne zu merken, dass ihm eine nicht geschuldete Position gleichsam untergeschoben worden ist, so verdient der Vermieter sicher keinen Vertrauensschutz. Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter sonst schuldhaft (fahrlässig) gehandelt hat. Sollte er schuldlos in dem Glauben gehandelt haben, zur Umlage nach Gesetz oder Vertrag berechtigt zu sein, so fehlte ihm der rechtsgeschäftliche Wille, den Vertrag zu ändern. Da er das Verhalten des Mieters dann auch nicht als Zustimmung zu einer Vertragsänderung auffassen konnte, vermag er sich ebenso wenig auf einen Vertrauensschutz zu berufen.

e) Vertragsausfertigungsgebühr 47

Ob die Vereinbarung einer Vertragsausfertigungsgebühr gegen § 2 Abs. 2 Nr. 2, 5 WoVermittG verstößt, ist umstritten. Für die Wirksamkeit hat sich ausgesprochen, LG Lüneburg ZMR 2000, 303: Die mietvertragliche Vereinbarung einer Pauschale (hier 288 DM) für Vertragsausfertigung und Wohnungsübergabe verstößt nicht gegen § 9 AGBG und § 2 Abs. 2, 5 WoVermittG, ebenso schon LG Hamburg WuM 1990, 62, es sei denn, die Zahlung sei wucherisch.

Die gegenteilige Auffassung, der zu folgen ist, vertreten AG Hamburg ZMR 2000, 306: Zugunsten des Verwalters einer Wohnung kann nicht wirksam vereinbart werden, dass für die Ausfertigung des Mietvertrages eine Pauschale (340 DM) gezahlt wird; die Vereinbarung verstößt gegen § 2 Abs. 5 WoVermittG; AG Hamburg-Wandsbek WuM 2005, 47 (Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Nr. 2 WoVermittG), AG Hamburg-Altona NZM 2006, 928 = WuM 2006, 607 (Verstoß gegen § 307 BGB).

Meist wird es sich um eine unzulässige verdeckte Vermittlungsgebühr handeln. Die Formularklausel „Kosten und Abgaben, die mit dem Abschluss dieses Vertrages verbunden sind, gehen zu Lasten des Mieters“ ist jedenfalls wegen fehlender Bestimmtheit nach § 307 Abs. 1 BGB (§ 9 Abs. 1 AGBG) und wegen Fehlens eines billigenswerten Interesses des Vermieters an einer derartigen Klausel unwirksam, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 114.

3. Vertragsparteien und ihre Bezeichnung 48

Wer Vermieter und wer Mieter ist, ergibt sich aus dem Mietvertrag. Wichtig ist die Bezeichnung der Vertragspartei, insbesondere die Übereinstimmung von Rubrum und Vertragsunterschrift. Dies ist erheblich für die Frage, wer 22

Rn. I 47

Vertragsabschluss

zu den Betriebskosten zählt oder nicht als umlagefähig vereinbart ist, und tut er dieses bewusst, um den Mietvertrag abzuändern, so muss von ihm verlangt werden, dass er sich deutlich erklärt; denn er kann nicht davon ausgehen, dass der Mieter ein solches Verhalten ohne weiteres als Vertrags-Abänderungsangebot erkennt. Unterlässt er dies und akzeptiert der Mieter die Abrechnung, ohne zu merken, dass ihm eine nicht geschuldete Position gleichsam untergeschoben worden ist, so verdient der Vermieter sicher keinen Vertrauensschutz. Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter sonst schuldhaft (fahrlässig) gehandelt hat. Sollte er schuldlos in dem Glauben gehandelt haben, zur Umlage nach Gesetz oder Vertrag berechtigt zu sein, so fehlte ihm der rechtsgeschäftliche Wille, den Vertrag zu ändern. Da er das Verhalten des Mieters dann auch nicht als Zustimmung zu einer Vertragsänderung auffassen konnte, vermag er sich ebenso wenig auf einen Vertrauensschutz zu berufen.

e) Vertragsausfertigungsgebühr 47

Ob die Vereinbarung einer Vertragsausfertigungsgebühr gegen § 2 Abs. 2 Nr. 2, 5 WoVermittG verstößt, ist umstritten. Für die Wirksamkeit hat sich ausgesprochen, LG Lüneburg ZMR 2000, 303: Die mietvertragliche Vereinbarung einer Pauschale (hier 288 DM) für Vertragsausfertigung und Wohnungsübergabe verstößt nicht gegen § 9 AGBG und § 2 Abs. 2, 5 WoVermittG, ebenso schon LG Hamburg WuM 1990, 62, es sei denn, die Zahlung sei wucherisch.

Die gegenteilige Auffassung, der zu folgen ist, vertreten AG Hamburg ZMR 2000, 306: Zugunsten des Verwalters einer Wohnung kann nicht wirksam vereinbart werden, dass für die Ausfertigung des Mietvertrages eine Pauschale (340 DM) gezahlt wird; die Vereinbarung verstößt gegen § 2 Abs. 5 WoVermittG; AG Hamburg-Wandsbek WuM 2005, 47 (Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Nr. 2 WoVermittG), AG Hamburg-Altona NZM 2006, 928 = WuM 2006, 607 (Verstoß gegen § 307 BGB).

Meist wird es sich um eine unzulässige verdeckte Vermittlungsgebühr handeln. Die Formularklausel „Kosten und Abgaben, die mit dem Abschluss dieses Vertrages verbunden sind, gehen zu Lasten des Mieters“ ist jedenfalls wegen fehlender Bestimmtheit nach § 307 Abs. 1 BGB (§ 9 Abs. 1 AGBG) und wegen Fehlens eines billigenswerten Interesses des Vermieters an einer derartigen Klausel unwirksam, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 114.

3. Vertragsparteien und ihre Bezeichnung 48

Wer Vermieter und wer Mieter ist, ergibt sich aus dem Mietvertrag. Wichtig ist die Bezeichnung der Vertragspartei, insbesondere die Übereinstimmung von Rubrum und Vertragsunterschrift. Dies ist erheblich für die Frage, wer 22

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 50

rechtsgeschäftlicher Erklärungsempfänger oder im Streitfall die richtige Partei ist.1 Beginnt ein Mietvertrag mit den Worten „Vermieter vermietet an den Mieter in seinem Haus in ...“, stellt dies keinen zwingenden Hinweis auf eine Identität zwischen Eigentümer und Vermieter dar, BGH – Urt. v. 21.11.2007 – GE 2008, 195 = MietRB 2008, 102 (Bittner).

Hier sich Klarheit zu verschaffen, ist für den Mieter im Hinblick auf § 566 BGB wichtig; denn der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ gilt nur, wenn der Vermieter auch Eigentümer ist (s. Rn. I 179). a) Bezeichnung der Vertragspartei im Mietvertrag Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der im Kopf des Vertrages als Vertragspartei aufgeführt ist, auch Vertragspartei ist, sofern nicht eine Vertragsauslegung etwas Abweichendes ergibt,

49

KG – Urt. v. 18.4.2002 – GE 2002, 857: Wer im Kopf des Mietvertrages als Mieter angegeben ist und den Vertrag unterschrieben hat, kann sich nicht darauf berufen, er sei nicht Vertragspartei, weil seiner Unterschrift ein Stempelabdruck einer KG hinzugefügt wurde.

Das gilt auch für sog. Strohmanngeschäfte: Durch den abgeschlossenen Vertrag wird der Strohmann berechtigt und verpflichtet, selbst wenn der andere Teil von der Strohmanneigenschaft Kenntnis hat (BGH NJW 1982, 569), OLG München – Urt. v. 14.10.2004 – MDR 2005, 387.

Weichen die Bezeichnungen der Vertragspartei im Rubrum (Privatperson) und in der Unterschriftsleiste (GmbH) voneinander ab und ergeben die außerhalb des Vertrages liegenden Umstände kein eindeutiges Bild, wer Vertragspartner ist, so hat es bei den im Rubrum des Vertrages bezeichneten Parteien zu bleiben,2 KG – Urt. v. 11.10.1999 – NZM 2001, 587, KG – Urt. v. 18.4.2002 – GE 2002, 857: Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, er sei nicht Vertragspartei, weil seiner Unterschrift ein Stempelabdruck einer KG hinzugefügt wurde.

Allerdings bedarf es auch in diesem Zusammenhang der Auslegung, um die „richtige“ Vertragspartei zu ermitteln, OLG Hamm – Urt. v. 11.3.1998 – NJW-RR 1999, 232 = NZM 1998, 720: Ist im Kopf des Mietvertrages als Vermieter eine „City-Gesellschaft“ bezeichnet und handelt es sich bei dieser um die „City-Kommanditgesellschaft“, so ist die im Vertrag gewählte Bezeichnung ausreichend, um die Person des Vermieters zu bestimmen, und die Schriftform gewahrt. Unterzeichnet den Vertrag für die Vermieterseite nur eine Person ohne weiteren Zusatz, und ist dem Mieter klar, dass er es auf Vermieterseite mit

1 S. dazu Börstinghaus MDR 2002, 929. 2 Zum Fall: Im Rubrum war der Mieter namentlich bezeichnet; über der Unterschriftsleiste und der Unterschrift des Mieters befand sich der Stempel der C-GmbH, deren Geschäftsführer der Mieter war.

23

50

Rn. I 51

Vertragsabschluss

einer Gesellschaft zu tun hat, so ergibt sich aus den Umständen des Vertragsschlusses i.S. von § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der Unterzeichner nicht für sich, sondern im Namen der Vermieter-Gesellschaft handelt.

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Auslegungsfragen können sich insbesondere beim Abschluss eines unternehmensbezogenen Mietvertrages ergeben. Ein solcher kommt nur in Betracht, wenn die anmietende Person erkennbar für ein bestimmtes Unternehmen und zweifelsfrei nicht im eigenen Namen auftritt, BGH – Urt. v. 4.4.2000 – NJW 2000, 2984, 2985, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.11.2002 – ZMR 2003, 252, Urt. v. 11.2.2003 – ZMR 2003, 568.

Hierbei ist davon auszugehen, dass nicht der Handelnde, sondern der tatsächliche Unternehmensträger aus dem Rechtsgeschäft verpflichtet wird (BGH NJW 2000, 2984, KG MDR 2000, 760). Voraussetzung für eine solche Annahme ist, dass der Inhalt des Vertrages die eindeutige Auslegung zulässt, dass ein bestimmtes Unternehmen berechtigt oder verpflichtet sein soll. Es genügt aber auch, dass die Leistung vertraglich für den Betrieb des Unternehmens bestimmt ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.11.2002 – ZMR 2003, 252.

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Die Anwendung der Grundsätze über unternehmensbezogenes Handeln hängt also allein von dem erkennbaren Unternehmensbezug des Geschäfts, nicht aber von einer firmenrechtlich korrekten Bezeichnung des Unternehmens ab, und dies ist auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn die Beziehung nicht auf eine Unternehmensform mit begrenzter Haftung hinweist (BGH MDR 1990, 799), OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.2.2003 – ZMR 2003, 568.

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Festzuhalten bleibt aber auch, dass der Wille der Beteiligten dahin gehen muss, dass der Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll, OLG Köln – Urt. v. 29.1.1999 – NZM 1999, 1097: Hat der Geschäftsführer einer GmbH bei den Vertragsverhandlungen deutlich gemacht, für die GmbH handeln zu wollen, scheidet eine persönliche Haftung auch dann aus, wenn in der Parteibezeichnung des Mietvertrages der Zusatz „GmbH“ fehlt und er den Vertrag nur mit seinem Namen (ohne Zusätze) unterschrieben hat;1 s. auch BGH – Urt. v. 19.1.1990 – NJW 1990, 2678, Urt. v. 13.10.1994 – NJW 1995, 43.

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Nach wie vor ist umstritten, wer Vertragspartei wird, wenn mehrere Personen im Kopf des Vertrages stehen, aber nur eine den Vertrag unterzeichnet.2 Im Kern geht es darum, ob der unterzeichnende Teil Vollmacht hat, für den anderen zu handeln. Dies wird in der Rspr. insbesondere für Ehegatten zum Teil ohne weiteres bejaht, zum Teil wird das Vorliegen besonderer Umstände gefordert, die für das Vorliegen einer Vollmacht des Unterzeichnenden sprechen. Die gleiche Problematik ergibt sich bei Lebenspartnern nach dem LPartG. 1 Zum Fall: Der Mietvertrag lautet auf „Fa. D., Inhaber RM“, Mieter sollte nach Behauptung des beklagten Mieters sein: „D-GmbH“, deren Geschäftsführer er sei. 2 Zur Bezeichnung der Eheleute im Vertrag s. Börstinghaus MDR 2002, 929.

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Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 57

Für die Annahme einer Vollmacht des Unterzeichnenden jedenfalls bei einem Vertragsabschluss mit Ehegatten,

55

OLG Düsseldorf – Urt. v. 24.8.1999 – ZMR 2000, 210: Finden sich im Rubrum eines Vertrages zwei Vermieter (hier: Eheleute), von denen der eine die Vertragsverhandlungen bis zur Unterschriftsreife allein geführt hat und der den Vertrag auch nur allein unterschrieben hat, so ergibt sich aus den Umständen ein Vertretungsverhältnis. Der Mietvertrag kommt daher in einem solchen Fall mit den Eheleuten als Vermietern zustande. Ebenso: OLG Oldenburg – Beschl. v. 30.1.1991 – MDR 1991, 969 = ZMR 1991, 268, AG/LG Gießen ZMR 2007, 863, 864 für den Abschluss eines Mietvertrages mit den „Eheleuten X“ auf Seiten der Mieter, a.A.: OLG Saarbrücken – Beschl. v. 19.7.2007 – MietRB 2007, 311 (Kurek): Eheleute werden nicht automatisch Vertragspartner, selbst wenn beide im Rubrum des Vertrages aufgeführt sind. Vielmehr muss entweder der allein unterzeichnende Ehegatte bevollmächtigt sein oder der Rechtsschein einer Bevollmächtigung bestehen.

Zum Schriftformerfordernis nach § 550 BGB, die Vollmacht bei Abschluss längerfristiger Verträge auszuweisen, s. Rn. I 63 f., 112 f. Ist eine bestimmte Person im Mietvertrag als Partei bezeichnet und wird der Vertrag von einer anderen Person unterzeichnet, so kann zwar von einer Vertreterstellung der unterzeichnenden Person ausgegangen werden, nicht jedoch von einer Stellung als Vertragspartei. Das gilt auch bei Ehegatten,

55a

OLG Hamm – Urt. v. 23.11.2005 – ZMR 2006, 205: Da die Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat, muss derjenige, der behauptet, auch die den Mietvertrag allein unterzeichnende Ehefrau sei Mitvermieterin gewesen, hierfür die Umstände vortragen. Hierfür genügt nicht, dass die Ehefrau Miteigentümerin des Grundstücks war, auch nicht, dass der Mietvertrag mit dem Vormieter von beiden Ehegatten abgeschlossen worden war.

Der BGH hat die Frage der wechselseitigen Vollmacht der Eheleute für den Abschluss eines Mietvertrages über die Ehewohnung offen gelassen, für eine Verlängerungsvereinbarung zu einem Landpachtvertrag jedoch verneint, BGH – Urt. v. 22.2.1994 – MDR 1994, 579.

Aus der Schlüsselgewalt folgt allerdings noch nicht die Vollmacht zum Abschluss des Mietvertrages,

56

LG Flensburg NJW 1973, 1085, LG Berlin ZMR 1995 S. XIV Nr. 7, s. auch LG Köln WuM 1990, 142 zum Mietaufhebungsvertrag, LG Baden-Baden WuM 1997, 430 zur Vermietung,

schon gar nicht, wenn es sich um ein gewerbliches Mietverhältnis handelt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.9.2006 – ZMR 2007, 269.

Weitere Umstände, die dafür sprechen, dass der Unterzeichnende bevollmächtigt war, den Vertrag für die ebenfalls im Kopf bezeichnete Person zu unterzeichnen, werden insbesondere von der Instanz-Rspr. gefordert, OLG Saarbrücken – Beschl. v. 19.7.2007 – MietRB 2007, 311 (Kurek), LG Berlin ZMR 1998, 347: Unterzeichnet nur ein Ehegatte den Mietvertrag, so kann ohne nähere Anhaltspunkte die Unterschrift nicht automatisch als Vertretung für den anderen Ehegatten angesehen werden; ebenso LG Mannheim NJW-RR 1994, 274.

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Rn. I 58

Vertragsabschluss

LG Marburg WuM 2000, 690: Heißt es für die Mieterbezeichnung im Kopf des Mietvertrages „Herr X und Ehefrau“ und ist der Vertrag nur von X unterzeichnet, kann nicht ohne weitere Umstände davon ausgegangen werden, dass X in Vollmacht der Ehefrau gehandelt hat. LG Osnabrück WuM 2001, 438: Sind im Kopf des Mietvertrages die Ehefrau und der Ehemann als Mieter genannt, hat aber allein der Ehemann den Vertrag unterschrieben, so ist die Ehefrau dadurch nicht bereits Mitmieterin. Es müssen weitere Umstände für eine Vollmacht des Ehemannes hinzukommen, z.B. Gründe für die Verhinderung der Ehefrau am Unterschreiben.

Im Zweifel soll nur der im Kopf des Vertrages aufgeführte Ehegatte Mieter werden.1 Das erscheint nicht interessengerecht. Vielmehr wird der Vermieter eher ein Interesse daran haben, einen zusätzlichen Schuldner nebst Ausweitung des Vermieterpfandrechts zu gewinnen, während der lediglich mitunterschreibende Ehegatte eher die stärkere Stellung eines Vertragspartners als eines bloßen Urkundszeugen anstreben wird. Eine andere Frage ist, ob bei Abschluss eines Mietvertrages durch nur einen von mehreren Miteigentümern diese durch spätere Genehmigung, die u.U. auch stillschweigend erteilt werden kann, Vertragspartei werden können, bejahend OLG Karlsruhe – RE v. 10.2.1981 – NJW 1982, 1278 = WuM 1981, 179 = ZMR 1982, 190.

58

Für das Gebiet der neuen Bundesländer ist zu beachten, dass die Regelung in § 100 Abs. 3 ZGB, nach der beide Ehegatten auch dann Mieter einer Wohnung werden, wenn nur einer der Ehegatten den Vertrag abgeschlossen hat, lediglich für Mietverträge, die vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden sind, fortgilt, LG Görlitz WuM 1995, 649, LG Cottbus NJW-RR 1995, 524,2 AG Frankfurt/Oder, AG Löbau WuM 1996, 265.

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Im Mietvertrag ist ferner klarzustellen, ob jemand bei der Unterschriftsleistung Mieter oder nur Bürge, Genossenschaftsmitglied oder Urkundszeuge ist. Das kommt etwa in Betracht, wenn im Kopf des Mietvertrages nur ein Ehegatte (Lebenspartner) als Mietpartei aufgeführt ist, jedoch beide Ehegatten (Lebenspartner) den Vertrag unterzeichnen, LG Berlin ZMR 1988, 103 verneint eine Stellung des nur Unterzeichnenden als Vertragspartei, LG Berlin NZM 2000, 1005: Der Erklärungsinhalt einer Unterschrift als „Bürge/Mitglied“ im Formularvertrag einer Genossenschaft ist unklar. Bei Unklarheit gilt die für den Unterzeichner günstigere Alternative.

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Für den anwaltlichen Bereich ist die nachfolgende Entscheidung über den Abschluss eines Mietvertrages mit einer Sozietät wichtig, OLG Dresden – Urt. v. 15.8.2000 – NZM 2001, 585: Verhandelt ein Vermieter mit ihm namentlich bekannten Rechtsanwälten über die Vermietung von Kanzleiräumen, unterzeichnet sodann einer dieser Anwälte die Vertragsurkunde und fügt seiner Unterschrift einen Stempel der (überörtlichen) Sozietät hinzu, dann kommt der Ver1 Börstinghaus MDR 2002, 929, 933 m.w. Nachw. 2 Für den Fall, dass der Ehegatte erst später – aber noch vor dem 3.10.1990 – zugezogen ist.

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Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 62

trag nur mit den örtlichen Mitgliedern der Sozietät zustande, nicht jedoch mit den übrigen Anwälten der bestehenden überörtlichen Anwaltssozietät, wenn der Vermieter diese nicht kennt und sie auch an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt waren. Die Rspr. des BGH zum Vertragsschluss mit sämtlichen Sozietätsanwälten bei Inanspruchnahme wegen anwaltlichen Fehlverhaltens (s. BGH – Urt. v. 7.4.2003 – MDR 2003, 756, s. dazu Rn. I 104) ist in solchen Fällen nicht anzuwenden.

Wird der Mietvertrag mit einer GmbH als Mieterin abgeschlossen, so kann es sich für den Vermieter empfehlen, auch den Geschäftsführer als Vertragspartner, zumindest aber als Bürgen in den Mietvertrag einzubinden. Hierfür ist seine genaue Bezeichnung mit Namen und Anschrift – möglichst seiner Privatanschrift – sinnvoll, um Auslegungszweifeln zu begegnen. Ein Stempelzusatz der GmbH zum Namen des Geschäftsführers sollte vermieden werden,

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s. dazu OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.10.1996 – ZMR 1997, 75.

War eine GmbH bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht gegründet und scheitert die spätere Gründung, ist aber in ihrem Namen ein Mietvertrag geschlossen worden, so wird der wahre Rechtsträger – eine GbR – aus dem betriebsbezogenen Geschäft berechtigt und verpflichtet; der Rechtsträger ist in diesem Fall falsch bezeichnet, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.9.2005 – ZMR 2006, 279.

Hat eine GmbH Geschäftsräume angemietet, ist später zahlungsunfähig geworden und hat ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, und wird der Geschäftsbetrieb durch eine vom Geschäftsführer der GmbH gegründete GbR fortgeführt, so kommt dadurch kein Mietverhältnis über die Mieträume zwischen dem Vermieter (der GmbH) und der GbR zustande,1 OLG Köln – Urt. v. 4.7.2006 – ZMR 2006, 862 = MietRB 2007, 34 (Hoffmann).

Fragen zum Übergang der Mieterstellung ergeben sich, wenn sich die Rechtsform des Mieters von Gewerberaum ändert, s. dazu Rn. I 98a. Risiken bei der Wahrung der gesetzlichen Schriftform gemäß § 550 BGB ergeben sich, wenn die Parteibezeichnung unvollständig oder unrichtig ist. Das gilt etwa, wenn auf einer Vertragsseite eine Erbengemeinschaft beteiligt ist: Mangels Rechtsfähigkeit derselben kann der Mietvertrag nur mit den einzelnen Miterben zustande kommen. Zur Wahrung der Schriftform nach § 550 BGB sind die Vertragsparteien genau zu bezeichnen, da der Beweisfunktion nur dann genügt ist, wenn die genaue Bezeichnung u.a. des Vermieters aus der Vertragsurkunde ersichtlich ist, BGH – Urt. v. 11.9.2002 – WuM 2002, 601 = NZM 2002, 951: Wird als Vermieter lediglich eine Erbengemeinschaft aufgeführt, so ist die Schriftform nicht gewahrt; denn diese war nicht Vertragspartei, da der Mietvertrag mit den einzelnen Erben zustande gekommen ist, ebenso BGH – Urt. v. 12.7.2006 – GuT 2006, 241 = NZM 2006, 699 = ZMR 2006, 763, s. auch Rn. I 91. 1 Der Vermieter hat jedoch einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung unter den Voraussetzungen der §§ 987, 990 BGB gegen die GbR und analog § 128 HGB gegen den Geschäftsführer der früheren GmbH als Gesellschafter der GbR.

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62

Rn. I 63

Vertragsabschluss

Zur Bestimmbarkeit der Gesellschafter einer GbR bei Abschluss eines Mietvertrages vom Reißbrett s. Rn. I 94. b) Abschluss des Mietvertrages durch einen Vertreter 63

Vermieter wie auch Mieter können sich bei Vertragsabschluss vertreten lassen. Für das Zustandekommen des Mietvertrages ist es ohne Belang, ob bei seiner schriftlichen Abfassung einer Unterschrift ein Vertretungszusatz beigefügt ist oder nicht. Anders verhält es sich, wenn der Mietvertrag formbedürftig ist. Handelt es sich um einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von über einem Jahr, für den die Schriftform nach § 550 BGB zu wahren ist, und wird der Vertrag von einem Bevollmächtigten unterzeichnet, so bezieht sich das Formerfordernis auch auf die Vollmacht.1 Das bedeutet: Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muss dies zur Wahrung der Schriftform nach § 550 BGB in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BGH MDR 2003, 81 = NJW 2002, 3389, MDR 2003, 591 = NJW 2003, 1043, 1044 = NZM 2003, 235, 236 Rubrumsberichtigung), BGH – Urt. v. 16.7.2003 – MDR 2003, 1283,2 s. auch OLG Rostock – Urt. v. 25.9.2000 – ZMR 2001, 29: Schließen zwei Vermieter, die beide im Eingangstext des schriftlichen Mietvertrages als Vermieter bezeichnet werden, einen Immobilienmietvertrag ab, unterschreibt aber nur einer von ihnen die Vertragsurkunde, so ist die gemäß § 566 BGB a.F. (jetzt § 550 BGB) erforderliche Schriftform jedenfalls dann nicht gewahrt, wenn die Vollmacht des Unterzeichners nicht aus objektiven, außerhalb der Urkunde liegenden Umständen hervorgeht.

64

Es genügt, dass sich die Vollmacht aus den Umständen ergibt, die in der Urkunde ihren Niederschlag gefunden haben, z.B. einem beigefügten Stempelaufdruck der Gesellschaft, OLG Dresden – Urt. v. 31.8.2004 – NZM 2004, 286, 287, OLG Hamm – Urt. v. 23.11.2005 – ZMR 2006, 205: Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, so muss dies in der Urkunde – in der Regel durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz – hinreichend deutlich zum Ausdruck gelangen (BGHZ 125, 175, 178, BGH NJW 2003, 3053, ZMR 2004, 106, 108 = NJW 2004, 1103 f.). Das Fehlen eines solchen Zusatzes steht der Wahrung der Schriftform aber nicht entgegen, wenn der Unterzeichnende nicht selbst Vertragspartei werden sollte und sich somit aus den Umständen ergibt, dass er die eine Vertragspartei vertreten sollte (BGH NZM 2005, 502 = ZMR 2005, 691, 694).

Ein weiteres Beispiel: Ist eine GmbH als Mietpartei bezeichnet, so ist es für die Wahrung der Schriftform nicht erforderlich, dass die für die GmbH un1 S. dazu Beishart NZM 2004, 293, Stellvertretung bei Abschluss des Mietvertrages; ferner Ackermann, Vertretung bei formgebundenen Willenserklärungen, NZM 2005, 491. 2 S. dazu die kritische Besprechung von Schlicht ZMR 2004, 239; s. zu Vertretungszusatz und Schriftform: Lehmann-Richter ZMR 2007, 940.

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Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 67

terzeichnende Person einen Vertretungszusatz beifügt, denn da der Unterzeichnende nicht selbst Vertragspartei werden sollte, kann seine Unterschrift auf der mit „Vermieter“ gekennzeichneten Unterschriftszeile nur bedeuten, dass er mit seiner Unterschrift die GmbH als Vermieterin vertreten wollte, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1040 = NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691.

Bei einem Vertragsschluss mit einer KG wird das Vertretungsverhältnis durch den Zusatz „ppa.“ deutlich; aber selbst ohne einen solchen wäre erkennbar, dass der Unterzeichnende nicht für sich, sondern für die im Vertragsrubrum bezeichnete Gesellschaft handeln wollte, OLG Köln – Urt. v. 28.4.2005 – MDR 2006, 145 = ZMR 2005, 860.

Nur wenn von mehreren Vermietern oder Mietern oder von mehreren Gesellschaftern einer GbR lediglich einer unterschreibt, ist zur Wahrung der Schriftform ein Vertretungszusatz erforderlich, weil anderenfalls nicht ersichtlich wäre, ob der Unterzeichnende die Unterschrift nur für sich selbst oder zugleich in Vertretung der anderen leistet,

65

BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1040 = NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691, OLG Naumburg – Urt. v. 7.9.2004 – NZM 2004, 825 = ZMR 2005, 539, OLG Dresden – Urt. v. 24.1.2006 – MDR 2006, 1220 = MietRB 2006, 164 (Leo), OLG Düsseldorf – Beschl. v. 2.12.2005 – GuT 2006, 9 = MDR 2006, 627 = MietRB 2006, 162 (Hoffmann).

Besteht eine Gesamtvertretung, wird der Mietvertrag mit einer GmbH aber nur durch einen von zwei gesamtberechtigten Vertretern abgeschlossen, so ist der Vertrag analog § 177 BGB schwebend unwirksam; nimmt die GmbH ihre Geschäftstätigkeit auf und nutzt die Mieträume längere Zeit, so kann davon ausgegangen werden, dass der andere Vertreter den Abschluss des Mietvertrages konkludent genehmigt hat,

65a

OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.3.2005 – ZMR 2006, 35 = MietRB 2006, 163 (Bieber).

Schließt ein Verwalter den Mietvertrag ab, so kann zweifelhaft sein, ob er selbst oder der Eigentümer Vertragspartner des Mieters wird,1

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KG – Beschl. v. 8.9.1997 – MDR 1998, 529: Der Umstand, dass im Kopf eines Mietvertrages eine „M – Verwaltung“ als Vermieter genannt ist, zwingt nicht zu der Annahme, dass diese Verwaltung den Mietvertrag als Vertreter des Grundstückseigentümers für diesen abgeschlossen hat; denn unter der Bezeichnung „Verwaltung“ handelnde Rechtspersönlichkeiten können auch eigene Rechtsgeschäfte und damit auch Mietverträge abschließen. Schließlich werden die Parteien eines Mietvertrages allein durch den zwischen ihnen geschlossenen Mietvertrag bestimmt. Ihre Beziehungen zur Mietsache sind unerheblich (s. auch LG Berlin ZMR 1987, 96).

Indes handelt es sich hierbei um eine Auslegungsfrage, die je nach den Umständen auch anders beantwortet werden kann (so nämlich KG – Urt. v. 11.7.1983 – MDR 1983, 1023). Die gleichen Auslegungsschwierigkeiten ergeben sich übrigens auch bei Verträgen, die eine Hausverwaltung im Rah1 S. Börstinghaus MDR 2002, 929; ferner Schmidt-Futterer/Blank Rn. 212 vor § 535 BGB.

29

67

Rn. I 68

Vertragsabschluss

men ihrer eigenen typischen Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen abschließt, BGH – Urt. v. 8.1.2004 – NZM 2004, 559: Die Vergabe von Bauleistungen durch den Hausverwalter wird in der Regel für den Eigentümer als Auftraggeber vorgenommen, soweit sich aus den Umständen (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB) nichts anderes ergibt; OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.1.2003 – WuM 2003, 95: Eigengeschäft des Verwalters bei Anmietung von Heizkostenverteilern; OLG Brandenburg – Urt. v. 18.9.1996 – ZMR 1997, 598: Fremdgeschäft des Verwalters bei der Anmietung von Trocknungsgeräten zur Behebung eines Wasserschadens.

Dies unterstreicht die Notwendigkeit, bei Abschluss von Verträgen auf die richtige Parteibezeichnung zu achten. 68

Hat der Hausverwalter im eigenen Namen vermietet, so kann der Mieter daraus gegenüber dem Eigentümer kein Recht zum Besitz ableiten, LG Berlin GE 1995, 1207.

Wollte der Verwalter den Vertrag eigentlich im Namen des Vermieters abschließen und unterließ er es nur versehentlich, die Vertretungsabsicht offen zu legen, so wird der Verwalter zwar selbst Vermieter. Im Fall der Beendigung des Mietverhältnisses kann für diese ungewöhnliche Konstellation allerdings eine entsprechende Anwendung von § 565 BGB in Betracht kommen, KG – Beschl. v. 15.6.2000 – NZM 2000, 861 = WuM 2000, 480 zu § 549a BGB a.F.

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Ergibt der Mietvertrag, dass der Verwalter für den nicht näher bezeichneten Eigentümer abgeschlossen hat, so hat der Mieter gegenüber dem Verwalter einen Anspruch auf Auskunft über die Identität des Eigentümers/Vermieters, AG Berlin-Mitte MM 1994, 104.

Ein solcher Auskunftsanspruch gegenüber dem Verwalter besteht auch dann, wenn im Vertrag die genaue Bezeichnung des Vermieters unterblieben ist (z.B. Erbengemeinschaft nach Hans Meyer, GbR Hansastraße), AG Recklinghausen WuM 1997, 485.

c) Personenmehrheit als Mietvertragspartei aa) Personenmehrheit als Mieter 70

Schließen mehrere Mieter den Mietvertrag ab, so sind sie regelmäßig als Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts miteinander verbunden, KG – Beschl. v. 30.3.1992 – WuM 1992, 323, OLG München – Urt. v. 14.1.1994 – ZMR 1994, 216.

Das gilt etwa für die Anmietung durch die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (s. Rn. I 76), kommt aber auch bei Anmietung einer Wohnung durch Ehegatten in Betracht, soweit nicht familienrechtliche Vorschriften vorgehen,1 s. OLG Köln – Urt. v. 11.4.2006 – WuM 2006, 511 = ZMR 2006, 770, 771. 1 S. dazu Staudinger/Emmerich Rn. 82, 85 vor § 535 BGB; gegen Anwendung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 19.2 vor § 535 BGB.

30

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 71a

Hierbei handelt es sich im Regelfall um eine bloße Innengesellschaft. Jedoch ist eine Außengesellschaft denkbar, wenn z.B. eine Wohnung an eine Wohngemeinschaft unabhängig von ihrer jeweiligen personellen Zusammensetzung vermietet wird.1 Zur GbR als Mietpartei s. Rn. I 92. Im Außenverhältnis sind die Mitmieter grundsätzlich gesamthandberechtigt, z.B. was eine Kündigung oder Aufrechnung (LG Berlin ZMR 1992, 450) anbelangt. Einzelne Rechte im Rahmen des Mietverhältnisses können aber auch von einzelnen Mitmietern zugleich zugunsten der anderen geltend gemacht werden (actio pro socio), so der Anspruch auf

71

– Instandhaltung: LG Kassel WuM 1994, 534, – Vorschuss für die Mängelbeseitigung: LG Berlin GE 1994, 997, ZMR 1999, 712, – Erteilung der Untermieterlaubnis: LG Berlin NJW-RR 1992, 13, a.A. LG Saarbrücken NJW-RR 1992, 781 für Auswechseln von Mitgliedern einer Wohngemeinschaft. Vorauszusetzen ist jedoch eine Ermächtigung des klagenden Mitmieters durch die übrigen Mitmieter, LG Berlin ZMR 1999, 712 für den Anspruch auf Vorschuss zur Mängelbeseitigung.

Die einzelnen Mitglieder können nicht über ihren ideellen Anteil an einzelnen Rechten und Forderungen verfügen. Dies ist jedoch dann zulässig, wenn alle anderen Mitglieder zustimmen, LG Aachen WuM 1994, 461.

Tritt ein Dritter auf Mieterseite dem Mietvertrag bei, so ist hierfür die Mitwirkung der bisherigen Vertragsparteien erforderlich. Dies kann im Wege der Dreiecksvereinbarung oder einer Vereinbarung zwischen zwei Parteien unter Zustimmung der dritten erfolgen. Während die Zustimmung nach § 182 Abs. 2 BGB formfrei ist, bedarf die Dreiecksvereinbarung bei längerfristigen Verträgen der Schriftform nach § 550 BGB (s. Rn. I 221, 222); wird sie nicht gewahrt, so kann der Mietvertrag zum Ende des ersten Vertragsjahres seit Abschluss der Vereinbarung gekündigt werden (s. Rn. I 142). Der Beitritt kann auch schlüssig erfolgen. So kann es zum Beitritt eines Ehegatten zu dem von dem anderen Ehegatten abgeschlossenen Mietvertrag kommen, wenn er rechtsgeschäftliche Erklärungen (auch) im eigenen Namen abgibt, im eigenen Namen Ansprüche stellt und sich auch sonst wie ein Mitmieter geriert, BGH – Urt. v. 13.7.2005 – NZM 2005, 659 = WuM 2005, 570 = ZMR 2005, 78: Ein konkludenter Eintritt des Ehegatten in einen vom anderen Ehegatten abgeschlossenen Mietvertrag liegt insbesondere vor, wenn der Ehegatte im eigenen Namen Willenserklärungen gegenüber der Hausverwaltung abgibt und den Schriftverkehr im eigenen Namen führt, die Wohnung jahrelang allein nutzt, Miete zahlt, Schönheitsreparaturen ausführt, die Kündigung des Mietverhältnisses erklärt und eine (vom anderen Ehegatten) geleistete Kaution „zurückfordert“. 1 Börstinghaus MDR 2002, 929, 933; Schmid GE 2001, 753.

31

71a

Rn. I 72

Vertragsabschluss

LG Berlin NZM 2002, 119: Beitritt des Ehemanns zu dem von der Ehefrau abgeschlossenen Mietvertrag, wenn der Ehemann im Laufe der Mietzeit rechtsgeschäftliche Erklärungen im eigenen Namen und für die Ehefrau abgibt.1

Entsprechendes gilt für einen Austausch der Vertragsparteien (s. Rn. I 222), OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 27.10.2005 – MRB 2006, 266 (Mette): Verhandeln der Vermieter und der vom Mieter benannte Mietnachfolger über Änderungen des Vertrages, insbesondere über die Nutzungsart und die Miete und wird das bisherige Mietverhältnis nunmehr zwischen diesen Parteien über längere Zeit abgewickelt,2 ohne dass der Vermieter an den bisherigen Mieter herantritt, so liegt darin eine schlüssige Vertragsübernahme durch den benannten Mietnachfolger, die zur Schuldbefreiung des bisherigen Mieters führt.

72

Mehrere Mieter sind dann Gesamthandschuldner, wenn der Inhalt oder der Bestand des Mietverhältnisses selbst berührt wird (z.B. Mieterhöhung, Kündigung, Vertragsänderung). Sie haften als Gesamtschuldner wegen einzelner Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis (z.B. auf Zahlung von Mietzins, Durchführung von Schönheitsreparaturen, Räumung). Das gilt aber nicht ohne weiteres für Vertragsverletzungen nur eines Mitmieters; denn nach § 425 Abs. 1 BGB wirken andere als die in §§ 422–424 BGB bezeichneten Tatsachen nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten (s. aber Rn. I 73),3 LG Berlin NZM 2003, 311,4 LG Flensburg ZMR 2008, 895.

73

Anders verhält es sich aber dann, wenn der eingetretene Schaden sich aus der Sicht des Vermieters als aus der Sphäre der Mietermehrheit stammend darstellt und nicht eindeutig einem der Mitmieter persönlich zuzuordnen ist. Hier kann es gerechtfertigt sein, den Grundsatz des § 424 Abs. 1 BGB zu durchbrechen und im Wege der Vertragsauslegung anzunehmen, dass der Mietvertrag i.S. von § 425 Abs. 1 BGB „ein anderes“ ergibt, OLG Celle – Urt. v. 18.2.1996 – MDR 1998, 896 für Verletzung der Obhutspflicht,5 LG Berlin NZM 2003, 311.

74

Eine gesamtschuldnerische Einstandspflicht besteht grundsätzlich auch, soweit es sich um die Erfüllung sonstiger Vertragspflichten oder das Unterlassen von Vertragswidrigkeiten handelt. Letzteres gilt jedenfalls insoweit, als der selbst nicht störende Mieter in der Lage ist, auf den störenden Mitmieter einzuwirken, 1 Zum Fall: Zustimmung zu Mieterhöhungen nach § 558 BGB, Duldungserklärung nach § 554 Abs. 2 BGB. 2 Zum Fall: Übernahme von Mietrückständen des bisherigen Mieters, Umbaumaßnahmen in Kenntnis des Vermieters, Aushandeln neuer Vertragsbedingungen. 3 Fischer-Dieskau/Franke BGB § 535 Anm. 19.8; Staudinger/Emmerich Rn. 80 vor § 535 BGB. 4 Zum Fall: Der Mieter hatte eine von ihm aufgestellte Hebebühne nicht entfernt, obwohl er hierzu vom Vermieter und Mitmieter aufgefordert worden war; die Haftung des Mitmieters wurde verneint. 5 Zum Fall: Der Mieter hatte einen Schaden durch Nichtbeaufsichtigung einer älteren Waschmaschine verursacht; die Haftung des Mitmieters ist bejaht worden.

32

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 76

AG Bad Cannstatt WM 1997, 492: Die Ehefrau als Mitmieterin muss sich die Vertragsverletzungen des Ehemannes zumindest dann zurechnen lassen, wenn sie sich hiervon nicht unverzüglich nachhaltig distanziert.

Auf die Haftung eines unvermögenden Mitmieters eines Gewerbeobjekts kann die Rspr. des BGH zur Überforderung eines Bürgen (BGHZ 135, 66 f.) nicht übertragen werden, selbst wenn dessen Aufnahme in den Mietvertrag auf Wunsch des Vermieters erfolgte,1 LG Hamburg ZMR 2003, 841.

Die Einstandspflicht für einen nur von einem Mitmieter gesetzten Kündigungsgrund der nicht nur unerheblichen Vertragsverletzung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) ist jedoch beschränkt. Hier wird es auf das Gewicht des Vertragsverstoßes ankommen, was auf eine Zumutbarkeitsprüfung nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB, aber auch nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB hinausläuft,2

75

bejahend OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.3.1987 – ZMR 1987, 423 für vertragswidrige Nutzung gewerblicher Räume auch zum Wohnen; s. auch AG München WuM 2004, 204, wenn die Mieterin ihren randalierenden Bruder in die Wohnung gelassen hat, obwohl sie zu beruhigen versuchte und die Polizei rief. Verneinend AG Schöneberg ZMR 2000, 839 bei erheblicher Beschädigung des Gartentores durch einen von mehreren Mitmietern nach Provokation durch den Vermieter; AG Hamburg ZMR 2003, 581: wenn der sich vertragsgemäß verhaltende Mieter vor Ausspruch der Kündigung im Rahmen seiner Möglichkeiten alles unternommen hat, um auf den störenden Mitmieter einzuwirken.3

Nicht zu verwechseln ist diese Problematik mit der Frage, ob der Mieter auch im Rahmen der Kündigungstatbestände für das Verhalten Dritter nach Maßgabe des § 278 BGB einzustehen hat (s. dazu Rn. XI 10, XII 25). aaa) Eheliche und nichteheliche Lebensgemeinschaften Sind Eheleute Mietvertragspartner bezüglich der Ehewohnung, so regelt sich ihr Innenverhältnis in erster Linie nach familienrechtlichen Regelungen; erst hilfsweise sind die Vorschriften über die GbR – zumindest entsprechend – anzuwenden.4 Nach erfolgter Trennung kann ein Ehepartner die Zustimmung zur Kündigung der gemeinsam angemieteten ehemaligen Ehewohnung von dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten dann verlangen, wenn unterhaltsrechtliche Gründe oder auch der Gesichtspunkt nachehelicher Solidarität 1 Zum Fall: Die Ehefrau des Mieters, 3 Kinder und ohne eigenes Einkommen, unterzeichnete den Mietvertrag als Gesellschafterin und übernahm die persönliche sowie gesamtschuldnerische Haftung zusammen mit dem Mieter. 2 Dazu ausführlich Eckert, Kündigung des Mietverhältnisses mit mehreren Mietern, Gedächtnisschrift Jürgen Sonnenschein, 2003, S. 313 f., 325. 3 Zum Fall: Hausfriedensstörungen durch den vom Familiengericht aus der Wohnung gewiesenen Ehegatten-Mitmieter. 4 Zum Meinungsstand s. Hülsmann NZM 2004, 124, 127, ferner zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Vorbem. Rn. 255 f.; Staudinger/Emmerich Vorbem. Rn. 85; Lammel Rn. 69 f.

33

76

Rn. I 76a

Vertragsabschluss

dem nicht entgegenstehen. Denn in diesem Fall ist der Grund für einen Anspruch des in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten, das Mietverhältnis aufrecht zu erhalten, weggefallen, OLG Köln – Urt. v. 11.4.2006 – WuM 2006, 511 = ZMR 2006, 770, 771.1

Im Rahmen der Entscheidung über die Wohnungszuweisung nach § 5 HausratsV kann der Richter bestimmen, dass ein von beiden Ehegatten eingegangenes Mietverhältnis von einem Ehegatten allein fortgesetzt wird. Er kann Anordnungen treffen, die – wie z.B. die weitere Mithaftung des anderen Ehegatten für die künftige Miete – geeignet sind, die aus dem Mietverhältnis herrührenden Ansprüche des Vermieters zu sichern. Für die Entlassung eines der Ehegatten aus dem Mietverhältnis, jedenfalls nicht ohne Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, ist in der Regel kein Raum, wenn die Zahlungsfähigkeit des verbleibenden Ehegatten zweifelhaft ist. Etwas anderes kann dann gelten, wenn ein Verbleib des ausziehenden Ehegatten im Mietvertrag wirtschaftlich völlig sinnlos ist, OLG Köln – Beschl. v. 9.1.2007 – WuM 2007, 275.

76a

Für die nichtehelichen oder die nicht registrierten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften ergeben sich einige Besonderheiten. Zunächst sind auch sie mietrechtlich als GbR verfasst, wenn beide Partner gemeinsam gemietet haben,2 OLG München – Urt. v. 14.1.1994 – ZMR 1994, 216.

Endet die Lebensgemeinschaft und sind beide Partner Mieter, so können die Partner wechselseitig verlangen, dass der andere einer Kündigung des Mietverhältnisses zustimmt oder an einer Auflösungsvereinbarung mitwirkt, BGH – Urt. v. 16.3.2005 – MDR 2005, 858 = NZM 2005, 452 = WuM 2005, 341 = ZMR 2005, 522: Haben mehrere Mieter als Partner einer Lebens- oder Wohngemeinschaft gemeinsam eine Wohnung gemietet und zieht einer der Mieter aus, so wird diesem ein Anspruch eingeräumt, an der – für eine Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich erforderlichen – gemeinsamen Kündigung mitzuwirken, sofern nicht berechtigte Interessen des anderen Mieters dem entgegenstehen. Dem Mieter, der die Wohnung nicht kündigen, sondern allein weiter nutzen will, bleibt es unbenommen, dieses mit dem Vermieter zu vereinbaren. Daraus folgt, dass der Mieter, der die Wohnung im Einverständnis des Vermieters allein weiter nutzt und deshalb an einer Kündigung nicht mitwirkt, gegenüber dem ausziehenden Mieter und dem Vermieter nach § 242 BGB verpflichtet ist, an einer der tatsächlichen Nutzung entsprechenden Vertragsänderung – nämlich der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit ihm allein – mitzuwirken und dadurch der Entlassung des ausziehenden Mieters aus dem Mietverhältnis zuzustimmen. Der Mieter verhält sich widersprüchlich, der einerseits das Mietverhältnis nicht gemeinsam mit dem ausziehenden Mieter kündigt, sondern die Wohnung weiter nutzt, und der andererseits seine Zustimmung zur Entlassung des 1 Zum Fall: Der Kläger verlangte mit Erfolg 3 Jahre nach der Scheidung und 6 Jahre nach der Trennung von der Beklagten die Zustimmung zur Kündigung. Die Beklagte ist wieder verheiratet, nicht mehr unterhaltsberechtigt und lebt in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen. 2 Ausführlich Sternel in: Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 2. Aufl., 2004, S. 361 f.

34

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 78

Mitmieters verweigert, ohne dass dies durch schutzwürdige Interessen gerechtfertigt wäre, OLG Köln – Beschl. v. 21.6.1999 – WuM 1999, 521, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 2.5.2007 – WuM 2007, 567, LG Karlsruhe WuM 1996, 146, LG Gießen WuM 1996, 273 = ZMR 1997, 142, zum Streitwert: KG – Beschl. v. 30.3.1992 – WuM 1992, 323.

Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Mitwirkung an bzw. Zustimmung zu einer vorzeitigen Mietaufhebungsvereinbarung, sofern auch der Vermieter hierzu bereit ist, s. dazu BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 419 = WuM 2004, 280 = ZMR 2004, 492.

Der oder die Mitmieter, die in der Wohnung verblieben sind, können sich gegenüber dem Begehren des Ausziehenden nicht auf die Bestimmungen des Mieterschutzes berufen, da dieser im Verhältnis der Mitmieter untereinander nicht zum Tragen kommt,

77

OLG Köln – Beschl. v. 21.6.1999 – WuM 1999, 521.

Der Anspruch auf Mitwirkung bzw. Zustimmung zur Auflösung des Mietverhältnisses bezieht sich auf den Beendigungszeitpunkt, zu dem das Mietverhältnis durch eine mieterseitige Kündigung frühestens hätte beendet werden können, LG Berlin ZMR 2002, 751.

Das gilt auch, wenn der Vermieter mit einer früheren Beendigung einverstanden wäre; denn mit dem gemeinsamen Abschluss eines befristeten Mietvertrages ist im Zweifel auch das zugrundeliegende Gesellschaftsverhältnis befristet worden, LG Gießen MDR 1996, 898 = WuM 1996, 273.

Der Anspruch auf Zustimmung zu einer sofortigen Kündigung kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der in der Wohnung verbliebene Partner keine Ersatzwohnung hat oder er aus anderen gewichtigen Gründen nicht in der Lage ist, die Wohnung sofort zu räumen, LG Mannheim ZMR 1993 S. XIV Nr. 9.

In den Fällen, in denen der in der Wohnung verbleibende Mitmieter sich einer Beendigung des Mietverhältnisses widersetzt, ist in der Regel davon auszugehen, dass er künftig die Miete allein zu tragen hat, weil insoweit im Innenverhältnis der Gesamtschuldner untereinander „ein anderes bestimmt ist“ (§ 425 Abs.1 Satz 1 letzter Halbsatz BGB). Ihm steht also kein Ausgleichsanspruch gegenüber dem aus der Wohnung ausgezogenen Partner zu; jedoch ist ihm eine Überlegungsfrist dafür einzuräumen, ob er die Wohnung behalten will. Bleibt er wohnen, so entfällt der Ausgleichsanspruch auch für die Dauer der Überlegungsfrist, OLG Brandenburg – Beschl. v. 4.1.2007 – NZM 2007, 823 = MietRB 2008, 3 (Theesfeld).

Der ausgezogene Mitmieter kann andererseits von dem in der Wohnung Verbliebenen die Freistellung von den Mietzinsforderungen des Vermieters verlangen, 35

78

Rn. I 79

Vertragsabschluss

OLG Düsseldorf – Urt. v. 24.10.1997 – MDR 1998, 830 = WuM 1998, 413, OLG Köln – Urt. v. 28.3.2003 – ZMR 2004, 32 für den Fall, dass der in der Wohnung verbliebene Partner sich gegenüber dem Vermieter damit einverstanden erklärt hat, dass dieser dem ausgezogenen Partner eine andere Wohnung vermietet; anders OLG Dresden – Beschl. v. 17.5.2002 – ZMR 2003, 419 für den Fall, dass die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam einen befristeten Mietvertrag über eine mit Blick auf eine alsbald erfolgte Heirat angemietete Wohnung schließen.

Allein die Bereitschaft des in der Wohnung verbliebenen Mitmieters, den ausgezogenen Mieter freizustellen, steht dessen Anspruch auf Zustimmung zur Auflösung des Mietverhältnisses nicht entgegen, sofern dieses Verlangen nicht aus anderen gewichtigen Gründen rechtsmissbräuchlich ist, vgl. auch OLG Köln – Beschl. v. 11.4.2006 – WuM 2006, 511 = ZMR 2006, 770, 771 für die eheliche Wohnung nach endgültiger Trennung der Eheleute.

79

Die Auszahlung der anteiligen Mietkaution kann erst verlangt werden, nachdem der Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber dem Vermieter fällig geworden ist, AG Köln WuM 1994, 194.

80

Ist nur einer der Partner der Lebensgemeinschaft Mieter geworden, so kann er bei Beendigung des Mietverhältnisses von dem anderen die Räumung verlangen, AG Potsdam WuM 1994, 528 unter Hinweis auf § 723 BGB, AG Gelsenkirchen WuM 1994, 528.

Allerdings wird dem Partner, der nicht Mieter geworden ist, noch für eine gewisse Übergangszeit Besitzschutz gegenüber dem anderen Partner vor verbotener Eigenmacht eingeräumt, AG Waldshut-Tiengen NJW-RR 1994, 712.

bbb) Mietverhältnis und Gewaltschutz 81

Nicht selten geht die Auflösung einer ehelichen oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Ausübung von Gewalt oder der Androhung von Gewalt i.S. von § 1 GewSchG v. 11.12.2001 (BGBl. I 3513) einher.1 Bei Gewaltanwendung oder Verletzung der Freiheit2 kann das Opfer – fast immer die Frau – vom Täter verlangen, dass ihm die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Nutzung befristet überlassen wird. Die Durchsetzung des Anspruchs erfolgt durch Anordnungen des Familiengerichts (§ 23b Abs. 1 Nr. 8a GVG). Ein Anspruch auf Wohnungszuweisung setzt grundsätzlich eine Verletzungshandlung i.S. von § 1 Abs. 1 GewSchG voraus (§ 2 Abs. 1 1 S. dazu Brudermüller, Zuweisung der Wohnung zum Schutz vor Gewalt, FS Blank, 2006, S. 109 f.; Schumacher NZM 2001, 572 f.; Schach GE 2002, 314. 2 OLG Brandenburg – Beschl. v. 20.4.2005 – NZM 2006, 77: Es genügt ein Einsperren in der Küche von ca. 10 Minuten, wobei die Widerrechtlichkeit vermutet wird; die Vermutung muss der Antragsgegner widerlegen.

36

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 83

GewSchG). Im Falle bloßer Gewaltandrohung i.S. von § 1 Abs. 2 GewSchG kann eine Wohnungszuweisung nur verlangt werden, wenn dies erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden (§ 2 Abs. 6 GewSchG). Dies ist für den Fall der Nötigung verneint worden,1 OLG Rostock – Beschl. v. 16.10.2006 – NZM 2007, 703: Ein Anspruch auf Überlassung der gemeinschaftlich genutzten Wohnung besteht nur, wenn der Antragsgegner vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit der Antragstellerin verletzt, nicht bei einer Nötigung, die in der Drohung liegt, deren Haus mit einem Radlader zusammenzuschieben.

Das Gericht kann im Wege einstweiliger Anordnungen vorläufige Regelungen treffen (§ 64b FGG). Unabhängig davon ermöglicht auch die Neufassung des § 940a ZPO den Erlass von Räumungsverfügungen, wenn konkrete Gefahr für Leib oder Leben besteht. Damit ist der Gesetzgeber den Anforderungen der Praxis entgegengekommen, da hierdurch ein Teil des Konfliktpotentials ausgeräumt worden ist. Der aus der Wohnung gewiesene Partner kann seinerseits nicht im Wege der einstweiligen Verfügung die Rückkehr in die gemeinsame Wohnung erzwingen. Im Einzelnen sind folgende Fälle zu unterscheiden:2

82

– Sind beide Partner Mieter der Wohnung, so hat das Opfer einen Anspruch auf befristete Überlassung der Wohnung, ohne dass für die Überlassungsdauer eine gesetzliche Höchstgrenze besteht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewSchG). – Hat der Täter die Wohnung allein gemietet und ist das Opfer auch nicht später Mitmieter geworden, so beträgt die Höchstdauer der befristeten Überlassung sechs Monate; der Zeitraum kann um höchstens weitere sechs Monate verlängert werden, wenn das Opfer sich innerhalb der gesetzten Frist keine andere angemessene Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen hat beschaffen können, es sei denn, dass dem überwiegende Belange des Täters entgegenstehen (§ 2 Abs. 2 Sätze 2, 3 GewSchG). – Ist das Opfer alleiniger Mieter der Wohnung, so kommt eine gerichtliche Schutzanordnung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GewSchG infrage, gemäß der dem Täter verboten wird, die Wohnung des Opfers zu betreten. Derartige Anordnungen können zeitlich unbefristet ergehen, was im Ergebnis auf eine Exmittierung des Täters hinausläuft. Das Gewaltschutzgesetz greift nicht unmittelbar in die mietrechtlichen Vertragsbeziehungen ein, beeinflusst diese jedoch. Grundsätzlich bleiben die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Vermieter unberührt. Haben beide Partner die Wohnung angemietet, so bleibt auch der aus der Wohnung ausgewiesene zur Zahlung der Miete weiter verpflichtet. Im Innenverhältnis besteht ein Ausgleichsanspruch, wie er bei Auflösung der Lebensgemeinschaft gegeben wäre. Der Täter bleibt im Außenverhältnis auch zur Durchführung von Schönheitsreparaturen, Reinigung von Gemeinschafts1 Weiter gehend mit Recht Brudermüller, FS Blank, 2006, S. 109, 111. 2 S. dazu Brudermüller WuM 2003, 250, 254.

37

83

Rn. I 84

Vertragsabschluss

flächen u.a. verpflichtet. Auch in diesem Zusammenhang kann ein Ausgleich nur im Innenverhältnis erfolgen. Der Täter ist nicht in der Lage, allein das Mietverhältnis zu kündigen. Da jedoch in der Regel schon mit der Erhebung des Anspruchs auf Wohnungsüberlassung, der spätestens bis zum Ablauf von drei Monaten seit der Tat schriftlich gegenüber dem Täter gestellt sein muss (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 GewSchG), die Aufkündigung der Gemeinschaft nach § 723 BGB verbunden ist, hat der Täter einen Anspruch gegenüber dem Opfer, an der Aufhebung des Mietverhältnisses mitzuwirken. Dieser wird jedoch zeitlich eingeschränkt durch den Anspruch des Opfers auf Überlassung der Wohnung. Er ist – wie erwähnt – nicht an die Höchstgrenze von sechs Monaten gebunden. Ist der Täter alleiniger Mieter, so wird sein Pflichtenkreis gegenüber seinem Vermieter nicht dadurch betroffen, dass dem anderen Partner als Opfer die Wohnung befristet – grundsätzlich höchstens bis zu sechs Monaten – zur alleinigen Nutzung überlassen wird, s. auch AG Ludwigsburg NZM 2005, 302 bei polizeilichem Platzverweis.

84

In der Überlassung liegt keine vertragswidrige Gebrauchsüberlassung i.S. von §§ 540 Abs. 1, 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB, so dass der Vermieter weder Unterlassung beanspruchen, noch fristlos kündigen kann. Es liegt nahe, dass der Täter bestrebt sein wird, das ihm nun lästige Mietverhältnis möglichst kurzfristig zu beenden, indem er es selbst kündigt oder eine fristlose Kündigung etwa wegen Zahlungsverzugs provoziert. Letzteres kann der in der Wohnung verbleibende Partner nur abwenden, indem er den Zahlungsrückstand nach Maßgabe des § 569 Abs. 3 BGB innerhalb der Schonfrist zahlt und zur Vermeidung einer erneuten Kündigung die laufenden Zahlungen sicherstellt. Ein Widerspruch des Vermieters nach § 267 Abs. 2 BGB wäre treuwidrig. Im Übrigen besteht keine Kündigungssperre. Ob das Familiengericht dem Täter untersagen kann, eine Kündigung auszusprechen, die vor Ablauf der Überlassungsfrist wirkt, kann dahinstehen; ein derartiges Verbot würde nämlich gegenüber dem Vermieter nicht wirken. Dem Räumungsanspruch des Vermieters nach § 546 Abs. 2 BGB hätte das Opfer materiell nichts entgegenzusetzen, sondern könnte – wie sonst – nur eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO, notfalls Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO, beanspruchen.

85

Besteht zwischen den Partnern ausnahmsweise ein Untermietverhältnis, so kann zugunsten des Opfers, das Untermieter ist, ein gerichtliches Kündigungsverbot gegenüber dem Täter für die Dauer der Überlassung zur alleinigen Nutzung wirken, sichert aber nicht den unbefristeten Erhalt der Wohnung.

bb) Personenmehrheit als Vermieter 86

Stehen auf Vermieterseite mehrere Personen, so bilden sie, wenn sie sich nicht gerade zu dem Zweck verbunden haben, das Mietobjekt gemeinsam zu 38

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 90

vermieten und somit in Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln, hinsichtlich der Ansprüche aus dem Mietverhältnis eine Bruchteilsgemeinschaft,1 BGH – Beschl. v. 28.4.1999 – BGHZ 141, 239, 244 = NZM 1999, 553 = ZMR 1999, 546, 547, BGH – Urt. v. 28.9.2005 – WuM 2005, 790 = ZMR 2006, 30 = NZM 2005, 941 = MietRB 2006, 57 (Dickersbach), OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.7.1996 – ZMR 1998, 25, OLG München – Urt. v. 4.8.1994 – ZMR 1997, 285, 287.

Ist dagegen bezweckt, das Mietverhältnis gemeinsam durchzuführen, so wird von einer BGB-Gesellschaft auszugehen sein. Hier wird jedoch zu unterscheiden sein, ob es sich um eine Außen- oder um eine bloße Innengesellschaft handelt. Zum ersteren Fall s. Rn. I 92 f. Im letzteren Fall sind die Gesellschafter im Außenverhältnis gesamthänderisch verbunden, soweit es um die Geltendmachung von Rechten und Ansprüchen aus dem Mietverhältnis oder um die Erfüllung von Pflichten geht, die den Inhalt oder den Bestand des Mietverhältnisses selbst betreffen. Dagegen haften sie für Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis im Übrigen als Gesamtschuldner.

87

Zu einer Vermietermehrheit kann es im Zuge der Umwandlung einer Wohnung in Wohnungseigentum kommen. Werden nämlich Teile des einheitlich vermieteten Objekts in das Sondereigentum verschiedener Personen überführt, so bleibt die Einheit des Vertrages erhalten. Beide Sondereigentümer rücken in die Vermieterstellung ein,

88

BGH – Urt. v. 28.9.2005 = WuM 2005, 790 = ZMR 2006, 30 = NZM 2005, 941 = MietRB 2006, 57 (Dickersbach), wenn in einer Wohnanlage eine Wohnung und eine Garage einheitlich vermietet werden, das Grundstück darauf in Wohnungseigentum aufgeteilt wird und Wohnung und Garage an verschiedene Erwerber veräußert werden; LG Hamburg ZMR 1999, 765, für den Fortbestand des einheitlichen Mietverhältnisses auch LG Bonn ZMR 2000, 830.

Anders verhält es sich, wenn aus Anlass der Begründung und Veräußerung von Wohnungseigentum Teile des Mietobjekts in Gemeinschaftseigentum übergehen oder Gemeinschaftsflächen betroffen werden, die dem Mietgebrauch unterliegen; hier wird der Sondereigentümer alleiniger Vermieter,

89

BGH – Beschl. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = WM 1999, 390 = ZMR 1999, 546: Der Erwerber einer vermieteten Eigentumswohnung ist alleiniger Vermieter, wenn die Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist und zusammen mit der Wohnung ein Kellerraum vermietet ist, der nach der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer steht.

Wird ein einheitlich vermietetes Grundstück geteilt und der eine Teil an einen Dritten veräußert, so kommt es ebenfalls nicht zu einer Aufspaltung des Mietverhältnisses, sondern zu einer Vermietergemeinschaft bezüglich des gesamten Objekts zwischen dem veräußernden Vermieter und dem Erwerber, 1 Fischer-Dieskau/Franke Anm. 18 vor § 535 BGB; MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 44; s. dazu aber auch Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 106; Staudinger/Emmerich Rn. 73 vor § 535 BGB.

39

90

Rn. I 91

Vertragsabschluss

BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 941 = WuM 2005, 790 = ZMR 2005, 790: Der über eine Wohnung und eine Garage geschlossene einheitliche Mietvertrag wird durch die Veräußerung der Wohnung und der Garage an verschiedene Erwerber nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten; vielmehr treten die Erwerber in den einheitlichen Mietvertrag ein. Ihr Verhältnis zueinander bestimmt sich nach den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft. BayObLG – Beschl. v. 12.12.1990 – NJW-RR 1991, 651 = WuM 1991, 78 = ZMR 1991, 174, LG Köln WuM 2004, 614.

91

Besonderheiten gelten für die Erbengemeinschaft, auf die die Regeln über die Außengesellschaft nicht anzuwenden sind, BGH – Urt. v. 11.9.2002 – MDR 2003, 81 = NZM 2002, 951 = WuM 2002, 601 = ZMR 2002, 907, BGH – Beschl. v. 17.10.2006 – NZM 2006, 944 = WuM 2006, 695 = ZMR 2007, 26 = MietRB 2007, 29 (Intween),1

sofern sie sich nicht in eine solche umwandelt. Ein Vertreter kann nicht für die Erbengemeinschaft den Mietvertrag abschließen, sondern nur für die einzelnen Erben handeln. Diese müssen im Mietvertrag vollständig genannt werden, wenn die gesetzliche Schriftform für den Mietvertrag gemäß § 550 BGB zu wahren ist, BGH a.a.O., BGH – Urt. v. 12.7.2006 – NZM 2006, 699 = ZMR 2006, 763.

Ist einer der Miterben im Mietvertrag nicht genannt – etwa weil er übersehen wurde oder nicht bekannt ist –, so ist die Form nicht gewahrt. Um diese Folge zu vermeiden, empfiehlt es sich, in den Mietvertrag eine wechselseitige Verpflichtung aufzunehmen, Formfehler zu beheben (s. Rn. II 248).

cc) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Mietvertragspartei 92

Allgemein anerkannt ist nunmehr, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als rechts- und parteifähig anzusehen ist, sofern es sich um eine Außengesellschaft handelt, grundlegend: BGH – Urt. v. 29.1.2001 – BGHZ 146, 341 = NZM 2001, 299 = WuM 2001, 134 = ZMR 2001, 339, BGH – Beschl. v. 16.7.2001 – MDR 2001, 1248, BGH – Beschl. v. 18.2.2002 – NZM 2002, 271 = ZMR 2002, 412, BGH – Urt. v. 15.1.2003 – NZM 2003, 235 = MDR 2003, 591.

Danach gilt: – Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. – In diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig. 1 S. dazu Fritz WuM 2007, 60.

40

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 94

– Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der GbR persönlich haftet, entspricht das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen bei der OHG (Akzessorietät), BGH – Urt. v. 29.1.2001 – BGHZ 146, 341 = NZM 2001, 299 = WuM 2001, 134.

Diese Grundsätze gelten auch für die Wohnungseigentümergemeinschaft, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt, BGH – Beschl. v. 2.6.2005 – BGHZ 163, 154 = NZM 2005, 543 = ZMR 2005, 547, BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NZM 2007, 363 = ZMR 2007, 472.

Die neue Rspr. zur GbR hat zu einer Neuorientierung der mietrechtlichen Praxis geführt. Es ergeben sich nämlich nunmehr erhebliche Unterschiede, ob ein Mietvertrag mit einer GbR oder mit einer Personenmehrheit auf Vermieter- oder Mieterseite abgeschlossen wird.1 Die Außen-GbR gilt zwar als grundrechtsfähig,

93

BVerfG – Beschl. v. 2.9.2002 – NZM 2002, 986,

jedoch nicht als grundbuchfähig, BayObLG – Beschl. v. 31.10.2002 – NZM 2002, 1047 = WuM 2002, 676, OLG Celle – Beschl. v. 13.3.2006 – NZM 2006, 518.

Hat eine (Außen-)GbR ein Hausgrundstück erworben und sind die Gesellschafter der GbR ins Grundbuch eingetragen worden, so ist die GbR in die bestehenden Mietverhältnisse eingetreten und nicht die Gesellschafter, LG Berlin NZM 2002, 780, s. auch BGH – Urt. v. 14.9.2005 – NZM 2005, 942 = WuM 2005, 791: Nicht die Gesellschafter der durch Grundstückserwerb in das Mietverhältnis eingetretenen GbR, sondern die GbR ist forderungsberechtigt und die „richtige Partei“ als Klägerin auf Nachzahlung von Heizkosten auf Grund einer Abrechnung.

aaa) Vertragsabschluss Rechte und Pflichten kann nur eine sog. Außengesellschaft erwerben, d.h. die als Gesellschaft nach außen erkennbar in Erscheinung tritt. Das ist nicht schon der Fall, wenn mehrere Vermieter oder Mieter den Mietvertrag abschließen. Soll die Außengesellschaft Mietvertragspartei werden, so ist es erforderlich, dass dies im Mietvertrag – insbesondere im Vertragskopf – zum Ausdruck gelangt, etwa durch Angabe der Gesellschaftsbezeichnung oder von Gesellschafternamen, jeweils mit dem Zusatz „GbR“ oder „& Co.“ oder einem ähnlichen, auf ein Gesellschaftsverhältnis hinweisenden Zusatz. Werden die Gesellschafter im Kopf des Vertrages als Vertragspartei ohne Zusatz aufgeführt, so ergibt sich nicht, dass Vertragspartei eine Außengesellschaft sein soll. 1 S. dazu Kraemer NZM 2002, 465, 470; Weitemeyer ZMR 2004, 153; ferner Armbrüster GE 2001, 821; Jacoby ZMR 2001, 409; s. auch Fischer-Dieskau/Franke Anm. 20 vor § 535 BGB; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 171, 172 f. vor § 535.

41

94

Rn. I 94a

Vertragsabschluss

Wird ein langfristiger Mietvertrag „vom Reißbrett“ mit einer GbR abgeschlossen, so ist es zur Wahrung der Schriftform nach § 550 BGB erforderlich, dass die Zusammensetzung der Gesellschafter zur Zeit des Vertragsabschlusses zumindest bestimmbar ist; dagegen brauchen sie nicht namentlich festzustehen,1 BGH – Urt. v. 2.1.2005 – NZM 2006, 104 = ZMR 2006, 116 = MietRB 2006, 97 (Bieber).

94a

Handeln Vertreter für die GbR, so muss sich die Vertretungsmacht aus der Vertragsurkunde ergeben, wenn die gesetzliche Schriftform nach § 550 BGB gewahrt werden soll,2 BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NZM 2003, 801 = ZMR 2004, 19, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 2.12.2005 – GuT 2006, 9 = WuM 2006, 467 (LS): Lässt sich eine GbR bei Abschluss eines langfristigen Mietvertrages von einem Gesellschafter oder Dritten vertreten, muss der Vertreter mit Vertretungszusatz unterzeichnen, um die Form des § 550 Abs. 1 BGB zu wahren; OLG Rostock – Urt. v. 25.2.2002 – DWW 2002, 331: Die Unterzeichnung des Vertrages durch einen von zwei Gesellschaftern reicht aus, wenn erkennbar ist, dass der Unterzeichner nicht nur für sich, sondern zugleich in Vollmacht des anderen unterschrieben hat.

Jedoch braucht der Hinweis auf die Vollmacht nicht ausdrücklich zu erfolgen; vielmehr genügt es, wenn er sich aus den Umständen ergibt, soweit diese ihren Niederschlag in der Urkunde gefunden haben. Dies kann etwa durch einen der Namensunterschrift beigefügten Stempelaufdruck mit der Firma der GbR geschehen, OLG Dresden – Urt. v. 31.8.2004 – NZM 2004, 286, 287, enger: OLG Naumburg – Urt. v. 7.9.2004 – NZM 2004, 825 = ZMR 2005, 539: Es bedarf eines ausdrücklichen Hinweises auf die Vertretungsmacht.

Diese Grundsätze gelten für eine GbR sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite. Besteht die GbR aus mehreren Gesellschaften, deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer jeweils dieselbe Person ist, so soll es für die Wahrung der Schriftform nach § 550 BGB genügen, wenn diese Person die Vertragsurkunde nur einmal unterzeichnet; denn es wäre bloße Förmelei, wenn der Gesellschafter zweimal hätte unterschreiben sollen,3 OLG Dresden – Urt. v. 24.1.2006 – MietRB 2006, 164 (Leo).

95

Mehrere Personen, die eine Wohnung gemeinsam und zum gemeinsamen Wohnen anmieten, werden insoweit häufig als Innengesellschaft miteinander verbunden sein. Denkbar ist jedoch auch, dass sie als Außengesellschaft auftreten. In diesem Fall liegt (ebenfalls) ein Wohnraummietverhältnis vor, weil 1 Zum Fall: Ausreichend ist die Angabe: „Vermieter ist die Erwerbergemeinschaft, die die Errichtung und Vermietung eines Wohn- und Geschäftshauses in M. betreibt, in ihrer jeweiligen Zusammensetzung“. 2 Zur Schriftform bei der Vermietung vom Reißbrett s. Schede/Rösch NZM 2005, 447. 3 Zum Fall: Gesellschafter waren eine KG und eine GmbH; der Unterzeichnende war alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter beider Gesellschaften.

42

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 98

sich der Vertragszweck auf das Wohnen bestimmter Personen, nicht aber auf die Überlassung der Wohnung an Dritte bezieht.1 bbb) Gesellschafterwechsel und Umwandlungen Ein Ausscheiden, eine Neuaufnahme oder ein Wechsel von Gesellschaftern der Außengesellschaft berührt den Bestand des mit der GbR abgeschlossenen Mietvertrages nicht,

96

OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.2.2003 – NZM 2003, 237: Ist der Mietvertrag (hier: auf Vermieter- und Mieterseite) durch eine rechtsfähige GbR abgeschlossen, so hat ein Wechsel im Mitgliederbestand der Gesellschaft auf den Bestand des Mietvertrages keinen Einfluss.

Das Gleiche gilt bei Gesellschaftsumwandlungen unter Aufnahme weiterer Gesellschafter, KG – Beschl. v. 26.2.2001 – GE 2001, 551 = WuM 2001, 230: Nach dem Urteil des BGH v. 29.1.2001 (BGHZ 146, 341) steht fest, dass Änderungen im Gesellschafterbestand einer Außen-GbR keinen Einfluss auf die Vermieterstellung haben.2

Schließt jemand einen Mietvertrag mit einer GbR, so ist damit (nach neuer Rspr. ohnehin) sein schlüssiges Einverständnis erklärt, dass die jeweiligen Mitglieder auch seine Vertragspartner sind,

97

KG – Urt. v. 13.5.1996 – GE 1996, 923, LG Berlin GE 1994, 1317.

Will der Kontrahent diese Folge vermeiden, so muss er darauf dringen, nicht mit der GbR, sondern mit den einzelnen Gesellschaftern den Mietvertrag abzuschließen. Nimmt der Mieter von Gewerberäumen einen Dritten als Gesellschafter auf und bilden beide eine Außengesellschaft, so wird diese nicht Mieterin, BGH – Urt. v. 25.4.2001 – NZM 2001, 621.3

Zum Recht des Einzelkaufmanns als Mieter, einen Gesellschafter aufzunehmen, s. Rn. VI 167. Ist der Vermieter Grundstückseigentümer und bringt er das Grundstück in eine mit einem Dritten gebildete GbR ein, so tritt diese nach § 566 Abs. 1 BGB in die Mietverhältnisse ein.4 1 Im Ergebnis ebenso Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht, Rn. 170 vor § 535 BGB; Kraemer NZM 2002, 465, 468 Sp. 1 o. 2 Zum Fall: Umwandlung einer KG in eine GbR unter Aufnahme eines weiteren Gesellschafters. 3 Zweifelhaft erscheint allerdings, ob aus dieser Aussage abgeleitet werden kann, dass die Aufnahme eines Mitgesellschafters mietrechtlich als erlaubnispflichtige Drittüberlassung zu werten ist. Die vom BGH vermutete Gefahr, dass dem Vermieter beim Auswechseln des ursprünglichen Mieters ein neuer Mieter in Gestalt der Außengesellschaft oktroyiert werden könnte, besteht gerade nicht; denn das Außenverhältnis würde von der rechtlichen Gestaltung des Innenverhältnisses nicht berührt werden. 4 Weitemeyer ZMR 2004, 153, 160; s. auch Bub/Treier/Heile Rn. II 863; Staudinger/ Emmerich BGB § 566 Rn. 26.

43

98

Rn. I 98a

Vertragsabschluss

Bilden mehrere Vermieter in GbR eine Grundstücksgemeinschaft, so führt ein Wechsel im Gesellschafterbestand dazu, dass die GbR in der neuen personellen Zusammensetzung den Mietvertrag nach § 566 BGB mit Wirksamwerden des Gesellschafterbeschlusses fortsetzt, wobei die Eintragung der neuen Eigentumsverhältnisse ins Grundbuch nur deklaratorisch wirkt, BGH – Urt. v. 18.2.1998 – NZM 1998, 1220 = WuM 1998, 341.

98a

Auch durch Änderung der Rechtsform des Mieters kann die Mieterstellung übergehen, KG – Urt. v. 13.4.2006 – ZMR 2006, 611: 1. Scheidet bei Vermietung an eine OHG, bestehend aus zwei Gesellschaftern, der eine aus, so ist aus der OHG ein Einzelhandelsunternehmen geworden, auf das auch die Mieterstellung der OHG übergegangen ist. 2. Mit dem Eintritt der GmbH in das Einzelhandelsunternehmen ist aus diesem eine (neue) OHG geworden. Hierdurch hat sich die Mieterstellung des Einzelunternehmers nicht geändert. Die GmbH ist nicht Mitmieterin geworden. Das hätte die Zustimmung der Vermieterin vorausgesetzt (BGH – Urt. v. 25.4.2001 – NJW 2001, 2251 = ZMR 2001, 701, 704). 3. Der Einzelunternehmer scheidet aus der OHG aus und tritt als Kommanditist mit der Einlage des (Rest-)Einzelunternehmens ein. Aus der OHG ist eine KG entstanden. Das wirkt sich aber auf die Mieterstellung des Einzelunternehmers nicht aus. Die KG ist nicht neue Mieterin geworden.

Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, dass derjenige, der unternehmensbezogen kontrahiert, nicht nur damit rechnen muss, dass ihm ein zunächst unbekannter Unternehmensträger als „richtiger“ Vertragspartner vorgesetzt wird, sondern er auch mit einem Vertragspartnerwechsel durch Unternehmensträgerwechsel rechnen muss.1 ccc) Rechtsausübung 99

Die GbR übt die Rechte aus dem Mietverhältnis im eigenen Namen aus. So kann nur sie als Vermieterin das Recht zur Mieterhöhung nach § 558 BGB geltend machen, wenn sie als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen ist, nicht dagegen die Gesellschafter, LG Berlin NZM 2002, 780.

Machen alle Gesellschafter eine Forderung der GbR gerichtlich geltend, so ist die GbR die richtige Klägerin; es bedarf keiner subjektiven Klagänderung; vielmehr genügt eine Berichtigung des Rubrums, BGH – Urt. v. 14.9.2005 – NZM 2005, 942 = WuM 2005, 791, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.7.2005 – WuM 2005, 655 = ZMR 2005, 710.

Wird ein Verwalter als Vertreter tätig, muss er darauf achten, dass er namens der GbR und nicht für die Gesellschafter handelt, anderenfalls ist das Erhöhungsverlangen nach § 558 BGB unwirksam, AG Königstein/Ts. NZM 2001, 421.

1 Karsten Schmidt, FS Medicus, 1999, S. 555 ff., 569, 570.

44

Vertragsparteien und ihre Bezeichnung

Rn. I 104

Entsprechendes gilt für die Kündigung und ähnliche Gestaltungsrechte. Die GbR handelt dabei durch den oder die Vertretungsberechtigten, wobei die Vertretungsmacht in der Erklärung zum Ausdruck kommen muss; anderenfalls kann der Empfänger der Erklärung diese nach § 174 BGB zurückweisen,

100

BGH – Urt. v. 9.11.2001 – MDR 2002, 269: Eine namens einer GbR von einem allein vertretungsberechtigten Gesellschafter abgegebene einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung kann von dem Empfänger gemäß § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen werden, wenn ihr weder eine Vollmacht der anderen Gesellschafter noch der Gesellschaftsvertrag oder eine Erklärung der anderen Gesellschafter beigefügt ist, aus der sich die Befugnis des handelnden Gesellschafters zur alleinigen Vertretung der GbR ergibt.

Weigert sich einer von zwei Gesellschaftern aus gesellschaftswidrigen Gründen an der gerichtlichen Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung durch die Gesellschaft gegen einen Dritten mitzuwirken, so ist die Gesellschaft durch den verbleibenden Gesellschafter ordnungsmäßig gesetzlich vertreten, der diese Forderung für die GbR allein geltend machen kann,

101

OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.2.2003 – NZM 2003, 237.

Für die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum genügt es, dass das berechtigte Freimachungsinteresse gemäß § 573 Abs. 1, 2 BGB in der Person nur eines Gesellschafters vorliegt, jedenfalls wenn dieser der GbR schon bei Vertragsabschluss angehörte (s. Rn. XI 91).

102

Daran hat das neue Verständnis von der GbR nichts geändert, das dem Verkehrsinteresse dient, jedoch aus dieser Organisationsform noch keine juristische Person im eigentlichen Sinne macht.1 ddd) Haftung Die Gesellschafter haften für die Erfüllung der mietvertraglichen Pflichten persönlich und gesamtschuldnerisch sowohl mit der GbR als auch untereinander. Sie können ihre Haftung nicht durch den Gesellschaftsvertrag mit Wirkung gegen Dritte auf das Gesellschaftsvermögen beschränken. Hierfür bedarf es vielmehr einer Individualvereinbarung mit dem Dritten,

103

BGH – Urt. v. 27.9.1999 – BGHZ 142, 315 = NJW 1999, 3403 = WuM 1999, 703, BGH – Urt. v. 29.1.2001 – NZM 2001, 299 = WuM 2001, 134.

Nach einer nunmehr geänderten Rspr. des BGH muss der in eine GbR eintretende Gesellschafter für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft jetzt grundsätzlich auch persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern einstehen. Dies soll auch für Gesellschaften gelten, in denen sich Angehörige freier Berufe zu gemeinsamer Berufsausübung zusammengeschlossen haben, BGH – VU v. 7.4.2003 – MDR 2003, 756 mit Anm. Lux. 1 So auch Börstinghaus MDR 2002, 929, 931.

45

104

Rn. I 105

Vertragsabschluss

Wegen der einschneidenden Folgen für Gesellschafter bereits bestehender Gesellschaften soll der Grundsatz der persönlichen Haftung des in die GbR Eintretenden für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft erst auf künftige Beitrittsfälle nach dem 7.4.2003 anzuwenden sein (BGH a.a.O.). 105

Scheidet ein Gesellschafter aus der GbR aus, so unterliegt er der fünfjährigen Nachhaftung aus § 736 Abs. 2 BGB. Die Frist beginnt mit der Mitteilung an den Gläubiger über das Ausscheiden. Die Nachhaftung bezieht sich auf die während der Frist neu entstandenen Verbindlichkeiten. Sie wird nicht davon berührt, ob der Gläubiger (z.B. auf Vermieterseite) das Mietverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt hätte kündigen können, BGH – Urt. v. 29.4.2002 – BGHZ 150, 373 = GuT 2002, 110, 111 = NJW 2002, 2170, 2171 zu § 160 HGB, KG – Urt. v. 15.9.2005 – NZM 2006, 19 = ZMR 2005, 952.

Umstritten ist, ob die Nachhaftung auch für die zweigliedrige GbR zum Tragen kommt. Das wird grundsätzlich zu verneinen sein, wenn einer der Gesellschafter ausscheidet; denn dann handelt es sich nicht um die Übertragung des Gesellschafteranteils auf den anderen Gesellschafter, sondern um die liquidationslose Vollbeendigung der GbR, wobei das Gesellschaftsvermögen dem letzten verbliebenen Gesellschafter anwächst (BGH – Urt. v. 7.7.2008 – NZM 2008, 739).1 Besonderheiten gelten für die durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft verbundenen Mitglieder. Für Schulden der Gemeinschaft haften nicht sämtliche Wohnungseigentümer, sondern nur der Verband der Wohnungseigentümer mit seinem Verwaltungsvermögen. Die einzelnen Wohnungseigentümer haften nur, wenn sie sich neben dem Verband klar und eindeutig persönlich verpflichtet haben, BGH – Beschl. v. 2.6.2005 – BGHZ 163, 154, 172 f. = NZM 2005, 543 = ZMR 2005, 547,2 BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NZM 2007, 363 = ZMR 2007, 472 = MietRB 2007, 143 (Hogenschurz).

4. Schriftform des Mietvertrags a) Wahrung der Schriftform 106

Soll ein Mietverhältnis mit einer längeren Laufzeit als ein Jahr begründet werden, so muss der Mietvertrag der gesetzlichen Schriftform entsprechen (§ 550 BGB).3 Das MRRG hat an die bisherige Rechtslage in § 566 BGB a.F. angeknüpft.4 Allerdings ist nicht mehr zwingend geregelt, dass der längerfristige Mietvertrag der Schriftform bedarf. Vielmehr werden nur die Rechts1 Eingehend dazu Sonnenschein NZM 1999, 977, 979. 2 Dazu Häublein ZMR 2005, 557, Bielefeld DWE 2005, 134. 3 Ausführlich dazu Lindner-Figura NZM 2007, 705 f.; Müller MietRB 2008, 54 zur aktuellen Rspr. 4 S. dazu noch Franke ZMR 1998, 529.

46

Rn. I 105

Vertragsabschluss

Wegen der einschneidenden Folgen für Gesellschafter bereits bestehender Gesellschaften soll der Grundsatz der persönlichen Haftung des in die GbR Eintretenden für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft erst auf künftige Beitrittsfälle nach dem 7.4.2003 anzuwenden sein (BGH a.a.O.). 105

Scheidet ein Gesellschafter aus der GbR aus, so unterliegt er der fünfjährigen Nachhaftung aus § 736 Abs. 2 BGB. Die Frist beginnt mit der Mitteilung an den Gläubiger über das Ausscheiden. Die Nachhaftung bezieht sich auf die während der Frist neu entstandenen Verbindlichkeiten. Sie wird nicht davon berührt, ob der Gläubiger (z.B. auf Vermieterseite) das Mietverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt hätte kündigen können, BGH – Urt. v. 29.4.2002 – BGHZ 150, 373 = GuT 2002, 110, 111 = NJW 2002, 2170, 2171 zu § 160 HGB, KG – Urt. v. 15.9.2005 – NZM 2006, 19 = ZMR 2005, 952.

Umstritten ist, ob die Nachhaftung auch für die zweigliedrige GbR zum Tragen kommt. Das wird grundsätzlich zu verneinen sein, wenn einer der Gesellschafter ausscheidet; denn dann handelt es sich nicht um die Übertragung des Gesellschafteranteils auf den anderen Gesellschafter, sondern um die liquidationslose Vollbeendigung der GbR, wobei das Gesellschaftsvermögen dem letzten verbliebenen Gesellschafter anwächst (BGH – Urt. v. 7.7.2008 – NZM 2008, 739).1 Besonderheiten gelten für die durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft verbundenen Mitglieder. Für Schulden der Gemeinschaft haften nicht sämtliche Wohnungseigentümer, sondern nur der Verband der Wohnungseigentümer mit seinem Verwaltungsvermögen. Die einzelnen Wohnungseigentümer haften nur, wenn sie sich neben dem Verband klar und eindeutig persönlich verpflichtet haben, BGH – Beschl. v. 2.6.2005 – BGHZ 163, 154, 172 f. = NZM 2005, 543 = ZMR 2005, 547,2 BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NZM 2007, 363 = ZMR 2007, 472 = MietRB 2007, 143 (Hogenschurz).

4. Schriftform des Mietvertrags a) Wahrung der Schriftform 106

Soll ein Mietverhältnis mit einer längeren Laufzeit als ein Jahr begründet werden, so muss der Mietvertrag der gesetzlichen Schriftform entsprechen (§ 550 BGB).3 Das MRRG hat an die bisherige Rechtslage in § 566 BGB a.F. angeknüpft.4 Allerdings ist nicht mehr zwingend geregelt, dass der längerfristige Mietvertrag der Schriftform bedarf. Vielmehr werden nur die Rechts1 Eingehend dazu Sonnenschein NZM 1999, 977, 979. 2 Dazu Häublein ZMR 2005, 557, Bielefeld DWE 2005, 134. 3 Ausführlich dazu Lindner-Figura NZM 2007, 705 f.; Müller MietRB 2008, 54 zur aktuellen Rspr. 4 S. dazu noch Franke ZMR 1998, 529.

46

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 108

folgen geregelt, wenn der Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen worden ist; dann gilt das Mietverhältnis – wie bisher – als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann frühestens zum Ablauf des ersten Vertragsjahres gekündigt werden. Die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB gilt im Hinblick auf ihre Warnfunktion auch für Untermietverträge zwischen Haupt- und Untermieter, BGH – Urt. v. 15.6.1981 – MDR 1981, 1009 = ZMR 1981, 311, KG – Urt. v. 25.1.1999 – GE 1999, 571.

Dagegen gilt sie nicht für Vorverträge, die auf den Abschluss langfristiger Mietverträge gerichtet sind, denn in diese tritt ein Grundstückserwerber nicht ein, BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NJW 2007, 1817 = ZMR 2007, 519.

Auch ist sie nicht entsprechend auf Leihverhältnisse auf Lebenszeit anzuwenden, OLG Köln – Urt. v. 24.11.1993 – WuM 1994, 332.

Ob eine Urkunde die Schriftform wahrt oder nicht, ist grundsätzlich aus der Sicht des Zeitpunkts ihrer Unterzeichnung zu beurteilen. Spätere nachträgliche Geschehnisse können die Wahrung der Form nicht mehr in Frage stellen; dies gilt sogar für die Vernichtung der Urkunde. Allenfalls nachträgliche, nicht formwahrend getroffene Änderungsvereinbarungen können dazu führen, dass die Schriftform von nun an nicht mehr gewahrt ist, BGH – Urt. v. 2.5.2007 – GuT 2007, 219 = NZM 2007, 443 = ZMR 2007, 611.

Haben die Vertragsparteien für den Abschluss des langfristigen Mietvertrages die Schriftform besonders vereinbart, treffen also gesetzliche und vereinbarte Schriftform zusammen, so kommt der Vertrag mit Unterzeichnung der Urkunde regelmäßig zustande, auch wenn die gesetzliche Form des § 550 BGB nicht gewahrt worden ist,

107

BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NZM 2000, 548 zu § 566 BGB a.F., OLG München – Urt. v. 8.3.1996 – ZMR 1996, 603: Nur im Zweifel ist die Einhaltung der vereinbarten Form bei Mietverträgen Gültigkeitsvoraussetzung; das gilt für kraft Gesetzes formbedürftige Mietverträge gleichermaßen (OLG Düsseldorf ZMR 1988, 54).1

Etwas anderes gilt nur, wenn die Vertragsparteien die Wahrung gerade der gesetzlichen Form zur Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrages erhoben haben; dann folgt aus der Nichteinhaltung der Form, dass der Mietvertrag nicht zustande gekommen ist, OLG Naumburg – Urt. v. 13.7.1999 – WuM 2000, 671.

Wird die Vertragsurkunde nicht in Gegenwart der Vertragsparteien von Vermieter und Mieter unterzeichnet, so ist die gesetzliche oder vereinbarte Schriftform erst dann gewahrt, wenn jede Partei eine Vertragsausfertigung mit der Unterschrift der anderen erhalten hat, 1 S. auch Bub/Treier/Heile Rn. II 742, 784.

47

108

Rn. I 109

Vertragsabschluss

BGH – Urt. v. 30.5.1962 – NJW 1962, 1388, OLG Dresden – Urt. v. 24.9.1998 – ZMR 1999, 104.

Es genügt nicht die Mitteilung, die Vertragsurkunde sei unterzeichnet worden, BGH – Urt. v. 30.5.1962 – NJW 1962, 1388.

Die Schriftform des § 126 BGB ist auch dann gewahrt, wenn nur eines von mehreren Vertragsexemplaren von beiden Vertragsparteien unterzeichnet worden ist, OLG Düsseldorf – Urt.v.19.10.2000 – WuM 2001, 113 im Anschluss an BGH – Urt. v. 30.6.1999 – NJW 1999, 2591 = WuM 1999, 516.

109

Auch reicht es zur Wahrung der Schriftform nach §§ 126 Abs. 2 Satz 1, 550 BGB aus, wenn das unterzeichnete Angebot auf demselben Schriftstück von der anderen Partei mit einem Einverständnis-Zusatz versehen und unterschrieben wird, mit der Annahmeerklärung keine weiter gehende Erklärung verbunden ist und die mit beiden Unterschriften versehene Urkunde dem Anbietenden wieder zugeht oder die Unterschrift in Anwesenheit des Anbietenden erfolgt. Der nochmaligen Unterzeichnung durch den Anbietenden unterhalb der Gegenzeichnung des Annehmenden bedarf es nicht (Abweichung von RGZ 105, 60 f., 62), BGH – Urt. v. 14.7.2004 – BGHZ 160, 97 = NZM 2004, 738 = WuM 2004, 534 = ZMR 2004, 804: Zwar reicht ein Briefwechsel, etwa die Übersendung eines Angebots und die Rücksendung einer Annahmeerklärung, zur Wahrung der Schriftform i.S. von § 550 BGB nicht aus, weil sich die Willensübereinstimmung der Parteien dann nicht aus einer, sondern erst aus der Zusammenfassung zweier Urkunden ergibt (BGH – Urt. v. 18.10.2000 – NJW 2001, 221, 223 = WuM 2001, 112). Hier befinden sich die Unterschriften beider Parteien (aber) auf ein und derselben Urkunde. Ebenso: OLG Hamburg – Urt. v. 22.4.1998 – WuM 2000, 351; der BGH hat die hiergegen eingelegte Revision verworfen (Beschl. v. 16.2.2000 – NZM 2000, 712 = WuM 2000, 352).

109a

Umstritten ist, ob die Schriftform auch erfordert, dass bei einem Vertragsabschluss unter Abwesenden der Zeitpunkt der Annahmeerklärung in der Vertragsurkunde wiedergegeben werden muss, um dadurch die Rechtzeitigkeit der Annahme zu dokumentieren,1 so OLG Rostock – Urt. v. 18.4.2005 – MDR 2006, 145: Die Vertragsurkunde muss auch den Vertragsschluss, d.h. Antrag und rechtzeitige Annahme, wiedergeben. Die Schriftform ist daher im Zweifel verfehlt, wenn eine Partei ihre Vertragserklärung erst geraume Zeit nach Unterzeichnung der Urkunde durch die andere Partei unterschreibt. Sie ist dagegen gewahrt, wenn eine der Datumsangaben infolge eines Schreibversehens falsch ist, tatsächlich aber beide Parteien den Vertrag zeitnah unterschrieben haben. KG – Urt. v. 25.1.2007 – NZM 2007, 517 = ZMR 2007, 535: Die verspätete Annahme eines Mietvertragsangebots bzw. Nachtragsangebots führt zu einem Schriftformmangel nach § 550 BGB,2 LG Stendal NZM 2005, 15. 1 So Bieber/Ingendoh § 9 Rn. 55; Lindner-Figura u.a. Kap. 6 Rn. 78; Staudinger/Emmerich BGB § 550 Rn. 14; Lindner-Figura NZM 2007, 705, 711. 2 Zum Fall: Der Mieter bot dem Vermieter unter dem 1.3. schriftlich eine Abänderungsvereinbarung an. Der Vermieter unterschrieb die Vereinbarung am 12.3., schickte die Erklärung jedoch erst am 23.4. an den Mieter zurück.

48

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 110

Demgegenüber wird unter teleologischer Auslegung des § 550 S. 1 BGB die Auffassung vertreten, dass es nur auf die Einhaltung der „äußeren Form“ ankomme,1 OLG Hamm – Urt. v. 23.11.2005 – ZMR 2006, 205:2 Für die Wahrung des Schriftformerfordernisses nach § 550 BGB genügt die Einhaltung der „äußeren Form“, weil schon dadurch die mit dem Formerfordernis verfolgten Zwecke gewahrt werden. In erster Linie soll dem späteren Erwerber im Hinblick auf § 566 BGB ermöglicht werden, sich vollständig über die auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten des Mietvertrages zu unterrichten. Hierfür genügt es, dass sich der Erwerber anhand des schriftlich niedergelegten Vertragstextes über das Vereinbarte informieren kann. Das gilt auch für die Klarstellungs- und Beweisfunktion. Die Warnfunktion wird dadurch erfüllt, dass beide Parteien den Vertragstext unterschrieben haben. Die materiellrechtliche Wirksamkeit des Vertragsschlusses muss sich aus der Urkunde nicht ergeben.

Für letztere Auffassung kann das Verkehrsbedürfnis sprechen. Auch steht sie dem Informationsinteresse des späteren Erwerbers nicht entgegen, zumal zwischen der datierten Unterschriftsleistung (rechtzeitig) und der Absendung bzw. dem Zugang der Annahmeerklärung ein für den Erwerber nicht nachprüfbarer Zeitraum liegen kann. In diese Richtung geht auch die Aussage des BGH – Urt. v. 14.7.2004 – BGHZ 160, 97 = NZM 2004, 738 = WuM 2004, 534 = ZMR 2004, 804: Für die in § 550 BGB vorgeschriebene Schriftform genügt es, wenn ein späterer Grundstückserwerber aus einer einheitlichen Urkunde ersehen kann, in welche langfristigen Vereinbarungen er nach § 566 BGB ggf. eintritt, nämlich dann, wenn diese im Zeitpunkt der Umschreibung des Grundstücks (noch) bestanden.

Gleichwohl kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Sie sattelt sozusagen das Pferd von hinten auf. Primär ist nämlich zu klären, auf welchen Tatbestand der Vertragsabschluss gründet; erst danach ist zu prüfen, ob dieser Tatbestand der Schriftform entspricht. Darüber kann man sich auch nicht mit dem Hinweis auf das Verkehrsinteresse hinwegsetzen. Ebenso wenig taugt die Entscheidung des BGH v. 14.7.2004 als Argument; denn ihr lag ein anderer Sachverhalt als derjenige einer verspäteten Annahmeerklärung nach § 147 Abs. 2 BGB zugrunde.3 Bei einer Mehrheit von Mietern oder Vermietern müssen alle unterschreiben. Das gilt auch, wenn eine Erbengemeinschaft, die nicht rechtsfähig ist, im Vertrag als Partei benannt ist; denn Vertragspartner auf Vermieter- oder Mieterseite sind alle Erben, s. Rn. I 91. Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muss dies grundsätzlich in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich 1 Ebenso: Schmidt-Futterer/Lammel BGB § 550 Rn. 25 Fn. 25; Stiegele NZM 2004, 606, 607; Wichert ZMR 2005, 593, zustimmend auch Schultz NZM 2007, 509. 2 Zum Fall: Der Mietvertrag wurde am 15.4.1996 für den Vermieter unterzeichnet, aber erst mit Schreiben v. 20.5.1996 an den Mieter übersandt. 3 Zum Fall: Der Mieter bot eine Nachtragsvereinbarung mit Schreiben vom 5.2. an, der Vermieter unterzeichnete die Vereinbarung am 26.3. in Gegenwart des Mieters mit dem Zusatz „akzeptiert mit Gegenzeichnung“. Der BGH verneinte ein Erfordernis, dass der Mieter die Vereinbarung noch einmal hätte unterschreiben müssen.

49

110

Rn. I 111

Vertragsabschluss

zum Ausdruck kommen (BGHZ 125, 175, 178, BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NJW 2003, 3053 f. = ZMR 2004, 19, s. dazu Rn. I 63, 112), BGH – Urt. v. 5.11.2003 – MDR 2004, 325 = NZM 2004, 97 = ZMR 2004, 106, 107.

Das gilt auch dann, wenn die mehreren Mieter oder Vermieter Ehegatten sind – jedenfalls dann, wenn es sich bei dem Mietverhältnis nicht um einen Wohnraummietvertrag handelt, BGH – Urt. v. 22.2.1994 – MDR 1994, 579.

Zu den Ausnahmen s. Rn. I 112. 111

Grundsätzlich müssen alle wesentlichen Vertragsbedingungen von der Schriftform des § 550 BGB erfasst werden, insbesondere müssen sich der Mietgegenstand (s. Rn. I 114), der Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses aus der Urkunde ergeben (BGH – Urt. v. 30.6.1999 – BGHZ 142, 158, 161 = WuM 1999, 516). Die Vertragsparteien sind genau zu bezeichnen, da der Beweisfunktion nur dann genügt ist, wenn die genaue Bezeichnung aus der Vertragsurkunde ersichtlich ist, BGH – Urt. v. 11.9.2002 – WuM 2002, 601 = NZM 2002, 951 = ZMR 2002, 907 für Mitglieder einer Erbengemeinschaft auf Vermieterseite, AG Gießen WuM 2004, 472 für Mitglieder einer Erbengemeinschaft auf Vermieterseite sowie für die Lage der Mietwohnung im Gebäude, ferner mitvermieteter Nebenräume.

Da eine Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist, kann für sie auch kein Vertreter bzw. Bevollmächtigter handeln. Wird ein Mietvertrag namens einer Erbengemeinschaft abgeschlossen, ohne dass sämtliche Erben im Mietvertrag benannt sind, ist die Schriftform nicht gewahrt (s. Rn. I 62, 91), BGH – Urt. v. 12.7.2006 – NZM 2006, 699 = ZMR 2006, 763.

Ist eine GbR Vertragspartei (s. Rn. I 92), so genügt es zur Formwahrung, dass die Zusammensetzung der Gesellschafter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestimmbar war, auch wenn die Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststanden (s. Rn. I 94). Dies erleichtert den Abschluss von Mietverträgen „vom Reißbrett“ (s. auch Rn. I 115 für die Angabe des Mietbeginns).1 Die Schriftform bezieht sich auch auf die Datumsangabe des Vertragsabschlusses (Rn. I 109a); denn hieraus ergibt sich, ob das Angebot für den Vertragsabschluss unter Abwesenden rechtzeitig angenommen worden ist. Allerdings ist die Angabe eines unrichtigen Datums als Folge eines Schreibversehens unschädlich, wenn die Parteien den Vertrag zeitnah unterschrieben haben, OLG Rostock – Urt. v. 18.4.2005 – MDR 2006, 145.

Auch der Verzicht des Vermieters, das Mietverhältnis aus bestimmten Gründen (z.B. wegen Eigenbedarfs) zu kündigen, bedarf der Schriftform, BGH – Urt. v. 4.4.2007 – WuM 2007, 272 = ZMR 2007, 531 = MietRB 2007, 166 (Lützenkirchen).

1 Zur Schriftform bei der Vermietung vom Reißbrett s. Schede/Rösch NZM 2005, 447.

50

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 112

Dagegen zählt eine vereinbarte Bindefrist nach § 148 BGB nicht zu den formbedürftigen Punkten, KG – Urt. v. 27.3.2006 – NZM 2007, 86.

Ebenso wenig unterliegt die Aufhebungsvereinbarung eines befristeten Mietverhältnisses der Form des § 550 BGB, da es sich hierbei nicht um einen wesentlichen Inhaltsbestandteil eines Mietverhältnisses handelt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.11.2001 – NJW-RR 2002, 1451 = NZM 2002, 825.

Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag (s. dazu Rn. I 63), muss dies in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BGH MDR 2003, 81 = NJW 2002, 3389 = MDR 2003, 591 = NJW 2003, 1143, 1144 = NZM 2003, 235, 236, BGH NZM 2003, 801 = ZMR 2004, 19),1 BGH – Urt. v. 5.11.2003 – MDR 2004, 325 = NZM 2004, 97 = ZMR 2004, 106, 107, OLG Hamm – Urt. v. 23.11.2005 – ZMR 2006, 205.

Die Vorlage einer Vollmachtsurkunde ist zur Wahrung der Schriftform aber nicht erforderlich, OLG Köln – Urt. v. 28.6.2005 – NZM 2005, 705.

Indes genügt es zur Wahrung der Schriftform, dass sich die Vollmacht aus den Umständen ergibt, soweit diese in der Urkunde ihren Niederschlag gefunden haben. Das ist etwa der Fall, wenn der Unterzeichnende nicht Vertragspartner werden und somit nur die im Vertragsrubrum genannte Person vertreten sollte, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1040 = NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691: Der Wahrung der Schriftform steht das Fehlen eines Vertretungszusatzes neben der Unterschrift des M nicht entgegen. Denn da M nicht selbst Vertragspartei werden sollte, kann seine Unterschrift auf der mit „Vermieter“ gekennzeichneten Unterschriftszeile nur bedeuten, dass er mit seiner Unterschrift die GmbH als Vermieterin vertreten wollte, BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2007, 837 = ZMR 2007, 953 = MietRB 2008, 7 (Hoffmann): 1. Zur Wahrung der Schriftform eines Mietvertrages mit einer GmbH als alleiniger Mieterin oder Vermieterin ist es nicht erforderlich, dass die auf deren Seite geleistete Unterschrift mit einem die Vertretung kennzeichnenden Zusatz versehen wird. 2. Das gilt auch dann, wenn die GmbH satzungsgemäß von zwei Geschäftsführern gemeinsam vertreten wird, die Unterschrift in der für die GmbH vorgesehenen Unterschriftszeile aber (hier: mit dem Zusatz „i.V.“) von einem Dritten stammt. Ob dieser hierzu bevollmächtigt war oder als vollmachtloser Vertreter unterzeichnet hat, ist eine Frage des Zustandekommens des Vertrages, nicht der Wahrung seiner Form (Fortführung von BGH NJW 2005, 2225 = NZM 2005, 502; Abgrenzung zu BGH NJW 2003, 3053, 3054 = NZM 2003, 801; BGH NJW 2004, 1103 = NZM 2004, 97). KG – Urt. v. 24.5.2007 – ZMR 2007, 962 = MietRB 2007, 312 (Monschau): Unterzeichnet nur einer von zwei Vorständen einer AG für diese einen Mietvertrag, ist zur Wahrung der Schriftform ein Vertretungszusatz nicht erforderlich, OLG Hamm – Urt. v. 23.11.2005 – ZMR 2006, 205.2 1 Zu Vertretungszusatz und Schriftform s. Lehmann-Richter ZMR 2007, 940. 2 Zum Fall: Im Kopf des Mietvertrages war als Vermieter der Ehemann eingetragen; unterzeichnet wurde der Vertrag von der Ehefrau.

51

112

Rn. I 113

Vertragsabschluss

So kann ein Stempelaufdruck der Firma des Mieters über der Unterschrift genügen, auch wenn diese nicht mit einem Vertretungszusatz versehen ist, OLG Hamm – Urt. v. 26.10.2005 – OLGReport 2006, 138 = MietRB 2006, 122 f. (Intween).

Erforderlich ist jedoch, dass diese Umstände zur Zeit des Vertragsabschlusses bereits vorliegen (Rn. I 106), BGH – Urt. v. 2.11.2005 – MDR 2006, 561 = NZM 2006, 104 = ZMR 2006, 116, s. auch BGH – Urt. v. 7.7.1999 – NZM 1999, 962 = WuM 1999, 698 = ZMR 1999, 810.

113

Bei einem Vertragsabschluss mit einer GbR ist die Schriftform nur gewahrt, wenn entweder alle Gesellschafter mit unterschreiben oder die Unterschrift eines Gesellschafters mit einem Zusatz versehen wird, der die Vertretung der anderen Gesellschafter ausweist, weil anderenfalls nicht ersichtlich wäre, ob der Unterzeichnende die Unterschrift nur für sich selbst oder zugleich in Vertretung der anderen leistet, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1040 = NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691, ebenso OLG Rostock – Urt. v. 25.2.2002 – DWW 2002, 331 = ZMR 2003, 260, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 23.12.2005 – GuT 2006, 9 = WuM 2006, 467 (LS) = MietRB 2006, 162 (Hoffmann), OLG Dresden – Urt. v. 24.1.2006 – MDR 2006, 1220 = MietRB 2006, 164 (Leo).1

Hat nur einer von zwei gesamtvertretungsberechtigten Gesellschaftern einer GmbH den Mietvertrag unterschrieben, so wird dieser erst wirksam, wenn der andere Gesellschafter den Vertragsschluss nach § 182 BGB genehmigt hat; die Genehmigung ist nicht formbedürftig und kann schlüssig erteilt werden, z.B. indem die GmbH ihre Geschäftstätigkeit in den Mieträumen aufnimmt und diese über längere Zeit nutzt (s. Rn. I 31, 118), OLG Düsseldorf – NZM 2005, 905 (LS) = ZMR 2006, 35.

114

Auch die genaue Bezeichnung des Mietobjekts unterliegt dem Schriftformerfordernis. Sie ist nicht gewahrt, wenn das Mietobjekt nicht genau bezeichnet ist. Das ist auch dann der Fall, wenn zwar das Mietgrundstück hinreichend gekennzeichnet ist, im Übrigen aber unklar bleibt, welche Teilfläche einer bisher größeren Gesamtfläche von einer Vertragsänderung erfasst wird, die allein vermietet bleiben soll, BGH – Urt. v. 23.6.1999 – NZM 1999, 763.2

Zur Wahrung der Schriftform ist das Mietobjekt aber dann hinreichend bestimmbar bezeichnet, wenn die Örtlichkeiten durch präzise Angaben (z.B. 1. OG, hinterer Hofbereich), ergänzt um die jeweilige ca.-Angabe der erfassten Flächen, beschrieben sind. Demgegenüber treten Pläne, denen der Charakter eines Orientierungsbehelfs zukommt, in den Hintergrund; ihnen kommt kein 1 Zum Fall: Ausnahmsweise genügt die Unterschrift nur eines Gesellschafters, wenn dieser zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der beiden Gesellschaften (KG und GmbH) ist, die die GbR bilden. 2 Zum Fall: Vermietet war ursprünglich eine Fläche von ca. 2486 qm; später wurde die Mietfläche auf ca. 1976 qm beschränkt. Nach Auffassung des BGH musste die Belegenheit der neuen Fläche innerhalb der ursprünglichen Mietfläche bezeichnet werden.

52

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 115

eigener rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu (vgl. BGHZ 142, 158 = NZM 1999, 761 = NJW 1999, 2591; NZM 1999, 962 = NJW 1999, 3257). Daher brauchen sie nicht zwingend in Bezug genommen oder beigefügt zu werden, BGH – Beschl. v. 17.7.2002 – NZM 2002, 823.

Strenge Anforderungen an die Objektbeschreibung werden gestellt, wenn die Räume bei der Anmietung noch in der Planung oder noch nicht fertig gestellt sind (Mietvertrag vom Reißbrett),

114a

BGH – Urt. v. 2.11.2005 – ZMR 2006, 116 = NZM 2006, 104 = MietRB 2006, 97 (Bieber): Heißt es im Mietvertrag, dass sich die Mieträume im 4. OG des zu errichtenden Gebäudes befinden und eine Fläche von 1443 qm gemäß Grundrissplan haben und sind weder Plan noch Baubeschreibung dem Mietvertrag beigefügt, ohne dass die Geschäftsräume im Mietvertrag näher beschrieben werden, so ist die Schriftform nicht gewahrt, wenn sich im 4. OG noch weitere Räume befinden, die nicht Mietgegenstand sind. BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184: keine Wahrung der Schriftform, wenn auf einen Lageplan verwiesen wird, der allein das Mietobjekt beschreibt, dem Mietvertrag jedoch nicht beigefügt ist. S. auch BGH – Urt. v. 25.7.2007 – NZM 2007, 730 = ZMR 2007, 859 (Tz. 21). KG – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 731 = ZMR 2007, 781: Die Bestimmbarkeit des Mietobjekts muss im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegeben sein, wobei insoweit auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden kann, die ebenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits vorliegen müssen (BGH NZM 1999, 962 = NJW 1999, 3257). Bei der Vermietung vom Reißbrett muss die Beschreibung des Mietobjekts besonders genau sein, weil die tatsächliche Ausgestaltung der Räume in diesem Fall bei der Auslegung des Mietvertrags nicht mit herangezogen werden kann. KG – Urt. v. 17.8.2006 – NZM 2007, 248: Schließen die Parteien einen Mietvertrag über genau bezeichnete Räume und vereinbaren zugleich, dass der Mieter verpflichtet sein soll, nach Fertigstellung neuer Flächen in einem neuen Gebäude umzuziehen, und wird die Größe dieser ansonsten nicht näher bezeichneten neuen Fläche mit ca. 400–500 qm angegeben, wahrt der Mietvertrag jedenfalls dann nicht die Form des § 550 Satz 1 BGB, wenn die Parteien über die neuen Mietflächen keinen neuen Mietvertrag schließen wollten.

Schließlich ist es zur Wahrung der Schriftform grundsätzlich auch erforderlich, dass der Beginn des Mietverhältnisses angegeben wird, damit die Laufzeit des Mietverhältnisses bestimmt werden kann. Für die Formwahrung reicht die Regelung, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe der Mietsache beginnen soll, BGH – Urt. v. 2.11.2005 – NZM 2006, 54 = ZMR 2006, 115 = MietRB 2006, 97 (Leo), ebenso BGH – Urt. v. 2.5.2007 – NZM 2007, 443, KG – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 731 = ZMR 2007, 781. OLG Dresden – Urt. v. 31.8.2004 – NZM 2004, 826, 827: Es genügt, wenn auf die später zu protokollierende Übergabe verwiesen wird; anders OLG Naumburg – Urt. v. 7.9.2004 – NZM 2004, 825 = ZMR 2005, 539.

Die Auffassung des BGH entspricht den praktischen Bedürfnissen bei der Vermietung vom Reißbrett.1 1 Zur Formerleichterung bei der Parteibezeichnung s. auch Rn. I 111.

53

115

Rn. I 116

Vertragsabschluss

Wesentlich ist auch eine Vereinbarung über die von der gesetzlichen Regelung abweichende Fälligkeit des Mietzinses, BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2008, 84 = ZMR 2008, 105 = MietRB 2008, 70 (Lützenkirchen).

116

Ausgenommen vom Schriftformerfordernis sind solche Abreden, die nur nebensächliche Bedeutung haben, insbesondere solche, die den Inhalt des Vertrages lediglich erläutern oder veranschaulichen sollen, so die Vereinbarungen in einer „Hausgemeinschaftsordnung“, BGH – Urt. v. 30.6.1999 – WuM 1999, 516, 517 = ZMR 1999, 691 (unter 3.b.bb.),

die Angabe des mitvermieteten Zubehörs, welches analog § 311c BGB (= § 314 BGB a.F.) ohnehin als mitvermietet gilt, BGH – Urt. v. 29.9.1999 – MDR 2000, 79 = NZM 2000, 36 = ZMR 2000, 76,

Festlegung von Lage und Größe eines von mehreren Kellerräumen außerhalb der Mietwohnung, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – NZM 2008, 362 = WuM 2008, 290, s. auch OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 21.2.2007 – DWW 2007, 201 = ZMR 2007, 532: Der Einhaltung der gesetzlichen Schriftform des § 550 BGB steht nicht entgegen, dass die Parteien den als Nebenraum mitvermieteten Kellerraum nicht genau bezeichnet haben; denn der Mietvertrag ist in einem solchen Fall so auszulegen, dass dem Vermieter bezüglich der Auswahl des Kellerraums ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zustehen soll.

Abreden, die nicht länger als ein Jahr Wirkungen entfalten sollen, OLG Hamburg – Urt. v. 21.8.2002 – OLGReport 2003, 153,

oder Abreden, die selbständig neben dem Mietvertrag gelten. Das Gleiche gilt für die Vereinbarung einer Bindungsfrist nach § 148 BGB, KG – Urt. v. 27.3.2006 – NZM 2007, 86.

Nach der Unterschrift vorgenommene Ergänzungen und Zusätze des Vertragstextes, auf die die Parteien sich einigen, müssen erneut unterschrieben werden, weil sie von der einmal geleisteten Unterschrift nicht gedeckt sind, BGH – Urt. v. 24.1.1990 – NJW-RR 1990, 518.

117

Bei Vermietung vom Reißbrett ist zusammenfassend Folgendes zu beachten:1 – Zur Bezeichnung des Vermieters genügt die bloße Bestimmbarkeit (s. Rn. I 94), z.B. „Erwerbergemeinschaft bezüglich des in ... belegenen Wohn- und Geschäftshauses“. Entsprechendes muss auch für die Mieterbezeichnung gelten. – Für den Beginn des Mietverhältnisses reicht die Regelung, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe des Mietobjekts beginnen soll (Rn. I 115). – Die Bezeichnung des Mietobjekts muss genauestens erfolgen, sozusagen als Ersatz für die noch fehlende Besichtigungsmöglichkeit (Rn. I 114). 1 S. dazu Schede/Rösch NZM 2005, 447.

54

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 120

Bedarf ein nach § 550 BGB oder auf Grund Rechtsgeschäfts formbedürftiger Vertrag zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung eines Dritten, so kann diese gegenüber jeder Vertragspartei formfrei erklärt werden (§ 182 Abs. 1 und 2 BGB); daher ist auch eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten des Dritten ausreichend,

118

OLG Karlsruhe – Urt. v. 8.6.1994 – NJW-RR 1994, 1290, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.3.2005 – NZM 2005, 909 (LS) = ZMR 2006, 35 = MietRB 2006, 163 (Bieber).1

Das Gleiche gilt für die Zustimmung zu einem Parteiwechsel, s. Rn. I 136, 222, BGH – Urt. v. 20.4.2005 = MDR 2005, 920 = ZMR 2005, 610: Die Zustimmung ist formfrei, so die Zustimmung des Mieters zu einem zwischen dem früheren und dem neuen Vermieter vereinbarten Vermieterwechsel (BGHZ 154, 171, 175). Der Schriftform genügt auch ein Mietvertrag, der vorsieht, dass er erst nach Zustimmung eines Dritten wirksam werden soll; dessen Zustimmung muss nicht in dieselbe Urkunde aufgenommen werden oder gar von beiden Parteien noch einmal unterschrieben werden, da sie formfrei ist und nicht der Form des Hauptgeschäfts bedarf.

Ist eine formbedürftige Abrede auslegungsbedürftig, so können zur Auslegung der Vereinbarung auch solche Umstände herangezogen werden, die in der Vertragsurkunde selbst keinen Niederschlag gefunden haben,

119

BGH – Urt. v. 7.7.1999 – WuM 1999, 698 = ZMR 1998, 810 Nr. 3 bei nicht ausreichender Bezeichnung des Mietobjekts, die sich aber aus dem Nutzungsumfang klären lässt, OLG Hamm – Urt. v. 23.11.2005 – ZMR 2006, 205, anders OLG Köln – Urt. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 1142 = WuM 1999, 521 mit abl. Anm. Schmidt WuM 1999, 666.2

Die Wahrung der Schriftform ist von Amts wegen zu beachten, ohne Rücksicht darauf, ob sich die Parteien auf den Formmangel berufen haben und ob sie sich des Formmangels bewusst waren, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.4.2005 – NZM 2005, 823, 824.

Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Erfüllung der gesetzlichen Schriftform trägt derjenige, der aus dem formgültig geschlossenen Vertrag eine für ihn günstige Rechtsfolge herleitet, OLG Dresden – Urt. v. 24.9.1998 – ZMR 1999, 104, OLG Rostock – Urt. v. 28.12.2001 – NZM 2002, 955.

1 Zum Fall: Abschluss des Mietvertrages durch nur einen von zwei gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführern einer GmbH; Genehmigung des Vertragsabschlusses durch den anderen Geschäftsführer, wenn die GmbH ihre Geschäftstätigkeit in den Räumen aufnimmt und die Räume mehr als 6 Monate nutzt. 2 Zum Fall: Das Vertragsformular enthielt sowohl eine Klausel, gemäß der das Mietverhältnis fest auf 2 Jahre abgeschlossen sei, als auch eine solche, wonach das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit laufe und mit einer bestimmten Frist gekündigt werden könne, ohne dass eine der Klauseln gestrichen oder auch nur eine angekreuzt worden war.

55

120

Rn. I 121

Vertragsabschluss

b) Zur Urkundeneinheit 121

Besteht der Mietvertrag aus mehreren Urkunden, so müssen diese zu einer Einheit zusammengefasst werden. Anderenfalls ist die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB nicht gewahrt, so etwa, wenn die Gesamtheit der mietvertraglichen Vereinbarungen nicht in einer einheitlichen Urkunde, sondern in zwei gesonderten, nicht körperlich verbundenen Urkunden enthalten ist, die auch nicht durch wechselseitige Bezugnahme oder andere, eine zweifelsfreie Zuordnung ermöglichende äußere oder inhaltliche Merkmale zu einer gedanklichen Einheit verbunden sind, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1040 = NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691, BGH – Urt. v. 15.11.2006 – GE 2007, 142 = NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184: Wenn die Vertragsschließenden wesentliche Bestandteile des Mietvertrages – dazu gehört die genaue Bezeichnung des Mietgegenstandes (BGH – Urt. v. 2.11.2005 – NJW 2006, 140, 141) – nicht in die Vertragsurkunde selbst aufnehmen, sondern in andere Schriftstücke auslagern, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten“ Bestimmungen ergibt, muss zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht werden (Urt. v. 10.10.2001 – NJW-RR 2002, 8, 9); BGH – Urt. v. 4.4.2007 – WuM 2007, 272 = ZMR 2007, 531: Der bloße Hinweis auf nicht näher bezeichnete Anlagen reicht zur Wahrung der Schriftform nicht aus.

Auch steht der Wahrung der Schriftform entgegen, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die im Mietvertrag keinerlei Niederschlag gefunden haben. 122

Durch die sog. Auflockerungsrechtsprechung hat der BGH das Bezugnahmeverbot, das dem Grundsatz der Urkundeneinheit entspricht, weitgehend aufgehoben.1 Die feste körperliche Verbindung der einzelnen Blätter soll nicht erforderlich sein, wenn sich die Einheit der Urkunde aus anderen eindeutigen Merkmalen ergebe, zu denen insbesondere fortlaufende Paginierung, fortlaufende Nummerierung der einzelnen Textabschnitte sowie ein über das jeweilige Seitenende fortlaufender Text gehörten, BGH – Urt. v. 24.9.1997 – BGHZ 136, 357 = NJW 1998, 58 f. = WuM 1997, 667 = ZMR 1998, 12:2 Verwenden die Parteien zum Abschluss eines Mietvertrages mit einer festen Laufzeit von 5 Jahren einen im Handel erhältlichen Mietvertragsvordruck, ohne die einzelnen Blätter dieses Vordrucks zusammenzuheften, so ist der Vertrag formwirksam, wenn sich die Einheit der Urkunde – aus fortlaufender Paginierung der Blätter, – fortlaufender Nummerierung der einzelnen Bestimmungen, – einheitlicher grafischer Gestaltung, – inhaltlichem Zusammenhang des Textes – oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt.

1 S. dazu: Treier, Die neuere Rspr. des BGH zur Schriftform für Mietverträge über Immobilien, in Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, 2003, S. 141 f.; kritisch: Leo NZM 2005, 688. 2 S. dazu Heiderhoff NZM 1998, 897; Repgen DWW 1999, 47; Sternel MDR 1998, 33.

56

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 124

Dass bei einer solchen Urkunde die Möglichkeit des nachträglichen Austauschs einzelner Blätter oder sonstiger Manipulationen größer sein mag als bei einer festen Verbindung des Schriftstücks, kann für die Einhaltung der Schriftform nicht ausschlaggebend sein.

Die Verwendung eines aus losen Blättern bestehenden Vordrucks, bei dem die auf den Rückseiten stehenden Bestimmungen durch ausdrückliche Bezugnahme im unterschriebenen Vertragstext einbezogen werden, steht der Wahrung der Schriftform nicht entgegen (BGHZ 136, 357, 372 f. = NZM 1999, 25),

123

BGH – Urt. v. 10.10.2001 – NZM 2002, 20.

Die gedankliche Verbindung mehrerer Blätter zu einer einheitlichen Urkunde hat der BGH (VII. Senat) dahin fortgeführt, dass die Schriftform des § 126 BGB keine körperliche Verbindung der Urkunde mit den in Bezug genommenen Anlagen verlangt, sondern auch dann gewahrt ist, wenn sich die Einheit von Urkunde und Anlagen aus der Verweisung sowie der Unterschrift der Vertragsparteien auf jedem Blatt der Anlage ergibt, BGH – Urt. v. 21.1.1999 – NJW 1999, 1104, 1105 = ZMR 1999, 535, 536.1

In einer weiteren Entscheidung hat der BGH (XII. Senat) die Einheit der Vertragsurkunde ferner in einem Fall bejaht, in dem im Hauptvertrag auf eine Anlage Bezug genommen und alle Blätter der Anlage von den Vertragsparteien parafiert waren (Urt. v. 29.9.1999 – NJW 2000, 354, 357 = ZMR 2000, 76, 81). Er hat dabei auch ausgeführt, dass es der Eindeutigkeit der Verweisung nicht entgegenstehe, wenn ein als Anlage bezeichnetes Schriftstück keine ausdrückliche Rückverweisung auf den Mietvertrag enthalte, da es für den Schutzzweck des § 566 BGB a.F. (= § 550 BGB) ausreiche, dass ein späterer Grundstückserwerber durch die Verweisung im Hauptvertrag auf die Existenz einer Anlage hingewiesen werde.

123a

Anlagen zum Mietvertrag, denen ein eigener rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt,2 brauchen dem Hauptvertrag nicht beigefügt zu werden, wenn der Hauptvertrag zweifelsfrei auf die Anlage verweist. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Anlage auf den Hauptvertrag Bezug nimmt.

124

Zur Einbeziehung solcher Anlagen in den Mietvertrag hat der BGH folgenden Standpunkt eingenommen, BGH – Urt. v. 18.12.2002 – NJW 2003, 1248 = NZM 2003, 281 = ZMR 2003, 337: Werden Essentialia des Mietvertrages in Anlagen ausgelagert, auf die im Mietvertrag Bezug genommen wird, so muss zur Wahrung der Schriftform die Anlage im Mietvertrag so genau bezeichnet werden, dass eine zweifelsfreie Zuordnung möglich ist (Fortführung von BGHZ 136, 357; 142, 158).3 1 S. dazu Leo ZMR 1999, 527; Schultz NZM 1999, 298. 2 Das gilt insbesondere für die Konkretisierung des Mietgegenstandes, der Miethöhe oder der Mietdauer. 3 Zum Fall: Bezugnahme in einem Untermietvertrag auf den Hauptmietvertrag als integraler Bestandteil des Untermietvertrages, ohne dass dieser mit dem Untermietvertrag verbunden war. Ob er überhaupt beigefügt war, ist zwischen den Vertragsparteien streitig.

57

Rn. I 125

Vertragsabschluss

Eine Parafierung der Anlagenblätter durch die Vertragsparteien ist nicht erforderlich. Es genügt die zweifelsfreie Bezugnahme. Der Auflockerungsrechtsprechung steht auch nicht entgegen, dass die Vertragsparteien der Haupturkunde und der in Bezug genommenen Anlage nicht identisch sind. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Anlage beigefügt war oder nicht. Soweit § 566 BGB a.F. durch die Schriftform neben dem Erwerberschutz auch die Beweisbarkeit langfristiger Abreden und eine gewisse Warnfunktion sicherstellen soll, sind diese Zwecke nachrangig und stehen der Einhaltung der Schriftform nicht entgegen. Zudem ist die Warnfunktion auch dann erfüllt, wenn dem Erklärenden der formbedürftige Inhalt seiner Erklärung hinreichend verdeutlicht wird. Dazu reicht die eindeutige Bezugnahme in der Haupturkunde aus. BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184, s. auch OLG Bremen – Urt. v. 13.9.2006 – ZMR 2007, 363: Die Schriftform ist schon dann gewahrt, wenn in der unterzeichneten Urkunde – etwa durch einen entsprechenden Verweis – eine zweifelsfreie Bezugnahme auf die Anlage erfolgt, in der die wesentlichen Bestimmungen enthalten sind.1

125

Anlagen, denen kein eigener rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt, wie etwa Baupläne, die die im Mietvertrag enthaltene Lagebezeichnung des Mietobjekts nur näher beschreiben, unterliegen nicht einmal dem erweiterten Gebot der Urkundeneinheit, brauchen also nicht einmal in Bezug genommen zu werden, BGH – Urt. v. 17.7.2002 – NZM 2002, 823, s. auch BGH – Urt. v. 22.12.1999 – NZM 2000, 184.

Das gilt jedoch nur, wenn sie das, was im Vertrag enthalten ist, lediglich verdeutlichen; anders verhält es sich, wenn sie den Vertragsinhalt mitbestimmen oder präzisieren, BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184.2

Da diese Abgrenzung sehr schmal ist, empfiehlt sich die Beifügung oder die Bezugnahme im Hauptvertrag, s. auch Rn. I 114, 114a. 126

Ebenso ist die Schriftform gewahrt, wenn die Parteien im Vertrag auf ein noch zu erstellendes Inventarverzeichnis Bezug nehmen, dessen Erstellung dann später unterbleibt. Im Regelfall soll davon auszugehen sein, dass dieses als von untergeordneter Bedeutung anzusehen ist und der Vertrag sowohl im Hinblick auf § 125 Satz 2 als auch § 566 BGB a.F. (= § 550 BGB) der gesetzlichen Schriftform genügt, BGH – Urt. v. 29.9.1999 – MDR 2000, 79 = NZM 2000, 36.

Entsprechendes gilt für die Auflistung einzelner Betriebskostenpositionen, die umlagefähig sein sollen, sofern sich aus der Vertragsurkunde ergibt, dass die Parteien eine Umlagefähigkeit wollten und die Auflistung nur verdeutlicht, was die Parteien unter Betriebskosten verstanden haben, BGH – Urt. v. 30.6.1999 – WuM 1999, 516, 517 = ZMR 1999, 691 (unter 3.b.aa). 1 Zum Fall: Bezugnahme auf einen Untermietvertrag. 2 Zum Fall: Im Mietvertrag, der keine Beschreibung des Mietobjekts enthielt, war auf einen angeblich dem Mietvertrag beigefügten Lageplan verwiesen worden, der jedoch nicht vorgefunden wurde. Der BGH hat einen Formmangel bejaht.

58

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 129

Als Nebenabreden, die nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen zu werden brauchen, sind die Vereinbarungen in einer „Hausgemeinschaftsordnung“ angesehen worden, BGH – Urt. v. 30.6.1999 – WuM 1999, 516, 517 = ZMR 1999, 691 unter 3.b.bb.

Soweit eine Verbindung zu einer Urkunde erforderlich ist – z.B. wenn dem Mietvertrag diverse Anlagen beigefügt werden, ohne dass im Hauptvertrag hierauf Bezug genommen wird –, genügt ein Zusammenheften mittels einer Heftklammer, nicht dagegen mittels einer Büroklammer,

127

BGH – Urt. v. 7.7.1999 – NZM 1999, 962 = WuM 1999, 698 = ZMR 1999, 810.

Ebenso wenig reicht die nachträgliche Verbindung durch jede der Parteien zur Wahrung der Schriftform, OLG Brandenburg – Urt. v. 27.4.1997 – ZMR 1997, 410.

c) Vertragsänderungen Das Formerfordernis ist auch bei Vertragsänderungen zu beachten.1 Ihm ist genügt, wenn eine Nachtragsurkunde die Parteien bezeichnet, hinreichend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt, die geänderten Regelungen aufführt und zum Ausdruck kommt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher formgültig niedergelegt war,

128

BGH – Urt. v. 23.2.2000 – NJW-RR 2000, 744, 745, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 738 = WuM 2004, 534, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.8.2007 – MietRB 2008, 104 (Berg): Unschädlich ist, dass im Nachtrag nur das Gebäude und nicht die konkret genutzten Räumlichkeiten genannt sind, wenn der Mieter das Mietobjekt bei Vertragsänderung bereits nutzt; denn dann darf der Umfang der Nutzung als außerhalb der Urkunde heranzuziehende Auslegungshilfe herangezogen werden (s. dazu BGH – Urt. v. 2.5.2007 – NZM 2007, 443).

Besteht nur eine Vertragsurkunde und werden auf dieser Zusätze angebracht, so ist eine erneute Unterschrift erforderlich; die frühere Unterschrift deckt einen späteren Nachtrag nämlich nicht. Es reicht nicht aus, dass die Parteien die Vertragsänderung übereinstimmend als durch die vorhandenen Unterschriften gedeckt ansehen, BGH – Urt. v. 24.1.1990 – NJW-RR 1990, 518 = WuM 1990, 141, OLG Hamm – Urt. v. 28.9.1993 – MDR 1994, 56.

Wird der Nachtrag nur von einem von mehreren Mietern unterschrieben, so ist die Schriftform nicht gewahrt, wenn nicht aus der Urkunde selbst hervorgeht, dass der Unterzeichnende auch in Vollmacht der anderen Mieter gehandelt hat (s. auch Rn. I 63, 112), BGH – Urt. v. 22.2.1994 – BGHZ 125, 175 – MDR 1994, 579 = NJW 1994, 1649 für Änderung eines Pachtvertrages mit Eheleuten, OLG Rostock – Urt. v. 25.2.2002 – DWW 2002, 331 für Änderung eines Mietvertrages mit einer GbR, 1 S. Lindner-Figura NZM 2007, 705, 709.

59

129

Rn. I 130

Vertragsabschluss

s. auch BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NZM 2003, 801 = ZMR 2004, 19 für Vertragsabschluss mit einer GbR.

130

Eine Ausnahme vom Formzwang wird zugelassen, wenn sich die Änderung nur auf unwesentliche Punkte bezieht, OLG Schleswig – Urt. v. 3.6.1971 – ZMR 1971, 377.1

Dazu zählt auch die nachträgliche Vereinbarung über die vorzeitige Auflösung des Mietvertrages unter Gestellung eines Nachmieters durch den Mieter, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.11.2001 – NZM 2002, 824 = ZMR 2002, 510.

131

Hierunter fallen auch nur unerhebliche Mietänderungen. Die Grenze der Erheblichkeit ist allerdings unscharf, KG – Urt. v. 28.2.2005 – NZM 2005, 457 = ZMR 2005, 618: Haben die Parteien im schriftlichen Mietvertrag mit fester Laufzeit von 10 Jahren eine Vereinbarung getroffen, dass nach Ablauf eines Jahres über die angemessene Anhebung der Miete jeweils Einvernehmen zu erzielen ist, und ist der Mieter dann jeweils den Bitten des Vermieters nachgekommen, jährlich eine um 1,5% und 5% erhöhte Miete zu zahlen, so führen die dadurch getroffenen Vereinbarungen nicht dazu, dass der Mietvertrag nicht mehr die Schriftform des § 550 BGB wahrt. Der Unwesentlichkeit der Vertragsänderung steht auch nicht entgegen, dass durch die mündlichen Vereinbarungen sich die Miete (im Laufe der Jahre) um insgesamt 21,5% erhöht hat; anders OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.12.2002 – NZM 200, LG Berlin NZM 2003, 284.

Als unwesentlich wurde eine Mietsteigerung um 2,5% angesehen, OLG Schleswig – Urt. v. 3.6.1971 – ZMR 1971, 377,

als wesentlich dagegen eine solche von 5%, LG Gießen ZMR 2002, 273 zur vereinbarten Mieterhöhung auf Grund einer vertraglichen Indexklausel.

Die Schriftform soll auch dann nicht erforderlich sein, wenn die Miete nachträglich – sei es auch widerruflich mit Wirkung für die Zukunft – gesenkt wird, BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 857 = NZM 2005, 456 = ZMR 2005, 534.

Dagegen zählt die Vereinbarung über die Nebenkosten nicht zu den bloßen Nebenpunkten, die ohne Folgen für die Wahrung der Schriftform des Mietvertrages nur mündlich geändert werden können,2 anders aber OLG Hamm – Urt. v. 26.10.2005 – OLGReport 2006, 138 = MietRB 2006, 122 (Intween) bei bloßer stillschweigender Erweiterung der Nebenkostenvereinbarung um zwei Abrechnungspositionen, wenn die Mehrbelastung für den Mieter nur unbedeutend ist,3 OLG Koblenz – Urt. v. 14.11.2000 – NZM 2002, 293, OLG Naumburg – Urt. v. 25.9.2007 – ZMR 2008, 371 = MietRB 2008, 167 (Kurek), wenn sich die Kosten im Verhältnis zur Gesamtmiete nur um 2–4% verändern,

1 Zum Fall: unwesentliche Erweiterung des Mietobjekts durch Hinzumieten einer Garage und Erhöhung der Miete um 2,5% für eine Mieterhöhung um 5%. 2 So auch Schmid NZM 2002, 483. 3 Zum Fall: monatliche Erhöhung der Vorauszahlungen um 307 Euro für Aufzug und Versicherungen bei einer monatlichen Miete von 12 685 Euro.

60

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 134

auch nicht die Abänderung der Zahlungsweise,1 BGH – Urt. v. 19.9.2007 – ZMR 2008, 84 = MietRB 2008, 70 (Lützenkirchen).

Auch Änderungen oder Ergänzungen eines langfristigen Mietvertrages, die nicht länger als ein Jahr Wirkungen entfalten können, bedürfen nicht der Schriftform des § 550 BGB,

132

OLG Hamburg – Urt. v. 21.8.2002 – OLGReport 2003, 153.

Zu diesbezüglichen Mietänderungen s. Rn. IV 16. Zu den Rechtsfolgen formunwirksamer Änderungsvereinbarungen s. Rn. I 140 f. d) Weitere Anwendungsfälle für das Schriftformerfordernis Die Ausübung einer Option bedarf der gesetzlichen Schriftform, wenn der Vertrag, aus dem sich das Optionsrecht ergibt, formbedürftig war und die Option zu einer Vertragsverlängerung über ein Jahr hinaus führt,

133

OLG Frankfurt – Urt. v. 20.5.1998 – NZM 1998, 1006, OLG Köln – Urt. v. 29.11.2005 – MDR 2006, 925 = NZM 2006, 464.

Anders verhält es sich, wenn der Mietvertrag vorsieht, dass die Option als ausgeübt gilt, wenn der Mieter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht widerspricht; dann verlängert sich der Mietvertrag automatisch um die Optionszeit, ohne dass wegen mangelnder zusätzlicher (schriftlicher) Erklärung ein Schriftformmangel entsteht, OLG Hamm – Urt. v. 26.10.2005 – OLGReport 2006, 138 = MietRB 2006, 123 (Intween).

Die vertragliche Auswechselung eines Mieters in einem Mietvertrag, der wegen seiner Laufzeit der Schriftform des § 550 BGB bedarf, erfordert ebenfalls die Schriftform, wenn die Laufzeit erhalten bleiben soll (Anschluss an BGH – Urt. v. 17.9.1997 – NZM 1998, 29 = NJW 1998, 62 = NZM 1998, 29), BGH – Beschl. v. 30.1.2002 – NZM 2002, 291.

Das Gleiche gilt für den Vertragsbeitritt eines weiteren Mieters, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.10.2001 – ZMR 2003, 96: Der formunwirksame Vertragsbeitritt eines weiteren Mieters lässt (aber) die mit den anderen Mietern vereinbarte Vertragsdauer unberührt.

Dagegen ist die Zustimmung des Mieters zu einem zwischen früherem und neuem Vermieter vereinbarten Vermieterwechsel formfrei, BGH – Urt. v. 12.3.2003 – MDR 2003, 865 = ZMR 2003, 647,

ebenso die Zustimmung des Mieters zu einem Mieterwechsel (s. Rn. I 31, 118, 222), BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 920 = ZMR 2005, 610.

1 Zum Fall: Die Zahlungsweise wurde konkludent abgeändert, indem der Mieter die Miete monatlich anstatt wie vereinbart vierteljährlich zahlte.

61

134

Rn. I 135 135

Vertragsabschluss

Die Schriftform ist für eine Fortsetzungsvereinbarung nach Ausspruch einer Kündigung dann zu beachten, wenn es sich um eine fristlose Kündigung handelt oder bei Ausspruch einer befristeten Kündigung die Kündigungsfrist abgelaufen ist, BGH – Urt. v. 24.6.1998 – NZM 1998, 628 = MDR 1998, 1216 = WM 1998, 599 = ZMR 1998, 612: 1. Wird ein auf längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über ein Grundstück vorzeitig fristlos gekündigt, einigen sich die Vertragspartner aber später auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses, dann liegt darin der Abschluss eines neuen Mietvertrages. 2. Soll dieser für längere Zeit als ein Jahr gelten, unterliegt er dem Schriftformerfordernis des § 566 BGB – jetzt: § 550 BGB – (im Anschluss an BGH NJW 1974, 1081). BGH – Urt. v. 20.12.2000 – GE 2001, 485: Ist ein langfristiges Mietverhältnis durch fristlose Kündigung beendet worden, kann es durch bezugnehmende Zusatzvereinbarung neu begründet werden; eine körperliche Verbindung mit der ursprünglichen Vertragsurkunde ist nicht erforderlich.

136

Ist im Mietvertrag vereinbart, dass für die Erneuerung und Fortsetzung des Mietverhältnisses eine schriftliche Vereinbarung gefordert wird, so steht das einem stillschweigenden Neuabschluss des Vertrages nach fristloser Kündigung durch den Mieter nicht entgegen, wenn beide Vertragsparteien den Vertrag monatelang beiderseits erfüllen. Die Parteien können nämlich das gewillkürte Schriftformerfordernis – auch schlüssig (s. Rn. I 152) – abbedingen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – NZM 2001, 1125 = ZMR 2002, 46.

e) Strengere Formerfordernisse 137

Enthält der Mietvertrag ein Rechtsgeschäft, das einer strengeren Form unterliegt, so ist diese zu wahren, BGH – Beschl. v. 4.5.1994 – GE 1994, 1049 = DWW 1994, 283, OLG München – Urt. v. 25.3.2003 – DWW 2005, 202 = WuM 2005, 194, jeweils für die Einräumung eines Vorkaufsrechts, OLG Stuttgart – Urt. v. 14.5.2007 – MietRB 2007, 313 (Walburg) für Ankaufsrecht des Mieters.

Wird diese Form nicht beachtet, so ist der gesamte Mietvertrag formnichtig, wenn die Bedeutung des formbedürftigen Teils (z.B. Einräumung eines Vorkaufsrechts) ergibt, dass die Parteien den Mietvertrag nicht ohne diesen Teil abgeschlossen hätten. Das kommt etwa in Betracht, wenn das Vorkaufsrecht Investitionen des Mieters „sichern“ sollte,1 OLG München – Urt. v. 25.3.2003 – DWW 2005, 202 = WuM 2005, 194, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.3.2003 – WuM 2005, 194, ebenso im Ergebnis OLG Stuttgart – Urt. v. 14.5.2007 – MietRB 2007, 313 (Walburg).

138

Wer sich demgegenüber auf bloße Teilnichtigkeit nach § 139 BGB beruft, muss dies beweisen, BGH a.a.O. Durch salvatorische Klauseln (s. Rn. II 238) 1 S. Schäfer/Steinkampf NZM 2005, 48: Das Vorkaufsrecht in langfristigen Mietverträgen. S. zu Risiken bei Vorkaufsrechtsklauseln in Mietverträgen: Schlemminger NZM 1999, 890.

62

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 140

wird die Vermutung des § 139 BGB in ihr Gegenteil verkehrt, so dass die Beweislast für die Gesamtnichtigkeit des Vertrages denjenigen trifft, der sich darauf beruft, BGH – Urt. v. 24.9.2002 – MDR 2003, 143 = NZM 2003, 61, BGH – Urt. v. 15.6.2005 – NZM 2005, 779, BGH – Urt. v. 25.7.2007 – NZM 2007, 730 = ZMR 2007, 859.

Dementsprechend führt die unterbliebene Beurkundung eines Vorkaufsrechts nicht zur Formnichtigkeit des Mietvertrages, wenn bei Vorliegen einer salvatorischen Erhaltungsklausel nicht nachgewiesen wird, dass der Mietvertrag auch ohne das nichtige Vorkaufsrecht abgeschlossen worden wäre, BGH – Urt. v. 21.11.2007 – GE 2008, 195 = MietRB 2008, 102 (Bittner).

f) Folgen der Nichtbeachtung der Schriftform aa) Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit Vereinbaren die Vertragsparteien die Einhaltung der Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung, so führt ein Formverstoß im Zweifel zur Nichtigkeit des Vertrages (§ 125 Satz 2 BGB). Allein der Umstand, dass die Vertragsparteien einen langfristigen Mietvertrag abgeschlossen haben, rechtfertigt aber nicht die Annahme, sie hätten die Schriftform als rechtsbegründend gewollt. Ein Verstoß gegen die Formvorschrift des § 550 Satz 1 BGB führt dagegen wie nach früherem Recht nicht zur Unwirksamkeit des Mietvertrages. Vielmehr gilt der Vertrag für unbestimmte Zeit. Anders als nach der früheren Regelung in § 566 BGB a.F. ist in § 550 Satz 2 BGB festgelegt, dass die Jahresfrist für die Kündigung erst nach Überlassung des Mietraums an den Mieter zu laufen beginnt. Fraglich ist, ob dies auch gilt, wenn das Mietobjekt noch nicht überlassen worden ist – etwa weil es noch nicht bezugsfertig oder von einem Dritten noch nicht geräumt ist. Das wird mit der bisherigen Rspr. des BGH zu verneinen sein. Vielmehr ist hier auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen,

139

BGH – Urt. v. 24.1.1990 – NJW-RR 1990, 518 = WuM 1990, 140: Die Jahresfrist, nach deren Ablauf ein nicht formwirksam abgeschlossener Mietvertrag gekündigt werden kann, rechnet seit Abschluss des Vertrages bzw. der Nachtragsvereinbarung jedenfalls dann, wenn der vereinbarte Mietbeginn mit erheblichem zeitlichen Abstand erfolgt; BGH – Urt. v. 22.12.1999 – NZM 2000, 184 = ZMR 2000, 207: Die Jahresfrist nach § 566 Satz 2 BGB a.F. (= § 550 Satz 2 BGB) läuft bei noch nicht vollzogenen Mietverträgen vom Tag des Vertragsschlusses an; ebenso BGH – Urt. v. 10.10.2001 – NZM 2001, 1077.

Dies gilt bei teleologischer Auslegung auch für das neue Recht.1 Ein ursprünglich den Formvorschriften entsprechender Mietvertrag wird durch die spätere nicht schriftlich vereinbarte Änderung formunwirksam und 1 So auch zu § 550 BGB: Palandt/Weidenkaff Rn. 13; Schmidt-Futterer/Lammel Rn. 59; Staudinger/Emmerich Rn. 38.

63

140

Rn. I 141

Vertragsabschluss

somit zu einem Mietvertrag auf unbestimmte Zeit, so dass er zum Ablauf eines Jahres nach der vereinbarten Abänderung gekündigt werden kann, BGH – Urt. v. 23.6.1999 – NZM 1999, 763 für Verringerung der Mietfläche, ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.11.2002 – DWW 2003, 93, OLG Karlsruhe – Urt. v. 22.3.2001 – GE 2001, 694 für Mietanpassung.

Diese Kündigungsmöglichkeit ist insbesondere bei konkludenten Abänderungen des Mietvertrages zu beachten, BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2008, 84 = ZMR 2008, 105 = MietRB 2008, 70 (Lützenkirchen) für Abänderung der Zahlungsweise des Mietzinses.

141

Eine Ausnahme hiervon wird nur für den Fall zugelassen, dass der Änderungsvertrag in den Inhalt des ursprünglichen Vertrages während dessen Laufzeit nicht eingreift, sondern es sich um eine bloße Ergänzung, z.B. um einen Verlängerungsvertrag handelt; in diesem Fall beschränkt sich die Formunwirksamkeit auf die jeweilige Vertragsergänzung, BGH – Urt. v. 26.2.1992 – NJW-RR 1992, 654 = WuM 1992, 316 = ZMR 1992, 292, OLG Karlsruhe – Urt. v. 22.3.2001 – GE 2001, 694.

Das Gleiche gilt für den formunwirksamen Vertragsbeitritt eines weiteren Mieters; er lässt die mit den anderen Mietern vereinbarte Vertragsdauer unberührt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.10.2001 – ZMR 2003, 96.

Denkbar ist aber auch der umgekehrte Fall: Durch einen der gesetzlichen Form genügenden Nachtrag können Formmängel des ursprünglichen Hauptvertrages, die darin bestehen, dass nicht alle wesentlichen Vertragsmerkmale in die Urkunde aufgenommen waren, behoben werden, so dass ein insgesamt längerfristiger Vertrag wirksam entstehen kann, BGH – Urt. v. 11.11.1987 – NJW-RR 1988, 201, BGH – Urt. v. 2.5.2007 – NZM 2007, 443: Der Schriftformmangel infolge einer unzureichenden Kennzeichnung der Lage des Mietobjekts in einem Gebäude kann durch eine Nachtragsvereinbarung, die eine hinreichende Kennzeichnung des Mietobjekts enthält, geheilt werden, wenn diese auf den Ursprungsvertrag (nebst Nachtrag) Bezug nimmt.

Die Heilungswirkung tritt ex nunc ein, OLG Naumburg – Urt. v. 25.9.2007 – ZMR 2008, 371 = MietRB 2008, 166, 167 (Kurek).

142

Wird ein formwirksamer befristeter Mietvertrag durch eine nachträgliche formunwirksame Vereinbarung selbst formunwirksam und daher in einen Vertrag auf unbestimmte Zeit umgewandelt, so beginnt die Jahresfrist erst mit Abschluss der nicht formgerechten nachträglichen Vereinbarung, BGH – Urt. v. 29.3.2000 – NZM 2000, 545 = WuM 2000, 607 = ZMR 2000, 593.

Zum Vorrang nur mündlicher Vereinbarungen vor Schriftformklauseln s. Rn. I 152.

64

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 145

bb) Nachholung der Schriftform Die Vertragsparteien können die fehlende Schriftform übereinstimmend jederzeit nachholen, solange eine Partei noch nicht gekündigt hat. Eine Vereinbarung, in der sich die Parteien eines langfristigen Mietvertrages wechselseitig verpflichten, diesen schriftlich zu beurkunden, ist wirksam und selbst dann formlos gültig, wenn es sich um einen mehrjährigen Mietvertrag handelt. In diesem Fall ist jede Partei berechtigt, gegen die andere auf Abschluss eines schriftlichen Vertrages zu klagen,

143

BGH – Urt. v. 27.11.1963 – MDR 1964, 229, OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.1.2004 – DWW 2004, 56 = NZM 2004, 143, Beschl. v. 11.5.2004 – ZMR 2004, 749.

Ist die (gesetzliche) Schriftform nicht gewahrt, so kann auch eine Vertragsauslegung ergeben, dass die Parteien sich wechselseitig verpflichtet haben, die Schriftform einzuhalten und damit ggf. nachzuholen. Eine solche Verpflichtung kann auch stillschweigend begründet worden sein,

144

OLG München – Urt. v. 8.3.1996 – ZMR 1996, 603.

Aus einer im Mietvertrag enthaltenen salvatorischen Klausel soll für die Frage, ob die Parteien zur Nachholung der Schriftform verpflichtet sind, jedenfalls ohne weiter gehende Anhaltspunkte nichts hergeleitet werden können, BGH – Beschl. v. 17.7.2002 – NZM 2002, 823, BGH – Urt. v. 25.7.2007 – NZM 2007, 738 = ZMR 2007, 859.

Anders verhält es sich aber, wenn sich die Klausel ausdrücklich auch auf die Behebung von Formmängeln bezieht,1 insbesondere eine fehlende Schriftform nachzuholen (s. Rn. II 248a).2 Kommt einer der Vertragspartner seiner Pflicht zur Nachholung nicht nach, sondern beruft sich auf den Formmangel, so verstößt er nach h.M. damit gegen Treu und Glauben, s. zuletzt KG – Urt. v. 13.11.2006 – NZM 2007, 402 = ZMR 2007, 271, 272; dagegen OLG Rostock – Urt. v. 10.7.2008 – ZMR 2008, 958, 960.

Durch die Nachholklausel wird die primäre Funktion des § 550 BGB, den Erwerber zu schützen, nicht berührt. Gegenüber der Warnfunktion verdient der Grundsatz, dass Verträge zu halten sind, in diesem Zusammenhang den Vorrang. Bedenken bestehen gegen derartige Klauseln aber insoweit, als die Kündigungsbefugnis ausdrücklich ausgeschlossen wird; denn diese kann sich in Ausnahmefällen trotz der Klausel aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, der nicht disponibel ist, ergeben. Insoweit ist die Klausel jedoch trennbar.

1 Die Klausel lautete: Die Parteien verpflichten sich gegenseitig auf jederzeitiges Verlangen einer Partei, die Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. 2 Schmidt-Futterer/Lammel BGB § 550 Rn. 64; Schlicht ZMR 2004, 238, 240; Wichert ZMR 2006, 257; Lindner-Figura NZM 2007, 705, 713; krit. Lützenkirchen MietRB 2004, 305, 306.

65

145

Rn. I 146

Vertragsabschluss

Eine derartige Klausel muss sich auch der Erwerber des Mietgrundstücks entgegenhalten lassen,1 denn er wird nur vor solchen Verträgen geschützt, in die er sich mangels schriftlicher Niederlegung keinen Einblick verschaffen konnte. cc) Unzulässige Berufung auf die fehlende Schriftform 146

Die Berufung auf den Formmangel nach § 550 BGB ist grundsätzlich nicht treuwidrig. Ebenso wenig kommen allein deswegen Schadensersatzansprüche des auf die Langfristigkeit vertrauenden Vertragspartners gegen den sich auf den Schriftformmangel berufenden Vertragspartner in Betracht (s. Rn. I 150a). Auch aus dem Umstand, dass die Vertragsparteien den Vertrag über längere Zeit erfüllt haben, soll sich nicht herleiten lassen, sie hätten darauf vertrauen können, der andere Vertragspartner werde nicht von der besonderen Kündigungsmöglichkeit Gebrauch machen, BGH – Urt. v. 5.11.2003 – NZM 2004, 97 = ZMR 2004, 106, 107, BGH – Urt. v. 12.7.2006 – NZM 2006, 699 = ZMR 2006, 763, 764.

In den Fällen, in denen sich die Parteien verpflichtet haben, die Schriftform einzuhalten oder nachzuholen, ist die Berufung der einen oder anderen Partei auf die fehlende Form und auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 550 Satz 2 BGB treuwidrig, BGH – Urt. v. 27.11.1963 – MDR 1964, 229 = LM § 537 Nr. 11, KG – Urt. v. 22.5.2003 – GE 2003, 1155, OLG Celle – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2005, 219, OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.1.2004 – DWW 2004, 56 = NZM 2004, 143, Beschl. v. 11.5.2004 – MDR 2004, 1179 = ZMR 2004, 749, OLG München – Urt. v. 8.3.1996 – ZMR 1996, 603, OLG Rostock – Urt. v. 25.9.2000 – ZMR 2001, 29.

Dafür genügt eine salvatorische Klausel (Erhaltungs- oder Ersetzungsklausel) nicht, BGH – Urt. v. 25.7.2007 – NZM 2007, 730 = ZMR 2007, 859.

147

Im Übrigen wird die Berufung auf den Formmangel nur ausnahmsweise für treuwidrig gehalten, nämlich dann, wenn die Nichtigkeit zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde. Das wäre etwa der Fall, wenn der eine Vertragsteil den anderen schuldhaft von der Wahrung der Form abgehalten oder sich einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder bei Formnichtigkeit des Vertrages die Existenz des Vertragspartners bedroht wäre, BGH – Urt. v. 20.12.1989 – NJW-RR 1990, 518 = WuM 1990, 141, BGH – Urt. v. 2.11.2005 – NZM 2006, 104 = ZMR 2006, 116 = MietRB 2006, 97 (Bieber), BGH – Urt. v. 25.7.2007 – NZM 2007, 730. 1 Schlicht ZMR 2004, 238, 240; kritisch Leo NZM 2006, 815.

66

Schriftform des Mietvertrags

Rn. I 150

Dagegen reicht es nicht, dass der Vermieter die Unterschrift des Mieters leicht hätte erreichen können, BGH – Urt. v. 20.12.1989 – NJW-RR 1990, 518 = WuM 1990, 141.

Ebenso wenig genügt, dass beide Parteien von einem langfristigen Vertrag ausgegangen sind und dass sie die Schriftform vereinbart haben, OLG Hamm – Urt. v. 28.9.1993 – MDR 1994, 56.

Treuwidrig ist jedoch auch die Berufung auf den Formmangel, wenn sich diejenige Partei hierauf beruft, die längere Zeit Vorteile aus der formwidrigen Vereinbarung gezogen hat oder sie sonst hieraus begünstigt worden ist,

148

OLG Rostock – Urt. v. 25.9.2000 – ZMR 2001, 29: Eine Korrektur zur Vermeidung schlechthin untragbarer Ergebnisse ist geboten, wenn die Parteien aus außerhalb der Urkunde liegenden Gründen zur Erfüllung der Schriftform verpflichtet sind oder eine Partei den durch die Vertragsänderung bedingten Formmangel zur vorzeitigen Auflösung des noch langfristigen Vertrages missbraucht, obwohl sie durch die Vertragsänderung begünstigt wurde (BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1653).

Letzteres gilt etwa für den Abschluss einer Mieterhöhungs- oder Mietsenkungsvereinbarung,

149

OLG Koblenz – Urt. v. 14.11.2000 – NZM 2002, 293: Ist für ein Grundstück ein schriftlicher Mietvertrag für länger als ein Jahr abgeschlossen und im Laufe des Mietverhältnisses der Mietzins durch mündliche Vereinbarung erhöht worden, so handelt der von der Erhöhungsvereinbarung profitierende Vermieter rechtsmissbräuchlich, wenn er in der Folgezeit wegen Nichteinhaltung der Schriftform kündigt (s. auch BGH NJW 1975, 1653, 1655, LG Kassel ZMR 1999, 715). Das gilt auch dann, wenn derjenige die Kündigung ausspricht, der nachträglich in die Vermieterstellung eingetreten ist. OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.12.2002 – NZM 2003, 513: Dem durch die Mieterhöhung begünstigten Vermieter ist es nach § 242 BGB versagt, sich auf den Formmangel zu berufen und das Mietverhältnis ordentlich zu kündigen. BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 738 = WuM 2004, 534, BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184 jeweils bei Herabsetzung der Betriebskostenvorauszahlungen bzw. einer Betriebskostenpauschale zugunsten des Mieters.

Sagt der Vermieter dem Mieter bei Abschluss eines Mietänderungsvertrages im Hinblick auf die Verlängerung der Vertragsdauer eine Mietsenkung formlos zu, so soll sich der Mieter zwar auf den Formmangel berufen können und zur Kündigung befugt sein. Jedoch ist der Vermieter in diesem Fall berechtigt, die Differenz zwischen der ursprünglichen und der ermäßigten Miete nachzufordern, BGH – Urt. v. 26.2.1986 – MDR 1986, 749.

Treuwidrig kann die Berufung des Mieters auf die fehlende Schriftform bei stillschweigender vertragsändernder Gestattung zur Untervermietung sein, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.11.2001 – ZMR 2002, 510.

Das Gleiche gilt bei einer nur mündlichen Zustimmung des Vermieters zur Nutzungsänderung, LG Düsseldorf DWW 2000, 59.

67

150

Rn. I 150a

Vertragsabschluss

Dagegen kann sich der Erwerber in der Regel auf den Mangel der Schriftform berufen, ohne sich vom Mieter ein treuwidriges Verhalten des Veräußerers entgegenhalten lassen zu müssen,1 OLG Düsseldorf – Beschl. v. 11.5.2004 – NZM 2005, 147, 148 Sp. 2 = ZMR 2004, 749, 750,

es sei denn, dass ihm bei Erwerb des Grundstücks der vollständige Inhalt des Mietvertrages bekannt war2 oder auch ihm die formunwirksame Änderungsvereinbarung zugute kommt, so OLG Koblenz – Urt. v. 14.11.2000 – NZM 2002, 293 für mündliche Mieterhöhungsvereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Mieter.

Jedoch ist er an vertragliche Nachholungsabreden gebunden (s. Rn. I 145). 150a

Hat der Mieter das Mietverhältnis wegen Nichtbeachtung der gesetzlichen Schriftform gemäß § 550 Satz 2 BGB gekündigt, so kann der Vermieter, der im Vertrauen auf das Zustandekommen eines langfristigen Mietverhältnisses das Mietobjekt nach Vorgaben des Mieters errichtet hat, diesen nicht wegen des enttäuschten Vertrauens auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, OLG Rostock – Urt. v. 23.3.2007 – NZM 2007, 733.

g) Abreden zur Schriftform und Vollständigkeit der Vertragsurkunde 151

Schriftformklauseln werden im Allgemeinen für unzulässig gehalten, weil sie dem Mieter den Eindruck vermitteln, dieser könne sich nicht auf nur mündlich Vereinbartes berufen. Sie verstoßen damit gegen das Transparenzgebot (s. dazu Rn. II 245). Sie geben allerdings keinen Aufschluss darüber, ob die Schriftform für einen Mietvertrag rechtsbegründend oder bestätigend gewollt war; denn sie beziehen sich nur auf Vertragsänderungen auf der Grundlage eines geschlossenen Vertrages, OLG München – Urt. v. 8.3.1996 – ZMR 1996, 603.

Zu Vereinbarungen, den Mietvertrag schriftlich zu beurkunden oder eine nicht gewahrte Form nachzuholen, s. Rn. I 107, 143. 152

Die Vertragsparteien können die Schriftformklausel für den Einzelfall aufheben. Damit die mündliche Vereinbarung wirksam ist, ist es nicht erforderlich, dass die Parteien die Schriftform ausdrücklich abbedingen. Es genügen vielmehr ihre auf Aufhebung des Vertrages gerichteten Erklärungen, sofern festgestellt werden kann, dass diese ernsthaft gewollt sind. Es ist nicht einmal erforderlich, dass die Parteien bei der nur mündlich getroffenen Vereinbarung an die Schriftformklausel gedacht haben und sich bewusst über sie hinwegsetzen wollten,3 1 S. zu § 550: AnwK-BGB/Riecke Rn. 33; Blank/Börstinghaus Rn. 71; MünchKomm/ Schilling Rn. 20; Staudinger/Emmerich Rn. 42; Bub/Treier/Heile Rn. II 789. 2 S. zu § 550 BGB: Lammel Rn. 56; Schmidt-Futterer/Lammel Rn. 65; Bub/Treier/Heile Rn. II 789. 3 Staudinger/Emmerich BGB § 550 Rn. 46.

68

Vorvertragliche Bindungen und Pflichten

Rn. I 155

BGH – Beschl. v. 2.11.2005 – WuM 2005, 776 = NZM 2006, 11 zur schlüssigen Vereinbarung eines Betriebskostenumlagemaßstabs, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.4.2001 – DWW 2001, 248 = NZM 2001, 591 für einen Mietaufhebungsvertrag, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – ZMR 2002, 46, 47 für die Vereinbarung, ein Mietverhältnis fortzusetzen.

Das gilt auch für eine qualifizierte Schriftformklausel, nach der die Schriftform auch für die Aufhebung der vereinbarten Schriftform erforderlich ist.1 Eine ausdrückliche Abrede, die ein bewusstes Abweichen von der Klausel zum Inhalt hat, ist nur dann erforderlich, wenn die qualifizierte Schriftformklausel individuell vereinbart ist; denn in solchen Fällen gilt der Vorrang der Individualvereinbarung nicht,

153

BGH – VU v. 21.9.2005 – NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.6.2006 – ZMR 2007, 35, s. auch KG – Urt. v. 20.11.2000 – GE 2001, 278, offen gelassen von BGH – Urt. v. 17.4.1991 – NJW-RR 1991, 1289.

Vollständigkeitsklauseln in Verträgen, gemäß denen formlose Nebenabreden nicht getroffen worden sind,2 sind wirksam. Sie wiederholen nur die ohnehin bestehende Beweislastverteilung, nach der bei schriftlich geschlossenen Verträgen die Vermutung gilt, dass die Urkunde vollständig und richtig ist,

154

BGH – Urt. v. 14.10.1999 – MDR 2000, 19, OLG Nürnberg – Urt. v. 15.1.1992 – DWW 1992, 143, 144, 150. Zur Beweislast: KG – Urt. v. 27.5.2002 – MDR 2003, 79.

5. Vorvertragliche Bindungen und Pflichten a) Der „vorläufige“ Mietvertrag Verhandeln die Vertragsparteien noch über den Inhalt des Mietvertrages, werden die Mieträume jedoch dem Mieter schon vor Vertragsabschluss überlassen und scheitern die Verhandlungen schließlich, so kann es zwischen den Verhandlungspartnern gleichwohl zum Abschluss eines „vorläufigen“ Mietvertrages gekommen sein,3 OLG Hamburg – Urt. v. 14.11.2001 – WuM 2003, 84 = ZMR 2003, 179: Auch wenn es trotz weiterer Verhandlungen und Vertragsentwürfe zum Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages nicht gekommen ist, führte schon die beiderseitige Unterzeichnung des Schreibens vom 3.3.1997, in dem der Vermieter erklärte, zum Abschluss eines neuen schriftlichen Mietvertrages bereit zu sein, zu einer vertraglichen Bindung auch des Mieters für die Zeit bis zum Abschluss eines endgültigen Mietvertrages bzw. bis zum Scheitern dieses Abschlusses. Beiden Parteien war nämlich klar, dass der Mieter die Räume bereits nutzte und während der Verhandlungen auch nutzen werde. Dass dies in einem vertragslosen Zustand geschehen sollte, kann nicht angenommen werden. Der Mieter musste auf ein vorläufiges Besitzrecht Wert legen, um 1 Schmidt-Futterer/Lammel BGB § 550 Rn. 76. 2 Zum Beispiel „Mündliche Nebenabreden bestehen nicht“. 3 S. MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 17; Staudinger/Emmerich Rn. 69 vor § 535.

69

155

Vorvertragliche Bindungen und Pflichten

Rn. I 155

BGH – Beschl. v. 2.11.2005 – WuM 2005, 776 = NZM 2006, 11 zur schlüssigen Vereinbarung eines Betriebskostenumlagemaßstabs, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.4.2001 – DWW 2001, 248 = NZM 2001, 591 für einen Mietaufhebungsvertrag, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – ZMR 2002, 46, 47 für die Vereinbarung, ein Mietverhältnis fortzusetzen.

Das gilt auch für eine qualifizierte Schriftformklausel, nach der die Schriftform auch für die Aufhebung der vereinbarten Schriftform erforderlich ist.1 Eine ausdrückliche Abrede, die ein bewusstes Abweichen von der Klausel zum Inhalt hat, ist nur dann erforderlich, wenn die qualifizierte Schriftformklausel individuell vereinbart ist; denn in solchen Fällen gilt der Vorrang der Individualvereinbarung nicht,

153

BGH – VU v. 21.9.2005 – NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.6.2006 – ZMR 2007, 35, s. auch KG – Urt. v. 20.11.2000 – GE 2001, 278, offen gelassen von BGH – Urt. v. 17.4.1991 – NJW-RR 1991, 1289.

Vollständigkeitsklauseln in Verträgen, gemäß denen formlose Nebenabreden nicht getroffen worden sind,2 sind wirksam. Sie wiederholen nur die ohnehin bestehende Beweislastverteilung, nach der bei schriftlich geschlossenen Verträgen die Vermutung gilt, dass die Urkunde vollständig und richtig ist,

154

BGH – Urt. v. 14.10.1999 – MDR 2000, 19, OLG Nürnberg – Urt. v. 15.1.1992 – DWW 1992, 143, 144, 150. Zur Beweislast: KG – Urt. v. 27.5.2002 – MDR 2003, 79.

5. Vorvertragliche Bindungen und Pflichten a) Der „vorläufige“ Mietvertrag Verhandeln die Vertragsparteien noch über den Inhalt des Mietvertrages, werden die Mieträume jedoch dem Mieter schon vor Vertragsabschluss überlassen und scheitern die Verhandlungen schließlich, so kann es zwischen den Verhandlungspartnern gleichwohl zum Abschluss eines „vorläufigen“ Mietvertrages gekommen sein,3 OLG Hamburg – Urt. v. 14.11.2001 – WuM 2003, 84 = ZMR 2003, 179: Auch wenn es trotz weiterer Verhandlungen und Vertragsentwürfe zum Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages nicht gekommen ist, führte schon die beiderseitige Unterzeichnung des Schreibens vom 3.3.1997, in dem der Vermieter erklärte, zum Abschluss eines neuen schriftlichen Mietvertrages bereit zu sein, zu einer vertraglichen Bindung auch des Mieters für die Zeit bis zum Abschluss eines endgültigen Mietvertrages bzw. bis zum Scheitern dieses Abschlusses. Beiden Parteien war nämlich klar, dass der Mieter die Räume bereits nutzte und während der Verhandlungen auch nutzen werde. Dass dies in einem vertragslosen Zustand geschehen sollte, kann nicht angenommen werden. Der Mieter musste auf ein vorläufiges Besitzrecht Wert legen, um 1 Schmidt-Futterer/Lammel BGB § 550 Rn. 76. 2 Zum Beispiel „Mündliche Nebenabreden bestehen nicht“. 3 S. MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 17; Staudinger/Emmerich Rn. 69 vor § 535.

69

155

Rn. I 156

Vertragsabschluss

nicht von heute auf morgen aus den Räumen gesetzt zu werden. Andererseits musste der Vermieter ein Interesse daran haben, im Falle des Auszuges des Mieters ausreichend Zeit für die Suche nach einem Mietnachfolger zu haben.

Ähnlich verhält es sich, wenn die Parteien nach Kündigung des bisherigen Mietverhältnisses über den Abschluss eines Anschlussmietvertrages verhandeln: In diesem Fall ist bis zum Abschluss des vorgesehenen Mietvertrages ein sog. Überbrückungsvertrag angenommen worden, der das Mietverhältnis vorläufig fortsetzt und mangels Vereinbarung mit den gesetzlichen Fristen gekündigt werden kann, LG Freiburg WuM 1991, 81, bestätigt durch OLG Karlsruhe ebenda; anders KG – Urt. v. 11.10.2001 – GE 2002, 128 bei Verhandlungen über die Neubegründung eines Mietverhältnisses nach vorangegangener Kündigung.

b) Letter of intent 156

Als Instrument, um die Ergebnisse der bisherigen Verhandlungen festzuhalten und die weiteren Verhandlungen zu strukturieren, dient der letter of intent.1 Er ist kein Rechtsinstitut wie z.B. der Vorvertrag, sondern hat sich aus der Wirtschaftspraxis heraus entwickelt. Auch wenn er äußerlich wie eine Vertragsurkunde wirkt, indem er von den Verhandlungspartnern unterzeichnet wird, hat er für sich genommen noch keine Rechtsverbindlichkeit, sondern diese hängt von seinem Inhalt ab: Die Verhandlungspartner können ihm eine solche Verbindlichkeit in einigen Punkten geben, z.B. Vertraulichkeit der Verhandlungen vereinbaren oder ausschließen, dass mit Dritten parallel verhandelt wird. Planungs- und Besichtigungsabsprachen zählen ebenso dazu wie Regelungen über die Vertragskosten. Natürlich können sie auch weiter gehend Verpflichtungen formulieren, die denjenigen in einem Vorvertrag entsprechen. Während aus einem Vorvertrag die Verpflichtung zum Abschluss eines Hauptvertrages folgt, ergibt sich aus dem letter of intent nur die Pflicht zu fairem Verhandeln. Ihre Verletzung führt zum Schadensersatz aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (s. Rn. I 279 f.). c) Vorvertrag

157

Ein Vorvertrag2 muss nur ein solches Maß an Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit und Vollständigkeit enthalten, dass im Streitfall der Inhalt des Vertrages richterlich festgestellt werden kann, notfalls durch eine richterliche Vertragsergänzung (BGH NJW 1990, 1234). Zum wesentlichen Inhalt eines gewerblichen Mietvertrages gehört die Einigung über das Mietobjekt, die Mietdauer und den Mietzins. Für den Inhalt eines Vorvertrages reicht demgemäß die Einigung über diese Punkte aus; die Ausgestaltung näherer Vertragsbedingun1 S. dazu Lindner-Figura NZM 2000, 1193; ferner Schmidt-Futterer/Blank Rn. 117 vor § 535 BGB; Fritz Rn. 26c. 2 S. dazu Michalski ZMR 1999, 141.

70

Vorvertragliche Bindungen und Pflichten

Rn. I 161

gen kann den weiteren Verhandlungen, die zum Abschluss des Hauptvertrages führen sollen, vorbehalten bleiben, BGH – Urt. v. 21.10.1992 – MDR 1993, 341 = NJW-RR 1993, 139 = WM 1992, 685.

Haben die Parteien eine Vereinbarung als Vorvertrag bezeichnet, enthält diese aber alle wesentlichen Punkte eines Mietvertrages über eine noch nicht bezugsfertige Wohnung, so kann die Vereinbarung auch als auflösend bedingter Mietvertrag ausgelegt werden,

158

LG Gießen NJW-RR 1995, 524.

Indes kann auf Grund eines Vorvertrages noch nicht die Besitzeinräumung verlangt werden, AG Schöneberg ZMR 1999, 643.

Auf Grund eines Vorvertrages sind grundsätzlich beide Parteien zur Abgabe eines Vertragsantrages verpflichtet und gehalten, ein Angebot der Gegenseite entweder anzunehmen oder an dem weiteren Aushandeln der Vertragsbedingungen mitzuwirken (vgl. BGH WPM 1981, 695, 697),

159

BGH – Urt. v. 18.11.1993 – MDR 1994, 827 = WuM 1994, 71 = ZMR 1994, 106: Dies schließt die Pflicht des (beklagten) Vermieters ein, sich mit Vorschlägen des (klagenden) Mieters zum Inhalt der angestrebten Vereinbarung auseinander zu setzen. Im Prozess war der Mieter deshalb nicht gehindert, vom Vermieter die Erfüllung der übernommenen Verpflichtung in Gestalt einer von ihm selbst vollständig formulierten Vertragserklärung zu verlangen. Einen möglichen eigenen Gestaltungsspielraum hätte der Vermieter einwendungsweise durch konkrete Alternativregelungen geltend machen können. Es wäre dann Sache des Mieters gewesen, solche Abweichungen unter Änderung des Klagantrags – ggf. hilfsweise – zum Gegenstand des Klagebegehrens zu machen oder aber, mit dem Risiko der Klagabweisung, auf der Abgabe der Erklärung nach seinem ursprünglichen Antrag zu beharren.

Zur notwendigen Bestimmtheit des Klagantrags und zur Bindung des Gerichts an die Sachanträge s. Rn. XIV 47. Unterlässt es die beklagte Partei, einen möglichen Gestaltungsspielraum durch konkrete Alternativvorschläge auszufüllen, so ist die Klage begründet, wenn die von dem Kläger formulierten Regelungen des abzuschließenden Vertrages den Vorgaben des Vorvertrages, dessen Auslegung sowie Treu und Glauben entsprechen, BGH – Urt. v. 12.5.2006 – GuT 2006, 186 = NZM 2006, 674.

Der Mietvorvertrag bedarf nicht der für den Hauptvertrag vorgesehenen Form des § 566 BGB,

160

BGH – Urt. v. 26.2.1986 – MDR 1986, 749, BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NJW 2007, 1817 = ZMR 2007, 519.

Haben die Parteien einen Mietvorvertrag abgeschlossen und verlangt der darin vorgesehene Vermieter die Räumung, weil ein Mietvertrag nicht besteht, so kann der Besitzer mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung geltend machen, dass der vorgesehene Vermieter kraft eines Vorvertrages zum Abschluss eines Mietvertrages verpflichtet ist. Der Einwand greift aber nicht 71

161

Rn. I 162

Vertragsabschluss

durch, wenn der Besitzer einen Grund gesetzt hat, der den vorgesehenen Vermieter zur fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses berechtigt hätte, OLG Köln – Urt. v. 8.4.1992 – WM 1992, 361 = ZMR 1992, 387.

Sind dem künftigen Mieter die anzumietenden Räumlichkeiten schon nach Abschluss des Vorvertrages überlassen worden, so kann die Räumung nur verlangt werden, wenn die Verhandlungen über den Abschluss des Mietvertrages endgültig gescheitert sind (s. auch Rn. I 155), AG Winsen/Luhe ZMR 2004, 123, 124.

d) Option und Verlängerungsklauseln aa) Vereinbarung und Ausübung der Option 162

Ermöglicht die Option eine Gesamtmietzeit von mehr als einem Jahr, so bedarf ihre Vereinbarung der Schriftform gemäß § 550 BGB, BGH – Urt. v. 24.6.1987 – NJW-RR 1987, 1227, OLG Hamburg – Urt. v. 23.6.1997 – WuM 1998, 160.

Die Einräumung eines „Vorpachtrechts“ ist als Verlängerungsoption gedeutet worden, wenn das Recht „1 x 5 Jahre“ gewährt wird und spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit auszuüben ist, OLG Hamm – Urt. v. 4.11.1994 – ZMR 1995, 248, LG Heilbronn ZMR 2001, 975: Da ein allgemeines Verständnis für den Begriff des Vormietrechts nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann, kann die Vertragsauslegung ergeben, dass in Wirklichkeit eine Verlängerungsoption eingeräumt werden sollte.

163

Formularklauseln, die ein Optionsrecht derart aushöhlen, dass der Mieter nur das Recht hat, den Vermieter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ablauf der Mietzeit um ein Angebot zur Fortsetzung des Mietvertrages zu geänderten Bedingungen bitten zu dürfen, verstoßen gegen § 307 BGB (früher § 9 AGBG), OLG Hamburg – Urt. v. 28.3.1990 – DWW 1990, 176 = ZMR 1990, 273; zur Unwirksamkeit einer zugunsten des Mieters als Verwender vereinbarten Option: OLG Hamburg – Urt. v. 11.9.1991 – ZMR 1991, 476.

Von einer Aushöhlung kann aber nicht die Rede sein bei einer Formularklausel, durch die der Mieter das Recht erhält, eine Option dahingehend auszuüben, dass sich der Mietvertrag nur für den Vermieter um die vereinbarte Zeitdauer bindend verlängert, während der Mieter unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist jederzeit kündigen darf; denn der prinzipielle Gleichlauf der Kündigungsfristen für Mieter und Vermieter (nach § 565 Abs. 1a BGB a.F.) ist kein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung i.S. von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG), OLG Schleswig – Urt. v. 17.5.2000, ZMR 2000, 614.

164

Die Ausübung einer Option bedarf der gesetzlichen Schriftform, wenn der Vertrag, aus dem sich das Optionsrecht ergibt, formbedürftig war und er sich über ein Jahr hinaus verlängern soll, 72

Vorvertragliche Bindungen und Pflichten

Rn. I 165

BGH – Urt. v. 24.6.1987 – NJW-RR 1987, 1277, OLG Frankfurt – Urt. v. 20.5.1998 – NZM 1998, 1006, OLG Köln – Urt. v. 29.11.2005 – MDR 2006, 925 = NZM 2006, 464: keine Schriftformwahrung durch Telefax.1

Hat die Ausübung einer Verlängerungsoption durch Einschreiben zu erfolgen, so hat nur die Schriftform rechtsbegründende Bedeutung; der Übermittlungsform durch Einschreiben kommt lediglich Beweisfunktion zu, OLG Hamm – Urt. v. 4.11.1994 – ZMR 1995, 248.

Soll sich der Mietvertrag durch schriftliche Ausübung eines Optionsrechts um mehrere Jahre verlängern, so kann das hierfür sich aus § 550 BGB ergebende Formerfordernis nicht formlos zwischen den Vertragsparteien aufgehoben werden, OLG Celle – Beschl. v. 23.4.1997 – ZMR 1998, 339.

Gilt die Option nach dem Mietvertrag als ausgeübt, wenn der Mieter der Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt widerspricht, so verlängert sich das Mietverhältnis automatisch um den Optionszeitraum. Dadurch wird ein nach § 550 BGB zu beachtendes Schriftformerfordernis nicht verletzt, OLG Hamm – Urt. v. 26.10.2005 – OLGReport Hamm 2006, 138 = MietRB 2006, 123 (Intween).

Ist vereinbart, dass sich die Vertragszeit (hier: 10 Jahre) automatisch um die gleiche Zeit verlängert, wenn keine Partei bis spätestens zwei Jahre vor Ablauf des Vertrages kündigt, und ist dem Mieter (darüber hinaus) eine Verlängerungsoption ohne ausdrückliche Bestimmung einer Optionsfrist eingeräumt worden, so muss er dieses Recht – wenn der Vermieter kündigt – unverzüglich ausüben, jedoch nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist, BGH – Urt. v. 20.3.1983 – ZMR 1985, 260.

Grundsätzlich soll davon ausgegangen werden, dass für die Optionsausübung eine Frist vereinbart wird; etwas anderes müsse ausdrücklich vertraglich geregelt werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.7.1991 – ZMR 1991, 378.

Mangels Vereinbarung von Form und Frist für die Ausübung der Option sollen diejenigen vertraglichen Erfordernisse gelten, die die Parteien ansonsten für die Beendigung oder Fortsetzung des Mietvertrages aufgestellt haben,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.11.1991 – ZMR 1992, 52.

Indes erscheint es nicht zwingend, eine solche Frist dem Parteiwillen zu unterstellen und anzunehmen, das Absehen von einer Ausübungsfrist müsse aus1 Zum Fall: Hat der Vermieter den Mieter gebeten, in der Korrespondenz möglichst Telefax zu benutzen, so liegt darin nicht der Verzicht, die Option in der vereinbarten Schriftform auszuüben. 2 Beispiel: Haben die Parteien vereinbart, dass sich das Mietverhältnis verlängert, wenn es nicht binnen einer bestimmten Frist gekündigt wird, so kann diese Frist im Wege der Auslegung auch als Frist zur Ausübung einer dem Mieter eingeräumten Verlängerungsoption verstanden werden.

73

165

Rn. I 166

Vertragsabschluss

drücklich vereinbart werden; dies läuft auf eine einseitige Bevorzugung der Vermieterinteressen hinaus. Haben die Vertragsparteien eine Ausübungsfrist nicht vereinbart, so spricht dies zunächst dafür, dass das Dispositionsinteresse nicht beim Vermieter, sondern beim Mieter liegt und dieser noch bis zum Ende der Vertragszeit optieren kann; denn es wäre Sache des Vermieters gewesen, zu seinem Schutz sich eine derartige Frist auszubedingen. Mithin kann mangels anderer Vereinbarung der Mieter noch am letzten Tag der Mietzeit optieren,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.2.1981 – MDR 1981, 847.

Bei einem befristeten Mietvertrag kann eine Option jedenfalls nicht mehr ausgeübt werden, nachdem das Mietverhältnis bereits durch Fristablauf (§ 542 Abs. 1 BGB) beendet ist, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 20.5.1998 – NZM 1998, 1006, OLG Köln – Urt. v. 27.2.1996 – ZMR 1996, 433.

166

Sind dem Mieter mehrfache Optionen eingeräumt worden, so kann er eine zeitlich nachfolgende Option nur dann wirksam ausüben, wenn er die zeitlich früheren Optionen rechtzeitig ausgeübt hatte. Hat er dies versäumt, ist also die Optionskette auch nur einmal unterbrochen worden, so hat sich das Mietverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.9.2007 – ZMR 2008, 785 (Anschluss an OLG Hamburg WuM 1998, 160).

Hat der Mieter von seinem Optionsrecht während der Laufzeit eines befristeten Mietvertrages keinen Gebrauch gemacht, so lebt dieses Recht selbst dann nicht wieder auf, wenn der Mietvertrag nach Ablauf der festen Mietzeit einverständlich verlängert wird, OLG Köln – Urt. v. 27.2.1996 – ZMR 1996, 433.

Auch wenn der Mieter rechtskräftig zur künftigen Räumung verurteilt worden ist, ist er nicht gehindert, noch eine Verlängerungsoption auszuüben und dies im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen, BGH – Urt. v. 25.2.1985 – MDR 1985, 574 = ZMR 1985, 230.

bb) Option und Mieterhöhung 167

Ist über eine Mieterhöhung anlässlich der Optionsausübung nichts vereinbart, so wurde früher angenommen, dass dem Vermieter kein Recht zur Mietanpassung zusteht, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.2.1995 – MDR 1995, 794 = WuM 1995, 433 = ZMR 1995, 347.

Demgegenüber wird in der neueren Rspr. im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein solches Recht geprüft, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.10.1999 – ZMR 2000, 173: Die Rspr. des OLG Düsseldorf (MDR 1995, 794 = WM 1995, 433 = ZMR 1995, 347), dass der Vermieter ohne ausdrückliche Vereinbarung bei Ausübung einer Option keine höhere Miete verlangen 1 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 175; Staudinger/Emmerich Rn. 103 vor § 535 BGB.

74

Vorvertragliche Bindungen und Pflichten

Rn. I 170

kann, kommt nicht zum Tragen, wenn im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung anzunehmen ist, dass der Mieter das Mietobjekt nach Ablauf der Mietzeit zu einem angemessenen Mietzins wieder mieten könne.1

Es empfiehlt sich demnach, die Frage der Mieterhöhung vertraglich eindeutig zu regeln. Ist in einem Geschäftsraummietvertrag vereinbart, dass nach Ablauf der festen Mietzeit und Ausübung einer Verlängerungsoption durch den Mieter die Miete neu zu vereinbaren ist, so bedeutet dies, dass eine Neufestsetzung der Miete erfolgen sollte und nicht nur eine Anpassung unter Berücksichtigung der ursprünglichen Wert- und Äquivalenzvorstellungen, KG – Urt. v. 30.6.2003 – GE 2003, 1154 in Abgrenzung zu KG – Urt. v. 28.1.1985 – ZMR 1986, 194.

Die Neufestsetzung hat nach billigem Ermessen zu erfolgen. Dem entspricht grundsätzlich die ortsübliche Miete für Neuabschlüsse, KG – Urt. v. 30.6.2003 – GE 2003, 1154.

Enthält der gewerbliche Mietvertrag die Regelung, dass die Miete für den Fall der Ausübung der Verlängerungsoption neu zu verhandeln ist, so kann der Vermieter bei fehlender vertraglicher Fälligkeitsregelung in Anwendung der §§ 315, 316 BGB auch rückwirkend auf Zahlung klagen. Die Fälligkeit der erhöhten Miete tritt mit Rechtskraft des Urteils ein,

168

OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.5.2002 – DWW 2002, 204 = ZMR 2002, 593.

Hat der Vermieter einen Anspruch auf Neufestsetzung, so ist ihm ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zugebilligt worden, so dass nicht auf Zustimmung des Mieters zu klagen ist, sondern auf Feststellung der Höhe der neuen Miete, KG – Urt. v. 30.6.2003 – GE 2003, 1154; im Ergebnis ebenso OLG Hamburg – Urt. v. 2.11.1994 – NJW-RR 1997, 458: Ist im Mietvertrag vorgesehen, dass der Mietzins nach Ablauf von fünf Jahren bei Optionsausübung durch den Mieter neu vereinbart werden soll, und kommt es zu keiner Einigung zwischen den Parteien, so steht dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB zu (s. BGH NJW 1974, 1464).

Regelt ein Mietvertrag mit einer Optionsklausel für die ersten 10 Mietjahre einen festen Mietzins und sieht eine Klausel die Neufestsetzung der Miete „zum Beginn der Option“ vor, dann ist das im Zweifel als reine Zeitbestimmung für die Mieterhöhung und nicht nur als Erhöhungsmöglichkeit im Optionsfall zu verstehen. Für letztere Auslegung müssten Umstände zum Vertragszweck und der Interessenlage der Parteien vorliegen,

169

BGH – Urt.v. 19.3.1992 – NJW 1992, 2281.

cc) Verlängerungsklauseln Ist vereinbart, dass das Mietverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt endet, es sich aber (jeweils) um einen weiteren (bestimmten) Zeitraum verlängert, 1 Hier bei einer Vertragszeit von insgesamt 14 Jahren.

75

170

Rn. I 171

Vertragsabschluss

wenn keine der Parteien der Verlängerung (binnen einer bestimmten Frist) widerspricht – sog. Verlängerungsklausel –, so wird das ursprüngliche Mietverhältnis fortgesetzt, wenn ein Widerspruch unterbleibt, und nicht etwa ein neuer Vertrag abgeschlossen, BGH – Urt. v. 29.4.2002 – BGHZ 150, 373, 375 = NJW 2002, 2170 = ZMR 2002, 582.

171

Die gleiche Rechtsfolge gilt für die nachstehende Vereinbarung in einem Miet- oder Pachtvertrag über Räume: „Der Pachtvertrag beginnt am ... Er wird auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen. Nach Ablauf der Vertragsdauer setzt sich das Pachtverhältnis nach Maßgabe dieses Vertrages um jeweils 5 Jahre fort, sofern der Verpächter oder der Pächter nicht spätestens ein Kalenderjahr vor Ablauf der vereinbarten Dauer durch eingeschriebenen Brief erklärt, dass er von einer Verlängerung Abstand nimmt.“

Die Klausel soll nicht als Vereinbarung eines Kündigungsrechts zu verstehen sein, sondern als vorweggenommenes und befristetes wechselseitiges Angebot auf Vereinbarung einer Vertragsfortsetzung, verbunden mit der weiteren Vereinbarung, dass dieses Angebot durch einfaches Schweigen des jeweils anderen Vertragspartners angenommen wird, wenn nicht innerhalb der vereinbarten Frist mitgeteilt wird, dass der Vertrag nicht fortgesetzt werden soll. Diese Konstruktion hat zur Folge, dass die Frist zur Erklärung, den Vertrag nicht fortsetzen zu wollen, eine echte Frist i.S. von § 193 BGB ist. Fällt der letzte Tag, an dem die Erklärung abgegeben werden müsste, auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag, so kann die „Kündigung“ auch noch am folgenden Werktag dem Vermieter wirksam zugehen (§ 130 Abs.1 BGB), BGH – Urt. v. 16.10.1974 – NJW 1975, 40, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.7.1993 – ZMR 1993, 521, Urt. v. 10.7.1996 – ZMR 1998, 25.

172

Das Schweigen der Vertragsparteien soll also entgegen dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Schweigen keine Willenserklärung ist, hier rechtsbegründende Wirkung haben. Um diese Rechtsfolge zu vermeiden, muss die Partei, die mit der Vertragsverlängerung nicht einverstanden ist, ihren Beendigungswillen gegenüber der anderen Vertragspartei bekunden. Dieser Wille, der in beliebiger Wortwahl zum Ausdruck gebracht werden kann, muss eindeutig auf eine Vertragsbeendigung gerichtet sein, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.5.2002 – NZM 2003, 852 = WuM 2002, 606 = ZMR 2002, 910.

173

Steht auf einer Vertragsseite eine Personenmehrheit, so muss der Widerspruch gegen die Vertragsfortsetzung von allen gegenüber allen erklärt werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.7.1996 – ZMR 1998, 25 für eine Bruchteilsgemeinschaft auf Vermieterseite.

174

Eine Kündigung oder ein Widerspruch gegen die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu einem anderen Beendigungstermin, als im Mietvertrag vereinbart, ist unzulässig. Mietverträge mit Verlängerungsklauseln für bestimmte Zeiträume stellen nämlich keine Verträge auf unbestimmte Zeit mit der Möglich76

Vorvertragliche Bindungen und Pflichten

Rn. I 176

keit ordentlicher Kündigung i.S. von § 565 BGB dar. Sowohl während der Ursprungsvertragszeit als auch während der jeweiligen festgelegten Verlängerungszeiten kann das Mietverhältnis nicht ordentlich gekündigt werden; es kann nur zum jeweiligen Ablauftermin enden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.2.1993 – DWW 1993, 101 = MDR 1993, 441.

Bei Mietverhältnissen über Wohnraum kann eine Befristung nach dem MRRG nur im Rahmen des § 575 BGB vereinbart werden (s. dazu Rn. X 127 f.). Verlängerungsklauseln sind daher seit dem 1.9.2001 bei Neuabschlüssen nicht mehr zulässig.1 Für Mietverträge, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen sind, gilt dagegen die bisherige Rechtslage fort (Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB). Für sie bestimmt sich die Zulässigkeit von Verlängerungsklauseln nach wie vor gemäß § 565a Abs. 1 BGB a.F. Danach gelten Verlängerungsklauseln fort, die eine einmalige oder eine wiederholte Verlängerung2 vorsehen,

175

BGH – Urt. v. 6.4.2005 – DWW 2005, 197 = WuM 2005, 342, BGH – Urt. v. 27.4.2005 – MDR 2005, 1100 = NZM 2005, 532 = WuM 2005, 465, BGH – Beschl. v. 21.6.2005 – WuM 2005, 520, BGH – Urt. v. 7.2.2007 – WuM 2007, 202, 203 = ZMR 2007, 350 = MietRB 2007, 109, 110 (Eupen).

Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag vor Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 abgeschlossen wurde, die Mietsache jedoch erst danach übergeben wurde,3

175a

BGH – Urt. v. 19.9.2006 – NZM 2006, 927 = WuM 2006, 620 = ZMR 2007, 20.

Dagegen bestehen Bedenken; denn sowohl im Gesetz (Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB) als auch in dessen Begründung4 ist von einem am 1.9.2001 bestehenden Mietverhältnis die Rede. Das Mietverhältnis entsteht jedoch in der Regel und vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen erst mit der vertragsgemäßen Überlassung; erst ab diesem Zeitpunkt greifen die Gewährleistungsrechte des Mieters. Daran ändert sich im Grundsatz nichts deshalb, weil unter Umständen bereits vor der Übergabe Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB entstehen können. Die Rechtssicherheit wird nicht dadurch berührt, dass anstelle des (willkürlichen) Vertragsdatums auf den Zeitpunkt der Aktualisierung des Mietverhältnisses abgestellt wird. Letzterem kommt stärkere Publizität als dem Vertragsdatum zu. Er erscheint auch für die Parteien markanter, so dass der ins Spiel gebrachte Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht überzeugt. War vereinbart, dass das befristete Mietverhältnis sich wiederholt um einen bestimmten Zeitraum verlängert, so wurde und wird es wie ein unbefristetes Mietverhältnis behandelt, 1 Blank ZMR 2002, 797, 800. 2 Beispiel: Das Mietverhältnis wird auf die Dauer von 2 Jahren abgeschlossen. Wird es nicht zum Ablauf dieser Frist gekündigt, verlängert es sich jeweils um 1 Jahr. 3 Ebenso zu § 575 BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 14; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 5; Staudinger/Rolfs Rn. 75; a.A. Lammel Rn. 85. 4 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 76.

77

176

Rn. I 177

Vertragsabschluss

BGH – Urt. v. 25.1.1991 – BGHZ 113, 290 = NJW 1991, 1348 = WuM 1991, 276 = ZMR 1991, 213.

Das hat zur Folge, dass diese Mietverhältnisse mit den ordentlichen Kündigungsfristen zum jeweils vereinbarten Endtermin gekündigt werden konnten und können,1 LG Mönchengladbach ZMR 1991, 439; LG Berlin NZM 1999, 305: Bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit mit Verlängerungsklauseln auf ebenfalls bestimmte Zeit ist eine Kündigung immer nur zu dem jeweiligen Endzeitpunkt möglich.

Derartige Vereinbarungen sind im Ergebnis auch nach Inkrafttreten des MRRG zugelassen; an die Stelle der Befristung tritt ein vereinbarter befristeter Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung (s. dazu Rn. X 2, 3 ff.), BGH – Urt. v. 14.6.2006 – NZM 2006, 653 = WuM 2006, 445 = ZMR 2006, 682 = MietRB 2006, 260 (Ott).

Im Hinblick auf die Möglichkeit, das Mietverhältnis rechtzeitig mit der (neuen) gesetzlichen Frist von 3 Monaten zu kündigen, wird ein Verstoß gegen § 573c Abs. 4 BGB verneint. 177

Für die Einhaltung der Kündigungsfrist ist zu beachten: Haben die Parteien eines Mietvertrages über Wohnraum vereinbart, dass sich das Mietverhältnis um ein Jahr verlängert, wenn der Vertrag nicht fristgemäß gekündigt wird, so ist für die Berechnung der Kündigungsfrist ein schon in Lauf gesetzter Verlängerungszeitraum derart einzubeziehen, dass die Kündigungsfrist erst mit dessen Ablauf beginnt,2 LG Hamburg WuM 2001, 340; abweichend LG Konstanz WuM 2001, 341, das eine entsprechende Formularklausel für unwirksam nach § 9 AGBG (= § 307 BGB) hält.

178

Gegen die Fortgeltung von Verlängerungsklauseln, die vor dem 1.9.2001 vereinbart worden sind, sind Bedenken erhoben worden.3 Diesen ist jedenfalls insoweit zu folgen, als im Ergebnis der Mieter einer Verlängerung durch eine Kündigung mit den (neuen) Kündigungsfristen des § 573c Abs. 1 BGB begegnen kann. Die Regelung in Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB bezieht sich nur auf vereinbarte Kündigungsfristen, die aber in Verlängerungsklauseln nicht vorgesehen sind. Über Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB lässt sich nicht ableiten, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB a.F. für Verlängerungsklauseln fortgelten sollen. Die Vorschrift beschränkt sich vielmehr als eng

1 Die Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB a.F. gelten nur, wenn sie eindeutig vereinbart sind (s. Rn. X 87 f.); sonst sind die Fristen des § 573c BGB zu beachten. 2 Zum Fall: Die Vereinbarung lautete: „Das Mietverhältnis beginnt am 16.8.1987 und läuft bis zum 31.12.1990. Wenn es nicht fristgemäß gekündigt wird, verlängert es sich jeweils um ein weiteres Jahr“. Der Mieter kündigte unter dem 18.1.1998 zum 31.1.1999. Der Mieter hätte indes bis zum 3. Werktag im Januar 1998 zum 31.12.1998 kündigen können und müssen. Da er diese Frist versäumt hatte, verlängerte sich das Mietverhältnis bis zum 31.12.1999. 3 Blank NZM 2005, 401; Eisenhardt WuM 2005, 487; Gellwitzki WuM 2005, 345.

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Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 180

auszulegende Ausnahmeregel darauf, dass sich ein Mietverhältnis nach Maßgabe des § 565a Abs. 1 BGB a.F. verlängern kann, regelt aber nicht, unter welchen Modalitäten es zu beenden ist (s. auch Rn. X 115). Vereinbarungen, nach denen die ordentliche Kündigung für bestimmte Zeit ausgeschlossen wird und sich das Mietverhältnis jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn es nicht gekündigt wird, sind dahin zu verstehen, dass im Anschluss an den vereinbarten Kündigungsausschluss ein weiterer von jeweils einem Jahr hinzutritt. Da den Parteien, insbesondere dem Mieter, das Recht verbleibt, das Mietverhältnis rechtzeitig mit der Frist des § 573c Abs. 1 BGB zu kündigen, bestehen gegen die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen grundsätzlich keine Bedenken. Anders verhält es sich, wenn entweder die Regelung formularmäßig getroffen wird oder eine Staffelmiete vereinbart ist. In diesen Fällen ist der Kündigungsausschluss auf 4 Jahre beschränkt, was aus § 557a Abs. 4 abgeleitet wird (s. Rn. X 6–8).

6. Wechsel der Vertragsparteien a) Erwerbereintritt bei Veräußerung des Mietgrundstücks Die Regelung in § 566 BGB enthält ebenso wie § 571 BGB a.F. eine Durchbrechung des allgemeinen schuldrechtlichen Grundsatzes, dass Rechte und Pflichten nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Personen entstehen (BGH – Urt. v. 22.5.1989 – BGHZ 107, 315, 320 = WuM 1989, 393). Sie stellt eine Ausnahmeregelung dar, die dem Mietverhältnis für den Fall der Veräußerung des Mietgrundstücks insoweit eine gleichsam dingliche Wirkung beilegt, indem sie mit dem Übergang des Eigentums am vermieteten Grundstück auf den Erwerber auch die Vermieterrechte und -pflichten auf diesen übergehen lässt. Die Vorschrift bezweckt mithin den Schutz des Mieters und Pächters. Sie wurde dazu geschaffen, einer Schlechterstellung des Mieters durch den Verkauf des Mietobjekts vorzubeugen; es ist nicht ihr Sinn, das Mietverhältnis insgesamt zu verändern oder gar aus rein formellen Gründen unnötig kompliziert zu gestalten. Als Ausnahmevorschrift ist sie eng auszulegen (BGHZ a.a.O.). Hiervon ausgehend ist sie anzuwenden, soweit der mit ihr bezweckte Mieterschutz dies erfordert,1

179

BGH – Beschl. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = WM 1999, 390 = ZMR 1999, 546.

Zum dogmatischen Verständnis der Regelung des § 566 BGB hat der BGH zur Vorgängernorm in § 571 BGB a.F. folgende Auffassung vertreten: BGH – Urt. v. 3.5.2000 – NZM 2000, 711 = WuM 2000, 422 = ZMR 2000, 595: Bei Eintritt des Erwerbers nach § 571 BGB handelt es sich nicht um eine „gesetzlich normierte Vertragsübernahme“. Der Erwerber ist nicht Rechtsnachfolger des ursprünglichen Eigentümers und Vermieters. Die Wirkung des § 571 BGB besteht vielmehr darin, dass im Augenblick des Eigentumsübergangs kraft Gesetzes ein neues 1 S. dazu ausführlich Börstinghaus NZM 2004, 481; ferner Harke ZMR 2002, 490; Hattenhauer NZM 2003, 666.

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180

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 180

auszulegende Ausnahmeregel darauf, dass sich ein Mietverhältnis nach Maßgabe des § 565a Abs. 1 BGB a.F. verlängern kann, regelt aber nicht, unter welchen Modalitäten es zu beenden ist (s. auch Rn. X 115). Vereinbarungen, nach denen die ordentliche Kündigung für bestimmte Zeit ausgeschlossen wird und sich das Mietverhältnis jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn es nicht gekündigt wird, sind dahin zu verstehen, dass im Anschluss an den vereinbarten Kündigungsausschluss ein weiterer von jeweils einem Jahr hinzutritt. Da den Parteien, insbesondere dem Mieter, das Recht verbleibt, das Mietverhältnis rechtzeitig mit der Frist des § 573c Abs. 1 BGB zu kündigen, bestehen gegen die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen grundsätzlich keine Bedenken. Anders verhält es sich, wenn entweder die Regelung formularmäßig getroffen wird oder eine Staffelmiete vereinbart ist. In diesen Fällen ist der Kündigungsausschluss auf 4 Jahre beschränkt, was aus § 557a Abs. 4 abgeleitet wird (s. Rn. X 6–8).

6. Wechsel der Vertragsparteien a) Erwerbereintritt bei Veräußerung des Mietgrundstücks Die Regelung in § 566 BGB enthält ebenso wie § 571 BGB a.F. eine Durchbrechung des allgemeinen schuldrechtlichen Grundsatzes, dass Rechte und Pflichten nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Personen entstehen (BGH – Urt. v. 22.5.1989 – BGHZ 107, 315, 320 = WuM 1989, 393). Sie stellt eine Ausnahmeregelung dar, die dem Mietverhältnis für den Fall der Veräußerung des Mietgrundstücks insoweit eine gleichsam dingliche Wirkung beilegt, indem sie mit dem Übergang des Eigentums am vermieteten Grundstück auf den Erwerber auch die Vermieterrechte und -pflichten auf diesen übergehen lässt. Die Vorschrift bezweckt mithin den Schutz des Mieters und Pächters. Sie wurde dazu geschaffen, einer Schlechterstellung des Mieters durch den Verkauf des Mietobjekts vorzubeugen; es ist nicht ihr Sinn, das Mietverhältnis insgesamt zu verändern oder gar aus rein formellen Gründen unnötig kompliziert zu gestalten. Als Ausnahmevorschrift ist sie eng auszulegen (BGHZ a.a.O.). Hiervon ausgehend ist sie anzuwenden, soweit der mit ihr bezweckte Mieterschutz dies erfordert,1

179

BGH – Beschl. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = WM 1999, 390 = ZMR 1999, 546.

Zum dogmatischen Verständnis der Regelung des § 566 BGB hat der BGH zur Vorgängernorm in § 571 BGB a.F. folgende Auffassung vertreten: BGH – Urt. v. 3.5.2000 – NZM 2000, 711 = WuM 2000, 422 = ZMR 2000, 595: Bei Eintritt des Erwerbers nach § 571 BGB handelt es sich nicht um eine „gesetzlich normierte Vertragsübernahme“. Der Erwerber ist nicht Rechtsnachfolger des ursprünglichen Eigentümers und Vermieters. Die Wirkung des § 571 BGB besteht vielmehr darin, dass im Augenblick des Eigentumsübergangs kraft Gesetzes ein neues 1 S. dazu ausführlich Börstinghaus NZM 2004, 481; ferner Harke ZMR 2002, 490; Hattenhauer NZM 2003, 666.

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180

Rn. I 181

Vertragsabschluss

Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter entsteht, allerdings mit uneingeschränkt demselben Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hat (BGH NJW 1962, 1388, 1390). S. auch OLG Karlsruhe – Urt. v. 21.12.2007 – MietRB 2008, 165 (Lützenkirchen).

Dieses Verständnis wird auch für § 566 BGB zugrunde zu legen sein, selbst wenn die Annahme eines neuen Vertragsabschlusses lebensfremd erscheint und eine Wertung als gesetzliche Vertragsübernahme näher liegt. Inkonsequent erscheint, dass trotz der fingierten Neubegründung des Mietverhältnisses der Lauf der Frist nach § 544 BGB nicht beeinflusst werden soll, so dass der Erwerber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt sein soll, wenn seit der Überlassung der Mietsache mehr als 30 Jahre vergangen sind (s. dazu Rn. XII 242), OLG Karlsruhe – Urt. v. 21.12.2007 – MietRB 2008, 165 (Lützenkirchen).

Trotz ihres mieterschützenden Charakters wird die Regelung in § 566 BGB für abdingbar gehalten, soweit es Individualvereinbarungen anbelangt.1 Dagegen bestehen Bedenken, soweit es die Wohnraummiete anbelangt; denn hierdurch würde der Bestandsschutz gefährdet.2 Unzulässig ist jedenfalls eine formularmäßige Abbedingung des § 566 BGB; denn damit würde einer der Grundgedanken des Mietverhältnisses – „Kauf bricht nicht Miete“ – preisgegeben (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). aa) Anwendungsbereich 181

Der in § 566 BGB geregelte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ gilt nur für (Haupt-)Mietverhältnisse über Räume und Grundstücke (sowie eingetragene Schiffe) gemäß §§ 578, 578a BGB. Als Ausnahmeregelung ist er auf andere Rechtsverhältnisse nicht analog anwendbar. Auf gemischte Verträge ist er nur dann anzuwenden, wenn der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses in den mietrechtlichen Beziehungen liegt, verneinend BGH – Urt. v. 17.7.2002 – NZM 2002, 924 für einen Vertrag, in dem der Grundstückseigentümer einem Unternehmen das ausschließliche Recht gewährt, auf dem Grundstück eine Breitbandkabelanlage zu errichten, zu unterhalten und mit den Wohnungsmietern Einzelanschlussverträge abzuschließen.

Die Regelung ist nicht entsprechend auf die Untervermietung bei Wechsel des Untervermieters anzuwenden, BGH – Urt. v. 22.5.1989 – MDR 1989, 906 = ZMR 1989, 331.

Ebenso wenig gilt § 566 BGB für den Fall der Leihe, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.1.1987 – ZMR 1989, 19.

1 S. zu § 566 BGB: AnwKomm/Riecke Rn. 30; MünchKomm/Häublein Rn. 46; SchmidtFutterer/Gather Rn. 64; Staudinger/Emmerich Rn. 57. 2 Ebenso Lammel BGB § 566 Rn. 15.

80

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 182

bb) Voraussetzungen des Erwerbereintritts 182

Voraussetzung für den Eintritt des Erwerbers des Mietgrundstücks ist: – die Begründung eines wirksamen Mietverhältnisses, – die Überlassung der Mietsache an den Mieter, – ein wirksames Veräußerungsgeschäft durch den Vermieter, der zugleich Eigentümer sein muss, – Vollendung des dinglichen Erwerbsaktes auf Seiten des Erwerbers. Die Regelung in § 566 BGB kommt nicht zum Tragen, wenn der Vermieter nicht zugleich (alleiniger) Eigentümer ist. Das Schutzbedürfnis des Erwerbers gebietet es nämlich, nicht an einen Vertrag gebunden zu sein, der nicht dem veräußernden Eigentümer zugerechnet werden kann. Es ist also auf Personenidentität zwischen Vermieter – Eigentümer – Veräußerer zu achten. Ob der Eigentümer mit der Vermietung einverstanden war, ist ohne Bedeutung. Ebenso wenig rechtfertigt der Umstand, dass der Eigentümer Alleingesellschafter des eigentumslosen Vermieters war, die analoge Anwendung der Vorschrift, BGH – Urt. v. 22.10.2003 – NZM 2004, 300.1

Allerdings kommt eine Anwendung des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete“ dann in Betracht, wenn der Vertrag mit dem vom Eigentümer autorisierten Verwalter des Grundstücks geschlossen wurde. Bei einer solchen Konstellation sind aber strenge Anforderungen an die Bezeichnung des Vermieters zu stellen, OLG Celle – Urt. v. 19.1.2000 – ZMR 2000, 284.2

Das Gleiche gilt bei Umgehungsversuchen,3 LG Hamburg WuM 2001, 281.

Nicht erforderlich ist, dass Vermieter, Grundstückseigentümer und Veräußerer schon bei Abschluss des Mietvertrages personengleich sind; es reicht vielmehr aus, dass der spätere Veräußerer im Verlauf des Mietverhältnisses Eigentümer und damit Vermieter wird,4

1 Zum Fall: Der Mieter M mietete eine Ausstellungsfläche vom Nichteigentümer A, einer Gesellschaft, deren Alleingesellschafter E auch Eigentümer des Mietgrundstücks war und mit der Vermietung an M einverstanden war. E übertrug das Eigentum auf B und unterrichtete M davon, zugleich mit der Aufforderung, die Miete künftig an B zu zahlen. M verlangte später Schadensersatz wegen Schlechterfüllung von B. Der BGH wies die Klage ab. 2 Zum Fall: Voreigentümer waren die 3 Brüder G. Der Mietvertrag war von der Verwaltungsgesellschaft G GmbH & Co KG abgeschlossen, die auch als Vermieter bezeichnet war, wobei einer der Brüder auf Vermieterseite unterschrieb. Das OLG verneinte den Eintritt des Erwerbers in den Mietvertrag. 3 Zum Fall: Der Grundstückeigentümer hatte einen nahen Angehörigen als Wohnungsvermieter pro forma eingesetzt. Das LG bejahte den Eintritt des Erwerbers in den Mietvertrag. 4 MünchKomm/Häublein BGB § 566 Rn. 20; Grooterhorst/Burbulla NZM 2006, 246; a.A. Emmerich/Sonnenschein BGB § 566 Rn. 13.

81

Rn. I 183

Vertragsabschluss

OLG Rostock – Urt. v. 15.8.2005 – MDR 2006, 439 = NZM 2006, 262 = MietRB 2006, 100 (Bieber), anders OLG Köln – Urt. v. 2.8.2001 – MDR 2002, 390 = ZMR 2001, 967.

183

Sind mehrere Miteigentümer vorhanden und hat nur einer von ihnen im eigenen Namen den Mietvertrag als Vermieter abgeschlossen, so gilt die Regelung des § 566 BGB, wenn die anderen Miteigentümer der Vermietung – sei es auch schlüssig – zugestimmt haben, BGH – Urt. v. 18.9.1984 – WuM 1985, 63, OLG Karlsruhe – RE v. 10.2.1981 – NJW 1981, 1278 = WuM 1981, 179.

Haben die Miteigentümer die Vermietung des Grundstücks oder der Räume durch einen Miteigentümer allein hingenommen, dürfen sie ihre Eigentumsrechte auch nicht gegen den Mieter ausüben, soweit sie dessen Mietgebrauch beschränken würden, LG Berlin ZMR 1993 S. VI Nr. 13.

Ausnahmsweise ist § 571 BGB a.F. (jetzt: § 566 BGB) aber auf den Fall entsprechend angewendet worden, dass der Mietvertrag von mehreren Personen auf Vermieterseite abgeschlossen worden ist, von denen nicht alle Eigentümer waren, LG Waldshut-Tiengen WM 1993, 56, s. dagegen LG Berlin NZM 1998, 662 = WuM 2000, 191 = ZMR 1998, 432.1

184

Die gesetzliche Regelung geht von einem rechtsgeschäftlichen Erwerb aus. Sie ist jedoch entsprechend auf einen Eigentumserwerb kraft Gesetzes anzuwenden, da das Gesetz insoweit eine planwidrige Lücke aufweist, BGH – Urt. v. 9.7.2008 – NZM 2008, 727 = WuM 2008, 562 = ZMR 2008, 881 zum sog. BImA – Errichtungsgesetz vom 9.12.2004; a.A. LG Berlin ZMR 2008, 797 als Vorinstanz.

185

Maßgeblicher Zeitpunkt für den Übergang der Rechte und Pflichten ist die Vollendung des Eigentumserwerbs durch Grundbuchumschreibung; die Eintragung einer Auflassungsvormerkung reicht nicht, BGH – Urt. v. 19.10.1988 – NJW 1989, 451 = MDR 1989, 247 – WuM 1989, 141.

Überlassung bedeutet im Regelfall, dass dem Mieter der Besitz nach § 854 Abs. 1, 2 BGB verschafft wird. Gibt der Mieter einen Teil der Mietsache an den Veräußerer noch während der Mietzeit wieder zurück, so steht das einer von vornherein fehlenden Besitzüberlassung gleich, OLG Köln – Urt. v. 8.10.2002 – ZMR 2003, 186, 188.

Der Erwerber tritt also nicht in das Mietverhältnis ein, wenn die Mietsache dem Mieter noch nicht überlassen worden ist. Die Pflicht zur Besitzeinräumung besteht indes für den Veräußerer als Vermieter fort. Solange nämlich nicht auszuschließen ist, dass es dem Vermieter möglich ist, das Leistungshindernis durch Vereinbarungen mit dem neuen Eigentümer und dessen Mieter zu beheben, kann der Mieter die Einräumung des Besitzes nach wie vor 1 So auch Börstinghaus NZM 2004, 481, 482; Rau ZMR 1998, 432.

82

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 187

verlangen und muss sich nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung verweisen lassen.1 Wie im Falle der Doppelvermietung erlangt ein möglicherweise gegebenes Unvermögen des Vermieters dann erst in der Zwangsvollstreckung Bedeutung, BGH – Urt. v. 12.3.2003 – MDR 2003, 865 = ZMR 2003, 647.

Erforderlich ist, dass das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs noch fortbestand; ein Grundstückserwerb nach der Beendigung eines Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters führt nicht zum Eintritt des neuen Eigentümers in Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters aus dem beendeten Mietverhältnis und aus einer Sicherungsabrede zur Mietkaution,

186

BGH – Urt. v. 4.4.2007 – WuM 2007, 267, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.4.1994 – NJW-RR 1994, 1101 = WuM 1994, 477.

Eine Ausnahme gilt für ein nach Beendigung des Mietverhältnisses noch bestehendes Abwicklungsverhältnis; in dieses tritt der Erwerber ein, BGH – Urt. v. 28.6.1978 – NJW 1978, 2148, BGH – Urt. v. 19.10.1988 – NJW 1989, 451 = WuM 1989, 141, OLG Karlsruhe – RE v. 21.6.1993 – NJW-RR 1993, 1230, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.4.2002 – NZM 2002, 739 = WuM 2002, 481 = ZMR 2002, 589.

Bei der Teilung von Grundstücken ist zu beachten:

187

Wird ein einheitlich vermietetes Grundstück geteilt und ein Teil veräußert, so wird das Mietverhältnis nicht aufgespalten, sondern der Erwerber tritt in das gesamte Mietverhältnis ein, auch soweit es den nicht veräußerten Teil anbelangt; das Verhältnis zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber in ihrer Vermieterstellung bestimmt sich nach den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB), BayObLG – Beschl. v. 12.12.1990 – NJW-RR 1991, 651 = WuM 1991, 78 = ZMR 1991, 174.

Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter nach Abschluss des Mietvertrages einen Miteigentumsanteil am vermieteten Grundstück auf einen Dritten (z.B. seine Ehefrau) überträgt; der Dritte wird damit Mitvermieter, so dass etwa ein Mieterhöhungsverlangen nur gemeinschaftlich erklärt werden kann und eine Zustimmungsklage nach § 558 BGB in notwendiger Streitgenossenschaft erhoben werden muss, LG Marburg NZM 2003, 394.

Ebenso wie bei der Grundstücksteilung verhält es sich, wenn ein einheitlich vermietetes Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt und die Teile an verschiedene Erwerber veräußert werden,2 1 Bub/Treier Rn. III 1185, 1196. 2 Zum Fall: In einer Wohnanlage wurden eine Wohnung und eine Garage einheitlich vermietet. Die Wohnanlage wurde in Wohnungseigentum aufgeteilt, die Wohnung und die Garage wurden an verschiedene Erwerber veräußert.

83

Rn. I 188

Vertragsabschluss

BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 941 = WuM 2005, 790 = ZMR 2006, 30 = MietRB 2006, 57 (Dickersbach).

188

Geklärt ist nunmehr, dass der Erwerber einer Eigentumswohnung alleiniger Vermieter wird, wenn und soweit sich das Mietverhältnis auf Teile des Gemeinschaftseigentums bezieht,1 BGH – RE v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = WuM 1999, 390: Der Erwerber einer vermieteten Eigentumswohnung ist alleiniger Vermieter, wenn die Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist und zusammen mit der Wohnung ein Kellerraum vermietet ist, der nach der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer steht, KG – Urt. v. 3.12.1998 – GE 1999, 252: Nach Umwandlung in Wohnungseigentum und Veräußerung ist grundsätzlich nur der Eigentümer der Wohnung der neue Vermieter, der dem Mieter die Mitbenutzung zu ermöglichen hat.

189

Das gilt aber nicht für den Fall, dass Teile des Mietobjekts (z.B. Nebenräume) infolge der Teilungserklärung in das Sondereigentum verschiedener Wohnungseigentümer fallen. Nicht nur der Erwerber der Wohnung, sondern auch die Erwerber der Nebenräume werden gemeinsam Vermieter, LG Berlin GE 2000, 603, LG Hamburg NZM 2000, 656 = ZMR 1999, 765 mit abl. Anm. Greiner.

Mithin ist bei der Aufteilung in Wohnungseigentum darauf zu achten, dass die „richtigen“ Nebenräume auch zur „richtigen“ Wohnung gehören. 190

Werden jedoch Gemeinschaftsflächen, die mehreren Wohnungsmietern zum Mitgebrauch überlassen worden sind, bei der Aufteilung in Wohnungseigentum zum Sondereigentum eines Eigentümers, so sind nach § 566 BGB alle Wohnungseigentümer, deren Mieter zum Mitgebrauch berechtigt sind, auch Mitvermieter der Gemeinschaftsfläche. Eine Teilkündigung nach § 573b BGB (s. § 564b Abs. 1 Nr. 4 BGB a.F.) kann demnach nur von allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich ausgesprochen werden, OLG Celle – Urt. v. 11.10.1995 – WuM 1996, 222.

191

Erwirbt der Mieter selbst das Wohnungseigentum, so erlischt das bisherige Mietverhältnis durch Konfusion. Damit unterstellt sich der bisherige Mieter zugleich der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, so dass er aus dem früheren Mietverhältnis auch nicht länger die Befugnis zur Nutzung eines ihm vermieteten Kellers, der aber zu einem anderen Wohnungseigentum gehört, ableiten kann, KG – Beschl. v. 26.11.2001 – NZM 2003, 561.

cc) Rechtsfolgen des Erwerbereintritts 192

Mit dem Eigentumsübergang tritt hinsichtlich der vertraglichen Ansprüche eine Zäsur ein: Alle schon vorher entstandenen und fällig gewordenen An1 Zu den Besonderheiten bei Wohnungseigentum s. AnwK-BGB/Riecke § 566 Rn. 31 f.; Börstinghaus NZM 2004, 481, 483.

84

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 195

sprüche bleiben bei dem bisherigen Vermieter, und nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig werdenden Forderungen stehen dem Grundstückserwerber zu. Ebenso richten sich vertragliche Ansprüche des Mieters gegen den Erwerber, falls sie erst nach dem Eigentumswechsel entstehen oder fällig werden,1 BGH – Urt. v. 3.12.2003 – VIII ZR 168/03 – NJW 2004, 851 = WuM 2004, 94, BGH – Urt. v. 9.2.2005 – NZM 2005, 253 = WuM 2005, 201 = ZMR 2005, 354.

Zum Übergang von Schadensersatzansprüchen wegen unterlassener Schönheitsreparaturen auf den Erwerber s. Rn. IX 139. Nach Sinn und Zweck des § 566 BGB (= § 571 BGB a.F.) tritt der Erwerber aber nur hinsichtlich solcher Verpflichtungen an die Stelle des Veräußerers, die sich auf das Grundstück beziehen und deshalb regelmäßig auch nur von dessen jeweiligem Eigentümer erfüllt werden können, namentlich hinsichtlich der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung und Erhaltung in vertragsmäßigem Zustand,

193

BGH – Urt. v. 24.3.1999 – NZM 1999, 496 = WuM 1999, 397 = ZMR 1999, 537.

Der Eintritt des Erwerbers bezieht sich mithin nur auf die mietspezifischen Rechte und Pflichten, nicht hingegen auf solche Abreden, die außerhalb des Mietverhältnisses liegen, mögen sie mit diesem auch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.2

194

Ein mietrechtlicher Zusammenhang ist bejaht worden für eine mietvertragliche Schiedsvereinbarung, BGH – Urt. v. 3.5.2000 – NZM 2000, 711 = WuM 2000, 422 = ZMR 2000, 595.

Dagegen tritt der Erwerber nicht kraft § 566 BGB in Förderverträge mit Dritten ein, durch die der veräußerende Eigentümer öffentliche Mittel zur Modernisierung von Wohnraum erhalten hat und die u.a. mit einer Mietbindung verknüpft sind. Die Pflicht zur Berücksichtigung der Fördermittel im Rahmen der Mieterhöhungen nach §§ 558, 559 BGB folgt nämlich nicht aus dem Mietverhältnis selbst, sondern auf Grund solcher Rechtsgrundlagen, die gleichsam von außen auf den Inhalt des Mietverhältnisses einwirken. Um den Erwerber zu binden, muss ein Vertragseintritt gesondert vereinbart werden, BGH – Urt. v. 8.10.1997 – NJW 1998, 445 = WuM 1998, 100 = ZMR 1998, 83, BGH – Urt. v. 10.9.2003 – WuM 2003, 694 = ZMR 2004, 22.

Der Erwerber tritt in das Mietverhältnis ein, so wie es bei Vollendung des Rechtserwerbs „steht und liegt“, also auch in solche mündlichen Nebenabreden, die er bei Abschluss des Kaufvertrages nicht kannte, LG Frankfurt DWW 1992, 84, LG Berlin GE 1999, 316 für Genehmigung des früheren Vermieters von baulichen Veränderungen des Mieters.

1 S. dazu Derleder NJW 2008, 1189: Der „mitverkaufte“ Mieter, dort auch zu den kaufrechtlichen Beziehungen zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber. 2 Zu § 566 BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 34, 37; Staudinger/Emmerich Rn. 39 f., 51 f.

85

195

Rn. I 196

Vertragsabschluss

Das Gleiche gilt für erteilte Erlaubnisse. Ist allerdings ein langfristiger Mietvertrag vom Veräußerer abgeschlossen oder abgeändert worden, ohne dass die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB eingehalten worden ist und stünde dem Mieter gegenüber der Berufung auf den Formmangel ausnahmsweise die Einrede des Rechtsmissbrauchs zu (s. Rn. I 146 f.), so kann diese nicht dem Erwerber entgegengehalten werden, wenn er seinerseits den Formmangel geltend macht, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.5.2004 – ZMR 2004, 749 (unter Hinweis auf BGHZ 40, 255, 261).

196

Der Erwerber kann Gestaltungsrechte, z.B. eine Mieterhöhung gemäß §§ 558, 559 BGB oder eine Kündigung, erst ab Eigentumserwerb wirksam ausüben, LG Ellwangen WuM 1991, 489, AG Hamburg WuM 1986, 139 für § 2 MHG (= § 558 BGB), LG Osnabrück WuM 1990, 81, LG Münster WM 1991, 105, LG Hamburg WuM 1993, 48, LG Berlin ZMR 1996, 325 für Kündigung.

Hat indes der Veräußerer noch als Eigentümer und Vermieter ein Mieterhöhungsverlangen (z.B. nach § 558 BGB) erklärt, so bleibt er auch nach erfolgtem Eigentumswechsel aktivlegitimiert, LG Köln NZM 2002, 288.

Der Veräußerer kann den Erwerber jedoch ermächtigen, diese Rechte im eigenen Namen schon vor dem Eigentumsübergang auszuüben, z.B. eine Kündigungen auszusprechen (§ 185 BGB). Vorauszusetzen ist, dass dem Mieter die Rechtsverhältnisse bekannt sind oder offen gelegt werden (Rn. IV 81, X 32), BGH – Urt v. 10.12. 1997 – NZM 1998, 146, = WuM 1998, 99, BGH – Urt. v. 11.9.2002 – NZM 2002, 951 = WuM 2002, 601 = ZMR 2002, 907, KG – Urt. v. 4.2.2008 – WuM 2008, 153 = MietRB 2008, 163 (Eupen), BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 = NZM 2008, 283 = WuM 2008, 219 für die Modernisierungsankündigung nach § 554 Abs. 2 BGB, LG Berlin GE 1999, 777 für die Anforderung einer Mieterhöhung.

Eine Ermächtigung zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum scheitert allerdings, soweit das berechtigte Interesse i. S. von § 573 BGB personenbezogen ist (z.B. bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs oder der fristlosen Kündigung wegen Beleidigung des Vermieters). In einer unwirksamen Vertragsübernahmevereinbarung, die nur zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber getroffen wird, liegt nicht ohne weiteres die Ermächtigung des Erwerbers zum Ausspruch einer Kündigung im eigenen Namen, OLG Celle – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 93.

197

Andererseits kann der Erwerber, der nach § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetreten ist, die Miete nach durchgeführter Modernisierung gemäß § 559 BGB (s. § 3 MHG) erhöhen, auch wenn die Modernisierungsarbeiten vom Veräußerer und ehemaligen Vermieter veranlasst worden sind, mit ihrer Ausführung vor Eigentumswechsel begonnen worden ist und diese vor Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis abgeschlossen worden sind (Rn. IV 303), 86

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 200

KG – RE v. 17.7.2000 – NZM 2000, 860 = NJW-RR 2001, 81 = WuM 2000, 482 = ZMR 2004, 757.

Mietzinsansprüche stehen dem Erwerber erst ab dem Zeitpunkt zu, zu dem die Eigentumsumschreibung ins Grundbuch erfolgt ist, es sei denn, dass sie ihm wirksam abgetreten worden sind,

198

OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.10.1992 – DWW 1993, 76 = ZMR 1993, 15.

In der Abrede im Kaufvertrag, dass Nutzungen und Lasten zu einem bestimmten Zeitpunkt (Verrechnungstag) auf den Erwerber übergehen, liegt allerdings regelmäßig keine Abtretung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.4.1993 – DWW 1993, 175 = WuM 1993, 343.

Das Gleiche soll für die Regelung im Grundstückskaufvertrag gelten, dass der Käufer in die bestehenden Mietverträge eintritt; denn auch diese Bestimmung betrifft nur das Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer des Grundstücks, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.6.1994 – MDR 1994, 1009.

Voraussetzung für eine wirksame Abtretung von Ansprüchen aus dem Mietvertrag ist ohnehin die eindeutige Bezeichnung der Ansprüche, auf die sich die Abtretung bezieht. Daher kann in einer Abrede zum Verrechnungsdatum im Kaufvertrag über ein vermietetes Grundstück keine Abtretung von vor diesem Datum entstandenen Ansprüchen auf Schadensersatz wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen gesehen werden, BGH – Urt. v. 19.10.1988 – MDR 1989, 247 = NJW 1989, 451 = WuM 1989, 141.

Hat der Veräußerer einen Mangel nicht beseitigt, so steht dem Mieter deswegen ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Erwerber, nicht mehr jedoch gegenüber dem Veräußerer zu, wenn er diesem noch Miete schuldet, BGH – Urt. v. 19.6.2006 – NZM 2006, 696 = WuM 2006, 435 = ZMR 2006, 435.

Bei preisgebundenem Wohnraum ist der Erwerber dem Mieter über die Zusammensetzung der Kostenmiete auch hinsichtlich des Zeitraumes vor seinem Eintritt in das Mietverhältnis auskunftspflichtig,

199

LG Berlin WuM 1992, 430.

Er soll nach LG Köln ZMR 1990, 221 nicht an die Handhabung des Voreigentümers bei der Bildung von Einzelmieten gemäß § 8a Abs. 5 WoBindG gebunden sein. Dies erscheint nicht richtig, weil die frühere Praxis das Mietverhältnis gestaltend prägte und nur insoweit abgeändert werden könnte, als dem Erwerber ein Änderungsvorbehalt zusteht. Mietvorauszahlungen wirken gegenüber dem Erwerber grundsätzlich nur eingeschränkt nach Maßgabe des § 566c BGB. Der BGH hat die Anwendung dieser Bestimmung bzw. der Vorgängernorm in § 574 BGB a.F. für geboten gehalten, wenn der (vorausgezahlte) Mietzins für die Dauer des Mietverhältnisses oder doch jedenfalls für die Zeit nach dem Eigentumsübergang nach periodischen Zeitabschnitten (etwa Monaten) bemessen ist (BGHZ 37, 346, 351 f.). In einem solchen Fall hat der BGH in der Vereinbarung der Vorauszahlung ein Rechtsge87

200

Rn. I 201

Vertragsabschluss

schäft i.S. von § 574 BGB a.F. gesehen. Die Regelung ist nur dann für unanwendbar gehalten worden, wenn die Mietvorauszahlung zum Auf- oder Ausbau des Mietgrundstücks bestimmt war und auch bestimmungsgemäß eingesetzt wurde (BGH NJW 1967, 555). Eine gemäß dem Mietvertrag geleistete Vorauszahlung des Mietzinses in einem Einmalbetrag ist ebenfalls gegenüber dem Erwerber des Mietobjekts wirksam, wenn die Höhe des Mietzinses nicht nach wiederkehrenden Zeitabschnitten (etwa Monaten) bemessen ist, BGH – Urt. v. 5.11.1997 – BGHZ 137, 106 = NJW 1998, 595 = WM 1998, 104 = ZMR 1998, 141.1

201

Eine Vorausverfügung über die Miete i.S. von § 566b BGB liegt nur in einer einseitigen Verfügung des Vermieters; Vertragsänderungen in Bezug auf die Miete fallen nicht hierunter, KG – Urt. v. 15.8.2005 – ZMR 2005, 949, 950 für eine Vereinbarung über die Reduzierung der Miete.

Sie ist somit nur zu bejahen, wenn sie auf einen bereits bestehenden Mietzins einwirkt. Sie setzt also die Existenz einer Mietforderung gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft Einfluss genommen wird (s. BGH – Urt. v. 23.7.2003 – WuM 2003, 510 f.). Daher reicht es nicht aus, wenn die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung von Miete von vornherein abbedungen oder begrenzt ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.11.2003 – ZMR 2004, 257.

202

Für die Abrechnung von Betriebskosten gilt: Tritt der Vermieterwechsel während einer Abrechnungsperiode ein, so muss der Erwerber über die Nebenkosten für die gesamte Periode abrechnen, ohne dass es darauf ankommt, ob er die noch an den Veräußerer geleisteten Vorauszahlungen von diesem erhalten hat; er wird auch Gläubiger etwaiger Nachzahlungsansprüche. Dagegen hat der Veräußerer über die Kosten für solche Verbrauchsperioden abzurechnen, die bei Vermieterwechsel schon beendet waren,2 BGH – Urt. v. 3.12.2003 – DWW 2004, 54 = NJW 2004, 851 = NZM 2004, 188 = WuM 2004, 94 = ZMR 2004, 250:3 Nach einem Eigentumswechsel ist nicht der Erwerber, sondern der Veräußerer gegenüber dem Mieter bezüglich der zum Zeitpunkt des Wechsels im Grundstückseigentum abgelaufenen Abrechnungsperiode zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Erhebung etwaiger Nachzahlungen berechtigt; es kommt nicht darauf an, wann der Zahlungsanspruch fällig geworden ist (Anschluss an BGH – Urt. v. 14.9.2000 – NZM 2001, 158 = WuM 2000, 609).

Anderes gilt, wenn das Mietverhältnis im Jahre des Erwerbs, aber noch vor Vollendung des Erwerbs beendet und der Mieter ausgezogen ist: Hier bleibt der Veräußerer verpflichtet, gegenüber dem bisherigen Mieter über die Be1 Zustimmende Besprechung von Dedek ZMR 1998, 679. 2 S. dazu Derleder NJW 2008, 1189, 1191. 3 Zum Fall: Der Eigentumswechsel erfolgte zum 1.1.2000. Abzurechnen war über die Kosten aus dem Jahr 1998. Aus der vom Verwalter im Oktober 2000 erstellten Abrechnung nahm der Mieter den Erwerber auf Erstattung eines Guthabens in Anspruch, jedoch ohne Erfolg.

88

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 204

triebskosten für das laufende Jahr sowie über die Mietkaution abzurechnen und ein etwaiges Guthaben zu erstatten, BGH – Urt. v. 4.4.2007 – WuM 2007, 267 = ZMR 2007, 529 = MietRB 2007, 165 (Junker).

Das gilt nicht nur für die Wohnraummiete, sondern auch für Mietverhältnisse über gewerbliche Objekte, BGH – Beschl. v. 29.9.2004 – GuT 2005, 12 = ZMR 2005, 37.

Der BGH hat seine Entscheidung pragmatisch begründet. Seine Aufassung sorgt für Rechtsklarheit und vermeidet das ungereimte Ergebnis, dass eine vor dem Eigentumswechsel fällig gewordene Abrechnungspflicht beim bisherigen Vermieter verbleibt, während Nachzahlungen und Erstattungen dem Erwerber zustehen bzw. von diesem zu erbringen sind. Ihr ist aus Gründen der Praktikabilität zu folgen,1

203

so auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.4.1994 – DWW 1995, 83 = NJW-RR 1994, 1101, LG Osnabrück WuM 1990, 357, LG Lüneburg WuM 1992, 380.

Dogmatisch ist das Ergebnis nicht unbedenklich; denn die Abrechnungspflicht wird erst fällig bei Abrechnungsreife. Diese tritt bei der Wohnraummiete erst 12 Monate nach Beendigung der Verbrauchsperiode ein (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB); für Mietverhältnisse über andere Räume als Wohnraum erkennt die Rspr. entsprechende Fristen an (s. Rn. V 367). Danach wäre der Erwerber auch für diejenigen Verbrauchsperioden abrechnungspflichtig, die lange vor der Erwerbszeit liegen (s. OLG Naumburg – Urt. v. 1.4.1998 – NZM 1998, 806).2 Für die Pflicht zur Auskehrung eines Abrechnungsguthabens gilt danach, dass der Veräußerer hierfür nur haftet, soweit er noch abrechnungspflichtig ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.4.1994 – DWW 1995, 83 = NJW-RR 1994, 1101.

Gewährleistungsrechtlich haftet der Erwerber, wenn der veräußernde Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug geraten ist, der Schaden jedoch erst nach Eigentumsübergang eintritt,3 BGH – Urt. v. 9.2.2005 – WuM 2005, 201 = ZMR 2005, 354.

Erst recht haftet er auf Zahlung eines Vorschusses nach § 536b Abs. 2 BGB, wenn er selbst mit der Beseitigung des Mangels in Verzug geraten ist, auch wenn der Mangel schon zur Zeit der Veräußerung bestanden hat, LG Berlin ZMR 1987, 19.

Zum Zurückbehaltungsrecht wegen eines vom Veräußerer nicht beseitigten Mangels s. Rn. I 198. Dagegen haftet er gegenüber dem Mieter nicht auf Verwendungs- oder Schadensersatz, BGH – Urt. v. 5.11.2005 – NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185 für Verwendungsersatzansprüche nach §§ 536 Abs. 2 Nr. 2, 539 Abs. 1 BGB, 1 S. auch Langenberg, Betriebskostenrecht, G 59 ff., 63 S. 238 f. 2 So aber auch Schenkel NZM 1999, 5 f. 3 S. dazu Derleder NJW 2008, 1189, 1190.

89

204

Rn. I 205

Vertragsabschluss

ebenso wenig auf Rückerstattung preiswidriger Zahlungen, soweit die Ansprüche schon gegen den früheren Vermieter entstanden waren, AG Köln WuM 1990, 564.

205

Auf den Erwerber gehen ferner solche vertraglichen Kündigungsbeschränkungen über, die auf der (früheren) Gemeinnützigkeit des veräußernden Vermieters beruhen, auch wenn der Erwerber nicht der Gemeinnützigkeitsbindung unterliegt;1 das gilt selbst im Falle einer Kündigung des Erwerbers wegen Eigenbedarfs, OLG Karlsruhe – RE v. 21.1.1985 – NJW-RR 1986, 89, AG Trier WuM 1992, 612, ebenso LG Frankfurt a.M. WuM 1990, 440 für gemeinnützigkeitsbezogene Bindung an die Kostenmiete. Vgl. auch LG Arnsberg WuM 1994, 540: Der Erwerber muss sich die Erwartung des Mieters auf den längeren Bestand des Mietverhältnisses zurechnen lassen, wie sie sich aus dem Inhalt des Vertragsverhältnisses mit dem früheren Vermieter erschließen lässt.

Andererseits können ihm Beendigungsgründe, die in den Verhältnissen des Veräußerers begründet waren, zugute kommen,2 LG Berlin ZMR 1999, 30: Wird die Beendigung eines Zeitmietvertrages mit Umbaumaßnahmen begründet, so kann sich auch der Erwerber der Wohnung hierauf berufen.

206

Veräußert der Vermieter den für eine bestimmte Zeit vermieteten Grundbesitz unter gleichzeitiger Bestellung eines Nießbrauchs zu seinen Gunsten und verzichtet er dann vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit auf seinen Nießbrauch, so steht dem Grundstückseigentümer nicht das Kündigungsrecht aus § 1056 Abs. 2 BGB zu, OLG Koblenz – Urt. v. 14.11.2000 – NZM 2002, 293.

207

Ein Mietaufhebungsvertrag, den der Erwerber vor Eigentumserwerb ohne Mitwirkung des bisherigen Eigentümers abschließt, ist nach LG Ellwangen WuM 1991, 489 unwirksam. Das überzeugt nicht. Wird die Vereinbarung unter der aufschiebenden Bedingung getroffen, dass der Erwerber als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen worden ist, bestehen hiergegen keine Bedenken. Aber auch abgesehen davon wird die künftige Eigentümerstellung die Geschäftsgrundlage der Vereinbarung sein. Entfällt sie, so kann sich der Erwerber auf die Vereinbarung nicht berufen.

208

Besteht zu dem Zeitpunkt, zu dem der Rechtserwerb vollendet ist, das Mietverhältnis nur noch als Abwicklungsverhältnis fort, so tritt der Erwerber in dieses ein (Rn. I 186). Auf ihn geht daher der Anspruch des Veräußerers (Vermieters) auf Herausgabe des Mietobjekts bei Mietende aber nur über, wenn er erst nach dem Eigentumswechsel entstanden oder fällig geworden ist, z.B. die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist,3 1 Kummer WuM 1987, 298. 2 Zum Übergang von Kündigungslagen s. Derleder NJW 2008, 1189, 1191. 3 So auch zu § 566 BGB: Börstinghaus/Blank Rn. 57; Staudinger/Emmerich Rn. 50.

90

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 211

OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.4.2002 – NZM 2002, 739 = WuM 2002, 481 = ZMR 2002, 589; anders OLG München – Urt. v. 23.9.1994 – NJW-RR 1996, 907, wenn der Herausgabeanspruch schon vor dem Eigentumswechsel entstanden und fällig geworden ist, z.B. wenn noch der Veräußerer das Mietverhältnis fristlos gekündigt hatte.

Hat der Mieter vertragsgemäß erhebliche werterhöhende Investitionen für das Mietgrundstück getätigt und endet das Mietverhältnis vorzeitig, so kann dem Mieter ein Bereicherungsanspruch zustehen (s. dazu Rn. XIII 148, 163). Bei einer Veräußerung ist nicht der Veräußerer, sondern der Erwerber der Bereicherungsschuldner, und zwar selbst dann, wenn er mit Rücksicht auf die wertsteigernden Investitionen des Mieters einen höheren Verkaufspreis hat zahlen müssen, BGH – Urt. v. 5.10.2005 – NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185 = MietRB 2006, 94 (Ott).

Zur Haftung des Erwerbers auf Rückerstattung der Mietsicherheit s. § 566a BGB und Rn. III 210. dd) Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Auf Grund des Erwerbs in der Zwangsversteigerung tritt der Ersteher des Grundstücks in die vom Schuldner oder Zwangsverwalter abgeschlossenen Mietverträge nach Maßgabe des § 57 ZVG ein. In einen von dem Schuldner nach Beschlagnahme des Grundstücks abgeschlossenen Mietvertrag tritt er aber nicht ein, wenn der Abschluss des Mietvertrages zu den darin vereinbarten Bedingungen nicht den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entspricht,1

209

LG Kassel NJW-RR 1990, 976, LG Kiel WuM 1999, 570.

Nach Aufhebung einer angeordneten Zwangsverwaltung tritt der Schuldner – allerdings als Folge der besonderen Verpflichtungsermächtigung aus § 152 ZVG, nicht auf Grund einer Analogie zu § 566 BGB – automatisch in die von dem Zwangsverwalter in dessen eigenem Namen abgeschlossenen Mietverträge ein,

210

LG Berlin WuM 1992, 9.

Um seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können, hat der Zwangsverwalter gegen den Schuldner einen Anspruch auf Einsicht in die von dem Schuldner als Vermieter abgeschlossenen Mietverträge, AG Stolzenau WuM 1999, 32.

b) Wechsel des Zwischenmieters Durch das MRRG ist in § 565 BGB die bisherige Regelung des § 549a BGB a.F. mit nur geringfügigen sprachlichen Änderungen übernommen worden. Jene Bestimmung geht auf die Entscheidung des BVerfG v. 11.6.1991 (BVerfGE 84, 1 S. auch Fischer-Dieskau/Franke BGB § 566 Anm. 4.6.

91

211

Rn. I 212

Vertragsabschluss

197 = NJW 1991, 2272) zurück, die eine Gleichbehandlung des Kündigungsschutzes für nach dem Bauherrenmodell über einen Zwischenmieter begründete Mietverhältnisse mit solchen Wohnraummietverhältnissen postuliert, die der Eigentümer unmittelbar mit dem Mietinteressenten eingegangen ist.1 Es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, dem vertragstreuen Endmieter, der vom Zwischenmieter angemietet habe, den Kündigungsschutz gegenüber dem Eigentümer zu versagen, wenn das Zwischenmietverhältnis ende. Gewichtige Interessen des Eigentümers stünden der Gewährung dieses Schutzes nicht entgegen; denn er selbst habe sich das Institut der Untermiete zunutze gemacht. 212

Die Regelung in § 565 BGB beschränkt sich auf die Fälle, in denen Wohnraum gewerblich angemietet wird, damit der Mieter ihn zu Wohnzwecken an Dritte weitervermietet. Die Besonderheit gegenüber anderen Untermietverhältnissen besteht darin, dass die Weitervermietung zu Wohnzwecken gerade im (steuerlichen) Interesse des Vermieters liegt. Der (Zwischen-)Mieter steht also gleichsam im Lager des Vermieters.2 Die Vorschrift ist demnach von vornherein nicht anzuwenden, wenn es sich um ein Untermietverhältnis „klassischer Art“ handelt. Das gilt auch in den Fällen, in denen Wohnraum angemietet wird, den der Mieter aus eigenen Zwecken – etwa arbeitsfürsorgerischer oder karitativer Art – an Dritte weitervermietet oder überlässt, BayObLG – RE v. 28.7.1995 – ZMR 1995, 526, RE v. 30.8.1995 – ZMR 1995, 585.

Ebenso wenig ist sie anzuwenden, wenn der Zwischenmieter nicht gewerblich, sondern lediglich geschäftsmäßig handelt, BGH – Urt. v. 3.7.1996 – MDR 1996, 1108 = ZMR 1996, 537, BGH – Urt. v. 30.4.2003 – NZM 2003, 759 = WuM 2003, 563 = ZMR 2003, 816 mit Anm. Baldus;3 anders noch KG – Urt. v. 24.8.1995 – GE 1996, 50.4

213

Es liegt nahe, den Anwendungsbereich der Vorschrift darauf zu beschränken, dass der Endmieter seinerseits Kündigungsschutz gegenüber dem Zwischenmieter genießt; denn nur dann erschiene er bei Wegfall des Zwischenmieters gegenüber dem Eigentümer schutzbedürftig, BGH – Beschl. v. 3.2.1999 – NZM 1999, 219 (LS)5 unter Bezugnahme auf BGHZ 133, 142, 148 = NJW 1996, 2862. 1 Zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift s. zu § 565 BGB: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 1.2; Schmidt-Futterer/Blank BGB Rn. 1. 2 Zur „Lagertheorie“ s. auch OLG Hamburg – RE v. 16.4.1993 – WuM 1993, 249, 251 Sp. 2. 3 Zum Fall: Zwischenmieter war ein gemeinnütziger Verein, der die Räume im Einverständnis mit dem Vermieter zu Wohnräumen ausbaute und an Dritte (insbesondere Künstler) weitervermietete, ohne dass der Eigentümer auf die Person des Endmieters Einfluss hatte. 4 Abgeändert durch BGH – Urt. v. 3.7.1996 – MDR 1996, 1108 = ZMR 1996, 537. 5 Zum Fall: Mit Asylbewerbern, die einen Wohnplatz zugewiesen bekommen, werden keine Mietverträge abgeschlossen, sondern ihnen wird Unterkunft als Sachleistung nach § 3 Abs. 1 AsylbewerberleistungsG gewährt.

92

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 215

Das ist jedoch nicht der Fall, wie sich aus dem Katalog der Vorschriften in § 549 Abs. 2 BGB ergibt, die für „ungeschützte“ Mietverhältnisse über Wohnraum nicht gelten. In diesem Katalog fehlt § 565 BGB. Die Vorschrift des § 565 BGB regelt zwei Fälle:

214

– das Zwischenmietverhältnis wird beendet, – der Eigentümer/Vermieter setzt einen neuen Zwischenmieter ein. In beiden Fällen ist vorgesehen, dass mit der Beendigung des Zwischenmietverhältnisses bzw. mit der Begründung eines neuen Zwischenmietverhältnisses der Eigentümer/Vermieter bzw. der neue Zwischenmieter in die Rechte und Pflichten aus dem mit dem Endmieter begründeten (Unter-)Mietverhältnis eintritt. Der Eintritt erfolgt kraft Gesetzes. Auf den Grund für die Auflösung des ursprünglichen Zwischenmietverhältnisses kommt es nicht an. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Eigentümer unmittelbar nach Beendigung des ersten Zwischenmietverhältnisses ein zweites begründet. Deshalb kann es für den Endmieter zu einem mehrfachen Vermieterwechsel kommen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes tritt der Eigentümer bzw. neue Zwischenmieter in die Rechte und Pflichten aus dem Endmietverhältnis ein. Der Wortlaut und der Zweck des Gesetzes, den Endmieter mit dem sonst geschützten Wohnungsmieter gleichzustellen, können dafür sprechen, einen gesetzlichen Vertragsübergang anzunehmen.1 Das hätte zur Folge, dass der Eigentümer bzw. der neu eingesetzte Zwischenmieter auch in bereits entstandene Rechte und Pflichten eintritt, z.B. Gläubiger offener Mietforderungen oder Schuldner fälliger Betriebskostenerstattungen wird. Demgegenüber legt die h.M. zugrunde, dass lediglich eine Rechtsnachfolge wie bei einem veräußerungsabhängigen Vermieterwechsel nach § 566 BGB (§ 571 BGB a.F.) eintritt.2 Danach erwirbt der Eigentümer (bzw. der nachfolgende Zwischenmieter) Ansprüche nur, soweit sie nach einem Vermieterwechsel fällig geworden wären. Ebenso tritt er nur in solche Pflichten ein, die nach diesem Zeitpunkt entstanden sind. Die h.M. stützt sich auf die Gesetzesmaterialien, nach denen dem Gesetzgeber eine Rechtsfolge wie in § 571 BGB a.F. vorschwebte, sowie auf die Verweisung auf §§ 572–576 BGB a.F. (jetzt §§ 566a–566e BGB). Für sie spricht, dass sich das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot in Art. 3 GG auf die Gewährung des Bestandsschutzes des mietrechtlichen „Eigentums“ aus Art. 14 Abs. 1 GG beschränkt, jedoch nicht zwingend eine Gleichstellung in der Gestaltung der vertraglichen Beziehungen erfordert. Endet das Zwischenmietverhältnis, so hat der Eigentümer/Vermieter gegenüber dem Zwischenmieter keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung aus § 546a BGB, sofern der Endmieter die Mieträume nicht an den Eigentümer 1 Fischer-Dieskau/Franke BGB § 565 Anm. 6.2.1. 2 S. zu § 565 BGB: AnwK-BGB/Hinz Rn. 16; Blank/Börstinghaus Rn. 16; Erman/Jendrek Rn. 6; Herrlein/Kandelhard Rn. 6; MünchKomm/Häublein Rn. 15; Palandt/Weidenkaff Rn. 5; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 18; Staudinger/Emmerich Rn. 9; einschränkend Lammel Rn. 24.

93

215

Rn. I 216

Vertragsabschluss

herausgegeben hat. Dem Eigentümer steht ein Herausgabeanspruch gegenüber dem Zwischenmieter nur zu, wenn dieser seinerseits einen wirksamen Räumungsanspruch gegenüber dem Endmieter hat. Ist dies der Fall, so schuldet der Zwischenmieter dem Eigentümer/Vermieter die Räumung nur gegen Abtretung des Anspruchs aus § 546 Abs. 2 BGB (s. § 556 Abs. 3 BGB a.F.), BGH – Urt. v. 28.2.1996 – MDR 1996, 896 = WuM 1996, 413.

216

Der Zwischenmieter kann seinerseits das Endmietverhältnis nicht nach § 573 Abs. 1 BGB kündigen, weil das Zwischenmietverhältnis beendet ist (BGH a.a.O.). Entsprechendes gilt für den Eigentümer; dieser kann auch nicht aus dem Grund kündigen, durch Neuvermietung wiederum an einen Zwischenmieter eine höhere Miete zu erzielen, OLG Hamburg – Urt. v. 29.10.1997 – DWW 1998, 50 = NZM 1998, 505.

217

Ist der Eigentümer/Vermieter nach § 565 BGB in das Endmietverhältnis eingetreten, so schuldet er im Falle von dessen Beendigung die Rückerstattung der (nicht verbrauchten) Mietsicherheit, selbst wenn sie ihm nicht ausgehändigt worden ist (§§ 565 Abs. 2, 566a Satz 1 BGB).1

218

Problematisch ist, ob die Regelung wegen der Schutzbedürftigkeit des Wohnungsnutzers analogiefähig ist.2 Dies wird dann bejaht werden können, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der von der Interessenlage her dem gesetzlich geregelten Tatbestand entspricht. Das kommt in Betracht, wenn der Zwischenmieter nicht gewerblich, sondern nur geschäftsmäßig handelt, wie dies etwa bei einem gemeinnützigen Verein der Fall sein kann.3 Erforderlich ist aber auch, dass der Zwischenmieter (z.B. der Träger einer karitativen Einrichtung) im „Lager“ des Eigentümers/Vermieters steht.4 Die entsprechende Anwendung der Vorschrift kann aber auch auf Grund des Gleichheitsgrundsatzes geboten sein; das wird allerdings daran geknüpft, dass der Wohnungsmieter sich gegenüber dem Eigentümer, der die Herausgabe verlangt, auf die Kündigungsschutzvorschriften berufen könnte, BGH – Urt. v. 30.4.2003 – NZM 2003, 759 = WuM 2003, 563 = ZMR 2003, 816 mit Anm. Baldus.

c) Vereinbarter Wechsel der Vertragsparteien 219

Eine Vertragsübernahme kann durch einen dreiseitigen Vertrag zwischen den bisherigen Vertragsparteien und dem in den Vertrag auf Vermieter- oder Mieterseite eintretenden Dritten erfolgen, aber auch durch einen Vertrag zwi1 Ebenso zum früheren Rechtszustand: LG Darmstadt WuM 2003, 31. 2 S. zu § 565 BGB: AnwK-BGB/Hinz Rn. 9 f.; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 15. 3 Zutreffend weist Häublein in MünchKomm BGB § 565 Rn. 8 darauf hin, dass das Abstellen auf die Gewinnerzielung (und damit die Beschränkung auf die gewerbliche Vermietung) vor dem Hintergrund des Art. 3 GG kein geeignetes Differenzierungsmerkmal ist; dagegen Fischer-Dieskau/Franke BGB § 565 Anm. 5.3. 4 Sternel Mietrecht aktuell, 3. Aufl., A 12; ähnlich Herrlein/Kandelhard BGB § 565 Rn. 5.

94

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 222

schen der ausscheidenden und der eintretenden Vertragspartei unter Zustimmung des anderen bisherigen Vertragsteils,1 BGH – Urt. v. 3.12.1997 – BGHZ 137, 255 = NZM 1998, 113 = WuM 1998, 93, BGH – Urt. v. 12.3.2003 – BGHZ 154, 171, 175 = MDR 2003, 865, BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 920 = ZMR 2005, 610, OLG Celle – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 93 = ZMR 1999, 618.

So können der Vermieter als Nichteigentümer des Grundstücks, der spätere Grundstückserwerber und der Mieter durch dreiseitigen Vertrag den Übergang der Vermieterstellung auf den Erwerber für den (späteren) Zeitpunkt des notariellen Kaufvertragsabschlusses sowie eine zu diesem Zeitpunkt wirkende Mieterhöhung vereinbaren, LG Duisburg WuM 2004, 331.

Die Klausel in einem Grundstückskaufvertrag, nach der der Käufer ab dem Verrechnungstag in die bestehenden Mietverträge eintritt, regelt nur das Innenverhältnis zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber, führt also nicht zu einem Parteiwechsel im Mietverhältnis (s. auch Rn. I 198),

220

OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.6.1994 – MDR 1994, 1009.

Die konkludente Entlassung eines Mieters aus dem Mietverhältnis bei gleichzeitigem Eintritt eines neuen Mieters setzt ein unzweideutiges Verhalten aller drei Vertragsbeteiligten voraus,

221

OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.12.2001 – ZMR 2002, 511.

Indes erfordert die vertragliche Auswechselung eines Mieters in einem Mietvertrag, der wegen seiner Laufzeit der Schriftform des § 550 BGB bedarf, die Schriftform, wenn die Laufzeit erhalten bleiben soll (Anschluss an BGH NZM 1998, 29 = NJW 1998, 62), BGH – Beschl. v. 30.1.2002 – NZM 2002, 291.

Das gilt auch dann, wenn Mieter und Nachmieter einen Mieteintritt vereinbaren, BGH – Urt. v. 16.2.2005 – MDR 2005, 618.

Auf die Zustimmung des Vermieters oder Mieters zum Wechsel der Vertragsparteien, die zwischen dem Mieter und einem Dritten bzw. zwischen dem Vermieter und einem Dritten vereinbart worden ist, ist § 415 BGB entsprechend herangezogen worden, wobei diese nicht fristgebunden sein soll, sofern nichts Abweichendes vereinbart worden ist, KG – Urt. v. 26.6.2003 – GE 2003, 1276.2 1 Eingehend dazu Sternel, Rechtsgeschäftliche Nachfolge im Mietverhältnis, PiG 37 (1993) S. 47 ff.; ferner Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 188 f.; Schmidt-Futterer/ Blank Rn. 322 vor § 535 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 540 Rn. 42. 2 Zum Fall: Dem Mieter wurde durch Schreiben des als Zwischenmieter Eintretenden vom 9.8.1999 mitgeteilt, dieser habe die Räume am 1.1.1999 von dem bisherigen Vermieter als Zwischenmieter übernommen. Fortan zahlte der Mieter die Miete an den Zwischenmieter. In einem Rechtsstreit zwischen dem (früheren) Vermieter und dem Mieter trug Letzterer vor, der Dritte sei sein Mieter geworden.

95

222

Rn. I 223

Vertragsabschluss

Die Zustimmung ist im Hinblick auf § 182 Abs. 2 BGB nicht formbedürftig (s. auch Rn. I 118),1 BGH – Urt. v. 12.3.2003 – MDR 2003, 865 = NZM 2003, 476 = ZMR 2003, 642 für die Zustimmung des Mieters zu einem Vermieterwechsel, BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 920 = ZMR 2005, 610 für die Zustimmung des Mieters zu einem Mieterwechsel, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.5.2007 – ZMR 2008, 122, ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.3.2005 – ZMR 2006, 35 für eine konkludent erteilte Zustimmung, s. auch BGH – Urt. v. 18.10.1995 – MDR 1996, 132 bei vereinbarter Schriftform für Vertragsänderungen und -ergänzungen.

Dagegen bestehen bei längerfristigen Verträgen Bedenken. Im Hinblick auf den Erwerberschutz ist der Rechtsgedanke des § 550 BGB vorrangig zu berücksichtigen.2 Das muss jedenfalls beim vereinbarten Mieterwechsel gelten. Beim vereinbarten Vermieterwechsel ist das Schutzbedürfnis des neuen Vermieters zwar geringer als dasjenige eines Erwerbers nach § 566 BGB zu veranschlagen. Indes ist bei einem längerfristigen Vertrag und einer späteren Veräußerung ein etwaiger späterer Erwerber schutzbedürftig. Eine weitere Ausnahme von der Formbedürftigkeit der Zustimmung lässt sich ferner für den Fall begründen, dass die restliche Laufzeit eines längerfristigen Vertrages weniger als ein Jahr beträgt. 223

Die Zustimmung kann auch konkludent erklärt werden, etwa bei einem zwischen dem Vermieter und einem Dritten vereinbarten Vermieterwechsel dadurch, dass der Mieter die Miete fortan an den Dritten zahlt, KG – Urt. v. 26.6.2003 – GE 2003, 1276; OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.3.2005 – ZMR 2006, 35.

Dies gilt nach dem oben Ausgeführten auch, soweit es sich um einen Vertrag handelt, der der Schriftform des § 550 BGB bedarf. 224

Hat ein Mieterwechsel durch Vereinbarung zwischen bisherigem Mieter und Mietnachfolger mit Zustimmung des Vermieters stattgefunden, so kann der Vermieter seine Zustimmung wegen arglistiger Täuschung nach §§ 123, 142 Abs. 1 BGB anfechten. Die Anfechtung muss sowohl gegenüber dem bisherigen Mieter als auch gegenüber dem Mietnachfolger erklärt werden (§ 143 Abs. 1 und 2 BGB). Hat lediglich eine der auf Mieterseite beteiligten Parteien (Mieter oder Dritter) die Täuschung verübt, so ist die Anfechtung nach § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB nur dann begründet, wenn die andere Partei die Täuschung kannte oder kennen musste (§ 122 Abs. 2 BGB). § 139 BGB ist (anders als bei einem Mieterwechsel durch dreiseitigen Vertrag) nicht einschlägig, BGH – Urt. v. 3.12.1997 – MDR 1998, 394 = NZM 1998, 113 = WuM 1998, 93, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.3.2005 – NZM 2005, 909 (LS) = ZMR 2006, 35.

225

Der rechtsgeschäftliche Wechsel der Vertragsparteien – Austausch von Vermieter oder Mieter – führt nicht dazu, dass ein neues Mietverhältnis begrün1 S. dazu Staudinger/Emmerich BGB § 540 Rn. 45 m.w.N. 2 Staudinger/Emmerich (1995) BGB § 549 Rn. 26; Sternel PiG 37 (1993) S. 47, 51.

96

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 227

det wird, sofern die Parteien dies nicht eindeutig vereinbaren. Grundsätzlich ändert ein solcher Wechsel an der Identität des Mietverhältnisses nichts; ausgenommen sind nur personenbezogene Tatbestandsmerkmale, für deren Vorliegen es auf die Person der konkreten Vertragspartei ankommt, wie Eigenbedarf, Härtegründe nach §§ 554 Abs. 2, 574 BGB, Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB u.Ä. Soweit vor dem vereinbarten Parteiwechsel Ansprüche bereits fällig geworden sind, bleiben die bisherigen Vertragspartner Gläubiger und Schuldner. Der in den Mietvertrag Eintretende haftet hierfür also nicht. Anders verhält es sich, wenn eine Forderungsabtretung oder eine Schuldübernahme von sog. Altforderungen oder -schulden vereinbart worden ist.1 Der neue Mieter tritt in den laufenden Fristenplan für Schönheitsreparaturen ein, haftet dagegen nicht für bereits bei seinem Eintritt fällige Schönheitsreparaturen, es sei denn, dass eine diesbezügliche Schuldübernahme vereinbart ist. Der Vermieter sollte mithin auf eine solche Vereinbarung achten. d) Beitritt zum Mietvertrag Der Beitritt eines Dritten als Vertragspartei vollzieht sich entsprechend den Grundsätzen, die für den vertraglichen Wechsel von Mietparteien gelten (s. Rn. I 219).2 Eine Vereinbarung mit diesem Inhalt ist im Zweifel gewollt, wenn vereinbart wird, dass der Dritte dem Mietvertrag „mit allen Rechten und Pflichten beitritt“,

226

OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.2. 1996 – WuM 1996, 411.

Jedenfalls ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein Mieterwechsel oder ein Beitritt zum Mietvertrag gewollt war,3 OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.12.2001 – ZMR 2002, 511.

Die Vereinbarung über den Beitritt zu einem Mietvertrag mit einer längeren Laufzeit als ein Jahr bedarf der gesetzlichen Schriftform des § 550 BGB. Der formunwirksame Vertragsbeitritt eines weiteren Mieters lässt aber die mit den anderen Mietern vereinbarte Vertragsdauer unberührt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.10.2001 – ZMR 2003, 96.

Ein Beitritt kann auch durch schlüssiges Verhalten vereinbart werden. So ist ein konkludenter Eintritt des Ehegatten in einen vom anderen Ehegatten abgeschlossenen Mietvertrag angenommen worden, wenn der Ehegatte im eigenen Namen Willenserklärungen gegenüber der Hausverwaltung abgibt und 1 Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 188–190; Staudinger/Emmerich BGB § 540 Rn. 44; Sternel PiG 37 (1993) S. 47, 51. 2 Staudinger/Emmerich BGB § 540 Rn. 49. 3 Der Vermieter hatte mit den Mietern A und B einen Mietvertrag über Gewerberäume abgeschlossen. Ohne dass dieser Vertrag aufgehoben wurde, wurde später ein weiterer Mietvertrag zwischen dem Vermieter und einem Dritten unterzeichnet, der nur Letzteren als Mieter ausweist. Das OLG wertete dies als Vertragsbeitritt.

97

227

Rn. I 227a

Vertragsabschluss

den Schriftverkehr im eigenen Namen führt, die Wohnung jahrelang allein nutzt, Miete zahlt, Schönheitsreparaturen ausführt, die Kündigung des Mietverhältnisses erklärt und eine (vom anderen Ehegatten) geleistete Kaution „zurückfordert“, BGH – Urt. v. 13.7.2005 – NZM 2005, 659 = WuM 2005, 570 = ZMR 2005, 781 = MietRB 2006, 29 (Kurek); s. auch LG Berlin NZM 2002, 119: Der Ehegatte oder Lebenspartner, der den Mietvertrag nicht unterschrieben hat, kann (zumindest) dadurch Mitmieter werden, dass er im Laufe des Mietverhältnisses rechtsgeschäftliche Erklärungen abgibt, die nur im Verhältnis zum Vermieter relevant werden können.1

Zum Vertragsbeitritt des Ehegatten in Altverträgen in den neuen Bundesländern, die vor dem 3.10.1990 abgeschlossen wurden, s. Rn. I 58. 227a

Zu beachten ist, dass derjenige, der dem Mietvertrag beitritt, nach neuerer Rspr. für die Altschulden aus dem Mietverhältnis persönlich und als Gesamtschuldner mit dem „Altmieter“ haftet, sofern er mit diesem eine GbR bildet, BGH – Vers.-Urt. v. 7.4.2003 – BGHZ 154, 370 = NJW 2003, 1803 = MDR 2003, 756, jedoch für erst nach dem Urteil begründete Beitrittsfälle.

e) Mieterwechsel auf Grund von Mietnachfolgeklauseln 228

Ein Mieterwechsel kann auch auf Grund einer sog. Ersatzmieterklausel bewirkt werden. Hierbei kann es sich um eine „echte“ oder „unechte“ handeln,2 OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 24.6.1991 – WuM 1991, 475 = ZMR 1991, 382, Urt. v. 31.5.2000 – ZMR 2000, 607.3

Erstere zielt darauf ab, dem Mieter die Befugnis zu geben, einen Ersatzmieter für die restliche Laufzeit des Vertrages zu stellen, etwa um sich von diesem die Investitionen entgelten zu lassen, BGH – Urt. v. 24.5.1976 – MDR 1977, 46 = WuM 1977, 92 = ZMR 1977, 107.

Letztere beschränkt sich darauf, dem Mieter ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Mietverhältnis zu ermöglichen. Die Unterscheidung ist wichtig für den Inhalt eines Schadensersatzanspruches bei Verletzung der Ersatzmieterklausel durch den Vermieter: Nur bei der „echten“ Ersatzmieterklausel kann der 1 Zum Fall: Der Ehegatte war zwar im Kopf des Vertrages als Mieter aufgeführt, hatte jedoch den Vertrag nicht unterschrieben, wohl aber Zustimmungserklärungen zur Mieterhöhung sowie Duldungserklärungen. Das Mietverhältnis dauerte bereits 16 Jahre. 2 S. dazu ausführlich Sternel, Rechtsgeschäftliche Nachfolge im Mietverhältnis, PiG 37 (1993) S. 47, 54 f.; Emmerich PiG 52 (1997) S. 65, 71; Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 31.5, 6; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 25 nach § 542 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 537 Rn. 17. 3 Zum Inhalt der Klausel „Der Vermieter gibt dem Mieter die Gelegenheit, einen auch ihm genehmen Nachmieter zu bringen, der den von ihm gezahlten Abstand von 20 000 DM wieder übernimmt.“

98

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 231

Mieter Ersatz des Betrages verlangen, den ein Nachfolger ihm im Falle des Eintritts in das Mietverhältnis geleistet hätte, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 31.5.2000 – MDR 2000, 1005 = NZM 2001, 586.

Auch kann danach differenziert werden, ob der vom Mieter gestellte Nachfolger in das fortbestehende Mietverhältnis eintritt (Nachmieter i.e.S.) oder ob mit diesem ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden soll (Nachfolgemieter), KG – Urt. v. 6.9.2004 – WuM 2006, 243.

Eine Vereinbarung, die dem Mieter nur das vorzeitige Ausscheiden ermöglicht und ihm nicht das Recht gibt, einen Ersatzmieter zu stellen, den der Vermieter bei Eignung zu akzeptieren verpflichtet ist, muss eine solche Beschränkung erkennen lassen; sie kann sich aber auch aus dem Anlass der Vereinbarung ergeben. Für eine echte Ersatzmieterklausel spricht regelmäßig, dass dem Mieter erlaubt worden ist, erhebliche Investitionen zu tätigen, oder der Mietvertrag derartige Investitionen voraussetzt oder der Mieter nach dem Mietvertrag berechtigt sein soll, den nicht „abgewohnten“ Teil seines Finanzierungsbeitrages sich vom Mietnachfolger erstatten zu lassen,

229

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 24.6.1991 – WuM 1991, 475 = ZMR 1991, 382.

Die echte Ersatzmieterklausel erfordert, dass der Mieter dem Vermieter ein konkretes Angebot unterbreitet bzw. diesen konkret auffordert, die Übertragung des Mietvertrages auf einen benannten Dritten zu genehmigen. Die bloße Ankündigung zu beabsichtigen, die Rechte und Pflichten auf einen benannten Dritten übertragen zu wollen, verbunden mit der Bitte um Erklärung, soll dafür nicht ausreichen,

230

BGH – Urt. v. 16.2.2005 – MDR 2005, 618.

Die „echte“ Ersatzmieterklausel begründet für den Vermieter eine Vertragspflicht, einen ihm vorgeschlagenen geeigneten Ersatzmieter zu akzeptieren, bei deren Verletzung er schadensersatzpflichtig wird. Das soll jedoch dann nicht der Fall sein, wenn er zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen ist und deshalb seine Leistung zurückhalten durfte, KG – Urt. v. 11.7.1991 – WuM 1992, 8.

Dagegen kann er die Klausel nicht mit der Begründung unterlaufen, dass er das Grundstück verkaufen wolle, AG Plettenberg WuM 1999, 285.

Ebenso wenig ist er – im Gegensatz zur „unechten“ Ersatzmieterklausel – zum Selbsteintritt berechtigt. Eine unechte Mietnachfolge-Vereinbarung ist darin gesehen worden, dass der Vermieter bzw. dessen Verwalter dem Mieter zugesagt hat, einen Nachmieter zu akzeptieren. Dadurch soll er nach Treu und Glauben verpflichtet sein, solvente Nachmieter zu akzeptieren, wenn in deren Person kein wichtiger bzw. verständlicher Grund zur Ablehnung besteht, KG – Urt. v. 6.9.2004 – WuM 2006, 243.

99

231

Rn. I 232

Vertragsabschluss

Auch ist eine bindende Vereinbarung einer unechten Ersatzmieterklausel darin gesehen worden, dass der Vermieter dem Mieter auf dessen Anfrage mitteilt, er werde einen Nachmieter akzeptieren, der das Mietverhältnis über die vorgesehene Restlaufzeit übernehme, und sich gleichzeitig vorbehält, in dem Fall, dass der Nachmieter nur einen geringeren Mietzins zahlen wolle, wegen der Differenz weiterhin den bisherigen Mieter in Anspruch zu nehmen, LG Berlin ZMR 1999, 401.

232

Keine bindende Verpflichtung des Vermieters wird jedoch dadurch begründet, dass er gegenüber dem auszugswilligen Mieter äußert, er werde einen vom Mieter vorgeschlagenen Nachmietinteressenten als Nachmieter in Betracht ziehen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.12.1998 – ZMR 1999, 243, OLG Hamburg – Urt. v. 4.12.1996 – WuM 1997, 214.

Die Vertragsklausel „Bei der Veräußerung des gesamten Betriebes oder eines Teilbetriebes des Mieters bedarf es wegen des Überganges dieses Mietvertrages auf den Rechtsnachfolger des Mieters einer vorherigen Vereinbarung“ gibt nur die ohnehin bestehende Rechtslage wieder, wonach für eine Vertragsübernahme ein dreiseitiges Rechtsgeschäft erforderlich ist. Eine Verpflichtung zum Abschluss eines Mietvertrages mit bestimmten Interessenten ergibt sich aus der Klausel nicht, OLG München – Urt. v. 8.9.1995 – ZMR 1995, 579.

233

Erklärt sich der Vermieter bindend mit der Entlassung des Mieters gegen Stellung eines Nachmieters einverstanden, ist es eine Frage der Auslegung, ob schon der Abschluss oder erst der Vollzug des Vertrages mit dem Nachmieter zur Beendigung des Mietverhältnisses führen soll. Im Zweifel soll auf Grund der dem Mieter erkennbaren Interessenlage des Vermieters davon auszugehen sein, dass Letzteres gewollt ist, LG Gießen WuM 1997, 370.

Das Risiko des erfolgreichen Verlaufs des Folgemietverhältnisses trägt in jedem Fall der Vermieter, LG Saarbrücken NJW-RR 1997, 968 = WuM 1997, 37, AG Kehlheim WuM 1998, 665.

Jedoch können die Parteien etwas anderes vereinbaren, etwa eine Mithaftung oder die Übernahme einer Bürgschaft durch den ausscheidenden Mieter. 234

Haben die Vertragsparteien vereinbart, dass der Mieter nach Stellung eines geeigneten Nachmieters aus dem Mietvertrag entlassen wird, so ist es allerdings Sache des Mieters, sich darum zu kümmern, dass der Abschluss eines Mietvertrages zwischen Vermieter und Nachmieter auch tatsächlich zustande kommt. Verweist der Mieter den Nachmietinteressenten an den Vermieter, so ist der Vermieter nicht gehalten, dem Mieter mitzuteilen, dass es zum Abschluss eines Mietvertrages nicht gekommen ist; denn über den Gang der Dinge hat sich der Mieter von sich aus zu informieren, LG Wuppertal WuM 1997, 328.

100

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 236a

Der vom Mieter vorzuschlagende Ersatzmieter muss geeignet und solvent sein.

235

Bei der Frage nach der Eignung des vom Mieter gestellten Nachmieters und der Zumutbarkeit für den Vermieter, das Mietverhältnis mit diesem fortzuführen, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff,1 BGH – Urt. v. 22.1.2003 – NZM 2003, 277 = WuM 2003, 204 = ZMR 2003, 413.

Hieran sind objektive Maßstäbe anzulegen. Dazu zählt auch, ob die Wohnung überbelegt werden würde. Zur Eignung gehört bei der Miete von Gewerberaum, dass der Ersatz- oder Nachmieter der gleichen oder zumindest einer vergleichbaren Branche wie der Mieter angehört. So kann der Vermieter einen Ersatzmieter ablehnen, der die gemieteten Gewerberäume zu Wohnzwecken nutzen will, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 20.1.2000 – MDR 2000, 825.

Allein die Ausländereigenschaft und hieraus abgeleitete allgemeine Bedenken reichen nicht aus, um einen vorgeschlagenen Nachmieter abzulehnen,

236

OLG Franfurt a.M. – Urt. v. 31.5.2000 – NZM 2001, 585 = MDR 2000, 1005.

Das entspricht auf Grund der §§ 1, 19 AGG nunmehr geltendem Recht (s. dazu Rn. I 301 f.). Eine Familie mit zwei Kindern ist wegen der zu befürchtenden Geräuschentwicklung als ungeeignet für die Nachmiete einer Wohnung im Obergeschoss angesehen worden, wenn der bisherige Mieter allein stehend war und die Vermieterin – eine ältere Dame – die Erdgeschosswohnung bewohnt, LG Hildesheim WuM 2005, 572, ähnlich AG Lemgo NZM 1999, 1047: Der Vermieter kann ein junges Paar als Nachmieter ablehnen, weil mit Kindern zu rechnen ist, die die überwiegend älteren anderen Mieter stören würden.

Dies verdient Widerspruch. Was die Solvenz anbelangt, muss sich der vorgeschlagene Ersatzmieter an den Verhältnissen des Mieters messen lassen. Für die Vergleichbarkeit sollen die Vermögensverhältnisse des bisherigen Mieters bei Abschluss des Mietvertrages maßgebend sein, LG Hamburg WuM 1986, 326, LG Bremen NZM 2002, 337 = ZMR 2001, 545, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.1.1995 – MDR 1995, 570 = WuM 1995, 391.

Das ist bedenklich, wenn man die Fälle berücksichtigt, in denen der Mieter bei Beginn des Mietverhältnisses ein erheblich niedrigeres Einkommen hatte als bei der erstrebten vorzeitigen Auflösung.2 Für das Sicherungsbedürfnis des Vermieters ist eher auf die möglicherweise besseren Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Zeit der Vertragsauflösung abzustellen. Deshalb ist es 1 S. Schmidt-Futterer/Blank Rn. 19 nach § 542 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 537 Rn. 18, 24 f. 2 Beispiel: Der Mieter war bei Anmietung der Wohnung Student; nunmehr ist er Oberregierungsrat.

101

236a

Rn. I 237

Vertragsabschluss

gerechtfertigt, dem Vermieter die Wahlmöglichkeit einzuräumen, für die Solvenz des Nachmieters nach dem Günstigkeitsprinzip auf die Vermögensverhältnisse des Mieters entweder zu Beginn oder zum vorgesehenen Ende des Mietverhältnisses abzustellen. Entsprechendes wie für die Solvenz gilt auch für die Haftungslage; handelt es sich z.B. bei den bisherigen Mietern um eine Personenmehrheit, so soll der Vermieter berechtigt sein, eine Einzelperson als Ersatzmieter abzulehnen, da hierdurch die Haftungsgrundlage geschmälert werden würde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.1.1999 – WuM 1995, 391 = ZMR 1995, 467.

Auf einen Ersatzmieter, der die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, braucht sich der Vermieter von Gewerberaum nicht einzulassen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87.

Lehnt der Mieter das Verlangen des Vermieters nach einer Bonitätsprüfung und Selbstauskunft der von ihm vorgeschlagenen Nachmieterin ab mit der Folge, dass ein Nachmietvertrag nicht zustande kommt, kann der Mieter aus diesem Anlass nicht fristlos kündigen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.2.2006 – ZMR 2006, 855.

237

Rechtsfolge des Mieterwechsels ist, dass die Identität des Mietverhältnisses erhalten bleibt.1 Gilt eine echte Ersatzmieterklausel, ist der Vermieter nicht berechtigt zu verlangen, dass die Vertragsbedingungen geändert werden, sofern dies nicht eindeutig vereinbart ist.2 Bei der unechten Ersatzmieterklausel kann er dagegen eine angemessene Anpassung der Mietbedingungen beanspruchen. Überschreitet er den Rahmen des Angemessenen und für den Ersatzmieter Zumutbaren, so macht er sich gegenüber dem (bisherigen) Mieter schadensersatzpflichtig. Das bedeutet im Falle einer unechten Ersatzmieterklausel, dass der Mieter so gestellt wird, als wäre er aus dem Mietverhältnis wirksam ausgeschieden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.2.1992 – DWW 1992, 242 = NJW-RR 1992, 657.

238

Im Falle eines Mieterwechsels übernimmt der Nachfolger nicht die Mietschulden des Vorgängers, sofern dies nicht vereinbart ist, OLG Frankfurt – Urt. v. 9.7.1987 – WuM 1988, 13;

er haftet auch nicht für Vertragsverletzungen des ausscheidenden Mieters, LG Lübeck WuM 1990, 294.

Dementsprechend kann der Vermieter das Mietverhältnis gegenüber dem Nachmieter nicht wegen der Mietrückstände des Vormieters aus § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB (= § 554 BGB a.F.) kündigen, LG Berlin WuM 1991, 675.

1 S. dazu Kandelhard WuM 2004, 249; Streyl WuM 2005, 183, 186; ausführlich auch Sternel PiG 37 (1993) S. 47, 59. 2 Z.B. durch die Klausel: „Mit dem Mietnachfolger ist ein neuer Mietvertrag abzuschließen.“

102

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 241

Er tritt jedoch in den Fristenplan für laufende Schönheitsreparaturen ein. Hat der bisherige Mieter seine Renovierungspflicht nicht erfüllt, so kann er sich gegenüber dem Vermieter später nicht darauf berufen, ihm sei eine unrenovierte Wohnung überlassen worden. Vereinbaren die Parteien eines Mietvertrages, dass ein bestimmter, vom Vermieter akzeptierter Nachmieter in den Vertrag zu den bisherigen Bedingungen eintreten kann, so wird der Mieter von seinen Vertragspflichten befreit, wenn der Vermieter anschließend den Vertragsabschluss mit dem Nachmieter durch absprachewidrige Vertragsbedingungen vereitelt,

239

OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.2.1992 – DWW 1992, 242 = NJW-RR 1992, 657, OLG Koblenz – Urt. v. 27.9.2001 – DWW 2002, 127 = ZMR 2002, 344 = WuM 2005, 74 jeweils bei Verlangen einer Mieterhöhung, OLG München – Urt. v. 18.11.1994 – ZMR 1995, 156, wenn sich der Vermieter zu einer vorzeitigen Vertragsaufhebung grundsätzlich bereit erklärt hat, dann aber der Verwalter eine unberechtigte Provision fordert.

Erklärt der Vermieter in einem Fall, in dem der Mieter sich gegen Nachmietergestellung aus dem Mietverhältnis lösen darf, er werde von vornherein keinen ihm vom Mieter vorgeschlagenen Nachmieter akzeptieren, braucht der Mieter ihm auch keinen zu benennen, sondern kann sogleich jedenfalls unter Einhaltung der gesetzlichen Mindestfrist kündigen,

240

LG Berlin GE 1999, 1052, ebenso LG Oldenburg WuM 1997, 491, wenn der Vermieter eine ihm vertraglich zustehende Überlegungsfrist nicht in Anspruch nimmt, sondern einen geeigneten Nachfolger ohne Prüfung ablehnt.

Im Falle der „echten Ersatzmieterklausel“ kann er darüber hinaus Schadensersatz verlangen. f) Mieterwechsel nach Treu und Glauben Der Vermieter ist ohne vertragliche Verpflichtung grundsätzlich nicht gehalten, den Mieter vorzeitig aus dem Vertrag zu entlassen, wenn ein Mietnachfolger gestellt wird. Ein Anspruch des Mieters auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag kann sich aber ausnahmsweise aus Treu und Glauben dann ergeben, wenn dies im dringenden Interesse des Mieters liegt, weil ihm ein Festhalten an dem Vertrag aus Umständen unzumutbar ist, die er nicht bewusst herbeigeführt hat, und der gestellte Nachfolger dem Vermieter zumutbar ist,1 OLG Naumburg – Urt. v. 18.6.2002 – WuM 2002, 537.

Diese Grundsätze erlangen für die Wohnraummiete besondere Bedeutung, nachdem Vereinbarungen über den befristeten Ausschluss des Rechts der ordentlichen Kündigung zugelassen worden sind (s. dazu Rn. X 3 f.). 1 S. dazu Sternel PiG 37 (1993) S. 47, 61 f.; Emmerich PiG 52 (1997) S. 65, 72 f.; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 10 nach § 542 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 537 Rn. 20; zurückhaltend: Streyl WuM 2005, 183, 186, der als Rechtsgrundlage auf das Gebot der Rücksichtnahme in § 241 Abs. 2 BGB verweist.

103

241

Rn. I 242 242

Vertragsabschluss

Es müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein: – Das Mietverhältnis läuft noch für längere Zeit, – der Mieter hat ein berechtigtes Interesse am vorzeitigen Ausscheiden aus dem Mietverhältnis, das das Interesse des Vermieters, das Mietverhältnis gerade mit diesem Mieter fortzusetzen, erheblich übersteigt, – der Mieter stellt dem Vermieter (mindestens) einen geeigneten und zumutbaren Ersatz- oder Nachmieter, BGH – Urt. v. 22.1.2003 – WuM 2003, 204, OLG Karlsruhe – RE v. 25.3.1981 – NJW 1981, 1741, OLG Hamm – RE v. 22.8.1995 – ZMR 1995, 525.

Diese Voraussetzungen gelten nicht nur für die Wohnraummiete, sondern auch für die Gewerberaummiete, allerdings unter strengeren Voraussetzungen, was die Interessen des Mieters an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses anbelangt (s. Rn. I 248). Zum Teil wird auch vertreten, dass dem Mieter ein Sonderkündigungsrecht wie bei der grundlosen Versagung der Untermieterlaubnis nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB zusteht, wenn der Vermieter einen geeigneten Mietnachfolger ohne Grund ablehnt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87.1

aa) Voraussetzungen 243

Was das Zeitmoment anbelangt, ist ein Festhalten am Vertrag für noch drei Monate auf jeden Fall zumutbar,2 OLG Oldenburg – RE v. 10.11.1980 – WuM 1981, 177, ebenso LG Gießen NJW-RR 1995, 395 für eine restliche Vertragszeit von 7 Monaten.

Das Zeitmoment kann nicht isoliert vom Gewicht des Grundes für die angestrebte Lösung des Mietverhältnisses sowie von dem Interesse des Vermieters, den konkreten Mieter am Vertrag festzuhalten, gesehen werden. Auch kann der Leitgedanke des Gesetzgebers, den Mobilitätswunsch des Mieters von Wohnraum zu stärken, der in der Verkürzung der Kündigungsfrist gemäß § 573c BGB zum Ausdruck gelangt ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Danach kann eine restliche Dauer des Mietverhältnisses von über 6 Monaten durchaus unzumutbar lang sein. Bei noch einjähriger Kündigungsfrist oder vertraglicher Restlaufzeit ist der Mieter jedenfalls zur Nachmietergestellung berechtigt, LG Arnsberg DWW 1991, 285.

244

Ein wichtiger Grund, der das Interesse des Vermieters, den Mieter am Vertrag festzuhalten, deutlich überwiegt, kann z.B. in der Familienvergrößerung, einer 1 S. auch Sonnenschein, Kündigungsprobleme bei Rechtsnachfolge, PiG 37 (1993) S. 95, 113. 2 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 14 nach § 542 BGB.

104

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 245

schweren Erkrankung oder einer beruflichen Versetzung des Mieters oder seiner Familienangehörigen liegen,1 OLG Karlsruhe – RE v. 25.3.1981 – NJW 1981, 1741 = ZMR 1981, 269, OLG Hamm – RE v. 22.8.1995 – NJW-RR 1995, 1478 = ZMR 1995, 525, OLG Koblenz – Urt. v. 16.10.2003 – NZM 2004, 39 = WuM 2003, 693,2 LG Mannheim DWW 1997, 152,3 LG Hildesheim ZMR 2000, 679,4 LG Berlin WuM 1992, 472, LG Osnabrück WuM 1995, 394, LG Landshut WuM 1996, 542, AG Frankfurt a.M. WuM 1999, 571, LG Braunschweig DWW 2000, 56,5 einschränkend LG Bonn WuM 1992, 16 bei Vergrößerung der Familie, solange die Wohnung nicht unzumutbar klein ist, LG Duisburg WuM 1999, 691: Wunsch des Mieters, in eine altengerechte Wohnung zu ziehen.

Auch ein Ortswechsel infolge eines neuen Arbeitsplatzes nach unverschuldeter Arbeitslosigkeit ist als wichtiger Grund anzuerkennen, LG Berlin GE 1999, 1052.

Anders soll es sich bei einer durch freiwilligen Arbeitsplatzwechsel bedingten Ortsveränderung verhalten: Dass der Mieter auf Grund persönlicher Umstände für eine längerfristig angemietete Wohnung keine Verwendung mehr hat, soll kein Recht darauf begründen, sich durch Nachmietergestellung aus dem Mietvertrag zu lösen. Das ist aus der Regelung in § 552 Satz 1 BGB a.F. (s. jetzt § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB) gefolgert worden, LG Berlin ZMR 1999, 26, LG Gießen WuM 1997, 327.

Ebenso wenig soll es ausreichen, dass der Mieter aus zwar nachvollziehbaren, nicht aber zwingenden Gründen seine Tätigkeitsschwerpunkte in eine andere Stadt verlegt und deswegen umziehen will, LG Berlin GE 1999, 573 = ZMR 1999, 399.

Die zum Ortswechsel infolge der Änderung des Arbeitsplatzes ergangenen Entscheidungen sind bedenklich.6 Sie lassen sich auch nicht mit dem Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht des Mieters aus § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB begründen. Vielmehr sind die gewichtigen Belange des Mieters an seinem gesetzlich geschützten Mobilitätsinteresse, wie es in den verkürzten Kündigungsfristen und in der grundsätzlichen Unzulässigkeit, ein befristetes Mietverhältnis über Wohnraum zu begründen, zum Ausdruck kommt, zu orientieren.

1 S. dazu Kandelhard WuM 2004, 249; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 13 nach § 542 BGB. 2 Zum Fall: 72 Jahre alter Mieter, der schwer an Arthrose erkrankt war. 3 Zum Fall: Herzerkrankung des kleinen Sohnes des Mieters, die einen Umzug erforderlich macht. 4 Zum Fall: Alzheimer-Erkrankung des Mieters, die zur Demenz geführt hat. 5 Zum Fall: Eine Einzimmerwohnung wird nach Geburt eines Kindes zu klein. 6 Ebenso Kandelhard WuM 2004, 250; einschränkend dagegen Staudinger/Emmerich BGB § 537 Rn. 23.

105

245

Rn. I 246 246

Vertragsabschluss

Ein wichtiger Grund ist nicht darin gesehen worden, dass der Mieter im Falle eines Wohnungswechsels von der neuen Wohnung aus einen kürzeren Weg zu seinem Arbeitsplatz hätte,1 LG Gießen WuM 1997, 327.

247

Schließlich soll es in diesem Zusammenhang auch nicht genügen, dass der Mieter komfortabler oder kostengünstiger in einer anderen Wohnung leben würde (OLG Karlsruhe – RE v. 25.3.1981 – NJW 1981, 1741 = WuM 1981, 173 = ZMR 1981, 269). Offen geblieben ist in dieser Entscheidung, ob solche Gründe ausnahmsweise dann ausreichen, wenn das Interesse des Vermieters am Fortbestand des Mietverhältnisses gerade mit dem betreffenden Mieter besonders gering ist, etwa weil er Wohnraum in großem Umfang vermietet und keine persönlichen Beziehungen zum Mieter bestehen. Diese Frage ist zu bejahen; denn das Interesse des Mieters an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses kann nicht isoliert gewertet werden, sondern steht im Kontext zu den Belangen des Vermieters, gerade den konkreten Mieter am Vertrag festzuhalten. Das folgt daraus, dass es hier um eine Interessenabwägung geht. Je schwächer das Interesse des Vermieters ist, gerade den konkreten Mieter zu binden, desto stärker vermögen die Interessen des Mieters ins Gewicht zu fallen. Allerdings kann zu Gunsten des Vermieters gewertet werden, eine vermehrte Fluktuation im Interesse seines Gesamtbestandes zu vermeiden.

248

Für die Miete von Gewerberäumen gelten strengere Anforderungen. Das Betriebsrisiko, etwa eine schlechte Ertragslage, begründet grundsätzlich noch kein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen Entlassung aus dem Mietvertrag, ebenso wenig der Umstand, dass die z.B. zum Betrieb einer Zahnarztpraxis gemieteten Räume einer Kapazitätserweiterung der ärztlichen Praxis entgegenstehen, OLG Oldenburg – Urt. v. 10.2.1999 – WuM 1999, 225, OLG München – Urt. v. 18.11.1994 – ZMR 1995, 156: Wirtschaftliche Gründe, insbesondere enttäuschte Umsatzerwartungen, liegen im Verwendungsrisiko des Mieters und geben bei der Geschäftsraummiete kein schutzwürdiges Interesse ab; OLG Naumburg – Urt. v. 18.6.2002 – WuM 2002, 537: Ein besonderes Interesse an der vorzeitigen Vertragsauflösung wird nicht dadurch begründet, dass die Geschäftsaufgabe aus wirtschaftlichen Gründen unabweisbar war, vor allem dann nicht, wenn für den Mieter die Möglichkeit der Untervermietung besteht; OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87: Hohes Alter und schlechter Gesundheitszustand des Mieters bilden keinen wichtigen Grund, zumal da diese Umstände schon bei Vertragsabschluss absehbar waren.

249

Es genügt, dass der Mieter einen (einzigen) Nachfolgeinteressenten stellt, der geeignet ist; er braucht nicht mehrere – insbesondere nicht mindestens drei – zu benennen,2 LG Saarbrücken WuM 1995, 313, 314.

1 Anders Kandelhard a.a.O. bei gleichzeitigem Arbeitsplatzwechsel. 2 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 18 nach § 542 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 537 Rn. 28.

106

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 253

Der Mieter braucht ausnahmsweise keinen Ersatzmieter zu stellen, wenn der Vermieter erklärt, er suche sich seine Mieter selbst aus, LG Mannheim DWW 1997, 152,

oder wenn er es generell ablehnt, vom Mieter benannte Nachmieter zu berücksichtigen (s. auch Rn. I 240), LG Landshut WuM 1996, 542.

Der Vermieter braucht nur einen zumutbaren, insbesondere solventen Nachfolgemieter zu akzeptieren. Zur Eignung und zur Solvenz s. Rn. I 235 f.

250

Im Einzug des Mietwilligen vor erteilter Zustimmung ist eine Zerstörung der Vertrauensgrundlage gesehen worden, so dass der Vermieter vom Mietwilligen die Räumung verlangen kann, ohne ihn als Nachmieter akzeptieren zu müssen, LG Göttingen WM 1993, 341.

Den Mieter trifft grundsätzlich die Beweislast dafür, dass der Vermieter einen Ersatzmieter wider Treu und Glauben bzw. entgegen einer getroffenen Vereinbarung abgelehnt hat. Eine Ausnahme hat der BGH jedoch für den Fall angenommen, dass der Vermieter selbst mit dem Mietinteressenten in Verbindung getreten ist und mit diesem über die Anmietung der Wohnung verhandelt hat. Er kann sich dann nicht darauf beschränken, die Eignung des Mietinteressenten zu bestreiten. Da er nämlich über bessere eigene Kenntnisse als der Vormieter in Bezug auf die maßgeblichen Umstände verfügt, ist er zu einem substantiierten Gegenvorbringen gehalten. Er müsste deshalb konkret vortragen, zu welchem Preis und zu welchem Zeitpunkt der Nachmieter bereit gewesen wäre, die Wohnung anzumieten, nachdem der bisherige Mieter hierzu eindeutige Angaben gemacht hatte,

251

BGH – Urt. v. 22.1.2003 – NZM 2003, 277 = WuM 2003, 204 = ZMR 2003, 413.

Dem Vermieter ist eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen, innerhalb der er prüfen kann, ob der vorgeschlagene Nachmieter akzeptabel ist; sie kann bis zu 3 Monaten betragen, richtet sich aber nach den Umständen des Einzelfalles,

252

LG Mannheim DWW 1997, 152, LG Gießen WuM 1997, 264 = ZMR 1997, 80, AG Steinfurt WuM 1997, 45 (jeweils 3 Monate), LG Saarbrücken WuM 1995, 313 (2 Monate).

Der Vermieter handelt nicht treuwidrig, wenn er leer stehende Wohnungen vorrangig vermietet, ehe er sich um die Vermietung der vorzeitig zurückgegebenen Wohnung bemüht, LG Braunschweig DWW 2000, 56.

bb) Rechtsfolgen Weigert sich der Vermieter, den Mieter trotz Eintritts der genannten Bedingungen vorzeitig aus dem Mietverhältnis zu entlassen, so kann der Mieter verlan107

253

Rn. I 254

Vertragsabschluss

gen, so gestellt zu werden, als sei er zu demjenigen Zeitpunkt aus dem Mietverhältnis ausgeschieden, zu dem der Vermieter zumutbarerweise mit einem geeigneten Nachfolger einen Anschlussvertrag hätte abschließen können, OLG München – Urt. v. 18.11.1994 – ZMR 1995, 156.

Zum Teil wird dem Mieter auch ein Sonderkündigungsrecht entsprechend § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB (= § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.) eingeräumt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87.1

254

Umstritten ist, ob eine Weigerung auch darin zu sehen ist, dass der Vermieter von dem vorgeschlagenen Ersatzmieter eine höhere Miete als die bisherige fordert. Das ist bei jedenfalls nur noch kurzer Restlaufzeit des Vertrages (ca. 3 Monate) verneint worden, LG Hamburg NJW-RR 1988, 723, LG Köln WuM 1989, 374, LG Saarbrücken WuM 1995, 313, wenn eine Staffelmiete vereinbart war.

Darüber hinaus ist aber auch zu berücksichtigen, ob der Vermieter bei Fortbestand des Mietverhältnisses die Miete ohnehin hätte erhöhen können (z.B. nach § 558 BGB). 255

Für Mietverhältnisse über Gewerberäume werden allerdings zu Gunsten des Vermieters großzügigere Maßstäbe angelegt. So soll es nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der Vermieter versucht, mit dem Nachfolger günstigere, marktgerechte Mietbedingungen auszuhandeln, OLG Hamburg – Urt. v. 17.12.1986 – DWW 1987, 71, 98, – Urt. v. 18.2.1987 – ZMR 1987, 93, 173, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.2.1989 – DWW 1989, 85 bei einem Mietvertrag über Gewerberaum und dem Verlangen des Vermieters nach einer höheren Kaution vom Nachfolger oder einer Mietbürgschaft durch den bisherigen Mieter, wenn Zweifel an der Bonität des Nachfolgers bestehen, OLG München – Urt. v. 8.9.1995 – ZMR 1995, 579.2

256

Andererseits darf er den Abschluss eines neuen Mietvertrages nicht dadurch vereiteln, dass er die Konditionen wesentlich zu seinen Gunsten verändert, insbesondere von einer erheblich höheren Miete abhängig macht (z.B. um je 50% erhöhte Miete und Kaution) oder durch seinen Verwalter unberechtigt eine Provision fordern lässt. Er muss sich dann so behandeln lassen, als ob das Mietverhältnis einverständlich zum Zeitpunkt der möglichen Anmietung durch den Nachfolger beendet worden wäre (s. auch Rn. I 239). Die weiteren Rechtsfolgen nach Eintritt des Nachmieters in das Mietverhältnis gestalten sich nicht anders als beim Eintritt eines Ersatzmieters (s. dazu Rn. I 237).

1 S. dazu Sonnenschein PiG 37 (1993) S. 95, 113. 2 Vgl. auch Heile ZMR 1990, 249: Ersatzmietergestellung bei Wohn- und Geschäftsraummiete.

108

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 259

g) Wohngemeinschaft Die Wohngemeinschaft ist rechtlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu werten,

257

KG – Beschl. v. 30.3.1992 – WuM 1992, 323, OLG München – Urt. v. 14.1.1994 – ZMR 1994, 216 für die nichteheliche Lebensgemeinschaft.

Meist wird es sich um eine Innengesellschaft handeln; denkbar ist aber auch die Gestaltung als Außengesellschaft.1 Indiz für die Vermietung an eine Außengesellschaft kann sein, dass im Kopf des Vertrages die Wohngemeinschaft als Mietpartei bezeichnet ist und nicht alle Namen ihrer Mitglieder aufgeführt sind.2 Für die Vermietung an die einzelnen Mitglieder spricht, wenn diese im Mietvertrag namentlich (und mit Geburtsdatum) genannt sind, LG Trier WuM 1997, 548.

Wie sich ein Wechsel der Mitglieder auf das Mietverhältnis auswirkt und in welchem Maße der Vermieter hieran mitzuwirken hat, hängt von der gewählten Gestaltungsform der Wohngemeinschaft ab. In diesem Zusammenhang sind diejenigen Fälle außer Betracht zu lassen, in denen eine Person die Wohnung anmietet und im Wege der (erlaubten) Drittüberlassung eine Wohngemeinschaft gründet.3 Ein Wechsel in der Mitgliedschaft der Wohngemeinschaft richtet sich mietrechtlich in solchem Fall nach §§ 540, 553 Abs. 2 BGB, wobei die Erlaubnis zur Drittüberlassung auch schon von vornherein und generell – auch schlüssig – erteilt sein kann. Ein schlüssiges Verhalten des Vermieters kann aus dem vereinbarten Vertragszweck (s. Rn. I 260) sowie einer längeren Vertragshandhabung gefolgert werden. Will der Hauptmieter ausscheiden, ohne dass das Mietverhältnis aufgelöst werden soll, so muss eine Vertragsübernahme mit einem Dritten vereinbart werden (s. dazu Rn. I 219), sofern keine Ersatzmieterklausel vereinbart ist (s. dazu Rn. I 230).

258

Handelt es sich bei der Wohngemeinschaft um eine Außengesellschaft, so hat ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluss auf den Bestand des Mietverhältnisses (s. Rn. I 96),

259

OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.2.2003 – NZM 2003, 237 = ZMR 2003, 424.

Liegt eine bloße Innengesellschaft vor,4 so kann ein vorweggenommenes Einverständnis des Vermieters mit einem Mieterwechsel nur dann angenommen werden, wenn der Vertrag erkennbar hierauf angelegt ist. Dagegen soll insbesondere sprechen, wenn die Mieter, die den Mietvertrag schließen, nament1 Lammel BGB § 535 Rn. 79 f., 81; MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 44, 45; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 170, 291 vor § 535 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 540 Rn. 52 f.; zur Vertragsgestaltung: Horst MDR 1999, 266; ferner Schmid GE 1998, 882. 2 Schmid GE 1998, 882, 885; s. auch Engel MietRB 2007, 326; Paschke WuM 2008, 59, 61. 3 S. dazu Schmidt-Futterer/Blank Rn. 170, 291 vor § 535 BGB, BGB § 540 Rn. 19; Staudinger/Emmerich BGB § 540 Rn. 52. 4 S. Schmidt-Futterer/Blank BGB § 540 Rn. 18.

109

Rn. I 260

Vertragsabschluss

lich bezeichnet sind und der Mietvertrag ansonsten kein Recht zum Mieterwechsel ohne Mitwirkung des Vermieters enthält, LG Berlin GE 1994, 1265, LG Trier WuM 1997, 548.

260

Aus dem Vertragszweck kann sich jedoch etwas anderes ergeben. Das ist insbesondere bei der Vermietung an studentische Wohngemeinschaften in Betracht zu ziehen.1 Hier wird es regelmäßig dem Vertragsinhalt entsprechen, dass aus der WG ausscheidende Mitglieder die Vertragsentlassung und die verbleibenden Mitglieder den Eintritt neuer Mitglieder als Vertragspartner oder zumindest die Erlaubnis zur Untervermietung vom Vermieter beanspruchen können, LG Hamburg WuM 1995, 697: Bei Vermietung an eine studentische WG besteht auf Mieterseite auch ohne ausdrückliche Regelung im Mietvertrag das Recht, dass ein Mitglied ausscheidet und ein neues Mitglied in den Vertrag eintritt, wobei der Vermieter berechtigt ist, dem Eintritt eines neuen Mieters zu widersprechen, wenn dieser für ihn nicht zumutbar ist; s. auch LG Frankfurt WuM 1991, 33, LG Göttingen WuM 1993, 341, einschränkend LG Trier WuM 1997, 548.2

Eine solche Auslegung auf Grund vertraglicher Handhabung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, BVerfG – Beschl. v. 5.9.1991 – WuM 1992, 46 in Bestätigung von LG Karlsruhe WuM 1992, 45, BVerfG – Beschl. v. 28.1.1993 – WuM 1993, 104 = ZMR 1993, 210.

261

Zweifelhaft ist, ob das Recht zum Austausch der Mitglieder einer Wohngemeinschaft auch bei Anmietung einer Wohnung durch eine (bloße) Zweiergemeinschaft in Betracht kommt. Dies wird zu verneinen sein, sofern der Mietvertrag hierüber keine eindeutige Regelung enthält, LG Köln WuM 1991, 483, a.A. LG Karlsruhe WuM 1997, 429.3

Dem Schutzbedürfnis des in der Wohnung verbleibenden Mieters kann dadurch Rechnung getragen werden, dass er zur Untervermietung nach § 553 Abs. 1 BGB berechtigt ist, wenn ein Partner aus der Wohnung auszieht, sofern man nicht die Aufnahme eines Partners ohnehin zum erlaubnisfreien Kernbestand des Mietgebrauchs rechnet. Dem Interesse des aus der Wohnung ausziehenden Mieters steht das Haftungsinteresse des Vermieters entgegen. 262

Der Anspruch auf Zustimmung zur Auswechselung eines Mitmieters kann nach LG Saarbrücken NJW-RR 1992, 781

nur von allen Mietern gemeinsam und nicht im Wege der actio pro socio durch einen Mitmieter zugunsten aller Mitmieter geltend gemacht werden. 1 S. hierzu Martinek NZM 2004, 6, 13; Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 29.5. 2 Einschränkend auch Schmidt-Futterer/Blank BGB § 540 Rn. 18. 3 Zum Fall: Die beiden Mieter waren bei Vertragsabschluss etwa 20 Jahre alt und im Mietvertrag ausdrücklich als Studenten bezeichnet.

110

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 265

Die Mieter trifft eine Anzeigepflicht, wenn es zu einem Personenwechsel in der WG kommt. Dem Vermieter steht ein Recht zum Widerspruch nur zu, sofern in der Person des neu eintretenden Mitglieds wichtige Gründe vorliegen, die denjenigen wie in § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechen,

263

LG Hamburg WuM 1995, 687.

Fehlende Solvenz zählt im Hinblick auf die gesamtschuldnerische Haftung der anderen Mitglieder der WG im Allgemeinen nicht zu einem wichtigen Grund, es sei denn, dass gerade der bisherige „Leistungsträger“ aus der WG ausgeschieden ist, vgl. auch LG Göttingen NJW-RR 1993, 783.

Eine Verletzung der Anzeigepflicht rechtfertigt noch nicht die Kündigung des Mietverhältnisses, sofern ein Anspruch auf Zustimmung zum Vertragseintritt (oder Erteilung der Untermieterlaubnis) besteht, anders LG Göttingen WuM 1993, 341.

Vielmehr steht dem Vermieter nur ein Schadensersatzanspruch zu. Er kann u.a. dazu führen, dass sich die Mieter auf eine unrichtige Rubrizierung der Wohngemeinschaft (z.B. bei einer Mieterhöhung oder sonstigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen) nicht berufen können. Das in den Mietvertrag neu eintretende Mitglied der WG haftet auch für die vor dem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten, ohne dass es einer besonderen Schuldübernahme bedarf, BGH – VU v. 7.4.2003 – BGHZ 154, 379 = MDR 2003, 756 = NJW 2003, 1803.

h) Mieterwechsel bei Tod des Mieters aa) Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben des Mieters Die Erbfolge in das Mietverhältnis nach § 1922 BGB kommt erst zum Tragen, wenn es nicht von dem nach §§ 563, 563a BGB zum Eintritt berechtigten Personenkreis fortgesetzt wird (§ 564 Satz 2 BGB).

264

Nicht selten ist der Erbe selbst zugleich eintritts- oder fortsetzungsberechtigt nach §§ 563, 563a BGB. Es steht ihm dann frei, für welche Möglichkeit er sich entscheidet. So kann er den Eintritt ablehnen, bleibt aber im Übrigen Erbe des Mieters; er kann aber auch die Erbschaft ausschlagen und sich für das Eintrittsrecht entscheiden. In diesem Fall steht weder ihm noch dem Vermieter das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 564 BGB zu. Zum außerordentlich befristeten Kündigungsrecht des Vermieters und des Erben s. Rn. XII 235 f. bb) Eintrittsrechte Dritter und Fortsetzung mit überlebenden Mietern bei der Wohnraummiete Das Eintrittsrecht des Ehegatten und nächster Familienangehöriger war bereits in § 19 MSchG verankert und wurde durch das 2. MietRÄndG v. 111

265

Rn. I 266

Vertragsabschluss

14.7.1964 in Gestalt der §§ 569a, b BGB a.F. in das BGB integriert. Das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften v. 16.2.20011 erweiterte den Kreis der Eintrittsberechtigten um den gleichgeschlechtlichen Lebenspartner i.S. von § 1 LPartG und um die Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen. Mit nur geringfügigen inhaltlichen und redaktionellen Änderungen wurden diese Regelungen durch die Mietrechtsreform zum 1.9.2001 in Gestalt der §§ 563–564 BGB übernommen und bilden seitdem das geltende Recht.2 Voraussetzungen für den Eintritt sind: – ein fortbestehendes Mietverhältnis über Wohnraum, – der Tod des Mieters, – die Zugehörigkeit zum eintrittsberechtigten Personenkreis. aaa) Fortbestehendes Mietverhältnis über Wohnraum 266

Voraussetzung für das Recht zum Eintritt ist, dass mit dem Mieter zum Zeitpunkt seines Todes ein noch wirksames Mietverhältnis über Wohnraum bestand. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der Wohnung um eine Genossenschaftswohnung handelt. Nicht erheblich ist, ob das Mietverhältnis Kündigungsschutz genießt; denn in § 549 Abs. 2, 3 BGB wird die Anwendung der §§ 563 – 564 BGB nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für Mietverhältnisse über Werkmiet- oder Werkdienstwohnungen i.S. von §§ 576, 576b BGB3 und für ein Mietverhältnis, das auf Lebenszeit des Mieters abgeschlossen worden ist.4 In letzterem Fall setzt sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fort.5 Das Mietverhältnis muss zum Zeitpunkt des Todes des Mieters noch fortbestanden haben. Das ist auch dann der Fall, wenn es ordentlich oder außerordentlich befristet gekündigt war, die Kündigungsfrist aber noch nicht abgelaufen war.6 Dagegen genügt nicht, dass nur noch ein Abwicklungsverhältnis bestand (s. § 546a BGB), in das dann zwar der Erbe des Mieters, nicht aber ein Mitglied des in § 563 BGB genannten Personenkreises eintritt. bbb) Tod des Mieters

267

Dem Tod des Mieters steht die Todeserklärung gleich; denn sie begründet die Todesvermutung (§ 9 VerschG). Dagegen genügt es nicht, dass der Mieter verschollen ist; denn die Verschollenheit begründet eine Lebensvermutung 1 BGBl. I S. 266, 269. 2 S. zum Folgenden Hinz ZMR 2002, 640; Sternel ZMR 2004, 713. 3 S. zu § 563 BGB: Lammel Rn. 4; Schmidt-Futterer/Gather Rn. 8; Staudinger/Rolfs Rn. 4. 4 S. dazu Sternel ZMR 2004, 713, 714. 5 S. zu § 563 BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 5; Staudinger/Rolfs Rn. 33. 6 S. zu § 563 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 13; Lammel Rn. 5; Staudinger/Rolfs Rn. 32.

112

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 269

(§ 10 VerschG). Erst recht kommt das Eintrittsrecht nicht zum Zuge, wenn der Mieter die Wohnung wegen dauernder Pflegebedürftigkeit endgültig verlassen hat. Das Eintrittsrecht ist auch gegeben, wenn einer von mehreren Mietern stirbt; denn auch dann greift der Schutzzweck der Norm ein, dem berechtigten Personenkreis den bisherigen Lebensmittelpunkt zu erhalten,1 OLG Karlsruhe – RE v. 18.10.1989 – WuM 1989, 610 = ZMR 1990, 6.

Hier kommt das Fortsetzungsrecht der überlebenden Mitmieter nach § 563a Abs. 1 BGB zum Tragen (s. Rn. I 275). ccc) Eintrittsberechtigter Personenkreis Wie oben ausgeführt, ist der Kreis der eintrittsberechtigten Personen durch das MRRG erheblich erweitert worden.

268

– In erster Linie ist der Ehegatte des Mieters eintrittsberechtigt, und zwar vor seinen Kindern und allen anderen Eintrittsberechtigten, die er verdrängt. – Ist ein Ehegatte nicht vorhanden, kommt an dessen Stelle der (eingetragene) Lebenspartner des Mieters zum Zuge. Er verdrängt aber nicht die Kinder des Mieters, sondern steht mit ihnen auf einer Stufe. Verdrängt werden jedoch alle anderen Eintrittsberechtigten. – Kinder des Mieters werden vom Eintritt nur ausgeschlossen, wenn der Ehegatte des Mieters eintritt. Ist ein Lebenspartner vorhanden, sind sie neben diesem zum Eintritt berechtigt. Sie verdrängen weder Familienangehörige noch Haushaltsangehörige, sofern diese Personen (ebenfalls) eintrittsberechtigt sind. – Familienangehörige werden durch den Ehegatten und den Lebenspartner verdrängt. Sie sind zum Eintritt neben Kindern des Mieters und Haushaltsangehörigen berechtigt. – Das Eintrittsrecht der Haushaltsangehörigen nach § 563 Abs. 2 Satz 4 BGB entspricht demjenigen der Familienangehörigen. Es steht also neben diesem und demjenigen der Kinder des Mieters, wird aber ausgeschlossen durch das Eintrittsrecht des Ehegatten und des Lebenspartners. Durch die Ausweitung des Kreises der Eintrittsberechtigten hat der Begriff der nichtehelichen Lebensgemeinschaft an Bedeutung verloren, da letztlich allein noch auf die Führung eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalts abgestellt wird. Er wird für alle Eintrittsberechtigten gefordert und angenommen, wenn die Wohnung für den Mieter und die begünstigten Personen den Mittelpunkt der gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsführung bilden. Im Vordergrund steht also die häusliche, nicht die geistige Gemeinschaft.2 Es ist auf äußere, objektivierbare Umstände abzustellen, z.B. auf die gemeinsame 1 S. dazu Sternel ZMR 2004, 713, 715. 2 AnwKomm/Hinz § 563 Rn. 20 f.; Hinz ZMR 2002, 640, 641.

113

269

Rn. I 270

Vertragsabschluss

Verfügungsbefugnis über Einkommen und Vermögen. Das gilt umgekehrt aber auch für die Beachtung solcher Umstände, die gegen einen gemeinsamen Haushalt sprechen, etwa wenn zwischen dem Mieter und der begünstigten Person ein Untermietvertrag abgeschlossen worden ist, die begünstigte Person an einem anderen Ort als der Mieter polizeilich gemeldet ist oder eine eigene Wohnung besitzt. Eine Mindestdauer der gemeinsamen Haushaltsführung ist weder geboten noch angezeigt; vielmehr reicht es aus, dass die persönliche Beziehung, auf der die gemeinsame Haushaltsführung beruht, auf Dauer angelegt, also ernsthaft gewollt und geplant war. Dafür kann ein Zusammenleben von mehreren Monaten genügen;1 allerdings indiziert die Länge des Zusammenlebens und -wirtschaftens die Dauerhaftigkeit oder die dauerhafte Anlage der Beziehung.2 Dem Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt steht eine vorübergehende, situationsbedingte Trennung etwa durch Beruf, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit – stets mit der realen Möglichkeit der Rückkehr in den gemeinsamen Haushalt – nicht entgegen.3 Das Gleiche wird für die Verbüßung einer Freiheitsstrafe angenommen. 270

Der Ehegatte und der (eingetragene) Lebenspartner des Mieters sind gleichrangig eintrittsberechtigt. Zu einem Konflikt zwischen beiden kann es nicht kommen, da eine Lebenspartnerschaft nicht wirksam mit einer Person begründet werden kann, die verheiratet ist. Die Eintrittsberechtigung besteht für den Ehegatten bis zur Rechtskraft eines Scheidungsurteils, für den Lebenspartner bis zur Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses nach §§ 15 f. LPartG. Zu den Kindern des Mieters zählen dessen leibliche, auch nichteheliche, ebenso schon volljährige Kinder. Adoptivkinder sind den leiblichen Kindern gleichgestellt. Stiefkinder oder Pflegekinder fallen hierunter nicht, können jedoch als Familienangehörige eintrittsberechtigt sein. Der Begriff der Familienangehörigen kann auf die verwandtschaftliche Zugehörigkeit beschränkt werden, nachdem der Kreis der Eintrittsberechtigten auf die Personen erstreckt worden ist, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen. Durch § 11 Abs. 2 LPartG ist der Verwandtschaftsbegriff erweitert worden.

271

Um den Kreis der Haushaltsangehörigen nicht ausufern zu lassen, hat der Gesetzgeber an die Begriffsbestimmung im Rechtsentscheid des BGH v. 13.1.1993 (BGHZ 121, 116 = NJW 1993, 999) angeknüpft:4 eine Lebensgemeinschaft zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die auf

1 LG Hamburg WuM 1997, 221 und zu § 563 BGB: AnwK-BGB/Hinz Rn. 23; MünchKomm/Häublein Rn. 14. 2 Lammel BGB § 563 Rn. 14. 3 Herrlein/Kandelhard, BGB § 563 Rn. 9; Hinz ZMR 2002, 640, 641; LG Kiel WuM 1992, 692 bei Pflegebedürftigkeit; anders AG Hannover WuM 1981 U 4 bei jahrelangem Aufenthalt in einem Altersheim. 4 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 61.

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Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 273

Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen. Dem folgt auch die Praxis, LG München I NZM 2005, 336.

Indes hat der Gesetzgeber zwei Kriterien entkräftet, nämlich dass es auf die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner und auf die Ausschließlichkeit der Bindung ankomme: Sowohl homosexuelle Lebensgemeinschaften als auch das dauerhafte Zusammenleben alter Menschen als Alternative zum Alters- oder Pflegeheim sollen durch die Ausweitung des Eintrittsrechts geschützt werden.1 Das wirkt sich auf das Verständnis aus, welche Verbindungen als eheähnliche oder gleichgeschlechtliche angesehen werden können:2 Auf die Ausschließlichkeit der Bindung wird man nicht mehr abstellen können, wenn es sich lediglich noch um ein formelles Band handelt. Das gilt insbesondere, wenn einer oder beide Partner „auf dem Papier“ noch anderweitig verheiratet sind.3 ddd) Rechtsfolgen des Eintritts Der Eintritt der Berechtigten in das Mietverhältnis erfolgt automatisch kraft Gesetzes und unabhängig von ihrem Wissen und Wollen. Will der Eintrittsberechtigte diese Rechtsfolge vermeiden, so muss er den Eintritt ablehnen.

272

Das Ablehnungsrecht steht jedem Berechtigten, der „an der Reihe ist“, alleinzuständig zu. Er kann also den Eintritt ablehnen oder nicht, ohne dass dies Auswirkungen auf die Berechtigung der anderen gleichrangig Berechtigten hat. Allerdings kommt er erst dann zum Zuge, wenn ein etwa zum Eintritt Bevorrechtigter den Eintritt abgelehnt hat. Die Ablehnung ist gegenüber dem Vermieter zu erklären. Besteht die Vermieterseite aus einer Personenmehrheit, z.B. einer Erbengemeinschaft, muss die Erklärung allen Vermietern zugehen, sofern nicht durch Einschalten einer Grundstücksverwaltung von einer Empfangsvollmacht ausgegangen werden kann. Die Ablehnungserklärung ist formfrei, jedoch fristgebunden. Die Frist beträgt einen Monat und läuft für jeden Berechtigten ab dessen Kenntnis vom Tod des Mieters, jedoch nicht bevor sein Eintrittsrecht entsteht. Bloße Vermutungen oder Gerüchte über den Tod des Mieters reichen nicht aus. Eine Erkundigungspflicht besteht nicht. Andererseits läuft die Frist auch dann, wenn der

1 Begründung zum Regierungsentwurf a.a.O. 2 Herrlein/Kandelhard BGB § 563 Rn. 11 weisen zu Recht darauf hin, dass die vom Gesetzgeber gemeinten Kriterien im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden haben. 3 Anders für die (hier nicht gemeinte) „Ehe zu Dritt“: Schmidt-Futterer/Gather BGB § 563 Rn. 24; Hinz ZMR 2002, 640, 641.

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273

Rn. I 274

Vertragsabschluss

Eintritts- bzw. Ablehnungsberechtigte keine Kenntnis von seinem Recht hat. Hat er die Frist versäumt, so ist umstritten, ob er die Versäumung in Anlehnung an § 1956 BGB anfechten kann.1 Rückt man in den Blickpunkt, dass es sich bei dem Eintrittsrecht um eine Art Sonderrechtsnachfolge im Todesfall handelt, so erscheint die Parallele zur Ausschlagung begründet. 274

Mit Wirksamwerden der Ablehnungserklärung durch Zugang beim Vermieter gilt der Eintritt in das Mietverhältnis rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt des Todes des Mieters als nicht erfolgt. Damit eröffnet sich das Ablehnungsrecht eines nach § 563 Abs. 2 BGB nächst Berechtigten. Erst wenn kein Eintrittsberechtigter vorhanden ist, tritt der Erbe gemäß §§ 564 Abs. 1, 1922 BGB in das Mietverhältnis ein. Ihm steht kein Ablehnungsrecht zu; er kann allenfalls die Erbschaft nach Maßgabe der §§ 1942 f. BGB ausschlagen. Zum Kündigungsrecht des Vermieters, wenn in der Person des Eintrittsberechtigten ein wichtiger Grund vorliegt, s. Rn. XII 226. eee) Fortsetzung des Mietverhältnisses mit überlebenden Mitmietern

275

Ist der verstorbene Mieter nicht alleiniger Mieter gewesen, so wird für den Normalfall das Mietverhältnis mit den übrigen Mietern und dem Erben des verstorbenen Mieters fortgesetzt. Mitmieter, die ihrerseits zugleich zum Kreis der nach § 563 Abs. 1, 2 BGB Eintrittsberechtigten gehören, verdrängen sowohl den Erben als auch etwaige Eintrittsberechtigte, die nicht Mieter geworden sind, § 563a Abs. 1 BGB.2 Voraussetzung ist, dass mit dem verstorbenen Mieter ein gemeinschaftliches Mietverhältnis bestand. Dabei ist gleichgütig, ob die Mietergemeinschaft schon durch den Mietvertrag oder erst durch späteren rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Vertragsbeitritt begründet worden ist. Zu Letzterem zählt insbesondere, wenn im Beitrittsgebiet vor dem 3.10.1990 ein Wohnraummietvertrag abgeschlossen worden und der Ehegatte des Mieters nach Vertragsabschluss zugezogen ist (s. § 100 Abs. 4 ZGB). Zum außerordentlichen Kündigungsrecht der überlebenden Mieter s. Rn. XII 232. fff) Rechtsfolgen der Fortsetzung des Mietverhältnisses

276

Die Eintrittsberechtigten bzw. die das Mietverhältnis allein fortführenden Mitmieter haften für die Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis (§ 563b Abs. 1 BGB). Das ergibt sich für die Mitmieter ohnehin aus ihrer eigenen Vertragsstellung.3 1 Dafür: Lammel BGB § 563 Rn. 45; Lützenkirchen, Neue Mietrechtspraxis, 2001, Rn. 665; dagegen: jeweils zu § 563 BGB: Schmidt-Futterer/Gather Rn. 33; Staudinger/ Rolfs Rn. 42; MünchKomm/Häublein Rn. 23; offen gelassen von Hinz ZMR 2002, 640, 643. 2 S. dazu Sternel ZMR 2004, 713, 719. 3 Sternel ZMR 2004, 713, 720.

116

Wechsel der Vertragsparteien

Rn. I 278

Es ist zwischen den Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis zu unterscheiden, die vor dem Tod des Mieters oder nach diesem Ereignis entstanden sind. Für die sog. Altverbindlichkeiten haften die Personen, die nach § 563 BGB in das Mietverhältnis eingetreten sind oder es nach § 563a BGB fortsetzen, neben dem Erben als Gesamtschuldner. Das betrifft nicht nur die rückständigen Mieten und Betriebskosten, sondern auch die Erfüllung von Schönheitsreparaturen, soweit sie beim Tod des Mieters bereits fällig waren. Für Verbindlichkeiten, die nach dem Tod des Mieters entstanden sind, haften diejenigen, die in das Mietverhältnis eintreten bzw. es fortsetzen, soweit Letztere nicht ohnehin als Vertragsschuldner schon haften. Im Innenverhältnis haftet der Erbe allein. Hiervon bestehen jedoch zwei Ausnahmen: Wird das Mietverhältnis von Mitmietern nach § 563a BGB fortgesetzt, so steht dem Erben ein Ausgleichsanspruch in dem Umfang zu, wie ihn der Erblasser gegenüber den Mitmietern nach § 426 BGB gehabt hätte, sofern er die Verbindlichkeit erfüllt hätte. Die weitere Ausnahme, die erst durch das MRRG eingeführt worden ist, liegt darin, dass die alleinige Haftung des Erben in den Fällen der §§ 563 und 563a BGB nicht besteht, soweit der verstorbene Mieter etwas anderes bestimmt hat. Diese Bestimmung kann durch eine letztwillige Verfügung getroffen sein, kann aber auch auf einer Vereinbarung mit den Eintrittsberechtigten oder den Mitmietern beruhen, nicht dagegen auf einer Vereinbarung mit dem (künftigen) Erben, weil dies auf einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter hinauslaufen würde.

277

Hatte der Mieter eine Mietvorauszahlung geleistet, die bei seinem Tod noch nicht verbraucht war und die den Personen, die in das Mietverhältnis nach § 563 BGB eintreten oder es als Mitmieter nach § 563a BGB fortsetzen, zugute kommt, so sind sie dem Erben ausgleichspflichtig. Herauszugeben ist das, was sie infolge der Mietvorauszahlung sparen oder erlangen (§ 563b Abs. 2 BGB). Nach § 563b Abs. 2 BGB hat der Vermieter einen Anspruch auf Leistung einer Mietsicherheit, sofern der verstorbene Mieter keine Mietsicherheit geleistet hatte. Vorausgesetzt ist, dass mit dem verstorbenen Mieter die Leistung einer Mietsicherheit nicht vereinbart war. Bestand dagegen eine Verpflichtung, die jedoch bis zum Tod des Mieters nicht erfüllt worden war, so haften die nach §§ 563, 563a BGB Begünstigten neben dem Erben als Gesamtschuldner für diese Altverbindlichkeit nach § 563b Abs. 1 BGB.1 Ebenso verhält es sich mit dem Anspruch des Vermieters auf Wiederauffüllung einer noch zu Lebzeiten des Mieters in Anspruch genommenen Kaution. Hatte der Mieter zwar eine

1 Da die Leistung der Mietsicherheit zukunftsbezogen ist und den eintretenden bzw. fortsetzenden Mietern zugute kommt, haftet der Erbe für diese Leistung im Innenverhältnis nicht. Hat er geleistet, so wird ihm im Gegenteil ein Anspruch auf Erstattung gegenüber den Mietern analog § 563b Abs. 2 BGB zuzubilligen sein, denen bei Beendigung des Mietverhältnisses andererseits der Anspruch auf Rückgabe der Mietsicherheit zustünde.

117

278

Rn. I 279

Vertragsabschluss

Kaution geleistet, die jedoch nach dem Vertrag den Betrag von drei Monatsmieten unterschritt, so hat der Vermieter einen Ergänzungsanspruch.1 Zum Übergang des Vorkaufsrechts auf den Eintrittsberechtigten s. § 577 Abs. 4 BGB.

7. Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte a) Verschulden bei Vertragsverhandlungen 279

Die Grundlage für die Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist nunmehr in § 311 Abs. 2 BGB neu geschaffen worden. Danach entsteht ein Schuldverhältnis mit dem Inhalt, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), in folgenden Fällen: – durch Aufnahme von Verhandlungen, – durch Anbahnung eines Vertrages, – durch ähnliche Geschäftskontakte, z.B. bei der Vorbereitung einer Vertragsanbahnung. Nach § 241 Abs. 2 BGB können auch derartige Schuldverhältnisse jeden Verhandlungsteil verpflichten, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils zu nehmen.2 Damit ist die bisherige Rspr. praktisch Gesetzesrecht geworden und weiterhin zu beachten.3 Zum Verhältnis zur Gewährleistung s. Rn. VIII 193.

280

Wer gegenüber dem Partner im Laufe der Verhandlungen den späteren Vertragsabschluss ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten als sicher hinstellt, haftet aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen auch dann, wenn er das berechtigte Interesse des anderen Teils am Zustandekommen des Vertrages nicht schuldhaft herbeigeführt hat,4 BGH – Urt. v. 22.2.1989 – MDR 1989, 731, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.7.1999 – ZMR 2000, 23.

Das gilt auch dann, wenn einer der Verhandlungspartner in Erwartung des Vertragsabschlusses Aufwendungen gemacht hat, die sich im Fall des Scheiterns der Verhandlungen als nutzlos erweisen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.4.1991 – DWW 1991, 240.

281

So wird nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ein Mietinteressent auch schadensersatzpflichtig, wenn er von der Anmietung 1 S. zu § 563b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 11; Lammel Rn. 20; Schmidt-Futterer/Gather Rn. 16. 2 Ausführlich Blank, Das Gebot der Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB im Mietrecht, WuM 2004, 243. 3 Ausführlich zur früheren Rechtslage: Franke ZMR 2000, 733. 4 Dazu Fischer WuM 2006, 286.

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Rn. I 279

Vertragsabschluss

Kaution geleistet, die jedoch nach dem Vertrag den Betrag von drei Monatsmieten unterschritt, so hat der Vermieter einen Ergänzungsanspruch.1 Zum Übergang des Vorkaufsrechts auf den Eintrittsberechtigten s. § 577 Abs. 4 BGB.

7. Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte a) Verschulden bei Vertragsverhandlungen 279

Die Grundlage für die Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist nunmehr in § 311 Abs. 2 BGB neu geschaffen worden. Danach entsteht ein Schuldverhältnis mit dem Inhalt, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), in folgenden Fällen: – durch Aufnahme von Verhandlungen, – durch Anbahnung eines Vertrages, – durch ähnliche Geschäftskontakte, z.B. bei der Vorbereitung einer Vertragsanbahnung. Nach § 241 Abs. 2 BGB können auch derartige Schuldverhältnisse jeden Verhandlungsteil verpflichten, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils zu nehmen.2 Damit ist die bisherige Rspr. praktisch Gesetzesrecht geworden und weiterhin zu beachten.3 Zum Verhältnis zur Gewährleistung s. Rn. VIII 193.

280

Wer gegenüber dem Partner im Laufe der Verhandlungen den späteren Vertragsabschluss ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten als sicher hinstellt, haftet aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen auch dann, wenn er das berechtigte Interesse des anderen Teils am Zustandekommen des Vertrages nicht schuldhaft herbeigeführt hat,4 BGH – Urt. v. 22.2.1989 – MDR 1989, 731, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.7.1999 – ZMR 2000, 23.

Das gilt auch dann, wenn einer der Verhandlungspartner in Erwartung des Vertragsabschlusses Aufwendungen gemacht hat, die sich im Fall des Scheiterns der Verhandlungen als nutzlos erweisen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.4.1991 – DWW 1991, 240.

281

So wird nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ein Mietinteressent auch schadensersatzpflichtig, wenn er von der Anmietung 1 S. zu § 563b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 11; Lammel Rn. 20; Schmidt-Futterer/Gather Rn. 16. 2 Ausführlich Blank, Das Gebot der Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB im Mietrecht, WuM 2004, 243. 3 Ausführlich zur früheren Rechtslage: Franke ZMR 2000, 733. 4 Dazu Fischer WuM 2006, 286.

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Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 283

Abstand nimmt, nachdem er erhebliche Baumaßnahmen des Vermieters veranlasst hat, BGH – Urt. v. 22.2.2006 – NZM 2006, 509 = ZMR 2006, 441 = MietRB 2006, 184 (Lützenkirchen), OLG München – Urt. v. 23.1.2003 – WuM 2003, 443: Die Erstattung der Umbau- und Rückbaukosten kann nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen bzw. gemäß § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB verlangt werden, wenn der Mieter erhebliche Baumaßnahmen des Vermieters veranlasst hat und die Mietfläche ohne triftigen Grund nicht wie vorgesehen übernehmen will, weshalb die geplante Begründung des Mietverhältnisses endgültig scheitert.

Zur Verjährung des Anspruchs aus Verschulden wegen Vertragsverhandlungen wegen des Ersatzes von Umbaukosten nach § 548 BGB s. Rn. XIII 205. Ebenso wenig ändert die Formbedürftigkeit des ins Auge gefassten Mietvertrages nach § 550 BGB etwas an den Anforderungen, die an die Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen gestellt werden. Die zur Formbedürftigkeit des künftigen Vertrages nach § 311b Abs. 1 BGB (= § 313 BGB a.F.) ergangene Rspr., die schärfere Haftungsvoraussetzungen verlangt (BGH – Urt. v. 29.3.1996 – NJW 1996, 1884 = WuM 1996, 324 = ZMR 1996, 367), ist nicht einschlägig, weil die Formbedürftigkeit nach § 550 BGB primär dem Erwerber dient und nicht dem Schutz des Mieters vor Übereilung, OLG Celle – Urt. v. 24.11.1999 – ZMR 2000, 168.

Hat diejenige Partei, die den anderen Teil durch unrichtige Angaben zum Vertragsschluss bewogen hat, vorsätzlich gehandelt, kommt neben dem Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nach §§ 280, 313 BGB eine Anfechtung der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung aus §§ 142 Abs. 1, 123 BGB in Betracht.1 Die Ausschlussfrist aus § 124 BGB bezieht sich nicht auf den Schadensersatzanspruch,

282

BGH – Urt. v. 26.9.1997 – WuM 1998, 88 Ziff. II 2a, bb = ZMR 1998, 79, anders OLG Hamm – Urt. v. 28.9.1993 – NJW-RR 1995, 205, ebenso aber schon BGH – Urt. v. 31.1.1962 – NJW 1962, 1196, 1198.

Die schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten ist ein typischer Fall für die Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Derartige Pflichten bestehen sowohl für den Mieter als auch für den Vermieter. aa) Pflichtenkreis des Mieters Aufklärungspflichten bestehen häufig im Zusammenhang mit der Beantwortung von Fragen in Selbstauskünften anlässlich der Anmietung. Auf sie wirkt sich die Rspr. des BVerfG aus: Danach braucht ein wegen Geistesschwäche Entmündigter dem Vermieter die Beschränkung seiner Geschäftsfähigkeit nicht mitzuteilen, weil dies sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt (und seine Integration behindert), BVerfG – Beschl. v. 11.6.1991 – DWW 1991, 280 = WuM 1991, 463 = ZMR 1991, 366. 1 Zur Anfechtung insbesondere wegen arglistiger Täuschung s. Rn. I 287.

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283

Rn. I 284 284

Vertragsabschluss

Unrichtige Angaben in der Selbstauskunft reichen zur Anfechtung oder Kündigung des Mietverhältnisses nur aus, wenn die Unrichtigkeit sich auf Umstände bezieht, die bei objektiver Würdigung für den Abschluss des Mietvertrages wesentlich waren und vom Vermieter erfragt werden durften. Dies ist für Fragen nach der Bonität, Höhe des Arbeitseinkommens, dessen Pfändung und sonstiger Vollstreckungsmaßnahmen der Fall,1 OLG Koblenz – Beschl. v. 6.5.2008 – WuM 2008, 471; LG Wuppertal WuM 1999, 39: Bewusst unwahre Angaben in einer Selbstauskunft über die Vermögensverhältnisse, die berechtigte Fragen des Vermieters zur Solvenz betreffen, können eine fristlose Kündigung oder die Anfechtung begründen. Eine Anfechtung wegen Täuschung kann nach Überlassung der Wohnung an den Mieter nicht mehr erklärt werden (wohl aber zur fristlosen Kündigung führen). AG Saarlouis NZM 2000, 459: Erklärt der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages auf ausdrückliches Befragen des Vermieters, Designer zu sein und gut zu verdienen, obwohl er nur eine Aussicht auf einen Arbeitsplatz hat und tatsächlich Sozialhilfe bezieht, so kann der Vermieter das in Vollzug gesetzte Mietverhältnis anfechten. Ob die Anfechtung zurückwirkt, kann offen bleiben (zur Wirkung nur für die Zukunft: AG Hamburg NZM 1998, 233). AG Wolfsburg NZM 2001, 987: Beantwortet der Mietbewerber die Frage nach seiner Bonität wahrheitswidrig, so kann der Vermieter den späteren Miet(vor)vertrag anfechten.2 AG Hamburg ZMR 2003, 744: Gibt der Mieter einer Wohnung bewusst wahrheitswidrig an, dass gegen ihn in den letzten 5 Jahren kein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, so rechtfertigt sich die Anfechtung des Mietverhältnisses wegen arglistiger Täuschung aus § 123 BGB, auch wenn der Mietvertrag in Vollzug gesetzt worden ist. Sie kann neben einer Kündigung erklärt werden. Mitmieter müssen sich die Täuschungshandlung eines von ihnen zurechnen lassen; anders AG Rendsburg WuM 1990, 507, 508.

Ohne konkrete Nachfrage ist der Mieter nicht zur Offenbarung seiner Vermögensverhältnisse verpflichtet, LG Berlin ZMR 2000, 297.

Anders kann es sich verhalten, wenn die Zahlung der Miete konkret gefährdet ist. So soll der Mietinteressent verpflichtet sein, vor Abschluss des Mietvertrages ungefragt mitzuteilen, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und er wegen Nichtzahlung der Miete zur Räumung verurteilt worden ist,3 LG Bonn NZM 2006, 177 = WuM 2006, 24, ähnlich AG Berlin-Wedding GE 2004, 239 bei drohender Verbraucherinsolvenz und hohen Mietschulden aus früheren Mietverhältnissen.

285

Anders kann es auch in Fällen des Eingehungsbetruges liegen, in denen der Mieter seine Solvenz durch schlüssiges Verhalten vorspiegelt. Ob eine Offen1 Problematisch aus datenschutzrechtlicher Sicht erscheint der Anschluss der Wohnungswirtschaft an die SCHUFA, s. hierzu Beckhusen NZM 2005, 481. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte als Grund der Beendigung des Vormietverhältnisses Partnertrennung angegeben, obwohl er zwangsgeräumt worden war. 3 Kritisch dazu Herrlein ZMR 2007, 247, weil dies die Rückkehr des redlichen Schuldners in geordnete Verhältnisse erschweren würde.

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Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 287

barungspflicht dann besteht, wenn der Mieter zwar die Miete aus eigenen Mitteln nicht aufbringen kann, jedoch von Dritten unterstützt wird, erscheint allerdings fraglich, so aber AG/LG Gießen NZM 2002, 944 = ZMR 2001, 894: Ein Mietinteressent muss dem Vermieter seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten von sich aus offenbaren, wenn die Gefahr besteht, dass er die Miete nicht bezahlen kann; denn wer in Vertragsverhandlungen eintritt, spiegelt damit seine Zahlungsfähigkeit vor. Der Vermieter kann in diesem Fall den Vertrag anfechten, selbst wenn es dem Mietinteressenten gelungen ist, die bisherige Miete mit Hilfe von Freunden und Angehörigen zu zahlen und diese ihre Hilfe auch weiterhin zugesagt haben und der Mietinteressent auf die Hilfe des Sozialamts hofft.1

Dagegen bestehen Bedenken; denn es kommt jedenfalls bei der Wohnraummiete nicht auf die persönliche Zahlungsfähigkeit an, sondern darauf, dass der Mieter die Mietzahlungen (auch durch Dritte) sicherstellen kann. Zur Pflicht des Untervermieters/Hauptmieters, Mietrückstände gegenüber dem Untermieter zu offenbaren, s. Rn. I 294. Zweifelhaft erscheint ferner, ob die Frage nach dem Grund der Beendigung des Vormietverhältnisses zulässig ist. Die wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage (z.B. Kündigung wegen Zahlungsverzugs oder -säumigkeit) wird häufig dazu führen, dass der Wohnungssuchende auf dem freien Markt kaum eine Chance hat, obwohl nicht sicher ist, dass sich der Kündigungsgrund wiederholen wird und der Vermieter in diesem Falle durch die Möglichkeit der fristlosen Kündigung und des Anspruchs auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens hinreichend geschützt ist.

286

Zu sog. Mietfreiheitsbescheinigungen s. Rn. I 299a. Liegt in dem Verstoß gegen die Aufklärungspflicht zugleich eine Täuschungshandlung, so ist umstritten, ob der Vermieter nach Überlassung des Mietobjekts den Mietvertrag noch wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anfechten kann, ob die Anfechtung – soweit man sie zulässt – gemäß § 142 Abs. 1 BGB zurückwirkt oder nur für die Zukunft wirkt oder ob überhaupt nur das Recht der fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB (früher § 554a BGB a.F.) gegeben ist.2 Für eine Anfechtung lediglich mit Wirkung für die Zukunft, sofern das Mietverhältnis bereits aktualisiert worden ist, haben sich ausgesprochen, LG Wuppertal WuM 1999, 39, AG Bonn WuM 1992, 597.

Nach anderer Ansicht kommt nur eine Kündigung wegen Unzumutbarkeit gemäß § 543 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn das Mietverhältnis in Gang gesetzt worden ist; die Kündigung soll aber ausgeschlossen sein, wenn seit der Über-

1 Zum Fall: Die monatliche Miete betrug 1 130 DM, der Mietinteressent hatte die eidesstattliche Versicherung abgegeben und bezog Arbeitslosenhilfe von 990 DM. 2 Zum Meinungsstand s. Fischer ZMR 2007, 157, 160.

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Rn. I 288

Vertragsabschluss

gabe des Mietobjekts zwei Jahre vergangen sind und der Mieter in dieser Zeit die Miete stets pünktlich gezahlt hat, LG Wiesbaden WuM 2004, 399.

288

Demgegenüber soll jedenfalls im Bereich der Gewerberaummiete auch im Falle der Aktualisierung des Mietverhältnisses die Anfechtung ihre rückwirkende Kraft beibehalten,1 KG – Urt. v. 4.10.2001 – NZM 2002, 21: Etwaige Rückabwicklungsschwierigkeiten können nicht dazu führen, eine vom Gesetz ausdrücklich als Regelfall vorgesehene Rechtsfolge zu unterlaufen. Soweit der Ausschluss der Rückwirkung damit abgelehnt wird, dass das In-Vollzug-Setzen des Mietverhältnisses einen „sozialen Tatbestand“ geschaffen habe, der nur noch für die Zukunft beseitigt werden könne, mag diese Überlegung im Bereich des Gesellschafts- und Arbeitsrechts ihre Rechtfertigung haben. Jedenfalls für das Gebiet der Geschäftsraummiete lässt sich ein die Rückabwicklung ausschließender sozialer Einschlag nicht erkennen.

289

Dem kann nicht gefolgt werden. Im Hinblick auf den einmal gegebenen Tatbestand der Überlassung des Mietobjekts und auf die Schwierigkeiten, diesen rückabzuwickeln, wirkt die Anfechtung ab diesem Zeitpunkt nur für die Zukunft.2 Diese Folge hat keinen sozialen Einschlag, der auf die Wohnraummiete zu beschränken wäre, sondern entspricht der Praktikabilität in der Lebenswirklichkeit. Es handelt sich dabei um eine dem § 142 BGB vorgehende speziellere Rechtsfolge.3 Das Mietverhältnis steht insoweit auf einer Stufe mit anderen Dauerschuldverhältnissen wie dem Dienst- oder dem Gesellschaftsverhältnis, bei denen die ex-nunc-Wirkung der Anfechtung längst anerkannt ist. Die Parallele rechtfertigt sich trotz aller rechtlichen Verschiedenheit aus der partnerschaftsbezogenen Grundlage, die auch dem Arbeits- und dem Gesellschaftsverhältnis zu eigen ist. Zwischen den Vertragsparteien wird ein personaler Bezug vorausgesetzt, der sich im wechselseitigen Pflichtenbereich niederschlägt – so im Mietrecht in der Fürsorge- und der Obhutspflicht, die fortlaufend geschuldet werden. Demgegenüber treten die dogmatischen Unterschiede, die zwischen Willensmängeln und Leistungsstörungen bestehen, zurück; sie sind nicht Selbstzweck, sondern haben sich der praktischen Rechtshandhabung unterzuordnen.

290

Hat der Vermieter einem Mieterwechsel nach § 182 BGB zugestimmt (s. dazu Rn. I 219) und ist er über die Bonität des Nachmieters getäuscht worden, so kann er seine Erklärung nach § 123 BGB nur anfechten, wenn der Anfechtungsgrund in der Person sowohl des Mieters als auch des Nachmieters liegt. Liegt der Grund nur in der Person des einen vor, so muss sich die andere dies nicht zurechnen lassen. Der Vermieter erscheint nämlich nicht schutzwürdig, 1 So auch Soergel/Heintzmann BGB §§ 535, 536 Rn. 95; Erman/Jendrek Rn. 20 vor § 536 BGB; MünchKomm/Schilling BGB § 536 Rn. 26; Staudinger/Emmerich Rn. 70 vor § 535 BGB; Emmerich NZM 1998, 692; Fischer NZM 2005, 567; Fischer ZMR 2007, 157, 160 f. 2 Zum Meinungsstand s. Fischer ZMR 2007, 157, 160. 3 Bub/Treier Rn. II 673; Lammel BGB § 535 Rn. 44; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 7 vor § 535 BGB.

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Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 291

weil er sich vertraglich hätte absichern können, z.B. durch Mithaftung des bisherigen Mieters, BGH – Urt. v. 3.12.1997 – BGHZ 137, 255 = NJW 1998, 531 = WuM 1998, 93 = ZMR 1998, 155.

bb) Pflichtenkreis des Vermieters Dem Vermieter obliegt grundsätzlich eine Aufklärungspflicht bezüglich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache, die – für ihn erkennbar – von besonderer Bedeutung für den Entschluss des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind (BGH NJW 2000, 1717). Stellt der Mieter Fragen oder macht der Vermieter von sich aus Angaben in Bezug auf das Mietobjekt, so müssen diese Angaben richtig und vollständig sein, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714, 1717 = NZM 2000, 492 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653, KG – Urt. v. 25.6.2007 – ZMR 2007, 963.

Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nicht zuletzt nach der Person des Mieters, insbesondere nach dessen für den Vermieter erkennbaren Geschäftserfahrenheit oder Unerfahrenheit (z.B, schuldhaft falsche Angaben über eine Vollvermietung), BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714, 1717 = NZM 2000, 492 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508.

Inhaltlich kann sich die Aufklärungspflicht auch auf die konkrete wirtschaftliche Entwicklung des bisher in den Mieträumen betriebenen Geschäfts beziehen wie z.B. den Umsatz oder den Kundenstamm des Vormieters. Seine Aufklärungspflicht hat der Vermieter aber nicht verletzt, wenn seine Angaben sich in bloßen Anpreisungen erschöpfen oder wenn er erkennbar nur Informationen eines Dritten weitergeben wollte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.9.2002 – WuM 2003, 138.

Auch ist er nicht verpflichtet, den Mieter ungefragt über die wirtschaftlichen Umstände und Risiken zu unterrichten; denn dem Mieter von Gewerberaum ist zuzumuten, die entsprechenden Fragen zu stellen und sich selbst zu erkundigen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 21.6.2005 – MietRB 2006, 126 (Zich) bzgl. der Dauer der Vorvermietung eines Hotels, dessen Ruf und Art des Publikums.

Die Angaben über die Vollvermietung eines Einkaufszentrums, die in der Präambel eines Mietvertrages enthalten sind, sind als bloße Beschreibung der Mietsituation zur Zeit des Vertragsabschlusses gewertet worden,1 BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 618 = ZMR 2004, 664. 1 In der Präambel hieß es: „Der Vermieter vermietet in J ein EKZ, bestehend aus einem Baumarkt mit Gartencenter mit einer Verkaufsfläche von mindestens 5000 qm, einem Lebensmittelmarkt mit einer Fläche von ca. 1000 qm und einem weiteren Fachmarkt mit ebenfalls etwa 1000 qm. Innerhalb dieses EKZ mietet die Firma R eine Fläche für einen Schuhmarkt ...“.

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Rn. I 292 292

Vertragsabschluss

Die Aufklärungspflicht des Vermieters bezieht sich insbesondere auf Umstände, die die Gesundheit und Sicherheit des Mieters, aber auch die Unversehrtheit seiner Sachen betreffen, BGH – Urt. v. 20.6.1990 – MDR 1991, 238 = NJW-RR 1990, 1422 = WuM 1991, 83.1

So ist der Vermieter dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er bei Vertragsanbahnung verschweigt, dass die Wohnung von Schädlingen befallen ist und seine Bekämpfungsmaßnahmen erfolglos waren, AG Aachen WuM 1999, 457.

Auch ist der Vermieter verpflichtet, den Mieter einer Wohnung darauf hinzuweisen, dass die Räume zu Wohnzwecken nicht benutzt werden dürfen, wenn sie den baurechtlichen Anforderungen an Aufenthaltsräume (hier: Souterrainräume) nicht entsprechen. Anderenfalls macht er sich schadensersatzpflichtig, LG Mannheim NZM 1999, 406.

Der Vermieter kann ferner verpflichtet sein, den Mieter über die Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung in der Wohnung durch richtiges Heizen und Lüften aufzuklären (s. dazu Rn. VII 248). Das gilt nicht nur nach Eingriffen in die raumklimatischen Verhältnisse z.B. durch Einbau von isolierverglasten Fenstern, sondern auch dann, wenn ihm die ungünstige Beschaffenheit des Gebäudes auf Grund von früheren Wohn- oder Nutzungsverhältnissen bekannt geworden ist. Die Verletzung dieser Pflicht kann außer gewährleistungsrechtlichen Folgen – zur Abgrenzung s. Rn. VIII 193 – auch zu einem Schadensersatzanspruch aus §§ 241 Abs. 2, 280 BGB führen.2 Der Vermieter kann außerdem verpflichtet sein, den Mieter über den Umfang des Versicherungsschutzes aufzuklären, damit dieser seine eigene Haftung trotz etwaiger Einbeziehung in den Versicherungsschutz der vermieterseits abgeschlossenen Gebäudeversicherung und die Notwendigkeit eines eigenen Versicherungsschutzes abschätzen kann.3 293

Dagegen ist der Vermieter nicht verpflichtet, den Mieter auf bevorstehende Bauarbeiten in der Nachbarschaft, die mit erheblichen Immissionen verbunden sind, hinzuweisen, wenn er auf Grund eines breiten Medieninteresses an dem Großbauvorhaben und wegen der räumlichen Nähe der bisherigen Mieträume des Mieters zur Baustelle von dessen Kenntnis ausgehen darf,4 AG Hamburg NZM 2005, 222.

Wird eine Wohnung als „kinderfreundlich“ angeboten und vermietet, so handelt es sich um eine verkehrswesentliche Eigenschaft. Stellt sich alsbald her1 Zum Fall: Pflicht des Vermieters zum Hinweis auf die Ansteckungsgefahr von in einen Reitstall eingestellten Pferden des Mieters durch andere erkrankte Pferde. 2 Blank WuM 2004, 243, 247. 3 Blank a.a.O. 4 Andererseits kann eine Hinweispflicht des Vermieters auf Umbauarbeiten, die nach Beendigung des Mietverhältnisses geplant sind, in Betracht kommen, weil sie die Renovierungspflicht des Mieters beeinflussen, s. dazu Timme NZM 2005, 777.

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Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 295

aus, dass die Wohnung nicht „kinderfreundlich“ ist, weil eine Nachbarin sich nachhaltig über angeblichen Kinderlärm beschwert, so soll der Mieter zur Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB berechtigt sein, LG Essen NZM 2006, 294.

Der Vermieter ist ferner als verpflichtet angesehen worden, den Mieter bei Vertragsabschluss darauf hinzuweisen, dass eine in den Mieträumen vorhandene Glasfasertapete nur mit Latexfarbe, nicht aber mit Dispersionsfarbe zu streichen ist. Unterlässt er den Hinweis und führt der Mieter sodann die Renovierungsarbeiten mit Dispersionsfarbe aus, so soll der Vermieter nicht berechtigt sein, die Kosten für eine vollständige Neuherstellung der Wanddekoration zu verlangen,

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AG Freiburg ZMR 2001, 897.

Der Untervermieter/Hauptmieter ist verpflichtet, gegenüber dem Untermieter auch ungefragt einen (dreimonatigen) Mietrückstand, der jederzeit zur fristlosen Kündigung des Hauptmietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs führen kann, zu offenbaren, OLG Köln – Urt. v. 17.12.1998 – NZM 1999, 417.

Der Vermieter kann sich gegenüber dem Mieter unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen auch dann schadensersatzpflichtig machen, wenn er schuldhaft mit dem Mieter zu niedrige Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart.1 Ein Schadensersatzanspruch des Mieters wird aber nur für zwei Fallgruppen anerkannt: – Der Vermieter hat die Angemessenheit der Vorauszahlungen i. S. einer voraussichtlichen Kostendeckung ausdrücklich zugesichert; – er hat die Vorauszahlungen bewusst zu niedrig angesetzt, um den Mieter über den Umfang der Mietbelastung zu täuschen, BGH – Urt. v. 11.2.2004 – NZM 2004, 251 = WuM 2004, 201 = ZMR 2004, 347,2 BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653,3 OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.2.2000 – WuM 2000, 591 = ZMR 2000, 604, 605, OLG Hamm – Urt. v. 6.11.2002 – NZM 2003, 17, KG – Urt. v. 25.6.2007 – ZMR 2007, 963; weiter gehend OLG Dresden – RE v. 20.12.2002 – NJW-RR 2004, 84 = NZM 2004, 68 = WuM 2004, 83: Ist dem Vermieter von Wohnraum bekannt oder muss er davon ausgehen, dass die im Mietvertrag vereinbarte Vorauszahlung die später abzurechnenden Betriebskosten für das Mietobjekt deutlich unterschreitet, kann sich daraus ein Anspruch des Mieters aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen gegen den Vermieter ergeben, wenn der Mieter darüber bei Abschluss des Mietvertrages nicht oder nicht ausreichend informiert worden ist.

1 Langenberg, Betriebskostenrecht, Rn. G 212 f., S. 296. 2 Zum Fall: monatliche Vorauszahlungen von 200 DM, Jahresnachzahlung: über 3000 DM. 3 Zum Fall: monatliche Vorauszahlungen: 5000 DM, Jahresnachzahlungen: 375 000 DM, 238 000 DM und 201 000 DM.

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Rn. I 296 296

Vertragsabschluss

Aus der Angabe über die Höhe der Vorauszahlungen soll noch kein Vertrauenstatbestand gefolgert werden können, nach dem damit auch die Gesamtbelastung der Betriebskosten umrissen werde, so BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653.

Das wird der Verkehrsübung nicht gerecht.1 Der Mieter kann zwar nicht damit rechnen, dass die Höhe der Betriebskostenvorauszahlungen seiner späteren Betriebskostenbelastung genau entspreche. Er wird jedoch davon ausgehen dürfen, dass der Vermieter durch die Vereinbarung von Vorauszahlungen die Betriebskosten nicht vorfinanzieren will und deshalb wirtschaftlich denkend bestrebt sein wird, einen hohen Deckungsgrad zu erreichen. Alles andere erschiene lebensfremd. Dementsprechend neigte ein Teil der Rspr. dazu, aus einer extremen Diskrepanz zwischen der Höhe der Vorauszahlungen und dem Abrechnungsergebnis auf ein Verschulden des Vermieters bei Vertragsabschluss zu schließen, OLG Naumburg – Urt. v. 23.11.2001 – NZM 2002, 387, wenn die Nachforderung die Vorauszahlungen um das Siebenfache übersteigt;2 s. auch AG Göttingen WuM 2007, 574: Eine Aufklärungspflicht des Vermieters ist zu bejahen, wenn ihm aus den Vorjahren bekannt ist, dass die Betriebskostenvorauszahlungen die tatsächlichen Kosten bei weitem nicht decken können.

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Zu denken wäre an eine Toleranzgrenze von 20% (in Anlehnung an die Wesentlichkeitsgrenze in § 5 WiStG), bei deren Überschreitung der objektive Tatbestand einer Pflichtverletzung gegeben ist,3 LG Hamburg WuM 2002, 117 (ZK 34): Hat der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen schuldhaft zu niedrig angesetzt, kann der Mieter unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung die Freihaltung vom Nachzahlungsanspruch verlangen, soweit die tatsächlichen Kosten die Vorauszahlungen um mehr als 20% übersteigen.

Hinzu kommt ein Verschulden, das zu vermuten ist und von dem sich der Vermieter nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten kann,4 LG Berlin NZM 2002, 212 = ZMR 2002, 52: Der Mieter, dessen Betriebskostenvorauszahlungen extrem zu niedrig festgesetzt worden sind, hat gegen den Vermieter einen Anspruch auf Freistellung von Betriebskostennachzahlungen.

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Der Schadensersatzanspruch des Mieters geht dahin, von den infolge zu niedrig bemessener Vorauszahlungen überhöhten Nachzahlungen freigestellt zu werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.2.2000 – WuM 2000, 591 = ZMR 2000, 604, 605, OLG Hamm – Urt. v. 6.11.2002 – NZM 2003, 717, KG – Urt. v. 25.6.2007 – ZMR 2007, 963.

Hiergegen kann sich der Vermieter wehren, indem er darlegt, dass der Mieter die Wohnung in Kenntnis des Risikos, erhebliche Nachzahlungen leisten zu müssen, trotzdem angemietet hätte, LG Berlin NZM 2002, 212 = ZMR 2002, 52. 1 Zur Kritik an der Rspr. des BGH s. Artz NZM 2004, 328; Derckx NZM 2004, 321; Eisenschmid WuM 2004, 202; dagegen befürwortend: Schmid DWW 2004, 228. 2 Aufgehoben durch Urt. des BGH v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653. 3 Lehmann-Richter WuM 2004, 254, 256 für eine Grenze von 25%. 4 Zum Beispiel bei der Erstkalkulation der Betriebskosten für Neubauten.

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Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 300

Der Schadensersatzanspruch des Mieters wirkt sich auch auf die Folgejahre aus, indem er zu einer Plafondierung der Betriebskostenbelastung führt, auf der dann die weiteren Steigerungen aufbauen. Demgegenüber wird ein Schaden für den Regelfall verneint, wenn die ordnungsmäßig abgerechneten Betriebskosten tatsächlich angefallen sind, so dass eine Obergrenze für die Nachzahlung nicht bestehen soll, OLG Dresden – RE v. 20.12.2002 – NJW-RR 2004, 84 =NZM 2004, 68 = WuM 2004, 83.

Angesichts der Rspr. des BGH (s. Rn. I 295) erscheinen die Erfolgsaussichten einer Klage oder einer Rechtsverteidigung aus den Folgen zu niedrig angesetzter Vorauszahlungen nur gering. Den Vermieter treffen im Allgemeinen keine Aufklärungspflichten über die Rechtslage, soweit diese nicht gesetzlich begründet sind (s. etwa §§ 568 Abs. 2, 577 Abs. 2 BGB). Erteilt er jedoch rechtliche Hinweise oder Ratschläge, so müssen diese transparent und wahrhaftig sein. Eine Pflichtverletzung liegt insbesondere vor, wenn er dem Mieter eine unrichtige Rechtslage vorspiegelt oder ihn über seine Rechte hinwegtäuscht,

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AG Frankfurt a.M. NZM 1999, 370 zum Eintrittsrecht von Familienangehörigen nach dem Tod des Mieters,1 AG München/LG München I NZM 2004, 421 zur Umstellung der Mietstruktur.2

Bei der Wohnraummiete verlangen Anbieter von Wohnraum von Mietinteressenten im Rahmen der Vertragsanbahnung häufig sog. Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen, in denen der bisherige Vermieter Auskunft darüber gibt, ob noch Mietrückstände bestehen. Umstritten ist, ob ein Mieter gegen seinen (bisherigen) Vermieter einen Anspruch auf Erteilung einer solchen Bescheinigung hat,

299a

bejahend: AG Hohenschönhausen GE 2006, 974, verneinend: LG Dresden InfoM 2008, 371, AG Schöneberg GE 2006, 975.

Erteilt der bisherige Vermieter eine solche Bescheinigung, so muss sie inhaltlich vollständig und richtig sein. Er ist nicht verpflichtet, sich in seiner Erklärung auf bloße Mietrückstände zu beschränken, sondern darf auch auf noch offene Betriebskostennachforderungen und Prozesskosten hinweisen (AG Hohenschönhausen, AG Schöneberg a.a.O.). Eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten, die den Vermieter verpflichtet, den Mieter aus dem Vertrag zu entlassen und ihm die im Vertrauen auf den 1 Zum Fall: Der Vermieter bot dem nach § 569a BGB a.F. (= § 563 BGB) eintrittsberechtigten Sohn der verstorbenen Mieterin, in deren Haushalt er gelebt hatte, den Abschluss eines neuen Mietvertrages zu ungünstigeren Bedingungen an und täuschte ihn über sein Recht zum Eintritt in den fortbestehenden günstigeren Mietvertrag hinweg. 2 Zum Fall: Der Vermieter erlangte die Zustimmung zur Umstellung der Teilinklusivmiete auf eine Nettokaltmiete und Betriebskostenvorauszahlungen mit dem Hinweis, die Nettokaltmiete sei zeitgemäß und bewirke einen Vergleich der Mietpreise, auch ändere sich die Gesamtmiete hierdurch nicht, ohne dass er auf die mit der Umstellung für den Mieter verbundenen Nachteile hinwies.

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Rn. I 300a

Vertragsabschluss

Bestand des Vertrages getätigten Aufwendungen zu ersetzen, kann sich auch daraus ergeben, dass der Vermieter als Verwender des benutzten Vertragsformulars in besonders grobem Maße unwirksame Vertragsbedingungen gestellt hat, BGH – Urt. v. 28.5.1984 – NJW 1984, 2816, 2817, BGH – Urt. v. 14.6.1994 – NJW 1994, 2754 jeweils zu Bank-AGB, OLG Köln – Urt. v. 16.2.1995 – ZMR 995, 489.

Vorauszusetzen ist auch hier, dass den Vermieter ein Verschulden trifft und der Mieter infolge der Verwendung der Klausel einen Schaden erleidet. Der Verschuldensmaßstab der Fahrlässigkeit nach § 276 Abs. 2 BGB stellt für die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht auf die beteiligten Verkehrskreise ab. Insofern bestehen für Großvermieter (u.U. mit eigener Rechtsabteilung) und Kleinvermieter (möglicherweise nur im eigenen Zweifamilienhaus) unterschiedliche Maßstäbe.1 Die Haftung bei Verwendung unwirksamer Formularklauseln ist in neuerer Zeit im Hinblick auf Renovierungsklauseln aktuell geworden (s. Rn. IX 48).2 Aber auch bei der Überbürdung von Instandsetzungsmaßnahmen oder Nebenkosten, die nicht zu den Betriebskosten zählen, oder der Vereinbarung von Verlängerungsklauseln in Neuverträgen stellen sich die gleichen Fragen. 300a

Als Rechtsfolge ergeben sich meist Schadensersatzansprüche nach § 311 BGB. Sie umfassen die Aufwendungen, die aus der Abwehr der unwirksamen Klausel getätigt werden müssen (z.B. Anwaltskosten), die Aufwendungen, die infolge der unwirksamen Klausel getätigt worden sind (z.B. für eine nicht geschuldete Schlussrenovierung), sowie sonstige Vermögensnachteile (z.B. vermeintliche Bindung an das Mietverhältnis infolge einer unwirksamen Verlängerungsklausel). b) Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auf Vertragsverhandlungen und Vertragsabschluss

301

Das AGG v. 14.8.20063 hat besondere Bedeutung für die Anbahnung des Vertragsabschlusses auch von Mietverträgen, selbst wenn sein Schwergewicht auf arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften liegt.4 Es dient dazu, die unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligungen (s. § 3 AGG) aus den in § 1 AGG – abschließend – aufgezählten Gründen

1 S. dazu Lehmann-Richter WuM 2005, 747, 748. 2 Eingehend dazu Pfeilschifter WuM 2003, 543; Börstinghaus WuM 2005, 675; ferner Blank WuM 2004, 243, 247. 3 BGBl. I 1897 f. 4 Derleder NZM 2007, 625: Vertragsanbahnung und Vertragsabschluss über Mietwohnungen und die Diskriminierungsverbote des AGG; ferner zu den mietrechtlichen Bezügen: Eisenschmid WuM 2006, 475; Hinz ZMR 2007, 742, 826; Horst MDR 2006, 1266; Lützenkirchen MietRB 2006, 249; Lützenkirchen MietRB 2006, 327; SchmidtRäntsch NZM 2007, 6; Warnecke DWW 2006, 268.

128

Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 303

– der Rasse, – der ethnischen Herkunft, – des Geschlechts, – der Religion oder Weltanschauung, – einer Behinderung, – des Alters, – der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. aa) Sachlicher Anwendungsbereich des AGG Das Gesetz gilt für Miet- und Untermietverhältnisse über Wohnraum und über Gewerberaum, die nach dem 1.12.2006 begründet sind (§ 33 Abs. 3 AGG).1 Dass in § 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG nur die Versorgung mit Wohnraum erwähnt worden ist, dient lediglich der Hervorhebung und Klarstellung. Das AGG ist nur anzuwenden, wenn der Vermieter den Mietraum „der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt“, d.h. auf dem Immobilienmarkt zur Vermietung anbietet. Das ist nicht der Fall, wenn der Mieter sich einen Nachmieter sucht, der sich beim Vermieter um die freiwerdende Wohnung bewirbt.2 Das Gesetz bezweckt den Schutz vor Benachteiligungen auf Grund der in § 1 AGG aufgezählten Merkmale. Es unterscheidet zwischen unmittelbaren (§ 3 Abs. 1 AGG) und mittelbaren Benachteiligungen (§ 3 Abs. 2 AGG).3 Die Sonderformen der Benachteiligungen – nämlich Belästigungen nach § 3 Abs. 3, 4 AGG – werden mietrechtlich allenfalls eine untergeordnete Bedeutung haben.

302

Das Benachteiligungsverbot wird zivilrechtlich in § 19 Abs. 1 AGG umgesetzt. Danach ist eine Benachteiligung auf Grund der in § 1 aufgeführten Diskriminierungsmerkmale4 „bei der Begründung, Durchführung und Beendigung“ des zivilrechtlichen Schuldverhältnisses unzulässig.5 Der vollständige Katalog der sieben Diskriminierungsmerkmale ist zu beachten, falls es sich bei der Vermietung um ein sog. Massengeschäft i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG handelt, bei dem u.a. das Ansehen der Person eine nachrangige Bedeutung hat. Das soll nach § 19 Abs. 5 Satz 3 AGG in der Regel nicht der Fall sein, wenn der Vermieter nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet. 1 Handelt es sich um Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ist auf den 18.8.2006 – Inkrafttreten des AGG – abzustellen (§ 33 Abs. 2 AGG). 2 S. dazu Hinz ZMR 2006, 743; Horst MDR 2006, 1267; Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 10. 3 S. dazu Derleder NZM 2007, 625; Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 12 jeweils mit Beispielen. 4 S. dazu Eisenschmid WuM 2006, 475. 5 Zu den verschiedenen Tatbeständen der Benachteiligung i.S. des AGG s. Lützenkirchen MietRB 2006, 327.

129

303

Rn. I 303a

Vertragsabschluss

Hierbei handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung.1 Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes kommt es nicht auf den Verwaltungsbestand an, den ein Verwalter für verschiedene Vermieter verwaltet.2 Da Vermieter auch von größeren Wohnungsbeständen in der Regel Wert auf die Person des Mieters legen, wie die regelmäßige Verwendung von Mieterfragebögen zeigt, werden Mietverhältnisse in der Regel als „sonstige zivilrechtliche Schuldverhältnisse“ i.S. von § 19 Abs. 2 AGG zu werten sein; bei ihnen beschränkt sich das Benachteiligungsverbot auf die Merkmale der Rasse und der ethnischen Herkunft.3 Unter diesen Kriterien ist zu prüfen, ob in Mieterfragebögen nach Kenntnissen der deutschen Sprache, Dauer einer Aufenthaltserlaubnis, Feiern ausländischer Feste (z.B. Ramadan), Wunsch nach Empfang ausländischer Fernsehsender geforscht werden darf.4 Fragen, die die Solvenz eines Mietinteressenten betreffen, bleiben unverändert zulässig, sofern sie nicht mittelbar Benachteiligungsinhalte aufweisen. Das wird indes angesichts der Beschränkung auf die Benachteiligungsmerkmale „Rasse“ und „ethnische Herkunft“ in § 19 Abs. 2 AGG kaum der Fall sein. Eine Diskriminierung wird anzunehmen sein, wenn der Vermieter den Abschluss eines Mietvertrages mit einem ausländischen, insbesondere einem farbigen Bewerber ablehnt, weil er negative Auswirkungen bei weiteren Vermietungen oder negative Reaktionen der vorhandenen Mieterschaft befürchtet.5 Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter negative Erfahrungen mit Mietern vergleichbarer Rasse oder ethnischer Herkunft zum Anlass nimmt, einen Vertragsabschluss abzulehnen. Auch ein privates Kopftuchverbot ist als unzulässige Diskriminierung zu werten. 303a

Eine unzulässige Diskriminierung kann auch bei der Durchführung des Mietverhältnisses gegeben sein, z.B. wenn der Vermieter Mieterhöhungen nach § 558 BGB nur gegenüber ausländischen Mietern durchführt oder bei diesen Mietern im Falle von Zahlungsverzug oder -verzögerungen rigide kündigt, während er bei deutschen Mietern großzügig verfährt.6 Entsprechendes gilt bei Verweigerungen von Erlaubnissen zur Drittüberlassung, Haltung von Tieren, Installation von Antennen oder der Gestattung, Gemeinschaftseinrichtungen mitzubenutzen.

304

Das AGG enthält eine Reihe von mietrechtlich erheblichen Ausnahmen, die eine unterschiedliche Behandlung der Mieter erlauben. – Bei der Vermietung von Wohnraum kann nach § 19 Abs. 3 AGG eine unterschiedliche Behandlung zur Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsverhältnisse sowie ausgegliche-

1 2 3 4 5 6

Ausführlich dazu Hinz ZMR 2006, 826; Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 11. Hinz ZMR 2006, 826, 827; anders Lützenkirchen MietRB 2006, 249, 250. S. dazu Hinz ZMR 2006, 742, 743. Börstinghaus in Mietprax (32. Lfg) S. XXI, XXIII; Hinz ZMR 2006, 742, 744. S. auch Hinz ZMR 2006, 742, 745. Hinz ZMR 2006, 826, 829; Schmidt-Räntsch NZM 2006, 6, 15.

130

Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 305

ner wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse – kurz: um eine Ghetto- oder Slumbildung zu vermeiden – zulässig sein. In der Regel wird ein Integrationskonzept vorauszusetzen sein, um eine Auswahlentscheidung des Vermieters plausibel zu machen. Die Vorschrift lehnt sich an § 6 Abs. 1 Nr. 4 WoFG an. – Das Diskriminierungsverbot ist nach § 19 Abs. 5 Satz 1, 2 AGG nicht anzuwenden auf Mietverhältnisse über Wohnraum, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen.1 Hiervon werden in erster Linie Mietverhältnisse in Einliegerwohnungen nach § 573a BGB erfasst. Als Ausnahmeregelung ist die Vorschrift eng auszulegen, so dass die Belegenheit auf benachbarten Grundstücken nicht ausreicht. Was den Kreis der Angehörigen anbelangt, wollte der Gesetzgeber an den in § 573 BGB gemeinten Personenkreis (s. Rn. XI 88, 90) anknüpfen.2 Eine erhebliche Ausweitung erfährt der Tatbestand dadurch, dass es nicht erforderlich ist, dass der Vermieter selbst auf dem Grundstück wohnt. – Es kann ein sachlicher Grund i.S. von § 29 AGG für eine ungleiche Behandlung vorliegen. Hier kommt die Erteilung der Erlaubnis zur Installation einer Parabolantenne zu Gunsten eines ausländischen Mieters (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 AGG) oder zur Begehung bestimmter religiöser Feiern oder Zeremonien (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 AGG) in Betracht.3 – Eine unterschiedliche Behandlung ist nach § 5 AGG zulässig, wenn hierdurch Nachteile wegen eines Diskriminierungsmerkmals in § 1 AGG vermindert oder ausgeglichen werden sollen. Das gilt insbesondere für Betreuungseinrichtungen und für die Vermietung von Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 3 BGB genannten Art, ohne dass die strengen Kriterien dieser Vorschrift vorzuliegen brauchen. bb) Persönlicher Anwendungsbereich des AGG In personeller Hinsicht ist das AGG auf diejenigen Personen und Unternehmen anzuwenden, die in irgendeiner Weise mit der Vermietung von Wohn- oder Gewerberaum befasst sind. Hierzu zählen in erster Linie Vermieter, aber auch Mieter, z.B. bei der Auswahl von Personen, die dem Vermieter als Mietnachfolger oder Ersatzmieter vorgeschlagen werden.4 Hierzu zählen aber auch Hausmakler und Hausverwalter. Diese haften unmittelbar, wenn sie im Rahmen der ihnen übertragenen Verwaltungsaufgaben handeln, z.B. bei der Auswahl der Mietbewerber und Verhandlungen bis zum Abschluss des Mietvertrages.

1 2 3 4

S. dazu Hinz ZMR 2006, 826, 828; Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 11. Zum Begriff der Angehörigen s. Eisenschmid WuM 2006, 475, 478. Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 13. S. dazu Zorn WuM 2006, 589: Die Auswirkungen des AGG bei der Stellung eines Nachmieters durch den Mieter; s. auch Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 11.

131

305

Rn. I 306

Vertragsabschluss

cc) Rechtsfolgen bei Verstößen 306

Nach § 21 AGG kann der Mieter, wenn er benachteiligt worden ist, – Beseitigung der Beeinträchtigung, – Unterlassung weiterer zu befürchtender Beeinträchtigungen, – Schadensersatz bei Verschulden des Vermieters fordern. Ist das Mietverhältnis bereits aktualisiert, so kann er fristlos kündigen. Der Vermieter haftet auf Schadensersatz auch für das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB). Problematisch ist, ob der benachteiligte Mietinteressent den Abschluss eines Mietvertrages verlangen kann. Die Frage ist zu bejahen, solange die Wohnung noch nicht anderweitig vermietet und überlassen worden ist und die Ablehnung allein auf den Diskriminierungsmerkmalen nach § 1 AGG, insbesondere auf der Rasse oder der ethnischen Herkunft des Mietbewerbers beruht.1 Die Ansprüche müssen binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten seit der Verletzungshandlung bzw. deren Abschluss geltend gemacht werden, es sei denn, dass der benachteiligte Mietinteressent ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war (§ 21 Abs. 5 AGG). Auf eine Unkenntnis von der Frist kann sich der Mietinteressent nicht berufen.

307

Nach der Beweislastregel in § 22 AGG genügt es, dass der betroffene Mieter Tatsachen beweist, die die Benachteiligung indizieren. Nicht erforderlich soll sein, dass die Tatsachen zwingend den Schluss auf eine Benachteiligung zulassen. Vielmehr soll ausreichen, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Benachteiligung besteht.2 Sache des Vermieters ist es sodann zu beweisen, dass eine Benachteiligung nicht stattgefunden hat oder berechtigte Gründe hierfür vorgelegen haben (s. dazu §§ 5; 19 Abs. 3, 5; 20 AGG). Für den Vermieter wird es deshalb zweckmäßig sein, den Gang der Vertragsverhandlung jedenfalls in solchen Fällen zu dokumentieren, in denen Diskriminierungsmerkmale zutage treten können.3 c) Genossenschaftlicher Gleichbehandlungsgrundsatz bei Vertragsabschluss

308

Auch die Verletzung des genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Genossenschaft als Vermieter kann Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. LG Berlin GE 1999, 575: Wird wenige Monate nach Abschluss eines Mietvertrages über eine Genossenschaftswohnung eine andere Wohnung im Haus zu deutlich nie1 S. dazu Derleder NZM 2007, 625, 633; Hinz ZMR 2006, 826, 830; Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6; ferner Eisenschmid WuM 2006, 475, 478. 2 S. dazu Eisenschmid WuM 2006, 479; Horst MDR 2006, 1268. 3 Hinz ZMR 2006, 826, 832; Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 16.

132

Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 311

drigerem Mietzins vermietet, ohne dass dafür ein sachlicher Grund erkennbar ist, so kann der Mieter wegen Verletzung der genossenschaftlichen Pflicht zur Gleichbehandlung die Herabsetzung der Miete verlangen.

Das ist aber nicht der Fall, wenn sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung vorliegen,

309

AG Dresden ZMR 2001, 714: Ein Verstoß gegen den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht schon darin, dass die Genossenschaft (vor dem 29.8.1998) den Erwerb von 11 Geschäftsanteilen à 300 DM als weitere Voraussetzung für die Überlassung einer Wohnung forderte, während sie danach für vergleichbare Wohnungen nur den Erwerb von 7 Geschäftsanteilen verlangte.

Es liegt ein sachlicher Grund zur Ungleichbehandlung von Alt- und Neumietern vor, wenn die Marktnachfrage bzgl. der Wohnungen rückläufig ist, ebenso LG Berlin ZMR 2001, 710 = NZM 2002, 289 (ZK 63) für bei Neuvermietung gewährte Mietherabsetzung auch zugunsten der Bestandsmieter: Setzt eine Genossenschaft im Hinblick auf das ungünstige Marktumfeld zur Vermeidung von Leerstand die Nutzungsentgelte, zu denen sie ihren Mitgliedern den Neuabschluss von Wohnungsmietverträgen anbietet, herab, so folgt aus dem genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, dass auch die anderen Mieten bereits bestehender Mietverträge entsprechend zu reduzieren wären.

Die genossenschaftliche Treupflicht wird in der Rspr. eher als zusätzlicher Schutz des Mitglieds einer Wohnungsgenossenschaft verstanden, so dass umgekehrt eine Treupflicht des Mitglieds gegenüber der Genossenschaft jedenfalls dann verneint wird, wenn dies dazu führen würde, dass das Mitglied gegenüber sonstigen Wohnungsmietern schlechter gestellt werden würde,

310

LG Dresden MDR 1998, 590: Die Minderungsbefugnis wird durch die Mitgliedschaft in der Genossenschaft nicht beschränkt; LG Köln ZMR 1998, 562: Auch der Genossenschaftsmieter kann sich bei Mieterhöhungen nach § 3 MHG (jetzt § 559 BGB) auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit berufen. S. dazu aber Rn. IV S. 73, 74.

Auch soll sie nicht so weit gehen, dass ein Genossenschaftsmieter gehindert wäre, die vereinbarte Benutzung einer Gemeinschaftseinrichtung (Waschmaschine) selbst dann einzufordern, wenn alle anderen Genossen diese Einrichtung nicht (mehr) nutzen und die monatlichen Vorhaltekosten, die auf alle Mieter umgelegt werden, erheblich sind, AG Hamburg-Altona WuM 2007, 258.

Hier erscheint allerdings die Grenze des Rechtsmissbrauchs erreicht, zumal der Vermieter dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 556 Abs. 3 BGB), zu dessen Wahrung er allen Mietern gegenüber verpflichtet ist, nicht genügen kann. d) Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften Auch im Mietrecht kann es zu Haustürgeschäften gemäß § 312 BGB kommen, die das Widerrufsrecht nach § 355 BGB auslösen. Dies entsprach der 133

311

Rn. I 312

Vertragsabschluss

Rspr. zum Haustürwiderufsgesetz1 (s. OLG Koblenz – RE v. 9.2.1994 – MDR 1994, 475 = NJW 1994, 1418 = WuM 1994, 257), die ihre Bedeutung für die neue Rechtslage beibehält.2 Voraussetzung dafür ist, dass der Vermieter Unternehmer i.S. von § 14 Abs. 1 BGB und der Mieter Verbraucher i.S. von § 13 BGB ist. Die Unternehmereigenschaft ist in folgenden Fällen bejaht worden:3 OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921 für den Vermieter zweier Miethäuser, LG Görlitz WuM 2000, 542 für den Eigentümer von 11 Wohnungen, AG Frankfurt a.M. WuM 1998, 418 für den Eigentümer von 6 Wohnungen; verneinend BayObLG – Beschl. v. 13.4.1993 – DWW 1993, 196 = MDR 1993, 754 = WuM 1993, 384.

Zu Neuabschlüssen in der Wohnung des Mieters kann es kommen, wenn der Vermieter versucht, das Mietverhältnis ggf. unter Verwendung aktueller Formularverträge auf eine neue Grundlage zu stellen, obwohl ein wirksamer Mietvertrag vorliegt.4 Auch ist die Vereinbarung, die die Wohnungsbaugenossenschaft durch ihren Mitarbeiter mit dem Mieter in dessen Wohnung über die zukünftige Miethöhe nach späterer Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen getroffen hat, als Haustürgeschäft gewertet worden. Nimmt der Mieter das gesetzliche Widerrufsrecht wahr, handelt er in der Regel nicht treuwidrig. Wertersatz auf Grund der Modernisierungsmaßnahme schuldet er nicht, LG Hildesheim WuM 2001, 27, s. auch LG Zweibrücken MDR 1998, 31.5

312

Wird der Mietvertrag anlässlich der Besichtigung der anzumietenden Wohnung in deren Räumen abgeschlossen, so liegt kein Haustürgeschäft i.S. des § 312 BGB vor.6 Ist das Mietverhältnis beendet und werden anlässlich der Wohnungsbesichtigung Abreden getroffen, so liegt darin nur dann ein Haustürgeschäft, wenn der Mieter noch nicht geräumt und noch die Verfügungsgewalt über die Wohnung hat. Da das Merkmal „Privatwohnung“ auch Gestaltungen erfasst, in denen ein anderer Mieter seine Wohnung zum Zwecke einer Mieterversammlung mit dem Vermieter oder einer sonstigen Zusammenkunft mit diesem zur Verfügung stellt,

1 Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften v. 16.1.1986 (BGBl. I 122), aufgehoben durch Art. 6 SchuldRModG v. 26.11.2001 (BGBl. I 3138) mit Wirkung zum 1.1.2002. 2 S. Schmidt-Futterer/Blank Rn. 54 vor § 535 BGB; Staudinger/Weitemeyer BGB § 557 Rn. 40 f. 3 S. Staudinger/Weitemeyer BGB § 557 Rn. 44. 4 Zum „Aufschwatzen“ eines neuen Mietvertrages s. AG Frankfurt a.M. NZM 1999, 370. 5 Zum Fall: Auf einer Mieterversammlung war eine generelle Einigung über eine Mieterhöhung getroffen worden. Der Vermieter brachte dem Mieter eine formularmäßige Bestätigung über die Mieterhöhung. Der Mieter zahlte zunächst die Mieterhöhung mehrfach; dann widerrief er mit Erfolg die Abrede. 6 Herr WuM 1999, 607.

134

Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Haustürgeschäfte

Rn. I 312

BGH – Urt. v. 15.11.2004 – MDR 2005, 560: Das Merkmal der „Privatwohnung“ erfasst auch Gestaltungen, in denen eine vom Direktvertreiber gewonnene Privatperson ihre Wohnung als Verhandlungsort zur Verfügung stellt;

unterliegen auch dort getroffene Vereinbarungen (z.B. über Mietänderungen, Modernisierungen, Betriebskosten u.Ä.) dem Widerrufsrecht.1 Das Widerrufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Mieter den Vermieter in seine Wohnung „bestellt“ hat (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Das setzt voraus, dass die Initiative vom Mieter ausgegangen ist. Daran fehlt es, wenn der Vermieter seinen Besuch angekündigt hat und der Mieter damit einverstanden ist, LG Berlin GE 1994, 1449, LG Münster WuM 2001, 610.2

Haben die Parteien anlässlich der Beendigung des Mietverhältnisses einen Übergabetermin in der vom Mieter noch nicht zurückgegebenen Wohnung vereinbart, so beruhen die in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen oder rechtsgeschäftlichen Verpflichtungserklärungen des Mieters nicht auf dessen „Bestellung“. Anders kann es sich aber verhalten, wenn der Vermieter bei der Terminabsprache den Inhalt der von ihm beabsichtigten Abreden konkret ankündigt und so dem Überrumpelungseffekt entgegenwirkt.

1 Zur Ausübung des Widerrufsrechts s. Schmidt-Futterer/Blank Rn. 70 f. vor § 535 BGB. 2 Zum Fall: Der Vermieter hatte bei dem hochbetagten Mieter telefonisch nachgefragt, ob er einmal vorbeischauen dürfe, um dann in der Wohnung des Mieters sich eine Vertragsänderung (Mieterhöhung) unterschreiben zu lassen.

135

II. Vertragsgestaltung

1. Anwendungsbereich des Formularvertragsrechts a) Rechtsentwicklung 1

Das SchuldRModG hat das AGBG fast durchweg wörtlich übernommen und ins BGB integriert (§§ 305–310 BGB). Bezweckt ist damit u.a., den Kontext zu der im Übrigen im BGB verankerten Vertragsfreiheit herauszustellen und die Inhaltskontrolle von Formularklauseln stärker an das Leitbild der dispositiven Vertragsordnung des BGB anzubinden. So wird stärker als bisher sichtbar, dass allgemeine Geschäftsbedingungen am Leitbild des BGB zu messen sind. Daher ergibt sich erst aus AGB-Vorschriften, ob und in welchem Umfang von der dispositiven Vertragsordnung des BGB formularvertraglich abgewichen werden kann. Das wird insbesondere bei der Wohnraummiete zu gelten haben.

2

Die Regeln über die Inhaltskontrolle sind nunmehr in §§ 307–309 BGB, diejenigen über den Verbrauchervertrag in § 310 Abs. 3 BGB enthalten. Die weitgehende Übereinstimmung mit dem bisherigen Recht erlaubt es, auf die bisher zum AGBG ergangene Rspr. zurückzugreifen.1

3

Die Vorschriften über die Einbeziehung von Formularklauseln in den Vertrag (§ 305 Abs. 2, 3 BGB) sowie über die Klauselverbote in §§ 308, 309 BGB gelten nur mittelbar über § 310 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn der Vertragspartner des Verwenders ein Unternehmer, eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klauselverbote haben darüber hinaus Indizwirkung für eine unangemessene Benachteiligung des Kunden, BGH – Urt. v. 19.9.2007 – GuT 2008, 29: Fällt eine Klausel in AGB bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des § 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (im Anschluss an BGHZ 90, 273, 278 zu § 11 AGBG),2 BGH – Urt. v. 19.12.2007 – NZM 2008, 206 = MietRB 2008, 101 (Dötsch) für § 308 Nr. 1 BGB.

Geklärt ist nunmehr, dass ein unternehmerisches Handeln schon dann vorliegt, wenn der Vertragspartner des Verwenders erst im Zuge des Abschlusses des Mietvertrages seine selbständige berufliche Tätigkeit aufnimmt (Existenzgründer), BGH – Beschl. v. 24.2.2005 – MDR 2005, 796 = NJW 2005, 1273 = NZM 2005, 342.3 1 Ulmer/Brandner/Hensen Einl. 33 f. vor § 305 BGB. 2 Zum Fall: Haftungsausschluss bei Kfz-Kauf. 3 S. dazu Prasse MDR 2005, 961; Börstinghaus in MietPrax-AK § 14 BGB Nr. 1; Ulmer/ Brandner/Hensen BGB § 310 Rn. 23.

136

Anwendungsbereich des Formularvertragsrechts

Rn. II 5

b) Verbraucherverträge Durch Gesetz v. 19.7.1996 wurde die Regelung über Verbraucherverträge (§ 24a AGBG = § 310 Abs. 3 BGB) eingeführt. Im vorliegenden Zusammenhang handelt es sich um Verträge zwischen Unternehmen und Endverbrauchern in Bezug auf Wohnraum, also um Abreden zwischen Wohnungsunternehmen, gleichgültig in welcher Rechtsform, und Mietern, die Wohnraum zur Eigennutzung anmieten.1 Der Vermieter von schon zwei Mietshäusern ist als Unternehmer i.S. von §§ 14 Abs. 1, 310 Abs. 3 BGB angesehen worden (s. i.E. Rn. I 311),

4

OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – GE 2003, 1608 = WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

Auf Verbraucherverträge sind insbesondere die Vorschriften über die Inhaltskontrolle (§§ 9 – 11 AGBG = §§ 307 – 309 BGB) auch dann anzuwenden, wenn die Formulierung nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist, es sei denn, dass sie vom Mieter in den Vertrag eingeführt worden ist und er auf den Inhalt Einfluss nehmen konnte. Die Beweislast für diese Umstände liegen beim verwendenden Unternehmen. Betroffen sind insbesondere Sonderabsprachen zwischen Vermieter und Mieter, die der Vermieter – sei es auch nur für einen einzigen Fall – vorformuliert hat. Die Schutzvorschriften über Verbraucherverträge in § 310 Abs. 3 BGB gelten nicht u.a. für Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts. Hierzu zählen jedoch nicht die Dauernutzungsverträge zwischen Wohnungsgenossenschaften und ihren Mitgliedern.2 c) Übergangsrecht Die Neuregelungen in §§ 305 ff. BGB sind grundsätzlich nur für Verträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2001 abgeschlossen worden sind (Art. 229 § 5 EGBGB).3 Auf frühere Verträge ist das AGBG anzuwenden; das gilt auch dann, wenn ein Mietvertrag sich stillschweigend oder automatisch durch Gebrauchsfortsetzung (s. § 545 BGB) verlängert hat. Dagegen ist das neue Recht anzuwenden, wenn ein durch Kündigung oder Zeitablauf beendeter Mietvertrag über den 31.12.2001 hinaus fortgesetzt wird, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 18.12.1986 – NJW 1987, 1650 zum früheren Recht.

Ebenfalls neues Recht ist auf den vor dem 31.12.2001 abgeschlossenen Vertrag anzuwenden, wenn dessen sachlicher oder zeitlicher Anwendungsbereich (nicht nur unwesentlich) erweitert wird, z.B. durch Ausdehnung der Mietfläche oder Verlängerung der Mietzeit, sofern diese nicht schon im Mietvertrag

1 Dazu Pfeilschifter WuM 2003, 543, 545. 2 Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 310 Rn. 125. 3 Dazu und zur Anwendung auf Verträge, die vor dem 1.4.1977 abgeschlossen worden sind, s. Heinrichs NZM 2003, 6, 7; Pfeilschifter WuM 2003, 543, 544; Schumacher NZM 2003, 13, 15.

137

5

Rn. II 6

Vertragsgestaltung

selbst angelegt ist (z.B. durch eine Verlängerungsklausel oder eine Verlängerungsoption), s. BGH – Urt. v. 14.11.1984 – NJW 1985, 971 zum früheren Recht.

6

Auf Formularklauseln in Verträgen, die in der ehemaligen DDR abgeschlossenen worden sind, ist das AGBG nach Maßgabe des eben Ausgeführten anzuwenden, wenn sie nach dem 1.7.1990 abgeschlossen worden sind. Die Generalklausel des § 9 AGBG gilt jedoch auch für Formularklauseln in Verträgen, die vor diesem Datum abgeschlossen worden sind (§ 23 Nr. 5 Satz 1 bzw. Satz 2 des Gesetzes der DDR v. 21.6.1990, GBl. der DDR I, S. 357), s. hierzu LG Berlin GE 1999, 189.

2. Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen a) Aushandeln 7

Ob eine Formularregelung vorliegt oder eine Individualvereinbarung abgeschlossen worden ist, hängt davon ab, ob die Abrede „ausgehandelt“ worden ist (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).1 Ein Aushandeln ist dann anzunehmen, wenn der Verwender den in seinen AGB enthaltenen „gesetzesfremden“ Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung abändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können, BGH – Urt. v. 25.6.1992 – MDR 1992, 1058, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

Dafür reicht es nicht, dass der Vermieter mit dem Mieter den Mietvertrag durchgeht und ihm Gelegenheit gibt, die einzelnen Vertragsbestimmungen zu prüfen, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443.

An einem Aushandeln fehlt es auch, wenn der Verwender (Vermieter) dem Kunden (Mieter) die Klausel erläutert und dieser sie angesichts der vermeintlich zutreffenden Erläuterung akzeptiert (BGH – Urt. v. 25.6.1992 – MDR 1992, 1058). Jedenfalls bei einem nicht ganz leicht verständlichen Text ist Voraussetzung für ein „Aushandeln“, dass der Verwender die andere Vertragspartei über den Inhalt und die Tragweite der Zusatzvereinbarung belehrt hat oder sonst irgendwie erkennbar geworden ist, dass der andere deren Sinn erfasst hat, BGH – Urt. v. 19.5.2005 – NJW 2005, 2543 = NZM 2006, 313 (LS) für Partnerschaftsvermittlungsvertrag.

1 Ausführlich dazu Pfeilschifter WuM 2003, 543, 545; Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305 Rn. 45 f.

138

Rn. II 6

Vertragsgestaltung

selbst angelegt ist (z.B. durch eine Verlängerungsklausel oder eine Verlängerungsoption), s. BGH – Urt. v. 14.11.1984 – NJW 1985, 971 zum früheren Recht.

6

Auf Formularklauseln in Verträgen, die in der ehemaligen DDR abgeschlossenen worden sind, ist das AGBG nach Maßgabe des eben Ausgeführten anzuwenden, wenn sie nach dem 1.7.1990 abgeschlossen worden sind. Die Generalklausel des § 9 AGBG gilt jedoch auch für Formularklauseln in Verträgen, die vor diesem Datum abgeschlossen worden sind (§ 23 Nr. 5 Satz 1 bzw. Satz 2 des Gesetzes der DDR v. 21.6.1990, GBl. der DDR I, S. 357), s. hierzu LG Berlin GE 1999, 189.

2. Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen a) Aushandeln 7

Ob eine Formularregelung vorliegt oder eine Individualvereinbarung abgeschlossen worden ist, hängt davon ab, ob die Abrede „ausgehandelt“ worden ist (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).1 Ein Aushandeln ist dann anzunehmen, wenn der Verwender den in seinen AGB enthaltenen „gesetzesfremden“ Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung abändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können, BGH – Urt. v. 25.6.1992 – MDR 1992, 1058, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

Dafür reicht es nicht, dass der Vermieter mit dem Mieter den Mietvertrag durchgeht und ihm Gelegenheit gibt, die einzelnen Vertragsbestimmungen zu prüfen, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443.

An einem Aushandeln fehlt es auch, wenn der Verwender (Vermieter) dem Kunden (Mieter) die Klausel erläutert und dieser sie angesichts der vermeintlich zutreffenden Erläuterung akzeptiert (BGH – Urt. v. 25.6.1992 – MDR 1992, 1058). Jedenfalls bei einem nicht ganz leicht verständlichen Text ist Voraussetzung für ein „Aushandeln“, dass der Verwender die andere Vertragspartei über den Inhalt und die Tragweite der Zusatzvereinbarung belehrt hat oder sonst irgendwie erkennbar geworden ist, dass der andere deren Sinn erfasst hat, BGH – Urt. v. 19.5.2005 – NJW 2005, 2543 = NZM 2006, 313 (LS) für Partnerschaftsvermittlungsvertrag.

1 Ausführlich dazu Pfeilschifter WuM 2003, 543, 545; Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305 Rn. 45 f.

138

Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

Rn. II 11

Indiz für ein individuelles Aushandeln kann sein, dass im vorformulierten Vertragstext nachträglich Änderungen eingefügt werden, sofern es sich nicht nur um unselbständige Ergänzungen, sondern um solche mit einem eigenen Regelungsgehalt handelt,

8

BGH – Urt. v. 26.2.1992 – NJW-RR 1992, 654 = WuM 1992, 316 = ZMR 1992, 292, BGH – Urt. v. 17.3.1993 – BGHZ 122, 63.

Eine Individualvereinbarung liegt mithin nicht vor, wenn sog. unselbständige Ergänzungen in ergänzungsbedürftige Formularklauseln eingefügt werden,

9

BGH – Urt. v. 2.3.1994 – DWW 1994, 248 = ZMR 1994, 253,1 BGH – Urt. v. 6.4.2005 – WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443.2

Außerdem liegt keine Individualvereinbarung vor, wenn die Parteien eine in dem vorgedruckten Formular enthaltene (unzulässige) Klausel in einer Ergänzung des Vertrages lediglich dem Einzelfall anpassen, ohne dass diese Ergänzung den Kerngehalt der vorformulierten Klausel verdrängt (BGH – Urt. v. 10.10.1991 – NJW 1992, 1107 f.), BGH – Urt. v. 2.3.1994 – DWW 1994, 248 = ZMR 1994, 253, LG Osnabrück WM 1995, 33 für die handschriftliche Abänderung einer Vorauszahlungsklausel vom 3. auf den 10. eines Monats.

Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen dagegen nicht vor, wenn die Mietparteien einem vorformulierten Mietvertrag selbständige Klauseln als Ergänzung hinzufügen. Voraussetzung ist, dass sie nicht schon vorher verwendet worden sind oder dass bei Vertragsabschluss nicht beabsichtigt ist, sie häufiger zu verwenden,

10

BGH – Urt. v. 2.3.1994 – DWW 1994, 248 = ZMR 1994, 253.

Selbstverständlich müssen diese Klauseln ausgehandelt sein, was der Verwender beweisen muss (s. Rn. II 19). Dafür reicht es nicht aus, dass der Verwender dem anderen Vertragsteil die Unterzeichnung freigestellt hat, BGH – Urt. v. 19.5.2005 – NJW 2005, 2543 = NZM 2006, 313 (LS) für Partnerschaftsvermittlungsvertrag.

Aushandeln bedeutet andererseits nicht, dass die vom Verwender der AGB vorformulierte Bestimmung tatsächlich abgeändert oder mit weiterem Regelungsgehalt ergänzt worden ist, BGH – Urt. v. 17.5.1982 – BGHZ 84, 109, 111.

Auch bei unverändertem Formulartext kann nämlich ein Aushandeln i.S. von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB gegeben sein, wenn der andere Teil nach gründlicher Erörterung sich ausdrücklich mit dem Text einverstanden erklärt hat. Das gilt auch für den Fall, dass der Verwender (Vermieter) eine Leerstelle des im Übrigen vorgedruckten Textes ausgefüllt hat, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443. 1 Zum Fall: Es handelt sich um die Vereinbarung, dass „für die Genehmigung der Konzession der Mieter zuständig ist“. 2 Zum Fall: handschriftliche Ergänzung von zwei Leerstellen des im Übrigen vorgedruckten Textes für einen Kündigungsverzicht bezüglich der Dauer.

139

11

Rn. II 12

Vertragsgestaltung

Im kaufmännischen Verkehr kann ein individuelles Aushandeln im Übrigen auch dann vorliegen, wenn der Verwender eine bestimmte Klausel als unabdingbar erklärt, BGH – Urt. v. 26.2.1992 – NJW-RR 1992, 654 = WM 1992, 316 = ZMR 1992, 292.

Zur Darlegungslast s. Rn. II 17. 12

Enthält der Formularvertrag ergänzungsbedürftige Lücken, so kann deren Ausfüllung auf einem Aushandeln beruhen. Erforderlich dafür ist, dass die Ergänzungen nicht lediglich unselbständiger Art bleiben (z.B. Einfügen von Namen und Vertragsobjekt), sondern den Gehalt der Regelung mit beeinflussen (BGH NJW 1982, 1035, NJW 1992, 746) und die Wahlfreiheit des Kunden nicht durch Einflussnahme des Verwenders, sei es durch die Gestaltung des Formulars, sei es in anderer Weise, überlagert wird (BGH NJW 1996, 1676, NJW 1998, 1066), BGH – Urt. v. 6.12.2002 – NZM 2003, 292.

Das kommt etwa in Betracht, wenn ein Vertragsformular eine offene Stelle hinsichtlich der Vertragslaufzeit enthält, die vom Vertragspartner des Verwenders nach seiner freien Entscheidung als selbständige Ergänzung auszufüllen ist, ohne dass vom Verwender vorformulierte Entscheidungsvorschläge hinzugefügt wurden, BGH – Urt. v. 13.11.1997 – MDR 1998, 703.

13

Enthält das Klauselwerk mehrere Alternativen, zwischen denen der Kunde (Mieter) wählen kann, so liegt in der Auswahl zwischen den einzelnen Gestaltungsmöglichkeiten nicht ohne weiteres ein Aushandeln. Dies ist zu verneinen, wenn der Verwender die Alternativen inhaltlich so eng gestaltet hat, dass der Kunde (Mieter) die in Betracht kommende Möglichkeit nur durch Ankreuzen auswählen kann, vgl. OLG Köln – Urt. v. 24.3.1995 – VersR 1995, 647.

Andererseits steht es einem Aushandeln nicht entgegen, wenn die Angebotsalternativen (z.B. bzgl. der Laufzeiten) mit einem erhöhten Entgelt verbunden sind, BGH – Urt. v. 6.12.2002 – NJW 2002, 138 = NZM 2003, 292.

14

Erstellt der Vermieter selbst einen Mustervertrag, so liegt die unterste Grenze der geplanten Verwendung bei 3 Fällen.1 Das gilt auch bei Verwendung einer Klausel in 3 Mietverträgen, die der Verwender am gleichen Tag mit dem gleichen Vertragspartner abgeschlossen hat, KG – Urt. v. 26.1.2006 – NZM 2007, 41.

Hält der Vermieter einen solchen Mustervertrag zur wiederholten Verwendung bereit, so genügt sogar eine einmalige Verwendung, BGH – Urt. v. 27.9.2001 – NZM 2002, 35: Für die Vorformulierung der Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen ist die beabsichtigte und auch erfolgte 1 Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305 Rn. 25a.

140

Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

Rn. II 16

dreimalige Verwendung ausreichend. Eine nicht auf Einzelfälle beschränkte generelle Verwendung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kreis der in Betracht kommenden Vertragspartner von vornherein feststeht. Für die die Anwendung des AGBG erfordernde einseitige Gestaltungsmacht des Verwenders ist es ein hinreichendes Indiz, wenn er den drei von ihm in Aussicht genommenen Verträgen seine vorformulierten Bedingungen zu Grunde zu legen beabsichtigt (BGH NJW 1998, 2286, 2287), OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.6.2004 – ZMR 2004, 577: Es genügt für die Annahme von Formularverträgen, dass eine Vertragspartei ein von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen angefertigtes Formular benutzt, auch wenn sie es nur für einen einzigen Vertrag verwendet (BGH NJW 1991, 843). BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2008, 84 (Tz. 9) = ZMR 2008, 105: Der Annahme von AGB steht nicht entgegen, dass die Klausel nur einmal verwendet werden sollte, wenn sie aus einem anderen Formularvertrag übernommen worden ist, in dem sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden ist. AG Pinneberg ZMR 2004, 121, s. auch LG Aachen ZMR 1988, 60, LG Düsseldorf VuR 1991, 54.

Maßgeblich ist also nicht die Häufigkeit der bisherigen Verwendung, sondern allein die Zweckbestimmung der wiederholten Verwendung. Auch werden angehängte „Ergänzungen“ zu einem Vertragsformular bei erstmaligem Hinzufügen nur dann zu allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn der Vermieter beabsichtigt, sie auch bei künftigen Vertragsabschlüssen dem Formular hinzuzusetzen,

15

BGH – Urt. v. 2.3.1994 – DWW 1994, 248 = ZMR 1994, 253 Sp. 2 a.E.

aa) Vorrang der Individualvereinbarung Der Grundsatz, dass Individualvereinbarungen den Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben (§ 305b BGB = § 4 AGBG), kann nicht durch Formularklauseln ausgehebelt werden. Daher ist die Formularklausel „Bisherige schriftliche oder mündliche Mietvereinbarungen treten mit dem Wirksamwerden des vorliegenden Vertrages außer Kraft“ jedenfalls in einem Mietvertrag über Wohnraum unwirksam, weil sie der Regelung in § 4 AGBG (= § 305b BGB) widerspricht, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 114 f.

Auch Schriftformklauseln (s. Rn. II 245) scheitern daran, dass sie den Kunden über die vorrangige Geltung auch formlos getroffener Vereinbarungen hinwegtäuschen und damit von dem gesetzlichen Leitbild abweichen, BGH – VU v. 21.9.2005 – NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104 = MietRB 2006, 62 (Scheff).

Ob in den Fällen etwas anderes zu gelten hat, in denen der Mietvertrag der gesetzlichen Schriftform bedarf, hat der BGH offen gelassen. Der Vorrang der Individualabrede gilt auch bei einer sog. qualifizierten Schriftformklausel, nach der Abweichungen von der Schriftformabrede ebenfalls der Schriftform bedürfen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.6.2006 – ZMR 2007, 35, anders KG – Urt. v. 27.11.2006 – ZMR 2007, 364.

141

16

Rn. II 17

Vertragsgestaltung

bb) Darlegungs- und Beweislast 17

Grundsätzlich muss derjenige, der sich auf den Schutz des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in §§ 305 ff. BGB beruft, beweisen, dass es sich bei der Vereinbarung mit seinem Vertragspartner um einen Formularvertrag handelt, OLG Brandenburg – Urt. v. 18.2.1998 – ZMR 2000, 373, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 29.10.2007 – GuT 2008, 34.

Eine Ausnahme besteht für Verbraucherverträge nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB: Hier gelten allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmen gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt worden sind. Aber auch im Übrigen bestehen Durchbrechungen oder Erleichterungen der Beweislast. 18

Wird ein Mustervertrag verwendet, so ist der Verwender – in der Regel also der Vermieter – dafür beweispflichtig, dass gleichwohl der Inhalt individuell ausgehandelt worden ist.1 Klauseln, in denen der Mieter bestätigt, der Vertrag sei ausgehandelt bzw. er habe ausreichend Zeit zur Kenntnisnahme gehabt und sei mit allen Bestimmungen einverstanden, verstoßen gegen § 309 Nr. 12b BGB (= § 11 Nr. 15 AGBG), OLG Hamm – RE v. 27.2.1981 – NJW 1981, 1049.

Steht fest, dass es sich bei dem Vertragstext um eine vorformulierte Klausel handelt, so werden an die Darlegungslast des Verwenders, die Klausel sei (gleichwohl) ausgehandelt worden, strenge Anforderungen gestellt. Floskelhafte Wendungen reichen nicht,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

19

Behauptet der Vermieter, dass ein handschriftlich eingefügter Zusatz in einem Formularmietvertrag mit dem Mieter im Einzelnen besprochen und eingehend erörtert worden sei, ohne dass dargelegt wird, in welcher Form diese Erörterung stattfand, so reicht das nicht, um das Zustandekommen einer Individualvereinbarung zu begründen,3 LG Düsseldorf NZM 2002, 779.4

Das Gleiche gilt, wenn eine Formularklausel durch eine handschriftliche Einfügung zum Nachteil des Kunden abgeändert wird (z.B. Endrenovierung bei Vertragsende ohne Rücksicht auf die letzte Renovierung): Sache des Vermieters soll es sein zu beweisen, dass diese Abrede ausgehandelt worden ist, LG Köln WuM 1994, 19. 1 Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305 Rn. 61. 2 Zum Fall: Es reicht nicht aus, dass der Vermieter vorgetragen hatte, der Mietvertrag sei in einem persönlichen Gespräch zwischen den Parteien individuell durchgesprochen worden und er habe klar zum Ausdruck gebracht, für jegliche Änderungs- und Ergänzungswünsche offen zu sein. 3 Zur Beweislast des Verwenders s. auch Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305 Rn. 63. 4 Zum Fall: handschriftlicher Zusatz zu einem Formularvertrag, dass die Wohnung bei Bezug in den Holzteilen weiß lackiert und an den Wänden und Decken in Makulatur übergeben wird und bei Auszug in diesem Zustand zurückzugeben ist.

142

Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

Rn. II 21

Wird eine vorgedruckte Klausel in einem Formularvertrag ergänzt, so obliegt dem Verwender des Formulars die Darlegungslast, dass die Regelung ausgehandelt worden ist. Erörtern genügt nicht; der Vermieter muss die Regelung zur Disposition gestellt haben, LG Gießen ZMR 2002, 426 für Schlussrenovierungsabrede.

b) Verwendereigenschaft Verwender ist derjenige, auf dessen Initiative es zurückzuführen ist, dass das Vertragsformular vorgeschlagen wurde; dagegen soll es für die Verwendereigenschaft nicht darauf ankommen, zu wessen Gunsten der Mietvertrag vorformuliert worden ist,

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BGH – Urt. v. 24.5.1995 – NJW 1995, 2034 = WM 1995, 481 = ZMR 1995, 397: Aus dem Inhalt von AGB kann nicht auf die Verwendereigenschaft geschlossen werden. Es ist auch nicht richtig, dass diejenige Partei Verwender ist, zu deren Gunsten sich die vorformulierte Klausel auswirkt. Vielmehr kommt es (hier) darauf an, auf wessen Initiative es zurückzuführen ist, dass das Vertragsformular vorgeschlagen wurde. Sollte der Mieter die Zugrundelegung des Formulars veranlasst und damit – u.U. unbewusst – eigenen Interessen zuwidergehandelt haben, könnte er den Schutz des AGBG nicht beanspruchen; gegen OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.6.1994 – DWW 1994, 285 = WuM 1994, 467.

Diese Wertung ist bedenklich und berücksichtigt nicht ausreichend, dass derjenige, der die Verwendung eines Formulars vorschlägt, damit noch nicht die darin enthaltenen Bedingungen stellt. Von einem Stellen von AGB wird in der Regel nur ausgegangen werden können, wenn eine Partei die Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen in den Vertrag bei Vertragsabschluss verlangt oder veranlasst, was voraussetzt, dass der Verwender unter Ausschluss des anderen Teils einseitig rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt (BGHZ 130, 50, 57). Danach ist Verwender, wer die AGB dem Vertrag ohne jede Verhandlungsmöglichkeit zugrunde legt oder sich zunutze macht.1 Im Rahmen der Wertung, ob diese Aushandlungsmöglichkeit konkret eröffnet worden ist, sind alle Umstände des Einzelfalles, vor allem die intellektuellen Fähigkeiten und die berufliche Position der Verhandlungspartner und auch das Bestehen oder Fehlen eines wirtschaftlichen Machtgefälles zu berücksichtigen, s. OLG Köln – Urt. v. 19.1.2001 – DWW 2001, 302.

Verwender ist danach auch, wer den Vertragspartner veranlasst, dass ein bestimmtes Formular dem Vertrag zugrunde gelegt wird. Lässt aber der Vermieter offen, ob und welches Formular verwendet werden soll oder stellt er dem Mieter anheim, ein Formular auszuwählen, was dieser auch tut, so ist keine der Parteien Verwender, sofern nur nach dem Willen beider Parteien das ausgewählte Formular den Vertragsinhalt mitbestimmen soll. Das hindert jedoch 1 Weiter gehend: Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305 Rn. 27 (m.w.N.): Verwender ist derjenige, dem die Einbeziehung zuzurechnen ist.

143

21

Rn. II 22

Vertragsgestaltung

nicht daran, die Vorschriften über die Einbeziehung, die Auslegung und den Rang der Klauseln (§§ 305b–309 BGB) sowie diejenigen über die Inhaltskontrolle analog anzuwenden.1 c) Einbeziehung von Formularklauseln in den Vertrag 22

Die Einbeziehungsvereinbarung besagt nur, dass die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wird, ohne dass es dabei schon auf ihre Wirksamkeit ankommt. Sie ist Teil des zwischen den Vertragsparteien ausgehandelten Vertrages, stellt also keine daneben stehende Vereinbarung dar. Die frühere Auffassung, wonach es für die Einbeziehung ausreichte, dass der Vertragspartner des Verwenders vom Vorhandensein der AGB wissen musste, ist durch die Neuregelung in § 305 Abs. 2 BGB überholt. Danach ist die Einbeziehung an folgende Voraussetzungen geknüpft: – Der Hinweis auf die AGB muss grundsätzlich „ausdrücklich“ erfolgen. – Der anderen Vertragspartei muss die Möglichkeit verschafft werden, von den AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen. – Die andere Vertragspartei muss mit der Geltung der AGB einverstanden sein.

23

Zu beachten ist der Behindertenschutz in § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB.2 Unter diesen Schutz fallen jedoch weder Analphabeten noch Ausländer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Ist die Verhandlungssprache deutsch und unterliegt das Mietverhältnis deutschem Recht, so ist der Verwender – in der Regel also der Vermieter – nicht verpflichtet, eine Übersetzung aus der deutschen Sprache oder eine fremdsprachige Vertragsversion bereitzuhalten, BGH – Urt. v. 10.3.1983 – BGHZ 87, 112, 115: Wählen die Vertragspartner die deutsche Sprache als Verhandlungs- und Vertragssprache, muss der ausländische Vertragspartner grundsätzlich den gesamten deutschsprachigen Vertragsinhalt einschließlich der zugrunde liegenden AGB gegen sich gelten lassen. AG Langenfeld NJW-RR 1998, 1524.

Bei Verbraucherverträgen i.S. von § 310 Abs. 3 BGB – in der Regel also bei Wohnraummietverträgen, die mit den Wohnungsmietern abgeschlossen werden (s. Rn. II 4) – kann sich jedoch eine Pflicht des Unternehmens ergeben, die wesentlichen Regelungen zu erläutern.3 Ihre Verletzung kann im Rahmen der Klauselwertung nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB berücksichtigt werden.4 24

Zur Möglichkeit, von den AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen, gehört es, dass diese für die andere Vertragspartei verständlich sind. Das 1 Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305 Rn. 29, 30; s. auch Pfeilschifter WuM 2003, 543, 546. 2 Dazu Fritz NZM 2002, 713, 714; Heinrichs NZM 2003, 6, 8. 3 S. Heinrichs NJW 1996, 2197. 4 Pfeilschifter WuM 2003, 543, 547; s. zur Berücksichtigung der konkret-individuellen Umstände bei Vertragsabschluss Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 402 f., 406 f.

144

Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

Rn. II 25

Transparenzgebot, das zugleich Maßstab der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist (s. Rn. II 44), ist also auch in diesem Zusammenhang zu beachten. Der bloße Hinweis auf eine Paragraphenzahl ohne Angabe des Inhalts ist regelmäßig unverständlich und führt nicht zur Einbeziehung. Außerdem liegt ein Verstoß gegen das materielle Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, s. dazu Rn. II 44) vor. Das gilt etwa für die Klausel in einem Formularmietvertrag über Wohnraum „Wird nach Ablauf der Mietzeit der Gebrauch der Sache vom Mieter fortgesetzt, so findet § 568 BGB (a.F.) keine Anwendung“, da der Inhalt dieser Vorschrift in der Regel dem juristischen Laien unbekannt sein wird, OLG Schleswig – RE v. 27.3.1995 – NJW 1996, 2858 = WuM 1996, 85; anders OLG Rostock – Urt. v. 29.5.2006 – NZM 2006, 584 = ZMR 2006, 692 zum materiellen Transparenzgebot, s. Rn. II 44, 47.

Anders verhält es sich, wenn (zusätzlich) der Inhalt der Vorschrift – sei es auch verkürzt – zumindest sinngemäß mitgeteilt wird. Auch eine vorformulierte Hausordnung muss in den konkreten Mietvertrag einbezogen werden, indem sie diesem beigefügt oder zumindest auf sie Bezug genommen wird. Die Klausel: „Die anliegende Hausordnung ist Bestandteil dieses Vertrages“ ist nach § 309 Nr. 12b BGB (= § 11 Nr. 15b AGBG) unwirksam, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – DWW 1991, 212 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 106.

Für die Einbeziehung umfangreicher gesetzlicher Vorschriften in den Vertrag soll die bloße Bezugnahme genügen, wenn der dadurch eindeutig zum Ausdruck gebrachte Begriff in seiner Tragweite für den Durchschnittsmieter verständlich ist und die Verweisung der Klarstellung und Vermeidung von Streitigkeiten dient. So zur Einbeziehung des Betriebskostenkataloges in § 27 II. BV, Anlage 3 Nr. 1–16 mit Ausnahme der „sonstigen Betriebskosten“ in Nr. 17: BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430, BGH – Urt. v. 11.4.2008 – WuM 2008, 350 (Tz. 15), BayObLG – RE v. 24.2.1984 – DWW 1984, 73 = WuM 1984, 104 = ZMR 1984, 203,1 OLG Hamm – RE v. 22.8.1997 – WuM 1997, 542, OLG Celle – Urt. v. 16.12.1998 – WuM 2000, 130, OLG Frankfurt a.M. – RE v. 10.5.2000 – NZM 2000, 757 = WuM 2000, 411.

Wegen der Komplexität des Begriffs der Betriebskosten, insbesondere was die Abgrenzung zu anderen Bewirtschaftungskosen anbelangt, bestehen gegen diese Auffassung Bedenken, sofern nicht die Anlage 3 dem Vertrag beigefügt ist. Das Gleiche gilt, soweit es den Betriebskostenkatalog in § 2 BetrKV anbelangt.2

1 Dazu kritisch Löwe WuM 1984, 193. 2 Pfeilschifter WuM 2002, 73, 75.

145

25

Rn. II 26 26

Vertragsgestaltung

Gibt eine Formularklausel den Gesetzestext wieder, so handelt es sich im Zweifel nicht um eine bloße Information, sondern um eine wirksame Vereinbarung, wenn auch mit Formularcharakter. Sie behält ihre Geltung auch bei, wenn die Gesetzeslage sich ändert oder das zitierte Gesetz aufgehoben wird, BGH – Urt. v. 18.6.2003 – WuM 2003, 505 = NZM 2003, 711 = ZMR 2003, 655 zur Wiedergabe der Kündigungsfristen nach § 565 Abs. 2 BGB a.F.: Formularklauseln sind Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen nicht nur dann, wenn sie von einer gesetzlichen Regelung abweichen, sondern jedenfalls auch dann, wenn sie die bei Vertragsschluss geltende, teilweise dispositive Regelung wörtlich oder sinngemäß wiedergeben und dadurch in den Parteiwillen aufnehmen (arg. § 307 Abs. 3 BGB).

27

Enthält ein vor dem 3.10.1990 im Gebiet der ehemaligen DDR abgeschlossener Wohnraummietvertrag die – der Bestimmung des § 120 Abs. 2 Satz 1 ZGB der DDR entsprechende – Regelung, dass der Mieter das Mietverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen kündigen darf, so gilt diese Regelung als vertragliche Vereinbarung fort, KG – RE v. 22.1.1998 – NZM 1998, 299 = WuM 1998, 149 = ZMR 1998, 221.

28

Enthält ein Dauernutznutzungsvertrag zwischen einer früher gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft und einem Mieter eine Kostenmietregelung, die dem früheren Gemeinnützigkeitsrecht entsprach und nach der die als Nutzungsgebühr bezeichnete Miete nur bis zur Höhe desjenigen Betrages erhöht werden darf, der „nach den gesetzlichen Vorschriften über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen zur Deckung der laufenden Aufwendungen notwendig ist“, so kann darin die Vereinbarung liegen, nach der die Kostenmietbindung als Grenze für Mieterhöhungen nach § 2 MHG (jetzt § 558 BGB) fortgilt. Dies ist auch für die Zeit nach Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes1 angenommen worden, BayObLG – Beschl. v. 17.3.1998 – NJW-RR 1999, 89 = WuM 1998, 274 = ZMR 1998, 415 m.w.N., LG München I WuM 1999, 170.

Demgegenüber hat der BGH im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen, dass die Kostenmietklausel mit dem Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit als Mietbegrenzung i.S. von § 557 Abs. 3 BGB entfallen ist (s. auch Rn. IV 277), BGH – Urt. v. 14.6.2006 – NZM 2006, 693 = WuM 2006, 520.

29

Das Einverständnis der anderen Vertragspartei mit der Geltung der AGB wird in der Regel schlüssig erklärt werden und im Zweifel schon dann zu bejahen sein, wenn es überhaupt zum Vertragsabschluss kommt, sofern von den oben genannten Voraussetzungen (s. Rn. II 22) die beiden ersteren erfüllt sind.

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Auch bei Vertragsabschlüssen mit Unternehmen, also im kaufmännischen Verkehr, kann auf eine Einbeziehungsvereinbarung nicht verzichtet werden, 1 Art. 21 des Steuerreformgesetzes 1990 v. 2.8.1988, BGBl. I 1093.

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Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

Rn. II 32

selbst wenn § 305 Abs. 2, 3 BGB nicht anzuwenden ist (§ 310 Abs. 1 BGB). Das bedeutet aber lediglich, dass die durch § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB gegenüber dem allgemeinen Vertragsrecht formalisierten Einbeziehungsvoraussetzungen gegenüber einem Kaufmann nicht erfüllt werden müssen. Es bleibt indessen dabei, dass auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr Allgemeine Geschäftsbedingungen nur kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung Vertragsbestandteil werden können. Notwendig ist demgemäß eine ausdrückliche oder stillschweigende Willensübereinstimmung der Vertragspartner zur Geltung der AGB. Dazu ist erforderlich, dass der eine Teil zum Ausdruck bringt, neben dem individualvertraglich Vereinbarten sollten auch bestimmte AGB Vertragsinhalt werden, und der andere Teil damit einverstanden ist, BGH – Urt. v. 12.2.1992 – BGHZ 117, 190 f. = NJW 1992, 1232.

Der bloße Hinweis auf die eigenen AGB und der insoweit widerspruchslose Abschluss des Vertrages werden ausreichen, um eine Einbeziehungsvereinbarung für das konkrete Rechtsgeschäft zu begründen, nicht jedoch generell für alle künftigen (BGH a.a.O.). Dagegen reicht es auch im kaufmännischen Verkehr im Allgemeinen nicht aus, dass der Kunde (Mieter) vom Vorhandensein der AGB (Mietbedingungen) bei Beachtung gehöriger Sorgfalt hätte wissen müssen und es für ihn erkennbar war, dass der Verwender (Vermieter) den Vertrag nur unter Einbeziehung seiner AGB schließen wollte (so noch OLG Düsseldorf – Teilurt. v. 14.4.1988 – ZMR 1989, 61). Etwas anderes kann sich höchstens aus einer ständigen Geschäftsverbindung ergeben. Insofern bleibt es auch nach neuem Recht dabei, dass an die Einbeziehungsvereinbarung durch schlüssiges Verhalten großzügige Maßstäbe angelegt werden.1

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Auch die Einbeziehung muss derjenige beweisen, der sich auf die Geltung von Formularvereinbarungen beruft. d) Auslegung und Unklarheitsregel Für die Auslegung von Formularklauseln gelten die allgemeinen Regeln in §§ 133, 157 BGB, ohne dass es aber auf die subjektiven Vorstellungen der am Vertragsabschluss beteiligten Parteien ankommt, BGH – Urt. v. 14.12.2005 – NZM 2006, 294 = ZMR 2006, 266: Lässt der Wortlaut mehrere Auslegungen zu, so ist derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt. Ebenso BGH – Urt. v. 14.12.2005 – NZM 2006, 137 = MietRB 2006, 216 (Dickersbach).

Einerseits sind Formularklauseln gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten 1 Palandt/Heinrichs BGB § 305 Rn. 52–54.

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Rn. II 33

Vertragsgestaltung

des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BGHZ 102, 384, 389 f., BGH NJW-RR 2004, 262 Zif. II 1). BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 580 = WuM 2004, 403 = ZMR 2004, 662, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513, BGH – Urt. v. 29.4.2008 – WuM 2008, 340.

Das ist bei der Wohnraummiete der verständige, juristisch nicht vorgebildete Mieter: BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NZM 2005, 376 = WuM 2005, 243 = ZMR 2005, 437.

Andererseits sind sie eng und im Zweifel gegen den Verwender auszulegen (§ 305c Abs. 2 BGB).1 Das gilt insbesondere für Haftungsfreizeichnungsklauseln, OLG Hamburg – Urt. v. 2.4.2003 – ZMR 2004, 432.2

Im Gegensatz zur Auslegung individueller Vereinbarungen kommt dem Wortlaut stärkeres Gewicht zu, BGH – Beschl. v. 29.11.2006 – ZMR 2007, 187: Sollte es sich bei der Klausel3 in dem 1994 abgeschlossenen Gewerberaummietvertrag um eine Individualvereinbarung handeln, so wäre die Auslegung, dass die jeweils geltenden gesetzlichen Ladenschlusszeiten gemeint sind, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sollte es sich um eine Formularklausel handeln, so wäre bei der Auslegung § 305c Abs. 2 BGB zu beachten. Danach müsste, da die Klausel auf die „gesetzlichen Bestimmungen“ und nicht eindeutig auf die „jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen“ verweist, zu Lasten des Verwenders (Vermieter) davon ausgegangen werden, dass die Regelung die zur Zeit des Vertragsabschlusses in 1994 geltende Gesetzeslage in Bezug nimmt. S. auch BGH – Urt. v. 28.3.2007 – NZM 2007, 398 = WuM 2007, 259 = ZMR 2007, 528 = MietRB 2007, 167 (Zich) für den Begriff der Ausführungsart bei Schönheitsreparaturen:4 Die Klausel ist deshalb unklar, weil nicht eindeutig ist, was unter „Ausführungsart“ zu verstehen ist. Dieser Begriff kann sich entweder auf die Grundausstattung beziehen, auf die Ausgestaltung im Einzelnen oder auf beides. Ein Zustimmungsvorbehalt für jegliche Abweichung von der bisherigen „Ausführungsart“ – bspw. die Wahl eines abweichenden Farbtons des Wand- oder Deckenanstrichs oder einer anderen Tapetenart – würde den Mieter unangemessen in der Möglichkeit beschränken, sich in der Mietwohnung nach seinem Geschmack einzurichten, ohne dass für eine so weitgehende Beschränkung ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters zu erkennen ist.

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Eine Unklarheit i.S. von § 305c Abs. 2 BGB liegt nicht schon dann vor, wenn bei einer Klausel unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten gegeben sind, 1 S. dazu Kinne ZMR 2000, 725, 727. 2 Zum Fall: Die Klausel „Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Bauarbeiten in der Nachbarschaft u.s.w.), die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird (z.B. Umsatz- und Geschäftsrückgang)“ bezieht sich nur auf sog. Umfeldschäden. 3 Inhalt der Klausel: „Das Geschäftslokal ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offen zu halten.“ 4 Inhalt der Klausel: „Der Mieter darf nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart abweichen.“

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Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

Rn. II 35

sondern erst dann, wenn von diesen nach den vorrangigen allgemeinen Auslegungsprinzipien keine den klaren Vorrang verdient, BGH – Urt. v. 3.7.2002 – NZM 2002, 784 = ZMR 2002, 899 (zu § 5 AGBG).1

Für die Anwendung der Unklarheitsregel genügt also nicht, dass Streit über die Auslegung besteht. Ergibt die Auslegung vielmehr einen eindeutigen Inhalt, ist die Unklarheitsregel unanwendbar. Voraussetzung ist nämlich, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind. Erst dann geht die Unsicherheit zu Lasten des Verwenders,2 BGH – Urt. v. 14.12.2005 – NZM 2006, 294 = ZMR 2006, 266 unter Hinweis auf BGH – Urt. v. 11.3.1997 – NJW 1997, 3434, 3435, KG – Urt. v. 14.10.2002 – GE 2003, 117,3 OLG Karlsruhe – Urt. v. 31.5.2006 – ZMR 2009, 33.

Enthält die Unterschriftsleiste in einem Formularvertrag über eine Genossenschaftswohnung für die Unterschrift einer weiteren Person, die neben dem Mieter unterschreibt, die Bezeichnung „als Bürge/Mitglied“, und erfolgt keine Durchstreichung, so gilt die für den Unterzeichner günstigere Alternative, sofern sich durch Auslegung nichts anderes ergibt,

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LG Berlin NZM 2000, 1005.

Sieht ein Formularvertrag über Wohnraum mehrere denkbare Regelungen zur Vertragslaufzeit vor, so soll eine Unklarheit gegeben sein, wenn eine Klausel handschriftlich ergänzt wurde, ohne dass die anderen Alternativen gestrichen wurden, LG Frankfurt a.M. WuM 1999, 114, LG Gießen WuM 1999, 115, LG Kassel NZM 2000, 378, LG Hanau ZMR 2000, 96.4

Indes wird anzunehmen sein, dass in den Fällen, in denen eine bestimmte Vertragsdauer vereinbart worden ist, eine diesbezügliche Individualvereinba1 Die fragliche Klausel lautet: „(1) Die Mietsache wird in dem Zustand überlassen, in dem sie sich bei Beginn des Mietverhältnisses befindet. Der Mieter kennt den Zustand. Etwa vorhandene Mängel sind bei der Bemessung des Entgelts berücksichtigt. (2) Für eine bestimmte Größe und Beschaffenheit sowie für sichtbare oder unsichtbare Mängel wird keine Gewähr geleistet. (3) Der Vermieter übernimmt keine Gewährleistung für die Sicherheit der eingelagerten Gegenstände.“ Der BGH hält eine Auslegungsmöglichkeit zu (2) dahin für nächstliegend, dass sich der Haftungsausschluss nur auf anfängliche Mängel bezieht und deshalb kein Verstoß gegen § 11 Nr. 7 AGBG vorliegt. 2 Zum Fall: Unklarheit, ob eine automatische Verlängerungsklausel erst nach Ausübung aller Verlängerungsoptionen des Mieters oder schon zuvor anzuwenden ist. 3 Ist im Formularmietvertrag bestimmt, dass der Mieter sämtliche Betriebskosten direkt zu zahlen oder zu erstatten habe, liegt keine unklare Regelung vor, wenn an anderer Stelle des Vertrages vereinbart ist, dass Vorauszahlungen vom Mieter nicht zu leisten sind. 4 Zum Fall: Die Verlängerungsklausel wurde ausgefüllt, die anderen Alternativen (Mietvertrag auf unbestimmte/auf bestimmte Zeit) wurden nicht gestrichen.

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35

Rn. II 35a

Vertragsgestaltung

rung vorliegt, die dem Formulartext vorgeht, so dass keine Unklarheit gegeben ist (s. Rn. II 231). So auch LG Wiesbaden WuM 1994, 430: Die Wiedergabe der Kündigungsfristen setzt ein Kündigungsrecht voraus, begründet es aber nicht. Ist eine Befristung vereinbart, so ist für den Mieter erkennbar eine Kündigung vor Ablauf der Frist ausgeschlossen. Im Ergebnis ebenso LG Karlsruhe ZMR 2001, 977, s. auch LG Koblenz WuM 2001, 240 = ZMR 2001, 622.

35a

Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Gewerberäume „Für Veränderungen an der Mietsache oder Störungen in ihrer Benutzbarkeit infolge höherer Gewalt oder sonstiger Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, kann der Mieter weder die Miete mindern noch ein Zurückbehaltungsrecht ausüben noch Schadensersatz verlangen“ ist dahin ausgelegt worden, dass sie die Haftung des Vermieters für anfängliche Mängel nicht ausschließt, OLG Karlsruhe – Urt. v. 1.5.2006 – ZMR 2009, 33.

Zur kundenfeindlichsten Auslegung s. Rn. II 43. e) Überraschende Klauseln 36

Überraschende Klauseln werden nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.1 Von einer überraschenden Klausel ist auszugehen, wenn ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt. Sie muss eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht.2 Diese Erwartungen werden von allgemeinen und besonderen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Zu den erstgenannten zählen etwa der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung, zu den letztgenannten der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie der äußere Zuschnitt des Vertrages (BGHZ 102, 152, 158, BGH MDR 1988, 304, MDR 1989, 990, MDR 1990, 324), BGH – Urt. v. 21.11.1991 – MDR 1992, 866 für Formularbürgschaft, BGH – Urt. v. 17.3.1994 – MDR 1994, 769,3 OLG Köln – Urt. v. 4.7.2006 – NZM 2006, 701, Urt. v. 24.6.2008 – NZM 2008, 807.4 1 S. auch die Beispiele bei Kinne ZMR 2000, 725, 727 und Horst DWW 2008, 134. 2 S. Schmidt-Futterer/Blank Rn. 48 vor § 535 BGB; nach Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305c Rn. 11 sind zwei Voraussetzungen zu beachten, nämlich objektiv: die Ungewöhnlichkeit und subjektiv: die Überraschung des Kunden. 3 Zum Fall: Erstreckung einer Formularbürgschaft auf alle Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung, wenn der Bürge vor Unterzeichnung der Urkunde dem Gläubiger erklärt hat, nur für eine bestimmte konkrete Verbindlichkeit einstehen zu wollen und der Gläubiger dem nicht widersprochen hat. 4 Zum Fall: Formularmäßige Vereinbarung von der Höhe nach nicht bestimmter Hausverwalterkosten, die einen so hohen Betrag ausmachen, dass der Mieter nach dem gesamten Inhalt der Nebenkostenregelung des Mietvertrages mit einem solchen Betrag vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. In Betracht kommt hier aber auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot, s. OLG Rostock – Urt. v. 13.12.2004 – NZM 2005, 507; Urt. v. 10.4.2008 – GuT 2008, 200.

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Allgemeine Regelung bei Verwendung von Formularverträgen

Rn. II 39

Mithin bestimmt sich die Ungewöhnlichkeit einer Klausel nach den Umständen des Vertragsabschlusses,1 dem Gesamtbild des Vertrages sowie den Erwartungen, die der redliche Verkehr typischerweise an den Vertragsinhalt knüpft. Sie ist zu bejahen, wenn eine Klausel nach dem konkreten Vertragstyp unüblich ist, wobei es darauf ankommt, ob die als Kunden angesprochenen Verkehrskreise mit AGB dieses Inhalts bei diesem Vertragstyp rechnen, BGH – Urt. v. 4.10.2000 – NZM 2001, 234 für eine Bruttomietflächenklausel, s. auch BGH – Urt. v. 21.11.1991 – MDR 1992, 866.

Es ist jedoch nicht auf die Verhältnisse des konkreten Kunden bzw. Mieters abzustellen, sondern auf objektive Kriterien, nämlich auf die Erwartungen, die der redliche Verkehr typischerweise oder auf Grund des Verhaltens des Verwenders bei Vertragsabschluss an den typischen Vertragsschluss knüpft (s. auch Rn. II 56). Die Ungewöhnlichkeit ist zu bejahen, wenn eine Klausel nach dem konkreten Vertragstyp unüblich ist, wobei es darauf ankommt, ob die als Kunden angesprochenen Verkehrskreise mit AGB dieses Inhalts bei diesem Vertragstyp rechnen,

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KG – Urt. v. 3.6.2004 – ZMR 2004, 752: Eine Mietflächenberechnung, nach der die Mittellinien von Mietbereichstrennwänden bei angrenzenden Mietobjekten und im Übrigen die Außenlinien der Umfassungswände zu Grunde zu legen sind (Bruttofläche), ist jedenfalls dann nicht überraschend i.S. des § 305c Abs. 1 BGB, wenn die Aufteilung der vorhandenen Flächen unter Berücksichtigung der Wünsche des Mieters erfolgen soll.

Überraschend sind vor allem solche Klauseln, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht,

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OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.6.1999 – ZMR 2002, 741,2 KG – Urt. v. 3.6.2004 – ZMR 2004, 752, OLG Köln – Urt. v. 24.6.2008 – NZM 2008, 807.3

Umgekehrt sind Klauseln nicht überraschend, wenn sie ohne weiteres zu verstehen und drucktechnisch so angeordnet sind, dass eine Kenntnisnahme durch den Kunden/Mieter zu erwarten ist (BGHZ 47, 210, BGH NJW 1991, 118), KG – Urt. v. 3.6.2004 – ZMR 2004, 752,

wenn der Hinweis auf sie auch bei nur flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann, OLG Celle – Urt. v. 5.2.2004 – MDR 2004, 867 unter Hinweis auf BGH – Urt. v. 18.6.1986 – NJW-RR 1987, 112 = MDR 1987, 51. 1 Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 305c Rn. 19. 2 Zum Fall: In einem auf 30 Jahre befristeten Pachtvertrag ist die Klausel, nach der die verpachtende Gemeinde befugt ist, „den Pachtvertrag ganz oder teilweise innerhalb von 3 Monaten aufzuheben, wenn das Grundstück zu öffentlichen Zwecken oder im allgemeinen Hafeninteresse benötigt wird“, überraschend. 3 Unter „Nebenkosten“ versteckte hohe Verwaltungskosten bei niedrigen Vorauszahlungen.

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Rn. II 40 40

Vertragsgestaltung

Die Auslagerung wesentlicher Teile einer Klausel in eine Fußnote soll noch keinen Überraschungseffekt bewirken. Der Mieter werde nicht überfordert, eine an sich typische Klausel einschließlich der Fußnoten zu lesen, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 437 = WuM 2004, 333 zur Renovierungsklausel und Verlagerung des Fristenplans in eine Fußnote, BGH – Urt. v. 10.3.2004 – WuM 2004, 273 und 275 zum Hinweis auf Kündigungsfristen, die in der Fußnote wiedergegeben sind.

Dagegen bestehen Bedenken; denn Fußnoten dienen in der Regel der Erläuterung des Textes oder enthalten untergeordnete Regelungen. Es erscheint geradezu typisch, dass sie noch weniger als das „Kleingedruckte“ selbst zur Kenntnis genommen werden. Mit dem Argument der fehlenden Überforderung, da der Kunde des Lesens kundig sei, ließe sich nicht nur das Überraschungsverbot, sondern auch das Transparenzprinzip aushebeln.1 41

Abgesehen vom äußeren Erscheinungsbild des Vertrages und der allgemeinen Üblichkeit der Regelung kann eine Klausel, selbst wenn sie objektiv nicht ungewöhnlich ist, auch dann überraschen, sofern sie wesentlich von dem abweicht, was in den Verhandlungen zwischen den Parteien festgelegt worden ist, OLG Köln – Urt. v. 20.4.2000 – MDR 2000, 1365, weiter gehend BGH – Urt. v. 17.2.1994 – MDR 1994, 770: Es genügt für den Überraschungseffekt, dass die Klausel wesentlich von dem abweicht, was der Vertragspartner des Verwenders als seine Vorstellungen und Absichten bei den Vertragsverhandlungen zum Ausdruck gebracht hat, ohne dass ihm darin widersprochen wurde.

Das Gleiche gilt für Klauseln, die solche Bedingungen enthalten, welche typischerweise wesentlicher Gegenstand und Bestandteil vorausgehender Verhandlungen zu sein pflegen, wie z.B. die Zahlung eines Abgeltungsbetrages bei einverständlicher Auflösung des Mietverhältnisses, OLG Karlsruhe – Beschl. v. 15.2.2000 – MDR 2000, 877 = NZM 2000, 708 = WuM 2000, 236.

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Der Überraschungseffekt ist für eine Klausel bejaht worden, die den Gewerberaummieter zur Zahlung einer Werbeabgabe an die Werbegemeinschaft eines Einkaufszentrums auch ohne seinen Beitritt zu dieser Gemeinschaft verpflichtet, OLG Düsseldorf – Urt. v. 24.6.1993 – MDR 1993, 1078 = ZMR 1993, 469.

Entsprechendes ist für die formularmäßige Verpflichtung des Mieters in einem Mietvertrag über Ladenräume in einem Einkaufszentrum angenommen worden, einer nur möglicherweise zu gründenden Werbegemeinschaft beizutreten, LG Erfurt GE 1999, 315.

Zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel s. Rn. II 290. 1 Schumacher WuM 2004, 507; Tiefenbacher WuM 2004, 274; Wiek WuM 2004, 276, 335; s. auch Eisenschmid in MietPrax-AK § 538 BGB Nr. 5.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 44

Eine formularmäßige Einzugsermächtigung in einem Mietvertrag über Wohnraum, die sich auf andere Entgelte als die laufende Miete bezieht, ist deswegen nicht überraschend (s. dazu auch Rn. II 143), anders AG Mainz WM 1997, 548,

ebenso eine Abbuchungsermächtigung im Gegensatz zur Einzugsermächtigung, LG Köln WuM 1990, 380.

Überraschend ist aber die Formularklausel, dass eventuell in der Wohnung vorhandene Gegenstände dem Mieter ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Funktion zur Verfügung gestellt werden, AG Landsberg/Lech WuM 2007, 12.

3. Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien a) Kundenfeindlichste Auslegung Es handelt sich hierbei um ein Kriterium, um die Wirksamkeit einer Klausel zu beurteilen. Ausgangspunkt ist allerdings die Unklarheitsregel. Bietet eine Klausel mehrere Auslegungsmöglichkeiten, so ist das dem Kunden – hier dem Mieter – ungünstigste Auslegungsergebnis zugrunde zu legen. Hält dieses der Inhaltskontrolle nicht stand, so ist die Klausel unwirksam. Besteht dagegen selbst das ungünstigste Auslegungsergebnis die Inhaltskontrolle, so greift wiederum die Unklarheitsregel zugunsten des Kunden – des Mieters – ein und es gilt die ihm günstigste Auslegungsvariante,

43

BGH – Urt. v. 29.4.2008 – WuM 2008, 340: Führt die kundenfeindlichste Auslegung zur Unwirksamkeit der Klausel und begünstigt dadurch den Kunden, ist diese Auslegung zugrunde zu legen. Erst wenn sich die Klausel nach jeder in Betracht kommenden Auslegung als wirksam erweist, ist bei der Anwendung der Klausel die dem Kunden günstigste Auslegung maßgeblich. Hierdurch wird vermieden, dass die Entscheidung im Individualprozess auf eine Klausel gegründet wird, die im Verbandsprozess für unwirksam zu erklären wäre. BGH – Urt. v. 23.4.2008 – GuT 2008, 280 = NZM 2008, 609 = ZMR 2008, 776 für Minderungsausschluss.

Völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen Störungen des Rechtsverkehrs ernstlich nicht zu besorgen sind, sind aber nicht zu berücksichtigen (BGH NJW 2003, 237, 1238), OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – ZMR 2004, 745.

b) Transparenzgebot Klargestellt ist, dass der Transparenzgrundsatz nunmehr für die inhaltliche Bewertung der Klausel und nicht nur für ihre Auslegung beachtlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).1 Er verpflichtet den Verwender, den Klauselinhalt klar und 1 S. dazu Heinrichs NZM 2003, 6, 10; Schumacher NZM 2003, 13; Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 44

Eine formularmäßige Einzugsermächtigung in einem Mietvertrag über Wohnraum, die sich auf andere Entgelte als die laufende Miete bezieht, ist deswegen nicht überraschend (s. dazu auch Rn. II 143), anders AG Mainz WM 1997, 548,

ebenso eine Abbuchungsermächtigung im Gegensatz zur Einzugsermächtigung, LG Köln WuM 1990, 380.

Überraschend ist aber die Formularklausel, dass eventuell in der Wohnung vorhandene Gegenstände dem Mieter ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Funktion zur Verfügung gestellt werden, AG Landsberg/Lech WuM 2007, 12.

3. Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien a) Kundenfeindlichste Auslegung Es handelt sich hierbei um ein Kriterium, um die Wirksamkeit einer Klausel zu beurteilen. Ausgangspunkt ist allerdings die Unklarheitsregel. Bietet eine Klausel mehrere Auslegungsmöglichkeiten, so ist das dem Kunden – hier dem Mieter – ungünstigste Auslegungsergebnis zugrunde zu legen. Hält dieses der Inhaltskontrolle nicht stand, so ist die Klausel unwirksam. Besteht dagegen selbst das ungünstigste Auslegungsergebnis die Inhaltskontrolle, so greift wiederum die Unklarheitsregel zugunsten des Kunden – des Mieters – ein und es gilt die ihm günstigste Auslegungsvariante,

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BGH – Urt. v. 29.4.2008 – WuM 2008, 340: Führt die kundenfeindlichste Auslegung zur Unwirksamkeit der Klausel und begünstigt dadurch den Kunden, ist diese Auslegung zugrunde zu legen. Erst wenn sich die Klausel nach jeder in Betracht kommenden Auslegung als wirksam erweist, ist bei der Anwendung der Klausel die dem Kunden günstigste Auslegung maßgeblich. Hierdurch wird vermieden, dass die Entscheidung im Individualprozess auf eine Klausel gegründet wird, die im Verbandsprozess für unwirksam zu erklären wäre. BGH – Urt. v. 23.4.2008 – GuT 2008, 280 = NZM 2008, 609 = ZMR 2008, 776 für Minderungsausschluss.

Völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen Störungen des Rechtsverkehrs ernstlich nicht zu besorgen sind, sind aber nicht zu berücksichtigen (BGH NJW 2003, 237, 1238), OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – ZMR 2004, 745.

b) Transparenzgebot Klargestellt ist, dass der Transparenzgrundsatz nunmehr für die inhaltliche Bewertung der Klausel und nicht nur für ihre Auslegung beachtlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).1 Er verpflichtet den Verwender, den Klauselinhalt klar und 1 S. dazu Heinrichs NZM 2003, 6, 10; Schumacher NZM 2003, 13; Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161.

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Rn. II 45

Vertragsgestaltung

verständlich zu formulieren. Daher ist eine Formularklausel unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich Tatbestand und Rechtsfolgen der Regelung wiedergibt, insbesondere wenn sie den Kunden über die wahre Rechtslage hinwegtäuscht oder dem Verwender ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume gewährt, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381, 384 zur Beschränkung der Heizpflicht des Vermieters auf die „hauptsächlich genutzten Räume“, BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2002, 336 = WuM 2004, 285 für Mehrbelastungsklausel, OLG München – Urt. v. 12.1.1989 – WuM 1989, 128, 133 für Schriftformklausel.

Insbesondere muss der Verwender in seinen AGB die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen, die dem Kunden erwachsen, so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – MDR 2007, 1124 = NZM 2007, 516 = ZMR 2007, 846 für Betriebspflicht und Ladenöffnungszeiten,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 24.7.2007 – NZM 2008, 131.

Abzustellen ist auf das Verständnisvermögen der typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (BGHZ 102, 152, 159; BGH WPM 1984, 1056). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind demnach so zu gestalten, dass auch juristisch und kaufmännisch nicht vorgebildete Kunden sie ohne Erläuterung verstehen können, BGH – Urt. v. 17.1.1989 – MDR 1989, 449.

Jedoch sind im Geschäftsverkehr mit Kaufleuten großzügigere Maßstäbe als gegenüber Verbrauchern anzulegen; denn bei Kaufleuten kann auf Grund deren Erfahrung sowie im Hinblick auf Handelsgewohnheiten und -bräuche von besseren Erkenntnis- und Verständnismöglichkeiten ausgegangen werden, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – MDR 2007, 1124 = NZM 2007, 516 = ZMR 2007, 846.

45

Schon eine Klauselgestaltung, die dem Verwender die Gelegenheit eröffnet, begründete Ansprüche unter Hinweis auf eine in der Sache nicht – stets – zutreffende Darstellung der Rechtslage in seinen AGB abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290 für Schriftlichkeit der Untermieterlaubnis.

Ob eine Klausel in diesem Sinne als hinreichend überschaubar zu gelten hat, kann auch durch einen Vergleich mit der betreffenden gesetzlichen Regelung geprüft werden. Infolgedessen verletzt eine Klausel das Bestimmtheitsgebot, 1 Zum Fall: Die Klausel in einem Mietvertrag über Ladenräume in einem EKZ lautet „Der Mieter wird das Geschäftslokal im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen so lange offen halten, wie die überwiegende Anzahl aller Mieter ihre Geschäfte offen hält.“ Sie erweckt den Eindruck, dass die Öffnungszeiten sich nach dem Mehrheitsverhalten der Mieter bestimmen, während der Vermieter sich in den Mietverträgen mit der Mehrzahl der Mieter ein alleiniges Bestimmungsrecht über die Öffnungszeiten vorbehalten hatte.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 46

wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält, und sie genügt dem Gebot, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Verwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt, BGH – Urt. v. 5.11.2003 – NZM 2004, 93 = WuM 2004, 25 = ZMR 2004, 103 zu einer mietpreisrechtlichen Anpassungsklausel.

Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kommt insbesondere in Betracht, wenn die Klausel dem Mieter nicht ermöglicht, das aus ihr folgende Kostenrisiko abzuschätzen, so

45a

BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 336 = WuM 2004, 285 = ZMR 2004, 424 für eine preisrechtliche Gleitklausel,1 BGH – Urt. v. 12.7.2006 – NZM 2006, 775, 776 = ZMR 2006, 849 für Mitgliedschaft in einer Werbegemeinschaft,2 BGH – Urt. v. 28.3.2007 – NZM 2007, 398 = WuM 2007, 2509 = ZMR 2007, 528 = MietRB 2007, 167 (Zich) zur Formularklausel, dass der Mieter bei Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen nur mit Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abweichen darf, BGH – Urt. v. 26.9.2007 – NZM 2007, 879 = WuM 2007, 684 = ZMR 2008, 31, 32 zur Abgeltungsklausel unter Bezugnahme auf einen „weichen“ Fristenplan in der Klausel zur Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen, wenn die Abgeltungsklausel mehrere Möglichkeiten für die Berechnungsweise des Mieteranteils an den Kosten gibt und der Vermieter somit die Gelegenheit hat, u.U. zu einer unangemessen hohen Quote zu gelangen, s. auch BGH – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 363 = WuM 2008, 278 = ZMR 2008, 527, OLG Köln – Urt. v. 24.6.2008 – NZM 2008, 807 zur formularmäßigen Umlage unbezifferter Hausverwalterkosten als überraschende Klausel; anders für eine Mehrbelastungsklausel BGH – Urt. v. 27.9.2006 – WuM 2006, 612.3

Überraschungseffekt und fehlende Transparenz können sich überschneiden, wenn die äußerliche Klauselgestaltung und die Verständlichkeit der Klausel zusammentreffen.4 Einer Klausel soll nicht schon deshalb die erforderliche Transparenz fehlen, weil wesentliche Teile ihres Inhalts in eine Fußnote verlagert worden sind, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333 für Renovierungsklausel und Verlagerung des Fristenplans in eine Fußnote. Das ist bedenklich, s. dazu Rn. II 40.

1 Die Klausel lautet: „Alle allgemein oder im konkreten Fall eintretenden Mieterhöhungen und/oder Erhöhungen sowie Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstückslasten jeder Art sind vom Zeitpunkt des Eintritts ab vereinbart und vom Mieter zu zahlen.“ 2 Zum Fall: Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters in einem Einkaufszentrum, einer Werbegemeinschaft in Form einer GbR beizutreten, ergibt ein hohes Haftungsrisiko, wenn nicht einmal eine Höchstgrenze für auf den Mieter zukommende Kosten vorgesehen ist. 3 Die Klausel lautet: „Werden öffentliche Abgaben neu eingeführt oder entstehen Betriebskosten neu, so können diese vom Vermieter im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften umgelegt werden.“ 4 S. Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161, 163.

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Rn. II 47 47

Vertragsgestaltung

Umstritten ist, ob bei einer Bezugnahme auf gesetzliche Bestimmungen, die nicht zumindest stichwortartig wiedergegeben werden, es schon an der Einbeziehung gemäß § 305 Abs. 2 BGB fehlt oder jedenfalls ein Verstoß gegen das Transparenzgebot die Unwirksamkeit der Klausel nach sich zieht. Das gilt auch für die wieder aufgeworfene Frage, ob die bloße Verweisung auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV ausreichend bestimmt ist, um eine entsprechende Betriebskostenvereinbarung zu begründen (s. Rn. II 25).1 Nicht transparent ist auch eine Formularklausel, durch die die Regelung des § 545 BGB ohne jegliche Inhaltswiedergabe der Vorschrift unter bloßer Angabe des Paragraphen abbedungen wird,2 OLG Schleswig – RE v. 27.3.1995 – NJW 1995, 2858 = WuM 1996, 85 = ZMR 1996, 254 (fehlende Einbeziehung); anders OLG Rostock – Urt. v. 29.5.2006 – NZM 2006, 584 = ZMR 2006, 692 = MietRB 2006, 289 (Hoffmann): Wenn Mieter und Vermieter in der Lage sein sollen, anhand der gesetzlichen Vorschriften ihre Verhältnisse zu regeln, so muss es ihnen zugemutet werden, sich auch mit diesem Gesetz zu befassen, wenn sie einen darin enthaltenen Paragraphen in der vertraglichen Regelung in Bezug nehmen. Eine Klausel, die sich auf einen für jedermann einsehbaren Gesetzestext bezieht, kann nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen. Ein Blick ins Gesetz ist auch dem Laien zuzumuten. Ebenso LG Erfurt WuM 2008, 283.

Der abweichenden Meinung kann nicht gefolgt werden. Sie stellt an den Mieter als Vertragspartner des Verwenders Anforderungen, die den Besonderheiten des Formularvertrages nicht gerecht werden. Die Parallele zur Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV ist verfehlt, weil zum einen der Begriff „Betriebskosten“ in jener Klausel verwendet wird und zum anderen der Kerninhalt dieses Begriffs als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann.3 48

Allerdings hat der BGH das Transparenzgebot eingeschränkt. Es soll nur im Rahmen des tatsächlich Möglichen bestehen; treten bei der Klauselabfassung erhebliche Schwierigkeiten auf, verschiedene rechtliche und tatsächliche Umstände und etwa vorhandene Kombinationsmöglichkeiten zu erfassen, so soll hinsichtlich der Klauselkontrolle kein allzu strenger Maßstab gelten, BGH – Urt . v. 3.6.1998 – NZM 1998, 710 = MDR 1998, 1155 = WM 1998, 592 = ZMR 1998, 752 zu einer Schlussrenovierungsklausel, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – WuM 2004, 663 = ZMR 2005, 518 = NZM 2004, 903 zu einer Abgeltungsklausel, OLG Hamm – Urt. v. 6.10.1992 – GE 1999, 314 zu den zumutbaren Anforderungen am die Bestimmtheit und Klarheit von Formularklauseln: Maßgebend sei hierfür die Überschaubarkeit von Sachverhalten und die Vorhersehbarkeit künftiger Ereignisse

1 Bejahend: Heinrichs NZM 2003, 6, 11; Fritz NZM 2002, 713; Hinz ZMR 2003, 77; Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161, 164; aber kritisch, verneinend: Blank/Börstinghaus BGB § 556 Rn. 82; Pfeilschifter WuM 2002, 73; zweifelnd auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 45; s. auch Rn. II 124, V 125 f. 2 S. zu § 545 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 31; Staudinger/Emmerich Rn. 19; anders Lammel Rn. 4; wohl auch MünchKomm/Schilling Rn. 4 Fn. 6. 3 S. Fritz NZM 2002, 713, 715; Pfeilschifter WuM 2002, 73, 75.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 51

und Umstände. Durch eine allzu detaillierte Regelung könnten unübersichtliche und schwer durchschaubare Klauselwerke entstehen, die den Interessen des Kunden nicht dienlich seien. Die Verletzung des Transparenzgebots müsse die Gefahr inhaltlicher Unangemessenheit zur Folge haben.

Diese Auffassung ist abzulehnen; denn wer die Vertragsfreiheit für sich einseitig in Anspruch nimmt, trägt das Risiko, die Rechtslage zutreffend zu beurteilen und zu gestalten. Anderenfalls muss er sich mit der Gesetzeslage zufrieden geben.1 Ist das gesamte Klauselwerk eines Nutzungsvertrages so unübersichtlich, dass sich auch bei aufmerksamer Kenntnisnahme ein Geflecht wirksamer Klauseln nicht ergibt, können sämtliche Formularvereinbarungen unwirksam sein. Aber auch das soll nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages führen, sofern sich dessen Inhalt unter Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen nach § 6 Abs. 2 AGBG (= § 306 Abs. 2 BGB) sinnvoll bestimmen lässt,

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KG – Urt. v. 21.1.1998 – MDR 1998, 760.

c) Summierungseffekt und Trennungsprinzip Der Summierungseffekt ist wesentliches Kriterium für die Inhaltskontrolle von Formularklauseln. Er besagt, dass bei Prüfung einer Klausel nach § 307 BGB der gesamte Vertragsinhalt hinsichtlich eines Regelungskomplexes einschließlich seiner individuell vereinbarten Teile zu würdigen ist. Jeweils für sich unbedenkliche Klauseln können einen Summierungseffekt auslösen und in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung führen,

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BGH – Beschl. v. 2.12.1992 – WM 1993, 175, 176 = ZMR 1993, 216, BGH – RE v. 26.10.1994 – BGHZ 127, 245 = NJW 1995, 254 = WuM 1995, 26 = MDR 1995, 142 = ZMR 1995, 60 bei Kombination von Vorauszahlungs- und Aufrechnungsklausel, BGH – Urt. v. 14.5.2003 – NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436 = ZMR 2003, 653: Auch jeweils für sich unbedenkliche Klauseln können einen Summierungseffekt haben und in ihrer Gesamtheit zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führen.2

Das bedeutet auch: Wird eine aus zwei Teilen bestehende Klausel verwendet, deren einer Teil nur Bestand haben kann, wenn der andere Teil unwirksam ist, so kann sich der Verwender nicht aussuchen, auf welche der beiden Teile er sich stützen will; vielmehr sind beide Teile unwirksam, KG – Urt. v. 10.1.2005 – DWW 2005, 69 = MM 2005, 111.

Auch bei einem Zusammentreffen von wirksamen und unwirksamen Klauseln kann es also zu einem Summierungseffekt kommen. Man kann auch von einer Infektionswirkung einer unwirksamen Formularklausel auf eine für sich genommen wirksame Formularklausel sprechen. Im Ergebnis ist damit auch die – isoliert betrachtet – an sich wirksame Klausel unangemessen und unwirksam: 1 Kritisch dazu auch Hensen DWW 1998, 358; Schumacher NZM 2003, 13, 16. 2 Summierung der Pflicht zu laufenden Schönheitsreparaturen und zur Endrenovierung.

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Rn. II 52

Vertragsgestaltung

BGH – Beschl. v. 2.12.1992 – WM 1993, 175, 176 = ZMR 1993, 216 für das Zusammentreffen der Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen mit der Pflicht zur Anfangsrenovierung; OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 470: Bei der Vermietung von Wohnräumen, nicht aber bei der mietweisen Überlassung von Gewerberäumen hält eine Klausel, die dem Mieter die Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen auferlegt, einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand, wenn der Mieter zugleich auf Grund einer Individualabrede eine Anfangsrenovierung durchzuführen hat. BGH – Urt. v. 14.5.2003 – NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436 = ZMR 2003, 653 für das Zusammentreffen der Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen mit der Pflicht zur Schlussrenovierung;1 Ebenso: BGH – VU v. 25.6.2003 – NZM 2003, 755 = WuM 2003, 561, KG – Urt. v. 10.1.2005 – DWW 2005, 69 = MM 2005, 111, OLG Hamm – Urt. v. 5.7.2002 – NZM 2002, 988 = MDR 2002, 1243 = ZMR 2002, 822 für die formularmäßige Pflicht, die Gewerberäume bei Beendigung des Mietverhältnisses in voll renoviertem Zustand zurückzugeben, wenn der Mieter daneben während der Mietzeit laufend Schönheitsreparaturen ausführen muss; ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.7.2005 – WuM 2005, 655 = ZMR 2005, 710, Urt. v. 4.5.2006 – NZM 2006, 462; BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 621 = WuM 2006, 308 = MietRB 2006, 229 (Ott) zum Zusammentreffen der formularmäßigen Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen mit einer sog. Makulaturklausel (s. zu dieser Rn. IX 118); BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 623 = WuM 2006, 306 zum Zusammentreffen der formularmäßigen Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen mit einer individuell ausgehandelten Makulaturklausel; BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472 zum Zusammentreffen der Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen mit einer Farbwahlklausel: Die Einschränkung der Farbwahl während der Mietzeit benachteiligt den Mieter unangemessen und führt zur Unwirksamkeit auch der Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter.2 OLG Rostock – Urt. v. 13.12.2004 – NZM 2005, 507 für die fehlende Aufschlüsselung der in einem Einkaufszentrum entstandenen Kosten des Centermanagements, die auf die Gewerberaummieter umgelegt werden.3

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Der Summierungseffekt entfaltet sich auch dann, wenn die Klauseln getrennt voneinander im Vertrag enthalten sind; entscheidend ist, dass sie sich bei wirtschaftlicher Betrachtung insgesamt mit einem identischen Pflichtenkreis (z.B. der Renovierungspflicht des Mieters) befassen und ihrer gemeinsamen Bestimmung gemäß als zusammengehörig betrachtet werden, BGH – Urt. v. 14.5.2003 – NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436 = ZMR 2003, 653. 1 S. dazu auch Kinne ZMR 2004, 245; Pfeilschifter WuM 2003, 543. 2 Die Klausel lautet: „Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht wie folgt auszuführen: ... Die Schönheitsreparaturen sind in neutralen, deckenden hellen Farben und Tapeten auszuführen.“ 3 Die Klausel lautet: „Das Centermanagement hat im Gesamtinteresse des Einkaufs-/ Fachmarktcentrums ... u.a. die Aufgabe, für die Werterhaltung des Objekts umsatzfördernde Maßnahmen, Überwachung der Einhaltung der mietvertraglichen Bestimmungen, die Instandhaltung, Wartung und Instandsetzung sowie die Regelung der Hausordnung, Parkplatzordnung sowie der Feuerschutzordnung Sorge zu tragen.“ Ihre Unwirksamkeit ist allerdings auf die mangelnde Transparenz sowie hinsichtlich der Kosten der Instandsetzung auf das Überraschungsmoment gestützt worden.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 54

Hierbei kommt es nicht darauf an, dass die eine Bestimmung vorformuliert und die andere individuell vereinbart ist, BGH – Beschl. v. 2.12.1992 – WM 1993, 175, 176 = ZMR 1993, 216, BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 623 = WuM 2006, 306, OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 470.

Dem Summierungseffekt steht das Trennungsprinzip gegenüber, das mit der sog. blue-pencil-Methode anschaulich zu erklären ist. Es bedeutet, dass zu prüfen ist, ob bei Streichung des unwirksamen Teils der Klausel der restliche Teil noch eine in sich geschlossene sinnvolle Regelung ergibt. Lässt sich eine Klausel nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil trennen, ist die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils unter Weglassen des unwirksamen Teils rechtlich unbedenklich,1

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OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – ZMR 2004, 745.

Nur wenn der als unwirksam anzusehende Rest der Klausel im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll, insbesondere von so einschneidender Bedeutung ist, dass bei seinem Wegfall von einer gänzlich neuen Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, die von der bisherigen völlig abweicht, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel, mithin auch den für sich genommen wirksamen Teil, BGH – Urt. v. 18.4.1989 – NJW 1989, 3215 = MDR 1989, 810.

Beispiele für die „blue pencil-Methode“ in Wohnraummietverträgen:

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BGH – Urt. v. 25.6.2003 – NZM 2003, 754 = WuM 2003, 495 = ZMR 2003, 729: Die Unwirksamkeit der Fälligkeitsabrede über die Kaution berührt nicht die Wirksamkeit der Kautionsabrede als solche; BGH – Urt. v. 21.1.2004 – ZMR 2004, 341, Urt. v. 3.3.2004 – WuM 2004, 288 für eine preisrechtliche Gleitklausel;2 KG – Beschl. v. 9.1.2006 – ZMR 2006, 524, 525 für wirksames Bürgschaftsversprechen und unwirksamen Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit; BayObLG – RE v. 12.5.1997 – WuM 1997, 362: Eine Klausel, die Pflichten zur Durchführung von Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsmaßnahmen enthält,3 ist teilbar und hinsichtlich des Teiles, durch den der Mieter verpflichtet wird, Schönheitsreparaturen auszuführen, wirksam, während die Klausel im Übrigen unwirksam ist. 1 Heinrichs NZM 2005, 201, 204; kritisch Pfeilschifter WuM 2003, 543, 548. 2 Die Klausel lautet: „Alle durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im konkreten Fall zugelassenen Mieterhöhungen oder Erhöhungen bzw. Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstücksumlagen jeder Art sind vom Zeitpunkt der Zulässigkeit ab vereinbart und zahlbar, ohne dass es einer Kündigung oder Mitteilung gemäß § 18 I. BMG bedarf.“ Nur der durchgestrichene Teil ist unwirksam. 3 Die Klausel lautet: „Der Mieter ist einer bei Überlassung einer renovierten Wohnung verpflichtet, während der Dauer des Mietverhältnisses auf seine Kosten notwendig werdende Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Klosettspüler, Abflüsse, Öfen, Herde, Heizungsund Kochgeräte, Boiler und dergl. in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen.“

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Rn. II 54a

Vertragsgestaltung

OLG Stuttgart – RE v. 19.8.1993 – WuM 1993, 528 = ZMR 1993, 513: Aus der Klausel, nach der der Mieter Schönheitsreparaturen durch einen Fachhandwerker ausführen zu lassen hat, lassen sich die Worte „durch einen Fachhandwerker“ streichen, ohne dass die Klausel ihren Sinn verliert. OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – ZMR 2004, 745: Die Wirksamkeit der formularmäßig erteilten Einzugsermächtigung wird nicht dadurch berührt, dass in derselben Klausel (bei kundenfeindlicher Auslegung) dem Mieter die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Kontobelastung verwehrt wird. BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1040 = NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691 für salvatorische Klauseln sowohl mit Erhaltungs- als auch mit Ersetzungsinhalt; ebenso BGH – Urt. v. 15.6.2005 – NZM 2005, 779 (s. Rn. II 238).

Dagegen für Untrennbarkeit: BGH – Urt. v. 23.6.2004 – NZM 2004, 653 = WuM 2004, 463 = ZMR 2004, 736; Urt. v. 28.6.2006 – NJW 2006, 2915 = WuM 2006, 513 für die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter von Wohnraum gemäß einem starren Fristenplan: Die Unwirksamkeit der Fristenregelung erfasst auch die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen.

54a

Der Summierungseffekt ist gegenüber dem Übermaßverbot abzugrenzen. Bei Letzterem handelt es sich um ein Bewertungskriterium im Rahmen einer für sich zu beurteilenden Klausel. Es besagt, dass die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit einer Regelung im Rahmen der Inhaltskontrolle zu beachten sind; die Regelung darf nicht außer Verhältnis zu dem erstrebten Ziel stehen. Insofern besteht wiederum eine Parallele zum Summierungseffekt. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot ist etwa gegeben, wenn nach Gesetz oder Vertragsinhalt eine Interessenabwägung geboten ist, die Ermessensentscheidung zugunsten des Verwenders aber vorweggenommen wird, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – WuM 2007, 381 zum generellen Verbot, eine Antenne anzubringen,

oder der Mieter mit u.U. noch nicht erforderlichen oder übermäßigen Renovierungsarbeiten belastet wird, BGH – Urt. v. 23.6.2004 – NZM 2004, 653 = WuM 2004, 463 = ZMR 2004, 736; Urt. v. 28.6.2006 – NJW 2006, 2915 = WuM 2006, 513 zu starren Fristenplänen, KG – Beschl. v. 17.9.2007 – GE 2008, 987 für die Überbürdung von laufenden Schönheitsreparaturen, deren Umfang über den Katalog von § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV hinausgeht,

oder sein Gestaltungsermessen bei der Renovierung während der Mietzeit zu stark eingeschränkt wird, BGH – Urt. v. 28.3.2007 – NZM 2007, 398 = ZMR 2007, 528 zum Erlaubnisvorbehalt des Vermieters bei Abweichungen von der bisherigen Ausführungsart,

oder sich der Zustimmungsvorbehalt zur Haltung von Tieren in der Wohnung auf sämtliche Tiere mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen bezieht, BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 11.

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Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion einer Formularklausel auf einen noch zulässigen Inhalt ist vom Trennungsprinzip abzugrenzen.1 Es besagt, 1 S. dazu Pfeilschifter WuM 2003, 543, 548; Heinrichs NZM 2005, 201, 202.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 56

dass eine Klausel, die der Inhaltskontrolle nach §§ 307 f. BGB nicht standhält, nicht auf den gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt und in diesem Umfang aufrechterhalten werden darf, BGH – Urt. v. 25.3.1998 – NJW 1998, 2284, 2285, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2006, 17 = NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844 zur unbeschränkten Übertragung der Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht auf den Mieter von Gewerberäumen, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – DWW 2005, 194 = WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443 für den befristeten Ausschluss der ordentlichen Kündigung für einen längeren Zeitraum als 4 Jahre.

Das Verbot kommt dann zum Tragen, wenn die Klausel zulässige und unzulässige Tatbestände derart sprachlich miteinander verbindet, dass der zulässige Teil nur durch eine sprachliche und inhaltliche Umgestaltung herausgefiltert werden könnte, BGH – Urt. v. 25.6.2003 – NZM 2003, 754 = WuM 2003, 495 = ZMR 2003, 729 bei unzulässiger Fälligkeitsregelung im Rahmen einer Kautionsvereinbarung, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – WuM 2006, 152 jeweils für formularmäßigen Kündigungsverzicht, der die Dauer von 4 Jahren übersteigt, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513 für laufende Schönheitsreparaturen und starren Fristenplan, BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472 Tz. 20 für laufende Schönheitsreparaturen und Farbwahlklausel.

Umgekehrt ausgedrückt: Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion gilt nur dann nicht, wenn sich die Klausel nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil trennen lässt, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – WuM 2006, 152 für befristeten Kündigungsverzicht und Staffelmietvereinbarung. BGH – Urt. v. 18.10.2006 – NZM 2006, 924 (Tz. 17–19) = WuM 2006, 677 = ZMR 2007, 28;1 Urt. v. 7.3.2007 – NZM 2007, 355 = WuM 2007, 260 für Renovierungsklausel mit „weichem Fristenplan“ und Abgeltungsklausel mit starren Prozentsätzen; ebenso LG Nürnberg-Fürth ZMR 2005, 622, LG Itzehoe WuM 2007, 691, 692.2

d) Generalisierende Betrachtungsweise Es kommt auf eine generalisierende und objektive Betrachtungsweise, nicht auf die Umstände des Einzelfalls bei der Bewertung der Klausel an.3 Zu fragen ist also, ob die Klausel für Vermieter und Mieter im Allgemeinen für alle 1 Dazu Kappus ZMR 2007, 31; Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653; Wiek WuM 2006, 680. 2 Ebenso Langenberg, Schönheitsreparaturen Rn. I 234; Artz NZM 2007, 265, 269; dagegen: Goch WuM 2004, 133, 135 auf Grund des Summierungseffekts; Klimke/Lehmann-Richter ZMR 2005, 417, 423. 3 S. Heinrichs NZM 2005, 201, 202 mit Nachw. auch aus der älteren Rspr.; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 110 f.

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Rn. II 56a

Vertragsgestaltung

typischen Anwendungsfälle eine angemessene und billige Regelung darstellt. Die §§ 307–309 BGB schließen in ihrem Anwendungsbereich den Rückgriff auf § 242 BGB aus. Danach ist es nicht zulässig, lediglich dann von der Unwirksamkeit einer Klausel auszugehen, wenn sie im Einzelfall zu einer unangemessenen Benachteiligung führt,1 BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1041 = NZM 2005, 504 = ZMR 2005, 527.2

Dabei ist von wesentlicher Bedeutung, ob die abbedungene gesetzliche Regelung nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht oder eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgehalts darstellt, BGH – Urt. v. 1.4.1992 – MDR 1992, 643 = ZMR 1992, 295.

Unberührt hiervon bleibt, dass die Berufung auf eine (wirksame) Formularklausel gegen Treu und Glauben verstoßen kann. 56a

Anders verhält es sich bei der Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB. Danach können auch die konkret und individuell den Vertragsabschluss begleitenden Umstände in die Bewertung einbezogen werden,3 so etwa die Verhandlungsstärke der einen oder anderen Partei entweder als immobilien- und rechtskundiger Anbieter oder unerfahrener junger bzw. schwacher älterer Mensch, das Angewiesensein des Mietinteressenten auf eine Wohnung, das Klima bei den Vertragsverhandlungen (Überrumpelungsoder Verschleierungsversuche). e) Leitbildfunktion der gesetzlichen Regelung

57

Dem Wesen des Mietverhältnisses als eines personenbezogenen Dauerschuldverhältnisses ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB Rechnung zu tragen (Leitbildfunktion).4 So lassen sich zum Leasingrecht vorgenommene Wertungen nicht ohne weiteres auf die Raummiete übertragen. Beispiel zum Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 549 Abs.1 Satz 2 BGB a.F. (= § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB), einerseits bejahend beim Leasingvertrag: BGH – Urt. v. 4.7.1990 – BB 1990, 1796; andererseits verneinend bei einem Mietverhältnis (über Gewerberaum): BGH – Urt. v. 24.5. 1995 – WuM 1995, 481 = ZMR 1995, 397.

Vielmehr ist das vom Gesetzgeber typisierte Schutzbedürfnis einer Vertragspartei – häufig des Mieters – zu beachten. Beispiele: BGH – Beschl. v. 8.1.1986 – NJW 1986, 2102 = WuM 1986, 209 = ZMR 1986, 192 zur Übernahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung, 1 Heinrichs NZM 2005, 201, 203. 2 Zum Fall: Die Unwirksamkeit der Schlussrenovierungsklausel in einem Formularmietvertrag über Gewerberäume kann nicht auf den Fall reduziert werden, dass die letzten Schönheitsreparaturen erst kurz vor dem Auszug des Mieters ausgeführt worden sind. 3 Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 402. 4 S. dazu Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 206 f., 221 f.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 58

BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381, 384 = ZMR 1991, 290 zur Heizpflicht des Vermieters und zur Duldungspflicht des Mieters bei Installation von Antennen, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443 zur Höchstdauer des formularmäßigen Kündigungsverzichts im Hinblick auf § 557a Abs. 3 BGB, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844 zur Überbürdung der gesamten Erhaltungslast für Gemeinschaftsflächen auf den Mieter von Gewerberaum ohne Kostenbegrenzung entgegen §§ 535, 538 BGB, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 110 zur Tilgungsregelung abweichend von § 366 BGB und der dadurch möglichen Verschlechterung der Kündigungsfolgen nach § 554 BGB a.F. (= § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) zum Nachteil des Mieters, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WM 1992, 56, 60 zum Tierhaltungsverbot.

Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Freizeichnungsverbots in § 309 Nr. 7 BGB ist zu prüfen, ob hiervon Kardinalpflichten betroffen sind. Dieser Begriff ist weiter als derjenige von Hauptpflichten zu ziehen und erfasst „alle Pflichten, deren Beachtung erst die Voraussetzungen für eine konkrete Vertragserfüllung schafft“.1 Hierzu zählt etwa die Pflicht zur Übergabe zu einem bestimmten Zeitpunkt, da die Miete insoweit als Fixgeschäft zu werten ist,2 s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.1993 – DWW 1993, 197,

die Instandsetzungspflicht, die durch den Ausschluss der Vermieterhaftung für Beschädigung von Sachen des Mieters von Wohnraum infolge leichter Fahrlässigkeit eingeschränkt wird, BGH – Urt. v. 24.10.2001 – NZM 2002, 116 = WuM 2002, 141 = ZMR 2002, 184.

Auch die Gewährung und der Schutz des vertragsgemäßen Gebrauchs zählen zu den Kardinalpflichten.3 Sie werden sich allerdings auf die vertragstypischen Gebrauchsrechte beschränken sowie auf solche Gebrauchsmöglichkeiten, auf die der Mieter angewiesen ist.4 f) Risikobegrenzung Die Notwendigkeit der Risikobegrenzung und der Überschaubarkeit des Risikos fällt häufig mit dem Transparenzgebot zusammen. Erforderlich ist, dass das auf den Mieter abgewälzte Risiko zumindest gegenständlich, insbesondere bei der Wohnraummiete auch betragsmäßig, eingegrenzt wird. Beispiele: BGH – Urt. v. 7.6.1989 – NJW 1989, 2247 zur Übertragung der Kosten für Kleinreparaturen, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290 zur Übertragung der Wartung von Thermen und zur Erstreckung der Mieterhaftung für das Verhalten „sonstiger Personen“, 1 2 3 4

Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 309 Rn. 33. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 8. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 194. Das gilt z.B. für formularmäßige Beschränkungen, Gegenstände auf Gemeinschaftsflächen abzustellen, wenn der alte oder gehbehinderte Mieter seinen Rollator im Hausflur abstellen muss, s. dazu Rn. VI 146.

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Rn. II 59

Vertragsgestaltung

BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NJW 2005, 673, 675 = NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844 zur Überbürdung der gesamten Erhaltungslast für Gemeinschaftsflächen auf den Mieter ohne Beschränkung der Höhe nach.

Entsprechendes gilt für Formularklauseln, in denen dem Mieter die gesamte Erhaltung des Mietobjekts auferlegt wird, auch soweit die Erhaltungsmaßnahmen nicht Folge des Mietgebrauchs sind oder aus dem Risikobereich des Mieters entstammen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.2.1992 – DWW 1992, 241.

Zur Überbürdung der Instandsetzung und Instandhaltung „an Dach und Fach“ s. Rn. II 182, 188. 59

Wesentliche Bedeutung bei der Bewertung von Haftungsklauseln kommt auch dem Umstand zu, ob das überbürdete Risiko für den Mieter beherrschbar ist, BGH – Urt. v. 1.4.1992 – NJW 1992, 1761 = ZMR 1992, 295, 296.

Eine formularmäßig begründete uneingeschränkte Zufallshaftung des Mieters benachteiligt diesen unangemessen. Sie kann nur ausnahmsweise auf Grund weiterer Umstände zulässig sein (z.B. Beherrschbarkeit des Risikos oder typische Versicherung des Risikos durch den Mieter), BGH a.a.O.

g) Preisargument 60

Das Argument des günstigeren Preises kann grundsätzlich nicht dazu führen, die Unangemessenheit einer Klausel zu rechtfertigen.1 Das gilt insbesondere bei fehlender Tarifwahl, BGH – Urt. v. 19.12.2007 – MDR 2008, 441 = NZM 2008, 243 Tz. 28: Dieses „Preisargument“2 ist im Rahmen der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB indessen grundsätzlich nicht statthaft. Die Bestimmung des angemessenen Preises hat regelmäßig nicht durch die Gerichte, sondern durch die am relevanten Markt herrschende Angebots- und Nachfragesituation zu erfolgen. Behandelte man eine Klausel als wirksam, weil anderenfalls die Möglichkeit bestünde, dass der Verwender statt des vereinbarten Preises künftig einen höheren Preis verlangen würde, wäre den Verwendern mit dem Preisargument eine pauschale Rechtfertigung aller belastenden Klauseln an die Hand gegeben. Die Inhaltskontrolle von AGB liefe leer (BGHZ 77, 126 [131] = NJW 1980, 1953; BGHZ 120, 216 [226] = NJW 1993, 2442). Die Folge wäre ein „Konditionenwettbewerb“ verschiedener AGB-Verwender „nach unten“; denn der Wettbewerb um Kunden erfolgt hauptsächlich über den Preis, nicht über die Qualität von AGB. Zudem ist es regelmäßig fraglich und gerichtlich nicht nachvollziehbar, ob mit der Verwendung nicht benachteiligender Klauseln eine Preissteigerung eintritt, die am Markt auch tatsächlich durchsetzbar ist. Tz. 29: Das „Preisargument“ kann im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich bei Hinzutreten besonderer Umstände Berücksichti1 Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 145, anders aber Rn. 147 zu Schönheitsreparaturen. 2 Nämlich dass eine kürzere Laufzeit von Mietverträgen über Verbrauchserfassungsgeräte zu einem höheren Mietzins führen würde. Der BGH befasste sich in der zitierten Entscheidung mit der Kontrolle der Laufzeit von Mietverträgen der genannten Geräte.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 62

gung finden. Diese können z.B. vorliegen bei der Abwälzung regelmäßig unkalkulierbar entstehender Kosten auf den Kunden (BGHZ 101, 253 [263] = NJW 1987, 2575), wenn einer geringwertigen Hauptleistung ein sich selten verwirklichendes, aber gewichtiges Schadensrisiko gegenübersteht oder wenn der Verwender seinem Kunden eine Tarifwahl zwischen mehreren Vertragsmodellen eröffnet, in denen eine unterschiedliche Risikotragung mit einer entsprechenden Preisgestaltung verknüpft ist (BGHZ 77, 126 [133 f.] = NJW 1980, 1953).

Trotzdem soll die Verkehrsanschauung zu einem anderen Ergebnis führen können. So wird etwa angenommen, dass die Übertragung laufender Schönheitsreparaturen auf den Mieter (auch) durch den angeblich hierdurch bedingten niedrigeren Mietpreis den Mieter nicht unangemessen benachteiligt, BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 93, 363 = NJW 1985, 480, BGH – RE v. 6.7.1988 – BGHZ 105, 51 = NJW 1988, 2790.

Bei dieser Bewertung werden allerdings zwei Ebenen bedenklich miteinander verwechselt: Die Kosten für Schönheitsreparaturen bilden nicht nur für den an die Kostenmiete gebundenen Vermieter von preisgebundenem Wohnraum, sondern ebenso für den Vermieter von nicht preisgebundenen Räumen einen Kalkulationsfaktor bei der (internen) Bemessung der Miete. Ob und inwieweit der Vermieter von nicht preisgebundenem Wohnraum diesen auf dem externen Bereich des Marktes durchsetzen kann, hängt von der jeweiligen Marktstruktur und -entwicklung ab. Dem wird in den Entscheidungen des BGH zur Klauselbewertung nicht ersichtlich Rechnung getragen, soweit das Preisargument angeführt wird.1 Empirische Daten hierzu fehlen; der Rückgriff auf § 28 Abs. 4 II. BV ist für den preisfreien Wohnraum nicht einschlägig und führt zu einem Zirkelschluss, indem die interne Bemessungsmaxime der realisierbaren gleichgesetzt wird und umgekehrt. h) Versicherbarkeit des übernommenen Risikos Die Versicherbarkeit des vom Mieter übernommenen Risikos kann der Haftungsüberbürdung die Unangemessenheit nehmen, wenn Mieter eine diesbezügliche Versicherung verkehrsüblich abschließen (z.B. Hausratversicherung),2

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BGH – Urt. v. 1.4.1992 – MDR 1992, 643 = ZMR 1992, 295, 296 Sp. 2.

Das gilt insbesondere, wenn dem Mieter von Gewerberäumen eine Pflicht zur Versicherung auferlegt worden ist (s. dazu Rn. II 157). i) Rechtsfolge bei Unwirksamkeit einer Formularklausel Die Unwirksamkeit einer Klausel, die entgegen § 139 BGB die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt (s. § 306 Abs. 1 BGB), ist relativ: Auf sie kann sich zwar der Kunde bzw. Mieter, nicht aber der Verwender bzw. Vermieter berufen, 1 S. dazu Emmerich NZM 2006, 761, 763 f.; Sternel NZM 2007, 545, 551. 2 S. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 149.

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Rn. II 62a

Vertragsgestaltung

BGH – Urt. v. 8.7.1998 – NZM 1998, 718 für formularvertraglich geregelte Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.4.1998 – ZMR 1999, 620, 626: Auf die Unwirksamkeit einer langfristigen Vertragsbindung kann sich der Verwender nicht berufen und daher das Vertragsverhältnis1 nicht vor Ablauf der Bindungsfrist ordentlich kündigen. OLG Koblenz – Urt. v. 20.5.1999 – WuM 1999, 694: für eine Klausel, nach der sich die Mieter wechselseitig auch zum Ausspruch einer Kündigung bevollmächtigen, sofern nur einer der Mieter kündigt und die anderen Mieter kein Interesse an der Fortsetzung des Mietverhältnisses haben.2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.10.2001 – ZMR 2003, 96: Verwendet der Vermieter eine Vollmachtsklausel,3 die der Inhaltskontrolle nicht standhält, so darf er sich auf deren Unwirksamkeit nach § 9 AGBG (= § 307 BGB) nicht berufen.

Das Gleiche gilt, wenn eine formularvertragliche Gesamtregelung, die sich aus einer wirksamen und einer unwirksamen Formularklausel zusammensetzt, einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB nicht standhält und daher unwirksam ist. In einem solchen Fall kann sich der Verwender nicht auf die Unwirksamkeit der einen Klausel berufen, um den Bestand der für sich genommen wirksamen Klausel „zu retten“, BGH – Urt. v. 14.5.2003 – NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436 = ZMR 2003, 653 für das Zusammentreffen der Verpflichtungen des Mieters, die laufenden Schönheitsreparaturen und eine Schlussrenovierung durchzuführen.

Ist eine Formularklausel wegen des Zusammentreffens mit einer Individualvereinbarung auf Grund des Summierungseffekts unwirksam, so bleibt die Individualvereinbarung gleichwohl wirksam, es sei denn, dass sie inhaltlich derart von der Formularklausel abhängig ist, dass ihr kein selbständiger Regelungsgehalt zukommt, BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 623 = WuM 2006, 306 für das Zusammentreffen der formularmäßigen Übertragung laufender Schönheitsreparaturen mit einer individuell vereinbarten Makulaturklausel (Rn. IX 118), die wirksam bleibt.

Häufig wird sich die Unwirksamkeit aus § 139 BGB ergeben. Die Vermutung der Gesamtunwirksamkeit muss der Vermieter entkräften. Anders verhält es sich bei Geltung einer salvatorischen (Erhaltungs-)Klausel, s. dazu Rn. II 240. 62a

Wird die Unwirksamkeit einer AGB festgestellt, insbesondere weil sie einer Inhaltskontrolle nicht standhält, so kommt ein Vertrauensschutz etwa deshalb, weil bei Abschluss des Vertrages die Klausel von der höchstrichterlichen Rspr. nicht beanstandet worden war, nicht in Betracht,4

1 Zum Fall: Nutzungsvertrag über eine Golfanlage. 2 Problematisch ist allerdings, wie zu entscheiden wäre, wenn die nicht kündigenden Mieter das Mietverhältnis fortsetzen wollen. Hier wird von der Unwirksamkeit der Vollmachtsklausel auszugehen sein, weil der zugrunde liegende Gedanke des widersprüchlichen Verhaltens des Vermieters nicht greift. 3 Die Klausel lautet: „Rechtshandlungen und Willenserklärungen eines Vermieters sind auch für die anderen Vermieter, eines Mieters auch für die anderen Mieter verbindlich.“ Sie ist nach OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.10.2006 – ZMR 2008, 44 unwirksam. 4 Artz NZM 2007, 265, 268; Sternel NZM 2007, 545, 547; dagegen Horst NZM 2007, 185.

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Inhaltskontrolle und ihre wichtigsten Kriterien

Rn. II 64

BGH – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 363 = WuM 2008, 278, 279 (Tz. 20) = ZMR 2008, 527: Das Risiko, dass eine zunächst unbeanstandet gebliebene Klausel in späteren höchstrichterlichen Entscheidungen wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners als unwirksam beurteilt wird, trägt grundsätzlich der Verwender. Ein Vertragspartner, der sich nicht mit der gesetzlichen Regelung begnügt und zur Erweiterung seiner Rechte den Weg der AGB wählt, wird in der Regel nicht dadurch in seinem schutzwürdigen Vertrauen beeinträchtigt, dass eine Klausel geraume Zeit unbeanstandet geblieben ist und erst nach Jahren gerichtlich für unwirksam erachtet wird.

Eine differenzierte Betrachtungsweise soll jedoch ausnahmsweise dann geboten sein, wenn die aus der Änderung der Rspr. erwachsenden Folgen für die davon betroffene Partei zu unbilligen, unzumutbaren Härten führen würde, BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NZM 2007, 363 = ZMR 2007, 472 = MietRB 2007, 143 (Hogenschurz) verneinend zu den Folgen der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft im Hinblick auf die Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer; anders OLG München – Urt. v. 27.2.2007 – ZMR 2007, 481.

Beruht die abweichende Bewertung der AGB dagegen auf einer Gesetzesänderung, so liegt darin eine unechte Rückwirkung, die gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstößt und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Eine Verpflichtung zum Nachverhandeln besteht für den Mieter als Vertragspartner des Vermieters als Verwender nicht. Sie lässt sich insbesondere nicht mit einer veränderten Geschäftsgrundlage begründen, und zwar selbst dann nicht, wenn durch den Wegfall der Klausel das Äquivalenzverhältnis nachhaltig betroffen wird,1

63

BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1041 = NZM 2005, 504 = ZMR 2005, 527: Dass die vertragliche Äquivalenz einschneidend gestört werden kann, wenn dem Vermieter zur Abgeltung der Gebrauchsgewährung nur die Mietzahlung verbleibt, hat sich der Vermieter selbst zuzuschreiben. Wenn er dem Mieter ein Übermaß an Renovierungspflichten auferlegt, trägt er das Risiko der Gesamtunwirksamkeit und kann sich nicht darauf berufen, dass dadurch das vertragliche Gleichgewicht gestört wird.

Zweifelhaft erscheint, ob es zulässig ist, die durch die Unwirksamkeit einer Formularklausel entstandene Vertragslücke durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen; denn hierbei kann es zu einer Überschneidung mit einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion kommen. Jedenfalls kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht, wenn dispositives Vertragsrecht bereit steht, um die Lücke zu füllen. Dieses tritt nach § 306 Abs. 2 BGB auch dann an die Stelle einer unzulässigen Klausel, wenn für den Verwender eine günstigere (noch zulässige) vertragliche Gestaltungsmöglichkeit bestünde,

63a

BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513 zu starrem Fristenplan für laufende Schönheitsreparaturen.

Gäbe man einer solchen günstigeren Gestaltungsmöglichkeit den Vorrang, so liefe das (ebenfalls) auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinaus. Der Vermieter kann die unwirksame Klausel nicht dadurch „retten“, dass er dem Mieter eine Vertragsänderung mit (gerade noch) zulässigem Inhalt anbie1 S. hierzu Heinrichs NZM 2005, 201, 206.

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64

Rn. II 65

Vertragsgestaltung

tet, auf die sich der Mieter nach Treu und Glauben einlassen müsste, wenn er den wirtschaftlichen Vorteil aus der Unwirksamkeit der Klausel sich erhalten will.1 Das schließt eine nachträgliche Ersetzung von unwirksamen Klauseln auf Grund freier Entscheidung auch des Mieters nicht aus. In diesem Zusammenhang wird der Vermieter zu beachten haben, dass er zwar den Mieter nicht rechtlich zu beraten braucht, ihn aber auch nicht über die Rechtslage hinwegtäuschen darf; denn dadurch würde er sich nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig machen.2 Zum Schadensersatz bei Verwendung unwirksamer Formularklauseln s. Rn. I 300. Zu den Rechtsfolgen unwirksamer Renovierungsklauseln s. Rn. IX 43 f. j) Beweislast 65

Die Beweislast für das Vorliegen von Umständen, die eine unangemessene Benachteiligung durch Formularklauseln gemäß §§ 307 ff. BGB ergeben, trägt der Vertragspartner des Verwenders, also in der Regel der Mieter, BGH – Urt. v. 6.12.2002 – NZM 2003, 292, s. auch BGH NJW 1996, 388.

Das gilt auch für die Umstände, die sich auf die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen beziehen.3 66–100 Frei.

4. Formularklausel-ABC 101

. Abgeltungsklauseln – s. Schönheitsreparaturen „Abgeltungs- oder Quotenhaftungsklausel“ Rn. XI 212 – s. Vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses

102

. Abschleifen von Parkettböden – s. Fußboden- und Parkettpflege

103

. Abschlussgebühr s. Rn. I 47

104

. Abtretung – s. Untermiete Eine mietvertragliche Klausel, wonach der Mieter die im Falle der Untervermietung entstehenden Forderungen auf Untermietzins an den Vermieter in

1 So aber Börstinghaus NZM 2005, 931. 2 S. dazu Klimke, Die nachträgliche Ersetzung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln durch Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter, ZMR 2005, 161. 3 Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 411.

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Rn. II 65

Vertragsgestaltung

tet, auf die sich der Mieter nach Treu und Glauben einlassen müsste, wenn er den wirtschaftlichen Vorteil aus der Unwirksamkeit der Klausel sich erhalten will.1 Das schließt eine nachträgliche Ersetzung von unwirksamen Klauseln auf Grund freier Entscheidung auch des Mieters nicht aus. In diesem Zusammenhang wird der Vermieter zu beachten haben, dass er zwar den Mieter nicht rechtlich zu beraten braucht, ihn aber auch nicht über die Rechtslage hinwegtäuschen darf; denn dadurch würde er sich nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig machen.2 Zum Schadensersatz bei Verwendung unwirksamer Formularklauseln s. Rn. I 300. Zu den Rechtsfolgen unwirksamer Renovierungsklauseln s. Rn. IX 43 f. j) Beweislast 65

Die Beweislast für das Vorliegen von Umständen, die eine unangemessene Benachteiligung durch Formularklauseln gemäß §§ 307 ff. BGB ergeben, trägt der Vertragspartner des Verwenders, also in der Regel der Mieter, BGH – Urt. v. 6.12.2002 – NZM 2003, 292, s. auch BGH NJW 1996, 388.

Das gilt auch für die Umstände, die sich auf die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen beziehen.3 66–100 Frei.

4. Formularklausel-ABC 101

. Abgeltungsklauseln – s. Schönheitsreparaturen „Abgeltungs- oder Quotenhaftungsklausel“ Rn. XI 212 – s. Vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses

102

. Abschleifen von Parkettböden – s. Fußboden- und Parkettpflege

103

. Abschlussgebühr s. Rn. I 47

104

. Abtretung – s. Untermiete Eine mietvertragliche Klausel, wonach der Mieter die im Falle der Untervermietung entstehenden Forderungen auf Untermietzins an den Vermieter in

1 So aber Börstinghaus NZM 2005, 931. 2 S. dazu Klimke, Die nachträgliche Ersetzung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln durch Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter, ZMR 2005, 161. 3 Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 307 Rn. 411.

168

Formularklausel-ABC

Rn. II 108

Höhe von dessen Mietforderungen zur Sicherheit abtritt, ist mangels ausreichender Bestimmtheit unwirksam,1 OLG Hamburg – Urt. v. 10.12.1998 – NZM 1999, 806 = ZMR 1999, 328 = WM 1999, 278.

. Anerkennung des vertragsgemäßen Zustandes

105

– s. Besichtigung – s. Übergabe

. Antenne, Fernsehen

106

Die Formularklausel „Ist die Wohnung an eine Gemeinschaftsantenne oder an eine mit einem Breitbandkabelnetz verbundene Verteileranlage angeschlossen, darf der Mieter außerhalb seiner Wohnung keine eigene Antenne für Hörfunk oder Fernsehen anbringen“ ist wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam, weil sie nicht zwischen deutschen und ausländischen Mietern unterscheidet und das Ergebnis der Güterabwägung zwischen Eigentumsrecht und Informationsfreiheit vorwegnimmt, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 597 = WuM 2007, 381.

Das Gleiche gilt für die Klausel „Das Gebäude, in welchem sich die Wohnung befindet, ist mit einer Gemeinschaftsantenne für Rundfunk und Fernsehen ausgerüstet. Der Mieter darf keine eigene, außen sichtbare Antenne anbringen“, s. LG Essen WuM 1998, 344, AG Eschweiler WuM 2000, 412.

– s. auch Duldung – s. auch Mietgebrauch

. Anzeigepflicht

107

Die Formularklausel „Für einen durch nicht rechtzeitige Anzeige verursachten weiteren Schaden ist der Mieter ersatzpflichtig“ ist wirksam, weil sie erkennbar nur die gesetzliche Regelung in § 545 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB a.F. (= § 536c Abs. 1 BGB) wiederholen soll. Ebenso wie diese Vorschrift ist die Klausel so zu verstehen, dass sie eine Ersatzpflicht des Mieters nur bei schuldhafter Verletzung der Anzeigepflicht begründen soll, BGH – Urt. v. 20.1.1993 – DWW 1993, 74 = MDR 1993, 339 = NJW 1993, 1061 = WuM 1993, 109 = ZMR 1993, 263, 264.

. Aufrechung und Zurückbehaltung

108

Jedenfalls bei anderen Mietverhältnissen als solchen über Wohnraum können Aufrechung und Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts von einer an eine Frist gebundenen Ankündigung abhängig gemacht werden,2 OLG Celle – Urt. v. 23.4.1997 – NZM 1998, 265, OLG Hamm – Urt. v. 29.4.1997 – MDR 1997, 927, OLG Hamburg – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 264 = WuM 1998, 152, 1 S. dazu Thaler/Tachezey NZM 2000, 1043. 2 Zu sog. Abkoppelungsklauseln s. Horst DWW 2006, 48 f.

169

Rn. II 109

Vertragsgestaltung

OLG Rostock – Beschl. v. 5.3.1999 – NZM 1999, 1006 = ZMR 2000, 294, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.7.2001 – NZM 2002, 953.

Bei der Wohnraummiete ist neben der Beschränkung in § 309 Nrn. 2, 3 BGB die weitere Beschränkung aus § 556b Abs. 2 BGB zu beachten. 109

Die Aufrechnungsbeschränkungen des § 309 Nr. 3 BGB (bisher § 11 Nr. 3 AGBG) sollen als konkretisierte Ausformungen des § 307 BGB (bisher § 9 AGBG) auch für den kaufmännischen Verkehr gelten, s. auch Rn. II 3, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.4.1988 – ZMR 1989, 61, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 31.5.2005 – DWW 2005, 291 = MDR 2005, 1045.

Daher ist eine Formularklausel über den gänzlichen Ausschluss der Aufrechnung auch im kaufmännischen Verkehr nicht wirksam. Die genannten Beschränkungen auf unstreitige, rechtskräftig festgestellte und liquide Forderungen gelten auch für den Anspruch des Mieters auf Rückerstattung der Mietkaution nach Beendigung des Mietverhältnisses,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.6.2004 – ZMR 2004, 905.

110

Die Formularklausel „Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn die Gegenforderung auf unbestrittenen, rechtskräftig festgestellten oder entscheidungsreifen Ansprüchen beruht“ erstreckt sich auch auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages i.S. von § 320 BGB, BGH – Urt. v. 26.3.2003 – ZMR 2003, 416 = NZM 2003, 437 = WuM 2003, 439, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.3.2001 – GE 2001, 692.

Zur Unbestrittenheit der Gegenforderung reicht es aus, dass die Tatsachen, die die Gegenforderung begründen, unstreitig sind, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.5.2008 – GuT 2008, 204.

Eine Klausel, die die Aufrechung und Zurückbehaltung nur mit rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässt, ist dahin ausgelegt worden, dass sie sich auch auf unbestrittene Forderungen bezieht. Es wäre nämlich sinnwidrig, für Letztere einen Aufrechungsausschluss anzunehmen, da in diesem Fall Einwendungen gegen solche Forderungen nicht einmal erhoben werden, BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170.

Unwirksam ist dagegen die Formularklausel „Der Mieter kann nur mit solchen Zahlungen aus dem Mietverhältnis aufrechnen oder die Zurückbehaltung erklären, die entweder rechtskräftig festgestellt sind oder zu denen der Vermieter im Einzelfall seine Zustimmung erklärt“; denn die letztere Beschränkung bezieht sich bei kundenfeindlicher Auslegung auch auf unbestrittene Forderungen und stellt es ins Belieben des Vermieters, die Aufrechnung zu versagen. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel auf ein inhaltlich noch zulässiges Maß kommt nicht in Betracht, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – GE 2007, 1179, 1180 = NZM 2007, 684 = ZMR 2007, 854. 1 Zum Fall: Der Vermieter hatte die Kaution wegen Nebenkosten und Schadensersatz in Anspruch genommen; der Mieter erkannte die Gegenforderungen nicht an.

170

Formularklausel-ABC

Rn. II 113

Desgleichen ist eine Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum unwirksam, in der die Aufrechnung von der Bedingung abhängig gemacht wird, dass der Mieter nur aufrechnen darf, wenn er sich mit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht im Rückstand befindet, LG München I WuM 1998, 553.

Die Formularklausel „Der Mieter darf gegenüber dem Mietzins mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, wenn die Gegenforderung auf dem Mietverhältnis beruht, unbestritten ist oder ein rechtskräftiger Titel vorliegt“, kann so verstanden werden, dass das Komma zwischen „beruht“ und „unbestritten“ als „und“ und nicht als „oder“ zu lesen ist. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung wäre eine Aufrechung danach beschränkt auf Forderungen aus dem Mietverhältnis und verstieße daher gegen § 11 Nr. 3 AGBG (= § 309 Nr. 3 BGB),

111

LG Hamburg NZM 1999, 1041 = WuM 1999, 326 = ZMR 1999, 338, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 111: In Wohnraummietverträgen verstößt die Klausel außerdem gegen § 556b Abs. 2 BGB (§ 552a BGB a.F.), weil sie die Aufrechung auch mit streitigen oder nicht rechtskräftigen Schadensersatz- und nunmehr auch mit entsprechenden Rückforderungsansprüchen nicht zulässt.

Wirksame Aufrechnungsbeschränkungen gelten grundsätzlich nach Beendigung des Mietverhältnisses und Räumung fort; denn ihre Funktion, dem Vermieter Liquidität nicht vor Ablauf einer bestimmten Frist zu entziehen, erfüllen sie auch dann noch,

112

BGH – Beschl. v. 12.1.2000 – NZM 2000, 336 = WuM 2000, 240 = ZMR 2000, 364: Eine individuell ausgehandelte Aufrechnungsbeschränkung (Aufrechnung nur mit rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen) in einem Gewerberaummietvertrag gilt auch nach Beendigung des Mietverhältnisses und Räumung fort.

Das soll jedenfalls gelten, solange der Mieter noch nicht geräumt hat und dem Vermieter Ansprüche auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546a BGB zustehen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.10.1994 – WuM 1995, 392 = ZMR 1995, 303, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.4.1997 – WuM 1997, 428 = ZMR 1997, 466.

Eine Ausnahme besteht für Klauseln, nach denen eine Aufrechung oder die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts mit einer Frist anzukündigen sind. Diese Beschränkungen wirken über die Beendigung des Mietverhältnisses etwa durch fristlose Kündigung hinaus nur bis zur Räumung fort, BGH – Beschl. v. 12.1.2000 – MDR 2000, 515 = NZM 2000, 336 = WuM 2000, 240 (für Individualabrede), s. auch BGH NJW-RR 1988, 329, OLG Köln – Urt. v. 30.10.1997 – WM 1998, 23 = ZMR 1998, 763: Die Ankündigungsklausel kann dem Mieter nicht mehr entgegengehalten werden, wenn das Mietverhältnis beendet und die Räumung sowie die Herausgabe der Mietsache erfolgt sind. OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.12.2000 – WuM 2001, 121; Urt. v. 6.7.2001 – NZM 2002, 953 = WuM 2001, 121 = ZMR 2001, 447; Urt. v. 13.1.2005 – ZMR 2005, 450, OLG Rostock – Beschl. v. 5.3.1999 – NZM 1999, 1006 = ZMR 2000, 294.

171

113

Rn. II 114

Vertragsgestaltung

Zur Auswirkung von Aufrechnungsklauseln auf Klauseln zur Vorfälligkeit der Miete in Mietverträgen über Wohnraum, die vor Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 abgeschlossen worden sind, s. Rn. III 89. – s. auch Zurückbehaltung 114

. Aufzug – s. Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen – s. Haftungsausschluss Die Klausel „Die Benutzung des Fahrstuhls geschieht auf eigene Gefahr. Für etwaige, durch die Benutzung des Fahrstuhls entstehende Schäden haftet der Vermieter nur, soweit ihn vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden trifft“ ist unwirksam, weil ihr ein widersprüchliches Verhalten des Vermieters zugrunde liegt, da dem Mieter einerseits die Benutzung einer so gefährlichen Einrichtung wie eines Fahrstuhls ermöglicht wird und andererseits der Vermieter die daraus resultierende Haftung beschränken will, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 114.

114a

– Kosten BGH – Urt. v. 20.9.2006 – WuM 2006, 613: Die formularvertragliche Beteiligung des Mieters einer Erdgeschosswohnung an den Aufzugskosten benachteiligt diesen nicht unangemessen. Denn der Mieter muss die Abrechnung nach einem einheitlichen, generalisierenden Maßstab trotz ggf. unterschiedlicher Verursachungsanteile der Mietparteien grundsätzlich hinnehmen. Es liegt (konkret) auch kein Fall krasser Unbilligkeit vor, welcher dem Mieter im Einzelfall einen Anspruch aus § 242 BGB auf eine Umstellung des Umlagemaßstabs eröffnen könnte. Ebenso schon LG Augsburg WuM 2003, 270: Die im Formularvertrag vereinbarte Umlagefähigkeit der wohnungsanteiligen Aufzugskosten des Gebäudes ist auch dann wirksam, wenn der Mieter eine Erdgeschosswohnung angemietet hat. Begründung: Es handelt sich für den Vermieter nur um einen Kalkulationsbestandteil der Miete, den er z.B. auch in eine Inklusivmiete hätte einbeziehen können.

115

. Baufeuchte – s. Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen – s. Haftungsausschluss

116

. Behördliche Erlaubnisse – s. Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen – s. Haftungsausschluss

117

. Besichtklauseln Die Klausel „Das Miet-/Pachtobjekt wird in dem vorhandenen und besichtigten Zustand übergeben und vom Mieter/Pächter übernommen. Spätere Einwendungen wegen offener oder verdeckter Mängel sind ausgeschlossen“ soll sich nur auf anfängliche Mängel beziehen; offene sind sofort zu rügen, wegen verdeckter ist die Garantiehaftung des Vermieters ausgeschlossen,1 BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170. 1 S. dazu Horst DWW 2008, 169.

172

Formularklausel-ABC

Rn. II 120

Werden Räume „wie besichtigt“ gemietet, so bedeutet das in der Regel, dass der bei Besichtigung der Räume ohne sachkundige Nachforschungen feststellbare Zustand als vertragsgemäß gelten und deshalb der Erfüllungsanspruch des Mieters auf Beseitigung sichtbarer Mängel jedenfalls so lange ausgeschlossen sein soll, als keine wesentliche Verschlechterung eintritt,

118

KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56.

AGB-rechtlich ist die Klausel unwirksam, da sie fingiert, dass eine Besichtigung stattgefunden hat (§ 309 Nr. 12b BGB).1 Heißt es in einem Übergabeprotokoll, dass die Räume „wie besehen“ oder „wie gesehen“ übergeben werden, so bezieht sich das nicht auf die Erfüllungsansprüche des Mieters, sondern allenfalls auf Gewährleistungsrechte, BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807.

AGB-rechtlich verstößt eine solche Klausel ebenfalls gegen § 309 Nr. 12b BGB. Auch die Klausel „Der Mieter übernimmt die Mieträume in dem vorhandenen und ihm bekannten Zustand nach eingehender Besichtigung als vertragsgemäß, insbesondere als in jeder Hinsicht bezugsfertig und unbeschädigt mit folgenden Ausnahmen ...“ enthält eine unzulässige Tatsachenbekundung, verbunden mit einer unzulässigen Beweislastumkehr hinsichtlich des Anfangszustandes der Mieträume; sie verstößt daher gegen § 309 Nr. 12 BGB (= § 11 Nr. 15 AGBG),

119

OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – DWW 2004, 19 = WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921 = GE 2003, 1608.

Das Gleiche gilt für die Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag: „Der Mieter hat die Wohnung eingehend besichtigt“, LG München I WuM 1990, 271, 279,

ebenso die Formularklausel „Übernahme der Wohnung fachgerecht renoviert gemäß Übergabeprotokoll“, LG Freiburg WuM 2008, 334.2

Die Klausel „Das Ladenlokal wird wie besichtigt übernommen“ lässt nach OLG Düsseldorf (Urt. v. 13.1.2005 – ZMR 2005, 450) nicht erkennen, dass hiervon auch die Größe der Mietfläche erfasst werden soll, so dass durch sie Gewährleistungsansprüche des Mieters wegen erheblicher Flächenabweichung nicht ausgeschlossen werden.

. Besichtigung, Betreten

120

Klauseln, nach denen dem Vermieter ein allgemeines Recht eingeräumt wird, nach Ankündigung die Mieträume innerhalb angemessener Zeiträume zu besichtigen, um ihren Zustand zu überprüfen, sind wirksam, wenn der übliche Turnus von etwa 2 Jahren nicht unterschritten wird. 1 S. Ulmer/Brandner/Hensen Anhang § 310 BGB Rn. 598. 2 Zum Fall: Im Übergabeprotokoll war lediglich vermerkt: „Der Zustand ist vertragsgemäß; es liegen keine Beanstandungen vor.“

173

Rn. II 121

Vertragsgestaltung

Eine Formularklausel, nach der der Mieter im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses oder bei Verkauf des Mietgrundstücks die Besichtigung der Wohnung zwischen 9 und 19 Uhr bei Voranmeldung von 24 Stunden gestatten muss, soll wirksam sein, ebenso die Klausel, dass der Mieter dafür sorgen muss, dass während seiner Abwesenheit die Wohnung betreten werden kann,1 AG Wedding ZMR 1997, 365.

Dagegen bestehen Bedenken; denn eine solche Regelung verstößt gegen das Übermaßverbot. Die Klausel berücksichtigt keine Ausweichmöglichkeiten oder Verhinderungsfälle zugunsten des Mieters und trägt auch dem Umstand nicht Rechnung, dass der Mieter keine Vertrauensperson, der er den Schlüssel überlassen könnte, hat. Ebenso wenig beschränkt sich die Klausel auf Eil- oder Notfälle. Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der der Vermieter berechtigt ist, die Räume zu öffnen, zu reinigen und in einen bezugsfertigen Zustand zu bringen, ohne dass es einer Nachfristsetzung zur Beseitigung der Mängel bedarf, verstößt gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, da sie mit § 281 BGB nicht zu vereinbaren ist, KG – Urt. v. 30.10.2006 – GE 2006, 1477 = WuM 2007, 71 = ZMR 2007, 112.

Eine Klausel, die dem Vermieter gestattet, die Mieträume während der Geschäftszeit zur Prüfung ihres Zustandes oder aus anderen wichtigen Gründen zu betreten, gibt dem Vermieter nicht das Recht, Schlüssel für die Räume zurückzubehalten und sich mit dem Schlüssel ohne vorherige Ankündigung und ohne zwingenden Grund Zugang zu den Räumen zu verschaffen, OLG Celle – Beschl. v. 5.10.2006 – WuM 2007, 201.

– s. auch Übergabe 121

. Betriebskosten2 – Übertragung auf den Mieter Heißt es in einem Mietvertrag, dass der Mieter „die Kosten“ für bestimmte Betriebskosten „zu tragen“ hat, so ist er nicht verpflichtet, die diesen Kosten zugrunde liegenden Arbeiten auszuführen. Vielmehr hat er nur die entsprechenden Kosten zu zahlen, LG Berlin NZM 2003, 20 für Kosten der Gartenpflege, allerdings unter der nicht zutreffenden Annahme, die Klausel sei unklar, so dass die für den Mieter günstigere Möglichkeit gelte.

Die formularmäßige Abwälzung von Betriebskosten auf den Mieter muss sich auf bestimmte Kosten beziehen, zumindest aber das Kostenrisiko für den Mieter überschaubar machen. Daran fehlt es bei folgender Klausel „Für den Fall einer Erhöhung oder Neueinführung von Grundbesitzabgaben oder anderen 1 Zum Besichtigungsrecht des Vermieters und zu weiteren Klauseln s. Franke DWW 1998, 298; Schlüter NZM 2006, 681, 682. 2 Dazu ausführlich Fritz NZM 2002, 714, 714; zu Klauseln bei vermietetem Wohnungseigentum s. Riecke WuM 2003, 309, 311.

174

Formularklausel-ABC

Rn. II 124

Lasten und Kosten ist der Mieter verpflichtet, den auf das Mietobjekt entfallenden Anteil vom Zeitpunkt ihrer Entstehung ab zusätzlich zu zahlen“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.4.1991 – BB 1991, 1150.

Das Gleiche gilt für die Klausel „Der Mieter hat alle mit dem Mietobjekt verbundenen Nebenkosten zu tragen“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.7.1991 – DWW 1991, 283 = MDR 1991, 964.

Zu eng erscheint allerdings die Auffassung, dass zum Zwecke der Auslegung einer Regelung, die sich auf die Nebenkosten bezieht, auf die Bestimmung und den Katalog in § 27 II. BV sowie der Anlage 3 hierzu (s. jetzt § 2 BetrKV) nur dann zurückgegriffen werden könne, wenn auf diese Vorschriften im Mietvertrag Bezug genommen worden sei (so OLG Düsseldorf a.a.O.). Auch die Regelung in einem gewerblichen Mietvertrag „Sämtliche anfallenden Nebenkosten/Betriebskosten gehen anteilig zu Lasten des Mieters ...“ stellt wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit keine wirksame Betriebskostenvereinbarung dar.

122

Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin, dass der Mieter jedenfalls verpflichtet ist, die ortsüblichen verbrauchsabhängigen Betriebskosten zu tragen, kommt nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass bei fehlender oder inhaltlich unbestimmter Vereinbarung alle Vermieterleistungen durch die Miete abgegolten sind (s. auch Rn. II 63a), OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.9.2002 – ZMR 2003, 109.

Das Gleiche gilt für die Klausel „Der Mieter übernimmt alle Nebenkosten“, OLG Hamburg – Urt. v. 15.11.1989 – HmbGE 1990, 97.

Gelegentlich werden zu weit gefasste Klauseln durch eine „einschränkende Auslegung“ auf das zulässige Maß zurückgeführt,

123

OLG München – Urt. v. 10.1.1997 – ZMR 1997, 233: Obwohl die Klausel „Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit darüber, dass der Mieter alle anfallenden Nebenkosten – soweit gesetzlich zulässig – zu tragen hat und dass diese nach dem von der Eigentümergemeinschaft des Objekts A. zu beschließenden Abrechnungsmodus zu ermitteln sein werden“ den genauen Umfang der Nebenkosten nicht bezeichnet, lässt sich diese Unklarheit durch eine einfache einengende Auslegung beheben, dass die in § 27 II. BV bezeichneten Betriebskosten geschuldet sind.

Dem kann nicht gefolgt werden; denn schon der Begriff „Nebenkosten“ ist so diffus, dass er eine Beschränkung auf Betriebskosten – zumal in der Abrechnung für eine Wohnungseigentumsanlage – nicht zulässt. Zu dem gewünschten Ergebnis gelangt man nur durch eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion. Eine Vereinbarung, nach der der Mieter Betriebskosten zu tragen hat, ist nach herrschender Rspr. bezüglich der übernommenen Kosten hinreichend bestimmt, wenn auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV Bezug genommen wird. Einer zusätzlichen Erläuterung des Betriebskostenkatalogs bei Vertragsschluss oder der Beifügung eines Abdrucks dieser Anlage bedarf es nicht, 175

124

Rn. II 125

Vertragsgestaltung

BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2006, 17 = NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844, BayObLG – RE v. 26.2.1984 – NJW 1984, 1761 = ZMR 1984, 203, OLG Hamm – RE v. 22.8.1997 – NZM 1998, 186 = WM 1997, 542,1 OLG Frankfurt – RE v. 10.5.2000 – NZM 2000, 757, OLG Celle – Urt. v. 16.12.1998 – ZMR 1999, 238, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – NZM 2000, 762 für Gewerberaum-Mietverhältnisse.

Diese Auffassung wird auch zu gelten haben, wenn in Mietverträgen auf den Betriebskostenkatalog in § 2 BetrKV verwiesen wird. Sie ist aber im Hinblick auf das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgenommene und daher aufgewertete Transparenzgebot jedenfalls bei der Wohnraummiete bedenklich;2 denn der Katalog der Betriebskosten erschöpft sich nicht in der eindeutigen Aufzählung allgemein geläufiger Kostenarten, sondern stellt ein komplexes Regelwerk dar, wie die Vielzahl der hierzu ergangenen Entscheidungen zeigt. Den Mieter von Wohnraum darauf zu verweisen, den Gesetzestext nachzulesen,3 ändert daran nichts und erscheint auch nicht zumutbar. Dass dem Gesetzgeber ein weiter gehender Spielraum bei der Verweisung eingeräumt ist, ist ebenso wenig überzeugend; denn hier geht es darum, die Grenzen aufzuzeigen, innerhalb derer eine Privatperson die Vertragsfreiheit sich einseitig zunutze machen darf. 125

– Belege Eine Formularklausel, nach der der Mieter in angemessener Zeit nach Zugang der Abrechnung Einsicht nehmen kann, ist wirksam; denn sie stimmt mit der Gesetzeslage überein, anders LG Duisburg WuM 2002, 32: Die Klausel widerspricht dem Leitbildcharakter des § 29 Abs. 2 NMV und verstößt daher gegen § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB).4

126

– Direktabrechnung Die Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der sich der Vermieter vorbehält, die Wasserversorgung des Mieters auf ein Versorgungsunternehmen zu übertragen und den Mieter zu verpflichten, einen Liefervertrag mit dem Versorgungsunternehmen abzuschließen, ist für wirksam gehalten worden. Der Vermieter bleibe für den Zustand des Leitungsnetzes ab dem Anschlusspunkt verantwortlich, LG Hamburg WuM 2006, 96.

127

– Einwendungsausschluss Die Klausel in einem Gewerberaummietvertrag, nach der die Abrechnung als anerkannt gilt, wenn der Mieter nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen 1 Die Formularklausel lautete „Neben der Miete sind monatlich anteilig nach der Größe der Wohnfläche die Kosten für Betriebskosten gem. der II. Berechnungsverordnung Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 zu zahlen.“ 2 S. Pfeilschifter WuM 2002, 73, ablehnend auch Ulmer/Brandner/Hensen Anhang § 310 BGB Rn. 598. 3 So Hinz ZMR 2003, 77; s. auch Fritz NZM 2002, 713, 715; Heinrichs NZM 2003, 6, 11. 4 S. dazu Kappus NZM 2002, 761, 763.

176

Formularklausel-ABC

Rn. II 129

schriftlich begründete Einwendungen gegen die Abrechnung erhebt, unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 5 BGB. Nur wenn sie diesen Anforderungen genügt, so kann sie wirksam sein, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – NZM 2001, 48 = ZMR 2000, 453.

Das Gleiche gilt für die Klausel, nach der eine Betriebskostenabrechnung als genehmigt gilt, wenn Einwendungen nicht binnen sechs Wochen erhoben werden, KG – Urt. v. 8.10.2001 – GE 2002, 327 = NZM 2002, 954.

– Umlagemaßstab

128

Der Grundgedanke des § 315 BGB ist auch bei der Inhaltskontrolle von formularmäßig vereinbarten Umlageschlüsseln zu beachten, KG – Urt. v. 8.10.2001 – GE 2002, 327 = NZM 2002, 954.

Im Allgemeinen wird die Umlage nach anteiliger Fläche für angemessen gehalten (s. auch § 556a Abs. 1 BGB). Eine Verpflichtung zur Differenzierung bei der Umlage von Betriebskosten im Rahmen der Gewerberaummiete ist dann zu bejahen, wenn in verschiedenen Nutzeinheiten deutlich höhere Kosten als in anderen entstehen (s. auch KG GE 2001, 850). Die Klausel „Ist ein Umlagemaßstab nicht vereinbart, so kann der Vermieter einen geeigneten, auch unterschiedlichen Umlagemaßstab bestimmen“ ist unwirksam, weil sie hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten von den zwingenden Vorschriften der §§ 6–9 HeizKV abweicht und weil sie nicht erkennen lässt, dass das Bestimmungsrecht des Vermieters an §§ 315, 316 BGB gebunden und damit eingeschränkt ist, BGH – Urt. v. 20.1.1993 – DWW 1993, 74 = MDR 1993, 339 = WM 1993, 109 = ZMR 1993, 264.

Die Klausel „Der Vermieter kann während der Mietzeit zu Anfang eines neuen Berechnungszeitraums, soweit zulässig, den Verteilungsschlüssel neu bilden“ ist unwirksam; denn ein unterschiedsloses Abänderungsrecht verstößt trotz des Einschubs „soweit zulässig“ gegen die Regeln der HeizkostenV. Auch kann der Vermieter sich eine Abänderung des Umlageschlüssels nach billigem Ermessen nur vorbehalten, wenn sachliche Gründe dafür vorliegen, BGH – Urt. v. 20.1.1993 – DWW 1993, 74 = MDR 1993, 339 = WM 1993, 109 = ZMR 1993, 264, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 58.

Das Gleiche gilt für die Klausel „Während der Mietzeit kann der Vermieter einen geeigneten, angemessenen, einheitlichen oder unterschiedlichen Umlegungsmaßstab zum Anfang eines Berechnungszeitraums neu bilden“. Sie dürfte – weil eine Beschränkung auf sachliche Gründe nicht vorgesehen ist – vom Leitbild des § 315 BGB abweichen und deshalb eine unangemessene Benachteiligung auch eines Gewerberaummieters darstellen, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 12.3.2003 – GE 2004, 479.

Die Formularklausel „Der Vermieter ist berechtigt, einen einmal gewählten Verteilermaßstab unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbe177

129

Rn. II 130

Vertragsgestaltung

handlung durch einen anderen zu ersetzen“ verstößt gegen § 307 BGB, da sie keinen Vorbehalt enthält, dass die Änderungsbefugnis an das Vorliegen sachlicher Gründe für die Änderung gebunden ist, LG Hamburg ZMR 1998, 36, 98.

Dagegen ist die Klausel, dass der Umlagemaßstab und der Abrechnungszeitraum vom Vermieter nach billigem Ermessen geändert werden können, wenn dringende Gründe einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung es erfordern (z.B. bei Umstellung der Heizung), für wirksam gehalten worden, LG München II ZMR 2000, 177.

130

Formularklauseln in einem Mietvertrag über Wohnraum, die eine Umlage nach anteiliger Wohn- und Nutzfläche vorsehen, nach der der auf den Mieter entfallende Kostenanteil gemäß dem Flächenverhältnis der Wohnfläche seiner Wohnung zur Summe der Flächen aller Wohnungen und Gewerbeflächen/Büros zu berechnen ist, sind wegen Verstoßes gegen § 307 BGB (= § 9 AGBG) für unwirksam gehalten worden, weil es bei kundenfeindlichster Auslegung nahe liegt, dass der Wohnungsmieter mit Kostenanteilen des Gewerberaummieters auch dann unzumutbar belastet wird, wenn sie entgegen BGH – Urt. v. 8.3.2006 – WuM 2006, 200 ins Gewicht fallen,1 LG Hamburg NZM 2001, 806 = ZMR 2001, 970, LG Freiburg WuM 2000, 614.

Anders verhält es sich, wenn die Klausel einen Erheblichkeitsvorbehalt enthält. Der Vorbehalt „... es sei denn, dass ein Mieter von Wohnraum unbillig mit Kosten belastet wird, die durch die gewerbliche Nutzung des Grundstücks veranlasst werden“ reicht aus; auch wenn sie dem Mieter die Beweislast für die Unbilligkeit aufbürdet. 131

– Umlagemaßstab – Heizkosten Die Klausel „Die Heizkosten werden nach Abrechnung der Firma C. abgerechnet“ lässt nicht eindeutig erkennen, dass die Heizkosten ausschließlich nach Verbrauch abgerechnet werden sollen; sie ist auch nicht dahin zu verstehen, dass es der Firma C. überlassen bleiben sollte, welcher Verteilermaßstab zur Anwendung kommt, LG Saarbrücken WuM 1990, 85, 86.

132

– Vorauszahlungen Die in einem gewerblichen Mietvertrag enthaltene Klausel, wonach der Vermieter die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen nach „Kostenanfall des Vorjahres“ anpassen darf, ist wirksam, OLG Dresden – Urt. v. 12.3.2002 – NZM 2002, 437 = ZMR 2002, 416, 417.

133

– Wohnungseigentum Eine Formularklausel, nach der der Mieter einer Eigentumswohnung verpflichtet ist, die Kosten aus der Abrechnung des Verwalters dem Vermieter zu 1 S. auch Fritz NZM 2002, 713, 715.

178

Formularklausel-ABC

Rn. II 135

erstatten, ist unwirksam; denn sie bezieht auch Kosten ein, die nicht zu den Betriebskosten i.S. von § 556 Abs. 1 BGB gehören (s. auch Rn. II 291b).1 Die Klausel, nach der der Mieter „alle anfallenden Betriebskosten/Wohngeld trägt“, ist (außerdem) mangels Bestimmtheit unwirksam, s. dazu LG Karlsruhe GuT 2002, 177; s. auch – überzogen – LG Hamburg WuM 2008, 727.

Sind dagegen die Kosten, die der Mieter zu tragen hat, im Vertrag spezifiziert, so kommt nur eine Teilnichtigkeit in Betracht, soweit es sich nicht um Betriebskosten i.S. von § 556 Abs. 1 BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt,2

134

s. LG Wiesbaden ZMR 1999, 409; a.A. AG Elmshorn ZMR 2005, 820 für die Formularklausel: „Bei vermieteten Eigentumswohnungen trägt der Mieter den Betriebskostenanteil, den die Verwalterabrechnung vorgibt.“ Hierdurch werde der Mieter unzulässig an die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung gebunden,3 s. auch LG Hamburg WuM 2008, 727.

– s. Aufzug – s. Heizkosten – s. Mehrbelastungsklausel

. Betriebspflicht

135

Dem Mieter von Gewerberäumen kann die Betriebspflicht (Rn. VI 241) während der gesetzlichen Öffnungszeiten formularvertraglich auferlegt werden, BGH – Urt. v. 26.2.1992 – ZMR 1992, 292, 294, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 24.9.1998 – NZM 1999, 124 = ZMR 1999, 171: Eine derartige Klausel ist im Falle der Kündigung dahin auszulegen, dass dem Mieter für die im Einzelfall erforderliche Zeit der Durchführung der beendigungsbedingten Abwicklungsmaßnahmen (z.B. Entfernen der im Mietereigentum stehenden Einrichtung bzw. Warenvorräte; Durchführung geschuldeter Schönheitsreparaturen) eine Befreiung von der Pflicht zu gewähren ist.4

Das soll selbst dann gelten, wenn der Vermieter gleichzeitig seine Konkurrenzschutzpflicht (ebenfalls formularmäßig) ausgeschlossen hat (s. dazu Rn. VII 252 f.), OLG Hamburg – Urt. v. 3.4.2002 – ZMR 2003, 254, KG – Urt. v. 18.10.2004 – ZMR 2005, 47, OLG Naumburg – Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772.

Dagegen bestehen Bedenken, weil durch das Zusammenwirken von beiden Beschränkungen der wirtschaftliche Handlungsspielraum des Mieters unange1 S. dazu Riecke WuM 2003, 309, 311. 2 S. dazu Horst DWW 2008, 169, 171. 3 Gegen diese Wertung bestehen Bedenken; denn der Vermieter ist grundsätzlich berechtigt, Mehrbelastungen an Betriebskosten auf den Mieter umzulegen, wenn es sich um eine vertraglich vereinbarte Kostenart i.S. von Nrn. 1–16 in § 2 BetrKV handelt. Ob die Mehrbelastung auf eigener Disposition des Vermieters oder auf einem Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung beruht, kann nicht entscheidend sein. Unberührt bleibt das Gebot der Wirtschaftlichkeit in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB. 4 Zum Fall: Diese Frist ist bei einem Optikergeschäft auf mindestens 10 Werktage bemessen worden.

179

Rn. II 136

Vertragsgestaltung

messen eingeschränkt wird. Das gilt vor allem, wenn weitere Beschränkungen wie etwa Sortimentsbindungen hinzukommen, OLG Schleswig – Beschl. v. 2.8.1999 – NZM 2000, 1008.

136

Eine Formularklausel, nach der das Geschäftslokal im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offen zu halten ist, lässt offen, ob auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden oder auf die jeweils geltenden Bestimmungen abzustellen ist. Sie ist deshalb unklar i.S. von § 305c Abs. 2 BGB, so dass auf die dem Mieter günstigere Version abzustellen ist, nach der es auf die bei Vertragsabschluss geltenden Bestimmungen ankommt, BGH – Urt. v. 19.11.2006 – ZMR 2007, 187, s. dazu auch OLG Naumburg – Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772.

Die Formularklausel „Der Mieter wird das Geschäftslokal im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen so lange offen halten, wie die überwiegende Anzahl aller Mieter ihre Geschäfte offen hält“ ist nicht transparent und verstößt daher gegen § 307 Abs. 1 BGB, weil sie nicht erkennen lässt, ob sie bei allen anderen Mietern des Einkaufzentrums ebenfalls vereinbart ist; sie verschleiert deshalb das Ausmaß der Betriebspflicht des Mieters, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 516.

137

. Beweislast Die Beweislastklausel „Dem Mieter obliegt der Beweis dafür, dass schuldhaftes Verhalten nicht vorgelegen hat“ ist nach § 309 Nr. 12a BGB (= § 11 Nr. 15a AGBG) unwirksam, da sie dem Mieter die Beweislast auch für solche Umstände aufbürdet, die außerhalb seines Risikobereichs liegen, OLG München – Urt. v. 12.1.1989 – WuM 1989, 128, 131.

Dagegen ist die Klausel „Der Mieter hat zu beweisen, dass Schäden in seinem ausschließlichen Gefahrenbereich nicht auf seinem Verschulden oder der Personen, für die er einzustehen hat, beruhen“ auch in einem Mietverhältnis über Wohnraum wirksam; denn ihr Inhalt gibt nur die von der Rspr. entwickelten Grundsätze über die Beweislastverteilung nach der sog. Sphärentheorie wieder, BGH – Urt. v. 26.11 1997 – MDR 1998, 207 = NZM 1998, 117 = WuM 1998, 96.

138

. Bürgschaft Die Verpflichtung, einen selbstschuldnerischen Bürgen für die Vertragserfüllung zu stellen, kann jedenfalls außerhalb der Wohnraummiete formularmäßig begründet werden, ebenso wie eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, KG – Urt. v. 4.12.2003 – DWW 2004, 85, OLG Karlsruhe – Urt. v. 2.7.2004 – NZM 2004, 742.

180

Formularklausel-ABC

Rn. II 141

Der Bürge kann in der Bürgschaftsurkunde nicht uneingeschränkt formularmäßig auf die Einrede der Aufrechenbarkeit der Mietsicherheit verzichten. Vielmehr ist ein solcher Verzicht nur wirksam, wenn die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten ist oder rechtskräftig festgestellt worden ist (BGH NJW 2003, 1521), KG – Beschl. v. 9.1.2006 – MDR 2006, 1158 = ZMR 2006, 524, 525.

– s. auch Mietsicherheit

. Dach und Fach

138a

– s. Instandsetzung und Instandhaltung

. Drittüberlassung

139

Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Der Mieter wird darauf hingewiesen, dass die Wohnung nur zum Gebrauch durch die in der Mietbewerbung/dem Mietvertrag genannten Personen überlassen wird. Die Aufnahme weiterer Personen kann nicht gestattet werden, da sonst eine unzulässige Überbelegung vorliegt“ verstößt gegen das Recht des Mieters von Wohnraum zur Drittüberlassung nach Maßgabe des § 553 Abs. 1 BGB und ist daher unwirksam; denn sie fingiert bei kundenfeindlicher Auslegung eine Überbelegung unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen und nimmt das Ergebnis der gebotenen Interessenabwägung unzulässig vorweg,1 LG Berlin GE 1993, 159, 163.

– s. auch Untermiete

. Dübel

140

Die Klausel „Der Mieter hat bei Beendigung des Mietverhältnisses Dübeleinsätze zu entfernen, Löcher ordnungsgemäß und unkenntlich zu verschließen, etwa durchbohrte Kacheln durch gleichartige zu ersetzen“ ist unwirksam; denn sie verstößt gegen das Übermaßverbot, weil sie dem Mieter die Rückbaupflicht auch in den Fällen auferlegt, in denen das Anbringen von Dübeln und Bohren von Löchern im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs liegt und für dessen Ausübung unerlässlich ist,2 BGH – Urt. v. 20.1.1993 – MDR 1993, 339 = WM 1993, 109 = ZMR 1993, 264, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 61.

– s. auch Rückbau

. Duldung3

141

Die Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Der Vermieter darf Ausbesserungen und bauliche Veränderungen, die zur Erhaltung oder zum Ausbau des Gebäudes oder der Mieträume oder zur Abwendung drohender Gefahren oder zur Beseitigung von Schäden notwendig werden, auch ohne Zu-

1 S. dazu Kinne ZMR 2000, 793, 795. 2 S. dazu Kinne ZMR 2000, 725, 732. 3 S. dazu Kinne ZMR 2000, 793, 796.

181

Rn. II 142

Vertragsgestaltung

stimmung des Mieters vornehmen“, verstößt gegen § 554 BGB, weil sie die Duldungspflicht grenzenlos ausdehnt, LG Duisburg NZM 2000, 1000.

Die formularmäßig nicht abdingbare Zumutbarkeitsprüfung folgt für Ausbaumaßnahmen aus § 554 Abs. 2 BGB und im Übrigen aus § 242 BGB. Die Vertragsklausel „Der Mieter ist verpflichtet, auch nach Abschluss des Mietvertrages die Installation einer Gemeinschaftsantenne oder eines Kabelanschlusses zu dulden“ ist unwirksam, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 106,

ebenso wie die Klausel „Der Vermieter ist berechtigt, bei Errichtung einer Gemeinschaftsantenne oder eines Breitbandanschlusses die Entfernung der Einzelantenne oder des Einzelanschlusses des Mieters auf dessen Kosten zu verlangen“, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 59.

In beiden Fällen wird nämlich die bei der Wohnraummiete unabdingbare Interessenabwägung zugunsten des Verwenders vorweggenommen. 142

. Einbauten Klauseln in Wohnraummietverträgen, nach denen vom Vormieter zurückgelassene Gegenstände als nicht mitvermietet gelten und die demzufolge darauf hinauslaufen, dass sie vom Mieter bei Vertragsende zu entfernen sind, sind unzulässig. Die Klausel „Etwaige vom Vormieter übernommene Betriebsund sonstige Einrichtungen gelten als nicht zur Mietsache gehörig und als vom Mieter eingebaut bzw. eingebracht“ kann dahin verstanden werden, dass sie eine Übernahmeregelung zwischen dem Vor- und dem Nachmieter bezüglich bestimmter Gegenstände voraussetzt, AG Schöneberg GE 2000, 814.

Ihr fehlt die erforderliche Transparenz hinsichtlich der Bestimmtheit der Gegenstände und sie belastet den Mieter durch die Instandhaltungs- und Rückbaulast unangemessen (s. auch AG Schöneberg a.a.O.).1 Auch kann die Klausel überraschend i.S. von § 305c Abs. 1 BGB sein, wenn sie nicht genügend hervorgehoben worden ist. – s. auch Rückbau 143

. Einzugsermächtigung Formularmäßig geregelte Einzugsermächtigungen werden – im Gegensatz zu Abbuchungsermächtigungen (LG Köln WM 1990, 380) – im Allgemeinen für zulässig gehalten,2 OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – ZMR 2004, 745. 1 Nach Staudinger/Rolfs BGB § 546 Rn. 20 a.E. verstoßen derartige Klauseln gegen § 309 Nr. 12 BGB. 2 S. Geldmacher DWW 1999, 82, 83; Kappus NZM 2002, 761, 762; Gather NZM 2003, 719; ferner Schmid ZMR 1996, 585 zur Lastschriftermächtigung.

182

Formularklausel-ABC

Rn. II 147

Das gilt auch für Einzugsermächtigungen zugunsten einer anderen Person als des Vermieters, z.B. dessen Hausverwalter, AG Hamburg WuM 1991, 678.

Sie müssen nach ihrem Umfang bestimmt sein, was die Forderungen des Vermieters anbelangt, LG Köln WuM 2002, 306: Ist der Gegenstand der vom Mieteinzug betroffenen Forderung im Mietvertrag nicht transparent beschrieben, so ist die Einzugsermächtigung unwirksam. Das ist auch dann der Fall, wenn eine Verrechnungsklausel im Mietvertrag dem Vermieter das Recht einräumt, Zahlungen des Mieters beliebig zu verrechnen.

Bezieht sich die Einzugsermächtigung auch auf Forderungen, die einen größeren Betrag betreffen und die nicht zu einem jeweils ganz bestimmten Zeitpunkt fällig werden (wie z.B. Nachforderungen aus einer Betriebskostenabrechnung), so muss die Klausel dem Mieter eine angemessene Dispositionsfrist einräumen, innerhalb derer er Gelegenheit hat, die zugrunde liegende Abrechnung zu prüfen und den erforderlichen Betrag auf seinem Konto bereitzustellen,

144

BGH – Urt. v. 23.1.2003 – NZM 2003, 367 für Mobilfunkdienstleistungen im Anschluss an BGH – Urt. v. 10.1.1996 – WuM 1996, 205.

Das Recht des Mieters, einer Kontobelastung zu widersprechen und die Gutschrift des abgebuchten Betrages wieder herbeizuführen, kann formularmäßig nicht abbedungen werden. Als einen derartigen unzulässigen Ausschluss kann bei kundenfeindlicher Auslegung folgende Klausel verstanden werden: „Der Mieter ist zur Erfüllung der Einzugsermächtigung verpflichtet“. Ihre Unwirksamkeit berührt (nach der blue-pencil-Methode) aber nicht die in derselben Klausel erteilte Einzugsermächtigung,

145

OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – ZMR 2004, 745, s. auch LG Frankfurt/O. ZMR 2003, 741.

. Erfüllungsanspruch

146

Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Gewerberäume „Der Mieter erkennt mit der Übernahme der Räume an, dass die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ist, es sei denn, es handelt sich um versteckte Mängel“ ist für wirksam gehalten worden, weil sie sich nur auf die Gewährleistungsfolgen und nicht auf den Erfüllungsanspruch bezieht, OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35.

– s. auch Besichtigung

. Erfüllungsgehilfe

147

Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Schäden in den Mieträumen, am Gebäude, an den zum Gebäude oder Grundstück gehörenden Einrichtungen oder Anlagen hat der Mieter auf seine Kosten beseitigen zu lassen, wenn und soweit ihn, die zu seinem Haushalt gehörenden Personen, seine Untermieter und Besucher, die von ihm beauftragten Handwerker oder sonstige, zu ihm in Beziehung stehende Personen, durch Vernachlässigung der Obhutspflicht oder in sonstiger Weise ein Verschulden trifft“, ist 183

Rn. II 148

Vertragsgestaltung

partiell – nämlich hinsichtlich des durchgestrichenen Textes – unwirksam, da sie die Haftung des Mieters wegen ihrer Erstreckung auf das Verhalten der nur „zu ihm in Beziehung stehenden Personen“ über das Maß des § 278 BGB hinaus auferlegt,1 BGH – Urt. v. 15.5.1991 – DWW 1991, 212 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290.

148

. Fachhandwerker – s. Schönheitsreparaturen Rn. IX 55

149

. Fensterscheiben Eine Klausel in einem Formularvertrag über Wohnraum, nach der der Mieter ohne Differenzierung hinsichtlich der Schadensursache auch an den Kosten der Kleinreparatur zerbrochener Fensterscheiben beteiligt werden soll, ist unwirksam, OLG Hamburg – Urt. v. 10.4.1991 – WuM 1991, 385, 387, LG Hamburg WuM 1991, 681 zu der Klausel in einem Formularvertrag über Wohnraum „Der Mieter hat zerbrochene Innen- und Außenscheiben in den Mieträumen zu erneuern“.

150

. Fernsehen – s. Antenne, Fernsehen

151

. Feuchtigkeitsschäden – s. Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen – s. Haftungsausschluss

152

. Flächenangaben Eine Mietflächenberechnung, nach der die Mittellinien von Mietbereichstrennwänden bei angrenzenden Mietobjekten und im Übrigen die Außenlinien der Umfassungswände zu Grunde zu legen sind (Bruttofläche), ist jedenfalls dann nicht überraschend i.S. des § 305c Abs. 1 BGB, wenn die Aufteilung der vorhandenen Flächen unter Berücksichtigung der Wünsche des Mieters erfolgen soll. Vielmehr ist von ihrer Wirksamkeit auszugehen, BGH – Urt. v. 4.10.2000 – NJW-RR 2001, 439 = NZM 2001, 234, KG – Urt. v. 3.6.2004 – ZMR 2004, 752.

153

. Fortsetzungswiderspruch Die Regelung des § 545 BGB (= § 568 BGB a.F.) ist auch formularmäßig abdingbar. Die Klausel „Setzt der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit fort, so gilt das Mietverhältnis nicht als verlängert. § 568 BGB (a.F.) findet keine Anwendung“ ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot; denn aus ihr ergibt sich der wesentliche Regelungsgehalt der in Bezug genommenen Vorschrift, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – WuM 1991, 381, 382 = ZMR 1991, 290, OLG Hamm – RE v. 9. 12.1982 – NJW 1983, 826 = WuM 1983, 48. 1 S. auch Hau NZM 2006, 566.

184

Formularklausel-ABC

Rn. II 155

Letzteres ist bei einer Formularklausel „Wird nach Ablauf der Mietzeit der Gebrauch der Sache vom Mieter fortgesetzt, so findet § 568 BGB (a.F.) keine Anwendung“ nicht der Fall, so dass sie unwirksam ist, OLG Schleswig – RE v. 27.3.1995 – NJW 1996, 2858 = WuM 1996, 85; anders – zu Unrecht – OLG Rostock – Urt. v. 29.5.2006 – NZM 2006, 584 = ZMR 2006, 692 = MietRB 2006, 289 (Hoffmann), LG Erfurt WuM 2008, 283, s. dazu Rn. II 47.

Ist formularmäßig vereinbart, dass eine Verlängerung des Mietverhältnisses i.S. von § 545 Satz 1 BGB ausdrücklich schriftlich vereinbart werden müsse, so kann diese Vereinbarung formfrei aufgehoben werden, OLG Bremen – Urt. v. 23.8.2006 – MDR 2007, 515.

. Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen

154

Allgemein gilt, dass Freizeichnungsklauseln, die wesentliche Rechte einer Partei einschränken, im Zweifel eng zu interpretieren und stets nach beiden Seiten interessengerecht auszulegen sind. Das soll auch für Individualvereinbarungen gelten,1 OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909.

155

– Erteilung behördlicher Erlaubnisse Die Formularklausel in einem Gewerberaummietvertrag „Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, dass die gemieteten Räume den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat die behördlichen Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen“ ist nach § 307 BGB unwirksam, da im Falle der Verweigerung der Genehmigung nicht nur die Gewährleistungsrechte, sondern auch das Kündigungsrecht des Mieters ausgeschlossen sind, BGH – Urt. v. 24.10.2007 – ZMR 2008, 274 = MietRB 2008, 103 (Bieber).

Die Formularklausel „Der Mieter hat die für den Betrieb des Mietobjekts erforderlichen behördlichen Erlaubnisse, Genehmigungen etc. auf seine Kosten und sein Risiko beizubringen“ ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (= § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG) unwirksam; denn die Klausel umfasst auch Umstände aus dem Risikobereich des Vermieters oder Eigentümers, auf die der Mieter möglicherweise keinerlei Einfluss hat, BGH – Urt. v. 22.6.1988 – NJW 1988, 2664 = WuM 1988, 302, BGH – Urt. v. 27.1.1993 – BGHZ 91, 375 = NJW-RR 1993, 519 = ZMR 1993, 320, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.7.1992 – ZMR 1992, 446, LG Berlin ZMR 2002, 271.

Unwirksam ist auch eine Formularklausel in einem Miet- oder Pachtvertrag über Räume, gemäß der der Mieter oder Pächter nach Vertragsschluss ergehende behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen hat. Durch die darin liegende zumindest teilweise Freizeichnung des Vermieters wird das Risi1 Ausführlich zu Haftungsklauseln: Hau, Die Schadenshaftung des Mieters und ihre vertragliche Erweiterung, NZM 2006, 561.

185

Rn. II 156

Vertragsgestaltung

ko für den Widerruf einer Konzession auch dann auf den Mieter abgewälzt, wenn der Widerruf aus Gründen erfolgt, die mit der Lage oder Beschaffenheit des Miet- oder Pachtobjekts im Zusammenhang stehen. Diese Umstände fallen indes nach der gesetzlichen Regelung in den Risikobereich des Vermieters. Hier muss dem Mieter die Möglichkeit offen gehalten werden, sich nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= § 542 BGB a.F.) vom Vertrag lösen oder die Miete mindern zu können, OLG Celle – Urt. v. 1.6.1999 – NZM 2000, 621, s. auch BGH – Urt. v. 24.10.2007 – ZMR 2008, 274 = MietRB 2008, 103 (Bieber).

Das gilt erst recht für die Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Gewerbepolizeiliche betriebsbedingte Auflagen (z.B. Anbringen von feuerfesten Türen) hat der Mieter zu tragen“; sie ist ebenfalls unwirksam, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 64.

156

Die Formularklausel, der Mieter habe „behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen“, ist dahin ausgelegt worden, dass der Mieter nicht verpflichtet ist, Bauanträge oder Anträge auf Nutzungsänderung zu stellen; denn das ist Aufgabe des Vermieters bzw. Eigentümers, OLG Köln – Beschl. v. 10.11.1997 – MDR 1998, 709 = WuM 1998, 152; s. auch KG – Urt. v. 7.12.1998 – NZM 1999, 708: Die Abrede, nach der es Sache des Mieters ist, sich die für seine geschäftliche Tätigkeit erforderlichen Genehmigungen zu beschaffen, umfasst nicht eine erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung.

Anders verhält es sich bei behördlichen Auflagen, die auf mietvertraglich zulässigen baulichen Änderungen des Mietobjekts beruhen; sie beziehen sich jedoch nicht auf Maßnahmen, die der Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes dienen, so BGH – Urt. v. 24.10.2007 – ZMR 2008, 274 = MietRB 2008, 103 (Bieber) zur Klausel:1 „Bauliche Änderungen durch den Mieter, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen ... dürfen nur mit schriftlicher Einwilligung des Vermieters vorgenommen werden. Erteilt der Vermieter eine solche Einwilligung, so ist der Mieter für die Einholung der bauaufsichtsrechtlichen Genehmigung verantwortlich und hat alle Kosten hierfür zu tragen.“

Ist der erforderliche Schallschutz für ein gewerbliches Mietobjekt nicht gegeben, so kann sich der Vermieter nicht auf eine Klausel berufen, nach der er nur die grundsätzliche Eignung zu gewährleisten habe, etwaige Auflagen aber vom Mieter zu erfüllen seien, KG – Urt. v. 7.10.2002 – MDR 2003, 622: Der Begriff „Auflage“ bezieht sich nur auf Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt. Hier ist aber keine Erlaubnis mit Auflagen erteilt, sondern die Versagung der Erlaubnis angekündigt worden. 1 Zum Fall: Der Mieter mietete Gewerberäume zum Betrieb eines „Büros/Lagers etc. einer Filmcateringgesellschaft mit Küche“. Die Räume waren als „Autokarosseriewerkstatt und Fahrzeughalle“ baurechtlich genehmigt. Der Vermieter weigerte sich, an der Einholung der Genehmigung für die Nutzungsänderung mitzuwirken. Die Genehmigung wurde bauamtlich versagt. Darauf kündigte der Mieter fristlos – mit Erfolg.

186

Formularklausel-ABC

Rn. II 159 157

– Versicherungspflicht Ist in einem Mietvertrag über Gewerberäume vereinbart, dass der Mieter das Mietobjekt umfassend gegen Schäden zu versichern hat, so kann darin zugleich eine wirksame Haftungsfreizeichnung des Vermieters liegen (s. Rn. II 61). Das soll insbesondere dann gelten, wenn die Verpflichtung dahin geht, eingebrachte Sachen gegen jeglichen Schaden einer bestimmten Art (z.B. Wasserschäden) zu versichern, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.7.1994 – DWW 1995, 110 = WuM 1994, 674.

. Fußboden- und Parkettpflege

158

Eine Formularklausel, nach der der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses Teppichauslegeware reinigen bzw. schamponieren lassen muss, soll unzulässig sein; jedenfalls soll die Berufung auf diese Klausel treuwidrig sein, wenn sich der Teppichboden bei Überlassung der Wohnung in einem erheblich reinigungsbedürftigen Zustand befand, AG Pinneberg ZMR 2004, 121, 122.

Dagegen bestehen Bedenken; denn nach der Definition der Schönheitsreparaturen in § 28 Abs. 4 II. BV zählt das Streichen der Fußböden zu den Schönheitsreparaturen. Auf Grund der veränderten Wohnkultur wird an dessen Stelle die Teppichreinigung zu treten haben. Gleichwohl ist die Klausel unwirksam; denn sie läuft auf eine unzulässige Schlussrenovierung ohne Berücksichtigung des Zustandes des Teppichbelages bei Rückgabe der Mieträume hinaus (s. zur Unzulässigkeit von Schlussrenovierungsklauseln Rn. IX 112). 159

– Parkettpflege Eine Formularklausel, nach der der Mieter von Wohnraum verpflichtet ist, den Parkettfußboden abschleifen und versiegeln zu lassen oder die hierfür anfallenden Kosten zu tragen, ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (s. auch § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) unwirksam, LG Berlin GE 1999, 983, AG Bergisch Gladbach WuM 1997, 211.

Die Klausel „Parkettboden ist bei einem Auszug regelmäßig nach einer mehr als achtjährigen Mietzeit fachmännisch abzuschleifen bzw. zu versiegeln. Bei Auszug werden für die Mietdauer anteilige Kosten hierfür mit Kautionsbeträgen verrechnet und in Rücklage genommen“ ist wegen unangemessener Benachteiligung und unabhängig von der vereinbarten Ausführungsfrist gemäß § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) unwirksam, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921: Ist die Überbürdung dieser Arbeiten unwirksam, so fehlt auch einer hieran anknüpfenden Kostenbeteiligungsklausel die rechtliche Grundlage.

– s. auch Schönheitsreparaturen Rn. IX 9

187

Rn. II 160 160

Vertragsgestaltung

. Garantiehaftung Die Garantiehaftung ist nach herrschender Ansicht auch formularmäßig abdingbar,1 BGH – Beschl. v. 4.10.1990 – NJW-RR 1991, 74 = WuM 1992, 316 = ZMR 1992, 241, BGH – Urt. v. 27.1.1993 – BGHZ 91, 375 = NJW-RR 1993, 519 = ZMR 1993, 320, BGH – Urt. v. 3.7.2002 – MDR 2002, 1361 = NZM 2002, 784 = ZMR 2002, 899: Die Garantiehaftung des Vermieters kann formularmäßig ausgeschlossen werden. Das gilt auch, soweit es sich um eine gesundheitsgefährdende Schadstoffbelastung der Mieträume (PAK) handelt. Ein Verzicht des Mieters auf Gewährleistungsansprüche ist grundsätzlich auch im Hinblick auf Gesundheitsgefährdungen zulässig, wie § 544 letzter Halbsatz BGB a.F. ergibt.

Der Ausschluss ist auch bei Wohnraummietverhältnissen zulässig, BayObLG – RE v. 17.12.1984 – MDR 1985, 500 = WuM 1985, 49.

Er bezieht sich in Abgrenzung zu § 309 Nr. 7a BGB auch auf die Garantiehaftung wegen Körper- und Gesundheitsschäden.2 – s. Gewährleistung 161

. Gesundheitsschäden – s. Freizeichungen und Haftungsbeschränkungen – s. Haftungsausschluss

162

. Gewährleistung Formularklauseln, die den Fehlerbegriff schlechthin einschränken, sind gemäß § 307 BGB für unwirksam gehalten worden, da sie den Mieter nicht nur mit dem Recht zur Mietminderung, sondern mit allen weiteren Gewährleistungsrechten ausschließen, so KG – Urt. v. 12.11.2007 – GuT 2007, 4363 zur Klausel „Äußere Einwirkungen durch Dritte, wie z.B. Verkehrsumleitungen, Aufgrabungen, Straßensperren, Geräusch-, Geruchs- und Staubbelastungen oder Ähnliches begründen unabhängig vom Ausmaß keinen Fehler des Mietgegenstandes, sofern sie nicht vom Vermieter zu vertreten sind“.

In der vertraglichen Schlussbestimmung „Auch wiederholt geübte Nachsicht gilt nicht als stillschweigende Duldung von Vertragsverstößen und Versäumnissen; irgendwelche Rechte können daraus nicht hergeleitet werden“ liegt (auch) ein zulässiges Abbedingen des § 536b BGB (= § 539 BGB a.F.). Die Klausel betrifft nämlich gleichermaßen den Fall, dass der Mieter bei Vertragsverstößen oder Versäumnissen des Vermieters Nachsicht übt, etwa weil dieser den vertraglich geschuldeten Gebrauch ganz oder teilweise nicht mehr gewährt, BGH – Urt. v. 22.10.2003 – NZM 2004, 27.

Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Eventuell in der Wohnung vorhandene Gegenstände werden dem Mieter ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Funktion zur Verfügung gestellt“ ist nicht nur überra1 So auch Joachim NZM 2003, 387, 388. 2 Joachim WuM 2003, 183, 184. 3 Zum Fall: völlige Zugangssperre wegen Baues einer U-Bahntrasse.

188

Formularklausel-ABC

Rn. II 166

schend (so AG Landsberg/Lech WuM 2007, 12), sondern benachteiligt den Mieter unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, indem sie ihm die Erhaltungslast aufbürdet und ihm damit die Gewährleistungsrechte nimmt. 163

– Schadensersatz Die Klausel in einem Geschäftsraummietvertrag, wonach – abgesehen von Mängeln der technischen Einrichtungen – Schadensersatzansprüche wegen eines Mangels der Mietsache ausgeschlossen sind, ist unwirksam, OLG Hamm – Urt. v. 17.2.1999 – NZM 1999, 804: Der Haftungsausschluss differenziert nicht nach Mängeln, die auf eigenes Verschulden oder auf ein Verschulden von Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind. Der Haftungsausschluss ist somit zu weit gefasst und verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG (= § 307 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion ist unzulässig.

– – – – – –

s. s. s. s. s. s.

auch Erfüllungsanspruch Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen Garantiehaftung Haftungsausschluss Mietminderung Schadenspauschalierung

. Gebrauchsfortsetzung

164

– s. Fortsetzungswiderspruch

. Grillen

164a

– zum Verbot in der Hausordnung s. Mietgebrauch

. Güteverfahren

165

Die Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, dass vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung der Parteien eine Klärung der Meinungsverschiedenheiten im persönlichen Gespräch (im Büro des Vermieters und ohne Rechtsanwälte) stattzufinden habe, ist im Hinblick auf den dadurch aufgebauten psychologischen Druck auf den Mieter unwirksam, LG Hamburg WuM 2002, 666.

. Haftung des Mieters

166

Zum gesetzlichen Leitbild der Miete i.S. von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zählt, dass eine Haftung des Mieters dessen Verschulden erfordert.1 Daher sind Formularklauseln, die eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters begründen, unwirksam, LG Hamburg NZM 1999, 410 = WuM 1999, 327: keine Haftung bei Verlust von Schlüsseln, ebenso LG Berlin ZMR 2000, 535, 536; s. auch OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 105 zur Klausel „Der Mieter haftet für Schäden, die im Zusammenhang mit Anlagen dieser Art entstehen“, in Bezug auf bauliche Veränderungen und Einrichtungen des Mieters. 1 Hau NZM 2006, 561, 564.

189

Rn. II 167

Vertragsgestaltung

– s. Erfüllungsgehilfe – s. Obhutspflicht des Mieters – s. Ungeziefer 167

. Haftungsausschluss Haftungsausschlüsse des Vermieters können sich auf die Garantiehaftung, die Verschuldens- und Verzugshaftung sowie auf eine Dritthaftung beziehen. – Kardinalpflichten Die Wirksamkeit von formularmäßigen Haftungsausschlüssen ist nicht nur an § 309 Nr. 7b (= § 11 Nr. 7 AGBG), sondern auch an § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB (= § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AGBG) zu messen.1 Danach kann auch ein Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit unwirksam sein, wenn er sich auf die Verletzung so wesentlicher Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben (sog. Kardinalpflichten), bezieht, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Aus § 307 Abs. 2 BGB (= § 9 Abs. 2 AGBG) lässt sich nämlich ein Verbot herleiten, solche Pflichten und die entsprechenden Rechte des Mieters auszuhöhlen. Daher darf sich der Verwender – auch in Mietverträgen über Räume zu gewerblicher Nutzung – nicht formularmäßig von Pflichten freizeichnen, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht, auf deren Erfüllung der Vertragspartner daher vertraut und auch vertrauen darf, BGH – Urt. v. 11.11.1992 – MDR 1993, 212.

168

– Baufeuchte Eine Klausel, nach der der Mieter nicht berechtigt sein soll, bei auftretender Baufeuchtigkeit Schadensersatz zu verlangen, ist für wirksam gehalten worden, weil sie sich nur auf die abdingbare Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel beziehe, LG Mönchengladbach ZMR 1993, 420.

Diese Beschränkung lässt sich dem Inhalt der Klausel nicht entnehmen, sondern beruht auf einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion. Zudem verstößt sie im Hinblick auf die nahe liegenden Gesundheitsschäden durch Baufeuchte gegen § 309 Nr. 7a BGB. 169

– Haftungsausschluss – Personen- und Sachschäden Aus dem Wertungskatalog in §§ 308, 309 BGB ist die neu eingeführte Regelung in § 309 Nr. 7a BGB hervorzuheben. Danach sind Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf auch nur fahrlässigen Pflichtverletzungen des Verwenders oder seiner Erfüllungsgehilfen beruhen, unwirksam.2

1 S. Joachim NZM 2003, 387: Haftungsfreizeichnung im modernen Mietrecht. 2 Dazu Heinrichs NZM 2003, 6, 9; Joachim NZM 2003, 387, 388; Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161, 166.

190

Formularklausel-ABC

Rn. II 171

Das gilt etwa für Haftungsbeschränkungen des Vermieters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für Unfälle im Zusammenhang mit dem Betrieb des Aufzugs, Störungen im Bereich des Aufzugs, der Warmwasser- und Heizungsversorgung, LG Frankfurt/O. ZMR 2003, 741.

Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen auf Grund unverschuldeter Umstände sind jedoch zulässig. Dementsprechend ergreift der Ausschluss der Garantiehaftung nach § 536a Abs. 1 BGB auch Körper- und Gesundheitsschäden.1 Das Verbot gilt auch für Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen für Schäden durch Feuer, Rauch, Feuchtigkeit, Schimmel u.s.w.

170

Die Formularklausel „Der Vermieter haftet nicht für die durch Wasser, Feuchtigkeit, Schimmel oder durch Feuer, Rauch oder Sott entstandenen Schäden, es sei denn, dass diese durch grobe Vernachlässigung des Grundstücks entstanden sind und der Vermieter es trotz Aufforderung des Mieters unter angemessener Fristsetzung unterlassen hat, die baulichen Mängel zu beseitigen“ ist dahin ausgelegt worden, dass sie eine Haftung des Vermieters nur für den Fall der groben Fahrlässigkeit vorsieht, indem sich der Vermieter nicht um das Mietobjekt gekümmert hat. Sie berücksichtigt damit nicht, dass es auch Fälle gibt, in denen ohne Vernachlässigung des Mietobjekts der Eintritt eines Schadens grob fahrlässig verursacht sein kann. Daher verstößt sie gegen §§ 307 Abs. 1, 309 Nr. 7a BGB (= §§ 9 Abs. 1, 11 Nr. 7 AGBG). Das gilt auch bei der Vermietung gewerblicher Räume an ein Unternehmen, OLG Hamm – Urt. v. 10.10.1995 – MDR 1996, 256.

Auch ist die formularmäßige Freizeichnung des Vermieters von Wohnraum für Schäden durch Feuchtigkeit, Feuer, Rauch und Sott durch eine Klausel, die der unter Rn. II 170 zitierten entspricht, für wirksam angesehen worden, allerdings mit der Maßgabe, dass sie sich nur auf den Fall bezieht, dass der Mieter seine Anzeigepflicht verletzt hat. Liegt die Schadensursache nicht im Herrschafts- und Einflussbereich des Mieters, so soll der Vermieter die Pflichtverletzung des Mieters zu beweisen haben, OLG Hamburg – RE v. 26.4.1991 – DWW 1991, 216 = WuM 1991, 328.

Die Einschränkung, unter der die Klausel aufrechterhalten worden ist, ist ihrem Inhalt nicht zu entnehmen, sondern läuft auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinaus. Insbesondere nach der neuen Rechtslage ist sie wegen Verstoßes gegen §§ 307 Abs. 1, 309 Nr. 7a BGB unwirksam, da sich die Freizeichnung auch auf schwere Gesundheitsschäden etwa durch Schimmelpilzbildung bezieht.

1 Joachim WuM 2003, 183, 184.

191

171

Rn. II 172

Vertragsgestaltung

Außerdem soll die zitierte Klausel nicht für Mängel gelten, die bereits bei Abschluss des Vertrages vorhanden waren, so dass sie insbesondere nicht die Garantiehaftung des Vermieters ausschließt, OLG Hamburg – Urt. v. 9.8.1989 – DWW 1990, 201 = WuM 1990, 71 = ZMR 1990, 11.

172

– Sachschäden Die Klausel in einem Gewerberaummietvertrag, der Vermieter übernehme „keinerlei Haftung für Schäden, die an der Einrichtung und dem eingelagerten Gut entstehen können, es sei denn, der Schaden sei durch ihn oder seine Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden“ kann sich auch auf die Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel erstrecken, OLG Düsseldorf – Urt. v. 21.1.1999 – NZM 2000, 188 = WM 1999, 279 = ZMR 1999, 391: Das Gebot, Freizeichnungsklauseln transparent zu gestalten, erfordert zumindest im beruflichen Verkehr nicht, dass der Verwender die einzelnen Haftungstatbestände aufzählt und die in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen aufführt. Zur zulässigen Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für Schäden an Waren und Einrichtungsgegenständen des Mieters s. auch OLG Koblenz – Urt. v. 30.3.1999 – MDR 1999, 1375.

173

– Nicht versicherbare Sachschäden BGH – RE v. 24.10.2001 – NZM 2002, 116 = WuM 2002, 141 = ZMR 2002, 184: Der vertragliche Ausschluss von Schadensersatzansprüchen des Mieters von Wohnraum gegen den Vermieter wegen Sachschäden, welche durch Mängel der Mietsache verursacht sind, für die der Vermieter auf Grund leichter Fahrlässigkeit einzustehen hat, durch die in einem vom Vermieter gestellten Formularmietvertrag über Wohnraum enthaltene Klausel „Führt ein Mangel des Mietobjekts zu Sach- oder Vermögensschäden, so haftet der Vermieter gegenüber dem Mieter ... für diese Schäden – auch aus unerlaubter Handlung – nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit“ ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (= § 307 BGB) unwirksam.1

Das gilt jedenfalls dann, wenn von dem Ausschluss Schäden an den eingebrachten Sachen des Mieters umfasst sind, gegen die sich der Mieter üblicherweise nicht versichern kann. Durch die Klausel wird die Instandsetzungspflicht des Vermieters nicht unerheblich eingeschränkt. Zwar bleibt diese Pflicht als solche von der Freizeichnungsklausel unberührt. Eine vertragliche Pflicht wird aber nach Meinung des BGH auch dann eingeschränkt i.S. von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG (= § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB), wenn ihre Verletzung sanktionslos bleibt. Dem Mieter bliebe bei Fahrlässigkeit des Vermieters zwar die Minderung und die Verzugshaftung erhalten. Diese Rechte können jedoch den Wegfall der Verschuldenshaftung nicht hinreichend kompensieren. Der Haftungsausschluss für Schäden an Einrichtungsgegenständen des Mieters gefährdet auch deshalb den Vertragszweck, weil solche Schäden eine typische und deshalb für den Vermieter vorhersehbare Folge von Mängeln einer Mietwohnung sind. Ein formularmäßiger Ausschluss der Haftung für vertragstypische, vorhersehbare Schäden, die aus der Verletzung vertragswesentlicher Pflichten entstehen, ist daher von der 1 S. dazu Joachim NZM 2003, 387, 389; Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161, 168.

192

Formularklausel-ABC

Rn. II 175a

Rspr. wiederholt als unwirksam angesehen worden (BGHZ 145, 203, BGH NJW 1993, 335 II.3), ebenso OLG Hamburg – Beschl. v. 6.6.2001 – WuM 2001, 435 = ZMR 2001, 797 = MDR 2001, 1106 mit Anm. Lützenkirchen.

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob und in welchem Umfang der Rechtsentscheid des BGH v. 24.10.2001 auch auf Mietverhältnisse über Gewerberäume übertragen werden kann.1 Stellt man auf die Versicherbarkeit des Schadens für den Mieter ab, so läuft die Abwälzung des Vermieterrisikos auf eine unangemessene Benachteiligung des Mieters hinaus, der keine Kompensation gegenübersteht. Für den Vermieter wäre nämlich der fahrlässig verursachte Schaden haftpflichtversicherbar. 174

– Haftungsausschluss – Aufzug, Warmwasserversorgung, Heizung Folgende Formularklausel in Wohnraummietverträgen ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7a BGB unwirksam „Bei Störungen im Fahrstuhlbereich, in der Wasserversorgung und der Heizung hat der Mieter keinen Anspruch auf Entschädigung, es sei denn, die Störungen sind auf grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln des Vermieters zurückzuführen“, LG Frankfurt/O. ZMR 2003, 741.

– Haftungsausschluss – rechtzeitige Fertigstellung und Übergabe

175

Zu den Kardinalpflichten, für deren Verletzung auch in Mietverträgen über Gewerberäume die Haftung nicht formularmäßig auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden darf, zählt die Verpflichtung zur rechtzeitigen Fertigstellung und Übergabe der Mieträume, OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.5.1993 – DWW 1993, 199.

Die Formularklausel „Der Vermieter haftet nicht für rechtzeitige Freistellung der vermieteten Räume durch den bisherigen Mieter, es sei denn, der dadurch dem Mieter entstehende Schaden beruht auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung des Vermieters, dessen gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen“ ist nach § 309 Nr. 8a BGB unwirksam, weil sie sich so verstehen lässt, dass durch sie auch das Recht des Mieters, sich über § 323 BGB oder § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB vom Vertrag wieder zu lösen, ausgeschlossen sein soll, OLG München – Urt. v. 12.1.1989 – WuM 1989, 128, 129.

– Haftungsausschluss – Umfeldmängel

175a

Die Formularklausel „Äußere Einwirkungen durch Dritte, wie z.B. Verkehrsumleitungen, Aufgrabungen, Straßensperren, Geräusch-, Geruchs- und Staubbelastungen oder Ähnliches begründen unabhängig vom Ausmaß keinen Fehler des Mietgegenstandes, sofern sie nicht vom Vermieter zu vertreten sind“, ist nach § 307 BGB unwirksam; denn sie schränkt den Fehlerbegriff und damit die Gewährleistungsrechte des Mieters einschließlich der Minderung und des Kündigungsrechts unzumutbar ein, 1 So Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161, 168; anders Lützenkirchen MDR 2002, 331, 332.

193

Rn. II 175b

Vertragsgestaltung

KG – Urt. v. 12.11.2007 – GuT 2007, 436 für Zugangssperre infolge des Baues einer U-Bahntrasse. Zum Minderungsausschluss: BGH – Urt. v. 23.4.2008 – NZM 2008, 609 = ZMR 2008, 776.

175b

– Haftungsausschluss des Veräußerers Die Haftung des Vermieters bei Veräußerung des Mietgrundstücks nach § 566 Abs. 2 BGB ist formularmäßig nicht abdingbar, da sie ebenso wie der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ zum Leitbild der Miete zählt.1 Das beruht darauf, dass das Mietverhältnis ein personalbezogenes Schuldverhältnis ist und der Mieter im Veräußerungsfall keinen Einfluss auf die Auswahl, Bonität und Solvenz seines künftigen Vertragspartners hat.

176

– Verdeckter Haftungsausschluss – Verkehrssicherungspflicht Die formularvertragliche Übertragung von Verkehrssicherungspflichten durch den Vermieter auf den Mieter, etwa die Verpflichtung des Mieters zur Ausführung der Streupflicht und des Winterdienstes kann einen verhüllten Haftungsausschluss enthalten und insoweit unwirksam sein, OLG Dresden – Beschl. v. 20.6.1996 – WuM 1996, 553.

– s. Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen – s. auch Heizung 177

. Hausordnung Die Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Die anliegende Hausordnung ist Bestandteil dieses Vertrages“ enthält eine Tatsachenbestätigung, die nach § 309 Nr. 12 BGB (= § 11 Nr. 15 AGBG) unzulässig ist, sofern die Hausordnung nicht Bestandteil des Mietvertrages geworden ist. Dafür soll nicht genügen, dass sie auf dem rückwärtigen Deckblatt des Formulars wiedergegeben ist, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1992, 381, 384, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 106.

178

. Heizkosten Die Klausel „Die Heizkosten werden nach Abrechnung der Firma C. abgerechnet“ lässt nicht eindeutig erkennen, dass die Heizkosten ausschließlich nach Verbrauch abgerechnet werden sollen; sie ist auch nicht dahin zu verstehen, dass es der Firma C. überlassen bleiben sollte, welcher Verteilermaßstab zur Anwendung kommt, LG Saarbrücken WuM 1990, 85, 86.

Eine Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, die Kosten der Zwischenablesung zu tragen, die er durch eine vorzeitige Vertragsbeendigung veranlasst hat, ist wirksam, AG Wetzlar WuM 2003, 456.

– s. Betriebskosten 1 Börstinghaus NZM 2004, 481, 489; einschränkend für Mietverhältnisse über Gewerberäume: Leo NZM 2006, 245.

194

Formularklausel-ABC

Rn. II 183

. Heizung

179

Gegen die Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Eine Temperatur von 20° C für die Zeit von 7.00 bis 22.00 Uhr in den vom Mieter hauptsächlich genutzten Räumen gilt als vertragsgemäß“ bestehen keine Bedenken bezüglich der Mindesttemperatur, soweit der Wohnstandard nicht oder allenfalls nur unerheblich unterschritten wird; jedoch ist unklar, für welchen Teil der Wohnung die Heizpflicht des Vermieters gelten soll, so dass die Klausel gegen das Transparenzverbot verstößt, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 384.

Die Formularklausel „Beheizung kann nicht verlangt werden bei Störungen, höherer Gewalt, behördlicher Anordnung oder bei sonstiger Unmöglichkeit der Leistung (z.B. Brennstoffknappheit)“ verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB (= § 10 Nr. 4 AGBG),

180

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 59.

In einem Mietvertrag über Wohnraum ist die Formularklausel „Für eine gleichmäßige Temperatur wird eine Gewähr nicht übernommen, insbesondere nicht bei etwaiger Überbelegung des Hauses“ unwirksam. Sie unterläuft das Verbot, die Mietminderung zum Nachteil des Mieters abzubedingen (§ 536 Abs. 4 BGB), OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 113 f.

– s. auch Warmwasser

. Instandsetzung und Instandhaltung

181

Wegen des unterschiedlichen Pflichtengehalts ist darauf zu achten, ob dem Mieter nur die Instandhaltung oder aber die Instandsetzung auferlegt worden ist, KG – Urt. v. 1.3.1999 – MDR 2000, 447: Die vertragliche Verpflichtung des Mieters, „für die laufende Unterhaltung und für einen stets einwandfreien technischen Zustand der Mietsache zu sorgen“, beinhaltet nicht die Pflicht zur Instandsetzung der Mietsache (hier: Heizkessel), wenn diese nicht mehr reparaturfähig ist. Eine derartige Abwälzung aller Vermieterpflichten aus § 536 BGB hätte eindeutig zum Ausdruck gebracht werden müssen.

Die bloße Übernahme der Instandhaltungspflicht („... in gutem und gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten ...“) bedeutet nicht zugleich die Übernahme der Instandsetzungspflicht,

182

OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.2.1999 – DWW 1999, 294 = NZM 2000, 464 = ZMR 1999, 627.

Die Pflicht des Vermieters zur Instandsetzung wird auch dann unzulässig i.S. von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB eingeschränkt, wenn ihre Verletzung sanktionslos bleibt. Dem Mieter bliebe bei Fahrlässigkeit des Vermieters zwar die Minderung und die Verzugshaftung erhalten. Diese Rechte können jedoch den Wegfall der Verschuldenshaftung nicht hinreichend kompensieren, BGH – RE v. 24.10.2001 – NZM 2002, 116 = WuM 2002, 141 = ZMR 2002, 184 zu Haftungsbeschränkungen des Vermieters für Schäden an Sachen des Mieters.

195

183

Rn. II 184 184

Vertragsgestaltung

Bei der Wohnraummiete läuft die Übertragung von Instandsetzungspflichten auf den Mieter darauf hinaus, die unabdingbare Mietminderung zu unterlaufen (s. Rn. VII 100). Daher sind diesbezügliche Klauseln schon nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, BGH – Urt. v. 6.5.1992 – BGHZ 118, 194 = WuM 1992, 372 zur Vornahmeklausel: Eine Klausel in einem Formularvertrag über Wohnraum, nach welcher der Mieter Kleinreparaturen selbst vorzunehmen hat, benachteiligt diesen auch dann unangemessen, wenn die Reparaturpflicht gegenständlich und betragsmäßig in dem gebotenen Umfang beschränkt ist. Die Vornahmeklausel führt zu einem Ausschluss der Rechte des Mieters gemäß § 537 Abs. 1, 3 BGB a.F. Diese zwingende gesetzliche Regelung kann nicht dadurch umgangen werden, dass Erhaltungspflichten des Vermieters gemäß § 536 BGB a.F. dem Mieter mit der Folge auferlegt werden, dass während der Vertragsdauer auftretende Fehler, deren Beseitigung dem Mieter obliegen soll, nicht zur Befreiung von der Mietzahlung oder deren Minderung führen. Anderenfalls wäre einer vom Gesetzgeber „missbilligten Klausel“ wieder Geltung verschafft.

185

Dagegen können Klauseln, die eine bloße Kostenbeteiligung des Mieters für Wohnraum vorsehen, unter besonderen Voraussetzungen wirksam sein, BGH – Urt. v. 7.6.1989 – BGHZ 108, 1 f. = NJW 1989, 2247: 1. Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der der Mieter die Kosten für Kleinreparaturen (Reparaturen bis zu 100 DM) ohne Rücksicht auf ein Verschulden zu tragen hat, benachteiligt den Mieter unangemessen, wenn sie keinen Höchstbetrag für den Fall enthält, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums mehrere Kleinreparaturen anfallen und wenn sie auch solche Teile der Mietsache umfasst, die nicht dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind. 2. Unwirksam sind Formularklauseln, nach denen der Mieter sich sowohl bei Reparaturen, die höhere Kosten als 100 DM verursachen, als auch bei Neuanschaffungen mit einem Betrag in dieser Höhe zu beteiligen hat (s. Rn. II 195, VII 101).

186

Bei Mietverhältnissen über Gewerberaum ist die formularmäßige Übertragung von Instandsetzungspflichten auf den Mieter nur zulässig, wenn die nachfolgenden Schranken beachtet werden (Rn. VII 103 f.):1 – Es darf sich im Allgemeinen nur um Instandsetzungsmaßnahmen handeln, die den Mietgegenstand betreffen, d.h. im Einflussbereich des Mieters liegen (BGH – Urt. v. 25.2.1987 – NJW-RR 1987, 906, BGH – Urt. v, 6.4.2005 – MDR 2006, 17 = NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.2.1992 – DWW 1992, 241, KG – Urt. v. 23.5.2002 – GE 2002, 1266 = NZM 2003, 395). – Es handelt sich um Instandsetzungsmaßnahmen, die erst nach Vertragsabschluss erforderlich werden. Mithin wird der ordnungsmäßige Zustand der Mietsache bei Beginn des Mietverhältnisses vorausgesetzt (OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.2.1999 – DWW 1999, 294 = ZMR 1999, 627 für Dachreparatur, OLG Naumburg – Urt. v. 12.8.1999 – NZM 2000, 1183 = WuM 2000, 241). S. auch OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524 = WuM 1994, 274: Die Klausel „Die Instandhaltung des gesamten Pachtobjekts obliegt dem Pächter“ ist einschränkend dahin auszulegen, dass der einwandfreie 1 S. dazu Schmid GuT 2002, 165.

196

Formularklausel-ABC

Rn. II 188

Zustand des Objekts bei Vertragsbeginn vorauszusetzen ist und dass die Klausel nur durch den Gebrauch veranlasste Instandsetzungen betrifft. Die Entscheidung läuft allerdings auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinaus. – Die Instandsetzungsmaßnahme beinhaltet nicht die Neubeschaffung einer nicht mehr reparaturfähigen Einrichtung (KG – Urt. v. 1.3.1999 – MDR 2000, 447 für Heizungsanlage). – Die Instandhaltungspflicht erfasst nicht weiter gehende Instandsetzungsarbeiten (OLG Hamm NJW-RR 1993, 1229, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.2.1999 – DWW 1999, 294 = ZMR 1999, 627 = NZM 2000, 464: Die bloße Übernahme der Instandhaltungspflicht – „... in gutem und gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten“ – bedeutet nicht zugleich die Übernahme der Instandsetzungspflicht). – Das Risiko muss kostenmäßig für den Mieter überschaubar sein, wenn sich die Übertragung der Instandsetzungspflicht (auch) auf Gemeinschaftsanlagen bezieht (BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2006, 17 = NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844, KG – Urt. v. 23.5.2002 – GE 2002, 1266 = NZM 2003, 395). Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Gewerberäume „Der Mieter führt alle Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen einschließlich derer an Dach und Fach auf seine Kosten aus“1 ist für unwirksam gehalten worden,

187

OLG Naumburg – Urt. v. 12.8.1999 – WuM 2000, 241: 1. Einem gewerblichen Mieter kann die Pflicht zur Erhaltung der Mietsache durch AGB überbürdet werden, solange damit nicht ein vollständiger Übergang der Sachgefahr verbunden ist und dies nicht zu einem unkalkulierbaren Kostenrisiko des Mieters führt. 2. Instandhaltungsklauseln sind im Regelfall einschränkend dahingehend auszulegen, dass der einwandfreie Zustand der Mietsache bei Vertragsbeginn vorausgesetzt wird. 3. Hält man die Klausel nicht für unwirksam, so ist sie zumindest dahin auszulegen, dass lediglich alle durch den Mietgebrauch verursachten Abnutzungen durch Schönheitsreparaturen und Instandhaltungsarbeiten nach Bedarf und Erforderlichkeit zu beheben sind.

Die Klausel ist schon deswegen unwirksam, weil sie keinen risikobegrenzenden Höchstbetrag enthält. Die Klausel „Der Mieter hat das gesamte Mietobjekt und damit die angemieteten Gebäude innen und außen als auch die Freiflächen instand zu halten. Er übernimmt damit die Instandhaltung von Dach und Fach. Das Mietobjekt ist in dem Zustand zu erhalten, den es bei Übergabe an den Mieter laut Übergabeprotokoll aufweist“, bezieht sich nicht auf Instandsetzungs-, sondern nur auf Instandhaltungsmaßnahmen, d.h. auf Vorbeugemaßnahmen wie etwa Wartungsarbeiten und Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs, die erforderlich werden, um die durch gewöhnliche Abnut1 S. dazu Schlemminger/Tachezy NZM 2001, 416; Joachim NZM 2003, 387, 391; Joachim ausführlich in FS Blank, 2006, S. 221 f., 233.

197

188

Rn. II 189

Vertragsgestaltung

zung, Alterung und Witterungseinwirkung entstandenen baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsmäßig zu beseitigen, nicht aber Reparaturmaßnahmen oder die Erneuerung nicht mehr reparabler Teile, OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909.

189

Die Formularklausel in einem Geschäftsraummietvertrag, dass der Mieter eine Instandhaltungsrücklage zu übernehmen hat, ist dann unwirksam, wenn das übertragene Risiko außerhalb seines Einflussbereichs liegt oder ihn mit einem nicht überschaubaren Kostenrisiko belastet, insbesondere auch die Kosten der Gemeinschaftsanlagen ohne Begrenzung davon betroffen sind. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die Instandsetzung an „Dach und Fach“ nicht von der Pflichtenüberbürdung auf den Mieter ausgenommen ist, KG – Urt. v. 23.5.2002 – GE 2002, 1266 = NZM 2003, 395: Die Regelung in § 535 I Satz 2 BGB lässt sich zwar bei der Geschäftsraummiete hinsichtlich der Überbürdung der Instandhaltung weitgehend formularmäßig abbedingen, wenn jedenfalls die Instandhaltung von „Dach und Fach“ noch dem Vermieter obliegt (s. OLG Dresden NJW-RR 1997, 395). Die Einschränkung („Dach und Fach“) zeigt, dass dieser weitgehenden Aushöhlung der Vermieterrisiken bzw. -pflichten aber eine Grenze gesetzt sein muss, d.h. das dem Mieter übertragene Risiko muss entweder in dessen tatsächlichem Einflussbereich liegen oder ihn mit einem noch überschaubaren und zur Höhe begrenzten Risiko belasten. Die uneingeschränkte Überbürdung der Kostenlast ist nicht mehr hinzunehmen, wenn sie – wie hier mit der Überbürdung von Kosten der Gemeinschaftsanlagen – nicht auf die Mietsache beschränkt bleibt und damit den dem Einfluss des Mieters entzogenen Bereich betrifft.

190

Die Klausel „Der Mieter wird Ausbesserungen und bauliche Veränderungen, die zur Erhaltung des Gebäudes oder zur Abwendung drohender Gefahren oder zur Beseitigung von Schäden notwendig werden, unverzüglich vornehmen“ bezieht sich nur auf kleinere Reparaturen; bauliche Veränderungen umfassen nicht die Instandsetzung; denn durch Letztere wird der vertragsgemäße Zustand des Objekts nicht verändert, sondern erst (wieder) hergestellt, OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909.

190a

Auch die formularmäßige vollständige Abwälzung der „Kosten für Hausmeister/Betriebsabteilung“ ist für unwirksam gehalten worden, weil damit dem Mieter anteilig die Erhaltungslast für das gesamte Objekt auferlegt wird. Wirksam wäre sie nur dann, wenn sie der Höhe nach auf einen bestimmten und zumutbaren Betrag begrenzt wäre, z.B. auf einen Prozentsatz der Jahresmiete; dagegen reicht es nicht, dass der Mieter einen prozentualen Anteil der Hausmeisterkosten zu tragen hat, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 10.5.2007 – ZMR 2008, 45 = MietRB 2008, 11 (Kunze).

Die Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei Beendigung des Mietverhältnisses das Parkett abzuschleifen, ist wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot unwirksam, AG Münster WuM 2002, 431.

– s. auch Fußboden- und Parkettpflege 198

Formularklausel-ABC

Rn. II 196

Bei Mietverträgen über Eigentumswohnungen läuft die Abwälzung der Kosten aus der Wohngeldabrechnung einschließlich der Instandhaltungskosten und -rücklage auf eine schon als Individualvereinbarung unzulässige Mieterhöhung entgegen § 557 Abs. 3, 4 BGB hinaus. Die Klausel, nach der der Mieter „alle anfallenden Betriebskosten/Wohngeld trägt“, ist (außerdem) mangels Bestimmtheit unwirksam,1

191

LG Karlsruhe GuT 2002, 177.

– s. auch Fensterscheiben – s. auch Kleinreparaturen – s. auch Leitungsverstopfungen

. Kardinalpflichten

192

– s. Freizeichnungen und Haftungsbeschränkungen – s. Haftungsausschluss

. Kaution

193

– s. Mietsicherheit

. Kenntnisklausel

194

Klauseln, in denen der Mieter bestätigt, der Vertrag sei ausgehandelt bzw. er habe ausreichend Zeit zur Kenntnisnahme gehabt und sei mit allen Bestimmungen einverstanden, verstoßen gegen § 309 Nr. 12b BGB (= § 11 Nr. 15 AGBG), OLG Hamm – RE v. 27.2.1981 – NJW 1981, 1049, ebenso LG München I WuM 1994, 370 für die Klausel „Der Mieter bestätigt ausdrücklich, sämtliche Vereinbarungen und Anlagen dieses Mietvertrages sowie die Hausordnung gelesen zu haben“.

Eine Klausel, in der der Mieter die Hausordnung „nach genauer Durchsicht“ anerkennt, verstößt gegen § 309 Nr. 12b BGB (= § 11 Nr. 15 AGBG) und ist daher ebenfalls unwirksam, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 115.

– s. auch Besichtklauseln

. Kleinreparaturen

195

Es sind zwei Arten von Klauseln zu unterscheiden, nämlich Vornahmeklauseln, nach denen der Mieter anfallende Reparaturen selbst auszuführen hat, und Kostenklauseln, nach denen die Ausführung der Reparaturen Sache des Vermieters bleibt, der Mieter aber die aufzuwendenden Kosten ganz oder anteilig tragen muss.2 Vornahmeklauseln, die eine Verpflichtung des Mieters zur Mängelbeseitigung begründen,3 sind im Hinblick auf die Unabdingbarkeit der Mietminderung bei 1 S. dazu Pfeilschifter GuT 2002, 165. 2 Dazu Kinne ZMR 2000, 725, 729; ebenso Langenberg Schönheitsreparaturen II C 69 f. 3 „Der Mieter ist verpflichtet, die nachstehenden Gegenstände, soweit sie seiner unmittelbaren Einwirkung unterliegen, insbesondere Fenster- und Türverschlüsse sowie Verschlussvorrichtungen von Fensterläden, Rollläden, Licht- und Klingel-

199

196

Rn. II 197

Vertragsgestaltung

der Wohnraummiete (§ 536 Abs. 4. BGB) unzulässig (s. Rn. II 185, VII 100). Hinzukommt, dass das übernommene Risiko gegenständlich und summenmäßig nicht begrenzt ist, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290, BGH – Urt. v. 6.5.1992 – BGHZ 118, 194 = WuM 1992, 355 = ZMR 1992, 332, OLG München – Urt. v. 2.5.1991 – WuM 1991, 388 = ZMR 1991, 334, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 25.9.1997 – WuM 1997, 609.

197

Kostenklauseln sind bei der Wohnraummiete nach § 307 BGB nur wirksam, wenn sie – die Gegenstände des Mietobjekts bezeichnen, auf die sich das Kostenrisiko bezieht, – diese Gegenstände Teile des Mietobjekts betreffen, die dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind, – für jede einzelne anfallende Reparatur einen Höchstbetrag der Beteiligung vorsehen, – einen Höchstbetrag für den Fall vorsehen, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraumes – etwa eines Jahres – mehrere Kleinreparaturen anfallen, – keine weitere Kostenbeteiligung des Mieters für andere als Kleinreparaturen vorsehen, auch wenn diese begrenzt ist auf einen Kostenanteil in der Höhe, wie er üblicherweise bei Kleinreparaturen anfällt (s. Rn. II 186).

198

Soweit Kostenklauseln sich im vorgegebenen Rahmen bewegen, werden sie auch in Mietverträgen über Wohnraum für wirksam gehalten, weil sie das Mietverhältnis von Streitigkeiten über Bagatellfälle weitgehend freizuhalten vermögen. Ein Betrag von 100 DM für den Einzelfall ist nicht als unangemessen angesehen worden, BGH – Urt. v. 7.6.1989 – BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247 = WuM 1989, 324.

Auch ist eine Höchstgrenze der Kostenbeteiligung für den einzelnen Reparaturfall von 150 DM als tragbar, jedoch eine Jahresbelastung von 600 DM oder 10% des Betrags der Jahresnettokaltmiete als unangemessen angesehen worden, OLG Hamburg – Urt. v. 10.4.1991 – WuM 1991, 385, 387, LG Hamburg WuM 1990, 416, 417.

Die gegenwärtige Praxis neigt zu einem Ansatz von 75 bis 100 Euro für den Einzelfall und von 6 bis 8% der Jahresnettomiete für die Jahresbelastung des Mieters,1 anlagen, Haussprechanlagen, Antennendosen, Briefkästen, Wärmemesser, Schlösser, Wasserhähne, Klosettspüler, Wasch- und Abflussbecken einschließlich der Zu- und Ableitungen, Öfen, Herde, Ventile, Gas- und Elektrogeräte und ähnliche Einrichtungen, Badeeinrichtungen und Warmwasserbereitungsanlagen einschließlich der Zuund Ableitungen instand zu halten und instand zu setzen, es sei denn, er beweist, dass ihn insoweit kein Verschulden trifft. Das Gleiche gilt für beschädigte und zerbrochene Glasscheiben.“ 1 Horst Rn. 766: 50 bis 70 Euro bzw. 6–8% der Jahresbruttomiete, Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. 2 C 53 f., S. 179, Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 58: 75–100 Euro bzw. 9% der Jahresnettomiete.

200

Formularklausel-ABC

Rn. II 199

AG Braunschweig ZMR 2005, 717: bis 100 Euro + MwSt für den Einzelfall, AG Brandenburg a.d. Havel GE 2008, 483 nimmt als Grenze für die Einzelreparatur 100 Euro – und für die jährliche Gesamtbelastung 7–8% der Jahres-Nettomiete an. Die Belastung für die Einzelreparatur von 200 Euro ist überhöht und führt zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel. AG Bremen NZM 2008, 241 hält ebenfalls einen Betrag von 200 Euro für die Einzelreparatur und eine Jahresbelastung von 1000 Euro für die jährliche Gesamtbelastung bei einer monatlichen Grundmiete von 260 Euro für zu hoch.

Eine Kleinreparaturklausel1 verpflichtet den Mieter nicht, die Kosten größerer Reparaturen anteilig zu tragen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – WuM 2002, 545.

. Konkurrenzschutz

199

Der formularmäßige Ausschluss der vertragsimmanenten Konkurrenzschutzpflicht des Vermieters (s. hierzu Rn. VII 252) wird allgemein für zulässig gehalten, OLG Hamburg – Urt. v. 17.12.1986 – MDR 1987, 321 = NJW-RR 1987, 403 = ZMR 1987, 94, OLG Celle – Urt. v. 13.5.1992 – WuM 1992, 538 = ZMR 1992, 449, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.1992 – DWW 1992, 368 = ZMR 1992, 445,

und zwar selbst dann, wenn zu Lasten des Mieters eine Betriebspflicht oder eine Sortimentsbindung vereinbart worden ist (s. die Bedenken hierzu Rn. VII 254), OLG Hamburg – Urt. v. 3.4.2002 – ZMR 2003, 254, OLG Rostock – Urt. v. 8.3.2004 – NZM 2004, 461, KG – Urt. v. 18.10.2004 – NZM 2005, 620, OLG Naumburg – Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772.

Die Klausel „Für das Mietobjekt wird Konkurrenzschutz gewährt“ bezieht sich nicht ohne weiteres auf Nebenartikel, im Gegensatz zu einer Klausel „Der Vermieter verpflichtet sich, während der Mietdauer Verkaufsflächen nicht an ein Unternehmen zu vermieten, das den Vertrieb von Waren zum Gegenstand hat, die vom Mieter geführt werden“, BGH – Urt. v. 3.7.1985 – MDR 1986, 46 = ZMR 1985, 374.

Eine Formularklausel, nach der der Vermieter Konkurrenzschutz für einen bestimmten Betrieb gewährt, schützt nur vor der Neuvermietung an einen Konkurrenten, nicht aber davor, dass ein anderer Mieter, der schon zuvor angemietet hatte, sein Sortiment oder sein Gewerbe oder seine freiberufliche Tätigkeit zulässigerweise ausdehnt und eben dadurch zum Konkurrenten des (Zweit-)Mieters wird,2 OLG Köln – Urt. v. 27.5.2005 – NZM 2005, 866 = ZMR 2005, 861. 1 Die Klausel lautet „Kleinere Schäden bis maximal 5% der Jahresmiete hat der Mieter auf eigene Kosten zu beseitigen.“ 2 Zum Fall: Vermietet war an einen Rechtsanwalt, der eine Strafrechtspraxis betrieb (Erstmieter); später wurde an einen weiteren Rechtsanwalt vermietet, dem für die Fachrichtung Arbeits- und Familienrecht Konkurrenzschutz vertraglich gewährt wurde (Zweitmieter). Der Erstmieter nahm später seinen Sohn in die Praxis auf, der seinerseits in der Fachrichtung des Zweitmieters tätig wurde, womit der Erstmieter auch warb.

201

Rn. II 200 200

Vertragsgestaltung

. Kündigung – Kündigungsausschluss Eine Bestimmung in einem Formularmietvertrag über Wohnraum, wonach die ordentliche Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre nach Vertragsabschluss für beide Seiten ausgeschlossen ist, ist nicht nach § 307 BGB unwirksam. Die Klausel benachteiligt den Mieter schon deshalb nicht, weil sie für beide Seiten gelten soll. Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass nach der Reform des Mietrechts die Möglichkeit besteht, einen unbefristeten Mietvertrag zu schließen und für einen bestimmten, vertraglich festgelegten Zeitraum das Recht zur ordentlichen Kündigung auszuschließen (Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 63). Der Kündigungsausschluss verstößt auch nicht gegen § 575 Abs. 4 BGB, weil diese Vorschrift lediglich eine automatische Beendigung des Mietverhältnisses allein durch Zeitablauf verhindern soll. Dagegen dient sie nicht dem Schutz des Mieters vor einer längeren Bindung an den Vertrag, BGH – Urt. v. 30.6.2004 – WuM 2004, 542 = ZMR 2004, 802, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – WuM 2004, 543, OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – NZM 2004, 905 = WuM 2004, 597 = ZMR 2004, 745 für beiderseitigen Kündigungsausschluss für 6 Monate, ebenso LG Frankfurt/O. ZMR 2003, 741.

201

In einem Mietvertrag über Wohnraum ist ein – auch beiderseitiger – formularmäßiger Kündigungsverzicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters in der Regel unwirksam, wenn seine Dauer mehr als vier Jahre beträgt, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NJW 2005, 1574 = WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443: Die gesetzliche Regelung in § 557a Abs. 3 BGB gibt einen Hinweis darauf, wo nach Auffassung des Gesetzgebers allgemein die zeitliche Grenze eines Kündigungsverzichts des Mieters zu ziehen ist. Der formularmäßige Kündigungsverzicht von fünf Jahren ist hier insgesamt unwirksam. Eine Aufrechterhaltung der Klausel mit einer verkürzten Dauer des Kündigungsverzichts kommt wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht in Betracht.

Dies gilt selbst bei einem nur einseitigen Kündigungsverzicht des Mieters, wenn der Verzicht in einen formularmäßigen Staffelmietvertrag eingebettet ist, BGH – Urt. v. 23.11.2005 – WuM 2006, 97, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – WuM 2006, 152 mit Anm. Wiek WuM 2006, 154.

202

Häufig sind Klauseln, durch die die gesetzlichen Kündigungsvoraussetzungen zugunsten des Vermieters erweitert werden. Derartige Klauseln sind in Wohnraummietverträgen unwirksam (s. § 569 Abs. 5 BGB). Bei der Vermietung von Grundstücken und Räumen, die keine Wohnräume sind – aber auch bei Mischmietverhältnissen mit überwiegendem Gewerbeanteil –, sind hingegen derartige Klauseln nicht ausgeschlossen. Das gilt insbesondere für die Kündigung wegen Verzugs. Jedoch ist im Insolvenzfall § 119 InsO zu beachten.

203

Eine in einem formularmäßigen Pachtvertrag über gewerbliche Räume enthaltene Klausel „Der Verpächter ist zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn 202

Formularklausel-ABC

Rn. II 206

der Pächter mit der Zahlung einer Pachtzinsrate ganz oder teilweise länger als einen Monat nach Zahlungsaufforderung trotz schriftlicher Mahnung im Rückstand ist“ ist unwirksam, BGH – Urt. v. 25.3.1987 – NJW 1987, 2506 = WuM 1987, 259: Von § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. weicht die Klausel zum Nachteil des Pächters in dreierlei Hinsicht ab: Sie ermöglicht die fristlose Kündigung des Verpächters schon bei einem teilweisen Rückstand mit nur einer Pachtrate, und zwar auch dann, wenn der Rückstand nur unerheblich ist, und lässt schließlich auch den unverschuldeten Zahlungsrückstand genügen. Ähnlich OLG Hamm – Urt. v. 20.12.1991 – ZMR 1992, 152 für Leasingvertrag; OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.7.2001 – NZM 2002, 953 für die Klausel, nach der die außerordentliche Kündigung des Vermieters zulässig ist, wenn der Mieter mit den Zahlungen des Mietzinses nach fruchtloser Mahnung länger als einen Monat in Rückstand ist, da die Klausel von zwei gesetzlichen Regeln abweicht: Zum einen soll ein bloßer Rückstand genügen, der auch verschuldensunabhängig möglich ist. Zum anderen würde die Nichtzahlung eines Betrages von auch nur 1 DM über einen Zeitraum von nur einem Monat zur Vertragsbeendigung führen.

Gleichwohl muss der Verpächter bei fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzuges das in der unwirksamen Klausel für die Kündigung vorgesehene Verfahren (Zahlungsaufforderung, schriftliche Mahnung) einhalten (BGH a.a.O.). Unwirksam ist auch die in einem vom Vermieter verwendeten Formularvertrag enthaltene Klausel „Die Kündigung eines Mieters bewirkt die Kündigung des gesamten Mietverhältnisses“,

204

OLG Koblenz – Urt. v. 20.5.1999 – WM 1999, 694: Der Vermieter kann sich auf diese Klausel nicht berufen, wenn das Mietverhältnis, das mit einer GmbH und deren Geschäftsführer als Mieter begründet worden ist, nur von Letzterem gekündigt wird. Der Verwender wird nämlich durch § 307 BGB nicht geschützt (vgl. BGH NJW 1991, 353, 354).

Ist der Mieter der marktüberlegene Teil, was bei der Miete von Gewerberaum vorkommt, so wird er versuchen, seine Bedingungen durchzusetzen. Daher kann auch er Verwender von Formularverträgen sein. Typisch sind Klauseln, durch die der Mieter sich ein einseitiges Löserecht aus einem langfristigen Mietvertrag ausbedingt,

205

BGH – Urt. v. 30.5.2001 – NZM 2001, 854 = WuM 2001, 440 = ZMR 2001, 784 = MDR 2001, 1228 m. Anm. Weyhe: Die in einem langfristigen gewerblichen Mietvertrag enthaltene Vereinbarung eines vorzeitigen Sonderkündigungsrechtes für den Mieter mit der Folge unterschiedlich langer Bindung der beiden Vertragspartner an das Mietverhältnis verstößt nicht gegen wesentliche Grundsätze des Mietrechts. OLG Schleswig – Urt. v. 17.5.2000 – ZMR 2000, 614: Eine Klausel in einem von einem gewerblichen Mieter (Einzelhandelsfilialist) gestellten Mietvertrag, die ihm während der Dauer einer durch eigene Option (um jeweils fünf Jahre) verlängerten Mietzeit die Kündigung unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten erlaubt, benachteiligt den Vermieter nicht unangemessen.

. Leitungsverstopfungen

206

Eine Formularklausel, nach der alle Mieter von Wohnungen in einem Gebäude die Kosten der Beseitigung einer Leitungsverstopfung anteilig zu tragen haben, wenn der Schädiger nicht ermittelt werden kann, ist nach § 9 Abs. 1 AGBG 203

Rn. II 207

Vertragsgestaltung

(= § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam:1 Zum einen besteht keine Solidargemeinschaft zwischen den Mietern eines Wohngebäudes, zum anderen begründet die Klausel eine unzulässige Gefährdungshaftung der einzelnen Mieter, OLG Hamm – RE v. 19.5.1982 – NJW 1982, 2005.

207

. Mahnkosten Eine Formularklausel, nach der der Vermieter nach Eintritt des Zahlungsverzugs des Mieters berechtigt ist, für jedes Mahnschreiben einen Kostenaufwand von 6 Euro zu berechnen, ist gemäß § 309 Nr. 5b BGB unwirksam, weil die Klausel dem Mieter nicht ausdrücklich den Nachweis gestattet, ein Schaden sei überhaupt nicht eingetreten oder wesentlich niedriger als der pauschalierte Schadensersatz des Verwenders,2 BGH – Urt. v. 23.11.2005 – WuM 2006, 97.

Unwirksam ist auch die Klausel „Bei verspäteter Zahlung ist der Vermieter berechtigt, Mahnkosten in der tatsächlich angefallenen Höhe, mindestens jedoch 10 DM für jede schriftliche Mahnung als Auslagenersatz zu erheben und Verzugszinsen zu berechnen“; denn dem Mieter ist der Nachweis eines geringeren Schadens verschlossen, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1990 – WuM 1990, 103, 109.

208

. Mehrbelastungsklausel Mehrbelastungsklauseln haben erheblich an Bedeutung verloren, nachdem der BGH entschieden hat, dass der Vermieter eine nach Vertragsabschluss eingetretene Mehrbelastung bereits dann auf den Mieter umlegen darf, wenn die Umlage der betreffenden Betriebskostenart mietvertraglich wirksam vereinbart worden ist (BGH – Urt. v. 20.6.2007 – WuM 2007, 445 = ZMR 2007, 768). Zumindest wegen nicht eindeutig umlegbarer Betriebskosten – insbesondere der „sonstigen Betriebskosten“ nach Nr. 17 in § 2 BetrKV, Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 II. BV – bedarf es einer Mehrbelastungsregelung im Mietvertrag.

208a

Die Formularklausel in einem Mietvertrag über preisgebundenen Wohnraum „Alle allgemein oder im konkreten Fall eintretenden Mieterhöhungen und/ oder Erhöhungen sowie Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstückslasten jeder Art sind vom Zeitpunkt des Eintritts ab vereinbart und vom Mieter zu zahlen“ verstößt gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Transparenzgebot und ist unwirksam. Ihr ist nicht zu entnehmen, dass die jeweilige Kostenmiete als höchstzulässige Miete geschuldet sein soll. Sie benachteiligt zudem den Mieter, weil sie den Eintritt der Erhöhung ohne zeitliche Begrenzung zurückwirken lässt, BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 336 = WuM 2004, 285 = ZMR 2004, 424.

Unwirksam ist auch die für die Umlage von Betriebskosten wichtige Formularklausel „Soweit zulässig, ist der Vermieter bei Erhöhung oder Neueinführung von Betriebskosten berechtigt, den entsprechenden Mehrbetrag vom 1 S. dazu Kinne ZMR 2000, 725, 731. 2 S. dazu Horst DWW 2008, 134, 137.

204

Formularklausel-ABC

Rn. II 211

Zeitpunkt der Entstehung umzulegen. Das Gleiche gilt für eine Erhöhung der Kapitalkosten“; denn sie enthält keine Beschränkung auf den Katalog Betriebskosten laut der Anlage 3 zu § 27 II. BV und verstößt hinsichtlich des Wirkungszeitpunkts gegen § 4 Abs. 2 MHG (vgl. § 560 Abs. 2 BGB), BGH – Urt. v. 20.1.1993 – DWW 1993, 74 = WM 1993, 109 = ZMR 1993, 264, BGH – Urteile v. 21.1.2004 – WuM 2004, 151 = ZMR 2004, 341, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 62.

Dementsprechend ist auch folgende Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum unwirksam: „Bei Neueinführung von Betriebskosten ist der Vermieter berechtigt, die erhöhten Kosten neben der Miete und den etwa vereinbarten Betriebskosten anteilig ab dem Zeitpunkt der Entstehung zu erheben.“ Sie verstößt gegen § 9 AGBG (s. jetzt § 307 BGB) wegen des nicht absehbaren Risikos und gegen das Rückwirkungsverbot (in § 4 Abs. 2, 3 MHG),

208b

OLG Celle – Beschl. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 108.

Anderseits ist die Formularklausel „Werden öffentliche Abgaben neu eingeführt oder entstehen Betriebskosten neu, so können diese vom Vermieter im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften umgelegt werden“ für wirksam gehalten worden; insbesondere soll sie nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen, BGH – Urt. v. 27.9.2006 – WuM 2006, 612, allerdings ohne Auseinandersetzung mit dem Urteil des Senats v. 20.1.1993. Kritik: Die Verweisung auf die gesetzlichen Vorschriften reicht nicht aus, um die Angemessenheitskontrolle nach billigem Ermessen sowie die Zukunftswirkung der Erhöhung sicherzustellen.

Gilt zwischen den Parteien eine (Teil-)Inklusivmiete, so verstößt die Klausel „Alle durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im konkreten Fall zugelassenen Mieterhöhungen bzw. Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstücksumlagen jeder Art sind vom Zeitpunkt der Zulässigkeit ab vereinbart und zahlbar“ gegen das Transparenzgebot, wenn nicht im Mietvertrag geregelt ist, welche Betriebskosten möglicherweise bei einer Mieterhöhung zu berücksichtigen sind und welche nicht,

209

BGH – Urt. v. 21.1.2004 – WuM 2004, 151.

Anders verhält es sich bei der Formularklausel „Alle durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im konkreten Fall zugelassenen Mieterhöhungen oder Erhöhungen bzw. Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstücksumlagen jeder Art sind vom Zeitpunkt der Zulässigkeit ab vereinbart und zahlbar, ohne dass es einer Kündigung oder Mitteilung gemäß § 18 I. BMG bedarf.“ Sie entspricht bezüglich der gesetzlichen oder behördlich zugelassenen Mieterhöhungen der gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 8 NMV, ist jedoch bezüglich der Erhöhungen von Nebenkosten und Grundstückslasten wegen des Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Die Teilunwirksamkeit erfasst aber nicht die übrigen wirksamen Teile dieser Klausel,

210

BGH – Urt. v. 21.1.2004 – ZMR 2004, 341, Urt. v. 3.3.2004 – WuM 2004, 288.

Demgegenüber ist bei der Miete von Gewerberaum folgende Formularklausel für zulässig angesehen worden, die eine Umlage der Mehrbelastung ab dem 205

211

Rn. II 212

Vertragsgestaltung

Zeitpunkt ihrer Entstehung gestattet „Neu entstehende Betriebskosten sind ab Entstehung dieser Kosten vom Mieter zu tragen,“ OLG Celle – Urt. v. 16.12.1998 – ZMR 1999, 238, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 10.2.1999 – NZM 2000, 243.

Auch die Klausel „Sollten sich die vom Vermieter zu tragenden Kosten gegenüber dem Stand vom Vertragsabschluss in der Zukunft erhöhen, so ist der Vermieter berechtigt, ab dem Zeitpunkt der Erhöhung diese Mehrkosten anteilig auf den Mieter umzulegen“ ist wirksam und dahin ausgelegt worden, dass der Vermieter gegen ihn selbst rückwirkend festgesetzte öffentliche Grundbesitzabgaben auf den Mieter abwälzen darf, wenn dieser nach dem Mietvertrag solche Betriebskosten grundsätzlich übernommen hat, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 29.10.2007 – GuT 2008, 34.

212

. Mietänderung Die Formularklausel in einem Wohnungsmietvertrag „Bei preisgebundenem Wohnraum gilt die jeweils gesetzlich zulässige Miete als vertraglich vereinbart“ ist wirksam; sie verstößt nicht gegen das Transparenzgebot, BGH – Urt. v. 5.11.2003 – WuM 2004, 25 = NZM 2004, 93 = ZMR 2004, 103.

Eine Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der für den Fall einer Mieterhöhung eine bestimmte Wohnlage, ein bestimmtes Ausstattungsmerkmal oder ein bestimmtes Rasterfeld eines Mietspiegels zugunsten des Vermieters zugrunde gelegt werden soll, verstößt jedoch gegen § 557 Abs. 4 BGB und damit gegen § 307 BGB. – s. auch Mehrbelastungsklausel – s. auch Mietpreisrecht 213

. Mietausfall Die Klausel „Der Mieter haftet bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung des Vermieters für den entstehenden vollständigen oder teilweisen Ausfall an Miete und Nebenkosten bis zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit, jedoch höchstens für ein Jahr nach Rückgabe“ ist unwirksam, da sie den Eindruck erweckt, dass der Schaden endgültig festgelegt wird und nicht auch der Nachweis, dass gar kein oder ein geringerer Schaden entstanden ist, zugelassen ist, LG Berlin WuM 1986, 211.

– s. auch Schadenspauschalierung 214

. Miete Rechtzeitigkeitsklauseln werden allgemein für zulässig gehalten.1 Sie sind jedenfalls bei Mietverhältnissen über Gewerberaum zulässig, BGH – Urt. v. 24.6.1998 – NZM 1998, 628 = DWW 1998, 276 = MDR 1998, 1216 = WuM 1998, 599 = ZMR 1998, 612 = GE 1998, 1084: Jedenfalls im kaufmännischen Verkehr begegnet eine Rechtzeitigkeitsklausel, die auf den Eingang des laufenden 1 S. dazu Geldmacher DWW 1999, 14.

206

Formularklausel-ABC

Rn. II 216

Mietzinses auf dem Vermieterkonto abstellt, keinen durchgreifenden AGB-rechtlichen Bedenken. Sie ist auch nicht ungewöhnlich und damit nicht überraschend.

Allerdings ergeben sich gegen sie Bedenken, soweit sie in Wohnraummietverträgen enthalten sind. Zum einen überbürden sie – über die Vorauszahlungspflicht hinausgehend – dem Mieter das Risiko der Transportgefahr, insbesondere bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auch soweit diese sich aus dem Bereich der Empfängerbank ergeben kann (s. hierzu auch die Bedenken von LG Hamburg WuM 1999, 326, 327). Jedenfalls erwecken sie den Eindruck, der Mieter müsse für den rechtzeitigen Eingang der Miete beim Vermieter „auf alle Fälle“ einstehen.1 Zum anderen verstoßen sie gegen das Transparenzgebot; denn sie offenbaren nicht die erhebliche Konsequenz bei einem auch nur geringfügigen Zahlungsverzug im Hinblick auf die Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Eine Rechtzeitigkeitsklausel entfaltet jedenfalls keine Wirkungen für Zahlungen des Mieters von Wohnraum während der Schonfrist, um die Wirkungen der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 569 Abs. 3 BGB abzuwehren, LG Hamburg WuM 1992, 124, LG Berlin NJW-RR 1993, 144 = ZMR 1992, 394.

– Verrechnung

215

Bei Mietverhältnissen über Gewerberaum ist zumindest geboten, dass die Klausel eine bestimmte Tilgungsfolge festlegt.2 Die Klausel „Befindet sich der Mieter mit Zahlungen im Rückstand, so sind Teilzahlungen nach den Bestimmungen des Vermieters ohne Rücksicht auf die Bestimmung des Mieters zu verrechnen“ hält daher einer Inhaltskontrolle nicht stand, BGH – Urt. v. 20.6.1984 – BGHZ 91, 375 = NJW 1984, 2404 = ZMR 1984, 370.

Bei der Wohnraummiete wird verlangt, dass das vorrangige Bestimmungsrecht des Mieters (§ 366 Abs. 1 BGB) unberührt bleibt, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 109 zur Klausel „Befindet sich der Mieter mit der Zahlung des Mietzinses im Rückstand, so sind eingehende Zahlungen zunächst auf die Kosten einschließlich etwaiger Prozesszinsen, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptschuld, und zwar zunächst auf die ältere Schuld, anzurechnen“. Unwirksam sind daher Formularklauseln in Wohnraummietverträgen, nach denen der Mieter „unwiderruflich sein Einverständnis erklärt, dass der Vermieter Teilleistungen auf die jeweils ältere Schuld verrechnen darf“, LG Mannheim DWW 1995, 112, s. auch LG Köln WuM 1995, 315.

Das ist nicht der Fall bei einer Formularklausel, nach der sämtliche Zahlungen des Mieters zunächst auf die ältere Schuld, LG Berlin NZM 2002, 65 1 Blank WuM 1995, 567, 569; anders Geldmacher DWW 1999, 14, 17, der diese Gefahr nur als abstrakte und sehr entfernte einschätzt. 2 S. dazu Geldmacher DWW 1999, 14, 17.

207

216

Rn. II 216a

Vertragsgestaltung

oder auf Zinsen und Kosten zu verrechnen sind, LG Berlin NZM 2002, 66 = WuM 2001, 396 = ZMR 2002, 109.

– – – – – – 216a

s. s. s. s. s. s.

auch auch auch auch auch auch

Abtretung Aufrechnung und Zurückbehaltung Einzugsermächtigung Mehrbelastungsklausel Mietstruktur Umsatzsteuer

. Mieterwechsel Die Klausel „Bei der Veräußerung des Betriebes oder eines Teilbetriebes des Mieters bedarf es wegen des Übergangs dieses Mietvertrages auf den Rechtsnachfolger des Mieters einer vorherigen Vereinbarung“ gibt nur die ohnehin bestehende Rechtslage wieder und enthält keine Verpflichtung des Vermieters, einen neuen Mietvertrag mit einem vom Mieter benannten Interessenten abzuschließen, OLG München – Urt. v. 8.9.1995 – ZMR 1995, 579, 580.

– s. auch Vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses 217

. Mietgebrauch1 – Baden/Duschen Eine Formularklausel in der Hausordnung, nach der das Baden zwischen 22.00 und 4.00 Uhr verboten ist, ist unzulässig, LG Köln WuM 1997, 323.

218

– Einbauten und Einrichtungen Eine Klausel, nach der das Aufstellen von Waschmaschinen nur in der Waschküche zulässig ist, verstößt gegen § 307 Abs. 2 BGB, AG Köln WuM 2001, 276.

Die Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag „Der Mieter haftet für alle Schäden, die im Zusammenhang mit Anlagen dieser Art entstehen“ (z.B. Schilder, Rollläden, Blumenkästen, Schaukästen, Automaten) eröffnet eine unzulässige Gefährdungshaftung des Mieters ohne Rücksicht auf Verschulden und ist daher unwirksam, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 105.

219

– Elektrische Anlagen In einem Mietvertrag über Wohnraum sind folgende, das Aufstellen und Benutzen von Geräten einschränkende Klauseln nach §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, 536 Abs. 3 BGB unwirksam: „Gas- und Elektrogeräte dürfen nur in dem Umfang an das vorhandene Leitungsnetz angeschlossen werden, als die für die Mietsache vorgesehene Belastung nicht über1 S. dazu Kappus NZM 2002, 761, 765.

208

Formularklausel-ABC

Rn. II 223

schritten wird. Weitere Geräte sollen nur mit schriftlicher Einwilligung des Vermieters angeschlossen werden. Die Einwilligung kann versagt werden, wenn das vorhandene Leitungsnetz eine zusätzlich Belastung nicht aushält und der Mieter es ablehnt, die Kosten für eine entsprechende Änderung des Netzes zu tragen. Vor Aufstellung von Nachtspeicheröfen und anderen schwergewichtigen Gegenständen hat der Mieter auf seine Kosten eine statische Unbedenklichkeitsbescheinigung vorzulegen. Für Schäden, die durch Gegenstände, die der Mieter in die Wohnung eingebracht hat, verursacht werden, haftet der Mieter. Kommt der Mieter dieser Pflicht trotz Aufforderung und Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht nach, so ist der Vermieter berechtigt, diese Gegenstände auf Kosten des Mieters abfahren zu lassen.“ OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 25.9.1997 – WuM 1997, 609.

220

– Grillverbot LG Hildesheim WuM 2002, 337: Das Verbot in einer Hausordnung, auf dem Balkon zu grillen, ist im Nachbarschaftsinteresse wirksam.

– – – – – – –

s. s. s. s. s. s. s.

auch auch auch auch auch auch auch

Antenne, Fernsehen Drittüberlassung Duldung Obhutspflicht des Mieters Rückbau Tierhaltung Untermiete

. Mietminderung

221

Sind Aufrechnung und Zurückbehaltungsrecht in zulässiger Weise eingeschränkt, so ist eine Mietminderung hiervon nicht betroffen, sofern dies nicht eindeutig im Mietvertrag geregelt ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.7.1999 – NZM 1999, 1006 = ZMR 1999, 387.

Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist die Minderung schon nach § 536 Abs. 4 BGB selbst durch Individualvereinbarung zum Nachteil des Mieters nicht abdingbar. Ebenso wenig kann sie durch Ankündigungserfordernisse oder durch weitere Umstände1 eingeschränkt werden. Bei Mietverhältnissen über Gewerberaum ist ein uneingeschränkter Ausschluss jedes Minderungsrechts des Mieters nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB unwirksam, weil damit gegen das Äquivalenzprinzip als ein tragendes Prinzip des Schuldrechts – nämlich die Verknüpfung des „do ut des“ mit dem Grundsatz von Treu und Glauben – verstoßen wird,

222

BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GuT 2008, 278 = NZM 2008, 522 = ZMR 2008, 693.

Jedoch ist das Recht zur Mietminderung bei anderen als bei Wohnraummietverhältnissen insoweit abdingbar, als es die Automatik der Minderung anbelangt und dem Mieter jedenfalls Rückforderungsansprüche wegen geminderter 1 Z.B. keine Mietrückstände des Mieters oder fehlendes Verschulden des Vermieters am Mangel.

209

223

Rn. II 224

Vertragsgestaltung

Miete vorbehalten bleiben. Würde ihm auch diese Möglichkeit genommen, so wäre auch hier das Äquivalenzprinzip verletzt,1 BGH – Urt. v. 27.1.1993 – BGHZ 91, 375 = NJW-RR 1993, 519 = ZMR 1993, 320, OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.10.1994 – WuM 1995, 392 = ZMR 1995, 303, 304, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 31.5.2005 – DWW 2005, 291 = MDR 2005, 1045, OLG Hamm – Urt. v. 11.2.1998 – NZM 1998, 438 = ZMR 1998, 342, KG – Urt. v. 14.2.2002 – NZM 2002, 526 = ZMR 2002, 823: Die Klausel in einem Mietvertrag über Gewerberaum „Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins oder sonstigen Forderungen des Vermieters aus diesem Vertrag weder ein Minderungsoder Zurückbehaltungsrecht ausüben noch mit einer bestrittenen oder nicht rechtskräftig festgestellten Gegenforderung aufrechnen“ hält einer Inhaltskontrolle stand. Sie schließt einen Rückforderungsanspruch des Mieters aber nicht aus.

Die Klausel ist also nicht deshalb unwirksam, weil der Fall des unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Minderungsrechts darin nicht ausdrücklich geregelt ist, OLG Karlsruhe – Urt. v. 20.9.2005 – MDR 2006, 745: Wird ein Minderungsrecht rechtskräftig festgestellt oder anerkannt, so ergibt sich daraus ohne weiteres das Erlöschen der noch nicht erfüllten Mietforderung. Eine Regelung, die dem Vermieter dennoch den ungekürzten Mietanspruch belässt, wäre in sich widersprüchlich und deshalb sinnlos. Dass der Mieter in diesen Fällen zur Minderung berechtigt bleibt, versteht sich von selbst.

In diesem Sinne ist auch folgende Formularklausel verstanden worden: „Eine Minderung, mit der sich der Verpächter nicht einverstanden erklärt hat, ist ausgeschlossen“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6. 1998 – ZMR 1999, 23.

Eine solche weitherzige Auslegung findet im Text der Klausel keine Stütze; sie läuft auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinaus. Auch werden weitere Einschränkungen für zulässig gehalten, z.B. ein Ankündigungserfordernis oder das Fehlen von Mietrückständen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.1.2003 – ZMR 2005, 943.

224

In einem Mietvertrag über Gewerberaum sind Formularklauseln unwirksam, nach denen der Mieter nicht zur Minderung berechtigt ist, es sei denn, der Vermieter habe die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten, bzw. der Vermieter habe die Umstände, die die Minderung begründen, nicht zu vertreten, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GuT 2008, 278 = NZM 2008, 522 = ZMR 2008, 693, BGH – Urt. v. 23.4.2008 – GuT 2008, 280 = NZM 2008, 609 = ZMR 2008, 776; a.A. KG – Urt. v. 29.10.2000 – GE 2001, 345 für eine Formularklausel, nach der die Mietminderung ein Verschulden des Vermieters am Entstehen und der Fortdauer des Mangels voraussetzt, an eine Ankündigungsfrist (von 2 Monaten) geknüpft wird und von der Zustimmung des Vermieters abhängt, KG – Urt. v. 29.11.2000 – GE 2001, 345.

1 Ausführlich zu sog. Abkoppelungsklauseln: Horst DWW 2006, 48; s. auch Feldhahn ZMR 2008, 815: Die Miete auf erstes Anfordern bei Gewerberaum.

210

Formularklausel-ABC

Rn. II 226

Die Beschränkung der Mietminderung im Mietvertrag über Gewerberaum auf den Fall des vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verzuges des Vermieters mit der Mängelbeseitigung soll aber gegen § 307 BGB verstoßen, wenn sie sich im Einzelfall auf Mängel erstreckt, deren Vermeidung nach dem Vertragszweck unbedingt geboten ist (Kardinalpflicht),1

225

OLG Naumburg – Urt. v. 12.8.1999 – WuM 2000, 241 = NZM 2000, 1183 = ZMR 2000, 383: Hält man die Klausel nicht für unwirksam, so ist sie zumindest dahin auszulegen, dass lediglich alle durch den Mietgebrauch verursachten Abnutzungen durch Schönheitsreparaturen und Instandhaltungsarbeiten nach Bedarf und Erforderlichkeit zu beheben sind. Ein formularmäßiger Ausschluss der Vermieterhaftung für einfache Fahrlässigkeit (zulässig nach OLG Stuttgart WM 1984, 187, OLG Hamburg ZMR 1985, 236) erscheint zweifelhaft, wenn in der Instandhaltungspflicht des Vermieters eine sog. Kardinalpflicht gesehen wird, die allenfalls eine Haftungsfreizeichnung für vertragsuntypische und daher praktisch nicht vorhersehbare Schäden zulässt. Ausgehend von § 9 Abs. 2 AGBG (= § 307 Abs. 2 BGB) ist deshalb im Einzelfall darauf abzustellen, ob der Haftungsausschluss sich auch auf vertragstypische Schadensrisiken erstreckt, deren Vermeidung nach dem Vertragszweck unbedingt geboten ist.

Die Klausel „Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Bauarbeiten in der Nachbarschaft u.s.w.), die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird (z.B. Umsatz- und Geschäftsrückgang)“ beschränkt sich auf sog. Umfeldfehler (s. dazu Rn. VIII 88). Sie ist unwirksam, da sie nach ihrem Wortlaut gemäß der Unklarheitsregel in § 305c Abs. 2 BGB auch die Auslegung zulässt, dass die Minderung endgültig ausgeschlossen sein und dem Mieter nicht das Recht verbleiben soll, die überzahlten Mieten gemäß § 812 BGB zurückzufordern. Die kundenfeindlichste Auslegungsvariante ist zugrunde zu legen. Die dadurch bewirkte Störung des Äquivalenzprinzips wird nicht dadurch kompensiert, dass dem Mieter ggf. ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 BGB gegenüber dem Schadensverursacher in Betracht kommen könnte, BGH – Urt. v. 23.4.2008 – GuT 2008, 280 = NZM 2008, 609 = ZMR 2008, 776, gegen OLG Hamburg – Urt. v. 2.4.2003 – GuT 2004, 168 = ZMR 2004, 432, AG Hamburg NZM 2005, 222.

Die Formularklausel „Die Lage des Mietobjekts, die Bautätigkeit auf den Nachbargrundstücken und zur Gestaltung der öffentlichen Straßen, Wege, Plätze und Verkehrsanlagen sind dem Mieter bekannt und berechtigen in keinem Fall zur Minderung“ ist dahin ausgelegt worden, dass sie sich bereits nach ihrem Wortlaut nur auf solche Maßnahmen bezieht, mit denen schon bei Abschluss des Mietvertrages begonnen wurde, KG – Urt. v. 12.11.2007 – GuT 2007, 436.

1 Zum Fall: Es handelte sich um eine Dachundichtigkeit und um fehlende Beheizbarkeit des Mietobjekts.

211

226

Rn. II 226a

Vertragsgestaltung

Sie verstößt ferner über § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen § 309 Nr. 12b BGB.1 – s. auch Gewährleistung Die Formularklausel „Das Recht zur Minderung ist von einer vorherigen Feststellung durch einen von der IHK zu benennenden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen abhängig, es sei denn, die Vermieterin stimmt der geltend gemachten Minderung zu“ soll dahin auszulegen sein, dass der Mangel, auf den die Mietminderung gestützt wird, gutachterlich bestätigt sein muss. Der Klausel soll Präklusionswirkung zukommen, indem es den Parteien versagt sein soll, weitere Mängel vorzutragen, die mit dem im Gutachten behandelten Komplex zusammenhängen, im Gutachten aber nicht ihren Niederschlag gefunden haben, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54.

226a

. Mietpreisrecht Haben die Parteien eine preiswidrige Miete vereinbart, enthält der Mietvertrag jedoch die Klausel „Wenn eine Bestimmung dieses Vertrages gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt, tritt an ihre Stelle die entsprechende gesetzliche Regelung. Bei Außerkrafttreten der gesetzlichen Regelungen wird die vertragliche Bestimmung voll wirksam“, so ist diese wirksam und der Vermieter hat einen Anspruch auf die erhöhte (vormals preiswidrige) Miete nach Wegfall der Preisbindung, sofern dies nicht dem Verbotszweck der preisrechtlichen Regelung widerspricht, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 850 = WuM 2007, 440 = MietRB 2008, 35 (Kunze) für Art. 2 § 2 Mietenüberleitungsgesetz v. 6.6.1995 (BGBl. I 748).

– s. auch Mietänderung – s. auch Salvatorische Klauseln 227

. Mietsicherheit Die Begrenzung der Mietsicherheit auf drei Monatsmieten ohne Betriebskosten (§ 551 Abs. 1 BGB) gilt unabdingbar nur für die Wohnraummiete. Die Formularklausel in einem Mietvertrag über Gewerberäume, nach der eine darüber hinausgehende Mietsicherheit zu leisten ist, ist dagegen wirksam, OLG Brandenburg – Beschl. v. 4.9.2006 – ZMR 2006, 853, 854: Die Grenze bildet das nachvollziehbare Sicherungsinteresse des Vermieters.

Klauseln in Mietverträgen über Wohnraum „Die Sicherheitsleistung ist mit Abschluss des Mietvertrages zu erbringen“ oder „Der Mieter zahlt bei Abschluss des Mietvertrages eine Kaution von 3 Monatsmieten ...“ sind nur insoweit unwirksam, als sie es dem Mieter verwehren, die Mietsicherheit in drei Raten zu leisten. Die Unwirksamkeit der Fälligkeitsabrede berührt aber nicht die Wirksamkeit der Kautionsabrede als solche. Es handelt sich insoweit um eine teilbare Klausel; ein Fall der unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion liegt nicht vor, BGH – Urt. v. 25.6.2003 – NZM 2003, 754 = WuM 2003, 495 = ZMR 2003, 729, BGH – Urt. v. 3.12.2003 – WuM 2004, 147. 1 S. Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 309 Nr. 12 Rn. 26.

212

Formularklausel-ABC

Rn. II 229

Damit ist die frühere abweichende Rspr. (s. LG Gießen WuM 2002, 51, LG Potsdam WuM 2003, 237) gegenstandslos geworden. Der formularmäßige Ausschluss der Verzinsung in sog. Altverträgen über Wohnraum, die vor dem 1.1.1983 abgeschlossen worden sind, hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG (= § 307 BGB) nicht Stand und ist unwirksam,

228

LG Frankfurt WuM 1986, 336, LG Nürnberg-Fürth WuM 1988, 158, LG München I WuM 1989, 236, LG Itzehoe WuM 1989, 290.

Ob die Verzinsungspflicht bei Mietverhältnissen über Gewerberaum (s. dazu Rn. III 181) formularmäßig wirksam ausgeschlossen werden kann, ist umstritten. Da die Mietsicherheit keinen billigen Kredit für den Vermieter darstellen soll, sondern nur seinem Sicherungsinteresse zu dienen bestimmt ist, widerspricht der Ausschluss der Verzinsung dem Wesen der Mietkaution, so dass der Ausschluss gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt.1 Die Unwirksamkeit berührt aber nicht die Wirksamkeit der Kautionsvereinbarung im Übrigen. Die in einem Mietvertrag über Gewerberäume enthaltene Klausel „Der Vermieter ist berechtigt, auch während der Mietzeit Ansprüche aus dem Mietverhältnis durch Rückgriff auf die Kaution zu befriedigen. In diesem Fall kann er vom Mieter verlangen, die Kaution wieder auf den ursprünglichen Betrag aufzufüllen“ hält einer Inhaltskontrolle stand; denn eine Verwertung der Kaution während der Mietzeit ist durch gesetzliche Regelungen nicht beschränkt,

228a

OLG Karlsruhe – Urt. v. 2.7.2004 – NZM 2004, 742.

Dagegen bestehen Bedenken; denn hierdurch wird die Mietsicherheit in ein Mittel der vorzusgweisen, schnellen Befriedigung umfunktioniert, sofern nicht eine Beschränkung auf unstreitige, rechtskräftig festgestellte oder liquide Forderungen erfolgt. Eine vorformulierte Erklärung, durch die der Mieter von Wohnraum auf die Haftung des Veräußerers – seines bisherigen Vermieters – bezüglich der Rückerstattung der Kaution verzichtet, ist für unwirksam gehalten worden, LG Kiel WuM 2004, 192.

Eine Formularklausel in einem Geschäftsraummietvertrag, wonach der Mieter bei Nichtzahlung (der Kaution) die „Rechte“ aus dem Vertragsverhältnis „verliert“ und der Vermieter „berechtigt“ ist, über das Mietverhältnis „anderweitig zu verfügen“, ist unwirksam,

228b

KG – Urt. v. 26.1.2006 – NZM 2007, 41.

– s. auch Bürgschaft

. Mietstruktur

229

Eine Klausel, nach der sich der Vermieter das Recht vorbehält, zur gegebenen Zeit die Betriebskosten gemäß § 27 II. BV abzurechnen, ist unklar, da nicht erkennbar ist, ob nur Erhöhungen an Betriebskosten, die nach Vertrags1 So auch im Ergebnis Schmidt-Futterer/Blank BGB § 551 Rn. 112; Ulmer/Brandner/ Hensen Anhang § 310 BGB Rn. 608; anders Staudinger/Emmerich BGB § 551 Rn. 36.

213

Rn. II 230

Vertragsgestaltung

abschluss entstanden sind, umgelegt und abgerechnet werden sollen, oder ob der Vermieter die Betriebskosten in vollem Umfang auf den Mieter umlegen darf. Darüber hinaus wäre bei einer Umgestaltung der Mietstruktur der Ansatz der Kappungsgrenze unklar und zur Disposition des Vermieters gestellt, LG München I WuM 1999, 46, AG Tempelhof-Kreuzberg MM 2002, 230: Eine Formularklausel, wonach es im Ermessen des Vermieters steht, eine Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete mit Vorauszahlungen und umgekehrt umzustellen, ist unwirksam. Im Ergebnis auch AG Hamburg-Blankenese WuM 1998, 418, das in der Klausel, nach der der Vermieter die Bruttomiete auf eine Nettokaltmiete umstellen darf, einen Verstoß gegen § 10 Abs. 1 MHG (s. jetzt § 557 Abs. 4 BGB) gesehen hat.

230

. Mietverhältnis – – – –

231

s. s. s. s.

Fortsetzungswiderspruch Kündigung Vertragsabschluss Vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses

. Mietzeit Enthält ein Formularmietvertrag über Wohnraum einerseits die Angabe einer bestimmten Dauer und eines Endtermins, andererseits Angaben zur Kündigungsmöglichkeit, so ist zunächst durch Auslegung zu ermitteln, ob nicht die Parteien die speziellere Regelung über die Befristung wollten, LG Wiesbaden WuM 1999, 117, LG Karlsruhe ZMR 2001, 977, s. auch LG Koblenz ZMR 2001, 622 = WuM 2001, 240.

Demgegenüber wird auch eine Unklarheit des Regelungsgehalts angenommen, die zu Lasten des Vermieters geht, LG Frankfurt a.M. WuM 1999, 114, LG Gießen WuM 1999, 115, LG Kassel WuM 1999, 692, LG Hanau WuM 2000, 96, LG Dessau WuM 2001, 240, s. auch LG Limburg WuM 2001, 359.

Dagegen bestehen Bedenken, weil die Unklarheitenregel (s. Rn. II 32, 33) erst eingreift, nachdem die Auslegungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. 232

. Modernisierung – s. Duldung

233

. Nutzungsentschädigung Die in AGB eines Leasinggebers enthaltene Klausel „Gibt der Leasingnehmer das Leasingobjekt nicht zurück, so hat er für jeden angefangenen Monat der nicht erfolgten Rückgabe die im Leasingvertrag vereinbarte Leasingsrate als Nutzungsentschädigung zu zahlen“ ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Nach der Klausel müsste der Leasingnehmer nämlich auch dann zahlen, wenn der Leasinggeber keinen Rücknahmewillen hat, weil er z.B. das Leasingverhältnis für fortbestehend hält. Das verstößt gegen den wesentlichen Grundgedanken des § 546a BGB, BGH – Urt. v. 7.1.2004 – ZMR 2004, 256.

214

Formularklausel-ABC

Rn. II 235

Die Entscheidung ist auch für entsprechende Klauseln in Mietverträgen über Wohn- oder Gewerberäume beachtlich.

. Obhutspflicht des Mieters

234

Die Klausel „Der Mieter hat die in den Mieträumen vorhandenen Wasserzufuhr- und Abflussleitungen vor dem Einfrieren zu schützen“ ist zu pauschal formuliert. Sie kann bei kundenfeindlichster Auslegung dahin verstanden werden, dass der Mieter selbst für Baumängel und ähnliche Umstände, die außerhalb seiner Einflusssphäre liegen, einstehen müsste, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 60.

– s. auch Leitungsverstopfungen – s. auch Reinigungs- und Streupflicht

. Rauchen

234a

Ein formularvertragliches Verbot, in der Mietwohnung zu rauchen, wird allgemein als unzulässig angesehen.1 Anders verhält es sich mit Verboten, im Treppenhaus oder in Gemeinschaftsräumen zu rauchen.2

. Rechtsgeschäftliche Klauseln

235

– Kein Vorrang von Formularklauseln vor Individualvereinbarungen Eine Formularklausel „Bisherige schriftliche oder mündliche Mietvereinbarungen treten mit dem Wirksamwerden des vorliegenden Vertrages außer Kraft“ ist jedenfalls in einem Mietvertrag über Wohnraum unwirksam, weil sie der Regelung in § 305b BGB (= § 4 AGBG ) widerspricht, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 114 f.

Vollständigkeitsklauseln wie „Mündliche Nebenabreden bestehen nicht“ sind wirksam, BGH – Urt. v. 14.10.1999 – MDR 2000, 19: Zwar handelt es sich um eine Tatsachenbestätigung i.S. von §§ 11 Nr. 15 AGBG (= § 309 Nr. 12b BGB). Von dem Verbot werden jedoch solche Tatsachenbestätigungen nicht erfasst, die die bestehende Beweislastverteilung wiederholen. Die Klausel gibt nur die ohnehin eingreifende Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde wieder (Bestätigung von BGH – Urt. v. 19.6.1985 – MDR 1985, 930 = NJW 1985, 2329). Ebenso OLG Nürnberg – Urt. v. 15.1.1992 – DWW 1992, 143, 150.

Unwirksam sind dagegen Rechtsgeltungsklauseln, nach denen Rechtshandlungen und Willenserklärungen eines Vermieters auch für die anderen Vermieter, eines Mieters auch für die anderen Mieter verbindlich sein sollen; denn sie eröffnen die Möglichkeit, den Vertrag gegen den Willen des anderen Vermieters oder Mieters zu ändern oder aufzuheben, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.10.2006 – ZMR 2008, 44.

– s. auch Besichtigung – s. auch Kenntnisklausel 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 463; Horst MietRB 2008, 188; Paschke NZM 2008, 265. 2 Horst MietRB 2008, 188; Paschke NZM 2008, 265.

215

Rn. II 235a

Vertragsgestaltung

– s. auch Salvatorische Klauseln – s. auch Vollmacht 235a

. Reinigungs- und Streupflicht Die Reinigungs- und Streupflicht (Winterdienst)1 soll auch formularvertraglich in der Hausordnung auf den Mieter übertragen werden können, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 22.9.1988 – NJW-RR 1989, 41 = WuM 1988, 399, LG Karlsruhe ZMR 2006, 698.

Dagegen bestehen Bedenken; denn darin liegen zugleich eine Freizeichnung des Vermieters von der Haftung aus seiner Verkehrssicherungspflicht sowie ein Gewährleistungsausschluss. Erstere verstößt gegen § 309 Nr. 7a, b BGB, Letzterer gegen §§ 536 Abs. 4, 569 Abs. 5 BGB i.V.m. § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB. 236

. Rückbau Die Rückbau-Klausel in einem Formularmietvertrag über Wohnraum „Auf Verlangen des Vermieters ist der Mieter verpflichtet, die Um- und Einbauten ganz oder teilweise im Falle seines Auszuges zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen, ohne dass es eines Vorbehaltes des Vermieters bei der Einwilligung bedarf“ ist zu pauschal gefasst und kann sich auch auf die nicht seltenen Ausnahmefälle beziehen, in denen der Mieter nicht zum Rückbau verpflichtet ist (s. dazu Rn. XIII 51 f.). Sie verstößt daher gegen das Übermaßverbot nach § 307 Abs. 1 BGB (= § 9 Abs. 1 AGBG),2 OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 64.

Eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Bodenbeläge sowie Wand- und Deckentapeten zu entfernen, ist unwirksam, soweit es das Entfernen der Tapeten anbelangt, LG Nürnberg-Fürth ZMR 2005, 622, 624.

– s. auch Dübel – s. auch Duldung – s. auch Einbauten 237

. Rückgabe Die Klausel „Die Räume sind in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben“ ist synonym für den vertragsgemäßen Zustand, ohne selbst zu definieren, was vertragsgemäß ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – WuM 2002, 545 = MDR 2003, 23.

Die Klausel „Rückgabe in bezugsfertigem Zustand“ verpflichtet nicht zur Endrenovierung; denn auch ohne eine solche können Räume von einem Nachfolger bezogen und genutzt werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – WuM 2002, 545 = MDR 2003, 23. 1 S. dazu Rn. VI 277. 2 Ebenso Langenberg, Schönheitsreparaturen, III C 10 S. 253.

216

Formularklausel-ABC

Rn. II 240

Eine Klausel, nach der der Mieter die Miete bis zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes („vollständig geräumt, renoviert und ohne Schäden, wobei der natürliche Verschleiß ausgenommen bleibt“) fortzuentrichten hat, verstößt gegen § 307 BGB, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.5.2002 – NZM 2002, 742: Die Klausel hält einer Angemessenheitsprüfung nicht stand, denn der Mieter wird für den vertragswidrigen Zustand bei Rückgabe auch dann verantwortlich gemacht, wenn er ihn nicht verursacht hat, so etwa, wenn der Schaden zufällig oder durch Einwirkung Dritter (z.B. Brandstiftung) von außen herbeigeführt worden ist.

Eine Formularklausel, die den Mieter zur „besenreinen Rückgabe“ der Wohnung verpflichtet, beschränkt sich auf die Pflicht, grobe Verschmutzungen zu beseitigen, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513.

– s. Dübel – s. Schönheitsreparaturen – s. Vertragsabwicklung

. Salvatorische Klauseln

238

Zu unterscheiden sind Erhaltungs- und Ersetzungsklauseln; Erstere werden für zulässig gehalten, Letztere nicht. – Erhaltungsklauseln Die Klausel „Wenn und insoweit eine der Bestimmungen dieses Vertrages gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt, tritt an ihre Stelle die entsprechende gesetzliche Regelung“ entspricht dem § 306 Abs. 2 BGB (= § 6 Abs. 2 AGBG) und ist daher wirksam, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381, 385, Urt. v. 3.12.2003 – WuM 2004, 147, Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691, Urt. v. 15.6.2005 – NZM 2005, 779, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 107.

– Ersetzungsklausel

239

Eine Formularklausel, nach der sich die eine Vertragspartei im Voraus verpflichtet, bei Unwirksamkeit einer Klausel eine Regelung zu treffen bzw. hieran mitzuwirken, die der in Wegfall geratenen Regelung wirtschaftlich möglichst nahe kommt, ist unwirksam,1 BGH – Urt. v. 6.10.1982 – NJW 1983, 159, 162 Sp. 2: ... denn damit wälzt der Verwender das ihn treffende Risiko der Wirksamkeit in unangemessener Weise auf den Kunden und auf das Gericht ab, dem zugemutet wird, den jeweils gerade noch zulässigen Inhalt unwirksamer Klauseln zu ermitteln. BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1040 = NZM 2005, 502, 503 = ZMR 2005, 691.

Die standardmäßig verwendete salvatorische Klausel, nach der ein nichtiges Rechtsgeschäft auch ohne die nichtige Klausel wirksam sein soll, entbindet 1 Wortlaut der Klausel: „Die nichtige oder unwirksame Bestimmung ist durch eine solche zu ersetzen, die dem wirtschaftlich Gewollten in zulässiger Weise am nächsten kommt.“

217

240

Rn. II 241

Vertragsgestaltung

nicht von der nach § 139 BGB vorzunehmenden Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten oder aber den Rest hätten gelten lassen. Bedeutsam ist sie lediglich für die von § 139 BGB abweichende Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast; diese trifft denjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzes für unwirksam hält (Aufgabe von BGH NJW 1994, 1651 – Pronuptia II): BGH – Urt. v. 24.9.2002 – MDR 2003, 145 = NZM 2003, 61, BGH – Urt. v. 15.6.2005 – NZM 2005, 779, BGH – Urt. v. 25.7.2007 – NZM 2007, 730 Tz. 26, OLG Koblenz ZMR 2008, 50.

Aus einer im Mietvertrag enthaltenen salvatorischen Klausel kann für die Frage, ob die Parteien zur Nachholung der Schriftform verpflichtet sind (s. Rn. I 143), jedenfalls ohne weiter gehende Anhaltspunkte nichts hergeleitet werden, BGH – Beschl. v. 17.7.2002 – NZM 2002, 823, BGH – Urt. v. 25.7.2007 – NZM 2007, 730.

– s. auch Mietpreisrecht 241

. Schadenspauschalierung Die Regelung in § 309 Nr. 5b BGB sieht vor, dass Klauseln über Schadenspauschalen ausdrücklich den Nachweis gestatten müssen, dass ein Schaden nicht oder wesentlich niedriger als die Pauschale entstanden ist, während nach § 11 Nr. 5b AGBG dem Kunden nur der entsprechende Nachweis nicht abgeschnitten werden durfte. Die Neuerung gilt auch für Altverträge.1 Auch muss feststehen, dass der Mieter jedenfalls dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet ist, OLG Nürnberg – Urt. v. 17.1.1976 – MDR 1976, 664.

– s. Mahnkosten – s. Mietausfall 242

. Schlüssel – Schlüsselverlust Eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, den Vermieter davon zu unterrichten, wenn er einen Schlüssel nachmachen lässt, ist wirksam.2 Die Klausel „Kommt der Mieter seiner Pflicht zur Rückgabe der Schlüssel nicht nach, ist der Vermieter berechtigt, auf Kosten des Mieters Ersatzschlüssel zu beschaffen oder, soweit dies im Interesse des Nachmieters geboten ist, neue Schlösser mit anderen Schlüsseln einzubauen, soweit er den Mieter vorher unter Fristsetzung zur Leistungserbringung gemahnt hat“ ist unwirksam. Sie führt bei der gebotenen kundenfeindlichen Auslegung dazu, dass dem Mieter eine verschuldensunabhängige Haftung für die Folgen einer verspäteten oder unterbliebenen Rückgabe von Schlüsseln auferlegt wird. Dies widerspricht dem generellen Grundsatz des Haftungsrechts, dass ein Schuldner nur 1 Heinrichs NZM 2003, 6, 9; Joachim NZM 2003, 387, 388; Borzutzki-Pasing NZM 2004, 161, 166. 2 S. Kappus NZM 2002, 761, 767.

218

Formularklausel-ABC

Rn. II 245

dann in Anspruch genommen werden kann, wenn er den Schaden zu vertreten hat. Er findet seinen Ausdruck insbesondere in § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – ZMR 2004, 745.

Entsprechendes gilt für Klauseln zur Haftung des Mieters bei Schlüsselverlust,

243

LG Hamburg NZM 1999, 410: Eine Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der der Vermieter bei Verlust eines Schlüssels berechtigt ist, auf Kosten des Mieters ein Austauschschloss anzubringen und die erforderliche Anzahl von Schlüsseln anzufertigen, verstößt gegen § 9 Abs. 2 AGBG (nunmehr § 307 Abs. 2 BGB), da sie eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters eröffnet. Ebenso im Ergebnis LG Berlin ZMR 2000, 535, 536 für eine Formularklausel, nach der der Vermieter bei Verlust eines Schlüssels berechtigt ist, die Schließanlage auszuwechseln.1

. Schönheitsreparaturen

244

Siehe – Abgeltungs- oder Quotenhaftungsklausel Rn. IX 212 – Anfangsrenovierung Rn. IX 104 – Aufwendungsersatz Rn. IX 209 – Bedarfsklausel Rn. IX 91 – Fachhandwerkerklausel Rn. IX 55 – Farbwahl Rn. IX 69, 118 – Fristenpläne Rn. IX 80 f. – Laufende Renovierung Rn. IX 36 – Rückgabeklauseln Rn. IX 115 – Schlussrenovierung Rn. IX 113 – Zustandsbeschreibung Rn. II 117, 297 Eine Formularklausel, die dem Mieter von Wohnraum Schönheitsreparaturen auferlegt, die durch Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters veranlasst sind, ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, LG Berlin NZM 2002, 121.

. Schriftform

245

Klauseln in Mietverträgen, die für nachträgliche Vertragsänderungen oder -ergänzungen die Schriftform vorschreiben (s. dazu auch Rn. I 151), sind grundsätzlich unzulässig, weil sie den Kunden darüber hinwegzutäuschen vermögen, dass auch die Berufung auf nur mündliche Vereinbarungen wirksam ist, wenn beide Parteien dies wollen und somit die Form stillschweigend abbedingen. Hierin wird ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gesehen, BGH – Urt. v. 26.3.1986 – MDR 1986, 928 = NJW 1986, 1809 für die Klausel „Mündliche Abmachungen haben ohne Bestätigung der Firma keine Gültigkeit“. BGH – VU v. 21.9.2005 – MDR 2006, 508 = NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104 = MietRB 2006, 62 (Scheff) zur Klausel „Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung.“ Ebenso OLG München – Urt. v.12.1.1989 – WuM 1989, 128, 133.

1 S. dazu Kinne ZMR 2000, 793, 794.

219

Rn. II 246

Vertragsgestaltung

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 64: „Nebenabreden, Änderungen, Ergänzungen und Aufhebungen des Vertrages müssen schriftlich vereinbart werden. Das Gleiche gilt für Zusagen, Zustimmungen, Verzichte und Vergleiche aller Art“. OLG Nürnberg – Urt. v. 15.1.1992 – DWW 1992, 143, 150: „Nebenabsprachen sind nicht getroffen. Mündliche Absprachen haben keine Gültigkeit. Für alle abweichenden und ergänzenden Vereinbarungen ist die Schriftform erforderlich“.

246

Demgegenüber ist die Klausel „Änderungen dieses Vertrages einschließlich Vertragsanlagen, die Bestandteil dieses Vertrages sind, bedürfen der schriftlichen Vereinbarung“ für wirksam gehalten worden, KG – Urt. v. 4.5.2000 – MDR 2000, 1241: Wie der BGH – Urt. v. 9.7.1991 – MDR 1991, 857 = NJW 1991, 2559 ausgeführt hat, sind Schriftformklauseln nicht schlechthin gemäß § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB) unzulässig; es kommt vielmehr auf die Ausgestaltung der Klausel im konkreten Fall an. Im entschiedenen Fall hatten beide Parteien ein Interesse daran, dass nachträgliche Änderungen des Vertrages schriftlich vereinbart würden, weil anderenfalls der Mietvertrag insgesamt nicht mehr der Schriftform genügen würde mit der Folge, dass er nach § 566 BGB a.F. (jetzt: § 550 BGB) kündbar wäre. Zu einem – möglichen – beiderseitigen Verzicht auf Einhaltung der Form sei es nicht gekommen.

Der in Bezug genommenen Entscheidung des BGH lag allerdings ein anderer Vertragstyp, nämlich ein Bausparvertrag, zugrunde:1 Dort diente die strikte Formbindung als Schutz vor Zusagen von Vertretern; mithin ist für jenen Fall eine andere Interessenabwägung angezeigt als bei einem Mietverhältnis. Der BGH hat offen gelassen, ob in den Fällen, in denen die gesetzliche Schriftform nach § 550 BGB für Vertragsänderungen gewahrt werden muss, eine Schriftformklausel wirksam ist (VU v. 21.9.2005 – NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104). Die Frage ist zu verneinen. Maßgebend ist auch in diesem Zusammenhang, ob die Parteien den geänderten Vertragsinhalt ernsthaft wollen. Dieser Wille ist vorrangig zu beachten, auch wenn deswegen die langfristige Vertragsbindung verloren geht. Das folgt aus der Vorrangstellung der Individualabrede nach § 305b BGB. Legen die Parteien übereinstimmend Wert auf die Wahrung der Schriftform, so werden sie diese individuell vereinbaren oder eine Nachholabrede (s. Rn. II 248a) treffen. 247

In der Praxis wird die Bedeutung von Schriftformklauseln ohnehin dadurch abgeschwächt, dass die Parteien von diesem Erfordernis – auch schlüssig – Abstand nehmen können, BGH – VU v. 21.9.2005 – GuT 2005/2006, 6, 7 = NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104 = MietRB 2006, 62 (Scheff).

Das gilt auch für den Abschluss einer Mietaufhebungsvereinbarung, für die die Schriftform vereinbart war, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.4.2001 – DWW 2001, 248 = NZM 2001, 591: Ein mündlich vereinbarter Mietaufhebungsvertrag kann wirksam sein, auch wenn der (formularmä1 Die dort zugrunde liegende Klausel lautete: „Besondere Abreden sind ungültig, es sei denn, dass sie die Bausparkasse schriftlich bestätigt“ dient dem Schutz des Verwenders vor mündlichen Zusagen seines Vertreters bei Vertragsabschluss.

220

Formularklausel-ABC

Rn. II 249

ßig) geschlossene Mietvertrag eine Klausel enthält, wonach derartige Abmachungen der Schriftform bedürfen. Damit die mündliche Vereinbarung wirksam ist, ist es nicht erforderlich, dass die Parteien die Schriftform ausdrücklich abbedingen. Es genügen vielmehr ihre auf Aufhebung des Vertrages gerichteten Erklärungen, sofern festgestellt werden kann, dass diese ernsthaft gewollt sind.

Unwirksam sind auch qualifizierte Schriftformklauseln, die für die vereinbarungsgemäße Aufhebung der Schriftform ihrerseits die Schriftform vorsehen. Eine ausdrückliche Abrede, die ein bewusstes Abweichen von der Klausel zum Inhalt hat, ist nur dann erforderlich, wenn die qualifizierte Schriftformklausel individuell vereinbart ist; denn in solchen Fällen gilt der Vorrang der Individualvereinbarung nach § 305b BGB nicht,

248

BGH – VU v. 21.9.2005 – GuT 2005/2006, 6, 7 = NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104, s. auch KG – Urt. v. 20.11.2000 – GE 2001, 278: Die qualifizierte Schriftformklausel, nach der Schriftform auch für die Aufhebung der vereinbarten Schriftform erforderlich ist, kann durch mündliche ausdrückliche Abreden abgeändert werden. Offen gelassen von BGH – Urt. v. 17.4.1991 – NJW-RR 1991, 1289, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.6.2006 – ZMR 2007, 35; anders KG (12. ZS) – Urt. v. 27.11.2006 – ZMR 2007, 364: Gegenüber einer „doppelten Schriftformklausel“ muss die Berufung auf die Privatautonomie zurücktreten. Kritik: Diese Entscheidung verkehrt die gesetzliche Wertung des § 305 BGB, die auch für die Gewerberaummiete gilt, in ihr Gegenteil.

– Schriftform-Nachholklauseln

248a

Klauseln, in denen sich die Parteien ausdrücklich verpflichten, die gesetzliche Schriftform nachzuholen, sind wirksam, so etwa die Klausel „Die Vertragsparteien verpflichten sich gegenseitig, jederzeit auf Verlangen einer Vertragspartei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis zu genügen, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf eine etwaige Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. Dies gilt nicht nur für den Abschluss dieses Mietvertrages, sondern auch für etwaige Nachtrags-, Aufhebungs-, Änderungs- und Verlängerungsvereinbarungen“.1 Die Berufung auf die fehlende Schriftform ist bei Geltung dieser Klausel treuwidrig, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 11.5.2004 – ZMR 2004, 749, OLG Köln – Urt. v. 23.9.2005 – GuT 2005/2006, 14, 16, KG (8. ZS) – Urt. v. 13.11.2006 – NZM 2007, 402 = ZMR 2007, 271, 272, a.A. OLG Rostock – Urt. v. 10.7.2008 – ZMR 2008, 958, 960 wegen des zwingenden Charakters des § 550 BGB; dazu Anm. Wichert.

– Schriftlichkeit von Erlaubnissen

249

Die Klausel in einem Formularvertrag über Wohnraum „Nebenabreden, Änderungen. Ergänzungen und Aufhebungsvergleiche des Vertrages müssen schrift1 Wichert ZMR 2006, 257; Lindner-Figura NZM 2007, 705, 713; zweifelnd: Leo MietRB 2004, 8; Leo NZM 2006, 815 mit dem Lösungsvorschlag, die Wirkung der Nachholklausel auf die ursprünglichen Vertragsparteien zu beschränken; Lützenkirchen MietRB 2004, 305.

221

Rn. II 250

Vertragsgestaltung

lich vereinbart werden. Das Gleiche gilt für Zusagen, Zustimmungen, Verzichte und Vergleiche aller Art“ täuscht den Mieter nicht nur darüber hinweg, dass auch mündliche Zusagen wirksam sind, wenn die Vertragsparteien die Schriftform schlüssig abbedungen haben, sondern enthält zudem eine (allerdings wirkungslose) Freizeichnung des Vermieters von nur mündlich erteilten, wirksamen Zusagen, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 64.

250

Werden Erlaubnisse, Einwilligungen oder Gestattungen an die Schriftform gekoppelt, so ist nicht der gesamte Vorbehalt, sondern nur das Schriftformerfordernis unwirksam, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 62 f. für Drittüberlassung, Tierhaltung, Einbauten, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 108 für Drittüberlassung, da die Schriftform ohnehin nur deklaratorischen Charakter habe.

Demgegenüber ist die Teilbarkeit einer entsprechenden Formularklausel aber auch verneint worden, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381, 382 für die Erlaubnis zur Untervermietung, LG Mannheim ZMR 1992, 545, LG Freiburg WuM 1997, 175 für die Erlaubnis zur Tierhaltung.

251

– Mietaufhebungsvereinbarung Die Klausel „Änderungen und Ergänzungen des Mietvertrages bedürfen der Schriftform“ bezieht sich nicht auf den Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

252

. Teppichreinigung – s. Fußboden- und Parkettpflege

253

. Tierhaltung Die Formularklausel „Das Halten von Haustieren ist unzulässig“ verstößt gegen das Übermaßverbot, weil hiervon auch Kleintiere betroffen sind,1 BGH – Urt. v. 20.1.1993 – DWW 1993, 74 = MDR 1993, 339 = WM 1993, 109 = ZMR 1993, 264, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 60.

Das Gleiche gilt für die Formularklausel „Jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, bedarf der Zustimmung des Vermieters“; denn auch sie verstößt gegen das Übermaßverbot, ohne von schutzwürdigen Interessen des Vermieters gedeckt zu sein, weil sie sich auch auf Kleintiere bezieht, die in der Wohnung gehalten werden dürfen. Das gilt selbst dann, wenn die Zustimmung des Vermieters für die Haltung von anderen als Kleintieren nicht im freien Ermessen des

1 Gather NZM 2002, 713, 721; Kinne ZMR 2000, 725, 731.

222

Formularklausel-ABC

Rn. II 256

Vermieters steht, sondern nur aus sachlichen Gründen versagt werden darf, sofern diese Einschränkung in der Klausel nicht eindeutig zum Ausdruck gelangt, BGH – Urt. v. 14.11.2007 – DWW 2008, 13 = NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111, so auch schon AG Konstanz WuM 2007, 315; anders LG Berlin GE 1995, 699, LG Krefeld NZM 2007, 375 = ZMR 2006, 675.

Dementsprechend ist ein formularmäßiges Verbot, Hunde oder Katzen in der Wohnung zu halten, unwirksam, a.A. LG Karlsruhe NZM 2002, 19.

. Übergabe

254

Zu den Kardinalpflichten, für deren Verletzung auch in Mietverträgen über Räume zu gewerblicher Nutzung die Haftung nicht formularmäßig auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden darf,1 zählt die Verpflichtung zur rechtzeitigen Fertigstellung und Übergabe der Mieträume, OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.5.1993 – DWW 1993, 199: Bei der Verletzung von Kardinalpflichten, nämlich solchen Pflichten, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, kann auch im kaufmännischen Verkehr die Schadensersatzpflicht grundsätzlich nicht abbedungen werden, und zwar nicht nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz sondern auch für den Fall der leichten Fahrlässigkeit. Die Gebrauchsüberlassungspflicht des Vermieters steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Verpflichtung des Mieters, Mietzins zu zahlen, und ist daher ebenfalls eine Kardinalpflicht; a.A. OLG Düsseldorf – Beschl. v. 24.1.2008 – NZM 2008, 893 = ZMR 2008, 954 für Schadensersatzansprüche wegen Verzugs des Vermieters mit der Übergabe.

Auch eine Formularklausel, nach der das Mietverhältnis mit der Fertigstellung des Gebäudes beginnt, ist unwirksam, wenn sich nicht durch Auslegung des Mietvertrages ein bestimmter Anfangstermin ergibt. Das beruht darauf, dass die Klausel dem Mieter alle Gewährleistungsrechte mitsamt der Kündigungsbefugnis gemäß §§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 1; 569 Abs. 1 BGB nimmt und der Anfangstermin völlig unbestimmt ist,2

255

LG Mannheim WuM 1999, 686.

Die Klausel in einem Gewerberaummietvertrag, wonach der Anspruch des Mieters auf Übergabe der Räume erst nach voller Bezahlung des ersten Mietzinses besteht, hält dagegen der Inhaltskontrolle stand, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.12.2001 – NZM 2002, 563.

Formularklauseln, nach denen der Mieter den mangelfreien Zustand der Mietsache bei Mietbeginn bestätigt oder anerkennt, sind im Hinblick auf § 309 Nr. 12b BGB unwirksam (s. Rn. II 117, 119), LG Mannheim ZMR 1989, 338.

1 Ulmer/Brandner/Hensen Anhang § 310 BGB Rn. 599. 2 Für die Wahrung der Schriftform nach § 550 BGB genügt die Formulierung, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe beginnen soll, s. Rn. I 115.

223

256

Rn. II 257 257

Vertragsgestaltung

Das Gleiche gilt für die Klausel „Der Mieter hat die Wohnung in ordnungsmäßigem Zustand übernommen“, LG Berlin ZMR 1996 S. II Nr. 8 = GE 1996, 1377,

ebenso für die Klausel „Die Wohnung befindet sich in einem zum Wohnen geeigneten Zustand; das Zubehör und die Ausstattung sind unbeschädigt und gebrauchsfähig“, LG Berlin ZMR 1996 S. V Nr. 2,

ebenso für die Klausel „Die Mieträume werden in renoviertem Zustand übergeben,“ OLG Düsseldorf DWW 2005, 423 = ZMR 2005, 823, 824.

258

Demgegenüber ist die Formularklausel in einem Mietvertrag über Gewerberäume „Der Mieter erkennt mit der Übernahme der Räume an, dass die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ist, es sei denn, es handelt sich um versteckte Mängel“ für wirksam gehalten worden, weil sie sich nur auf die Gewährleistungsfolgen und nicht auf den Erfüllungsanspruch bezieht, OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35, ebenso BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 für die Formulierung in einem Übergabeprotokoll, nach der die Räume „wie besehen“ übergeben worden sind.

258a

Die Formularklausel „Eventuell in der Wohnung vorhandene Gegenstände werden dem Mieter ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Funktion zur Verfügung gestellt“, ist nicht nur überraschend, so AG Landsberg/Lech WuM 2007, 12,

sondern verstößt auch gegen §§ 536 Abs. 4, 569 Abs. 5 BGB, ferner im Hinblick auf den umfassenden Haftungsausschluss gegen §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 309 Nr. 7 BGB. – s. auch Besichtklauseln – s. auch Haftungsausschluss, rechtzeitige Fertigstellung und Übergabe 259

. Umlagemaßstab – s. Betriebskosten

260

. Umsatzsteuer Hat ein Vermieter gewerblicher Objekte nach den Regeln des UStG die Möglichkeit, zur Umsatzsteuer zu optieren (s. Rn. III 19), so liegt bei gewerblichen Mietverhältnissen keine unzumutbare Benachteiligung für den Mieter vor, wenn der vom Vermieter verwendete Formularvertrag den Mieter verpflichtet, auf Verlangen des Vermieters Umsatzsteuer zu zahlen, falls der Vermieter in Ausnutzung seiner steuerrechtlichen Möglichkeiten für die Umsatzsteuer optiert, BGH – Urt. v. 25.7.2001 – NZM 2001, 952.

Eine Formularklausel, in der der Vermieter sich vorbehält, zur Umsatzsteuer zu optieren und den Steueranteil von dem Mieter zu verlangen, ist aber nach 224

Formularklausel-ABC

Rn. II 264

§ 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn die Miete auf Grund der Art des Mietverhältnisses – insbesondere also bei einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über Räume zum Betrieb einer Arztpraxis – nicht der Umsatzsteuer unterliegt; denn in einem solchen Fall läuft der Vorbehalt auf ein einseitig auszuübendes, an keine Vorbedingungen geknüpftes Mieterhöhungsrecht des Vermieters hinaus, LG Magdeburg WuM 1996, 700.

. Ungeziefer

261

Die Klausel in einem Formularvertrag über Wohnraum „Der Mieter hat die Mietsache von Ungeziefer freizuhalten, es sei denn, er beweist, dass der Befall nicht von ihm oder den zu seinem Haushalt gehörenden Personen sowie Untermietern, Besuchern, Lieferanten, Handwerkern u.s.w. verursacht worden ist“ kann sich auch darauf beziehen, dass der Befall schon bei Beginn des Mietverhältnisses bestand; daher verstößt die Klausel gegen § 309 Nr. 12a BGB (= § 11 Nr. 15a AGBG), OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 61, im Ergebnis ebenso AG Frankfurt a.M. für eine Klausel, nach der der Mieter ohne Nachweis eines Verschuldens für die Beseitigung von Ungeziefer haftet.

Darüber hinaus unterläuft sie das für die Wohnraummiete geltende Verbot, die Mietminderung zu beschränken (§ 536 Abs. 4 BGB). Die Klausel in einem Formularvertrag über Wohnraum „Für Schäden, die durch die Nichtbeseitigung von Ungeziefer entstehen, haftet der Mieter ebenso wie für Schäden durch das Beseitigen von Ungeziefer, auch wenn dies vom Vermieter veranlasst wird“ ist aus den oben genannten Gründen ebenfalls unwirksam,

262

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 61, ebenso LG Hamburg NZM 2001, 853 für eine Formularklausel, nach der die Ungezieferbekämpfung innerhalb der Wohnung Sache des Mieters ist.

. Untermiete

263

Eine Formularklausel, nach der der Mieter einer Wohnung ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Vermieters weder zur Untervermietung noch zu einer sonstigen Gebrauchsüberlassung berechtigt ist, verstößt wegen der Schriftlichkeit gegen das Transparenzgebot und damit gegen § 307 BGB, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – DWW 1991, 212 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290.

Sachgerechter erscheint allerdings, von einer Trennbarkeit der Klausel auszugehen, so dass nur die Schriftlichkeit zu beanstanden wäre (s. auch Rn. II 53). Nach herrschender Meinung ist der formularmäßige Ausschluss des Sonderkündigungsrechts des Mieters bei Versagung der Untermieterlaubnis gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls bei der Wohnraummiete unzulässig, ausführlich LG Hamburg ZMR 1992, 452, vgl. auch LG Ellwangen WM 1982, 297.

225

264

Rn. II 265

Vertragsgestaltung

Das gilt auch für die Vermietung von Gewerberaum, wenn eine Untervermietung zwar nicht vertraglich ausgeschlossen ist, aber der Vermieter die erforderliche Erlaubnis nach Belieben verweigern kann,1 BGH – Urt. v. 24.5.1995 – MDR 1995, 1115 = WM 1995, 481 = ZMR 1995, 387, gegen OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.6.1994 – WM 1994, 467, anders auch BGH – Urt. v. 4.7.1990 – BB 1990, 1796 für Finanzierungsleasing wegen des Eigengepräges dieses Vertragstyps,

oder jederzeit widerrufen kann, BGH – Urt. v. 11.2.1987 = ZMR 1987, 295.

Dementsprechend ist auch ein formularmäßiges gänzliches Verbot der Untervermietung unzulässig. Die Klausel berücksichtigt im Rahmen der Wohnraummiete nicht, dass der Mieter einen zu seinem Nachteil nicht abdingbaren Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Erlaubnis hat (§ 553 Abs. 3 BGB). Im Übrigen umfasst sie auch den Ausschluss der Kündigungsbefugnis und verstößt deshalb gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, LG Bonn NZM 2003, 397.

Dagegen ist die formularvertragliche Regelung in einem Mietvertrag über Gewerberäume „Untervermietung, Tausch oder anderweitige Gebrauchsüberlassung der gesamten Mieträume oder eines Teils davon sind ohne vorherige Zustimmung des Vermieters untersagt ...“ nicht unwirksam, schließt jedoch das Kündigungsrecht gemäß § 540 Abs. 1 BGB nicht aus, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.8.2007 – GuT 2008, 122.

265

Die Festlegung eines Untermietzuschlags schon im Mietvertrag über Wohnraum ist unzulässig, weil damit das Ergebnis der in § 553 Abs. 2 BGB vorgesehenen Zumutbarkeitsprüfung vorweggenommen wird, AG Hamburg-Altona WuM 1999, 600.

– s. auch Abtretung 265a

. Vergleichsmiete – s. Mietänderung

266

. Verjährung Wie aus § 202 BGB folgt, kann in den dort gezogenen Grenzen die Verjährungsfrist vertraglich geregelt werden. Dies hat insbesondere für die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB mietrechtliche Bedeutung. Nach h.M. sind diesbezügliche Formularklauseln, die sich auch auf die Hemmungstatbestände in §§ 203 f. BGB beziehen können, zulässig.2 Hierbei ist der Zweck der Regelung, eine zeitnahe Sachaufklärung und Streitbeilegung zu bewirken, zu beachten. Auch muss die „Waffengleichheit“ gewahrt werden, d.h. die Verlängerung der Verjährungsfristen sowie die vereinbarten Hemmungstatbe1 Zur Gestaltung von Untervermietungsklauseln in Mietverhältnissen über Gewerberäume s. Schmitz NZM 2003, 268. 2 Schmidt-Futterer/Gather BGB § 548 Rn. 112, 114; Fritz NZM 2002, 713, 719; Kandelhard NZM 2002, 929; a.A. Gruber WuM 2002, 252, 255.

226

Formularklausel-ABC

Rn. II 270

stände müssen auch zugunsten der Ansprüche des Mieters, die innerhalb der Frist des § 548 BGB verjähren, gelten.1 Gegen eine formularmäßige Erweiterung der Verjährungsfrist in § 548 BGB bis zu einem Jahr werden keine Bedenken zu erheben sein.2 Dies entspricht im Ergebnis auch der früheren Auffassung des BGH über den Fristenbeginn bei Schadensersatzansprüchen wegen unterlassener Schönheitsreparaturen (s. Rn. XIII 217).

. Verkehrssicherungspflicht

267

Die formularvertragliche Übertragung von Verkehrssicherungspflichten durch den Vermieter auf den Mieter, etwa die Verpflichtung des Mieters zur Ausführung der Streupflicht und des Winterdienstes, kann einen verhüllten Haftungsausschluss enthalten und insoweit unwirksam sein, OLG Dresden – Beschl. v. 20.6.1996 – WuM 1996, 553.

. Vermieterpfandrecht

268

In einem Formularvertrag über Wohnraum verstößt die Klausel „Zum Zwecke der Ausübung des Vermieterpfandrechts ist der Vermieter oder ein Beauftragter desselben berechtigt, die Mieträume allein oder in Begleitung eines Zeugen zu betreten“ gegen § 307 BGB (§ 9 AGBG), OLG München – Urt. v. 12.1.1989 – WuM 1989, 128, 132.

. Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde

269

– s. Rechtsgeschäftliche Klauseln

. Versicherung

270

Die Versicherbarkeit des vom Mieter übernommenen Risikos kann der Haftungsüberbürdung die Unangemessenheit nehmen, wenn Mieter eine diesbezügliche Versicherung verkehrsüblich abschließen (z.B. Hausratversicherung, s. Rn. II 61), BGH – Urt. v. 1.4.1992 – MDR 1992, 643 = ZMR 1992, 295, 296 Sp. 2.

Ist in einem Mietvertrag über Gewerberäume vereinbart, dass der Mieter das Mietobjekt umfassend gegen Schäden zu versichern hat, so kann darin zugleich eine wirksame Haftungsfreizeichnung des Vermieters liegen. Das soll insbesondere dann gelten, wenn die Verpflichtung dahin geht, eingebrachte Sachen gegen jeglichen Schaden einer bestimmten Art (z.B. Wasserschäden) zu versichern, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.7.1994 – DWW 1995, 110 = WuM 1994, 674.

Die Formularklausel „Der Mieter verpflichtet sich, zu seinem eigenen Schutz für die Dauer des Mietverhältnisses eine Hausratsversicherung zu ortsüblichen Bedingungen abzuschließen“ ist als unklar gewertet worden, da sie offen lässt, ob der Mieter für den Fall, dass er die Versicherung nicht abschließt, für 1 Schmidt-Futterer/Gather BGB § 548 Rn. 116; Hau NZM 2006, 561, 567. 2 Schmidt-Futterer/Gather BGB § 548 Rn. 125; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. 4 A 14 S. 214; Fritz NZM 2002, 713, 719; Kandelhard NZM 2002, 929; Hau NZM 2006, 561, 567.

227

Rn. II 271

Vertragsgestaltung

Schäden an Sachen des Vermieters auch dann haftet und Schäden an seinen eigenen Sachen selbst zu tragen hat, wenn ihn kein Verschulden bei der Schadensentstehung trifft, AG Hamburg NZM 1999, 384.

271

. Vertragsabschluss Die Formularklausel „Kosten und Abgaben, die mit dem Abschluss dieses Vertrages verbunden sind, gehen zu Lasten des Mieters“ ist wegen fehlender Bestimmtheit nach § 307 Abs. 1 BGB (§ 9 Abs. 1 AGBG) und wegen Fehlens eines billigenswerten Interesses des Vermieters an einer derartigen Klausel unwirksam,1 OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 114.

272

. Vertragsabwicklung – Schadensersatz Eine Klausel, nach der Mieter die Miete bis zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes („vollständig geräumt, renoviert und ohne Schäden, wobei der natürliche Verschleiß ausgenommen bleibt“) fortzuentrichten hat, verstößt gegen § 307 BGB (= § 9 AGBG), OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.5.2002 – NZM 2002, 742: Die Klausel hält einer Angemessenheitsprüfung nicht stand, denn der Mieter wird für den vertragswidrigen Zustand bei Rückgabe auch dann verantwortlich gemacht, wenn er ihn nicht verursacht hat, so etwa, wenn der Schaden zufällig oder durch Einwirkung Dritter (z.B. Brandstiftung) von außen herbeigeführt worden ist, zumal die Beseitigungspflicht nach der Formulierung nicht auf Schäden an der Dekoration beschränkt ist, sondern die gesamte Bausubstanz (Dach und Fach) erfasst.

– s. auch Schlüssel 272a

. Vertragsausfertigungsgebühr s. Rn. I 47

273

. Vertragsstrafe Vertragsstrafeversprechen des Mieters zugunsten des Vermieters sind bei Mietverhältnissen über Wohnraum unwirksam (§ 555 BGB), also auch dann, wenn sie individuell vereinbart werden. Im Übrigen unterliegen sie der Inhaltskontrolle gemäß § 309 Nr. 6 BGB. Eine Formularklausel in einem Gaststättenpachtvertrag, nach der der Pächter, der die fristlose Kündigung verschuldet, eine Vertragsstrafe in Höhe einer Monatspacht zu zahlen hat, ist für unwirksam gehalten worden. Das ist aus der Kumulation mit dem in der Regel gegebenen Schadensersatzanspruch als Kündigungsfolge abgeleitet worden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.11.1995 – MDR 1996, 465.

274

. Verwaltervertrag Die Klausel in einem Verwaltervertrag „Der Verwalter ist befugt, Mieten, Nebenkosten oder sonstige Nutzungsentschädigungen im eigenen Namen für 1 S. dazu Horst DWW 2008, 134, 137.

228

Formularklausel-ABC

Rn. II 275

Rechnung des Sondereigentümers gerichtlich geltend zu machen; eine entsprechende Prozessführungsbefugnis wird hiermit erteilt“ ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBeratG nach § 134 BGB nichtig, AG Neuss NJW-RR 1989, 269 = WuM 1989, 88, s. auch § 79 Abs. 1 ZPO, Rn. XIV 33.

. Verwaltungskosten

275

Die formularmäßige Überbürdung von Verwaltungskosten in einem Mietvertrag über Gewerberaum, der in einem Einkaufszentrum belegen ist, ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:1 Zum einen muss der Umfang der Verwaltertätigkeit bestimmbar sein, zum anderen muss ein Kostenrahmen gezogen werden. Dem Bestimmtheitserfordernis hinsichtlich des Umfangs der Verwaltertätigkeit soll dadurch Rechnung getragen werden können, dass auf die Begriffsbestimmung in § 26 II. BV (s. jetzt § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV) zurückgegriffen wird, OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – NZM 2002, 388, OLG Köln – Urt. v. 18.1.2008 – GuT 2008, 31 = MDR 2008, 680 = NZM 2008, 366 = MietRB 2008, 164, 166 (Kern). Der Mieter von Gewerberaum, der Größe und Art des vermieteten Objekts kennt, kann einer Betriebskostenregelung, wonach er neben der Miete Verwaltungskosten zu tragen hat, schon mit Blick auf § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV zumindest im Groben entnehmen, welche Belastungen neben der Grundmiete auf ihn zukommen. Einer konkreten Regelung, die die genaue Höhe der Verwaltungskosten beziffert, selbst wenn sie dem Vermieter bekannt ist (hier: 5,5% der Bruttosollmiete), bedarf es nicht, um dem Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu genügen. Die Zuordnung der Verwaltungskosten unter „sonstige Betriebskosten“ ist nicht überraschend i.S. von § 305c BGB.

Anders wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, KG – Urt. v. 8.10.2002 – GE 2002, 327 = NZM 2002, 954 für die Kosten des Centermanagements, da die Position den Inhalt der Leistungen, die damit abgegolten werden sollen, nicht erkennen lässt, OLG Köln – Urt. v. 24.6.2008 – NZM 2008, 807, wenn die Umlage der Verwaltungskosten in den „sonstigen Betriebskosten“ versteckt ist und die Kostenhöhe wegen erheblich zu niedrig bemessener Nebenkostenvorauszahlungen verschleiert worden ist. OLG Rostock – Urt. v. 10.4.2008 – GuT 2008, 200: Für die gebotene Transparenz scheidet ein Rückgriff auf § 26 II. BV, § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV, § 27 WEG aus, zumal der Umfang der Verwaltungstätigkeit in einem Gewerbeobjekt sich an den jeweiligen Besonderheiten des Objekts ausrichtet. S. auch OLG Rostock – Urt. v. 13.12.2004 – NZM 2005, 807 für Aufschlüsselung der Verwalterleistungen bereits im Mietvertrag, damit der Mieter das Kostenrisiko abschätzen kann.

Bereits an der Einbeziehung der Klausel soll es fehlen, wenn die Kosten der Verwaltung im Mietvertrag nicht beziffert sind, aber einen so hohen Betrag ausmachen, dass der Mieter nach dem gesamten Inhalt der Nebenkostenregelung des Mietvertrages mit einem solchen Betrag vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte, OLG Köln – Urt. v. 4.7.2006 – NZM 2006, 701. 1 Ludley NZM 2006, 851; Lützenkirchen GE 2006, 614.

229

Rn. II 276 276

Vertragsgestaltung

. Verwirkung Folgende Klausel in einem Mietvertrag über Gewerberäume ist unwirksam „Rechte des Verpächters, insbesondere aus diesem Vertrag, gehen dem Verpächter auch dann nicht verloren, falls er hiervon, obwohl dazu befugt, zunächst keinen Gebrauch macht.“ Die Unwirksamkeit rechtfertigt sich daraus, dass es dem Wesen einer fristlosen Kündigung, die auf eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses gestützt wird, widerspricht, wenn die Ausübung des Kündigungsrechts über längere Zeit hinweg in der Schwebe bleibt. Dem soll § 314 Abs. 3 BGB entgegenwirken. Die Bestimung ist jedenfalls formularmäßig nicht abdingbar. Darüber hinaus erhielte der Verpächter die Möglichkeit, durch ein zeitlich unbeschränktes Berufen auf zurückliegende Vorfälle auf den Pächter Druck auszuüben. Schließlich enthält die Bestimmung eine einseitige treuwidrige Belastung des Pächters, da nur die Rechte des Verpächters erhalten bleiben sollen, OLG München – Urt. v. 28.2.2001 – MDR 2001, 745 = DWW 2001, 275 = GE 2001, 768 = ZMR 2001, 535.

276a

. Verzug – s. Zahlungsverzug

277

. Vollmacht Formularklauseln, in denen sich Mitmieter gegenseitig bevollmächtigen, gegenüber dem Vermieter Willenserklärungen abzugeben, sind zunächst darauf zu überprüfen, ob sie einschränkend dahin ausgelegt werden können, dass Erklärungen, die auf die Beendigung des Mietverhältnisses abzielen, davon nicht erfasst werden. Lässt die Klausel eine solche Auslegung nicht zu (und ist sie auch nicht teilbar in Erklärungs- und Zugangsvollmacht), so ist sie insgesamt wegen Verstoßes gegen § 307 BGB (= § 9 AGBG) unwirksam,1 OLG Köln – Beschl. v. 21.6.1999 – WuM 1999, 521; OLG Frankfurt a.M. – Urt . v. 19.12.1991 – NJW-RR 1992, 396, 400 = WuM 1992, 56, 61 f.

Dementsprechend ist die Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Die Mieter bevollmächtigen sich untereinander, dass jeder von ihnen allein berechtigt ist, Willenserklärungen mit Wirkung für alle entgegenzunehmen oder abzugeben“ nach § 307 BGB unwirksam, weil ihr Umfang nicht begrenzt ist und sie die Widerruflichkeit der Bevollmächtigung nicht vorsieht, OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 112; OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – NJW-RR 1992, 396, 400 = WuM 1992, 56, 61.

Dass die Klausel nicht ausdrücklich auf die Widerruflichkeit hinweist, ist dagegen unschädlich; denn weder wird der Widerruf ausgeschlossen, noch werden die Mieter über dieses Recht „hinweggetäuscht“. 1 S. dazu Horst DWW 2008, 134, 138.

230

Formularklausel-ABC

Rn. II 281

Auch in einem Mietvertrag über Räume zu gewerblicher Nutzung ist eine Klausel, nach der die Kündigung eines von mehreren Mietern die Beendigung des Mietverhältnisses bewirken soll, gemäß § 307 BGB unwirksam,

278

OLG Koblenz – Urt. v. 20.5.1999 – WuM 1999, 694.

Das bezieht sich auch auf den Abschluss von Mietaufhebungsverträgen.1 Jedoch ist eine formularmäßige wechselseitige Bevollmächtigung von Wohnungsmietern wirksam, wenn sie sich auf den Empfang von Willenserklärungen beschränkt und nicht die Abgabe solcher Erklärungen umfasst, die die Beendigung des Mietverhältnisses zum Inhalt haben,

279

BGH – RE v. 10.9.1997 – BGHZ 136, 314 = NJW 1997, 3437 = WuM 1997, 599 = ZMR 1998, 17, OLG Schleswig – RE v. 22.3.1983 – WuM 1983, 130, OLG Hamm – Beschl. v. 24.11.1983 – WuM 1984, 20.

Das gilt auch für folgende Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum „Erklärungen, deren Wirkung die Mieter berührt, müssen von oder gegenüber allen Mietern abgegeben werden. Die Mieter bevollmächtigen sich jedoch gegenseitig zur Entgegennahme oder Abgabe solcher Erklärungen. Diese Vollmacht gilt auch für die Entgegennahme von Kündigungen, jedoch nicht für den Ausspruch von Kündigungen und für Mietaufhebungsverträge.“ Sie nimmt den Mietern nicht das Recht, die Vollmacht jedenfalls aus wichtigem Grund zu widerrufen. Der Widerruf kann schlüssig dadurch erfolgen, dass einer der Mieter auszieht und seine neue Anschrift dem Vermieter mitteilt (BGH a.a.O). Enthält die Klausel eindeutig eine Bevollmächtigung sowohl zur Empfangnahme als auch zur Abgabe von Erklärungen, die zur Beendigung des Mietverhältnisses führen, so ist zu prüfen, ob sie (gemäß der Blue-pencil-Methode, s. Rn. II 53) teilbar ist: Bejahendenfalls ist höchstens der Klauselteil, der die Erklärungsvollmacht enthält, unwirksam, während der übrige Teil bezüglich der Empfangsvollmacht Bestand hat (BGH a.a.O.).

280

Dagegen soll bereits eine uneingeschränkte Empfangsvollmacht in den AGB eines Finanzierungsleasinggebers gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein, OLG Dresden – Urt. v. 5.12.2007 – ZMR 2008, 290.

– s. Rechtsgeschäftliche Klauseln

. Vorauszahlungen

281

– s. Betriebskosten

1 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 2 nach § 542 BGB.

231

Rn. II 282 282

Vertragsgestaltung

. Vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses – Abgeltung bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses1 Folgende Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag ist – wenn nicht besondere Umstände vorliegen – für den Mieter überraschend i.S. von § 305c Abs. 1 BGB und darüber hinaus unangemessen nach § 307 Abs. 1 BGB „Sollte das Mietverhältnis auf Wunsch des Mieters vor Ablauf der Vertragszeit bzw. der gesetzlichen Fristen einverständlich beendet werden, zahlt der Mieter als pauschale Abgeltung der Kosten der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses an den Vermieter den Betrag der zuletzt vereinbarten Kaltmiete für einen Monat.“ Wenn die Klausel Vertragsbestandteil geworden wäre, wäre sie gemäß § 9 Abs. 1 AGBG (= § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam, da sie dem Mieter konkludent den Nachweis abschneidet, dass dem Vermieter infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses Kosten überhaupt nicht oder nur in geringerer Höhe entstanden sind, OLG Karlsruhe – Beschl. v. 15. 2.2000 – GE 2000, 469 = NZM 2000, 708 = MDR 2000, 877 = WuM 2000, 236.

Dies folgt aus § 309 Nr. 5b BGB. Unwirksam ist auch eine Klausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der der Mieter verpflichtet ist, für jeden Fall der vorzeitigen Entlassung aus dem Mietverhältnis „für Vertragsumschreibung und Bearbeitungsgebühr“ einen Betrag von 100 DM zu zahlen; auch sie verstößt gegen § 309 Nr. 5, 9 BGB,2 AG und LG Köln WuM 2000, 535.

283

Anders soll es sich bei einer Klausel verhalten, die in einer vorformulierten Mietaufhebungsvereinbarung enthalten ist: „Für den erhöhten Verwaltungsund Vermietungsaufwand der vorzeitigen Vertragsauflösung zahlt der Mieter eine Pauschalabgeltung in Höhe von einer Monatsmiete netto/kalt ohne besonderen Nachweis des Vermieters.“ Es handele sich nicht um einen Schadensersatzanspruch und die Höhe der Abgeltung erscheine nicht als unangemessen, OLG Hamburg – RE v. 17.4.1990 – WuM 1990, 244.

Hiergegen bestehen Bedenken. Die Klausel erfasst nämlich auch diejenigen Fälle, in denen der Mieter einen Anspruch auf vorzeitige Entlassung nach Treu und Glauben hat (s. Rn. I 240) und zur Zahlung nicht verpflichtet wäre. Außerdem ermöglicht die Klausel dem Mieter nicht den Nachweis, dass kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden ist (§ 309 Nr. 5b BGB). Wertet man die Vereinbarung einer „Auszugsgebühr“, die anlässlich der Beendigung des Mietverhältnisses zu zahlen ist, als Vertragsstrafe oder sog. selbständiges Strafgedinge,3 so liegt hierin bereits ein Verstoß gegen § 555 BGB (= § 550a BGB a.F.), LG Augsburg ZMR 1999, 257. 1 S. dazu Kinne ZMR 2000, 793, 794; Mersson NZM 2002, 773. 2 A.A. Ulmer/Brandner/Hensen Anhang § 310 BGB Rn. 606. 3 S. dazu Palandt/Heinrichs Rn. 4 vor § 339 BGB.

232

Formularklausel-ABC

Rn. II 287

Die Formularklausel, nach der bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nach Ablauf der Mindestmietzeit die Hälfte der vollen Mietzinsraten als Schadensersatz geschuldet wird, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Daran ändert nichts, dass dem Mieter nach einer weiteren Klausel der Nachweis zugestanden wird, dass dem Vermieter ein geringerer oder gar kein Schaden entstanden ist; denn ein derartiger Nachweis ist für den Mieter mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil er in die innerbetrieblichen Verhältnisse des Vermieters und dessen Kalkulationsgrundlagen keinen Einblick hat,

284

OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.2.1996 – ZMR 1996, 434.

. Warmwasser

285

Die Formularklausel „Eine vorhandene Zentral-Warmwasserversorgungsanlage wird von 7 bis 2 Uhr derart sachgemäß in Betrieb gehalten, dass die Temperatur an den Zapfstellen nicht unter 40° C absinkt“ läuft auf einen Versorgungsausschluss in der Nachtzeit hinaus und benachteiligt den Mieter daher unangemessen (s. zur Warmwasserversorgung Rn. VII 204). Sie verstößt daher gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB, AG Köln WuM 1996, 701.

– s. auch Heizung

. Wartung

286

Für die formularmäßig Übertragung von Wartungsmaßnahmen auf den Mieter gelten ähnliche Kriterien wie für die Übertragung sonstiger Instandsetzungsoder Instandhaltungsmaßnahmen. Auch in diesem Zusammenhang ist es erforderlich, das überbürdete Risiko gegenständlich und kostenmäßig transparent zu machen. Das bedeutet, dass folgende Kriterien zu beachten sind: – Die zu wartenden Teile sind genau bestimmt und unterliegen dem Einflussbereich des Mieters, – es besteht eine Kostenobergrenze sowohl für den Einzelfall als auch für einen festen Zeitraum, der in Bezug zum Miet- oder Wirtschaftsjahr steht. Fraglich kann sein, ob die Übertragung von Wartungsmaßnahmen auf den Mieter von Wohnraum ebenso wie die Übertragung von Kleinreparaturen dazu führen kann, die Unabdingbarkeit der Mietminderung (§ 536 Abs. 4 BGB) zu unterlaufen,1 so AG Peine NZM 2005, 799.

Dies ist zu verneinen. Wartungsmaßnahmen fallen grundsätzlich bereits an, bevor es zu einem Schaden bzw. Mangel an der Mietsache gekommen ist; sie sollen die Mangelhaftigkeit gerade vermeiden helfen. Die unterlassene Wartung führt auch noch nicht geradewegs dazu, dass die Mietsache mangelbehaftet wird. Erst die Sekundärfolge, dass Wartungsmaßnahmen auf längere Zeit unterlassen werden, bedingt die Mangelhaftigkeit. 1 Für Unwirksamkeit der Wartungsklauseln i.S. von Vornahmeklauseln auch SchmidtFutterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 54.

233

287

Rn. II 288

Vertragsgestaltung

Allerdings ist der Summierungseffekt bei gleichzeitiger Übertragung von Kleinreparaturen – auch in Gestalt von Kostenklauseln – und Wartungsmaßnahmen zu beachten (s. Rn. II 50). Wird der für Kleinreparaturen geltende Kostenrahmen überschritten (s. dazu Rn. II 198), so sind beide Klauseln unwirksam. 288

Kostenklauseln sind bei der Wohnraummiete nur insoweit zulässig, als es sich um Betriebskosten i.S. von § 2 BetrKV (= Anl. 3 zu § 27 II. BV) handelt. Einer Belastung mit anderen variablen Kosten steht § 556 Abs. 1, 4 BGB entgegen. Denkbar wären zwar Kostenpauschalen für andere Wartungsmaßnahmen; sie wären jedoch rechtlich Bestandteil der Grund- oder Nettomiete und würden durch etwaige Mieterhöhungen nach § 558 BGB aufgesogen. Soweit es sich um Wartungskosten handelt, die zugleich umlagefähige Betriebskosten i.S. von § 1 BetrKV, § 556 Abs. 1 BGB sind, tritt ein Summierungseffekt mit vom Mieter zu tragenden Kosten für Kleinreparaturen nicht ein.

289

Die in einem Mietvertrag über Wohnraum enthaltene Klausel „Thermen sind auf Kosten des Mieters wenigstens einmal im Jahr von einem Fachmann zu reinigen“ ist nach § 307 Abs. 1 BGB (= § 9 Abs. 1 AGBG) unwirksam, weil sie keine Grenze für die jährliche Belastung des Mieters enthält und diesem daher ein nicht absehbares Kostenrisiko aufbürdet, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – DWW 1991, 212 = NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290; anders OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 107.

Das Gleiche gilt für eine Klausel, nach der der Mieter eine Etagenheizung auf eigene Kosten einschließlich Wartung und Reinigung zu betreiben hat, LG Berlin ZMR 1992, 302.

290

. Werbegemeinschaft In der formularvertraglich begründeten Pflicht des Mieters einer Werbegemeinschaft beizutreten, unabhängig von deren Rechtsform und den sonstigen Umständen, liegt noch keine unangemessene Benachteiligung. Eine unangemessene Benachteiligung ist jedoch darin zu sehen, dass die Werbegemeinschaft nach der Vertragsklausel auch in der Rechtsform einer GbR gegründet werden kann. Denn als Gesellschafter einer GbR wäre der Mieter weitgehenden Haftungsrisiken ausgesetzt, was bei anderen Organisationsformen ggf. vermeidbar wäre, BGH – Urt. v. 12.7.2006 – NZM 2006, 775, 776 = ZMR 2006, 849.

Auch muss die vom Mieter zu übernehmende Kostenlast bestimmbar sein. Mindestens muss eine Höchstgrenze festgesetzt sein, damit der Mieter die auf ihn zukommenden Kosten kalkulieren kann, BGH – Urt. v. 12.7.2006 – NZM 2006, 775, 776, KG – Urt. v. 5.5.1997 – GE 1999, 313.

291

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist folgende Klausel unwirksam: „Der Mieter verpflichtet sich, auf Verlangen des Vermieters einer Werbegemeinschaft beizutreten. Details werden vom Vermieter festgelegt. Die Kosten wer234

Formularklausel-ABC

Rn. II 291b

den gemäß den Flächen abgerechnet. Der Vermieter ist berechtigt, aus berechtigtem Anlass einen anderen Schlüssel zu bestimmen,“ OLG Hamburg – Urt. v. 21.1.2004 – ZMR 2004, 509.

Als überraschend und jedenfalls als unwirksam nach § 307 BGB ist eine Formularklausel in einem gewerblichen Mietvertrag gewertet worden, nach der der Mieter an eine Werbegemeinschaft auch ohne seinen Beitritt eine monatliche Werbeabgabe von „zurzeit 150 DM“ zu zahlen hat, OLG Düsseldorf – Urt. v. 24.6.1993 – MDR 1993, 1078 = ZMR 1993, 469: Die Klausel ist überraschend, da sie unabhängig davon gilt, ob der Mieter der Werbegemeinschaft angehört oder nicht. Auch verstößt sie gegen § 10 Nr. 4 AGBG (= § 308 Nr. 4 BGB), der auch im Verkehr mit Kaufleuten gilt, weil sie einen unzulässigen Änderungsvorbehalt enthält.1

. Wohnungseigentum

291a

– Bindung an Gemeinschaftsbeschlüsse Eine Formularklausel, nach der Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft auch für den Mieter verbindlich sind, ist nicht nur überraschend i.S. von § 305c BGB,2 sondern verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB.3 – Betriebskostenumlage

291b

Eine Vereinbarung, nach der der Mieter sämtliche Kosten für die gemietete Eigentumswohnung gemäß der Verwalterabrechnung zu tragen hat, ist unwirksam, soweit sie sich auf Kosten bezieht, die keine Betriebskosten gemäß § 556 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 1, 2 BetrKV sind, LG Wiesbaden ZMR 1999, 409, LG Karlsruhe GuT 2002, 177, 178.

Als Formularklausel ist sie aus diesem Grunde nicht transparent und insgesamt unwirksam. Ergänzend hierzu ist zu beachten, dass es geboten ist, die umlagefähigen Betriebskosten sowie das Abflussprinzip als kostenabgrenzenden Umstand zu vereinbaren. Umstritten ist, ob eine Formularklausel, nach der der Mieter an die jeweilige Jahresabrechnung des Verwalters gebunden ist, einer Inhaltskontrolle standhält,4 verneinend LG Hamburg WuM 2008, 727. 1 Die Klausel lautet: „Der Mieter verpflichtet sich, die jeweils von der Werbegemeinschaft festgelegten Beträge zum Zwecke einer Gemeinschaftswerbung an die Werbegemeinschaft abzuführen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er der Werbegemeinschaft beitritt. Die Werbeabgabe beträgt zurzeit monatlich 10 DM.“ 2 So Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 334; Horst DWW 2008, 169, 171. 3 Einschränkend Blank WuM 2000, 523, 526, der auf die Unzumutbarkeit abstellt. So sollen Beschlüsse, die den Mietgebrauch lediglich konkretisieren (z.B. bloße Änderungen der Hausordnung), zumutbar und damit für den Mieter bindend sein, nicht aber Beschlüsse, die in das Gebrauchsrecht des Mieters eingreifen (z.B. Verbot der Tierhaltung) oder ihm neue Vertragspflichten (z.B. Winterdienst) auferlegen. Dieser Differenzierung ist nicht zu folgen. Sofern sie sich nicht eindeutig aus dem Klauseltext ergibt, stellt sie eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion dar. 4 Bejahend: Abramenko ZMR 1999, 676, 679; verneinend: Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 113; Riecke WuM 2003, 309, 311.

235

Rn. II 292

Vertragsgestaltung

Die Bindung ist zu bejahen, wenn die Verwalterabrechnung nur die Grundlage für die Betriebskostenabrechnung bilden soll, die den Anforderungen der §§ 556, 556a BGB genügt. 292

. Zahlungsverzug Eine Formularklausel, nach der der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt ist, wenn der Mieter mit der Zahlung schon einer Monatsmiete ganz oder teilweise länger als einen Monat nach Zahlungsaufforderung trotz schriftlicher Mahnung im Rückstand ist, verstößt gegen § 307 BGB,1 BGH – Urt. v. 25.3.1987 – NJW 1987, 2506 = ZMR 1987, 292, ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.2.1996 – WuM 1996, 411 zur Klausel, dass der Verzug mit nur einer Mietzinsrate oder „einer Warenrechnung“ ein Recht zur fristlosen Kündigung begründet.

Gleichwohl soll der Vermieter an das in der unwirksamen Klausel geregelte Verfahren (Zahlungsaufforderung, schriftliche Mahnung) aus Gründen des Vertrauensschutzes gebunden bleiben (BGH a.a.O.). 293

Auch eine Formularklausel, nach der die außerordentliche Kündigung des Vermieters zulässig sein soll, wenn der Mieter mit den Zahlungen des Mietzinses nach fruchtloser Mahnung länger als einen Monat in Rückstand ist, verstößt gegen § 307 BGB, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.7.2001 – NZM 2002, 953: Die Klausel weicht von zwei gesetzlichen Regeln ab: Zum einen soll ein bloßer Rückstand genügen, der auch verschuldensunabhängig möglich ist. Zum anderen würde die Nichtzahlung eines Betrages von auch nur 1 DM über einen Zeitraum von nur einem Monat zur Vertragsbeendigung führen. Der BGH hat schon eine formularmäßige verschuldensunabhängige Rückstandsklausel für unwirksam gehalten (BGH NJW 1986, 424).

Dementsprechend ist auch eine Klausel unwirksam, nach der die fristlose Kündigung zulässig ist, wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Zahlungstermine erstreckt, mit Beträgen im Rückstand ist, die eine Höhe erreichen, die dem Mietzins für zwei Monate entspricht. Bloßer Zahlungsrückstand gibt dem Mieter nämlich – anders als beim Verzug – nicht die Möglichkeit, sich nach § 286 Abs. 4 BGB zu entlasten, OLG Hamm – Urt. v. 20.12.1991 – ZMR 1992, 152 (für Fahrzeug-Leasing).

294

. Zurückbehaltung Formularklauseln, nach denen ein Zurückbehaltungsrecht zulässig eingeschränkt wird, erfassen sowohl das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB als auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB, BGH – Urt. v. 26.3.2003 – MDR 2003, 801 = NZM 2003, 437 = WuM 2003, 439 = ZMR 2003, 416 für Beschränkung auf unbestrittene, rechtskräftige oder liquide Ansprüche, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.3.2001 – GE 2001, 692, Urt. v. 3.6.2004 – ZMR 2004, 577 jeweils für Ankündigungspflicht; a.A. OLG Düsseldorf – Urt. v. 21.10.1997 – NJW-RR 1998, 587 = NZM 1998, 267. 1 Ulmer/Brandner/Hensen Anhang § 310 BGB Rn. 608.

236

Formularklausel-ABC

Rn. II 297

Bei der Wohnraummiete kann das Zurückbehaltungsrecht nicht formularmäßig ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (§ 309 Nr. 2 BGB, bisher § 11 Nr. 2 AGBG),

295

OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 111.

Dadurch ist der Anwendungsbereich des § 556b Abs. 2 BGB, der einen wirksamen Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts voraussetzt und diesen einschränkt, auf Individualvereinbarungen begrenzt.1 Bei der Miete von Gewerberaum kann das Zurückbehaltungsrecht in dem Umfang begrenzt werden, in dem Aufrechungsbeschränkungen nach § 309 Nr. 3 BGB (= § 11 Nr. 3 AGBG) zulässig sind,

296

BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170 = ZMR 1993, 320, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.1989 – ZMR 1989, 300: kein Ausschluss bei entscheidungsreifen Gegenforderungen.

Insbesondere kann es von einer fristgebundenen Ankündigung abhängig gemacht werden, BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170 = ZMR 1993, 320, OLG Celle – Urt. v. 23.4.1997 – NZM 1998, 265, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.7.2001 – NZM 2002, 953, OLG Hamburg – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 264 = WuM 1998, 153 = ZMR 1998, 220.

– s. auch Aufrechnung und Zurückbehaltung – s. auch Mietminderung

. Zustandsbeschreibung

297

Formularmäßige Zustandsbeschreibungen verstoßen regelmäßig gegen § 309 Nr. 12b BGB, so auch die Formularklausel „Die Mieträume werden in renoviertem Zustand übergeben“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.4.2005 – DWW 2005, 423.

– s. auch Besichtigung – s. auch Rückgabe

1 S. zu § 556b BGB: MünchKomm/Artz Rn. 12; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 37.

237

III. Miete und Mietsicherung

1. Mietvereinbarung a) Bestimmtheit der Miete 1

Die Mietvereinbarung gehört zu den wesentlichen Bestandteilen des Mietvertrags. Das bezieht sich aber nur auf die Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung, jedoch nicht auch zwingend auf die Miethöhe. Vielmehr genügt es nach Auffassung des BGH, wenn die Parteien sich auf einen bestimmbaren Mietzins einigen, wobei die Vereinbarung der „angemessenen“ oder „ortsüblichen“ Miete als Einigung über eine bestimmbare Leistungspflicht des Mieters anzusehen ist. Selbst ohne jegliche Vereinbarung über den Mietzins kann also ein Mietvertrag zustande kommen, sofern die Parteien sich bindend über eine entgeltliche Überlassung des Gebrauchs einigen. Alsdann gilt eine angemessene oder ortsübliche Miete als vereinbart, sei es im Wege ergänzender Vertragsauslegung, sei es entsprechend §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB (s. Rn. III 3), BGH – Urt. v. 2.10.1991 – NJW-RR 1992, 517 = WuM 1992, 312 = ZMR 1992, 237, BGH – Urt. v. 20.6.1997 – WuM 1997, 545 = ZMR 1997, 501, BGH – Urt. v. 31.1.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263 = ZMR 2003, 415.

Das soll auch bei einer Klausel gelten, nach der der Mieter nach Ablauf der ersten Mietlaufzeit von 10 Jahren auf weitere 10 Jahre mieten kann, ohne dass eine Regelung über die Miethöhe für diese zweite Mietzeit getroffen worden ist, BGH – Urt. v. 2.10.1991 – NJW-RR 1992, 517 = WuM 1992, 312 = ZMR 1992, 237.

2

Allerdings wird stets geprüft werden müssen, ob es ohne Einigung über die Höhe des Mietzinses überhaupt schon zum Abschluss eines Vertrages gekommen ist (§ 154 Abs. 1 BGB). Haben die Parteien sich nicht über alle Punkte geeinigt, über die nach dem erklärten Willen auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden sollte, so ist der Vertrag im Zweifel nicht zustande gekommen. Dies gilt insbesondere bei fehlender Einigung über den Mietzins. Wenn sich nämlich die Parteien erst in dem noch abzuschließenden schriftlichen Mietvertrag über die Höhe des Mietzinses, Kündigungsfristen, Vertragsdauer etc. einigen wollten, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beurkundung nur Beweiszwecken dienen sollte,

3

Ist die Höhe der Miete nicht vereinbart, gleichwohl aber schon eine feste Bindung gewollt, so kann entweder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. analog §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB die ortsübliche Miete vereinbart oder dem Vermieter ein Bestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB eingeräumt sein.1 Der BGH neigt eher der ersteren Auffassung zu,

KG – Urt. v. 17.5.1999 – NZM 2000, 1229.

1 Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 30; Staudinger/Emmerich Rn. 67 vor § 535 BGB.

238

Mietvereinbarung

Rn. III 6

BGH – Urt. v. 2.10.1991 – NJW-RR 1992, 517 = WuM 1992, 312 = ZMR 1992, 237, BGH – Urt. v. 20.6.1997 – WuM 1997, 545 = ZMR 1997, 501, BGH – Urt. v. 31.1.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263 = ZMR 2003, 415.

Geht man von einem Leistungsbestimmungsrecht des Vermieters aus, so unterliegt dessen Ausübung billigem Ermessen nach § 315 Abs. 3 BGB. Im Streitfall muss der Mieter substantiiert bestreiten, dass diese Bestimmung unbillig ist;1 erst dann ist es Sache des Vermieters, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Billigkeit seiner Leistungsbestimmung rechtfertigen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.2.2000 – NZM 2001, 383 = WuM 2000, 133 = ZMR 2000, 215.

Behauptet der Mieter, dass die Gebrauchsüberlassung unentgeltlich erfolgt sei, so muss er jedenfalls im kaufmännischen Verkehr dies beweisen, weil § 354 HGB für die Entgeltlichkeit spricht,

4

OLG Rostock – Urt. v. 22.3.1999 – NZM 1999, 967 = ZMR 1999, 552 Nr. 10.

b) Art des Mietzinses Nach herrschender Meinung muss der Mietzins nicht in Geld bestehen;2 vielmehr können Leistungen jeglicher Art als Gegenleistung für den Mietgebrauch vereinbart werden, auch eine einmalige Leistung,

5

BGH – Urt. v. 1.2.1989 – WuM 1989, 229, 230 für Gewährung eines Überfahrtrechts, BGH – Urt. v. 20.5.1994 – MDR 1994, 796 = NJW-RR 1994, 971 = WuM 1994, 460: Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks, LG Hamburg WM 1993, 667: Dienstleistungen wie Verwaltertätigkeit, Bauaufsicht.

Das erscheint im Hinblick auf die Gewährleistungsfolgen, insbesondere die Mietminderung, problematisch, wenn die Leistung des Mieters unteilbar ist. In derartigen Fällen muss diese in einen Geldbetrag umgerechnet werden und dem Mieter ein der Minderungsquote entsprechender Betrag gutgebracht werden, während der Mieter zu einer Leistungskürzung – unbeschadet eines Zurückbehaltungsrechts nach § 320 BGB – nicht berechtigt ist. Erbringt der Mieter den durch Dienstleistungen geschuldeten Teil der Miete nicht oder schlecht, so soll dem Vermieter deswegen kein Bereicherungsanspruch zustehen, AG Norderstedt, LG Kiel WuM 2003, 27.

Ein Schadensersatzanspruch kommt allerdings aus §§ 280, 281 BGB in Betracht, wenn dem Vermieter ein Schaden – etwa durch Kosten der Ersatzvornahme oder Mietausfälle wegen Minderungen anderer Mieter infolge der unterbliebenen oder schlechten Leistung – entstanden ist. Als Miete kann auch vereinbart werden, dass der Mieter berechtigt ist, den Wert der von ihm auf das Mietobjekt getätigten Verwendungen oder Investi1 S. dazu Stapel NZM 1999, 932. 2 S. Schmidt-Futterer/Blank Rn. 8 vor § 535 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 88.

239

6

Rn. III 6a

Miete und Mietsicherung

tionen „abzuwohnen“. Das gilt auch für Beiträge zur Errichtung des Mietobjekts. In diesen Fällen sind jedoch konkrete Vereinbarungen über die Höhe des abzuwohnenden Betrages und die Abwohndauer erforderlich. Diese Umstände müssen zumindest bestimmbar sein. 6a

Die Parteien können die Entrichtung der Miete in einem einmaligen Betrag vereinbaren. Es handelt sich hierbei nicht um eine Mietvorauszahlung, die ein Erwerber des Mietgrundstücks nur eingeschränkt unter den Voraussetzungen des § 566c BGB gegen sich gelten zu lassen braucht, BGH – Urt. v. 5.11.1997 – BGHZ 137, 106 = NJW 1998, 595 = NZM 1998, 105 = WuM 1998, 104 = ZMR 1998, 141,1 BGH – Urt. v. 25.4.2007 – NZM 2007, 562 (Rz. 22) = WuM 2007, 467, 468 = ZMR 2007, 677.

Sie wirkt auch gegenüber Grundpfandgläubigern gemäß § 1124 BGB, sofern die Leistung vor der Beschlagnahme erfolgte. Dabei ist unerheblich, ob die Zahlung vor oder nach der Bestellung des Grundpfandrechts erfolgte, BGH – Urt. v. 25.4.2007 – NZM 2007, 562 (Rz. 22) = WuM 2007, 467, 468.

Dagegen ist die Einmalzahlung als Mietvorauszahlung i.S. von §§ 547, 566c BGB zu behandeln, wenn die Miete für die Dauer des Mietverhältnisses nach periodischen Zeitabschnitten (z.B. Monaten) bemessen ist, BGH – Urt. v. 5.11.1997 – BGHZ 137, 106 = NJW 1998, 595 = WuM 1998, 104 = ZMR 1998, 141.

6b

Haben die Parteien eine Einmalleistung als Miete vereinbart, ohne eine Regelung über die Berechnung des noch nicht abgewohnten Teils zu treffen, so muss die Höhe der (monatlichen) Miete als Berechnungsfaktor im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder analog §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB ermittelt werden,2 BGH – Urt. v. 31.3.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263 = ZMR 2003, 415.

Behauptet der Mieter, es sei vereinbart worden ,,dass eine Mieterhöhung ausgeschlossen sei, bis er seine Investitionen abgewohnt habe“, so ist dieses Vorbringen zu unbestimmt, wenn weder über Umfang und Wert der Investitionen noch über den Anrechnungsschlüssel noch über die anrechnungsfähigen Investitionen eine Vereinbarung getroffen worden ist, BGH – Urt. v. 20.12.1989 – NJW-RR 1990, 270 = WuM 1990, 140 = ZMR 1990, 170.

7

Eine Umsatzmiete wird in der Regel in Gestalt einer festen Sockelmiete als Mindestmiete und eines darauf fußenden prozentualen Anteils am Umsatz vereinbart.3 Üblicherweise wird der Nettoumsatz zugrunde gelegt. Es bleibt 1 Zustimmend Dedek ZMR 1998, 679. 2 Zum Fall: Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks. Die Beklagte stellte 1980 für die Errichtung eines Anbaus, den sie seither bewohnt, über 115 000 DM zur Verfügung. Die Klägerin verlangte 1995 die Räumung u.a. mit der Begründung, die Nutzung der Beklagten habe enden sollen, wenn ihre Investition abgewohnt sei. 3 S. dazu Emde WuM 1996, 740; Lindner-Figura NZM 1999, 492; ferner zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 229 f.; Staudinger/Emmerich Rn. 87; Fritz Rn. 94 f., S. 48; Bieber/Ingendoh/Schimmel § 4 Rn. 36 f.

240

Mietvereinbarung

Rn. III 10

jedoch den Parteien überlassen, den Umsatzbegriff durch Vereinbarung zu regeln, etwa ob und in welcher Weise Skonti, Rabatte, Retouren einzubeziehen sind. Aus der Vereinbarung einer Umsatzmiete folgt noch nicht eine Betriebspflicht des Mieters; andererseits schuldet er aber auch nicht nur die vereinbarte Sockel- oder Mindestmiete, wenn er sein Geschäft in den Mieträumen nicht betreibt, sondern den Betrag, der als Miete zu zahlen wäre, wenn er die Räume weiterhin zu dem im Mietvertrag vorgesehenen Zweck genutzt hätte. Dies wird aus einer Vertrauenslage gefolgert, BGH – Urt. v. 4.4.1970 – NJW 1979, 2351.

Der Mieter hat zum Jahresende eine genaue Ertragsberechnung mit allen Belegen entsprechend der kaufmännischen Buchführungspflicht aufzustellen und dem Vermieter Einsicht zu gewähren,

8

OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.2.1990 – MDR 1990, 720.

Der Umfang dieses Kontrollrechts ist umstritten. Ist hierzu nichts vereinbart,1 so dürfte es zunächst ausreichen, dass der Mieter sich darauf beschränkt, Kopien der Umsatzsteuervoranmeldungen vorzulegen. Bucheinsicht oder die Vorlage weiterer Unterlagen kann aber verlangt werden, wenn sich begründete Zweifel an den Angaben des Mieters ergeben. Der Vermieter kann das Kontrollrecht auch durch einen vereidigten Buchsachverständigen ausüben, OLG Brandenburg – Teil-Urt. v. 20.6.2007 – ZMR 2007, 778: Verpflichtet sich der Pächter bei vereinbarter Umsatzmiete zur Übergabe von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, so genügt die bloße Mitteilung der Umsätze durch ein Steuerbüro nicht. Dem Anspruch auf Übergabe der Auswertungen kann auch dann kein Geheimhaltungsinteresse entgegengehalten werden, wenn der Vertragspartner gewechselt hat.

Möglich ist die Vereinbarung einer sog. negativen Umsatzpacht, die in der Zahlung eines Ausgleichsbetrages liegt, wenn der vorgesehene Umsatz nicht erzielt wird; das verstößt auch bei der Gaststättenpacht nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB,

9

BGH – Urt. v. 6.12.1989 – ZMR 1990, 130.

c) Mietstruktur Die Mietrechtsvorschriften des BGB sind nicht auf eine bestimmte Mietstruktur festgelegt. Das MRRG hat davon abgesehen, in § 556 Abs. 1 BGB eine bestimmte Mietstruktur vorzugeben. Für preisgebundenen Wohnraum ist dagegen die Nettokaltmiete zwingend vorgegeben (§ 27 Abs. 3 II. BV). Für Räume, die der HeizkostenV unterliegen, gilt grundsätzlich die Kaltmiete – sei es inklusive oder exklusive aller sonstigen Betriebskosten (§§ 2, 4, 6 HeizkostenV). Entgegenstehende Vereinbarungen, insbesondere die Vereinba1 Lindner-Figura NZM 1999, 492, 494.

241

10

Rn. III 11

Miete und Mietsicherung

rung einer Bruttowarmmiete oder einer Heizkostenpauschale, sind nach § 134 BGB nichtig, BGH – Urt. v. 19.7.2006 – NZM 2006, 652 = WuM 2006, 518 = ZMR 2006, 766: Die in einem Mietvertrag enthaltene Vereinbarung einer Bruttowarmmiete ist – außer bei Gebäuden mit nicht mehr als 2 Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt – gemäß § 2 HeizkostenV nicht anzuwenden, weil sie den Bestimmungen der HeizkostenV widerspricht. Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass die vorrangige Anwendung der HeizkostenV davon abhängig ist, dass eine Partei die verbrauchsabhängige Abrechnung verlangt. Nach dem Wortlaut des § 2 HeizkostenV ist die Geltung der Vorschriften der HeizkostenV nicht davon abhängig, dass der Gebäudeeigentümer oder der Nutzer eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung verlangt. Vielmehr wird dadurch, dass die Vorschriften der HeizkostenV abweichenden Vereinbarungen gemäß § 2 HeizkostenV ohne weiteres „Vorgehen“, die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit der Parteien kraft Gesetzes eingeschränkt.

Damit ist die bisherige Auffassung, nach der der Vorrang der HeizkostenV mit Wirkung für die Zukunft erst dann zum Tragen kommen sollte, wenn eine Partei eine verbrauchsabhängige Abrechnung forderte, so noch OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.3.2006 – WuM 2006, 381,

nicht mehr zu halten. Es ist zulässig, die Nettomiete aus mehreren Teilbeträgen zusammenzusetzen, wenn dies hinreichend – etwa durch Unterscheidung zwischen Sonderentgelten und Nebenkosten – deutlich wird, LG Frankfurt a.M. NZM 2001, 332 für Modernisierungszuschlag neben der Nettokaltmiete.

Bei einer späteren Mieterhöhung nach § 558 BGB sind derartige „Sonderentgelte“, soweit es sich nicht um Betriebskosten oder Untermiet- bzw. Gewerbezuschläge handelt, der ortsüblichen Miete hinzuzurechnen, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 124 = WuM 2007, 707 für Modernisierungszuschlag.

11

Bestimmt ein Mietvertrag neben der Zahlung des Mietzinses die Zahlung eines Nebenkostenbetrages, ohne festzulegen, welche Nebenkosten der Mieter zu zahlen hat, dann soll eine Inklusivmiete vorliegen, LG Saarbrücken NZM 1999, 757, LG Hamburg ZMR 2005, 620 für den Fall, dass es nicht zu einer wirksamen Überwälzung der Betriebskosten auf den Mieter gekommen ist.

Näher liegt indes, die Nebenkostenvorauszahlung als Betriebskostenpauschale zu verstehen. 12

Es besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch des Vermieters, die Mietstruktur dahin zu ändern, dass die „kalten“ Betriebskosten ganz oder teilweise aus der Miete herausgerechnet und gesondert neben der Miete als Pauschale oder abzurechnende Vorauszahlung erhoben werden, mithin Bruttomietverträge in Nettomietverträge umgewandelt werden (s. LG Hamburg ZMR 2005, 620). Die Übergangsregelung in § 25b NMV für preisgebundenen Wohnraum ist durch Zeitablauf Ende 1986 gegenstandslos geworden und auf242

Mietvereinbarung

Rn. III 15

gehoben worden. Die Neureglung in § 556a Abs. 1, 2 BGB ergibt eine derartige generelle Befugnis des Vermieters ebenfalls nicht,1 LG Augsburg WuM 2004, 148 = ZMR 2004, 269, unter Abänderung von AG Augsburg WuM 2003, 566.

d) Änderung der Mietstruktur Ein Anspruch des Vermieters auf Änderung der Mietstruktur ist ausnahmsweise gegeben, wenn es sich um Betriebskosten handelt, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch den Mieter abhängen. Hier ist der Vermieter – anders als nach bisherigem Recht (§ 4 Abs. 5 MHG) – nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, den Umlagemaßstab dahin zu verändern, dass dem unterschiedlichen Verbrauch bzw. der unterschiedlichen Verursachung Rechnung getragen wird (§ 556a Abs. 1 Satz 2 BGB).2 Damit wird der Vermieter nicht verpflichtet, Einrichtungen zur Verbrauchserfassung zu installieren. Die Pflicht zur verbrauchs- bzw. verursachungsabhängigen Abrechnung gilt nur, wenn der Verbrauch für das gesamte Gebäude bzw. die gesamte Wirtschaftseinheit erfasst wird. Sie bezieht sich nur auf die verbrauchs- bzw. verursachungsabhängig erfassten Betriebskosten, so dass es wegen der übrigen Betriebskosten bei der vereinbarten Mietstruktur bleibt, anders AG Köln ZMR 2004, 119.

13

Eine verbrauchs- oder verursachungsabhängige Erfassung oder Abrechnung liegt nicht vor, wenn der Vermieter lediglich den flächenabhängigen Umlagemaßstab durch einen personenabhängigen Maßstab ersetzen, also nicht mehr nach anteiliger Fläche, sondern nach der Kopfzahl der Bewohner abrechnen will,

14

LG Hamburg ZMR 1998, 98 für Kosten der Müllbeseitigung.

Nicht geboten ist, dass der Vermieter die Kosten einer bestimmten, verbrauchsabhängig erfassten Betriebskostenart vollständig verbrauchsabhängig abrechnet. Er kann vielmehr ähnlich wie bei der Heizkostenabrechnung (s. § 7 HeizkostenV) die Kosten in einen Grundkosten- und einen Verbrauchskostenanteil aufteilen,3 wobei Letzterer sich auf mindestens 50% der Gesamtkosten belaufen muss, damit noch von einer verbrauchsabhängigen Abrechnung die Rede sein kann. Die Umstellungserklärung ist gemäß § 556a Abs. 2 Satz 1 BGB nur mit Wirkung für die Zukunft und für den Beginn einer Abrechnungsperiode zulässig und bedarf der Textform (§ 126b BGB). Die bisher in der Miete enthaltenen Kostenanteile sind herauszurechnen, und zwar nicht nach der aktuellen Höhe, sondern nach dem Stand der letzten Mietänderung oder – wenn eine solche nicht stattgefunden hat – nach dem Stand der (letzten) Vereinbarung über die Miethöhe, 1 Börstinghaus NZM 2004, 121. 2 Langenberg NZM 2001, 783, 790 f.; Schmid ZMR 2001, 761, 769. 3 So auch Schmid a.a.O.

243

15

Rn. III 16

Miete und Mietsicherung

BayObLG – RE v. 23.6.1988 – NJW-RR 1988, 1293 = WuM 1988, 257 = ZMR 1988, 384 zur Umstellung der Warmmiete auf eine Kaltmiete nach der HeizkostenV: Es ist der kalkulatorische Ansatz der Heiz- und Warmwasserkosten aus dem ursprünglich vereinbarten oder dem auf Grund der letzten Mietzinsanpassung geschuldeten Pauschalmietzins herauszurechnen.

Anderenfalls würde es zu einer Veränderung des Nettokalt-Mietanteils zu Lasten der einen oder anderen Vertragspartei kommen. Wollte man auf den aktuellen Betriebskostenanteil abstellen und wäre dieser höher als derjenige bei Vertragsabschluss oder der letzten Mietänderung, so würde der NettokaltMietanteil sinken und dem Vermieter die Möglichkeit zu einer Mieterhöhung (etwa nach § 558 BGB) geben. Im umgekehrten Fall würde durch die Änderung der Mietstruktur mittelbar eine Erhöhung der Nettokaltmiete bewirkt werden. Der herausgerechnete Teil der Miete entspricht den vom Mieter künftig geschuldeten Vorauszahlungen, die nach Abrechnung unter den Voraussetzungen des § 560 Abs. 4 BGB angehoben werden können. 16

Eine preisrechtlich vorgegebene Mietstruktur ändert sich nicht dadurch, dass die Mietpreisbindung endet (LG Duisburg WuM 1994, 533). Hierfür bedarf es vielmehr einer Vereinbarung. Ein befristetes Gestaltungsrecht zur Änderung der Mietstruktur, wie es etwa nach § 14 Abs. 1 MHG für mietpreisbegrenzten Wohnraum in den neuen Bundesländern bis zum 31.12.1997 bestand, kann nach Fristablauf nicht mehr ausgeübt werden. Haben andererseits die Vertragsparteien unter der Geltung einer Mietpreisbindung eine preisrechtswidrige Mietstruktur vereinbart, so erlangt diese nicht automatisch Wirksamkeit, wenn die Preisbindung endet (LG Hamburg HmbGE 1988, 52, LG Berlin NZM 1999, 1139). Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Parteien vereinbart haben, dass nach Außerkrafttreten der gesetzlichen Regelung die vertragliche Bestimmung voll wirksam werden soll, sofern dem nicht der Verbotszweck der preisrechtlichen Norm entgegensteht (s. Rn. II 226a), BGH – Urt. v. 27.6.2007 – WuM 2007, 440 für den Fall einer preiswidrig überhöhten Miete.

17

Die einmal vereinbarte Struktur kann – auch durch schlüssiges Verhalten – geändert werden, z.B. indem der Mieter einer Mieterhöhung auf „netto-kalt“ – insbesondere wiederholt – zustimmt, sie jahrelang vorbehaltlos zahlt und die Abrechnung über die Betriebskosten auf dieser Grundlage akzeptiert. Hierfür ist aber ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein erforderlich. Auf dessen Fehlen soll sich der Mieter nicht berufen können, wenn er erhebliche Zeit die vom Vertrag abweichende Mietstruktur akzeptiert hat, LG Berlin GE 1998, 433 = ZMR 1998, 165: Eine Inklusivmiete kann dadurch in eine Nettokaltmiete nebst Nebenkostenvorauszahlungen schlüssig umgewandelt werden, dass der Mieter mehrfach einer Mieterhöhung der Nettokaltmiete zustimmt und die Betriebskostenabrechnungen akzeptiert. LG Berlin GE 1999, 1286: Haben die Vertragsparteien eine Betriebskostenvollumlage vereinbart, hat der Vermieter jedoch 14 Jahre lang nicht abgerechnet, so ist das ein

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Mietvereinbarung

Rn. III 18

Indiz dafür, dass sich die Vertragsparteien nachträglich auf eine Inklusivmiete geeinigt haben. LG Berlin ZMR 2002, 52: Haben die Parteien über mehrere Jahre die Abrechnung über Vorschüsse praktiziert, so liegt darin die stillschweigende Abänderung des Mietvertrages dahin, dass künftig Vorschüsse zu zahlen sind.1 AG Nordhorn WuM 1998, 603: Die Inklusivmiete kann schlüssig in eine Nettokaltmiete nebst Betriebskostenumlage geändert werden. Das erforderliche Erklärungsbewusstsein des Mieters ist aber nicht gegeben, wenn der ausländische Mieter nur Zahlungen auf die vorgelegten Betriebskostenanforderungen erbracht hat.

anders BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1302 = NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = ZMR 2008, 443: Sieht der Wohnungsmietvertrag monatliche Vorauszahlungen auf die Betriebskosten und deren jährliche Abrechnung vor, führt allein das Unterlassen der Abrechnung über die ersten 20 Abrechnungsperioden im Mietverhältnis zu keiner Vertragsänderung. OLG Naumburg – Urt. v. 17.1.2006 – NZM 2006, 630: Rechnet der Vermieter entgegen den Bestimmungen des Mietvertrages die Nebenkosten über mehrere Jahre hinweg nicht ab, so kann er gegenüber dem Abrechnungsanspruch ... nicht einwenden, dass durch die Leistung der Vorauszahlungen im selben Zeitraum eine konkludente Vertragsänderung eingetreten sei und die Vorauszahlungen nunmehr als Pauschalbetrag anzusehen seien. LG Hamburg WuM 2005, 773: Unterlässt es der Vermieter, jahrelang über die Betriebskosten abzurechnen, so führt dies noch nicht zu einer Abänderung der Betriebskostenvereinbarung, dass statt der Vorauszahlungen eine Pauschale gilt.2

Die Praxis geht in diesem Zusammenhang mit den rechtsgeschäftlichen Erfordernissen recht großzügig um. Fehlt dem Mieter das entsprechende Erklärungsbewusstsein, so kann seinem Verhalten gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes Erklärungswert zukommen (s. Rn. I 44). Zu fragen ist allerdings, ob der Vermieter, der die Vertragsänderung ausgelöst hat, schutzwürdig ist. Das ist zu verneinen, wenn er selbst nicht das Bewusstsein hatte, dass durch das Verhalten des Mieters der Vertrag geändert werde, und gilt insbesondere, wenn er durch sein eigenes zurechenbares Fehlverhalten das Verhalten des Mieters ausgelöst hat (OLG Naumburg – Urt. v. 17.1.2006 – NZM 2006, 630).3 Hatte er indes das entsprechende Bewusstsein, so wird er sich fragen lassen müssen, aus welchen Gründen er sein eigenes, die Vertragsänderung auslösendes Verhalten nicht so eindeutig bestimmt hat, dass auch der Mieter dies als Angebot zur Vertragsänderung hat begreifen können. Trifft den Vermieter 1 Zum Fall: Im Mietvertrag von 1988 war eine Bruttomiete vorgesehen; seit 1995 zahlte der Mieter Vorschüsse, über die der Vermieter abrechnete. 2 Anders verhält es sich, wenn getrennte Vorauszahlungen für die „kalten“ und für die „warmen“ Betriebskosten (= Heizkosten) vereinbart worden sind, jedoch fast 15 Jahre nur über die Heizkosten, nicht jedoch über die „kalten Betriebskosten“ abgerechnet wurde: LG Hamburg NZM 2005, 216. 3 Zum ähnlichen Problem der Änderung des Umlagemaßstabs sowie der Ausweitung des vereinbarten Betriebskatalogs durch wiederholte unbeanstandete Zahlung des Abrechnungssaldos s. Rn. V 131, 165. Zu rechtsgeschäftlichen Erfordernissen bei schlüssigem Verhalten der Parteien s. Rn. I 43 f.

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Rn. III 19

Miete und Mietsicherung

insoweit ein Vorwurf, so liegt hierin eine Pflichtverletzung nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Wollte man aus ihr rechtsgeschäftliche Folgen zum Nachteil des Mieters ableiten, so verhielte sich der Vermieter treuwidrig, wenn er sich hierauf berufen würde, LG Hamburg WuM 1991, 676.

Er würde sich nämlich der allgemeinen Arglisteinrede (dolo petit ...) aussetzen, da er für seine Pflichtverletzung nach §§ 280, 281 BGB einstehen müsste. Formularklauseln, die es dem Vermieter gestatten, die Mietstruktur einseitig zu ändern, z.B. von einer Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete überzugehen, waren schon nach bisheriger Rspr. unzulässig, da sie den Mieter unangemessen benachteiligten (s. auch Rn. II 229). e) Umsatzsteuer 19

Mietzins aus Mietverträgen über Wohnraum unterliegt nicht der Umsatzsteuer.1 Das gilt auch dann, wenn mit der Wohnung eine Garage oder ein Einstellplatz vermietet ist, sofern ein einheitliches Mietverhältnis vorliegt. Bei Mietzins aus Mietverträgen über Räume zu gewerblicher Nutzung hängt die Verpflichtung zur Abführung von Umsatzsteuer davon ab, ob der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert hat. Zu beachten ist aber, dass die Frage, in welcher Höhe der Mieter den Mietzins schuldet, im Verhältnis der Parteien untereinander nicht davon abhängt, wie die Steuerpflichtigkeit der Mieteinkünfte steuerrechtlich zu beurteilen ist, sondern nur davon, was die Parteien im Mietvertrag vereinbart haben. Sind sie bei Vertragsschluss und Vereinbarung einer Miete als Endpreis davon ausgegangen, dass der Vermieter für den Mietzins Umsatzsteuer abführen muss, ist das aber tatsächlich nicht der Fall, so ist der Mieter nicht berechtigt, vom Vermieter eine Herabsetzung der Miete um den vermeintlichen Steueranteil zu verlangen, OLG Naumburg – Urt. v. 9.11.1999 – WuM 2000, 328 (LS) = ZMR 2000, 291: Fällt beim Vermieter eine abzuführende Umsatzsteuer nicht an, kann der Mieter hieraus keine Reduzierung des Mietzinses herleiten.

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Haben die Parteien einen bestimmten Mietzins vereinbart, so ist die möglicherweise anfallende Umsatzsteuer, soweit entgegenstehende Absprachen nicht getroffen worden sind, hierin enthalten. Es liegt ein einheitlicher Endpreis vor. Hat sich der Vermieter im Mietvertrag vorbehalten, zur Umsatzsteuer zu optieren, ist er dem Mieter gegenüber nicht verpflichtet, dies auch zu tun;2 eine solche Verpflichtung lässt sich nicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB herleiten, OLG Naumburg a.a.O. 1 Herrlein, Umsatzsteuer in Mietvertrag und Mietprozess, NZM 2005, 648; aus steuerrechtlicher Sicht: Weitemeyer NZM 2006, 881; ferner Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 535 Rn. 94 f. 2 S. Schmid NZM 1999, 292: Miete und Umsatzsteuer.

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Mietvereinbarung

Rn. III 23

Anders verhält es sich, wenn die Vertragsparteien vereinbart haben: „Die Miete beträgt monatlich ... Euro inkl. MWSt“ und der Vermieter nicht in der Lage ist, dem Mieter eine vorsteuerabzugsfähige Rechnung zu erstellen. In diesem Fall kann der Mieter die Erklärung nur so verstehen, dass die Miete für den Vermieter ein steuerbarer Umsatz ist. Dadurch, dass er trotz seiner Erklärung von der ihm eingeräumten Möglichkeit, zur Umsatzsteuer zu optieren, keinen Gebrauch gemacht hat, hat er eine Vertragsverletzung begangen. Sie führt dazu, dass er dem Mieter die von diesem an das Finanzamt nachzuzahlende Umsatzsteuer als Schadensersatz zu erstatten hat, OLG Hamm – Urt. v. 3.9.2003 – NZM 2003, 945 = ZMR 2003, 925.

Die Vereinbarung „Der Mieter hat neben dem Mietzins die jeweils gültige Mehrwertsteuer zu zahlen“ ist dahin auszulegen, dass der Mieter die Umsatzsteuer auf die Miete auch dann zu zahlen hat, wenn er selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Sie kann aber nicht dahin ausgelegt werden, dass der Mieter die Umsatzsteuer auch dann auf die Miete zahlen muss, wenn der Vermietungsumsatz nach dem Gesetz steuerfrei sein sollte,

21

BGH – Urt. v. 28.7.2004 – MDR 2004, 1406 = NZM 2004, 785.

Hat ein Vermieter gewerblicher Objekte nach den Regeln des UStG die Möglichkeit, zur Umsatzsteuer zu optieren, so stellt es auch aus der Sicht des gewerblichen Mietrechts keine unzumutbare Benachteiligung für den Mieter dar, wenn der vom Vermieter verwendete Formularvertrag den Mieter verpflichtet, auf Verlangen des Vermieters Umsatzsteuer zu zahlen, falls der Vermieter in Ausnutzung seiner steuerrechtlichen Möglichkeiten für die Umsatzsteuer optiert, BGH – Urt. v. 25.7.2001 – NZM 2001, 952.

Hat der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert, so steht dem Mieter gegenüber dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn dieser keine Rechnung über den geschuldeten Mietzins mit offenem Mehrwertsteuerausweis erteilt,

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OLG München – Urt. v. 9.2.1996 – ZMR 1996, 487, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.2006 – ZMR 2006, 686: Das Zurückbehaltungsrecht beschränkt sich auf die anteilige Umsatzsteuer (str.).

Hat der Vermieter zunächst zur Umsatzsteuer optiert, wird aber vom Mieter die Umsatzsteuer tatsächlich nicht gezahlt, ist der Vermieter berechtigt, die Option zu widerrufen; es fehlt an der tatsächlichen Voraussetzung für einen Verzicht auf Steuerbefreiung, denn der Mieter hat keinen vertraglichen Anspruch darauf, dass er Vorteile in Anspruch nimmt, nämlich die Vorsteuerabzüge, die zu einer einseitigen Belastung des Vermieters führen, OLG Hamm – Urt. v. 27.5.1997 – ZMR 1997, 457.

Auch die Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB unterliegt der Umsatzsteuer, wenn der bisherige Mietzins dieser Steuer unterworfen war. Anders verhält es sich beim Mietausfallschaden, z.B. als Kündigungsfolgeschaden, BGH – Urt. v. 14.3.2007 – ZMR 2007, 441 für Leasing, BGH – Urt. v. 23.4.2008 – ZMR 2008, 867.

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Rn. III 24 24

Miete und Mietsicherung

Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 u. 2 UStG darf der Vermieter bei Vermietung von Räumen zu gewerblicher Nutzung die Umsatzsteuer auf den Mieter abwälzen und eine entsprechende Vertragsänderung verlangen, sofern der Mietvertrag nichts anderes vorsieht. Eine Formularklausel, in der der Vermieter sich vorbehält, zur Umsatzsteuer zu optieren und den Steueranteil von dem Mieter zu verlangen, ist aber nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn der Mietzins auf Grund der Art des Mietverhältnisses – insbesondere also bei einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über Räume zum Betrieb einer Arztpraxis – nicht der Umsatzsteuer unterliegt; denn in einem solchen Fall läuft der Vorbehalt auf ein einseitiges, an keine Vorbedingungen geknüpftes Mieterhöhungsrecht des Vermieters hinaus, LG Magdeburg WuM 1996, 700.

25

Durch das Steuer-Änderungsgesetz 1992 ist die Vermietung von Garagen und Einstellplätzen der Umsatzsteuer unterworfen worden, sofern diese unabhängig von Wohn- oder Gewerberaum vermietet worden sind.1 Erfolgt die Überlassung der Garage oder des Einstellplatzes nur als Nebenpflicht zur mietweisen Überlassung einer Wohnung oder von Gewerberaum, so handelt es sich nicht um einen der Mehrwertsteuer unterworfenen Vorgang. Auch hier gilt, dass der Vermieter die Umsatzsteuer auf den Mieter abwälzen und eine entsprechende Vertragsänderung verlangen kann, sofern zwischen den Parteien nicht etwas anderes vereinbart ist (§ 29 Abs. 1 UStG).

26

Hat der Vermieter vor Abschluss des Mietvertrages für die Umsatzsteuer optiert und schuldet der gewerbliche Mieter vertraglich die auf den Mietzins entfallende Umsatzsteuer, so gilt dies im Wege ergänzender Vertragsauslegung auch für die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der abgerechneten Nebenkosten,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.10.1995 – WuM 1996, 211 = ZMR 1996, 82, ebenso OLG Schleswig – Urt. v. 17.11.2000 – ZMR 2001, 618, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.1.2000 – ZMR 2000, 603, LG Hamburg DWW 1998, 119.

2. Grenzen der Miethöhe 27

Für die Miethöhe gelten die allgemeinen Schranken aus §§ 134, 138 BGB. Bei der Miete von preisfreiem Wohnraum liegt ein Schwerpunkt auf der unzulässigen Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG. Bei der Miete von Gewerberaum steht die Frage nach der Sittenwidrigkeit der Mietzinsvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB im Vordergrund. Vereinbart der Vermieter mit dem Mieter, der Sozialhilfeempfänger ist, eine höhere Miete, als sie im Mietvertrag ausgewiesen ist und vom Sozialamt 1 Vgl. dazu Fritz WuM 1992, 292, 415; Beck GE 1992, 842; Steins DWW 1993, 95; ferner Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 535 Rn. 109. 2 S. dazu Westphal ZMR 1998, 262.

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Rn. III 24 24

Miete und Mietsicherung

Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 u. 2 UStG darf der Vermieter bei Vermietung von Räumen zu gewerblicher Nutzung die Umsatzsteuer auf den Mieter abwälzen und eine entsprechende Vertragsänderung verlangen, sofern der Mietvertrag nichts anderes vorsieht. Eine Formularklausel, in der der Vermieter sich vorbehält, zur Umsatzsteuer zu optieren und den Steueranteil von dem Mieter zu verlangen, ist aber nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn der Mietzins auf Grund der Art des Mietverhältnisses – insbesondere also bei einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über Räume zum Betrieb einer Arztpraxis – nicht der Umsatzsteuer unterliegt; denn in einem solchen Fall läuft der Vorbehalt auf ein einseitiges, an keine Vorbedingungen geknüpftes Mieterhöhungsrecht des Vermieters hinaus, LG Magdeburg WuM 1996, 700.

25

Durch das Steuer-Änderungsgesetz 1992 ist die Vermietung von Garagen und Einstellplätzen der Umsatzsteuer unterworfen worden, sofern diese unabhängig von Wohn- oder Gewerberaum vermietet worden sind.1 Erfolgt die Überlassung der Garage oder des Einstellplatzes nur als Nebenpflicht zur mietweisen Überlassung einer Wohnung oder von Gewerberaum, so handelt es sich nicht um einen der Mehrwertsteuer unterworfenen Vorgang. Auch hier gilt, dass der Vermieter die Umsatzsteuer auf den Mieter abwälzen und eine entsprechende Vertragsänderung verlangen kann, sofern zwischen den Parteien nicht etwas anderes vereinbart ist (§ 29 Abs. 1 UStG).

26

Hat der Vermieter vor Abschluss des Mietvertrages für die Umsatzsteuer optiert und schuldet der gewerbliche Mieter vertraglich die auf den Mietzins entfallende Umsatzsteuer, so gilt dies im Wege ergänzender Vertragsauslegung auch für die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der abgerechneten Nebenkosten,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.10.1995 – WuM 1996, 211 = ZMR 1996, 82, ebenso OLG Schleswig – Urt. v. 17.11.2000 – ZMR 2001, 618, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.1.2000 – ZMR 2000, 603, LG Hamburg DWW 1998, 119.

2. Grenzen der Miethöhe 27

Für die Miethöhe gelten die allgemeinen Schranken aus §§ 134, 138 BGB. Bei der Miete von preisfreiem Wohnraum liegt ein Schwerpunkt auf der unzulässigen Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG. Bei der Miete von Gewerberaum steht die Frage nach der Sittenwidrigkeit der Mietzinsvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB im Vordergrund. Vereinbart der Vermieter mit dem Mieter, der Sozialhilfeempfänger ist, eine höhere Miete, als sie im Mietvertrag ausgewiesen ist und vom Sozialamt 1 Vgl. dazu Fritz WuM 1992, 292, 415; Beck GE 1992, 842; Steins DWW 1993, 95; ferner Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 535 Rn. 109. 2 S. dazu Westphal ZMR 1998, 262.

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Grenzen der Miethöhe

Rn. III 29

übernommen wird, so ist diese Vereinbarung als sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, AG Nürnberg NZM 2003, 22, s. aber LG Berlin GE 2007, 1053 und Rn. III 63a.

a) Unzulässige Mietpreisüberhöhung bei der Wohnraummiete Das MRRG hat den Grundtatbestand des § 5 WiStG nicht verändert.1 Jedoch ist der Vermieter wieder berechtigt, sich auf die mangelnde Kostendeckung zu berufen. Die diesbezüglichen Beschränkungen, die durch das 4. MietRÄndG vom 21.7.1993 eingeführt worden waren, sind entfallen. Das ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass bei Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtslage ein Investitionsstau vor allem in den östlichen Bundesländern zu befürchten wäre.2 Wegen der weitgehenden Berücksichtigung der Eigenkapitalverzinsung (bei Erwerbs-, Bau- und Investitionskosten) führt die Lockerung der Vorschrift dazu, dass die Wesentlichkeitsgrenze von 20% in vielen Fällen auf 50% oberhalb der Vergleichsmiete verschoben werden kann.

28

Infolge der Normübereinstimmung kann auf die bisherige Rspr. weitgehend zurückgegriffen werden, mit Ausnahme derjenigen, die sich auf das Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens eines geringen Angebots an Wohnraum (s. § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG) bezieht, da hier auf Grund der Rspr. des BGH ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat (s. dazu Rn. III 46). aa) Zum Anwendungsbereich des § 5 WiStG Der Anwendungsbereich des § 5 WiStG beschränkt sich auf die Vermietung von nicht preisgebundenen Räumen zu Wohnzwecken und damit verbundenen Nebenleistungen. Bei Mischmietverhältnissen kommt es darauf an, ob das Schwergewicht des Vertrages auf der Nutzung zu Wohnzwecken oder zu gewerblichen Zwecken liegt (s. dazu Rn. VI 9). Hat jemand Wohnräume angemietet zu dem Vertragszweck, sie Dritten zu überlassen, ist § 5 WiStG nicht anzuwenden. Das gilt insbesondere, wenn der Mieter nach dem Mietvertrag als gewerblicher Zwischenvermieter i.S. von § 565 (§ 549a BGB a.F.) tätig werden sollte, OLG Celle – Urt. v. 14.2.1996 – WuM 1996, 562.

Für preisgebundenen Wohnraum, für den die Kostenmiete als preisrechtliche Obergrenze gilt, kommt die Sondervorschrift in § 8 Abs. 2 WoBindG zum Tragen, soweit die Kostenmiete überschritten wird. Die Vorschrift des § 5 WiStG ist in den neuen Bundesländern ab dem 1.1.1998 uneingeschränkt anzuwenden; Art. 2 § 1 MÜG ist mit Ablauf des 31.12.1997 gegenstandslos geworden.

1 Mersson DWW 2002, 220. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 78.

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Rn. III 30

Miete und Mietsicherung

Eine Mietpreisüberhöhung beschränkt sich nicht auf vereinbarte Mieterhöhungen, sondern kann kann auch aus einseitigen Mieterhöhungen nach § 559 BGB (früher § 3 MHG) resultieren, vgl. OLG Karlsruhe – RE v. 19.8.1983 – WuM 1983, 314, BayObLG – Beschl. v. 6.8.1987 – WuM 1988, 318.

30

Zweifelhaft ist, ob eine Miete, die während der Zeit der Preisbindung zulässig war, nach deren Wegfall in den Anwendungsbereich des § 5 WiStG gerät, verneinend LG Berlin GE 1990, 315.

Hier besteht ein Zielkonflikt, der zugunsten der mietpreisbegrenzenden Funktion des Gesetzes zu lösen ist. Eine rechtlich unzulässige Ungleichbehandlung des Vermieters gegenüber Vermietern von preisfreiem Wohnraum besteht nicht; denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen rechtfertigen sich daraus, dass der Vermieter von bislang preisgebundenem Wohnraum sein Eigentum nicht allein aus eigenen Mitteln, sondern (auch) mit Hilfe der Allgemeinheit erworben hat, so dass ihm kein Sonderopfer abverlangt wird, wenn er sich an das allgemeine Niveau der ortsüblichen Miete anpassen muss. Es gelten hier ähnliche Gesichtspunkte wie für die Anwendung der Kappungsgrenze nach Beendigung der Preisbindung (s. dazu BVerfG – Beschl. v. 4.12.1985 – BVerfGE 71, 230, 250 = WuM 1986, 101, 106). 30a

§ 5 WiStG ist auch auf hochpreisige Sonderobjekte anzuwenden,1 anders AG Hamburg ZMR 2003, 849 für Wohnraum in sog. Adressenlage.

Die Vorschrift hat nämlich nicht nur mieterschützende Funktion, sondern gesamtwirtschaftliche Bedeutung, indem sie einer Mietenüberhitzung und damit unerwünschten allgemeinen Preissteigerungen entgegenwirken soll. Eine andere Frage ist, ob im konkreten Fall ein Markt für ein bestimmtes Sonderobjekt festgestellt werden kann und ob die Berufung des Mieters auf die Rechtsfolgen aus § 5 WiStG im Einzelfall rechtsmissbräuchlich ist. bb) Überhöhte Miete 31

Eine Miete ist überhöht, wenn sie die ortsübliche Miete wesentlich übersteigt. Der Begriff der ortsüblichen Miete in § 5 WiStG entspricht demjenigen in § 558 BGB: Hier wie dort ist auf die üblichen Entgelte abzustellen, die in den letzten 4 Jahren vereinbart oder – von Betriebskostenerhöhungen abgesehen – geändert worden sind. Die Wesentlichkeitsgrenze ist im Anschluss an die herrschende Rspr. (OLG Stuttgart – RE v. 7.7.1981 – WM 1981, 225, OLG Hamburg – RE v. 15.11.1982 – WM 1983, 20) mit 20% oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete = 120% der ortsüblichen Miete normiert worden. Zum Mietentgelt zählt auch ein vom Mieter bei Mietbeginn geleisteter Zuschuss zu den Renovierungskosten; er ist entsprechend den noch üblichen Renovierungsfristen auf 5 Jahre zu verteilen, AG Hamburg-Altona WuM 1996, 779. 1 Langenberg ZMR 2005, 97.

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Grenzen der Miethöhe

Rn. III 34

Dagegen soll ein Teilgewerbezuschlag nicht in die Mietbewertung nach § 5 WiStG einbezogen werden, sondern seine Grenzen erst bei § 138 BGB finden (s. dazu auch Rn. VI 59, 219), OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.11.2006 – WuM 2007, 14 = MietRB 2007, 62 (Walburg).

Unzulässig ist ein Mietzuschlag zur ortsüblichen Miete, der mit der Ausländereigenschaft des Mieters begründet wird, OLG Stuttgart – RE v. 26.2.1982 – NJW 1982, 1160, OLG Hamm – RE v. 13.3.1986 – NJW-RR 1986, 812.

Ebenso wenig sind Zuschläge für bestimmte Teilmärkte zulässig, selbst wenn sie von einer besonderen Nutzungsform geprägt sind, wie etwa durch studentische Wohngemeinschaften, OLG Hamm – RE v. 3.3.1983 – NJW 1983, 1622.

Ist eine Staffelmiete vereinbart, so bewirkt die Mietpreisüberhöhung nur die Teilnichtigkeit der auf den jeweiligen Zeitraum vereinbarten Mietstaffel,

32

OLG Hamburg – RE v. 13.1.2000 – ZMR 2000, 216: Ist eine Staffelmietvereinbarung wegen eines unangemessen hohen Entgelts nach § 5 WiStG teilweise nichtig, führt dies nicht zum Wegfall der folgenden Staffelbeträge. Deren Wirksamkeit ist selbständig im Hinblick auf die ortsübliche Vergleichsmiete im Zeitpunkt des jeweils bestimmten Anfangstermins zu beurteilen. Anders noch LG Freiburg ZMR 1998, 781: Ist bereits die Ausgangsmiete nach § 5 WiStG überhöht und sehen die Staffelsätze weitere unwirksame Überhöhungen vor, so ist die Staffelmietvereinbarung insgesamt nichtig.

Werden – wie in der Regel – Mietüberhöhungen für die Vergangenheit zurückgefordert, so muss den zwischenzeitlichen Veränderungen der ortsüblichen Miete Rechnung getragen werden,

33

OLG Frankfurt – RE v. 4.4.1995 – WuM 1985, 139, KG – RE v. 20.4.1995 – WuM 1995, 384 = ZMR 1995, 309, LG Hamburg WuM 1997, 209, LG Berlin NZM 1998, 1000 für Staffelmietvereinbarung,

ohne dass es auf die sonstigen Erfordernisse des § 558 BGB (bisher § 2 MHG) – Wartefrist, Kappungsgrenze – ankommt, weil die letztere Vorschrift keine preisrechtliche Norm ist. Das gilt auch für sog. Zeitzuschläge, wenn die Vergleichsmiete anhand von Mietspiegeln ermittelt wird, LG Hamburg WuM 1996, 45, NZM 2000, 1002 (ZK 16), LG Mannheim DWW 1997, 152, a.A. LG Hamburg WM 1997, 205 (ZK 34).

Man kann von einer gleitenden Nichtigkeit der Mietvereinbarung sprechen. Maßgebend ist der Zeitpunkt, zu dem die Veränderung im Mietenniveau festgestellt werden kann. Wird für die Feststellung der ortsüblichen Miete ein Mietspiegel herangezogen, so ist maßgeblicher Zeitpunkt derjenige der Datenerhebung. Wegen der Erhebungsintervalle und dem Erfordernis, einer zwischenzeitlichen Mietentwicklung Rechnung zu tragen, können Zeitzuschläge zu den Werten des Mietspiegels geboten sein, die sich aus der Interpolation der einschlägigen Mietspiegelwerte eines früheren und eines späteren Mietspiegels 251

34

Rn. III 35

Miete und Mietsicherung

ermitteln lassen. Die dagegen vorgetragenen Bedenken, dass durch einen solchen Zuschlag der sich mietpreisgerecht verhaltende Vermieter gegenüber dem verbotswidrig handelnden Vermieter ungerechtfertigt benachteiligt werde (LG Hamburg WuM 1997, 209 – ZK 34), überzeugen nicht. Zum einen knüpft der zivilrechtlich relevante objektive Tatbestand der Mietpreisüberhöhung unmittelbar an die Differenz zwischen der noch zulässigen und der überhöhten Miete an, ohne weitere Abstriche zuzulassen. Zum anderen ist es nicht Sache der Gerichte, über eine moralische Bewertung den Begriff der ortsüblichen Miete zu verfälschen, indem man ihre Weiterentwicklung negiert. 35

Handelt es sich um einen Zeitmietvertrag, so soll auch hier eine gleitende Nichtigkeit nicht in Betracht kommen, LG Dortmund WuM 1998, 489, AG Dortmund WuM 1997, 440.

Auch das erscheint nicht zutreffend. Diese Auffassung läuft nämlich ebenfalls auf die Argumentation hinaus, dass der sich gesetzeskonform verhaltende Vermieter die Miete bei einem Zeitmietvertrag nicht erhöhen könnte, was allerdings neben der Sache liegt. Eine nur eingeschränkte Anpassung an die Weiterentwicklung der ortsüblichen Miete lässt zu LG Hamburg NZM 1999, 662 = WM 1999, 6343 (ZK 11): Die gestiegene ortsübliche Miete ist nur insoweit zu berücksichtigen, als sie den bei Vertragsabschluss zulässigen und insoweit wirksam vereinbarten Mietzins übersteigt. Nicht jeder Anstieg der ortsüblichen Miete ist also zu beachten.

Auch das überzeugt aus den vorerwähnten Gründen nicht. 36

Auf den Grund des Rückzahlungsanspruchs des Mieters wirkt sich nicht aus, dass die ortsübliche Miete in den Jahren nach der Feststellung der Überhöhung sinkt; denn hier kommt es auf die Verhältnisse an, wie sie zum Zeitpunkt des Forderns, des Sich-Versprechenlassens oder der Annahme der überhöhten Miete bestanden, LG Berlin NZM 1999, 305, AG Bad Homburg v.d.H. NZM 1998, 665: Sinkt die ortsübliche Miete, so ist bei einer Prüfung des Mietzinses nach § 5 WiStG nicht von dem gesunkenen Mietenniveau, sondern von dem ortsüblichen Mietzins zur Zeit des Vertragsabschlusses auszugehen, soweit es darauf ankommt, ob die ursprüngliche Vertragsmiete überhöht war.

Die Senkung des Mietenniveaus wirkt sich im Übrigen allerdings auf die Höhe des Rückforderungsanspruchs aus. Verstößt die Mietzinsvereinbarung bei Abschluss des Mietvertrages nicht gegen § 5 WiStG und sinkt die ortsübliche Miete nachträglich so weit, dass der vereinbarte Mietzins die Wesentlichkeitsgrenze übersteigt, so braucht der Vermieter den Mietzins nicht bis zur Wesentlichkeitsgrenze abzusenken. Der Mieter hat in diesem Fall keinen Rückforderungsanspruch, LG Berlin NZM 1999, 959, AG Hamburg DWW 2003, 302.

Entsprechendes gilt bei Vereinbarung einer Staffelmiete, wenn die Vergleichsmiete nachträglich absinkt: Dadurch wird eine spätere Mietstaffel nicht un252

Grenzen der Miethöhe

Rn. III 39

zulässig, wenn der vereinbarte Mietzins zu einem früheren Zeitpunkt der Höhe nach zulässig war, KG – RE v. 1.2.2001 – NZM 2001, 283 = WuM 2001, 184. Umgekehrt neigt KG – Beschl. v. 25.10.2001 – NZM 2002, 19 = WuM 2002, 27 zu der Annahme, dass dann, wenn die Vereinbarung der Staffelmiete einmal unwirksam war, die Unwirksamkeit bestehen bleibt, selbst wenn zwischenzeitlich die ortsübliche Miete die vereinbarte Miete erreicht.

Zulässig soll eine Vereinbarung über die Miethöhe auch dann bleiben, wenn sie zwar ursprünglich teilunwirksam war, die Teilnichtigkeit aber durch Ansteigen der ortsüblichen Miete partiell geheilt war, dann aber die ortsübliche Miete wieder sinkt, so dass die teilweise wirksam gewordene Miethöhe erneut über der Wesentlichkeitsgrenze liegt,

37

LG Berlin NZM 1999, 959: Ist eine teilnichtige Mietzinsvereinbarung durch Ansteigen der ortsüblichen Miete teilweise geheilt und sinkt danach die ortsübliche Miete wiederum, so dass die noch wirksame Mietzinsvereinbarung erneut in höherem Umfang über der Wesentlichkeitsgrenze liegt, so ist der Vermieter nicht verpflichtet, die Miete wiederum zu senken und den über der (neuen) Wesentlichkeitsgrenze liegenden Teil der Miete zurückzuzahlen. AG Hamburg DWW 2003, 302.

Zum Nachweis der Mietpreisüberhöhung kann sich der Mieter auf einen ordnungsmäßig erstellten Mietspiegel berufen. Die Vermutungswirkung eines qualifizierten Mietspiegels nach § 558d Abs. 3 BGB kommt in diesem Zusammenhang nicht zum Tragen, sondern ist auf das Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB beschränkt. Unberührt bleibt der gegenüber einem einfachen Mietspiegel erhöhte Beweiswert eines qualifizierten Mietspiegels. Weist der Mietspiegel – wie in der Regel – Spannen aus, so hat der Mieter Umstände vorzutragen, die die Bewertung innerhalb der Spanne ermöglichen. Es ist also nicht automatisch der Oberwert der Spanne zugrunde zu legen,

38

LG Hamburg WuM 1998, 490.

Anders soll es sich dann verhalten, wenn der Mieter zu den Bewertungsmerkmalen nichts vorträgt, LG Berlin GE 1999, 1055.

cc) Laufende Aufwendungen des Vermieters Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 WiStG sind Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind, nicht unangemessen hoch, wenn sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner Leistung stehen. Ein solches Missverhältnis wird für die Wohnraummiete dann angenommen, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Miete um mehr als 50% übersteigt. Ist dies der Fall und kann der Vermieter nachweisen, dass diese Miethöhe zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist, so bleibt die Mietvereinbarung bis zur Höhe von 150% der ortsüblichen Miete wirksam, OLG Hamburg – RE v. 5.8.1992 – NJW-RR 1992, 1366 = WuM 1992, 527, OLG Frankfurt – Beschl. v. 1.6.1994 – NJW-RR 1994, 1233 = WuM 1994, 436 = ZMR 1994, 519.

253

39

Rn. III 40

Miete und Mietsicherung

Damit ist die frühere Rechtslage, wie sie vor der Gesetzesänderung durch das 4. MietRÄndG1 geschaffen worden war, wieder hergestellt worden. Die Neuregelung wirkt aber nicht für Altfälle, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen waren, zurück. Der Erwerber kann also die durch den Kauf entstandenen Grundstücksbelastungen dem Mieter entgegenhalten, wenn er das Grundstück erst nach dem 1.9.2001 erworben hat. Zur früheren Rechtslage s. LG Frankfurt WuM 1998, 492, LG Hamburg WuM 1999, 525, LG Heidelberg WuM 1999, 525, AG Hamburg WuM 1998, 494.

40

Für die Ermittlung der laufenden Aufwendungen sind nach wie vor die §§ 18 ff. II. BV entsprechend heranzuziehen. Soweit darüber hinaus die Auffassung vertreten wird, dass auch die Vorschriften über den öffentlich geförderten Wohnraum (s. §§ 8, 8a WoBindG) einzubeziehen seien,2 KG – RE v. 22.1.1998 – NZM 1998, 225 = WuM 1998, 208 = ZMR 1998, 279, 281 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, LG Berlin ZMR 1995, 77, ZMR 1996 S. III Nr. 16,

findet dies im Gesetz selbst keine Stütze. Vielmehr sind die Regelungen anzuwenden, die für preisfreien, steuerbegünstigten Wohnraum galten, sofern für diesen eine Kostenmietberechnung durchzuführen war (s. § 87a II. WoBauG a.F., ferner – beispielsweise – § 20 Abs. 2 Satz 1 II. BV). Das rechtfertigt sich daraus, dass die nachteiligen Abweichungen bei den Ansätzen für mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen gleichsam die Gegenleistung des Bauherrn für die Inanspruchnahme öffentlicher Förderung sind. Dafür ist bei nicht geförderten Wohnungen kein Raum. Das wirkt sich unmittelbar beim Ansatz von Eigenkapitalzinsen aus (s. Rn. III 43). Anzusetzen sind danach Eigen- und Fremdkapitalkosten, Betriebskosten, Instandhaltungs- und Verwaltungskosten, Abschreibung und Mietausfallwagnis, OLG Stuttgart – RE v. 30.9.1988 – NJW-RR 1989, 11 = WM 1988, 395 = ZMR 1988, 463.

41

Maßgebend sind nach noch h.M. die Ansätze der II. BV für Verwaltungskosten; Bewirtschaftungskosten dürfen nur im Rahmen einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung angesetzt werden (§ 24 Abs. 2 II. BV), LG Berlin WuM 1994, 345, LG Mannheim WuM 2000, 185, LG Berlin GE 1994, 345, LG Berlin ZMR 1996 S. III Nr. 16 für Verwaltungskosten, LG Mannheim DWW 1997, 152 für Mietausfallwagnis (trotz Kautionsleistung), LG Stuttgart DWW 1997, 271: Abschreibung nur bezüglich der Baukosten.

Das ist problematisch, weil es sich bei diesen Vorschriften um auslaufendes Preisrecht handelt (s. § 50 Abs. 1 WoFG), das nur noch für den bis zum 31.12.2001 geförderten Wohnungsbestand gilt. 1 Gesetz v. 21.7.1993, BGBl. I 1257. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 432; zu § 5 WiStG: Fischer-Dieskau/Mersson Anm. 3.7.2; Herrlein/Kandelhard Rn. 14; Schmidt-Futterer/Blank WiStG § 5 Rn. 38.

254

Grenzen der Miethöhe

Rn. III 45

Handelt es sich um ein gemischt genutztes Grundstück, so sind ohne besondere Anhaltspunkte die laufenden Aufwendungen des Vermieters für die Eigenkapitalverzinsung nach einem einheitlichen Flächenmaßstab zu berechnen, LG Mannheim WM 1996, 161.

Auch ein Modernisierungsaufwand ist zugunsten des Vermieters zu berücksichtigen,

42

KG – RE v. 22.1.1998 – NZM 1998, 225 = WuM 1998, 208 = ZMR 1998, 279: Laufende Aufwendungen des Vermieters i.S. von § 5 WiStG sind auch solche, die sich auf die Kosten einer vor dem 31.8.1983 abgeschlossenen Modernisierung beziehen; ebenso LG Stuttgart DWW 1997, 271; anders noch KG – Beschl. v. 28.10.1991 – WuM 1992, 140, 141, GE 1994, 991, LG Berlin MM 1995, 355.

Die (fiktiven) Eigenkapitalkosten sind im Falle der Herstellung des Wohnraums durch den Vermieter nach den Herstellungskosten und im Falle des entgeltlichen Erwerbs nach den Erwerbskosten zu berechnen. Der Ansatz nach den Herstellungskosten ist auch dann maßgebend, wenn der Vermieter das Grundstück oder die Wohnung geerbt hat. Eine Gleichbehandlung beider Fälle ist nicht geboten,

43

BGH – RE v. 5.4.1995 – DWW 1995, 280 = WuM 1995, 428 = ZMR 1995, 344 im Anschluss an OLG Hamburg WM 1994, 456 = ZMR 1994, 470; a.A. OLG Stuttgart – RE v. 8.11.1989 – NJW-RR 1990, 150 = WuM 1990, 11.

Nicht abschließend geklärt ist, ob für den Ansatz der Eigenkapitalkosten die Beschränkungen zu beachten sind, die für Sozialwohnungen nach § 20 Abs. 2 Satz 2 II. BV gelten (s. Rn. III 40). Die Frage ist aus den oben genannten Gründen zu verneinen. Vielmehr sind die Eigenkapitalkosten gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 II. BV mit der marktüblichen Verzinsung für 1. Hypotheken zur Zeit der Bezugsfertigkeit zu berücksichtigen,1 so auch OLG Stuttgart – RE v. 30.9.1988 – NJW-RR 1989, 11 = WuM 1988, 395 = ZMR 1988, 463.

Bei einer Vermietung im Bauherrenmodell sollen auch die Mietbeträge, die der Zwischenmieter an den Eigentümer zahlt, zu den laufenden Aufwendungen zählen, jedoch nur bis zur Höhe der eigenen laufenden Aufwendungen des Eigentümers. Damit ist bezweckt, dass sich die Vermietung im Bauherrenmodell nicht besonders mietpreissteigernd auswirken soll,

44

OLG Stuttgart – RE v. 18.1.1990 – WM 1990, 102 = ZMR 1990, 140.

Steuervorteile muss sich der Vermieter bei der Berechnung der laufenden Aufwendungen nicht anrechnen lassen. Auch wenn hierdurch seine Belastung wirtschaftlich gemindert wird, handelt es sich nicht um Aufwendungen i.S. von § 5 Abs. 2 Satz 2 WiStG, LG Mannheim WuM 1996, 161, LG Ravensburg, WuM 1997, 121, abweichend LG Frankfurt a.M. WuM 1995, 443. 1 Anders zu § 5 WiStG: Lammel Rn. 44; Schmidt-Futterer/Blank WiStG § 5 Rn. 43.

255

45

Rn. III 46

Miete und Mietsicherung

Beruft sich der Vermieter auf die Zulässigkeit einer überhöhten Miete, so wird er regelmäßig die Berechtigung durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung nachweisen müssen (LG Köln WuM 1988, 26).1 Indes ist eine Wirtschaftlichkeitsberechnung entbehrlich, wenn allein die Kapitalkostenbelastung ergibt, dass die vereinbarte Miete nicht kostendeckend ist. dd) Ausnutzen eines geringen Angebots an Wohnraum 46

Kausales Bindeglied zwischen der Diskrepanz von ortsüblicher Miete einerseits und der Vereinbarung einer wesentlich überhöhten Miete andererseits ist die Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum durch den Vermieter. Die Vorschrift des § 5 WiStG bezweckt, weniger den einzelnen Mieter als vielmehr die Wohnungsmarktordnung im Interesse der Allgemeinheit vor sog. Ausreißern auf dem Mietpreissektor zu schützen. Es handelt sich danach um eine typische Preisrechtsvorschrift, die den zulässigen Rahmen allerdings weit zieht („unangemessen hohe Entgelte“). In ihrer zivilrechtlichen Funktion soll sie sich jedoch nach neuerer Auffassung auf den Schutz des einzelnen Mieters beschränken, während die Verhinderung von Wettbewerbsverstößen zum Nachteil der Allgemeinheit dahinter zurücktreten soll. Hierfür werden verfassungsrechtliche Gründe – Vertragsfreiheit und Eigentumsgarantie (Art. 2, 14 GG) – ins Feld geführt, BGH – Urt. v. 28.1.2004 – NZM 2004, 381 = WuM 2004, 294 = ZMR 2004, 410.

Das führt zu einem Paradigmenwechsel, wenn nicht zu einer völligen Umgestaltung der Vorschrift: Aus einer marktbezogenen Verbotsnorm wird eine personenbezogene Verbotsnorm. Das wirkt sich maßgeblich auf das Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum aus. Dieses soll nur erfüllt sein, wenn die Mangellage auf dem Wohnungsmarkt für die Vereinbarung der Miete im Einzelfall ursächlich war. Dazu hat der Mieter darzulegen und ggf. zu beweisen, welche Bemühungen bei der Wohnungssuche er bisher unternommen hat, weshalb diese erfolglos geblieben sind und dass er mangels einer Ausweichmöglichkeit nunmehr auf den Abschluss des für ihn ungünstigen Mietvertrages angewiesen war, BGH a.a.O.

47

Die Ausrichtung der Norm auf das Interesse des einzelnen Mieters bringt es mit sich, dass die von einem Teil der Rspr. entwickelten Kriterien für das hier in Rede stehende Tatbestandsmerkmal nicht mehr allein maßgeblich sind. Bislang erfolgte die Prüfung lediglich einstufig, wobei wesentlich auf objektive Merkmale des Marktes abzustellen war, LG Hamburg WuM 2000, 94; NZM 2000, 102 = MDR 2000, 1006; NZM 2000, 820 = WuM 2000, 424.

Eine solche Prüfung ist zwar auf der Grundlage der neuen Rspr. des BGH nicht entbehrlich, aber nicht ausreichend. 48

In objektiver Hinsicht kommt es – entgegen der Diktion in der Rspr. des BGH – nicht auf eine Mangellage an. Es genügt ein geringes Angebot. Dieses liegt 1 Einschränkend Schmidt-Futterer/Blank WiStG § 5 Rn. 93.

256

Grenzen der Miethöhe

Rn. III 49

schon dann vor, wenn das Angebot die Nachfrage nicht spürbar übersteigt. Eine Wohnraumunterversorgung ist nicht erforderlich, LG Berlin WuM 1998, 357, LG Bochum NZM 1999, 1001 = WuM 1999, 468, LG Mannheim NZM 2000, 86 = WuM 1999, 467.

Von einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt kann nur gesprochen werden, wenn eine gewisse Leerraumreserve vorhanden ist, aus der heraus ein Angebot erfolgen kann und die somit den Markt speist. Sie ergibt sich aus (vorübergehenden) Leerständen etwa infolge von Mieterwechseln oder Wohnungssanierungen bzw. -renovierungen und wurde bislang mit einem Wert um 3% Angebotsüberhang gegenüber der Nachfrage angenommen,1 LG Hamburg WuM 1989, 533, 523, WuM 1994, 626.

Entgegen dieser allgemeinen Erkenntnis ist der Akzent auf das Wort „gering“ gelegt und hieraus gefolgert worden, ein geringes Angebot sei bereits dann zu verneinen, wenn Angebot und Nachfrage ausgeglichen sind oder das Angebot die Nachfrage, sei es auch nur geringfügig, übersteigt, BGH – Urt. v. 13.4.2005 – NZM 2005, 534 = WuM 2005, 471 = ZMR 2005, 530.

Bezeichnender Weise spricht der BGH von einer „Mangellage“ bzw. „Mangelsituation“ und assoziiert damit ein Begriffsmerkmal der Wohnungsversorgung, während der Begriff des „geringen Angebots“, den das Gesetz verwendet, marktorientiert ist. Abzustellen ist auf qualitative Teilmärkte innerhalb einer Gemeinde, die nach Wohnwertmerkmalen verglichen werden können, BGH – Urt. v. 13.4.2005 – NZM 2005, 534 = WuM 2005, 471 = ZMR 2005, 535; BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 291 = WuM 2006, 161 = ZMR 2006, 355 = MietRB 2006, 159 (Junker): Der maßgebende Teilmarkt bestimmt sich nach den in § 5 Abs. 2 Satz 2 WiStG aufgeführten Merkmalen, die sich teilweise unmittelbar auf die Wohnung („Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit“), teilweise auf das Umfeld („Lage“) beziehen und in ihrer Gesamtheit für die vorhandene oder fehlende Vergleichbarkeit ausschlaggebend sind; OLG Hamm – Beschl. v. 2.3.1995 – WM 1995, 323: Teilmarkt für Kleinwohnungen, LG Berlin GE 1999, 252: Teilmarkt für Alt- und Neubauwohnungen, LG Berlin GE 1999, 715: Teilmarkt für ausgebaute Dachgeschosswohnungen, LG Hamburg WM 1989, 523, WM 1994, 696, NZM 2000, 1002; anders LG Frankfurt WM 1996, 286, WuM 1999, 406, LG Hamburg HmbGE 1999, 157, WuM 1999, 338, anders auch für sog. Sondermärkte, wenn sich die Wohnungssuche des Mieters auf diese beschränkt: LG Frankfurt a.M. WM 1998, 169, WuM 1999, 406, dagegen überzeugend LG Hamburg NZM 2000, 1002.

1 Hierbei lässt sich an die verwaltungsgerichtliche Rspr. zur ausreichenden Wohnungsversorgung nach Art. 6 § 1 MietRVerbG anknüpfen, s. OVG Münster – Urt. v. 22.11.1985 – DWW 1986, 47, 49; s. auch BVerwG – Urt. v. 11.3.1983 – WuM 1983, 139, 140: Eine Unterversorgung an Wohnraum ist schon dann gegeben, wenn der Wohnungsmarkt in seinem vollen Umfang einen Ausgleich (von Angebot und Nachfrage) erreicht hat oder sogar schon ein leichtes Übergewicht des Angebots zu haben scheint.

257

49

Rn. III 50 50

Miete und Mietsicherung

Hinsichtlich des Lagemerkmals stellt der BGH auf das gesamte Stadtgebiet ab und folgert dies aus den Grenzen des sozialstaatlichen Schutzes, den § 5 WiStG dem Wohnungsmieter bietet, BGH – Urt. v. 13.4.2005 – NZM 2005, 534 = WuM 2005, 471 = ZMR 2005, 530: Vergleichbarkeit der Lage bedeutet nicht Identität des Stadtteils. Sie kann ebenso in einer anderen Wohngegend gegeben sein, die nach ihrer Lage und Struktur dem Stadtteil ähnlich – also vergleichbar – ist, in welchem sich die gemietete Wohnung befindet. Das bedeutet nicht, dass sich der Mieter etwa auf ein Gebiet minderer Wohnqualität verweisen lassen müsste.

Auch insoweit wird der Begriff des Marktes nicht zutreffend gewertet und ein wesentliches Marktsegment nivelliert. Dies wirkt sich etwa bei sog. Adressenlagen aus, die ihren Marktwert aus der Lage beziehen, LG Hamburg NZM 2000, 1002 (ZK 16) gegen LG Frankfurt a.M. WuM 1998, 406 und LG Hamburg MDR 1999, 1258 (ZK 7).

Soweit dies in Zweifel gezogen wird, wird der Begriff des Marktes verkannt.1 Ob man derartige Märkte im Wege der teleologischen Reduktion aus dem Anwendungsbereich des § 5 WiStG herausnehmen sollte (so AG Hamburg ZMR 2003, 849),2 ist eine andere Frage. Sie ist wegen der zwangsläufigen Abgrenzungsschwierigkeiten und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit zu verneinen (so auch LG Hamburg [ZK 16] NZM 2000, 1002). Zudem bleiben die Auswirkungen der sozialräumlichen Gliederung auf die Mietzinsbildung gänzlich außer Betracht.3 51

Auch personelle Teilmärkte – d.h. ein besonders knappes Angebot an Wohnungen für Studenten, Ausländer, Wohngemeinschaften – sind zu beachten, mithin für alle Mietergruppen, für die infolge mangelnder Vertragsbereitschaft der Vermieter der Marktzugang verengt ist, OLG Hamm – RE v. 13.3.1986 – NJW-RR 1986, 812, LG Essen WM 1987, 268.

52

Der Begriff des Ausnutzens des geringen Angebots ist umstritten. Der entscheidende Meinungsgegensatz besteht darin, dass nach früher überwiegendem Verständnis das Ausnutzen daraus gefolgert wurde, dass objektiv ein solches Angebot auf dem für den Mieter konkret nachgefragten Teilmarkt festgestellt und eine überhöhte Miete vereinbart worden ist. Die Verknüpfung beider Umstände erfolgte dann mit der Aussage, der Vermieter habe die überhöhte Miete nur als Folge des bestehenden geringen Angebots erzielen können, OLG Hamburg – RE v. 3.3.1999 – NZM 1999, 363 = WuM 1999, 209 = ZMR 1999, 329: Erforderlich ist ein Kausalzusammenhang („infolge“) zwischen einem geringen Angebot und einem die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20% übersteigenden Entgelt. Verbindendes handlungsbezogenes Zwischenglied ist die Ausnutzung des ge-

1 So zutreffend Langenberg, Zur Anwendung des § 5 WiStG auf Sonderobjekte, in Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, 2003, S. 489, 491 f. = ZMR 2005, 97. 2 S. auch Langenberg a.a.O. S. 493 3 S. dazu Langenberg, Zur neuen Rspr. des BGH zu § 5 WiStG, in FS Blank, 2006, S. 291 f., 298, 299.

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Grenzen der Miethöhe

Rn. III 53

ringen Angebots in den Handlungsformen des Forderns, Sich-Versprechenlassens oder Annehmens (des überhöhten Entgelts). Da allerdings die subjektiven Elemente des Verbotstatbestandes für die zivilrechtlichen Folgen eines Verstoßes nicht vorliegen müssen (BGHZ 37, 363, 366), reicht es für die Kausalität zwischen geringem Angebot und maßgeblichem Verhalten des Vermieters, soweit sie psychisch vermittelt wird, aus, dass sie nach den äußeren Umständen möglich ist, dass mithin zur Zeit des maßgeblichen Verhaltens ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen besteht. KG – RE v. 1.2.2001 – NZM 2001, 283 = WuM 2001, 184: Die zivilrechtliche Sanktion knüpft an die objektive Tatbestandsverwirklichung des Verbotsgesetzes an, für die es ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass ein geringes Wohnraumangebot vorliegt und hierauf der Abschluss eines Mietvertrages zu einem überhöhten Mietzins zurückzuführen ist. Dieser Zusammenhang wird vermutet, wenn zur Zeit des maßgeblichen Verhaltens ein geringes Wohnraumangebot besteht (vgl. OLG Hamburg – RE v. 3.3.1999 – NJW-RR 1999, 1610 = WuM 1999, 209).

Demgegenüber fordert der BGH und mit ihm ein Teil der Rspr., dass das Ausnutzen konkret anhand der individuellen Verhältnisse des jeweiligen Mieters festgestellt werden müsse. Zum Ausnutzen gehörten immer zwei: Wer die geforderte Miete ohne weiteres oder aus persönlichen Gründen zu zahlen bereit sei, wer mithin eine objektiv bestehende Ausweichmöglichkeit nicht wahrnehme, werde nicht ausgenutzt, BGH – Urt. v. 28.1.2004 – DWW 2004, 1530 WuM 2004, 294 = ZMR 2004, 410 = NZM 2004, 381.

Ausnutzen bedeutet danach das bewusste Zunutzemachen einer für den anderen Teil ungünstigen Lage, BGH – Urt. v. 13.4.2005 – NZM 2005, 534 = WuM 2005, 471 = ZMR 2005, 530, s. auch BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 291 = WuM 2006, 161 = ZMR 2006, 355 = MietRB 2006, 159 (Junker); OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.11.2006 – WuM 2007, 14: Ausnutzen i.S. des § 5 WiStG bedeutet nach seinem Wortlaut das bewusste Zunutzemachen einer für den anderen Teil ungünstigen Lage; dazu gehört zumindest, dass der Vermieter erkennt oder in Kauf nimmt, dass der Mieter sich in einer Zwangslage befindet, weil er aus nachvollziehbaren gewichtigen Gründen nicht auf eine preiswertere Wohnung ausweichen kann; ebenso schon OLG Braunschweig – Beschl. v. 21.10.1999 – ZMR 2000, 18: Würden ein geringes Angebot an vergleichbaren Wohnräumen und die Forderung einer objektiv überhöhten Miete für sich allein schon ausreichen, um den § 5 WiStG anzuwenden, so wäre das Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens überflüssig. Es ist aber als besondere Voraussetzung der Ursächlichkeit des geringen Angebots für die überhöhte Miete in den Tatbestand aufgenommen worden. Ausnutzen bedeutet das bewusste Zunutzemachen der gegebenen Lage. Das Merkmal des Ausnutzens fehlt, wenn der Mieter nicht deswegen die überhöhte Miete zu zahlen bereit ist, weil er auf Grund der Marktlage sonst keinen angemessenen Wohnraum finden könnte, sondern deswegen, weil es ihm darauf ankommt, gerade diese Wohnung oder eine Wohnung dieser Art oder Lage anzumieten; deswegen wird verlangt, dass der Mieter seine ergebnislosen Bemühungen um eine andere Wohnung darlegt.1 1 Der Bruch der Argumentation, die sich auch der BGH zu eigen gemacht hat, liegt in der Wendung, dass das Merkmal des Ausnutzens fehle, wenn der Mieter es darauf abstelle, gerade die konkrete Wohnung anzumieten. Nicht der individuelle Mieter, sondern die konkrete Marktsituation wird zum Nachteil des Mieters in seiner Eigen-

259

53

Rn. III 54

Miete und Mietsicherung

So soll es am Ausnutzen eines geringen Angebots fehlen, wenn der Mieter seine Suche nach Wohnraum auf einen bestimmten Stadtteil beschränkt, um näher bei seinen Kindern zu wohnen und bessere Verkehrsverbindungen zur Arbeitsstelle zu haben, LG Hamburg ZMR 2005, 458.

Darin spiegelt sich die verteilungspolitische Tendenz der neueren Rspr. wider. 54

Der Meinungsstreit wirkt sich nachhaltig auf die Darlegungslast des Mieters zum Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens aus. Soweit sich ein Teil der Rspr. darauf beschränkte, dass der Mieter neben der wesentlichen Überschreitung der ortsüblichen Miete ein geringes Angebot an Wohnraum darzulegen hatte, sollten hieran keine überspannten Anforderungen gestellt werden, LG Mönchengladbach WuM 1997, 274, AG Hamburg WuM 2005, 761: wenn der Mieter mehr als 6 Monate nach einer Wohnung gesucht hat und objektiv ein geringes Angebot indiziert ist.

55

Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob die Geltung einer ZweckentfremdungsV oder einer Verordnung zu § 577a Abs. 2 BGB (bzw. des früheren SozialKlG oder einer VO zu § 564b Abs. 2 Satz 3 BGB a.F.) als Indiz für ein geringes Angebot verwertbar ist, bejahend: LG Berlin ZMR 1998, 349 (ZK 64), NZM 1998, 810 (ZK 65), LG Hamburg WM 1998, 490, LG Mannheim WM 1999, 467, LG Bochum NZM 1999, 1001 = WM 1999, 468; verneinend: BGH – Urt. v. 25.1.2006 – WuM 2006, 161: Für eine Wohnung mit weit überdurchschnittlicher Qualität stellt deshalb der Umstand, dass sie in einem Ballungsgebiet liegt und für die betreffende Gemeinde ein Zweckentfremdungsverbot besteht, kein hinreichend aussagekräftiges Anzeichen für das Vorliegen einer Mangelsituation dar; LG Berlin NZM 1998, 809 = WM 1999, 357 (ZK 62).

Es kann sich dabei allenfalls um schwache Indizien handeln, die sich sozusagen auf die Bestimmung der „Großwetterlage“ beziehen, jedoch für eine Teilmarktbewertung nicht – auch nicht additiv – ausreichen.1 56

Nach neuerer Auffassung ist für das Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens entscheidend auf die Situation des konkreten Mieters abzustellen, nämlich ob in seinem konkreten Fall der Vermieter die Lage auf dem Wohnungsmarkt zur Vereinbarung einer unangemessen hohe Miete ausgenutzt hat. Diese Umstände ließen sich nicht in einen typischen Geschehensablauf einfangen und deren Darlegung überfordere ihn nicht. Danach ist vom Mieter nicht nur darzulegen, dass objektiv ein geringes Angebot an Wohnraum besteht, sondern auch, – welche Bemühungen er bei der Wohnungssuche bisher unternommen hat, – weshalb diese erfolglos geblieben sind, schaft als Teil der Allgemeinheit ausgenutzt. Die Reaktion des Mieters auf das Verhalten des Vermieters ist bloße Sekundärfolge. 1 S. auch Mersson DWW 2002, 220, 227; Riecke ZMR 2005, 532 zu weiteren Indizien für und gegen das Vorliegen eines geringen Angebots.

260

Grenzen der Miethöhe

Rn. III 57

– dass er mangels einer Ausweichmöglichkeit nunmehr auf den Abschluss des für ihn ungünstigen Mietvertrages angewiesen war, BGH – Urt. v. 28.1.2004 – NJW 2004, 1740 = NZM 2004, 381 = WuM 2004, 294 = ZMR 2004, 410, Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 291 = WuM 2006, 161 = ZMR 2006, 355 = MietRB 2006, 159 (Junker).

Diese Anforderungen sind von einem Teil der Rspr. schon bisher gestellt worden, LG Hildesheim WuM 1999, 470: Der Mieter muss in der Regel darlegen, welche Anstrengungen er unternommen hat, um eine Wohnung zu finden, und weshalb es ihm nicht möglich war, auf ein anderes Mietobjekt auszuweichen, ebenso LG München I WM 1998, 361. LG Köln NZM 1999, 168: Der Mieter muss darlegen, wie lange er sich einen Überblick über das Wohnungsangebot verschafft hat. Mietet er ohne Kenntnis des Marktangebots eine Wohnung an, so soll er nicht schutzwürdig sein. LG Frankfurt a.M. NZM 1998, 73 = WuM 1998, 167: Der Mieter muss darlegen, warum er aus seiner bisherigen Wohnung ausgezogen ist, wie viel Zeit er für die Wohnungssuche hatte, was er unternommen hat, um eine Wohnung ausfindig zu machen, ob er bestimmte Vorstellungen über Ausstattung und Lage hatte oder auf die Wohnung angewiesen war, ob der Vermieter die Vertragsbedingungen diktiert hat. LG Köln NZM 2003, 393: Macht der Mieter eine Mietpreisüberhöhung geltend, so ist unabdingbar darzulegen, wie und wie lange sích der Mieter einen Überblick über das vorhandene Wohnungsangebot verschafft hat, welche Art von Wohnung er in welchem Bereich gesucht hat, warum er aus der bisherigen Wohnung ausgezogen ist, welche Zeit er für die Wohnungssuche zur Verfügung hatte, welche konkreten Versuche er unternommen hat, welche Vorstellungen er über Lage und Ausstattung der Wohnung er hatte, welche und wie viele Angebote vorlagen, ferner wie letztlich die Vertragsverhandlungen verlaufen sind.

Nach bisheriger Meinung reichte es aus, dass ein geringes Angebot zur Zeit des Vertragsabschlusses vorgelegen hat und ausgenutzt worden ist; es handelt sich also nicht um ein Dauer-Tatbestandsmerkmal,1 OLG Hamburg – RE v. 3.3.1999 – NZM 1999, 363 = WM 1999, 209, OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 15.8.2000 – GE 2000, 1181, LG Hamburg ZMR 1998, 499, WM 1999, 338, LG Berlin WM 1999, 471 (ZK 61), NZM 1999, 959.

Das ist damit gerechtfertigt worden, dass der Tatbestand des § 5 Abs. 1 WiStG auf das Initiativverhalten, nicht aber auf das Folgeverhalten des Vermieters abstellt. An einem Ausnutzen des geringen Angebotes soll es dann fehlen, wenn sich Vermieter und Mieter in einem ungekündigten Mietverhältnis auf eine Neufestsetzung der Miete für die von dem Mieter bereits bezogene Wohnung einigen; denn in diesem Fall wird ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem etwa bestehenden geringen Angebot an Wohnraum und der Mieterhöhungsvereinbarung verneint, LG Berlin GE 1999, 1133. 1 Anders Beiler ZMR 1998, 481; Mersson DWW 2002, 220, 227.

261

57

Rn. III 58

Miete und Mietsicherung

Dagegen bestehen Bedenken, weil es auf die Wohnsituation des betroffenen Mieters – d.h. seine Versorgung mit Wohnraum – nicht ankommt, denn maßgebend ist, wie sich das Verhalten des Vermieters auf den Markt auszuwirken vermag,1 LG Berlin GE 2001, 554, 555.

58

Gegen die zivilrechtliche Umformung des § 5 WiStG in einen personen- bzw. mieterbezogenen Verbotstatbestand bestehen Bedenken.2 Zunächst ist der Annahme zu widersprechen, die marktbezogene Interpretation der Vorschrift sei unzulässig normausdehnend;3 sie entspricht vielmehr dem Gesetzeszweck, den Vermieter, der die zulässige Grenze der Mietpreisbildung überschreitet, zu einem marktkonformen Verhalten zu zwingen. Die vorrangige Berücksichtigung des Gemeinwohls mit gleichzeitiger Schutzwirkung zugunsten des Einzelnen ist allen Preisrechtsvorschriften auch unter der zivilrechtlichen Wertung des § 134 BGB gemeinsam. Es tritt eine Teilnichtigkeit entgegen § 139 Abs. 1 BGB ein, verknüpft mit Abwicklungsfolgen, die sich regelmäßig an den §§ 812 f. BGB ausrichten. Bislang bestand bei einem Verstoß gegen mietrechtliche Preisvorschriften kein Anlass zu hinterfragen, ob die von der Preisüberhöhung betroffene Person besonders schutzbedürftig war; dafür besteht auch im Rahmen des § 5 WiStG kein Anlass. Korrekturen mögen allerdings im Einzelfall über Treu und Glauben im Rahmen der Abwicklungsfolgen angebracht sein. Auch aus Art. 2, 14 GG lässt sich eine Eingrenzung der Vorschrift auf das Schutzbedürfnis des betroffenen Mieters nicht ableiten.4 Wer objektiv angesichts eines festgestellten geringen Angebots an Wohnraum im Rahmen eines konkreten Teilmarkts für eine Wohnung innerhalb dieses Teilmarkts eine wesentlich überhöhte Miete fordert, überschreitet zunächst einmal prima facie die Preisrechtsgrenze und vermag sich deswegen nicht auf einen Grundrechtsschutz zu berufen, sofern ihm keine Rechtfertigungsgründe zur Seite stehen. Jede andere Betrachtungsweise führt zu einer Werteumkehrung.

59

Eine Wortinterpretation rechtfertigt ebenso wenig das restriktive Auslegungsergebnis des BGH. Es sollte keiner ernsthaften Diskussion darüber bedürfen, dass das „Ausnutzen“ in § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG sich auf die Marktsituation und nicht etwa auf den Mieter bezieht. Zu suggerieren, dass zum Ausnutzen auch der Ausgenutzte gehöre (und dies der Mieter sei), ist daher vom Wortlaut und vom Zweck der Vorschrift her verfehlt. Dass in § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG nicht eine einzelne Person, sondern die Marktlage gemeint ist, die sich der Vermieter zunutze macht, zeigen die in § 5 Abs. 1 WiStG inkriminierten Verhaltensweisen. 1 S. auch Schmidt-Futterer/Blank WiStG § 5 Rn. 68. 2 S. dazu Langenberg, Zur neuen Rspr. des BGH zu § 5 WiStG, in FS Blank, 2006, S. 291 f. 3 So aber BGH – Urt. v. 28.1.2004 – WuM 2004, 295 Sp. 2 oben. 4 Der BGH – Urt. v. 28.1.2004 – WuM 2004, 295 Sp. 1 a.E., Sp. 2 bleibt eine Argumentation schuldig.

262

Grenzen der Miethöhe

Rn. III 60

Die Einengung der Vorschrift auf die Schutzbedürftigkeit eines konkreten Mieters schränkt den Präventivschutz der Vorschrift zum Nachteil des für schutzbedürftig angesehenen Personenkreises ein. Die Vorschrift wird damit ihres Preisrechtscharakters – Sozialwucher – weitgehend entkleidet und in die Nähe einer individuellen Schutzvorschrift, nämlich des Individualwuchers, gerückt. Hinzukommt eine unzulässige Funktionsverschiebung der Vorschrift, indem aus einer Vorschrift zum Schutz des Markts eine Vorschrift der Wohnraumbewirtschaftung wird, die über den normalen Verteilungsmechanismus von Angebot und Nachfrage hinausgreift.1 Es wird nicht verkannt, dass die neuere Interpretation des § 5 WiStG zur Ausnutzung eines geringen Angebots rechtlich möglich ist, so dass sie allein schon deshalb einer verfassungsrechtlichen Kontrolle (etwa wegen Verletzung des Sozialstaatsprinzips) standhalten würde. ee) Rechtsfolgen der Mietpreisüberhöhung Ein Verstoß gegen § 5 WiStG, § 134 BGB führt – anders als bei einem Verstoß gegen § 138 BGB – nur zur Nichtigkeit der Mietzinsvereinbarung, soweit diese das Maß des Zulässigen überschreitet; im Übrigen bleibt der Mietvertrag wirksam, OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 7.8.2000 – WuM 2000, 537.

Soweit die Mietvereinbarung nichtig ist, der Mieter aber Zahlungen geleistet hat, steht ihm ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Vermieter zu, und zwar gegenüber demjenigen, der die Zahlungen erhalten hat, nicht gegenüber demjenigen, der später in das Mietverhältnis eingetreten ist. Der Rückzahlungsanspruch unterliegt dem Aufrechnungsprivileg in § 556b Abs. 2 BGB. Es genügt, dass die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen; auf die innere Tatseite – ein Verschulden des Vermieters – kommt es hier nicht an, OLG Hamburg – RE v. 3.3.1999 – NZM 1999, 363 = WuM 1999, 468, LG Berlin MM 1997, 189, LG Darmstadt WuM 1997, 442, 443, LG Bochum NZM 1999, 1001, LG Hamburg WuM 1998, 411 = NZM 2000, 1032, 1 Um diesen Punkt nicht zu sehr auszuweiten, soll das Gemeinte durch ein Beispiel erklärt werden: Weist ein Stadtteil wegen seiner begehrten Wohnqualität ein höheres Mietenniveau auf als andere Stadtteile, so entspricht es dem Marktmechanismus, dass derjenige, der sich diese dort übliche Miete nicht leisten kann, entweder in einen preisgünstigeren Stadtteil bzw. Teilmarkt ausweicht oder in anderen Lebensbereichen „den Gürtel enger schnallt“. Das gilt auch, wenn die Mieten sich in dem bevorzugten Stadtteil infolge eines verstärkten Zuzugs weiter in die Höhe schrauben. Ein Vermieter, der „auf dieser Welle schwimmt“, verhält sich immer noch marktkonform. Anders liegt es, wenn er aus der Konkurrenz der Vermieter „ausreißt“, indem er mit seinen Mietforderungen die Wesentlichkeitsgrenze überschreitet, weil er sich dann nicht mehr marktkonform verhält. Ob sich sein Vertragspartner die hohe Miete leisten könnte oder nicht oder ob er Alternativmöglichkeiten hatte, liegt neben der Sache. Diese Umstände mögen im Abwicklungsstadium (Treuwidrigkeit, Bereichungsansprüche geltend zu machen) unter Umständen bedeutsam werden, haben jedoch auf den Verstoß gegen die Marktkonformität und die damit verfolgten Ziele keinen Einfluss.

263

60

Rn. III 61

Miete und Mietsicherung

offen gelassen von BGH – Urt. v. 28.1.2004 – WuM 2004, 294 = ZMR 2004, 410 = NZM 2004, 381.

61

Dem Rückforderungsanspruch des Mieters kann der Vermieter nicht § 817 Satz 2 BGB entgegenhalten; denn diese Norm ist bei einem Verstoß gegen Preisvorschriften nicht gegen denjenigen anzuwenden, den die Preisvorschriften schützen wollen, LG Berlin WuM 1993, 185, GE 1994, 1123.

Demgegenüber wird die Anwendbarkeit des § 814 BGB – entgegen dem Schutzzweck preisrechtlicher Vorschriften – bejaht, wenn und sobald dem Mieter die Mietpreisüberhöhung bekannt geworden ist,1 LG Frankfurt a.M. WuM 1999, 406,

und er nicht eindeutig unter Vorbehalt zahlt, LG Frankfurt a.M. WuM 1998, 492.

Die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs soll rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Mieter ein befristetes Mietverhältnis rechtzeitig verlängert, anstatt sich bei Vertragsende eine billigere Wohnung zu suchen, LG Frankfurt a.M. MDR 1998, 397 = WuM 1998, 169.

Damit wird der auf das Gemeinwohl und nicht auf das Individualinteresse ausgerichtete Gesetzeszweck missachtet. 62

Der Rückforderungsanspruch verjährt bei fortbestehendem Mietverhältnis entsprechend der neuen Regelfrist in § 195 BGB nach Ablauf von 3 Jahren. Der Verjährungsbeginn richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB, hängt also insbesondere davon ab, wann der Mieter Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und von der Person des Schuldners erlangt hat oder die Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Soweit noch auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 abzustellen ist, beträgt die Verjährungsfrist nach § 197 BGB a.F. 4 Jahre, OLG Hamburg – RE v. 30.1.1989 – NJW-RR 1989, 458 = WuM 1989, 126, LG Stuttgart WuM 1990, 357.

63

Dem Rückforderungsanspruch des Mieters kann in der Regel nicht Verwirkung entgegengehalten werden, AG Hamburg WuM 1998, 495.

Demgegenüber ist Verwirkung in einem Fall bejaht worden, in dem der Mieter die überhöhte Miete über einen längeren Zeitraum, etwa mehr als 6 Jahre, gezahlt hat, dem Vermieter selbst die Überhöhung des vereinbarten Mietzinses weder bekannt noch ohne grobe Fahrlässigkeit erkennbar war und der Vermieter über den gezahlten Mietzins nicht rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hat, LG Frankfurt a.M. NZM 2000, 615 = WuM 1999, 707. 1 Schmidt-Futterer/Blank § 5 WiStG Rn. 83.

264

Grenzen der Miethöhe

Rn. III 65

Das erscheint bedenklich; denn der Vertrauenstatbestand, der sich auf die Rechtmäßigkeit der Miethöhe bezieht, ist nicht vom Mieter gesetzt worden; das hierauf bezogene Umstandsmoment zählt vielmehr zum Risikobereich des Vermieters. Unterliegt die Wohnung einer zeitlich begrenzten Mietpreisbindung, so können die Parteien vereinbaren, dass nach Wegfall der Preisbindung die ursprünglich vereinbarte, früher preiswidrige Miete nunmehr gelten solle; eine entsprechende Formularklausel ist zulässig (s. Rn. II 226a).

63a

Zulässig soll auch eine Vereinbarung sein, dass der Mieter zwei Teilbeträge als Miete schulde, nämlich den Betrag, den das Job-Center nach SGB II zahle, und einen weiteren Betrag, den der Mieter auf Grund einer Zusatzvereinbarung zu zahlen habe. Ansprüche aus der Zusatzvereinbarung stünden dem Vermieter aber nicht zu, da er sich wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung des Mieters so stellen lassen müsse, als sei die Vereinbarung nicht getroffen worden. Ein etwaiger Mietrückstand berechne sich danach allein nach dem Betrag, den das Job-Center zu zahlen habe, LG Berlin GE 2007, 1053.

b) Mietüberhöhung und Wucher bei der Gewerberaummiete Bei Mietverhältnissen über Wohnraum, aber auch andere Räume als Wohnraum – insbesondere über Gewerberäume – kann die Mietzinsvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB oder wegen Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig sein.1 Anders als bei einem Verstoß nach § 5 WiStG, der zu einer Teilnichtigkeit führt, bewirkt ein Verstoß gegen § 138 BGB die Nichtigkeit des gesamten Mietvertrages,2

64

KG – Urt. v. 19.11.2001 – GE 2002, 328: Außerhalb des § 134 BGB in Verbindung mit § 5 WiStG lässt sich eine Teilnichtigkeit nicht rechtfertigen, weil die Voraussetzungen des § 139 BGB nicht gegeben sind. Die Preisabrede ist nicht teilbar. Es ließe sich auch nicht feststellen, in welcher Höhe die Parteien den Mietzins vereinbart hätten; anders OLG Naumburg – Urt. v. 13.6.1997 – NZM 1999, 965: Ein Mietzins für Geschäftsräume, der die Marktmiete um 140% übersteigt, stellt ein derart grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dar, dass sich daraus auf die verwerfliche Gesinnung des Vermieters schließen lässt. In der Höhe des Betrages, in der der vereinbarte Mietzins die Marktmiete übersteigt, ist der Vertrag unwirksam.3

Allerdings sind § 139 BGB und die Rechtsfolgen bei Abbedingung dieser Vorschrift (dazu Rn. II 240) zu beachten. Weist der schriftliche Mietvertrag aus Gründen der Steuerhinterziehung eine niedrigere Miete aus, als die Parteien tatsächlich vereinbart haben, so ist der 1 S. Michalski ZMR 1996, 1 f. 2 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 115 nach § 535 BGB; Michalski ZMR 1996, 1, 6. 3 Ebenso Palandt/Heinrichs BGB § 138 Rn. 76; nach Fritz Rn. 106 kann der Mieter entweder die Anpassung an die ortsübliche Miete verlangen oder fristlos kündigen.

265

65

Rn. III 66

Miete und Mietsicherung

gesamte Vertrag nach §§ 134, 138 BGB nichtig, wenn sein Hauptzweck gerade die Steuerhinterziehung ist. Gemäß § 139 BGB könnte der Mietvertrag nur dann aufrechterhalten bleiben, wenn feststünde, dass er auch ohne die – nichtigen – steuerlichen Absprachen zu denselben Bedingungen, insbesondere zu derselben Miete, abgeschlossen worden wäre (BGH MDR 1968, 834). Nur dann wäre das Hauptziel des Geschäfts nicht die Steuerhinterziehung, sondern die Vermietung des Grundstücks gewesen, BGH – Urt. v. 2.7.2003 – MDR 2003, 1224 = NZM 2003, 716 = ZMR 2003, 731.

aa) Sittenwidrigkeit 66

Eine Mietzinsvereinbarung ist sittenwidrig, wenn die vereinbarte Miete überhöht ist und der Vermieter in verwerflicher Gesinnung gehandelt hat. Die bloße Überschreitung der ortsüblichen Miete um mehr als 100% reicht für sich genommen bei einem Geschäftsraummietvertrag nicht aus, um eine Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB anzunehmen, KG – Urt. v. 19.11.2001 – GE 2002, 328, s. auch BGH – Urt. v. 14.7.2004 – MDR 2005, 26 = ZMR 2005, 29: Besteht bei einem gewerblichen Miet- oder Pachtverhältnis ein auffälliges Missverhältnis zwischen der vereinbarten und der marktüblichen Miete oder Pacht, kann hieraus allein noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen werden. Vielmehr bedarf es angesichts der häufig auftretenden Bewertungsschwierigkeiten der tatrichterlichen Prüfung, ob dieses Missverhältnis für den Begünstigten subjektiv erkennbar war (Anschluss an BGH – Urt. v. 13.6.2001 – NJW 2002, 55 = ZMR 2001, 788).

Eine Mietüberhöhung liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Dies wird dann bejaht, wenn die vereinbarte Miete jedenfalls doppelt so hoch ist wie die ortsübliche Miete, BGH – Urt. v. 30.6.2004 – MDR 2004, 1408 = NZM 2004, 741 = ZMR 2004, 802, BGH – Urt. v. 23.7.2008 – GE 2008, 1319 = ZMR 2009, 19, KG – Urt. v. 22.1.2001 – NZM 2001, 587, Urt. v. 19.11.2001 – GE 2002, 328, zur ortsüblichen Miete als Bezugsgröße s. auch OLG München – Urt. v. 13.12.2002 – NZM 2003, 519.

Bleibt der Wert der Pachtsache allerdings nur deshalb erheblich hinter dem geschuldeten Wert zurück, weil die Pachtsache mit Mängeln behaftet ist, so sind diese Umstände nicht als Wucherelemente (§ 138 BGB), sondern als Mängel (§§ 581, 537, 538 BGB) zu prüfen, OLG Koblenz – Urt. v. 12.11.1998 – WM 1999, 330 = ZMR 1999, 483.

67

Erweitern Vermieter und Mieter ein gewerbliches Mietverhältnis durch Einbeziehung weiterer Räume und schließen sie einen neuen Mietvertrag, dessen Mietzins sich aus der Addition des Mietzinses des alten Vertrages mit dem Mietzins für die neue Fläche ergibt, dann ist bei einer Prüfung, ob der für den alten Vertrag vereinbarte Mietzins sittenwidrig überhöht ist, allein auf diesen abzustellen. Dies gilt auch für die Zeit nach Abschluss des neuen Vertrages, 266

Grenzen der Miethöhe

Rn. III 69

OLG Naumburg – Urt. v. 13.6.1997 – NZM 1999, 965.1 Der BGH hat die Revision nicht angenommen: BGH – Beschl. v. 19.5.1999 – NZM 1999, 964.

Schwierigkeiten bestehen häufig, das grobe Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu ermitteln, wobei die Vermieterleistung an der ortsüblichen Miete zu messen ist. Demgegenüber hat die Rspr. zum Teil auf die sog. EOPMethode2 zurückgegriffen,

68

OLG Stuttgart – Urt. v. 13.7.1992 – NJW-RR 1993, 654, OLG München – Urt. v. 25.9.1998 – ZMR 1999, 109, OLG München – Urt. v. 4.9.2000 – NZM 2000, 1059 für indirekte Vergleichswertmethode, wenn eine zuverlässige Datenbank fehlt, OLG Nürnberg – Urt. v. 4.9.2000 – NZM 2000, 1059.

Der BGH lehnt diese Methode in ständiger Rspr. ab, da sie nicht marktorientiert ist und fordert, falls eine hinreichende Datenbasis an Vergleichsobjekten fehlt, die Einschaltung eines mit der konkreten Marktsituation vertrauten Sachverständigen, der die erzielbare Miete für das Objekt ermitteln soll, BGH – Urt. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 527 = WuM 1999, 527 = ZMR 1999, 806, BGH – Urt. v. 13.6.2001 – NZM 2001, 810 = DWW 2001, 336 = ZMR 2001, 788, BGH – Urt. v. 10.7.2002 – NZM 2002, 822.

Bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete ist auch die jeweilige Geschäftsbranche bzw. der Betriebszweck mit zu berücksichtigen, soweit diese Umstände – wie regelmäßig – zum Gegenstand des Vertrages gemacht worden sind. Es genügt also nicht, auf die ortsübliche Miete für Läden und Verkaufsflächen abzustellen, wenn die Räume z.B. zum Betrieb eines Imbisses verpachtet worden sind, BGH – Urt. v. 30.6.2004 – MDR 2004, 1408 = NZM 2004, 741 = ZMR 2004, 802.

1 Zum Fall: Die Parteien hatten in 1990 einen Mietvertrag über eine Gewerbefläche von 75 qm für monatlich 5400 DM abgeschlossen. 1991 mietete der Mieter eine weitere Fläche von 80 qm hinzu. Die Parteien schlossen über die Gesamtfläche einen neuen Mietvertrag über ca. 150 qm für monatlich 7400 DM. Gegenüber der Klage auf Zahlung von Miete machte der Mieter geltend, dass die Miete für die ursprünglich angemietete Fläche sittenwidrig überhöht sei. Damit drang er durch. 2 EOP = erfolgsorientierte Pachtwertfindung. Die Methode beruht – stark vereinfachend dargestellt – auf einer betriebswirtschaftlichen Analyse des voraussichtlich erzielbaren monatlichen Umsatzes aus einem bestimmten Betrieb (z.B. 150 000 Euro). Danach wird die durchschnittliche (branchenübliche) Pachtbelastung (z.B. 8% des Umsatzes) als ertragsorientierte Pacht (z.B. 8% von 150 000 Euro = 12 000 Euro) ermittelt. Sie wird dann zur vereinbarten Pacht in Bezug gesetzt. Beträgt diese z.B. monatlich mehr als 24 000 Euro, so bestünde ein grobes Missverhältnis. Die Anwendung dieser Methode beruht auf der Erwägung, dass dann, wenn der vereinbarte Pachtzins so hoch ist, dass der Pächter nach den erkennbaren objektiven Gegebenheiten voraussichtlich nur Verluste erwirtschaften kann, der Pachtvertrag schon deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist (OLG München – Urt. v. 25.9.1998 – ZMR 1999, 109). Zur EOPMethode eingehend: Walterspiel ZMR 1996, 468, NZM 2001, 795; Seitter ZMR 1996, 587, ZMR 1999, 809; dagegen Bub ZMR 1995, 509; Usinger NZM 1998, 641.

267

69

Rn. III 70 70

Miete und Mietsicherung

Hinzukommen muss neben der Kenntnis bzw. fahrlässigen Unkenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters. Sie kann etwa darin zum Ausdruck kommen, dass der Vermieter sich bewusst ist oder sich grob fahrlässig der Kenntnis von der schwierigen Lage des Mieters verschließt oder die wirtschaftliche Unerfahrenheit und wirtschaftlich ungünstige Lage des Vertragspartners ausnutzt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.12.1998 – WuM 1998, 110.

Nach einem Teil der Rspr. gilt die Vermutung für eine verwerfliche Gesinnung dann, wenn der Wert der Leistung des Geschädigten doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung des Begünstigten, BGH – Urt. v. 8.11.1991 – MDR 1002, 343 (für Kaufvertrag), OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.12.1998 – NZM 1999, 461 = WuM 1998, 110, OLG München – Urt. v. 27.4.1999 – NZM 1999, 617, Urt. v. 13.12.2002 – NZM 2003, 519, OLG Naumburg – Urt. v. 13.6.1997 – NZM 1999, 965.

71

Diese Vermutung soll aber nicht greifen, wenn der Vermieter einen Mietvertrag zu überhöhtem Mietzins in einer Marktsituation abschließt, in der der für sein Objekt erzielbare Mietzins starken Schwankungen unterliegt mit der Folge, dass die Marktüblichkeit der Miete „äußerst schwierig“ zu beurteilen ist, BGH – Urt. v. 10.10.2001 – NZM 2001, 1077, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – MDR 2005, 26 = ZMR 2005, 29.

Das Gleiche ist wegen der für beide Parteien häufig bestehenden Bewertungsschwierigkeiten angenommen worden. In diesem Zusammenhang ist wichtig, wie hoch die vom Pächter seinerseits Dritten gegenüber zu erbringenden Leistungen einschließlich übernommener Investitionsverpflichtungen sind, BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 741, Urt. v. 14.7.2004 – MDR 2005, 26 = NZM 2004, 907 = ZMR 2005, 29, ebenso OLG Karlsruhe – Urt. v. 26.9.2002 – NZM 2003, 109 = MDR 2003, 149 für den Fall, dass die Ermittlung des Üblichen im gerichtlichen Verfahren – auch unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – nur mühsam gelingt.

72

Ein Teil der neueren Rspr. lässt die Vermutung für die verwerfliche Gesinnung nur gelten, wenn es sich bei dem Benachteiligten um einen Endverbraucher oder um einen Vertragspartner handelt, dessen berufliche Tätigkeit als solche nicht für eine wirtschaftliche Stärke spricht, KG – Urt. v. 27.7.2000 – MDR 2001, 24, Urt. v. 19.11.2001 – GE 2002, 328 verneinend für Rechtsanwalt.

Einem Geschäftsraummieter soll die nachträgliche Berufung auf eine sittenwidrig überhöhte Mietzinsvereinbarung dann verwehrt sein, wenn er Jahre nach Abschluss des Mietvertrages eine Aufstellung der aktuellen Mietkonditionen einschließlich der Miethöhe als zutreffend bestätigt, KG – Urt. v. 7.12.2000 – GE 2001, 418.

268

Gläubiger und Schuldner der Miete

Rn. III 75

bb) Mietwucher Auch der Mietwucher nach § 138 Abs. 2 BGB setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Das bedeutet auch in diesem Zusammenhang, dass die vereinbarte Miete/Pacht zur ortsüblichen Miete/Pacht in Bezug zu setzen ist. Während bei der Wohnraummiete der Grenzwert bei 50% über der ortsüblichen Miete liegt,

73

OLG Hamburg – RE v. 5.8.1992 – NJW-RR 1992, 1366 = WuM 1992, 527 = ZMR 1992, 501,

beträgt er bei anderen Mietverhältnissen im Regelfall etwa 100%,1 BGH – Urt. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 664, 666: Eine Überhöhung um 68,3% reicht nicht, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 907, 908: Eine Überhöhung um 92% reicht, KG – Beschl. v. 22.1.2001 – GE 2001, 766, 767.

Hinzutreten muss jedoch, dass der Vermieter sich diesen Vorteil dadurch verschafft hat, dass er die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche seines Vertragspartners ausgebeutet hat.

74

Eine Zwangslage i.S. von § 138 Abs. 2 BGB liegt dann vor, wenn wegen einer erheblichen Bedrängnis ein zwingendes Bedürfnis nach Sach- und Geldleistungen besteht. Unerfahrenheit bedeutet einen Mangel an allgemeiner Lebensoder Geschäftserfahrung. Ein Mangel an Urteilsvermögen ist dann gegeben, wenn in erheblichem Maße die Fähigkeit fehlt, sich bei seinem rechtsgeschäftlichen Handeln von vernünftigen Beweggründen leiten zu lassen oder die beiderseitigen Leistungen und die wirtschaftlichen Folgen des Geschäfts richtig zu bewerten. Eine erhebliche Willensschwäche ist dann zu verzeichnen, wenn der Betroffene zwar Vor- und Nachteile seines rechtsgeschäftlichen Handelns richtig bewertet, seine psychische Widerstandsfähigkeit jedoch derart vermindert ist, dass er sich trotz richtiger Einsicht nicht sachgerecht verhalten kann. Erkennt der Geschäftspartner diese Umstände und nutzt er die damit verbundene schlechte Situation des anderen bewusst aus, so ist darin eine Ausbeutung zu sehen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.12.1998 – WuM 1998, 110.

3. Gläubiger und Schuldner der Miete a) Personenmehrheit auf Vermieterseite Mehrere Vermieter sind Gesamthandgläubiger (§ 432 BGB). Bezüglich der Mietzinsforderung bilden die Eigentümer eines Mietobjekts eine einfache For1 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 103 nach § 535 BGB; Staudinger/Emmerich Rn. 120 vor § 535 BGB.

269

75

Gläubiger und Schuldner der Miete

Rn. III 75

bb) Mietwucher Auch der Mietwucher nach § 138 Abs. 2 BGB setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Das bedeutet auch in diesem Zusammenhang, dass die vereinbarte Miete/Pacht zur ortsüblichen Miete/Pacht in Bezug zu setzen ist. Während bei der Wohnraummiete der Grenzwert bei 50% über der ortsüblichen Miete liegt,

73

OLG Hamburg – RE v. 5.8.1992 – NJW-RR 1992, 1366 = WuM 1992, 527 = ZMR 1992, 501,

beträgt er bei anderen Mietverhältnissen im Regelfall etwa 100%,1 BGH – Urt. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 664, 666: Eine Überhöhung um 68,3% reicht nicht, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 907, 908: Eine Überhöhung um 92% reicht, KG – Beschl. v. 22.1.2001 – GE 2001, 766, 767.

Hinzutreten muss jedoch, dass der Vermieter sich diesen Vorteil dadurch verschafft hat, dass er die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche seines Vertragspartners ausgebeutet hat.

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Eine Zwangslage i.S. von § 138 Abs. 2 BGB liegt dann vor, wenn wegen einer erheblichen Bedrängnis ein zwingendes Bedürfnis nach Sach- und Geldleistungen besteht. Unerfahrenheit bedeutet einen Mangel an allgemeiner Lebensoder Geschäftserfahrung. Ein Mangel an Urteilsvermögen ist dann gegeben, wenn in erheblichem Maße die Fähigkeit fehlt, sich bei seinem rechtsgeschäftlichen Handeln von vernünftigen Beweggründen leiten zu lassen oder die beiderseitigen Leistungen und die wirtschaftlichen Folgen des Geschäfts richtig zu bewerten. Eine erhebliche Willensschwäche ist dann zu verzeichnen, wenn der Betroffene zwar Vor- und Nachteile seines rechtsgeschäftlichen Handelns richtig bewertet, seine psychische Widerstandsfähigkeit jedoch derart vermindert ist, dass er sich trotz richtiger Einsicht nicht sachgerecht verhalten kann. Erkennt der Geschäftspartner diese Umstände und nutzt er die damit verbundene schlechte Situation des anderen bewusst aus, so ist darin eine Ausbeutung zu sehen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.12.1998 – WuM 1998, 110.

3. Gläubiger und Schuldner der Miete a) Personenmehrheit auf Vermieterseite Mehrere Vermieter sind Gesamthandgläubiger (§ 432 BGB). Bezüglich der Mietzinsforderung bilden die Eigentümer eines Mietobjekts eine einfache For1 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 103 nach § 535 BGB; Staudinger/Emmerich Rn. 120 vor § 535 BGB.

269

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Rn. III 76

Miete und Mietsicherung

derungsgemeinschaft mit der Folge, dass der Mieter befreiend nur an alle Gläubiger gemeinsam leisten kann.1 Die Leistung auf das Konto nur eines Gläubigers befreit ihn nicht, BGH – Urt. v. 29.1.1969 – MDR 1969, 568; OLG München – Urt. v. 15.1.1998 – NZM 1998, 474; OLG Düsseldorf – Urt. v. 24.8.1999 – ZMR 2000, 210: Die Forderungen aus dem Mietverhältnis sind im Rechtssinne unteilbar (§ 432 BGB). Daraus folgt, dass der klagende Vermieter im günstigsten Fall, nämlich als Bruchteilsmiteigentümer, zwar ein alleiniges Klagerecht hat, aber nicht Leistung an sich persönlich, sondern nur an alle Berechtigten verlangen kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht nur § 744 Abs. 2 BGB.

Über seinen Anteil an der Mietzinsforderung kann keiner der Vermieter verfügen oder ihn geltend machen; hierfür bedarf es einer besonderen Vereinbarung zwischen den Mitgläubigern, LG Landau WuM 1990, 487.

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Ist eine GbR, die als Außengesellschaft am Rechtsverkehr teilnimmt, Vermieter (s. Rn. I 92), so stehen die Mietforderungen dieser und nicht den Gesellschaftern zu; sie ist auch allein aktivlegitimiert.

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Der Miterbe, der den Mietvertrag für die Erbengemeinschaft unterzeichnet hat, kann die Forderungen aus dem Vertrag als Leistung an alle Miterben geltend machen. Die übrigen Miterben können ihn ermächtigen, Zahlung an sich allein zu verlangen, LG Bonn WuM 1990, 487.

b) Personenmehrheit auf Mieterseite 78

Mehrere Mieter haften als Gesamtschuldner (§ 421 BGB).2 Bilden diese eine GbR, die als Außengesellschaft rechtsfähig ist, so führt das nicht dazu, dass dem Vermieter nur noch die Mieter-GbR haftet; vielmehr haften die Gesellschafter wie diejenigen einer OHG akzessorisch, BGH – Beschl. v. 2.5.2007 – NZM 2007, 565: Seit der GbR Rechts- und Parteifähigkeit zuerkannt wird (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 = NZM 2001, 299), besteht keine Pflicht, diese und nicht die einzelnen Gesellschafter zu verklagen.

Scheidet einer der Mieter aus der GbR aus, so kann eine Nachhaftungsbegrenzung nach § 736 Abs. 2 BGB, § 159 HGB eintreten (s. Rn. III 83). Der in eine GbR eintretende Gesellschafter hat für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich auch persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern einzustehen. Der BGH hat insoweit seine Rspr. geändert. Wegen der weitreichenden Folgen gewährt er jedoch einen Vertrauensschutz für die Zeit vor Erlass seiner Entscheidung, 1 MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 38; Staudinger/Emmerich Rn. 75 vor § 535 BGB. 2 Staudinger/Emmerich Rn. 80 vor § 535 BGB.

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Gläubiger und Schuldner der Miete

Rn. III 81

BGH – VU v. 7.4.2003 – MDR 2003, 756, OLG Naumburg – Urt. v. 17.1.2006 – ZMR 2007, 116: Dies gilt auch für Angehörige von freien Berufen (hier: Rechtsanwälte), wenn dem nicht Besonderheiten der Berufsausübung entgegenstehen.

Mietet ein Paar – Eheleute, Lebenspartner i.S. von § 1 LPartG oder in anderer Lebensgemeinschaft Lebende – eine Wohnung an, so werden die Rechtsbeziehungen der Mieter untereinander nach den Regeln der GbR zu werten sein, sofern nicht speziellere Vorschriften etwa des Familienrechts eingreifen. Indes handelt es sich nicht um eine Außengesellschaft, die Rechtspersönlichkeit hat (s. Rn. I 70). c) Eintritt in das Mietverhältnis aa) Eintritt auf Vermieterseite Der Erwerber wird erst mit der Eintragung ins Grundbuch Vermieter; eine Auflassungsvormerkung genügt nicht. Forderungen aus der Zeit vor Erwerb erlangt er nur im Wege der Abtretung. Daran ändert auch eine Gefahrübergangsabrede in einem Kaufvertrag nichts (s. Rn. I 198). Durch eine solche Bestimmung wird nur das Innenverhältnis geregelt. Zudem kann in einer solchen Klausel in der Regel auch keine Abtretung des Mietzinsanspruchs gesehen werden,

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BGH – Urt. v. 2.7.2003 – NZM 2003, 716 = ZMR 2003, 732 = MDR 2003, 1286, OLG Düsseldorf DWW 1993, 175 = MDR 1993, 754.

Das Gleiche gilt für die Abrede in einem Grundstückskaufvertrag, dass der Käufer ab dem Verrechnungstag in die Mietverträge eintritt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.6.1994 – MDR 1994, 1009.

Die Abtretung von Mietansprüchen ohne gleichzeitige Übernahme der Pflichten aus dem Mietverhältnis ist zulässig (s. Rn. III 111), ohne dass der Schutzzweck des § 566 BGB („Kauf bricht nicht Miete“) dem entgegensteht,

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BGH – Urt. v. 2.7.2003 – NZM 2003, 716 = ZMR 2003, 732 = MDR 2003, 1286: Dem Mieter verbleiben nach § 404 BGB sämtliche Gegenrechte auch gegenüber dem neuen Gläubiger. Der Vermieter bleibt auch nach der Abtretung der Mietzinsansprüche sein Vertragspartner.

Werden mehrere Mietforderungen in Höhe von Teilbeträgen abgetreten, so müssen Höhe und Reihenfolge der erfassten Teilabtretungen aufgeschlüsselt werden; anderenfalls ist die Teilabtretung mangels Bestimmtheit unwirksam, OLG Köln – Urt. v. 19.1.2005 – MDR 2005, 975.

Erwirbt ein Vermieter eine fremde Mietforderung durch Abtretung, so ist diese nicht durch eine vom Mieter an diesen Vermieter geleistete Mietsicherheit gesichert, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.10.2007 – ZMR 2008, 47 = MietRB 2008, 136, 137 (Eupen).

Im Falle der Zwangsverwaltung kann der Mieter, ehe er nicht selbst von der Beschlagnahme erfahren hat, weiter mit befreiender Wirkung an den bisheri271

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Rn. III 82

Miete und Mietsicherung

gen Eigentümer als Vermieter zahlen. Die Kenntnis des Untermieters von der Anordnung der Zwangsverwaltung braucht er sich nicht zurechnen zu lassen, LG Berlin GE 1994, 705.

bb) Eintritt auf Mieterseite 82

Der Ersatzmieter, der in ein fortbestehendes Mietverhältnis eintritt, das erhalten bleibt, erwirbt alle Rechte und Pflichten, soweit sie nicht schon fällig waren und nichts Abweichendes vereinbart ist. Er haftet also nicht für die Mietschulden des bisherigen Mieters, es sei denn, dass er sie durch einen Schuldübernahmevertrag übernommen hat. Die Vereinbarung „Der Mieter tritt mit allen Rechten und Pflichten in den Mietvertrag ein“ enthält noch keine Schuldübernahme, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 9.7.1987 – WuM 1988, 12, 13.

Der Erwerber eines Unternehmens haftet nicht nach § 25 Abs. 1 HGB für Mietrückstände aus der Zeit vor dem Erwerb, wenn er den Betrieb nicht als „betriebsfähige Wirtschaftseinheit“ übernommen hat, insbesondere wenn der Kern des früheren und des jetzigen Unternehmens grundverschieden ist, OLG Bremen – Urt. v. 13.2.2008 – ZMR 2008, 888 (Handel mit Büromöbeln/Internethandel). Verneinend auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.1.1998 – DWW 1998, 209 selbst bei Übernahme des Gaststättennamens als Etablissementbezeichnung, Logo, Speiseangebot und Personal, s. auch LG Berlin WuM 1991, 675.

d) Nachhaftungsbegrenzung 83

Die handelsrechtlichen Nachhaftungsvorschriften in §§ 161 Abs. 2, 160 HGB greifen bei Vermietung an eine Personenhandelsgesellschaft ein: Der ausgeschiedene Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft haftet für die Schulden der Gesellschaft gegenüber dem Vermieter nur, soweit die Ansprüche in einem Zeitraum von fünf Jahren seit der Eintragung seines Ausscheidens in das Handelregister fällig geworden sind, s. dazu OLG Hamm – Urt. v. 16.12.1994 – ZMR 1995, 250; KG – Urt. v. 15.9.2005 – NZM 2006, 19 = ZMR 2005, 952: Scheidet ein Gesellschafter während eines bestehenden Mietvertrages aus einer OHG aus, haftet er nach Maßgabe des § 160 Abs. 1 HGB für die späteren Mietforderungen. Darauf, dass diese erst später fällig werden, kommt es nicht an. Bei Dauerschuldverhältnissen ist die Rechtsgrundlage für die einzelnen Schuldverpflichtungen bereits selbst im Vertrag angelegt mit der Folge, dass die Schuldverpflichtungen mit dem Vertragsschluss als entstanden anzusehen sind (s. BGHZ 142, 324 f. = MDR 2000, 38 = NJW 2000, 208, 209, BGHZ 150, 373 f. = NJW 2002, 2170, 2171).

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Auf Grund des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes v. 18.3.1994 (BGBl. I, 560) kommt die Nachhaftungsbegrenzung gemäß § 736 Abs. 2 BGB auch dann zum Tragen, wenn eine nach außen manifestierte GbR ein Mietverhältnis als Mieterin zu unternehmerischen Zwecken eingegangen ist und der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsvereinbarung enthält, gemäß der bei Ausscheiden ei272

Gläubiger und Schuldner der Miete

Rn. III 86

nes Gesellschafters die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt wird. Scheidet dann einer der Gesellschafter aus und wird die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt, so haftet er nur für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die innerhalb von 5 Jahren nach seinem Ausscheiden fällig werden. Maßgebend für den Zeitpunkt des Ausscheidens ist die Mitteilung hiervon an den Gläubiger, hier an den Vermieter (s. Rn. I 105). Die früher geltende Kündigungstheorie, nach der eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters nur bis zu dem Zeitpunkt bejaht wurde, zu dem der Gläubiger Kenntnis vom Ausscheiden des Gesellschafters erlangte und das Dauerschuldverhältnis erstmals ordentlich kündigen konnte, ist durch die Gesetzesänderung obsolet geworden, KG – Urt. v. 15.9.2005 – ZMR 2005, 952.

Eine aus Treu und Glauben abgeleitete Haftungsbegrenzung des aus der Wohnung ausgezogenen Mitmieters ist für den Fall angenommen worden, dass der Vermieter ankündigte, gegen den in der Wohnung verbliebenen Mitmieter Räumungsklage zu erheben, was er jedoch erst geraume Zeit später in die Tat umsetzte,1

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LG Mönchengladbach ZMR 2004, 517.

Hat ein Paar eine Wohnung gemeinsam angemietet (s. Rn. I 76) und zieht einer der Partner aus der Wohnung aus, so wird hierdurch in der Regel das Gesellschaftsverhältnis aufgelöst. Das führt zur Notwendigkeit, die GbR zu liquidieren, wodurch jedoch der Bestand des Mietverhältnisses nicht betroffen wird.2 Eine Nachhaftungsbegrenzung desjenigen, der aus der gemeinsam angemieteten Wohnung ausgezogen ist (s. § 736 Abs. 2 BGB), kommt nicht in Betracht, eben weil die GbR nicht fortgesetzt wird, sondern als Liquidationsgesellschaft fortbesteht. Im Ergebnis ebenso:3 LG Berlin ZMR 1998, 776: Ist von zwei Mietern einer ausgezogen, so kann sich der ausgezogene Mieter gegenüber dem Anspruch des Vermieters auf weitere Zahlung des Mietzinses nicht darauf berufen, dass er nach § 736 Abs. 2 BGB nur begrenzt für den weiteren Mietzins haftet; ebenso AG Dortmund NZM 2001, 94, 95; anders LG Duisburg NZM 1998, 73 = WuM 1997, 671.4

Eine Besonderheit gilt für die Gewerberaummiete: Scheidet bei einer zweigliedrigen GbR ein Gesellschafter aus und führt der andere Gesellschafter 1 Zum Fall: Die Mitmieterin zog im Mai 2001 aus der gemeinsam angemieteten Wohnung aus, der Vermieter kündigte im September 2001 die Räumungsklage gegen den in der Wohnung verbliebenen anderen Mitmieter an, erhob diese jedoch erst im August 2002. Das Gericht begrenzte die Haftung der ausgezogenen Mitmieterin für die Mietrückstände auf Dezember 2001, da bis zu diesem Zeitpunkt über die Räumungsklage hätte entscheiden werden können. Das ist indes zu knapp bemessen; denn es ist jedenfalls der Zeitraum bis zur Räumung einzubeziehen. 2 Jedoch können sich Ausgleichsansprüche untereinander (s. Rn. I 78) sowie wechselseitige Ansprüche, an der Auflösung des Mietverhältnisses mitzuwirken (s. Rn. I 76), ergeben. 3 S. Klinkhammer NZM 1998, 744, 745; Sonnenschein NZM 1999, 977, 979. 4 So auch Herrlein/Kandelhard BGB § 537 Rn. 5, da nicht ersichtlich sei, dass die Nachhaftungsbegrenzung den Fortbestand der GbR voraussetze.

273

86

Rn. III 87

Miete und Mietsicherung

unter Übernahme des Gesellschafteranteils des Ausscheidenden das Unternehmen bzw. den Betrieb allein weiter, so gilt für den Ausscheidenden wegen der Gleichheit der Interessenlage bei einer mehrgliedrigen Gesellschaft die Nachhaftungsbegrenzung, BGH – Urt. v. 27.9.1999 – BGHZ 142, 324 f. = MDR 2000, 38 = NJW 2000, 208.

Das bezieht sich auch auf Verbindlichkeiten aus einem über das Ausscheiden des einen Gesellschafters hinaus fortbestehenden Mietverhältnis, nicht aber aus einem neuen Mietverhältnis, das der übernehmende Gesellschafter (u.U. mit dem bisherigen Vermieter) begründet.

4. Leistung der Miete a) Fälligkeit und Rechtzeitigkeit 87

Nach § 556b Abs. 1 BGB ist die Miete nunmehr zu Beginn, spätestens bis zum 3. Werktag der einzelnen Zeitabschnitte – in der Regel des jeweiligen Monats – zu entrichten, nach denen sie bemessen ist.1 Das Gleiche gilt für alle anderen Mietverhältnisse über Räume (§ 579 Abs. 2 BGB), während es bezüglich aller sonstigen Mietgegenstände bei der Regelung verblieben ist, dass die Miete erst nach Ablauf der jeweiligen Zeitabschnitte zu entrichten ist (§ 579 Abs. 1 BGB). Bei der Zählung der Werktage rechnen die Sonnabende nicht mit, weil an diesen Tagen ein Bankzahlungsverkehr nicht stattfindet,2 LG Berlin GE 1989, 509; anders LG München I WuM 1995, 103, LG Wuppertal WuM 2003, 450.

Die Neuregelung gilt nur für Mietverträge, die nach Inkrafttreten des MRRG abgeschlossen worden sind. Für Altverträge gilt nach wie vor die Regel des § 551 BGB a.F., nach der die Miete postnumerando zu zahlen ist (Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB). Die Neuregelung entspricht der verbreiteten Formularklausel, dass die Miete monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag zu zahlen ist.3 Diese ist dahin ausgelegt worden, dass der Mietzins schon am 1. Werktag des Monats fällig wird. Der Vermieter ist danach berechtigt, seine Leistung (hier: Schlüsselübergabe) schon vor Ablauf der ersten drei Werktage zurückzuhalten, KG – Urt. v. 19.4.1999 – GE 1999, 715, LG München I WuM 1995, 103; a.A. LG Berlin GE 1992, 205: Fälligkeitsvoraussetzung.

Indes ist fraglich, ob der Gesetzgeber dieses (nicht unstreitige) Auslegungsergebnis übernehmen wollte. Dagegen kann die amtliche Überschrift der Norm „Fälligkeit der Miete“ ebenso sprechen wie die Interpretation der in Bezug 1 Gellwitzki WuM 2001, 373. 2 S. zu § 556b BGB ebenso Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 4; Herrlein/Kandelhard/ Both Rn. 6; ferner Blank/Börstinghaus Rn. 5; dagegen: MünchKomm/Artz Rn. 6; Staudinger/Weitemeyer Rn. 14. 3 Bezweckt war, dieser Praxis Rechnung zu tragen, ohne dass damit weiter gehende Konsequenzen gesehen worden sind, s. Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 52.

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Rn. III 87

Miete und Mietsicherung

unter Übernahme des Gesellschafteranteils des Ausscheidenden das Unternehmen bzw. den Betrieb allein weiter, so gilt für den Ausscheidenden wegen der Gleichheit der Interessenlage bei einer mehrgliedrigen Gesellschaft die Nachhaftungsbegrenzung, BGH – Urt. v. 27.9.1999 – BGHZ 142, 324 f. = MDR 2000, 38 = NJW 2000, 208.

Das bezieht sich auch auf Verbindlichkeiten aus einem über das Ausscheiden des einen Gesellschafters hinaus fortbestehenden Mietverhältnis, nicht aber aus einem neuen Mietverhältnis, das der übernehmende Gesellschafter (u.U. mit dem bisherigen Vermieter) begründet.

4. Leistung der Miete a) Fälligkeit und Rechtzeitigkeit 87

Nach § 556b Abs. 1 BGB ist die Miete nunmehr zu Beginn, spätestens bis zum 3. Werktag der einzelnen Zeitabschnitte – in der Regel des jeweiligen Monats – zu entrichten, nach denen sie bemessen ist.1 Das Gleiche gilt für alle anderen Mietverhältnisse über Räume (§ 579 Abs. 2 BGB), während es bezüglich aller sonstigen Mietgegenstände bei der Regelung verblieben ist, dass die Miete erst nach Ablauf der jeweiligen Zeitabschnitte zu entrichten ist (§ 579 Abs. 1 BGB). Bei der Zählung der Werktage rechnen die Sonnabende nicht mit, weil an diesen Tagen ein Bankzahlungsverkehr nicht stattfindet,2 LG Berlin GE 1989, 509; anders LG München I WuM 1995, 103, LG Wuppertal WuM 2003, 450.

Die Neuregelung gilt nur für Mietverträge, die nach Inkrafttreten des MRRG abgeschlossen worden sind. Für Altverträge gilt nach wie vor die Regel des § 551 BGB a.F., nach der die Miete postnumerando zu zahlen ist (Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB). Die Neuregelung entspricht der verbreiteten Formularklausel, dass die Miete monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag zu zahlen ist.3 Diese ist dahin ausgelegt worden, dass der Mietzins schon am 1. Werktag des Monats fällig wird. Der Vermieter ist danach berechtigt, seine Leistung (hier: Schlüsselübergabe) schon vor Ablauf der ersten drei Werktage zurückzuhalten, KG – Urt. v. 19.4.1999 – GE 1999, 715, LG München I WuM 1995, 103; a.A. LG Berlin GE 1992, 205: Fälligkeitsvoraussetzung.

Indes ist fraglich, ob der Gesetzgeber dieses (nicht unstreitige) Auslegungsergebnis übernehmen wollte. Dagegen kann die amtliche Überschrift der Norm „Fälligkeit der Miete“ ebenso sprechen wie die Interpretation der in Bezug 1 Gellwitzki WuM 2001, 373. 2 S. zu § 556b BGB ebenso Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 4; Herrlein/Kandelhard/ Both Rn. 6; ferner Blank/Börstinghaus Rn. 5; dagegen: MünchKomm/Artz Rn. 6; Staudinger/Weitemeyer Rn. 14. 3 Bezweckt war, dieser Praxis Rechnung zu tragen, ohne dass damit weiter gehende Konsequenzen gesehen worden sind, s. Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 52.

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Leistung der Miete

Rn. III 89a

genommenen Klausel durch den Gesetzgeber, dass es ausreiche, wenn der Mieter die Miete bis zum 3. Werktag entrichte.1 Es spricht daher mehr dafür, dass die Karenzfrist nicht nur den Eintritt des Verzuges verhindert, sondern den Zeitpunkt der Fälligkeit bestimmt,2 LG Krefeld NZM 2004, 298 = WuM 2004, 200.

Das hat praktische Auswirkungen darauf, ob ein Mieter im Falle der Kündigung wegen Zahlungsverzugs noch innerhalb der Schonfrist gezahlt hat.3 Die Verschiebung der Zahlungspflicht des Mieters auf den Beginn des Mietmonats verändert nicht das Austauschverhältnis (Synallagma) in der Weise, dass der Mieter nunmehr vorleistungspflichtig wäre,4

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LG Krefeld NZM 2004, 298 = WuM 2004, 200.

Dementsprechend steht dem Mieter nach wie vor die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB und das damit verbundene Zurückbehaltungsrecht zu (s. Rn. III 118). Die Regelung über die Fälligkeit der Miete in §§ 556b Abs. 1, 579 BGB kann vertraglich abgeändert werden, und zwar auch durch schlüssiges Verhalten. Da die Fälligkeit zu den wesentlichen Vertragsbedingungen gehört, bedarf eine solche Vereinbarung bei Verträgen, die nach § 550 BGB formbedürftig sind, der gesetzlichen Schriftform,

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BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2008, 84 = ZMR 2008, 105 mit krit. Besprechung von Leonhard NZM 2008, 353.

Für Altverträge gilt die Vorauszahlungspflicht nur nach Maßgabe einer entsprechenden Vereinbarung. Derartige Formularklauseln in Mietverträgen über Wohnraum sind jedoch unwirksam, wenn die Verträge auch eine Formularklausel enthalten, die es dem Mieter verwehrt, mit einem Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete aufzurechnen, sofern die Überzahlung darauf beruht, dass der Mieter infolge der Vorausleistung des Mietzinses eine danach eingetretene Mietminderung nicht zu berücksichtigen vermag. Der Mieter 1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 52. 2 So auch zu § 556b BGB: AnwKomm/Frommeyer Rn. 3; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 6; MünchKomm/Artz Rn. 6; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 4; Staudinger/Weitemeyer Rn. 15. 3 Beispiel: Der Mieter hat die im Voraus zu entrichtenden Mieten für April und Mai nicht gezahlt; deswegen kündigt der Vermieter am 22. Mai fristlos wegen Zahlungsverzugs. Der Mieter zahlt diese beiden Mieten am 2. Juni, die Miete für Juni jedoch nicht. Sollte die Juni-Miete erst am 3. Juni fällig geworden sein, so hätte der Mieter die fristlose Kündigung durch Zahlung innerhalb der Schonfrist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam gemacht. Versteht man die Karenzfrist nur als Verzugshemmnis, so hätte die Miete auch für diesen Monat geleistet werden müssen. 4 Gellwitzki WuM 2001, 373, 381; Sternel, Der Einfluss der Mietrechtsreform auf Minderung und Zurückbehaltung der Miete durch den Mieter, Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, 2003, S. 293, 300 f.; ebenso zu § 556b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 7; MünchKomm/Artz Rn. 7; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 3; Staudinger/Weitemeyer Rn. 15.

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89a

Rn. III 90

Miete und Mietsicherung

müsste in einem solchen Fall seinen Rückzahlungsanspruch – sofern er streitig ist – einklagen. Darin liegt gegenüber der gesetzlichen Automatik der Minderung wegen deren Unabdingbarkeit bei der Wohnraummiete eine wesentliche Benachteiligung. Sie wird nicht dadurch ausgeglichen, dass der Mieter bei Fortbestehen des Mangels ein Zurückbehaltungsrecht ausüben könnte; denn bei Behebung des Mangels müsste er den zurückbehaltenen Teil nachentrichten, BGH – RE v. 26.10.1994 – BGHZ 127, 245 = NJW 1995, 254 = WM 1995, 28 = ZMR 1995, 60;1 anders noch BayObLG – RE v. 6.5.1993 – NJW-RR 1993, 1097 = WuM 1993, 325.

Eine wesentliche Benachteiligung i.S. von § 307 Abs. 1 BGB (= § 9 Abs. 1 AGBG) sieht der BGH bereits dann als gegeben, wenn der Mieter auch nur wegen eines Minderungsbetrages in die Klagerolle gedrängt werden würde. Das wäre etwa der Fall, wenn die Befugnis zur Minderung von einer Ankündigung abhängig gemacht werden würde, was ohnehin gegen § 536 Abs. 4 BGB (= § 537 Abs. 3 BGB a.F.) verstieße. Auf die Wirksamkeit der Aufrechnungsklausel soll es in diesem Zusammenhang nicht ankommen, die ihrerseits nunmehr nach den Kriterien in § 556b Abs. 2 BGB zu bewerten ist. Andererseits verneint er eine Benachteiligung, wenn die Minderung für den betreffenden Zeitraum nicht ausgeschlossen wird, sondern in den Folgemonaten nachgeholt werden kann,2 BGH – Urt. v. 14.11.2007 – WuM 2008, 152 = MietRB 2008, 162 (Riecke).

90

Für die Rechtzeitigkeit der Leistung3 ist grundsätzlich die rechtzeitige Leistungsvornahme maßgebend, nicht der rechtzeitige Erfüllungserfolg, OLG Naumburg – Urt. v. 5.11.1998 – WM 1999, 160: Der Senat schließt sich der h.M. an, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung i.S. von §§ 543 Abs. 2 Nr. 3, 569 Abs. 3 BGB (bisher: § 554 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB a.F.) auf den Zeitpunkt der Einzahlung und nicht auf den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Vermieterkonto ankommt; LG Oldenburg WM 1996, 471: Mit der Erteilung des Überweisungsauftrags an seine Bank leistet der Mieter den Mietzins; ebenso LG Mönchengladbach ZMR 1993 S. V Nr. 5, LG Berlin ZMR 1996 S. IX Nr. 5.

Anders verhält es sich, wenn eine Rechtzeitigkeitsklausel vereinbart ist, was nach h.M. auch formularmäßig zugelassen wird (s. Rn. II 214), BGH – Urt. v. 24.6.1998 – NJW 1998, 2664 = WuM 1998, 599 = ZMR 1998, 612, OLG München – Urt. v. 24.1.1996 – ZMR 1996, 376 für Gewerberaummiete.

1 S. dazu Gellwitzki WuM 2001, 373, 382; ferner zur früheren Rechtslage Börstinghaus MDR 1995, 241; Franke ZMR 1995, 63. 2 Die Klausel lautet: „Der Mieter kann nur mit Forderungen aus dem Mietverhältnis aufrechnen, wenn sie unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder entscheidungsreif sind. Dies gilt nicht für Mietzinsminderungen, die wegen der (vereinbarten) Vorfälligkeit des Mietzinses im laufenden Monat entstanden sind. Diese Rückforderungsbeträge eines eventuell zuviel bezahlten Mietzinses für den laufenden Monat können in den Folgemonaten zur Aufrechnung gebracht werden.“ 3 S. dazu Blank WM 1995, 567; Geldmacher DWW 1999, 14, 15.

276

Leistung der Miete

Rn. III 93

Die neue Rechtslage steht derartigen Klauseln nicht entgegen; denn § 556b Abs. 1 BGB sieht nicht vor, dass zum Nachteil des Mieters vom Gesetz abweichende Vereinbarungen unwirksam sind. Allerdings ergeben sich gegen solche Vereinbarungen Bedenken, soweit sie in Wohnraummietverträgen enthalten sind. Eine Rechtzeitigkeitsklausel entfaltet jedenfalls keine Wirkungen für Zahlungen des Mieters während der Schonfrist, um die Wirkungen der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 569 Abs. 3 BGB (§ 554 Abs. 2 Nr. 2 a.F.) abzuwehren,

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LG Hamburg WuM 1992, 124, LG Berlin NJW-RR 1993, 144 = ZMR 1992, 394.

Zu Mietvorauszahlungen s. Rn. III 149. b) Erfüllungsort Erfüllungsort ist nicht ohne weiteres der Ort der Belegenheit des Mietobjekts, sondern grundsätzlich der Sitz des Schuldners zur Zeit des Vertragsabschlusses,1

92

RG – Urt. v. 27.2.1933 – RGZ 140, 87, ebenso BGH – Beschl. v. 30.3.1988 – NJW 1988, 1914 für Leasing beweglicher Sachen.

Das ändert aber nichts daran, dass es sich bei der Mietschuld um eine sog. Schickschuld nach § 270 BGB handelt. Es empfiehlt sich für den Vermieter, den Erfüllungsort – übrigens auch für den Mietbürgen! – zu vereinbaren. Prozessual ist allerdings zu beachten, dass sich die örtliche Zuständigkeit – auch bei der Gewerberaummiete – nach der Belegenheit der Mietsache richtet (§ 29a Abs. 1 ZPO, s. Rn. XIV 24). c) Besondere Zahlungsarten Zahlung unter Vorbehalt ist Erfüllung, wenn der Vorbehalt nur bewirken soll, dass der Mieter den Rechtsfolgen aus § 814 BGB begegnet,2 BGH – Urt. v. 8.6.1988 – NJW 1989, 161, 162, BGH – Urt. v. 6.10.1998 – GE 1999, 640, 643.

Anders verhält es sich, wenn der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt zahlt, dass die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs beim Vermieter liegen soll. Ein solcher Vorbehalt wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Mieter während des Rechtsstreits zahlt, seine Rechtsverteidigung aber fortsetzt; denn damit bringt er zum Ausdruck, dass die Zahlung auf den Ausgang des Rechtsstreits keinen Einfluss haben soll, BGH – Urt. v. 6.10.1998 – GE 1999, 640, 643, ebenso LG Berlin GE 1994, 1057 für den Vorbehalt der rechtlichen Klärung.

Nimmt der Vermieter allerdings die Leistung so an, anstatt sie zurückzuweisen, kann darin sein Einverständnis mit dem Vorbehalt liegen.3 1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556b Rn. 5; Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 90. 2 S. dazu Blank WuM 1995, 567, 570. 3 S. dazu Börstinghaus DWW 1995, 33, 35.

277

93

Rn. III 94

Miete und Mietsicherung

Die Klage, einen Vorbehalt „fallen zu lassen“, ist in Wirklichkeit auf die negative Feststellung gerichtet, dass dem Mieter kein Rückforderungsanspruch zusteht. 94

Zahlt der Mieter den fälligen Mietzins durch Scheck, den der Vermieter erfüllungshalber hinnimmt, so soll der Mietzins bis zur Einreichung durch den Vermieter als gestundet gelten. Ist das Konto zu diesem Zeitpunkt gesperrt, so gerät der Mieter unmittelbar in Verzug, LG Berlin WuM 1988, 51.

Zahlt ein Dritter über einen längeren Zeitraum die Miete für den Mieter direkt an den Vermieter, dann kann der Vermieter allein hieraus keine Ansprüche gegen diesen Dritten aus einem konkludent erklärten Schuldbeitritt herleiten, wenn der Dritte sich darauf beruft, gemäß § 267 BGB geleistet zu haben, OLG München – Urt. v. 14.10.2004 – MDR 2005, 387.

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Zieht der (vorläufige) Insolvenzverwalter, der für das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Zwischenmieters bestellt worden ist, die Miete von dem Endmieter ein, so ist er verpflichtet, die vereinnahmte Miete in der geschuldeten Höhe an den Hauptvermieter weiterzuleiten (im Anschluss an BGHZ 151, 353). Weigert er sich, so setzt er einen Kündigungsgrund nach § 543 Abs. 1 BGB, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – MDR 2005, 1043 = NZM 2005, 538 = WuM 2005, 401 = ZMR 2005, 688.

d) Einzugsermächtigung 96

Die Erteilung einer Einzugsermächtigung bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung für hinreichend bestimmte Forderungen. Formularmäßig geregelte Einzugsermächtigungen werden – im Gegensatz zu Abbuchungsermächtigungen – im Allgemeinen für zulässig gehalten (s. dazu Rn. II 143).1 Erforderlich ist, dass sie sich auf wiederkehrende Beträge in bestimmter oder für den Mieter voraussehbarer Höhe beziehen und das Widerrufsrecht des Mieters nicht ausgeschlossen wird. Sollen auch Beträge erfasst werden, die – wie Betriebskostennachzahlungen – unregelmäßig und in unbestimmter Höhe anfallen, so muss die Einzugsermächtigung selbst dem Mieter eine Dispositionsfrist einräumen; für die Wirksamkeit einer formularmäßigen Einzugsermächtigung reicht es nicht, dass der Vermieter dem Mieter von sich aus eine solche Frist gewährt.

97

Der Mieter ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Einzugsermächtigung ausgeführt werden kann. Daher muss er sicherstellen, dass bei Fälligkeit der Miete ausreichend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist. Ist die Miete 1 Ausführlich Geldmacher DWW 1999, 82, dort auch zur Unterscheidung von Abbuchungsermächtigung und Einzugsermächtigung (Lastschriftverfahren); Ruff DWW 2003, 253 mit Mustertexten.

278

Leistung der Miete

Rn. III 99

nach dem Mietvertrag „spätestens am 3. Werktag des Monats im Voraus“ zu entrichten, so muss die Deckung schon am ersten Werktag des Monats vorhanden sein, AG Hohenschönhausen ZMR 2000, 681.

Auch muss der Mieter überprüfen, ob der Einzug ordnungsmäßig erfolgt ist. Schlägt er fehl, so hat er für die Entrichtung der Miete unverzüglich zu sorgen. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter von der Einzugsermächtigung verfrüht Gebrauch macht (AG Hohenschönhausen ZMR 2000, 681). Jedoch ist dem Mieter eine hierauf beruhende Verspätung der Zahlung nicht anzulasten, so dass er nicht in Verzug gerät. Hat der Mieter eine Einzugsermächtigung erteilt, so ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, hiervon Gebrauch zu machen, jedenfalls solange und soweit Deckung auf dem Mietkonto vorhanden ist.

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Will er von der ihm erteilten Einzugsermächtigung keinen Gebrauch machen, so ist er gehalten, dies dem Mieter vorher anzuzeigen; anderenfalls gerät dieser nicht in Zahlungsverzug, AG Bergheim WuM 1992, 478.

Darüber hinaus ist der Vermieter wie ein Treuhänder weisungsgebunden: Beruft sich der Mieter auf eine Mietminderung, so darf der Vermieter, auch wenn er die Minderung nicht anerkennt, nur den geminderten Betrag einziehen. Anderenfalls kann der Mieter die Einzugsermächtigung widerrufen und darüber hinaus gegen den Vermieter eine gerichtliche Untersagungsverfügung erwirken, LG Berlin GE 1996, 805.

Das Widerrufsrecht ist formularvertraglich nicht abdingbar. Die Formularklausel „Der Mieter ist zur Erfüllung der Einzugsermächtigung verpflichtet“ erweckt bei kundenfeindlicher Auslegung den Anschein, dass dem Mieter das Widerrufsrecht verwehrt ist; sie ist daher unwirksam, OLG Brandenburg – Urt. v. 12.5.2004 – NZM 2004, 905 = WuM 2004, 597 = ZMR 2004, 745.

Der BGH hat die Widerrufsbefugnis des Mieters gegenüber seiner Bank unbefristet zugelassen, solange der Mieter die Abbuchung nicht genehmigt hat, BGH – Urt. v. 6.6.2000 – WuM 2000, 549 = ZMR 2001, 171: Eine Genehmigung solcher Belastungen kann nach den geltenden AGB und den Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr der Sparkassen nicht in einem Schweigen auf einen Rechnungsabschluss gesehen werden. Eine Klausel in deren allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass durch unterlassenen Protest gegen einen Rechnungsabschluss eine Genehmigung der von diesem erfassten Abbuchungen liege, ist unwirksam.

Der BGH hat sich damit gegen die in der Praxis geäußerte Auffassung gewendet, dass das Widerspruchsrecht binnen 6 Wochen ausgeübt werden müsse. Die Banken haben dieser Rspr. durch Änderung ihrer AGB mit Wirkung ab 1.4.2002 Rechnung getragen: Danach ist der Kunde mit Einwendungen gegen 279

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Rn. III 100

Miete und Mietsicherung

den Saldo spätestens mit Ablauf von 6 Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses ausgeschlossen; dieser gilt dann als genehmigt.1 100

Bei einer Grundstücksveräußerung erlischt die dem Veräußerer erteilte Einzugsermächtigung nicht automatisch; der Mieter muss sie vielmehr widerrufen. Jedoch macht sich der Veräußerer auch gegenüber dem Mieter ersatzpflichtig, wenn er die Miete einzieht, nachdem er die Vermieterstellung infolge des Eigentümerwechsels verloren hat. Der Mieter ist verpflichtet, dem Erwerber eine neue Einzugsermächtigung nach Maßgabe des Mietvertrages zu erteilen.

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Sozialrechtlich ist zu beachten: War der Mieter Rentenempfänger und hat der Vermieter in Unkenntnis, dass der Mieter verstorben ist, die Miete noch eingezogen, so ist der Rentenversicherungsträger nach § 118 Abs. 3, 4 SGB VI berechtigt, vom Vermieter die Miete in Höhe des Rentenbetrages zurückzufordern, soweit Zahlungen noch nach dem Tod des Mieters erfolgt sind, LSozG Schleswig-Holstein – Urt. v. 6.12.2001 – GW 2004 Heft 6 S. 66.

e) Verrechnung von Teilleistungen 102

Hat der Mieter nur einen Teil des Mietzinses gezahlt, so ist anhand der Verrechnungsbestimmung in § 366 BGB, die entsprechend anzuwenden ist, zu prüfen, worauf sich die Leistung bezieht,2 OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.1.2007 – NZM 2007, 685 = WuM 2007, 142.

Das ist wichtig, weil der Rückstand genau bezeichnet werden muss, wenn – eine Mietforderung, insbesondere aus einem Saldo, geltend gemacht wird, – eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs oder Zahlungssäumigkeit des Mieters ausgesprochen wird. Das Gleiche gilt, wenn der Mieter eine Leistung erbringt, die nicht ausreicht, um die Mietschulden auszugleichen. Es gilt die nachstehende Verrechnungsfolge: – Leistungsbestimmung des Schuldners (§ 366 Abs. 1 BGB), – Gesetzliche Verrechnungsfolge (§ 366 Abs. 2 BGB): – die für den Vermieter unsichere Forderung, – die für den Mieter lästigere Forderung, – die ältere Forderung, – anteilsmäßige Tilgung aller Forderungen. Nach § 366 Abs. 2 BGB richtet sich die Tilgungsfolge auch dann, wenn der Mieter mit einem Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung aufrechnet, ohne eine hiervon abweichende Bestimmung getroffen zu haben; die Aufrechnung bezieht sich auf die ihm lästigere Schuld, LG Hamburg DWW 1993, 237. 1 S. dazu Manthey ZMR 2002, 338. 2 S. zu § 535 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 171; Staudinger/Emmerich Rn. 89.

280

Leistung der Miete

Rn. III 106

Bevor die gesetzliche Verrechnungsfolge zum Tragen kommt, muss geprüft werden, ob sich aus dem Zahlungsverhalten des Mieters eine schlüssige Verrechnungsbestimmung ergibt.

103

Zahlt der Mieter während eines laufenden Monats einen Betrag in Höhe einer Monatsmiete zum Fälligkeitstermin der jeweiligen Mieten, so kann das bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, dass damit der Mietzins für den betreffenden Monat gezahlt sein soll, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9. 3.2000 – ZMR 2000, 605.

Zahlt ein Mieter mehr als den monatlichen Mietzins, so liegt darin eine stillschweigende Leistungsbestimmung, dass zunächst der laufende Mietzins getilgt werden soll und nur der Rest auf Rückstände zu verrechnen sei, LG Berlin GE 2000, 1256, NZM 2002, 65.

Die Verrechnungsbestimmung muss bei der Leistung getroffen werden und kann einseitig nicht nachgeholt werden. Die gesetzliche Tilgungsreihenfolge wird also nicht allein dadurch außer Kraft gesetzt, dass der Schuldner von mehreren rückständigen Mietzinsraten nachträglich gerade die Forderung unstreitig stellt, die nach § 366 Abs. 2 BGB vorrangig zu tilgen ist,

104

OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.2000 – DWW 2000, 89.

Zahlt der Mieter von Wohnraum dagegen geringere Beträge als den Mietzins, so sind die Zahlungen zunächst auf die vereinbarten für den Vermieter unsichereren Betriebskostenvorauszahlungen zu verrechnen,1

105

OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.3.2006 – GE 2006, 647: Das beruht auf der Erwägung, dass rückständige Nebenkostenvorauszahlungen nach Ablauf der Abrechnungsreife nicht mehr verlangt werden können, diese dem Vermieter mithin i.S. von § 366 Abs. 2 BGB eine geringere Sicherheit bieten, LG Berlin GE 2002, 1336, GE 2005, 433.

Der für den Mieter lästigere Mietrückstand ist derjenige, der am ehesten eine fristlose Kündigung nach sich ziehen kann, LG Hamburg a.a.O., ebenso AG Hamburg-Wandsbek ZMR 2002, 128, wenn der Mieter die laufende Miete und restliche Kaution schuldet.

In der Praxis wird häufig übersehen, dass dem Gläubiger kraft Gesetzes keine Verrechnungsbefugnis zusteht. Sie geht selbst dann nicht auf ihn über, wenn der Schuldner dieses Recht nicht ausübt; vielmehr gilt dann die Verrechnungsfolge in § 366 Abs. 2 BGB, OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.1.2007 – NZM 2007, 685 = WuM 2007, 142.

Der Gläubiger ist aber an eine von ihm vorprozessual vorgenommene unrichtige Verrechnung von Zahlungen des Mieters, zu der er einseitig nicht berechtigt ist, dann gebunden, wenn die Parteien diese Verrechnung vertraglich vereinbart haben, KG – Urt. v. 8.5.2003 – GE 2003, 1156. 1 Das Gleiche gilt übrigens für die Verrechnung des Kautionsguthabens auf Mietrückstände des Mieters: OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – NZM 2001, 1125.

281

106

Rn. III 107

Miete und Mietsicherung

Eine solche Vereinbarung kann jedenfalls im kaufmännischen Verkehr auch noch nachträglich dadurch stillschweigend getroffen werden, dass der Mieter eine Verrechnungserklärung des Vermieters widerspruchslos hinnimmt (BGH NJW-RR 1995, 1257, 1258), OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.2000 – DWW 2000, 89.

Eine bloße Zahlungserinnerung des Vermieters unter Aufschlüsselung des angeblich noch geschuldeten Saldos ist aber grundsätzlich noch nicht als schlüssiges Angebot auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung zu qualifizieren, wenn dies einen Erlass (§ 397 BGB) zur Folge hätte und der Zahlungserinnerung ein entsprechender Wille des Vermieters nicht zu entnehmen ist, KG – Urt. v. 8.5.2003 – GE 2003, 1156.

Abweichende Vereinbarungen sind – auch formularmäßig – grundsätzlich zulässig, soweit bei der Wohnraummiete das Verrechnungsrecht des Mieters nach § 366 Abs. 1 BGB unberührt bleibt (s. Rn. II 215). f) Flächenabweichungen und Mietzahlung 107

Häufiger stellt sich die Frage, welche Auswirkungen sich im Hinblick auf die Mietzahlungspflicht ergeben, wenn die Angaben zur Mietfläche im Mietvertrag von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen. Zugrunde zu legen ist, dass die Angaben zur Wohnfläche im Mietvertrag im Allgemeinen nicht nur eine unverbindliche Objektbeschreibung darstellen, sondern als Beschaffenheitsvereinbarung zu werten sind, und zwar auch dann, wenn die Wohnfläche nicht ausdrücklich als „vereinbart“ bezeichnet, sondern schlicht nur aufgeführt ist, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 (Rz. 13, 14) = ZMR 2007, 681, 682.

Abgesehen von den gewährleistungsrechtlichen Folgen zugunsten des Mieters (s. dazu Rn. VII 117) sind die nachstehenden Gesichtspunkte zu beachten: 108

Ist keine qm-Miete vereinbart und stellt sich heraus, dass die tatsächliche Fläche größer als die im Mietvertrag ausgewiesene oder vereinbarte, so ist der Vermieter nicht berechtigt, den betragsmäßig vereinbarten Mietzins zu ändern, und zwar weder nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung noch wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage. Von der Vereinbarung einer qm-Miete kann im Zweifel auch dann nicht ausgegangen werden, wenn eine solche zwar im Mietvertrag ausgewiesen ist, jedoch nur eine „ca.“-Fläche genannt ist; denn dies spricht dafür, dass die tatsächliche qm-Zahl für die Bemessung der monatlichen Miete nach der Vorstellung der Parteien keine entscheidende Rolle spielen sollte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.5.2002 – GuT 2002, 132 = ZMR 2002, 594.1

Ist dagegen eine qm-Miete vereinbart und ist die Fläche unzutreffend zu hoch angegeben, so wird auch die Mietzinsberechnung unzutreffend, so dass der 1 Zum Fall: Im Mietvertrag war die Miete mit „ca. 87,27 qm x 40 DM = 3490,80 DM“ und die Mietfläche mit „ca. 87,27 qm“ vereinbart, während diese 107,71 qm betrug.

282

Leistung der Miete

Rn. III 109

(irrtümlich) überzahlte Betrag nach § 812 Abs. 1 BGB zurückgefordert werden kann. Zahlt der Mieter die Miete jedoch längere Zeit vorbehaltlos, so kann konkludent durch die ständige Übung eine Festschreibung der zunächst vereinbarten Miete erfolgen, selbst wenn diese über der rechnerischen qm-Miete liegt, KG – Urt. v. 25.1.2001 – GE 2001, 622.1

In der neueren Rspr. ist anerkannt, dass die Parteien auch bei der Wohnraummiete eine von den tatsächlichen Verhältnissen abweichende Fläche vereinbaren können, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker): Auf eine Differenz zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Wohnfläche kommt es nach der Rspr. des Senats nicht an, wenn die Abweichung unerheblich ist, d.h. nicht mehr als 10% beträgt (Urt. v. 24.3.2004 – NJW 2004, 1947 = WuM 2004, 336 zur Minderung, Urt. v. 23.5.2007 – NJW 2007, 2626 = WuM 2007, 450 zur Mieterhöhung nach § 558 BGB). Für die Abrechnung der Betriebskosten gilt nichts anderes; KG – Urt. v. 28.11.2005 – NZM 2006, 296 = WuM 2006, 35 = ZMR 2006, 284 bezüglich der Betriebskostenabrechnung; s. auch BGH – Urt. v. 22.2.2006 – NZM 2006, 375 = WuM 2006, 245 = ZMR 2006, 439 = MietRB 2006, 209 (Kunze) bezüglich der Anrechnung der Terrassenfläche im Hinblick auf eine Mietminderung.

Das mag für das Gewährleistungsrecht zutreffen, verstößt jedoch – was Mietzinsbildung, Mieterhöhung und Betriebskostenumlage anbelangt – gegen § 557 Abs. 4 BGB, weil hierdurch eine mittelbare Mieterhöhung bewirkt wird.2 Ein Rückgriff auf die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage ist im Falle einer Mieterhöhung zugelassen worden, wenn beide Parteien sich bei Abschluss der Erhöhungsvereinbarung gemeinsam über die Flächengröße geirrt und eine größere Wohnfläche als tatsächlich vorhanden zugrunde gelegt haben. Hier soll es geboten sein, die Abrede den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen, sofern die Differenz zwischen der tatsächlichen Fläche und der für die Mieterhöhung zugrunde gelegten größeren Fläche wesentlich ist. Die Wesentlichkeitsgrenze ist bei einer Abweichung von wenigstens 10% der tatsächlichen Fläche gegenüber der für die Mieterhöhung zugrunde gelegten Fläche angenommen worden, BGH – Urt. v. 7.7.2004 – NZM 2004, 699 = WuM 2004, 485 = ZMR 2004, 749, s. auch LG Hamburg NZM 2000, 1221 (Vorinstanz), jedoch ohne Eingrenzung durch eine Erheblichkeitsschwelle.

Wird diese Schwelle überschritten, so hat der Vermieter die gesamte Differenz – also nicht nur berechnet ab der Wesentlichkeitsgrenze von mehr als 10% – 1 Zum Fall: Die Vertragsparteien hatten vereinbart, dass die Mietfläche durch ein gesondertes Aufmaß festgestellt werden sollte; hierauf hatte der Mieter jedoch lange Zeit nicht gedrungen. 2 Diese Gefahr hat auch der BGH – Urt. v. 7.7.2004 – NZM 2004, 699 = WuM 2004, 485 = ZMR 2004, 740 erkannt: „Wird der Berechnung (der Mieterhöhung) eine zu große Wohnfläche zugrunde gelegt, so könnte der Vermieter danach eine Miete erzielen, die über der ortsüblichen läge.“

283

109

Rn. III 110

Miete und Mietsicherung

der Mieterhöhung zu erstatten; anderenfalls bleibt diese zugunsten des Vermieters gänzlich unberücksichtigt (BGH a.a.O.). Entsprechendes soll für ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach § 558 BGB gelten, wenn der Vermieter irrtümlich eine im Mietvertrag ausgewiesene und damit als vereinbart geltende kleinere als die tatsächlich gegebene Fläche angesetzt hat. Hieran soll er nicht gebunden sein, wenn die Flächenabweichung mehr als 10% beträgt, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 681, 682.

110

Gegen diese Rspr. bestehen Bedenken. Das gilt zunächst für die Entscheidung des BGH v. 7.7.2004.1 Ein Rückgriff auf die Folgen eines gemeinsamen Irrtums beruht auf der Annahme, dass nicht nur der Vermieter, sondern auch der Mieter sich in gleicher Weise über die Kalkulationsgrundlagen geirrt haben: Es muss ein sog. „offener“ gemeinsamer Irrtum vorgelegen haben. Er setzt im Regelfall voraus, dass die Parteien die Größe der Fläche erörtert, zumindest gemeinsam in Betracht gezogen haben.2 Indes ist diese Voraussetzung in der Praxis eher die Ausnahme, da der Mieter in Bezug auf die Flächenangaben selten eigene Vorstellungen entwickelt, sondern die Angaben des Vermieters als „gegeben“ hinnimmt, ihnen vertraut; die Diskussion zwischen den Parteien geht in der Regel nur um die Bewertung der Fläche und damit um das Ausmaß der Erhöhung. Die Angabe der Fläche fällt in den Kenntnis- und Leistungsbereich allein des Vermieters, so dass insoweit seine Vertrauenshaftung nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB gegeben ist (s. dazu Rn. I 291). Leitet er auf der Grundlage eines Umstandes, der in seinen Verantwortungsbereich fällt, einen Anspruch ab, so ist es seine Sache, dessen Richtigkeit zu überprüfen, während es vom Mieter nicht erwartet werden kann, dass er diesen Umstand sorgfältig prüft.3 Vertraut der Vermieter auf dessen Beschaffenheit in der einen oder anderen Weise, ohne zu prüfen, so handelt er auf sein Risiko. Nimmt er ein solches Risiko bewusst oder unbewusst in Kauf, so handelt er zumindest leicht fahrlässig. Er kann das Risiko der Flächenabweichung nicht teilweise auf den Mieter abschieben, weil jener eben ihm – dem Vertragspartner – vertraut hat. Gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze über die veränderte Geschäftsgrundlage spricht zudem, dass die Flächengröße – wie erwähnt – allein in die Risikosphäre des Vermieters fällt. Sollte tatsächlich ein gemeinsamer Irrtum beider Parteien vorliegen (und auf Seiten des Mieters nicht nur das Vertrauen in die Richtigkeit der Vermieterangaben – wenn man so sagen will: ein mediatisierter Irrtum), so kommt eine 1 S. auch die Kritik von Wiek WuM 2004, 497. 2 S. dazu Palandt/Heinrichs BGB § 119 Rn. 19. 3 Dies verkennt auch der BGH – Urt. v. 7.7.2004 – WuM 2004, 486 = ZMR 2004, 740 nicht: „Die zuverlässige Ermittlung der tatsächlichen Wohnungsgröße ist grundsätzlich Aufgabe des Vermieters. Er hat deshalb das Risiko einer unzutreffenden Wohnflächenangabe im Mietvertrag in einem Mieterhöhungsverlangen oder einer Betriebskostenabrechnung zu tragen.“ Er zieht hieraus allerdings nicht die gebotenen Haftungsfolgen.

284

Leistung der Miete

Rn. III 111

korrigierende Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Willen der Parteien in Betracht, die zu dem Ergebnis führt, dass stets die tatsächliche Fläche zugrunde zu legen ist.1 Für eine Wesentlichkeitsgrenze ist kein Raum. Das hat zur Folge, dass Flächendifferenzen stets zu Gunsten des Mieters auszugleichen sind. Die Entscheidung des BGH vom 23.5.2007 zur Wohnflächenabweichung bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB lässt sich auf das Argument reduzieren, dass der Vermieter von Wohnraum infolge des Kündigungsschutzes bei unbefristeten Mietverhältnissen nicht in der Lage ist, seinen ansonsten nicht anfechtbaren Kalkulationsirrtum über die vereinbarte Wohnfläche (§ 119 Abs. 2 BGB) durch eine Änderungskündigung zu korrigieren. Es sei daher nicht zumutbar, an seinem Irrtum auf Dauer festzuhalten, wenn die vertragliche Wohnfläche wesentlich – d.h. um mehr als 10% – überschritten werde. Diese Argumentation wirft eine Reihe ungeklärter Fragen auf: Ist die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag als Wohnflächenvereinbarung zu werten, so liegt darin in der Regel zugleich eine die Mieterhöhung insoweit ausschließende Vereinbarung nach § 557 Abs. 3 BGB (Rn. IV 281, 282). Auf deren Bestand kann der Mieter grundsätzlich vertrauen, zumal der Vertrauensschutz die Grundlage der eingeschränkten Irrtumsanfechtung ist. Man kann diese dogmatische Grundlage nicht über Treu und Glauben gegen den Kündigungsschutz für Wohnraum ausspielen. Mit derartigen Erwägungen ließen sich wohlfeil nahezu alle dogmatischen Hürden überspringen, um ein für den Vermieter ungünstiges Ergebnis zu korrigieren. Hinzu kommt, dass die Argumentation des BGH dann nicht tragen könnte, wenn das Mietverhältnis schon aus rechtsgeschäftlichen Gründen befristet nicht kündbar wäre, z.B. bei Abschluss eines Zeitmietvertrages nach § 575 BGB oder Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses.

110a

Zur gerichtlichen Durchsetzung von Mietzinsansprüchen s. Rn. XIV 49 und zur Geltendmachung im Urkundsverfahren Rn. XIV 109. Probleme ergeben sich auch bei der Beitreibung von Mietforderungen im prozessualen wie im außerprozessualen Bereich,2 zumal der Selbsthilfe enge Grenzen gesetzt sind (zur Durchsetzung des Vermieterpfandrechts gemäß § 562 BGB s. Rn. III 229). g) Abtretung und Pfändung aa) Abtretung Die Klausel in einem Grundstückskaufvertrag, dass dem Erwerber die Nutzungen nach Übergabe des Kaufgegenstandes (bzw. ab einem bestimmten Stichtag) zustehen, enthält noch keine Abtretung der Mietforderungen, 1 Wiek WuM 2004, 487, 489; ferner zu § 119 BGB: Erman/Palm Rn. 38; Palandt/Heinrichs Rn. 20. 2 Horst MDR 2003, 1035 zu Pfändung, Teilzahlungsvergleichen und (unzulässigen) Beitreibungsspielarten; Horst/Schiffer, Inkassomanagement bei Gewerbemietverhältnissen, NZM 2005, 121.

285

111

Rn. III 111a

Miete und Mietsicherung

BGH – Urt. v. 2.7.2003 – NZM 2003, 716 = ZMR 2003, 732, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.4.1993 – MDR 1993, 754.

Das Gleiche gilt für die Klausel, dass der Erwerber in die bestehenden Mietund Pachtverträge eintritt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.6.1994 – MDR 1994, 1009 = ZMR 1994, 505.

Anders verhält es sich mit der Formulierung, dass alle Rechte aus einem bestimmten Mietverhältnis am Tag der Übergabe (bzw. an einem bestimmten Stichtag) übergehen, BGH – Urt. v. 2.7.2003 – NZM 2003, 716 = ZMR 2003, 732.

111a

Einer isolierten Abtretung ohne gleichzeitige Übernahme der Pflichten aus dem Mietvertrag steht § 399 Hs. 1 BGB nicht entgegen. Der Mieter erleidet nämlich durch die Abtretung im Hinblick auf § 404 BGB keinen Nachteil; der Vermieter bleibt auch nach der Abtretung sein Vertragspartner, BGH – Urt. v. 2.7.2003 – NZM 2003, 716 = ZMR 2003, 732.

Die Abtretung mehrerer Forderungen in Höhe eines Teilbetrages ist nur wirksam, wenn – auch aus der Sicht des Schuldners – bestimmbar ist, auf welche Forderung oder Teilforderung sich die Abtretung in welcher Höhe bezieht. Das setzt voraus, dass die Höhe oder die Reihenfolge aufgeschlüsselt sind, in der die Forderungen von der Teilabtretung erfasst sein sollen, OLG Köln – Urt. v. 19.1.2005 – MDR 2005, 975.

Die Abtretung einer Forderung auf künftige Miete aus einem Mietvertrag über ein Grundstück ist erst mit dem Beginn des jeweiligen Nutzungszeitraums abgeschlossen; das ist wichtig, wenn es auf den Zeitpunkt einer angefochtenen Handlung wegen Gläubigerbenachteiligung ankommt, BGH – Urt. v. 30.1.1997 – ZMR 1997, 223.

Hat der Vermieter den Mietzins aus einem befristeten Mietverhältnis an einen Dritten abgetreten und ist die Abtretung dem Mieter angezeigt, so können die Mietvertragsparteien das Mietverhältnis nicht vorzeitig einverständlich auflösen; vielmehr müssen sie sich an die Vertragsbindung im Verhältnis zum Zessionar festhalten lassen, OLG Rostock – Urt. v. 10.12.2007 – NZM 2008, 449 = ZMR 2008, 234: Die Parteien haben ihr Gestaltungsrecht, den Mietvertrag jederzeit kündigen zu können, für einen bestimmten Zeitraum abbedungen.

111b

Eine Formularklausel, nach der der Mieter im Falle der Untervermietung die aus dem Untermietverhältnis entstehenden Forderungen auf Untermietzins an den Vermieter in Höhe von dessen Mietforderung zur Sicherheit abtritt, ist mangels ausreichender Bestimmtheit unwirksam, OLG Hamburg – Urt. v. 10.12.1998 – NZM 1999, 806 = WuM 1999, 278 = ZMR 1999, 328.

286

Aufrechnung und Zurückbehaltung

Rn. III 112

bb) Pfändung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind außerhalb des von § 851b ZPO erfassten Bereichs uneingeschränkt pfändbar,1

111c

BGH – Beschl. v. 21.12.2004 – NZM 2005, 192 = ZMR 2005, 288.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters können die absonderungsberechtigten Grundpfandgläubiger die mithaftenden Mieten nicht mehr pfänden, BGH – Beschl. v. 13.7.2006 – ZMR 2006, 851.

5. Aufrechnung und Zurückbehaltung a) Aufrechnung Die Neuregelung in § 556b Abs. 2 BGB erweitert das frühere Recht in § 552a BGB a.F. für die Wohnraummiete zugunsten des Mieters: Zum einen sind Verwendungsersatzansprüche, die in § 536a BGB geregelt sind und zum Teil Ansprüche aus § 547 Abs. 2 BGB a.F. einbeziehen, erfasst; zum anderen fallen hierunter auch Rückforderungsansprüche des Mieters wegen zu viel gezahlter Miete. Zu den Mietforderungen des Vermieters, gegenüber denen der Mieter – wenngleich unter den Beschränkungen des § 556b Abs. 2 BGB – aufrechnen darf, zählt auch der Anspruch auf Zahlung des Abrechnungssaldos aus einer Betriebskostenabrechnung; denn auch hierbei handelt es sich um einen Teil der Gegenleistung für den Mietgebrauch.2 Die Vorschrift des § 556b Abs. 2 BGB steht neben den Klauselverboten in § 309 Nr. 2, 3 BGB und bezieht sich insbesondere auch auf Individualvereinbarungen in Wohnraummietverträgen. Einschränkungen der Aufrechnungsbefugnis und des Zurückbehaltungsrechts in Formularverträgen über Wohnraum müssen beiden Normkomplexen genügen. Infolge der Gesetzesänderung zur Fälligkeit der Miete (§§ 556b Abs. 1, 579 Abs. 2 BGB) sowie der Aufrechnungsregel des § 556b Abs. 2 BGB ist die Rspr. zur Unwirksamkeit von Vorfälligkeitsklauseln in Verbindung mit Aufrechnungsausschlüssen, die die Unabdingbarkeit der Mietminderung berühren (s. Rn. III 89), nur noch für Mietverträge, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind, bedeutsam.3 Für derartige Verträge ist eine Vorfälligkeitsklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum unwirksam, wenn der Vertrag zugleich eine Klausel enthält, nach der es dem Mieter verwehrt ist, mit Rückforderungsansprüchen wegen überzahlter Miete aufzurechnen, es sei denn, dass diese Ansprüche unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind. Damit würde 1 S. dazu Bub/Treier/Belz Rn. VII A 5. 2 S. zu § 556b BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 40; Staudinger/Weitemeyer Rn. 21; a.A. AnwKomm/Frommeyer Rn. 6; Lammel Rn. 39. An der in Mietrecht Rn. III 128 vertretenen Auffassung hält der Verfasser nicht mehr fest. 3 S. dazu Gellwitzki WuM 2001, 373.

287

112

Aufrechnung und Zurückbehaltung

Rn. III 112

bb) Pfändung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind außerhalb des von § 851b ZPO erfassten Bereichs uneingeschränkt pfändbar,1

111c

BGH – Beschl. v. 21.12.2004 – NZM 2005, 192 = ZMR 2005, 288.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters können die absonderungsberechtigten Grundpfandgläubiger die mithaftenden Mieten nicht mehr pfänden, BGH – Beschl. v. 13.7.2006 – ZMR 2006, 851.

5. Aufrechnung und Zurückbehaltung a) Aufrechnung Die Neuregelung in § 556b Abs. 2 BGB erweitert das frühere Recht in § 552a BGB a.F. für die Wohnraummiete zugunsten des Mieters: Zum einen sind Verwendungsersatzansprüche, die in § 536a BGB geregelt sind und zum Teil Ansprüche aus § 547 Abs. 2 BGB a.F. einbeziehen, erfasst; zum anderen fallen hierunter auch Rückforderungsansprüche des Mieters wegen zu viel gezahlter Miete. Zu den Mietforderungen des Vermieters, gegenüber denen der Mieter – wenngleich unter den Beschränkungen des § 556b Abs. 2 BGB – aufrechnen darf, zählt auch der Anspruch auf Zahlung des Abrechnungssaldos aus einer Betriebskostenabrechnung; denn auch hierbei handelt es sich um einen Teil der Gegenleistung für den Mietgebrauch.2 Die Vorschrift des § 556b Abs. 2 BGB steht neben den Klauselverboten in § 309 Nr. 2, 3 BGB und bezieht sich insbesondere auch auf Individualvereinbarungen in Wohnraummietverträgen. Einschränkungen der Aufrechnungsbefugnis und des Zurückbehaltungsrechts in Formularverträgen über Wohnraum müssen beiden Normkomplexen genügen. Infolge der Gesetzesänderung zur Fälligkeit der Miete (§§ 556b Abs. 1, 579 Abs. 2 BGB) sowie der Aufrechnungsregel des § 556b Abs. 2 BGB ist die Rspr. zur Unwirksamkeit von Vorfälligkeitsklauseln in Verbindung mit Aufrechnungsausschlüssen, die die Unabdingbarkeit der Mietminderung berühren (s. Rn. III 89), nur noch für Mietverträge, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind, bedeutsam.3 Für derartige Verträge ist eine Vorfälligkeitsklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum unwirksam, wenn der Vertrag zugleich eine Klausel enthält, nach der es dem Mieter verwehrt ist, mit Rückforderungsansprüchen wegen überzahlter Miete aufzurechnen, es sei denn, dass diese Ansprüche unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind. Damit würde 1 S. dazu Bub/Treier/Belz Rn. VII A 5. 2 S. zu § 556b BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 40; Staudinger/Weitemeyer Rn. 21; a.A. AnwKomm/Frommeyer Rn. 6; Lammel Rn. 39. An der in Mietrecht Rn. III 128 vertretenen Auffassung hält der Verfasser nicht mehr fest. 3 S. dazu Gellwitzki WuM 2001, 373.

287

112

Rn. III 113

Miete und Mietsicherung

nämlich die bei der Wohnraummiete unabdingbare Mietminderung (s. § 536 Abs. 4 BGB) beeinträchtigt, BGH – RE v. 26.10.1994 – BGHZ 127, 245 = NJW 1995, 254 = WuM 1995, 28, einschränkend BGH – Urt. v. 14.11.2007 – WuM 2008, 152 = MietRB 2008, 162 (Riecke), s. dazu Rn. III 89.

113

Eine unzulässige Einschränkung der Befugnis zur Mietminderung ist auch darin gesehen worden, dass die Aufrechnung von einer Ankündigungsfrist, die der Regelung des § 556b Abs. 2 BGB (= § 552a BGB a.F.) nicht entspricht, oder vom Nichtbestehen von Zahlungsrückständen abhängig gemacht worden ist; auch dies führt zur Unwirksamkeit der Vorauszahlungsklausel, LG Berlin MDR 1997, 236 = WuM 1996, 541, LG Lüneburg ZMR 1999, 175, LG München I WuM 1998, 553.

Ist die Klausel in den vorerwähnten Altverträgen unwirksam, was nunmehr nach den Wertungskriterien des neuen Rechts (§ 556b Abs. 2 BGB) zu prüfen ist, so richtet sich die Rechtsfolge nicht nach § 556 Abs. 1 BGB, sondern nach bisherigem Recht mit der Folge der nachträglichen Zahlungspflicht gemäß § 551 BGB a.F., AG Saarbrücken WuM 2004, 657.

Die Unwirksamkeit der Vorauszahlungsklausel (in Verbindung mit einer Aufrechnungsbeschränkung) folgt noch nicht daraus, dass der Mieter die Miete durch Dauerauftrag bis zum 3. des Monats zu zahlen hat (so aber LG Berlin WuM 2007, 13); denn hierdurch wird die Minderungsbefugnis nicht aufgehoben, sondern in ihrer Wirkung nur zeitlich verschoben, s. auch BGH – Urt. v. 14.11.2007 – WuM 2008, 152 = MietRB 2008, 162 (Riecke).

113a

Während für Mietverhältnisse über Wohnraum die gesetzlichen Aufrechnungsbeschränkungen nicht zum Nachteil des Mieters abbedungen werden dürfen, können bei Mietverhältnissen über Gewerberäume weiter gehende Beschränkungen vereinbart werden. Für Formularklauseln gilt die Grenze in §§ 307, 309 Ziff. 3 BGB (s. Rn. II 3), zu Aufrechnungsklauseln s. Rn. II 108 f. Im Übrigen konnten und können bei der Inhaltskontrolle die Schranken, die sich bei der Wohnraummiete aus dem Zusammenspiel von Vorfälligkeitsklauseln und Aufrechnungsbeschränkungen ergeben, bei Mietverhältnissen über Gewerberäume nicht gelten, weil bei diesen Mietverhältnissen die Mietminderung nicht unabdingbar ist, OLG Köln – Urt. v. 30.10.1997 – WM 1998, 23 = ZMR 1998, 763.

114

Aufrechnungsbeschränkungen gelten nach Beendigung des Mietverhältnisses und Räumung fort; Klauseln über eine befristete Ankündigung der Aufrechnung allerdings nur bis zur Rückgabe des Mietobjekts (s. Rn. II 113). Wichtig erscheint der Hinweis auf eine Rspr. des BGH außerhalb des Mietrechts: Danach soll sich der Gläubiger nicht auf ein Aufrechnungsverbot berufen dürfen, wenn er in Vermögensverfall geraten ist und der Schuldner nur noch im Wege der Aufrechnung Befriedigung finden kann, BGH – Urt. v. 26.2.1987 – MDR 1987, 816 für das Aufrechnungsverbot in § 32 ADSp, BGH – Urt. v. 19.9.1988 – MDR 1989, 44 für vertragliches Aufrechnungsverbot.

288

Aufrechnung und Zurückbehaltung

Rn. III 116

Im Fall der Mieterinsolvenz kann der Vermieter seinen Anspruch auf Zahlung von Miete – auch bei Wohnraummietverhältnissen – nur gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen,1

115

OLG Celle – Beschl. v. 6.10.2003 – ZMR 2004, 505 für den Räumungs- und Herausgabeanspruch.

Bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Mieten sind Insolvenzforderungen nach § 38 InsO, die zur Tabelle anzumelden sind und nur mit einer Quote befriedigt werden (s. § 108 Abs. 2 InsO). Nach Eröffnung des Verfahrens fällig gewordene Mietzinsforderungen können dagegen Masseverbindlichkeiten sein, wenn der Insolvenzverwalter das Grundstück zur Masse gezogen hat, d.h. wenn er die Mieträume dem Schuldner weiter belässt und der Schuldner sie weiter nutzt, OLG Rostock – Beschl. v. 26.2.2007 – ZMR 367, s. auch BGH – Urt. v. 1.3.2007 – NZM 2007, 500: Hat der Insolvenzverwalter die Mietsache nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens genutzt, ohne die Erfüllung des Mietvertrages zu verlangen, stellt der Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung eine Masseforderung dar.

Eine Aufrechnung ist nur nach Maßgabe der §§ 94–96 InsO zulässig. Der Vermieter kann mit seinen Ansprüchen auf Zahlung von Miete aus der Zeit vor Eröffnung des Verfahrens gegenüber einem Anspruch des Insolvenzverwalters auf Auszahlung eines Abrechnungsguthabens nur aufrechnen, wenn die Betriebskostenabrechnung vor Eröffnung des Verfahrens erfolgt ist. Ist die Abrechnung erst danach erstellt worden, ist die Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 InsO unzulässig, LG Chemnitz ZMR 2003, 574.

Im Falle der Vermieterinsolvenz kann der Mieter gegenüber den Mietzinsforderungen nur für denjenigen Kalendermonat aufrechnen, in dem das Verfahren eröffnet worden ist; erfolgte die Eröffnung erst nach dem 15. eines Monats, so besteht die Aufrechnungsmöglichkeit noch für den folgenden Monat (§ 110 Abs. 3 InsO). Durch diese Regelung wird die weiter gehende Aufrechnungsmöglichkeit nach § 95 Abs. 1 InsO nicht beschränkt,

115a

BGH – Urt. v. 21.12.2006 – NZM 2007, 162.

Auch soll der Mieter gehindert sein, mit Ansprüchen auf Erstattung von Herstellungskosten gegenüber dem Anspruch des Zwangsverwalters auf Zahlung von Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB aufzurechnen, nachdem das Mietverhältnis beendet ist, OLG Rostock – Beschl. v. 9.7.2004 – MDR 2005, 139: Das Vertrauen des Mieters in die Aufrechnungslage ist nur so lange geschützt, als er das Grundstück berechtigt nutzt.

Die Aufrechnung mit einem (prozessualen) Kostenerstattungsanspruch setzt dessen Existenz voraus. Das ist nicht der Fall, bevor er nicht zumindest vorläufig vollstreckbar tituliert ist, vgl. LG Hamburg ZMR 2001, 802 für Zurückbehaltungsrecht des Vermieters. 1 S. ausführlich Horst ZMR 2007, 167 zu Mietforderungen in der Insolvenz des Mieters.

289

116

Rn. III 117

Miete und Mietsicherung

Will ein Mieter mit einem Kostenerstattungsanspruch nach Abschluss der ersten Instanz gegenüber Mietrückständen aufrechnen, so ist eine solche Aufrechnung auch dann zulässig, wenn in dem die Kostengrundentscheidung enthaltenden Urteil ausgesprochen ist, dass die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung erfolgen darf, und die Sicherheit nicht geleistet ist; denn der Kostenerstattungsanspruch ist als ein auflösend bedingter Anspruch anzusehen und die Aufrechnung mit solchen Forderungen ist ohne weiteres zulässig, OLG Köln – Urt. v. 31.8.2000 – ZMR 2001, 272.

117

Sonstige Aufrechnungsbeschränkungen: Ein Aufrechungsausschluss wird angenommen, wenn der Vermieter gegen Ansprüche des Mieters auf Erstattung preiswidriger Überzahlungen aufrechnen will, LG Hamburg ZMR 1993, 169.

Dagegen ist die frühere Rspr., nach der es dem Vermieter versagt war, mit (Mietzins-)Ansprüchen gegenüber Betriebskostenguthaben des Mieters aufzurechnen, aufgegeben worden, LG Berlin GE 1999, 379 (ZK 62), NZM 1999, 414 (ZK 61),

da bezüglich der Betriebskostenvorauszahlungen kein fremdnütziges Treuhandverhältnis vorliegt. Die Vorschrift des § 215 BGB gestattet ebenso wie früher § 399 Abs. 2 BGB, mit bereits verjährten Forderungen aufzurechnen, wenn eine frühere Aufrechnung in unverjährter Zeit möglich gewesen wäre. Zur Aufrechnung des Vermieters mit Ansprüchen, die der kurzen Verjährung nach § 548 BGB unterliegen, gegenüber dem Anspruch eines Genossenschaftsmieters auf Auskehrung des Genossenschaftsanteils s. Rn. XIII 218a. b) Zurückbehaltungsrecht 118

Neben der Mietminderung steht dem Mieter wegen seines Erfüllungsanspruchs auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes die Einrede aus § 320 BGB zu,1 was mit der unterschiedlichen Zielrichtung und Wirkung der beiden Institute begründet wird (BayObLG – RE v. 10.5.1999 – NZM 1999, 660). Sie kann einen Verzug auch dann ausschließen, wenn der Mieter das Zurückbehaltungsrecht nicht ausdrücklich geltend gemacht hat (BGHZ 84, 42, 44 f.); es genügt also der Bestand der Einrede, BGH – Urt. v. 11.6.1997 – WuM 1997, 488 = ZMR 1997, 567, BGH – Urt. v. 23.5.2003 – MDR 2003, 1105, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – NZM 2008, 522 = ZMR 2008, 693: Der Wille, die eigene Leistung wegen Ausbleibens der Gegenleistung zurückzuhalten, muss (aber) eindeutig erkennbar sein. 1 S. zum früheren Recht: Gellwitzki WuM 1999, 10; Gellwitzki WuM 2001, 373, 381; Schenkel NZM 1998, 502: Einrede des nichterfüllten Vertrages bei Mängeln in der Praxis.

290

Aufrechnung und Zurückbehaltung

Rn. III 121

Anders verhält es sich beim Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB wegen solcher Ansprüche, die nur Nebenpflichten des Vermieters betreffen und nicht in einem sog. unmittelbaren Austauschverhältnis zur Mieterleistung stehen: Hier wird der Verzug nur ausgeschlossen, wenn das Zurückbehaltungsrecht spätestens bei Fälligkeit der davon betroffenen Miete ausgeübt wird, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.4.1987 – ZMR 1988, 304, 305.

Wegen der nunmehr gesetzlich geregelten Vorleistungspflicht des Mieters (§ 556b Abs. 1 BGB) ist es für Neuabschlüsse ab dem 1.9.2001 problematisch, ob dem Mieter noch ein Zurückbehaltungsrecht am gerade fälligen Mietzins zugebilligt werden kann. Dies wird überwiegend bejaht.1 Für den Fall, dass nach früherem Recht die Vorauszahlungspflicht des Mieters durch Vertrag begründet worden war, hat der BGH entschieden, dass hierdurch nur der Zahlungszeitpunkt geändert worden ist, das Zurückbehaltungsrecht des Mieters aber unberührt bleibt,

119

BGH – Urt. v. 7.5.1982 – BGHZ 84, 42 = NJW 1982, 2242.

Durch die nunmehr gesetzlich geregelte Vorleistungspflicht hat der Gesetzgeber das Zurückbehaltungsrecht nicht ausschließen wollen, wie aus § 556b Abs. 2 BGB gefolgert werden kann (LG Krefeld NZM 2004, 298 = WuM 2004, 200). Dies ließe sich auch mit der Automatik der Mietminderung, die von der Mietrechtsreform unberührt geblieben ist, schwer vereinbaren. Es besteht indes nicht (mehr) für den Monat, in dem der Anlass für das Zurückbehaltungsrecht erwachsen ist (z.B. ein Mangel entstanden ist), sondern kann erst für den folgenden Monat ausgeübt werden, sofern der Mangel dann noch fortbesteht.2 Anderenfalls würde bei Auftreten eines Mangels im Verlaufe eines Mietzahlungszeitraums der Mieter, der seine Miete nicht gezahlt hat, sich also vertragswidrig verhält, besser gestellt werden als der pünktlich zahlende Mieter. Das wäre mit Treu und Glauben, deren Ausformung das Zurückbehaltungsrecht ist, nicht zu vereinbaren.3

120

Es gilt danach Folgendes:

121

(1) Ist der Mangel bereits am Anfang des Mietzahlungsabschnitts (z.B. des Monats) vorhanden und hat der Mieter die Miete noch nicht zu zahlen brauchen (z.B. weil die ersten drei Werktage noch nicht verstrichen sind), so steht ihm ein Zurückbehaltungsrecht zu. (2) Hat der Mieter rechtzeitig die Miete gezahlt und tritt danach ein Mangel auf, so kann er die folgende Miete zurückbehalten, wenn der Mangel bis zum nächsten Zahlungstermin fortbesteht. 1 S. dazu MünchKomm/Artz BGB § 556b Rn. 7; Schmidt-Futterer/Eisenschmid/Langenberg BGB § 536 Rn. 382, § 556b Rn. 8, 11; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556b Rn. 15; Sternel WuM 2002, 244, 247; Sternel in Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, 2003, S. 293, 300; abweichend: Lammel, Zur Einrede des nicht erfüllten Vertrages bei gleichzeitiger Minderung im Wohnraummietrecht, in Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, 2003, S. 275 f. 2 AnwKomm/Frommeyer BGB § 556b Rn. 3. 3 Anders Gellwitzki WuM 2001, 373, 382.

291

Rn. III 122

Miete und Mietsicherung

(3) Hat der Mieter nach Eintritt der Fälligkeit nicht gezahlt und tritt nach dem Fälligkeitszeitpunkt ein Mangel auf, so ist der Mieter zur Zurückbehaltung der Miete nicht berechtigt. Besteht der Mangel bis zum nächsten Zahlungstermin fort, so kann er für den folgenden Monat die Miete zurückbehalten. 122

Das Zurückbehaltungsrecht besteht wegen seiner Ausrichtung auf den Erfüllungsanspruch dann nicht, wenn die Mietvertragsparteien einen bestimmten, bei der Überlassung vorhandenen schlechten Zustand als vertragsgemäß vereinbart haben; der Schluss auf eine solche Vereinbarung soll häufig gerechtfertigt sein, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt,1 BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen).

Es ist jedoch gegeben, wenn der Mieter seine Gewährleistungsansprüche (etwa nach § 536b BGB oder § 242 BGB infolge Verwirkung) verloren hat, BGH – Urt. v. 18.6.1997 – WuM 1997, 488 = ZMR 1997, 505: Der Ausschluss der Gewährleistungsrechte lässt nicht ohne weiteres auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Erfüllungsanspruchs entfallen (so schon BGH – Urt. v. 7.5.1982 – BGHZ 84, 42, 45 = NJW 1982, 874, 875 = WM 1982, 296; NJW 1989, 3222, 3224). BGH – Urt. v. 26.2.2003 – NJW-RR 2003, 727 = NZM 2003, 355, 356 = ZMR 2003, 341, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 (Rz. 24) = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen): Der Anspruch des Mieters auf Erfüllung besteht neben der Minderung und kann dem Vermieter nach § 320 BGB entgegengehalten werden. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages hindert den Eintritt des Verzuges mit der Folge, dass eine fristlose Kündigung wegen Verzuges nicht möglich ist (Rz. 28): Der Mieter kann den Erfüllungsanspruch auch dann noch geltend machen, wenn die Minderung nach § 536b BGB ausgeschlossen ist. BayObLG – Beschl. v. 10.5.1999 – NZM 1999, 660 = WuM 1999, 392, VerfGH Berlin – Beschl. v. 19.8.2005 – GE 2005, 1346, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.5.2003 – ZMR 2003, 570.

123

Andererseits ist in Ausnahmefällen aber auch eine Rückkoppelung zur Verwirkung vorgenommen worden, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 (Rz. 29) = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen): Der Mieter kann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er einen unangemessen hohen Teil der Miete einbehält. Bei der Prüfung der Angemessenheit im Rahmen des § 320 Abs. 2 BGB kann der Rechtsgedanke des § 536b BGB herangezogen werden (BGH NJW 1989, 3222). BayObLG – Beschl. v. 10.5.1999 – NZM 1999, 660 = WM 1999, 392 = ZMR 1999, 616: In Ausnahmefällen kann der Erfüllungsanspruch ausgeschlossen sein (BGH NJW 1997, 2674, 2675) oder die gemäß § 320 Abs. 2 BGB nach den Grundsätzen von Treu und Glauben vorzunehmende Abwägung unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 539 BGB a.F. (s. jetzt § 536b BGB) zu einem Ausschluss der Einrede führen; s. auch BGH – Urt. v. 5.7.1989 – MDR 1989, 147 = NJW 1989, 3222, 3224.

124

Umfang des Zurückbehaltungsrechts: Im Allgemeinen beläuft sich das Zurückbehaltungsrecht auf den 3- bis 5fachen Betrag der Minderungsquote für 1 Zum Beispiel bei Anmietung einer „Bruchbude“.

292

Aufrechnung und Zurückbehaltung

Rn. III 126

einen zu behebenden Mangel; es wird aber gelegentlich auch auf das Vielfache des Aufwandes für die Mängelbeseitigung abgestellt, BGH – Urt. v. 26.3.2003 – ZMR 2003, 416 = NZM 2003, 437 = WuM 2003, 439: Grundsätzlich gewährt § 320 BGB ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem gesamten Mietzinsanspruch. Allerdings kann der Mieter gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er es in vollem Umfang geltend macht. Was als angemessen zu gelten hat, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. In der Literatur wird zum Teil das 3- bis 5fache des Minderungsbetrages oder des jeweils zur Reparatur erforderlichen Betrages abgestellt. Ein Zurückbehaltungsrecht nur in dieser Höhe mag im Einzelfall gerechtfertigt sein, wenn dem Mieter zuzumuten ist, die Reparatur – nach erfolgter Fristsetzung – selbst auszuführen. Die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts in 3facher Höhe der Herstellungskosten ist in einem Fall, in dem sich der Vermieter zur Erstellung einer Mauer verpflichtet hat, jedenfalls nicht übersetzt. VerfGH Berlin – Beschl. v. 19.8.2005 – GE 2005, 1346 für 3- bis 5fachen Betrag der angemessenen Mietminderung, LG Berlin ZMR 1996, S. VI Nr. 7: 3- bis 5facher Minderungsbetrag; abweichend: LG Saarbrücken NZM 1999, 757: 3facher Betrag der Beseitigungskosten,1 LG München I NZM 2000, 87: Die Höhe des Zurückbehaltungsrechts bestimmt sich nach den objektiven Kriterien, nicht generell nach einem Mehrfachen des zulässigen Minderungsbetrages.

Als Faustregel kann gelten: Je geringer die Minderungsquote ist, desto höher wird der Vervielfältiger für das Zurückbehaltungsrecht ausfallen, um eine Druckwirkung auf den Vermieter zu erzeugen, AG Neuss ZMR 1996 S. VI Nr. 8.

Die Bemessung des Zurückbehaltungsrechts nach dem Reparaturaufwand ist dogmatisch bedenklich; denn das Interesse des Mieters an der Behebung des Mangels orientiert sich nicht an den vom Vermieter aufzuwendenden Kosten, sondern an der Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes; für dieses Interesse ist der Minderwert maßgebend. Folgerichtig wird der Streitwert für den Anspruch auf Mängelbeseitigung in Anlehnung an § 9 ZPO nach dem Dreieinhalbfachen der an sich gegebenen Minderungsquote bemessen (BGH – Beschl. v. 13.2.2007 – WuM 2007, 207; zum früheren Recht s. auch BGH – Beschl. v. 18.2.2004 – NZM 2004, 295 = WuM 2004, 220). Hinzukommt, dass es unpraktikabel ist, auf die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten abzustellen; denn hierdurch können unnötige ermittlungsbedingte Streitpunkte entstehen.

125

Das Zurückbehaltungsrecht führt grundsätzlich nur zu einer Zug-um-ZugVerurteilung, außer wenn feststeht, dass der Vermieter seine Leistung – etwa wegen Insolvenz – nicht mehr erbringen kann,

126

OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.1989 – ZMR 1989, 300.

In der Rspr. wird zum Teil angenommen, dass sich ein neben dem Minderungsrecht begründetes Zurückbehaltungsrecht nur auf den jeweiligen Zahlungsmonat auswirkt, OLG Frankfurt – Urt. v. 23.4.1999 – ZMR 1999, 628. 1 S. auch Kokemüller WuM 1999, 201.

293

Rn. III 127

Miete und Mietsicherung

Dagegen ist einzuwenden, dass das Zurückbehaltungsrecht nicht im Kontext zum Mietgebrauch, sondern zur Instandsetzungspflicht des Vermieters steht. Mithin besteht das Zurückbehaltungsrecht des Mieters so lange fort, als dessen Erfüllungsanspruch noch nicht befriedigt ist. Der Erfüllungsanspruch greift über die einzelne Mietzahlungsrate und deren Zeitraum hinaus. Daran ändert nichts, dass der Erfüllungserfolg nur für die Zukunft wirkt. Die Periodisierung des Mietentgelts hat mit dem Zurückbehaltungsrecht nichts zu tun. Das wird etwa an dem Beispiel deutlich, dass ein Jahresmietzins oder ein Mietzins für die gesamte Mietzeit vereinbart wird.1 Gelegentlich wird gefordert, dass der Mieter nachweisen müsse, dass er den nicht gezahlten Mietzins tatsächlich zurückgelegt hat; denn nur dann lasse sich feststellen, dass ihm ernsthaft daran gelegen sei, durch das Zurückbehaltungsrecht den Vermieter zur Beseitigung der Mängel anzuhalten, LG Braunschweig ZMR 1999, 827.

Diese Auffassung verkennt, dass das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB kraft Gesetzes und automatisch gegeben ist, wenn seine Voraussetzungen vorliegen, ohne dass es auf seine Ausübung ankommt; allenfalls über § 242 BGB wäre ein solcher Ansatz möglich.2 127

Ausschlüsse und Wegfall des Zurückbehaltungsrechts: Ein Zurückbehaltungsrecht scheidet von vornherein aus, wenn die Parteien einen bestimmten, bei Überlassung vorhandenen schlechten Zustand der Mietsache konkret als vertragsgemäß vereinbart haben, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen); s. auch BGH – Urt. v. 20.1.1993 – NJW-RR 1993, 522 = WuM 1994, 201: Auch ein unter dem Mindeststandard liegender Zustand (eines vermieteten Wohngebäudes) ist dann vertragsgemäß, wenn er eindeutig vereinbart ist und der Mieter sich mit ihm einverstanden erklärt hat.

Der Mieter kann sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Anspruchs auf Mängelbeseitigung nicht für einen Zeitraum berufen, in dem er den Mangel dem Vermieter nicht angezeigt hat oder diesem sonst noch nicht bekannt war; denn zuvor war der Vermieter zur Abhilfe nicht in der Lage, LG Berlin NZM 1998, 475 = WuM 1998, 597.

Etwas anderes wird aber zu gelten haben, wenn der Vermieter schuldhaft den Mangel nicht kannte, etwa weil er sich um den Zustand des Mietobjekts nicht gekümmert hatte. 1 Ebenso Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 389; s. auch Herrlein/Kandelhard BGB § 536 Rn. 65: Die nicht erfüllte Dauerleistung bleibt ... auch für den folgenden Zeitabschnitt aktuell und ist dann (ohne Vorleistungspflicht einer Seite) im funktionalen Synallagma des § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB Zug um Zug mit der Gegenleistung verknüpft. 2 Beispiel: Der zahlungsschwache und oft säumige Mieter behält neben der Minderung einen wesentlichen Teil der Miete ein und es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass er nach Behebung der Mängel die zurückbehaltenen Beträge nicht an den Vermieter zahlen wird.

294

Aufrechnung und Zurückbehaltung

Rn. III 129

Ebenso wenig kann sich derjenige Mieter auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, der sich selbst nicht vertragsgetreu verhalten hat, z.B. mit mehreren Mieten im Rückstand ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.3.2001 – GE 2001, 692: 4 Monatsmieten.

Wegen seiner Zuordnung zum Erfüllungsanspruch entfällt das Zurückbehaltungsrecht des Mieters am Mietzins wegen Beseitigung eines Mangels gegenüber dem Vermieter, wenn dieser das Mietgrundstück veräußert hat; denn ab Eigentumserwerb ist nur noch der Erwerber zur Behebung des Mangels verpflichtet,1 BGH – Urt. v. 19.6.2006 – NZM 2006, 696 = WuM 2006, 435 = ZMR 2006, 761, LG Berlin WuM 2006, 145.

Das Zurückbehaltungsrecht entfällt auch, sobald der Mieter an der Erfüllung des Vertrages kein Interesse mehr hat, z.B. weil er geräumt und damit zu erkennen gegeben hat, dass er von der Mietsache keinen Gebrauch mehr machen will,

128

BGH – Urt. v. 25.1.1982 – MDR 1982, 573, OLG Köln – Urt. v. 19.12.2000 – ZMR 2001, 532, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.3.2003 – ZMR 2003, 570; anders OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.3.1989 – MDR 1989, 640, wenn der Mieter zwar gekündigt und geräumt hatte, jedoch bis zum Vertragsende erfüllungsbereit blieb.

Ferner kann er nach Beendigung des Mietverhältnisses die Nutzungsentschädigung wegen Nichtbehebung von Mängeln nicht zurückbehalten, weil ihm ein Anspruch auf Mängelbeseitigung nicht (mehr) zusteht, LG Düsseldorf DWW 2000, 26.

Schließlich kann das Zurückbehaltungsrecht des Mieters verwirkt sein, wenn er infolge langen Zuwartens keinen Erfüllungsanspruch mehr hat, weil er sich so behandeln lassen muss, als habe er das Mietobjekt nunmehr als vertragsgemäß anerkannt, OLG Hamm – Beschl. v. 23.11.1999 – ZMR 2000, 93, LG München I WuM 1999, 688 bei Hinnahme eines Mangels über 11 Jahre.

Nach herrschender Meinung steht dem Mieter wegen seines Erfüllungsanspruchs auf Behebung von Mängeln nicht das Recht zu, die Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB zurückzuhalten. Da ihm ein effizienteres Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Mietzinsanspruch zusteht, wird einem Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Zustimmungsanspruch des Vermieters aus § 558 BGB das Schutzbedürfnis fehlen. Daraus lässt sich begründen, dass sich „aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt“, OLG Frankfurt – RE v. 29.7.1999 – NZM 1999, 795 = WuM 1999, 629.

Wegen seines Anspruchs auf Abrechnung der Betriebskosten steht dem Mieter nach Eintritt der Abrechnungsreife ein Zurückbehaltungsrecht nur an den laufenden Vorauszahlungen, nicht jedoch an der Grund- bzw. Nettomiete zu, 1 Ablehnend Gellwitzki WuM 2006, 126.

295

129

Rn. III 130

Miete und Mietsicherung

BGH – Urt. v. 29.3.2006 – NZM 2006, 533 = WuM 2006, 383 = ZMR 2006, 672, OLG Koblenz – Urt. v. 20.1.1994 – MDR 1995, 251 = WuM 1995, 154, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.9.2000 – MDR 2000, 1427 = ZMR 2001, 25, KG – Urt. v. 15.10.2001 – GE 2002, 129: nur bis zur Summe der für den Abrechnungszeitraum zu leistenden Kostenvorschüsse.

Es besteht auch nur bis zur Erteilung einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung, nicht aber wegen materieller Einwendungen gegen das Abrechnungsergebnis, LG Hamburg ZMR 2005, 622, AG Pinneberg ZMR 2003, 494; NZM 2005, 16 = ZMR 2004, 595, s. auch BGH – Urt. v. 29.3.2006 – NZM 2006, 533 = WuM 2006, 383 = ZMR 2006, 672.

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Auch kann der Mieter gegenüber dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Mietkaution kein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs auf Mängelbeseitigung ausüben; denn dies ist mit dem Sicherungszweck der Kaution nicht zu vereinbaren,1 BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 401 = ZMR 2007, 444 = MietRB 2007, 169 (Kurek), LG Hamburg WuM 1991, 586, LG Köln WuM 1993, 605.

Andererseits ist dem Mieter von Gewerberaum ein Zurückbehaltungsrecht an der noch nicht geleisteten restlichen Kaution zugebilligt worden, wenn der Vermieter den bereits geleisteten Teil der Barkaution nicht getrennt von seinem Vermögen angelegt hat, OLG Nürnberg – Urt. v. 23.2.2006 – MDR 2006, 1100.

Umgekehrt kann der Vermieter an der Mietsicherheit kein Zurückbehaltungsrecht ausüben, um die Erfüllung von Ansprüchen zu erzwingen, die verjährt sind; denn dem steht das Wesen der Mietkaution als bloßes Sicherungsmittel entgegen, LG Mannheim WuM 1988, 362 wegen Beseitigung von Mängeln, LG Hamburg WuM 1991, 95 wegen Durchführung von Schönheitsreparaturen.

Auch wird dem Vermieter in Bezug auf seine Gebrauchsgewährpflicht grundsätzlich kein Zurückbehaltungsrecht zuzubilligen sein; denn seine Leistungspflicht ist – anders als die Pflicht zur Mietzahlung – nicht nachholbar. Das gilt insbesondere für das Zurückhalten von Versorgungsleistungen, s. Rn. VII 215. 131

In besonders gelagerten Fällen können sich das Zurückbehaltungsrecht des Vermieters und dasjenige des Mieters gegenseitig blockieren, BGH – Beschl. v. 8.7.1998 – NZM 1998, 766: Der Vermieter, der auf Grund des Mietvertrages verpflichtet ist, die Mieträume vor Bezug auszubauen, kann vor Ausführung dieser Arbeiten keinen Mietzins verlangen, so dass seine Kündigung aus § 554 BGB unwirksam ist. Die Nichtzahlung der Kaution durch den Mieter gibt ihm lediglich ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich seiner Ausbaupflichten. Der Mieter hingegen kann nach Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechts die Fertigstellung der Ausbauarbeiten nur Zug um Zug gegen Leistung der Kaution verlangen. Dies muss er spätes1 Zum Kündigungsrecht des Vermieters wegen Nichtleistung der Kaution s. Rn. XII 80.

296

Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung

Rn. III 135

tens bei der nach § 543 Abs. 3 BGB (§ 542 BGB a.F.) BGB vorgesehenen Fristsetzung berücksichtigen, sonst ist seine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= 542 BGB a.F.) unwirksam.

Abdingbarkeit des Zurückbehaltungsrechts: Das Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln der Mietsache kann bei Wohnraummietverhältnissen formularmäßig nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt – etwa von einer Ankündigung abhängig gemacht – werden (§ 309 Nr. 2 BGB). Jedoch kann eine Ankündigungsfrist nach Maßgabe des § 556b Abs. 2 BGB individualvertraglich vereinbart werden (s. dazu Rn. II 295).

132

Im kaufmännischen Verkehr kann das Zurückbehaltungsrecht formularmäßig jedenfalls dann nicht ausgeschlossen werden, wenn die Gegenansprüche des Mieters rechtskräftig feststehen, unstreitig oder entscheidungsreif sind (wie zu § 309 Nr. 3 BGB), BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170 = ZMR 1993, 320; vgl. auch LG Berlin WuM 1992, 239: Die formularmäßige Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts auf unbestrittene Gegenansprüche ist wirksam; a.A. OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.10.1994 – WuM 1995, 392 = ZMR 1995, 303 für den kaufmännischen Verkehr.

Auch soweit das Zurückbehaltungsrecht in den vorerwähnten Fällen selbst im kaufmännischen Verkehr nicht ausgeschlossen werden kann, kann seine Ausübung – auch formularmäßig – reguliert, etwa von einer Ankündigung unter Einhaltung einer Frist abhängig gemacht werden,

133

BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170 = ZMR 1993, 320, OLG Hamburg – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 264 = WuM 1998, 153, OLG Celle – Urt. v. 23.4.1997 – NZM 1998, 265.

6. Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung Die Regelung des bisherigen § 552 BGB a.F. ist inhaltlich im Wesentlichen durch § 537 BGB übernommen worden. Daher sind die Ergebnisse der bisherigen Rspr. weiter zu beachten.

134

Für die Anwendbarkeit des (bisherigen) § 552 Satz 1 BGB a.F. kam es nicht darauf an, ob der Mieter die Gebrauchsverhinderung zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 14.11.1990 – NJW-RR 1991, 267 = WM 1991, 25 = ZMR 1991, 57, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.7.1992 – ZMR 1992, 536.

Das entspricht auch der Rechtslage nach § 537 BGB, OLG Karlsruhe – Urt. v. 28.10.2004 – MDR 2005, 621 = ZMR 2005, 191.

a) Verwendungsrisiko des Mieters Räumt der Mieter vor Ablauf der Mietzeit, so schuldet er gleichwohl Mietzins (§ 537 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das soll auch dann gelten, wenn der Vermieter wegen Eigenbedarfs gekündigt hat, LG Wuppertal DWW 1988, 64.

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135

Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung

Rn. III 135

tens bei der nach § 543 Abs. 3 BGB (§ 542 BGB a.F.) BGB vorgesehenen Fristsetzung berücksichtigen, sonst ist seine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= 542 BGB a.F.) unwirksam.

Abdingbarkeit des Zurückbehaltungsrechts: Das Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln der Mietsache kann bei Wohnraummietverhältnissen formularmäßig nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt – etwa von einer Ankündigung abhängig gemacht – werden (§ 309 Nr. 2 BGB). Jedoch kann eine Ankündigungsfrist nach Maßgabe des § 556b Abs. 2 BGB individualvertraglich vereinbart werden (s. dazu Rn. II 295).

132

Im kaufmännischen Verkehr kann das Zurückbehaltungsrecht formularmäßig jedenfalls dann nicht ausgeschlossen werden, wenn die Gegenansprüche des Mieters rechtskräftig feststehen, unstreitig oder entscheidungsreif sind (wie zu § 309 Nr. 3 BGB), BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170 = ZMR 1993, 320; vgl. auch LG Berlin WuM 1992, 239: Die formularmäßige Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts auf unbestrittene Gegenansprüche ist wirksam; a.A. OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.10.1994 – WuM 1995, 392 = ZMR 1995, 303 für den kaufmännischen Verkehr.

Auch soweit das Zurückbehaltungsrecht in den vorerwähnten Fällen selbst im kaufmännischen Verkehr nicht ausgeschlossen werden kann, kann seine Ausübung – auch formularmäßig – reguliert, etwa von einer Ankündigung unter Einhaltung einer Frist abhängig gemacht werden,

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BGH – Urt. v. 27.1.1993 – DWW 1993, 170 = ZMR 1993, 320, OLG Hamburg – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 264 = WuM 1998, 153, OLG Celle – Urt. v. 23.4.1997 – NZM 1998, 265.

6. Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung Die Regelung des bisherigen § 552 BGB a.F. ist inhaltlich im Wesentlichen durch § 537 BGB übernommen worden. Daher sind die Ergebnisse der bisherigen Rspr. weiter zu beachten.

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Für die Anwendbarkeit des (bisherigen) § 552 Satz 1 BGB a.F. kam es nicht darauf an, ob der Mieter die Gebrauchsverhinderung zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 14.11.1990 – NJW-RR 1991, 267 = WM 1991, 25 = ZMR 1991, 57, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.7.1992 – ZMR 1992, 536.

Das entspricht auch der Rechtslage nach § 537 BGB, OLG Karlsruhe – Urt. v. 28.10.2004 – MDR 2005, 621 = ZMR 2005, 191.

a) Verwendungsrisiko des Mieters Räumt der Mieter vor Ablauf der Mietzeit, so schuldet er gleichwohl Mietzins (§ 537 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das soll auch dann gelten, wenn der Vermieter wegen Eigenbedarfs gekündigt hat, LG Wuppertal DWW 1988, 64.

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Rn. III 136

Miete und Mietsicherung

Demgegenüber ist in einem derartigen Fall die Geltendmachung von Mietzinsansprüchen als rechtsmissbräuchlich angesehen worden, wenn der Mieter einen Monat vor Ablauf der Kündigungsfrist auszieht, weil er eine Ersatzwohnung gefunden hat, AG Dortmund WuM 1988, 300

oder wenn der Vermieter – ohne förmlich gekündigt zu haben – den Eigenbedarf als dringlich dargestellt hat, LG Frankfurt WuM 1989, 494.

136

Lehnt der Mieter es bereits vor Mietbeginn endgültig ab, das Mietverhältnis anzutreten, so kann er den Mietzins- sowie den Schadensersatzansprüchen des Vermieters wegen Mietausfalls nicht mit Erfolg entgegensetzen, dieser habe die Fertigstellung des Mietobjekts nicht mehr weiterbetrieben, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.2.1994 – ZMR 1994, 510, s. auch BGH – Urt. v. 22.12.1999 – NZM 2000, 184 = WuM 2000, 248 = ZMR 2000, 207, OLG Naumburg – Urt. v. 25.11.1997 – WuM 1998, 283 = ZMR 1998, 425 jeweils zur Nichtanwendung von § 537 Abs. 2 BGB (= § 552 Satz 3 BGB a.F.) bei Neuvermietung, s. Rn. III 143.

137

Der Mieter kann nicht geltend machen, dass der Vermieter gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, weil er sich nicht genügend um eine Neuvermietung gekümmert habe. Verlangt dieser nämlich die Erfüllung der Mietzahlungspflicht, so macht er einen Erfüllungsanspruch und keinen Schadensersatzanspruch geltend, so dass § 254 Abs. 2 BGB nicht anzuwenden ist, BGH – Urt. v. 24.9.1980 – NJW 1981, 43 = WuM 1981, 57, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319: Durch § 537 BGB ist die Risikoverteilung bei Nichtnutzung der Mietsache abschließend geregelt, so dass daneben § 254 nicht eingreifen und der Mieter einwenden kann, der Vermieter hätte die Mietsache anderweitig vermieten können.

Die Pflicht zur Weiterentrichtung der Miete besteht auch dann fort, wenn Vermieter ein Wohnungsunternehmen ist, welches auf eine Vielzahl von Wohnungsbewerbern zurückgreifen könnte. Nur unter besonderen Umständen soll sich das Wohnungsunternehmen darauf verweisen lassen müssen, eine Weitervermietung vor Ablauf der Mietzeit zu ermöglichen, LG Braunschweig ZMR 2001, 113.

Der Erfüllungsanspruch kann ferner unter besonderen Umständen entfallen, wenn der Vermieter es arglistig unterlässt, die Räume vor Ablauf einer festen Mietzeit an einen vom Mieter gebrachten akzeptablen Nachfolger weiterzuvermieten (BGH NJW 1981, 43 = WuM 1981, 57). Ein derart rechtsmissbräuchliches Verhalten kommt insbesondere in Betracht, wenn es sich um nachgefragten Wohnraum handelt und der Vermieter Wartelisten führt, LG Berlin GE 1995, 113 = WuM 1995, 106.

Bei Vermietung einer Messestandfläche steht § 537 Abs. 2 BGB = § 552 Satz 3 BGB a.F. dem Mietzinsanspruch nicht entgegen, wenn der Vermieter den vom 298

Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung

Rn. III 139

Mieter nicht genutzten Platz an einen Dritten weitergibt, der sonst eine andere freie Fläche belegt hätte, OLG Köln – Urt. v. 7.6.1990 – NJW-RR 1990, 1232.

Ähnlich verhält es sich bei der Anmietung eines Hotelzimmers, das der Besteller später nicht bezieht: Dieser kann sich auf eine mögliche anderweitige Vermietung nicht berufen, wenn das Hotel während der fraglichen Zeit nicht ausgebucht war; auch ist der Hotelinhaber grundsätzlich nicht verpflichtet, sich um eine anderweitige Vermietung zu bemühen, OLG Köln – Urt. v. 18.10.1991 – MDR 1992, 579.

Ist der Mieter ohne Rücksicht auf den weiter bestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen und hat keine Miete mehr bezahlt, so kann er sich, wenn der Vermieter daraufhin Handwerksarbeiten in der Wohnung zum Zwecke der Wiedervermietbarkeit (insbesondere Schönheitsreparaturen) vornimmt, gegenüber dem Mietzinsanspruch des Vermieters nicht darauf berufen, der Vermieter sei wegen seiner Bemühungen zur Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung an ihn nicht in der Lage gewesen,

138

OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.11.2006 – WuM 2007, 14 = MietRB 2007, 62 (Walburg).

Räumt der Mieter die Wohnung vor Ablauf der Kündigungsfrist und überlässt der Vermieter darauf den Gebrauch einem Dritten, ohne dass dem Mieter der Gebrauch streitig gemacht wird, so bleibt dieser zur Mietzahlung verpflichtet; jedoch muss sich der Vermieter etwaige Leistungen des Dritten anrechnen lassen, LG Kassel WuM 1989, 410, vgl. auch AG Neuwied WuM 1992, 188, wenn der Vermieter dem Nachmieter die Wohnung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen überlassen hat.

Zumindest verstößt der Mieter gegen Treu und Glauben, wenn er sich auf die (unentgeltliche) Überlassung an einen Nachmieter (etwa zu Renovierungszwecken) beruft, sofern durch die Neuvermietung das Mietverhältnis ohnehin früher als sonst vertragsgemäß endet und ihm die vorzeitige Beendigung zugute kommt, OLG Hamburg – 4 U 6/89 – Urt. v. 1.3.1989 (nicht veröffentlicht), OLG Koblenz DWW 1995, 81 = MDR 1995, 251 = WuM 1995, 154.

Der Vermieter muss sich nach § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB (= § 552 Satz 2 BGB a.F.) außer dem von dem Nachmieter gezahlten Mietzins auch sonstige von diesem erbrachte Leistungen anrechnen lassen, sofern sie mit der Gebrauchsüberlassung im Zusammenhang stehen. Das gilt etwa für eine vom Nachmieter wegen Verletzungen von Vertragspflichten gezahlte Vertragsstrafe; denn auch dabei handelt es sich um Vorteile aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs, KG – Urt. v. 25.1.1999 – GE 1999, 569, 570.

Nutzt der Mieter einen abtrennbaren Teil der Mietfläche nicht und überlässt der Vermieter diesen Teil einem Dritten, so muss er sich nur die Vorteile bis 299

139

Rn. III 140

Miete und Mietsicherung

zur Höhe der auf diesen Teil entfallenden Miete anrechnen lassen. Etwa darüber hinausgehende Vorteile sind nicht auf die Miete anzurechnen, die der Mieter für die von ihm weiter genutzten Teile schuldet.1 § 537 Satz 2 BGB begründet nur eine Anrechnungspflicht. Damit soll vermieden werden, dass der Vermieter u.U. doppelt „kassiert“ Die Vorschrift begründet dagegen keinen Erstattungsanspruch zugunsten des Mieters. b) Mietzahlungspflicht trotz Neuvermietung 140

Zieht der Mieter aus, ohne dass das Mietverhältnis beendet wird, und vermietet der Vermieter darauf die Räume an einen Dritten zu einem niedrigeren Mietzins, so hat er nach dem Wortlaut des § 537 Abs. 2 BGB keinen Anspruch auf Zahlung der Differenzmiete gegenüber dem bisherigen Mieter. Diese Rechtsfolge wird jedoch unter Rückgriff auf Treu und Glauben nach herrschender Rspr. in Frage gestellt (zur Kritik s. Rn. III 147). Danach gilt Folgendes: Ist der Mieter ohne Rücksicht auf den weiterbestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen und hat keine Miete mehr gezahlt und vermietet der Vermieter daraufhin das Mietobjekt zu einem niedrigeren Mietzins weiter, der dem erzielbaren Marktpreis entspricht, so kann der Mieter nach Treu und Glauben verpflichtet sein, die Mietdifferenz zu zahlen. Er kann sich gegenüber dem Mietzinsanspruch des Vermieters nicht darauf berufen, der Vermieter sei wegen der Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung an ihn nicht in der Lage, BGH – Urt. v. 31.3.1993 – DWW 1993, 168 = MDR 1993, 641 = ZMR 1993, 317, BGH – Urt. v. 19.12.2007 – GuT 2008, 119 = NZM 2008, 206 = ZMR 2008, 378 = MietRB 2008, 101 (Dötsch), s. auch OLG Hamm – RE v. 13.3.1986 – NJW 1986, 2321 = WuM 1986, 201 = ZMR 1986, 281.

141

In dem vorzeitigen endgültigen Auszug des Mieters ohne weitere Mietzahlungen wird ein grober Vertragsbruch gesehen, der es missbräuchlich erscheinen lässt, dass sich der Mieter auf die Rechtsfolgen in § 537 Abs. 2 BGB (= § 552 Satz 3 BGB a.F.) beruft, BGH – Urt. v. 31.3.1993 – BGHZ 122, 163 = MDR 1993, 641 = NJW 1993, 1645 = ZMR 1993, 317, 320, BGH – Urt. v. 19.12.2007 – GuT 2008, 119 = NZM 2008, 206 = ZMR 2008, 378 = MietRB 2008, 101 (Dötsch), OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.6.1991 – NJW-RR 1991, 1484 = ZMR 1991, 380, Urt. v. 3.7.1994 – MDR 1994, 1008 = WuM 1994, 469, OLG Rostock – Urt. v. 25.2.2003 – DWW 2002, 331 = ZMR 2003, 260, LG Berlin ZMR 2003, 572.

142

Jedoch stellt der vorzeitige Auszug des Mieters nicht in allen Fällen eine grobe Vertragsverletzung dar. Das soll z.B. dann nicht der Fall sein, wenn der Mieter aus nachvollziehbaren Gründen annehmen konnte, das Mietverhältnis sei beendet (BGH – Urt. v. 19.12.2007 – a.a.O.). Das kommt in Betracht, wenn der Mieter ausgezogen ist, weil er das Verhalten des Vermieters als endgültige 1 Z.B. wenn die zurückgegebene Teilfläche günstiger vermietet worden ist.

300

Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung

Rn. III 143

Versagung der Untermieterlaubnis aufgefasst und daher außerordentlich nach § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. (= § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB) gekündigt hatte, KG – Beschl. v. 16.9.1996 – WuM 1996, 696, 698,

oder wenn die Parteien intensiv über die Vertragsaufhebung verhandeln und für den Mieter der Eindruck entsteht, der Mietvertrag sei aufgehoben, LG Mainz NZM 2000, 714.

Auch ist ein missbräuchliches Verhalten des Mieters selbst bei grobem Vertragsbruch verneint worden, wenn sich der Vermieter im Vertrauen auf die Verpflichtung des Mieters zur Fortzahlung der Miete nicht redlich bemüht hat, durch die Gebrauchsüberlassung an Dritte aus der von dem Mieter vertragswidrig geschaffenen Situation in beiderseitigem Interesse das Beste zu machen, BGH – Urt. v. 19.12.2007 – GuT 2008, 119 Tz. 31 = NZM 2008, 206 = ZMR 2008, 378 = MietRB 2008, 101 (Dötsch).1

In den Fällen, in denen aus der Sicht des Vermieters nicht eindeutig feststeht, ob der Mieter endgültig ausgezogen ist oder ob dieser mit nachvollziehbaren Gründen annehmen konnte, das Mietverhältnis sei beendet, soll eine Mitteilung des Vermieters an den Mieter, er werde versuchen, die Mietsache im beiderseitigen Interesse weiterzuvermieten und dann nur noch eine eventuelle Mietdifferenz geltend machen, entscheidende Bedeutung gewinnen. Reagiert der Mieter nämlich auf eine solche Mitteilung nicht, so wird es ihm regelmäßig verwehrt sein, sich z.B. nachträglich darauf zu berufen, er habe die Mietsache nicht endgültig aufgeben wollen, sondern nur vorübergehend nicht genutzt,

142a

BGH – Urt. v. 31.3.1993 – DWW 1993, 168 = MDR 1993, 641 = ZMR 1993, 317; ähnlich OLG Hamm – RE v. 13.3.1986 – NJW 1986, 2321 = WuM 1986, 201 = ZMR 1986, 281: Der Mieter kann sich dann nicht auf die durch die anderweitige Vermietung des Mietobjekts an einen Dritten auf Seiten des Vermieters eingetretene Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung berufen (§ 552 Satz 3 BGB a.F.), wenn er – gleichviel aus welchen Gründen – sich der Ausübung des Mietgebrauchs enthält und der Vermieter die Mietsache (auch) im Interesse des Mieters an einen Dritten weiter vermietet. Dabei muss der Wille des Vermieters, das Interesse des Mieters wahrnehmen zu wollen, wie in den Fällen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach außen erkennbar, etwa durch Anzeige der beabsichtigten anderweitigen Gebrauchsüberlassung an den Mieter, hervortreten. Der Vermieter muss sich zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen dabei so verhalten, wie es das wirkliche Interesse des Mieters mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert.

Der Mieter soll sich auch dann nicht auf die Rechtsfolgen aus § 537 Abs. 2 BGB berufen können, wenn er sich von vornherein grundlos weigert, die ihm 1 Gegen diese Auffassung bestehen Bedenken; denn hat der Vermieter es unterlassen weiterzuvermieten, so ist § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar und nicht durch Rückgriff auf § 242 BGB anzuwenden. Bei unmittelbarer Anwendung des § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Vermieter jedoch nicht – insbesondere nicht nach § 254 BGB – verpflichtet, sich um eine Neuvermietung zu bemühen (s. Rn. III 137). Ob man diese Folge aushebeln kann, indem man dem Mieter die allgemeine Arglisteinrede gewährt, erscheint fraglich.

301

143

Rn. III 144

Miete und Mietsicherung

vermieteten Räume zu übernehmen. Vermietet der Vermieter ohne Kündigung darauf die Mieträume an einen Dritten, so bleibt der Mieter für die Dauer des Mietverhältnisses zur Zahlung der Miete verpflichtet (Fortführung von BGHZ 122, 163 = ZMR 1993, 317). Der Vermieter muss sich aber die Vorteile nach § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB anrechnen lassen (s. auch OLG Naumburg – Urt. v. 25.11.1997 – WuM 1998, 283), BGH – Urt. v. 22.12.1999 – NZM 2000, 184 = WuM 2000, 248 = ZMR 2000, 207.

144

Darüber hinaus wird – die Rspr. des BGH verallgemeinernd – die Auffassung vertreten, dass der Mieter die Differenzmiete für die Dauer der restlichen Vertragszeit schuldet, wenn der Vermieter, ohne hierzu verpflichtet zu sein, in dessen Interesse das Objekt anderweitig zu einer nur erzielbaren niedrigeren Miete vermietet, KG – Urt. v. 12.5.2005 – NZM 2005, 946: Auf § 537 Abs. 2 BGB kann sich der Mieter nicht berufen, wenn er das Mietobjekt während des laufenden Mietverhältnisses ohne Zahlung von Mietzins verlassen hat und der Vermieter nur zu einer geringeren Miete weitervermieten konnte. Dies wäre rechtsmissbräuchlich.

Ferner OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.7.1994 – DWW 1993, 18, WM 1994, 469, OLG Frankfurt – Urt. v. 21.12.1994 – WM 1995, 483 = ZMR 1996, 21, OLG Celle – Urt. v. 29.1.2003 – ZMR 2003, 343.

Das soll auch dann gelten, wenn der Mieter bei einem langfristigen Mietverhältnis sich im Interesse der Schadensminderung damit einverstanden erklärt hat, dass der Vermieter die Mieträume anderweitig vermietet und einem Nachmieter überlässt, OLG Karlsruhe – Urt. v. 28.10.2004 – MDR 2005, 621 = ZMR 2005, 191: Der Mieter eines langfristigen Mietvertrages, der sich im Interesse der Schadensminderung mit der Weitervermietung durch den Vermieter einverstanden erklärt hat, wird von der Verpflichtung zur Entrichtung der Differenzmiete auch dann nicht befreit, wenn der Vermieter das Mietobjekt dem Nachmieter überlassen hat.1

145

Der Vermieter muss sich nur tatsächlich erzielte Mieteinnahmen auf seinen Mietanspruch gegenüber dem ursprünglichen Mieter anrechnen lassen (OLG Celle ZMR 2003, 343). Hat er aus der Weitervermietung noch kein Geld erhalten, sondern gegenüber dem neuen Mieter nur einen – evtl. titulierten – Mietzinsanspruch erworben, so muss er sich den Wert dieses Anspruchs anrechnen lassen. Stehen der Durchsetzung Hindernisse wegen der Bonität des Nachmieters oder aus anderen Gründen entgegen, so ist dies zu berücksichtigen. Ist der Anspruch wirtschaftlich wertlos, kommt eine Anrechnung nicht in Betracht, BGH – Urt. v. 22.12.1999 – NZM 2000, 184 = WuM 2000, 248 = ZMR 2000, 207. 1 Zum Fall: Der Mieter verhält sich insoweit treuwidrig, als er einerseits einen Dritten im Interesse der Schadensminderung bevollmächtigt hat, mit einem etwaigen Nachmieter einen Mietvertrag abzuschließen, andererseits den Abschluss eines entsprechenden Vertrages als Entzug des Gebrauchs i.S. von § 537 Abs. 2 BGB wertet. Damit setzt er sich zu seinem eigenen Verhalten in unzulässigen Widerspruch.

302

Zahlungspflicht des Mieters bei unterbliebener Nutzung

Rn. III 148

Der Nachfolgemieter und der ursprüngliche Mieter sind keine Gesamtschuldner. Allein der Titel gegenüber dem Nachmieter, auf den nichts gezahlt wird, reicht nicht aus, um die Mietzahlungspflicht des bisherigen Erstmieters entfallen zu lassen,

146

OLG Celle – Urt. v. 29.1.2003 – ZMR 2003, 343.

Die Aufweichung der Regelung in § 537 Abs. 2 BGB unter Rückgriff auf Treu und Glauben verdient Kritik. Der Gesetzgeber hat die hierauf gegründete Rspr. entgegen einer Anregung des Bundesrats nicht umgesetzt, da es sich hierbei um Einzelfallentscheidungen nach Billigkeit handele.1 Er hat damit den in § 537 Abs. 2 BGB geregelten Grundsatz bestärkt. Gegen die diesen Grundsatz nahezu umkehrende Rspr. bestehen Bedenken; denn der Vermieter konnte und kann unter den Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB (früher: § 554 BGB a.F.) das Mietverhältnis fristlos kündigen und hat dann einen Anspruch auf Ersatz der Differenzmiete unter dem Gesichtspunkt des Kündigungsfolgeschadens (s. dazu Rn. XII 191).

147

Für einen Rückgriff auf Treu und Glauben besteht also kein Anlass, da ein entsprechendes Schutzbedürfnis des Vermieters angesichts der Behelfe, die ihm bei einem Zahlungsverzug des Mieters zu Gebote stehen, nicht erkennbar ist. Wenn er diesen Schritt nicht tun will, muss er die Folgen hieraus – nämlich das Fortbestehen seiner Pflicht, den Mietgebrauch zu gewähren – tragen. Hinzukommt, dass die auf Treu und Glauben beruhende Auffassung dem bisherigen Mieter trotz fortbestehenden Mietverhältnisses nicht mehr die Möglichkeit gibt, den Mietgebrauch wieder aufzunehmen. Einem solchen Verlangen könnte zwar der Vorwurf unzulässigen widersprüchlichen Verhaltens entgegengehalten werden. Das kann aber kaum durchgreifen, wenn der Mieter trotz fehlender Nutzungsmöglichkeit obendrein noch das Risiko der Mietzahlung zu tragen hat. c) Beweislast Der Mieter, der sich darauf beruft, von der Mietzahlungspflicht frei geworden zu sein, hat sämtliche Voraussetzungen des § 537 Abs. 2 BGB darzulegen und zu beweisen, insbesondere auch, dass der Vermieter als Folge der Überlassung der Räume an einen Dritten nicht mehr imstande gewesen ist, dem Mieter den Gebrauch noch zu gewähren, KG – Beschl. v. 11. 6.1998 – WuM 1998, 472 zu § 552 Satz 3 BGB a.F., ebenso OLG Oldenburg – RE v. 10.11.1980 – WM 1981, 177 = ZMR 1981, 91, OLG Celle – Urt. v. 29.1.2003 – ZMR 2003, 343: Nur wenn der vertragsbrüchige Mieter beweist, dass der Vermieter die Mietsache einem Dritten auch überlassen hat, muss der Vermieter seinerseits den Beweis führen, dass er gleichwohl in der Lage war, dem Mieter den Mietgebrauch wieder zu gewähren (OLG Oldenburg ZMR 1981, 91).

1 Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung BundestagsDrucks. 14/4553 S. 83, 98.

303

148

Rn. III 149

Miete und Mietsicherung

Die Mietzahlungspflicht des Erstmieters besteht so lange und so weit fort, als er nicht beweist, dass der Vermieter aus der Weitervermietung tatsächlich etwas erlangt hat, BGH – Urt. v. 22.12.1999 – ZMR 2000, 207.

7. Mietvorauszahlungen a) Vereinbarung 149

Der Begriff der Mietvorauszahlung ist wirtschaftlich zu verstehen. Hervorstechende Merkmale sind: – Unverzinslichkeit, – Unkündbarkeit während der Mietzeit, – Verrechnung mit der laufenden Miete. Unter diesen Voraussetzungen kann auch ein Mieterdarlehn oder ein vertraglich als Finanzierungsbeitrag umgewandelter Verwendungsersatzanspruch des Mieters für Auf- oder Ausbauleistungen als Mietvorauszahlung behandelt werden, BGH – Urt. v. 11.3.1970 – NJW 1970, 1124 = ZMR 1970, 212, BGH – Urt. v. 21.10.1970 – BGHZ 54, 347 = NJW 1970, 2289 = MDR 1971, 126, BGH – Urt. v. 17.5.2000 – NZM 2000, 761 = ZMR 2000, 664.1

149a

Mietvorauszahlungen können auch in der Weise vereinbart werden, dass die Miete in einem Betrag oder in der Erbringung einer einheitlichen Leistung – z.B. Finanz- oder Arbeitsbeiträge zur Errichtung des Mietobjekts – entrichtet wird (s. dazu auch Rn. III 5, 6a), BGH – Urt. v. 31.1.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263 = ZMR 2003, 415.

Haben die Parteien eine Einmalleistung als Miete vereinbart, ohne eine Regelung über die Berechnung des noch nicht abgewohnten Teils zu treffen, so muss die Höhe der (monatlichen) Miete als Berechnungsfaktor im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder analog §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB ermittelt werden,2 BGH – Urt. v. 31.3.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263 = ZMR 2003, 415.

Es kann aber auch vereinbart werden, dass die im Übrigen periodisch zu zahlende Miete zu einem Teil im Voraus in einer Summe zu entrichten ist, die dann mit der vereinbarten Miete in bestimmter Höhe verrechnet werden soll. 1 Zum Fall: Der Veräußerer hatte das Grundstück vom Erwerber gepachtet und hatte einen Nachlass auf den Kaufpreis gewährt, der wiederum ratenweise auf die laufende Pacht für eine bestimmte Zeit anzurechnen war. 2 Zum Fall: Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks. Die Beklagte stellte 1980 für die Errichtung eines Anbaus, den sie seither bewohnt, über 115 000 DM zur Verfügung. Die Klägerin verlangte 1995 die Räumung u.a. mit der Begründung, die Nutzung der Beklagten habe enden sollen, wenn ihre Investition abgewohnt sei.

304

Rn. III 149

Miete und Mietsicherung

Die Mietzahlungspflicht des Erstmieters besteht so lange und so weit fort, als er nicht beweist, dass der Vermieter aus der Weitervermietung tatsächlich etwas erlangt hat, BGH – Urt. v. 22.12.1999 – ZMR 2000, 207.

7. Mietvorauszahlungen a) Vereinbarung 149

Der Begriff der Mietvorauszahlung ist wirtschaftlich zu verstehen. Hervorstechende Merkmale sind: – Unverzinslichkeit, – Unkündbarkeit während der Mietzeit, – Verrechnung mit der laufenden Miete. Unter diesen Voraussetzungen kann auch ein Mieterdarlehn oder ein vertraglich als Finanzierungsbeitrag umgewandelter Verwendungsersatzanspruch des Mieters für Auf- oder Ausbauleistungen als Mietvorauszahlung behandelt werden, BGH – Urt. v. 11.3.1970 – NJW 1970, 1124 = ZMR 1970, 212, BGH – Urt. v. 21.10.1970 – BGHZ 54, 347 = NJW 1970, 2289 = MDR 1971, 126, BGH – Urt. v. 17.5.2000 – NZM 2000, 761 = ZMR 2000, 664.1

149a

Mietvorauszahlungen können auch in der Weise vereinbart werden, dass die Miete in einem Betrag oder in der Erbringung einer einheitlichen Leistung – z.B. Finanz- oder Arbeitsbeiträge zur Errichtung des Mietobjekts – entrichtet wird (s. dazu auch Rn. III 5, 6a), BGH – Urt. v. 31.1.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263 = ZMR 2003, 415.

Haben die Parteien eine Einmalleistung als Miete vereinbart, ohne eine Regelung über die Berechnung des noch nicht abgewohnten Teils zu treffen, so muss die Höhe der (monatlichen) Miete als Berechnungsfaktor im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder analog §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB ermittelt werden,2 BGH – Urt. v. 31.3.2003 – NZM 2003, 314 = WuM 2003, 263 = ZMR 2003, 415.

Es kann aber auch vereinbart werden, dass die im Übrigen periodisch zu zahlende Miete zu einem Teil im Voraus in einer Summe zu entrichten ist, die dann mit der vereinbarten Miete in bestimmter Höhe verrechnet werden soll. 1 Zum Fall: Der Veräußerer hatte das Grundstück vom Erwerber gepachtet und hatte einen Nachlass auf den Kaufpreis gewährt, der wiederum ratenweise auf die laufende Pacht für eine bestimmte Zeit anzurechnen war. 2 Zum Fall: Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks. Die Beklagte stellte 1980 für die Errichtung eines Anbaus, den sie seither bewohnt, über 115 000 DM zur Verfügung. Die Klägerin verlangte 1995 die Räumung u.a. mit der Begründung, die Nutzung der Beklagten habe enden sollen, wenn ihre Investition abgewohnt sei.

304

Mietvorauszahlungen

Rn. III 151

Vereinbart der Veräußerer eines Grundstücks, der dieses zugleich zur Fortführung seines Betriebs vom Erwerber pachtet, einen Nachlass auf den ursprünglich vorgesehenen Kaufpreis mit der Maßgabe, dass sich zum Ausgleich hierfür der Pachtzins für einen bestimmten Zeitraum ermäßigt (sale and lease back), so liegt in Höhe der Kaufpreisdifferenz eine Pachtvorauszahlung vor, die bei vorzeitiger Beendigung des Pachtverhältnisses nach §§ 581 Abs. 2, 557a Abs. 1 BGB zu erstatten sein kann, BGH – Urt. v. 17.5.2000 – NZM 2000, 761 = ZMR 2000, 664.

Erforderlich ist eine Einigung über die Höhe und die Anrechnung der Vorausleistung auf die laufende Miete. Eine Vereinbarung, dass eine Mieterhöhung ausgeschlossen sein soll, bis der Mieter seine Investitionen abgewohnt hat, ist zu unbestimmt, wenn weder über Umfang und Wert der Investitionen noch über den Anrechnungsschlüssel noch über anrechnungsfähige Investitionen eine Vereinbarung getroffen worden ist,

150

BGH – Urt. v. 20.12.1989 – NJW-RR 1990, 270 = WM 1990, 140 = ZMR 1990, 170.

Grenzen für die Vereinbarung von Mietvorauszahlungen ergeben sich nur für preisgebundenen Wohnraum aus § 9 Abs. 2 WoBindG. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist die noch nicht verbrauchte Vorauszahlung nach Maßgabe des § 547 BGB (früher: § 557a Abs. 1 BGB a.F.) zurückzuerstatten. Die Regelung ist für Mietverhältnisse über Wohnraum zum Nachteil des Mieters unabdingbar (s. Rn. XIII 157). b) Wirkung gegenüber dem Grundstückserwerber Bei Veräußerung des Grundstücks/der Eigentumswohnung wirkt die Vorauszahlung gegenüber dem Erwerber nur nach §§ 566b f. BGB (s. auch §§ 573 ff. BGB a.F.). Als Vorausverfügungen i.S. von §§ 566b, c BGB kommen nur dinglich wirkende Verfügungen in Betracht. Vertragsänderungen wie etwa die Reduzierung der Miete fallen nicht hierunter,1 KG – Urt. v. 15.8.2005 – ZMR 2005, 949, 950.

Von der eingeschränkten Wirkung der Vorauszahlung gegenüber dem Erwerber bestehen zwei Ausnahmen: Eine gemäß dem Mietvertrag geleistete Vorauszahlung des Mietzinses in einem Einmalbetrag ist dem Erwerber des Mietobjekts gegenüber wirksam, wenn die Höhe des Mietzinses nicht nach wiederkehrenden Zeitabschnitten (etwa Monaten) bemessen ist, BGH – Urt. v. 5.11.1997 – BGHZ 137, 106 = NJW 1998, 595 = MDR 1998, 209 = NZM 1998, 105 = WM 1998, 104 = ZMR 1998, 141: Nach der Rspr. des RG genoss der Erwerber grundsätzlich keinen Schutz gegenüber Vorauszahlungen, die dem Mietvertrag entsprechend geleistet wurden (RGZ 94, 279, 281 f.; RGZ 144, 194, 196 f.). An diese Rspr. knüpft der BGH an und bestätigt sie. Er hat die Anwendung des § 574 BGB a.F. allerdings für geboten gehalten, wenn der (vorausgezahlte) Mietzins für die Dauer des Mietverhältnisses oder doch jedenfalls für die Zeit nach dem Eigentumsübergang 1 S. zu § 566c: Lammel Rn. 9; Staudinger/Emmerich Rn. 2.

305

151

Rn. III 152

Miete und Mietsicherung

nach periodischen Zeitabschnitten (etwa Monaten) bemessen ist (BGHZ 37, 346, 351 f.). In einem solchen Fall hat der BGH in der Vereinbarung der Vorauszahlung ein Rechtsgeschäft i.S. von § 574 BGB a.F. gesehen. Diese Auffassung hat der Senat beibehalten und § 574 a.F. BGB nur dann für unanwendbar gehalten, wenn die Mietvorauszahlung zum Auf- oder Ausbau des Mietgrundstücks bestimmt war und auch bestimmungsgemäß eingesetzt wurde (BGH NJW 1967, 555). Bei der Fallgestaltung einer Einmalleistung unter den obigen Voraussetzungen folgt der BGH indes der Rspr. des RG.

152

Eine weitere Ausnahme besteht im Falle einer vereinbarten und realisierten Wertschöpfung: Die nur eingeschränkte Wirkung einer Mietvorauszahlung gegenüber dem Erwerber nach Maßgabe des § 566b BGB gilt dann nicht, wenn die Mietvorauszahlung gemäß dem Mietvertrag dazu dienen sollte, das Mietobjekt zu modernisieren, zu sanieren oder sonst instand zu setzen, mithin seinen Wert zu erhöhen. Voraussetzung dafür ist nicht nur, dass der Mieter seine Leistung erbracht hat, sondern auch, dass die Mittel zweckentsprechend verwendet worden sind, BGH – Urt. v. 11.7.1962 – BGHZ 37, 349 = NJW 1962, 1860, BGH – Urt. v. 5.11.1997 – BGHZ 137, 106 = NJW 1998, 595 = NZM 1998, 105 = WuM 1998, 104 = ZMR 1998, 141.

153

Erforderlich ist, dass der Abschluss des Mietvertrages und die Leistung der Vorauszahlung in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang stehen. Nur dann kann der Mieter seine Leistung einem Erwerber (Ersteher) entgegenhalten. Es genügt nicht, wenn die Abrede, dass es sich bei den Aufbauleistungen des Mieters um eine Vorauszahlung handele, erst Jahre nach der Aufbauleistung getroffen wird, LG Bonn WuM 1991, 556.

Die Umstände, die zum Ausschluss des § 566b BGB führen, muss der Mieter beweisen, BGH – Beschl. v. 13.6.2002 – GuT 2002, 141 = NZM 2002, 758 für Herkunft und Verwendung der Mittel, OLG Dresden – Urt. v. 28.2.2003 – ZMR 2003, 670 für den Abschluss der Vereinbarung und die Leistung aus dem Vermögen des Mieters.

c) Rückzahlung 154

Die Erstattung von Mietvorauszahlungen richtet sich nach § 547 BGB. Dies entspricht der Regelung in § 557a BGB a.F.,1 so dass die hierzu ergangene Rspr. beachtlich bleibt. Die nicht verbrauchte Leistung des Mieters ist – verzinslich ab Empfang – ungekürzt zu erstatten (s. Rn. XIII 152). Nur dann, wenn der Vermieter die Beendigung nicht zu vertreten hat, haftet er lediglich nach Bereicherungsrecht (s. Rn. XIII 153 f.). Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von Wohnraum von der Erstattungsvorschrift abweichen, sind unwirksam (§ 547 Abs. 2 BGB). Davon wer1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 45.

306

Verjährung und Verwirkung

Rn. III 157

den jedoch nicht solche Vereinbarungen betroffen, die aus Anlass der Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses geschlossen werden. So können die Parteien vereinbaren, dass ein Mieterdarlehen oder eine Mietvorauszahlung nur in Höhe der bisherigen Raten zu tilgen ist, LG Hamburg HmbGE 1981, 263.

8. Verjährung und Verwirkung a) Verjährung Mietzinsansprüche verjähren gemäß § 195 BGB nunmehr nach 3 Jahren (früher nach § 197 BGB a.F. nach 4 Jahren). Das gilt auch für Ansprüche auf Nutzungsentschädigung und auf Nachzahlung von Betriebskosten. Der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen auch Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen Mietausfalls, soweit diese nicht in der kurzen Frist des § 548 BGB verjähren (s. dazu Rn. IX 232a, XIII 186),

155

BGH – Urt. v. 17.1.1968 – NJW 1968, 692, 693.

Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB – mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, und – der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründen, und von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Zu Hemmung und Neubeginn der Verjährung s. Rn. XIII 224, 238. b) Verwirkung Nach früherer Rspr. konnte der Mieter seine Gewährleistungsansprüche in analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. verlieren, wenn er trotz Kenntnis eines nach Vertragsabschluss aufgetretenen Mangels die Miete vorbehaltlos für längere Zeit – nicht unter 6 Monate – gezahlt hatte. Dieser Grundsatz ist umgekehrt auf Mietansprüche des Vermieters angewendet worden, wenn dieser eine Mietminderung längere Zeit widerspruchslos hingenommen hatte,

156

OLG Hamburg – Urt. v. 9.12.1998 – ZMR 1999, 328: Die Partner eines Mietverhältnisses sollen in der Regel davon ausgehen, dass die laufend zu erfüllenden Ansprüche zeitnah geltend gemacht werden können; OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.1.2003 – ZMR 2003, 423, offen gelassen von OLG Naumburg – Urt. v. 4.11.2003 – MDR 2004, 804 = WuM 2004, 91.

Indes hat die Rspr. das Zeitmoment häufig großzügiger als bei der Verwirkung von Gewährleistungsrechten gehandhabt, LG Berlin NZM 1999, 170: Geltendmachung des Anspruchs nach 3 Jahren, LG Köln WuM 2001, 79 : Geltendmachen des Anspruchs erst nach 11/2 Jahren, AG Charlottenburg GE 1999, 987: Geltendmachen des Anspruchs 15 Monate nach Fälligkeit, Beendigung des Mietverhältnisses und vorbehaltloser Rückerstattung der Kaution;

307

157

Verjährung und Verwirkung

Rn. III 157

den jedoch nicht solche Vereinbarungen betroffen, die aus Anlass der Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses geschlossen werden. So können die Parteien vereinbaren, dass ein Mieterdarlehen oder eine Mietvorauszahlung nur in Höhe der bisherigen Raten zu tilgen ist, LG Hamburg HmbGE 1981, 263.

8. Verjährung und Verwirkung a) Verjährung Mietzinsansprüche verjähren gemäß § 195 BGB nunmehr nach 3 Jahren (früher nach § 197 BGB a.F. nach 4 Jahren). Das gilt auch für Ansprüche auf Nutzungsentschädigung und auf Nachzahlung von Betriebskosten. Der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen auch Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen Mietausfalls, soweit diese nicht in der kurzen Frist des § 548 BGB verjähren (s. dazu Rn. IX 232a, XIII 186),

155

BGH – Urt. v. 17.1.1968 – NJW 1968, 692, 693.

Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB – mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, und – der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründen, und von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Zu Hemmung und Neubeginn der Verjährung s. Rn. XIII 224, 238. b) Verwirkung Nach früherer Rspr. konnte der Mieter seine Gewährleistungsansprüche in analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. verlieren, wenn er trotz Kenntnis eines nach Vertragsabschluss aufgetretenen Mangels die Miete vorbehaltlos für längere Zeit – nicht unter 6 Monate – gezahlt hatte. Dieser Grundsatz ist umgekehrt auf Mietansprüche des Vermieters angewendet worden, wenn dieser eine Mietminderung längere Zeit widerspruchslos hingenommen hatte,

156

OLG Hamburg – Urt. v. 9.12.1998 – ZMR 1999, 328: Die Partner eines Mietverhältnisses sollen in der Regel davon ausgehen, dass die laufend zu erfüllenden Ansprüche zeitnah geltend gemacht werden können; OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.1.2003 – ZMR 2003, 423, offen gelassen von OLG Naumburg – Urt. v. 4.11.2003 – MDR 2004, 804 = WuM 2004, 91.

Indes hat die Rspr. das Zeitmoment häufig großzügiger als bei der Verwirkung von Gewährleistungsrechten gehandhabt, LG Berlin NZM 1999, 170: Geltendmachung des Anspruchs nach 3 Jahren, LG Köln WuM 2001, 79 : Geltendmachen des Anspruchs erst nach 11/2 Jahren, AG Charlottenburg GE 1999, 987: Geltendmachen des Anspruchs 15 Monate nach Fälligkeit, Beendigung des Mietverhältnisses und vorbehaltloser Rückerstattung der Kaution;

307

157

Rn. III 158

Miete und Mietsicherung

anders OLG Brandenburg – Urt. v. 1.10.2007 – ZMR 2008, 360: Eine Verwirkung von Mietnachforderungsansprüchen für 42 Monate tritt nicht ein, wenn kein Umstandsmoment vorgetragen wird.

158

Auch der BGH bejaht im Grundsatz die Verwirkung von Mietansprüchen, lehnt jedoch eine analoge Anwendung des § 539 BGB a.F. ab, sondern bezieht sich auf die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung, BGH – Urt. v. 19.10.2005 – NZM 2006, 58 = ZMR 2006, 107 = MietRB 2006, 182 (Bieber),1 offen gelassen von BGH – Urt. v. 26.2.2003 – NZM 2003, 355,2 BGH – Urt. v. 4.2.2004 – WuM 2004, 198.3

Dies ist auch in der Sache gerechtfertigt, da die Vertrauenstatbestände, die zur Verwirkung von Gewährleistungsrechten einerseits und Mietansprüchen andererseits führen, grundverschieden sind.4 Nimmt der Vermieter seinerseits eine Mietminderung über einen längeren Zeitraum rügelos hin, so kann der Mieter zu Recht darauf vertrauen, die vereinbarte Miete werde nicht rückwirkend verlangt werden. Zwischen dem sog. Zeitmoment und dem sog. Umstandsmoment besteht eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGHZ 146, 217, 224), BGH – Urt. v. 19.10.2005 – NZM 2006, 58 = ZMR 2006, 107 = MietRB 2006, 182 (Bieber), KG – Urt. v. 27.11.2006 – NZM 2008, 129 = ZMR 2007, 364: Hinsichtlich der zeitlichen Voraussetzungen für die Verwirkung gilt allgemein der Grundsatz, dass umso seltener Raum für eine Verwirkung sein wird, je kürzer die Verjährungsfrist ist.

Hat der Vermieter die Mietzinsforderung abgetreten, so muss sich der Zessionar die Zeit der Untätigkeit des Zedenten nach § 404 BGB entgegenhalten lassen, BGH – Urt. v. 19.10.2005 – NZM 2006, 58 = ZMR 2006, 107 = MietRB 2006, 182 (Bieber).

158a

Die Rechtsfolge der Verwirkung bezieht sich nur auf den Zeitraum, für den ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand zugunsten des Mieters besteht. Hat der Mieter die Miete unter Berufung auf eine Minderungsbefugnis gekürzt, so 1 Zum Fall: Ein Zeitablauf von zwei Jahren, während dessen der Vermieter die Mietminderung nicht gerügt hat, reicht aus, um das Zeitmoment zu erfüllen. (Wegen des Umstandsmoments musste fallbezogen eine weitere Aufklärung erfolgen.) 2 Zum Fall: Der Vermieter erklärte sich im September 1995 mit einer Mietminderung von 4 DM/qm bereit und sagte den Einbau von Jalousien zu, tat es aber nicht. Der Mieter minderte um 50% weiter. Erstmals nach einem Verwalterwechsel im Februar 1998 bot der Vermieter ein Vergleichsgespräch an. Im Verhalten des Vermieters sah der BGH (XII. ZS.) das Umstandsmoment als erfüllt an. 3 Der Mieter minderte seit Dezember 1998; dem widersprach der Vermieter unter dem 22.12.1998 und 2.2.2000 und kündigte im März 2001 fristlos wegen Zahlungsverzugs. Der BGH hat die Verwirkung wegen der Widersprüche des Vermieters verneint. 4 Zutreffend Wiek WuM 2004, 199; a.A. Timme NZM 2003, 509 für spiegelbildliche analoge Anwendung des § 536b BGB auf Mietzahlungsansprüche.

308

Mietsicherheit

Rn. III 159

entfällt der Vertrauenstatbestand jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Minderungstatbestand nicht (mehr) besteht und der Vermieter den Kürzungsbetrag mit Wirkung für die Zukunft geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt kann der Mieter nicht mehr darauf vertrauen, dass der Vermieter sich mit der Mietkürzung abgefunden hat,1 dagegen für Dauerwirkung der Verwirkungsfolge auch für die Zukunft, OLG Naumburg – Urt. v. 4.11.2003 – MDR 2004, 804 = WuM 2004, 91.

Zur Abwendung der Verwirkungsfolge soll eine bloße Zahlungsaufforderung des Vermieters nicht ausreichen, sondern (zumindest) eine Klageandrohung und – wenn diese fruchtlos bleibt – eine Klageerhebung erforderlich sein, OLG Naumburg – Urt. v. 4.11.2003 – MDR 2004, 804 = WuM 2004, 91.

Derartige Anforderungen erscheinen überzogen. Zur Verwirkung von Mieterhöhungsbeträgen s. Rn. IV 58, 59.

9. Mietsicherheit a) Vereinbarung, Fälligkeit und Anlage der Mietsicherheit Die Mietrechtsreform hat in § 551 BGB die bisherige Regelung über die Mietsicherheit in § 550b BGB a.F. im Wesentlichen übernommen.2 Das betrifft insbesondere die Schutzbestimmungen zugunsten des Mieters von Wohnraum, was die Begrenzung auf drei Monatsmieten, die Ratenzahlungsmöglichkeit und die Anlagepflicht des Vermieters anbelangt. Letztere wurde flexibler als früher gestaltet (s. Rn. III 175).3 Bei Mietverhältnissen über preisgebundenen Wohnraum ist neben § 551 BGB die Regelung in § 9 Abs. 5 Satz 1 WoBindG zu beachten. Nach ihr darf die Leistung einer Mietsicherheit nur vereinbart werden, um Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter aus Schäden an der Wohnung oder wegen unterlassener Schönheitsreparaturen zu sichern. Ist in einem Mietvertrag über preisgebundenen Wohnraum eine Mietsicherheit ohne entsprechende Zweckbestimmung vereinbart, so ist die Kautionsvereinbarung unwirksam; dem Mieter steht in diesem Fall ein Rückforderungsanspruch nach § 9 Abs. 7 WoBindG zu, LG Aachen WuM 2006, 101: keine Reduktion auf den noch zulässigen Teil, AG und LG Hannover WuM 1998, 347, 348, AG Hannover WuM 1998, 765, AG Korbach DWW 2000, 238.

1 Es versteht sich von selbst, dass eine Verwirkung nicht zum Tragen kommt, wenn und solange die Voraussetzungen für eine Minderung vorliegen. Diese brauchen indes nicht geprüft zu werden, soweit eine Verwirkung durchgreift. 2 S. dazu Derleder WuM 2002, 239; Kraemer NZM 2001, 737; Langenberg NZM 2001, 69. 3 S. die aktuellen Rspr.-Übersichten von Geldmacher DWW 2002, 182, DWW 2003, 214, DWW 2004, 215, 248, DWW 2005, 270; DWW 2007, 269; ferner Kinne NZM 1998, 986; Horst MDR 2003, 860 zur Sicherung von Mietforderungen insbesondere durch Auskünfte über Mieter oder Gestaltung von Mietverträgen.

309

159

Mietsicherheit

Rn. III 159

entfällt der Vertrauenstatbestand jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Minderungstatbestand nicht (mehr) besteht und der Vermieter den Kürzungsbetrag mit Wirkung für die Zukunft geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt kann der Mieter nicht mehr darauf vertrauen, dass der Vermieter sich mit der Mietkürzung abgefunden hat,1 dagegen für Dauerwirkung der Verwirkungsfolge auch für die Zukunft, OLG Naumburg – Urt. v. 4.11.2003 – MDR 2004, 804 = WuM 2004, 91.

Zur Abwendung der Verwirkungsfolge soll eine bloße Zahlungsaufforderung des Vermieters nicht ausreichen, sondern (zumindest) eine Klageandrohung und – wenn diese fruchtlos bleibt – eine Klageerhebung erforderlich sein, OLG Naumburg – Urt. v. 4.11.2003 – MDR 2004, 804 = WuM 2004, 91.

Derartige Anforderungen erscheinen überzogen. Zur Verwirkung von Mieterhöhungsbeträgen s. Rn. IV 58, 59.

9. Mietsicherheit a) Vereinbarung, Fälligkeit und Anlage der Mietsicherheit Die Mietrechtsreform hat in § 551 BGB die bisherige Regelung über die Mietsicherheit in § 550b BGB a.F. im Wesentlichen übernommen.2 Das betrifft insbesondere die Schutzbestimmungen zugunsten des Mieters von Wohnraum, was die Begrenzung auf drei Monatsmieten, die Ratenzahlungsmöglichkeit und die Anlagepflicht des Vermieters anbelangt. Letztere wurde flexibler als früher gestaltet (s. Rn. III 175).3 Bei Mietverhältnissen über preisgebundenen Wohnraum ist neben § 551 BGB die Regelung in § 9 Abs. 5 Satz 1 WoBindG zu beachten. Nach ihr darf die Leistung einer Mietsicherheit nur vereinbart werden, um Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter aus Schäden an der Wohnung oder wegen unterlassener Schönheitsreparaturen zu sichern. Ist in einem Mietvertrag über preisgebundenen Wohnraum eine Mietsicherheit ohne entsprechende Zweckbestimmung vereinbart, so ist die Kautionsvereinbarung unwirksam; dem Mieter steht in diesem Fall ein Rückforderungsanspruch nach § 9 Abs. 7 WoBindG zu, LG Aachen WuM 2006, 101: keine Reduktion auf den noch zulässigen Teil, AG und LG Hannover WuM 1998, 347, 348, AG Hannover WuM 1998, 765, AG Korbach DWW 2000, 238.

1 Es versteht sich von selbst, dass eine Verwirkung nicht zum Tragen kommt, wenn und solange die Voraussetzungen für eine Minderung vorliegen. Diese brauchen indes nicht geprüft zu werden, soweit eine Verwirkung durchgreift. 2 S. dazu Derleder WuM 2002, 239; Kraemer NZM 2001, 737; Langenberg NZM 2001, 69. 3 S. die aktuellen Rspr.-Übersichten von Geldmacher DWW 2002, 182, DWW 2003, 214, DWW 2004, 215, 248, DWW 2005, 270; DWW 2007, 269; ferner Kinne NZM 1998, 986; Horst MDR 2003, 860 zur Sicherung von Mietforderungen insbesondere durch Auskünfte über Mieter oder Gestaltung von Mietverträgen.

309

159

Rn. III 159a 159a

Miete und Mietsicherung

Umstritten ist, ob der Vermieter gegenüber diesem Anspruch mit anderen Gegenforderungen, die nicht unter § 9 Abs. 5 WoBindG fallen, aufrechnen kann. Dagegen könnte der Schutzzweck der Norm sprechen, den Mieter vor einer Doppelbelastung durch das Mietausfallwagnis in § 29 II. BV und eine Kautionszahlung, die ebenfalls einen Mietausfall decken soll, zu schützen. Indes ist zwischen dem allgemeinen Ausfallwagnis und Mietschulden aus einem konkreten Mietverhältnis zu unterscheiden. Letztere werden nicht dadurch verringert, dass der Mieter im Rahmen der Kostenmiete den Ansatz des Mietausfallwagnisses schuldet. Die Vorschrift bezweckt mithin nicht, den zahlungssäumigen Mieter zu schützen. Bei dem Rückforderungsanspruch in § 9 Abs. 7 WoBindG handelt es sich mithin um einen Bereicherungsanspruch, der nicht nur durch Zahlung, sondern ebenso durch andere Erfüllungssurrogate – wie etwa eine Aufrechnung – zum Erlöschen gebracht werden kann,1 anders AG Köln WuM 2008, 222.

Dafür sprechen auch praktische Erwägungen: Würde man die Aufrechnungsmöglichkeit verneinen, so müsste der Vermieter seine Ansprüche titulieren lassen und die Zwangsvollstreckung in den Rückforderungsanspruch des Mieters durch Pfändung und Überweisung nach §§ 829, 835 ZPO betreiben. aa) Fälligkeit und Ratenzahlung aaa) Erfüllungsanspruch 160

Der Anspruch des Vermieters auf Leistung der Kaution wird grundsätzlich mit Beginn des Mietverhältnisses fällig; denn vor diesem Zeitpunkt besteht im Allgemeinen kein Sicherungsbedürfnis für den Vermieter,2 KG – Urt. v. 22.11.2004 – WuM 2005, 199: Der Mieter ist zur Erbringung der vereinbarten Sicherheit nicht verpflichtet, solange der Vermieter Mietzins nicht verlangen kann.3

Bei Wohnraummietverhältnissen gilt die Sonderregel in § 551 Abs. 2 Satz 2 BGB (s. hierzu Rn. III 166). Bei anderen Mietverhältnissen – insbesondere über Gewerberäume – kann die Fälligkeit vertraglich geregelt werden, insbesondere dass die Mietsicherheit bei Vertragsabschluss und schon vor Übergabe der Mietsache zu leisten ist, KG – Beschl. v. 21.1.2008 – GE 2008, 670 = ZMR 2008, 617.

Der Anspruch auf Leistung der Mietsicherheit ist wegen seiner Zweckbindung nicht abtretbar (§ 399 BGB), OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – NZM 2001, 380 = ZMR 2000, 211. 1 So auch Dickersbach WuM 2006, 595, 598. 2 Anders Lindner-Figura/Moeser Kap. 12 Rn. 41: Fälligkeit grundsätzlich mit Vertragsabschluss. 3 Ein Fall, dass das Sicherungsbedürfnis des Vermieters schon vor Übergabe gefährdet und daher eine fristlose Kündigung wegen Nichtleistung der Kaution begründet sein könnte, lag im zu entscheidenden Fall nicht vor.

310

Mietsicherheit

Rn. III 161b

Zahlt der Mieter die Kaution im Wege der Einzugsermächtigung, so soll darin erst dann eine Erfüllung liegen, wenn die Widerrufsfrist verstrichen ist; bis dahin sei die Leistung des Mieters nur auflösend bedingt, LG Regenburg NJW-RR 1992, 717.

Er kann wegen des Sicherungszwecks der Kaution seine Zahlungspflicht nicht dadurch erfüllen, dass er gegenüber dem Anspruch des Vermieters mit einer Gegenforderung aufrechnet,1 OLG München – Beschl. v. 17.4.2000 – WuM 2000, 304, AG Rastatt, LG Baden-Baden WuM 1989, 73, LG Hamburg WuM 1991, 586 = ZMR 1991, 344 für Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Mängeln.

Aus dem gleichen Grund steht ihm gegenüber dem Erfüllungsanspruch des Vermieters weder ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB noch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 BGB zu,2

161

BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 401 = ZMR 2007, 444 = MietRB 2007, 169 (Kurek), OLG Celle – Urt. v. 23.4.1997 – NJW-RR 1998, 585 = NZM 1998, 265 = ZMR 1998, 272, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – DWW 2000, 122, OLG München – Beschl. v. 17.4.2000 – WuM 2000, 304, OLG Celle – Urt. v. 20.2.2002 – NZM 2003, 64.3

Der Anspruch des Vermieters auf Leistung der Mietsicherheit verjährt schon während der Mietzeit in der Regelfrist von 3 Jahren nach § 195 BGB, beginnend mit der Fälligkeit des Anspruchs. Die Verjährungsfrist wird nicht bis zum Ende der Mietzeit hinausgeschoben,4

161a

KG – Urt. v. 3.3.2008 – GuT 2008, 126 = GE 2008, 671 = ZMR 2008, 624, LG Duisburg NZM 2006, 74 = WuM 2006, 250 = ZMR 2006, 533, LG Darmstadt NZM 2007, 801.

Hat der Mieter von Wohnraum die Kaution auf ein eigenes Sparkonto eingezahlt und übergibt er dieses dem Vermieter, so liegt darin eine Abtretung des Auszahlungsanspruchs und keine Verpfändung, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben,5 LG Dortmund WuM 2007, 73; AG Dortmund WuM 2006, 251, AG Karlsruhe-Durlach DWW 2003, 191.

1 Anders Staudinger/Emmerich BGB § 551 Rn. 16, jedenfalls wenn die Forderung des Mieters rechtskräftig, unstreitig oder liquide ist. 2 Anders Staudinger/Emmerich BGB § 551 Rn. 16 bei anfänglichen Mängeln, weil insoweit kein Mietzinsanspruch besteht. 3 Zum Fall: Der Verpächter hatte das Pachtobjekt nicht rechtzeitig in einen konzessionsfähigen Zustand versetzt. 4 Herrlein NJW 2007, 1249, 1250. 5 Die Unterscheidung, ob eine Abtretung oder eine Verpfändung vorliegt, ist für den Auszahlungsanspruch gegenüber dem Kreditinstitut wichtig, weil die Wirksamkeit der Verpfändung von einer Anzeige an das Kreditinstitut nach § 1280 BGB abhängt.

311

161b

Rn. III 162

Miete und Mietsicherung

Ist der Mieter verurteilt worden, ein Sparbuch anzulegen und an den Vermieter zu verpfänden, so ist das Urteil nach § 888 ZPO zu vollstrecken, da es eine unvertretbare Handlung zum Gegenstand hat, LG Berlin GE 2007, 1191.

162

Zahlt der Wohnraummieter die Kaution nicht, so kann der Vermieter neben dieser keine Verzugszinsen verlangen, weil die Zinsen dem Mieter zugute kommen, wenn der Vermieter zur Anlage verpflichtet ist, LG Köln WuM 1987, 257, LG Nürnberg-Fürth NJW-RR 1992, 335.

Er ist jedoch berechtigt, einen Verspätungsschaden geltend zu machen, der darin besteht, dass bei rechtzeitiger Leistung der Kaution Zinsen auf dem Kautionskonto angefallen wären, die die Mietsicherheit erhöht hätten,1 LG Frankenthal NZM 2002, 734 = WuM 2002, 51.

Es handelt sich hierbei nicht um Verzugszinsen, die bei der Kautionsabrechnung unberücksichtigt bleiben, sondern dem Vermieter zustünden. Vielmehr sind die schadensbedingten Zinsen kautionserhöhend der Mietsicherheit hinzuzurechnen und im Rahmen der Kautionsabrechnung dem Mieter wieder gutzubringen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – GE 2001, 602 = NZM 2001, 48 = ZMR 2000, 453.

Bei der Gewerberaummiete kann der Vermieter berechtigt sein, Verzugszinsen zu verlangen, wenn er vereinbarungsgemäß in der Anlage der Mietkaution frei ist, sie also in sein Vermögen überführen darf. Unabhängig davon stehen ihm in jedem Fall Prozesszinsen nach § 291 BGB zu, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – GE 2001, 602 = NZM 2001, 48 = ZMR 2000, 453.

Das gilt auch für die Wohnraummiete. 163

Hat der Mieter während der Mietzeit die Mietsicherheit nicht geleistet, so hat der Vermieter einen Erfüllungsanspruch auch noch nach Vertragsende. Vorausgesetzt ist, dass ihm noch Zahlungsansprüche gegen den Mieter zustehen, zu deren Sicherung er die Kaution benötigt, BGH – Urt. v. 12.1.1981 – NJW 1981, 976 = WuM 1981, 106, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – DWW 2000, 307 = NZM 2001, 380 = ZMR 2000, 211; Urt. v. 23.3.2000 – GE 2001, 602 = NZM 2001, 48 = ZMR 2000, 453; Urt. v. 19.5.2005 – ZMR 2006, 293; Urt. v. 9.3.2006 – ZMR 2006, 686, LG Potsdam NZM 2003, 303.

Auch eine noch nicht erstellte oder neu zu erstellende Nebenkostenabrechnung kann Grundlage einer Kautionsklage nach Vertragsbeendigung sein. Das gilt aber nicht, wenn die Frist zur Kautionsabrechnung abgelaufen wäre und der Vermieter es unterlassen hat, seine Gegenansprüche ordnungsmäßig abzurechnen, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – DWW 2000, 307 = NZM 2001, 380 = ZMR 2000, 211. 1 Staudinger/Emmerich BGB § 551 Rn. 13.

312

Mietsicherheit

Rn. III 164a

Einer Kautionsklage nach Vertragsbeendigung ist – ohne dass es einer Beweisaufnahme bedarf – bereits dann stattzugeben, wenn der Vermieter zur Begründung seiner Forderung schlüssig vorträgt, es bestünden noch Zahlungsansprüche gegen den Mieter,

163a

OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – DWW 2000, 307 = NZM 2001, 380 = ZMR 2000, 211; Urt. v. 9.3.2006 – ZMR 2006, 686.

Die von ihm zur Begründung der Klage vorzutragenden Tatsachen müssen so konkret sein, dass sie auf Grund einer Subsumtion den geltend gemachten Anspruch in der Person des Klägers schlüssig erscheinen lassen. Die schlichte Behauptung, ihm stehe ein zu sichernder Anspruch zu, reicht hierzu in der Regel nicht aus. Auch müssen die zu sichernden Forderungen bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung bestehen. Anwalts- und Gerichtskosten, die erst durch die nachträgliche Kautionsklage verursacht werden, können nicht zur Rechtfertigung herangezogen werden, um einen Teil der Kaution einzubehalten, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – DWW 2000, 307 = NZM 2001, 380 = ZMR 2000, 211.

Wäre die Mietsicherheit in Gestalt einer Bürgschaft zu erbringen gewesen und hat der Mieter diese bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nicht erbracht, so kann der Vermieter – sofern die Voraussetzungen für eine Kautionsklage nach Vertragsbeendigung vorliegen – unmittelbar auf Zahlung einer Barkaution klagen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – DWW 2000, 122.

Ob der Mieter dem Erfüllungsanspruch die allgemeine Arglisteinrede entgegensetzen kann, sobald die Frist zur Abrechnung über die Mietsicherheit (s. Rn. III 195) fruchtlos verstrichen ist, erscheint zweifelhaft,

164

so aber LG Saarbrücken WuM 1996, 616, auch für den Fall, dass der Vermieter den zu sichernden Anspruch unmittelbar geltend macht oder rechtshängig gemacht hat; LG Nürnberg-Fürth WuM 1994, 708: Erhebung der Einrede auch im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Abs. 2 ZPO.

Selbst die Versäumung der Abrechnungsfrist führt nämlich nicht ohne weiteres zu einem Rückforderungsanspruch des Mieters. Zudem würde dem Vermieter die Möglichkeit verwehrt, mit verjährten Forderungen unter den Voraussetzungen des § 215 BGB aufzurechnen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.5.1996 – ZMR 1996, 493.

Ist die Zwangsverwaltung über das Grundstück angeordnet und hat der Mieter die Mietsicherheit vor der Beschlagnahme des Grundstücks geleistet, so kann er vom Vermieter (Schuldner) verlangen, dass dieser die Mietsicherheit dem Zwangsverwalter aushändigt, LG Düsseldorf WuM 1992, 432.

Der Zwangsverwalter ist seinerseits befugt, vom Schuldner die Überlasssung der vom Mieter vor der Beschlagnahme geleisteten Mietsicherheit zu fordern, BGH – Beschl. v. 14.4.2005 – MDR 2005, 1012 = WuM 2005, 405.

313

164a

Rn. III 165 165

Miete und Mietsicherung

Jedenfalls bei Vermietung von Gewerberaum kann die Nichtzahlung der Kaution das Sicherungsbedürfnis des Vermieters derart beeinträchtigen, dass er zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB berechtigt ist, BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 400 = ZMR 2007, 525, BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 401 = ZMR 2007, 444 = MietRB 2007, 169 (Kurek): Die Berechtigung zur Kündigung hängt von den Umständen ab;1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.1.1996 – WuM 1995, 439, OLG Celle – Urt. v. 23.4.1997 – NZM 1998, 265 = ZMR 1998, 272, KG – Urt. v. 19.4.1999 – GE 1999, 715, OLG München – Beschl. v. 17.4.2000 – NZM 2000, 908 = WuM 2000, 304 = ZMR 2000, 528: nach mehrfacher Abmahnung; a.A. KG – Urt. v. 22.11.2004 – WuM 2005, 199, wenn ein Sicherungsbedürfnis des Vermieters zu verneinen ist, weil er noch keinen Anspruch auf Mietzahlung hat, s. auch Rn. XII 80.

bbb) Ratenzahlung bei der Wohnraummiete 166

Der Mieter von Wohnraum ist ebenso wie schon nach § 550b Abs. 1 BGB a.F. auch nach § 551 Abs. 2 BGB berechtigt, eine Mietsicherheit, die in Geld zu leisten ist, in drei gleichen monatlichen Raten zu entrichten. Hiergegen verstoßende Vereinbarungen sind unwirksam, BGH – Urt. v. 25.6.2003 – WuM 2003, 495 = ZMR 2003, 729.2

Fällig ist die erste Rate nach § 551 Abs. 2 Satz 2 BGB „zu Beginn des Mietverhältnisses“. Damit ist nicht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern derjenige der Überlassung der Wohnung an den Mieter gemeint, LG Mannheim ZMR 1990, 18.

167

Die Unwirksamkeit der Fälligkeitsabrede über die Kaution berührt nicht die Wirksamkeit der Kautionsabrede als solche. In diesem Sinne hat der BGH den Meinungsstreit hierüber geklärt. Er hat die Klausel sprachlich und inhaltlich für teilbar gehalten und sie – anders als bei einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion – in ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten. Die Teilunwirksamkeit der Kautionsabrede sei mit Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar. Auch laufe die Bestimmung nicht leer, wenn die Kautionsregelung nicht insgesamt als unwirksam anzusehen sei. Ein Mieter, von dem der Vermieter die vorzeitige Zahlung der vereinbarten Kaution verlange, sei nicht ohne rechtlichen Schutz. Ihm stehe ein Anspruch auf Überlassung der Wohnung zu, den er notfalls gerichtlich durchsetzen könne, BGH – Urt. v. 25.6.2003 – NJW 2003, 2899 = WuM 2003, 495 = ZMR 2003, 729, BGH – Urt. v. 3.12.2003 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 147 = ZMR 2004, 405.3 1 Zum Fall: Die fristlose Kündigung des Vermieters war unbegründet. Er konnte sich nicht darauf berufen, zu einer Gebrauchsfertigstellung so lange nicht verpflichtet zu sein, bis der Mieter seine Verpflichtung zur Erbringung der Kaution erfüllt habe, da er die Übergabe in dem vertraglich vereinbarten Umfang endgültig verweigert hatte. 2 Die Klausel lautete „Die Sicherheitsleistung ist mit Abschluss des Mietvertrages zu erbringen“. 3 Die Klausel lautet: „Der Mieter zahlt bei Abschluss des Mietvertrages eine Kaution von 3 Monatsmieten ...“.

314

Mietsicherheit

Rn. III 168

Das gilt auch dann, wenn der Vermieter die Aushändigung des Mietvertrages und der Schlüssel von der Leistung der Kaution abhängig macht, BGH – Urt. v. 17.3.2004 – WuM 2004, 269,1 BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 613 = WuM 2004, 473 = ZMR 2004, 666: Die Vereinbarung „Der Mieter hinterlegt eine Kaution von ... DM“ ist auch dann wirksam, wenn der Vermieter die Aushändigung des Mietvertrages und der Schlüssel von der Leistung der Kaution abhängig macht. Unwirksam ist lediglich die Fälligkeitsabrede; dies berührt aber die Wirksamkeit der Kautionsabrede selbst nicht. Der Mieter kann seinen Anspruch auf Gebrauchsüberlassung notfalls gerichtlich durchsetzen.

bb) Begrenzung der Mietsicherheit Nach wie vor ist bei der Wohnraummiete die Vereinbarung der Mietsicherheit auf das Dreifache der Nettokaltmiete beschränkt (§ 551 Abs. 1 BGB). Grund für diese Begrenzung ist, den Mieter vor zu großen Belastungen zu bewahren und der Erschwerung für den Abschluss neuer Mietverträge entgegenzuwirken.2 Die Höhe der Mietsicherheit berechnet sich nach der vereinbarten Miete bei Vertragsabschluss; sie bleibt statisch und wird nicht durch eine Anpassung der zu zahlenden Miete beeinflusst, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NJW 2005, 2773 = NZM 2005, 699 = WuM 2005, 573 = ZMR 2005, 854, s. aber auch Rn. III 169, LG Berlin WuM 2005, 454, LG Leipzig ZMR 2003, 191 für Mietbürgschaft.

Die Parteien können jedoch die Aufstockung der Kaution auf Grund oder nach einer konkreten Mieterhöhung vereinbaren. Dagegen verstößt eine Vereinbarung, die eine Anpassung der Kaution generell nach Mieterhöhungen vorsieht, bei der Wohnraummiete gegen § 551 Abs. 4 BGB und ist unwirksam.3 Beinhaltet der Mietzins auch ein Entgelt für die Überlassung von Möbeln oder Einrichtungsgegenständen, so kann der Vermieter neben der Kaution keine weitere Sicherheit verlangen, soweit der 3fache Monatsbetrag der Nettokaltmiete insgesamt überschritten werden würde; der Möblierungszuschlag rechnet also bei der Kautionsbestimmung nicht mit, LG Berlin WuM 1992, 473.

Ist das Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft satzungsrechtlich verpflichtet, bei Abschluss eines Dauernutzungsvertrages neben der Leistung einer Mietsicherheit zusätzliche Genossenschaftsanteile zu zeichnen, so ist die Zeichnung nicht auf den Betrag einer nach § 551 Abs. 1 BGB zulässigen Kaution begrenzt; ebenso wenig erfolgt eine Kumulation mit der zu leistenden oder geleisteten Kaution,4 anders AG Saarbrücken WuM 2007, 506. 1 Die Klausel lautet: „Voraussetzung für die Übergabe ist die Zahlung der ersten Miete und der Kaution“. 2 Begründung zum Gesetzesentwurf des § 550b BGB, Bundestags-Drucks. 9/2079 S. 10. 3 Lammel BGB § 551 Rn. 18; Derleder WuM 2002, 239, 241; anders zu § 551 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 22; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 62. 4 Zutreffend Feßler/Kegel WuM 2007, 693.

315

168

Rn. III 169 169

Miete und Mietsicherung

Ist die Miete auf Grund eines Mangels gemindert, so bleibt dieser Umstand für die Berechnung der zulässigen Höhe einer Mietsicherheit nach § 551 Abs. 1 BGB außer Betracht. Maßgeblich für die Höchstgrenze ist die vereinbarte, nicht die geminderte Miete. Unter Miete i.S. von § 551 Abs. 1 BGB ist jedoch dann die auf Grund des Mangels geminderte Miete zu verstehen, wenn im Zeitpunkt der Vereinbarung über die Mietsicherheit ein unbehebbarer Mangel vorliegt,1 BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 699 = WuM 2005, 573 = ZMR 2005, 854; anders noch LG Berlin WuM 2005, 454 mit krit. Anm. Wiek.

170

Umstritten ist, ob die Höchstgrenze überschritten werden darf, wenn durch die zusätzliche Kaution ein besonderes Risiko des Vermieters abgedeckt werden soll.2 In diesem Zusammenhang ist problematisch, ob die Regelung in § 554a Abs. 2 BGB als eng auszulegende Ausnahme von der Kautionshöchstgrenze anzusehen ist. Die Überschreitung der Höchstgrenze erscheint unzulässig, soweit Risiken abgedeckt werden sollen, die sich im Rahmen der typischen Gebrauchsgewähr verwirklichen können. Dabei ist nicht entscheidend, ob es sich hierbei um Sondernutzungen handelt, die erlaubnisabhängig sind, wie etwa die Installation einer Parabolantenne oder die Verlegung von Teppichauslegeware bzw. Laminat oder die Einrichtung einer Einbauküche.3 Anders kann es sich verhalten, wenn der Mieter eine atypische Sondernutzung beansprucht, die außerhalb des vereinbarten Mietzwecks liegt, wie z.B. die Umgestaltung des Mietobjekts oder sonstige, erheblich in die Substanz eingreifende bauliche Maßnahmen (z.B. Einbau eines Bades oder einer Sammelheizung).

171

Übersteigt die Kaution den in § 550b Abs. 1 BGB gezogenen Rahmen, so steht dem Mieter insoweit ein Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB zu. Dem Vermieter soll es wegen der Sanktionswirkung versagt sein, gegenüber diesem Anspruch mit eigenen Ansprüchen aus dem Mietverhältnis aufzurechnen, LG Bremen NJW-RR 1993, 19, LG Berlin GE 1996, 741, AG Dortmund WuM 1997, 212, AG Gießen WuM 2000, 247.

Das soll sich aus dem Wesen des Rückforderungsanspruchs ergeben, der mit dem Schutzzweck der Kautionsbegrenzung zusammenhängt. Die Kautionsbegrenzung würde ihren Schutz zugunsten des Mieters von Wohnraum nicht erreichen, wenn der Vermieter, der sich nicht vertragsgerecht verhält, im Ergebnis ebenso wie ein vertragsgetreuer Vermieter behandelt werden würde.4 Das überzeugt nicht. Mag der Kautionsrückforderungsanspruch noch mit der Treuhandbindung des Vermieters verknüpft werden können, so fehlt 1 Zum Fall: Ausweisung der Fläche im Mietvertrag: ca. 180 qm statt der Ist-Fläche von 154,83 qm. 2 Bejahend: Schmidt-Futterer/Blank BGB § 551 Rn. 60; Derleder WuM 2002, 239, 241; Kraemer NZM 2001, 737, 738; verneinend Staudinger/Emmerich BGB § 551 Rn. 10. 3 Auch die Genehmigung zur Hundehaltung kann nicht von der Leistung einer zusätzlichen Mietsicherheit abhängig gemacht werden: AG Aachen WuM 2006, 304. 4 S. auch Börstinghaus MDR 1999, 965; Geldmacher DWW 1997, 241.

316

Mietsicherheit

Rn. III 173

eine solche Bindung, sofern die Kaution ohne Rechtsgrund geleistet worden ist.1 Das Kumulationsverbot dient dazu, die Begrenzung der Mietsicherheit bei der Wohnraummiete zu gewährleisten. Es besagt, dass mehrere Sicherheiten, die der Mieter zu leisten hat, in ihrer Summierung bzw. Kumulation die Höchstgrenze von drei Monatsmieten nicht übersteigen dürfen. Dies kann insbesondere zum Tragen kommen, wenn der Mieter neben einer Barkaution in Höhe von drei Nettokaltmieten eine Bürgschaft zu leisten hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Bürgschaft von einem Kreditinstitut oder einem Angehörigen des Mieters übernommen wird. Im Falle seiner Inanspruchnahme kann sich der Bürge einredeweise darauf berufen, dass die Verpflichtung des Mieters zur Bürgschaftsgestellung unwirksam ist, soweit die zulässige Grenze etwa durch Leistung einer Barkaution des Mieters überschritten wird,

172

BGH – Urt. v. 20.4.1989 – BGHZ 107, 210 = WuM 1989, 289 = ZMR 1989, 256, OLG Köln – Urt. v. 30.8.1988 – WuM 1989, 136 = ZMR 1988, 429.

Auch ein Unternehmen, das sich gegenüber dem Wohnungsvermieter seines Arbeitnehmers für alle Ansprüche aus dem Wohnraummietverhältnis verbürgt hat, kann, nachdem es bereits das Dreifache einer Monatsmiete an den Vermieter gezahlt hat, weitere Leistungen nach § 551 Abs. 1 BGB (= § 550b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.) auch dann ablehnen, wenn es ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Zustandekommen des Mietvertrages hatte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.7.1997 – MDR 1998, 464.

Der BGH hat diese Auffassung in einer für die Praxis wichtigen Weise eingeschränkt: Die Begrenzung auf die dreifache Monatsmiete soll nicht für solche Bürgschaften gelten, die ein Dritter dem Vermieter unaufgefordert unter der Bedingung gibt, dass ein Wohnraummietverhältnis zustande kommt und der Mieter dadurch nicht erkennbar belastet wird. Es widerspreche nämlich nicht dem Schutzzweck des § 551 BGB (= § 550b BGB a.F.), wenn Eltern für ihre Kinder dem Vermieter eine Bürgschaft anböten, anstelle die Wohnung im eigenen Namen anzumieten, BGH – Urt. v. 7.6.1990 – BGHZ 111, 361 = NJW 1990, 2380 = ZMR 1990, 327 = WuM 1990, 343.

Dem ist entgegenzuhalten, dass § 551 BGB ebenso wenig wie § 550b BGB a.F. voraussetzt, dass der Vermieter die Sicherheit gefordert hat, und dass es in vielen Fällen zweifelhaft sein wird, ob die vom BGH postulierte „Freiwilligkeit“ des Dritten besteht oder nicht vielmehr vom Vermieter mehr oder weniger versteckt herausgefordert wird.2 Hinzukommt, dass es zweifelhaft sein kann, ob überhaupt ein Wohnraummietverhältnis mit den Schutzwirkungen zugunsten des Bewohners begründet werden würde, wenn eine Wohnung nicht zum Wohnen durch den Mieter, sondern zugunsten einer dritten Person angemietet wird (s. Rn. VI 3 f.). Vertritt man diese Auffassung, von der sich 1 Dickersbach WuM 2006, 595, 597. 2 Tiedtke ZMR 1990, 401; Derleder NZM 2006, 601, 603.

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173

Rn. III 174

Miete und Mietsicherung

der BGH bisher nicht distanziert hat und die hier nicht geteilt wird, so wären die Eltern schlecht beraten, wenn sie der vom BGH genannten Alternative, die Wohnung selbst anzumieten, folgen würden. 174

Weitere Ausnahmen sind zugelassen worden, wenn die Mietsicherheit erhöht wird, um eine drohende fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs oder eine Räumungsvollstreckung abzuwenden,1 LG Kiel NJW-RR 1991, 1291; AG Dillingen ZMR 2003, 39: Eine selbstschuldnerische Bürgschaft in unbegrenzter Höhe, die ein Dritter dem Vermieter gibt, um zu erreichen, dass der Mieter nicht zwangsgeräumt wird, sondern das Mietverhältnis fortgesetzt wird, ist wirksam, auch wenn sie vom Vermieter ausdrücklich gefordert wurde. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter vom Bürgen bezüglich sämtlicher offener Mietforderungen befriedigt wurde und darüber hinaus eine Sicherheit von 1500 DM verlangt und erhalten hat, bestätigt nach § 543 Abs. 1 ZPO („aus den zutreffenden Gründen“) von LG Augsburg ZMR 2003, 39.2

Die letztere Entscheidung erscheint auf den ersten Blick wirtschaftlich sinnvoll, ist aber rechtlich bedenklich; denn in den Fällen, in denen es zu einem Räumungstitel gekommen ist, wird das Mietverhältnis bereits beendet sein, so dass es neu begründet werden müsste. Macht der Vermieter den Neuabschluss von einer Mietsicherheit abhängig, die den gesetzlichen Rahmen sprengt, so findet das in § 551 BGB keine Stütze. Das Kumulationsverbot kann nicht in der Weise umgangen werden, dass der Vermieter veranlasst, dass ein Dritter pro forma in den Mietvertrag als Mietpartei aufgenommen wird, ohne mit diesem jedoch ein Mietverhältnis begründen zu wollen,3 LG Leipzig NZM 2006, 175.

174a

Bei der Gewerberaummiete besteht grundsätzlich keine Begrenzung für die Höhe der Mietsicherheit. Eine Schranke ergibt sich nur aus § 138 Abs. 1 BGB, wenn ein nachvollziehbares Sicherungsinteresse des Vermieters nicht zu erkennen ist. Das ist bei einer Mietsicherheit in Höhe von 7 Monatsmieten bei einem langfristigen Mietverhältnis nicht der Fall, OLG Brandenburg – Beschl. v. 4.9.2006 – NZM 2007, 402 = ZMR 2006, 853, 854 = MietRB 2007, 64, 65 (Intveen).

b) Pflicht zur Anlage und Verzinsung aa) Anlagepflicht 175

Eine Pflicht des Vermieters, die Mietsicherheit getrennt von seinem Vermögen anzulegen, ist nur für die Wohnraummiete gesetzlich geregelt (§ 551 1 S. zu § 551 BGB: AnwKomm/Riecke Rn. 23; Blank/Börstinghaus Rn. 19; Palandt/Weidenkaff Rn. 3; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 59; anders Staudinger/Emmerich Rn. 7; Derleder WuM 2002, 239, 241. 2 S. dazu die ablehnende Anmerkung von Siedler. 3 Dazu Derleder NZM 2006, 601, 603.

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Mietsicherheit

Rn. III 177

Abs. 3 BGB). Aber auch bei der Miete von Gewerberaum ist angenommen worden, dass der Vermieter im Zweifel verpflichtet ist, eine Barkaution auf einem Treuhandkonto anzulegen. Das ist zu Recht im Wege ergänzender Vertragsauslegung aus Sinn und Zweck der Kaution gefolgert worden,1 KG – Beschl. v. 1.10.1998 – GE 1998, 1337 = NZM 1999, 376, OLG Nürnberg – Urt. v. 23.2.2006 – MDR 2006, 1100; dagegen nur auf Grund besonderer Vereinbarung: LG Bonn NJW-RR 1997, 1099, LG Stuttgart ZMR 1997, 472.

Dem Mieter ist ein Zurückbehaltungsrecht am laufenden Mietzins zuzubilligen, bis der Vermieter die gesetzeskonforme Anlage nachgewiesen hat,2

176

LG Kiel WuM 1989, 18, LG Mannheim WuM 1990, 293, AG Bremen WuM 1989, 74; auch OLG Nürnberg – Urt. v. 23.2.2006 – MDR 2006, 1100, das bei einem Mietverhältnis über Gewerberäume die Pflicht des Vermieters zur treuhänderischen Anlage einer Kautionsrate aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ableitet und dem Mieter für die restliche Kaution ein Zurückbehaltungsrecht zubilligt; anders LG Kiel WuM 1988, 266, AG Wuppertal MDR 1989, 163, einschränkend LG Darmstadt NZM 2002, 19: Zurückbehaltungsrecht nur für den Fall, dass das Mietverhältnis in Kürze endet und die Gefahr besteht, dass der Mieter die Kaution infolge Vermögenslosigkeit des Vermieters nicht zurückerhält.3

Das gilt aber nicht gegenüber dem Zwangsverwalter, wenn der Schuldner diesem die Mietsicherheit nicht ausgehändigt hat, LG Mannheim NJW-RR 1991, 78 = WuM 1990, 293.

Um diese Folge zu vermeiden, ist dem Mieter ein Anspruch gegenüber dem Vermieter (Schuldner) auf Aushändigung der Mietsicherheit an den Zwangsverwalter zugebilligt worden, s. Rn. III 164a. Der Anspruch des Mieters auf Auskunft über die Kautionsanlage bezieht sich auf das Kreditinstitut, die Anlageart, das Anlagedatum, die Vertragsnummer und den Kontoinhaber, AG Oranienburg WuM 2007, 41.

Die Anlagepflicht hat auch zum Inhalt, die Anlage aufrechtzuerhalten,

177

LG Hamburg NZM 2005, 255,

wobei es jedoch dem Vermieter unbenommen bleiben muss, die Art der Anlage zu ändern, jedoch nicht zu verschlechtern. Der Vermieter ist dem Mieter gegenüber verpflichtet, der Bank anzuzeigen, dass es sich bei einem für die Kaution eingerichteten Konto um ein Treuhandkonto handelt, damit sich das in Nr. 14 Abs. 1 der AVB Banken vereinbarte Pfandrecht der Bank nicht auf das Kautionskonto bezieht (Nr. 14 Abs. 3 Satz 1 AVB Banken). Hat der Vermieter die Anzeige unterlassen, bleibt das Pfandrecht der Bank an dem Kautionskonto auch dann bestehen, wenn der Vermie1 S. Fritz Rn. 143 und zu § 551 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 112; Staudinger/Emmerich Rn. 35; s. auch Lindner-Figura/Moeser Kap. 12 Rn. 63. 2 Blank NZM 2002, 58; Derleder NZM 2006, 601, 606. 3 S. dazu die ablehnende Besprechung von Blank NZM 2002, 58.

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Rn. III 178

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ter später die Anzeige nachholt; denn das einmal entstandene Pfandrecht kann nur durch Vereinbarung wieder erlöschen. Dem Mieter kann gegen die Bank ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehen, wenn diese ein Pfandrecht an später auf das Konto eingehenden Beträgen für ihre Ansprüche gegen den Vermieter entstehen lässt, obwohl sie bereits positive Kenntnis von der Treuhandbindung des Kautionskontos hat, BGH – Urt. v. 25.9.1990 – WuM 1991, 50 = ZMR 1991, 135.

Hat der Vermieter der Bank angezeigt, dass es sich bei dem für die Kaution eingerichteten Konto um ein Treuhandkonto handelt, darf sich die Bank dem Vermieter gegenüber nach Treu und Glauben nicht auf ein in den Formularbedingungen des Geschäftsbesorgungsvertrages enthaltenes Pfandrecht berufen, OLG Nürnberg – Urt. v. 15.5.1998 – NZM 1998, 660.

178

Ist der Vermieter eine GmbH, so hat deren Geschäftsführer eine Garantenstellung, kraft derer es ihm obliegt, für die Anlage der Kaution zu sorgen, LG Aachen WM 1989, 292;

im Konkurs der GmbH soll er bei unterbliebener Anlage persönlich auf Rückzahlung der Kaution haften, AG Hildesheim WuM 1988, 157, AG Aachen WuM 1989, 74.

Verletzt der Vermieter seine Anlagepflicht, so macht er sich gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig, OLG Frankfurt – Urt. v. 18.1.1989 – WM 1989, 138.

Darin liegt auch eine strafrechtliche Untreue nach § 266 StGB, OLG Zweibrücken – Beschl. v. 8.3.2007 – WuM 2007, 281; ebenso BGH – Beschl. v. 23.8.1995 – NJW 1996, 65 = WuM 1996, 53 für den Wohnungsverwalter, der es gegenüber dem Vermieter vertraglich übernommen hat, dessen Anlagepflicht aus § 551 Abs. 3 BGB zu erfüllen. Einschränkend BGH – Beschl. v. 2.4.2008 – GuT 2008, 210 = WuM 2008, 336, Tz. 9: Nur für die Wohnraummiete begründet § 551 BGB eine auf Gesetz beruhende Vermögensbetreuungspflicht i.S. von § 266 StGB. – Tz. 25: Bei den Kautionen für Wohnraummiete bewirkt die Einzahlung der Kaution auf das Girokonto noch nicht ohne weiteres eine (vollendete) Untreue i.S. von § 266 StGB. Die pflichtwidrige Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht indiziert hier nämlich nicht die Feststellung eines Nachteils i.S. des § 266 StGB. – Tz. 27: Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung entsteht nicht bereits, wenn die Kaution nicht vom sonstigen Betriebsvermögen abgesondert, sondern auf ein „allgemeines“ Konto eingezahlt wird. Anders OLG Düsseldorf – Beschl. v. 16.8.1993 – ZMR 1993, 576.1

Der Schadensersatz bezieht sich auf den Betrag, der der Mietsicherheit bei ordnungsmäßiger Anlage zugewachsen wäre, AG Neu-Ulm WuM 1990, 428.

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Bei der Regelung über die Anlagepflicht in § 551 Abs. 3 Satz 1 BGB handelt es sich um ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Dieses kann auch von einem Dritten – etwa dem Geschäftsführer der vermietenden GmbH oder dem 1 Ablehnend: Krause ZMR 1994, 267.

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Mietsicherheit

Rn. III 182

mit der Entgegennahme und Verwaltung von Mietsicherheiten beauftragten Hausverwalter – verletzt werden, sofern diese Personen die insolvenzsichere Anlage unterlassen haben, LG Kiel WuM 1997, 571 unter Bezugnahme auf die strafrechtliche Wertung des BGH – Beschl. v. 23.8.1995 – NJW 1996, 65 = WuM 1996, 53, LG Hamburg ZMR 2002, 598.

bb) Verzinsungspflicht Die früher umstrittene Frage, ob dem Vermieter oder dem Mieter die Erträge aus der Mietsicherheit zustehen, die über dem für Spareinlagen mit 3-monatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz hinausgehen (s. § 550b Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.), hat der Gesetzgeber des MRRG nunmehr zugunsten des Mieters geklärt (s. § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB).

180

Es entspricht der herrschenden Meinung, dass der formularmäßige Ausschluss der Verzinsung in Mietverträgen über Wohnraum, die vor dem 1.1.1983 abgeschlossen worden sind, einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG (= § 307 BGB) nicht standhält und unwirksam ist, LG Frankfurt WuM 1986, 336, LG Nürnberg-Fürth WuM 1988, 158, LG München I WuM 1989, 236, LG Itzehoe WuM 1989, 290, LG Hamburg WuM 1996, 765.

Bei der Vermietung von Gewerberaum ist eine Verzinsungspflicht des Vermieters zu dem nach § 550b BGB a.F. vorgesehenen Zinssatz im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bejaht worden, sofern der Mietvertrag über eine Verzinsung nichts aussagt,1

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BGH – Urt. v. 21.9.1994 – BGHZ 127, 138 = WM 1994, 679 = ZMR 1995, 11, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.2.1993 – ZMR 1993, 219, OLG Koblenz – Urt. v. 28.1.1993 – WM 1993, 667 = ZMR 1993, 565 für einen 1980 abgeschlossenen Mietvertrag.

Der Gesetzgeber hat diese Rspr. zwar nicht sanktioniert, wie die fehlende Verweisung in § 578 BGB auf § 551 Abs. 3 Satz 1 BGB zeigt; gleichwohl findet sie nach wie vor ihre Rechtfertigung aus dem Wesen der Kaution als einem bloßen Sicherungsmittel und nicht einer Kapitalanlage zugunsten des Vermieters. Dieses Wesen findet seinen Niederschlag in einer ergänzenden Vertragsauslegung, sofern die Vertragsparteien zur Verzinsung keine andere Vereinbarung getroffen haben. Zur Leistung von Verzugszinsen s. Rn. III 162. Die auf dem Kautionskonto anfallenden Zinsen sind steuerlich Kapitaleinkünfte des Mieters. Das gilt auch, wenn das Kautionskonto auf den Namen des Vermieters lautet.2 In diesem Fall ist der Vermieter formell Steuerschuld1 S. zu § 551 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 112; Staudinger/Emmerich Rn. 36; s. auch Lindner-Figura/Moeser Kap. 12 Rn. 70. 2 S. Drasdo NZM 2000, 225, 226: ferner zu § 551 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 53; Lammel Rn. 48–50; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 82.

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Rn. III 183

Miete und Mietsicherung

ner, jedoch verpflichtet, dem Mieter eine Zinsbescheinigung für dessen Steuererklärung auszustellen, sofern nicht das kontoführende Kreditinstitut dem Mieter eine solche Bescheinigung erteilt, AG Berlin-Tiergarten GE 2002, 998.

Überhaupt soll es Sache des Vermieters sein, dafür zu sorgen, dass die Kapitalertragssteuer zugunsten des Mieters verrechnet wird, LG Hamburg WuM 1999, 601.

Diese Nebenpflicht lässt sich aus § 241 Abs. 2 BGB ableiten. Da sich die Kaution nur um die Nettozinsen, die ihr zuwachsen, erhöht, ist der Mieter nicht verpflichtet, den durch den Zinsabschlag geminderten Teil der Kautionszinsen wieder aufzufüllen.1 Hat es der Vermieter versäumt, dafür zu sorgen, dass bei der Versteuerung der Treuhandcharakter des Kautionssparbuchs berücksichtigt wird, und entrichtet er aus diesem Grund auf die Kautionszinsen die Zinsabschlagsteuer, so darf er diesen Betrag nicht von der Kaution abziehen; denn der Anfall von Zinsabschlagsteuer beruht nicht auf Ansprüchen aus dem Mietverhältnis, deren Sicherung die Kaution nach § 551 Abs. 1 Satz 1 BGB dient, AG Hamburg-Altona MDR 1998, 151.

c) Befriedigung aus der Mietsicherheit 183

Aus dem Treuhandcharakter der Kaution ist gefolgert worden, dass der Vermieter gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch nur mit Ansprüchen aus dem betreffenden Mietverhältnis, nicht aber mit solchen aus einem früheren (oder anderen) Mietverhältnis aufrechen darf, AG Schöneberg WuM 1990, 426.

Richtig erscheint, dass die Kaution in erster Linie dazu dient, Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis zu sichern. Bestehen solche Forderungen bei Beendigung des Mietverhältnisses jedoch nicht, so ist der Rückforderungsanspruch des Mieters auf eine gewöhnliche Geldforderung gerichtet, der gegenüber der Vermieter auch mit vertragsfremden Gegenforderungen aufrechnen kann.2 Sind die Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis streitig, die vertragsfremden dagegen unstreitig, so ist der Vermieter gleichwohl gehalten, seine Forderungen aus dem Mietverhältnis – notfalls im Prozess – zu klären. Die Aufrechnung mit vertragsfremden Gegenforderungen ist mithin nur sekundär zulässig. Das gilt auch bei einer Kautionsvereinbarung über ein Gewerbeobjekt, nach der der Pächter eine Barkaution „als Sicherheit für sämtliche Ansprüche des Verpächters aus diesem Vertrag und aus der laufenden Geschäftsverbindung“ stellt. Sie soll nach §§ 157, 242 BGB dahin auszulegen sein, dass die 1 Bub/Treier/v. Martius Rn. III A 812a; Geldmacher DWW 1993, 191; a.A. Herrlein/ Kandelhard BGB § 551 Rn. 36; Drasdo NZM 2000, 225, 228. 2 Dickersbach WuM 2006, 595, 596.

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Rn. III 184

Barkaution unabhängig von einer Übereignung an den Verpächter wirtschaftlich dem Mieter zusteht und entsprechend ihrer ausdrücklichen Zweckbestimmung dem Vermieter nur zur treuhänderischen Verwaltung zufließen soll. Dies schließe ihre Verwertung für nicht gesicherte Fremdforderungen aus. Allein der Erwerb fremder Mietforderungen durch Abtretung mache diese nicht zu einer gesicherten Forderung im Sinne des Vermieters, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2007 – ZMR 2008, 47.

Auch ist der Vermieter nicht berechtigt, die Kaution zurückzubehalten, um einen Erfüllungsanspruch durchzusetzen, wenn etwa der Schadensersatzanspruch verjährt ist und die Voraussetzungen des § 215 BGB nicht vorliegen (s. Rn. III 189). Bei preisgebundenem Wohnraum kann der Vermieter zunächst nicht mit anderen als den in § 9 Abs. 5 WoBindG genannten Ansprüchen gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechnen. Umstritten ist, ob er gegenüber einem nach Abrechnung noch verbleibenden Kautionsguthaben mit anderen Gegenforderungen aufrechnen kann. Die Frage ist aus den Gründen, wie unter Rn. III 159 dargelegt, zu bejahen (verneinend: AG Köln WuM 2008, 222).1 aa) Zugriffsrecht des Vermieters während der Mietzeit Eine Kautionsvereinbarung ist – falls die Parteien nichts anderes vereinbart haben – dahin auszulegen, dass sich der Vermieter während des Mietverhältnisses zur Befriedigung nur dann aus der Kaution bedienen darf, wenn die Forderungen entweder rechtskräftig festgestellt oder unstreitig oder so offensichtlich begründet sind, dass ein Bestreiten mutwillig erscheint,2 LG Mannheim WuM 1996, 269 = ZMR 1996 S. X Nr. 10, ähnlich AG Wiesbaden WuM 1999, 397, auch wenn sich die Vermögensverhältnisse des Mieters erheblich verschlechtert haben.

Auch bei Verpfändung eines Sparbuchs ist zu fordern, dass die Ansprüche des Vermieters unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind, LG Wuppertal NZM 2004, 298, AG Bensheim/LG Darmstadt ZMR 2005, 193. Abweichend LG Berlin GE 2003, 1160 (ZK 67): Entscheidend ist, ob der Anspruch besteht oder nicht. Diese Frage kann aber als Vorfrage in einem Rechtsstreit geklärt werden, in dem der Vermieter eine Wiederauffüllung der Kaution verlangt oder der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Rückzahlung der Kaution begehrt.3

Die Auffassung des LG Berlin a.a.O. ist abzulehnen. Das rechtfertigt sich vor allem aus dem Wesen der Mietsicherheit als einem Sicherungsmittel. Hinzu1 So auch Dickersbach WuM 2006, 595, 598. 2 Zu § 551 BGB: AnwKomm/Riecke Rn. 38; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 551 Rn. 93; Staudinger/Emmerich Rn. 27; Derleder WuM 2002, 239, 242; Derleder NZM 2006, 601, 607; Dickersbach WuM 2006, 595; Geldmacher DWW 2004, 215. 3 Im Ergebnis auch Herrlein/Kandelhard BGB § 551 Rn. 8; ferner Kluth/Grün NZM 2002, 1015 bei Zahlungsverzug des Mieters sowie nach Androhung und Ablauf einer gesetzten Frist.

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184

Rn. III 185

Miete und Mietsicherung

kommen praktische Gründe: Zum einen kann der Vermieter davon absehen, die Wiederauffüllung der Mietsicherheit zu beanspruchen. Zum anderen kann nach dieser Auffassung die Minderungsbefugnis des Mieters entgegen § 536 Abs. 4 BGB unzulässig verkürzt werden, indem der Vermieter eine Mietminderung dadurch konterkariert, dass er sich aus der Mietsicherheit befriedigt und es dem Mieter überlässt, den Kautionsrückzahlungsanspruch erst bei dessen Fälligkeit – d.h. unter Umständen erst nach Jahren und mit den entsprechenden Beweisschwierigkeiten – geltend zu machen. 185

Jedoch soll sich der Vermieter jedenfalls bei Mietverhältnissen über Gewerberäume auch formularmäßig ausbedingen können, sich schon während der Mietzeit auch wegen streitiger Ansprüche aus der Kaution befriedigen zu dürfen und anschließend die Wiederauffüllung der Kaution zu verlangen, OLG Karlsruhe – Urt. v. 2.7.2004 – NZM 2004, 742, weiter gehend LG Potsdam GE 2007, 1253 auch für die Wohnraummiete.1

Dagegen bestehen Bedenken, soweit sich die Befugnis des Vermieters auf streitige Ansprüche bezieht. Damit wird der Zweck der Kaution vom Sicherungsmittel zur schnellen Zugriffsmöglichkeit erweitert. Abgesehen davon, dass dies überraschend i.S. von § 305c Abs. 1 BGB sein kann, weil der Kunde mit einer solchen Zweckerweiterung nicht zu rechnen braucht, liegt darin eine unangemessene Benachteiligung des Kunden i.S. von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. 186

Aus dem Recht des Vermieters, sich (z.B. wegen unstreitiger Ansprüche) aus der Mietsicherheit zu befriedigen, folgt keine entsprechende Pflicht, etwa um eine Kündigungssituation zum Nachteil des Mieters zu vermeiden, LG München I WuM 1996, 541.

Das gilt auch für den Fall der Mietbürgschaft. Den Vermieter trifft auch keine Pflicht, den Mietbürgen von einem Zahlungsverzug des Mieters zu benachrichtigen; denn hierzu wäre der Mieter selbst in der Lage. Zur Benachrichtigungspflicht des Bürgen auf erstes Anfordern gegenüber dem Mieter s. III 217. Gegen die unberechtigte Inanspruchnahme der Kaution kann sich der Mieter – notfalls mittels einer einstweiligen Verfügung – wehren,2 LG Darmstadt ZMR 2003, 193, 194, LG Wuppertal NZM 2004, 298, AG Berlin-Tiergarten MM 2003, 298: Der Mieter kann durch eine einstweilige Verfügung beantragen, dass der Vermieter die Einziehung der Forderung aus dem bei der Sparkasse verpfändeten Mietkautionskonto unterlässt; a.A. LG Potsdam GE 2007, 1253: Haben die Parteien vereinbart, dass sich der Vermieter jederzeit aus der Kaution befriedigen kann, so kann der Mieter den Zugriff auf

1 Zum Fall: Die Vereinbarung lautet: „Der Vermieter kann sich wegen fälliger Forderungen aus dem Mietverhältnis jederzeit aus der Kaution befriedigen.“ 2 S. dazu Antoni WuM 2006, 359, 361; Hinz WuM 2005, 615, 630; Ulrici ZMR 2004, 404.

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Rn. III 188

die Kaution1 durch eine einstweilige Verfügung auch dann nicht verhindern, wenn die Ansprüche des Vermieters streitig sind.

Hat der Vermieter die Kaution beansprucht, so steht ihm ein Anspruch auf Wiederauffüllung entsprechend § 240 BGB zu.2 Hiervon geht offenbar auch der BGH aus,

187

BGH – Urt. v. 12.1.1972 – WuM 1972, 57 = ZMR 1972, 182, AG Potsdam GE 2002, 402.

Auch dieser Anspruch kann ebenso wie der primäre Erfüllungsanspruch noch nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend gemacht werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.5.2005 – ZMR 2006, 923.

Die Summe aus der noch nicht verbrauchten Kaution und dem Ergänzungsbetrag darf bei der Wohnraummiete den 3fachen Monatsbetrag einer Nettokaltmiete nicht übersteigen.3 bb) Verjährte Ansprüche Eine Aufrechung mit verjährten Ansprüchen ist nur zulässig, wenn sich die verjährte Forderung, mit der die Aufrechnung erklärt wird, und die Gegenforderung in unverjährter Zeit aufrechenbar gegenübergestanden haben (§ 215 BGB = § 390 Abs. 2 BGB a.F.). Ist also der Schadensersatzanspruch des Vermieters während des fortdauernden Mietverhältnisses verjährt, ohne dass der Vermieter sich aus der Mietkaution befriedigt hat, so kann er gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters nach Mietende nicht mehr aufrechnen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.10.2001 – DWW 2002, 203 = WuM 2002, 435 = ZMR 2002, 658: Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters entsteht entweder erst mit Beendigung des Mietverhältnisses bei Fälligwerden nach Ablauf der Überlegungsfrist des Vermieters oder er besteht bis zum Ende des Mietverhältnisses als aufschiebend bedingter Anspruch. In keinem Fall stehen sich der Schadensersatzanspruch und der Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechenbar in unverjährter Zeit gegenüber.4

Der Vermieter kann sich trotz Verjährung seiner Forderung aus der Mietsicherheit befriedigen, wenn diese in Form eines dinglichen Rechts – Mobiliarpfandrecht, Sicherungsübereignung oder -abtretung – gewährt worden ist (§ 216 BGB). Fraglich ist, ob die Regelung in § 216 Abs. 2 Satz 1 BGB auch dann angewendet werden kann, wenn die Mietsicherheit auf ein Treuhandkonto des Vermieters geflossen ist.5 Dafür könnte die Gleichheit der Inter1 Zum Fall: Die Kaution war durch Verpfändung der Forderung aus einem Sparkonto geleistet worden. 2 S. zu § 551 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 8; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 92; Staudinger/Emmerich Rn. 27; Derleder NZM 2006, 601, 607; kritisch dazu Wiek WuM 2005, 685. 3 S. dazu Wiek WuM 2005, 685. 4 Zum Fall: Der Mieter verlangt Rückzahlung der Kaution. Während des Mietverhältnisses waren Schadensersatzansprüche des Vermieters entstanden und verjährt. Das Mietverhältnis endete ca. 5 Monate nach Verjährungseintritt. 5 So Derleder NZM 2006, 601, 608.

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Rn. III 189

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essenlage sprechen. Indes handelt es sich bei § 216 BGB um eine Ausnahmeregelung, BGH – Urt. v. 28.1.1998 – MDR 1998, 461 = NZM 1998, 224 = WuM 1998, 224 zur Vorgängerregelung in § 223 BGB a.F.,

die einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich ist. Zudem kommt sie für Mietansprüche ohnehin nicht zum Tragen (s. § 216 Abs. 3 BGB). 189

Wegen des verjährten Erfüllungsanspruchs – etwa wegen unterlassener Schönheitsreparaturen oder wegen Beseitigung von Schäden – kann der Vermieter kein Zurückbehaltungsrecht an der Mietsicherheit nach § 273 BGB ausüben; denn die Kaution dient nur der Sicherung von Ansprüchen, nicht aber zu deren erleichterten Durchsetzung, LG Mannheim WuM 1988, 362, LG Hamburg WuM 1991, 95, AG Köln WuM 1994, 680; anders OLG München – Urt. v. 16.9.1994 – WuM 1995, 532 = ZMR 1995, 20 für den Anspruch des Mieters gegenüber dem Untermieter auf Freistellung des Mieters von der Schadensersatzpflicht wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gegenüber dem Hauptvermieter.

Auch im Falle einer Mietbürgschaft sind der Bürge und der Mieter nicht gehindert, sich auf die Verjährung der durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche zu berufen. Dass der Vermieter gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Barkaution auch mit verjährten Forderungen hätte aufrechnen können, rechtfertigt keine analoge Anwendung des § 215 BGB (früher: § 390 Satz 2 BGB), BGH – Urt. v. 28.1.1998 – MDR 1998, 461 = NZM 1998, 224 = WM 1998, 224, OLG Hamm – Urt. v. 24.2.1995 – ZMR 1995, 255.

Die Klage gegen den Bürgen unterbricht nicht die Verjährungsfrist, die für den zugrunde liegenden Anspruch des Vermieters gegen den Mieter läuft (s. Rn. XIII 229). d) Erstattung der Mietsicherheit aa) Entstehung und Inhalt des Erstattungsanspruchs 190

Der Inhalt des Anspruchs auf Erstattung richtet sich nach der Art der geleisteten Mietsicherheit. Bei einer Barkaution geht er auf Auszahlung des nach der Abrechnung verbleibenden Betrages. Es handelt sich um eine gewöhnliche Geldforderung, der gegenüber der Vermieter auch mit vertragsfremden Forderungen aufrechnen kann, sofern er keine Ansprüche aus dem Mietverhältnis hat (s. Rn. III 183). Hat der Mieter ein Mietkautionssparbuch angelegt und dieses dem Vermieter überlassen (s. dazu Rn. III 161, 184), wird die Rückgewähr durch Rückgabe des Sparbuchs und Abtretung der in dem Sparbuch verbrieften Forderung an den Mieter vollzogen, LG Hannover WuM 1998, 282.

Ist dem Vermieter ein von dem Mieter angelegtes Sparbuch übergeben und verpfändet worden, so vollzieht sich die Freigabe der Mietsicherheit durch 326

Mietsicherheit

Rn. III 192

Rückgabe des Sparbuchs und Erklärung des Vermieters, dass er das Pfandrecht aufgibt,1 LG Berlin GE 1999, 451, s. auch LG Kiel WuM 1998, 282, LG Kassel WuM 2001, 550.

Dagegen hat er in diesem Fall keinen Anspruch auf Auszahlung der Kautionssumme, LG Berlin ZMR 2002, 349.

Hat der Mieter eine Mietbürgschaft gestellt (s. Rn. III 211), so ist sein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen – nicht an sich selbst! – gerichtet, OLG Celle – Urt. v. 17.4.2002 – NZM 2003, 763 = ZMR 2002, 813, LG Düsseldorf DWW 2000, 26, LG Kaiserslautern WuM 2003, 630.

Zu welchem Zeitpunkt der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters entsteht, ist umstritten. Zum Teil wird angenommen, dass er erst mit Beendigung des Mietverhältnisses bei Fälligwerden nach Ablauf einer Überlegungsfrist des Vermieters entsteht. Nach anderer Ansicht entsteht er bereits mit Leistung der Mietsicherheit als bis zum Ende des Mietverhältnisses aufschiebend bedingter Anspruch, ebenfalls fällig nach Ablauf einer angemessenen Prüfungs- und Abrechnungsfrist (OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.10.2001 – WuM 2002, 495, Beschl. v. 19.6.2007 – ZMR 2008, 708). Die letztere Auffassung überzeugt dogmatisch.2 So wohl auch

191

BGH – Urt. v. 24.3.1999 – GE 1999, 708 = NZM 1999, 496 = WM 1999, 397: Der Rückzahlungsanspruch steht entsprechend der Sicherungsabrede unter der Bedingung, dass Gegenansprüche des Vermieters nicht bestehen.

Bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite steht der Anspruch auf Erstattung den Mietern gesamthänderisch zu.3 Unerheblich ist, ob nur einer der Mieter die Mietsicherheit aus seinem Vermögen geleistet hat; dies betrifft nur das Innenverhältnis der Mieter untereinander, LG Hamburg WuM 1989, 569.

Die Mieter sollen berechtigt sein, ihre Anteile an dem gemeinschaftlichen Anspruch auf Erstattung der Kaution an einen von ihnen abzutreten, LG Gießen ZMR 1996 S. XI Nr. 12, AG Hamburg WuM 1997, 435.

Das erscheint jedoch nur zulässig, wenn die GbR, durch die die Mitmieter untereinander verbunden sind, aufgelöst und abgewickelt wird. Abgesehen davon können die Mitmieter einen von ihnen ermächtigen, den Anspruch im eigenen Namen für alle geltend zu machen (actio pro socio). Ist Vermieter eine GbR, so kann der Mieter jeden einzelnen Gesellschafter auf Rückerstattung der Kaution beanspruchen. Dieser kann zwar nicht mit einem 1 S. dazu Geldmacher DWW 2004, 248, 249. 2 S. zu § 551 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 97; Staudinger/Emmerich Rn. 29; Antoni WuM 2006, 359; Derleder NZM 2006, 601, 608. 3 Kritisch dazu Woitkewitz ZMR 2005, 426.

327

192

Rn. III 192a

Miete und Mietsicherung

der GbR zustehenden Gegenanspruch aufrechnen; jedoch wird ihm ein Zurückbehaltungsrecht in der der Gegenforderung entsprechenden Höhe zugebilligt, LG Berlin ZMR 2002, 425.

192a

Ist ein Zwischenmietverhältnis beendet worden, so folgt aus der Verweisung in § 565 Abs. 2 BGB auf § 566a BGB, dass der Vermieter die vom Endmieter an den Zwischenmieter geleistete Kaution zu erstatten hat, selbst wenn sie ihm vom Zwischenmieter nicht ausgehändigt worden ist, LG Darmstadt WuM 2003, 31, s. auch LG Freiburg WuM 2006, 252 (mit Anm. Mathonia) für die Haftung des Vermieters nach § 572 Satz 2 BGB a.F., wenn das Zwischenmietverhältnis vor Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 beendet worden ist.

Erhebt die Bank für die Auflösung des Kautionskontos Gebühren oder Kosten, so kann der Vermieter diese nach § 1210 Abs. 3 BGB von der Kaution zu Lasten des Mieters abziehen, AG Büdingen WuM 1995, 483.

bb) Fälligkeit und Abrechnungsfrist 193

Fällig wird der Rückforderungsanspruch des Mieters erst, wenn der Vermieter zur Abrechnung verpflichtet ist. Dies ist der Fall, wenn eine angemessene Frist abgelaufen ist, innerhalb der der Vermieter seine Ansprüche zumutbarerweise hat (oder hätte) klären und hierüber abrechnen können. Der sich aus der Sicherungsabrede ergebende Rückzahlungsanspruch wird also erst fällig und besteht auch nur insoweit, als feststeht, dass dem Vermieter keine Ansprüche mehr zustehen, für die die Kaution haftet, das Sicherungsbedürfnis also entfallen ist. Gegenansprüche des Vermieters sind folglich keine Einwendungen (des Vermieters), die dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution entgegenzuhalten wären, BGH – Urt. v. 24.3.1999 – GE 1999, 708 = NZM 1999, 496 = WM 1999, 397.

194

Vor Eintritt der Abrechnungsreife kann der Mieter den Vermieter nicht darauf verweisen, sich aus der Kaution zu befriedigen, geschweige denn ist er selbst zur Aufrechnung befugt, BGH – Urt. v. 12.1.1972 – MDR 1972, 411 = Betrieb 1972, 478, LG München I WuM 1996, 541 zum unzulässigen „Abwohnen“ der Mietsicherheit.

Mangels einer gesetzlichen Regelung können und sollten die Parteien die Dauer der Abrechnungsfrist vereinbaren. Ist vereinbart, dass über die Kaution binnen 6 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses abzurechnen ist, so ist dies dahin auszulegen, dass die Frist erst mit der Räumung beginnt, LG Potsdam NZM 2005, 303.

195

Ist eine Vereinbarung nicht getroffen, so richtet sich die Dauer der Abrechnungsfrist am Einzelfall aus. Nach überwiegender Meinung ist im Regelfall eine Frist von 6 Monaten zugrunde zu legen, 328

Mietsicherheit

Rn. III 196

OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.12.1999 – DWW 2000, 92 = ZMR 2000, 602: Vor Ablauf einer Abrechnungsfrist von 6 Monaten sind Verrechnungsversuche des Mieters in der Regel bedeutungslos, weil er noch keinen fälligen Rückforderungsanspruch hat; ebenso LG Berlin NZM 1999, 1095 = ZMR 1999, 762, AG Leipzig WuM 2002, 376.

Es handelt sich hierbei aber nicht um eine Höchstfrist, die stets einzuhalten wäre (so aber LG Kiel WuM 2001, 238). Kann der Vermieter über die Kaution abrechnen, ist der Rückzahlungsanspruch auch dann fällig, wenn bis zu diesem Zeitpunkt noch keine 6 Monate verstrichen sind, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – DWW 2004, 19 = WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

Mithin kann die Abrechnungsfrist durchaus länger, aber auch kürzer sein, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 244 = NJW 1987, 2372, BGH – Urt. v. 18.1.2006 – WuM 2006, 197: Die angemessene Frist kann 6 Monate übersteigen, wenn dies für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar ist, OLG Hamburg NJW-RR 1988, 651 jeweils für eine 6 Monate übersteigende Frist, wenn der Vermieter ohne sein Verschulden die Nebenkostenabrechnung noch nicht erstellen kann; OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.5.1996 – NJW-RR 1997, 520 = ZMR 1996, 493, wenn der Vermieter die Kautionssumme nach Vertragsende erst durch Zwangsvollstreckung beitreiben muss; OLG Köln – Beschl. v. 5.12.1997 – WuM 1998, 154 = ZMR 1998, 345: Die dem Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses zuzubilligende Frist, innerhalb derer er zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er eine vom Mieter geleistete Kaution zur Abdeckung von Ansprüchen verwenden will, kann sich nach den Umständen des Einzelfalles auf 21/2 Monate beschränken.

Da einerseits der Vermieter nicht verpflichtet ist, bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Zwischenabrechnung über die Betriebskosten vorzunehmen, andererseits sein Sicherungsbedürfnis sich auch auf noch nicht fällige Ansprüche bezieht, darf er einen angemessenen Teil der Mietkaution bis zum Ablauf der ihm zustehenden Abrechnungsfrist einbehalten, wenn eine Nachforderung zu erwarten ist, BGH – Urt. v. 18.1.2006 – NZM 2006, 343 = WuM 2006, 197 = ZMR 2006, 431 = MietRB 2006, 155 (Zimmer): Die Mietkaution sichert auch noch nicht fällige Ansprüche, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben, und erstreckt sich damit auf Nachforderungen aus einer nach Beendigung des Mietverhältnisses noch vorzunehmenden Abrechnung der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten; OLG Hamburg – Urt. v. 6.1.1988 – NJW-RR 1988, 651 = WuM 1988, 124 = ZMR 1988, 264, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.6.2001 – NZM 2002, 37.

§ 273 BGB kommt nicht zur Anwendung, weil der Rückzahlungsanspruch des Mieters erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungs- und Abrechnungsfrist fällig wird, BGH – Urt. v. 18.1.2006 – NZM 2006, 343 = WuM 2006, 197 = ZMR 2006, 431 = MietRB 2006, 155 (Zimmer).

Ist eine Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung zu erwarten, so orientiert sich der einzubehaltende Betrag am voraussichtlichen Abrechnungsergebnis. Hierfür kann es auf die Dauer des Mietverhältnisses im jeweiligen Wirtschaftsjahr ankommen; auch ein Durchschnitt der letzten Abrech329

196

Rn. III 196a

Miete und Mietsicherung

nungsergebnisse kann einen Maßstab für die Angemessenheit des einzubehaltenden Betrages ergeben. Sind keine Anhaltspunkte für die grobe Schätzung des künftigen Abrechnungsergebnisses vorhanden, so kann ein Betrag in Höhe von 3–4 monatlichen Vorauszahlungen zurückbehalten werden, sofern der Vermieter nicht nachweist, dass mit einer höheren Nachzahlung zu rechnen ist, AG Hamburg WuM 1997, 213.

Der Einbehalt besteht nur bis zur Abrechnungsreife (s. Rn. V 366). Versäumt der Vermieter die Abrechnungsfrist nach § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB, so ist er nicht berechtigt, den Abrechnungssaldo mit der Mietsicherheit zu verrechnen; denn mit dem Ablauf dieser Frist erlischt der Anspruch auf Zahlung des Saldos (s. Rn. V 458). 196a

Der Vermieter kann gegen die Kaution nicht mit Heizkostennachforderungen aufrechnen, wenn diesen Gegenforderungen ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters wegen unterlassener Abrechnung der sonstigen Betriebskosten gegenübersteht, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 19.6.2007 – GE 2008, 927 = ZMR 2008, 708.

197

Die Gegenforderung des Vermieters muss zumindest bedingt bestehen. Bei einem Streit um die Rückforderung der Kaution kann der Vermieter nicht wegen der Anwalts- und Gerichtskosten einen Teil der Kaution zurückbehalten, sofern nicht wenigstens ein vorläufig vollstreckbarer Titel zu seinen Gunsten vorliegt, LG Hamburg ZMR 2001, 802, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – ZMR 2000, 211 = WuM 2000, 151 (LS) für Kautionsklage nach Beendigung des Mietverhältnisses.

198

Hat der Vermieter mehrere Forderungen, mit denen er gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen kann, so steht ihm das Recht zu, die Reihenfolge der zu verrechnenden Forderungen zu bestimmen (§ 396 Abs. 1 Satz 1 BGB). Trifft er keine Bestimmung oder widerspricht der Mieter der Verrechnung des Vermieters, so ergibt sich die Reihenfolge aus einer entsprechenden Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB (§ 396 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Aufrechnende wird in diesem Rahmen als Gläubiger, nicht als Schuldner angesehen, so dass es bei mehreren fälligen, zur Verrechnung gestellten Forderungen darauf ankommt, welche seiner Forderungen für ihn die geringere Sicherheit bietet. Das gilt auch für das Verhältnis der Betriebskostenvorauszahlungen zu anderen Forderungen des Vermieters, da sie nach Eintritt der Abrechnungsreife erlöschen (s. dazu Rn. III 103, V 273), OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – DWW 2001, 1125 = NZM 2001, 1125 = ZMR 2002, 46: Hat der Vermieter die Verrechnungsreihenfolge nicht bestimmt, ist das Kautionsguthaben analog § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf die Nebenkostenvorauszahlungen und erst dann auf die restliche Miete zu verrechnen; s. auch LG Köln ZMR 2002, 274 zum Recht des Vermieters, eine Verrechnungsbestimmung zu treffen.1 1 Zum Fall: Trifft der Mieter bei seinem Freigabeantrag eine Tilgungsbestimmung, so muss der an sich verrechnungsberechtigte Vermieter der Bestimmung bei Annahme

330

Mietsicherheit

Rn. III 201

Auch Forderungen, die der kurzen Verjährungsfrist des § 548 BGB unterliegen, sind im Hinblick hierauf die für den Vermieter unsichereren. Wegen eines etwaigen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs kann der Vermieter ein Zurückbehaltungsrecht erst geltend machen, wenn dieser Anspruch zumindest vorläufig vollstreckbar tituliert ist; denn zuvor ist er noch gar nicht existent, s. Rn. III 197.

199

Hat ein Nachmieter – wie häufig – keine Haftung für die Verbindlichkeiten des Vormieters übernommen, so hat dieser bis zum Inkrafttreten des Nachmietvertrages und der endgültigen Abwicklung seines Mietverhältnisses keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Rückgabe der Mietsicherheit.

200

Ist die Wirksamkeit des Nachmietvertrages bis zur Gestellung einer Mietbürgschaft durch den Nachmieter aufschiebend bedingt, so verhält sich der Vermieter nicht treuwidrig, wenn er es ablehnt, die Bankbürgschaft des Vormieters Zug um Zug gegen Erteilung der Mietbürgschaft des Nachmieters herauszugeben, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.2000 – DWW 2000, 86.

Der Anspruch des Mieters auf Rückerstattung der Kaution verjährt gemäß §§ 195, 199 BGB nach 3 Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter verpflichtet ist, über die Kaution abzurechnen (s. Rn. III 195).1 Mit der Verjährung des Rückzahlungsanspruchs verjährt auch sein Anspruch auf Kautionsabrechnung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.4.2005 – MDR 2005, 981 = NZM 205, 783.

Zur Aufrechnung mit vertragsfremden Forderungen s. Rn. III 183. Zur Aufrechnung mit verjährten Forderungen s. Rn. III 188. cc) Insolvenz, Zwangsverwaltung und Kautionsrückzahlung aaa) Insolvenz des Vermieters Der Anspruch des Mieters auf Erstattung des unverbrauchten Kautionsguthabens ist eine einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO, wenn der Vermieter die Kaution von seinem Vermögen nicht getrennt hat,2 BGH – Urt. v. 20.12.2007 – NZM 2008, 203 = WuM 2008, 149 = ZMR 2008, 280, OLG Hamburg – RE v. 29.11.1989 – MDR 1990, 246 = WM 1990, 5, OLG München – Urt. v. 6.7.1990 – ZMR 1990, 413.

Das Gleiche gilt für den Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Anlage der Mietkaution. des Geldes widersprechen; ein späterer Widerspruch wäre treuwidrig (venire contra factum proprium). 1 Derleder NZM 2006, 601, 608. 2 Vgl. dazu auch Jauch WuM 1989, 277; Cymutta WuM 2008, 441; s. zu § 551 BGB Blank/Börstinghaus Rn. 61; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 111; Staudinger/Emmerich Rn. 20.

331

201

Rn. III 202

Miete und Mietsicherung

Dagegen steht dem Mieter ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu, wenn der Vermieter die Kaution getrennt von seinem Vermögen angelegt hat.1 Das gilt auch dann, wenn er die Anlage erst später vornimmt, nachdem er die Kaution zunächst in sein Vermögen überführt hatte, BayObLG – RE v. 8.4.1988 – NJW 1988, 1796 = WuM 1988, 205 = ZMR 1988, 253, ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.12.1987 – NJW-RR 1988, 782.

bbb) Zwangsverwaltung 202

Hat der Mieter die Kaution noch nicht geleistet, so kann der Zwangsverwalter den Erfüllungsanspruch geltend machen.2 Der Zwangsverwalter ist befugt, von dem Schuldner (Vermieter) die Aushändigung einer vor Beschlagnahme von einem Mieter des Objekts geleisteten Kaution zu verlangen. Der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung stellt zusammen mit der Ermächtigung des Zwangsverwalters zur Besitzergreifung einen Vollstreckungstitel dar, auf Grund dessen wegen dieses Anspruchs nach § 883 ZPO vollstreckt werden kann, BGH – Beschl. v. 14.4.2005 – MDR 2005, 1012 = NZM 2006, 71 = WuM 2005, 405.

Zur Rückgewähr der Kaution an den Mieter ist er selbst dann verpflichtet, wenn der Vermieter die vom Mieter geleistete Kaution nicht an ihn abgeführt hat,3 BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NZM 2003, 849 = WuM 2003, 630 = ZMR 2003, 903 unter Aufgabe der früheren Rspr., – Urt. v. 9.3.2005 – NZM 2005, 596 = ZMR 2005, 603, OLG Hamburg – Urt. v. 14.11.2001 – WuM 2002, 29 im Anschluss an OLG Hamburg WuM 1990, 10; anders noch LG Mannheim NZM 2000, 656.

Daneben haftet nicht auch der Vermieter; § 566a BGB ist nicht analog anzuwenden, LG Potsdam NZM 2004, 582.

202a

Eine Erstattungspflicht besteht nur insoweit, als der Schuldner (Grundstückseigentümer als Vermieter) selbst zur Herausgabe verpflichtet gewesen wäre, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NZM 2005, 639 = WuM 2005, 404 = ZMR 2005, 686.

Sie besteht aber dann nicht, wenn das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme des Grundstücks bereits beendet und die Mieträume geräumt waren, es sei denn, dass der Schuldner die Mietsicherheit dem Zwangsverwalter ausgehändigt hatte, BGH – Urt. v. 3.5.2006 – WuM 2006, 403 = ZMR 2006, 603 = MietRB 2007, 5 (Junker), LG Potsdam WuM 2005, 772.

1 Beispiel: Der Mieter hat als Mietsicherheit ein Kautionssparbuch mit Sperrvermerk zugunsten des Vermieters angelegt und diesem ausgehändigt. 2 S. zu § 551 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 60; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 110. 3 S. dazu Geldmacher DWW 2004, 248, 252.

332

Mietsicherheit

Rn. III 203

Der Mieter ist seinerseits nicht gehindert, gegen die nach Anordnung der Zwangsverwaltung über das Mietgrundstück fälligen Mietforderungen mit seinem Anspruch auf Auskehrung eines Betriebskostenguthabens aus der vor der Beschlagnahme beendeten Abrechnungsperiode aufzurechnen, wenn die Abrechnung nach der Beschlagnahme fällig wird, OLG Rostock – Urt. v. 20.1.2006 – NZM 2006, 520.

Der Mieter kann den Zwangsverwalter klageweise nicht mehr in Anspruch nehmen, wenn die Zwangsverwaltung vor Rechtshängigkeit aufgehoben worden ist, weil in diesem Fall dem Zwangsverwalter die Prozessführungsbefugnis fehlt; für deren Vorliegen trägt der Mieter die Beweislast, BGH – Urt. v. 25.5.2005 – NZM 2006, 312.

dd) Präklusionsfolge der Kautionsrückzahlung Rechnet der Vermieter ein Mietverhältnis unter Berücksichtigung der Kaution ab und zahlt er das Abrechnungsguthaben an den Mieter aus, so können damit nicht berücksichtigte Forderungen des Vermieters erlassen worden sein, OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.4.2001 – NZM 2001, 893 = WuM 2001, 439 = ZMR 2001, 962.

Der erste Anschein spricht jedenfalls für einen Verzichtswillen des Vermieters. Die Präklusionsfolge gilt insbesondere für die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus dem Mietverhältnis; durch Rückerstattung der Kaution erkennt der Vermieter den Zustand bei Rückgabe schlüssig als vertragsgemäß an und verzichtet damit auf Ersatzansprüche wegen erkennbarer Mängel und Schäden,1 OLG München – Urt. v. 14.7.1989 – NJW-RR 1990, 20.

Zahlt der Vermieter die Kaution ohne Vorbehalt zurück, so ist dies zumindest ein starkes Indiz für ein Umstandsmoment, das in Verbindung mit einem Zeitablauf von 15 Monaten seit Rückzahlung dazu führt, dass noch offene Mietzahlungsansprüche, deren sich der Vermieter verspätet berühmt, verwirkt sind, AG Charlottenburg GE 1999, 987.

Die Präklusionswirkung soll aber nicht bei Vermietung von preisgebundenem Wohnraum gelten, bei dem die Kaution im Hinblick auf das Mietausfallwagnis für derartige Ansprüche nicht verwendet werden darf, LG Berlin NZM 2003, 280 = ZMR 2002, 666.

1 S. zu § 551 BGB: AnwKomm/Riecke Rn. 60; Blank/Börstinghaus Rn. 47; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 96; Staudinger/Emmerich Rn. 30 a.E.

333

203

Rn. III 204

Miete und Mietsicherung

e) Veräußerung und Mietsicherheit aa) Kautionsübergang auf den Erwerber 204

Hat der Mieter die Kaution geleistet, so gehen die Rechte und Pflichten hieraus nach § 566a BGB auf den Erwerber über; für Mietverhältnisse über Grundstücke und andere Räume als Wohnraum ergibt sich diese Folge aus § 578 BGB. Das entspricht dem früheren Recht, soweit es die Rechte an der Kaution anbelangt (s. § 572 Satz 1 BGB a.F.). § 566a Satz 1 BGB erweitert diese Rechtsfolge um den Pflichtenkreis. Ist die Kaution auf ein Treuhandkonto oder in Form eines Sparbuchs angelegt, so wird der Erwerber mit Vollendung des Eigentumserwerbs Rechtsinhaber der Kaution, ohne dass es eines weiteren Übertragungsaktes bedarf,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.3.1997 – NJW-RR 1997, 1170 = WuM 1997, 264 = ZMR 1997, 295.

205

Der Anspruch des Erwerbers auf Aushändigung des Sparbuchs oder Abgabe einer von der kontoführenden Bank geforderten, den Erwerber ausdrücklich legitimierenden Erklärung des Veräußerers hat keine rechtsbegründende Wirkung, sondern bezieht sich auf Nebenpflichten des Veräußerers. Entsprechendes gilt, wenn die Mietsicherheit durch Sicherungseigentum oder durch eine Mietbürgschaft geleistet worden ist: Auch die Rechte hieraus gehen unmittelbar auf den Erwerber über, BGH – Urt. v. 20.6.1985 – MDR 1985, 1021, OLG Hamm – Urt. v. 30.10.1984 – ZMR 1985, 162, LG Bonn NJW-RR 1994, 1357 jeweils für Mietbürgschaft, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.3.1997 – WuM 1997, 264 = ZMR 1997, 295, 296 für Mietbürgschaft und Sicherungseigentum.

Erfolgt der Grundstückserwerb erst nach Beendigung des Mietverhältnisses und Auszug des Mieters, so tritt der Erwerber nicht in die Rechte und Pflichten des Vermieters aus dem beendeten Mietverhältnis ein, also auch nicht in die Sicherungsabreden zur Mietkaution, BGH – Urt. v. 4.4.2007 – NZM 2007, 441 = WuM 2007, 267 = ZMR 2007, 527 = MietRB 2007, 165 (Junker).

206

Hat der Mieter die Mietsicherheit nicht geleistet, obwohl der Kautionsanspruch des Vermieters fällig ist, und veräußert der Vermieter das Mietgrundstück, so geht der Anspruch auf Leistung der Mietsicherheit nicht schon nach § 566 BGB auf den Erwerber über.2 Abgesehen davon, dass bereits fällig gewordene Ansprüche beim Veräußerer verbleiben, würde diesem anderenfalls die Sicherungsmöglichkeit für etwa noch bestehende Ansprüche genommen, OLG Hamburg – Urt. v. 9.4.1997 – WuM 1997, 375 = ZMR 1997, 415. 1 S. zu § 566a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 7, 8; Emmerich/Sonnenschein Rn. 7; MünchKomm/Häublein Rn. 7, 8; Staudinger/Emmerich Rn. 9; Derleder NZM 2006, 601, 606 f.; Kraemer NZM 2001, 736, 742. 2 S. zu § 566a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 3; Herrlein/Kandelhard Rn. 4; Schmidt-Futterer/Gather Rn. 9; anders Staudinger/Emmerich Rn. 4; Kraemer NZM 2001, 736, 742.

334

Mietsicherheit

Rn. III 208

Hat der Vermieter das Mietgrundstück veräußert und geht die vom Mieter geleistete Mietsicherheit ausnahmsweise nicht schon nach § 566a BGB auf den Erwerber über,1 so kann der Mieter vom (bisherigen) Vermieter verlangen, dass dieser dem Erwerber eine von ihm geleistete Barkaution aushändigt, wenn im Mietvertrag nichts anderes vereinbart ist und dem bisherigen Vermieter gegen den Mieter keine Ansprüche mehr aus dem Mietverhältnis zustehen,2

206a

s. auch OLG Karlsruhe – RE v. 30.11.1988 – WuM 1989, 63 = ZMR 1989, 89.

Ob auch der Erwerber im vorerwähnten Fall vom Veräußerer die Herausgabe der Mietsicherheit verlangen kann, richtet sich nach den Vereinbarungen zwischen diesen Parteien. Bis zur Herausgabe der Mietsicherheit an den Erwerber ist der Veräußerer noch berechtigt, sich wegen seiner Ansprüche gegen den Mieter aus der Mietsicherheit zu befriedigen, wenn nichts anderes zwischen diesen vereinbart ist. Hat der Veräußerer sich aus der Mietsicherheit befriedigt, muss der Erwerber, der die Herausgabe verlangt, beweisen, dass die Mietsicherheit nicht verbraucht ist,

207

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 2.10.1986 – NJW-RR 1987, 786.

Gegenüber dem Anspruch des Erwerbers auf Aushändigung der Kaution kann der Veräußerer nicht mit seiner Kaufpreisforderung aufrechnen; dem steht die treuhänderische Bindung, die der Kaution innewohnt, entgegen, OLG Frankfurt a.M. – Teilurt. v. 29.5.1991 – NJW-RR 1991, 1416 = WuM 1991, 484 = ZMR 1991, 340.

Ist die Mietsicherheit bereits in die Verfügungsgewalt des Erwerbers gelangt, so kann sich der Vermieter hieraus nicht mehr befriedigen, LG Bonn NJW-RR 1994, 1357.

bb) Veräußerer- und Erwerberhaftung für Rückerstattung der Kaution aaa) Veräußererhaftung Die subsidiäre Veräußererhaftung nach § 566a Satz 2 BGB ist auf die Rspr. des BGH zurückzuführen, die für sog. Altfälle noch Bedeutung hat, BGH – Urt. v. 24.3.1999 – BGHZ 141, 160 f. = NZM 1999, 496 = WuM 1999, 397 = ZMR 1999, 537: Händigt der Veräußerer die ihm vom Mieter geleistete Sicherheit auf Verlangen des Erwerbers an diesen aus, bleibt er auch unter den Voraussetzungen des § 571 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. neben dem Erwerber zur Rückgewähr der Sicherheit nach Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet.3

1 Beispiel: Barkaution zur freien Verfügung des Vermieters bei Gewerberaummietverhältnis. 2 MünchKomm/Häublein BGB § 566a Rn. 9. 3 Zum Fall: Der Vermieter (V) hatte an den Erwerber (E) die Kaution ausgehändigt. E fiel in Konkurs; das Mietverhältnis dauert an. Der Mieter (M) klagte mit Erfolg auf Feststellung, dass V von der Pflicht zur Rückgewähr der Kaution nicht frei geworden ist.

335

208

Rn. III 209

Miete und Mietsicherung

Im Gegensatz zu dieser Rspr. sieht § 566a Satz 2 BGB nur die subsidiäre Haftung des Veräußerers vor. Sie ist allerdings abdingbar. Ob dies auch formularmäßig zulässig ist, ist umstritten, wird aber zu verneinen sein,1 verneinend LG Kiel WuM 2004, 192 für eine vom Veräußerer vorformulierte Erklärung über den Verzicht auf die Veräußererhaftung.2

209

Möglich ist auch eine nach Abschluss des Mietvertrages getroffene Enthaftungsvereinbarung zwischen dem veräußernden Vermieter und dem Mieter aus Anlass der Veräußerung. Diese kann auch schlüssig getroffen werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – WuM 2002, 556: Für die Enthaftung des Veräußerers ist nicht das Verlangen des Mieters auf Weiterleitung der Kaution Voraussetzung, sondern es genügt die Zustimmung oder das Erkennenlassen, dass der Erwerber als alleiniger Schuldner angesehen werde, auf sonstige Weise. Ausreichend ist, dass der Veräußerer sie mit Billigung des Mieters dem Erwerber überlassen hat (Anschluss an BGHZ 141, 160 = NJW 1999, 1857 = WuM 1999, 397).

bbb) Erwerberhaftung 210

Nach bisherigem Recht war der Erwerber zur Rückgewähr der Mietsicherheit nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt worden ist oder er gegenüber dem Vermieter die Pflicht zur Rückgewähr übernommen hat (s. § 572 BGB a.F.). Nach der Neuregelung in § 566a Satz 1 BGB haftet er auf Rückzahlung, gleichgültig ob ihm die Kaution ausgehändigt worden ist oder nicht (§ 566a Satz 1 BGB). Das gilt allerdings nur, soweit der bisherige Vermieter (Veräußerer) die Kaution nicht berechtigt in Anspruch genommen hat. In einem solchen Fall steht dem Erwerber ein Auffüllungsanspruch zu. Obwohl für die Regelung in § 566 Abs. 2 BGB eine Überleitungsvorschrift fehlt und sie deshalb nach allgemeinen Grundsätzen auch für sog. Altfälle (Erwerbsvorgang vor dem 1.9.2001 abgeschlossen) gelten würde, ist sie schon im Hinblick auf das verfassungsrechtlich verankerte Verbot der Rückwirkung belastender Gesetze nur auf solche Fälle anzuwenden, in denen der Erwerb nach dem Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 erfolgt ist, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NZM 2005, 639 = WuM 2005, 404 = ZMR 2005, 686; BGH – Urt. v. 20.6.2005 – MDR 2006, 16 = NZM 2005, 665, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 179 = ZMR 2006, 348, ebenso schon LG Aachen NZM 2003, 234.

Das gilt auch für den Fall, dass der Erwerber nach dem 1.9.2001 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen worden ist, der Kaufvertrag jedoch bereits 1 S. zu § 566a BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 17; Schmidt-Futterer/Gather Rn. 33 f.; Staudinger/Emmerich Rn. 18; Geldmacher DWW 2004, 251 Fn. 143. 2 Die Erklärung lautete u.a.: „Bis zum 31.7.2003 war ich Mieter bei der K. Mir wurde mitgeteilt, dass meine Wohnung an die X verkauft wurde. Mir ist bekannt, dass alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag, auch die aus der von mir geleisteten Kaution auf den Käufer übergehen. Der von mir gezahlte Betrag wird von der K an die X Anfang August 2003 überwiesen. Hierzu erkläre ich meine Zustimmung und werde die K bezüglich der Kautionszahlung nicht mehr in Anspruch nehmen.“

336

Mietsicherheit

Rn. III 212

nach der Beschlussfassung des MRRG durch den Bundestag am 29.3.2001 abgeschlossen worden ist, KG – Urt. v. 20.9.2007 – ZMR 2008, 48 = MietRB 2008, 135 (Kern).

Ist der Eigentumswechsel vor dem 1.9.2001 erfolgt, so haftet der Erwerber für die Rückzahlung demnach nur nach Maßgabe des § 572 Abs. 1 Satz 2 BGB, BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NJW 2005, 3494 = WuM 2005, 718 = ZMR 2006, 31 = MietRB 2006, 90 (Monschau),1 BGH – Urt. v. 16.11.2005 – MDR 2006, 805, 806 = NZM 2006, 179 = ZMR 2006, 348, LG Berlin GE 2003, 1159 (ZK 63).

Für die sog. Altfälle muss der Mieter beweisen, dass der Erwerber die Mietsicherheit erhalten hat, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 179 = ZMR 2006, 348, LG Frankfurt a.M. WuM 1998, 31.

f) Mietbürgschaft Für die Mietbürgschaft gelten außer den ohnehin zu beachtenden Anforderungen an ein Bürgschaftsversprechen nach § 765 BGB die Beschränkungen für die Wohnraummiete nach § 551 BGB.2

211

aa) Vereinbarung und Inhalt Auslegungsfrage ist, ob ein Schuldbeitritt, eine Schuldübernahme oder eine Mietbürgschaft vorliegt.3 Tritt ein Dritter dem Mietvertrag bei, so haftet er nur für die seit dem Beitritt entstandenen Verbindlichkeiten. Dagegen haftet er bei einer unbeschränkten Schuldübernahme (aus dem Mietverhältnis) auch für „Altverbindlichkeiten“ aus der Zeit vor der Schuldübernahme. Allein der Umstand, dass er in der Vereinbarung mit dem Vermieter auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, soll noch nicht auf das Vorliegen einer Bürgschaft geschlossen werden können,4 OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.6.2007 – ZMR 2008, 123, 124.

Weitere Rspr. hierzu: LG Gießen WM 1994, 673 = ZMR 1995, 33: Die Erklärung, die Verpflichtungen aus einem Gaststättenmietvertrag „selbstschuldnerisch“ zu übernehmen, ist als Mietbürgschaft gewertet worden, 1 S. dazu Bieber WuM 2006, 89. 2 S. zu § 551 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 7; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 17 f.; Staudinger/Emmerich Rn. 7 f.; Kraemer NZM 2001, 737, 740. Zu Vor- und Nachteilen der Mietbürgschaft gegenüber der Barkaution s. Kraemer NZM 2001, 737, 740. 3 S. dazu Derleder NZM 2006, 601, 605. 4 Zum Fall: Die Vereinbarung lautete: „Hiermit erklärt sich der Vermieter damit einverstanden, dass Frau S. ab dem 1.3.2004 in dem Mietvertrag zusätzlich zu Herrn F. benannt wird. Frau S. haftet für alle Verbindlichkeiten aus dem o.g. Vertrag gesamtschuldnerisch und ohne die Einrede der Vorausklage.“ Es bestanden Altschulden von ca. 34 000 Euro sowie Nebenkostennachforderungen aus 2002 und 2003.

337

212

Rn. III 212a

Miete und Mietsicherung

OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.12.2000 – ZMR 2001, 882: Die Erklärung des Geschäftsführers einer GmbH als Mieterin, „für die Erfüllung des Vertrages persönlich zu haften“, ist nicht als Bürgschaft, sondern als Schuldbeitritt ausgelegt worden.

Zur Bestimmbarkeit der Ansprüche, die durch das Bürgschaftsversprechen gesichert werden sollen, genügt die Bezeichnung „für alle Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis“. Bezieht sich die Bürgschaft auf alle Ansprüche aus dem Mietvertrag, so gilt das auch für Ansprüche auf Ersatz von Mietausfall für die restliche Mietdauer, die daraus resultieren, dass der Mieter vorzeitig ausgezogen ist und der Vermieter zu einem niedrigeren Mietzins anderweitig vermietet hat, KG – Urt. v. 26.4.2007 – GE 2007, 1247.

Eine Bürgschaft diesen Inhalts erfasst regelmäßig solche Forderungen nicht, die aus Anlass der (hier vorzeitigen) Beendigung des Mietvertrags (hier: Entlassung aus dem Mietverhältnis gegen Übernahme zusätzlicher Renovierungsarbeiten) begründet worden sind. Der Vermieter kann wegen dieser Ansprüche auch kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB gegenüber dem Bürgen geltend machen, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 12.4.2006 – MDR 2006, 1164 = NZM 2006, 900 = MietRB 2007, 91 (Intveen).

Zu Einschränkungen s. Rn. III 215. Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist das Kumulationsverbot zu beachten (s. Rn. III 172). Es gilt auch dann, wenn sich ein Arbeitgeber gegenüber dem Wohnungsvermieter seines Arbeitnehmers für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis verbürgt hat. Er kann, nachdem er bereits das Dreifache einer Monatsmiete an den Vermieter gezahlt hat, weitere Leistungen nach § 551 Abs. 1 BGB (= § 550b Abs. 1 BGB a.F.) auch dann ablehnen, wenn er ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Zustandekommen des Mietvertrages hatte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.7.1997 – MDR 1998, 464.

Für die Begrenzung auf den Betrag einer 3fachen monatlichen Nettokaltmiete nach § 551 Abs. 1 BGB ist die bei Vertragsabschluss vereinbarte maßgebend; die Höhe der übernommenen Bürgschaft wird also durch eine Anpassung der zu zahlenden Miete nicht beeinflusst (s. auch Rn. III 168), LG Leipzig ZMR 2003, 191.

212a

Die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist bei der Wohnraummiete unzulässig,1 LG Hamburg WuM 2003, 36, 37: Die Bürgschaft auf erstes Anfordern, die von einer Privatperson zugunsten eines Mieters von Wohnraum erklärt wird, begründet nur die Verpflichtung aus einer einfachen Bürgschaft. Abgesehen von Kreditinstituten und Versicherungen, denen derartige Garantiegeschäfte vorbehalten sind, können ausnahmsweise nur solche Personen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern übernehmen, die mit Bürgschaften dieser Art und dem damit verbundenen Risiko vertraut sind.

1 Für Unzulässigkeit in Formularverträgen mit Verbrauchern s. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen Anhang zu § 310 BGB Rn. 251; Derleder NZM 2006, 601, 603.

338

Mietsicherheit

Rn. III 213

Diese Argumentation stützt sich auf das Überraschungsverbot in § 305c Abs. 1 BGB und das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 BGB. Sie kommt nur zum Tragen, wenn die Bürgschaftserklärung vorformuliert ist. Im Übrigen verstößt die Bürgschaft auf erstes Anfordern bei der Wohnraummiete gegen § 551 BGB, weil sie nicht nur die Funktion einer Sicherung hat, sondern dem Gläubiger die weiterreichende Möglichkeit einräumt, sich liquide Mittel selbst dann zu beschaffen, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist,1 BGH – Urt. v. 18.4.2002 – MDR 2002, 856 zum Zweck der Bürgschaft auf erstes Anfordern.

Dagegen wird sie bei Mietverhältnissen über Gewerbeobjekte – selbst formularmäßig – für zulässig gehalten,2 KG – Urt. v. 4.12.2003 – DWW 2004, 85, OLG Karlsruhe – Urt. v. 2.7.2004 – NZM 2004, 742.

Da die Bürgschaft auf erstes Anfordern sich nicht in der Funktion als Sicherungsmittel erschöpft, sondern dem Vermieter weitreichende Möglichkeiten zur schnellen Befriedigung auch streitiger Ansprüche gewährt, ist eine differenzierende Wertung geboten.3 Generell wird zu prüfen sein, ob eine solche Klausel unter Berücksichtigung der Verkehrskreise nicht überraschend i.S.v. von § 305c Abs. 1 BGB ist. Darüber hinaus wird zu beachten sein, ob die Risiken einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nach Branche und Betriebsgröße in den Verkehrskreisen des Kunden (Mieters) als bekannt vorausgesetzt werden können, die Klausel also in ihrer Tragweite hinreichend transparent ist.4 Dem Bürgen soll jedoch der Einwand offen stehen, dass die geltend gemachte Forderung von der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht erfasst werde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.1.2005 – ZMR 2005, 785.

Die zwischen den Mietvertragsparteien getroffene, aber unwirksame Vereinbarung über die Übertragung der Kautionsbürgschaft auf ein anderes neues Mietverhältnis führt dazu, dass gemäß einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch des Vermieters auf Gestellung einer neuen Bürgschaft anzunehmen ist,5 LG Hamburg ZMR 2004, 587.

1 S. auch Hahn MDR 1999, 839: Es könnte die Unabdingbarkeit der Mietminderung (§ 536 Abs. 4 BGB) ausgehebelt werden. 2 S. dazu Fritz Rn. 144; Lindner-Figura/Moeser Kap. 12, Rn. 98 f.; Geldmacher DWW 2005, 270, 274; Bedenken bei Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen Anhang zu § 310 BGB Rn. 251: Für den Regelfall ist eine formularmäßige Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht AGB-fest; kritisch auch Fischer NZM 2003, 497, 499. 3 Timme MDR 2003, 1094: Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern. 4 Fischer NZM 2003, 497: Die Bürgschaft auf erstes Anfordern als formularmäßige Sicherheit. 5 Zum Fall: Die Bürgschaft sollte nach einem Wohnungswechsel des Mieters für die neue Mietwohnung gelten.

339

213

Rn. III 214

Miete und Mietsicherung

bb) Inanspruchnahme des Bürgen 214

Mieter und Bürge haften nicht als Gesamtschuldner, weil bei Leistung des Bürgen die Hauptforderung des Gläubigers gegen den Schuldner auf den Bürgen übergeht, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.6.2007 – ZMR 2008, 123, 124 = MietRB 2008, 8, 9 (Engel).

Bestehen gegen den Mieter mehrere Forderungen, so ist die Leistung des Bürgen im Zweifel – d.h. bei Fehlen einer sonstigen Verrechnungsbestimmung des Bürgen – auf die im Zeitpunkt der Zahlung fällige Schuld des Mieters zu verrechnen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.3.1992 – DWW 1992, 213.

Nimmt der Vermieter den Bürgen unter Übermittlung einer Forderungsaufstellung auf Zahlung der Bürgschaftssumme in Anspruch, so soll hierin ohne weitere Anhaltspunkte regelmäßig noch keine den Vermieter bindende endgültige Verrechnungsbestimmung liegen, so dass der Vermieter nicht gehindert sein soll, die eingezogene Bürgschaft auf andere Mietforderungen zu verrechnen. Dementsprechend soll auch der Mieter, der als Sicherheit eine Bankbürgschaft gestellt hat, nach einem Zugriff des Vermieters auf die Bürgschaft abwarten müssen, bis dieser eine endgültige Abrechnung erteilt hat, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.12.1999 – DWW 2000, 92 = ZMR 2000, 602.

Dagegen bestehen aus Gründen der Vertrauenshaftung Bedenken. Insbesondere der Mieter ist im Hinblick darauf, dass er wissen muss, welche Forderungen getilgt sind, schutzbedürftig. 215

Die Mietbürgschaft umfasst nicht den Mietzins für die Zeit einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses oder einer zwischen den Mietparteien später vereinbarten Vertragsfortsetzung, sofern der Bürge an der Vereinbarung nicht mitgewirkt hat, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.1.2005 – ZMR 2005, 785, LG Gießen WM 1994, 673 = ZMR 1995, 33,

ebenso wenig Forderungen, die aus Anlass der (hier vorzeitigen) Beendigung des Mietvertrags (hier: Entlassung aus dem Mietverhältnis gegen Übernahme zusätzlicher Renovierungsarbeiten) begründet worden sind, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 12.4.2006 – MDR 2006, 1164 = NZM 2006, 900 = MietRB 2007, 91 (Intveen).

Sie gilt aber für die Dauer einer bereits im Mietvertrag angelegten Verlängerungsoption. 215a

Hat der Mieter eine Bürgschaft als Mietsicherheit gestellt und verstirbt er, so soll der Vermieter nicht berechtigt sein, den Bürgen für solche Forderungen in Anspruch zu nehmen, die erst nach dem Tod des Mieters entstanden sind, z.B. seitdem aufgelaufene Mietforderungen, LG Münster WuM 2008, 481.

340

Mietsicherheit

Rn. III 219

Die Bürgschaft erfasst auch den Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB,

216

OLG Hamburg – Urt. v. 21.4.1999 – ZMR 1999, 630, OLG Rostock – Urt. v. 30.9.2002 – WuM 2003, 55 (LS).

Wird bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum die selbstschuldnerische Bürgschaft „für alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag“ übernommen, so sollen dazu auch die Kosten eines Räumungsrechtsstreits einschließlich der Kosten für die Räumung des Mieters gehören, LG Hamburg ZMR 2000, 764.

Es liegt im Ermessen des Vermieters, ob dem Mieter wegen Mietrückständen fristlos gekündigt wird; das gilt auch gegenüber dem Bürgen. Dieser kann sich also nicht darauf berufen, dass der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs hätte kündigen können, anstatt ihn in Anspruch zu nehmen,

217

OLG Hamburg – Urt. v. 21.4.1999 – ZMR 1999, 630, KG – Urt. v. 5.7.2001 – GE 2001, 1196, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – NZM 2002, 23.

Ebenso wenig ist der aus der Mietbürgschaft berechtigte Vermieter verpflichtet, den Bürgen über den Stand der Hauptforderung auf dem Laufenden zu halten, OLG Hamburg a.a.O.

Jedoch soll der Bürge, der auf erstes Anfordern zu leisten hat, verpflichtet sein, den Mieter als Hauptschuldner über die Inanspruchnahme der Bürgschaft zu informieren und anzuhören, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.1.2005 – ZMR 2005, 785.

Der Bürge kann zwar auf die Einrede der Aufrechenbarkeit verzichten; ein formularvertraglicher Verzicht ist jedoch unzulässig, wenn er auch unstreitige, rechtskräftig festgestellte oder liquide Gegenforderungen erfasst (s. Rn. II 138).1 Erfüllungsort für die Verpflichtung des Bürgen ist dessen Wohn- bzw. Geschäftssitz zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses, d.h. der Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde. Ein Wechsel des Wohn- oder Geschäftssitzes nach der Entstehung der Bürgschaftsverpflichtung ändert am Erfüllungsort nichts,

218

BayObLG – Beschl. v. 27.6.2003 – MDR 2003, 1103.

Dementsprechend gilt für Klagen gegen den Mietbürgen dessen allgemeiner Gerichtsstand und nicht derjenge aus § 29a ZPO, BGH – Urt. v. 16.12.2003 – NZM 2004, 299 = WuM 2004, 296 = ZMR 2004, 337.

cc) Kündigung Bei Übernahme einer Bürgschaft für einen befristeten Mietvertrag spricht vieles dafür, dass auch die Bürgschaft für die Dauer des Mietvertrages unkündbar ist, KG – Urt. v. 26.4.2007 – GE 2007, 1247 = ZMR 2007, 961 für Unkündbarkeit. 1 S. auch Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen Anhang zu § 310 BGB Rn. 239.

341

219

Rn. III 220

Miete und Mietsicherung

Dagegen kann ein Bürge, der sich zugunsten des Mieters auf unbestimmte Zeit verbürgt hat, den Bürgschaftsvertrag aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB kündigen, jedoch erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter den Mietvertrag – nach Ablauf einer Überlegungsfrist – ordentlich kündigen kann.1 Eine Möglichkeit, zu einem früheren Zeitpunkt zu kündigen, ist nicht deshalb eröffnet, weil der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs kündigen könnte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 24.11.1998 – NZM 1999, 558 = ZMR 2000, 89, LG Berlin NZM 2001, 1075, AG Iserlohn WuM 2004, 544; a.A. LG Duisburg NJW 1998, 1499 = NZM 1998, 73.

Ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt insbesondere in einer erheblichen Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners, jedenfalls wenn besondere Umstände hinzutreten, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.2.1999 – NZM 1999, 620 = WM 1999, 279 für Kreditbürgschaft im Anschluss an BGH – Urt. v. 4.7.1985 – NJW 1985, 3007.

Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn ein Gesellschafter einer MieterGbR, der für deren Bonität steht, aus der Gesellschaft ausscheidet und Insolvenzgefahr droht. Aus § 489 Abs. 2 BGB ist eine Kündigungsfrist von 3 Monaten abgeleitet worden.2 Die Kündigung des Bürgen lässt die Verpflichtung des Mieters, eine Mietsicherheit zu stellen, unberührt. Das außerordentliche Kündigungsrecht des Bürgen ist nicht abdingbar. dd) Durchsetzung verjährter Forderungen 220

Sind die Ansprüche des Vermieters, zu deren Sicherung die Bürgschaft gestellt worden ist, verjährt, so kann sich auch der Bürge hierauf gemäß § 768 BGB berufen.3 Die Regelung des § 215 BGB (§ 390 Satz 2 BGB a.F.) ist auf die Bürgschaftsforderung nicht analog anwendbar, BGH – Urt. v. 28.1.1998 – BGHZ 138, 49, 52 f. = MDR 1998, 461 = NZM 1998, 224 = WuM 1998, 224, OLG Hamm – Urt. v. 24.2.1995 – ZMR 1995, 255.

Der Bürge kann individualvertraglich auf die Einrede der Verjährung verzichten, nicht jedoch formularmäßig.4 Ein Verzicht des Mieters auf die Einrede der Verjährung wirkt indes nicht gegen den Bürgen.5 1 S. zu § 551 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 40; Staudinger/Emmerich Rn. 8; Geldmacher DWW 2005, 270, 274; Kraemer NZM 2001, 737, 740; Derleder NZM 2006, 601, 607 f. 2 Derleder NZM 2006, 601, 608. 3 S. dazu Geldmacher, Mietbürgschaft und Einrede der Verjährung der Hauptschuld, NZM 2003, 502; ferner zu § 551 BGB: AnwKomm/Riecke Rn. 49; Blank/Börstinghaus Rn. 13. 4 Zu § 551 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 14; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 47; Geldmacher NZM 2003, 502, 504; Derleder NZM 2006, 601, 607 f. 5 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 551 Rn. 48.

342

Vermieterpfandrecht

Rn. III 222

Der Bürge kann ferner eine Vollstreckungsabwehrklage darauf stützen, die verbürgte Hauptforderung sei nach seiner rechtskräftigen Verurteilung verjährt (Bestätigung von BGH – IX 272/96 – Urt. v. 9.7.1998 – WPM 1998, 1766), BGH – Urt. v. 5.11.1998 – ZMR 1999, 230.

Die Klage gegen den Bürgen hemmt nicht die Verjährungsfrist für die Hauptforderung,1 was insbesondere für die kurze Verjährungsfrist nach § 548 BGB zu beachten ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.6.2005 – ZMR 2006, 36, KG – Urt. v. 26.4.2007 – GE 2007, 1247 = ZMR 2007, 961, anders aber für den Fall, dass der Hauptschuldner als Rechtsperson untergegangen ist.2

Die Berufung auf die Verjährung ist dementsprechend auch dann noch zulässig, wenn die Verjährung erst eintritt, nachdem der selbstschuldnerisch haftende Bürge verklagt worden ist (KG a.a.O.). ee) Bürgschaftsfreigabe Der Anspruch des Mieters auf Freigabe der in Form einer Bürgschaft geleisteten Mietsicherheit hat zum Inhalt, dass der Vermieter die Bürgschaftsurkunde an den Bürgen – nicht an den Mieter – herausgibt,

221

OLG Celle – Urt. v. 17.4.2002 – NZM 2003, 763 = ZMR 2002, 813, LG Düsseldorf DWW 2000, 26.

Das Interesse des Wohnungsmieters an der Freigabe der zur Sicherheit gestellten selbstschuldnerischen Bankbürgschaft ist mit der Bürgschaftssumme zu bewerten und bestimmt damit die Beschwer, BGH – Beschl. v. 15.2.2006 – WuM 2006, 215.

Keineswegs kann der Mieter einen Zahlungsanspruch geltend machen, LG Kaiserslautern WuM 2003, 630.

10. Vermieterpfandrecht Auch wenn das Vermieterpfandrecht bei der Wohnraummiete keine besondere Rolle als Sicherungsmittel spielt, sind die Vorschriften über dieses Rechtsinstitut (§§ 559 BGB a.F.) nahezu wörtlich in das Wohnraummietrecht (§§ 562 ff. BGB) übernommen worden. Auf sie wird für Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume verwiesen (§ 578 BGB). Das Vermieterpfandrecht sichert grundsätzlich nur solche Ansprüche, die bis zur Geltendmachung des Pfandrechts nach Grund und Höhe bereits entstanden sind, deren Entstehung also nicht von zukünftigen Ereignissen abhängig ist (§ 559 Satz 2 BGB), OLG Hamm – Urt. v. 10.12.1993 – NJW-RR 1994, 655. 1 S. dazu ausführlich Geldmacher NZM 2003, 502. 2 Das ist bei einer GmbH nicht schon der Fall, wenn sie aufgelöst wird, sondern erst, wenn sie im Handelsregister gelöscht wird.

343

222

Vermieterpfandrecht

Rn. III 222

Der Bürge kann ferner eine Vollstreckungsabwehrklage darauf stützen, die verbürgte Hauptforderung sei nach seiner rechtskräftigen Verurteilung verjährt (Bestätigung von BGH – IX 272/96 – Urt. v. 9.7.1998 – WPM 1998, 1766), BGH – Urt. v. 5.11.1998 – ZMR 1999, 230.

Die Klage gegen den Bürgen hemmt nicht die Verjährungsfrist für die Hauptforderung,1 was insbesondere für die kurze Verjährungsfrist nach § 548 BGB zu beachten ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.6.2005 – ZMR 2006, 36, KG – Urt. v. 26.4.2007 – GE 2007, 1247 = ZMR 2007, 961, anders aber für den Fall, dass der Hauptschuldner als Rechtsperson untergegangen ist.2

Die Berufung auf die Verjährung ist dementsprechend auch dann noch zulässig, wenn die Verjährung erst eintritt, nachdem der selbstschuldnerisch haftende Bürge verklagt worden ist (KG a.a.O.). ee) Bürgschaftsfreigabe Der Anspruch des Mieters auf Freigabe der in Form einer Bürgschaft geleisteten Mietsicherheit hat zum Inhalt, dass der Vermieter die Bürgschaftsurkunde an den Bürgen – nicht an den Mieter – herausgibt,

221

OLG Celle – Urt. v. 17.4.2002 – NZM 2003, 763 = ZMR 2002, 813, LG Düsseldorf DWW 2000, 26.

Das Interesse des Wohnungsmieters an der Freigabe der zur Sicherheit gestellten selbstschuldnerischen Bankbürgschaft ist mit der Bürgschaftssumme zu bewerten und bestimmt damit die Beschwer, BGH – Beschl. v. 15.2.2006 – WuM 2006, 215.

Keineswegs kann der Mieter einen Zahlungsanspruch geltend machen, LG Kaiserslautern WuM 2003, 630.

10. Vermieterpfandrecht Auch wenn das Vermieterpfandrecht bei der Wohnraummiete keine besondere Rolle als Sicherungsmittel spielt, sind die Vorschriften über dieses Rechtsinstitut (§§ 559 BGB a.F.) nahezu wörtlich in das Wohnraummietrecht (§§ 562 ff. BGB) übernommen worden. Auf sie wird für Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume verwiesen (§ 578 BGB). Das Vermieterpfandrecht sichert grundsätzlich nur solche Ansprüche, die bis zur Geltendmachung des Pfandrechts nach Grund und Höhe bereits entstanden sind, deren Entstehung also nicht von zukünftigen Ereignissen abhängig ist (§ 559 Satz 2 BGB), OLG Hamm – Urt. v. 10.12.1993 – NJW-RR 1994, 655. 1 S. dazu ausführlich Geldmacher NZM 2003, 502. 2 Das ist bei einer GmbH nicht schon der Fall, wenn sie aufgelöst wird, sondern erst, wenn sie im Handelsregister gelöscht wird.

343

222

Rn. III 223

Miete und Mietsicherung

Auch soweit es nach Maßgabe des § 562 Abs. 2 BGB künftige Mietforderungen sichert, entsteht es bereits mit der Einbringung der Sachen des Mieters, BGH – Urt. v. 14.12.2006 – ZMR 2007, 190.

Soweit Mietzinsansprüche verjährt sind, erlischt das Vermieterpfandrecht (§ 216 Abs. 3 BGB). Der Vermieter muss nur das Entstehen der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung beweisen, nicht aber, dass sie erloschen ist. Das ist vielmehr in der Regel Sache des Gegners, BGH – Urt. v. 20.3.1986 – NJW 1986, 2426.

a) Pfandgegenstand 223

Das Vermieterpfandrecht besteht nur an Sachen, – die im Eigentum des Mieters stehen, – von ihm eingebracht worden sind und – nicht der Pfändung unterliegen (§ 562 Abs. 1 BGB). Der Vermieter muss das Eigentum des Mieters an den Sachen, für die er das Vermieterpfandrecht geltend macht, beweisen. Auf die Vermutung des § 1006 kann er sich nicht berufen; denn diese gilt nur zugunsten des Mieters, nicht aber zu seinen Lasten, KG – Urt. v. 14.2.2005 – DWW 2005, 199 = WuM 2005, 348.

An den im Eigentum eines Untermieters stehenden Sachen hat der Vermieter kein Vermieterpfandrecht, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.1.1987 – DWW 1987, 330,

ebenso wenig an Sachen von Angehörigen des Mieters. Formularklauseln, durch die der Mieter erklärt, dass die bei Einzug in die Mieträume eingebrachten Sachen sein Eigentum sind und nicht gepfändet oder verpfändet sind, verstoßen gegen § 309 Nr. 12b BGB. Hat der Mieter Sachen unter Eigentumsvorbehalt gekauft und in die Mieträume eingebracht, so erstarkt das Vermieterpfandrecht mit Bezahlung des Restkaufpreises zum Pfandrecht an der Sache selbst. Jedoch ist eine Sicherungsübereignung auch in diesem Falle gegenüber dem Vermieterpfandrecht nachrangig, wenn sie erst nach Mietvertragsbeginn erfolgt, KG – Urt. v. 13.12.1999 – GE 2000, 675.

224

Bei einer (vorweggenommenen) Sicherungsübereignung noch zu beschaffender Einrichtungsgegenstände für eine vom Sicherungsgeber angemietete Gaststätte erwirbt der Sicherungsnehmer lediglich das mit dem Vermieterpfandrecht belastete Eigentum, wenn der Mieter den Besitz an den Gegenständen erst mit der Einbringung in das Mietobjekt erlangt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter die Sachen unter Eigentumsvorbehalt erworben und dem Sicherungsnehmer seine Anwartschaftsrechte übertragen hat, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.12.1998 – ZMR 1999, 474.

344

Vermieterpfandrecht

Rn. III 226

Ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb von Sachen, die dem Vermieterpfandrecht unterworfen sind, ist nur dann möglich, wenn die Sache dem Erwerber übergeben worden ist (§ 936 Abs. 1 Satz 3 BGB). Die Begründung eines Besitzkonstituts genügt also nicht,

225

BGH – Urt. v. 20.6.2005 – MDR 2006, 16 = NZM 2005, 665 = ZMR 2006, 23 = MietRB 2006, 37 (Intveen).

Dementsprechend scheidet ein solcher Erwerb durch Sicherungsübereignung bei in die Mieträume eingebrachten Sachen auch dann aus, wenn der Mieter versichert, dass Pfandrechte des Vermieters nicht bestehen, KG – Urt. v. 13.12.1999 – GE 2000, 675.

Der Vermieter muss beweisen, dass die Sachen, an denen er ein Pfandrecht in Anspruch nimmt, vom Mieter eingebracht worden sind und ihm gehören (s. BGH – Urt. v. 20.3.1986 – NJW 1986, 2426 = MDR 1986, 752). Ihm kommt bei der Beurteilung des Mietereigentums an einer vom Vermieterpfandrecht erfassten Sache die Vermutung des § 1006, die nur zugunsten des Mieters eingreift, nicht zugute, wohl aber der Beweis des ersten Anscheins, wenn der Mieter die Sache bisher ständig wie eine eigene benutzt hat. Insofern gelten ferner die Grundsätze der sog. sekundären Darlegungslast: Macht der Vermieter an einem in der Mietsache befindlichen Gegenstand ein Pfandrecht geltend, so muss der Mieter substantiiert darlegen, wem die Sache gehört,

225a

OLG Brandenburg – Beschl. v. 2.4.2007 – MDR 2007, 184.

Die Sachen müssen eingebracht sein, wobei es sich um einen bloßen Realakt handelt. Zu den eingebrachten Sachen des Mieters von Gewerbeflächen zählen auch dessen Kraftfahrzeuge. Ist er unternehmerisch tätig, kann er sich nicht auf die Unpfändbarkeit nach § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen; denn unter § 811 Nr. 5 ZPO fallen nur Gegenstände, die der Schuldner für den Erwerb durch seine persönliche Arbeit benötigt. Diese Arbeit ist von Tätigkeiten abzugrenzen, die der Schuldner durch Erwerbsgehilfen ausführen lässt.1 Das Vermieterpfandrecht erlischt nach § 562a BGB durch Entfernung der Sachen vom Grundstück, außer wenn dies ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt. Entspricht die Entfernung den gewöhnlichen Lebensverhältnissen oder reichen die zurückgelassenen Sachen zur Sicherung des Vermieters offensichtlich aus, so kann der Vermieter der Entfernung nicht widersprechen. Das Pfandrecht an den Betriebsfahrzeugen erlischt nicht dadurch, dass sie im Tagesbetrieb außerhalb des Mietgrundstücks eingesetzt werden; darin liegt keine Entfernung i.S. von § 562a BGB und damit keine Enthaftung, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.5.2006 – ZMR 2006, 609: 1. Als dem Geschäftsbetrieb des Unternehmers dienend sind betrieblich genutzte Fahrzeuge und Geräte ihrer wirtschaftlichen Natur nach in das Grundstück eingebracht, von welchem aus sie im laufenden Betriebe eingesetzt wurden. Der „Standort“ betrieblich genutzter Fahrzeuge und Geräte ist aus der Sicht des Verkehrs das betriebliche Grundstück. 1 S. dazu Zöller/Stöber ZPO § 811 Rn. 25.

345

226

Rn. III 227

Miete und Mietsicherung

2. Eine bestimmungsgemäße regelmäßige wie vorübergehende Verbringung aus dem örtlichen Machtbereich des Vermieters oder Verpächters hebt diese Zuordnung nicht auf. LG Neuruppin NZM 2000, 962.

Der Mieter hat in einem solchen Fall wie nach bisherigem Recht gemäß § 562c BGB die Möglichkeit, die zur Fortsetzung seines Betriebs besonders dringend benötigten Gegenstände durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Wertes des jeweils benötigten Gegenstandes auszulösen. Ein zunächst nur mit dem Vermieterpfandrecht belastet erworbenes Sicherungseigentum an einer Sache kann nicht durch ein anschließendes vorübergehendes Entfernen der Sache vom Mietgrundstück zu einem unbelasteten Sicherungseigentum erstarken,1 OLG Frankfurt – Urt. v. 25.8.2006 – NZM 2007, 103.

Das Vermieterpfandrecht erlischt auch dann nicht, wenn der Vermieter bei Ausübung des Vermieterpfandrechts die Gegenstände vom Mietgrundstück entfernt, OLG Stuttgart – Urt. v. 10.4.2008 – GuT 2008, 127 = MDR 2008, 679.

227

Verfügt der Mieter während der Mietzeit durch einen Raumsicherungsübereignungsvertrag zugunsten eines Kreditgebers über (gegenwärtiges oder künftiges) Eigentum an einer in einem bestimmten Mietraum eingebrachten Sachgesamtheit (Warenlager), bleibt der Vorrang des bestehenden Vermieterpfandrechts unberührt. Dieses erstreckt sich daher auch auf solche Einzelteile des Warenlagers, die erst nach der Sicherungsübereignung dem Warenbestand zugeführt werden, BGH – Urt. v. 12.2.1992 – MDR 1992, 578 = WM 1992, 247 = ZMR 1992, 186, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.12.1997 – DWW 1998, 52 = NZM 1998, 237.

228

Wenn der Vermieter bei Insolvenz des Mieters die ihm auf Grund seines Vermieterpfandrechts zustehenden Absonderungsrechte durch einfache mündliche Erklärung geltend macht, hat der Insolvenzverwalter diese zur Vermeidung der Haftung der Masse nach § 55 S. 1 Nr. 1, 3 InsO (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 KO) und zur Vermeidung seiner persönlicher Haftung nach § 60 InsO (§ 82 KO) zu beachten. Wenn der Insolvenzverwalter das Absonderungsrecht des Vermieters durch Verwertung der eingebrachten Sachen des Mieters vereitelt, hat er auf Grund des an die Stelle des Absonderungsrechts tretenden Ersatzaussonderungsrechts des Vermieters den Erlös an diesen auszukehren, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.12.1997 – DWW 1998, 52 = NZM 1998, 237.

b) Verwertung und Selbsthilferecht 229

Bei der Verwertung des Pfandes müssen die Verwertungsvorschriften in § 1243 Abs. 1 BGB beachtet werden (s. § 1257 BGB). Wird gegen sie verstoßen, 1 Zum Fall: Es handelte sich um ein Betriebsfahrzeug.

346

Vermieterpfandrecht

Rn. III 231

so ist die Veräußerung unwirksam mit der Folge, dass Eigentum nicht erworben wird und das Vermieterpfandrecht fortbesteht. Bei sonstigen Verstößen gegen andere Verwertungsvorschriften macht sich der Vermieter schadensersatzpflichtig (§ 1243 Abs. 2 BGB).1 Jedoch werden die Mängel geheilt, wenn der Eigentümer des Pfandes die Handlungsweise des verkaufsberechtigten Pfandgläubigers nachträglich genehmigt. Es tritt dann die gleiche Rechtslage ein, wie sie bei ordnungsmäßiger Pfandverwertung bestehen würde, BGH – Urt. v. 15.2.1995 – MDR 1995, 570 = ZMR 1995, 243.

Hat der Vermieter von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch gemacht, so ist er nicht verpflichtet, die Gegenstände an den Mieter herauszugeben, wenn er sie nicht sofort verwertet,2 OLG Stuttgart – Urt. v. 10.4.2008 – GuT 2008, 127 = MDR 2008, 679.

Etwas anderes kann gelten, wenn der Vermieter Kosten für die Einlagerung des Pfandgutes geltend macht: Für diesen Fall kann sich aus der Schadensminderungspflicht – nämlich die Lagerkosten gering zu halten – ergeben, die Verwertung nicht unverhältnismäßig lange hinauszuschieben, LG Mannheim WuM 1978, 141, 142.

Bei der Durchsetzung des Vermieterpfandrechts muss der Vermieter den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.3 Deshalb muss er sich zunächst darauf beschränken, einer Entfernung der dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Gegenstände zu widersprechen; erst bei Fruchtlosigkeit des Widerspruchs kann ein Schlossaustausch angebracht sein, um eine Entfernung zu verhindern,

230

OLG Karlsruhe – Urt. v. 11.2.2005 – NZM 2005, 542.

Ein auf § 562b Abs. 1 BGB gestütztes Selbsthilferecht des Vermieters darf nur während der Entfernung und nicht schon als bloße Präventivmaßnahme ausgeübt werden. Hierfür ist eine konkrete Gefahr vorauszusetzen, wobei die bloße Absicht des Entfernens nicht genügt. Anders wäre es, wenn mit dem Entfernen gegen den Willen des Vermieters bereits begonnen worden wäre, OLG Celle – Urt. v. 10.11.1993 – DWW 1994, 117 = WuM 1995, 188 = ZMR 1994, 163, LG Freiburg WuM 1997, 113.

Eine Formularklausel in einem Mietvertrag über Wohnraum, die das Selbsthilferecht erweitert, ist nach § 307 BGB unwirksam,4 OLG München – Urt. v. 12.1.1989 – WuM 1989, 128, 132.

Will der Vermieter verhindern, dass der Mieter die seinem Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB unterliegenden Sachen entfernt (s. § 562b BGB), und 1 2 3 4

S. dazu AnwKomm/Riecke BGB § 562 Rn. 30. Anders zu § 562 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 44; Staudinger/Emmerich Rn. 7. S. Katzenstein/Hüftle MDR 2005, 1027, 1029. Die Klausel lautet: „Zum Zwecke der Ausübung des Vermieterpfandrechts ist der Vermieter oder ein Beauftragter desselben berechtigt, die Mieträume allein oder in Begleitung eines Zeugen zu betreten“.

347

231

Rn. III 232

Miete und Mietsicherung

will er sich dazu gerichtlicher Hilfe bedienen, so ist er gehalten, den Unterlassungsantrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu spezifizieren. Hieran sollen aber keine zu strengen Anforderungen gestellt werden,1 OLG Stuttgart – Beschl. v. 26.9.1996 – NJW-RR 1997, 521, OLG Hamm – Beschl. v. 23.7.1999, MDR 2000, 386 = NZM 2001, 623: Da der Vermieter die dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen mangels Kenntnis in der Regel nicht konkret beschreiben kann, sind nach h.M. an Glaubhaftmachung und Bestimmtheit des Vermieterpfandrechts im Verfügungsantrag, -ausspruch und -urteil keine zu hohen Anforderungen zu stellen.2

232

Hat der Mieter in die Mieträume eingebrachte Sachen ohne Wissen oder gegen den Willen des Vermieters entfernt, so ist er dem Vermieter gegenüber zur Auskunft über den Verbleib der Sachen und zur Rückschaffung verpflichtet (§ 562b Abs. 2 BGB). Der Anspruch auf Herausgabe zum Zwecke der Rückschaffung ist dinglicher Natur und besteht daher gegenüber dem jeweiligen unmittelbaren oder mittelbaren Besitzer unabhängig davon, ob dieser der Mieter oder ein Dritter ist, OLG Frankfurt – Urt. v. 25.8.2006 – NZM 2007, 103.

Macht der Vermieter den Auskunftsanspruch im Wege der Stufenklage geltend, so wird hierdurch verhindert, dass das Vermieterpfandrecht nach § 562 Abs. 2 Satz 2 BGB erlischt. Die Ansprüche auf Auskunft und Rückschaffung können im Verfahren der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden,3 OLG Rostock – Urt. v. 13.4.2004 – WuM 2004, 471; a.A. OLG Brandenburg – Beschl. v. 2.4.2007 – MDR 2007, 1365, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht nur auf eine Sicherung des Anspruchs abziele, sondern die Erfüllung bezwecke, was nur ausnahmsweise zulässig sei.

1 S. auch die Nachweise bei Bub/Treier/v. Martius Rn. III A 895. 2 Zum Fall: Die Antragsteller hatten das Ladenlokal, in dem sich die streitgegenständlichen Einrichtungsgegenstände befinden, konkret beschrieben. Die Benennung der einzelnen Einrichtungsgegenstände, auf welche sich das Vermieterpfandrecht bezieht, war hingegen nicht erforderlich. Für den Antragsgegner war klar erkennbar, dass sich das Entfernungsverbot auf das in die Betriebsräume eingebrachte Inventar erstrecken sollte. 3 S. dazu Katzenstein/Hüftle MDR 2005, 1027, 1029, dort auch zum Arrestverfahren wegen Mietforderungen, die durch das Vermieterpfandrecht nicht gesichert sind.

348

IV. Mieterhöhungen

1. Mieterhöhungsvereinbarungen a) Schlüssige Vereinbarung Eine Mieterhöhungsvereinbarung kommt ebenso wie eine sonstige Mietänderungsvereinbarung, etwa über die Änderung der Mietstruktur (auch durch schlüssiges Verhalten), nur zustande, wenn ein entsprechender rechtsgeschäftlicher Wille auf beiden Seiten festzustellen ist,

1

so nun auch BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 81 = WuM 2008, 694 = ZMR 2008, MietRB 2008, 66, 67 (Kurek) zur Umlage nicht vereinbarter Nebenkosten, OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.1985 – ZMR 1985, 237, 238 zur Zahlung auf Grund einer unwirksamen Erhöhungsklausel.

Ist ein einseitiges Mieterhöhungsverlangen als rechtsgestaltende Erklärung unwirksam, so kann es nur dann in ein Angebot auf Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung gewertet werden, wenn sich der Erklärende bei Abgabe der Erklärung bewusst war, dass die Erklärung als einseitige nicht wirksam werden könnte und es für diesen Fall zur Herbeiführung des rechtlichen und wirtschaftlichen Erfolges hilfsweise der Zustimmung des Erklärungsempfängers bedürfe,

2

BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 735 = WuM 2005, 581 = ZMR 2005, 848.

Hinzukommen muss aber auch, dass der Empfänger (hier: der Mieter) in der Erhöhungserklärung ein Angebot sehen darf, das er annehmen oder ablehnen kann, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann).

In der Rspr. des BGH kommt dem Vertrauenstatbestand auf Seiten des Erklärungsempfängers wesentliche Bedeutung zu. Selbst wenn ein Erklärungsbewusstsein fehlt, muss sich der Äußernde an seinem Verhalten festhalten lassen, sofern er damit beim Erklärungsempfänger das Vertrauen auf einen bestimmten Erklärungsinhalt geweckt hat,

3

BGH – Urt. v. 29.11.1994 – NJW 1995, 953.

Allerdings zeichnet sich ein Wandel in der Rspr. ab, indem stärker auf rechtsgeschäftliche Erfordernisse bei der Abgabe der Erklärung geachtet wird (s. Rn. I 46). Die Rspr. zur Erweiterung der Betriebskostenumlage durch schlüssiges Verhalten (s. Rn. V 131 f.) kann auf Mieterhöhungsvereinbarungen übertragen werden. Dies hat praktische Bedeutung für die Frage, ob es zu einer Mieterhöhungsvereinbarung kommt, wenn der Mieter auf Grund eines unwirksamen Erhö349

4

Rn. IV 5

Mieterhöhungen

hungsverlangens die höhere Miete eine Zeit lang vorbehaltlos zahlt.1 Für deren Beantwortung wird wie folgt zu differenzieren sein: Handelt es sich um die einseitige Anforderung einer Mieterhöhung (z.B. nach § 559 BGB oder gemäß einer einseitigen vertraglichen Erhöhungsbefugnis), so scheitert ein Vertrauenstatbestand des Vermieters, der sich aus den Zahlungen des Mieters ergeben könnte, schon daran, dass der Vermieter seine Erklärung selbst nicht als Vertragsangebot verstanden hat. Aus dem Zahlungsverhalten des Mieters kann er demnach weder auf eine Annahme noch auf ein Angebot zum Abschluss einer Erhöhungsvereinbarung schließen, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 735 = WuM 2005, 581 = ZMR 2005, 848 = MietRB 2006, 1 (Kunze): Hat sich der Vermieter im Mietvertrag eine einseitige Neufestsetzung der Miete vorbehalten und hat er in seinen an den Mieter gerichteten Erhöhungsschreiben erkennbar auf der Grundlage dieser – nach § 557 Abs. 4 BGB – unwirksam vertraglichen Regelung sein einseitiges Bestimmungsrecht ausüben wollen, liegt darin, vom Empfängerhorizont der Mieter ausgehend, kein Angebot zum Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung. Schon deshalb kann in der Zahlung der erhöhten Miete seitens der Mieter eine stillschweigende Zustimmung zu der Mieterhöhung nicht gesehen werden. BGH – Urt. v. 21.3.2007 – MDR 2007, 1009, 1010 = NZM 2007, 514 = WuM 2007, 271: Als einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung kann eine Erhöhungserklärung nach § 6 NutzEV grundsätzlich nicht in ein Angebot zum Abschluss eines Erhöhungsvertrages ausgelegt oder nach § 140 BGB umgedeutet werden, welches vom Nutzer durch Zahlung des geforderten Entgelts stillschweigend angenommen werden könnte.

Erst recht gilt dies für den Mieter, sofern das einseitige Erhöhungsverlangen keinen Hinweis auf ein hilfsweise unterbreitetes Vertragsangebot enthält. 5

Anders soll es sich bei einem (unwirksamen) Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB verhalten. Hierin liegt schon der Formulierung nach ein Vertragsangebot (nämlich die Bitte oder Aufforderung, der erhöhten Miete zuzustimmen). Auf dieser Grundlage kann das Zahlungsverhalten des Mieters als schlüssige Annahme des im Mieterhöhungsverlangen liegenden Vertragsangebots verstanden werden,2 BGH – Urt. v. 29.6.2005 – NZM 2005, 736 = WuM 2005, 518 = ZMR 2005, 847.

6

Das bedarf der Präzisierung. Wesentlich für eine solche Wertung ist nämlich, ob der Mieter ein solches Erhöhungsverlangen als Angebot zum Abschluss einer Erhöhungsvereinbarung verstehen darf, mithin ihm ein Entscheidungsspielraum eingeräumt worden ist. Das hängt wiederum von der Formulierung des Erhöhungsverlangens ab. Ist sie bei verständiger Würdigung aus der juristischen Laiensphäre als Angebot zu verstehen, so muss der Mieter sein Zahlungsverhalten sich auch dann als Zustimmung bzw. Annahmeerklärung zurechnen lassen, wenn ihm das entsprechende Erklärungsbewusstsein gefehlt 1 S. zu § 557 BGB: Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 20; Staudinger/Weitemeyer Rn. 33, 34, ausführlich auch Artz ZMR 2006, 165, 168 f.; Sternel, Schlüssiges Verhalten im Mietrecht, in FS Blank, 2006, S. 421, 429. 2 Anders Artz ZMR 2006, 165, 169.

350

Mieterhöhungsvereinbarungen

Rn. IV 7

hat. Hier wiederum ist eine Rückkoppelung zum Verständnishorizont des Vermieters erforderlich. Zu fragen ist, ob er seine eigene Erklärung zumindest hilfsweise als Vertragsangebot aufgefasst hat und ob sein Vertrauen, das Zahlungsverhalten des Mieters als Zustimmung zu werten, schutzwürdig ist. Was die Schutzwürdigkeit des Vertrauens anbelangt, ist Zurückhaltung geboten. Will er nämlich ein unwirksames Erhöhungsverlangen zumindest als Angebot zum Abschluss einer Erhöhungsvereinbarung gewertet wissen, so ist ihm zuzumuten, seinen Willen für den anderen Vertragsteil eindeutig erkennbar zu äußern; hat er dies bewusst oder unbewusst unterlassen, so ist ein etwaiger Vertrauenstatbestand nicht schutzwürdig.1 Fehlte ihm – wie bei einem einseitigen Mieterhöhungsverlangen i.S. einer Gestaltungserklärung – der Wille, zumindest hilfsweise ein Angebot zum Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung zu machen, so ist nicht einmal ein Vertrauenstatbestand gegeben, kraft dessen er das Verhalten des Mieters als Annahme verstehen durfte. Gemessen an den vorstehenden Maßstäben erscheint die bisherige Rspr. des BGH zur schlüssigen Vereinbarung durch wiederholte Zahlung von im Mietvertrag nicht vorgesehenen Betriebskosten (s. dazu Rn. V 133) bedenklich. Es ist nämlich kaum anzunehmen, dass der Vermieter bei der Einbeziehung solcher nicht vereinbarten Kosten in die Betriebskostenabrechnung die Vorstellung hat, den Mietvertrag zu ändern. Falls dies ausnahmsweise der Fall sein sollte, wäre sein Vertrauen nicht schutzwürdig; denn seine insoweit unrichtige Betriebskostenabrechnung ist jedenfalls objektiv eine Pflichtverletzung i.S. von § 280 BGB, aus der er keinen Vertrauensschutz, geschweige denn Rechte für die Zukunft ableiten kann.2 Immerhin ist diese Rspr. – zu Unrecht! – zum Anlass genommen worden, Mieterhöhungsvereinbarungen zu konstruieren, so KG – Urt. v. 25.1.2001 – GE 2001, 622: Haben die Vertragsparteien eine qm-Miete auf der Grundlage einer vorläufig bestimmten Fläche vereinbart, jedoch vorgesehen, ein Aufmaß zu nehmen, unterbleibt dieses jedoch längere Zeit und zahlt der Mieter vorbehaltlos eine höhere Miete, ohne auf einem Aufmaß zu bestehen, so gilt diese Miete konkludent als vereinbart, selbst wenn sich die vorläufig zugrunde gelegte Fläche als zu groß erweist.

Wie erwähnt, zeichnet sich in der Rspr. aber eine andere Bewertung ab, die stärker die Willensrichtung des Erklärenden berücksichtigt (s. Rn. I 46, IV 3). 1 Ein solcher Grenzfall liegt der Entscheidung des BGH – Urt. v. 29.6.2005 – NZM 2005, 736 = WuM 2005, 518 zugrunde. Das Schreiben des Vermieters lautete u.a.: „Nach dem Mietspiegel ist ein Mietsatz von 8,10 DM/qm zulässig. Ihre Wohnung hat eine Nutzfläche von 50 qm. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden errechnet sich Ihre monatliche Gesamtmiete wie folgt: ..., so dass sich ab 1.4.1993 eine mtl. Miete von 638 DM ergibt. Um Dauerauftragsänderung bei Ihrem Bankinstitut wird hiermit gebeten.“ Im Gegensatz zur Vorinstanz LG Mannheim WuM 2004, 481 (mit zust. Besprechung Börstinghaus WuM 2005, 192) wertete der BGH diesen Inhalt als erkennbares Vertragsangebot. 2 Zutreffend Artz ZMR 2006, 65, 170 m.w.N.

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Rn. IV 8 8

Mieterhöhungen

Liegen die Kriterien vor, nach denen der Vertrauensschutz des Vermieters gerechtfertigt ist, so kann bereits in der einmaligen Zahlung der erhöhten Miete durch den Mieter je nach den begleitenden Umständen die Annahme des Angebots des Vermieters, eine Erhöhungsvereinbarung abzuschließen, gesehen werden, LG Berlin ZMR 1987, 309 = MDR 1989, 822, AG Frankfurt DWW 1987, 283.

9

Die häufiger vertretene Auffassung, erst eine wiederholte Zahlung sei als Zustimmung zu werten, ist nicht richtig; denn die Annahmeerklärung ist eine einheitliche Willenserklärung, die – auch in zeitlicher Hinsicht – nicht scheibchenweise erklärt werden kann, anders KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796, ohne allerdings auf die rechtsgeschäftliche Problematik einzugehen;1 LG Berlin ZMR 1990,180, wonach erst bei Zahlungen über einen längeren Zeitraum eine schlüssige Mietänderungsvereinbarung zustande kommen soll; LG Berlin MM 1994, 326: Die zweimalige Zahlung eines Mieterhöhungsbetrages reicht für eine stillschweigende Einverständniserklärung des Mieters nicht aus.

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Allerdings kann aus einer wiederholten, vorbehaltlosen Zahlung umso eher auf einen Rechtsbindungswillen des Mieters geschlossen werden. Diese Zahlungen wirken aber nur rechtsbestätigend und nicht rechtsbegründend. Dagegen kann nicht ohne weiteres ein schlüssiger Annahmewille des Mieters daraus abgeleitet werden, dass der Vermieter auf Grund einer Einzugsermächtigung die geforderte Mieterhöhung zweimal vom Konto des Mieters abgerufen hat, ohne dass der Mieter von seinem Rückrufrecht alsbald Gebrauch gemacht hat, LG Göttingen WuM 1991, 280, LG München I WuM 1996, 44.

11

Auch fehlt ein entsprechender rechtsgeschäftlicher Wille, wenn der Mieter die Mieterhöhung in der irrigen Annahme zahlt, hierzu kraft Gesetzes verpflichtet zu sein, sofern er das Aufforderungsschreiben des Vermieters nicht als Vertragsangebot zu verstehen brauchte (s. auch Rn. IV 4), 1 Zum Fall: Die Vertragsparteien waren davon ausgegangen, dass ein Wohnraummietverhältnis vorlag, während nach Auffassung des KG ein Mischmietverhältnis mit überwiegendem Gewerbeanteil vorlag. Der Vermieter hatte in der Vergangenheit mehrfach Mieterhöhungen nach Maßgabe der wohnungsmietrechtlichen Vorschriften angefordert, die der Mieter auch akzeptiert hatte und deren Zahlung der Vermieter mit der Klage weiterhin verlangte. Das KG meint, der Umstand, dass beiden Parteien nicht bewusst war, ein Gewerbemietverhältnis abgeschlossen zu haben, berühre die Geschäftsgrundlage der durchgeführten Mieterhöhungen. Das hätte aber nur zu einem Anspruch auf Anpassung mit Wirkung für die Zukunft geführt. Diese Anpassung hätte der Vermieter auch mittels einer Änderungskündigung durchsetzen können. – Diese Argumentation erscheint verfehlt. Zum einen wäre als Vorfrage zu klären gewesen, ob es überhaupt zu einer Mietänderungsvereinbarung gekommen ist, bevor sich die Frage nach deren Geschäftsgrundlage stellt. Zum anderen kommt eine Vertragsanpassung nicht in Betracht, wenn der Umstand in den Risikobereich einer Vertragspartei fällt. Das ist bezüglich der Voraussetzungen für eine Mieterhöhung die Risikosphäre des Vermieters.

352

Mieterhöhungsvereinbarungen

Rn. IV 14

OLG Hamm – Urt. v. 18.9.1980 – WuM 1981, 62, LG Hamburg WuM 1989, 580, LG München I WuM 1992, 490, LG München II WuM 1996, 624 (bei Zahlung über 12 Monate), LG Mannheim WuM 2000, 308: bei Zahlungen des Mieters über vier Jahre,1 LG Bautzen WuM 2002, 497: Bloße Zahlungen des Mieters auf ein unwirksames Mieterhöhungsverlangen nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen lassen nicht auf einen Willen des Mieters schließen, den Mietvertrag zu ändern; LG Mannheim WuM 2004, 481: wenn der Vermieter gegenüber dem Mieter erklärt, dass er nach dem Mietenspiegel die Miete neu festlege, und der Mieter darauf die erhöhte Miete zahlt;2 LG Berlin ZMR 2005, 125, 1217: Jedoch kann der Rückforderungsanspruch des Mieters gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er die preisrechtlichen Erhöhungsbeträge jahrelang gezahlt hatte. Bei dieser Wertung bleibt indes unberücksichtigt, dass der Vermieter, der eine preiswidrige Mieterhöhung angefordert hat, sich seinerseits vertragswidrig verhalten hat und keinen Vertrauensschutz verdient. Abweichend: OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.12.2002 – NZM 2003, 513, 517, wenn der Mieter einem indexbezogenen, aber unwirksamen Mieterhöhungsverlangen 17 Monate lang entsprochen hat; LG Duisburg WM 1989, 192, wenn der Mieter jahrelang eine unwirksam angeforderte Mieterhöhung nach § 5 MHG gezahlt hatte; LG Leipzig ZMR 1999, 767: Zahlt der Mieter den Erhöhungsbetrag (nach § 3 MHG) 8 Monate lang vorbehaltlos, obwohl das Erhöhungsverlangen unwirksam ist, so ist eine konkludente Mieterhöhungsabrede anzunehmen.

In der Ankündigung einer Modernisierungsmaßnahme gemäß § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB liegt auch dann kein Angebot auf Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung, wenn darin die künftige Miethöhe ausgewiesen ist. Daher wird durch die Gegenzeichnung der Ankündigung seitens des Mieters noch keine Erhöhungsvereinbarung begründet,

12

AG Hamburg WuM 1999, 341.

Irrt sich der Mieter nur darüber, dass gesetzliche Schutzrechte bestehen, kraft derer er zu einer Mieterhöhung oder einer Zustimmung nicht oder noch nicht verpflichtet gewesen wäre, so handelt es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum (Rechtsirrtum),

13

LG Aachen WM 1988, 280.

b) Schriftform und Mietänderung Handelt es sich um ein Mietverhältnis mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, so wird im Falle einer schlüssigen Mieterhöhungsvereinbarung die für Vertragsänderungen erforderliche Schriftform des § 550 BGB nicht gewahrt (s. Rn. I 128), OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.12.2002 – NZM 2003, 513, LG Gießen ZMR 2002, 273. 1 Zum Fall: Der Vermieter hatte dem Mieter mitgeteilt, dass er die Miete „anpassen“ werde. Darin ist noch kein Angebot, sondern der Versuch, die Miete einseitig zu erhöhen, gesehen worden. 2 Zustimmend Börstinghaus WuM 2005, 192; jedoch anders BGH – Urt. v. 29.6.2005 – NZM 2005, 736 = WuM 2005, 518.

353

14

Rn. IV 15

Mieterhöhungen

Das Mietverhältnis kann daher zum Ablauf eines Jahres nach der vereinbarten Änderung gemäß § 550 Satz 2 BGB gekündigt werden (s. Rn. I 141). Jedoch kann sich der Vermieter nach Treu und Glauben auf den Formmangel nicht berufen, da er durch die Vereinbarung begünstigt worden ist (s. Rn. I 148, 149), OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.12.2002 – NZM 2003, 513.

Das gilt jedoch nicht zu Lasten eines späteren Erwerbers. Nach überwiegender Meinung besteht kein Anspruch darauf, die fehlende Form nachzuholen, sofern dies nicht vereinbart worden ist (s. Rn. I 143); eine salvatorische Klausel soll hierfür nicht ausreichen, BGH – Urt. v. 17.7.2002 – NZM 2002, 823.

Dagegen bestehen Bedenken. Aus der wechselseitigen Verpflichtung der Vertragsparteien, alles Zumutbare zu tun, um den Vertragszweck zu erreichen, kann im Wege der Vertragsauslegung vielmehr die Pflicht gefolgert werden, an der nachträglichen Heilung eines Formmangels mitzuwirken. Dies lässt sich nunmehr auch aus § 241 Abs. 2 BGB ableiten. 15

Die Schriftform ist jedoch entbehrlich, wenn es sich nur um eine unwesentliche Mietänderung handelt (s. Rn. I 130, 131), KG – Urt. v. 28.1.2005 – MDR 2005, 982 = NZM 2005, 457 = ZMR 2005, 618, wobei offen bleibt, ob die Erheblichkeitsgrenze bei 5% der bisherigen Miete oder darunter liegt.

16

Auch eine vereinbarte Mietsenkung bedarf der Schriftform des § 550 BGB, BGH – VU v. 21.9.2005 – NZM 2006, 59 = ZMR 2006, 104, 105 Sp. 2 a.E.

Die Formbedürftigkeit ist jedoch zu verneinen, wenn die Mietsenkung nur das 1. Mietjahr eines längerfristigen Mietverhältnisses betrifft (BGH – Urt. v. 18.6.1969 – MDR 1969, 1022) oder sich auf keinen längeren Zeitraum als ein Jahr bezieht. Sie ist ferner verneint worden, wenn die Mietsenkung zwar unbefristet vereinbart worden, jedoch mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerruflich ist, BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 857 = NZM 2005, 456 = ZMR 2005, 534.

Ist die Schriftform für Vertragsänderungen vereinbart, so ist auch eine formlose Änderung wirksam, wenn die Parteien von der Schriftform abweichen wollen. Hierfür genügt, dass sie den Inhalt der Vereinbarung als maßgeblich wollen, auch wenn sie an die Schriftformklausel nicht gedacht haben (s. Rn. I 152). Ist zugleich die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB zu wahren, so treten die oben erwähnten Folgen (Rn. IV 14) ein. Zur qualifizierten Schriftformklausel s. Rn. I 153, II 248.

c) Zustimmung Dritter zur Mieterhöhung 17

Eine etwa erforderliche Zustimmung Dritter zur Mieterhöhung ist formfrei (§ 182 BGB), bedarf also insbesondere nicht der Form des Hauptvertrages. 354

Staffelmieten

Rn. IV 20

Wird der Mietzins für den Mieter vom Sozialamt gezahlt und ist dies dem Vermieter bekannt, so soll bei einer Mieterhöhungsvereinbarung im Zweifel davon auszugehen sein, dass die Zustimmung des Sozialamts eine Bedingung für das Inkrafttreten der Vereinbarung ist, LG Köln WM 1993, 42.

Das erscheint bedenklich, weil das Sozialamt im Verhältnis zum Vermieter nur zahlender Dritter i.S. von § 267 BGB ist (so auch LG Mainz WuM 2003, 629).

2. Staffelmieten a) Staffelmieten bei der Wohnraummiete Staffelmieten unterliegen nur bei der Wohnraummiete gesetzlichen Bindungen. Die Regelung in § 557a BGB entspricht im Wesentlichen der früheren Rechtslage nach § 10 Abs. 2 Satz 4 MHG.1 Das bedeutet, dass die bisherige Rspr. auch für die Bewertung der neuen Rechtslage herangezogen werden kann.

18

Bei Mietverhältnissen über preisgebundenen Wohnraum sind Staffelmietvereinbarungen grundsätzlich wirksam, wobei für die einzelnen Staffeln die Mietpreisbindung – z.B. Bindung an die Kostenmiete nach § 8 WoBindG – gewahrt bleiben muss, OLG Hamm – Beschl. v. 29.1.1993 – NJW-RR 1993, 659 = WuM 1993, 108.

Wirksam soll auch eine Vereinbarung in einem Mietverhältnis über preisgebundenen Wohnraum sein, gemäß der die Staffelmiete erst nach Auslaufen der Mietpreisbindung einsetzen soll,

19

BGH – Urt. v. 3.12.2003 – NZM 2004, 135 = WuM 2004, 28 = ZMR 2004, 175: Für die Wirksamkeit spricht die Vertragsfreiheit, der eine gesetzliche Bestimmung nicht entgegensteht. Wäre der Vermieter darauf verwiesen, mit dem Mieter eine Einigung auf eine Staffelmiete erst nach Ablauf der Mietpreisbindung zu erzielen, hätte dies zur Folge, dass die Preisbindung des Mietverhältnisses trotz rechtlicher Beendigung noch eine gewisse Zeit lang weiter bestünde; a.A. LG Hamburg WuM 1997, 331.

Hiergegen bestehen Bedenken.2 Derartige Vereinbarungen hebeln die Funktion der Kappungsgrenze aus, die mit dem Auslaufen der Preisbindung den Wohnungsmieter vor Mietsprüngen schützen soll. Das lässt sich nicht damit begründen, dass anderenfalls die frühere Preisbindung zum Nachteil des Vermieters fortwirken würde. Eine derartige Fernwirkung ist gerechtfertigt, wie das BVerfG zur Geltung der Kappungsgrenze bei Auslaufen der Preisbindung entschieden hat (BVerfG – Beschl. v. 4.12.1985 – BVerfGE 71, 230 , 250 f. = NJW 1986, 169 f. = WuM 1986, 101, Beschl. v. 31.5.1991 – WuM 1991, 575). Der 1 S. Langenberg WuM 2001, 523. 2 S. auch Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 557a Rn. 17.

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20

Staffelmieten

Rn. IV 20

Wird der Mietzins für den Mieter vom Sozialamt gezahlt und ist dies dem Vermieter bekannt, so soll bei einer Mieterhöhungsvereinbarung im Zweifel davon auszugehen sein, dass die Zustimmung des Sozialamts eine Bedingung für das Inkrafttreten der Vereinbarung ist, LG Köln WM 1993, 42.

Das erscheint bedenklich, weil das Sozialamt im Verhältnis zum Vermieter nur zahlender Dritter i.S. von § 267 BGB ist (so auch LG Mainz WuM 2003, 629).

2. Staffelmieten a) Staffelmieten bei der Wohnraummiete Staffelmieten unterliegen nur bei der Wohnraummiete gesetzlichen Bindungen. Die Regelung in § 557a BGB entspricht im Wesentlichen der früheren Rechtslage nach § 10 Abs. 2 Satz 4 MHG.1 Das bedeutet, dass die bisherige Rspr. auch für die Bewertung der neuen Rechtslage herangezogen werden kann.

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Bei Mietverhältnissen über preisgebundenen Wohnraum sind Staffelmietvereinbarungen grundsätzlich wirksam, wobei für die einzelnen Staffeln die Mietpreisbindung – z.B. Bindung an die Kostenmiete nach § 8 WoBindG – gewahrt bleiben muss, OLG Hamm – Beschl. v. 29.1.1993 – NJW-RR 1993, 659 = WuM 1993, 108.

Wirksam soll auch eine Vereinbarung in einem Mietverhältnis über preisgebundenen Wohnraum sein, gemäß der die Staffelmiete erst nach Auslaufen der Mietpreisbindung einsetzen soll,

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BGH – Urt. v. 3.12.2003 – NZM 2004, 135 = WuM 2004, 28 = ZMR 2004, 175: Für die Wirksamkeit spricht die Vertragsfreiheit, der eine gesetzliche Bestimmung nicht entgegensteht. Wäre der Vermieter darauf verwiesen, mit dem Mieter eine Einigung auf eine Staffelmiete erst nach Ablauf der Mietpreisbindung zu erzielen, hätte dies zur Folge, dass die Preisbindung des Mietverhältnisses trotz rechtlicher Beendigung noch eine gewisse Zeit lang weiter bestünde; a.A. LG Hamburg WuM 1997, 331.

Hiergegen bestehen Bedenken.2 Derartige Vereinbarungen hebeln die Funktion der Kappungsgrenze aus, die mit dem Auslaufen der Preisbindung den Wohnungsmieter vor Mietsprüngen schützen soll. Das lässt sich nicht damit begründen, dass anderenfalls die frühere Preisbindung zum Nachteil des Vermieters fortwirken würde. Eine derartige Fernwirkung ist gerechtfertigt, wie das BVerfG zur Geltung der Kappungsgrenze bei Auslaufen der Preisbindung entschieden hat (BVerfG – Beschl. v. 4.12.1985 – BVerfGE 71, 230 , 250 f. = NJW 1986, 169 f. = WuM 1986, 101, Beschl. v. 31.5.1991 – WuM 1991, 575). Der 1 S. Langenberg WuM 2001, 523. 2 S. auch Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 557a Rn. 17.

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Rn. IV 21

Mieterhöhungen

Vermieter, der öffentliche Mittel erhalten hat, hat sein Eigentum nicht in gleichem Maße „eigenerworben“ wie der Vermieter, der dies ausschließlich durch eigene Leistungen erreicht hat. Da die öffentlichen Mittel nicht im Interesse des bauenden Eigentümers, sondern im Interesse des Gemeinwohls gewährt worden sind, wird die Chancengleichheit und damit der Gleichheitsgrundsatz nicht dadurch verletzt, dass der Vermieter die Möglichkeiten des freien Wohnungsmarktes erst später als der Vermieter nicht geförderter Wohnungen ausschöpfen kann. Die Gelegenheit, ohne jede Verzögerung die höchstmögliche Rendite zu erzielen, ist durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gewährleistet (BVerfG a.a.O.). aa) Wirksamkeitsvoraussetzungen 21

Die Vereinbarung einer Staffelmiete bedarf der gesetzlichen Schriftform des § 126 BGB. Es genügt die elektronische Form des § 126a BGB, nicht jedoch die Textform nach § 126b BGB.1 Zwischen dem Inkrafttreten der einzelnen Staffeln muss ein Zeitraum von mindestens einem Jahr liegen (§ 557a Abs. 2 BGB). Die Vereinbarung ist bei nicht preisgebundenem Wohnraum ebenso wie nach früherem Recht auch dann wirksam, wenn entweder der jeweilige Mietzins oder die jeweilige Erhöhung betragsmäßig ausgewiesen sind. Entfallen ist die frühere Höchstdauer für die Vereinbarung von Staffelmieten von 10 Jahren. Soweit eine Staffelmietvereinbarung, die vor dem 1.9.2001 getroffen worden ist, wegen Überschreitung der Höchstdauer teil-unwirksam ist, verbleibt es dabei;2 denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Nichtigkeit ist derjenige des Vertragsabschlusses, LG Berlin GE 2003, 325, 326.

Dem Bestimmtheitserfordernis genügt eine Vereinbarung nicht, die nur die ersten Staffeln wiedergibt,3 LG Gießen WuM 1994, 693.

22

Eine Staffelmietvereinbarung ist ferner unwirksam, wenn sie lediglich einen erhöhten qm-Mietzins für die jeweiligen Geltungszeiträume bezeichnet, LG Görlitz WuM 1997, 682,

oder eine der Staffeln sich nach der ortsüblichen Miete richten soll, wobei auch dies nach § 139 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Staffelmietvereinbarung führt, LG Halle ZMR 2004, 821.

23

Wird der einzuhaltende Zeitraum von einem Jahr zwischen den einzelnen Mieterhöhungen auch nur bei einer Staffel unterschritten, so soll die gesamte 1 S. zu § 557a BGB: MünchKomm/Artz Rn. 5; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 25. 2 S. zu § 557a BGB: Herrlein/Kandelhard/Bothe Rn. 40; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 6; Staudinger/Weitemeyer Rn. 9; a.A. Lützenkirchen MDR 2001, 1385, 1387. 3 Negatives Beispiel: „Die Miete erhöht sich für 8 Jahre jährlich um 20 Euro, nämlich ab 1.3.2008 von 580 Euro auf 600 Euro, ab 1.3.2009 von 600 Euro auf 620 Euro u.s.w.“

356

Staffelmieten

Rn. IV 27

Staffelmietvereinbarung unwirksam sein und dem Mieter ein Rückforderungsanspruch zustehen, LG Nürnberg-Fürth WuM 1997, 439, LG Berlin GE 1999, 1428.

Verschieben die Vertragsparteien eines Staffelmietvertrages wegen Verzögerungen bei der Fertigstellung des Mietobjekts den Beginn des Mietverhältnisses um 2 Monate, ohne die erste Erhöhung der Miete, die nach 12 Monaten stattfinden sollte und nun schon nach 10 Monaten fällig wird, auch hinauszuschieben, so soll der Mieter nur die ursprünglich vereinbarte Miete schulden. Die unterlassene Anpassung der Laufzeit der ersten Mietsteigerung soll nämlich dazu führen, dass die gesamte Staffelmietvereinbarung unwirksam ist,

24

LG Berlin NZM 2002, 941 im Anschluss an LG Berlin MM 1990, 68.

Das überzeugt nicht; im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, die wegen der erkennbaren Lücke in den Vertragsvorstellungen der Vertragsparteien zu sehen ist, wäre der Wirkungszeitpunkt der Staffelmiete dem gewollten veränderten Beginn des Mietverhältnisses anzupassen, im Ergebnis ähnlich: LG Hamburg ZMR 1999, 339: Anspruch auf Vertragsanpassung nach Treu und Glauben.

bb) Rechtsfolgen der Staffelmietvereinbarung Die Mieterhöhung tritt automatisch ein, ohne dass es einer besonderen Anforderung des Vermieters bedarf. Macht der Vermieter die Erhöhungsbeträge längere Zeit – etwa über viele Jahre – nicht geltend, so führt der Zeitablauf allein noch nicht zu einer Verwirkung der Ansprüche,

25

KG – Urt. v. 2.6.2003 – WuM 2004, 348 = ZMR 2004, 577, 578.

Zum Teil wird angenommen, der Vermieter habe nach längerem Warten auf seine Ansprüche schlüssig verzichtet,

26

LG München I ZMR 2003, 431: Macht der Vermieter aus einer Staffelmietvereinbarung 21/2 Jahre lang einen sich ergebenden Erhöhungsbetrag nicht geltend, so hat er schlüssig auf das Recht aus der Staffelmietvereinbarung bezüglich der aufgelaufenen Rückstände (nicht aus der Vereinbarung im Übrigen) verzichtet; LG Osnabrück WuM 2004, 368 nimmt einen schlüssigen Verzicht an, wenn der Vermieter 5 Jahre lang die Mieterhöhung aus der Staffelmietvereinbarung nicht geltend gemacht hat und sich erst nach Beendigung des Mietverhältnisses auf seine Rechte beruft.

Dagegen bestehen Bedenken, weil die rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen – insbesondere das rechtsgeschäftliche Erklärungsbewusstsein auf beiden Seiten – fehlen wird und nicht ungeprüft unterstellt werden können. Vielmehr kommt eher eine Verwirkung des Anspruchs nach § 242 BGB in Betracht. Während der Laufzeit der Staffelmietvereinbarung sind Mieterhöhungen wegen Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete nach §§ 558 f. BGB und wegen baulicher Maßnahmen (§§ 559 f. BGB) ausgeschlossen; gleichwohl getroffene Vereinbarungen sind nach §§ 134, 557a Abs. 4 BGB nichtig. Die für 357

27

Rn. IV 28

Mieterhöhungen

die Vereinbarung von Indexmieten vorgesehene Einschränkung hinsichtlich baulicher Maßnahmen auf Grund von Umständen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, gilt hier nicht. 28

Ist eine Staffelmiete nicht wirksam vereinbart, so ist hieraus gleichwohl auf eine Begrenzung der Mieterhöhungsbefugnis des Vermieters i.S. von § 1 Satz 3 MHG (jetzt § 557 Abs. 2 BGB) geschlossen worden (s. Rn. IV 274), LG Berlin WuM 1992, 198, LG Bonn WuM 1992, 199, LG Görlitz WuM 1997, 682.

29

Hat der Mieter Zahlungen auf Grund einer unwirksamen Staffelmietvereinbarung geleistet, so steht ihm ein Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB zu. Das gilt selbst dann, wenn der Mieter sich stets an die Staffelmietabrede gehalten hat. Hieraus kann nicht auf eine schlüssige Mieterhöhungsvereinbarung für die jeweilige Staffel geschlossen werden, LG Kiel WuM 2000, 308.

30

Das Recht des Mieters zur ordentlichen Kündigung kann für höchstens 4 Jahre ausgeschlossen werden (§ 557a Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Lauf der Ausschließungsfrist beginnt bereits mit Vereinbarung der Staffelmiete und nicht erst mit dem ggf. später folgenden Beginn der des Mietverhältnisses,1 BGH – Urt v. 3.5.2006 – NZM 2006, 579 = WuM 2006, 385.

Auch ein formularmäßiger nur zu Lasten des Mieters wirkender Kündigungsausschluss ist bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Staffelmiete zulässig, BGH – Urt. v. 23.11.2005 – WuM 2006, 97 = ZMR 2006, 262 = MietRB 2006, 153 (Dickersbach).

Haben die Parteien eine Staffelmiete mit Rückwirkung vereinbart, so ist für die Berechnung der 4-Jahrefrist auf den späteren Zeitpunkt der Vereinbarung und nicht auf den (rückwirkenden) Wirksamkeitszeitpunkt abzustellen, LG Berlin ZMR 2003, 572.

Wird die formularmäßig geregelte Höchstfrist für den Kündigungsausschluss von 4 Jahren überschritten, so ergreift die Unwirksamkeit auch die Staffelmietvereinbarung insgesamt, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 254 = WuM 2006, 152, BGH – Urt. v. 3.5.2006 – NZM 2006, 579 = WuM 2006, 385.

Anders verhält es sich, wenn der befristete Kündigungsausschluss in einer Staffelmietvereinbarung individuell vereinbart worden ist: Hier führt die Überschreitung der Höchstfrist nur zu einer Teilunwirksamkeit insoweit, als die Dauer von 4 Jahren überschritten worden ist, BGH – Urt. v. 14.6.2006 – NZM 2006, 653 = WuM 2006, 445 = ZMR 2006, 653 = MietRB 2006, 260 (Ott). 1 Zum Fall: Abschluss des Mietvertrags am 6.9.2003; § 2 MV lautet: „Das Mietverhältnis beginnt am 1.10.2003. Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und kann unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß § 573c BGB gekündigt werden, jedoch erstmals zum 30.9.2007.“ Der Mieter kündigte am 1.7.2004 zum 30.9.2004 – mit Erfolg.

358

Staffelmieten

Rn. IV 32

Unwirksam kann die Kombination einer Staffelmietvereinbarung mit einer Verlängerungsklausel sein, sofern hierdurch auch die Kündigungsmöglichkeit des Mieters eingeschränkt wird,

31

BGH – Urt. v. 2.6.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 483 = ZMR 2004, 735 zur Regelung: „Das Mietverhältnis kann erstmals zum 31.1.1999 gekündigt werden. Danach verlängert es sich automatisch um jeweils ein Jahr, sofern nicht rechtzeitig die fristgerechte Kündigung erfolgt.“ Der Verstoß liegt darin, dass das Kündigungsrecht auf eine Kündigungsmöglichkeit im Jahr beschränkt ist.1

Die frühere Streitfrage, ob das Mietverhältnis zum Ablauf der Kündigungssperrfrist von 4 Jahren oder erst nach deren Ablauf gekündigt werden kann, ist durch das MRRG in Übereinstimmung mit der Rspr.2 im ersteren Sinne geklärt worden. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt der Staffelmietvereinbarung und nicht erst ab dem (nachfolgenden) Beginn des Mietverhältnisses, BGH – Urt. v. 29.6.2005 – NZM 2005, 782 = WuM 2005, 519.

b) Staffelmieten bei der Gewerberaummiete Die für die Wohnraummiete geltenden Schranken bei Vereinbarung einer Staffelmiete gelten bei Vermietung von Gewerberaum nicht, wie aus § 578 BGB folgt.3 Anders als bei Wohnraummiete ist die Vereinbarung von prozentualen Steigerungen zulässig. Jedoch sollte klargestellt werden, ob für die zu ermittelnde höhere Miete von der ursprünglichen oder der zuletzt erhöhten Miete auszugehen ist.4 Ist eine Staffelmiete vereinbart und sinkt das Mietpreisniveau unvorhergesehen ab, so führt das nicht dazu, die Staffelmietvereinbarung nach den Regeln der Veränderung der Geschäftsgrundlage anzupassen, BGH – Urt. v. 8.5.2002 – NJW 2002, 2384 = NZM 2002, 659 = MDR 2002, 1114 = ZMR 2002, 654: Bei Vereinbarung einer Staffelmiete besteht regelmäßig die nicht fern liegende Möglichkeit, dass die vereinbarte Miete im Laufe der Zeit erheblich von der Entwicklung der marktüblichen Miete abweicht. Dieses typische Vertragsrisiko trägt grundsätzlich die jeweils benachteiligte Vertragspartei. Allein die Tatsache, dass der Mieter mittlerweile vergleichbare Räume zu einer wesentlich günstigeren Miete anmieten könnte, rechtfertigt nicht die Annahme einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung. BGH – Urt. v. 27.10.2004 – NZM 2005, 63 = ZMR 2005, 112: Mangels abweichender Regelung im Mietvertrag bleibt der Mieter von gewerblichen Räumen in der Regel auch bei einem gravierenden Absinken des allgemeinen Mietenniveaus an die vertraglich vereinbarten Staffelerhöhungen gebunden. Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, das der Preisverfall in den neuen Bundesländern nicht auf einer bewussten Risikoübernahme, sondern auf der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern beruht. Auch ein Rückgang der ortsüblichen Miete um mehr als 60% würde nicht automatisch zur Überschreitung der Opfergrenze führen. 1 Zum Fall: Das Mietverhältnis enthielt eine Staffelmietvereinbarung und begann am 1.2.1998. Der Mieter kündigte am 31.5.2002 zum 31.8.2002. Der Vermieter akzeptierte die Kündigung erst zum 31.1.2003 – zu Unrecht. 2 OLG Hamm – RE v. 11.8.1989 – NJW-RR 1989, 1288. 3 Bieber/Ingendoh/Schimmel § 4 Rn. 11; Fritz Rn. 109. 4 Lindner-Figura/Bartholomai Kap. 10 Rn. 106.

359

32

Rn. IV 33

Mieterhöhungen

3. Mietanpassungsklauseln a) Mietanpassungsklauseln bei der Wohnraummiete – Indexmiete 33

Mietanpassungsklauseln, bei der Vermietung von Gewerbeimmobilien weit verbreitet, haben sich bei der Wohnraummiete bislang nicht recht durchsetzen können. Nach dem Verbot durch das I. WKSchG wurden sie bei Vermietung von preisfreiem Wohnraum auf Grund des durch das 4. MietRÄndG eingefügten § 10a MHG mit erheblichen Beschränkungen zugelassen. Um die Vereinbarung von Indexklauseln attraktiver zu machen, sind die Voraussetzungen hierfür durch das MRRG (§ 557b BGB) erleichtert, jedoch auf den dort geregelten Typ der Indexmiete beschränkt worden.1 Abweichende Vereinbarung wie „echte“ Wertsicherungsklauseln, Spannungsklauseln oder Leistungsvorbehalte mit oder ohne Schiedsgutacherabreden sind danach unzulässig, da sich diese Abreden im Vergleich zur Indexmiete durchweg zum Nachteil des Mieters auswirken können (§ 557b Abs. 4 BGB). Im Gegensatz zur Geltung einer Staffelmiete steht dem Mieter kein vorzeitiges Kündigungsrecht zu. Dafür ist auch kein Bedarf, wenn man das auf unbestimmte Zeit begründete Mietverhältnis als gesetzestypisch zugrunde legt. aa) Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Vereinbarung

34

Wirksamkeitsvoraussetzungen sind lediglich noch, dass – Grundlage für die Mietentwicklung die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamts ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland ist und – die Vereinbarung der Schriftform bedarf. Es genügt die elektronische Form des § 126a BGB, nicht jedoch Textform nach § 126b BGB. Weggefallen ist insbesondere die währungsrechtlich bedingte Bindung des Vermieters an eine 10-jährige Vertragslaufzeit. Sie besteht allerdings noch für Mietverhältnisse über Gewerberäume auf Grund des § 4 Abs. 2 PreisklauselV vom 23.9.1998 (s. Rn. IV 50 f.).

35

Materiell ist die Mietänderung an die Indexveränderung geknüpft. Deren prozentuale Steigerung oder Senkung ist zugleich Maßstab für die Mieterhöhung oder die vom Mieter zu beanspruchende Mietermäßigung. Unzulässig ist, einen Multiplikator für die Indexveränderung zu vereinbaren und danach die Mietänderung zu bestimmen.2 Anders als in § 10a Abs. 1 Satz 2 MHG ist die Indexbindung zwar nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergibt sich jedoch auf Grund einer teleologischen Auslegung. Dafür spricht der Wortlaut des § 557b Abs. 1 BGB („... dass die Miete durch den ... Preisindex ... bestimmt wird“). 1 S. dazu Grothe NZM 2002, 54; Langenberg WuM 2001, 523. 2 S. zu § 557b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 3; Lammel Rn. 16; Grothe NZM 2002, 54, 57; a.A. Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 30, 31.

360

Mietanpassungsklauseln

Rn. IV 41

Dass der Gesetzgeber gegenüber der bisherigen Regelung eine entscheidende Erweiterung beabsichtigte, ist dagegen nicht ersichtlich.1 Die Folge einer wirksamen Mietanpassungsklausel ist, dass für die Dauer der Laufzeit Mieterhöhungen nach § 558 BGB und nach § 559 BGB, soweit es Maßnahmen der Modernisierung und der Energieeinsparung anbelangt, ausgeschlossen sind. Eine Mieterhöhung nach § 559 BGB ist nur zulässig, wenn die auslösende bauliche Änderung auf Umständen beruht, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (s. dazu Rn. IV 340). Zulässig sind auch Mieterhöhungen wegen Betriebskostensteigerungen nach Maßgabe des § 560 BGB, wenn zwischen den Parteien eine (Teil-)Inklusivmiete vereinbart ist.

36

bb) Durchführung und Rechtswirkungen der Mietanpassung Die Mieterhöhung wirkt abweichend von der Typik einer Wertsicherungsklausel nicht automatisch mit der Veränderung der Bezugsgröße, sondern muss in Textform (§ 126b BGB) angefordert werden. Die Anforderung hat rechtsbegründende Wirkung und unterliegt allen Voraussetzungen einer einseitigen rechtsgeschäftlichen Erklärung.

37

In der Anforderung muss die Mieterhöhung berechnet werden, wobei der maßgebliche Index sowie seine Steigerung anzugeben sind. Es müssen also die Verhältnisse ab Vertragsabschluss bzw. der letzten Mieterhöhung denjenigen, die die Erhöhung nunmehr begründen sollen, gegenübergestellt bzw. bezeichnet werden. Im Einzelnen sind folgende Angaben erforderlich:

38

– Preisindex bei Mietbeginn bzw. zur Zeit der letzten Mietanpassung, – aktueller Preisindex, – Differenzwert der Indizes und Umrechung in die prozentuale Veränderung, – Ausgangsmiete, die erhöht werden soll, – Berechnung der neuen Miete anhand der prozentualen Indexveränderung, – Mitteilung der neuen Miete mit Wirkungszeitpunkt. Fehlen diese Angaben ganz oder teilweise, so dass die Mieterhöhung nicht nachvollzogen werden kann, ist die Anforderungserklärung unwirksam. Eine bloß sachliche Unrichtigkeit (z.B. unrichtige Indexzahl, Rechenfehler) wirkt sich nur auf die materielle Mieterhöhung aus und führt nicht zur Unwirksamkeit der Anforderung.

39

Die Mieterhöhung wird ab Beginn des auf die ordnungsmäßige Anforderungserklärung folgenden übernächsten Monats fällig. Eine Abrede, die eine Rückwirkung etwa auf den Zeitpunkt der Indexänderung zulässt, ist nach § 557 Abs. 3, 4 BGB (bisher § 10 Abs. 1 MHG) unwirksam.

40

Die Miete muss jeweils für die Dauer eines Jahres unverändert sein. Der Vermieter muss also eine Wartefrist von einem Jahr zwischen den indexab-

41

1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 53.

361

Rn. IV 42

Mieterhöhungen

hängigen Mietänderungen einhalten. Da das Gesetz lediglich vorsieht, dass zwischen den einzelnen Mietanpassungen ein Zeitraum von einem Jahr liegen muss, kann der Vermieter die Anpassung bereits zum jeweiligen Fristbeginn anfordern, nachdem die Jahresfrist abgelaufen ist.1 Anders als die Wartefrist in § 558 Abs. 1 BGB ist die Einhaltung der Jahresfrist also nicht formelle, sondern nur materielle Voraussetzung für die Mieterhöhung. Mieterhöhungen nach § 559 BGB, soweit sie zugelassen sind (s. Rn. IV 36), und Mieterhöhungen auf Grund von Betriebskostensteigerungen nach § 560 BGB werden in die Wartefrist nicht eingerechnet, können also auch außerhalb des Jahresturnus durchgeführt werden. cc) Übergangsregelungen 42

Anpassungsklauseln, die in Mietverträgen vor Inkrafttreten des 4. MietRÄndG am 1.9.1993 vereinbart waren, waren nach § 10 Abs. 1 MHG, § 134 BGB nichtig. Sie sind durch die Zulassung von Mietanpassungsklauseln im Rahmen des § 10a MHG nicht etwa wirksam geworden. Vielmehr müssen sie innerhalb des nunmehr Zulässigen neu vereinbart werden.2 Vor dem 1.1.1999 vereinbarte und währungsrechtlich nach § 3 WährG genehmigte Klauseln, die dem § 10a MHG entsprachen, bleiben wirksam. Eine Klausel, die vor dem 1.1.1999 vereinbart worden ist, aber noch nicht genehmigt war, wird wirksam, wenn sie den ab 1.1.1999 geltenden Anforderungen durch das EuroEG v. 9.6.1998 (BGBl. I 1242) entspricht. Indexvereinbarungen, die vor dem 1.9.2001 getroffen worden sind und dem § 557b BGB, nicht aber dem § 10a MHG entsprechen, bleiben unwirksam. Sie erlangen keine Wirksamkeit ab dem Stichtag, sondern müssen dann neu vereinbart werden. dd) Indexklauseln und Umstellung der Preisindizes

43

Probleme ergeben sich bei älteren Mietanpassungsvereinbarungen daraus, dass mit Wirkung ab 1.1.2003 die bisherigen Preisindizes weggefallen und durch den Preisindex für die Gesamtlebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland ersetzt worden sind. Bei Altverträgen kommt es zu einer Umbasierung nur, wenn entweder der Mietvertrag eine entsprechende Vereinbarung vorsieht, oder diese nachträglich getroffen wird oder – falls sich eine der Parteien weigert – eine ergänzende Vertragsauslegung angenommen werden kann, die zu einer Mitwirkungspflicht führt.3 Darüber hinaus stellt sich bei

1 Vgl. zu § 557b BGB: Herrlein/Kandelhard/Bothe Rn. 39; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 34; Staudinger/Weitemeyer Rn. 29. 2 Vgl. zu § 557b BGB: Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 3; Langenberg WuM 2001, 523, 524. 3 S. zu § 557b BGB: Herrlein/Kandelhard/Bothe Rn. 25; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 29, 30; Klingmüller/Wichert ZMR 2003, 797, 799.

362

Mietanpassungsklauseln

Rn. IV 46

Altverträgen die Frage nach der Umrechnung der Indizes von Alt auf Neu. Hier ist vorgeschlagen worden, die Steigerung des bisherigen Indexes bis zum 31.12.2002 festzustellen und die Entwicklung des neuen Indexes bis zum maßgeblichen Erhöhungsstichtag hinzuzurechnen,1 so auch AG Mönchengladbach NZM 2005, 742, 743.

Das Statistische Bundesamt hat den Verbraucherpreisindex für Deutschland für die Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2002 zurückgerechnet und die bisher für diesen Zeitraum berechneten Indizes rückwirkend für unwirksam erklärt (s. DWW 2003, 133, WuM 2003, 125). b) Mietanpassungsklauseln bei der Gewerberaummiete aa) Allgemeine Anpassungsklausel Enthält ein Pachtvertrag zum Betrieb eines Ladenlokals eine Vereinbarung, dass über die Pacht in bestimmten zeitlichen Abständen verhandelt wird, ohne dass eine Regelung über die Pachtzinshöhe getroffen ist, dann gilt als Maßstab die angemessene und ortsübliche Pacht (BGH – Urt. v. 2.2.1977 – WuM 1978, 24, Urt. v. 2.10.1991 – WuM 1992, 312),

44

OLG Köln – Urt. v. 29.11.2000 – GuT 2002, 133.

bb) Option und Mietänderung Haben die Vertragsparteien eine Verlängerungsoption zugunsten des Mieters vereinbart, so ist es wichtig zu regeln, ob und ggf. in welcher Weise sowie in welchem Umfang damit eine Mietänderung verknüpft sein soll.

45

Ist in einem Geschäftsraummietvertrag vereinbart, dass nach Ablauf der festen Mietzeit und Ausübung einer Verlängerungsoption durch den Mieter die Miete neu zu vereinbaren ist, so ist dies dahin ausgelegt worden, dass eine Neufestsetzung der Miete erfolgen soll und nicht nur eine Anpassung unter Berücksichtigung der ursprünglichen Wert- und Äquivalenzvorstellungen (Abgrenzung zu KG – Urt. v. 28.1.1985 – ZMR 1986, 194). Diese Neufestsetzung hat nach billigem Ermessen zu erfolgen, wobei grundsätzlich die ortsübliche Miete für Neuabschlüsse billigem Ermessen entsprechen soll,

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KG – Urt. v. 30.6.2003 – GE 2003, 1154.

Letzteres ist nicht zweifelsfrei. Es bedarf einer sorgfältigen Vertragsinterpretation, ob die Wendung, dass die Miete neu zu vereinbaren ist, das Neuvermietungsniveau tatsächlich meint oder nur den Mietänderungswillen der Vertragsparteien ausdrücken soll. Im Zweifel wird nämlich nur eine Mietanpassung auf Grund der bisherigen Äquivalenzvorstellungen gewollt sein.

1 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 557b Rn. 32; Lützenkirchen NZM 2001, 835, 836; s. auch DWW 2002, 343.

363

Rn. IV 47 47

Mieterhöhungen

Bei einem Anspruch auf Neufestsetzung oder Änderung der Miete ist dem Vermieter ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zugebilligt worden, sofern nichts anderes vereinbart ist, KG – Urt. v. 30.6.2003 – GE 2003, 1154.

48

Das Gleiche soll gelten, wenn der Mietvertrag die Regelung enthält, dass die Miete für den Fall der Ausübung der Verlängerungsoption neu zu verhandeln ist; lehnt der Mieter die geforderte Mieterhöhung ab, so kann der Vermieter die Miete einseitig nach Maßgabe der §§ 315, 316 BGB bestimmen. Im Streitfall setzt das Gericht die Miete nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil fest, dessen gestaltende Wirkung die fehlende Einigung der Vertragsparteien ersetzt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.5.2002 – DWW 2002, 204 = ZMR 2002, 593, ebenso OLG Hamburg – Urt. v. 2.11.1994 – NJW-RR 1997, 458.

49

Der Vermieter braucht also nicht auf Zustimmung des Mieters zu klagen, sondern kann Klage auf Feststellung der Höhe der neuen Miete (KG a.a.O.), oder aber – was hier aus prozessökonomischen Gründen vorzuziehen ist – auf Zahlung der neuen Miete erheben (OLG Düsseldorf a.a.O.). Die Zahlungsklage kann für einen zurückliegenden Zeitraum erhoben werden, jedoch tritt die Fälligkeit nicht vor Rechtskraft des Urteils ein, so dass der Mieter frühestens ab diesem Zeitpunkt in Verzug gerät (OLG Düsseldorf a.a.O. unter Hinweis auf BGH – Urt. v. 7.4.2000 – NJW 2000, 2986). Ebenso verhält es sich mit der Fälligkeit von Mieterhöhungsbeträgen auf Grund einer Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 BGB (s. Rn. IV 271), BGH – Urt. v. 4.5.2005 – NZM 2005, 496 = WuM 2005, 396 = ZMR 2005, 699.

cc) Wertsicherungsklauseln aaa) Neue Rechtslage durch Einführung des Euro 50

Die Einführung des Euro zum 1.1.1999 hat folgende Auswirkungen auf die Rechtslage mit sich gebracht:1 Durch Art. 9 § 1 EuroEG v. 9.6.1998 (BGBl. I 1242) ist § 3 WährG aufgehoben worden. An dessen Stelle sah das Preisangabe- und PreisklauselG (PaPKG v. 3.12.1984, BGBl. I 1429) in § 2 ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vor. Einzelheiten hierzu waren in der PreisklauselV (PrKV v. 23.9.1998, BGBl. I 3043) geregelt. Das Verbot bezog sich nur auf automatische Wertsicherungsklauseln, also nicht auf Leistungsvorbehalte (Rn. IV 60) und Spannungsklauseln (§ 1 Nr. 2, 3 PrKV). An die Stelle des PaPKG und der PrKV ist das Preisklauselgesetz (PreisKlG) vom 7.9.2007 getreten.2 Es entspricht inhaltlich weitgehend den bisherigen 1 S. dazu Rademacher ZMR 1999, 218; Stapel WuM 1999, 204; Lützenkirchen NZM 2001, 835; ferner zu § 557b BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 48 f.; Schmidt-Futterer/ Börstinghaus Rn. 3; ferner Fritz Rn. 111b. 2 BGBl. 2007 I 2246, in Kraft getreten am 14.9.2007; s. dazu Tietzsch MietRB 2008, 280.

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Mietanpassungsklauseln

Rn. IV 52

Vorschriften. Insbesondere gilt es nur für automatische Wertsicherungsklauseln; diese sind grundsätzlich unzulässig (§ 1 Abs. 1 PreisKlG). Von diesem Verbot bestehen zahlreiche Ausnahmen (§ 2 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3–7 PreisKlG). Mietrechtlich wichtig sind die folgenden Ausnahmen: Preisklauseln

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– in Verträgen über wiederkehrende Zahlungen, die auf Lebenszeit des Gläubigers, Schuldners oder eines Beteiligten zu erbringen sind (s. § 544 Satz 2 BGB und dazu Rn. X 120); – in Verträgen, die für die Dauer von mindestens 10 Jahren abgeschlossen werden, gerechnet vom Vertragsabschluss bis zur Fälligkeit der letzten Zahlung; – in Verträgen, bei denen der Gläubiger/Vermieter für die Dauer von mindestens 10 Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet (s. dazu Rn. X 3 bei der Wohnraummiete) oder der Schuldner/Mieter das Recht hat, den Vertrag auf mindestens 10 Jahre zu verlängern (s. Rn. I 162 zur Verlängerungsoption). Für diese Ausnahmen gelten wiederum Schranken, die dem bisherigen Recht entsprechen (§ 2 Abs. 1 PreisKlG, nämlich – hinreichende Bestimmtheit der Klausel, was Bezugsgröße und Veränderungsmaßstab anbelangt (§ 2 Abs. 2 PreisKlG), – keine unangemessene Benachteiligung eines Vertragspartners, z.B. bei Preisänderungen nur in eine Richtung, Anpassungsbefugnis nur zugunsten einer Partei, Möglichkeit der unverhältnismäßigen Änderung des Entgelts (§ 2 Abs. 3 PreisKlG). Neu ist, dass der bisherige behördliche Genehmigungsvorbehalt durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (§ 2 PaPKG, § 2 PrKV) entfallen ist und die Prüfungskompetenz, ob eine Klausel wirksam ist oder nicht, nunmehr bei den Vertragsparteien liegt. Von der Unwirksamkeit einer Preisklausel kann gemäß § 8 PreisKlG erst und ab dem Zeitpunkt ausgegangen werden, nachdem die Unwirksamkeit (gerichtlich) rechtskräftig festgestellt worden ist, soweit die Parteien nicht eine frühere Unwirksamkeit vereinbart haben. Ob sich diese Rechtswirkungen auch auf die Inhaltskontrolle einer Preisklausel nach § 307 BGB beziehen oder sich auf Verstöße gegen die Geldwertstabilität beschränken, ist noch nicht geklärt.1 Für Ersteres könnte bei flüchtigem Lesen der Wortlaut der Verordnung sprechen. Für Letzteres spricht indes, dass jede Rechtsausübung der Missbrauchskontrolle nach §§ 138, 242 BGB unterliegt. Dann aber besteht kein Anlass, die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB hiervon auszuschließen. § 8 PreisKlG ist mithin einschränkend dahin auszulegen, dass sich die Unwirksamkeitsfolge auf Verstöße gegen das PreisKlG beschränkt. Auch diese Auslegung kann sich auf den Wortlaut des Gesetzes stützen, da in § 8 PreisKlG nur von „Verstößen gegen dieses Gesetz“ 1 Für Ersteres: Schultz NZM 2008, 425, 427; für Letzteres: Gerber NZM 2008, 152, 154.

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52

Rn. IV 53

Mieterhöhungen

die Rede ist. Die Nichtigkeits- und Unwirksamkeitsfolgen aus anderen Vorschriften wirken auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück. Dagegen ist die zeitliche Wirkung des § 8 PreisKlG ebenfalls auf die Verstöße gegen das PreisKlG begrenzt. 53

Die bisherige Rechtslage nach dem Preisangaben- und Preisklauselgesetz sowie der Preisklauselverordnung1 ist nach § 9 PreisKlG noch für eine Übergangszeit bedeutsam. So gelten die bis zum 13.9.2007 erteilten Genehmigungen fort (§ 9 Abs. 1 PreisKlG); ihre Geltung beurteilt sich nach den bisherigen Vorschriften. Sind Preisklauseln vor dem 14.9.2007 vereinbart und ist deren Genehmigung bis dahin beantragt worden, so sind ebenfalls die bisherigen Vorschriften anzuwenden (§ 9 Abs. 2 PreisKlG). Die danach grundsätzlich erforderliche Genehmigung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle kann nur erteilt werden, wenn die Klausel hinreichend bestimmt ist und keinen Vertragspartner unangemessen benachteiligt (§ 2 PrKV). Bedeutsam war und ist, dass die Genehmigung unter den in § 4 PrKV bestimmten Voraussetzungen fingiert wird: – Es müssen die in § 2 PrKV genannten Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. – Der Vermieter ist an eine Vertragszeit von 10 Jahren gebunden, einschließlich etwaiger Verlängerungsoptionen zugunsten des Mieters. – Bei der Bezugsgröße handelt es sich um einen vom statistischen Bundesamt veröffentlichen Gesamtlebenshaltungskostenindex. Für Preisklauseln in vor Inkrafttreten der PrKV am 1.1.1999 geschlossenen Mietverträgen, die nicht nach § 3 WährG zur Genehmigung vorgelegt worden sind, gilt die Genehmigungsfiktion des § 4 Abs. 1 PrKV, auch wenn der mietvertragliche 10-Jahres-Zeitraum des § 4 Abs. 1 Nr. 2 PrKV bei Inkrafttreten der PrKV bereits abgelaufen war, OLG Stuttgart – Urt. v. 2.2.2007 – WuM 2007, 270.

Bei Zweifeln an der Genehmigungsbedürftigkeit kann ein Negativattest der Behörde beantragt und erteilt werden. Es entfaltet indes nur eine Tatbestandswirkung, bindet also die Gerichte nicht,2 anders OLG Rostock – Urt. v. 2.6.2006 – NZM 2006, 742 = ZMR 2006, 773.

bbb) Anwendungsprobleme 54

Abgrenzungsmerkmal zwischen Wertsicherungsklauseln und Leistungsvorbehalten ist die Koppelung von Bezugsgröße und Mietanpassung i.S. einer Automatik, ohne dass noch ein weiteres rechtsgeschäftliches Verhalten hinzutritt 1 S. dazu Bieber/Ingendoh/Schimmel § 4 Rn. 19; Fritz Rn. 111b; Lindner-Figura/Bartolomäi Kap. 10 Rn. 123 f.; zu § 557b BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 48 f.; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 3; Rademacher ZMR 1999, 218, Stapel WuM 1999, 204, Lützenkirchen NZM 2001, 835. 2 Anders Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 557b Rn. 58.

366

Mietanpassungsklauseln

Rn. IV 57

(s. BGH – Urt. v. 28.6.1968 – BB 1968, 930 = DWW 1968, 376 = MDR 1968, 914). War nach bisheriger Rechtslage eine Wertsicherungsklausel nicht genehmigungsfähig, so sollte die Klausel im Wege ergänzender Vertragsauslegung in einen genehmigungsfreien Leistungsvorbehalt umgedeutet werden können; gleichwohl musste aber ein von den Parteien für den Fall der Mieterhöhung vereinbartes Verfahren beachtet werden,

55

OLG Hamburg – Urt. v. 19.6.1991 – WuM 1991, 477, OLG Köln – Urt. v. 9.4.1999 – ZMR 1999, 63.

Ist eine Umdeutung in einen Leistungsvorbehalt möglich, so ist die in der unwirksamen Klausel vorgesehene Indexbindung nicht alleiniger Maßstab für die Mieterhöhung; sie ist vielmehr nur im Rahmen der Billigkeit nach § 315 Abs. 3 BGB mit zu berücksichtigen, OLG Köln a.a.O., s. auch BGH – Urt. v. 21.1.1976 – BB 1976, 483.

Der Vermieter kann sich dem Ergebnis dieser Auslegung nicht dadurch entziehen, dass er sich auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages berufen und geltend machen kann, er hätte einen Mietvertrag mit einer anderen als der ursprünglich vereinbarten, aber nicht genehmigungsfähigen Wertsicherungsklausel nicht abgeschlossen (BGH – Urt. v. 2.2.1983 – NJW 1983, 1909 = ZMR 1983, 269). Eine Umdeutung kommt aber nicht infrage, wenn der Mietvertrag ordentlich kündbar ist und daher eine Mietänderung im Wege der Änderungskündigung herbeigeführt werden kann, OLG Rostock – Urt. v. 10.1.2005 – NZM 2005, 306.

Gegenüber einer Mieterhöhung auf Grund einer Indexklausel kann der Mieter – anders als bei einer Mieterhöhung gemäß § 558 BGB für die Wohnraummiete (s. Rn. IV 181) – einwenden, dass dem Vermieter die geforderte Erhöhung wegen Mangelhaftigkeit der Mieträume minderungsbedingt nicht zusteht,

56

OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.10.1993 – NJW-RR 1994, 399 = WuM 1994, 324.

Das gilt insbesondere für behebbare Mängel. Wegen der der Wertsicherungsklausel innewohnenden Automatik wird die veränderte Miete fällig, sobald die Voraussetzungen für die Mietänderung objektiv vorliegen. In Verzug gerät der Mieter jedoch erst auf Grund einer Leistungsanforderung des Vermieters und einer angemessenen Prüfungsfrist, deren Dauer sich nach der Schwierigkeit der Nachrechnung richtet, BGH – Urt. v. 14.7.1970 – WPM 1970, 1141 = ZMR 1971, 27, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2008 – NZM 2008, 524, 525 = ZMR 2008, 710.

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Rn. IV 58

Mieterhöhungen

ccc) Verwirkung von Erhöhungsbeträgen 58

Allgemein gilt, dass eine Partei sich auf eine Verwirkung nur berufen kann, wenn sie auch ein Umstandsmoment hinreichend vorträgt, OLG Brandenburg – Urt. v. 1.10.2007 – ZMR 2008, 360.1

Der Nachforderung von Mietzins auf Grund einer vertraglichen Wertsicherungsklausel kann allerdings der Einwand der Verwirkung nach § 242 BGB entgegenstehen, wenn gemäß einer langjährigen Vertragspraxis anstelle der indexbezogenen Mieterhöhung in unregelmäßigen Abständen Zuschläge zum Mietzins verlangt und geleistet worden waren, OLG Celle – Urt. v. 30.5.1990 – ZMR 1990, 412, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.8.1994 – ZMR 1995, 155.

Verwirkung ist ebenfalls angenommen worden, wenn der Vermieter die Mieterhöhung über 4 Jahre nicht geltend gemacht hat und Umstände vorliegen, die den Mieter in der Annahme bestärkt haben, wegen der Mieterhöhung nicht mehr beansprucht zu werden. Bloßer Zeitablauf reicht selbst dann nicht aus, wenn die automatische Erhöhung der Miete von beiden Vertragsparteien unbeachtet geblieben ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.3.1999 – NZM 2001, 892, lebensfremd dagegen OLG Rostock – Urt. v. 2.6.2006 – NZM 2006, 742 = ZMR 2006, 273, das einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Mieters verneint, da dem Mieter zuzumuten sei, die Indexentwicklung selbst zu überprüfen, den Eintritt der Voraussetzungen für die Mieterhöhung festzustellen und die Erhöhung zu berechnen.

In zeitlicher Hinsicht bezieht sich die Verwirkung auf die Zeit bis zur nunmehrigen Geltendmachung der Mieterhöhung durch den Vermieter; die Mieterhöhung ist zwar gemäß der Indexsteigerung seit der letzten Mieterhöhung zu berechnen, wirkt aber erst ab Geltendmachung der Mieterhöhung für die Zukunft, OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.5.1993 – DWW 1993, 199, Urt. v. 25.8.1994 – ZMR 1995, 155.

59

Hat der Vermieter über einen längeren Zeitraum davon abgesehen, den Mietzins auf der Grundlage einer vereinbarten Indexmiete anzuheben, wurden stattdessen (geringere) Mieterhöhungen auf der Basis von Vergleichsmieten vereinbart und ist erst anschließend die Indexklausel währungsrechtlich genehmigt worden, so darf der Mieter darauf vertrauen, dass weitere Mieterhöhungen nach der Indexklausel nur auf der Basis der zuletzt vereinbarten Vergleichsmiete stattfinden und er keine Nachforderungen aus der Zeit bis zur Erhebung des Anspruchs schuldet, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.8.1994 – WM 1995, 580 = ZMR 1995, 155, OLG Schleswig – Urt. v. 13.5.1998 – OLG-Report 1998 Nr. 15 S. 273: Der Vermieter, der auf Grund einer Wertsicherungsklausel bei Steigerung der Indexzahl um mehr als 10% wiederholt eine Heraufsetzung der Miete um nur 10% begehrt hat, ist daran nicht gebunden. Er ist befugt, bei einer späteren Indexsteigerung eine größere Heraufsetzung des Mietzinses zu verlangen. – Der Vermieter, der trotz vertraglich vereinbar1 Zum Fall: keine Verwirkung von Mietnachforderungsansprüchen für 42 Monate.

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Mietanpassungsklauseln

Rn. IV 61

ter Wertsicherung und trotz Vorliegens der Erhöhungsvoraussetzungen mehr als 10 Jahre von seinem Erhöhungsrecht keinen Gebrauch macht, hat sein Recht zur Mieterhöhung insoweit verwirkt, als der Erhöhungsbetrag zwei Drittel des zuletzt gezahlten Mietzinses übersteigt.

Verwirkung ist auch dann bejaht worden, wenn der Vermieter die Erhöhung erst 4 Jahre später als möglich geltend macht, obwohl er aus früheren Erhöhungsanlässen die erhöhte Miete alsbald angefordert hatte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.3.1999 – NZM 2001, 892 = ZMR 2002, 34.

dd) Leistungsvorbehalte und Schiedsgutachterklauseln aaa) Vereinbarung Ist ein Leistungsvorbehalt mit einer Schiedsgutachterklausel vereinbart, so ist darauf zu achten, dass der Schiedsgutachter die nach dem Vertrag gemeinte Bestimmung trifft. Zu prüfen ist, ob

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– eine Anpassung an die ortsübliche Neuabschlussmiete, – eine Anpassung an die ortsübliche Bestandsmiete, – die Neubestimmung einer angemessenen Miete unter Berücksichtigung auch anderer Faktoren (z.B. Baukosten) oder – die Anpassung an eine angemessene Miete unter Einbeziehung auch anderer Faktoren als der ortsüblichen Miete gewollt war. Auch empfiehlt es sich zu regeln, ob die Klausel im Verlauf der Mietzeit nur einmal oder mehrfach anzuwenden ist. Letzteres ist bei längerfristigen Mietverträgen im Zweifel gewollt, sofern sich dies nicht schon aus dem Wortlaut der Klausel ableiten lässt, OLG Hamburg – Urt. v. 5.6.1980 – MDR 1980, 848.

Ist vereinbart, dass eine Änderung des Mietzinses frühestens zulässig ist, wenn seit der letzten Mietanpassung 2 Jahre vergangen sind, so bedeutet dies, dass die Erklärung über die Änderung des Mietzinses schon vor Ablauf der Frist mit Wirkung zum Ablauf abgegeben werden kann, OLG München – Urt. v. 1.9.1995 – ZMR 1995, 589.

Ist nach einer Schiedsgutachterabrede der Mietzins neu festzusetzen, so ist auf den orts- und marktüblichen Mietzins bei Neuabschlüssen abzustellen und nicht auf einen nur angepassten Mietzins (s. BGH – Urt. v. 4.6.1975 – NJW 1975, 1375). Um eine Neufestsetzungsklausel handelt es sich im Zweifel auch, wenn eine vertragliche Mietklausel im Falle der Veränderung eines bestimmten Kostenindexes Verhandlungen über eine „Neufestsetzung“ des Mietzinses vorsieht. Bei dieser ist der Schiedsgutsachter befugt, einen niedrigeren als den ursprünglich vereinbarten Mietzins festzusetzen, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 3.12.1998 – NZM 1999, 118 = WM 1999, 31 = ZMR 1999, 244.

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61

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Rn. IV 62

Mieterhöhungen

Die Äquivalenzvorstellungen der Parteien können bei einem und daher formbedürftigen (§ 550 BGB) Mietverhältnis nur werden, wenn sich dies eindeutig aus dem Vertrag ergibt. Das Fall sein, wenn eine Ausgangsmiete vereinbart worden ist, die üblichen Miete lag,

längerfristigen berücksichtigt kann etwa der unter der orts-

OLG Schleswig – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 338.

Vorauszusetzen ist, dass die ortsübliche Miete durch die vereinbarte Anfangsmiete bewusst und gewollt unterschritten wird. Aus dem Umstand, dass die Ausgangsmiete niedriger als die zur Zeit des Vertragsabschlusses geltende ortsübliche Miete liegt, lässt sich ein rechtsgeschäftlicher Wille, dass ein entsprechender Abstand beibehalten werden soll, nicht ableiten,1 BGH – Urt. v. 20.6.2007 – NZM 2007, 639 = WuM 2007, 452.

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Ist allerdings eine Mietanpassungsklausel vereinbart und ändert sich die Bezugsgröße, so kann eine Änderung der Miete nur in der gleichen Bewegungsrichtung der Bezugsgröße, nicht aber in die entgegengesetzte Richtung verlangt werden. Es entspricht nämlich dem üblichen Zweck solcher Klauseln, eine Renditesicherung vor Geldwerteinbußen infolge sinkender Kaufkraft und eine Renditesteigerung zu gewährleisten, OLG Schleswig – Urt. v. 24.6.1992 – ZMR 1992, 534, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 10.11.2000 – NZM 2001, 526: 1. Sieht eine vertragliche Mietklausel im Falle der Veränderung eines bestimmten Kostenindexes Verhandlungen über eine Neufestsetzung des Mietzinses vor, so kann die Neufestsetzung der Miete nur in der gleichen Bewegungsrichtung der Bezugsgröße erfolgen, da sonst der Zweck der Klausel unterlaufen werden würde. 2. Mietanpassungs- und Mietneufestsetzungsklauseln unterscheiden sich nur in der Art und Weise der Ermittlung der Miethöhe. In beiden Fällen kann sich der Mietzins nur in die Richtung wie der Index, dessen Veränderung überhaupt erst die Änderung des Mietzinses zulässt, bewegen (s. auch OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 17.10.1978 – MDR 1979, 230); ebenso OLG Celle – Urt. v. 5.4.2001 – NZM 2001, 468 unter Hinweis darauf, dass es sich anders verhalten könnte, wenn die Klausel statt mit „Wertsicherung“ mit „Änderung der Miete“ oder „Neufestsetzung der Miete“ überschrieben wäre.

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Darf der Vermieter bei Vereinbarung eines Leistungsvorbehalts nach bestimmter Indexsteigerung den Mietzins erhöhen, so soll es ihm bei Unwirksamkeit seiner Leistungsbestimmung wegen der Unwiderruflichkeit einer einmal erfolgten Leistungsbestimmung verwehrt sein, ein zweites Mal die Miete neu zu bestimmen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.1993 – MDR 1994, 476 = WM 1994, 273.

Das überzeugt nicht, da eine unwirksame Rechtshandlung nicht zum „Verbrauch“ und damit zum Verlust eines Anspruchs führt, sofern diese Folge nicht vereinbart ist. Sollte die Bestimmung inhaltlich unrichtig sein, so wäre eine Korrektur über § 315 Abs. 3 BGB geboten.

1 S. dazu Blum WuM 2007, 491.

370

Mietanpassungsklauseln

Rn. IV 67

bbb) Überprüfung des Schiedsgutachtens Die Leistungsbestimmung eines Schiedsgutachters ist nur bei offenbarer Unbilligkeit oder Unrichtigkeit nach § 319 BGB unverbindlich. Das ist zunächst der Fall, wenn sich einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter – sei es auch erst nach eingehender Prüfung – offensichtliche Fehler aufdrängen, die das Gesamtergebnis verfälschen,

65

BGH – Urt. v. 21.4.1993 – NJW-RR 1993, 1034, OLG Schleswig – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 338.

Ferner liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, wenn die Ausführungen des Gutachters so lückenhaft sind, dass selbst der Fachmann das Ergebnis aus dem Zusammenhang des Gutachtens nicht überprüfen kann, BGH – Urt. v. 16.11.1987 – MDR 1988, 381 für Unternehmensbewertung, s. auch BGH – Urt. v. 2.2.1977 – NJW 1977, 801, BGH – Urt. v. 25.1.1979 – MDR 1979, 577 jeweils für Mietanpassung.

Indes ist auch zu beachten, dass es maßgebend auf die Offensichtlichkeit der Unbilligkeit bzw. Unrichtigkeit des Ergebnisses ankommt. So soll die Leistungsbestimmung des Schiedsgutachters dann nicht offenbar unbillig sein, wenn sie um 17–18% von dem Ergebnis abweicht, zu dem der Schiedsgutachter bei fehlerfreier Bewertung gekommen wäre. Dies entspreche dem Zweck der Schiedsgutachtervereinbarung, ein zeitraubendes, kostspieliges Verfahren zur Leistungsbestimmung zu vermeiden, BGH – Urt. v. 17.5.1991 – MDR 1991, 1169 für Erbbauzinserhöhung, OLG Schleswig – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 338: Abweichung um 29% von dem für angemessen gehaltenen Ergebnis ist offenbar unbillig.

Sind durch ein Schiedsgutachten Miet- oder Pachtzinsen für gewerbliche Räume veränderten Verhältnissen anzupassen oder neu festzusetzen, so hat der Sachverständige bei der Bestimmung der Leistung grundsätzlich Vergleichsobjekte mit heranzuziehen. Die seinem Schiedsgutachten zugrunde gelegten Faktoren für die Leistungsbestimmung müssen nachprüfbar sein,

66

BGH – Urt. v. 2.2.1977 – NJW 1977, 801 = WuM 978, 24 = ZMR 1977, 234.

Die strengen Anforderungen, die an ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu stellen sind, was die Offenlegung der Vergleichsmieten anbelangt, s. dazu BGH – Urt. v. 15.4.1994 – MDR 1994, 941, ferner BVerfGE 91, 176 – Beschl. v. 11.10.1994 – NJW 1995, 40 für Gutachten zur ortsüblichen Wohnraummiete,

dürften auf ein Schiedsgutachten aber nicht zu übertragen sein. So ist ein Schiedsgutachten nicht deswegen offenbar unrichtig, weil der Gutachter im Gutachten die Vergleichsobjekte nur nach Anschrift mit der jeweiligen Straßenbezeichnung, individuellen Beschaffenheitsmerkmalen und Mietpreisen ohne weitergehende Individualisierung bezeichnet hat, OLG Hamburg – Urt. v. 22.6.1994 – WuM 1995, 650.

Andererseits genügt es nicht, dass der Schiedsgutachter nur den RDM-Mietspiegel für Ladenmieten heranzieht und Vergleichsobjekte sowie branchenspezifische Kriterien für die Mietzinsbildung außer Betracht lässt, OLG Schleswig – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 338.

371

67

Rn. IV 68 68

Mieterhöhungen

Die offenbare Unrichtigkeit ist verneint worden, wenn der Schiedsgutachter bei Bestimmung der Miethöhe den Zustand der Mieträume ohne Berücksichtigung der werterhöhenden Einrichtungen durch den Mieter zugrunde gelegt hat, weil ihm die Zuordnung der Einrichtungen zum Mieter nicht mitgeteilt worden war, OLG Frankfurt – Urt. v. 10.6.1992 – WM 1992, 429.

Hiergegen bestehen Bedenken. Lässt der Schiedsgutachter unberücksichtigt, dass mietwertbildende Umstände vom Mieter geschaffen worden sind, so führt das zu einer offensichtlichen Fehlbewertung (OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.6.2007 – ZMR 2008, 292).1 Auf ein Verschulden des Gutachters kommt es dabei nicht an. Zu Recht hat das OLG Schleswig – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 338, darauf hingewiesen, dass der Schiedsgutachter beim Ortstermin gehalten sei, etwaige Äquivalenzvorstellungen der Vertragsparteien zu erfragen. Das wird auch für die Befundtatsachen im Übrigen zu gelten haben, soweit sie dem Schiedsgutachter nicht bekannt sind. Das Schweigen des Mieters mag haftungsrechtliche Konsequenzen haben, wirkt sich aber im Rahmen des § 319 BGB nicht aus, sofern man nicht über § 242 BGB (Widerspruch zu eigenem früheren Verhalten) zu einer Bindung des Mieters gelangt. 69

Die Beweislast für die offenbare Unrichtigkeit trifft denjenigen, der sich auf die Unverbindlichkeit des Schiedsgutachtens beruft (OLG Hamburg – Urt. v. 22.6.1994 – WuM 1995, 650). Dafür muss er Tatsachen vortragen, die für das Gericht schlüssig auf den Mangel der Leistungsbestimmung durch den Schiedsgutachter hindeuten, BGH – Urt. v. 21.4.1993 – NJW-RR 1993, 1034.

70

Ist das Schiedsgutachten nicht verbindlich, so nimmt das Gericht die Leistungsbestimmung vor (§ 319 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine solche Entscheidung kann auch von derjenigen Vertragspartei beantragt werden, die die Ursache dafür gesetzt hat, dass die in erster Linie gewollte Bestimmung durch einen Schiedsgutachter fehlgeschlagen ist.2 Die Klage kann unmittelbar auf Zahlung des nach Meinung des Gläubigers vom Schuldner zu leistenden Betrages gerichtet werden, BGH – Urt. v. 7.4.2000 – MDR 2000, 1027.

1 So auch BGH – Urt. v. 17.5.1991 – MDR 1991, 1169 bei der Verkehrswertermittlung eines Grundstücks, wenn die tatsächlich gezahlten Kaufpreise für vergleichbare Grundstücke in der unmittelbaren Umgebung außer Betracht bleiben. Ebenso könnte es sich verhalten, wenn der Mieter verpflichtet wäre, mietwertbildende Maßnahmen vorzunehmen und die dadurch geschaffenen Werte bei Beendigung des Mietverhältnisses (ggf. entschädigungslos) zurückzulassen. In diesem Fall wäre die Leistung des Mieters als verlorener Zuschuss zu werten, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben sollten. Ob und in welchem Maße sich dies auf die künftige Mietzinsbildung auswirkt, wäre vom Sachverständigen zu beantworten. 2 Zum Fall: Dem Gutachter waren unrichtige Bewertungsstichtage angegeben worden.

372

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 74

ccc) Entstehung des Anspruchs auf Zahlung der erhöhten Miete Kann der Vermieter die Leistung nach § 315 BGB bestimmen, so entsteht der Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete erst, wenn sich die Vertragsparteien über den Inhalt der Leistungsbestimmung einig sind oder im Streitfall ein rechtskräftiges Urteil hierüber gemäß § 315 Abs. 3 BGB vorliegt. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt der Lauf der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB,

71

BGH – Urt. v. 24.11.1995 – MDR 1996, 355 für Erbbauzins.

Dem (späten) Zeitpunkt der Fälligkeit steht nicht entgegen, dass der Zahlungsanspruch sich möglicherweise auf eine zurückliegende Zeit bezieht. Anders verhält es sich, wenn die Leistung durch einen Dritten nach billigem Ermessen gemäß § 317 BGB bestimmt werden soll: Solange ein Schiedsgutachten nicht durch ein gerichtliches Bestimmungsurteil nach § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ersetzt worden ist, dauert seine (einstweilige) Bindungswirkung für die Parteien an, selbst wenn das Gutachten offenbar unbillig sein sollte,

72

OLG Frankfurt NZM 1999, 118 = WM 1999, 31.1

Das bedeutet, dass der Mieter die vom Schiedsgutachter festgesetzte Miete zu zahlen hat, bis eine gerichtliche Klärung im Rahmen des § 319 BGB erfolgt ist (OLG Frankfurt a.a.O.). Eine Anpassungsklausel, nach der bei Änderung der Bezugsgröße die Parteien eine Änderung der Miete verlangen können und im Falle des Fehlschlagens von Verhandlungen ein Schiedsgutachter über die Mietänderung entscheiden soll, ist grundsätzlich dahin auszulegen, dass die vom Schiedsgutachter festgelegte Miete von dem Zeitpunkt an gilt, zu dem das Änderungsverlangen der Gegenseite zugegangen ist,

73

BGH – Urt. v. 12.10.1977 – BB 1977, 1626 = WPM 1977, 1330.

4. Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete Das MRRG hat das Mieterhöhungsverfahren nach dem Vergleichsmietensystem für nicht preisgebundenen Wohnraum beibehalten.2 Der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete in § 558 Abs. 1 BGB entspricht im Wesentlichen demjenigen in § 2 MHG. Das Mieterhöhungsverfahren ist nur unerheblich verändert und der Katalog der Begründungsmittel um den qualifizierten Mietspiegel sowie die Auskunft aus einer Mietdatenbank erweitert worden. Es gilt nunmehr allgemein die Kappungsgrenze von 20%. Die Wartefrist beträgt unverändert materiell 15 Monate; allerdings ist die Klagefrist auf 3 Monate erweitert und die Behebung von Mängeln des Erhöhungs1 Ebenso Palandt/Heinrichs BGB § 318 Rn. 1. 2 S. Börstinghaus MDR 2002, 501 mit instruktiven Schaubildern; Eisenschmid NZM 2001, 11; Kinne ZMR 2001, 775; Weitemeyer WuM 2001, 171 = NZM 2001, 563.

373

74

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 74

ccc) Entstehung des Anspruchs auf Zahlung der erhöhten Miete Kann der Vermieter die Leistung nach § 315 BGB bestimmen, so entsteht der Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete erst, wenn sich die Vertragsparteien über den Inhalt der Leistungsbestimmung einig sind oder im Streitfall ein rechtskräftiges Urteil hierüber gemäß § 315 Abs. 3 BGB vorliegt. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt der Lauf der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB,

71

BGH – Urt. v. 24.11.1995 – MDR 1996, 355 für Erbbauzins.

Dem (späten) Zeitpunkt der Fälligkeit steht nicht entgegen, dass der Zahlungsanspruch sich möglicherweise auf eine zurückliegende Zeit bezieht. Anders verhält es sich, wenn die Leistung durch einen Dritten nach billigem Ermessen gemäß § 317 BGB bestimmt werden soll: Solange ein Schiedsgutachten nicht durch ein gerichtliches Bestimmungsurteil nach § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ersetzt worden ist, dauert seine (einstweilige) Bindungswirkung für die Parteien an, selbst wenn das Gutachten offenbar unbillig sein sollte,

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OLG Frankfurt NZM 1999, 118 = WM 1999, 31.1

Das bedeutet, dass der Mieter die vom Schiedsgutachter festgesetzte Miete zu zahlen hat, bis eine gerichtliche Klärung im Rahmen des § 319 BGB erfolgt ist (OLG Frankfurt a.a.O.). Eine Anpassungsklausel, nach der bei Änderung der Bezugsgröße die Parteien eine Änderung der Miete verlangen können und im Falle des Fehlschlagens von Verhandlungen ein Schiedsgutachter über die Mietänderung entscheiden soll, ist grundsätzlich dahin auszulegen, dass die vom Schiedsgutachter festgelegte Miete von dem Zeitpunkt an gilt, zu dem das Änderungsverlangen der Gegenseite zugegangen ist,

73

BGH – Urt. v. 12.10.1977 – BB 1977, 1626 = WPM 1977, 1330.

4. Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete Das MRRG hat das Mieterhöhungsverfahren nach dem Vergleichsmietensystem für nicht preisgebundenen Wohnraum beibehalten.2 Der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete in § 558 Abs. 1 BGB entspricht im Wesentlichen demjenigen in § 2 MHG. Das Mieterhöhungsverfahren ist nur unerheblich verändert und der Katalog der Begründungsmittel um den qualifizierten Mietspiegel sowie die Auskunft aus einer Mietdatenbank erweitert worden. Es gilt nunmehr allgemein die Kappungsgrenze von 20%. Die Wartefrist beträgt unverändert materiell 15 Monate; allerdings ist die Klagefrist auf 3 Monate erweitert und die Behebung von Mängeln des Erhöhungs1 Ebenso Palandt/Heinrichs BGB § 318 Rn. 1. 2 S. Börstinghaus MDR 2002, 501 mit instruktiven Schaubildern; Eisenschmid NZM 2001, 11; Kinne ZMR 2001, 775; Weitemeyer WuM 2001, 171 = NZM 2001, 563.

373

74

Rn. IV 75

Mieterhöhungen

verlangens im Prozess erleichtert worden (zu den Einzelheiten s. Rn. IV 116, 137). Die bisherige Rspr. zu § 2 MHG hat danach weiterhin erhebliche Bedeutung für das Verständnis der neuen Rechtslage. a) Anwendungsbereich 75

Das Mieterhöhungsverfahren nach §§ 558 ff. BGB gilt grundsätzlich für alle Mietverhältnisse über Wohnraum. Ausgenommen von dem Anwendungsbereich sind die in § 549 Abs. 2 BGB aufgeführten Wohnungen (s. Rn. XI 366). Das Gleiche gilt für preisgebundenen Wohnraum, für den die Kostenmiete auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung als Mietobergrenze zu ermitteln ist. Zum preisgebundenen Wohnraum zählen nicht Wohnungen, die im sog. 3. Förderweg nach § 88d II. WoBauG gefördert worden sind, LG Berlin GE 2002, 468, AG Hamburg WuM 2001, 558.

Jedoch werden diese Mieten bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete nicht mit berücksichtigt (§ 558 Abs. 2 Satz 2 BGB). 76

Endet die Mietpreisbindung, so soll der Vermieter nach h.M. berechtigt sein, ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB noch während der Preisbindung so rechtzeitig zu stellen, dass die preisfreie höhere ortsübliche Miete zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Mietpreisfreigabe gilt; dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Mieterhöhung eine Preisbindung nicht mehr bestehe,1 so jeweils zu § 2 MHG: OLG Hamm – RE v. 9.10.1980 – WuM 1980, 262, KG – RE v. 29.1.1982 – WuM 1982, 102, LG Berlin WuM 1995, 541, WuM 1996, 417, LG Köln WuM 1996, 276, LG Hamburg WuM 1997, 562.

77

Für diese Auffassung wird auch der Auskunftsanspruch des Vermieters nach § 558 Abs. 4 Satz 2 BGB bezüglich der Ausgleichszahlung bei fehlbelegten Wohnungen ins Feld geführt. Ihr kann jedoch nicht gefolgt werden. Es erscheint dogmatisch verfehlt, Vorschriften eine rechtliche Vorwirkung beizumessen, die noch gar nicht zur Anwendung gelangen können. Das bezieht sich auf das Ingangsetzen der Überlegungs- und Wirkungsfrist sowie auf das Sonderkündigungsrecht des Mieters nach § 561 Abs. 1 BGB (s. dazu Rn. IV 283). Zudem würde auf ein Mietenniveau abgestellt werden, das demjenigen des § 558 Abs. 1 BGB nicht entspricht. Da nämlich das Niveau der ortsüblichen Miete zum Zeitpunkt der Erklärung des Mieterhöhungsverlangens maßgebend ist, könnte das Mietniveau für preisgebundene Wohnungen nicht außer Betracht bleiben. Dies widerspräche allerdings dem Vergleichsmietenbegriff in § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Regelung über die Auskunftspflicht in § 558 Abs. 4 Satz 2 BGB lässt sich ebenso gut als Ausnahme von der Regel

1 Staudinger/Weitemeyer BGB § 557 Rn. 26 sowie jeweils vor § 557 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 19; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 48; ferner Lützenkirchen WuM 1995, 574; dagegen: Scholl WuM 1996, 17.

374

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 79

begreifen, dass die §§ 558 f. BGB auf preisgebundenen Wohnraum nicht anzuwenden sind. Schließlich lässt sich zugunsten des Vermieters auch nichts aus Art. 14 GG ableiten. Wie das BVerfG zum Anwendungsbereich der Kappungsgrenze auf Wohnungen, die aus der Preisbindung entlassen worden sind, mit Recht ausgeführt hat, ist durch dieses Grundrecht nicht garantiert, dass der Vermieter ohne jede Verzögerung die höchstmögliche Rendite erzielt, zumal dieser Einbuße frühere Vorteile staatlicher Förderung gegenüberstehen und fortwirken.1 b) Mieterhöhungsverlangen aa) Rechtsgeschäftliche Anforderungen Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 Abs. 1 BGB ist ebenso wie dasjenige nach bisherigem Recht (§ 2 MHG) als Vertragsangebot konzipiert, unterliegt jedoch den rechtsgeschäftlichen Regeln, die für einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen gelten,

78

OLG Hamm – RE v. 26.5.1982 – NJW 1982, 2076 = WuM 1982, 203.

aaa) Der Vermieter im Mieterhöhungsverfahren Der Vermieter muss im Erhöhungsverlangen eindeutig bezeichnet werden.2 Es muss ihn als Anspruchsteller ausweisen; anderenfalls ist es unwirksam. Bei einer Personenmehrheit auf Vermieterseite muss ersichtlich sein, wer ggf. als Bevollmächtigter handelt, LG Berlin ZMR 1999, 822, AG Augsburg WuM 1998, 670.

Ein Mieterhöhungsverlangen, das der Vermieter dagegen nicht im eigenen Namen, sondern namens des Eigentümers, der von ihm personenverschieden ist, stellt, ist unwirksam, LG Berlin WuM 1997, 358.

Unschädlich ist es aber, wenn außer dem Vermieter noch weitere Personen angegeben werden, die nicht Vermieter sind, LG Berlin GE 2000, 410, anders LG Berlin ZMR 1999, 822.3

Besteht auf der Vermieterseite eine GbR, so muss das Mieterhöhungsverlangen nur eines Gesellschafters einen Hinweis auf die Bevollmächtigung durch den bzw. die anderen Gesellschafter oder darauf enthalten, dass er im Namen der GbR handelt,4 LG Köln WuM 2001, 287.

1 BVerfG – Beschl. v. 4.12.1985 – BVerfGE 71, 230, 250 = NJW 1986, 1669 = WuM 1986, 101. 2 S. dazu Hinz NZM 2004, 681, 682. 3 Zum Fall: Von drei Miteigentümern, die im Erhöhungsverlangen genannt sind, ist nur einer der Vermieter. S. auch Lammel BGB § 558a Rn. 5. 4 Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 558a Rn. 11.

375

79

Rn. IV 80

Mieterhöhungen

Das Gleiche gilt, wenn es sich beim Vermieter um eine juristische Person handelt: Es muss erkennbar sein, welche natürliche Person für die juristische Person die Erklärung abgegeben hat, LG Berlin GE 2003, 1156, LG Hamburg, AG Altona NZM 2005, 255 = ZMR 2004, 680.

80

Das Mieterhöhungsverlangen kann nur vom Vermieter, nicht vom noch nicht eingetragenen Erwerber erklärt werden,1 OLG Celle – Beschl. v. 22.3.1984 – DWW 1984, 289 = WM 1984, 193, LG Ellwangen WuM 1991, 489, LG Münster WuM 1991, 105.

Entscheidend soll es auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ankommen, so dass das Erhöhungsverlangen unwirksam sein soll, wenn der Erklärende zwar bei dem Zugang, aber noch nicht bei der Abgabe der Erklärung Vermieter war, LG Köln WuM 1996, 623.

Da die Berechtigung zur Mieterhöhung aus § 558 BGB nicht als abtretbar angesehen wird, wird auch eine Prozessstandschaft des Erwerbers abgelehnt, KG – Beschl. v. 2.12.1996 – WuM 1997, 101 = ZMR 1997, 139.

81

Einen Ausweg bietet aber die Möglichkeit, dass der veräußernde Vermieter den Erwerber ermächtigt, eine Mieterhöhung geltend zu machen;2 denn sie betrifft nicht einmal den Bestand des Mietverhältnisses, LG Berlin GE 1999, 777, GE 2004, 483.

Das wird durch die Rspr. des BGH zur Kündigung sowie zur Ankündigung einer Modernisierungsmaßnahme bestätigt.3 Im Interesse des Erklärungsempfängers ist es jedoch erforderlich, dass die Ermächtigung offen gelegt wird. § 182 Abs. 3 BGB ist anzuwenden. Ein Mieterhöhungsverlangen des Veräußerers wirkt aber zugunsten des Erwerbers fort, LG Kassel WuM 1996, 417.

82

Wird das Erhöhungsverlangen durch einen Bevollmächtigten erklärt, so muss es erkennen lassen, in wessen Namen es gestellt wird. Der bloße Hinweis auf „die Eigentümer“ reicht nicht, LG Berlin GE 1999, 777, AG Charlottenburg ZMR 2006, 129.4

1 S. dazu ausführlich Müther WuM 2001, 3. 2 Bub/Treier/Schultz Rn. III 362; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 46 vor § 558 BGB; Kinne ZMR 2001, 775, 780; anders zu § 558a BGB: AnwKomm/Scheff Rn. 7; Emmerich/Sonnenschein Rn. 6; Lammel Rn. 7; MünchKomm/Artz Rn. 13; Staudinger/Emmerich Rn. 10; kritisch auch Müther WuM 2001, 3, 5; Hinz NZM 2004, 681, 683. 3 BGH – Urt. v. 10.12.1997 – NZM 1998, 146 = WuM 1998, 99 für die Kündigung; BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 = NZM 2008, 283 = WuM 2008, 219 für die Modernisierungsankündigung. 4 Zum Fall: Das Erhöhungsverlangen wurde vom Verwalter „namens und in Vollmacht der vertretenen Grundeigentümer“ gestellt.

376

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 84

Eine allgemeine Verwaltungsvollmacht bezieht sich auch auf die Abgabe von Mieterhöhungserklärungen; eine hierauf bezogene Vollmacht braucht also nicht jeweils erteilt zu werden, LG Hannover WuM 1992, 441, 442.

Dagegen soll eine Prozessvollmacht nicht ausreichen, LG Berlin ZMR 1990, 180, 181, AG Neuss NJW-RR 1994, 1036.

Dem ist nicht zu folgen; vielmehr wird die Prozessvollmacht im Zweifel auch die Abgabe derjenigen Erklärungen umfassen, die dem Prozessziel zum Erfolg verhelfen. Ein Bevollmächtigter des Vermieters sollte seine Vollmacht der Erklärung beifügen, um eine Zurückweisung nach § 174 BGB zu vermeiden, OLG Hamm – RE v. 28.5.1982 – NJW 1982, 2076.

Die Zurückweisung ist aber nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Empfänger von der Vollmacht in Kenntnis gesetzt worden war. Das kann schlüssig geschehen, etwa wenn der Verwalter auch den Mietvertrag abgeschlossen hat, OLG Frankfurt – Urt. v. 17.3.1995 – NJW-RR 1996, 10.

bbb) Der Mieter im Mieterhöhungsverfahren Bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite muss das Erhöhungsverlangen grundsätzlich allen gegenüber erklärt werden (LG Hannover WuM 1992, 441). Das gilt auch, wenn eine Wohnung an eine Personenmehrheit – z.B. Eheleute, Lebenspartner, Lebensgefährten – vermietet worden ist, und einer der Mitmieter später aus der gemeinsam angemieteten Wohnung auszieht. Damit stimmt weder der in der Wohnung verbliebene Mieter noch der Vermieter einem Ausscheiden des ausgezogenen Mitmieters aus dem Mietverhältnis zu; vielmehr ist das Mieterhöhungsverlangen unwirksam,

83

BayObLG – Beschl. v. 21.2.1983 – DWW 1983, 71 = WuM 1983, 107, LG Köln WuM 1996, 266; abweichend BGH – Urt. v. 3.3.2004 – WuM 2004, 280 = ZMR 2004, 492 unter Anwendung von Treu und Glauben, s. Rn. IV 87.

Die Anrede „Sehr geehrte Familie X“ soll zur nötigen Identifizierung nicht ausreichen, BezG Chemnitz WM 1993, 343, ebenso AG Tiergarten GE 1996, 1379, wenn es im Kopf des Zustimmungsverlangens heißt: „Herrn/Frau/Eheleute“ und nichts angekreuzt oder durchgestrichen ist; wohl aber die Anrede „Eheleute Fritz X“: AG Greifswald WM 1994, 268, AG Hamburg WuM 1999, 484: „Herrn und Frau Klaus Meyer“.

Empfangsvollmacht, die auch formularmäßig erteilt sein kann, wird für zulässig gehalten, OLG Schleswig – RE v. 22.3.1982 – NJW 1983, 1862 = WuM 1983, 130, OLG Hamm – Beschl. v. 24.11.1983 – WuM 1984, 20 = ZMR 1984, 284, KG – RE v. 25.10.1984 – WuM 1985, 12 = ZMR 1985, 22.

377

84

Rn. IV 85

Mieterhöhungen

Diesbezügliche Formularklauseln sind wirksam; sie verstoßen weder gegen § 307 BGB noch gegen § 308 Nr. 6 BGB (s. Rn. II 277), BGH – Urt. v. 10.9.1997 – BGHZ 136, 314 = NJW 1998, 59 = WM 1997, 599 = ZMR 1998, 17.

85

Das nur an einen Mitmieter gerichtete Mieterhöhungsverlangen muss auch bei einer wirksamen Empfangsvollmacht erkennen lassen, dass es an alle Mieter gerichtet ist, mithin der Adressat in seiner Doppeleigenschaft als Mieter und Bevollmächtigter des oder der anderen Mieter angesprochen wird.1 Anderenfalls ist das Erhöhungsverlangen unwirksam, LG Darmstadt WuM 1996, 708.

86

Das Erfordernis des Zugangs gegenüber allen Mietern gilt auch, wenn einer der Mieter aus der Wohnung ausgezogen ist. Jedoch kann sich der Mitmieter, der ausgezogen ist, ohne seine neue Anschrift dem Vermieter mitgeteilt zu haben, nicht auf den unterbliebenen Zugang berufen, wenn der Vermieter die Erklärung noch an die frühere, ihm zuletzt bekannte Anschrift gesandt hatte, LG Mannheim DWW 1997, 190 für Kündigung.

87

Unter besonderen Umständen kann es auch gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich der in der Wohnung verbliebene Mieter darauf beruft, dass die Erklärung dem ausgezogenen Mieter nicht zugegangen ist, BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 419 = WuM 2004, 280 = ZMR 2004, 492: Der verbliebene Mieter kann sich gegenüber dem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nicht darauf berufen, dass er der Entlassung seiner früheren Ehefrau aus dem Mietverhältnis nicht zugestimmt hat. Sein Beharren auf dem von ihm angenommenen Zustimmungserfordernis ist eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB. Für den in der Wohnung verbleibenden Mieter ist es im Außenverhältnis ohne Bedeutung, ob eine weitere Person Mietpartei ist, da er auch als Gesamtschuldner gegenüber dem Vermieter die ganze Leistung schuldet (§ 421 BGB); vgl. auch OLG Frankfurt – Beschl. v. 13.12.1990 – WuM 1991, 76 = ZMR 1991, 103, LG Stuttgart WM 1996, 94 jeweils für Kündigung.

Die Berufung auf Treu und Glauben kann indes rechtsgeschäftliche Grundsätze nicht überspielen. Rechtliche Bezüge des Innenverhältnisses zwischen den Mietern haben keinen Einfluss auf das Außenverhältnis zwischen Vermieter und Mieter. Der in der Wohnung verbliebene Mieter schuldet die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auch nicht – wie der BGH zu meinen scheint – gesamtschuldnerisch, sondern in gesamthänderischer Bindung mit dem aus der Wohnung ausgezogenen und vom Vermieter (unwirksam) aus dem Vertragsverhältnis entlassenen Mitmieter. bb) Form und Inhalt des Mieterhöhungsverlangens 88

Für ein Mieterhöhungsverlangen genügt nunmehr die Textform nach § 126b BGB. Danach ist nur noch erforderlich, dass die Erklärung in Schriftzeichen lesbar ist, die Person des Erklärenden angegeben wird (Rn. IV 91) und der Ab1 Emmerich/Sonnenschein BGB § 558a Rn. 3; Hinz NZM 2004, 681, 683.

378

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 91

schluss der Erklärung erkennbar ist.1 Eine Unterschrift ist demnach entbehrlich. Auf die bisherige Differenzierung, ob die Erklärung vollautomatisch (dann wirksam) oder nur teilautomatisch gefertigt worden ist, wird es demnach nicht mehr ankommen. Handelt es sich um ein befristetes Mietverhältnis mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr (s. etwa § 575 BGB), so ist fraglich, ob die Textform durch die an sich nach § 550 BGB für Vertragsänderungen gebotene gesetzliche Schriftform verdrängt wird.2 Das Verkehrsinteresse erlaubt es jedoch, die Textform als speziellere Formvorschrift auch hier ausreichen zu lassen, zumal das Erwerberinteresse, das durch § 550 BGB geschützt werden soll, nur unwesentlich berührt wird.3

89

Werden dem Erhöhungsverlangen Anlagen beigefügt,4 so ist zur Formwahrung eine Verbindung mit der Haupturkunde nicht erforderlich, wenn in der Haupturkunde auf die Anlagen Bezug genommen wird (Rn. I 126),

90

KG – RE v. 22.2.1984 – WuM 1984, 101 = ZMR 1984, 168, LG München I WuM 1994, 335.

Ebenso wenig müssen die Anlagen den Aussteller erkennen lassen, LG Potsdam WuM 2004, 671.

Dagegen ist es zwar mit dem Schriftformerfordernis, nicht jedoch mit Begründungserfordernis vereinbar, auf Anlagen Bezug zu nehmen, die Erhöhungsverlangen nicht beigefügt sind. Eine Ausnahme rechtfertigt nur für solche Anlagen, die sich bereits im Besitz des Mieters befinden von deren Inhalt er sonst sichere Kenntnis hat,

dem dem sich oder

BVerfG – Beschl. v. 31.3.1992 – WuM 1993, 233 = ZMR 1992, 288, BVerfG – Beschl. v. 10.7.1992 – NJW 1992, 2752 = WuM 1993, 234 = ZMR 1992, 430, jeweils zur Begründung der ordentlichen Vermieter-Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum.

Bei einem Mieterhöhungsverlangen in Textform muss u.a. die Person des Erklärenden genannt werden; dafür ist bei einer juristischen Person die Angabe notwendig, welche natürliche Person die Erklärung abgegeben hat, LG Berlin GE 2003, 1156 (ZK 62), LG Hamburg, AG Altona ZMR 2004, 680 für GmbH.

Ist eine (rechtsfähige) BGB-Gesellschaft Vermieterin (s. Rn. I 92 f.), so ist erforderlich, dass der für sie Handelnde benannt wird (s. Rn. I 65). 1 Hinz NZM 2004, 681, 683. 2 So zu § 558a BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 8; MünchKomm/Artz Rn. 7; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 12; Hinz NZM 2004, 681, 684; abweichend: Schmid GE 2002, 1039, 1040 Sp. 3. 3 Die Beweisbarkeit des Mieterhöhungsverlangens ist durch eine Erklärung in Textform ebenso gesichert wie durch die Schriftform. Die Warnfunktion, die mit der Schriftform ebenfalls verknüpft ist, kommt erst bei der Form der Zustimmung zum Tragen, s. dazu Rn. IV 260. 4 Beispiele: Sachverständigengutachten, Liste mit Vergleichswohnungen, Mietspiegel.

379

91

Rn. IV 92 92

Mieterhöhungen

Nach wie vor gilt, dass Ergänzungen fehlender Angaben zu gerichtlichem Protokoll die Form nicht wahren, AG Bad Urach WuM 1992, 255.

93

Das Mieterhöhungsverlangen muss unzweideutig ergeben, dass und in welchem Umfang der Vermieter von seinem Recht, eine Mieterhöhung zu verlangen, Gebrauch machen will. Die erhöhte Miete muss betragsmäßig ausgewiesen sein, KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WuM 1997, 605 = ZMR 1997, 638.

Die bloße Angabe der erstrebten qm-Miete reicht nicht, so AG Dortmund WuM 2006, 157 für die Zustimmungsklage.

Das Mieterhöhungsverlangen muss erkennen lassen, dass der Vermieter vom Mieter gerade die Zustimmung zur Neufestsetzung der Miete erwartet; die Erklärung, die Miete betrage künftig „x“ DM/Euro, reicht nicht, ebenso wenig die Aufforderung, eine auf Grund eines zuvor übersandten Gutachtens ersichtliche höhere Miete zu zahlen, LG Gießen NJW-RR 1995, 462 = WuM 1996, 557, zu eng LG Karlsruhe WuM 1991, 48: Das im Zustimmungsprozess schriftsätzlich gestellte Zustimmungsverlangen ist unwirksam, wenn nicht die Zustimmung des Mieters, sondern lediglich dessen Verurteilung zur Zustimmung durch das Gericht verlangt wird.

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Das Erhöhungsverlangen ist bedingungsfeindlich. Seine Angaben müssen für den Mieter nachprüfbar sein. Der Mieter ist nicht verpflichtet, Nachforschungen anzustellen, um Unklarheiten und Dunkelheiten in der ihm gegebenen Begründung aufzudecken, KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WuM 1997, 605 = ZMR 1997, 638.

Wird z.B. ein Mieterhöhungsverlangen unter der Bedingung gestellt, dass die Räumungsklage des Vermieters auf Grund einer vorliegenden Kündigung rechtskräftig abgewiesen wird, so liegt darin keine Rechtsbedingung, so dass das Erhöhungsverlangen unwirksam ist, LG Hamburg ZMR 2005, 367.

95

Dementsprechend kann der Vermieter das Erhöhungsverlangen nicht bedingungsabhängig mit einer Änderung des Vertragsinhalts (z.B. der Mietstruktur) verknüpfen (s. Rn. IV 115). Dagegen ist eine bloß additive Verbindung möglich und führt nicht zur Unzulässigkeit des Mieterhöhungsverlangens. Das setzt aber voraus, dass das Verlangen nach einer höheren Miete einerseits und das Angebot auf Abänderung des Vertragsinhalts andererseits so deutlich getrennt sind, dass der Mieter erkennen kann, dass neben und unabhängig von einer Mieterhöhung eine Änderung der Vertragsbedingungen erstrebt wird, OLG Hamburg – RE v. 20.12.1982 – MDR 1983, 405 = NJW 1983, 580 = WuM 1983, 49.

96

Unrichtigkeiten in der Begründung oder Berechnung des Mieterhöhungsverlangens berühren im Zweifel nicht dessen Wirksamkeit, sondern führen nur 380

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 100

zur materiellen Unbegründetheit, soweit sich der Fehler auswirkt. Das gilt z.B. für die unzutreffende Angabe der Wohnfläche, LG Mannheim NZM 2003, 393 für geringfügige Abweichungen, AG Pinneberg ZMR 2004, 122.

Anders verhält es sich, wenn der Vermieter ein nicht zulässiges Begründungsmittel wählt,1 denn in derartigen Fällen ist zugrunde zu legen, dass eine ordnungsmäßige Begründung fehlt, was zur Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens führt. Wird das Erhöhungsverlangen erklärt, bevor über ein zuvor erklärtes Erhöhungsverlangen in einem gerichtlichen Verfahren rechtskräftig entschieden ist, so ist das spätere Erhöhungsverlangen gleichwohl wirksam,

97

LG Saarbrücken WuM 1997, 626, s. auch KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WuM 1997, 605 = ZMR 1997, 638: Ein Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG, bei dem zwar der Ausgangsmietzins und der begehrte neue Mietzins überhöht beziffert wurden, der Erhöhungsbetrag jedoch zutreffend wiedergegeben wird, ist nicht unwirksam, wenn die Überhöhungen ihre Ursache in einer vorangegangenen Mieterhöhungserklärung haben, über deren Wirksamkeit im Zeitpunkt des gegenwärtigen Zustimmungsverlangens noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist.

Angaben zur Wahrung der Kappungsgrenze sind entbehrlich, da deren Einhaltung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für das Erhöhungsverlangen ist,

98

LG Saarbrücken WuM 1997, 626, 627, LG Berlin GE 2002, 331, 1433.

Wohl aber sind derartige Angaben für die Schlüssigkeit der Klage auf Zustimmung erforderlich. cc) Mieterhöhungsverlangen bei Inklusiv- oder Teilinklusivmiete Die Mietstruktur ist für das Mieterhöhungsverlangen ohne Belang; auch ein Mieterhöhungsverlangen, das auf einer vereinbarten Bruttowarmmiete basiert, ist wirksam,

99

LG Berlin GE 1994, 1319.

Das gilt ebenso, wenn zwischen den Parteien eine Teilinklusivmiete gilt, BGH – Urt. v. 19.11.2003 – NZM 2004, 218 = WuM 2004, 153 = ZMR 2004, 566 für die Ermittlung der Kappungsgrenze (s. Rn. IV 132), BGH – Urt. v. 26.10.2005 – NZM 2006, 101 = WuM 2006, 39 = ZMR 2006, 110.

Obergrenze für das Mieterhöhungsverlangen ist auch in diesem Zusammenhang die ortsübliche Miete, die aus dem ortsüblichen Nettokaltmietanteil und dem ortsüblichen Betriebskostenanteil gebildet wird, AG Pforzheim WuM 2000, 677. 1 Beispiele: ein veralteter Mietspiegel, ein Ertragswertgutachten, eine nicht nachvollziehbare Vergleichsmietenaufstellung, offensichtlich nicht passende Vergleichswohnungen.

381

100

Rn. IV 101

Mieterhöhungen

Diese sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende zwingende Folge wird allerdings durch die Rspr. zur Verwendung von Mietspiegeln, die auf der Grundlage von Nettokaltmieten erstellt worden sind, konterkariert (s. dazu Rn. IV 103), BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 281, 282 für Bruttomiete, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – MDR 2008, 196 = NZM 2008, 124 = WuM 2007, 707 = ZMR 2008, 190: Der Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttomiete (Teilinklusivmiete), der mit einem Mietspiegel begründet wird, der Nettomieten ausweist, ist anhand der zuletzt auf die betreffende Wohnung entfallenden Betriebskosten und nicht auf der Grundlage eines durchschnittlichen (pauschalen) Betriebskostenanteils zu beurteilen.

101

Wird die Mietstruktur nicht beachtet, so ist das Erhöhungsverlangen unwirksam. Stimmt der Mieter ihm gleichwohl zu, so kann darin zugleich die Zustimmung zur Änderung der vereinbarten Mietstruktur liegen, LG Berlin MM 1996, 243, GE 1998, 433 = ZMR 1998, 165.

Das setzt aber ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein der Parteien voraus. Ob hiervon ausgegangen werden kann, hängt maßgeblich von der Transparenz des Erhöhungsverlangens ab, so dass der Mieter erkennen kann, dass von ihm nicht nur die Zustimmung zur Mieterhöhung, sondern auch zur Änderung der Mietstruktur erwartet wird (s. Rn. IV 6, 115), s. dazu LG Duisburg WuM 1994, 533, AG Nordhorn WuM 1998, 603.

102

Besteht ein Mietspiegel, der die Betriebskosten einschließt, so ist bei vertraglicher Geltung einer Nettokaltmiete nebst Betriebskostenvorauszahlungen die aus diesen beiden Bestandteilen rechnerisch gebildete Bruttokaltmiete (und nicht etwa die Nettokaltmiete zuzüglich durchschnittlicher Betriebskostenanteile) mit dem Mietspiegelwert zu vergleichen, LG Berlin GE 1995, 115.

Die Parameter müssen also stimmig sein! 103

Gilt eine Inklusivmiete, steht aber nur ein Mietspiegel auf der Grundlage von Nettokaltmieten zur Verfügung, so hat der Vermieter keinen Anspruch darauf, die Umgestaltung der vertraglichen Mietstruktur vom Mieter zu verlangen. Er soll andererseits nicht gehalten sein, aus der bisherigen Miete den Betriebskostenanteil herauszurechnen, der zur Zeit der letzten Mietzinsvereinbarung galt (oder später nach § 4 Abs. 2 MHG, § 560 BGB, Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB erhöht worden ist). Vielmehr soll er im Erhöhungsverlangen den Nettokaltmietwert aus dem Mietspiegel aufnehmen dürfen, der für die Wohnung in Betracht kommt, und dazu den auf die Wohnung konkret entfallenden aktuellen Betriebskostenanteil rechnen; dieser soll im Zweifel der Ortsüblichkeit entsprechen, wobei dem Mieter (!) der Gegenbeweis offen stehen soll, so zu § 2 MHG: OLG Stuttgart – RE v. 13.7.1983 – NJW 1983, 2329, OLG Hamm – RE v. 3.12.1992 – DWW 1993, 39 = WM 1993, 29.

104

Diese Auffassung ist zwar nicht systemkonform, konnte aber nach der früheren Rechtslage vertreten werden, weil sie die Erhöhungsverfahren nach §§ 2, 4 382

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 106

Abs. 2 MHG miteinander verband. Danach war es möglich, dass der Vermieter über die ortsübliche Miete nach § 2 MHG hinaus die konkrete Betriebskostenmehrbelastung nach § 4 Abs. 2 MHG auf den Mieter abwälzen durfte, so dass im Ergebnis auf die aktuelle Betriebskostenbelastung abgestellt werden konnte. Diese Möglichkeit besteht übergangsweise für Mietverhältnisse, die vor dem 1.9.2001 begründet worden sind und in denen als Mietstruktur eine Inklusiv- oder Teilinklusivmiete vereinbart worden ist (Art. 229 § 3 Abs. 4 EG BGB). Sie ist jedoch nicht für Mietverhältnisse eröffnet, die erst nach dem genannten Zeitpunkt begründet worden sind. Der BGH knüpft an die zu § 2 MHG vertretene Rechtsauffassung für die durch das MRRG geschaffene Rechtslage an, was die Berücksichtigung des Betriebskostenanteils in der Brutto- bzw. Inklusivmiete anbelangt,1

105

BGH – Urt. v. 26.10.2005 – NZM 2006, 101 = WuM 2006, 39 = ZMR 2006, 110: Der Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete, den er mit einem Mietspiegel begründet, der Nettomieten ausweist, ist anhand der zuletzt auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten zu beurteilen ... und nicht anhand von Durchschnittswerten nach dem Mietspiegel; ebenso wenig anhand des Betriebskostenanteils, wie er auf Grund der letzten Mieterhöhungsvereinbarung bestand; BGH – VU v. 12.7.2006 – NJW-RR 2006, 1599 = WuM 2006, 569 = MietRB 2006, 313 (Kunze), ähnlich KG – Urt. v. 20.1.2005 – WuM 2005, 379 (mit Anm. Both): Wenn eine Bruttokaltmiete unter Bezugnahme auf die im Berliner Mietspiegel 2005 enthaltenen NettoKaltmieten erhöht werden soll, ist die Brutto-Kaltmiete zunächst in eine Netto-Kaltmiete umzurechnen, wobei die zum Zeitpunkt der Abgabe der Erhöhungserklärung aktuellen Betriebskostenanteile herauszurechnen sind. Der Vermieter würde überfordert, wollte man von ihm verlangen, die ursprüngliche Zusammensetzung des Inklusivmietenentgelts im Einzelnen darzulegen.

Grundsätzlich wird zu verlangen sein, dass der Vermieter im Mieterhöhungsverlangen den in der (Teil-)Inklusivmiete enthaltenen Betriebskostenanteil angibt und spezifiziert. Das soll jedoch dann nicht geboten sein, wenn selbst die erhöhte (Teil-)Inklusivmiete die ortsübliche Nettokaltmiete nicht übersteigt, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – MDR 2008, 196 = NZM 2008, 124 = WuM 2007, 707 = ZMR 2008, 190.

Hiergegen bestehen Bedenken; denn eine Systemkonformität mit der ortsüblichen Vergleichsmiete besteht nur dann, wenn auch der Betriebskostenanteil durch die Ortsüblichkeit begrenzt wird. Für den Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zur Erhöhung der Bruttokaltmiete kommt es nicht darauf an, ob die Erhöhung infolge einer Steigerung der ortsüblichen Nettomiete oder wegen gestiegener Betriebskosten eingetreten ist:2 In beiden Fällen wird die Obergrenze des Erhöhungsverlangens durch die ortsübliche Bruttomiete gebil1 Ebenso MünchKomm/Artz BGB § 558 Rn. 9; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 57; Staudinger/Emmerich BGB § 558 Rn. 14, anders aber bei Umrechnung einer Nettokaltmiete in eine Bruttomiete. 2 Das verkennt auch der BGH nicht, s. WuM 2006, 39, 41 Tz. 17.

383

106

Rn. IV 107

Mieterhöhungen

det. Steht die Ortsüblichkeit des Nettokaltmietanteils als rechnerische Größe auf Grund eines Mietspiegels, der auf Nettokaltmieten beruht, fest, so kann es nur darum gehen, denjenigen Betriebskostenanteil zu bestimmen, der den Grenzwert bis zur ortsüblichen Bruttomiete erreicht. 107

Diese Folge hält der BGH offenbar für unbillig;1 denn sie kann dazu führen, dass die ortsübliche Bruttokaltmiete – gebildet aus dem ortsüblichen Nettokaltmietanteil und dem ortsüblichen Betriebskostenanteil – hinter derjenigen Miete zurückbleibt, die sich aus dem ortsüblichen Nettokaltmietanteil und dem tatsächlich auf die Wohnung entfallenden Betriebskostenanteil ergibt. Dies ist jedoch die typische Folge der vereinbarten Mietstruktur und entspricht dem marktorientierten System der Vergleichsmiete.

108

Die Wertung des BGH, für den Vermieter stellten die Betriebskosten lediglich einen „durchlaufenden Posten“ dar, ist nicht nur in der Sache unrichtig, sondern steht im Widerspruch zu seiner Rspr., gemäß der die Betriebskostenvorauszahlungen als Bestandteil des Mietentgelts an einer Mietminderung nach § 536 BGB teilhaben (s. dazu Rn. VIII 260 f.). Sie ist zudem systemfremd, indem sie versucht, ein Kostenelement in die ortsübliche Miete zu integrieren.2 Auch in diesem Zusammenhang erkennt der BGH nicht die wirtschaftliche Bedeutung einer Nettokaltmiete: es ist das Kalkulationsrisiko jeder Mietpartei, wie sich der Betriebskostenanteil innerhalb der Bruttokaltmiete entwickelt. Wirtschaftet der Vermieter kostengünstiger, als es der Ortsüblichkeit entspricht, so entfällt der überschießende ortsübliche Betriebskostenanteil bei wirtschaftlicher Betrachtung auf den Nettokaltmietanteil; ist der eigene Betriebskostenanteil höher als der ortsübliche, muss dies umgekehrt wirtschaftlich zu Lasten des Nettokaltmietanteils gehen. Stets bildet die ortsübliche Bruttomiete die Obergrenze für das Erhöhungsverlangen, egal wie sie sich kalkulatorisch zusammensetzt. Umgekehrt partizipiert der Mieter im Rahmen des Vergleichsmietenverfahrens weder an Senkungen noch an Steigerungen des Betriebskostenanteils; denn er schuldet die Zustimmung zur ortsüblichen Bruttomiete.

108a

Das hier erörterte Problem stellt sich nicht, wenn die Mietstruktur der vereinbarten Miete und des Vergleichsmaßstabs übereinstimmen. Das zeigt sich am Beispiel einer Brutto- oder Inklusivmiete, wenn diese sowohl im konkreten Mietverhältnis gilt als auch einem Mietspiegel zugrunde liegt oder einem Sachverständigengutachten, das der Vermieter als Begründungsmittel heranzieht, zugrunde zu legen ist. In diesen Fällen kann der Vermieter nicht auf die konkrete aktuelle Betriebskostenbelastung zurückgreifen. Auch das macht 1 BGH – Urt. v. 26.10.2005 – NZM 2006, 101 Rz. 18 = WuM 2006, 39, 41 = ZMR 2006, 110 = MietRB 2006, 260 (Ott). 2 Wegen eines solchen Systembruchs hat der BGH einen Renovierungskostenzuschlag zur ortsüblichen Miete verneint, wenn dem Vermieter wegen der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel die Schönheitsreparaturen wieder zufallen (BGH – Urteile v. 9.7.2008 – WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879; WuM 2008, 487 = ZMR 2008, 878).

384

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 112

deutlich, dass es sich bei dieser Belastung um ein dem Vergleichsmietenprinzip systemfremdes Kostenelement handelt. Nach hier vertretener Auffassung ist es nicht zwingend geboten, aus der bisherigen Bruttokaltmiete einen Betriebskostenanteil herauszurechnen; denn für die Erhöhung der Bruttomiete müssen nur die geltende Bruttomiete sowie die ortsübliche Bruttomiete – zusammengesetzt aus dem ortsüblichen Nettokaltmietanteil1 und dem ortsüblichen Betriebskostenanteil2 – gegenübergestellt werden.

109

Hält man es gleichwohl für geboten, den in der aktuellen Bruttomiete enthaltenen Betriebskostenanteil herauszurechnen, so kann es sich nur um denjenigen Anteil handeln, der bei Vertragsabschluss bzw. zum Zeitpunkt der letzten Mieterhöhung maßgebend war. Anderenfalls würde das Äquivalenzverhältnis verschoben. Das zeigt folgende Überlegung: Ist der aktuelle Betriebskostenanteil einerseits höher als bei Abschluss des Mietvertrages bzw. bei der letzten Mieterhöhung, so führt das rechnerisch zu einer Absenkung des Nettokaltmietanteils, u.U. unter die Grenze der ursprünglich vereinbarten oder kalkulierten Nettokaltmiete. Das würde zu einem ungerechtfertigten Mietsprung führen, der andererseits durch die Kappungsgrenze möglicherweise unverhältnismäßig begrenzt werden würde. Ist der aktuelle Betriebskostenanteil ausnahmsweise gegenüber dem früheren Anteil gesunken, so kann ihn der Vermieter unter Berufung auf den ortsüblichen Betriebskostenanteil anheben, ohne dass es auf seine effektive Belastung ankommt. Es darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, dass es stets um die Erhöhung einer einheitlichen Miete „brutto“ geht, die nur rechnerisch in zwei Komponenten aufgeteilt wird. Dieser Bezug wurde auch nach der früheren Auffassung noch gesehen, indem die aktuelle Betriebskostenbelastung dem ortsüblichen Betriebskostenanteil gleichgesetzt wurde (s. Rn. IV 103). Das war zwar von der Sache her unrichtig, jedoch immerhin systemgerecht. Um eine solche Gleichsetzung bemüht sich der BGH nicht einmal, so dass seine Auffassung auch aus diesem Grunde nicht systemkonform mit der Vergleichsmiete ist.

110

Soweit es nach früherer Rspr. (s. Rn. IV 103) Sache des Mieters sein sollte nachzuweisen, dass die aktuelle Betriebskostenbelastung über der ortsüblichen liege, beruht dies auf einer Verkennung der Beweislast. Es ist nämlich Sache des Vermieters, die Ortsüblichkeit des von ihm angesetzten Betriebskostenanteils darzulegen und zu beweisen – sei es auch erst auf Grund substantiierten Bestreitens des Mieters.

111

Allerdings ist es dem Vermieter bei sog. Altmietverhältnissen nicht verwehrt, im Mieterhöhungsverlangen die in der Miete enthaltenen Betriebskosten heraus- und nach der Erhöhung des Nettokaltmietanteils wieder hinzuzurechnen,

112

1 Ggf. ermittelt auf der Grundlage eines Mietspiegels, der Nettokaltmieten ausweist. 2 Ggf. ermittelt auf der Grundlage eines Betriebskostenspiegels, Ergebnissen eines von einem Verband der Wohnungswirtschaft erstellten Betriebskosten-Benchmarking-Berichts oder von zuverlässig erhobenen Daten im Rahmen eines Mietspiegels.

385

Rn. IV 113

Mieterhöhungen

LG Nürnberg-Fürth WuM 1996, 344, 345; dagegen LG Köln WuM 2001, 244, weil ein solches Mieterhöhungsverlangen nicht nachvollziehbar sei.

Soweit nämlich der aktuelle Betriebskostenanteil über dem ortsüblichen Anteil liegt, wäre der Vermieter befugt, den Differenzbetrag nach Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB i.V.m. § 560 Abs. 1, 2 BGB zu verlangen. Bei Neuabschlüssen seit dem 1.9.2001 kann er aber nicht mehr auf diese Weise verfahren; denn da er nicht mehr berechtigt ist, die jeweilige Mehrbelastung nach der früheren Regelung in § 4 Abs. 2 MHG auf den Mieter umzulegen und die Überleitungsvorschrift in Art 229 § 3 Abs. 4 EGBGB nicht einschlägig ist, bildet der ortsübliche Betriebskostenanteil neben dem ortsüblichen Nettokaltmietanteil die Obergrenze für die ortsübliche Vergleichsmiete. 113

Sind nach dem Mietvertrag nur einige Nebenkostenpositionen umlagefähig und die übrigen Nebenkostenpositionen in der Grundmiete enthalten (Teilinklusivmiete), so müssen letztere Positionen aus der Grundmiete herausgerechnet werden, um eine Vergleichbarkeit des Grundmietzinses zum Mietspiegel, der auf einer Nettokalt-Mietbasis erstellt ist, herzustellen, AG Köln ZMR 1996 S. III Nr. 11.

Was die Erhöhung dieser Grundbeträge im Rahmen des Mieterhöhungsverfahrens nach § 558 BGB anbelangt, wird auf die vorangegangenen Ausführungen zur Inklusivmiete verwiesen. 114

Weist im umgekehrten Fall ein Mietspiegel Inklusivmieten aus, so darf der Vermieter ein Mieterhöhungsverlangen auf der Basis einer vereinbarten Nettokaltmiete in der Weise begründen, dass aus dem Betrag der im Mietspiegel ausgewiesenen Inklusivmieten der Anteil der (ortsüblichen) Betriebskosten herausgerechnet wird, KG – Beschl. v. 25.9.1997 – GE 1997, 1339 = WuM 1997, 608, LG Berlin NZM 1999, 755, 756.

115

Verlangt der Vermieter in der Mieterhöhungserklärung eine weitere Vertragsänderung – z.B. der Mietstruktur –, so soll das Mieterhöhungsverlangen insgesamt unwirksam sein, LG Wiesbaden WuM 1991, 98, LG Köln WuM 1992, 255, WuM 1994, 27, LG Berlin MM 1994, 248, LG München I WuM 1995, 113.

Das kann aber nur gelten, wenn die Anforderung der Zustimmung zur Mieterhöhung und das Angebot zur Änderung der Mietstruktur inhaltlich derart miteinander verquickt sind, dass der Mieter keinen hinreichend sicheren Aufschluss darüber erhält, in welchem Umfang das Erhöhungsverlangen sich auf die begehrte Vertragsänderung (Umstellung der Mietstruktur) richtet und in welcher Höhe es sich auf § 558 BGB stützt (s. Rn. IV 95), OLG Hamburg – RE v. 20.12.1982 – NJW 1983, 580 = MDR 1983, 405 = WM 1983, 49, ebenso LG Berlin MM 1994, 248.

386

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 118

dd) Nachholung und Heilung des Mieterhöhungsverlangens Ein unwirksames Erhöhungsverlangen kann außerhalb eines Rechtsstreits nur einheitlich im Ganzen neu erklärt und nicht nach und nach „scheibchenweise“ nachgebessert werden. Das galt auch nach bisheriger Rechtslage,

116

LG Köln ZMR 1996, 384: Die Nachholung eines fehlenden oder unwirksamen Erhöhungsverlangens kann nicht dadurch erfolgen, dass der Vermieter sich darauf beschränkt, nur die Begründung für die Mieterhöhung nachzuschieben, statt ein vollständiges Erhöhungsverlangen zu stellen; s. auch LG Saarbrücken WuM 1990, 393, LG Düsseldorf WuM 1992, 255, LG Mönchengladbach WuM 1993, 197, LG Oldenburg NZM 2000, 31 zum früheren Rechtszustand.

Die Möglichkeit der Neuvornahme besteht auch für den prozessualen Bereich unverändert fort.1 Für eine Neuvornahme reicht eine Bezugnahme auf frühere Erklärungen in der Regel nicht aus (LG Düsseldorf WuM 1992, 255).2 Ihr steht zwar auf Grund der Auflockerungsrechtsprechung des BGH (s. Rn. I 122) nicht das auf die Textform reduzierte Formerfordernis entgegen, wohl aber das Erfordernis der inhaltlichen Einheit des Erhöhungsverlangens. Dieses lässt sich aus dem Gebot der Transparenz und damit der Verständlichkeit der rechtsgeschäftlichen Erklärung mit (vorbereitend) vertragsänderndem Inhalt ableiten.

117

Erforderlich ist jedoch, dass es sich überhaupt um eine eigenständige rechtsgeschäftliche Erklärung handelt und die Bezugnahme eindeutig ist. Eine Nachbesserung ist jedoch nunmehr im Rahmen eines Rechtsstreits – und nur dort, also nicht vorprozessual! – zugelassen. Gemäß § 558b Abs. 3 BGB ist der Vermieter berechtigt, im Rechtsstreit ein unwirksames Erhöhungsverlangen nachzubessern. Das bedeutet, dass er befugt ist, einzelne Mängel des Erhöhungsverlangens ohne Neuvornahme zu beheben, auch wenn diese die Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens betreffen.3 Das nachgebesserte Erhöhungsverlangen wird als neues Erhöhungsverlangen behandelt, was den Fristenlauf und insbesondere den Wirkungszeitpunkt anbelangt (s. Rn. IV 121, 135).4 Hat etwa der Vermieter den Hinweis auf einen qualifizierten Mietspiegel entgegen § 558a Abs. 3 BGB unterlassen und holt er den Hinweis nach Maßgabe des § 558b Abs. 3 BGB nach, so wird damit eine neue Überlegungsfrist sowie ein neuer Wirkungszeitpunkt für die Mieterhöhung ausgelöst, LG München I WuM 2002, 427.

1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 56. 2 Ebenso Emmerich/Sonnenschein BGB § 558b Rn. 16. 3 Beispiele: fehlende Unterschrift, unterbliebener Hinweis nach § 558a Abs. 3 BGB, wenn ein qualifizierter Mietspiegel vorliegt, unterbliebene Beifügung eines Sachverständigengutachtens. 4 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 56; ferner zu § 558b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 38; Emmerich/Sonnenschein Rn. 18; Lammel Rn. 57.

387

118

Rn. IV 119 119

Mieterhöhungen

Die Nachbesserung muss gegenüber dem Mieter vorgenommen (und natürlich auch in den Prozess eingeführt) werden. Daher liegt eine wirksame Nachholung nicht vor, wenn ein Sachverständigengutachten aus einem Parallelverfahren zur Gerichtsakte gereicht und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht wird, solange dem Mieter die schriftliche Fassung des Gutachtens nicht zur Kenntnis gelangt, LG Lübeck WuM 2003, 324.

Hat der Vermieter die Klagefrist versäumt, so kann er diesen Mangel nicht durch Nachholung beheben, sondern nur ein neues Erhöhungsverlangen stellen, LG Duisburg WuM 2005, 457.

Das Gleiche soll bei einem unzulässigen Klagantrag gelten,1 AG Dortmund WuM 2006, 157 und dazu Börstinghaus WuM 2006, 242.

120

Wird ein Erhöhungsverlangen erst während des Rechtsstreits erklärt oder nachgebessert, so soll das Gericht nicht gehalten sein, das Verfahren entweder auszusetzen oder so weiträumig zu terminieren, bis die Überlegungsfrist abgelaufen ist,2 LG Hamburg WuM 1985, 314, 321, AG Bonn WuM 1999, 523.

Dem ist zuzustimmen. Wollen die Parteien einen neuen Rechtsstreit vermeiden, so können sie übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens nach § 251 ZPO beantragen, bis die Überlegungsfrist abgelaufen ist. b) Fristen 121

Zu beachten sind – die Wartefrist von 15 Monaten, gerechnet ab dem Zugang des Erhöhungsverlangens (§ 558 Abs. 1 BGB), – die Überlegungsfrist (§ 558b Abs. 1 BGB), die mit dem Ende des 2. Kalendermonats abläuft, der auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens folgt (§ 558 Abs. 1 BGB, Rn. IV 132), – die Klagefrist von nunmehr 3 statt 2 Monaten, die sich unmittelbar an den Ablauf der Überlegungsfrist anschließt (§ 558 Abs. 2 Nr. 3 BGB, Rn. IV 137).

1 Zum Fall: Unzulässig ist der Antrag auf Zustimmung zur Erhöhung einer qm-Miete anstatt zur Erhöhung der für die Wohnung insgesamt zu zahlenden Miete. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 558b Rn. 39; a.A. zu § 558b BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 18; Lammel Rn. 58; MünchKomm/Artz Rn. 19. Die Gesetzesmaterialien geben für die gegenteilige Auffassung nichts her. Einem Antrag des Bundesrats, eine Vertagungspflicht des Gerichts ins Gesetz aufzunehmen, wurde unter Hinweis auf die Möglichkeiten, die § 227 ZPO bietet, nicht entsprochen (Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 88, 100).

388

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 123

aa) Wartefrist Bei Neuabschluss des Mietvertrages beginnt die Wartefrist mit dem Beginn des Mietverhältnisses bzw. der Fälligkeit des ersten Mietzinses,

122

LG Görlitz WuM 1997, 378.

Besteht also das Mietverhältnis noch keine drei Jahre, so ist die bisherige Dauer des Mietverhältnisses zu berücksichtigen; als Ausgangsmiete ist die bei Vertragsabschluss vereinbarte (Anfangs-)Miete zugrunde zu legen, LG Berlin GE 2002, 1433.

Im laufenden Mietverhältnis wird die Wartefrist zu dem Zeitpunkt ausgelöst, zu dem eine erhöhte Miete erstmals geschuldet wird, BayObLG – RE v. 30.6.1989 – NJW-RR 1989, 1172 = WuM 1989, 484 = ZMR 1989, 412.

Das gilt auch dann, wenn eine preisrechtliche Mieterhöhung auf Grund einer (nach § 4 Abs. 8 NMV) zulässigen Gleitklausel rückwirkend ausgelöst wird; es kommt in diesem Fall also nicht auf den Zeitpunkt der Anforderung dieser Mieterhöhung an, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 545 = WuM 2004, 345.

Mieterhöhungen nach §§ 559, 560 BGB lösen nicht die Wartefrist aus. Umstritten ist, ob dies auch dann gilt, wenn der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen oder Kostensteigerungen zum Anlass genommen hat, eine Mieterhöhung zu vereinbaren,1 bejahend LG Potsdam GE 2001, 61 zur Kappungsgrenze.

Dafür spricht nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch der Gesichtspunkt der Rechtsklarheit. Die gegenteilige Auffassung vertritt BGH – Urt. v. 18.7.2007 – NJW 2007, 2122 = NZM 2007, 727 = WuM 2007, 703 = ZMR 2007, 774: Bei der Berechnung der Jahresfrist nach § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB bleiben nach Satz 3 auch solche Mieterhöhungen unberücksichtigt, die auf den in § 559 BGB genannten Gründen beruhen, jedoch einvernehmlich von den Parteien vereinbart worden sind. In den Gründen wird an die Rspr. des Senats zur Berechnung der Kappungsgrenze bei modernisierungsbedingten Mieterhöhungsvereinbarungen (BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NJW 2004, 2088 = NZM 2004, 452 = WuM 2004, 344 = ZMR 2004, 503) angeknüpft, s. dazu i.E. Rn. IV 145 f. Ebenso BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 441 = WuM 2008, 355 = ZMR 2008, 699: Erforderlich ist lediglich, dass der Vermieter die wegen der Modernisierung vereinbarte Mieterhöhung in dieser Höhe auch einseitig nach § 559 BGB hätte durchsetzen können.

Damit ist zugleich vorgegeben, dass nicht jede Modernisierungsvereinbarung zur Umgehung der Wartefrist führt. Geht sie über den nach § 559 BGB zulässigen Zuschlag hinaus, so löst sie (insgesamt) die Wartefrist aus. Den Vermieter trifft (zumindest) die sekundäre Darlegungslast dafür, dass die Grenze einer nach §§ 559 f. zulässigen Mieterhöhung durch die Vereinbarung nicht überschritten worden ist. 1 So auch zu § 558 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 16; Emmerich/Sonnenschein Rn. 7; MünchKomm/Artz Rn. 44; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 33.

389

123

Rn. IV 124 124

Mieterhöhungen

Geklärt ist, dass die Wartefrist auch dann zu beachten ist, wenn es sich um die Erhöhung der Kostenmiete einer ehemals preisgebundenen Wohnung handelt, es sei denn, die frühere Erhöhung beruhte auf entsprechenden Anlässen wie sie in §§ 3–5 MHG geregelt waren, OLG Hamm – RE v. 15.3.1995 – NJW-RR 1995, 1293 = WuM 1995, 263 = ZMR 1995, 247, ebenso LG Köln ZMR 1994, 569, LG Bonn WuM 1995, 113.

125

Da die Möglichkeit einer Mieterhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten im preisfreien Wohnungsbau seit dem 1.9.2001 nicht mehr besteht, lösen nunmehr auch Mieterhöhungen im preisgebundenen Wohnungsbau, die auf einer Kapitalkostenerhöhung beruhen, die Wartefrist aus.

126

Fraglich ist, ob die Wartefrist dadurch ausgelöst wird, dass der Vermieter vom Mieter einen Untermietzuschlag fordert und erhält, so AG Tempelhof-Kreuzberg MM 1997, 40, AG Schöneberg MM 1998, 128.

Dagegen spricht, dass es sich hierbei um das Entgelt für eine Sondernutzung handelt,1 s. BayObLG – RE v. 25.3.1986 – NJW-RR 1986, 892.

Entsprechend verhält es sich mit einem Gewerbezuschlag, s. OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.11.2006 – WuM 2007, 14 = MietRB 2007, 62 (Walburg) zu § 5 WiStG.

127

Tritt ein weiterer Mieter in das fortbestehende Mietverhältnis ein, so beginnt die Wartefrist erst ab dem Zeitpunkt des Eintritts, LG Berlin GE 1997, 185.

Das Gleiche gilt bei einem vereinbarten Mieterwechsel, wenn das Mietverhältnis im Übrigen identisch bleibt; denn bei und im Rahmen einer derartigen Vereinbarung hätte der Vermieter die Möglichkeit gehabt, die Miete anzuheben. Anders verhält es sich bei einem gesetzlichen Mieterwechsel, der eine solche Möglichkeit nicht eröffnet, z.B. nach dem Tod des Mieters durch Eintritt des Erben nach §§ 564, 1929 BGB oder Eintrittsberechtigter nach §§ 563, 563a BGB. 128

Stimmt der Mieter einem wirksamen Erhöhungsverlangen nur zum Teil zu und versäumt der Vermieter wegen des Restes die Klagefrist, so wird die Wartefrist ab dem Zeitpunkt der Teilzustimmung ausgelöst, LG Mannheim ZMR 1994, 516, LG Berlin GE 1996, 1551, AG Wermelskirchen WuM 1992, 442.

Stimmt der Mieter einem unwirksamen Erhöhungsverlangen vollen Umfangs zu, so kommt es zu einer einverständlichen Mieterhöhungsvereinbarung (s. dazu aber auch Rn. IV 4 f.), die die Wartefrist ebenfalls auslöst, LG Wiesbaden WuM 1993, 196. 1 So auch zu § 558 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 15; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 21; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 25.

390

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 133

Die Wartefrist wird dagegen nicht in Lauf gesetzt, wenn der Mieter einem unwirksamen Erhöhungsverlangen nur zum Teil zustimmt; denn soweit in diesem Erhöhungsverlangen ein Vertragsangebot gesehen werden kann, ist es wegen der nur teilweisen Annahme nicht zur Vereinbarung gekommen. Der Vermieter kann also in diesem Fall sofort ein neues Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG (jetzt § 558 BGB) stellen,

129

LG Mannheim ZMR 1994, 516, LG Berlin GE 1997, 247.

Allerdings kann in der Teilzustimmung des Mieters ein neues Vertragsangebot gesehen werden, das der Vermieter – auch schlüssig – annehmen kann. In diesem Falle wird die Wartefrist ab dem Geltungszeitpunkt der Mieterhöhung ausgelöst. Eine Mietsenkung löst dagegen die Wartefrist nicht aus.1 Zwar handelt es sich hierbei um eine Veränderung der Miete. Jedoch ergibt eine teleologische Auslegung der Vorschrift, dass sich die Wartefrist entsprechend ihrer den Mietanstieg dämpfenden Funktion nur auf mieterhöhende Veränderungen bezieht,

130

so im Ergebnis auch AG Berlin-Mitte MM 2004, 126.

Ein Mieterhöhungsverlangen, das dem Mieter vor Ablauf der einjährigen Wartefrist zugeht, ist unwirksam,

131

BGH – RE v. 16.6.1993 – BGHZ 123, 37 = NJW 1993, 2109 = WuM 1993, 388, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 545 = WuM 2004, 395.

Das gilt auch für den Fall, dass in dem vorzeitig gestellten Erhöhungsverlangen die Zustimmung zu einer Mieterhöhung erst nach Ablauf der Wartefrist verlangt wird (BGH – RE v. 16.6.1993 – a.a.O.). bb) Überlegungsfrist Die Überlegungsfrist endet mit dem Ablauf des 2. Kalendermonats, der auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens folgt.2 Allerdings ist § 193 BGB anzuwenden: Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonnabend oder einen gesetzlichen Feiertag, der am Erklärungsort gilt, so läuft die Frist erst am folgenden Werktag ab, was sich dann auch auf den Ablauf der sich anschließenden dreimonatigen Klagefrist (s. Rn. IV 137) auswirkt.3

132

Besteht die Mieterseite aus einer Personenmehrheit, so wird die Überlegungsfrist erst in Lauf gesetzt, nachdem das Erhöhungsverlangen allen Mietern zugegangen ist. Der Ablauf der Überlegungsfrist ist eine Sachurteilsvoraussetzung. Eine verfrühte Klage ist danach unzulässig. Der Mangel wird allerdings durch Zeitablauf geheilt, so dass es darauf ankommt, ob die Frist zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung abgelaufen ist. Eine Klage vor Ablauf der Überle1 S. zu § 558 BGB: Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 34; Staudinger/Emmerich Rn. 9. 2 Beispiel: Zugang des Erhöhungsverlangens: 20.2.2007, Ablauf der Überlegungsfrist: 30.4.2007. 3 Börstinghaus ZMR 2002, 834, 835; Hinz NZM 2004, 681, 687.

391

133

Rn. IV 134

Mieterhöhungen

gungsfrist ist jedoch zulässig, wenn der Mieter schon zuvor das Erhöhungsverlangen endgültig abgelehnt hat, KG – RE v. 12.1.1981 – WuM 1981, 54 = ZMR 1981, 158.

Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter seine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung hilfsweise auf ein während des Rechtsstreits abgegebenes Mieterhöhungsverlangen gestützt hat und der Mieter schon vor Ablauf der Überlegungsfrist das Mieterhöhungsverlangen endgültig abgelehnt hat; in diesem Fall kommt eine Abweisung der Klage wegen Nichteinhaltung der Überlegungsfrist nicht in Betracht, OLG Celle – Beschl. v. 23.10.1995 – WuM 1996, 20 = ZMR 1996, 206 (Anschluss an KG – RE v. 12.1.1981 – WuM 1981, 54).

Die Zurückweisung des Erhöhungsverlangens nach § 174 BGB rechtfertigt eine vorzeitige Klage aber noch nicht, LG Mannheim NZM 1999, 957.

134

Fraglich ist, ob die Überlegungsfrist der Disposition der Parteien in der Weise unterliegt, dass der Vermieter dem Mieter eine längere als die gesetzliche Überlegungsfrist einräumen kann mit der Folge, dass dadurch auch der Ablauf der Klagefrist herausgeschoben wird. Diese Frage ist aus Gründen der Rechtsklarheit verneint worden; die Klagefrist wird also nach dem gesetzlich normierten Fristenverlauf berechnet,1 LG München I WuM 1994, 383, LG Kiel WuM 1994, 547, AG Köln WuM 1997, 51.

135

Mit Ablauf der Überlegungsfrist tritt der Wirkungszeitpunkt der (erstrebten) Mieterhöhung ein. Wird dieser im Mieterhöhungsverlangen unrichtig angegeben, so berührt dies die Wirksamkeit des Verlangens nicht, LG Berlin MM 1997, 75.

Hat der Vermieter einen verfrühten Zeitpunkt angegeben, so gilt der gesetzliche. Hat er einen späteren Zeitpunkt als den gesetzlichen angegeben, so ist er hieran aus Gründen des Vertrauensschutzes gebunden. 136

Wird ein Rechtsstreit über das Erhöhungsverlangen geführt und wird der Mieter verurteilt, einer erhöhten Miete zuzustimmen, so wirkt die Erhöhung auf den Wirkungszeitpunkt zurück, ändert aber an der rückwirkenden Zahlungsverpflichtung nichts. Die Fälligkeit tritt jedoch erst mit der Rechtskraft des Zustimmungsurteils ein; dementsprechend gerät der Mieter erst nach Rechtskraft mit den Erhöhungsbeträgen in Verzug (s. Rn. IV 271), BGH – Urt. v. 4.5.2005 – NZM 2005, 496 = WuM 2005, 396 = ZMR 2005, 699.

cc) Klagefrist 137

Die Klagefrist schließt sich an den Ablauf der Überlegungsfrist an und beträgt nunmehr 3 Monate (§ 558b Abs. 2 Satz 2 BGB). Zu beachten ist, dass für jedes 1 S. zu § 558b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 18; MünchKomm/Artz Rn. 11; SchmidtFutterer/Börstinghaus Rn. 7.

392

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 139

(wirksame) Erhöhungsverlangen eine gesonderte Klagefrist läuft. Wird ein Erhöhungsverlangen während des Prozesses erklärt, so muss wie folgt unterschieden werden: Wird es im Rahmen des Prozesses erklärt, so gilt die Klagefrist von vornherein durch das schwebende Verfahren als gewahrt. Wird es außerhalb des Prozesses erklärt, so muss es innerhalb der Klagefrist in den Prozess eingeführt werden, LG Kassel WuM 1988, 168.

Da bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite eine notwendige Streitgenossenschaft besteht (s. Rn. IV 267), wird die Klagefrist nur gewahrt, wenn die Klage allen Mietern fristgerecht zugestellt worden ist. Es genügt, dass die Klage rechtzeitig eingereicht wird, wenn sie demnächst zugestellt wird, da § 167 ZPO anwendbar ist, AG Dortmund NJW-RR 1995, 971, AG Berlin-Schöneberg GE 1999, 649.

Wird die Klage auf Zustimmung erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben, so ist sie unzulässig. Daraus ist abgeleitet worden, dass mit der Klage nicht zugleich ein neues Erhöhungsverlangen gestellt werden könne (LG Frankenthal NJW 1985, 273). Diese Auffassung dürfte aber – anders als bei einem erstmaligen Erhöhungsverlangen in einer Klage – dem § 558b Abs. 3 BGB (bisher § 2 Abs. 3 Satz 2 MHG) widersprechen.

138

Ist bei einer subjektiven Klageänderung die Klagefrist schon abgelaufen, so wird die Klage unzulässig, KG – Beschl. v. 2.12.1996 – WuM 1997, 101 = ZMR 1997, 139.

Hat der Vermieter die Klagefrist versäumt, so kann er das Mieterhöhungsverlangen im Prozess nicht nachholen, LG Duisburg WuM 2005, 457.

Unberührt bleibt die Möglichkeit, ein neues Erhöhungsverlangen zu stellen. Gegen die Versäumung der Klagfrist gibt es keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, LG Berlin GE 1996, 1549.

c) Kappungsgrenze aa) Allgemeine Kennzeichnung Die Kappungsgrenze bildet eine Begrenzung der ortsüblichen Miete, gibt aber keine eigenständige Erhöhungsmöglichkeit, wenn die Miete 3 Jahre lang unverändert geblieben ist. Durch das MRRG ist diese Grenze von 30% auf 20% abgesenkt worden (§ 558 Abs. 3 BGB). Sie ist auch dann zu wahren, wenn ein Mieterhöhungsverlangen erstmals nach Wegfall der Preisbindung gestellt wird, BayObLG – RE v. 23.1.1984 – NJW 1984, 742 = WuM 1984, 48, OLG Stuttgart – Beschl. v. 7.9.1989 – WuM 1989, 552, BVerfGE 71, 230 = NJW 1986, 1726, BVerfG – Beschl. v. 31.5.1991 – WuM 1991, 575.

393

139

Rn. IV 140

Mieterhöhungen

Die Darlegung, dass die Kappungsgrenze gewahrt ist, gehört zur Schlüssigkeit der Zustimmungsklage; nach herrschender Ansicht braucht sie dagegen nicht im Erhöhungsverlangen vorgetragen oder gar vorgerechnet zu werden, OLG Celle – RE v. 31.10.1995 – NJW-RR 1996, 331 = WM 1996, 86, a.A. AG Schöneberg WM 1990, 516 mit ausführlicher Begründung.

bb) Ermittlung der Kappungsgrenze 140

Die Kappungsgrenze ist nach dem 3-Jahreszeitraum rückwirkend vom Stichtag der begehrten Mieterhöhung zu berechnen und nicht unter prospektiver Betrachtung, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 545 = WuM 2004, 345, OLG Celle – RE v. 31.10.1995 – NJW-RR 1996, 331 = WuM 1996, 86.

Ausgangsmiete, die der Berechnung der Kappungsgrenze zugrunde gelegt wird, ist die am Stichtag wirksam vereinbarte Miete. Maßgebend ist die rechtlich zulässige Miete; jedoch werden Mietminderungen nach § 536 BGB nicht berücksichtigt.1 Die Kappungsgrenze bewirkt nicht etwa, dass für die Dauer der ersten drei Vertragsjahre eine Mieterhöhung ausgeschlossen ist, LG Hamburg HmbGE 1990, 305,

oder einer proportional niedrigeren Kappungsgrenze unterliegt, LG Koblenz ZMR 1990, 222.

141

Ein Untermietzuschlag ist nicht in die Berechnung der Kappungsgrenze einzubeziehen; denn es handelt sich hierbei um ein Entgelt für eine Sondernutzung, das außerhalb des § 558 BGB erhöht werden kann,2 s. BayObLG – RE v. 25.3.1986 – NJW-RR 1986, 892, LG Berlin NZM 1998, 509; a.A. AG Hamburg WuM 1992, 257.

Ebenso verhält es sich mit einem Gewerbezuschlag.3 142

Die Kappungsgrenze wird bei Geltung einer Inklusiv- oder Teil-Inklusivmiete nicht etwa nur nach dem Netto-Kaltmietanteil, sondern nach dem maßgeblich vereinbarten Mietzins berechnet. Das entsprach schon unter der Geltung des § 2 MHG der h.M., LG Hamburg WuM 1991, 593, LG Nürnberg-Fürth WuM 1996, 344, 345 Sp. 2, AG Hagen WuM 1990, 555, AG Münster WuM 1993, 198, AG Charlottenburg WuM 1996, 278; a.A. AG Brühl WuM 2000, 366: Maßgebend ist die fiktive Grundmiete.

1 So zu § 558 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 29; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 81; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 166, 169. 2 MünchKomm/Artz BGB § 558 Rn. 33; a.A. zu § 558 BGB: Lammel Rn. 71; SchmidtFutterer/Börstinghaus Rn. 173. 3 Zur Erhöhung des Gewerbezuschlags s. KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 37 = ZMR 2006, 284.

394

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 145

Dieser hat sich der BGH angeschlossen, BGH – Urt. v. 19.11.2003 – NZM 2004, 218 = WuM 2004, 153 = ZMR 2004, 327, s. auch LG Hanau WuM 2003, 267, AG Pinneberg ZMR 2004, 122.

War die Wohnung innerhalb der 3-Jahresfrist noch preisgebunden, so ist die Kappungsgrenze von derjenigen Kostenmiete zu berechnen, die 3 Jahre vor dem Wirkungszeitpunkt der erstrebten Mieterhöhung maßgebend war; zwischenzeitliche Änderungen der Kostenmiete bleiben unberücksichtigt. Anders verhält es sich nur mit solchen Erhöhungen der Kostenmiete, die den anrechnungsfähigen Mieterhöhungen nach § 558 Abs. 3 BGB entsprechen,

143

BGH – Urt. v. 28.4.2004 – MDR 2004, 989 = NZM 2004, 545 = WuM 2004, 345 für Einbeziehung einer Kostenmieterhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten in einem Mieterhöhungsverlangen, das nach Inkrafttreten des MRRG gestellt worden ist, LG Hamburg WuM 1996, 276; a.A. LG München I WuM 1989, 634.

Maßgebend ist die preisrechtlich zulässige (Kosten-)Miete, nicht etwa eine vereinbarte preiswidrige Miete, LG Wuppertal WuM 1998, 290.

cc) Behandlung von zwischenzeitlichen Mieterhöhungen Mieterhöhungen während des 3-Jahreszeitraums werden bei der Berechnung der Kappungsgrenze grundsätzlich einbezogen. Eine Ausnahme besteht für

144

– Mieterhöhung wegen baulicher Maßnahmen gemäß § 559 BGB, – Erhöhung der Betriebskostenpauschale gemäß § 560 Abs. 1 BGB. Mieterhöhungen nach §§ 559, 560 BGB, die in den letzten 3 Jahren – zurückgerechnet vom Wirkungszeitpunkt der erstrebten Mieterhöhung – durchgeführt wurden, werden durch die Kappungsgrenze nicht aufgezehrt, sondern der gekappten Miete hinzugerechnet. Das gilt – wie oben ausgeführt – auch, wenn die Mieterhöhung noch unter Geltung einer Mietpreisbindung durchgeführt worden ist, LG Wuppertal WuM 1999, 44.

Umstritten ist die Anrechnung von modernisierungsbedingten Mieterhöhungen, die nicht auf einer einseitigen Mieterhöhung, sondern auf einer Erhöhungsvereinbarung beruhen, verneinend LG Potsdam NZM 2001, 1075 = WuM 2002, 197: Der Betrag einer früheren einvernehmlichen Mieterhöhung nach Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen ist – anders als die Mieterhöhung nach § 559 BGB (= § 3 MHG) – in die Berechnung der Kappungsgrenze einzubeziehen; ebenso LG Berlin WuM 2003, 568 (ZK 62), was aus dem Wortlaut des Gesetzes gefolgert wird; bejahend LG Berlin GE 2003, 1210 (ZK 67): Bei der Berechnung der Kappungsgrenze sind nicht nur einseitige Mieterhöhungen nach Modernisierung auszuklammern, sondern auch Modernisierungsvereinbarungen.

395

145

Rn. IV 146

Mieterhöhungen

Der BGH folgt der letzteren Meinung, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 456 = WuM 2004, 344 = ZMR 2004, 503: Bei der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG (= § 558 Abs. 3 BGB) bleiben auch solche Mieterhöhungen unberücksichtigt, die auf den in den §§ 3–5 MHG (s. jetzt §§ 559, 560 BGB) genannten Gründen beruhen, jedoch nicht in dem dort vorgesehenen einseitigen Verfahren geltend gemacht, sondern einvernehmlich von den Parteien vereinbart worden sind.

Kernsätze der Begründung sind: Durch § 3 MHG (= § 559 BGB) soll aus wohnungs-, wirtschafts- und umweltpolitischen Gründen die Modernisierung des alten Wohnungsbestandes gefördert werden. Dieses Ziel würde weitgehend verfehlt, wenn der Vermieter wegen der Kappungsgrenze die Kosten einer notwendigen und sinnvollen Wohnungsmodernisierung nur deshalb nicht oder allenfalls teilweise umlegen könnte, weil er eine einverständliche Regelung mit dem Mieter dem formalisierten einseitigen Verfahren nach § 3 MHG (= § 559 BGB) vorgezogen hat.

Der BGH hat seine Auffassung im Zusammenhang mit der Berechnung der Wartefrist bestätigt (s. Rn. IV 123). 146

Gegen die Auffassung des BGH bestehen Bedenken; denn seine Begründung erscheint wohlfeil: Mit ihr lassen sich nahezu alle zum Schutz des Mieters zwingend vorgesehenen Formvorschriften konterkarieren. Die Gleichsetzung von Mieterhöhungsvereinbarung und formaler Mieterhöhungserklärung widerspricht nicht nur dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, sondern auch der vom Mieterschutz her bestimmten Gesetzessystematik.1 Das MRRG unterscheidet zwischen Mieterhöhungsvereinbarungen einerseits und einseitigen Mieterhöhungsrechten des Vermieters andererseits. Es lässt Mieterhöhungsvereinbarungen in verschiedenen Gestaltungsformen zu (§§ 557 Abs. 1, 557a, 557b BGB), gewährt indes vor dem Hintergrund, dass bei der Wohnraummiete Änderungskündigungen ausgeschlossen sind (§ 573 Abs. 1 Satz 2 BGB), aber auch dem Vermieter einseitige Rechte zur Mietanpassung (§§ 558– 560 BGB). Diese sind an zum Teil strenge Formalien geknüpft. Unterwirft der Vermieter sich diesen, so kommen ihm wiederum gewisse Vergünstigungen bzw. Ausnahmen von den Regularien zugute. Um eine solche Ausnahme handelt es sich, wenn gemäß § 558 Abs. 1 Satz 3 BGB Mieterhöhungen nach §§ 559, 560 BGB von der Einbeziehung in die Wartefrist und von der Anrechnung auf die Kappungsgrenze ausgenommen werden. Das schließt die auch vom Mietrechtsreform-Gesetzgeber gewollte Vertragsfreiheit auf dem Gebiet der Mietzinsbildung nicht aus, wie § 557 Abs. 1 BGB zeigt. Nur wird sie nicht in allen Fällen mit der Befugnis zur (einseitigen) Mieterhöhung gleichgestellt. Das rechtfertigt sich daraus, dass ihr keine Kontrollmechanismen innewohnen, die einem im Interesse der Allgemeinheit zu starken Mietanstieg entgegenwirken.

147

Im Übrigen interpretiert der BGH den Schutzzweck des § 559 BGB einseitig. Er besteht nicht nur darin, die Modernisierung des Wohnungsbestandes zu 1 S. auch Artz NZM 2004, 609; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 178.

396

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 148

fördern, sondern mieterschützend auch darin, die Mietbegrenzung durch ein kontrollierbares Erhöhungsverfahren zu sichern. Regelmäßig werden modernisierungsbedingte Erhöhungsvereinbarungen vor Durchführung der Maßnahmen und der exakten Kostenermittlung getroffen. Das Risiko, die Kosten zu gering anzusetzen, wird der Vermieter durch die Höhe des vereinbarten Zuschlags zu kalkulieren wissen. Ob die Vereinbarung über einer nach §§ 559, 560 BGB zulässigen Mieterhöhung liegt oder nicht, was nach Auffassung des BGH erheblich ist,1 wird sich im Nachhinein möglicherweise klären lassen. Indes erscheint es angesichts der Marktverhältnisse illusorisch, von einer verlässlichen Informationsmöglichkeit des Mieters zur Zeit der Vereinbarung auszugehen. Verzichtet er in diesem Stadium auf eine Überprüfung, so fördert die Entscheidung des BGH tendenziell den Mietanstieg, wie oben angedeutet. Diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen, da der weitaus größte Teil der Mieterhöhungen nach § 558 BGB nicht gerichtsstreitig wird und daher die vom BGH für erforderlich gehaltene Überprüfung, ob die vereinbarte Mieterhöhung der gesetzlichen nach § 559 BGB entspricht, unterbleibt. Kommt es allerdings zum Rechtsstreit, so wirkt sich die Entscheidung des BGH zusätzlich streitfördernd aus; denn der Mieter kann nicht darauf vertrauen, dass die materielle Grenze des § 559 BGB eingehalten worden ist, und den Vermieter können Beweisschwierigkeiten treffen, wenn er im Vertrauen auf die Vereinbarung und damit die Entbehrlichkeit einer förmlichen Mietanforderung die Kosten nicht dokumentiert oder erst gar nicht exakt nachberechnet hat. Hat der Vermieter modernisiert und hatte er eine Mieterhöhung nach § 559 BGB nicht oder – was dem gleichkommt – nicht formwirksam angefordert, und verlangt er nunmehr die Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 für die modernisierte Wohnung, so sollen die nach § 559 BGB umlagefähigen Modernisierungskosten für die Berechnung der Kappungsgrenze so zu behandeln sein, als hätte der Vermieter die Mieterhöhung nach § 559 BGB rechtswirksam durchgeführt,2 OLG Hamm – RE v. 30.12.1992 – DWW 1993, 40 = WM 1993, 106 = ZMR 1993, 161. 1 BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 456 = WuM 2004, 344 = ZMR 2004, 503: Allerdings wird von dem Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG eine einvernehmliche Regelung der Mietvertragsparteien nur insoweit erfasst, als es sich um die Umlegung solcher Aufwendungen handelt, die eine förmliche Mieterhöhung nach § 3 MHG rechtfertigen würden. 2 Beispiel: Die ortsübliche Miete für die 60 qm große Wohnung betrug am 1.5.2004 9 Euro/qm = 540 Euro. Der Vermieter hat die Wohnung mit einem Aufwand von 8 000 Euro modernisiert, ohne deswegen die Miete nach § 559 BGB erhöht zu haben. Er strebt eine Mietanhebung zum 1.5.2007 auf 13 Euro/qm = 780 Euro an. Berechnung der Kappungsgrenze Ausgangsmiete 540 Euro zuzüglich 20% 108 Euro 648 Euro Fiktiver Modernisierungszuschlag (11% von 8 000 Euro =) 880 Euro : 12 = 73,33 Euro. Die Kappungsgrenze liegt bei (648 Euro + 73,33 Euro =) 721,33 Euro.

397

148

Rn. IV 148a

Mieterhöhungen

Dieser Rechtsentscheid kann auch nach der neuen Rechtslage noch aktuell sein. Er geht noch über die Aussage hinaus, nach der die Mieterhöhungsvereinbarung der Mieterhöhungserklärung in Bezug auf die Nichteinbeziehung in die Kappungsgrenze gleichgestellt wird, und unterliegt aus den gleichen Gründen der Kritik (s. Rn. IV 146). Der Vermieter, der von der Mieterhöhungsmöglichkeit nach § 559 BGB keinen oder fehlerhaften Gebrauch gemacht hat, kann sich für die Berechnung der Kappungsgrenze nicht darauf berufen, dass die materiellen Voraussetzungen hierfür immer noch vorliegen. Für diese Auffassung spricht auch, dass die Nichtanrechnung sich nur auf solche Mieterhöhungen gemäß § 559 BGB bezieht, die innerhalb der letzten drei Jahre tatsächlich durchgeführt worden sind. 148a

Ausnahmsweise kann es sich anders verhalten, wenn der Vermieter unmittelbar im Anschluss an eine bauliche Maßnahme nach § 559 BGB eine Mieterhöhung gemäß § 558 BGB durchführt und die mögliche Mieterhöhung aus § 559 BGB nur zur Ermittlung der Kappungsgrenze heranzieht.1 Das setzt aber voraus, dass er die Erläuterung und die Berechnung für diese Erhöhung im Erhöhungsverlangen nach § 558 BGB offen legt. Anderenfalls liegt ein Mangel des Erhöhungsverlangens vor, der zu dessen Unwirksamkeit führt. Erhöhungen nach § 559 BGB, die länger als 3 Jahre zurückliegen, sind bei der Berechnung der Kappungsgrenze nicht zunächst herauszurechnen, um später wieder hinzugerechnet zu werden; sie werden vielmehr in die Ausgangsmiete integriert, LG Berlin NZM 1998, 509 = WuM 1998, 231.

149

Da sich Mieterhöhungen nach § 560 BGB auf die Anhebung einer neben der Grundmiete geschuldeten Pauschale beziehen, dürften sie im Zusammenhang mit der Ermittlung der Kappungsgrenze kaum Bedeutung haben. Sie werden nur für diejenigen Übergangsfälle erheblich sein, in denen in Altverträgen vor dem 1.9.2001 eine (Teil-)Inklusivmiete vereinbart worden und eine Mieterhöhung entsprechend § 560 BGB möglich ist (Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB). dd) Modernisierungsbedingte Kürzungsbeträge

150

Hat der Vermieter öffentliche Förderungsmittel oder ein Mieterdarlehen zur Modernisierung erhalten, so sind die Kürzungsbeträge, die sich aus § 559a BGB ergeben (s. Rn. IV 370), von der Mieterhöhung abzuziehen.2 Die Verpflichtung aus § 558 Abs. 5 BGB trifft nur denjenigen Vermieter, der den Mietzins nach § 559 BGB erhöht hat, KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WM 1997, 605.

1 Davon geht offenbar Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 185 aus. Soweit im RE des OLG Hamm v. 30.12.1992 a.a.O. der Sachverhalt mitgeteilt worden ist, ist eher anzunehmen, dass das Mieterhöhungsverfahren gemäß § 2 MHG (jetzt § 558 BGB) erst Jahre nach der Modernisierung eingeleitet wurde. 2 Zur Berechnung s. Kunze/Tietzsch WM 1997, 308.

398

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 154

Diese Voraussetzungen liegen bei dem Erwerber eines mit öffentlichen oder ihnen gleichgestellten Mitteln modernisierten preisfreien Wohnraums nicht vor, da er nicht schon gemäß § 566 BGB in den Fördervertrag eintritt, BGH – Urt. v. 8.10.1997 – NJW 1998, 445 = WuM 1998, 107 = ZMR 1998, 83, LG Berlin WuM 2001, 612: Ist der Fördervertrag nicht Bestandteil des Mietvertrages, so kann der Erwerber eines mit öffentlichen Mitteln modernisierten preisfreien Wohnraums die Zustimmung zur Mieterhöhung verlangen, ohne Kürzungsmittel angeben oder berücksichtigen zu müssen.

Unberührt bleibt eine rechtsgeschäftlich übernommene Verpflichtung des Erwerbers (oder eine mietvertragliche Verpflichtung des Veräußerers, in die der Erwerber gemäß § 566 BGB eingetreten ist), den vom Mieter zu fordernden Mietzins in bestimmter Weise zu gestalten (Verpflichtungsmiete),

151

BGH – Urt. v. 8.10.1997 – NJW 1998, 445 = WuM 1998, 107 = ZMR 1998, 83, BGH – Urt. v. 10.9.2003 – WuM 2003, 694 = ZMR 2004, 42 für den Fall, dass die sog. Verpflichtungsmiete Bestandteil des Mietvertrages ist.

Die formelle Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens erfordert es grundsätzlich, dass der Vermieter Kürzungsbeträge auf Grund der Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel zur Wohnungsmodernisierung in das Erhöhungsverlangen aufnimmt,

152

BGH – Urt. v. 25.2.2004 – NZM 2004, 380 = WuM 2004, 283 = ZMR 2004, 421.

In diesem Zusammenhang sind im Erhöhungsverlangen nicht nur die Kürzungsbeträge zu benennen, sondern auch die ihnen zugrunde liegenden Berechnungspositionen darzulegen, BGH – Urt. v. 12.5.2004 – WuM 2004, 406 bei Inanspruchnahme zinsverbilligter Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

Das Mieterhöhungsverlangen soll schon aus formellen Gründen unwirksam sein, wenn der Vermieter in der Begründung auf die Inanspruchnahme öffentlicher Förderung für die Modernisierung der Wohnung und die dadurch veranlasste Kürzung der Mieterhöhung hinweist, den Kürzungsbetrag jedoch nicht nachvollziehbar erläutert. Dies soll auch dann gelten wenn der Hinweis auf einem Versehen beruht, weil eine solche Förderung in Wirklichkeit nicht erfolgt und deshalb eine Kürzung nicht erforderlich ist,

153

BGH – Urt. v. 12.5.2004 – NZM 2004, 581 = WuM 2004, 405 = ZMR 2004, 655, im Anschluss an BGH – Urt. v. 25.2.2004 – WuM 2004, 283.

Auch wenn der Vermieter zur Wohnungsmodernisierung öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen hat, sind die bei einer Mieterhöhung abzuziehenden Kürzungsbeträge nicht auf unbegrenzte Zeit zu berücksichtigen. § 558 Abs. 5 BGB ist vielmehr im Hinblick auf Art. 14 GG verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Anrechnung nur innerhalb angemessener Frist erfolgen darf,1 BGH – Urt. v. 23.6.2004 – NZM 2004, 655 = WuM 2004, 484.

1 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 235.

399

154

Rn. IV 155

Mieterhöhungen

Der BGH hat angedeutet, dass er zu einem Anrechnungszeitraum von 12 Jahren neigt, BGH – Urt. v. 25.2.2004 – DWW 2004, 123 = NZM 2004, 380 = WuM 2004, 283 = ZMR 2004, 421, LG Görlitz WuM 2008, 489.

Dieser Zeitraum ist jedenfalls nach mehr als 18 Jahren seit Gewährung des letzten Förderbetrages und etwa 25 Jahre seit Bezugsfertigkeit verstrichen, BGH – Urt. v. 23.6.2004 – NZM 2004, 655 = WuM 2004, 484.

Dagegen ist dies nach nicht einmal 10 Jahren seit der Förderung noch nicht der Fall, VerfGH Berlin – Beschl. v. 5.3.2004 – NZM 2004, 732.

ee) Kappungsgrenze bei fehlbelegten Wohnungen 155

Eine modifizierte Regelung gilt nach § 558 Abs. 4 BGB für solche Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert waren, jedoch nicht mehr preisgebunden sind, sofern der Mieter bis zum Wegfall der Preisbindung verpflichtet war, eine Fehlbelegungsabgabe nach dem AFWoG v. 22.12.1981 (BGBl. I S. 1532, 1542) oder eine Abgabe nach §§ 34 – 37 WoFG zu entrichten. Zu beachten ist, dass die ortsübliche Miete in jedem Fall die Obergrenze für die Mieterhöhung bleibt. Die jetzige Regelung, die dem früheren § 2 Abs. 1a MHG entspricht, soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden: preisgebundene Miete Fehlbelegungsabgabe Wohnkostenbelastung verlangte ortsübliche Miete nach § 558 BGB

7,00 Euro/qm 2,80 Euro/qm 9,80 Euro/qm 9,40 Euro/qm

Obwohl die Kappungsgrenze bei 8,40 Euro/qm (7 Euro + 20%) liegt, kann diese hier überschritten werden. Andererseits kann der Vermieter nicht die bisherige Fehlbelegungsabgabe „abschöpfen“, sondern ist an die ortsübliche Miete gebunden. Läge diese bei 10 Euro/qm, so könnte er die Miete bis auf 9,80 Euro/qm erhöhen; denn dieser Betrag bildet die zulässige Wohnbelastung. Sie geht der Kappungsgrenze von 8,40 Euro/qm vor, welche hier als niedrigerer Wert den Vorrang vor der ortsüblichen Miete genießt. Läge die ortsübliche Miete dagegen nur bei 9 Euro/qm, so würde dieser Betrag die Obergrenze bilden.

156

Das Recht des Vermieters, von dem zuvor zur Leistung einer Fehlbelegungsabgabe verpflichteten Mieter die Zustimmung zur Mieterhöhung ohne Beschränkung durch die Kappungsgrenze verlangen zu können, wird nicht durch die zeitlich erste Mieterhöhung erschöpft, LG Berlin MM 1997, 359, AG Köln WuM 1996, 480.

157

Dem Vermieter steht gegenüber dem Mieter ein Auskunftsanspruch über dessen Verpflichtung zur Ausgleichszahlung und deren Höhe zu. Der Auskunftsanspruch kann frühestens 4 Monate vor dem Wegfall der öffentlichen Bindung geltend gemacht werden. Ein verfrühtes Auskunftsverlangen ist unwirksam und daher unbeachtlich.1 Das Auskunftsverlangen bedarf keiner Form. 1 Emmerich/Sonnenschein BGB § 558 Rn. 32; Blank WM 1993, 506.

400

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 159

Der Mieter muss die Auskunft innerhalb eines Monats erteilen. Auch die Auskunft ist nicht formgebunden. Von der zuständigen Behörde kann der Vermieter keine Auskunft verlangen und erhalten; dem stehen Gründe des Datenschutzes entgegen. Erteilt der Mieter die Auskunft nicht, unrichtig oder verspätet, so wird er hierdurch gegenüber dem Vermieter nach §§ 241 Abs. 2, 280 BGB schadensersatzpflichtig. Der Schaden wird sich in der Regel auf die zusätzliche Miete beziehen, die der Vermieter bei ordnungsmäßiger Auskunftserteilung hätte erzielen können.1 Verzögert der Mieter die Auskunft, so kann der Vermieter nicht davon ausgehen, dass der Mieter die höchstzulässige Fehlbelegungsabgabe geschuldet habe, vielmehr muss er auf Auskunft klagen.2 Er kann die Klage als Stufenklage in Verbindung mit der Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung erheben.

158

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung, dass im Verweigerungsfalle der Vermieter im nachfolgenden Mieterhöhungsverlangen den Höchstbetrag der Fehlbelegungsabgabe bei der Berechnung der Kappungsgrenze unterstellen könne, wenn er diese Verfahrensweise in seinem Auskunftsbegehren angekündigt habe (so aber LG Köln MDR 1998, 1282 = ZMR 1998, 783). Solange der Vermieter den Mieter allerdings nicht auf Auskunft in Anspruch genommen hat, ist die Kappungsgrenze auch dann zu beachten, wenn der Mieter eine Fehlbelegungsabgabe gezahlt haben sollte,3 AG Charlottenburg MM 1995, 25.

d) Ortsübliche Vergleichsmiete aa) Begriff der ortsüblichen Miete Der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete ist mehrdeutig. Er kann sich zum einen auf die übliche Miete in einem näher bestimmten Gebiet beziehen. In dieser Bedeutung weist die ortsübliche Miete eine Streubreite auf, die sich etwa in den Spannen von Mietspiegeln niederschlägt. Zum anderen kann er sich auf das Mietobjekt, dessen Miete angehoben werden soll, beziehen. In diesem Fall bildet die ortsübliche Miete einen bestimmten Wert, der auf der Bandbreite der ortsüblichen Miete für das Wohnquartier, die Region, punktgenau zu ermitteln ist. Die Doppeldeutigkeit findet auch in § 558 BGB ihren Ausdruck: Während Absatz 1 die konkrete ortsübliche Miete für ein bestimmtes Mietobjekt des Vermieters meint, die – abgesehen von der Kappungsgrenze – die materielle Obergrenze für das Mieterhöhungsverlangen bildet, definiert Absatz 2 die ortsübliche Miete als Skala für die Recherche

1 S. zu § 558 BGB: Lammel Rn. 81; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 195; Bub WuM 1993, 289; Blank WuM 1993, 506. 2 S. zu § 558 BGB: MünchKomm/Artz Rn. 38; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 193; Bub NJW 1993, 2898. 3 A.A. Lammel BGB § 558 Rn. 78.

401

159

Rn. IV 160

Mieterhöhungen

nach der konkreten ortsüblichen Miete. Beide Begriffe berühren sich durch die gleichlautenden Parameter.1 Von diesem Verständnis geht auch die Rspr. aus, BGH – Urt. v. 6.7.2005 – MDR 2005, 1397 = NZM 2005, 660 = WuM 2005, 516 = ZMR 2005, 780: Bei der ortsüblichen Vergleichsmiete handelt es sich nicht um einen punktgenauen Wert; die Vergleichsmiete bewegt sich vielmehr innerhalb einer bestimmten Spanne (BGH – Urt. v. 20.4.2005 – NJW 2005, 2074 = NZM 2005, 498 = WuM 2005, 394). Indes erfordert die Feststellung, ob die verlangte Miete innerhalb dieser Spanne liegt oder die ortsübliche Miete übersteigt, im Prozess eine konkrete Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete i.S. einer Einzelvergleichsmiete.

160

Für den Begriff der ortsüblichen Miete i.S. des allgemeinen Mietenhintergrundes gemäß § 558 Abs. 2 BGB ist nach wie vor der Rechtsentscheid des BayObLG v.19.3.1981 – NJW 1981, 1219 = WM 1981,100 = ZMR 1982, 213 richtungsweisend: Unter dem Begriff „übliche Entgelte“ gem. § 558 Abs. 1 BGB (bisher § 2 Abs. 1 Nr. 2 MHG) ist ein repräsentativer Querschnitt der Mieten zu verstehen, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage bei bestehenden Mietverhältnissen unter gewöhnlichen Umständen tatsächlich und üblicherweise gezahlt werden (ortsübliche Vergleichsmiete). Zur Ermittlung des üblichen Entgelts (der ortsüblichen Vergleichsmiete) sind auch solche Mieten heranzuziehen, die während eines bestimmten Zeitraums (z.B. während der letzten drei Jahre) nicht neu festgesetzt (erhöht) worden sind (sog. Bestandsoder Altmieten). Ebenso: BGH – Urt. v. 20.4.2005 – NJW 2005, 2074 = NZM 2005, 498 = WuM 2005, 394 = ZMR 2005, 771: Die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete erfordert die Ermittlung der tatsächlich und üblicherweise gezahlten Miete für vergleichbare Wohnungen. Sie ist ein objektiver Maßstab, der einen repräsentativen Querschnitt der üblichen Entgelte darstellen soll.

161

Wie nach der bisherigen Rechtslage werden die Mieten von preisgebundenem Wohnraum nicht in die Ermittlung der ortsüblichen Miete einbezogen. Die frühere Streitfrage, ob sich dies auch auf Mieten des sog. 3. Förderweges (vereinbarte Förderung) bezieht, hat der Gesetzgeber in § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB bejaht.2 Das ist nicht unproblematisch, da es sich bei diesem Bestand um freifinanzierten Wohnraum handelt, der grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 558 f. BGB unterliegt. Für die Ermittlung der ortsüblichen Miete ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Erhöhungsverlangen dem Mieter zugegangen ist, BayObLG – RE v. 27.10.1992 – NJW-RR 1993, 202 = WM 1992, 677 = ZMR 1993, 11.

1 Zumindest missverständlich, wenn nicht unrichtig daher LG München I WuM 1996, 709, WuM 2000, 361, WuM 2002, 547: Das Gesetz hebe nicht auf einen punktuellen Wert innerhalb des Mietenspektrums ab, sondern auf einen durch die Streubreite der üblichen Entgelte bestimmte Rahmengröße. Dagegen mit Recht Blank WuM 1997, 178. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 54.

402

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 165

bb) Vergleichbarkeit der Mietstruktur von Begründungsmittel und Vertragsmiete Erforderlich ist die Vergleichbarkeit der Mietstruktur der Miete im Begründungsmittel und Vertragsmiete. Weder ist das Vergleichsmietensystem an eine bestimmte Mietstruktur gebunden, noch schreibt § 558 BGB eine solche vor. Es sind jedoch zwei Besonderheiten zu beachten: Zum einen muss die verlangte Miethöhe der bisher vereinbarten Mietstruktur entsprechen (s. Rn. IV 101). Zum anderen müssen die vereinbarte Mietstruktur und die Mietstruktur der Vergleichsmieten des Begründungsmittels (z.B. Mietspiegel oder Vergleichsmietenaufstellung) übereinstimmen. Ist das nicht der Fall, so muss eine Umrechnung erfolgen (s. Rn. IV 103 f.).

162

Der Vermieter hat keinen Anspruch auf Umstellung dieser Struktur (etwa um mit einem Mietspiegel arbeiten zu können, der auf einer anderen Struktur als der vertraglich vereinbarten basiert),

163

LG Berlin MDR 1988, 234, LG Stade WM 1988, 279.

Hat es der Vermieter einer früher preisgebundenen Wohnung entgegen § 20 NMV versäumt, die Kostenmiete von brutto-kalt auf netto-kalt umzustellen, so bleibt es bei dieser (bisher preiswidrigen) Mietstruktur nach Beendigung der Preisbindung, AG Dortmund WM 1989, 333.

Ist eine Mietstruktur vereinbart, die rechtlich nicht zulässig ist, so führt das nicht zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens; vielmehr tritt nur eine Teilnichtigkeit ein, die sich auf den entsprechenden Kostenanteil bezieht, BGH – Urt. v. 19.7.2006 – NZM 2006, 652 = WuM 2006, 518 = ZMR 2006, 766 bei Vereinbarung einer Bruttowarmmiete: Der unzulässige Kostenanteil (hier für Heizung und Warmwasser) ist aus der Bruttomiete herauszurechnen und – sofern umlagefähig – ggf. als Vorauszahlung zu behandeln. Bei der Ermittlung und Bestimmung der ortsüblichen Miete bleibt er außer Betracht.

cc) Wohnwertmerkmale Die Wohnwertmerkmale (Art – Größe – Ausstattung – Beschaffenheit – Lage) in § 558 Abs. 2 BGB entsprechen denjenigen in § 2 Abs. 1 Nr. 2 MHG. Eine stärkere (mögliche) ökologische Orientierung (z.B. energetische Beschaffenheit) ist nicht erfolgt, sondern soll einer Auslegung des Gesetzes vorbehalten bleiben.1

164

Generelle Vereinbarungen über das Vorliegen bestimmter Wohnwertmerkmale oder Einordnungskriterien, die nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, sind unwirksam, da es sich hierbei um verdeckte Mieterhöhungsvereinbarungen außerhalb der §§ 557 Abs. 1, 557a, b BGB handelt,

165

LG Braunschweig WuM 1998, 252 zur Vereinbarung, dass die Wohnlage als „gut“ einzustufen ist. 1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 54, s. auch Rips WuM 1991, 417: Die ökologische Kompetenz der Mietrechtsreform.

403

Rn. IV 165a

Mieterhöhungen

Das soll auch für Vereinbarungen über das Vorliegen von Ausstattungsmerkmalen gelten, die der Mieter geschaffen hat und die nach Ablauf einer bestimmten Zeit in die Mietbewertung einbezogen werden sollen,1 AG Hamburg WuM 2001, 287.

In Betracht zu ziehen ist aber auch, dass die Parteien die Leistung des Mieters als verlorenen Baukostenzuschuss vereinbart haben (s. Rn. IV 177), was bei preisfreiem Wohnraum zulässig ist. In einem solchen Fall wäre gegen eine Vereinbarung, dass nach „Abwohnung“ der Kosten die vom Mieter geschaffene Einrichtung als Vermieterleistung zu bewerten ist, nichts einzuwenden, sofern den Vermieter die volle Gebrauchsgewährpflicht und den Mieter bei Mietende keine Rückbaupflicht trifft. Unwirksam ist auch die generelle Vereinbarung in einem Mietvertrag über ein Einfamilienhaus, dass im Rahmen von Mieterhöhungsverfahren jeweils der Höchstwert des Mietspiegels für ein Gebäude der betreffenden Baualtersklasse in einer bestimmten Wohnlage gelten solle, LG Hamburg WuM 2002, 698 (ZK 33).

165a

Die Korrelation der einzelnen Wohnwertmerkmale wird unterschiedlich bewertet.2 Allgemein lässt sich die Tendenz feststellen, dass diejenigen Merkmale, die das Leben in der Wohnung unmittelbar betreffen, ein stärkeres Gewicht als die Merkmale haben, die sich auf die allgemeine Lebensführung auswirken. Daher kommt der Ausstattung der Wohnung regelmäßig eine besondere Bedeutung zu. Aus verschiedenen gutachtlichen Stellungnahmen lassen sich folgende Annäherungswerte ableiten, wobei allerdings ortsbedingte Verschiebungen der einzelnen Merkmale zu beachten sind: – – – – –

Ausstattung: Beschaffenheit: Größe: Art: Lage:

40% 10% 12% 10% 28%.

aaa) Wohnfläche 166

Die Wohnungsgröße hat erfahrungsgemäß einen hohen Anteil an der Erklärung der Mietpreisunterschiede; in der Regel sind die qm-Mieten kleinerer Wohnungen höher als diejenigen größerer Wohnungen.3 Nach herrschender 1 Die Klausel lautet: „Der Mieter verpflichtet sich, auf eigene Kosten ein Bad einzubauen und es instand zu halten. Das Bad wird 10 Jahre lang nicht in die Mietberechnung einbezogen.“ 2 S. dazu Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, Rn. 389; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 98. 3 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, 2002, S. 25; eingehend hierzu Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, S. 41 Rn. 98; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 56.

404

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 168

Meinung kommt es für die Berechnung der Miethöhe nicht auf die im Mietvertrag genannte, sondern auf die tatsächliche Wohnfläche an, BGH – Urt. v. 7.7.2004 – NZM 2004, 699 = WuM 2004, 485 = ZMR 2004, 470, OLG Hamburg – Beschl. v. 5.5.2000 – NZM 2000, 654 = WuM 2000, 348, wenn im Mietvertrag eine größere Fläche festgelegt ist, ebenso: LG Köln WuM 1986, 121, LG Frankfurt WuM 1990,157, AG Köln WuM 1987, 273, LG Hamburg ZMR 2001, 712 (ZK 11), LG Berlin WuM 2004, 613, AG Lichtenberg WuM 2008, 332.

Die Auffassung, die Parteien könnten eine bestimmte Fläche verbindlich vereinbaren, um spätere Streitigkeiten hierüber ein- für allemal auszuschließen,1 kann jedenfalls für Mieterhöhungen nicht gelten, wenn die tatsächliche Wohnfläche kleiner als die im Mietvertrag ausgewiesene Fläche ist; denn darin läge eine verkappte Mieterhöhungsmöglichkeit, so dass entsprechende Abreden nach § 557 Abs. 4 BGB unwirksam sind, soweit sie den Mieter von Wohnraum benachteiligen,

167

BGH – Urt. v. 7.7.2004 – MDR 2004, 1232 = NZM 2004, 699 = WuM 2004, 486 = ZMR 2004, 740: § 558 BGB soll es dem Vermieter ermöglichen, eine am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Wird der Berechnung eine zu große Wohnfläche zugrunde gelegt, so könnte der Vermieter damit eine Miete erzielen, die über der ortsüblichen Miete läge. Dies soll durch § 558 BGB gerade verhindert werden, LG Berlin WuM 2004, 613.

Hingegen kann im umgekehrten Fall, dass die tatsächliche Fläche größer als die im Mietvertrag genannte ist, unter besonderen Umständen ein teilweiser Erhöhungsausschluss i.S. von § 557 Abs. 2 BGB liegen (s. Rn. IV 281 f.). Ist ein solcher Ausschluss nicht gegeben, so soll der Vermieter an die mietvertragliche Angabe der kleineren Fläche nach Treu und Glauben gebunden bleiben, sofern die Abweichung geringer als 10% ausfällt (s. Rn. IV 172a, b). Außerhalb des Verfahrens nach §§ 558 f. BGB kann der Vermieter wegen einer Abweichung der im Mietvertrag angegebenen kleineren Fläche im Vergleich zur tatsächlich größeren Fläche keine Mieterhöhung beanspruchen, AG Lichtenberg WuM 2008, 332 für die Bindung des Erwerbers an die Flächenangabe im Mietvertrag.

Unrichtige Angaben zur Wohnfläche im Mieterhöhungsverlangen führen zwar nicht zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens, sofern sie geringen Umfangs sind, LG Mannheim NZM 2003, 303, AG Pinneberg ZMR 2004, 122.

Sie können sich aber zum Nachteil des Vermieters auswirken. Legt nämlich der Vermieter dem Erhöhungsverlangen eine größere Fläche als vorhanden zugrunde, so kann er diesen Fehler nicht dadurch ausgleichen, dass er später zwar die richtige kleinere Fläche berücksichtigt, jedoch eine höhere Miete ansetzt und so im Ergebnis auf die gleiche Miethöhe wie zuvor kommt. Vielmehr bleibt er im Rahmen des gestellten Erhöhungsverlangens an den Miet1 So KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 35 = ZMR 2006, 284 für die Betriebskostenabrechnung.

405

168

Rn. IV 169

Mieterhöhungen

wert im ursprünglichen Erhöhungsverlangen gebunden, weil es nur in diesem Umfang eine Begründung ausweist. Unbenommen bleibt ihm allerdings, ein neues Erhöhungsverlangen zu stellen, LG München I WuM 1998, 230: Bei unrichtigen Angaben zur Wohnfläche oder zum verlangten qm-Preis ist der Zustimmungsanspruch auf die dort gemachten Angaben begrenzt. Das gilt selbst dann, wenn der verlangte Preis nach dem im Prozess eingeholten Gutachten auch ohne die unrichtigen Angaben noch ortsüblich ist und der gewollte Gesamtbetrag in der Mieterhöhung genannt ist.1

169

Für die Berechnung der Wohnfläche bestehen bei nicht preisgebundenem Wohnraum keine verbindlichen Vorschriften. Die Regelungen in §§ 42 ff. II. BV und in der am 1.1.2004 in Kraft getretenen WoFlV gelten nur für den preisgebundenen Wohnraum nach dem WoBindG bzw. dem WoFG. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Regelungen der WoFlV ebenso wie bisher diejenigen der II. BV über die Verkehrssitte (§ 157 BGB) Eingang auch in Mietverhältnisse über nicht preisgebundenen Wohnraum finden,2 BGH – Urt. v. 24.3.2004 = DWW 2004, 183 = WuM 2004, 337 = ZMR 2004, 501 zur Verkehrssitte, die Wohnfläche auch bei preisfreiem Wohnraum nach den §§ 42–44 II. BV zu ermitteln, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist. BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441 = ZMR 2007, 764: Der Begriff der Wohnfläche im Wohnraummietrecht ist auch bei freifinanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen und dementsprechend auf Grund der bis zum 31.12.2003 anwendbaren §§ 42–44 II. BV bzw. der ab 1.1.2004 geltenden WoFlV zu ermitteln, es sei denn, die Parteien haben dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen oder ein anderer Berechnungsmodus ist ortsüblich oder nach der Art der Wohnung nahe liegender. In München soll die Wohnfläche üblicherweise nach DIN 283 berechnet werden: LG München I WuM 2006, 91.

170

Für Neuabschlüsse können diese Regelungen auch vertraglich festgelegt werden; hierfür reicht eine formularvertragliche Bezugnahme auf die WoFlV aus. Für Mietverhältnisse über nicht preisgebundenen Wohnraum, die am 1.1.2004 bereits begründet waren, ergeben sich keine Änderungen in der Flächenberechnung. Möglich ist aber eine schlüssige Änderungsvereinbarung, bei der jedoch die rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen (s. Rn. I 39 f.) nicht aus dem Blickfeld geraten dürfen. Zu achten ist darauf, dass die Maßstäbe für die Wohnflächenberechnung bezüglich der konkreten Wohnung einerseits und des Begründungsmittels für die ortsübliche Vergleichsmiete (insbesondere eines Mietspiegels) kompatibel sind. Das ist beispielsweise im Verhältnis der DIN 277 zur DIN 283, §§ 42–44 II. BV, §§ 1–4 WoFIV nicht der Fall. 1 Zum Fall: Das Mieterhöhungsverlangen lautet auf 160 qm x 14 DM; die reale Wohnfläche beträgt aber nur 136 qm. Selbst wenn der Sachverständige einen Mietpreis von 17 DM/qm noch für üblich hält, ist der Vermieter an den im Erhöhungsverlangen genannten Betrag von 14 DM/qm gebunden. 2 Zur WoFlV im Einzelnen s. Rn. V 174; Eisenschmid WuM 2004, 3; Langenberg NZM 2004, 41; Schach GE 2003, 1594.

406

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 172

Im Folgenden wird von der skizzierten Rechtslage ausgegangen, nach der die Vorschriften der WoFlV – sei es über eine eindeutige Vereinbarung, sei es über eine Verkehrsübung – Eingang bei der Vermietung von nicht preisgebundenem Wohnraum finden.

171

Zur Wohnfläche zählen neben den Grundflächen der Wohnung auch die Flächen von Wintergärten, Hobbyräumen,1 Balkonen, Loggien und Terrassen (s. § 2 Abs. 2 WoFlV). Jedoch werden die Flächen von unbeheizbaren Wintergärten und unbeheizbaren Hobbyräumen nur mit der Hälfte, diejenige von Balkonen, Loggien und Terrassen in der Regel nur mit einem Viertel, höchstens aber – je nach Wohnwert – mit der Hälfte als Wohnfläche2 angerechnet. Nach bisherigem Recht war die Fläche von Terrassen nur dann anrechenbar, wenn es sich gleichzeitig um einen gedeckten Freisitz handelte, und zwar – ebenso wie bei Balkonen – mit höchstens der Hälfte der Fläche.3 Dies ist für die Bestandsmietverhältnisse nach wie vor maßgebend, sofern es nicht zu einer Vereinbarung über eine Veränderung des Maßstabs und der hierauf beruhenden Wohnfläche kommt. Zum Teil wurden aber auch schon bisher die Flächen von Terrassen zu einem Viertel angerechnet (LG Köln WuM 2002, 53). Besondere wohnwertmindernde Eigenschaften können dazu führen, einen Teil der Wohnfläche mietwertmäßig überhaupt nicht oder nur zu einem geringen Anteil zu berücksichtigen, so etwa die Fläche eines nach Norden und zu einer verkehrsreichen Straßenkreuzung belegenen Balkons einer Erdgeschosswohnung, AG Krefeld DWW 1992, 243 im Anschluss an BayObLG – RE v. 20.7.1983 – WuM 1983, 254 = ZMR 1984, 66, LG Hamburg WuM 1996, 278: Anrechnung der Balkonfläche nur mit 10%, da der Balkon nach Norden belegen und von unansehnlichen Hauswänden umgeben ist, vgl. auch AG Neuss DWW 1993, 410.

Umgekehrt können Flächen, die nicht zur Wohnfläche rechnen, den Wohnwert erhöhen, z.B. das Vorhandensein einer Waschküche oder von Trockenräumen, einer Terrasse, sofern diese nach bisherigem Recht nicht zur Wohnfläche zählt. Zum Ansatz einer größeren als der tatsächlichen Grundfläche auf Grund eines beiderseitigen Kalkulationsirrtums im Rahmen einer Mieterhöhungsvereinbarung s. Rn. III 109. 1 Sie werden im Gesetz als nach allen Seiten geschlossene Räume, ähnlich Wintergärten und Schwimmbädern, bezeichnet. 2 Nach der Verordnungsbegründung (s. Bundesrats-Drucks. 568/03) zu § 4 WoFlV kommt die höhere Anrechnung bei besonders guten Lagen oder aufwendigen Gestaltungen von Balkon oder Terrassen in Betracht; jedoch sollen auch Abweichungen nach unten denkbar sein. 3 Zum Begriff des gedeckten Freisitzes: BVerwG ZMR 1977, 349, LG Hamburg WuM 1996, 278: Es handelt sich um einen ebenerdigen Platz, der ausschließlich einem angrenzenden Wohnraum zugeordnet und mit einem festen Bodenbelag versehen ist, ferner zum Aufstellen von Tisch und Stühlen geeignet ist und über einen – nicht notwendigerweise vollständigen – Sichtschutz verfügt; eine Überdachung ist nicht erforderlich.

407

172

Rn. IV 172a

Mieterhöhungen

Zu den Rechtsfolgen, wenn der Mieter jahrelang eine zu hohe Miete auf Grund einer unrichtig berechneten Fläche gezahlt hat, s. Rn. III 108. 172a

Ist irrtümlich eine kleinere Fläche im Mietvertrag ausgewiesen, als tatsächlich vorhanden ist, so wird zunächst zu prüfen sein, ob dies auf einer Vereinbarung bzw. einer gewollten Entscheidung des Vermieters beruht. In solchem Fall kommt ein Mieterhöhungsausschluss hinsichtlich der Differenzfläche in Betracht (s. Rn. IV 281). Scheidet ein Ausschluss aus, so soll der Vermieter an die im Mietvertrag ausgewiesene kleinere Fläche nur gebunden sein, wenn die Differenz zur tatsächlichen Fläche 10% nicht übersteigt; anderenfalls kann er seinem Mieterhöhungsverlangen die tatsächliche, größere Fläche zugrunde legen, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 681 f.

Grundlage dieser Auffassung ist, dass die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag als Beschaffenheitsvereinbarung gewertet wird, die der Vermieter wegen bloßen Motivirrtums nicht anfechten kann. Da ihm einerseits erhebliche Flächenabweichungen (Grenzwert: 10%) nicht zuzumuten sind, andererseits eine Änderungskündigung bei geschützten Wohnraummietverhältnissen unzulässig ist, soll eine Korrektur über Treu und Glauben (§ 242 BGB) geboten sein. 172b

Gegen diese Auffassung bestehen Bedenken (s. Rn. III 110a). Sie steht im Widerspruch zur Aussage im Urteil des BGH vom 7.7.2004 (NJW 2004, 3115), nach der es auf die tatsächliche Fläche ankommt, um dem Zweck des § 558 BGB gerecht zu werden, nämlich dem Vermieter die ortsübliche Miete – aber auch nicht darüber hinaus! – zu gewähren. Die zugrunde liegenden Sachverhalte und die hieraus gezogenen Folgerungen in den Urteilen des BGH vom 23.5.2007 (NZM 2007, 594) und vom 7.7.2004 lassen sich nicht miteinander vergleichen. Die letztere Entscheidung befasst sich mit einem gemeinsamen Kalkulationsirrtum im Rahmen einer Mieterhöhungsvereinbarung. Die Folgen hieraus können unter Rückgriff auf die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage abgeleitet werden. Zu beachten ist, dass die Folgen nicht für künftige Erhöhungsvereinbarungen gelten; denn man kann sich nicht zweimal über den gleichen Punkt irren. Zudem handelt es sich um eine Vereinbarung, nicht um eine einseitige rechtsgeschäftliche Handlung. Mit einer solchen befasst sich aber die Entscheidung vom 23.5.2007; ein Rückgriff auf die Rechtsfolgen bei einem gemeinsamen Irrtum scheidet mithin aus. Ein sonstiger dogmatischer Ansatz ist nicht ersichtlich, da eine Anfechtung eines einseitigen Kalkulationsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB ausscheidet. Gleichwohl sollen die Rechtsfolgen auch für künftige Mieterhöhungsverlangen gelten. Liegt in der Vereinbarung einer kleineren Wohnfläche als tatsächlich vorhanden keine Vereinbarung über einen teilweisen Erhöhungsausschluss nach § 557 Abs. 3 BGB (s. Rn. IV 281), so ist – es sei noch einmal gesagt – die tatsächliche Fläche anzusetzen. Für einen Vertrauensschutz zugunsten des Mieters bei kleineren Abweichungen besteht kein Anlass, da der Mieter das bessere, da größere Wirtschaftsgut nutzt. Allenfalls aus den in § 557 Abs. 3 408

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 174

BGB erwähnten „Umständen“ könnte in dem vom BGH angenommenen Ausmaß ein teilweiser Erhöhungsausschluss abgeleitet werden. bbb) Ausstattungsmerkmale „Unter dem Wohnwertmerkmal Ausstattung wird alles das verstanden, was der Vermieter dem Mieter zur ständigen Benutzung zur Verfügung gestellt hat und wofür der Mieter keine gesonderte Vergütung zahlt“.1 Dazu zählen insbesondere Heizung, Bad, Küchenausstattung, aber auch das Vorhandensein von Keller- und/oder Bodenräumen sowie das Vorhandensein von Gemeinschaftseinrichtung wie Waschküchen oder Trockenräume.

173

Die Ausstattungsmerkmale müssen vom Vermieter gestellt sein, d.h. zu seiner Leistungssphäre gehören. Ob er sie selbst geschaffen, (ggf. von einem Vormieter) erworben oder sie geleast hat, ist grundsätzlich unerheblich,2 LG Berlin GE 2007, 652, AG Berlin Mitte GE 2006, 1411, AG Köpenick GE 2007, 1056; anders AG Berlin-Mitte MM 2005, 335. AG Köpenick WuM 2006, 691 jeweils für geleaste Kaltwasserzähler.

Ein Bad liegt nur vor, wenn in dem Raum ein Waschbecken vermieterseits installiert ist,

173a

LG Halle WuM 2000, 551.

Ein sog. „Frankfurter Bad“ (gefangenes Bad im Schlafzimmer) zählt nicht als Bad i.S. eines eigenständigen Wohnwertmerkmales, bietet aber immerhin Vorteile gegenüber einer Wohnung ohne jegliches Bad und rechtfertigt einen Zuschlag zu einem Mietspiegelwert für „Wohnungen ohne Bad“, AG Wiesbaden WuM 1993, 68.

Das Merkmal „Sammelheizung“ setzt nicht voraus, dass jeder Raum der Wohnung mit Heizkörpern ausgestattet ist, LG Berlin GE 1997, 429: Fehlen von Heizkörpern in Bad und Küche ist unschädlich; ebenso AG Hohenschönhausen WuM 1996, 776, wenn das Bad nur durch einen Elektrostrahler zu beheizen ist.

Eine Wohnung mit Außenwandgasöfen und einem Elektrostrahler im Bad ist nicht mit einer Wohnung zu vergleichen, die mit einer Gaszentralheizung ausgestattet ist, LG Hamburg WuM 1993, 744.

Ebenso wenig ist eine Naragheizung als Sammelheizung zu bewerten, OVG Hamburg – Urt. v. 28.6.1995 – WuM 1995, 666, LG Hamburg NZM 2002, 945 = ZMR 2001, 896, da keine automatische Brennstoffversorgung erfolgt, jedoch besser zu bewerten als Ofenheizung. 1 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, 2002, S. 25; eingehend hierzu Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, S. 49 Rn. 113; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 66 f. 2 Der Vermieter kann jedoch nicht doppelt kassieren, indem er die Leasingkosten zugleich als Betriebskosten umlegt. In einem solchen Fall steht § 557 Abs. 3 (2. Alt.) BGB einer Berücksichtigung als Ausstattungsmerkmal entgegen.

409

174

Rn. IV 175

Mieterhöhungen

Eine Nachtspeicherheizung ist zwar technisch keine Sammelheizung, wird jedoch nach dem Wohnkomfort einer solchen – wenngleich mit Abstrichen wegen des schlechteren Raumklimas und der häufig unverhältnismäßig großen Standfläche – gleichgesetzt.1 175

Ist die Wohnung bautechnisch zwar mit einer Sammelheizung ausgestattet, obliegt der Wärmebezug jedoch auf Grund eines Wärmecontractings dem Mieter, so ist noch ungeklärt, ob diese Art der Beheizung dazu führt, das in einem Mietspiegel ausgewiesene Ausstattungsmerkmal „Sammelheizung“ zu erfüllen, da der Vermieter keine Beheizung schuldet. Die Frage wird zu bejahen sein; denn prägend für den Wohnwert ist die technische Ausstattung, die den Komfort einer Sammelheizung vermittelt. Auch bleibt der Vermieter zur Gebrauchsgewähr, Instandhaltung und Instandsetzung der Heizungsanlage gegenüber dem Mieter verpflichtet. Wohnwertmäßig kann kein Vergleich zu einer ofenbeheizten Wohnung gezogen werden, sondern eher zu einer Wohnung mit Etagenheizung, bei der der Mieter die Wärmeenergie direkt bezieht (z.B. Etagen-Gasheizung). Ob Mietabschläge geboten sind, lässt sich zurzeit nicht gesichert feststellen.2

176

Nach wie vor ist der Rechtsentscheid des BayObLG – Beschl. v. 24.6.1981 – NJW 1981, 2259 = WuM 1981, 208 = ZMR 1982, 158,

aktuell, nach dem Einrichtungen des Mieters, die den Wohnwert der Mietsache erhöht haben, bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete nicht zu berücksichtigen sind, sofern nichts anderes zwischen den Parteien vereinbart ist oder der Vermieter die vom Mieter verauslagten Kosten erstattet hat. Das gilt auf Dauer, LG Baden-Baden WuM 1993, 358, LG Halle WuM 2000, 551,

und auch im Falle eines Vermieterwechsels, LG Köln WuM 1985, 326,

oder für den Fall, dass der Mieter vom Vormieter wohnwerterhöhende Einbauten durch Zahlung eines Abstandes übernimmt, LG Hamburg WuM 1987, 126, WuM 1990, 441.

Die Ausstattungsmerkmale kommen also dem Vermieter durch bloßes „Abwohnen“ nicht zugute, auch wenn sich der Mieter zu deren Schaffung verpflichtet hat, AG Hamburg WuM 1999, 485.

Der zur Zeit der DDR geringe Mietzins rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Vermieter Mieterinvestitionen gleichsam bezuschusst habe, so dass sie ihm zuzurechnen seien, AG Potsdam WuM 2001, 342. 1 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 69. 2 S. dazu Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 70; Eisenschmid WuM 1998, 449, 451.

410

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 179

Dagegen sollen Modernisierungsmaßnahmen des Mieters, die dieser im Rahmen eines früheren Mietverhältnisses vorgenommen hat, dann den Mietwert erhöhen, wenn später mit dem Rechtsnachfolger des früheren Vermieters ein neuer Mietvertrag abgeschlossen worden ist,

177

LG München I WuM 1993, 451.

Dem kann nicht gefolgt werden; denn der jetzige Vermieter hat keine Leistung erbracht, gemäß der er wegen der vom Mieter geschaffenen Merkmale eine Mieterhöhung verlangen könnte. Insofern ist das zugrunde zu legende Äquivalenzverhältnis nicht verändert. Die Zurechnung zur Vermieterleistung kann allerdings vereinbart werden. Dies muss jedoch eindeutig geschehen und hat zur Folge, dass der Vermieter für die Instandhaltung und -setzung aufkommen muss und den Mieter bei Vertragsende keine Rückbaupflicht trifft. Die Leistung des Mieters wird in diesen Fällen als verlorener Baukostenzuschuss zu werten sein, LG Berlin ZMR 2003, 263: Hat der Mieter mit Genehmigung des Vermieters mitvermietete Nebenräume auf seine Kosten zu Wohnraum ausgebaut, der Vermieter jedoch dafür die Instandsetzungspflicht übernommen, ist die dadurch hinzugewonnene Wohnfläche der Mieterhöhung zumindest dann zugrunde zu legen, wenn seit dem Ausbau 25 Jahre vergangen sind. Die Leistung des Mieters ist als (abgewohnter) verlorener Baukostenzuschuss zu werten.

Ändert sich der Pflichtenkreis der Parteien nicht in dieser Weise, so bleibt die Mietermodernisierung bei der Mieterhöhung nach § 558 BGB außer Betracht, vgl. LG Hamburg WuM 1990, 441.

Für die Zeit, während der der Mieter den verlorenen Baukostenzuschuss abwohnen kann,1 gilt eine Mieterhöhung, die sich auf dieses Wohnwertmerkmal bezieht, als ausgeschlossen.

178

Die Ausstattungsgegenstände müssen funktionsfähig sein; anderenfalls werden sie nicht berücksichtigt. So kann etwa ein nicht nutzbarer Balkon einem fehlenden Balkon gleichgestellt werden, s. KG – Urt. v. 2.9.2004 – ZMR 2004, 909 für den umgekehrten Fall.

Jedoch sind behebbare Mängel nicht zu beachten, soweit Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche rechtlich in Betracht kommen (s. Rn. IV 181, 269). ccc) Art und Beschaffenheit Die Wohnwertmerkmale „Art“ und „Beschaffenheit“ überschneiden sich.2 Die Art-Merkmale beziehen sich vor allem auf die Struktur des Hauses und der Wohnung, die Beschaffenheit betrifft die Bauweise und den Zuschnitt, aber auch den baulichen und energetischen Zustand des Gebäudes bzw. der 1 S. § 2 des Gesetzes über die Rückerstattung von Baukostenzuschüssen v. 21.7.1961 (BGBl. I 1041). 2 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, 2002, S. 25; eingehend hierzu Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, S. 58 Rn. 131; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 77 f.

411

179

Rn. IV 180

Mieterhöhungen

Wohnung. Bei der Typisierung beider Wohnwertmerkmale spielt die sog. Baualtersklasse eine erhebliche Rolle. Das Alter des Mietgebäudes ist zwar kein eigenständiges Wohnwertmerkmal. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Baualtersklasse gibt aber Aufschluss über typische Merkmale eines Gebäudes und damit über Art und Beschaffenheit. Für die Einordnung einer Wohnung in eine bestimmte Baualtersklasse soll es auf den Zeitpunkt ankommen, zu dem das Gebäude fertiggestellt worden ist, nicht dagegen auf den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit der einzelnen Wohnung,1 LG Berlin GE 1997, 48.

180

Spätere umfassende Modernisierungen können zu einer Verschiebung in eine neuere Baualtersklasse führen. Hieran werden aber strenge Anforderungen gestellt. So ist die Höherstufung einer Altbauwohnung, die 1986 durch Einbau isolierverglaster Kunststoffenster, einer Gaszentralheizung, einer zentralen Warmwasserversorgung, einer Haussprechanlage mit Türöffner, einer Wärmedämmung des Dachbodens, Renovierung des Treppenhauses und der Außenfassade mit Wärmedämmung modernisiert worden ist, in eine jüngere Baualtersklasse nicht für gerechtfertigt gehalten worden, LG Mannheim DWW 1997, 152.

Entsprechen Beschaffenheit, Ausstattung und Zuschnitt der Wohnung den Gegebenheiten einer – wieder aufgebauten – Altbauwohnung (Decken- und Fensterhöhe) und prägt mithin die Altbausubstanz den Eindruck vom Gebäude, so kann die Wohnung trotz Einbauküche und modernisierten Bads ebenfalls nicht in eine spätere Baualtersklasse eingeordnet werden. Ein hoher Bauaufwand für den Umbau oder die Herstellung der Wohnung ist kein die Höhe der Vergleichsmiete prägendes Merkmal, LG Berlin GE 1999, 254 = MM 1998, 310 = NZM 1999, 172.

181

Zwar sind behebbare Mängel im Rahmen der Mietbewertung nicht zu berücksichtigen, LG Braunschweig WuM 1989, 578; a.A. LG München II NJW-RR 1994, 336 bei Wassereinbrüchen und Leckagen,

ebenso wenig vom Mieter behobene Mängel, wenn die Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht vorlagen, LG Mannheim ZMR 1991, 107.

181a

Anders verhält es sich mit einem allgemein schlechten Instandhaltungsgrad des Wohngebäudes, auch der allgemein genutzten Teile wie Zuwegungen und Treppenhaus, ohne dass etwa schon eine Verwahrlosung eingetreten sein müsste. Das Gleiche gilt für fortbestehende Dauerbeeinträchtigungen, etwa Lärmbelastungen durch Fluglärm oder eine Gaststätte, LG Saarbrücken WuM 1989, 578. 1 Zum Fall: Die Beheizbarkeit der Wohnung wurde erst nach Fertigstellung des Gebäudes hergestellt.

412

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 183

Ein unzureichender Schallschutz ist (nur) dann nicht wohnwertmindernd zu berücksichtigen, wenn dies dem Standard der Baualtersklasse entspricht, AG Rosenheim WuM 1989, 81.

Das setzt aber auch voraus, dass die ortsübliche Miete nach Baualtersklassen differenziert wird. Werden mehrere Baualtersklassen zu einer größeren zusammengefasst, so kann ein schlechterer Standard mietwertmindernd durchaus beachtlich werden.1 Ein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Anspruchs auf Behebung der Mängel steht dem Mieter gegenüber dem Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zur Mieterhöhung nicht zu (s. Rn. IV 269). ddd) Lage Das Lagemerkmal bezieht sich vor allem auf den Bezug der Wohnung zum Wohngebiet, überschneidet sich aber auch mit den Merkmalen Art und Beschaffenheit, soweit es die Belegenheit der Wohnung im Mietgebäude betrifft.2 Zu Letzterem zählen u.a. die Ausrichtung der Wohnung zur (verkehrsreichen) Straße oder zum (ruhigen) Innenhof, Geschosslage, Lage zur Himmelsrichtung (Nord- oder Südlage). Der Bezug der Wohnung zum Wohnquartier kann von der Zentralität oder der Randlage geprägt sein. Erheblich sind umgebende Nutzung (Wohn-, Misch- oder Gewerbegebiet), Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, kulturelle Einrichtungen, Schulen), Verkehrsanbindung, Straßenbild und -gepräge (Durchgrünung, sog. Adressenlage).

182

cc) Mietzuschläge Zu unterscheiden ist zwischen nutzerbezogenen Zuschlägen, die geschuldet werden, weil die Nutzungsbefugnis des Mieters gegenüber dem typischen Mietgebrauch erweitert wird (Untervermietung, teilgewerbliche Nutzung), leistungsbezogenen Zuschlägen für Sonderleistungen des Vermieters (Möblierung, Garage/Stellplatz) und kostenbezogenen Zuschlägen, weil der Vermieter einen besonderen Kostenaufwand, der von der ermittelten ortsüblichen Miete nicht abgedeckt wird, trägt (Schönheitsreparaturen, Kleinreparaturen). Derartige Zuschläge können vereinbart werden. Abgesehen von dem Untermietzuschlag sind die übrigen Zuschläge bei Mieterhöhungen nach § 558 BGB in die ortsübliche Miete zu integrieren; sie können also nur erhöht werden, soweit sie am Mietenmarkt (nachweisbar) berücksichtigt werden. Das schließt – entgegen der häufig gehandhabten Praxis – aus, sie als starre Größen (z.B. Gewerbezuschlag analog § 26 Abs. 2 NMV) oder kostenorientiert (z.B. Renovierungs1 Beispiel: Der Hamburger Mietenspiegel weist eine Baualtersklasse v. 21.6.1948 bis zum 31.12.1960 aus, die die Wohnungen der frühen Wiederaufbauphase und diejenigen nach dem verbesserten Standard gemäß dem II. WoBauG von 1956 zusammenfasst. 2 S. Börstinghaus/Clar Mietspiegel Rn. 155; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 88 f.

413

183

Rn. IV 184

Mieterhöhungen

kosten analog § 28 Abs. 4 II. BV) der ortsüblichen Miete hinzuzurechnen. Ein solches Verfahren ist nicht marktkonform und daher mit der Ermittlung der ortsüblichen Miete nach § 558 Abs. 2 BGB nicht zu vereinbaren (s. auch Rn. IV 186). Zum Modernisierungszuschlag s. Rn. IV 405. Ist neben der Miete ein Zuschlag für Untervermietung oder gewerbliche Nutzung vereinbart und hat sich der Vermieter dessen Erhöhung im Vertrag vorbehalten, so verstößt das nicht gegen § 10 Abs. 1 MHG (s. jetzt § 557 Abs. 3, 4 BGB); vielmehr vollzieht sich die diesbezügliche Mieterhöhung außerhalb des § 2 MHG (jetzt § 558 BGB), nämlich nach § 315 BGB, BayObLG – RE v. 25.3.1986 – NJW-RR 1986, 892.

Sie setzt aber eine entsprechende Vereinbarung voraus. Eine vertraglich vorgesehene Erhöhung des Gewerbezuschlags in einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Mietverhältnis ist indes nur dann wirksam, wenn der konkrete Erhöhungsbetrag nachvollziehbar berechnet wird, KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 37 = ZMR 2006, 284.

184

Ist dem Mieter eine teilgewerbliche Nutzung der Wohnung erlaubt, ohne dass dafür ein Gewerbezuschlag vereinbart worden ist, so ist der Vermieter nicht berechtigt, aus dem einheitlich vereinbarten Mietzins einen solchen Zuschlag herauszurechnen und (neben der Wohnungsmiete) zu erhöhen, LG Berlin GE 1995, 1209.

Andererseits ist dem Vermieter bei fehlender Vereinbarung eines Gewerbezuschlags und mangels anderer Anhaltspunkte im Rahmen der Ermittlung der sog. Einzelvergleichsmiete analog zum preisrechtlichen Zuschlag nach § 26 Abs. 2 NMV ein Zuschlag von bis zu 50% der ortsüblichen Wohnungsmiete auf die gewerblich genutzten Räume der Wohnung zugebilligt worden.1 185

Bei Vermietung einer möblierten Wohnung muss entweder das Mietenniveau für dieses Marktsegment oder ein Möblierungszuschlag, der sich am Wert der Möbel orientiert (Kapitalverzinsung und Abschreibung), ermittelt werden. Ein pauschaler Möblierungszuschlag ist für unzulässig gehalten worden,2 AG Köln WuM 1998, 692.

186

Den Daten über die ortsübliche Vergleichsmiete liegt entsprechend der Verkehrssitte3 zugrunde, dass die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen sind. Trägt dagegen der Vermieter die laufenden Schönheitsreparaturen, so soll er berechtigt sein, einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete – in der Regel zu den Werten eines Mietspiegels – zu machen, um die 1 S. die Nachweise unveröffentlichter Rspr. bei Hinz u.a., Text- und Diktathandbuch S. 364 Ziff. 4; zurückhaltend („allenfalls als Anhaltspunkt“): Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 60. 2 Zum Möblierungszuschlag ausführlich Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 64 f. 3 BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 734 = WuM 2004, 529: Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist, wenn dies auch weiterhin der Vereinbarung bedarf, Verkehrssitte geworden ...

414

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 187

Vergleichbarkeit zur Vertragsmiete herzustellen. Der Zuschlag soll sich nach h.M. an den Kostenansätzen in § 28 Abs. 4 II. BV ausrichten,1 OLG Koblenz – RE v. 8.11.1984 – WuM 1985, 15 = ZMR 1985, 58, OLG Frankfurt a.M. – RE v. 21.3.2001 – NZM 2001, 418 = WuM 2001, 231 = ZMR 2001, 449, LG Frankfurt a.M. NZM 2003, 974. Zum Meitzuschlag bei unwirksamer Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter s. Rn. IX 20, 45.

Der Vermieter muss in diesem Fall die Zustimmung zur Erhöhung der Miete einschließlich des Zuschlags für Schönheitsreparaturen verlangen und ggf. einklagen (OLG Frankfurt a.M. a.a.O.). Eine solche Pauschalierung nach den Sätzen der II. BV ist abzulehnen. Dogmatisch erscheint es verfehlt, ein kostenorientiertes und damit systemfremdes Element in die marktorientierte Vergleichsmiete einzubeziehen. Empirisch ist es nicht abgesichert, ob und in welchem Umfang sich die Übernahme von Schönheitsreparaturen durch den Vermieter auf die ortsübliche Vergleichsmiete auswirkt, zumal eine entsprechende Preistransparenz fehlt.2 Das Argument, Schönheitsreparaturen, die vom Mieter übernommen worden seien, seien Teil des Mietentgelts und müssten umgekehrt vom Mieter entgolten werden, wenn sie vom Vermieter getragen werden würden, verfängt nicht. Der Vermieter mag die Kosten für Schönheitsreparaturen in seine Mietkalkulation einbeziehen – ob er diese aber realisieren kann, ist eine andere Frage. Daraus, dass der an § 28 Abs. 4 II. BV orientierte Zuschlag gleichsam als „Ermittlungskrücke“ für die ortsübliche Vergleichsmiete verwendet worden ist, lässt sich eine rechtliche Eigenständigkeit als Zuschlag zur Nettokaltmiete nicht ableiten. Ein solcher Zuschlag ist jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter nicht wirksam erfolgt ist, weil die einschlägigen Klauseln einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalten (s. dazu Rn. IX 20, 45 und BGH – Urteile v. 9.7.2007 – WuM 2008, 487 = ZMR 2008, 878; NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879). Der Vermieter ist auch nicht berechtigt, einen Zuschlag für Kleinreparaturen zu fordern, weil er diese nicht auf den Mieter abgewälzt hat, sondern selbst trägt.3 Dies gilt auch für die Mietbewertung innerhalb der Spanne eines Mietspiegels, LG Dortmund WuM 2006, 570, AG Dortmund WuM 2004, 718 WuM 2006, 39, AG Frankfurt a.M. NZM 2005, 862 = WuM 2006, 204; s. auch BGH – Urt. v. 9.7.2008 – WuM 2008, 487 Tz. 11 bei unwirksamer Kleinreparaturklausel.

Anders als bei Schönheitsreparaturen handelt des sich hierbei nicht einmal um ein typisches Entgelt für den Mietgebrauch, sondern um eine Haftungs1 Die Sätze betragen zurzeit jährlich 8,50 Euro/qm zuzüglich von Indexsteigerungen nach Maßgabe des § 26 Abs. 4 II. BV. 2 Dazu Sternel NZM 2007, 545, 551. 3 S. Börstinghaus WuM 2006, 187; s. auch Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 54.

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187

Rn. IV 188

Mieterhöhungen

erleichterung des Vermieters, was sich schon aus dem unregelmäßigen und nicht vorhersehbaren Anfall dieser Kosten ergibt. Zudem würde hierdurch ebenfalls ein marktfremdes Kostenelement eingeführt werden, dessen Auswirkungen auf die Mietzinsbildung ebenso wenig wie diejenigen sonstiger Vertragsgestaltungen offen und eher marginal sind. 188

Mietet der Mieter zu einer Wohnung eine Garage oder einen Stellplatz hinzu, so handelt es sich um ein Mischmietverhältnis, bei dem der Wohnraummietcharakter überwiegt, sofern nicht ein gesondertes Garagenmietverhältnis begründet wird. Grundsätzlich kann das Entgelt für die Überlassung der Garage nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der Miete für den Wohnraum erhöht werden; es ist hierbei auf die ortsübliche Miete für das gesamte Objekt – also für Wohnung und Garage – abzustellen, AG Karlsruhe DWW 2003, 155.

Ein gesondertes Mieterhöhungsverlangen nur für die Garage bzw. den Stellplatz ist nicht zulässig, AG Köln WuM 2005, 254.

188a

Im Übrigen hängt die Ermittlung der Vergleichsmiete von der Vertragsgestaltung ab: Weist der Mietvertrag eine einheitliche Miete aus, so ist der Wert der Garagennutzung zu schätzen und dem Mietwert für die Wohnung hinzuzurechnen. Der Wert der Garagennutzung liegt jedoch deutlich unter dem üblichen Mietpreis für isoliert angemietete Garagen, so dass solche Garagenmieten nur mit erheblichen Abschlägen zur Schätzung herangezogen werden können. Ist bei einem einheitlichen Mietvertrag für die Überlassung der Garage ein besonderes Entgelt ausgewiesen, so ist dieses ins Verhältnis zu den üblichen Garagenmieten zu setzen, die zum Zeitpunkt der Anmietung bestanden. Dieses Verhältnis ist Richtschnur für die spätere Bestimmung des Garagenentgelts.1

189

Bestehen zwei getrennte Mietverträge über die Wohnung und die mitüberlassene Garage, die jedoch trotzdem ein einheitliches Mietverhältnis bilden, so sollen für Wohnung und Garage jeweils die ortsüblichen Mieten ermittelt werden, LG Rottweil NZM 1998, 432.

Das kann jedoch nur gelten, wenn die Garagenmiete zu Beginn des Mietverhältnisses der ortsüblichen Miete entsprach. Zu prüfen ist auch hier, ob sie bei gleichzeitiger Anmietung mit einer Wohnung niedriger als bei isolierter Anmietung war und ist. Auch in diesem Fall ist das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis zu beachten.

1 Beispiel: Der Mietanteil für die Garage betrug bei Vertragsabschluss monatlich 40 Euro; die übliche Miete für gesondert angemietete Garagen betrug zum gleichen Zeitpunkt 70 Euro. Die Differenz beläuft sich auf 43%, also rund 2/5. Ergibt sich im Rahmen eines späteren Mieterhöhungsverlangens, dass die übliche Garagenmiete monatlich nunmehr 90 Euro beträgt, so wäre der Mietanteil für die Garage mit ca. 3/5 hiervon, also mit 54 Euro zu bewerten.

416

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 192

Werden Mietzuschläge vereinbart oder erhöht, so hat das weder auf die Wartefrist noch auf die Kappungsgrenze einen Einfluss (s. Rn. IV 126, 141).

190

e) Begründungsmittel Gemäß § 558a Abs. 1 BGB muss das Mieterhöhungsverlangen begründet werden. Durch das MRRG ist der Katalog der Begründungsmittel erweitert worden um

191

– den qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB), – die Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e BGB). Danach stehen dem Vermieter nunmehr folgende Begründungsmittel zu Gebote: – Mietspiegel – einfacher Mietspiegel – qualifizierter Mietspiegel – Sachverständigengutachten – Auskünfte aus Mietdatenbanken – Mietdaten von Vergleichwohnungen – sonstige Begründungsmittel. Die Begründung soll dem Mieter die Nachprüfung ermöglichen, ob die verlangte Mieterhöhung gerechtfertigt ist. Er soll anhand der mitgeteilten Daten überlegen und entscheiden können, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmen will oder nicht. Auf diese Weise sollen überflüssige Prozesse vermieden werden, BGH – Urt. v. 26.10.2005 – NJW-RR 2006, 227 (Tz. 10) = WuM 2006, 39, BGH – Urt. v. 12.7.2006 – NJW-RR 2006, 1599 (Tz. 13) = WuM 2006, 569, BGH – Urt. v. 12.12.2007 – NZM 2008, 164 (Tz. 12) = WuM 2008, 88 = MietRB 2008, 98 (Kunze).

An die Begründung dürfen aber aus verfassungsrechtlichen Gründen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden, zumal ein wirksames Erhöhungsverlangen (und damit eine ordnungsmäßige Begründung) nach h.M. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Mieterhöhungsklage ist. Es soll genügen, wenn der Mieter anhand der vom Vermieter gegebenen Begründung einen ersten Hinweis darauf erhält, dass das Erhöhungsverlangen nicht ins Blaue hinein gestellt, sondern sachlich fundiert ist, um so seinerseits die Berechtigung prüfen zu können. Jedenfalls genügt es, wenn der Vermieter dem Mieter diejenigen tatsächlichen Informationen für die Überprüfung liefert, die dem Mieter nicht selbst zur Verfügung stehen. Der Vermieter ist nicht gehalten, dem Mieter alle Überlegungen und Berechnungsschritte darzulegen, die ihn zu der konkret in dem Erhöhungsverlangen geforderten Miete geführt haben, BayObLG – RE v. 22.3.2000 – NZM 2000, 488 = ZMR 2000, 445.

417

192

Rn. IV 193

Mieterhöhungen

Stützt sich der Vermieter auf bestimmte Begründungsmittel (z.B. Vergleichswohnungen), so ist das Gericht nicht gehindert, auf andere Beweismittel zurückzugreifen (z.B. auf einen Mietspiegel), LG Hamburg WuM 1990, 31, WuM 1991,699, LG Duisburg WuM 1991, 502, LG Dortmund WuM 1991, 559, LG Wiesbaden WuM 1996, 420.

aa) Mietspiegel 193

Das MRRG unterscheidet zwischen „gewöhnlichem“ Mietspiegel und qualifiziertem Mietspiegel (§§ 558c, d BGB).1 Zu den Unterscheidungen und zur Bedeutung des qualifizierten Mietspiegels s. Rn. IV 194 f., 223 f. aaa) Erstellung des Mietspiegels

193a

Hat die Gemeinde einen (nicht qualifizierten) Mietspiegel aufgestellt, so handelt es sich dabei nur um eine statistisch aufbereitete Sammlung von Vergleichsmieten. Für eine verwaltungsgerichtliche Klage wegen eines kommunalen Mietspiegels ist zwar der Verwaltungsrechtsweg eröffnet; jedoch wird einer Mietpartei das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage und die Klagebefugnis für eine Leistungsklage fehlen. Eine Anfechtungsklage scheidet aus, weil der Mietspiegel mangels Regelungsqualität weder ein Verwaltungsakt noch eine Allgemeinverfügung ist; ebenso wenig stellt ein Mietspiegel ein Rechtsverhältnis dar, dessen Bestehen oder Nichtbestehen Gegenstand einer Feststellungsklage sein könnte, BVerwG – Urt. v. 29.1.1996 – WM 1996, 432 = ZMR 1996, 449,2 BayVG München – Urt. v. 27.7.1993 – ZMR 1994, 81.

194

Das gilt im Ergebnis auch für den qualifizierten Mietspiegel: Er kann nicht verwaltungsgerichtlich darauf überprüft werden, ob er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt ist und deshalb den Anforderungen des § 558d BGB entspricht, OVG Münster – Beschl. v. 22.8.2006 – WuM 2006, 623. Das Urteil des BVerwG v. 26.1.1996 – NJW 1996, 2046 = WuM 1996, 432 gilt im Kern auch für einen qualifizierten Mietspiegel.

Für dieses Ergebnis sprechen folgende Erwägungen:3 Der qualifizierte Mietspiegel ist entweder von der Gemeinde oder von den Interessenverbänden der Vermieter und der Mieter anzuerkennen. Bei Anerkennung durch die Interessenverbände ist für eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle von vornherein

1 Für die Aufstellung, aber auch zum Verständnis von Mietspiegeln sind die Hinweise des Bundesministeriums für Verkehrs-, Bau- und Wohnungswesen zur Erstellung von Mietspiegeln 2002 aufschlussreich (abgedruckt auch bei Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, S. 331; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Anhang zu §§ 558c, 558d). 2 Kritisch dazu Storr ZMR 1996, 453. 3 Börstinghaus/Börstinghaus NZM 2003, 377; Brüning NZM 2003, 921; ferner SchmidtFutterer/Börstinghaus §§ 558c, d Rn. 76.

418

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 197

kein Raum.1 Wollte man die verwaltungsgerichtliche Kontrolle auf Grund des Anerkenntnisses der Gemeinde bejahen, so würde die Rechtsentwicklung bei der Begründung eines Mieterhöhungsverlangens mit qualifizierten Mietspiegeln auseinander laufen – ein Ergebnis, das der Gesetzgeber kaum gewollt haben kann. Erforderlich erscheint eine solche Kontrolle nicht; denn die ordentlichen Gerichte sind durchaus befugt, öffentlich-rechtliche Vorfragen zu klären und öffentlich-rechtliche Akte auf ihre materielle (preisrechtliche) Zulässigkeit zu überprüfen; dem steht die Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten nicht entgegen, OLG Hamm – Beschl. v. 18.2.1991 – WuM 1991, 331 = ZMR 1991, 264, RE v. 20.8.1993 – NJW-RR 1993, 1424 = WuM 1993, 591 = ZMR 1993, 515, OLG Hamburg – RE v. 18.1.1991 – WuM 1991, 152 = ZMR 1991, 137.

Für die Anfechtung vor den Verwaltungsgerichten wird geltend gemacht, dass der Vermieter über die zwingende Mitteilungspflicht nach § 558a Abs. 3 BGB und die Vermutungswirkung nach § 558d Abs. 3 BGB in seinem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) beeinträchtigt wird. Zumindest eine eingeschränkte Überprüfung bezüglich der Voraussetzungen der Anerkennung und des Anerkennungsverfahrens durch die Gemeinde wird für zulässig gehalten.2

195

Die Möglichkeit der doppelten gerichtlichen Überprüfung von qualifizierten Mietspiegeln führt zu einer Hyperthrophie des Rechtsschutzes sowie einer erheblichen Verfahrensverzögerung mit der Folge von Rechtsunsicherheit während des Schwebezustands. Durch die Regelungen in §§ 558a Abs. 3, 558d Abs. 3 BGB wird allenfalls mittelbar in die Grundrechtssphäre des Vermieters eingegriffen, und das auch nur im sozialpflichtigen Rahmen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle von qualifizierten Mietspiegeln neben der materiellen Kontrolle durch die ordentlichen Gerichte ist daher abzulehnen. Verwaltungsgerichtlich ist die Aufstellung und Veröffentlichung eines qualifizierteren Mietspiegels durch die Gemeinde als schlicht verwaltende Tätigkeit ohne bindende Außenwirkung bewertet worden, so dass das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Gemeinde und dem Vermieter verneint worden ist,

196

VG Minden ZMR 2004, 226, bestätigt durch OVG Münster – Beschl. v. 22.8.2006 – WuM 2006, 623.

Ein nur von einem Interessenverband herausgegebener Mietspiegel ist kein geeignetes Begründungsmittel i.S. von § 558a 2 Abs. 1 BGB, auch kein „sonstiges“. Allerdings soll ein Mietspiegel zur förmlichen Begründung des Erhöhungsverlangens auch dann herangezogen werden können, wenn der mitgliedstärkste Interessenverband der Mieter dem Mietspiegel nicht zugestimmt hat, OLG Hamm – RE v. 11.10.1990 – WuM 1990, 538 = ZMR 1991, 22.

1 So auch Brüning NZM 2003, 921, 924. 2 S. zu § 558d BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 5; Lammel Rn. 35; MünchKomm/ Artz Rn. 3; Brüning NZM 2003, 921, 929; Börstinghaus/Börstinghaus NZM 2003, 377.

419

197

Rn. IV 198 198

Mieterhöhungen

Selbst wenn ein Mietspiegel nur Mieten für Mehrfamilienhäuser ausweist, soll er vom Vermieter zur Begründung von Erhöhungsverlangen auch für vermietete Einfamilienhäuser herangezogen werden können, sofern sich die verlangte Mieterhöhung innerhalb der einschlägigen Spanne des Mietspiegels hält,1 LG Hagen WuM 1997, 331, LG Mönchengladbach NZM 1998, 301, LG Hamburg ZMR 2003, 491 (ZK 7), AG Hamburg-Blankenese ZMR 2003, 492.

Dieser Auffassung hat sich der BGH angeschlossen, BGH – Urt. v. 17.9.2008 – WuM 2008, 729 (gegen LG Krefeld WuM 2008, 232): Der Vermieter kann zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens für ein Einfamilienhaus auf einen Mietspiegel, der keine Angaben zu Einfamilienhäusern enthält, jedenfalls dann Bezug nehmen, wenn die geforderte Miete innerhalb der Mietpreisspanne für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt. Die Miete für Einfamilienhäuser liegt im Regelfall über der Miete für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Dies entspricht nicht nur einem Erfahrungssatz. Im Mietspiegel (von Krefeld) selbst ist unter IV. vermerkt, dass Wohnungen in kleineren Wohneinheiten tendenziell höherpreisig sind. ...

Sie ist problematisch, da sie den Mietspiegel auf Mieten eines Teilmarkts anwendet, die durch den Mietspiegel gerade nicht repräsentiert sind.2 Die Vermutungswirkung von qualifizierten Mietspiegeln (§ 558 Abs. 3 BGB) greift in diesem Zusammenhang nicht, ablehnend auch LG Gera WuM 2003, 497, LG Hamburg WuM 2002, 698 (ZK 33) für Einfamilienhäuser, LG Berlin GE 2002, 1197 = NZM 2003, 311 für Ein- bis Zweifamilienhäuser.

Ebenso wenig ist ein Mietspiegel, der bestimmte Mindestwohnflächen voraussetzt, auf Wohnungen anzuwenden, die kleinere Flächen ausweisen (s. Rn. IV 205). 199

Sind jedoch beide Vertragsparteien eines Mietverhältnisses über ein Einfamilienhaus im Einzelfall damit einverstanden, dass zur Mietermittlung auf einen Mietspiegel zurückgegriffen wird, so handelt es sich um eine Rahmenvereinbarung zur Bestimmung der konkreten Einzelvergleichsmiete nach § 557 Abs. 1 BGB. Diese Rahmenvereinbarung hat auch das Gericht im Streitfall zu beachten. Generell wirkende Vereinbarungen, insbesondere Formularklauseln, verstoßen gegen § 557 Abs. 4 BGB. bbb) Anwendung des Mietspiegels

200

Für die Anwendung eines Mietspiegels ist vorauszusetzen, dass der Mietspiegel bereits erstellt und als Begründungsmittel benutzbar ist. Ein noch nicht verabschiedeter Mietspiegel kann nicht als Begründungsmittel verwendet werden, anders aber für einen noch im Druck befindlichen, LG Essen ZMR 1996, 88, AG Gelsenkirchen-Buer ZMR 1998, 236. 1 S. auch Kniep NZM 2000, 166: Ein Mietspiegel ist bis zum Oberwert anwendbar; ein darüber hinausgehendes Mieterhöhungsverlangen ist insoweit unwirksam; s. auch Bub/Treier Rn. III A 415. 2 So auch zu § 558a BGB: MünchKomm/Artz Rn. 17; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 35.

420

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 202

Ebenso verhält es sich, wenn der Mietspiegel weder bei Erklärung des Mieterhöhungsverlangens noch zum gesetzlichen Wirkungszeitpunkt der erstrebten Mieterhöhung Geltung hatte, LG Hamburg WuM 1990, 310.1

Ist ein neuer Mietspiegel nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens veröffentlicht worden, so kann er zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete jedenfalls dann herangezogen werden, wenn der maßgebliche Ermittlungsstichtag noch vor dem Wirkungszeitpunkt der verlangten Mieterhöhung liegt, LG Berlin GE 1996, 1547.

Ist der Mietspiegel allgemein zugänglich, so braucht er dem Erhöhungsverlangen nicht beigefügt zu werden,2

201

BGH – Urt. v. 12.12.2007 – NZM 2008, 164 (Tz. 15) = WuM 2008, 88 = MietRB 2008, 98 (Kunze), LG Berlin WuM 1990, 519.

Allgemein zugänglich soll der Mietspiegel sein, wenn er im noch aktuellen Amtsblatt veröffentlicht ist, BGH – Urt. v. 12.12.2007 – NZM 2008, 164 (Tz. 15) = WuM 2008, 88 = MietRB 2008, 98 (Kunze), AG Wiesbaden WuM 2007, 325, LG Wiesbaden WuM 2007, 705: auch Veröffentlichung im Internet, LG Dresden WuM 2007, 707, jedoch einschränkend für ein Amtsblatt, dessen Ausgabe längere Zeit (2 Jahre) zurückliegt, das Amtsblatt nicht mehr ohne weiteres zugänglich ist und ein Hinweis des Vermieters fehlt, bei welcher Stelle die ältere Ausgabe des Amtsblatts kostenlos eingesehen werden kann.

Nicht allgemein zugänglich ist ein Mietspiegel, wenn er nicht kostenlos erhältlich ist, AG und LG Wiesbaden WuM 2007, 325, 512, wenn der Mietspiegel nur gegen eine Schutzgebühr von 3 Euro von den Interessenverbänden erworben werden kann, LG Dresden WuM 2007, 707, AG Münster WuM 2007, 674 (Wüstefeld) = MietRB 2008 , 69 (Kunze), AG Wetter WuM 1997, 227, wenn der Mietspiegel nur für 50 DM von Nichtmitgliedern des aufstellenden Verbandes erworben werden kann, AG Köln NZM 2005, 146, wenn der Mietspiegel nur käuflich zu erwerben ist.

Das Angebot des Vermieters zur Einsichtnahme in seinem Büro oder dem Servicecenter seines Verbandes reicht nicht aus, AG Wiesbaden WuM 2007, 325.

Bezieht sich der Vermieter zur Begründung des Erhöhungsverlangens auf einen Mietspiegel, so muss er die Bezugspunkte für die Einstufung der Wohnung in das Mietraster angeben, soweit sie der Mieter benötigt, um die Berechnung des Vermieters nachvollziehen zu können, LG Köln WuM 1994, 691. 1 Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen: BVerfG – Beschl. v. 3.4.1990 – NJW 1992, 1377 = WuM 1992, 48. 2 S. dazu ausführlich Reschke WuM 2008, 228.

421

202

Rn. IV 203

Mieterhöhungen

Einerseits ist es nicht erforderlich, das Mietspiegelfeld selbst zu bezeichnen, sofern nur die Koordinaten (Baualtersklasse, Größe, Ausstattung, Wohnlage) angegeben werden, aus denen sich das einschlägige Rasterfeld des Mietspiegels ermitteln lässt, LG Berlin GE 1995, 812.

Dabei sind solche Angaben zu Umständen entbehrlich, die dem Mieter bekannt sind. Rechnerische Fehler führen für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens, LG München WuM 1993, 67.

Andererseits genügt die genaue Angabe des nach Auffassung des Vermieters einschlägigen Rasterfeldes auch ohne Benennung der darin enthaltenen Mietspanne, BGH – Urt. v. 12.12.2007 – NZM 2008, 164 (Tz. 13, 16) = WuM 2008, 88 = MietRB 2008, 98 (Kunze) unter Aufgabe der strengeren Rspr. im Urt. v. 12.11.2003 – NZM 2004, 219 = WuM 2004, 93.

Ebenso wenig braucht der Vermieter im Mieterhöhungsverlangen die zur Eingruppierung der Wohnung in den Mietspiegel wesentlichen Kategorien ausdrücklich aufzuführen, wenn er eine Kopie des Mietspiegels beigefügt und darin den verlangten Höchstbetrag gekennzeichnet hat, und wenn der Mietspiegel allgemein zugänglich ist, LG Mönchengladbach WuM 1992, 196.

203

Ein Mieterhöhungsverlangen ist nicht deshalb unwirksam, weil der Vermieter versehentlich ein unrichtiges Rasterfeld im Mietspiegel angegeben hat und der Mieter den Fehler ohne weiteres erkennen kann. Konnte der Mieter dies nicht, etwa weil er das Datum der Bezugsfertigkeit nicht kannte, so soll das Erhöhungsverlangen unwirksam sein, LG Berlin ZMR 1998, 347.

204

Nicht unwirksam, sondern nur insoweit unbegründet ist das Erhöhungsverlangen, wenn die fehlerhafte Bezugnahme auf ein Rasterfeld des Mietspiegels darauf beruht, dass der Vermieter das Vorhandensein eines bestimmten Ausstattungsmerkmals nicht beweisen kann, LG Hamburg WuM 1996, 419 für ein Bad.

Unwirksam ist es aber, wenn der Mietspiegel für die betreffende Wohnung keine Daten – d.h. ein Leerfeld – ausweist, LG Berlin WuM 1990, 158, LG Essen WuM 1991, 120.

205

Ebenso verhält es sich, wenn der Mietenspiegel zu bestimmten Wohnungsgrößen keine Aussage trifft. Setzt etwa ein Mietspiegel eine bestimmte Mindestwohnfläche voraus (z.B. 25 qm), so kann mit ihm nicht ein Mieterhöhungsverlangen für eine kleinere Wohnung (z.B. 23,7 qm) begründet werden, AG Hamburg-Altona ZMR 2003, 502; nach LG Köln WuM 1994, 333 sollen Abweichungen von 20% noch toleriert werden können, was aber fraglich erscheint.

422

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 209

Der Vermieter kann die verlangte Miete auch nicht mit einer Interpolation der Werte des Mietspiegels begründen, wenn der Mietspiegel dies nicht vorsieht,1

206

LG Berlin WuM 2006, 221, AG Bonn WuM 1999, 465.

Das beruht darauf, dass die Feldbesetzung der einzelnen Mietspiegelfelder in der Regel unterschiedlich ist und deshalb die Daten der einzelnen Felder unterschiedlich gewichtet werden müssen. Das ist bei einer Interpolation wiederum kaum möglich, weil hierdurch die Repräsentanz der Daten verfälscht werden würde. Sind die Vertragsparteien im Einzelfall mit einer solchen Methode einverstanden, so mag entsprechend verfahren werden. Zur Anwendung eines Mietspiegels auf von ihm nicht erfasste Wohnungen (z.B. Einfamilien- oder Reihenhäuser) s. Rn. IV 198, 199. Der Vermieter ist an die im Mietspiegel vorgegebenen Baualtersklassen gebunden und kann nicht auf eine andere, ihm angemessener erscheinende Baualtersklasse zurückgreifen,

207

LG Dortmund WuM 1992, 28.

Die Einordnung in eine andere Baualtersklasse ist aber zulässig, wenn eine Altbau-Wohnung vollkommen neu hergerichtet und in Ausstattung und Raumeinteilung neuzeitlichen Anforderungen angepasst worden ist (s. Rn. IV 180). Zur Darlegungslast ist zu beachten: Will der Vermieter eine sanierte Altbauwohnung in eine jüngere Baualtersklasse einordnen, so ist es erforderlich, dass er das ursprüngliche Baualter angibt. Seine Angaben müssen so vollständig sein, dass der Mieter die Einordnung in die jüngere Baualtersklasse nachvollziehen kann,

208

AG Hamburg WuM 1996, 346.

Ist die Wohnung bautechnisch zwar mit einer Sammelheizung ausgestattet, obliegt der Wärmebezug jedoch auf Grund eines Wärmecontractings dem Mieter, so ist noch ungeklärt, ob diese Art der Beheizung dazu führt, das in einem Mietspiegel ausgewiesene Ausstattungsmerkmal „Sammelheizung“ zu erfüllen, da der Vermieter keine Beheizung schuldet (s. Rn. IV 175). Wie schon bisher, ist es für die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens nicht erforderlich, dass der Vermieter die Einordnung innerhalb der Spanne begründet (s. § 558 Abs. 4 Satz 1 BGB). Anders verhält es sich dagegen im Prozess. Hier genügt es für die materielle Berechtigung der Mieterhöhung nicht, dass sich das Erhöhungsverlangen überhaupt im Rahmen des Mietspiegels hält. Die Feststellung, ob die verlangte Miete die ortsübliche Miete übersteigt, erfordert vielmehr, dass die Umstände substantiiert dargetan werden, die erfor1 So auch zu § 558a BGB: MünchKomm/Artz Rn. 17; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 37.

423

209

Rn. IV 210

Mieterhöhungen

derlich sind, um die Einzelvergleichsmiete konkret zu ermitteln. Diese kann schon deshalb nicht mit dem höchsten Wert der Mietspiegelspanne übereinstimmen, weil die Ausweisung von Mietzinsspannen im Mietspiegel sonst jegliche Funktion verlieren würde, BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 976 = NJW 2005, 2074 = NZM 2005, 498 = WuM 2005, 394 = ZMR 2005, 771, ausführlich AG Brandenburg a.d.H. WuM 2007, 268.

210

Andererseits ist ein Mieterhöhungsverlangen nicht schon deshalb unwirksam, weil die bisherige Miete sich schon innerhalb der einschlägigen Spanne des Mietspiegel-Rasterfeldes hält; vielmehr kann eine Einordnung in einen höheren Bereich der Spanne in Betracht kommen,1 s. BGH – Urt. v. 6.7.2005 – NZM 2005, 660 = WuM 2005, 516 = ZMR 2005, 780, BGH – Urt. v. 20.6.2007 – NZM 2007, 639 = WuM 2007, 452 (Tz. 10): Es ist nicht erforderlich, dass sich die ortsübliche Vergleichsmiete seit Vertragsabschluss erhöht hat; ebenso wenig bietet der Wortlaut des § 558 BGB Anhaltspunkte für eine Begrenzung der Mieterhöhung auf den Betrag einer seit Vertragsabschluss erfolgten Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete.2 In der Vereinbarung einer Miete, die unterhalb der ortsüblichen Miete liegt, ist noch kein (teilweiser) Mieterhöhungsausschluss oder Mietverzicht zu sehen, sofern nicht noch weitere Umstände hinzutreten, die auf einen entsprechenden Parteiwillen schließen lassen.

211

Macht der Vermieter zur Einordnung innerhalb der Mietspiegelspanne keine weiteren Angaben, so wird vom Mittelwert der Spanne auszugehen sein (s. auch Rn. IV 225), AG Dortmund NZM 2005, 258, AG Brandenburg a.d.H. WuM 2007, 268.

Verlangt der Vermieter eine Miete, die den Oberwert des einschlägigen Rasterfeldes übersteigt, so ist das Mieterhöhungsverlangen nicht unzulässig, sondern nur insoweit unbegründet, als es über die im Mietspiegel ausgewiesene Mietobergrenze hinausgeht, BGH – Urt. v. 12.11.2003 – NZM 2004, 219 = WuM 2004, 93 = ZMR 2004, 325.

212

Der Vermieter darf einen (einfachen) Mietspiegel, der älter als 2 Jahre ist, nicht eigenmächtig nach dem Wohnungsmietenindex fortschreiben oder sonst durch Zeitzuschläge zum Ausgleich der Stichtagsdifferenz aktualisieren, OLG Hamburg – RE v. 12.11.1982 – WuM 1983, 11, OLG Hamburg – RE v. 16.2.1983 – WuM 1983, 80.

Eine andere Frage ist, ob die Werte eines älteren Mietspiegels im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Gericht aktualisiert werden dürfen oder gar müssen (s. Rn. IV 226). 213

Nur für qualifizierte Mietspiegel ist eine Fortschreibung zwingend nach Ablauf von 2 Jahren vorgeschrieben. Geschieht dies nicht oder nicht rechtzeitig, 1 Zum Fall: Die (vom Sachverständigen festgestellte) Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete betrug 5,73–6,22 Euro/qm; die bisherige Vertragsmiete betrug 5,90 Euro/ qm; der Vermieter erstrebte eine Mieterhöhung nach dem Oberwert der Spanne. 2 S. dazu Blum WuM 2007, 491.

424

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 216

so verlieren sie ihre Qualifikation, können aber als „einfache“ Mietspiegel noch von Bedeutung sein, zumindest als formelles Begründungsmittel dienen (s. § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB). Für „einfache“ Mietspiegel besteht lediglich eine „Soll“-Empfehlung zur Fortschreibung nach 2 Jahren (§ 558c Abs. 3 BGB). Auch ein veralteter Mietspiegel kann als formales Begründungsmittel verwendet werden, sofern noch kein aktueller vorliegt (§ 558a Abs. 4 Satz 2 BGB). Veraltete einfache Mietspiegel können aber durch Zeitzuschläge aktualisiert werden und dadurch noch eine Zeit lang ihren Beweiswert behalten (s. dazu Rn. IV 226). ccc) Beweiswert von Mietspiegeln Zunächst ist klarzustellen, dass der Beweiswert von Mietspiegeln sich nur auf das allgemeine Mietenniveau bezieht. Für die konkrete Ermittlung des Mietwerts der einzelnen Wohnung müssen die Umstände des Einzelfalles – z.B. aufwendige Renovierung durch den Vermieter, Adressenlage u.Ä., ebenso wie negative Umstände wie Merkmale einer früheren Sozialwohnung, schlechter Allgemeinzustand des Wohngebäudes, Funktionsunfähigkeit von Ausstattungen, Verkehrsbelastung – durch richterlichen Augenschein, notfalls durch Sachverständigengutachten berücksichtigt werden.1

214

Einfache Mietspiegel: Von den Gemeinden aufgestellte „einfache“ Mietspiegel sind von den Zivilgerichten, die sie zur Feststellung der ortsüblichen Miete heranziehen, auf ihre Richtigkeit und Eignung zum Nachweis der Vergleichsmiete zu prüfen.

215

Trotz der Einführung qualifizierter Mietspiegel haben sie ihre Bedeutung als Erkenntnisquelle im Rahmen der freien Beweiswürdigung zur Ermittlung der ortsüblichen Miete nicht verloren,2 LG Duisburg WuM 2005, 460, AG Dortmund WuM 2003, 35 = ZMR 2003, 194.

Hierbei wird es auf ihre Qualität ankommen. So ist wesentlich, ob der Mietspiegel eine Mietbewertung nach den Wohnwertkriterien des § 558 BGB ermöglicht und seine Daten nach einer statistisch-wissenschaftlich einwandfreien Methode erhoben sowie ausgewertet worden sind. Das ist dann verneint worden, wenn ein Mietspiegel für die Beschaffenheit der Wohnung im Wesentlichen auf das Baualter abstellt und für die Wohnlage keine mietrelevanten Merkmale berücksichtigt (LG Kiel HmbGE 1994, 235). Dagegen sind Werte eines Mietspiegels nicht deshalb unplausibel, weil besser ausgestattete und belegene Wohnungen u.U. niedrigere Mieten als schlechter ausgestattete und belegene Wohnungen ausweisen (anders aber LG Kiel a.a.O.). Das kann nämlich darauf beruhen, dass der Katalog der mietwertbestimmenden Merkmale

1 S. Müther WuM 1999, 311: Der Mietspiegel als Erkenntnismittel im Straf-, Bußgeldund Zivilverfahren. 2 MünchKomm/Artz BGB § 558c Rn. 5.

425

216

Rn. IV 217

Mieterhöhungen

nicht abschließend ist und insbesondere die Wohndauer (z.B. hohe Fluktuation) oder die soziale Schichtung der Mieterschaft (z.B. Ausländeranteil) nicht signifikant berücksichtigt werden. Keinen Beweiswert haben zwischen den Verbänden (und ggf. der Kommune) ausgehandelte Mietspiegel: Je größer der ausgehandelte Anteil eines Mietspiegels ohne wissenschaftliche Grundlage ist, desto geringer ist seine Überzeugungskraft. 217

Die Gerichte haben bei der Beweiswürdigung eines Mietspiegels einen weiten Prüfungsrahmen. Sie müssen Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit von Mietspiegeln, die der ständigen Rspr. mehrerer Kammern zugrunde liegen, nur dann im Einzelnen in den Entscheidungsgründen nachgehen, wenn der Einzelfall dazu Anlass gibt. Es reicht für eine Mietpartei nicht aus, methodische Kritik gegen die Mietspiegel in einzelnen Punkten vorzutragen, wenn nicht dargetan wird, dass sich die Mängel auf das konkrete Rasterfeld und damit auf die maßgebliche Mietspanne ausgewirkt hätten, VerfGH Berlin – Beschl. v. 17.12.1997 – GE 1998, 238 (zu § 5 WiStG), LG Freiburg NZM 1998, 662: Die allgemeine Systemkritik, die sich nicht auf die Auswirkungen auf ein bestimmtes Feld bezieht, ist unerheblich; ebenso LG Hamburg WuM 1998, 490, zu nicht stichhaltigen Einwänden gegenüber einem Mietspiegel s. auch LG Hamburg WuM 1996, 45, zur Kritik an einem Mietspiegel, der auf der Grundlage einer Regressionsanalyse erstellt worden ist: LG München I WuM 1996, 709.1

218

Die Vertragsparteien haben keinen Anspruch darauf, dass die an der Erstellung des Mietspiegels beteiligten Stellen ihnen Einsicht in die Grundlagendaten gewähren. Eine diesbezügliche Weigerung hindert das Gericht nicht daran, den betreffenden Mietspiegel zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete heranzuziehen, LG Hamburg WuM 1998, 490.

219

Allgemein wird selbst der „einfache“ Mietspiegel als ein dem Sachverständigengutachten überlegenes Begründungs- und Beweismittel angesehen.2 Der Vorrang von Mietspiegeln, die auf wissenschaftlicher Grundlage erstellt worden sind, auch wenn sie deswegen nicht unbedingt qualifizierte Mietspiegel i.S. von § 558d BGB sein müssen, vor anderen Beweismitteln beruht zu einem wesentlichen Teil darauf, dass der Sachverständige das Datenmaterial nicht auf derart breiter und repräsentativer Grundlage erheben kann, wie das bei Erstellung eines Mietspiegels auf wissenschaftlicher Grundlage der Fall ist, BVerfG – Beschl. v. 3.4.1990 – NJW 1992, 1377 = WuM 1992, 48: Ihr Vorzug besteht vor allem darin, dass ordnungsgemäß aufgestellte Mietspiegel in der Regel auf einer erheblich breiteren Tatsachenbasis beruhen, als sie ein gerichtlich bestellter Sachverständiger mit einem Kosten- und Zeitaufwand ermitteln könnte, der zum Streitwert des gerichtlichen Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis stünde. Ihre Verwen-

1 Dazu die mit Recht ablehnende Besprechung von Blank WuM 1997, 178. 2 S. die Übersicht bei Meier NZM 1999, 652: Rechtsprechungsunterschiede in der Bewertung von Mietspiegeln und Mietwucher.

426

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 222

dung vermeidet daher die Entstehung von Rechtsverfolgungskosten, die im Falle eines Teilunterliegens den erstrittenen Erhöhungsbetrag leicht erheblich schmälern oder sogar vollständig aufzehren können; BGH – Urt. v. 20.4.2005 – NZM 2005, 498 = WuM 2005, 394 = ZMR 2005, 771 zum qualifizierten Mietspiegel (Rn. IV 224),1 vgl. auch LG Berlin GE 1995, 565.

Die Gerichte sind auch nicht schon aus verfassungsrechtlichen Gründen gehalten, zur Ausfüllung der Mietpreisspannen einen Sachverständigen hinzuzuziehen,

220

BVerfG – Beschl. v. 20.3.1991 – WuM 1991, 523.

Zwar handelt es sich bei einem Mietspiegel nicht um ein Beweismittel i.S. der ZPO; auch besteht keine Vermutung dafür, dass ein (einfacher) Mietspiegel die ortsübliche Miete tatsächlich wiedergibt. Es soll vielmehr allein Sache des Tatrichters sein, ob und in welcher Weise er das allgemeinkundige, im (einfachen) Mietspiegel enthaltene Zahlenmaterial bei der Überzeugungsbildung als Hilfsmittel heranzieht,

221

KG v. 6.6.1991 – WuM 1991, 425 = ZMR 1991, 341.

Zum Teil ist ein (einfacher) Mietspiegel auch als antizipiertes Sachverständigengutachten gewertet worden,2 das in seinen Feststellungen nicht unmittelbar verbindlich und bei schematischer Handhabung als alleiniges Beweismittel ungeeignet ist, OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 1.6.1994 – NJW-RR 1994, 1233 = WuM 1994, 436, KG – Beschl. v. 6.7.1994 – GE 1994, 991, 995 jeweils zu § 5 WiStG.

Nach hier vertretener Auffassung ist ein Mietspiegel im Wege des Freibeweises zu verwerten, ohne dass das Gericht an die in der ZPO aufgeführten Beweismittel gebunden ist,3 s. auch LG Arnsberg WuM 1992, 443, 625, LG Duisburg WuM 2005, 460: Der einfache Mietspiegel unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung.

Vorbehalte werden gegenüber dem Beweiswert von Mietspiegeln, die nach der Regressionsmethode erstellt worden sind, erhoben. Sie richten sich aber nicht gegen die Methode als solche, sondern gegen die Umsetzung im konkreten Fall,4 LG München I NJW-RR 1993, 1427 = WuM 1993, 451, NZM 2002, 904 = WuM 2002, 547.

Zur Unzulässigkeit, den Mietspiegel auf von ihm nicht erfasste Wohnungen anzuwenden und zwischen den Daten verschiedener Mietspiegelfelder zu interpolieren oder zu kombinieren s. Rn. IV 198, 206. 1 Besprechung Thomma WuM 2005, 496. 2 S. Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558b Rn. 110 m.w.N. 3 S. dazu MünchKomm/Artz BGB § 558c Rn. 5; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558b Rn. 112; Müther WuM 1999, 311. 4 Wetekamp NZM 2003, 184: Mietspiegel als gerichtliche Erkenntnisquelle.

427

222

Rn. IV 223

Mieterhöhungen

223

Qualifizierten Mietspiegeln kommt ein gesteigerter Beweiswert zu, indem vermutet wird, dass die bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB).1 Die Vermutung ist aber widerlegbar. Im Rechtsstreit muss der Mieter darlegen, dass der herangezogene Mietspiegel qualifiziert ist, wenn er sich auf dessen Vermutung stützen will. Erst wenn dieser Beweis gelungen ist, muss der Vermieter die Vermutung widerlegen.

224

Die Vermutungswirkung bezieht sich jedoch nur auf den vom Mietspiegel repräsentierten Mietenhintergrund. Sie befreit das Gericht nicht davon, mittels aller prozessualen Beweismittel die konkrete ortsübliche Miete gerade für die streitbefangene Wohnung innerhalb der Mietspiegelspanne zu bestimmen. Allerdings wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der konkreten Miete innerhalb der Spanne als prozessunwirtschaftlich ausscheiden, BGH – Urt. v. 20.4.2005 – NJW 2005, 2074 = WuM 2005, 394 = ZMR 2005, 771: Wenn auch bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels in der Regel ein Sachverständigengutachten zur Spanneneinordnung einzuholen wäre, würde die in § 558d Abs. 3 BGB enthaltene Vermutung ihre verfahrensvereinfachende Funktion weitgehend verlieren. Der Vorzug von Mietspiegeln besteht vor allem darin, dass ordnungsgemäß aufgestellte Mietspiegel in der Regel auf einer erheblich breiteren Tatsachenbasis beruhen, als sie ein gerichtlich bestellter Sachverständiger mit einem Kosten- und Zeitaufwand ermitteln könnte, der zum Streitwert des gerichtlichen Verfahrens in einem noch angemessenen Verhältnis stünde. S. auch LG Berlin WuM 2003, 499, LG Dortmund WuM 2003, 297; WuM 2005, 723, LG Hamburg WuM 2005, 726 jeweils zur Befugnis des Gerichts, die Spanneneinordnung selbst vorzunehmen, ohne einen Sachverständigen beizuziehen.

225

Dem Mittelwert einer Mietwertspanne kommt keine erhöhte Vermutungswirkung zu,2 insbesondere wenn er (nur) das arithmetische Mittel abbildet. Allerdings kann er – wie etwa der Medianwert – besondere Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung haben, weil er den am häufigsten ermittelten Mietwert innerhalb der Spanne wiedergibt, LG Dortmund WuM 2005, 723, 726, s. auch AG Dortmund NZM 2005, 258: Weist ein (qualifizierter) Mietspiegel Spannen auf, so wird vermutet, dass die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb dieser Spanne liegt. Ohne weitere Angaben und Orientierungshilfen ist dabei vom Mittelwert des Mietspiegels auszugehen, AG Brandenburg a.d.H. WuM 2007, 268.

Die Vermutungswirkung des § 558d Abs. 3 BGB beschränkt sich auf das Verfahren nach § 558 BGB und kann nicht auf Rückforderungsansprüche des Mieters wegen Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG erstreckt werden.3 226

Aus der gesetzlichen Wartefrist von einem Jahr ergibt sich, dass der Gesetzgeber von einer Mietenkonstanz für diese Zeit ausgeht, so dass ein Zeitzu1 S. Börstinghaus/Börstinghaus NZM 2003, 377: Qualifizierte Mietspiegel in der Praxis – Eine empirische Untersuchung über Akzeptanz und praktische Umsetzung des neuen Rechtsinstruments. 2 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558c, d Rn. 101. 3 Zu § 558d BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 18; Emmerich/Sonnenschein Rn. 11.

428

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 226

schlag nicht vor Ablauf eines Jahres seit der Erstellung desjenigen Mietspiegels, auf dessen Grundlage die ortsübliche Miete ermittelt wird, in Betracht kommt. Für die sich daran anschließende Zeit ist aber anerkannt, dass das Gericht – nicht der Vermieter im Erhöhungsverlangen (s. Rn. IV 212) – wegen der Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in der Zeit zwischen der Datenerhebung zum Mietspiegel und dem Zugang des Erhöhungsverlangens eingetreten ist (sog. Stichtagsdifferenz), einen Zeitzuschlag zu dem für die Wohnung in Betracht kommenden Mietspiegelwert machen darf,1 OLG Stuttgart – RE v. 15.12.1993 – DWW 1994, 47 = WuM 1994, 59 = ZMR 1994, 109, OLG Hamm – RE v. 30.8.1996 – WuM 1996, 610.

Dabei soll es sich aber nicht um einen pauschalen Zuschlag handeln, geschätzt etwa auf Grund eines allgemeinen Preisindexes für die Lebenshaltungskosten oder eines undifferenzierten Wohnungsmietenindexes. Vielmehr soll die Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu ermitteln sein, die bei vergleichbaren Wohnungen in der Gemeinde eingetreten ist. Das erscheint prozessunwirtschaftlich.2 Dementsprechend wird der Rechtsentscheid des OLG Stuttgart v. 15.12.1993 nicht für anwendbar gehalten, wenn der Stichtagszuschlag sich nicht mit vertretbarem Aufwand ermitteln lässt, LG Frankfurt WuM 1994, 605; nach LG Berlin MM 1995, 185 steht ein Zeitzuschlag im Ermessen des Gerichts („kann“), s. auch LG Berlin MM 1996, 76; nach LG Hamburg WuM 1996, 45 (ZK 16) ist das Gericht zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, einen Zeitzuschlag vorzunehmen, da die Vorlagefrage zum OLG Stuttgart nur dahin ging, ob das Gericht einen solchen Zuschlag machen „kann“ und der amtliche Leitsatz auch nur so gefasst ist. Der darüber hinausgehenden Aussage in den Gründen kommt keine Bindungswirkung zu; gänzlich ablehnend LG Hamburg WuM 1997, 209 (ZK 34).

Fraglich ist, ob der Zeitzuschlag linear – d.h. mit monatlich gleichen Zuschlägen – durchzuführen ist, so LG Berlin WuM 1996, 102, LG Lübeck WuM 2001, 82; abweichend LG Hamburg ZMR 2000, 538 (ZK 16): zeitanteilige Berechnung nach der jeweiligen Steigerungsrate des Mittelwerts des einschlägigen Rasterfeldes.3 1 Lammel BGB § 558b Rn. 47; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 67, § 558b Rn. 123 f.; ablehnend MünchKomm/Artz BGB § 558a Rn. 21. 2 Vgl. Blank ZMR 1994, 137. 3 Beispiel: Für ein Mieterhöhungsverlangen ist das Rasterfeld F 3 des Mietspiegels I (erstellt: April 2003) mit einem Mittelwert von 6,80 Euro/qm einschlägig. Der Mittelwert für das entsprechende Feld des Mietspiegels II (erstellt: April 2005) weist einen Mittelwert von 8,10 Euro aus. Der Vermieter strebt eine Mieterhöhung auf 7,50 Euro/ qm zum 1. Juni 2004 an. Der Zeitzuschlag berechnet sich wie folgt: Steigerungsrate der Mittelwerte während 24 Monate: von 6,80 Euro auf 8,10 Euro = ca. 19% Steigerungsrate, bezogen auf 12 Monate, 19:2 = 9,5% angenommene ortsübliche Miete nach dem Mietspiegel 2003 ohne Zeitzuschlag 7,15 Euro/qm Zeitzuschlag: 9,5% auf 7,15 Euro 0,68 Euro/qm an sich zulässige ortsübliche Miete 7,83 Euro/qm. Das Erhöhungsverlangen des Vermieters auf 7,50 Euro/qm ist also begründet.

429

Rn. IV 227

Mieterhöhungen

Für die Ermittlung eines Zeitzuschlages braucht kein Sachverständigengutachten eingeholt zu werden, LG Lübeck WuM 2001, 82.

227

Für qualifizierte Mietspiegel ist ein Zeitzuschlag unzulässig, aber auch entbehrlich; denn sie sind gemäß § 558d Abs. 2 BGB nach Ablauf von zwei Jahren ohnehin fortzuschreiben, wenn auch u.U. nach einer vereinfachten indexbezogenen und daher systemfremden Methode. Ein nicht oder nicht rechtzeitig fortgeschriebener qualifizierter Mietspiegel verliert seine Qualifikation, kann jedoch als „einfacher“ Mietspiegel Bedeutung haben, da hier die Fortschreibung nur auf einer Sollvorschrift beruht (§ 558c Abs. 3 BGB).

227a

Zuschläge wegen Nichtabwälzung bestimmter Pflichten auf den Mieter wie die Übernahme laufender Schönheitsreparaturen oder kleiner Reparaturen sind nicht zu rechtfertigen (s. auch Rn. IV 186, 187). Sie werden meist mit Kostenargumenten begründet („dann wäre die Miete eben höher“). Kostenelemente sind jedoch für die marktorientierte Vergleichsmiete systemfremd. Ihre Auswirkungen auf die Mietentwicklung sind zudem empirisch nicht erfasst. Zuschläge können aber gerechtfertigt sein, wenn sie ein besonderes Entgelt für eine Sondernutzung darstellen, sofern hierüber nicht schon im Mietvertrag ein fester Zuschlag (z.B. für teilgewerbliche Nutzung) und ggf. dessen Erhöhung vereinbart ist und sich die Sondernutzung nicht nur unerheblich auf die Marktentwicklung und damit die ortsübliche Miete auswirkt. Allerdings kommen derartige Zuschläge nur infrage, wenn Vergleichsdaten nicht zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand beschafft werden könnten. Das gilt z.B. für die (zulässige) teilgewerbliche Nutzung der Wohnung.1

227b

Ist eine Erhöhung des Zuschlags vertraglich vorgesehen, so unterliegt die Erhöhung nicht den Voraussetzungen der §§ 558 f. BGB. Ist dem Vermieter ein einseitiges Erhöhungsrecht nach § 315 BGB eingeräumt, so ist seine Leistungsbestimmung nur wirksam, wenn der konkrete Erhöhungsbetrag nachvollziehbar berechnet wird, KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 37 = ZMR 2006, 284.2

ddd) Mietspiegel benachbarter Gemeinden 228

Ist in der Gemeinde kein aktueller Mietspiegel vorhanden, so kann das Mieterhöhungsverlangen auf den Mietspiegel einer vergleichbaren Nachbargemeinde gestützt werden (§ 558a Abs. 4 Satz 2 BGB). Die Regelung ist auch anzu1 Ist die teilgewerbliche Nutzung unzulässig und damit vertragswidrig, steht dem Vermieter u.U. ein Schadensersatzanspruch, jedoch kein Erfüllungsanspruch in Gestalt eines Anspruchs auf einen Mietzuschlag zu. 2 Zum Fall: Die Klausel lautete: „Eine spätere evtl. Anhebung des Gewerbezuschlags soll sich an dem Verhältnis einer Änderung der Kaltmiete lt. § 3 des Mietvertrages orientieren.“

430

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 231

wenden, wenn in der Gemeinde überhaupt kein Mietspiegel erstellt worden ist. Der Vermieter braucht die Vergleichbarkeit der Gemeinde im Erhöhungsverlangen nicht weiter zu begründen; seine Behauptung darf aber nicht offensichtlich unbegründet sein, OLG Stuttgart – RE v. 2.2.1982 – NJW 1982, 945 zu § 2 Abs. 2 Satz 2 MHG, LG Mönchengladbach WM 1993, 197: Es reicht die Behauptung des Vermieters, die Gemeinden seien vergleichbar; ebenso AG Bad Segeberg WM 1994, 485, sofern die Behauptung des Vermieters nicht offensichtlich unbegründet ist.

Etwas anderes soll aber dann gelten, wenn mehrere Nachbargemeinden in Betracht kommen, deren Mietspiegel zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens in Bezug genommen werden könnten. In solchen Fällen soll der Vermieter seine Entscheidung für einen bestimmten Mietspiegel zu begründen haben,

229

LG Düsseldorf WuM 2006, 100.1

Im Prozess wird die Vergleichbarkeit von Gemeinden geprüft. Hierfür können folgende Kriterien herangezogen werden,2

230

Größe der Gemeinde, Bevölkerung, Infrastruktur, Versorgung im Schul- und Bildungsbereich, Lärmbelastungen, verkehrsmäßige Erschließung und Anbindung: AG Ahaus WM 1988, 66, s. auch LG Nürnberg-Fürth NJW-RR 1988, 400; LG Potsdam WuM 2004, 671 zur Anwendbarkeit des Berliner Mietspiegels 2003 für die Vergleichsmietenermittlung in Schönefeld (Brandenburg).

bb) Sachverständigengutachten Gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB wird gefordert, dass der Sachverständige sowohl öffentlich bestellt als auch vereidigt ist. Nach dem Rechtsentscheid des BayObLG – Beschl. v. 23.7.1987 – NJW-RR 1987, 1302 = WuM 1987, 812 = ZMR 1987, 426,

können Sachverständige auch überregional eingesetzt werden: Der Sachverständige braucht nicht bei derjenigen IHK zugelassen zu sein, in deren Bezirk die zu begutachtende Wohnung liegt. Es soll ausreichen, dass er nur mittelbare Kenntnisse von der Höhe der ortsüblichen Miete hat. Nicht erforderlich ist, dass der Sachverständige speziell für das Gebiet der Mietpreisbewertung bestellt ist. Es genügt, wenn sich seine Bestellung auf Grundstücks- und Gebäudeschätzung bezieht, BGH – RE v. 21.4.1982 – BGHZ 83, 366 = NJW 1982, 1701.

Für die Eignung reicht es aber nicht, wenn der Sachverständige nur für das Bauhandwerk bestellt ist, OLG Oldenburg – RE v. 22.12.1980 – WuM 1981, 55. 1 Zum Fall: Ermittlung von Vergleichsmieten in Meerbusch, wobei die Mietspiegel für Düsseldorf und Krefeld in Betracht kommen. 2 S. Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 41 f., 45; Haase WuM 1993, 441.

431

231

Rn. IV 232

Mieterhöhungen

Eine berufsspezifische Inkompatibilität besteht nicht, wenn etwa der Sachverständige zugleich Grundstücksmakler ist, OLG Oldenburg – RE v. 21.1.1981 – WuM 1981, 150.

Das Gutachten eines nicht öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen kann als sonstiges Begründungsmittel dienen, wenn es den inhaltlichen Anforderungen entspricht.1 232

Ein Sachverständigengutachten muss dem Erhöhungsverlangen beigefügt werden: Die bloße Bezugnahme reicht nicht aus, OLG Braunschweig – RE v. 19.4.1982 – WM 1982, 272.

Dies folgt zwar nicht aus der Notwendigkeit der Urkundeneinheit, sondern rechtfertigt sich aus dem Gebot, dem Mieter zumutbare Kenntnis von den Umständen zu verschaffen, die das Mieterhöhungsverlangen rechtfertigen sollen. Die Beifügung ist jedoch nicht erforderlich, wenn der Mieter auf Grund eines vorangegangenen Erhöhungsverlangens schon im Besitz des Gutachtens ist, LG Kiel WuM 1998, 228: Die Beifügung ist in diesem Falle leere Förmelei und verletzt den Anspruch des Vermieters auf effektiven Rechtsschutz.; s. auch BVerfG – Beschl. v. 31.3.1992 und v. 15.6.1992 – ZMR 1992, 288, 429 zur Begründung einer Eigenbedarfskündigung durch Bezugnahme auf eine frühere Kündigung; a.A. LG Berlin WuM 1987, 285.

233

Ein Mieterhöhungsverlangen wird nicht dadurch nachträglich gemäß § 558b Abs. 3 BGB geheilt, dass der Vermieter das Gutachten in einer Parallelsache zur Gerichtsakte reicht, das zum Gegenstand der Verhandlung gemacht wird, solange der Mieter es nicht auch erhält und davon Kenntnis nehmen kann, LG Lübeck WuM 2003, 324.

234

Da das Sachverständigengutachten die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zum Zeitpunkt der Erklärung des Mieterhöhungsverlangens begründen soll, reicht die Bezugnahme auf ein Gutachten, das etwa zwei Jahre oder noch älter ist, als Begründung nicht aus,2 LG Berlin WuM 1998, 229, AG Bonn WuM 1993, 66, AG München NZM 2002, 822.

235

Die an die förmliche Begründung gestellten Anforderungen sind nicht hoch. So soll der Sachverständige nicht gehalten sein, die Befundtatsachen – insbesondere Vergleichsmieten – in seinem Gutachten anzugeben, OLG Oldenburg – RE v. 19.12.1980 – DWW 1981, 72 = WuM 1981, 150, OLG Frankfurt a.M. – RE v. 5.10.1981 – WuM 1981, 273 = ZMR 1982, 22.

Es genügt vielmehr, dass der Sachverständige in einer für den Mieter verständlichen und nachvollziehbaren Weise darlegt, warum die nunmehr begehrte Miete nach seiner Auffassung der ortsüblichen Miete entspricht. Ob das Gutachten in allen Punkten unangreifbar ist, soll für die Frage der Zu1 Emmerich/Sonnenschein BGB § 558a Rn. 22. 2 S. zu § 558a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 37; Lammel Rn. 38; enger (6 Monate): Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 44.

432

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 238

lässigkeit unerheblich sein. Es reicht aus, dass der Sachverständige Preisspannen für vergleichbare Wohnungen ermittelt und die Wohnung des Mieters in methodisch nachvollziehbarer Weise in das örtliche Mietpreisgefüge einfügt, BVerfG – Beschl. v. 14.5.1986 – WM 1986, 237 = ZMR 1986, 273, OLG Karlsruhe – RE v. 20.7.1982 – NJW 1983, 1863 = WuM 1982, 269.

Das Gutachten muss also wenigstens erkennen lassen, dass dem Sachverständigen Vergleichswohnungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt in ausreichender Zahl und deren Mietpreisgestaltung bekannt sind und dass er die zu beurteilende Wohnung in vergleichender Abwägung in das Mietpreisgefüge der Vergleichswohnungen eingeordnet hat.

236

Dagegen ist es unzureichend, wenn der Sachverständige nur erklärt, er bemesse die ortsübliche und vergleichbare Miete auf Grund seiner Berufserfahrung und Kenntnis des örtlichen und regionalen Wohnungsmarkts, die auf der Beobachtung anderer Mietobjekte und der marktmäßigen Preisgestaltung und den Angeboten durch die Presse beruhe, OLG Karlsruhe – RE v. 29.12.1982 – WuM 1983, 133.

Eine Berufung auf Berufserfahrung und Sachkunde reicht also nicht und ist kein Ersatz für die fehlende Begründung, LG Saarbrücken WuM 1996, 279.

Das Mietwertgutachten eines örtlich zuständigen Gutachterausschusses für Grundstückswerte reicht als Begründungsmittel ebenfalls nicht aus; denn solche Gutachten ermitteln als Ertragswert die erzielbaren Mieten und richten sich nicht an den Bestandsmieten aus,

237

LG Mönchengladbach WM 1993, 197; a.A. LG München II ZMR 1994, 22.

Das Gleiche gilt für ein Verkehrswertgutachten, LG Gera WuM 2002, 497.

Ungeeignet ist auch ein Gutachten, das die Mieterinvestitionen fälschlich als Ausstattungsmerkmale mietwerterhöhend berücksichtigt, LG Baden-Baden WM 1993, 358.

Handelt es sich um ein sog. Sammelgutachten, das für eine Wohnanlage erstellt wird, so soll der Sachverständige die zu begutachtende Wohnung des Mieters nicht zu besichtigen brauchen, wenn er nur eine genügende Zahl anderer Wohnungen von nahezu gleicher Art, Größe, Beschaffenheit und Ausstattung besichtigt hat, OLG Oldenburg – RE v. 2.1.1981 – WuM 1981, 150, OLG Celle – RE v. 27.4.1982 – WuM 1982, 180 = ZMR 1980, 341.

Das ist bedenklich, weil hier der Sachverständige ein Gutachten über eine Wohnung abgibt, von der er nicht weiß, ob sie dem von ihm vorgegebenen Standard entspricht. Folgerichtig ist ein Mieterhöhungsverlangen als unwirksam angesehen worden, wenn der Sachverständige im Sammelgutachten zu 433

238

Rn. IV 239

Mieterhöhungen

wertbestimmenden Merkmalen wie Lage der Wohnung im Gebäude, vorhandene Nebenräume, Art und Qualität der Ausstattung, Vorhandensein von Balkon oder Terrasse keine Stellung nimmt, LG Koblenz DWW 1991, 22.

Zumindest muss dem Gutachten zu entnehmen sein, welche Wohnungen der Sachverständige besichtigt hat, damit der Mieter die Tatsachengrundlage des Gutachtens überprüfen kann, AG Sinzig DWW 1990, 120.

239

Liegt ein qualifizierter Mietspiegel für die Gemeinde vor, so bleibt die Mitteilungspflicht nach § 558a Abs. 3 BGB beim Vermieter und trifft nicht den Sachverständigen. Es ist auch kein formaler Begründungsfehler, wenn er sich mit einem Mietspiegel nicht auseinander setzt.1

240

Erheblich strengere Anforderungen sind demgegenüber an Mietgutachten im Rahmen der gerichtlichen Beweiserhebung zu stellen. Danach kann auf eine Offenlegung von Mietpreis und Adressen der Vergleichswohnungen oder sonstiger Angaben über deren Beschaffenheit in der Regel nicht verzichtet werden, soweit deren Kenntnis für eine Überprüfung des Gutachtens praktisch unentbehrlich ist, BVerfG – Beschl. v. 11.10.1994 – BVerfGE 91, 176 = NJW 1995, 40 = WuM 1994, 661: Je umfassender und allgemeiner der vom Sachverständigen verwertete Tatsachenstoff ist, desto deutlicher nimmt der Nutzen der Kenntnis einzelner Umstände für die kritische Auseinandersetzung mit dem Gutachten ab. Soweit der Sachverständige sein Gutachten auf statistisch erfasstes oder allgemein zugängliches Tatsachenmaterial aufbaut, werden Einzelheiten für die kritische Würdigung in der Regel nicht benötigt ... Die Überprüfungspflicht des Gerichts verträgt Einschränkungen, soweit Rechte anderer beeinträchtigt werden. Allein dass Dritte eine Bekanntgabe von Tatsachen aus ihrer Privatsphäre nicht wünschen und der Sachverständige sich daran gebunden fühlt, ist kein ausreichender Grund ...; ebenso im Ergebnis: BVerfG – Beschl. v. 7.4.1997 – WuM 1997, 318: Die Forderung nach Offenlegung der Befundtatsachen und der hierauf aufbauenden eigenen Überprüfung durch die Beteiligten ist umso berechtigter, je weniger das Gutachten auf dem Erfahrungswissen des Sachverständigen und je mehr es auf einzelnen konkreten Befundtatsachen aufbaut. Anerkennenswerte Gründe, die einen Verzicht auf eine weitergehende Offenlegung rechtfertigen würden, liegen nicht in dem allgemeinen Hinweis des Sachverständigen auf seine Schweigepflicht; einschränkend aber BVerfG – Beschl. v. 16.10.1996 – WuM 1996, 749: Der Sachverständige muss nicht stets die Vergleichswohnungen offen legen; nur wenn der Beweiswert des Gutachtens erschüttert ist und auch durch eine Befragung des Sachverständigen keine Klarheit gewonnen werden kann, kann es erforderlich sein, vom Sachverständigen die Offenlegung der Vergleichswohnungen zu verlangen.

241

Jedoch genügt die Angabe der Vergleichsobjekte in anonymisierter Form (Angabe des Stadtteils und der Ortsangabe „Nähe X-Straße“), LG München I WM 1996, 280, AG Rheinbach WM 1998, 638. 1 Anders zu § 558a BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 24; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 50.

434

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 245

Ist ein Mietspiegel vorhanden, so muss der gerichtliche Sachverständige begründen, weshalb er von dessen Werten abweicht (LG Wiesbaden WM 1992, 286). Eine Abweichung ist nur gerechtfertigt, wenn der gerichtliche Sachverständige – anders als der Sachverständige, der nur ein „formales“ Begründungsgutachten gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB erstellt hat – seinerseits die Miethöhe methodisch einwandfrei und auf Grund des tatsächlichen Marktgeschehens ermittelt,

242

LG Köln WuM 1992, 256, LG Freiburg ZMR 2002, 667, 668.

Zur Angabe der Befundtatsachen in einem Schiedsgutachten s. auch Rn. IV 66 f. cc) Vergleichsmieten Der Mietrechtsreform-Gesetzgeber hat die Begründung des Erhöhungsverlangens mit mindestens drei Vergleichsmieten beibehalten. Es entspricht herrschender Ansicht, dass der Vermieter zur Begründung ausschließlich Wohnungsmieten aus dem eigenen Bestand und sogar aus ein und demselben Haus heranziehen darf,

243

OLG Frankfurt – RE v. 20.3.1984 – WM 1984, 123 = ZMR 1984, 250, OLG Karlsruhe – RE v. 7.5.1984 – WM 1984, 188 = ZMR 1984, 311, BayObLG – RE v. 16.12.1998 – NZM 1999, 215 = WuM 1999, 103, BVerfG – Beschl. v. 12.5.1993 – WuM 1994, 139 = ZMR 1993, 362.

Das MRRG knüpft an diese Rspr. an und billigt sie: Wegen der in den neuen Bundesländern vielerorts noch anzutreffenden Monostrukturen könnten kommunale Wohnungsunternehmen häufig keine Wohnungen anderer Vermieter benennen.1 Berücksichtigt werden nur Vergleichsmieten, die über der gezahlten Miete liegen. Es wird aus den einzelnen Vergleichsmieten kein Durchschnittswert gebildet. Beschränkt sich der Vermieter darauf, drei Vergleichsmieten anzugeben, so ist der niedrigste Mietwert maßgebend,

244

BayObLG – Beschl. v. 19.7.1984 – WuM 1984, 276 = ZMR 1985, 26, OLG Karlsruhe – RE v. 15.12.1983 – DWW 1984, 71 = WuM 1984, 21, LG Berlin NZM 2001, 1029: Das Mieterhöhungsverlangen ist unwirksam, wenn es mit Vergleichswohnungen begründet wird, deren Mieten unter derjenigen der Bezugswohnung liegen. Er kann sich nicht darauf berufen, dass jene Mieten höher sein könnten, wenn der dortige Vermieter einen Zuschlag für selbst durchgeführte Schönheitsreparaturen fordern würde.

Gibt er mehr als drei Vergleichsmieten an, so bleiben diejenigen, die unter der bisher gezahlten Miete liegen, unberücksichtigt. Es sind vielmehr die drei höchsten Mieten maßgebend, wobei die niedrigste von diesen wiederum für den Mietwert ausschlaggebend ist. Ein Mieterhöhungsverlangen ist für unwirksam gehalten worden, wenn die Vergleichsmieten offensichtlich nach § 5 WiStG überhöht sind, was anhand eines Mietspiegels überprüft werden kann, 1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 54 a.E.

435

245

Rn. IV 246

Mieterhöhungen

AG Lüdenscheid WM 1996, 732; anders LG Berlin NZM 1998, 232.

Der ersteren Entscheidung ist zu folgen; denn überhöhte Mieten sind nicht repräsentativ für die Ortsüblichkeit. Insofern sind keine geeigneten Vergleichsobjekte benannt worden. 246

Hat der Vermieter eines der drei Vergleichsobjekte „zurückgezogen“, so wird das Erhöhungsverlangen unwirksam, kann aber im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage im Prozess nachgebessert werden (§ 558b Abs. 3 Satz 1 BGB, s. Rn. IV 116 f.). Ist es noch nicht zum Prozess gekommen, muss der Vermieter ein neues Verlangen mit eigenem Fristenlauf stellen, so zum bisherigen Recht: AG Pinneberg WM 1991, 277.

247

Wird ein Mieterhöhungsverlangen mit dem Hinweis auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen begründet, so ist die Benennung von Vergleichswohnungen zwar nicht auf eine bestimmte Höchstzahl beschränkt. Eine Liste mit Vergleichswohnungen kann zur Nachprüfung eines Mieterhöhungsverlangens aber dann ungeeignet sein, wenn sie neben vergleichbaren Wohnungen eine nicht nur unerhebliche Anzahl solcher enthält, die nicht als vergleichbar in Betracht kommen, BayObLG – RE v. 25.9.1991 – WuM 1992, 52 = ZMR 1992, 144:

Die Vergleichwohnungen müssen deshalb so genau bezeichnet werden, damit der Mieter sie ohne nennenswerte Schwierigkeiten auffinden kann. Befindet sich in einem Mehrfamilienhaus mit mehreren Geschossen auf derselben Ebene mehr als eine Wohnung, sind für die Auffindbarkeit der Wohnung über die Angabe der Adresse und des Geschosses hinaus weitere Angaben erforderlich. Solche Angaben können die Beschreibung der genauen Lage der Wohnung im Geschoss, die Bezeichnung einer nach außen erkennbaren Wohnungsnummer oder der Name des Mieters der Vergleichswohnung sein, BGH – Urt. v. 18.12.2002 – WuM 2003, 149 = NZM 2003, 229, s. auch BGH – RE v. 20.9.1982 – BGHZ 84, 392 = NJW 1982, 2867.

Ist die Wohnung nicht hinreichend bezeichnet und deshalb nicht auffindbar, so gilt sie als nicht benannt,1 LG Kaiserslautern ZMR 1986, 363, AG Karlsruhe WuM 1990, 222.

248

Stellt man entscheidend auf die Überprüfbarkeit durch den Mieter ab, so liegt es nahe, dass der Vermieter auch das entsprechende Risiko trägt, soweit es um die Auskunftbereitschaft des Bewohners der Vergleichswohnung geht; denn ebenso wie es dem Mieter zugemutet werden soll, diesen aufzusuchen, mag auch der Vermieter sich erkundigen. Indes soll ein Mieterhöhungsverlangen nicht schon deshalb unwirksam sein, weil der Bewohner der Vergleichswoh1 Zum Fall: Der Mieter hat behauptet, im Dachgeschoss seien zwei Wohnungen, nicht nur eine, wie vom Vermieter geltend gemacht. Der Vermieter ist beweisfällig dafür geblieben, dass nur eine Wohnung im Dachgeschoss vorhanden war, so dass diese in der Begründung des Mieterhöhungsverlangens unberücksichtigt blieb.

436

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 253

nung deren Besichtigung nicht gestattet oder die Auskunft über die Miethöhe verweigert, OLG Schleswig – RE v. 31.10.1983 – NJW 1984, 645 = WuM 1984, 23 = ZMR 1984, 28.

Großzügigere Maßstäbe an die Bezeichnung der Vergleichswohnungen legt auch das BVerfG an: Danach genügen Angaben über den Namen des Wohnungsinhabers, (oder) Adresse, Geschoss und Quadratmeterpreis. In der Mitteilung dieser Daten liege zugleich die stillschweigende Erklärung des Vermieters, dass er die zum Vergleich benannten Wohnungen hinsichtlich sämtlicher gesetzlicher Wohnwertmerkmale für vergleichbar halte. Angaben zur Ausstattung müsse er nur dann machen, wenn die Wohnung des Mieters evidente Besonderheiten aufweise und der Mieter deshalb an der Vergleichbarkeit der Wohnungen zweifeln sowie schriftlichen Aufschluss über das Vorhandensein der wertbestimmenden Faktoren erwarten dürfe (die Wohnung des Mieters war nur über einen einzigen Außenwandgasofen zu beheizen, während die Vergleichswohnungen zentralbeheizt waren),

249

BVerfG – Beschl. v. 8.11.1988 – BVerfGE 79, 80, 85 = WM 1989, 62 = ZMR 1989, 142; BVerfG – Beschl. v. 8.9.1993 – NJW-RR 1993, 1485 = WM 1994, 137 = ZMR 1993, 558: In der Mitteilung der Daten über die Vergleichswohnungen nach Straße, Geschoss, Wohnlage, Baualtersklasse, Wohnungsgröße, Ausstattung und Mietzins liegt zugleich die stillschweigende Erklärung des Vermieters, dass er die benannten Wohnungen hinsichtlich sämtlicher vom Gesetz aufgeführten Merkmale für vergleichbar hält; ebenso LG München I NZM 2003, 431: Den Angaben im Erhöhungsverlangen wohnt eine Vermutungswirkung (bezüglich der Übereinstimmung mit der Wohnung des Mieters) inne. Weitere Angaben sind nur nötig, wenn die Wohnung des Mieters augenscheinliche Besonderheiten aufweist.1

Unschädlich soll sein, dass die Mietstruktur der Vergleichswohnungen von der Wohnung des Mieters abweicht (Teilinklusivmiete statt Nettokaltmiete),

250

BVerfG – Beschl. v. 8.9.1993 – NJW-RR 1993, 1485 = WM 1994, 137.

Die Miete der Vergleichswohnungen muss dem Vergleichsmietenbegriff in § 558 Abs. 2 BGB entsprechen; daher können Mieten, die älter als vier Jahre sind, nicht berücksichtigt werden,

251

anders AG Pinneberg ZMR 2004, 123.

Auch Dachgeschosswohnungen mit Schrägen, deren Ausbau in jüngster Zeit erfolgt ist, sollen mit (älteren) Etagenwohnungen vergleichbar sein (LG Hannover WuM 1992, 255), ebenso Wohnungen, die knapp 10 Jahre älter als die Mietwohnung sind (LG Düsseldorf DWW 1994, 284).

252

Erhebliche Flächenabweichungen der Vergleichswohnungen von der Wohnfläche der Mietwohnung führen dazu, dass die Vergleichswohnungen ungeeignet sind; schließlich weist jeder Mietspiegel aus, dass die Größe der Wohnung ein wesentliches Kriterium für die Miethöhe ist,2

253

1 Zum Fall: Die Wohnung des Mieters war mit Einzelöfen, die Vergleichswohnungen waren mit Etagen- bzw. Zentralheizung ausgestattet. 2 S. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, 2002, S. 25: Die Wohnungsgröße hat erfahrungsgemäß einen

437

Rn. IV 254

Mieterhöhungen

LG Köln WuM 1994, 691: Appartements und Kleinwohnungen sind mit über 30% größeren Wohnungen nicht zu vergleichen; LG Berlin GE 1995, 1121: Eine Mehrzimmerwohnung kann nicht mit einer Einzimmerwohnung oder mit einer anderen Mehrzimmerwohnung, deren Wohnfläche um mehr als 50% größer ist, verglichen werden; AG Frankfurt WM 1993, 197 für Flächenabweichungen von etwa einem Drittel.

Die obergerichtliche Rspr. ist erheblich großzügiger, BayObLG – RE v. 1.4.1982 – WuM 1982, 154: Die Angabe der Größe der Vergleichswohnungen ist nur dann wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des Mieterhöhungsverlangens, wenn sich allein aus der Größenangabe in Verbindung mit dem Gesamtpreis der qm-Preis für die Vergleichswohnungen errechnen lässt; Flächenabweichungen der Vergleichswohnungen mit der Wohnung des Mieters nach oben oder nach unten beeinträchtigen die Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens nicht; OLG Schleswig – RE v. 3.10.1986 – WuM 1987, 140: Die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens ist nicht davon abhängig, dass die Vergleichswohnungen und die Mietwohnung eine vergleichbare Größe haben.

Auch das BVerfG hält die Angabe eines qm-Preises ohne Flächenangabe für ausreichend, BVerfG – Beschl. v. 8.9.1993 – NJW-RR 1993, 1485 = WuM 1994, 137 unter Hinweis auf BverfGE 49, 244 = ZMR 1978, 363.

254

Bestreitet der Mieter die Vergleichbarkeit der ihm benannten Objekte mit seiner Wohnung, so soll in der Regel eine Beweiserhebung über die tatsächlichen Angaben im Erhöhungsverlangen nicht geboten sein, BayObLG – Beschl. v. 17.12.1984 – WuM 1985, 53 = ZMR 1985, 100.

Anders verhält es sich, wenn die Differenz zwischen der Miete eines der drei Vergleichsobjekte und der verlangten Miete nach Auffassung des Tatrichters so groß ist, dass beide Entgelte zueinander außerhalb jeden Verhältnisses stehen, so dass das Erhöhungsverlangen dann unwirksam wäre, BayObLG – Beschl. v. 19.7.1983 – WuM 1984, 275 = ZMR 1984, 355.

Das ist dann folgerichtig, wenn es für die Frage der formalen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens nicht darauf ankommen soll, ob die darin benannten Vergleichswohnungen mit der streitbefangenen Wohnung des Mieters übereinstimmen, so LG Berlin ZMR 2002, 522, ZMR 2003, 263.

Gegen die Entbehrlichkeit einer Beweisaufnahme bestehen jedoch Bedenken, da die Begründung eine Wirksamkeitsvoraussetzung ist, die die weiteren Rechtsfolgen des Erhöhungsverlangens auslöst. Es handelt sich hierbei um eine Vorfrage, die vor der materiellen Begründetheit des Erhöhungsverlangen geklärt werden muss.

hohen Anteil an der Erklärung der Mietpreisunterschiede. In der Regel sind die qmMieten kleinerer Wohnungen höher als diejenigen größerer Wohnungen.

438

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 258

dd) Auskünfte aus Mietdatenbanken und sonstige Begründungsmittel Die Auskünfte aus Mietdatenbanken (§ 558e BGB) haben – abgesehen von der Landeshauptstadt Hannover – bisher noch keine praktische Bedeutung erlangt.1

255

Auch nach neuem Recht kann der Vermieter auf andere Begründungsmittel ausweichen; denn § 558a Abs. 2 BGB enthält keinen abschließenden Katalog der Begründungsmittel. Erforderlich ist, dass die sonstigen Begründungsmittel dem Begriff der ortsüblichen Miete in § 558 Abs. 2 BGB Rechnung tragen. Sie müssen mindestens eine Aussagekraft haben, die derjenigen von benannten Vergleichswohnungen entspricht.2

256

Zu den „sonstigen Begründungsmitteln“ ist auch die Offenkundigkeit der Ortsüblichkeit einer bestimmten Miete gezählt worden, LG Aurich WuM 1990, 222: Offenkundigkeit i.S. einer Allgemeinkundigkeit sei dann gegeben, wenn der Zustand so allgemein verbreitet sei, dass ein besonnener Mensch von seiner Wahrheit überzeugt sein könne.

Auch ein Gutachten, das nicht für die Wohnung des Mieters erstellt worden ist, sondern sich nur auf einen vergleichbaren Wohnungstyp bezieht, ist als „sonstiges Begründungsmittel“ gewertet worden,

257

LG Nürnberg-Fürth NJW-RR 1991, 13 = ZMR 1990, 420.

Dagegen ist ein Wertermittlungsgutachten, das zur Ertragsberechnung auf die erzielbaren Mieten abstellt, kein geeignetes Begründungsmittel, LG Mönchengladbach WM 1993, 197, LG Gera WuM 2002, 497; a.A. LG München II ZMR 1994, 22.

Das Gleiche gilt für Mietpreisübersichten wohnungswirtschaftlicher Verbände ebenso wie der Maklerverbände, da sie keine genügende Differenzierung ausweisen.3 f) Zustimmung des Mieters aa) Inhalt und Form Die Zustimmungserklärung des Mieters zur Mieterhöhung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die den allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regelungen unterliegt. Sie ist bedingungsfeindlich. Stimmt er der Mieterhöhung unter der Voraussetzung zu, dass der Vermieter bestimmte Mängel beseitigt, so liegt keine wirksame Zustimmung vor, LG Wuppertal WuM 1996, 371.

Zu beiderseitigem Irrtum über die Wohnfläche, hierauf beruhenden Überzahlungen durch den Mieter sowie dessen Rückforderungsansprüchen s. Rn. III 109.

1 S. dazu Stöver NZM 2002, 279; Szameitat WuM 2002, 63. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 53. 3 Blank/Börstinghaus a.a.O.

439

258

Rn. IV 259

Mieterhöhungen

Der Mieter braucht sich einerseits vor Ablauf der Überlegungsfrist (s. Rn. IV 132 f.) nicht zu äußern. Er kann andererseits seine Zustimmung im Falle eines Rechtsstreits noch bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss erklären.1 Der Anspruch des Vermieters auf Zustimmung wird mit dem Ablauf der Überlegungsfrist (Rn. IV 132) fällig, wie aus § 558b Abs. 2 BGB folgt.2 Der Mieter kann daher gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB mit seiner Zustimmungspflicht in Verzug geraten und Schadensersatz schulden. Dieser ist jedoch nicht identisch mit dem Schaden, der daraus folgt, dass der Mieter erst zu einem späteren Zeitpunkt als geschuldet, zahlt. Vielmehr ist er selbständig zu ermitteln (s. Rn. IV 270). Insbesondere schuldet der Mieter wegen Verzugs mit der Zustimmungserklärung nicht den Zinsschaden, der erst aus seinem Verzug mit der Zahlungspflicht folgt. 259

Die Zustimmung ist grundsätzlich formfrei; der Vermieter soll nicht berechtigt sein, vom Mieter die schriftliche Zustimmung zu verlangen, LG Hannover WuM 1990, 222.

Anders soll es sich verhalten, wenn die Parteien die Wahrung der Schriftform wirksam vereinbart haben,3 AG Hohenschönhausen, LG Berlin ZMR 2007, 196.

Das ist abzulehnen; denn das Schriftformerfordernis bildet für den Mieter eine zusätzliche Hürde für die Erfüllung seiner Zustimmungspflicht und verstößt daher auch als Individualvereinbarung gegen § 557 Abs. 4 BGB. Abgesehen davon ist zu beachten, dass vorformulierte Klauseln diesen Inhalts grundsätzlich unwirksam sind (s. Rn. II 245). 260

Bei einer festen Laufzeit des Mietverhältnisses von mindestens einem Jahr ist im Hinblick auf § 550 BGB die gesetzliche Schriftform geboten.4 Da nach hier vertretener Auffassung für das Mieterhöhungsverlangen auch bei noch längerfristigen Mietverhältnissen im Verkehrsinteresse die Textform ausreicht (s. Rn. IV 89), kann für die Zustimmungserklärung nichts anderes gelten.5 Dem Vermieter ist aber ein Anspruch auf Erteilung der schriftlichen Zustimmung zur Mieterhöhung angesichts der in diesem Zusammenhang noch unsicheren Rechtslage nach § 241 Abs. 2 BGB zuzubilligen, 1 S. zu § 558b BGB: Erman/Jendrek Rn. 4; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 16; Staudinger/Emmerich Rn. 12; anders Lammel BGB § 558b Rn. 10: Die Zustimmung kann nur bis zum Ablauf der Überlegungsfrist erklärt werden. Eine danach erklärte Zustimmung kann als neues Angebot des Mieters gewertet werden, das der Vermieter – auch schlüssig – annehmen kann. Diese Auffassung übersieht, dass die Überlegungsfrist keine Erklärungsfrist, sondern eine Schutzfrist zugunsten des Mieters ist. 2 S. dazu Lehmann-Richter NZM 2006, 849. 3 S. zu § 558b BGB: Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 17; Staudinger/Emmerich Rn. 7; Schmid ZMR 2007, 514, 515 auch für Formularklauseln. 4 S. zu § 558b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 8; Emmerich/Sonnenschein Rn. 4; Herrlein/ Kandelhard/Both Rn. 15; Lammel Rn. 9; MünchKomm/Artz Rn. 4; Schmidt-Futterer/ Börstinghaus Rn. 19; Staudinger/Emmerich Rn. 4. 5 Ähnlich Schmid ZMR 2007, 514, 515.

440

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 263

LG Wiesbaden WuM 2000, 195, vgl. auch OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 10, das die Pflicht zur Nachholung der Form aus einer Schriftformabrede ableitet.

Jedoch dürfte eine Berufung des Vermieters auf die Folgen des § 550 BGB wegen fehlender Schriftform treuwidrig sein (OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.12.2002 – NZM 2003, 513, LG Kassel ZMR 1999, 715 für Mieterhöhungsvereinbarung). Das gilt aber nicht für einen später in das Mietverhältnis eintretenden Erwerber (s. Rn. I 146, 149, 195, IV 14). Die Zustimmung kann auch schlüssig erklärt werden, etwa durch Änderung des bisherigen Dauerauftrages und Überweisung der höheren Miete,

261

LG Kiel WM 1993, 198.

Insbesondere kann in der Zahlung der geforderten Miete eine schlüssig erklärte Zustimmung liegen (s. dazu Rn. IV 4, 6, 8). Wegen der Einheitlichkeit der Willenserklärung kann es nicht auf die Häufigkeit der erhöhten Zahlungen ankommen. Auch eine nur einmalige Zahlung kann als Zustimmung gewertet werden, wenn nicht der Mieter plausible Gründe vorträgt, dass sein Verhalten für den Vermieter erkennbar anders zu verstehen und zu werten war,1 LG Kiel WuM 1993, 198, LG Trier WuM 1994, 217 jeweils bei Änderung des Dauerauftrags.

Demgegenüber wird in der Rspr. eine Zustimmung häufig erst nach mehrmaliger Zahlung des Erhöhungsbetrages bejaht,2

262

AG Bad Hersfeld WuM 1996, 708: Zustimmung erst bei fünfmal aufeinanderfolgender Zahlung, LG Wuppertal DWW 1996, 371: wiederholte Zahlung über mehrere Monate, auch wenn der Mieter eine bedingte und damit unwirksame Zustimmungserklärung abgegeben hatte, AG Leipzig NZM 2002, 20: Zustimmung bei zweimaliger pünktlicher Zahlung; anders AG Hohenschönhausen GE 2001, 855: Zustimmung unter Vorbehalt und spätere zweimalige Zahlung reichen zur Annahme einer Zustimmung nicht aus.

Der Einzug bzw. die Abbuchung der erhöhten Miete auf Grund einer allgemein erteilten Einzugs- oder Abbuchungsermächtigung ist auch bei wiederholt geduldetem Einzug bzw. Abbuchung noch nicht als Zustimmung gewertet worden,3 LG München I WuM 1996, 44 im Anschluss an LG Göttingen WuM 1991, 280; AG Hamburg-Harburg WuM 2000, 359: Eine Zustimmung zur Mieterhöhung ist nicht dadurch erklärt, dass der Vermieter den erhöhten Mietzins einzieht und der Mieter dies duldet. Hat der Mieter 2 Jahre die Einziehung nicht beanstandet, so kann sein Rückforderungsanspruch verwirkt sein. 1 S. zu § 558b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 9; Emmerich/Sonnenschein Rn. 3; MünchKomm/Artz Rn. 4; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 25; Staudinger/Emmerich Rn. 6. 2 Lammel BGB § 558b Rn. 15; s. auch die Rspr.-Übersicht bei Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558b Rn. 31. 3 So auch zu § 558b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 9; Emmerich/Sonnenschein Rn. 3; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 31; anders Lammel Rn. 16.

441

263

Rn. IV 264 264

Mieterhöhungen

Die Zulässigkeit einer Teilzustimmung des Mieters ist nunmehr in § 558b Satz 1 BGB ausdrücklich geregelt. Damit hat sich die frühere Streitfrage, die sich an der Vertragskonstruktion des § 2 MHG und § 150 Abs. 2 BGB entzündet hatte (s. LG Landshut WuM 1990, 223, LG Berlin ZMR 1996, 267), erledigt. Der Vermieter muss die Teilzustimmung in seinem Klageantrag berücksichtigen. Wird sie im Verlaufe des Rechtsstreits erklärt, so tritt insoweit eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ein. Eine Teilzustimmung zu einem unwirksamen Mieterhöhungsverlangen ist als Angebot des Mieters auf Erhöhung der Miete um einen niedrigeren Betrag zu verstehen, s. dazu Rn. IV 4 ff. Der Vermieter kann ein solches Angebot auch schlüssig dadurch annehmen, dass er die vom Mieter erhöhte Miete widerspruchslos entgegennimmt. Nimmt der Vermieter das Angebot nicht an, so ist er an einem neuen Erhöhungsverlangen nicht etwa auf Grund der einjährigen Wartefrist gehindert; denn diese wird durch die Teilzustimmung zu einem unwirksamen Mieterhöhungsverlangen nicht ausgelöst, LG Berlin WuM 1997, 51, ebenso AG Hamburg NZM 1998, 574.

265

Auch wenn der Mieter zunächst die Mieterhöhung abgelehnt hat, kann er später noch wirksam zustimmen, LG Berlin ZMR 1996, 267.

Hat andererseits der Mieter einer Mieterhöhung schriftlich widersprochen, so ist eine schlüssige (Teil-)Zustimmung nicht darin gesehen worden, dass er die Erhöhungsbeträge für die beiden ersten Monate teilweise zahlte, AG Charlottenburg MDR 1998, 1159.

bb) Personenmehrheit auf Mieterseite 266

Bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite müssen alle Mieter zustimmen, da sie in Bezug auf Änderungen des Vertragsinhalts gesamthänderisch gebunden sind, KG – RE v. 5.12.1985 – NJW-RR 1986, 439 = WuM 1986, 106, OLG Celle – Beschl. v. 20.1.1982 – DWW 1982, 185 = WuM 1982, 102, OLG Koblenz – RE v. 13.10.1983 – NJW 1984, 244 = WuM 1984, 18 = ZMR 1984, 30, OLG Schleswig – RE v. 22.3.1982 – WuM 1983, 130 = ZMR 1983, 249, s. auch LG Berlin GE 1999, 573, das zu Unrecht eine Teilschuld i.S. von § 420 BGB annimmt.

267

Die Zustimmung nur eines von mehreren Mietern ist deswegen unwirksam und daher materiell-rechtlich und prozessual unbeachtlich, AG Wiesbaden WuM 1992, 135 gegen LG Kiel WuM 1989, 429.

Das bedeutet, dass mehrere Mieter im Prozess auf Zustimmung zur Mieterhöhung notwendige Streitgenossen sind, KG – RE v. 5.12.1985 – NJW-RR 1986, 439 = WuM 1986,106.

Zur Zustimmungsbedürftigkeit nur durch einen der Mitmieter, wenn der Vermieter den anderen Mitmieter aus dem Mietvertrag entlassen hat, s. Rn. IV 87. 442

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 271

Bevollmächtigung zur Zustimmung auf Grund einer Vollmachtsklausel ist zulässig (s. Rn. II 277).

268

Die ohne Vertretungsmacht für den anderen Mieter erklärte Zustimmung eines Mieters kann nach § 177 Abs. 1 BGB geheilt werden, LG Berlin ZMR 1996, 267.

Haben Eheleute eine Wohnung gemeinsam angemietet, so ist die Zustimmung des einen Ehegatten zu einer Mieterhöhung für den anderen nicht bereits nach § 1357 BGB verbindlich; denn es handelt sich hierbei nicht um ein sog. Haushaltsgeschäft,1 anders aber AG Münster MDR 1996, 900.

cc) Mängel und Zurückbehaltungsrecht Mängel der Mietsache berechtigen den Mieter nicht, seine Zustimmung bis zur Mängelbehebung zurückzuhalten; der Mieter ist vielmehr durch das Zurückbehaltungsrecht am vereinbarten oder nach § 558 BGB erhöhten Mietzins und durch die Befugnis zur Mietminderung hinreichend geschützt,

269

OLG Frankfurt – RE v. 29.7.1999 – NZM 1999, 795 = WuM 1999, 629 = ZMR 1999, 703, LG Konstanz WuM 1991, 279, LG Hamburg WuM 1991, 593, LG Berlin GE 1999, 378 = NZM 1999, 368.

g) Fälligkeit der erhöhten Miete Die Mieterhöhung wird nach § 558b Abs. 1 BGB ab dem Beginn des 3. Monats, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt, wirksam.2 Die Fälligkeit der erhöhten Miete richtet sich nach dem im Mietvertrag geregelten Fälligkeitszeitpunkt. Ist nicht Abweichendes vereinbart oder ist der Fälligkeitstermin nicht wirksam vereinbart, was bei Altverträgen vor dem 1.9.2001 in Betracht kommen kann (s. Rn. III 87, 89), so gilt die gesetzliche Fälligkeitsregelung nach § 556b Abs. 1 BGB bzw. für Altverträge nach § 551 BGB a.F. (Zahlung postnumerando). Denkbar ist also, dass Wirkungs- und Fälligkeitszeitpunkt auseinander fallen können.

270

Nach den vereinbarten oder gesetzlichen Fälligkeitsterminen bestimmt sich auch der Eintritt des Verzuges, ohne dass es einer Mahnung bedarf (s. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB).3 Ist über das Mieterhöhungsverlangen ein Rechtsstreit anhängig und wird der Mieter verurteilt, dem Verlangen des Vermieters zuzustimmen, so tritt der Verzug mit den Erhöhungsbeträgen nicht rückwirkend ein, sondern kann erst nach Rechtskraft des Zustimmungsurteils begründet werden,

271

1 Palandt/Brudermüller BGB § 1357 Rn. 14 und zu § 558b BGB: MünchKomm/Artz Rn. 5; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 35. 2 Beispiel: Zugang des Erhöhungsverlangens am 19. Mai, Wirkungszeitpunkt: 1. August. 3 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558b Rn. 52; Lehmann-Richter NZM 2006, 849.

443

Rn. IV 272

Mieterhöhungen

BGH – Urteil v. 4.5.2005 – MDR 2005, 1097 = NZM 2005, 496 = WuM 2005, 396 = ZMR 2005, 699.

Dazu bedarf es noch einer besonderen Mahnung, BGH a.a.O., AG Dortmund NZM 2002, 949.

Im Falle des Verzuges hat der Mieter dem Vermieter den Verzugsschaden zu ersetzen, der insbesondere im Zinsschaden liegen wird.1 h) Mieterhöhungsausschlüsse 272

Mieterhöhungen sind nach § 557 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, soweit und solange sich ein solcher Ausschluss aus einer Vereinbarung oder aus anderen Umständen ergibt. Die Regelung entspricht inhaltlich derjenigen in § 1 Satz 2, 3 MHG. Das MRRG hat die Vermutung, nach der sich ein Ausschluss der Mieterhöhung allein schon aus der Befristung des Mietverhältnisses ergeben kann, nicht übernommen. Vielmehr soll auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt werden. Ein Ausschluss der Mieterhöhung wird also nicht mehr ohne weiteres vermutet, wenn ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit mit festem Mietzins vereinbart ist (s. bisher: § 1 Satz 3 MHG). Für die Annahme eines festen Mietzinses sollte es noch nicht ausreichen, dass in einem befristeten Mietvertrag ein bestimmter Mietzins vereinbart ist, auch wenn der Vertrag eine Erhöhungsmöglichkeit nicht vorsieht, OLG Stuttgart – RE v. 31.5.1994 – NJW-RR 1994, 1291 = WuM 1994, 420 = ZMR 1994, 401, ebenso OLG Karlsruhe – RE v. 27.11.1995 – WuM 1996, 18 = ZMR 1996, 80.2

Das gilt erst recht, wenn sich ein befristetes Mietverhältnis nach Ablauf der zunächst vereinbarten Mietzeit automatisch auf bestimmte Zeit verlängert, für den Verlängerungszeitraum, OLG Zweibrücken – RE v. 17.8.1981 – WuM 1981, 273 = ZMR 1982, 115,

mögen auch diese Fälle nunmehr auf Verträge nach § 575 BGB oder mit befristetem Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts beschränkt sein. Zu Verlängerungsklauseln in Wohnraummietverträgen s. Rn. X 114. Bei dieser Wertung wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass dem Vermieter von Wohnraum das Recht zur Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete als Ausgleich für die genommene Möglichkeit der Änderungskündigung vom Gesetzgeber zugebilligt worden ist.3 Eines solchen Ausgleichs bedurfte es nicht bei befristeten Mietverhältnissen, weil hier eine Änderungs-

1 S. dazu Lehmann-Richter NZM 2006, 849, 851. 2 Der Entscheidung lag folgende Klausel zugrunde: „Der Mietvertrag wird abgeschlossen auf die Dauer von 10 Jahren. Er verlängert sich, sofern von keiner Seite Widerruf erfolgt, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr, immer jeweils um 5 Jahre.“ 3 Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. VI 2421 S. 3 a.E. zum Entwurf des späteren I. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes v. 24.11.1971, BGBl. I 1839.

444

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 274

kündigung für die Dauer der Vertragszeit von vornherein nicht zulässig war. Danach war die nunmehr entfallene Ausschlussvermutung in § 1 Satz 3 MHG folgerichtig. Im Übrigen ist es eine Frage der Vertragsauslegung, ob mit der Befristung der Vertragszeit zugleich ein Erhöhungsausschluss gewollt war. Indiz hierfür kann die Vertragsdauer sein: Je kürzer sie ist, desto näher liegt es, dass der Vermieter sich auch bezüglich der Miethöhe binden wollte.1 Was für befristete Mietverträge einschließlich Zeitmietverträge i.S. von § 575 BGB gilt, kann auf Mietverträge mit befristetem Ausschluss der ordentlichen Kündigung nicht übertragen werden; denn in diesen Fällen ist das Vertragsende offen und dafür, dass mit dem Kündigungsausschluss auch ein Mieterhöhungsausschluss einhergeht, werden besondere Umstände vorliegen müssen. Der Erhöhungsausschluss kann auch stillschweigend vereinbart werden. Es ist dann aber eine umfassende Auslegung des gesamten Vertrages einschließlich der außerhalb des Vertrages liegenden Umstände erforderlich,

273

BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 378 = WuM 2004, 282 = ZMR 2004, 408.

Ob in der unwirksamen Vereinbarung einer Staffelmiete zugleich der Wille der Parteien zum Ausdruck kommt, eine Mieterhöhung nach dem bisherigen § 2 MHG, jetzt § 558 BGB, teilweise auszuschließen, ist streitig, dafür: LG Berlin WuM 1992, 198, LG Bonn WuM 1992, 199, LG Görlitz WuM 1997, 682; dagegen LG Berlin NZM 1998, 859, WuM 2001, 612, OLG Schleswig – RE v. 24.3.1981 – MDR 1981, 760 = NJW 1981, 1921 = WuM 1981, 149 = ZMR 1981, 319 = RES § 10 MHG Nr. 3: Die in einem vor dem 28.11.1971 geschlossenen Mietvertrag über Wohnraum getroffene Vereinbarung, dass der Vermieter jeweils alle drei Jahre ab Beginn der Mietzeit den Mietzins einseitig um bis 5% des zuletzt geltenden Mietzinses erhöhen könne, kann vom Mieter einem den Erfordernissen des § 2 MHG genügenden Erhöhungsverlangen des Vermieters nicht entgegengehalten werden.

Das Gleiche gilt bei Vereinbarung einer unwirksamen Indexklausel. Auch hier ist umstritten, ob einer nicht genehmigten Indexklausel im Mietvertrag die Wirkung zukommt, dass sie den Mieterhöhungsanspruch begrenzt, soweit die ortsübliche Miete allein einen weitergehenden Erhöhungsanspruch nach § 2 MHG, jetzt § 558 BGB, begründen würde, dafür: LG Frankfurt a.M. WM 1998, 603; dagegen OLG Koblenz – RE v. 5.6.1981 – DWW 1982, 122 = WM 1981, 207.2

Im Einzelfall kann eine Vertragsauslegung ergeben, dass die Parteien die Mieterhöhung begrenzen wollten.3 1 Staudinger/Weitemeyer BGB § 557 Rn. 56; kritisch dagegen MünchKomm/Artz BGB § 557 Rn. 46. 2 So auch zu § 557 BGB: MünchKomm/Artz Rn. 49; Staudinger/Weitemeyer Rn. 62; Rein ZMR 1999, 804. 3 S. zu Auslegungsmöglichkeiten Staudinger/Weitemeyer BGB § 557 Rn. 63.

445

274

Rn. IV 275

Mieterhöhungen

Auch eine in einem Mietvertrag über Wohnraum enthaltene unwirksame Schiedsgutachterklausel steht einer Mieterhöhung nach § 558 BGB (§ 2 MHG) nicht entgegen, LG Hamburg WuM 2000, 193.

275

Behauptet der Mieter, es sei vereinbart worden, dass eine Mieterhöhung ausgeschlossen sei, bis er seine Investitionen abgewohnt habe, so ist ein solches Vorbringen zu unbestimmt, wenn weder über Umfang und Wert der Investitionen noch über den Anrechnungsschlüssel noch über die anrechnungsfähigen Investitionen eine Vereinbarung getroffen worden ist, BGH – Urt. v. 20.12.1989 – WuM 1990, 140 = ZMR 1990, 170.

276

Ist die Mieterhöhung auf bestimmte Zeit durch Vereinbarung ausgeschlossen, so kann der Vermieter das Mieterhöhungsverlangen schon vor Ablauf der bestimmten Zeit mit Wirkung für den frühesten Zeitpunkt danach stellen, OLG Hamm – RE v. 9.9.1982 – NJW 1983, 829 = WuM 1982, 294 = ZMR 1983, 71, AG Rheinbach, LG Bonn ZMR 1998, 368, 369.

277

In den Mietverträgen mit früher gemeinnützigen Wohnungsunternehmen ist eine Kostenmietklausel enthalten (s. dazu Rn. II 208). Danach muss der Vermieter außer der Begründung zur Mieterhöhung gemäß § 558a BGB zusätzlich anhand einer Wirtschaftlichkeitsberechnung darlegen, dass die Kostenmiete durch die Mieterhöhung nach § 558 BGB nicht überschritten wird. Nach bisher überwiegender Meinung sollte die Bindung hieran auch nach Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit erhalten bleiben, und zwar selbst im Falle der Veräußerung an einen nicht genossenschaftlich organisierten Erwerber, BayObLG – Beschl. v. 17.3.1998 – NZM 1998, 369 = WuM 1998, 274 = ZMR 1998, 415, LG München I WM 1999, 170 = NZM 1999, 704.

Demgegenüber geht der BGH im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon aus, dass diese Bindung mit der Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit entfallen ist,1 BGH – Urt. v. 14.6.2006 – NZM 2006, 693 = WuM 2006, 520 = ZMR 2006, 841.

Vereinbaren die Parteien eine Bindung an die Kostenmiete, ohne dass die Wohnung der entsprechenden Mietpreisbindung unterliegt, so ist die Vereinbarung nur wirksam, wenn sie als Begrenzung der Mieterhöhung nach § 558 BGB verstanden werden kann. Soll dagegen dem Vermieter das Recht zur einseitigen Erhöhung der Kostenmiete gewährt werden, so verstößt die Vereinbarung gegen §§ 557 Abs. 4, 558 Abs. 6 BGB, BGH – Urt. v. 7.2.2007 – NZM 2007, 283 = WuM 2007, 133 = ZMR 2007, 355, 356 = MietRB 2007, 137 (Kunze).

Zur Bindung der öffentlichen Hand als Vermieter von Bundesbedienstetenwohnungen an verwaltungsintern geregelten Mietbegrenzungen auf Grund des Grundsatzes der Gleichbehandlung s. BayObLG – RE v. 16.12.1998 – NZM 1999, 215 = WuM 1999, 103. 1 S. dazu Börstinghaus WuM 2006, 501.

446

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 280

Ist eine Vorzugsmiete (für eine Werkmietwohnung) vereinbart worden, so kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Vermieter bei einer Mieterhöhung den ursprünglichen proportionalen Abstand zwischen der Ausgangsmiete und der ortsüblichen Vergleichsmiete einzuhalten hat.1 Vielmehr kann es ausreichen, dass die neue geforderte Miete nominal um den Unterschiedsbetrag zwischen ursprünglicher Ausgangsmiete und (damaliger) Vergleichsmiete hinter der jetzigen Vergleichsmiete zurückbleibt,

278

BayObLG – RE v. 22.2.2001 – NZM 2001, 373 = WuM 2001, 181 = ZMR 2001, 440; LG München I WuM 2001, 495: Bei vereinbarter Vorzugsmiete im Werkmietverhältnis ist die ursprüngliche Mietvergünstigung bei künftigen Mieterhöhungen zu beachten. Haben die Vertragsparteien den zu sichernden geldwerten Vorteil konkret fortgeschrieben, kann das Gericht diese Vereinbarung für die Bewertung der Mietvergünstigung heranziehen und kontinuierlich fortschreiben.2

Ebenso wenig kann ein Erhöhungsausschluss allein schon daraus abgeleitet werden, dass die vertragliche Ausgangsmiete schon bei Abschluss des Mietvertrages unterhalb der damaligen ortsüblichen Miete lag, BGH – Urt. v. 20.6.2007 – NZM 2007, 639 = WuM 2007, 452: Ein Ausschluss nach § 557 Abs. 3 BGB liegt nicht schon darin, dass die ortsübliche Vergleichsmiete die vereinbarte Miete bereits bei Vertragsabschluss überschritt. Ein rechtsgeschäftlicher Wille der Parteien, die vereinbarte Miete als solche oder einen (prozentualen oder betragsmäßigen) Abstand der Miete von der jeweiligen ortsüblichen Vergleichsmiete auf Dauer festzulegen, ergibt sich daraus nicht.3

Hat der Vermieter einer Wohnung für die Errichtung des Hauses öffentliche Wohnungsfürsorgemittel in Anspruch genommen und sich dabei verpflichtet, während der Laufzeit des Darlehens die Wohnung nur an einen näher bestimmten Kreis von öffentlichen Bediensteten zu vermieten, sowie keine die sog. Kostenmiete überschreitende Miete zu erheben, so kann der Mieter (Bediensteter der öffentlichen Hand) dem Vermieter bei einem Mieterhöhungsverlangen die vereinbarte Bindung an die Kostenmiete auch dann entgegenhalten, wenn das befristete Wohnbesetzungsrecht inzwischen erloschen ist, der Vermieter aber das Darlehen der öffentlichen Hand noch nicht vollständig zurückgezahlt hat,4

279

OLG Hamm – RE v. 14.3.1986 – DWW 1986, 208 = WuM 1986, 169 = ZMR 1986, 287.

Ist in einem Mietvertrag über Wohnraum eine Klausel angekreuzt, wonach es sich bei der Wohnung um eine „öffentlich geförderte Wohnung (Sozialwohnung) oder eine sonst preisgebundene Wohnung“ handelt und ist eine Miete vereinbart, die der höchstzulässigen Miete nach den Förderrichtlinien eines 1 S. Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 557 Rn. 48. 2 Zum Fall: Die Vergleichsmiete betrug z.Z. des Vertragsabschlusses 1990 1580 DM, die vergünstigte Miete betrug 940 DM. Im Jahre 1998 betrug die Vergleichsmiete 1860 DM. Anzurechnen war die Vergünstigung von (1580 DM – 940 DM =) 640 DM, so dass die Miete auf 1860 DM – 640 DM = 1220 DM festgesetzt wurde. 3 S. dazu Blum WuM 2007, 491. 4 Zum Erhöhungsausschluss bei Werkförderungsverträgen s. Staudinger/Weitemeyer BGB § 557 Rn. 67.

447

280

Rn. IV 281

Mieterhöhungen

Bundeslandes entspricht, so ist eine Anhebung der Miete auf das ortsübliche Niveau selbst dann ausgeschlossen, wenn der Vermieter nach Abschluss des Mietvertrages keine Fördermittel erhalten hat, weil er darauf verzichtet hat, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 378 = WuM 2004, 282 = ZMR 2004, 378: Das Ergebnis ist nicht unbillig; denn die unterbliebene Auszahlung der Fördermittel ist allein auf den Verzicht des Vermieters zurückzuführen, so dass er auch das Risiko der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen zu tragen hat. Dagegen wäre es unbillig, dem Mieter eine Vertragsanpassung wegen eines Umstandes abzuverlangen, dessen Eintritt oder Nichteintritt ausschließlich im Einflussbereich seines Vertragspartners lag.

281

Ist die im Mietvertrag ausgewiesene Wohnfläche kleiner als die tatsächlich vorhandene, so kann darin ein konkludenter Erhöhungsausschluss nach § 557 Abs. 3 BGB liegen,1 LG Zweibrücken NZM 1999, 71: Dient bei Abschluss des Wohnraummietvertrages die im Mietvertrag enthaltene Angabe der Wohnfläche, die unter der tatsächlichen Fläche liegt, als Grundlage der Mietzinsvereinbarung, dann liegt darin eine Vereinbarung i.S. von § 1 Satz 3 MHG (jetzt § 557 Abs. 3 BGB) mit der Folge, dass die vertragliche Wohnfläche bei späteren Mieterhöhungsverlangen zugrunde zu legen ist; LG Berlin NZM 2002, 947: Die Vertragsparteien wollten durch die Vereinbarung der Wohnfläche den Streit über deren Größe außer Streit stellen. Die vereinbarte Wohnfläche ist jedenfalls dann anzusetzen, wenn sie kleiner als die tatsächliche Wohnfläche ist; ebenso LG Berlin GE 2004, 482 (s. auch Rn. IV 167), s. auch LG Aachen WuM 1991, 501, AG Neustadt/Rbge. WuM 1996, 334, AG Daun WuM 2004, 234.

282

Das setzt jedoch einen entsprechenden übereinstimmenden – auch schlüssig geäußerten – Willen der Vertragsparteien voraus, gemäß dem bestimmte Flächen nicht oder nicht vollständig in die Mietberechnung einbezogen werden sollen. Die bloße Flächenabweichung reicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht aus, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 681, 682, ebenso LG Hamburg ZMR 2001, 712: Auf die tatsächliche Wohnfläche ist auch dann abzustellen, wenn im Mietvertrag eine geringere Wohnfläche ausgewiesen ist.

Zu Flächenabweichungen s. Rn. III 109, IV 172, 172a. i) Kündigungsregelungen aa) Sonderkündigungsrecht des Mieters 283

Dem Mieter steht aus Anlass einer Mieterhöhung nach §§ 558, 559 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 561 BGB zu. Die Regelung entspricht derjenigen des § 9 Abs. 1 MHG, vereinfacht diese jedoch hinsichtlich der früher unterschiedlich geregelten Kündigungsfristen. Das Kündigungsrecht gilt auch, wenn das Mietverhältnis gemäß § 575 BGB befristet oder das Recht zur ordentlichen Kündigung zulässig auf Zeit ausge1 S. dazu Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 62; Behr/Hörrmann DWW 1999, 105.

448

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Rn. IV 286

schlossen ist. Dem Mieter wird zu seiner Ausübung eine Überlegungsfrist eingeräumt, die derjenigen des § 558b Abs. 2 BGB (s. Rn. IV 132) entspricht, und eine Kündigungsfrist von zwei Monaten eingeräumt.1 Nach herrschender Ansicht wurde und wird das Kündigungsrecht des Mieters auch durch ein unwirksames Mieterhöhungsverlangen ausgelöst,

284

LG Berlin GE 1998, 43: Macht der Vermieter eine erhöhte Mietzinsforderung unter Berufung auf eine unwirksame Staffelmietvereinbarung (hier: Fördervereinbarung der IBB) geltend, so steht dem Mieter das Sonderkündigungsrecht zu; LG Gießen WuM 2000, 423: Das außerordentliche Kündigungsrecht besteht auch dann, wenn der Vermieter dem Mieter einen neuen Mietvertrag mit einer höheren Miete anträgt; AG Andernach WuM 1994, 547, AG Bad Hersfeld WuM 2000, 36 selbst bei offensichtlich unwirksamen Mieterhöhungsverlangen; anders für letzteren Fall: AG Münsingen NZM 1998, 305 = WuM 1997, 499.

Der Gesetzgeber hat durch die Neufassung des Gesetzes sich dieser Auffassung anschließen wollen;2 das kommt im Gesetz allerdings so nicht eindeutig zum Ausdruck. Die Auffassung ist nicht unbedenklich; denn ein unwirksamer Rechtsakt kann – dogmatisch betrachtet – keine Rechtsfolgen auslösen, sofern dies nicht im Gesetz vorgesehen ist. Gleichwohl entspricht sie der Rechtswirklichkeit;3 denn entweder haftet der Vermieter bei schuldhaft fehlerhaftem Mieterhöhungsverlangen auf Schadensersatz mit der Folge, dass der Mieter verlangen kann, so gestellt zu werden, als sei das Erhöhungsverlangen wirksam, oder man legt zugrunde, dass der Vermieter durch sein Verhalten einen Vertrauenstatbestand gesetzt hat, an den er sich entsprechend dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens festhalten lassen muss. Zudem soll der Mieter nicht mit dem Risiko behaftet werden, die Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens prüfen zu müssen. Allenfalls dann, wenn für den Mieter eindeutig und zweifelsfrei zu erkennen ist, dass das Erhöhungsverlangen unwirksam ist, soll die Ausübung des Kündigungsrechts rechtsmissbräuchlich sein,4

285

LG Berlin GE 1998, 43, 44, LG Gießen WuM 2000, 423.

Der Mieter, der von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht, muss hierfür die gesetzliche Schriftform wahren (§§ 568, 126 BGB). Eine Begründung ist nicht erforderlich; denn die gesetzliche Begründungspflicht beschränkt sich auf die ordentliche Kündigung des Vermieters (§ 573 Abs. 3 BGB) sowie auf fristlose Kündigungen des Mieters und des Vermieters (§ 569 Abs. 4 BGB).5

1 Beispiel: Zugang des Mieterhöhungsverlangens am 7.10.2005, die Kündigung kann bis zum 31.12.2005 erklärt werden; wird die Kündigung am 30.12.2005 erklärt, so wirkt sie auf den 28.2.2006. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 59. 3 S. zu § 561 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 4; Emmerich/Sonnenschein Rn. 8; Herrlein/ Kandelhard/Bothe Rn. 7; MünchKomm/Artz Rn. 4. 4 S. auch Emmerich/Sonnenschein BGB § 561 Rn. 6; MünchKomm/Artz Rn. 5. 5 Ebenso zu § 561 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 12; Herrlein/Kandelhard/Bothe Rn. 6.

449

286

Rn. IV 287

Mieterhöhungen

bb) Einschränkung der Verzugskündigung 287

Ist der Mieter rechtskräftig zur Zustimmung1 oder Zahlung einer Mieterhöhung nach §§ 558 f., 559 f. BGB verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs mit dem erhöhten Mietzins nicht vor Ablauf von 2 Monaten seit Rechtskraft jenes Urteils kündigen, es sei denn, dass der Mieter auch ohne Rücksicht auf die Mieterhöhung mit einem zur Kündigung ausreichenden Betrag im Verzug ist (§ 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, früher § 9 Abs. 2 MHG). Das Gleiche ist für Kündigungen wegen Zahlungsverzugs mit Mieterhöhungen nach §§ 8, 10 WoBindG angenommen worden,2 LG Köln WuM 1995, 593, weiter gehend LG Berlin MM 1994, 20: § 9 Abs. 2 MHG (jetzt: § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB) ist auf Mieterhöhungen, deren Rechtsgrund sich nicht aus den §§ 3–7 MHG (s. zu § 3 MHG jetzt § 559 BGB) ergibt, analog anzuwenden.

288

Der Vermieter kann die Kündigungssperre nicht dadurch unterlaufen, dass er wegen der durch die Mieterhöhung aufgelaufenen Rückstände statt der fristlosen Kündigung eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausspricht.3

289

Die Kündigungsbeschränkung soll dagegen nicht gelten, wenn Mieter und Vermieter sich (im Prozess) über eine höhere Miete geeinigt haben, OLG Hamm – RE v. 27.12.1991 – NJW-RR 1992, 340 = WuM 1992, 54 = ZMR 1992, 109.

Die dafür gegebene Begründung, der Mieter habe es in der Hand, bei Abschluss der Vereinbarung vertraglich Vorsorge für den Verzugsfall zu treffen (z.B. durch eine Ratenzahlungsvereinbarung), überzeugt nicht. In der Praxis werden die Vertragsparteien die Möglichkeit eines Verzuges nicht in Betracht ziehen oder dem Mieter wird das Kündigungsprivileg, das er aus der Hand gibt, nicht bekannt sein. In jedem Fall gereicht es ihm über die Mieterhöhung hinaus zum Nachteil, sich mit dem Vermieter geeinigt zu haben. Das widerspricht dem Wesen des neuen Mieterhöhungsrechts, wie es im Zustimmungsverfahren zum Ausdruck gelangt, eine gütliche Verständigung der Vertragsparteien zu fördern. Bei einer außergerichtlichen Vereinbarung über eine Mieterhöhung gilt die Kündigungsbeschränkung nicht.4 290–299 Frei.

1 Der Gesetzgeber hat das Redaktionsversehen in § 9 Abs. 2 MHG wohl übernommen: Blank/Börstinghaus BGB § 569 Rn. 64 m.w.N.; Kraemer WuM 2001, 163, 170. 2 Palandt/Weidenkaff BGB § 569 Rn. 21; anders zu § 569 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 33; Lammel Rn. 46; MünchKomm/Schilling Rn. 35. 3 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 569 Rn. 62; anders Emmerich/Sonnenschein BGB § 569 Rn. 33. 4 Blank/Börstinghaus BGB § 569 Rn. 70.

450

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 303

5. Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters Durch das MRRG ist § 3 MHG im Wesentlichen unverändert in das BGB (§§ 559 f.) übernommen worden.1 Die wichtigste materielle Änderung liegt darin, dass die Mieterhöhungsbefugnis auf alle energiesparenden Maßnahmen erstreckt worden ist. Die wesentliche formelle Änderung besteht darin, dass die Mieterhöhung erst einen Monat später als nach bisherigem Recht wirkt, nämlich erst ab Beginn des 3. Monats nach Zugang des Erhöhungsverlangens. Die formellen Erfordernisse sind gegenüber dem bisherigen Recht nicht abgesenkt.

300

a) Mieterhöhende Baumaßnahmen Mieterhöhend können sich die folgenden baulichen Maßnahmen auswirken:

301

– Modernisierungsmaßnahmen, – Maßnahmen zur Energieeinsparung, nunmehr ohne Begrenzung auf Heizung und Wasser, – Maßnahmen auf Grund von Umständen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Grundsätzlich muss der Vermieter Bauherr, d.h. Träger der Maßnahme und nicht nur bloßer Kostenträger sein,

302

KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WM 1997, 605 = ZMR 1997, 638: Aus dem Wortlaut des § 559 BGB (bisher § 3 MHG) folgt, dass das Mieterhöhungsverlangen nur demjenigen Vermieter zusteht, der die Modernisierungsarbeiten durchgeführt hat; ebenso LG Berlin GE 1995, 430 = ZMR 1995 S. XI Nr. 17.

Eine Modernisierungsmaßnahme liegt nicht vor, wenn z.B. die Gemeinde die Arbeiten durchführt und der Vermieter nur die Kosten zahlt, wie bei Ausbau der Straße oder Anschluss an die städtische Kanalisation, OLG Hamm – RE v. 30.5.1983 – NJW 1983, 2331, LG Hildesheim WM 1985, 340, a.A. Gutekunst PiG 16 (1984) S. 149, 152.

Bei der Verlegung von Freileitungen ins Erdreich wirken sich nur solche Maßnahmen mieterhöhend aus, die der Vermieter als Bauherr veranlasst und die auf dem Grundstück selbst durchgeführt werden. Bauherr bleibt der Vermieter auch dann, wenn er mit der Durchführung der Maßnahme einen Dritten – z.B. einen Generalunternehmer – beauftragt hat. Eine Ausnahme von der Regel ergibt sich bei Veräußerung des Mietgrundstücks: Hat bei einer Veräußerung der bisherige Eigentümer/Vermieter modernisiert, aber die Miete deswegen noch nicht erhöht, so geht diese Befugnis auf den Erwerber über,2 1 Kinne ZMR 2003, 396; Sternel PiG 62 (2002) S. 89 ff. 2 Abweichend Emmerich/Sonnenschein BGB § 559 Rn. 5; kritisch auch Sternel PiG 62 (2002) S. 89, 114.

451

303

Rn. IV 304

Mieterhöhungen

KG – RE v. 17.7.2000 – GE 2000, 1104 = NZM 2000, 860: Der Erwerber, der nach § 571 Abs. 1 BGB (jetzt § 566 BGB) in das Mietverhältnis eingetreten ist, kann den Mietzins nach durchgeführter Modernisierung gemäß § 3 MHG (jetzt § 559 BGB) erhöhen, auch wenn die Modernisierungsarbeiten vom Veräußerer und ehemaligen Vermieter veranlasst worden sind, mit ihrer Ausführung vor Eigentumswechsel begonnen worden ist und diese vor Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis abgeschlossen worden sind; ebenso schon LG Düsseldorf WM 1998, 231; anders noch KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WM 1997, 605, LG Berlin GE 1995, 430 = ZMR 1995 S. XI Nr. 17.

Das gilt erst recht, wenn der Veräußerer die baulichen Maßnahmen begonnen und der Erwerber sie dann abgeschlossen hat, KG – RE v. 8.5.2000 – NZM 2000, 652 = WuM 2000, 300.

304

Umgekehrt soll der Erwerber, der vor seiner Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch bereits bauliche Maßnahmen durchgeführt hat, zu einer Mieterhöhung nach § 559 BGB nicht berechtigt sein, da er zwar Bauherr, aber zur Zeit der Durchführung der baulichen Maßnahme nicht Vermieter war.1 Dies erscheint formalistisch, zumal der Erwerber über den Wortlaut der Vorschrift hinaus zur Mieterhöhung jedenfalls dann berechtigt ist, wenn er die bauliche Maßnahme zwar als Nicht-Vermieter begonnen, sie jedoch als Vermieter abgeschlossen hat. Wenn schon dem Erwerber die baulichen Maßnahmen des Veräußerers zugute kommen, muss dies erst recht für solche baulichen Maßnahmen gelten, die er selbst – wenn auch vor Vollendung des Erwerbsvorganges – getroffen hat. Jedenfalls kann der Vermieter den noch nicht eingetragenen Erwerber ermächtigen, Modernisierungsmaßnahmen im eigenen Namen nach § 554 Abs. 2 BGB anzukündigen und durchzuführen, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 = NZM 2008, 283 = WuM 2008, 219.

Im Verhältnis zum Mieter ist der Erwerber bei der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen lediglich Erfüllungsgehilfe des Vermieters, der auch zur zügigen Durchführung der Arbeiten verpflichtet bleibt (BGH a.a.O.). 305

Die Mieterhöhung nach § 559 BGB soll nicht zulässig sein, wenn die baulichen Maßnahmen schon vor Beginn des Mietverhältnisses abgeschlossen worden sind.2 Das ist ungenau. Abzustellen ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (so auch AG Bad Segeberg WuM 1992, 197); denn nur zu diesem Zeitpunkt kann der Vermieter die Maßnahme vertraglich mietsteigernd berücksichtigen. aa) Modernisierungsmaßnahmen

306

Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die den Wohnwert der Wohnung oder die allgemeinen Wohnverhältnisse nachhaltig verbessern. Maßstab dafür, ob der Wohnwert verbessert wird, ist nicht die Wertung des derzeitigen Mie1 Blank/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 5. 2 Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 559 Rn. 29.

452

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 308

ters, sondern die Verkehrsanschauung, insbesondere auch, ob eine Wohnung bei Durchführung der Maßnahme bei im Übrigen gleichen Konditionen eher angemietet werden würde als eine vergleichbare Wohnung, bei der diese Maßnahmen nicht durchgeführt wurden, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 697 = WuM 2005, 576 = ZMR 2005, 851, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 = NZM 2008, 283 = WuM 2008, 219.

Allgemein fallen hierunter alle Maßnahmen, die das Wohnen angenehmer, bequemer, sicherer, gesünder oder weniger arbeitsaufwendig machen.1 Welche Maßnahmen in der Regel als Modernisierung anzuerkennen sind, lässt sich dem Katalog in § 4 ModEnG entnehmen. Diese Bestimmung ist zwar außer Kraft gesetzt worden,2 wird jedoch noch als Auslegungshilfe herangezogen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – GE 2002, 1058.

Hervorzuheben sind Maßnahmen, die zur Verbesserung des Zuschnitts der Wohnung, der Belichtung und Belüftung, des Schallschutzes, der Energieversorgung, der sanitären Einrichtung, der Beheizung, schließlich der Sicherung vor Diebstahl und Gewalt dienen.

307

Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass mit der Maßnahme ein Eingriff in die Bausubstanz erfolgt. Eine Modernisierungsmaßnahme liegt vielmehr auch in der Installation von Geräten (z.B. Boiler, Herd, Spüle), nicht aber in einer bloßen Möblierung. Unerheblich soll auch sein, ob mit der Modernisierungsmaßnahme eine gewisse Verschlechterung der Wohnverhältnisse einhergeht, z.B. bei Einbau eines Duschbades unter Verlust der Speisekammer oder Verkleinerung der Küche, KG – Urt. v. 10.5.2007 – GE 2007, 907,3 LG Berlin GE 1992, 39, GE 2005, 919;4 s. auch BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 = NZM 2008, 283 = WuM 2008, 219: Vergrößerung des Badezimmers unter Hinzunahme der Speisekammer.

Ebenso wenig ist es stets erforderlich, dass sich die Modernisierung auf die Mietwohnung bezieht. Es genügt die Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse wie der Einbau eines Fahrstuhls, die Schaffung von Müllboxbehältern, die Anlage von Kinderspielplätzen oder Kfz-Stellplätzen. Das Gleiche gilt für die Errichtung eines Vordaches über der Haustür, LG Berlin GE 2003, 122, 1 Kinne ZMR 2003, 396 mit Beispielen aus der Rspr.; zum Ausbau bestehender Breitbandkabelnetze s. Hitpaß/Maaß ZMR 2003, 541. 2 Art. 36 des Gesetzes v. 16.12.1986 (BGBl. I S. 2441). 3 Zum Fall: Der Einbau einer Dusche mit Innen-WC soll auch dann eine Modernisierungsmaßnahme sein, wenn vorher eine transportable Duschkabine vorhanden war und die Fläche der Küche dadurch verkleinert wird. – Eine Verkleinerung der Küche von 11 auf 7 qm ist hinzunehmen; eine Sitzgelegenheit in der Küche ist immer noch vorhanden. Dass der Mieter möglicherweise die Möbel austauschen muss, ist von ihm hinzunehmen. 4 Zum Fall: Einbau einer Dusche unter Wegfall der Speisekammer in einer Altbauwohnung, belegen im Ostteil Berlins.

453

308

Rn. IV 309

Mieterhöhungen

oder die Schaffung einer Feuerwehrzufahrt, AG Hamburg-Altona WuM 2005, 778.

Der Anschluss an die städtische Kanalisation ist nur insoweit als Modernisierungsmaßnahme zu werten, als es sich um Baumaßnahmen auf dem Grundstück handelt, die vom Vermieter durchgeführt werden. Bauliche Maßnahmen, die anderen Zwecken dienen, wie etwa der Aufteilung des Gebäudes in Wohnungseigentum, sind keine Modernisierungen, LG Stuttgart WuM 1992, 13.

Maßnahmen, durch die die vertragsgemäße Beschaffenheit der Mietsache verändert oder umgestaltet wird, sind nicht mehr als Modernisierungsmaßnahmen anzuerkennen, LG Hamburg ZMR 2007, 455,1 bestätigt durch BGH – Beschl. v. 28.11.2007 – ZMR 2008, 116; AG Hamburg-Altona, LG Hamburg WuM 2008, 27, 28.2

Der Rückbau von Wohngebäuden ist ebenso wenig wie deren Abriss eine bauliche Maßnahme i.S. von § 559 Abs. 1 BGB, auch wenn derartige Maßnahmen – etwa durch Gewinnung von Freiflächen für Grünanlagen – zu einer besseren Bewertung des Wohnumfeldes führen können.3 309

Die Maßnahme muss nachhaltig die Modernisierung bewirken, damit sie eine Mieterhöhung nach § 559 BGB auslöst. Nachhaltig ist die Gebrauchswerterhöhung dann, wenn der Gebrauchswert auf Dauer erhöht wird und ein gewisses wirtschaftliches Gewicht aufweist, das bei objektiver Betrachtung für die Miethöhe nicht unbeachtlich erscheint.4 Die Maßnahme darf sich also nicht nur auf gänzlich Unerhebliches beziehen, wie z.B. ein neues Klingeltableau oder eine Videoüberwachungsanlage, AG Ahrensburg HmbGE 1986, 391, AG Frankfurt/a.M. ZMR 2006, 292: Austausch von Heizkostenverteilern nach dem Verdunsterprinzip gegen funkgesteuerte elektronische Erfassungsgeräte, AG Köpenick GE 2008, 411 für Einbau eines WC-Spülkastens oder einer Einhebelarmatur.

Für die Duldungspflicht des Mieters nach § 554 Abs. 2 BGB (früher § 541b BGB) kommt es dagegen auf die Nachhaltigkeit nicht an. 310

Umstritten ist, ob allein schon die Vergrößerung der Wohnfläche eine Modernisierungsmaßnahme darstellt. Dies ist zu verneinen, ebenso LG Köln WuM 1993, 40 bei Vergrößerung der Wohnfläche um 17% durch einen Anbau.

1 Zum Fall: Errichtung eines Staffelgeschosses über einem Reihenmittelhaus mit Terrasse. 2 Zum Fall: Umwandlung einer Loggia in einen Wintergarten. 3 So auch Both NZM 2001, 78, 85. 4 S. zu § 559 BGB: Emmerich/Sonnenschein BGB § 559 Rn. 11, 97; Schmidt-Futterer/ Börstinghaus Rn. 61; Sternel PiG 62 (2002) S. 89, 97 ff.

454

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 313

Dagegen spricht nämlich, dass durch das 4. MietRÄndG1 Maßnahmen zur Schaffung neuen Wohnraums in die Duldungspflicht des Mieters nach § 554 Abs. 2 BGB (früher § 541b BGB) einbezogen worden sind, mithin neben dem Modernisierungsbegriff stehen. Andererseits ist § 559 BGB (bisher § 3 Abs. 1 MHG) nicht entsprechend erweitert worden. Die Vergrößerung kann jedoch dann als Modernisierung zu werten sein, wenn hierdurch der Schnitt der Wohnung oder die Funktionsabläufe in ihr verbessert werden. Ob das immer dann schon der Fall ist, wenn bei gleichbleibender Wohnungsgröße durch Änderung des Grundrisses ein weiteres Zimmer geschaffen wird, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen, so OVG Berlin – Urt. v. 28.4.1989 – ZMR 1990, 36.

Zu fragen ist stets danach, ob der Gebrauchswert der Wohnung nach objektiven Kriterien erhöht wird (Rn. IV 306). Das ist verneint worden, wenn das Bad zwar eine verbesserte Ausstattung erhält, aber verkleinert und ein Innenbad wird, wenn die Speisekammer entfällt und dafür die Küche vergrößert wird (LG Karlsruhe WuM 1992, 121). Die Gebrauchswerterhöhung ist bejaht worden, wenn ein kleiner Waschraum, in dem sich eine Dusche befindet, mit dem eigentlichen Badezimmer zusammengelegt wird, die Wasser- und Abwasserleitungen unter Putz verlegt werden,

311

LG Berlin GE 1997, 1473.

Auch wenn der Ausbau eines Balkons grundsätzlich eine Wohnwertverbesserung darstellt (LG Berlin ZMR 2004, 193, LG Berlin GE 2008, 201), ist dies für den Ausbau eines Balkons an der Nordseite des Gebäudes, der nur über einen Abstellraum betreten werden kann und weder die Lichtverhältnisse der Wohnung verbessert noch eine direkte Verbindung zu dem bereits bestehenden Wohnungsbalkon hat, verneint worden (AG Hannover WuM 1996, 282).

312

Der Umbau des zu einer Wohnung gehörenden Balkons mit einer Grundfläche von 5,2 x 1,5 m in einen Wintergarten oder eine Loggia ist nicht als wohnwertverbessernde Maßnahme gewertet worden, da der Balkon wegen seines Freizeitwerts höher zu bewerten sei,2 LG Berlin NZM 1998, 189, AG Konstanz WuM 1997, 553, AG Hamburg-Altona, LG Hamburg WuM 2008, 27, 28, s. auch LG Gießen WuM 1998, 278 für die Überdachung eines Balkons, um die Sanierung des Balkonbodens zu vermeiden.

Eine Verbesserung der Stromversorgung liegt erst vor, wenn auch die Anschlusswerte innerhalb der Wohnung verstärkt worden sind; es genügt also nicht die Verlegung einer Steigeleitung bis zum Wohnungsanschluss. Das Gleiche gilt für den Duldungsanspruch des Vermieters nach § 554 Abs. 2 BGB, LG Berlin NZM 1999, 705: Der Mieter muss den Einbau verstärkter Steigeleitungen als Modernisierungsmaßnahme nicht dulden, solange der Vermieter nicht dargelegt 1 Gesetz v. 21.7.1993, BGBl. 1993 I S. 1257. 2 Anders Herrlein/Kandelhard/Bothe BGB § 559 Rn. 18.

455

313

Rn. IV 314

Mieterhöhungen

hat, dass der Mieter nach dem Einbau tatsächlich verbrauchsintensivere Geräte anschließen kann. Aus dem Einbau einer neuen Steigeleitung ergibt sich noch keine entsprechende Vermutung.

Zur Darlegung des Modernisierungscharakters der Verstärkung der Elektroleitungen soll es ausreichen, wenn der Vermieter die Leitungsmerkmale der alten und der modernisierten Anlage im Mieterhöhungsverlangen gegenüberstellt. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der Mieter bisher mit der alten Anlage ausgekommen ist, LG Berlin GE 2003, 122, 123.

Der Einbau einer verstärkten Steigeleitung, der nur wegen des Ausbaus des Dachgeschosses erforderlich wird, ist keine Modernisierung, LG Berlin GE 1999, 46.

314

Im Austausch von Holzkastenfenstern gegen iso-verglaste Kunststofffenster ist keine Wohnwertverbesserung gesehen worden, LG Berlin WuM 2002, 337 (ZK 63) im Anschluss an OVG Berlin GE 1984, 977.

Ersetzt der Vermieter Gaseinzelöfen durch eine Zentralheizung, so soll hierin eine Wohnwertverbesserung liegen, ohne dass es noch auf eine Einsparung von Heizenergie ankommt, LG Frankfurt a.M. WuM 2002, 171.

315

Der Austausch einer Gasetagenheizung gegen einen Fernwärmeanschluss ist nicht als Modernisierungsmaßnahme zu werten. Jedoch kann es sich um eine Maßnahme zur Energieeinsparung handeln, wenn das Fernwärmenetz aus einer Anlage der Kraft-Wärme-Kopplung gespeist wird, BGH – Urt. v. 24.9.2008 – WuM 2008, 667 (Tz. 32): Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, dass die Umstellung auf Fernwärme dazu führe, dass er nicht mehr die Heizungsanlage – wie bei der Gasetagenheizung – nach Belieben in Betrieb nehmen könne.

316

Notwendig ist die Abgrenzung zu Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (s. auch Rn. VII 23). In Betracht kommen zunächst Maßnahmen, die sowohl eine Instandsetzung als auch eine Modernisierung bewirken (sog. Instandmodernisierung). So kann der Einbau einer einbruchshemmenden Wohnungstür anstelle der bisherigen reparaturbedürftigen Einfachtür der Gebrauchsgewährpflicht des Vermieters, aber auch der optischen Gestaltung des Mietobjekts dienen, vgl. LG Köln WuM 1993, 608 = ZMR 1992 S. XIII Nr. 6, LG Berlin GE 2002, 122, LG Halle/Saale ZMR 2003, 35 jeweils für einbruchshemmende Wohnungseingangstüren, AG Magdeburg WuM 1996, 229 für Einbau einer neuen Hauseingangstür mit Sicherheitsschließanlage.

Für eine Modernisierungsmaßnahme spricht § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 ModEnG, da es sich überwiegend um eine Maßnahme der Sicherheit vor Diebstahl und Gewalt handeln wird, AG Köpenick GE 2008, 411 für Einbau einer zentralen Schließanlage.

456

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 320

Ferner ist im Rahmen der hier vorzunehmenden Abgrenzung an Maßnahmen zu denken, die bezwecken, den Mietgebrauch den sich ändernden Verhältnissen anzupassen. Allgemein anerkannt ist, dass der Mietgebrauch sich an den sozialen, wirtschaftlichen und technischen Veränderungen ausrichtet. So kann der Mieter einer nicht modernisierten Altbauwohnung jedenfalls einen Mindeststandard erwarten, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht, z.B. diejenigen elektrischen Geräte einsetzen zu können, die für eine Haushaltsführung allgemein üblich sind, sofern nichts anderes vereinbart ist,

317

BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807: Auch wenn der Vermieter zu einer allgemeinen Modernisierung der Wohnung auf den jeweils neuesten Standard nicht verpflichtet ist, kann der Mieter angesichts des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts grundsätzlich erwarten, dass der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung jedenfalls eine solche Lebensweise zulässt, die seit Jahrzehnten üblich ist und dem allgemeinen Lebensstandard entspricht.

Das betrifft etwa die Verstärkung der Anschlusswerte in der Wohnung. Derartige Maßnahmen können dann eine Instandsetzung sein, wenn die bisherigen Anschlüsse bei weitem nicht mehr ausreichten, um die übliche Wohnungsnutzung zu ermöglichen,

318

BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527: Zu den Pflichten des Vermieters zählt, eine Stromversorgung bereitzustellen, die einen Betrieb der gewöhnlichen Haushaltsgeräte ermöglicht. Eine derartige Ausstattung wird unabhängig vom Baualter des Gebäudes oder einer Modernisierung der Wohnung allgemein erwartet, so dass zumindest ein größeres Haushaltsgerät und gleichzeitig weitere übliche Haushaltsgeräte wie etwa ein Staubsauger in der Wohnung benutzt werden können. Dazu zählt auch die Steckdose im Badezimmer. AG Schöneberg WuM 1992, 113, AG Bremerhaven WuM 1992, 601; anders AG Osnabrück ZMR 1989, 339: kein Anspruch des Mieters auf Verstärkung der elektrischen Leitungen zum Anschluss eines Mikrowellenherdes.

Das Gleiche gilt für den Austausch der elektrischen Installation, wenn der Zustand der alten Leitungen aus DDR-Zeiten nicht den üblichen Isolationswerten und der üblichen Spannungsfestigkeit entspricht; die stärkere Belastbarkeit des erneuerten Leitungsnetzes soll nicht die Einstufung als Modernisierungsmaßnahme begründen,

319

AG Gera WuM 1995, 399.

Andererseits hat der Mieter keinen Anspruch darauf, dass die Mieträume dem jeweils neuesten Stand der Technik entsprechen, BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 für Elektroversorgung, s. auch BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582 zur Elektroinstallation in einem DDR-Plattenbau aus 1971; LG München I WuM 1988, 352 für Wärmedämmaßnahmen, LG Hannover WuM 1991, 540 für Erneuerung der Heizungsanlage, AG Bonn WuM 1990, 14 für Nachrüstung der Gemeinschaftsantenne.

Ebenso wenig kann er verlangen, dass die technische Ausstattung der Wohnung (Entlüftungsanlage) verändert wird, sofern diese selbst nicht mangelhaft ist und dem Standard der Baualtersklasse entspricht, LG Berlin GE 1995, 621.

457

320

Rn. IV 321

Mieterhöhungen

321

Ist ein Fahrstuhl seit langer Zeit stillgelegt, so ist er in der Regel nicht Gegenstand des Mietgebrauchs. Die Neuinstallation des Fahrstuhls ist demzufolge nicht als Instandsetzung, sondern als Modernisierung gewertet worden,

322

Maßnahmen zur Umweltsanierung – z.B. der Austausch von Wasserleitungen aus Blei gegen solche aus anderem Material, die Sanierung von asbesthaltigen Nachtspeicheröfen – sind Instandsetzungsmaßnahmen,

AG Schönberg GE 1995, 621.

LG Frankfurt a.M. ZMR 1990, 17, LG Hamburg NJW 1991, 1898 = WuM 1991, 161, WuM 1992, 11 = ZMR 1992, 26, jeweils für den Austausch von Bleileitungen; AG Halle/Saalkr. WuM 1992, 682,

selbst wenn eine Sanierung der Bleirohre nicht geboten ist, AG Hamburg ZMR 1994 S. X Nr. 7 für den Anspruch des Mieters auf Austausch asbesthaltiger Nachtspeichergeräte.1

Das Gleiche gilt für die Sanierung von Holzteilen in der Mietwohnung, die mit PCB-haltigen Mitteln bearbeitet worden sind, LG Tübingen ZMR 1997, 248.

323

Werden abgenutzte Teile der Mietsache erneuert – z.B. Überfliesung des Bades oder der Küche, Erneuerung der Badewanne oder der Waschbecken –, so liegt auch darin keine Modernisierung, LG Hamburg WuM 1984, 217, LG Berlin ZMR 1995 S. XI Nr. 17 für Austausch einer Badewanne, LG Berlin GE 1997, 1473 für Ersetzung veralteter Armaturen sowie des WC- und des Handwaschbeckens. Dagegen handelt es sich um eine (Teil-)Modernisierung, wenn ein teilverfliestes Bad höher verfliest wird (LG Berlin GE 2003, 122); AG Gelsenkirchen NZM 1999, 801: Die Erneuerung eines Jahrzehnte alten Bades in einer Mietwohnung berechtigt zur Mieterhöhung bezüglich der Kosten für einen Ersatz des Ölfarbensockels und des PVC-Fußbodens durch Fliesen, nicht jedoch wegen der Kosten zur Erneuerung der Sanitäranlagen.

Das gilt auch, wenn abgängige Teile durch heute übliche, bessere Teile ersetzt werden,2 z.B. die Wasserhahnarmatur durch eine Einhand-Mischbatterie, Plastikteile gegen Teile aus höherwertigem Material, LG Berlin GE 1997, 1473, AG Halle/Saalkr. WuM 1992, 682, anders AG Köpenick GE 2008, 411 für Installation einer Einhebelarmatur.

Als wohnwertverbessernd ist auch die Installation von Rauchwarnmeldern gewertet worden, soweit sie nicht schon bauordnungsrechtlich vorgeschrieben sind,3 AG Lübeck ZMR 2008, 302.

324

Schuldet der Vermieter eine Instandsetzung (z.B. der Nachtspeicherheizung oder des Gasherdes nebst Versorgung), so ist er grundsätzlich nicht berechtigt, 1 Halstenberg WM 1993,155: Miet- und wohnungsrechtliche Aspekte der Beseitigung asbesthaltiger Speicherheizgeräte. 2 A.A. Pfeifer DWW 1994, 10. 3 Ebenso Schumacher NZM 2005, 641; Först InfoM 2008, 207.

458

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 327

aus diesem Anlass den Mietgegenstand zu verändern, um hieraus ggf. eine Mieterhöhung abzuleiten. Er ist hierzu nur unter den Voraussetzungen des § 554 Abs. 2 BGB befugt, LG Hamburg WM 1998, 279 für Anschluss an die Gaszentralheizung anstatt Reparatur der Nachtspeicherheizung, AG Schöneberg MM 1995, 400 für die Umstellung der Energiequelle von Gas auf Strom anstatt Reparatur des Gasherdes, ebenso LG Berlin WM 1998, 481 = GE 1997, 185.

Zur Beweislast bei einem Streit darüber, ob die Kosten Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen betreffen, s. Rn. IV 360. Problematisch kann die Abgrenzung zur Instandsetzung bei öffentlich-rechtlich gebotenen Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie sein. Hier treffen zwar den Vermieter bestimmte Pflichten, die aber dem Mieter bestenfalls einen Rechtsreflex und keinen Anspruch gewähren, sofern dieser nicht im Gesetz vorgesehen ist,1

325

anders AG Gelsenkirchen WuM 1993, 735 für Thermostatventile auf Grund der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Vermieters nach § 2 Abs. 5 HeizungsanlagenV.

Jedoch handelt es sich dann um Maßnahmen auf Grund von Umständen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (s. dazu Rn. IV 340). Hat der Mieter das Ergebnis der geplanten Modernisierung schon selbst mit Erlaubnis des Vermieters geschaffen (z.B. ein Bad eingebaut), so handelt es sich hierbei nicht um eine Modernisierung i.S. der §§ 554, 559 BGB. Der Vermieter ist deshalb nicht mit Modernisierungsmaßnahmen ausgeschlossen, weil der Mieter den entsprechenden Wohnkomfort bereits hat. Das Gesetz geht vielmehr grundsätzlich von der typischen Gestaltung aus, nach der der Vermieter den Zustand der Wohnung, wie er bei Übergabe zur Verfügung gestellt worden ist, als vertragsgemäß schuldet, und knüpft hieran Rechtsfolgen. Dass dies in § 554 Abs. 2 BGB (früher § 541b BGB a.F.) und § 559 BGB (früher § 3 MHG) anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Danach ist der Zustand, wie er vom Vermieter geschuldet wird, mit demjenigen, den er schaffen will, zu vergleichen,

326

LG Berlin ZMR 1999, 554, ferner LG Hamburg ZMR 1984, 60, a.A. AG Hamburg WuM 1993, 41.

Die gleiche Rechtsfolge besteht, wenn der Mieter Einrichtungen oder Einbauten vom Vormieter übernommen hat, LG Berlin ZMR 2003, 488 (ZK 64): Vom Mieter übernommene Nachtspeicheröfen stehen dem Einbau einer Gaszentralheizung nicht entgegen, wenn die Nachtspeicheröfen nicht mit vermietet sind und vom Mieter grundsätzlich bei Mietende zu entfernen sind.

Die Mietermodernisierung spielt also grundsätzlich keine Rolle für den Begriff der Modernisierung, sondern ist nur im Rahmen der Zumutbarkeit innerhalb der Duldungspflicht nach § 554b Abs. 2 BGB beachtlich (s. Rn. VII 141). Anders verhält es sich, wenn die Parteien eine Modernisierungsvereinbarung 1 S. dazu Blank WuM 2008, 311, 315; Friers WuM 2008, 255, 257 jeweils zu § 10 EnEV 2007.

459

327

Rn. IV 328

Mieterhöhungen

getroffen haben (s. Rn. IV 414). Es handelt sich dann nicht nur um eine Erlaubnis des Vermieters, sondern um einen Vertrag, nach dem der Mieter die Maßnahmen durchführt, der Mietzins deswegen nicht erhöht werden darf und den Mieter bei Vertragsende keine Rückbaupflicht trifft, da die Baumaßnahme ins Eigentum des Vermieters übergeht, s. dazu KG – Beschl. v. 28.8.2008 – WuM 2008, 597.

bb) Maßnahmen zur Einsparung von Energie und Wasser 328

Durch das MRRG ist der Katalog der Einsparmaßnahmen auf alle Energiearten und auf Wasser erstreckt worden. Dies beruht auf der ökologischen Zielsetzung des Gesetzes,1 die auch bei der Auslegung des Gesetzes zu beachten ist. Das gilt etwa für den Umstand, dass das Kosten-/Nutzenverhältnis nicht ohne weiteres als Auslegungsmaxime zugunsten des Mieters zum Tragen kommt, was andererseits kein Freibrief des Vermieters für unwirtschaftliches Verhalten darstellt (zum Grundsatz der Wirtschaftlichkeit s. Rn. IV 354). Mit der Maßnahme braucht keine Verbesserung des Wohnwerts einherzugehen; vielmehr reicht es aus, wenn die erzielte Energieeinsparung wesentlich sowie von Dauer ist und der Allgemeinheit zugute kommt, BGH – Urt. v. 7.1.2004 – NZM 2004, 252 = WuM 2004, 155 = ZMR 2004, 407.

Maßnahmen zur Müllvermeidung sind nicht erfasst.2 329

Besondere Bedeutung haben Maßnahmen, die auf Grund der Energieeinsparverordnung 2007 (EnEV 2007)3 getroffen worden sind. Die EnEV 2007 ist am 1.10.2007 in Kraft getreten und löst die vorangegangenen Energieeinsparverordnungen 2001 und 2004 ab. Sie bezieht sich grundsätzlich auf alle Gebäude, die unter Einsatz von Energie beheizt (oder gekühlt) werden, zu den Ausnahmen s. § 1 Abs. 2 EnEV 2007. Für zu errichtende Gebäude enthält sie erhöhte Anforderungen an die Wärmedämmung (§§ 3–7 EnEV 2007). Entsprechendes gilt für die Änderung von Gebäuden (§ 9 EnEV 2007). Hervorzuheben ist die bis zum 31.12.2008 zu erfüllende Verpflichtung zur Außerbetriebnahme von Heizungsanlagen nach Maßgabe des § 10 EnEV 2007, wenn sie vor dem 1.10.1978 installiert worden sind. Nach überwiegender Auffassung hat der Mieter keinen Anspruch auf die Nachrüstung.4 Das trifft zu; denn maßgebend ist der energetische Zustand bei Vertragsabschluss. Etwas anderes käme nur in Betracht, wenn die bisher vorhandene Heizungsanlage nicht zur vertragsgemäßen Erwärmung der Mieträume ausreichen würde.

1 S. Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 36, 58 und dazu Rips WuM 2001, 419: Die ökologische Kompetenz der Mietrechtsreform; ferner Artz WuM 2008, 259: Ökologische Modernisierung des Wohnungsbestandes; Eisenschmid WuM 2008, 264: Contracting als Instrument des Klimaschutzes. 2 Kritisch dazu Derleder ZRP 2000, 243, 247. 3 BGBl. I 1519 v. 26.7.2007; s. dazu Friers WuM 2008, 256; Horst NZM 2008, 145. 4 Blank WuM 2008, 311, 315; Friers WuM 2008, 255, 257; a.A. Artz WuM 2008, 259, 263.

460

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 330

Die unterschiedlichen Anforderungen in §§ 9, 10 EnEV 2007 wirken sich nur im Rahmen der Duldungspflicht des Mieters nach § 554 Abs. 2 BGB (s. Rn. VII 128 f.) aus; denn bei Maßnahmen nach § 10 EnEV 2007 handelt es sich um solche, die der Vermieter nicht zu vertreten hat und für die die Ankündigungspflicht nach § 554 Abs. 3 BGB (s. Rn. VII 150 f.) nicht besteht, sondern nur aus § 242 BGB abgeleitet werden kann. Dagegen handelt es sich bei Maßnahmen nach § 9 EnEV 2007 um solche, die erst durch einen Entschluss des Vermieters ausgelöst werden und deshalb der Duldungsregelung gemäß § 554 Abs. 2, 3 BGB unterliegen.1 Von besonderer Bedeutung ist die schon in § 5a EnEG vorgesehene zwingende Ausstellung und Verwendung von Energieausweisen (§§ 16 f. EnEV 2007).2 Danach ist ab 1.7.2008 bei Neuvermietung (oder bei Verkauf) eines Hauses oder einer Wohnung dem Mietinteressenten ein Energieausweis unaufgefordert zugänglich zu machen. Der Energieausweis ist für das ganze Gebäude, nicht für die einzelne Wohnung auszustellen (§ 17 Abs. 3 EnEV). Bei Wohngebäuden mit mehr als 4 Wohnungen kann der Eigentümer zwischen Bedarfsund Verbrauchsausweis wählen. Der Mieter kann aus dem Energieausweis selbst keine Ansprüche herleiten, insbesondere ergibt sich hieraus kein Anspruch auf eine energetische Nachrüstung (§ 5a Abs. 3 EnEV).

329a

Die Vorlage des Energieausweises hat „unverzüglich“ zu erfolgen, bezogen auf den Zeitpunkt unmittelbar vor Vertragsabschluss. Der Vermieter muss von sich aus tätig werden. Ein Aushang genügt nicht. Der Mieter muss ausreichend Zeit haben, den Inhalt des Energieausweises zur Kenntnis zu nehmen. Empfohlen wird, dem Mieter eine Kopie zu überlassen. Sind die Energiewerte schlecht, so wird weiter empfohlen, den Ausweis auch zum Vertragsbestandteil zu machen, weil dann die schlechte energetische Beschaffenheit „vertragsgemäß“ wird und Erfüllungs- sowie Gewährleistungsansprüche des Mieters aus diesem Anlass entfallen. Riskant ist es aber, den Ausweis bei guten Energiewerten zum Vertragsbestandteil zu machen. Es würde sich dann um eine Zusicherung mit gewährleistungsrechtlichen Folgen (§ 536 Abs. 2 BGB) handeln. Auch für Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie ist zunächst auf den Katalog in § 4 Abs. 3 ModEnG zu verweisen.3 Zu nennen sind insbesondere die wesentliche Wärmedämmung von Fenstern, Außenwänden und Decken, wesentliche Verminderung von Energieverlusten und des Energieverbrauchs von Zentralheizungen, Anschluss an eine Recycling-Fernwärmeversorgung. Eine Einsparung an Heizenergie kann auch dadurch bewirkt werden, dass der Vermieter die Sammelheizung durch eine zusätzliche Fußbodenheizung erweitert, AG Köln WuM 1986, 313.

1 S. dazu Kinne ZMR 2004, 397, 398. 2 Horst NZM 2006, 1 f.; Sternel NZM 2007, 495; Müller NZM 2007, 433; Pfeifer MietRB 2007, 239; zur EnEV 2001 noch Kinne ZMR 2004, 397. 3 S. dazu die Beispiele aus der Rspr. bei Kinne ZMR 2003, 396.

461

330

Rn. IV 330a 330a

Mieterhöhungen

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob maßgebend auf die Einsparung von Primärenergie oder von Endenergie (= Verringerung des Gesamtenergiebedarfs) abzustellen ist.1 Aus ökologischer Sicht ist ersteres vorrangig. Danach muss der Mieter eine Umstellung der Beheizung durch eine Gasetagenheizung auf Fernwärme nebst einer damit einhergehenden Miet- und Betriebskostenerhöhung auch dann hinnehmen, wenn ihm durch die Umstellung ein individuelles sparsames Heizen nicht mehr vollen Umfangs zugute kommt und er einen Grundkostenanteil tragen muss,2 so auch BGH – Urt. v. 24.9.2008 – WuM 2008, 667 Tz. 21: Es kommt auf die Einsparung von Primärenergie an, nicht dagegen, ob für die Wohnung weniger Endenergie verbraucht werden müsste. KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612: Maßgeblich ist nur, ob eine nachhaltige Energieeinsparung eintritt und nicht, in welchem Maße sich eine Verringerung des Verbrauchs der Heizenergie ergibt. LG Hamburg NZM 2006, 521.

Demgegenüber wird geltend gemacht, dass der Primärenergiefaktor keine mietrechtliche Prämisse sei und vielmehr auf diejenige Energieeinsparung abzustellen sei, die unmittelbar der Mietsache zugute kommt.3 Letzteres entspricht eher dem Vertragsprinzip, gemäß dem eine Mieterhöhung mit einer Leistungsverbesserung oder -vermehrung verknüpft ist. Indes wird zu berücksichtigen sein, dass dem Mieter – in größerem Zusammenhang betrachtet – auch die bloße Einsparung von Primärenergie zugute kommt. 331

Für den Begriff der Nachhaltigkeit der Energieeinsparung kommt es nicht darauf an, eine bestimmte Mindestenergieeinsparung festzustellen; vielmehr genügt es, dass sich eine messbare und dauerhafte Einsparung aus der baulichen Maßnahme ergibt, BGH – RE v. 10.4.2002 – BGHZ 150, 277, 282 = NZM 2002, 519 = ZMR 2002, 503, BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 336 = WuM 2004, 285 = ZMR 2004, 424, KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612; anders noch: LG Berlin NJW-RR 1996, 1036: 5–10% Einsparung, LG Berlin GE 1997, 1493: mindestens 10% Einsparung.

332

Eine Energiesparmaßnahme kann auch vorliegen, wenn sie mit einer Instandhaltungsmaßnahme zusammentrifft, z.B. wenn die vorher verputzte Gebäudeaußenwand unter Einbringung einer Wärmeisolierung verklinkert wird,4 LG Paderborn WuM 1993, 360.

Das setzt aber voraus, dass die Wärmedämmung durch die Fassadenverkleidung gegenüber einer – hypothetisch – ordnungsmäßig instand gesetzten Fassade wesentlich verbessert worden ist, LG Berlin ZMR 1998, 166: Die Wärmedämmung einer instandsetzungsbedürftigen Fassade ist dann eine Energiesparmaßnahme, wenn die Wärmedämmung durch die 1 2 3 4

Zum Begriff der Energieeinsparung s. Blank WuM 2008, 311, 317. So auch Wilcken NZM 2006, 521. Meyer-Harpert NZM 2006, 524. Zur Abgrenzung von Instandhaltung/Instandsetzung zu Modernisierungsmaßnahmen s. Blank WuM 2008, 311, 314 (II 2).

462

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 335

Fassadenverkleidung gegenüber einer – hypothetisch – instand gesetzten Fassade wesentlich verbessert worden ist.

Eine häufige Maßnahme ist der Einbau von isolier-verglasten Fenstern, der auch unter dem Modernisierungsaspekt des Lärmschutzes zu werten ist. Allerdings wird stets zu prüfen sein, ob hierdurch tatsächlich nachhaltig Heizenergie eingespart wird; eine diesbezügliche Vermutung besteht insoweit nicht,

333

AG Hamburg-Blankenese ZMR 2001, 629: Der Vermieter muss die Energieeinsparung auch in diesem Falle darlegen.

Eine Einsparung wird aber im Regelfall zu bejahen sein. Anders kann es sich verhalten, wenn nicht alle Fenster in einem Raum ausgewechselt werden oder nur die Fenster in Küche und Speisekammer mit Isolierglas versehen werden oder wenn es sich um eine ofenbeheizte Wohnung handelt und wegen des erhöhten Lüftungsbedarfs keine wesentliche Einsparung an Heizenergie festzustellen ist, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 221 = WuM 2006, 157 – ZMR 2006, 272: Eine Energieeinsparung durch Austausch von isolierverglasten Fenstern mit Aluminiumrahmen durch solche mit Kunststoffrahmen muss besonders erläutert werden; LG Berlin ZMR 1992, 546, GE 1997, 491: Der Austausch von einfachverglasten Fenstern gegen doppeltverglaste Iso-Fenster (nur) in Küche und Speisekammer stellt keine Wertverbesserungs- oder Energiesparmaßnahme dar; VG Berlin NJW-RR 1992, 657, 658: Der Einbau isolierverglaster Fenster nur im Treppenhaus führt nur zu einer so geringen Energieeinsparung, dass er eine Mieterhöhung wegen Modernisierung nicht rechtfertigt; vgl. auch AG Hamburg-Altona WuM 1986, 245.

Hervorzuheben ist ferner die Verbesserung der Außendämmung, aber auch die Modernisierung der Heizungsanlage durch Anpassung an die neuen Immissionsschutzwerte.1 Maßnahmen zur Erstellung eines Energiepasses sind selbst noch keine Energiesparmaßnahme, sondern bereiten diese nur vor.2 Die hierfür anfallenden Kosten können daher für sich genommen nicht zu einer Mieterhöhung nach § 559 BGB führen. Ob sie dann berücksichtigt werden können, wenn sie der Anlass für Energiesparmaßnahmen sind, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausstellung des Energiepasses vorgenommen werden, ist offen.3 Dagegen spricht, dass sie nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den baulichen Maßnahmen, die zur Energieeinsparung führen, stehen, sondern allenfalls dazu führen, solche Maßnahmen auszulösen.

334

Die Umstellung auf eine andere Heizenergie kann eine Energiesparmaßnahme bedeuten, so die Umstellung einer koks- oder ölbefeuerten Zentralheizung auf Fernwärme, jedenfalls aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung,

335

BGH – Urt. v. 24.9.2008 – WuM 2008, 667, LG Berlin WuM 1991, 482, MM 1993, 217. 1 Vgl. Seitz ZMR 1993, 1 f. 2 S. dazu Sternel NZM 2006, 495; Pfeifer MietRB 2007, 239; Friers WuM 2008, 255; Horst NZM 2008, 145; Rips WuM 2008, 379; Stangl ZMR 2008, 14. 3 Nach Horst NZM 2006, 1, 5 sollen die Kosten als Baunebenkosten ansatzfähig sein.

463

Rn. IV 336

Mieterhöhungen

Das Gleiche gilt für die Umstellung einer Nachtspeicherheizung auf Sammelheizung wegen der besseren Regulierbarkeit und der Verbesserung der raumklimatischen Bedingungen oder die Umstellung von Öl auf Gas, AG Rheine WuM 1987, 127, AG Hamburg WuM 1991, 30, AG Münster WuM 1996, 268, AG Bergisch Gladbach WuM 1997, 498 für die Ersetzung einer Nachtstromheizung durch eine Gaszentralheizung; anders LG Hamburg WuM 1990, 18, AG Hamburg WuM 1993, 684.

Jedenfalls handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme, wenn die Beheizung nunmehr mit einer Warmwasserversorgungsanlage kombiniert ist, AG Hamburg WuM 1991, 30.

336

Anders soll es sich aber bei der Installation einer Gebäudezentralheizung statt Gasetagenheizung verhalten, da der individuelle Verbrauch häufig stärkere Einspareffekte zeigt, OVG Berlin – Urt. v. 7.2.1989 – ZMR 1990, 75, LG Hamburg WuM 2002, 375: Der Austausch einer Gasetagenheizung gegen einen Fernwärmeanschluss ist keine Modernisierungsmaßnahme; denn der Mieter kann die Beheizung insbesondere in der Übergangszeit nicht selbst steuern.

Das ist jedoch umstritten und wird davon abhängen, ob man den Einspareffekt auf die Primärenergie oder auf die Sekundärenergie bezieht (s. dazu Rn. IV 330a): Für Ersteres bei Umstellung auf Fernwärme aus der Kraft-Wärme-Koppelung, BGH – Urt. v. 24.9.2008 – WuM 2008, 667 (Tz. 32): Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, dass die Umstellung auf Fernwärme dazu führe, dass er nicht mehr die Heizungsanlage – wie bei der Gasetagenheizung – nach Belieben in Betrieb nehmen könne.

Auch der Ersatz von Gaseinzelöfen durch eine Zentralheizung ist eine Modernisierung, LG Frankfurt a.M. WuM 2002, 171, LG Berlin ZMR 2003, 488.

337

Wird anstatt einer Gaszentralheizung entgegen der Ankündigung eine Ölzentralheizung eingebaut, so soll der Mieterhöhungsanspruch des Vermieters hiervon nicht berührt werden, da die installierte Maßnahme – nämlich eine Zentralheizung – die Gleiche geblieben ist, LG Berlin WuM 1992, 444.

338

Zu den Maßnahmen zur Einsparung von Wasser zählen z.B. die Installation von Kaltwasserzählern, von Durchlaufbegrenzern, von WC-Spülkästen mit Spartaste oder Maßnahmen, um Niederschlagwasser im Haushalt (z.B. zur Toilettenspülung) zu verwenden.1 Die durch die eingebaute Toilettenspülung erzielbare Wassereinsparung muss der Vermieter darlegen, LG Berlin GE 2003, 122, 123.

Werden Kaltwasserzähler installiert, so spricht eine Vermutung dafür, dass diese Maßnahme zu einer Einsparung von Wasser führt; regelmäßig wird es sich dabei um eine Bagatellmaßnahme handeln, 1 S. zu § 559 BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 81 f.; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 72 f.; Kinne ZMR 2003, 396, 397.

464

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 342

AG Hamburg-Blankenese ZMR 2003, 269 bei einer monatlichen Mieterhöhung von 3,28 Euro.

Ist streitig, ob die Maßnahme zu einer wesentlichen Einsparung von Heizenergie oder Wasser führt, so trägt der Vermieter hierfür die Beweislast,

339

LG Lübeck WuM 1990, 499, LG Bückeburg WuM 1992, 378 jeweils für Einsparung von Heizenergie.

cc) Vom Vermieter nicht zu vertretende Maßnahmen Im Wesentlichen handelt es sich um Maßnahmen, die auf gesetzliche oder behördliche Anordnungen, technische Auflagen oder Maßnahmen von Versorgungsunternehmen zurückgehen. Nicht erforderlich ist, dass durch sie eine Modernisierung bewirkt oder Energie bzw. Wasser eingespart wird. Meist stehen sie in Verbindung mit neuen technischen Sicherheitsstandards, etwa Einbau von Grenzwertgebern, Sicherheitstüren in Aufzüge, Rauchmeldern1 oder Heizkostenverteilern (s. dazu § 4 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV).

340

Der Begriff „nicht zu vertreten haben“ darf nicht isoliert und i.S. von §§ 276, 278 BGB verstanden werden.2 Vielmehr ist der vollständige Begriff „Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat“ dem öffentlich-rechtlichen Mietpreisrecht entnommen3 und bezieht sich auf die Pflicht zur ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung.4 Zu vertreten in diesem Sinne hat der Vermieter alle Umstände, die in seine Risikosphäre fallen und die vermeidbar oder überflüssig waren,

341

OLG Hamburg – Urt. v. 20.12.1974 –ZMR 1975, 493, BGH – Urt. v. 24.2.1971 – WuM 1971, 172 = ZMR 1971, 255 für Umfinanzierung öffentlicher Mittel durch teurere Mittel ohne rechtliche oder wirtschaftliche Notwendigkeit.

Ersetzt der Vermieter eine Ausstattung zur Verbrauchserfassung durch eine andere, so handelt es sich grundsätzlich nicht um eine umlagefähige Maßnahme, AG Hamburg WM 1994, 695),5 s. aber auch AG Frankfurt/a.M. ZMR 2006, 292: Austausch von Heizkostenverteilern nach dem Verdunsterprinzip gegen funkgesteuerte elektronische Erfassungsgeräte, wobei jedoch die Nachhaltigkeit infrage gestellt wird.

Anders kann es sich verhalten, wenn die Maßnahme im Zusammenhang mit der Erneuerung der Heizungsanlage durchgeführt wird. 1 S. dazu Schumacher NZM 2005, 641; Först InfoM 2008, 207. 2 So aber zu § 559 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 17; Erman/Jendrek Rn. 10; Lammel Rn. 28. 3 S. § 8 Abs. 3 Satz 1 WoBinG, §§ 11 Abs. 1, 5; 12 Abs. 4; § 18 Abs. 2; § 23 Abs. 1 Satz 2 II. BV. 4 So auch Blank/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 20; ferner Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 559 Rn. 87, insbesondere zur Vorhersehbarkeit von gesetzlichen oder behördlichen Beschränkungen. 5 So auch Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 559 Rn. 90; Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 4 Rn. 44.

465

342

Rn. IV 343 343

Mieterhöhungen

Der Austausch von Gasherden wegen der Umstellung von Stadtgas auf Erdgas ist vom Vermieter nicht zu vertreten; zu beachten ist hier aber, dass die aktuellen Instandhaltungskosten abzusetzen sind; ist der Herd schon über 30 Jahre alt, so spricht eine Vermutung dafür, dass ein entsprechender Instandhaltungsbedarf besteht, LG Berlin GE 1995, 430 = ZMR 1995 S. XI Nr. 17, AG Rostock WuM 1996, 559, AG Potsdam WuM 2000, 36.

Muss im Rahmen der Umstellung die nicht umstellungsfähige Therme durch eine neue ersetzt werden, so sind die Kosten hierfür umlagefähig, LG Berlin MM 1997, 283: Zu den umlagefähigen Kosten zählen in diesem Zusammenhang auch die Kosten für die Erneuerung der Gasheizungsanlage entspr. § 3 Abs. 1 Satz 1 ModEnG; AG Potsdam WuM 2000, 36: Die Kosten für den Austausch der Geräte sind umlagefähig, selbst wenn die Altgeräte für eine Übergangszeit noch nutzbar gewesen wären; a.A. AG Spandau und AG Tiergarten MM 1996, 128.

344

Maßnahmen, die auf einer baupolizeilichen oder wohnungspflegerischen Anordnung zur Instandhaltung und Instandsetzung beruhen, hat der Vermieter stets zu vertreten, so dass hieraus keine Mieterhöhung nach § 559 BGB abgeleitet werden kann.1 b) Durchführung der Mieterhöhung aa) Vertragsmäßigkeit der Baumaßnahme

345

Eine Mieterhöhung kann nur für solche Maßnahmen verlangt werden, die sich im Rahmen des Vertrages halten, die also in Gemäßheit des Mietvertrages durchgeführt worden sind. Diese Voraussetzung ist in folgenden Fällen gegeben: – Der Mieter hat der Maßnahme zugestimmt oder – er ist zur Duldung der Maßnahme verpflichtet oder – er hat die Maßnahme tatsächlich geduldet, BayObLG – RE v. 24.10.1996 – WuM 1996, 749 = ZMR 1997, 73 für eine Mieterhöhung nach § 6 NMV, § 10 WoBindG.

Hierzu zählt also keine Maßnahme, die zu einer Umgestaltung der Mietsache führt (s. Rn. IV 308). Nach herrschender Meinung ist es keine ausschließliche Voraussetzung der Mieterhöhung, dass der Mieter der baulichen Maßnahme zugestimmt hat, OLG Hamburg – RE v. 22.4.1981 – WuM 1981, 127 = ZMR 1981, 213, OLG Hamm – RE v. 27.4.1981 – NJW 1981, 1622 = WuM 1981, 29 = ZMR 1981, 216.

346

Der Zustimmung steht gleich, wenn der Mieter freiwillig die Maßnahme duldet; denn auch dadurch gibt er zu erkennen, sich damit abzufinden, dass die Maßnahme in den Vertrag einbezogen wird. Von einer freiwilligen Dul1 Vgl. Gutekunst PiG 16 (1984) S. 149, 155.

466

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 348

dung ist auszugehen, wenn es sich um eine bauliche Maßnahme handelt, die in der Mietwohnung selbst durchzuführen ist oder für deren Durchführung die Wohnung beansprucht werden muss (sog. Innenmaßnahme), OLG Stuttgart – RE v. 26.4.1991 – WuM 1991, 332 = ZMR 1991, 259, OLG Frankfurt/a.M. – Beschl. v. 5.9.1991 – WuM 1991, 527 = ZMR 1991, 432.

Handelt es sich um eine Maßnahme, die außerhalb der Mietwohnung durchgeführt wird (sog. Außenmaßnahme), 1 so kann von einer Duldung ausgegangen werden, wenn der Mieter Kenntnis von der Maßnahme hat und ihr nicht widerspricht. Vertragsgemäß ist die Maßnahme auch dann, wenn der Mieter, der zur Duldung nicht bereit ist, dazu verurteilt worden ist und die Maßnahme daraufhin (auch ohne Zwangsvollstreckung, sondern weil sich der Mieter dem Urteil gebeugt hat) durchgeführt worden ist. In den Fällen, in denen der Mieter zur Duldung der Maßnahme nicht bereit ist, diese jedoch gegen seinen Willen gleichwohl durchgeführt worden ist, ist die Maßnahme gleichwohl vertragsgemäß, wenn der Mieter zur Duldung verpflichtet war. Derartige Fälle haben nur für sog. Außenmaßnahmen praktische Bedeutung, da der Vermieter für die Durchführung von Innenmaßnahmen auf jeden Fall einen Duldungstitel benötigt, wenn der Mieter der Maßnahme widerspricht. In diesem Zusammenhang ist noch nicht abschließend geklärt, ob die Erfüllung der Ankündigungspflicht des Vermieters nach § 554 Abs. 3 BGB nicht nur Fälligkeitsvoraussetzung oder gar materielle Voraussetzung des Duldungsanspruchs ist (s. Rn. VII 150), sondern zugleich Voraussetzung für die Mieterhöhung.2 Das KG hatte dies im RE v. 1.9.1988 (NJW-RR 1988, 1420) generell – also für Innen- und Außenmaßnahmen – bejaht, da nur dann die Veränderung des Mietobjekts, die Grundlage für die Mieterhöhung sei, vertragsgemäß sei.

347

Diese Auffassung ist durch

348

OLG Stuttgart – RE v. 26.4.1991 – WuM 1991, 332 = ZMR 1991, 259, OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 5.9.1991 – WuM 1991, 527 = ZMR 1991, 432

dahin eingeschränkt worden, dass sich der Mieter nach Treu und Glauben dann nicht auf eine fehlende Ankündigung berufen kann, wenn er die Maßnahmen innerhalb der Mieträume dadurch geduldet hat, dass er den Handwerkern den Zutritt zur Wohnung gewährt hat. Das KG hat dies auch für den Fall von Modernisierungsmaßnahmen außerhalb der Wohnung angenommen, sofern der Mieter die Maßnahmen geduldet habe (KG – Beschl. v. 16.7.1992 – NJW-RR 1992, 1362 = WuM 1992, 514). Da das KG allerdings hier nicht durch Rechtsentscheid entschieden hatte, vermochte sein Beschluss den früheren Rechtsentscheid vom 1.9.1988 nicht aus der Welt zu schaffen. Demnach entstand für sog. Innen- und für sog. Außenmaßnahmen eine gespaltene Rechtslage. 1 Beispiele: Fassadenwärmedämmung, Einbau eines Aufzuges ins Treppenhaus. 2 Dazu ausführlich Sternel NZM 2001, 1058, 1068 f.; Sternel PiG 62 (2002) S. 89, 122 f.

467

Rn. IV 349 349

Mieterhöhungen

Das BayObLG hat die Auffassung vertreten, dass der Rechtsentscheid des KG v. 1.9.1988 dadurch obsolet geworden sei, dass der Gesetzgeber durch das 4. MietRÄndG v. 21.7.19931 die Folgen aus der Verletzung der Anzeigepflicht des Vermieters in § 3 Abs. 4 Satz 2 MHG neu und abschließend geregelt habe, ohne dass allerdings diese Aussage an der Bindungswirkung des Rechtsentscheids nach § 541 ZPO a.F. teilnahm, weil sich hierauf die Vorlagefrage nicht bezog, BayObLG – RE v. 24.10.1996 – WuM 1996, 749 = ZMR 1997, 73.

Diese Aussage ist jedoch umstritten; ihr folgen u.a. nicht, LG München I WuM 1998, 109, LG Düsseldorf WuM 1999, 113, LG Berlin NZM 1999, 219, AG Berlin-Tiergarten NZM 1998, 478.

350

Von der Auffassung des BayObLG geht indes offenbar der Gesetzgeber des MRRG aus, wie die Begründung zu § 559b Abs. 2 BGB ergibt.2 Danach ist die Mitteilung über die Durchführung der Modernisierung nach § 554 Abs. 3 BGB nicht Voraussetzung für die Mieterhöhung, so dass andere Mängel der Ankündigung, als in § 559b BGB genannt, die Wirksamkeit der Mieterhöhung nicht berühren sollen. Auf die frühere Unterscheidung von Außen- und Innenmaßnahmen soll es nicht mehr ankommen; die Zumutbarkeit der Maßnahme für den Mieter könne (statt in § 554 Abs. 2 BGB) bei unterlassener Ankündigung auch noch im Rahmen der Mieterhöhung nach § 559 BGB geprüft werden. Diese Auffassung ist jedoch im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommen und daher umstritten.3 Sie entspricht aber im Ergebnis der hier vertretenen Auffassung, nach der die Ankündigungspflicht des Vermieters aus § 554 Abs. 3 BGB nur Voraussetzung für die Fälligkeit des Duldungsanspruchs ist (so auch OLG München – Beschl. v. 29.7.1991 – WuM 1991, 481, s. auch Rn. VII 150), sofern der Mieter die Maßnahme geduldet hat. In diesem Fall beeinflusst der Meinungsstreit um die Mitteilungspflicht die Befugnis des Vermieters zur Mieterhöhung selbst nicht, sondern kann sich nur auf den Wirkungszeitpunkt beziehen (s. dazu Rn. IV 389). Diesen Standpunkt teilt auch der BGH für den Fall der verspäteten Modernisierungsmitteilung, BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2007, 882 = WuM 2007, 630 = ZMR 2008, 186 = MietRB 2007, 309 (Kunze): Tz. 12: Hat die gänzlich unterlassene Mitteilung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB nur eine Verzögerung des Eintritts der Mieterhöhung zur Folge, so kann die erfolgte, wenn auch verspätete Mitteilung keine für den Vermieter nachteiligere Folge auslösen. Tz. 15: Die Mitteilungspflicht dient dem Schutz des Mieters bei der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen, nicht aber der Einschränkung der Befugnis des Vermieters, die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung im Rahmen des § 559 BGB auf den Mieter umzulegen.

351

Zusammenfassend wirkt sich die entgegen § 554 Abs. 3 BGB unterbliebene Ankündigung der Maßnahme auf die Mieterhöhung nach § 559 BGB wie folgt aus: 1 BGBl. 1993 I 1257. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 58, 59. 3 S. zu § 559b BGB: MünchKomm/Artz Rn. 14; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 47 f., 52; Staudinger/Emmerich Rn. 20, 22 f.

468

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 353

– Der Mieter hat die Maßnahme geduldet; die unterbliebene Ankündigung wirkt sich auf die Mieterhöhung nicht aus. – Der Mieter hat die Maßnahme nicht geduldet. – Innenmaßnahmen: Der Vermieter muss Klage auf Duldung erheben. Die unterbliebene Ankündigung führt zur Unschlüssigkeit der Duldungsklage. Sie wirkt sich damit unmittelbar auch auf die Mieterhöhung aus. – Außenmaßnahmen: – Ist die Maßnahme noch nicht durchgeführt, so gilt das Gleiche wie bei Innenmaßnahmen. – Ist die Maßnahme gegen den Willen des Mieters durchgeführt, so ist zu prüfen, ob er zur Duldung materiell gemäß § 554 Abs. 2 BGB verpflichtet war. Auf die Erfüllung der Ankündigungspflicht nach § 554 Abs. 3 BGB kommt es als bloße Fälligkeitsvoraussetzung nicht (mehr) an. Die nicht ordnungsmäßige Ankündigung steht der unterlassenen Ankündigung rechtlich gleich. bb) Ansatzfähige Kosten Ansatzfähig sind die Bau- und die Baunebenkosten. Die Regelungen in §§ 5 ff. II. BV sowie die Anlage 1 zu § 5 Abs. 5 II. BV können entsprechend – allerdings eingeschränkt – herangezogen werden.1 Nicht zu berücksichtigen sind bloße kalkulatorische Ansätze ohne Kostennachweise wie in § 8 Abs. 3 II. BV für Verwaltungsleistungen (z.B. Bauaufsicht, Materialbeschaffung, Bauabrechnung) geregelt. Ebenso wenig sind die Kosten für die Beschaffung der Finanzierungsmittel und die Kosten der Zwischenfinanzierung (§ 8 Abs. 7, 8 II. BV) anzusetzen; denn sie werden schon durch die Höhe des Mietzuschlags von 11% abgegolten,

352

OLG Hamburg – RE v. 14.5.1981 – WuM 1981, 152 für Kapitalbeschaffungskosten.2

Ansätze für Sach- und Arbeitsleistungen des Bauherrn werden anerkannt, jedoch ohne Mehrwertsteuer,3 LG Berlin ZMR 1996 S. XI Nr. 16, LG Halle ZMR 2003, 35.

Nach hier vertretener Auffassung dürfte ein Ansatz jedoch nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Bauherr einen Fachbetrieb unterhält oder gelernter Handwerker für das infrage kommende Gewerk ist, mithin nicht, wenn es sich um einen Freizeit- und Hobbyhandwerker handelt; denn er kann seine Freizeit nicht in Rendite ummünzen.4 Ansatzfähig sind auch die Kosten des Vermieters für das Reinigen der Wohnung des Mieters, für das Abdecken oder Auslagern von Möbeln aus der Woh1 Kinne ZMR 2003, 396, 397; ferner zu § 559 BGB: Lammel Rn. 34; Schmidt-Futterer/ Börstinghaus Rn. 152. 2 A.A. Gutekunst PiG 16 (1984) S. 158. 3 Blank/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 22. 4 Anders Blank/Börstinghaus a.a.O.

469

353

Rn. IV 354

Mieterhöhungen

nung. Dagegen zählen Vermögensnachteile des Vermieters auf Grund der baulichen Maßnahme – etwa Mietausfälle infolge von Mietminderungen – nicht zu den umlagefähigen Kosten.1 Zum Ansatz von Aufwendungen des Mieters, die der Vermieter gemäß § 554 Abs. 4 BGB zu ersetzen hat, s. Rn. IV 364. 354

Zu beachten ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit: Modernisierungseffekt und Mieterhöhung müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Daher ist der Aufwand für Luxusmodernisierungen ausgeschlossen. Hier kann die Vermutung gelten, dass je notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen geboten sind, desto eher eine überflüssige Modernisierung anzunehmen ist. Der für das Mietpreisrecht normierte Grundsatz, dass Kosten nur angesetzt werden dürfen, soweit sie bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände, bei wirtschaftlicher Bauausführung und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind (s. § 7 Abs. 1 Satz 1 II. BV), gilt entsprechend.2 So dürfen Architektenoder Gerüstkosten nur insoweit angesetzt werden, als sie nach Art und Umfang der Maßnahme geboten sind, AG Hamburg WuM 1985, 341.

355

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit besagt indes nicht, dass sich der Vermieter stets für die preiswerteste Lösung entscheiden müsste. Das übliche Preisniveau ist zwar eine gewisse Richtlinie, aber keine Obergrenze, anders AG Hamburg WuM 1986, 344.

Auch ist dem Vermieter ein Ermessensspielraum bei der Art der Ausführung zuzubilligen, z.B. ob er bei einer Fenstersanierung Holz- oder Kunststofffenster verwenden will, LG Hamburg WuM 1986, 344 bejaht, dass der Vermieter bei der Fenstermodernisierung Tropenhölzer statt Kiefernholz verwenden kann, wobei der Umweltschutzgedanke allerdings vernachlässigt wurde; einschränkend dagegen BVerwG WuM 1990, 566 für preisgebundenen Wohnraum, wobei dort allerdings im öffentlichen Interesse strengere Kriterien gelten.

Hat der Mieter der Maßnahme vertraglich zugestimmt, so soll er nicht mehr nachträglich mit dem Einwand mangelnder Wirtschaftlichkeit gehört werden können, LG Frankfurt a.M. WuM 2002, 171.

356

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist auch bei Energiesparmaßnahmen zu beachten. Er ist bislang dahin verstanden worden, dass die durch die bauliche Maßnahme bedingte Mieterhöhung zu den Kosten der eingesparten Energie noch in einem angemessenen Verhältnis steht, OLG Karlsruhe – RE v. 20.9.1984 – WuM 1985, 17 = ZMR 1984, 411, 412: Bei einer Mieterhöhung, die auf Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie gestützt wird, müsse das Verhältnis zwischen einzusparenden Heizkosten und Mieterhöhung geprüft werden. Werde gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen, so blieben nur 1 Zu § 559 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 23; Emmerich/Sonnenschein Rn. 19; Lammel Rn. 37. 2 S. auch Staudinger/Emmerich BGB § 559 Rn. 44.

470

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 358

die Kosten umlagefähig, die auch unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeitsgrundsätze entstanden wären. Die Höhe des Anspruchs richte sich aber nicht nach dem Betrag der einzusparenden Heizkosten; eine absolute, prozentual festlegbare Obergrenze bestehe – abgesehen von § 5 WiStG – nicht; ebenso KG – Beschl. v. 12.12.1985 – WM 1986, 109 = ZMR 1986, 119.

Obwohl sich das OLG Karlsruhe a.a.O. gegen ein starres Bezugsverhältnis ausgesprochen hat, hat die Rspr. aus Gründen der Praktikabilität eine prozentuale Grenze als „Daumenregel“ gezogen, sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Danach soll die Mieterhöhung auf das Doppelte des Einsparungsbetrages beschränkt sein, da anderenfalls der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nicht mehr berücksichtigt sei, LG Freiburg WuM 1985, 340, LG Aachen WuM 1991, 356, LG Hamburg ZMR 1991, 302, LG Köln ZMR 1998, 562, LG Bautzen WuM 1999, 45, LG Lüneburg WuM 2001, 83, LG Leipzig NZM 2002, 941.

Diese Auffassung ist jedoch zunehmend auf Kritik gestoßen,1

357

LG Berlin ZMR 2003, 932 für preisgebundenen Wohnraum, LG Berlin GE 2004, 107 für preisfreien Wohnraum, AG Lichtenberg NZM 2003, 759.

Sie wird auch vom BGH nicht geteilt. Vielmehr soll (im Bereich des preisgebundenen Wohnraums) die Zulässigkeit einer Mieterhöhung wegen energiesparender Modernisierungsmaßnahmen im Grundsatz nicht durch das Verhältnis zu der hierdurch bewirkten Heizkostenersparnis (sog. Gebot der Wirtschaftlichkeit) begrenzt sein, BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NJW 2004, 1738 = NZM 2004, 336 = WuM 2004, 285 = ZMR 2004, 424: Die Mieterhöhung wegen energieeinsparender Modernisierungsmaßnahmen wird im Grundsatz nicht durch das Verhältnis zu der erzielten Heizkostenersparnis begrenzt. Für die Begrenzung der Mieterhöhung nach Art einer Kappungsgrenze besteht keine gesetzliche Grundlage. Der Gesetzgeber hat im volkswirtschaftlichen Interesse an einer Modernisierung des Wohnbestandes – auch zum Zwecke der Energieeinsparung – von einer begrenzenden Regelung bewusst abgesehen.

Die für den preisgebundenen Wohnraum ergangene Entscheidung betrifft in der Begründung auch preisfreien Wohnraum. Ihr ist im Ergebnis zuzustimmen.2 Das Verhältnis von Mieterhöhung und Kosten der eingesparten Energie betrifft nicht die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme, sondern die Zumutbarkeit für den Mieter unter dem Gesichtspunkt des Preis-/Leistungsverhältnisses. Die Zumutbarkeit ist indes im Rahmen der Duldungspflicht nach § 554 Abs. 2 BGB individuell zu prüfen (so zutreffend LG Frankfurt a.M. WuM 2002, 171), wobei es u.a. auf die Mietbelastung, aber auch auf die Leistungsfähigkeit 1 Bereits vor der Mietrechtsreform: Fischer-Dieskau/Pergande Wohnungsbaurecht, MHG § 3 Anm. 10; Feckler ZMR 1998, 545; nach der Mietrechtsreform: Lammel BGB § 559 Rn. 11; Kinne ZMR 2003, 396, 402; Sternel NZM 2001, 1058, 1067; Sternel PiG 62 (2002) S. 89, 119 f. 2 So auch MünchKomm/Artz BGB § 559 Rn. 21; s. auch AnwKomm/Scheff Rn. 22. Allerdings trifft die apodiktische Aussage, das Gebot der Wirtschaftlichkeit gelte nicht mehr, in dieser Allgemeinheit nicht zu; aus ihm lässt sich lediglich die Kappung der Mieterhöhung nicht ableiten.

471

358

Rn. IV 359

Mieterhöhungen

des Mieters ankommt. Damit ist die Anwendung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes in oben erwähntem Sinn (Rn. IV 354) nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt, wenn infolge der Umstellung der Heizenergiequelle auf Fernwärme sich die Heizkosten des Mieters erhöhen.1 Auch hier handelt es sich nicht um die Wirtschaftlichkeit der Energiesparmaßnahme, sondern um die Zumutbarkeit für den Mieter (anders noch LG Hamburg WuM 2002, 375, LG Berlin NZM 2002, 64: Erhöhen sich die Heizkosten durch die Umstellung der Sammelheizung von Öl auf Fernwärme um ca. 62%, so kann der Vermieter die Miete nicht wegen der Kosten der Umstellung nach § 3 MHG [§ 559 BGB] erhöhen; denn die Umstellung ist unwirtschaftlich). 359

Ein ersparter Instandsetzungsaufwand ist von den Baukosten abzusetzen. Das gilt nach herrschender Ansicht aber nur, soweit Instandsetzungsarbeiten tatsächlich hätten durchgeführt werden müssen, also fällig gewesen wären. Dagegen wird ein erst künftiger (fiktiver) Aufwand nicht abgezogen,2 OLG Celle – RE v. 16.3.1981 – NJW 1981, 1625 = WuM 1981, 151, OLG Hamm – RE v. 27.4.1981 – NJW 1981, 1622 = WuM 1981, 129, OLG Hamburg – RE v. 6.10.1982 – MDR 1983, 133 = WuM 1983, 13, KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612.

Ist eine Einrichtung am Ende ihrer technischen Lebensdauer, so spricht die Vermutung für einen vollständigen Instandsetzungsbedarf, LG Berlin GE 1995, 430 für über 30 Jahre alten Gasherd.

360

Behauptet der Mieter, dass in dem Modernisierungsaufwand noch Reparaturkosten enthalten sind, so liegt darin prozessual ein Bestreiten des Modernisierungsaufwands, KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612, LG Braunschweig WuM 1990, 158, LG Bückeburg WuM 1992, 378, AG Neuenkirchen WuM 1991, 560.

Vorauszusetzen ist allerdings ein substantiiertes Bestreiten. Der BGH stellt an den Mieter jedoch erhebliche Anforderungen, die in die Richtung gehen, diesem die Darlegungslast dafür aufzuerlegen, dass in den Modernisierungskosten Instandhaltungskosten enthalten sind, BGH – Urt. v. 12.3.2003 – DWW 2003, 229: Behauptet der Mieter, es handele sich um Instandsetzungsarbeiten und nicht um Modernisierungsmaßnahmen, muss er substantiiert vortragen, inwieweit Schäden (hier: am Außenputz) vorhanden waren. Der pauschale Hinweis, der Putz sei rissig und schmutzig und schon 30 Jahre alt gewesen, genügt nicht; BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 336 = WuM 2004, 285 = ZMR 2004, 424: Der Mieter hat keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss zulassen, dass Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungskosten den seitens des Vermieters in Höhe von 10% der Baukosten pauschal abgezogenen Betrag überschritten hätten. Insbesondere hat er das Ausmaß der behaupteten Schäden nicht konkretisiert. 1 Allein die Umstellung auf Fernwärme rechtfertigt noch keine Mieterhöhung, wenn damit nicht auch eine Einsparung an Heizenergie verbunden ist. 2 Anders zu § 559 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 20; Staudinger/Emmerich Rn. 43a.

472

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 364

Indes handelt es sich hier nicht um eine Einwendungstatsache, so dass es letztlich dabei verbleiben muss, dass der Vermieter zu beweisen hat, dass in dem Modernisierungsaufwand keine Instandsetzungskosten enthalten sind,1 LG Görlitz WuM 1997, 228.

Die ersparten Instandsetzungskosten müssen im Mieterhöhungsverlangen ausgewiesen werden, s. Rn. IV 383. Sie sind nach den gegenwärtigen (d.h. zur Zeit der Durchführung der Modernisierungsmaßnahme geltenden) Preisen anzusetzen,

361

LG Bückeburg WuM 1992, 378.

Häufig wird dieser Anteil vom Vermieter, aber auch im gerichtlichen Verfahren nach § 287 ZPO geschätzt,2 LG Hannover WuM 1990, 227, AG Hamburg WuM 1986, 344 billigen einen pauschalen Abzug von 30% für ersparte Instandsetzungskosten zu.

Das entbindet den Vermieter jedoch nicht davon, die der Schätzung zugrunde liegenden Umstände darzulegen; ist die Quote willkürlich oder nicht nachzuvollziehen, so ist das Mieterhöhungsverlangen mangels Kostenabgrenzung nicht wirksam, LG Stralsund WuM 1997, 271, LG Bautzen WuM 1999, 45, LG Neubrandenburg WuM 1999, 550, AG Lüdenscheid WuM 1997, 438.

Fallen Kosten sowohl für Modernisierungs- als auch für Sanierungsmaßnahmen an, so kommt eine Kostenaufteilung dann nicht in Betracht, wenn und soweit die Kosten ohnehin im Rahmen der Sanierung bzw. Instandsetzung angefallen wären. Vielmehr entfällt der Kostenansatz,

362

LG Bückeburg WuM 1992, 378 für Gerüstkosten aus Anlass der Fassadensanierung und Wärmedämmung; LG Berlin GE 1998, 550 für das Zusammentreffen von Betonsanierung und Modernisierungsmaßnahmen: Es sind nicht nur die Kosten der Betonsanierung, sondern auch die Kosten der Baustelleneinrichtung, des Abdeckens der Dachflächen, der Schutzrüstung, des Passantentunnels den Sanierungskosten voll zuzurechnen, soweit sie sowieso für die Sanierung angefallen wären.

Ein Instandsetzungsaufwand, der dadurch bedingt ist, dass im Zuge der Modernisierungsmaßnahmen Schäden entstanden sind und behoben werden müssen, wird ebenfalls zu den Modernisierungskosten gerechnet. Das beruht auf der analogen Anwendung der früheren Förderungsvorschrift in § 3 Abs. 2 ModEnG.

363

Umstritten ist, ob der Vermieter Kosten, die er dem Mieter nach § 554 Abs. 4 BGB erstattet hat, als Modernisierungsaufwand berücksichtigen darf. Dafür könnte sprechen, dass er sie hätte ansetzen dürfen, sofern er sie selbst aufgewendet hätte.3 Dagegen spricht allerdings der Zweck der Regelung im

364

1 Staudinger/Emmerich BGB § 559 Rn. 43. 2 Gegen eine zu großzügige Schätzung nach %-Anteilen: Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 559b Rn. 9; Kinne ZMR 2003, 396, 398. 3 Barthelmess 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, MHG § 3 Rn. 18.

473

Rn. IV 365

Mieterhöhungen

früheren § 541b Abs. 3 BGB und jetztigen § 554 Abs. 2 BGB. Die Erstattungsfunktion würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn der Mieter seinen eigenen Aufwand, den ihm der Vermieter erstattet hat, über die Mieterhöhung noch einmal finanzieren müsste.1 Hinzukommt, dass der Mieter das Auftraggeberrisiko bei etwaiger Schlechterfüllung trägt, wenn er die Handwerkerarbeiten veranlasst hat (z.B. einen Maler beauftragt). Abgrenzungskriterium kann danach sein, zu wessen Lasten das unternehmerische Risiko für die Nachbesserungsarbeiten geht. cc) Berechnung der Mieterhöhung 365

Die jährliche Mieterhöhung berechnet sich nach wie vor mit 11% der für die Wohnung aufgewendeten ansatzfähigen Baukosten; ein Zwölftel hiervon bildet die monatliche Mieterhöhung zur zuletzt gezahlten monatlichen Miete.2 Demgegenüber wird aber auch die Auffassung vertreten, dass die jährliche Mieterhöhung begrenzt wird auf 11% der Miete aus den letzten 12 Monaten vor der Mieterhöhungserklärung.3 Gegen letztere Meinung spricht zum einen der Wortlaut des Gesetzes, zum anderen aber auch der Zweck des Gesetzgebers, Modernisierungsanreize zu geben, die praktikabel umzusetzen sind. Auch würde eine erhebliche Rechtsbeschränkung des Vermieters darin liegen, wenn es erst im Verlaufe des letzten Jahres zu einer sonstigen Mietsteigerung gekommen sein sollte. In der Praxis hat die Gegenmeinung allerdings auch keinen Anklang gefunden. aaa) Umlagemaßstab

366

Die Mieterhöhung ist grundsätzlich nach den Kosten zu berechnen, die für die Wohnung aufgewendet worden sind – also wohnungsbezogen, LG Kassel WM 1992, 444, LG Stralsund WM 1996, 229: Das Mieterhöhungsverlangen nach Modernisierung muss den Anteil der nicht umlagefähigen Instandsetzungskosen mit der Angabe einer Quote ausdrücklich benennen.

Es verhält sich hier prinzipiell anders als bei preisgebundenen Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sind. Dort wird im Allgemeinen eine Durchschnittsmiete aus dem Modernisierungsaufwand für alle Wohnungen gebildet, sofern nicht ausnahmsweise ein Modernisierungszuschlag nur für einzelne Wohnungen nach § 6 NMV in Betracht kommt. Die häufige Praxis, die Modernisierungskosten nicht für die einzelnen Wohnungen, sondern für

1 Sternel MietR Rn. II 343, III 785; ferner zu § 559 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 19; Lammel Rn. 37; Staudinger/Emmerich Rn. 42; differenzierend Blank/Börstinghaus Rn. 23. 2 So auch zu § 559 BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 125; Lammel Rn. 38. 3 Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 559 Anm. 4; dagegen mit Recht SchmidtFutterer/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 174, 175 m.w.N.; s. auch Staudinger/Emmerich BGB § 559 Rn. 39.

474

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 369

das Gebäude zu berechnen und dann anteilig nach dem Verhältnis der Wohnflächen zu verteilen, entspricht in dieser Allgemeinheit nicht dem Gesetz, sondern kommt nur bei Gemeinschaftsmaßnahmen und -kosten in Betracht. Handelt es sich um Kosten, die für alle Wohnungen einheitlich aufgewendet werden – z.B. Gerüstkosten, Kosten der Bauschuttabfuhr –, so steht dem Vermieter das Recht zu, im Rahmen des billigen Ermessens einen Verteilerschlüssel zu bestimmen (§§ 315, 316 BGB). Er muss der jeweiligen Wohnwertverbesserung entsprechen, aber auch praktikabel und nachvollziehbar sein. In Betracht kommt hier eine quotale Verteilung nach dem jeweiligen Modernisierungsaufwand oder mangels anderer sachbezogener Kriterien nach dem Verhältnis der Wohnflächen,

367

KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612,

aber auch der Anzahl der Wohneinheiten.1 Unbillig wäre es, bei einem wohnflächenbezogenen Maßstab leerstehende Wohnungen nicht zu berücksichtigen.2 Unzulässig ist es auf jeden Fall, den Modernisierungsaufwand für mehrere Gebäude, die keine Wirtschaftseinheit bilden, zusammenzufassen, LG Kassel NJW-RR 1992, 1361 = WuM 1992, 444.

Bei Einbau von neuen Fenstern soll die Umlage nach der Anzahl der auf die einzelne Wohnung entfallenden Fenster erfolgen, sofern nicht die Fenster unterschiedlich beschaffen sind, was dann wohnungsbezogen zu berücksichtigen wäre, LG Stralsund WM 1996, 229, LG Halle WuM 1997, 628, LG Neubrandenburg WuM 1990, 550, LG Potsdam WuM 2000, 553.

Entsprechend wie bei einheitlich aufgewendeten Kosten verhält es sich mit Kosten zur Verbesserung der Wohnverhältnisse, die für alle Wohnungen gemeinschaftlich aufgewendet werden wie etwa beim Einbau eines Fahrstuhls oder einer Heizungsanlage.

368

Allerdings wird auch die Auffassung vertreten, dass bei der Kostenverteilung den unterschiedlichen Gebrauchsvorteilen Rechnung getragen werden müsse, was zumindest billigem Ermessen nicht widerspreche, z.B. bei den Kosten des Fahrstuhleinbaus die Geschosslage zu berücksichtigen,3

369

LG Berlin GE 1994, 703, AG München WuM 1986, 91, AG Düsseldorf WuM 1994, 548 nach Gebrauchsvorteil entsprechend der Geschosslage,

oder bei einer Außenwärmedämmung zwischen Innen- und Außen- bzw. Eckwohnungen zu unterscheiden sei, 1 Kinne ZMR 2003, 396, 399. 2 S. zu § 559 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 25; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 25. 3 So auch Lammel BGB § 559 Rn. 41; Kinne ZMR 2003, 396, 399; ferner Emmerich/ Sonnenschein BGB § 559 Rn. 23: nur bei besonders augenscheinlicher unterschiedlicher Wohnwertverbesserung.

475

Rn. IV 370

Mieterhöhungen

KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612: Im Rahmen der §§ 315, 316 BGB ist es jedenfalls nicht unbillig, die Kosten der Wärmedämmung an der linken Außenfassade nur auf die Wohnungen, die hier angrenzen, umzulegen. Denn zumindest bei den verbrauchsabhängigen Kosten wirkt sich die Wärmedämmung gerade bei diesen Wohnungen aus (s. auch AG Münster WuM 1997, 498). Aus dem Umstand, dass die Innenwohnungen an der Wärmedämmung partizipieren, weil hierdurch die verbrauchsunabhängigen Heizkosten sinken, ergibt sich noch nicht die Unbilligkeit. AG Celle WuM 1992, 379.

Letzteres macht die Kostenverteilung insgesamt nicht plausibler, zumal eine auf das Wohngebäude bezogene Energieeinsparung allen Mietern zugute kommt. Dementsprechend sind bei einer Wärmedämmmaßnahme der Kellerdecken oder der Dachböden alle Wohnungen an den Kosten nach Maßgabe der §§ 559 f. BGB zu beteiligen, LG Halle/Saale ZMR 2003, 35.

Mangels anderer sachbezogener Gesichtspunkte wird auch hier im Zweifel eine Umlage nach anteiliger Wohnfläche angemessen sein.1 bbb) Anrechnung von Fördermitteln 370

Bei der Berechnung der Mieterhöhung müssen öffentliche Fördermittel angerechnet werden; § 559a BGB hat die bisherigen Regelungen aus § 3 Abs. 1 Satz 3–7 MHG inhaltlich übernommen.2 Aus der komplexen Regelung dieser Bestimmungen soll hier nur auf zwei Strukturmerkmale hingewiesen werden: – Vom Bauaufwand abzuziehen sind Kosten, die mit Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln gedeckt worden sind. – Eine Kürzung des Mieterhöhungsbetrages erfolgt: – bei einer Förderung durch zinsverbilligte oder zinslose Darlehen,3 – bei Annuitätszuschüssen (zur Deckung der laufenden Aufwendungen). Bei degressiver Modernisierungsförderung ist zu beachten, dass schon im Erhöhungsverlangen der Erhöhungsbetrag gestaffelt ausgewiesen wird, da eine spätere Nachholung von Mieterhöhungen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Mieterdarlehen, Mietvorauszahlungen oder Leistungen Dritter zugunsten des Mieters werden Darlehen aus öffentlichen Mitteln gleichgestellt (§ 559a Abs. 3 Satz 1 BGB). Sie führen also zu einer Kürzung des Mieterhöhungsbetrages. 1 Blank/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 25. 2 Kinne ZMR 2003, 396, 400. 3 Beispiel: Erhält der Vermieter ein zinsverbilligtes Darlehen der Wohnungsbaukreditanstalt mit 4% Zinsen und betragen die marktüblichen Zinsen für Ia-Hypotheken bei Beendigung der Maßnahme 5,75%, so ist die auf den Mieter entfallende Mieterhöhung von 11% der Kosten p.a. rechnerisch um die Zinsdifferenz (5,75 – 4 =) 1,75 auf 9,25% zu kürzen.

476

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 373

Die Anrechnungspflicht besteht grundsätzlich nur für den Bauherrn und Vermieter, der die Miete nach § 559 BGB (früher § 3 MHG) erhöhen konnte; sie geht bei Veräußerung nicht auf den Erwerber nach § 566 BGB über (s. Rn. I 94),

371

BGH – Urt. v. 8.10.1997 – NZM 1998, 102 = WuM 1998, 100, BGH – Urt. v. 10.9.2003 – WuM 2003, 694 = ZMR 2004, 22, KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WuM 1997, 605.

Zur Anrechnung von Fördermitteln nach § 559a BGB auf die Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 5 BGB s. Rn. IV 150. dd) Anforderung der Mieterhöhung Zu Absender und Empfänger des Mieterhöhungsverlangens s. Rn. IV 79 f., 83 f.

372

aaa) Förmliche Voraussetzungen Es genügt die Textform nach § 126b BGB. Werden Anlagen beigefügt, so genügt nach der Auflockerungsrechtsprechung des BGH (s. dazu Rn. I 122, 126) die Bezugnahme hierauf,1 auch wenn die Anlagen den Aussteller nicht erkennen lassen und eine Rück-Bezugnahme in der Anlage auf das Erhöhungsverlangen fehlt (anders noch LG Erfurt NZM 2000, 277). Wird dagegen im Erhöhungsverlangen auf ein Konvolut nicht durchnummerierter, nicht miteinander verbundener und unterschiedlich gestalteter Anlagen Bezug genommen, so soll die Form nicht gewahrt sein, es sei denn, die Anlagen wären mit dem Erhöhungsverlangen fest verbunden, LG Berlin NZM 1999, 460 = ZMR 1998, 775.

In Betracht kommt insbesondere eine Bezugnahme auf die Modernisierungsankündigung gemäß § 554 Abs. 3 BGB. Unabhängig davon muss die Anforderung inhaltlich alle erforderlichen Bestandteile des Erhöhungsverlangens (s. § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB, Rn. IV 379 f.) enthalten. Sie kann also nicht „scheibchenweise“ erklärt werden. Fehlt ein Erklärungsbestandteil, ist er unvollständig oder sonst fehlerhaft, so ist eine Nachholung – anders als bei einem Zustimmungsverlangen nach § 558b Abs. 3 Satz 1 BGB – nicht zulässig, sondern eine Neuvornahme erforderlich,2 BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 221 = WuM 2006, 157 = ZMR 2006, 272, LG Gera WuM 2000, 196.

Die bloße Klageerhebung unter Bezugnahme auf das vorausgegangene unwirksame Erhöhungsverlangen reicht nicht aus, LG Berlin ZMR 2001, 188.

Kleinere Rechenfehler oder Ungenauigkeiten in der Beschreibung berühren die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens aber nicht, sondern führen nur zur teilweisen Unbegründetheit. 1 Lammel BGB § 559b Rn. 17. 2 S. zu § 559b BGB: MünchKomm/Artz Rn. 12; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 27; Staudinger/Emmerich Rn. 16.

477

373

Rn. IV 374 374

Mieterhöhungen

Vor Fertigstellung der Maßnahme darf die Mieterhöhung nicht angefordert werden,1 BayObLG – Beschl. v. 28.6.1971 – WuM 1971, 157 zu § 12 AMVO, LG Berlin WuM 1990, 311 = ZMR 1990, 422.

Hält sich der Vermieter nicht hieran, so ist die Anforderungserklärung unwirksam. Fertig gestellt ist die Maßnahme in Anlehnung an die Begriffsbestimmung in § 13 Abs. 4 WoBindG dann, wenn sie vom Mieter in Gebrauch genommen werden kann. Auf eine etwa behördlich erforderliche Schlussabnahme kommt es nicht an. Maßgebend für die Bezugsfertigkeit ist die jeweilige Verkehrsanschauung, OVG Münster – Urt. v. 30.10.1968 – ZMR 1969, 184: Ein Familienheim ist nicht erst dann bezugsfertig, wenn es fertig gestellt ist, wenn also der letzte Handwerker abgezogen ist, sondern schon dann, wenn die hierfür vorgesehenen Bewohner ohne Gefahr für ihre Sicherheit und Gesundheit ihre normalen Lebensbedürfnisse (Wohnen, Essen, Schlafen) unbeengt und dauernd darin befriedigen können.

Die Maßnahme darf noch nicht bei Beginn des Mietverhältnisses abgeschlossen sein; denn in diesem Fall hätte der Vermieter sie im Rahmen der Mietvereinbarung berücksichtigen können, AG Bad Segeberg WuM 1992, 197.

375

Ist die Maßnahme zwar fertig gestellt, steht jedoch die Höhe der Kosten noch nicht fest, weil etwa die Schlussrechnung aussteht, so ist der Vermieter gleichwohl berechtigt, auf Grund der geleisteten Abschlagszahlungen oder erstellter Zwischenrechnungen die Mieterhöhung anzufordern.2 § 559 Abs. 1 BGB setzt nämlich ebenso wie schon § 3 MHG nur voraus, dass die Kosten zum Zeitpunkt der Mieterhöhung endgültig angefallen sind, dagegen nicht, dass sie auch (schon) nachgewiesen werden können. Ein Kostenanfall ist bereits gegeben, wenn die kostenverursachende Maßnahme durchgeführt worden und die Werklohnforderung des ausführenden Bauunternehmers entstanden ist. Weder muss diese schon fällig sein (Rechnungserstellung, Garantieeinbehalt!) noch muss sie bereits bezahlt oder auch nur die Schlussabrechnung erteilt worden sein, LG Potsdam WuM 2001, 559: Nach Abschluss einzelner Gewerke der Modernisierungsmaßnahmen, die bereits den Gebrauchswert der Mietsache erhöhen, darf der Vermieter auf der Grundlage seiner Abschlagszahlungen eine Mieterhöhung erklären und diese unter den Vorbehalt der weiteren Gewerke und der späteren Schlussrechnung der Handwerker stellen. Erreicht die Schlussrechnung die Summe der Abschlusszahlungen nicht, hat der Mieter einen Rückforderungsanspruch; ebenso LG Berlin GE 1989, 41.

376

Da die Rechnungslegung nur dem Kostennachweis dient und die Richtigkeit der Angaben des Vermieters lediglich die Begründetheit seines Anspruchs be1 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 559b Rn. 34. 2 Bub/Treier/Schultz Handbuch Rdn. III A 562; Sternel NZM 2001, 1065, 1066; Sternel PiG 62 (2002) S. 89, 115; Kinne ZMR 2003, 396, 398; a.A. zu § 559b BGB: Herrlein/ Kandelhard/Both Rn. 29; MünchKomm/Artz Rn. 9; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 36; Staudinger/Emmerich Rn. 5.

478

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 379

trifft, nicht jedoch Zulässigkeitsvoraussetzung für die Mietanforderung ist, bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Vermieter seiner Mietberechnung Kosten zugrunde legt, die er nach den ihm vorliegenden Unterlagen geschätzt hat. Die Richtigkeit seiner Kostenansätze ist eine Frage der materiellen Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens, nicht jedoch der formellen Zulässigkeit. Seine Berechnung wird er mit der späteren Schlussrechnung abzugleichen und ggf. zugunsten des Mieters zu korrigieren haben, während ihm eine Nachforderung wegen der Gestaltungswirkung der Mieterhöhungserklärung versagt ist. Erhöhungen unter Vorbehalt steht die Bedingungsfeindlichkeit von Gestaltungserklärungen im Interesse des Rechtsverkehrs entgegen. Die Anforderung der Mieterhöhung vor Erhalt der Schlussrechnung birgt einerseits also ein Risiko in sich (Verlust von Nachforderungen bei unrichtiger Schätzung der Kosten) und löst einen höheren Verwaltungsaufwand aus, führt aber andererseits dazu, die Mieterhöhung u.U. erheblich früher durchführen zu können. Mietern, die eine Belegeinsicht wünschen, steht bei einem Mieterhöhungsverlangen vor Erteilung der Schlussrechnung ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Einsichtnahme in die spätere Schlussrechnung zu (Rn. IV 378), ohne dass sich aber am vorgezogenen Wirkungszeitpunkt der Mieterhöhung etwas ändert. Handelt es sich um eine komplexe Modernisierung, die sich aus verschiedenen voneinander unabhängigen Maßnahmen zusammensetzt, so steht es dem Vermieter frei, die Mieterhöhung für jede abgeschlossene Maßnahme getrennt durchzuführen.

377

Für die Anforderung gelten die Regeln für die Abgabe einseitiger Gestaltungserklärungen (s. zur Mieterhöhung nach § 558 BGB Rn. IV 78 f., zur Kündigung Rn. X 11 f.). Auch ist das Mieterhöhungsverlangen als Gestaltungserklärung – wie erwähnt – bedingungsfeindlich. Zur förmlichen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter Rechnungen beifügt oder benennt,

378

anders LG Berlin MM 1993, 217, AG Lichtenberg MM 1997, 239, 240.

Jedoch hat der Mieter ein Prüfungsrecht; ihm steht ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB am Mieterhöhungsbetrag zu, wenn und solange die der Mieterhöhung zugrunde liegenden Rechnungen nicht vorgelegt werden.1 bbb) Inhaltliche Voraussetzungen Das Mieterhöhungsverlangen ist nach § 559b Abs. 1 BGB nur wirksam, wenn die Erhöhung auf Grund der entstandenen Kosten berechnet und erläutert wird.2 Zweck der Regelung ist, die an sich nach dem Vertragsprinzip erforder1 Anders Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 559b Rn. 16. 2 S. dazu Blank/Börstinghaus BGB § 559b Rn. 11; Sternel PiG 62 (2002) S. 89, 118.

479

379

Rn. IV 380

Mieterhöhungen

liche Zustimmung des Mieters dadurch zu ersetzen, dass ihm die Mieterhöhung (zumindest) plausibel gemacht wird. Dafür muss er deren Tatsachengrundlage kennen, über die der Vermieter verfügt. Die jeweiligen baulichen Maßnahmen müssen deshalb so genau angegeben werden, dass der Mieter hieraus die Wohnwertverbesserung oder Energie- bzw. Wassereinsparung ableiten kann. Es genügt aber, dass er die Berechtigung der Mieterhöhung (zumindest) überschlägig zu beurteilen vermag. Grenzen für die Erläuterungspflicht ergeben sich aus dem Informationsbedürfnis des Mieters einerseits und der Zumutbarkeit für den Vermieter andererseits. Allein aus der Anzahl der modernisierten Wohnungen im Gebäude oder in der Wirtschaftseinheit lässt sich aber noch keine Einschränkung der Erklärungspflicht ableiten. 380

Auch die Berechnung der Mieterhöhung erfordert Transparenz und muss deshalb für jede Maßnahme gesondert erfolgen. Hierbei ist nach einzelnen Gewerken zu spezifizieren, soweit eine solche Aufteilung möglich und dem Vermieter zuzumuten ist.1 Wirtschaftliche oder mietrechtliche Sachkunde ist beim Mieter nicht vorauszusetzen; die Benutzung eines Taschenrechners ist ihm aber zuzumuten. Bei energiesparenden Maßnahmen muss er sich sogar darauf verweisen lassen, eine bautechnisch oder juristisch sachkundige Person hinzuzuziehen, BGH – RE v. 10.4.2002 – BGHZ 150, 277 = NZM 2002, 519 = WuM 2002, 366 = ZMR 2002, 503; Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 221 = WuM 2006, 157 = ZMR 2006, 272 = MietRB 2006, 160 (Kunze).

381

Die Erläuterungen müssen inhaltlich so gestaltet sein, dass die Berechnung der Mieterhöhung ohne besondere Vorkenntnisse überprüft und deren Angemessenheit zumindest überschlägig beurteilt werden kann; sie müssen also nachvollziehbar und schlüssig sein. Dafür genügt es in der Regel, die jeweiligen Gesamtkosten der einzelnen Modernisierungsmaßnahme(n) anzugeben und diese in die einzelnen Gewerke sowie die auf sie entfallenden Rechnungsbeträge aufzuschlüsseln, so dass eine Überprüfung durch Einsicht in die Belege möglich ist, LG Berlin GE 1997, 1579, LG Potsdam WuM 2000, 553.

Bei umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen müssen die Kosten auch nach den einzelnen Gewerken aufgeschlüsselt werden, und zwar für jede Modernisierungsmaßnahme getrennt, LG Dresden ZMR 1998, 292, LG Berlin ZMR 2001, 277.

382

Notwendig sind in diesem Zusammenhang also folgende Angaben: – Gesamtbetrag der Baukosten, – Aufteilung auf die einzelnen Modernisierungsmaßnahmen, – Aufteilung nach Gewerken innerhalb der einzelnen Maßnahmen, LG Gera WuM 2000, 256.

1 S. zu § 559b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 9; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 5, 11.

480

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 383

Auch der Verteilerschlüssel muss nachvollziehbar angegeben und erläutert werden, LG Stralsund WuM 1996, 229, WuM 1997, 271, LG Halle WuM 1997, 628, LG Potsdam WuM 2000, 553.

Der Vermieter kann den Mieter anstelle der erforderlichen Angaben nicht auf die Möglichkeit verweisen, die Belege einzusehen,1 LG Potsdam WuM 2000, 553.

Hat der Vermieter einen Pauschalpreis mit den Handwerkern vereinbart, so soll er berechtigt sein, diesen Betrag ohne weitere Erläuterung der Mieterhöhungserklärung zugrunde zu legen, LG Berlin GE 1994, 765, LG Kiel WuM 2000, 613 für Heizungsanlage.

Das entbindet ihn im Streitfall aber nicht davon, die sachliche Richtigkeit und Erforderlichkeit der Kosten zu beweisen und ggf. die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen auszugliedern, LG Gera NZM 1999, 1093 = WuM 2000, 24.

Hat der Vermieter gleichzeitig Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt, so muss er den Anteil der nicht umlagefähigen Instandsetzungskosten angeben und erläutern.2 Ein pauschaler Abzug reicht nicht, KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612: Die Kosten der zum Zeitpunkt der Durchführung der Modernisierungsmaßnahme fälligen Instandsetzungsmaßnahmen sind bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten nicht zu berücksichtigen. Werden dagegen im Zuge der Modernisierungsmaßnahmen Instandsetzungskosten erspart, die ansonsten erforderlich geworden wären, so kann der Vermieter zunächst den Gesamtbetrag der entstandenen Kosten zugrundelegen, hat aber die ersparten Instandsetzungskosten abzuziehen. LG Potsdam WuM 2000, 553, AG Lüdenscheid WuM 1997, 438, s. auch LG Bautzen WuM 1999, 45, LG Neubrandenburg WuM 1999, 550, LG Rostock WuM 2000, 24.

Der Abzug muss sich auf die einzelnen Maßnahmen und Gewerke beziehen, LG Görlitz WuM 1999, 44.

Die Einzelmaßnahmen müssen im Mieterhöhungsverlangen ausführlich und verständlich auch dahingehend erläutert werden, was die Instandsetzungsarbeiten gekostet hätten. Die bloße Angabe von Quoten reicht nicht, LG Hamburg WuM 2000, 195.

Eine solche Kostentrennung soll auch dann geboten sein, wenn Bleirohre durch Rohre anderen Materials mit einem größeren Leitungsquerschnitt ersetzt werden, LG Berlin ZMR 2001, 277. 1 S. zu § 559b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 9; MünchKomm/Artz Rn. 5; ferner Rn. IV 378. 2 S. zu § 559b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 8, 14; MünchKomm/Artz Rn. 6; Sternel PiG 62 (2002) S. 97, 120.

481

383

Rn. IV 384 384

Mieterhöhungen

Wird bei nicht trennbaren Kosten von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen eine Quote gebildet, so muss der Vermieter deren Bildung erläutern, z.B. einen bestimmten %-Satz; denn die Erläuterung muss den Mieter in die Lage versetzen, die Schätzung des Vermieters zum Instandsetzungsanteil der Maßnahme zu überprüfen, LG Gera WuM 2000, 256, LG Neubrandenburg WuM 1999, 550: Die Mitteilung eines bloß in Prozenten gebildeten Anteils genügt nicht, da dieser nicht nachvollzogen werden kann; s. auch AG Lüdenscheid WuM 1997, 438.

Ist die Quote willkürlich gebildet und nicht ausreichend spezifiziert, so soll das Mieterhöhungsverlangen insgesamt unwirksam sein, LG Stralsund WuM 1997, 271, LG Berlin ZMR 1998, 166, LG Görlitz WuM 2001, 613.

385

Bei Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie muss der Vermieter die Kosteneinsparung erläutern. Entgegen früherer Auffassung (KG – RE v. 17.8.200 – GE 2000, 1179, VerfGH Berlin – Beschl. v. 31.5.2001 – NZM 2001, 745 = ZMR 2001, 696) braucht er aber keine Wärmebedarfsberechnung beizufügen. Vielmehr genügt es, dass er Tatsachen darlegt, aus denen sich als Folge der durchgeführten Baumaßnahmen eine dauerhafte Energieeinsparung ergibt. Dazu bedarf es aber nicht notwendig der Vorlage einer Wärmebedarfsberechnung, BGH – RE v. 10.4.2002 – BGHZ 150, 277, 281 = NZM 2002, 519 = WuM 2002, 366, BGH – Urt. v. 12.3.2003 – DWW 2003, 229 = WuM 2004, 154, BGH – Urt. v. 7.1.2004 – NZM 2004, 252 = WuM 2004, 155 = ZMR 2004, 407, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 221 = WuM 2006, 157 = ZMR 2006, 272.

386

Ausreichend für eine plausible Darlegung eines Energieeinsparungseffektes der durchgeführten Maßnahme ist jedenfalls die Angabe der bisherigen und der neuen Wärmedurchgangskoeffizienten (k-Wert) der renovierten Außenbauteile. Bei einer nennenswerten Veränderung dieser Messgrößen ergibt sich bei sonst gleichen Bedingungen ohne weiteres eine Einsparung an Heizenergie; denn die k-Werte der Außenhülle des Gebäudes gehen als Faktoren in die Berechnung des Wärmebedarfs ein. Für den Begriff der Nachhaltigkeit ist nicht die Feststellung einer bestimmten Mindestenergieeinsparung erforderlich, BGH – RE v. 10.4.2002 – BGHZ 150, 277, 281 = NZM 2002, 519 = WuM 2002, 366, BGH – Urt. v. 12.3.2003 – DWW 2003, 229 = WuM 2004, 154, BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 336 = WuM 2004, 285 = ZMR 2004, 424, KG – Urt. v. 20.4.2006 – WuM 2006, 450 = ZMR 2006, 612, LG Leipzig NZM 2002, 941: Ein Mieterhöhungsverlangen, das die durchgeführten Baumaßnahmen unter Angabe der Arbeitsmaterialien erläutert, die k-Werte vor und nach der Dämmung angibt, für jedes Gewerk die anteiligen Modernisierungs- und Instandsetzungskosten darstellt, so dass es dem Mieter möglich wird, die einzelnen Positionen zu überprüfen, ist wirksam.

Weiter gehende Erläuterungen sind jedoch erforderlich, wenn die Energieeinsparung nicht ohne weiteres plausibel ist, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 221 = WuM 2006, 157 = ZMR 2006, 272: Eine Energieeinsparung durch Austausch von isolierverglasten Fenstern mit Aluminiumrahmen durch solche mit Kunststoffrahmen muss besonders erläutert werden.

482

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 391

Das Erhöhungsverlangen muss nachvollziehbar berechnet werden. Kürzungsbeträge, die sich auf Grund öffentlicher Förderungshilfen ergeben, müssen ausgewiesen werden,1

387

LG Berlin MM 1996, 327, LG Görlitz WuM 1999, 44, LG Rostock WuM 2000, 24, s. auch KG – RE v. 17.1.2002 – NZM 2002, 211 = WuM 2002, 144 zu § 2 MHG.

Eine nicht ordnungsmäßig begründete oder berechnete Mietanforderung ist nichtig und nicht etwa schwebend unwirksam; denn Letzteres ließe sich mit der Gestaltungswirkung und der deshalb gebotenen Rechtsklarheit nicht vereinbaren,2 LG Kassel WM 1992, 444.

Mängel des Erhöhungsverlangens sind nicht heilbar, vielmehr ist eine Neuvornahme geboten, (s. Rn. IV 373). Jedoch berühren kleinere Rechenfehler, die sich aus dem Erhöhungsverlangen selbst ergeben, oder Ungenauigkeiten in der Beschreibung die Wirksamkeit nicht, sondern führen nur zur teilweisen Unbegründetheit des Erhöhungsverlangens. Sie können also nachträglich berichtigt werden.

388

ee) Zeitliche Wirkung Nach § 559b Abs. 2 BGB wirkt die Mieterhöhung auf den Beginn des 3. Monats nach dem Zugang der Mieterhöhungserklärung. Die Mieterhöhung tritt also erst einen Monat später als nach früherem Recht ein.3

389

Wird ein unrichtiger Wirkungszeitpunkt angegeben, so berührt das die Wirksamkeit der Mietanforderung nicht. Wird ein zu früher Zeitpunkt angegeben, so gilt der gesetzliche; wird ein späterer als der gesetzliche Zeitpunkt angegeben, so bleibt der Vermieter hieran nach Verwirkungsgrundsätzen (Vertrauensschutz) gebunden. Nach § 559b Abs. 2 BGB verlängert sich die Wirkungsfrist für die Mieterhöhung um 6 Monate, wenn der Vermieter dem Mieter die zu erwartende Mieterhöhung nicht in der Modernisierungsankündigung gemäß § 554 BGB mitgeteilt hat oder die angeforderte Mieterhöhung die angekündigte um mehr als 10% übersteigt. Daraus lässt sich der Umkehrschluss ziehen, dass alle sonstigen Ankündigungsfehler folgenlos bleiben, jedenfalls dann, wenn der Mieter die bauliche Maßnahme geduldet hat.

390

Was zu gelten hat, wenn der Vermieter eine erforderliche Ankündigung nach § 554 Abs. 3 BGB schlechthin unterlassen hat, ist im Gesetz nicht geregelt. Indes liegt keine unbewusste Regelungslücke vor, da nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die fehlerhafte Ankündigung sich auf die spätere Mieterhö-

391

1 Kinne ZMR 2003, 396, 400; Maciejewski MM 1998, 97; ferner zu § 559b BGB: Blank/ Börstinghaus Rn. 15; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 28. 2 Sternel Mietrecht Rn. III 806; a.A. Gutekunst PiG 16 (1984) S. 165. 3 Beispiel: Das Mieterhöhungsverlangen v. 24. April wirkt auf den 1. Juli.

483

Rn. IV 392

Mieterhöhungen

hung nicht auswirken sollte1 und nichts anderes gelten kann, wenn die Ankündigung gänzlich unterblieben ist, weil die Rechtswirkungen der fehlerhaften und der unterbliebenen Ankündigung im Hinblick auf die Duldungspflicht des Mieters nahezu gleich sind. Auch wenn es der Sache nach gerechtfertigt wäre, andere Mängel bei der Vorankündigung oder gar das Fehlen der Vorankündigung gleichermaßen zu sanktionieren wie die Fehler bei Mitteilung der künftigen Miethöhe (LG Berlin NZM 1999, 219),2 ist für eine entsprechende teleologische Auslegung angesichts des eindeutigen Wortlauts der Bestimmung und des geäußerten Willens des Gesetzgebers kein Raum (s. Rn. IV 350),3 im Ergebnis auch BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2007, 882 = WuM 2007, 630 = ZMR 2008, 186 = MietRB 2007, 309 (Kunze).

Mithin wirken sich weder andere Ankündigungsmängel als die in § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB genannten noch eine unterbliebene Ankündigung zum Nachteil des Vermieters auf die Fälligkeit der Mieterhöhung aus. 392

Hat der Vermieter eine bauliche Maßnahme außerhalb der Mietwohnung durchgeführt, die er nicht angekündigt hat und die der Mieter auch nicht geduldet hat,4 so wird – entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers – zum Teil angenommen, dass dem Vermieter kein Anspruch auf eine Mieterhöhung gemäß § 559 BGB zustehe, da die Maßnahme nicht Gegenstand des Vertrages geworden sei,5 LG München I WuM 1998, 109, LG Düsseldorf WuM 1999, 113, AG Berlin-Tiergarten NZM 1998, 478.

Dem kann aus den oben genannten Gründen (s. Rn. IV 350, 391) nicht gefolgt werden. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob der Mieter zur Duldung verpflichtet war, was im Rahmen des Rechtsstreits über die Mieterhöhung zu klären ist. Nur wenn eine Duldungspflicht nicht besteht, mithin die „Vertragsgemäßheit“ nicht gegeben ist, kann der Vermieter keine Mieterhöhung beanspruchen. 393

Nutzt der Mieter die geschaffene Wohnwertverbesserung oder kommt ihm die Einsparung von Energie zugute, so ist dem Vermieter ein Bereicherungsanspruch zugebilligt worden,6 KG – Beschl. v. 16.7.1992 – NJW-RR 1992, 1362 = WuM 1992, 514 = ZMR 1992, 486 für die Nutzung eines Aufzuges.

1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 59. 2 Zu § 559b BGB: MünchKomm/Artz Rn. 11; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 559b Rn. 49, 52. 3 So auch Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 559b Rn. 51; Lammel BGB § 559 Rn. 9, § 559b Rn. 27. 4 Z.B. weil er der Maßnahme ausdrücklich widersprochen oder von ihr keine Kenntnis erlangt hat. 5 So zu § 559b: Blank/Börstinghaus Rn. 22; Emmerich/Sonnenschein Rn. 16; SchmidtFutterer/Börstinghaus Rn. 50, 52. 6 Lammel BGB § 559 Rn. 16.

484

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 396

Dagegen bestehen Bedenken, verneinend auch1 LG Leipzig WuM 2002, 94, AG Berlin-Tiergarten NZM 1998, 478, AG Berlin-Schöneberg GE 1998, 1217.

Kann sich der Mieter – wie etwa bei Energiesparmaßnahmen – den Vorteilen nicht entziehen, so liegt es nahe, eine aufgedrängte Bereicherung anzunehmen. Im Übrigen wird sich ein Vermögensvorteil des Mieters kaum feststellen lassen. Er liegt jedenfalls nicht in einem „ersparten Wertverbesserungszuschlag“. Folgt man den Vorstellungen des Gesetzgebers,2 so wäre in diesem Fall im Rahmen des Zahlungsanspruchs nach § 559b BGB zu klären, ob der Mieter – unabhängig von der unterbliebenen Ankündigung – zur Duldung nach § 554 Abs. 2 BGB verpflichtet gewesen wäre (s. Rn. IV 350). Ist die Duldungspflicht zu bejahen, so ist der Anspruch auf die Mieterhöhung gegeben, wenn dessen Voraussetzungen im Übrigen vorliegen, und zwar ohne die Verlängerung der Wirkungsfrist nach § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB (s. Rn. IV 391). Ist sie dagegen zu verneinen, so scheidet auch ein Bereicherungsanspruch aus. Fraglich ist, ob sich der Anspruchsverlust auf eine Mieterhöhung nach § 558 BGB bezieht, soweit ein Wohnwertmerkmal betroffen ist, das der Vermieter geschaffen hat, ohne dass eine Duldungspflicht des Mieters bestand. Dafür spricht, dass dieses Merkmal nicht Vertragsgegenstand geworden ist. Dagegen lässt sich einwenden, dass grundsätzlich von der objektiven Beschaffenheit der Wohnung auszugehen ist. Indes ist dem Vertragsprinzip der Vorrang einzuräumen.

394

ff) Erhöhungsausschlüsse Erhöhungsausschlüsse können sich nach § 557 Abs. 3 BGB aus einer Vereinbarung oder aus den Umständen ergeben (Rn. IV 272 f.). Das ist etwa bei einer Modernisierungsvereinbarung (s. Rn. IV 414) der Fall. Das Gleiche kommt in Betracht, wenn sich der Vermieter zur Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen verpflichtet, ohne dass zugleich eine Mietanhebung vereinbart wird.3

395

c) Umlage neuer Betriebskosten Fallen mit der baulichen Maßnahme neue Betriebskosten i.S. von §§ 1, 2 BetrKV an, so hängt es von der vertraglichen Gestaltung ab, ob diese auf den Mieter umgelegt werden können (s. Rn. V 144).4 Handelt es sich um preisfreien Wohnraum und ist eine Betriebskostenvollumlage auf der Grundlage von abzurechnenden Vorauszahlungen vereinbart, so ist Voraussetzung, 1 Blank/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 2 und zu § 559b BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 16; MünchKomm/Artz Rn. 14; Staudinger/Emmerich BGB § 559b Rn. 27. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 58, 59. 3 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 29. 4 S. hierzu auch Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 64; Flatow DWW 2007, 193.

485

396

Rn. IV 397

Mieterhöhungen

– dass die Umlage gerade der neuen Kosten vereinbart ist oder eine Mehrbelastungsklausel vertraglich vorgesehen ist (s. Rn. II 208, V 141) und – dass die Umlage zuvor angekündigt wird (s. Rn. VII 163).1 397

Ist keine Mehrbelastungsklausel vereinbart, so kann eine Vertragslücke angenommen werden, die durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann. Gilt zwischen den Vertragsparteien nämlich eine Nettokaltmiete mit einer Betriebskostenvollumlage, so ergibt sich daraus der Parteiwille, dass der Vermieter von den Betriebskosten entlastet werden sollte, der Mieter aus Gründen der Transparenz über seine Kostenbelastung durch eine Abrechnung unterrichtet werden soll, mithin die Mietstruktur „netto kalt“ auch nicht geändert werden sollte. Ist eine Mehrbelastungsklausel nicht wirksam vereinbart worden, kommt die Umlage der Mehrbelastung allenfalls über Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht,2 LG Berlin ZMR 2005, 192; anders LG Berlin GE 2007, 597: Entstehen durch Modernisierungsmaßnahmen neue Betriebskosten (z.B. durch Einbau eines Aufzuges), so sind diese nicht vom Mieter zu tragen. Eine Ausnahme besteht nach Treu und Glauben in eng begrenzten Fällen wie bei Umstellung einer Ofenheizung auf Zentralheizung.

398

Die Ankündigung der neuen Kosten sollte tunlichst mit der Ankündigung der Maßnahme (§ 554 Abs. 3 BGB, s. Rn. VII 150 f.) verbunden werden. Bedenken bestehen dagegen, die neu entstandenen Kosten ohne vorherige Ankündigung im Nachhinein in die Betriebskostenabrechnung einzustellen.

399

Wegen des erhöhten Anfalls von Betriebskosten kann eine Erhöhung der Vorauszahlungen während des Laufs der Verbrauchsperiode nicht einseitig angefordert werden. Hierauf gerichtete Vertragsbestimmungen sind bei der Wohnraummiete unwirksam (§ 560 Abs. 6 BGB). Dagegen kann eine Anhebung der Vorauszahlungen aus konkretem Anlass in bestimmter Höhe individuell vereinbart werden. Unberührt bleibt das Recht des Vermieters, die Betriebskostenvorauszahlungen aus Anlass der Kostensteigerung mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 560 Abs. 4 BGB anzupassen (s. Rn. V 276 f.).

400

In zeitlicher Hinsicht können die neuen Betriebskosten ab dem Zeitpunkt berechnet werden, in dem die durch die bauliche Maßnahme geschaffene Anlage vom Mieter genutzt werden kann (z.B. die Heizungsanlage, der Aufzug). Dieser Zeitpunkt kann vor dem Wirksamwerden der Mieterhöhung aus § 559 BGB liegen.

401

Ist die Wohnung preisgebunden, so ist eine vorherige Ankündigung gemäß § 20 Abs. 1 NMV erforderlich (s. dazu Rn. V 130). Eine Mehrbelastungsklausel 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 277. 2 So BetriebskostenKomm/Rips § 556 Rn. 1765; Langenberg Betriebskostenrecht Rn. E 3 S. 132; s. auch Sternel MietR III 323; Bub/Treier/Schultz Rn. III B 580 (Pflicht des Mieters zur Erweiterung der Umlagenvereinbarung); differenzierend Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 35: Es kommt darauf an, ob die Betriebskostenart vom Mieter im Mietvertrag übernommen worden ist.

486

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 404

muss nicht vereinbart worden sein; denn der Vermieter kann gemäß § 20 Abs. 4 NMV die Kostenerhöhung wie eine Mieterhöhung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung behandeln. Haben die Parteien anstelle von Betriebskostenvorauszahlungen eine Betriebskostenpauschale vereinbart, so können nachträglich entstandene Mehrbelastungen zu einer Anhebung der Pauschale führen, wenn die Voraussetzungen nach § 560 Abs. 1, 2 BGB vorliegen (s. Rn. IV 421 f.).

402

Gilt zwischen den Vertragsparteien eine Inklusiv- oder Teilinklusivmiete, so kann diese bei nachträglicher Mehrbelastung an Betriebskosten unter den Voraussetzungen des § 560 Abs. 1, 2 BGB erhöht werden, sofern die Inklusivoder Teilinkllusivmiete vor dem 1.9.2001 vereinbart worden und das Mietverhältnis vor diesem Termin in Lauf gesetzt worden ist (Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB). Ist das Mietverhältnis erst nach dem 1.9.2001 begründet worden, so muss die Mehrbelastung durch die Inklusiv- oder Teilinklusivmiete aufgefangen werden, sofern es sich nicht um verbrauchsabhängige Kosten handelt. Mehrbelastungsklauseln, die der früheren Regelung in § 4 Abs. 2 MHG entsprechen würden, sind bei dieser Mietstruktur nach § 560 Abs. 6 BGB unwirksam, weil sie sich zum Nachteil des Mieters auswirken würden.

403

Haben die Parteien eine Bruttomiete vereinbart und ziehen die baulichen Maßnahmen, die zur Mieterhöhung nach § 559 BGB führt, neue verbrauchsoder verursachungsabhängige Betriebskosten gem. § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB nach sich, so ist der Vermieter nach dem Sinngehalt dieser Vorschrift berechtigt, Vorauszahlungen auf die Kosten zu fordern,

403a

LG Berlin ZMR 2005, 192 für den Einbau einer Gaszentralheizung.

d) Verwirkung Sieht der Vermieter jahrelang davon ab, wegen einer Modernisierungsmaßnahme den Mietzins zu erhöhen, so läuft er Gefahr, dass sein Recht (auch für die Zukunft) verwirkt ist, wenn er keinen Vorbehalt macht.1 Die Verwirkung bezieht sich aber nicht auf eine Mieterhöhung nach § 558 BGB (früher § 2 MHG), soweit sie die modernisierungsbedingte Wohnwerterhöhung betrifft, LG Hamburg WuM 1989, 308, ferner AG Albstadt NJW-RR 1991, 1482 für vorbehaltlose nur teilweise Mieterhöhung nach § 3 MHG.

Zeitablauf allein reicht für die Annahme einer Verwirkung nicht; ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Durchführung der baulichen Maßnahme und der Mieterhöhung ist nach § 559 BGB nämlich nicht vorausgesetzt, LG Stuttgart ZMR 1997, 29.

1 S. zu § 559b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 19; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 31; Lammel Rn. 12; MünchKomm/Artz Rn. 10.

487

404

Rn. IV 405

Mieterhöhungen

e) Auswirkungen auf die Vertragsmiete und Verhältnis zur Mieterhöhung nach § 558 BGB 405

Die Mieterhöhung nach § 559 BGB (früher § 3 MHG) wird in die bisherige Vertragsmiete integriert und besteht nicht etwa als selbständiger Zuschlag neben der bisherigen Miete fort.1 Der Vermieter kann eine Mieterhöhung nach § 558 BGB erst verlangen, wenn die bisherige Miete einschließlich der Erhöhungen nach § 559 BGB hinter der ortsüblichen Miete zurückbleibt. Der Mietzuschlag nach § 559 BGB wird also bei einer Mieterhöhung gemäß § 558 BGB nicht aus der Miete herausgerechnet und nach der Erhöhung wieder hinzugerechnet, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 124 = WuM 2007, 707 = ZMR 2008, 190 = MietRB 2008, 65 (Hoffmann): Mieterhöhungen nach §§ 558, 559 BGB werden Bestandteil der Grundmiete und sind deshalb bei späteren Mieterhöhungen nach § 558 BGB in die Ausgangsmiete einzurechnen. Eine gegenteilige Parteivereinbarung gäbe dem Vermieter die Möglichkeit zur Mieterhöhung über den in § 558 BGB vorgesehenen Rahmen hinaus und ist deshalb gemäß § 558 Abs. 6, § 557 Abs. 4 BGB wegen Benachteiligung des Mieters unwirksam. LG Frankfurt a.M. WuM 1989, 273, LG Hamburg WuM 1989, 82, LG Essen WuM 1994, 217, LG München I WuM 1996, 43.

406

Ein gleichwohl angesetzter Modernisierungszuschlag soll nicht zur Unwirksamkeit des nach § 558 BGB gestellten Erhöhungsverlangens führen, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 124 = WuM 2007, 707 = ZMR 2008, 190 = MietRB 2008, 65 (Hoffmann): Gibt der Vermieter in einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558a BGB eine unzutreffende Ausgangsmiete an, weil er die gebotene Einrechnung einer früheren Mieterhöhung in die Ausgangsmiete unterlässt, führt das nicht zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens und zur Unzulässigkeit einer vom Vermieter daraufhin erhobenen Zustimmungsklage; das Mieterhöhungsverlangen ist jedoch unbegründet, soweit die begehrte Miete unter Hinzurechnung der früheren Mieterhöhung die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigt; a.A. LG München I WuM 1996, 43.

Dagegen bestehen Bedenken; denn ein derartiges Erhöhungsverlangen ist nicht transparent in Bezug auf die Ausgangsmiete, die die Mieterhöhung nach § 559 BGB einschließt, und damit auch in Bezug auf die Mietberechnung. Auch entspricht das Mieterhöhungsverlangen nicht dem § 558 BGB, weil es nicht den Ausstattungszustand der Wohnung in Kontext zu dem Vergleichsmaßstab setzt, sofern der unmodernisierte Zustand zugrunde gelegt wird oder aber weil es die Mieterhöhung verdoppelt, wenn es den modernisierten Zustand ansetzt. 407

Wird durch eine Mieterhöhung nach § 559 BGB das Niveau der ortsüblichen Miete für die modernisierte Wohnung noch nicht erreicht, so ist der Vermieter nicht gehindert, gleichzeitig eine Mieterhöhung nach § 558 BGB auf der Grundlage des modernisierten Standards der Wohnung durchzuführen, LG Berlin MDR 1999, 477. 1 Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 8, 19, 20 vor § 559 BGB; Lammel BGB § 559b Rn. 25; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 559b Rn. 41.

488

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 410

Mieterhöhungen nach § 558 BGB und § 559 BGB können nicht nebeneinander mit der Folge einer doppelten Berücksichtigung der Modernisierung geltend gemacht werden, vielmehr muss der Vermieter wählen, für welche Mieterhöhungsmöglichkeit er sich entscheiden will,1

408

KG – RE v. 15.9.1997 – NZM 1998, 107 = WuM 1997, 605: Ein Vermieter, der Modernisierungsmaßnahmen nach § 3 Abs. 1 MHG (= § 559 BGB) durchgeführt hat, hat die Wahl, ob er – als einmalige Erhöhungsmöglichkeit – nach § 3 MHG vorgeht oder nach § 2 MHG (= § 558 BGB), wenn er den Mietzins im Hinblick hierauf erhöhen will; ebenso AG Lichtenberg MM 2002, 483.

Eine Ausnahme hiervon ist für den Fall zugelassen worden, dass der Vermieter in einer Mietwohnung Modernisierungsmaßnahmen nach § 559 BGB durchgeführt hat und anschließend die Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung nach § 558 BGB auf der Basis für vergleichbaren, nicht modernisierten Wohnraum fordert. Er soll dann nicht gehindert sein, gleichzeitig und zusätzlich die Modernisierungskosten nach Maßgabe des § 559 BGB auf den Mieter umzulegen,

409

OLG Hamm – RE v. 30.10.1982 – NJW 1983, 289 = WuM 1983, 17 = ZMR 1983, 102, ebenso LG Stuttgart ZMR 1997, 29, AG Lichtenberg MM 2002, 483.

Mietobergrenze ist dann die ortsübliche Miete, ggf. gekappt auf 20% gemäß der Kappungsgrenze, zuzüglich der modernisierungsbedingten Mieterhöhung nach § 559 BGB.2 Bei der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB bleiben Mieterhöhungen nach § 559 BGB aus den letzten drei Jahren unberücksichtigt. Sie werden rechnerisch der „kappungsbegrenzten“ Miete wieder hinzugerechnet. Das soll auch dann gelten, wenn der Vermieter anstelle einer einseitigen Mieterhöhung gemäß § 559 BGB die entsprechende Mieterhöhung mit dem Mieter vereinbart (s. Rn. IV 145), BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 456 = WuM 2004, 344 = ZMR 2004, 503, ebenso BGH – Urt. v. 18.7.2007 – NZM 2007, 727 = WuM 2007, 703 = ZMR 2007, 774 zur Berechnung der einjährigen Wartefrist nach § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das Gleiche ist für den Fall angenommen worden, dass der Vermieter zwar modernisiert, aber eine Mieterhöhung nach § 559 BGB nicht durchgeführt hat (Rn. IV 148), OLG Hamm – RE v. 30.12.1992 – DWW 1993, 40 = WuM 1993, 106, s. auch LG Wiesbaden WM 1996, 419.

Diese Auffassung ist schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, aber auch aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen (s. Rn. IV 146).

1 Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 4 f. vor § 558 BGB; Staudinger/Emmerich BGB § 559 Rn. 8. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 3.

489

410

Rn. IV 411

Mieterhöhungen

f) Verhältnis zu § 5 WiStG 411

Anerkannt war bislang, dass durch eine Mieterhöhung nach § 3 MHG die Grenze der zulässigen Miete nach § 5 WiStG überschritten werden kann, so dass die Mieterhöhung insoweit unwirksam ist,1 OLG Karlsruhe – RE v. 19.8.1983 – WuM 1983, 314.

Hieran hat sich nach Inkrafttreten des MRRG nichts geändert. In einem solchen Fall kann sich der Vermieter auf seine laufenden (modernisierungsbedingten) Aufwendungen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 WiStG berufen, bei Altfällen vor dem 1.9.2001 aber nur, sofern die Kosten vor dem 1.9.1993 entstanden sind, KG – RE v. 22.1.1998 – NZM 1998, 225 = WuM 1998, 208.

Die durch das 4. MietRÄndG eingeführten Beschränkungen sind nämlich durch das MRRG wieder beseitigt worden, jedoch nicht rückwirkend. g) Modernisierungsvereinbarungen aa) Vermietermodernisierung 412

Die Modernisierungsankündigung nach § 554 Abs. 3 BGB und die Mietanforderung nach § 559 BGB sind entbehrlich, wenn der Mieter sich mit der Maßnahme und der darauf beruhenden Mieterhöhung einverstanden erklärt hat.2 Dies kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen, LG Berlin ZMR 2001, 544: Zahlt der Mieter auf eine Mieterhöhung nach § 2 MHG die erhöhte Miete, in der ein Modernisierungszuschlag nach § 3 MHG enthalten ist, mehrere Jahre ohne Vorbehalt, so kann er nicht mehr die Rückzahlung des Modernisierungszuschlags wegen des nicht ordnungsmäßigen Mieterhöhungsverlangens nach § 3 MHG fordern; vielmehr ist es zu einer schlüssigen Mieterhöhungsvereinbarung gekommen.

Die Anforderungen, die hieran gestellt werden, sind jedoch unterschiedlich. Einerseits soll das bloße Zahlungsverhalten des Mieters ausreichen, LG Leipzig ZMR 1999, 767: Zahlt der Mieter den Erhöhungsbetrag 8 Monate lang vorbehaltlos, obwohl das Erhöhungsverlangen unwirksam ist, so ist eine konkludente Mieterhöhungsabrede anzunehmen.

413

Andererseits wird – m.E. zu Recht – auf rechtsgeschäftliche Erfordernisse abgestellt, nämlich ob Mieter und Vermieter überhaupt die Vorstellung hatten, eine Mieterhöhungsvereinbarung zu treffen (s. auch Rn. IV 4, 11),3 LG Bautzen WuM 2002, 497: Bloße Zahlungen des Mieters auf ein unwirksames Mieterhöhungsverlangen nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen lassen nicht auf einen Willen des Mieters schließen, den Mietvertrag zu ändern, s. auch BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 735 = WuM 2005, 581 zu einem (unwirksamen) einseitigen vertraglichen Bestimmungsrecht des Vermieters. 1 S. auch Scholl WM 1992, 583. 2 Dazu Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 559b Rn. 64. 3 S. zu § 559b BGB: Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 63; MünchKomm/Artz Rn. 12; Staudinger/Emmerich Rn. 17.

490

Mieterhöhungen wegen baulicher Maßnahmen des Vermieters

Rn. IV 414

BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 514 = WuM 2007, 271 zur einseitigen Erhöhungserklärung nach §§ 4, 6 NutzEV: Als einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung kann eine Erhöhungserklärung nach § 6 NutzEV grundsätzlich nicht in ein Angebot zum Abschluss eines Erhöhungsvertrages ausgelegt oder nach § 140 BGB umgedeutet werden, welches der Nutzer durch Zahlung des geforderten Entgelts stillschweigend angenommen haben könnte.

Hat der Mieter die Modernisierungsankündigung nur gegengezeichnet, so stimmt er damit noch nicht der künftigen Mieterhöhung zu; ein solcher Erklärungswert lässt sich der Gegenzeichnung nicht entnehmen, AG Hamburg WuM 1999, 341.

Aus Anlass von Modernisierungsvereinbarungen können sich Probleme bei der Berechnung der Wartefrist (s. Rn. IV 123) und der Ermittlung der Kappungsgrenze ergeben (s. Rn. IV 145). bb) Mietermodernisierung Eine Modernisierungsvereinbarung liegt auch vor, wenn der Mieter sich gegenüber dem Vermieter verpflichtet, Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen.1 Die Maßnahmen des Mieters gehen in das Eigentum des Vermieters über und werden Bestandteil der Mietsache. Dieser hat für die Instandhaltung und -setzung aufzukommen. Als dessen Gegenleistung wird regelmäßig ein befristeter Ausschluss des Rechts zur Mieterhöhung und zur ordentlichen Kündigung sowie eine Entschädigungspflicht für noch nicht abgewohnte Investitionen vereinbart, u.U. auch das Recht des Mieters, einen solventen und zumutbaren Mietnachfolger zu stellen. Die Mietermodernisierung auf Grund einer solchen Vereinbarung schließt eine Vermietermodernisierung – anders als eine Modernisierung, die der Mieter auf Grund seines Gebrauchsrechts und ggf. mit Erlaubnis des Vermieters durchführt – aus,

414

KG – Beschl. v. 28.8.2008 – WuM 2008, 597 = ZMR 2009, 32 für Einbau einer Gasetagenheizung.

Der Staat hatte zeitweise ein Interesse daran, die Mietermodernisierung zu fördern, um das mieterseits durch Bausparverträge oder prämienbegünstigte Sparverträge angesammelte Kapital auf den vorhandenen modernisierungsbedürftigen Wohnungsbestand zu lenken.2 Hieraus resultiert die von der Bundesregierung herausgegebene „Mustervereinbarung Modernisierung durch Mieter“.3 Frei.

415–417

1 Sternel PiG 16 (1984) S. 105. 2 2. Haushaltsstrukturgesetz v. 22.12.1981, BGBl. I 1523. 3 Abgedruckt in ZMR 1984, 5; ferner Schmidt-Futterer/Börstinghaus Anhang 3 zu § 559 BGB; zum Inhalt s. Sternel PiG 16 (1984) S. 105, 126.

491

Rn. IV 418

Mieterhöhungen

6. Mieterhöhung wegen Kostensteigerungen a) Betriebskosten 418

Die Regelung in § 560 BGB über die Anpassung einer Betriebskostenpauschale an eine Kostenveränderung knüpft an die Regelung in § 4 MHG an, die sich allerdings auf Betriebskostenänderungen im Rahmen einer vereinbarten Inklusivmiete bezog. Dies muss bei der Heranziehung der Rspr. aus der Zeit vor Inkrafttreten des MRRG beachtet werden, da die Rechtsstrukturen von Betriebskostenpauschale einerseits und Inklusivmiete andererseits unterschiedlich sind. Während eine Erhöhung der Betriebskostenpauschale gemäß § 560 Abs. 1, 2 BGB nur zulässig ist, soweit dies vereinbart ist, ist der Vermieter kraft Gesetzes gemäß § 560 Abs. 3 BGB verpflichtet, die Pauschale herabzusetzen, wenn sich die Betriebskostenbelastung ermäßigt. Die Regelungen in § 560 BGB sind auf die Wohnraummiete beschränkt. Betriebskostenpauschalen in Mietverträgen über Gewerberäume unterliegen der freien Vereinbarung, auch was die Änderungsbefugnis der Parteien anbelangt. aa) Erhöhung der Betriebskostenpauschale

419

Die Anwendung des § 560 Abs. 1–3, 5 BGB erfordert die wirksame Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale. Die Vereinbarung muss sich auf die neben der Grundmiete von der Pauschale erfassten Betriebskosten beziehen. Für die Kennzeichnung reicht die Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV oder seit dem 1.1.2004 auf den Betriebskostenkatalog in § 2 BetrKV. Ohne eine solche Kennzeichnung ist die Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale unwirksam.1 In diesem Fall würde eine betragsmäßig ausgewiesene Pauschale zur Grundmiete gerechnet werden, so dass eine Inklusivmiete vorläge. In die Betriebskostenpauschale können jedoch nicht diejenigen verbrauchsabhängigen Kosten einbezogen werden, über die der Vermieter nach Maßgabe des § 556a Abs. 2 BGB verbrauchs- oder verursachungsabhängig abrechnen muss; denn diese Vorschrift ist gegenüber § 560 BGB die speziellere. Zudem würde die Vereinbarung einer Pauschale die Schutzrechte des Mieters auf eine seinem Verbrauch gerecht werdende Abrechnung verletzen und damit gegen § 556a Abs. 3 BGB verstoßen.

420

Eine Betriebskostenpauschale kann auch schlüssig vereinbart werden. Die schlüssige Vereinbarung kann sich aus einer Vertragsauslegung, aber auch aus einer Handhabung des Vertrages ergeben. Das gilt auch für Mietverhältnisse über Gewerberäume. Sind Vorauszahlungen vereinbart, ohne dass die umlagefähigen Betriebskosten eindeutig bestimmt sind, so sind die Vorauszahlungen im Zweifel als Betriebskostenpauschale zu behandeln,2 1 S. zu § 560 BGB: Lammel BGB § 560 Rn. 6; Staudinger/Weitemeyer Rn. 12a, b. 2 S. zu § 556 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 250, 264; Staudinger/Weitemeyer Rn. 69; ferner Lindner-Figura/Beyerle Kap. 11 Rn. 82.

492

Mieterhöhung wegen Kostensteigerungen

Rn. IV 420a

OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.5.2002 – NZM 2002, 526: Die vertragliche Regelung1 enthält mangels Spezifizierung der umlagefähigen Kostenarten keine wirksame Nebenkostenvereinbarung, so dass eine Abrechnung ausscheidet. Jedoch ist nach §§ 133, 157, 242 BGB davon auszugehen, dass die Parteien eine Nebenkostenpauschale vereinbart haben. Anderenfalls würde sich die Regelung als sinnlos erweisen; denn der Pächter bräuchte sonst überhaupt keine Zahlungen auf die Nebenkosten erbringen. Ebenso AG München NZM 1999, 415; anders OLG Dresden – Urt. v. 20.6.2000 – ZMR 2001, 266: Sieht der Mietvertrag zwar vor, dass der Mieter Nebenkosten vorauszuzahlen hat, enthält er jedoch keine Angaben darüber, welche Nebenkosten zu tragen sind, (und ist der für die Auflistung der Betriebskosten vorgesehene Leerraum durchgestrichen), so schuldet der Mieter auch keine Vorauszahlungen; eine Umdeutung in eine Betriebskostenpauschale oder in eine Bruttokaltmiete soll dann nicht möglich sein; ebenso LG Mönchengladbach WuM 1992, 200.

Sind zwar Betriebskosten vereinbart, verzichten jedoch beide Parteien jahrelang auf eine Betriebskostenabrechnung, so kann es hierdurch zu einer Vertragsänderung kommen, der zufolge der Mieter nur noch eine Betriebskostenpauschale schuldet, LG Hamburg NZM 2005, 216: Sind Vorauszahlungen für Betriebskosten und für Heizung vereinbart und rechnet der Vermieter zwar über die Heizkosten ab, 14 Jahre lang jedoch nicht über die Betriebskosten, und beanstandet der Mieter dies nicht, so liegt darin eine konkludente Vertragsänderung, gemäß der der Mieter nur eine Betriebskostenpauschale schuldet; AG Hamburg ZMR 2005, 873.

Jedoch lässt sich allein daraus, dass es der Vermieter jahrelang unbeanstandet unterlässt abzurechnen, noch nicht ohne weiteres ein rechtsgeschäftlicher Änderungswille ableiten, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann): Sieht der Wohnungsmietvertrag monatliche Vorauszahlungen auf die Betriebskosten und deren jährliche Abrechnung vor, führt allein das Unterlassen der Abrechnung über die ersten 20 Abrechnungsperioden im Mietverhältnis zu keiner Vertragsänderung. Tz. 10: Ein die Umlage der Betriebskosten betreffender Änderungsvertrag kann grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen. Erforderlich ist dafür aber ein Verhalten der einen Vertragspartei, das aus der Sicht der anderen Partei einen entsprechenden Vertragsänderungswillen erkennen lässt. OLG Naumburg – Urt. v. 17.1.2006 – NZM 2006, 630: Rechnet der Vermieter entgegen den Bestimmungen des Mietvertrages die Nebenkosten über mehrere Jahre hinweg nicht ab, so kann er gegenüber dem Abrechnungsanspruch und dem Anspruch auf Zahlung eines etwaigen Abrechnungsguthabens nicht einwenden, dass durch die Leistung der Vorauszahlungen im selben Zeitraum eine konkludente Vertragsänderung eingetreten sei und die Vorauszahlungen nunmehr als Pauschalbetrag anzusehen seien. Mit dem Unterlassen der Abrechnung verstieß er gegen seine vertraglichen Pflichten und will nunmehr daraus, dass der Mieter diesen Pflichtenverstoß nicht gerügt hat, einen rechtlichen Vorteil erlangen. Ebenso LG Hamburg WuM 2005, 773. 1 Die Vertragsklausel lautete: „Zur Deckung der Nebenkosten wird vom Pächter eine monatliche Vorauszahlung von 500 DM geleistet“.

493

420a

Rn. IV 421 421

Mieterhöhungen

Voraussetzung für die Erhöhung der Betriebskostenpauschale ist, dass die Befugnis hierzu vereinbart worden ist (§ 560 Abs. 1 Satz 1 BGB). Weiter erforderlich ist eine Erhöhung derjenigen Betriebskosten, die durch die Pauschale abgedeckt werden. Die Erhöhung kann sich auch auf neu eingeführte Betriebskosten beziehen, soweit diese nach dem Mietvertrag – nämlich den in Bezug genommenen Kostenkatalog in der Anlage 3 zu § 27 II. BV oder § 2 BetrKV – umlagefähig sind. Eine über die Erhöhungsvereinbarung hinausgehende Mehrbelastungsklausel ist nicht erforderlich.1 Abzustellen ist auf die Gesamtbelastung. Es gilt das sog. Saldoprinzip: Etwaige Mehrbelastungen werden durch Ermäßigungen bei anderen Kosten kompensiert. Zu den Veränderungen zählt auch die Einführung neuer Betriebskosten,2 wobei das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten ist (§ 560 Abs. 5 BGB, s. dazu Rn. V 335).

422

In zeitlicher Hinsicht sind die aktuellen Belastungen denjenigen seit Vertragsabschluss oder der letzten Veränderung der Betriebskostenpauschale gegenüberzustellen. Da eine Wartefrist nicht vorgesehen ist, ist es zulässig, die Pauschale in einem Jahr wiederholt anzuheben. Indes wird es sich empfehlen, das Wirtschaftsjahr zugrunde zu legen.3

423

Der Umlageschlüssel für die Verteilung der Gesamtbelastung kann zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden. Ist eine Vereinbarung nicht getroffen, so gilt im Zweifel der flächenabhängige Maßstab gemäß § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB.

424

Die Erhöhungserklärung ist eine einseitige rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung und unterliegt deren Regeln (s. zur Mieterhöhung nach § 558 BGB Rn. IV 78 f., zur Kündigung Rn. X 11). Sie bedarf der Textform gemäß § 126b BGB. Das gilt auch bei langfristigen Mietverträgen, deren Änderung nach § 550 BGB formbedürftig ist.4 In ihr muss die Erhöhung der Pauschale berechnet und erläutert werden (§ 560 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das bedeutet, dass der Vermieter die Betriebskostenpositionen, die durch die Pauschale abgedeckt werden, auflisten und die Beträge der jeweiligen Vergleichszeitpunkte einander gegenüber stellen muss.5 Jedoch genügt es, die veränderten Positionen – und zwar sowohl die erhöhten als auch die ermäßigten – mit dem Zusatz aufzuführen, dass die übrigen Betriebskostenpositionen unverändert geblieben sind. Dagegen reicht die Mitteilung nur der erhöhten Positionen nicht aus. Der Anteil des Mieters in der Betriebskostenmehrbelastung ist rechnerisch nachvollziehbar auszuweisen. Das bedeutet, dass der Verteilerschlüssel erläutert werden muss, sofern er dem Mieter nicht bekannt ist. 1 S. dazu Staudinger/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 12b. 2 S. zu § 560 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 5, 6; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 10; Lammel Rn. 14; MünchKomm/Schmid Rn. 6. 3 Blank/Börstinghaus BGB § 560 Rn. 5. 4 Staudinger/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 22 a.E. 5 S. das Muster bei Blank/Börstinghaus BGB § 560 Rn. 9; s. auch MünchKomm/Schmid BGB § 560 Rn. 15, 17.

494

Mieterhöhung wegen Kostensteigerungen

Rn. IV 426a

Der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der erhöhten Betriebskostenpauschale wird mit Beginn des auf die Anforderung folgenden übernächsten Monats fällig (§ 560 Abs. 2 Satz 1 BGB).1

425

Besonderheiten gelten bei rückwirkenden Betriebskostenbelastungen gemäß § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB. Berücksichtigt werden nämlich nur die Mehrbelastungen für den Zeitraum bis längstens zum Beginn des der Erhöhungserklärung vorausgehenden Kalenderjahres, sofern der Vermieter die Erhöhungserklärung innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis von der Erhöhung abgibt.2 Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt zur Fristwahrung die Abgabe der Erklärung, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf deren Zugang ankommt.3

426

Für Mietverhältnisse über Gewerberäume gelten die genannten Beschränkungen nicht. Die Umlage rückwirkender Betriebskosten setzt jedoch eine eindeutige Vereinbarung voraus. Nach der Klausel „Sollen sich die vom Vermieter zu tragenden Kosten gegenüber dem Stand vom Vertragsabschluss in der Zukunft erhöhen, so ist der Vermieter berechtigt, ab dem Zeitpunkt der Erhöhung diese Mehrkosten anteilig auf den Mieter umzulegen“ soll der Vermieter auch gegen ihn selbst rückwirkend festgesetzte öffentliche Grundbesitzabgaben auf den Mieter abwälzen dürfen, wenn der Mieter nach dem Mietvertrag solche Betriebskosten grundsätzlich übernommen hat, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 29.10.2007 – GuT 2008, 34 für Betriebskostenumlage.

Erfasst werden diejenigen Belastungen, die sich selbst Rückwirkung beilegen. Das ist nicht der Fall, wenn der Vermieter es in der Vergangenheit versäumt hat, Betriebskostenbelastungen zum Anlass für Erhöhungen der Pauschale zu nehmen und dies nun nachholen will.4 Versäumt der Vermieter die Frist von 3 Monaten, so kann er die Mehrbelastung wenigstens für die Zukunft geltend machen. Die für preisgebundenen Wohnraum bestehende erweiterte Rückwirkungsmöglichkeit in § 4 Abs. 8 Satz 2 2. Halbsatz NMV stellt darauf ab, ob der Vermieter die verspätete Geltendmachung zu vertreten hat. Hierauf kommt es im Rahmen des § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht an; der Vermieter von preisfreiem Wohnraum kann sich also nicht entlasten. Ist das Mietverhältnis beendet, so kann der Vermieter gegenüber einem früheren Mieter nicht die rückwirkende Erhöhung der Betriebskostenpauschale für die Zeit, während der das 1 Beispiel: Die Anforderung der Erhöhung erfolgt am 15. Januar; die Fälligkeit tritt am 1. März ein. 2 Beispiel: Ein Bescheid über die Grundsteuermehrbelastung für die Zeit ab 1.1.2003 geht dem Vermieter am 24.4.2007 zu. Die Frist für die Geltendmachung der erhöhten Betriebskostenpauschale läuft mit dem 24.7.2007 ab. Macht der Vermieter die Erhöhung rechtzeitig geltend, so wirkt sie nur auf den 1.1.2006 zurück. 3 MünchKomm/Schmid BGB § 560 Rn. 20, anders zu § 560 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 36; Staudinger/Weitemeyer Rn. 30. 4 S. zu § 560 BGB: Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 22; MünchKomm/Schmid Rn. 20.

495

426a

Rn. IV 427

Mieterhöhungen

Mietverhältnis noch bestand, verlangen, da eine Rechtsgrundlage für das Gestaltungsrecht aus § 560 Abs. 1, 2 BGB nicht mehr gegeben ist.1 427

Die Regelung über die beschränkte Rückwirkung von Nachbelastungen geht auf § 4 Abs. 3 MHG zurück. Unter dessen Geltung war streitig, ob sie analog auf Fälle anzuwenden ist, in denen über die Betriebskosten auf der Grundlage von Vorauszahlungen abzurechnen ist, dafür: LG Frankfurt a.M. WuM 2000, 423, dagegen: LG Berlin GE 2000, 813.

Die gleiche Frage stellt sich auch für die Neuregelung; denn – so könnte man meinen – es sollte nicht von der Mietstruktur abhängen, ob der Mieter von Wohnraum vor u.U. hohen Nachbelastungen geschützt wird oder nicht.2 Die Frage ist gleichwohl wegen der strukturellen Unterschiede zwischen einer Betriebskostenpauschale und Betriebskostenvorauszahlungen zu verneinen (s. dazu Rn. V 157).3 428

Macht der Vermieter von seinem Erhöhungsrecht nach § 560 Abs. 1, 2 BGB Gebrauch, so steht dem Mieter ein Prüfungsrecht zu. Er kann Einsicht in die Belege verlangen und im Weigerungsfall den vom Vermieter geforderten Erhöhungsbetrag – aber auch nur diesen – gemäß § 273 BGB zurückbehalten.4 Diese Prüfungsbefugnis steht auch dem Mieter von Gewerberäumen zu, ohne dass es einer Vereinbarung hierüber bedarf. bb) Ermäßigung der Betriebskostenpauschale

429

Der Vermieter von Wohnraum ist kraft Gesetzes verpflichtet, die Betriebskostenpauschale zu ermäßigen, wenn die Betriebskostenbelastung insgesamt geringer geworden ist (§ 560 Abs. 3 BGB). Auch in diesem Zusammenhang sind Mehrbelastungen mit Ermäßigungen zu kompensieren. Nicht erforderlich ist, dass die Betriebskostenpauschale zuvor erhöht worden war.5 Diese Frage war zwar unter der Geltung der Vorgängernorm § 4 Abs. 4 MHG zu bejahen.6 Indes sind die Voraussetzungen bei der durch das MHG geregelten Inklusivmiete und der hier in Rede stehenden Betriebskostenpauschale unterschiedlich. Bezieht der Vermieter die Betriebskostenbelastung als Kalkulationsbestandteil in die Inklusivmiete ein, so profitiert er von einer Ermäßigung dieses Bestandteils und trägt das Risiko einer Mehrbelastung, soweit nicht anderes durch

1 Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 25. 2 Im Ergebnis für eine analoge Anwendung des § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB: Eisenschmid u.a. Betriebskostenkommentar S. 203 (Teil 3, § 2 Nr. 1 Rn. 22); Langenberg Betriebskostenrecht C 51 S. 119. 3 Ebenso zu § 560 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 12; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 16. 4 Zu § 560 BGB: Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 18; Lammel Rn. 26; MünchKomm/Schmid Rn. 21. 5 Zu § 560 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 14; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 18; SchmidtFutterer/Langenberg Rn. 38, 39; Staudinger/Weitemeyer Rn. 37. 6 Bub/Treier/Schultz Rn. III 654.

496

Mieterhöhung wegen Kostensteigerungen

Rn. IV 432

Vertrag oder Gesetz geregelt ist. Betriebskostenpauschalen sind hingegen insofern zweckgebunden, als Ermäßigungen nicht in die Grundmiete, deren Bestandteil die Pauschale auch nicht ist, verschoben werden können. Daher ist eine unterschiedliche Bewertung des Kalkulationsrisikos angebracht. Der Vermieter ist verpflichtet, die Ermäßigung unverzüglich nach Eintritt der Verringerung der Betriebskostenbelastung und Kenntnis hiervon vorzunehmen, ohne dass es eines Anstoßes durch den Mieter bedarf. Seine Gestaltungserklärung wirkt auf den Zeitpunkt der Kostenermäßigung zurück.1 Dem Mieter steht ein Anspruch auf Auskunft und Belegeinsicht zu, der mit einem etwaigen Rückforderungsanspruch im Wege der Stufenklage verfolgt werden kann. Er ist dagegen nicht zu einer einseitigen Kürzung der Betriebskostenpauschale berechtigt.2

430

cc) Inklusivmieten Die Vereinbarung von Inklusivmieten ist zwar bei Mietverhältnissen über preisfreien Wohnraum zulässig (s. Rn. III 10). Jedoch hat der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, dem Vermieter von Wohnraum die Umlage von Betriebskostenmehrbelastungen zu ermöglichen.3 Er hat sich vielmehr darauf beschränkt, für die am 1.9.2001 bestehenden Mietvereinbarungen Bestandsschutz zu gewähren. Auf diese sind gemäß Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB die Vorschriften über die Veränderung der Betriebskostenbelastung bei Betriebskostenpauschalen in § 560 BGB mit Ausnahme von dessen Absatz 4 anzuwenden. Der Gesetzgeber hat sich damit der unter der Geltung des § 4 MHG herrschenden Rspr. angeschlossen, dass eine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten nur zulässig ist, wenn dies auch vereinbart ist (s. dazu noch BGH – Urt. v. 19.11.2003 NZM 2004, 218 = WuM 2004, 153 = ZMR 2004, 327 für Teilinklusivmiete). Zur Umlage modernisierungsbedingter Betriebskosten s. Rn. IV 403 f. Dagegen besteht die Verpflichtung des Vermieters, die Inklusivmiete zu ermäßigen, wenn die Betriebskostenbelastung sinkt, nach Maßgabe des § 560 Abs. 3 BGB fort. Eine solche Ermäßigungspflicht besteht bei Mietverhältnissen über Gewerberäume nur, wenn sie vereinbart ist, kann jedoch aus dem Gebot der Rücksichtnahme in § 241 Abs. 2 BGB abgeleitet werden, sofern es sich um wesentliche Ermäßigungen handelt; die Wesentlichkeitsgrenze dürfte mit 10% anzusetzen sein.

431

b) Veränderung der Kapitalkosten Das Recht des Vermieters, die Miete wegen gestiegener Kapitalkosten zu erhöhen (§ 5 MHG), ist entfallen, da es wegen seiner Kostenorientierung nicht

1 Zu § 560 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 15; Lammel Rn. 31. 2 Zu § 560 BGB: Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 27, 33; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 18; MünchKomm/Schmid Rn. 26. 3 Begründung des Regierungsentwurfs Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 59.

497

432

Rn. IV 432

Mieterhöhungen

in das Vergleichsmietensystem passt.1 Übergangsvorschriften bestehen nicht. Die Folge ist, dass Mieterhöhungen wegen gestiegener Kapitalkosten – etwa bei ehemals preisgebundenem Wohnraum – nicht mehr in die Berechnung der Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB einzubeziehen sind, wie schon der Gesetzeswortlaut zeigt, s. auch BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 545 = WuM 2004, 345.

Für Übergangsvorschriften bestand keine Veranlassung.

1 Begründung des Regierungsentwurfs Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 37.

498

V. Betriebskosten und ihre Abrechnung

1. Begriff der Betriebskosten Der Begriff der Betriebskosten wird für die Miete von preisfreiem und preisgebundenem Wohnraum in § 556 Abs. 1 BGB einheitlich verwendet. Er ist nunmehr ins BGB integriert.1 Damit schwindet seine preisrechtliche Prägung, die auf § 27 Abs. 1 II. BV zurückgeht. Der preisrechtliche Bezug wird noch durch die Betriebskostenverordnung, die in Ausführung von § 19 Abs. 2 WoFG erlassen und am 1.1.2004 in Kraft getreten ist,2 sichtbar. Sie gilt über § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB fort. Bei dem in § 2 BetrKV geregelten Katalog handelt es sich ebenso wie bei dem bisher geltenden Katalog der Anlage 3 zu § 27 II. BV um eine abschließende Regelung, soweit es die Miete von Wohnraum anbelangt,

1

OLG Koblenz – RE v. 7.1.1986 – NJW 1986, 995 = WuM 1986, 50, OLG Karlsruhe – RE v. 6.5.1988 – NJW-RR 1988, 1036 = WuM 1988, 204.

Das ist nunmehr durch § 556 Abs. 4 BGB, gemäß dem zum Nachteil des Mieters getroffene Vereinbarungen unwirksam sind, bestätigt. Zur Anwendbarkeit der BetrKV auf bestehende Mietverhältnisse s. Rn. V 129. Für die Miete von anderen als Wohnräumen, insbesondere bei der Gewerbeoder Geschäftsraummiete, gilt der Begriff der Betriebskosten nicht kraft Gesetzes, weil in § 578 BGB nicht auf § 556 BGB verwiesen wird. Er ist bisher durch Auslegung unter Rückgriff auf § 27 II. BV ermittelt worden, an dessen Stelle nunmehr § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 2 BetrKV tritt. Im Gegensatz zur Wohnraummiete können die Mietparteien die Umlage weiterer Bewirtschaftungskosten vereinbaren, wodurch begrifflich der Katalog der Betriebskosten aber nicht erweitert wird, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762: Zur Bestimmung des Inhalts der in einem gewerblichen Mietvertrag als umlagefähig vereinbarten Betriebskosten können die Regelungen der Anlage 3 zu § 27 II. BV herangezogen werden; OLG München – Urt. v. 10.1.1997 – ZMR 1997, 233: Obwohl die Klausel den genauen Umfang der Nebenkosten nicht bezeichnet, lässt sich diese Unklarheit durch eine einfache einengende Auslegung beheben, dass die in § 27 II. BV bezeichneten Betriebskosten geschuldet sind;

1 Neufassung des § 556 Abs. 1 BGB durch Art. 11 des Föderalismusreform-Begleitgesetzes v. 5.9.2006 (BGBl. I 2098, 2101); s. dazu Langenberg NZM 2007, 25. 2 Art. 2 der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen v. 23.11.2003 (BGBl. I 2346), Text und Verordnungsmaterialien auch in WuM 2003, 675 f., 678; zur BetrKV: Langenberg NZM 2004, 41; Wall WuM 2004, 10; zur WoflV: Eisenschmid WuM 2004, 3; ferner Schach GE 2003, 1594; Schmid, Betriebskosten, ZMR-Sonderdruck Dezember 2003.

499

2

Rn. V 3

Betriebskosten und ihre Abrechnung

einschränkend aber OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.7.1991 – DWW 1991, 283 = MDR 1991, 964: Bei der Auslegung einer die Nebenkosten betreffenden Bestimmung kommt ein Rückgriff auf § 27 II. BV und die Anlage 3 nur dann in Betracht, wenn auf diese Vorschrift im Mietvertrag Bezug genommen ist.

3

Betriebskosten sind kalkulatorische Bestandteile im Rahmen der Mietzinsbildung und als solche Teil der Bewirtschaftungskosten, die neben den Kapitalkosten des Grundstücks stehen. Das ist bedeutsam für die zu bejahende Frage, ob Betriebskosten an der Mietminderung teilhaben (s. dazu Rn. VIII 258 f.) und für die Frage nach der Rechtsnatur der Betriebskostenabrechnung (s. Rn. V 300 f.). Zu den Bewirtschaftungskosten zählen nach § 24 II. BV: – Abschreibung, – Verwaltungskosten, – Betriebskosten, – Instandhaltungskosten, – Mietausfallwagnis. In § 1 Abs. 2 BetrKV ist geregelt, dass Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten nicht zu den Betriebskosten zählen. Dadurch, dass § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die BetrKV verweist, ist für diese zweifelsfrei eine Rechtsgrundlage gegeben.1 Hinzukommt, dass der Begriff der Betriebskosten durch § 27 Abs. 1 II. BV in Abgrenzung zu den anderen Bewirtschaftungskosten seit Jahrzehnten vorgeprägt ist, so dass § 1 Abs. 2 BetrKV nur eine klarstellende negative Abgrenzung enthält. a) Tatbestandsmerkmale des Betriebskostenbegriffs

4

Der Begriff der Betriebskosten in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB enthält wie bisher drei Tatbestandsmerkmale: – Entstehen durch bestimmungsmäßigen Gebrauch des Grundstücks oder Gebäudes, – tatsächliches Entstehen der Kosten, – laufendes Entstehen der Kosten. aa) Entstehen durch bestimmungsmäßigen Gebrauch des Grundstücks

5

Die Kosten müssen objektbezogen – durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück bedingt – und betriebsdienlich sein. Im Gegensatz zum früheren Recht fehlt eine Bezugnahme auf Wirtschaftseinheiten. Das soll aber nicht bedeuten, dass der Gesetzgeber diesem Rechtsinstitut die Anerkennung künftig versagen wollte.2 „Das Grundstück“ ist als Gattungsbegriff und nicht als „Einzelgrundstück“ zu verstehen, so dass weder dem § 556 Abs. 1 Satz 2 1 S. v. Seldeneck PiG 70 (2004) S. 273, 278 f.; Schmid WuM 2002, 527. 2 Amtl. Begründung zu § 1 Abs. 1 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 681.

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Begriff der Betriebskosten

Rn. V 8

BGB noch dem § 1 Abs. 1 BetrKV das Gebot entnommen werden kann, künftig (nur) gebäudebezogen abzurechnen (s. auch Rn. V 235). In diesem Zusammenhang darf nicht außer Betracht gelassen werden, dass die genannten Bestimmungen öffentlich-rechtliche Förderungsvorschriften, aber keine mietrechtlichen Regelungen enthalten. Im Gegensatz zu objektbezogenen Kosten stehen personenbezogene, „sachfremde“ Aufwendungen, z.B. für Sozialbetreuer der Mieter, Mieterinformationen. Allerdings gibt es Überschneidungen: So können Kosten, die der Sicherheit der Bewohner dienen (Wachdienste), als sonstige Betriebskosten umlagefähig sein (s. Rn. V 117).

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Die Betriebsbezogenheit ist ferner zu verneinen, wenn die Kosten aus anderem Anlass anfallen, z.B. im Zusammenhang mit Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen. Abgrenzungsprobleme ergeben sich daraus, dass bestimmte Kosten erst durch vertragswidriges Verhalten von Nutzern anfallen, ohne dass diese – da unbekannt – zur Kostentragung (etwa im Wege des Schadensersatzes) herangezogen werden können.1 bb) Tatsächliches Entstehen Betriebskosten dürfen nur angesetzt werden, wenn sie ihrer Höhe nach feststehen oder wenn mit ihrem Entstehen sicher gerechnet werden kann. Rücklagen für etwa künftig anfallende Betriebskosten (z.B. absehbare Nacherhebung von Grundsteuer – s. Rn. V 156, Kosten für Baumrückschnitte – s. Rn. V 81 f.) gehören daher nicht zu Betriebskosten.

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Ebenso wenig sind Abschlagszahlungen, die der Vermieter an ein Versorgungsunternehmen, das das Mietobjekt mit Energie oder Wasser versorgt, Betriebskosten. Gleichwohl werden sie auf Grund ihrer Zweckbestimmung häufig den Betriebskosten zugeordnet, für die sie bestimmt sind. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die Abrechnung nach dem Abflussprinzip erfolgt (s. dazu Rn. V 324). cc) Laufendes Entstehen Betriebskosten müssen regelmäßig – nicht unbedingt jährlich – anfallen. Hier taucht das Problem der aperiodischen Betriebskosten auf: Es handelt sich um Kosten, die zwar regelmäßig, aber erst in größeren Zeitabständen anfallen (z.B. TÜV-Kosten beim Fahrstuhl, Nacheichkosten für Wasserzähler, Kosten für Baumrückschnitt im Rahmen der Gartenpflegekosten).2 Ein Zeitraum von

1 Z.B. Kosten für die Beseitigung von Sperrmüll, für Mülltrennung, Bewachungskosten. 2 Nacheichzeitraum für Kaltwasserzähler: 6 Jahre, für Warmwasserzähler: 5 Jahre, s. Anlage B Nr. 6.1-2 zu § 12 EichO; BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 282 = WuM 2007, 198 zur Prüffrist von 4 Jahren bei E-Check.

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Rn. V 9

Betriebskosten und ihre Abrechnung

12 Jahren erscheint indes zu lang, um noch von einem regelmäßigen Anfall sprechen zu können, s. AG Reutlingen WuM 2004, 95, LG Tübingen WuM 2004, 669 für Baumrückschnitt.

Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Kosten im Verlaufe eines Mietverhältnisses begrifflich nur einmal anfallen, so aber BGH – Urt. v. 14.11.2007 – GE 2008, 193 = WuM 2008, 85 = MietRB 2008, 129 (Harsch) für Mietwechselkosten nach § 9b HeizkostenV;

denn die Regelmäßigkeit des Kostenanfalls ist wohnungswirtschaftlich zu begreifen und nicht am einzelnen Mietverhältnis auszurichten. Für die Regelmäßigkeit des Kostenanfalls ist der Vermieter beweispflichtig, KG – Urt. v. 8.4.2002 – GE 2002, 801 für Kosten der Ungezieferbekämpfung.

Lässt sich die Regelmäßigkeit des Anfalls feststellen, so ist weiter umstritten, ob die Kosten auf mehrere Jahre zu verteilen oder im Jahr ihres Anfalls in die Betriebskostenabrechnung einzustellen sind. Das Leistungsprinzip (s. Rn. V 323) sowie die Rechtsklarheit sprechen dafür, die Kosten im Jahr des Anfalls zu berücksichtigen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben.1 Es wird aber auch der gegenteilige Standpunkt vertreten,2 so AG Neuss DWW 1988, 284: Verteilung auf 5–8 Jahre, LAG Frankfurt a.M. WuM 1992, 545.

b) Abgrenzung zu anderen Kosten 9

Bei der Wohnraummiete dürfen nach § 556 Abs. 1 BGB neben der Miete nur Betriebskosten i.S. von §§ 1, 2 BetrKV auf den Mieter umgelegt werden; eine zu seinem Nachteil abweichende Vereinbarung ist unwirksam (§§ 556 Abs. 4, 134 BGB). Wichtig ist insbesondere die Abgrenzung zu Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten sowie zu Verwaltungskosten. aa) Abgrenzung zu Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten

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Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV gehören nicht zu den Betriebskosten: die Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen (Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten). Für die Praxis ist die Frage wichtig, ob und in welchem Umfang Wartungskosten als Betriebskosten anerkannt werden. Daraus, dass im Katalog des § 2 BetrKV eine Reihe von Wartungskosten als umlagefähig anerkannt sind,3 lassen sich noch keine Schlüsse für die Umlagefähigkeit weiterer Wartungskos1 So auch Langenberg Betriebskostenrecht G 120, 121 S. 263; Geldmacher DWW 1997, 165, 166. 2 Lammel BGB § 556 Rn. 133; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1960 f. 3 Für die Wärmeversorgung (Nr. 4), für die Warmwasserversorgung (Nr. 5c), für den Fahrstuhl (Nr. 7), für Gartenpflege (Nr. 10), für Antennenanlagen (Nr. 15), für Wascheinrichtungen (Nr. 16).

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Begriff der Betriebskosten

Rn. V 12

ten ziehen. Da die Wartung mietrechtlich zur Instandhaltung zählt,1 liegt vielmehr ein Umkehrschluss nahe.2 Die bisherige Rechtsprechungspraxis war daher eher zurückhaltend, Wartungskosten als „sonstige Betriebskosten“ i.S. der Anlage 3 Nr. 17 zu § 27 II. BV (s. jetzt § 2 Nr. 17 BetrKV) anzuerkennen. Eine Kehrtwendung ist durch die Entscheidung des BGH zur Umlage von Kosten der Dachrinnenreinigung bewirkt worden,

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BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430.

Der BGH folgert aus der Definition des in § 28 Abs. 1 II. BV verwendeten Begriffs der Instandhaltungskosten,3 dass es sich um Kosten zur Behebung von Mängeln an der Substanz des vermieteten Grundstücks oder seiner Teile handele. Nur soweit es nicht um die Beseitigung von Mängeln, sondern um den bloßen Funktionserhalt gehe, seien umlagefähige Betriebskosten anzunehmen. Einen Schritt weiter geht der BGH durch die Anerkennung von Nachschaukosten als Betriebskosten, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 282 = WuM 2007, 198 = ZMR 2007, 361 = MietRB 2007, 137 (Monschau) für E-Check.

Auch in dieser Entscheidung legt der BGH zugrunde, dass Instandsetzung und Instandhaltung sich gleichermaßen auf die Behebung von Mängeln bezögen. Demgegenüber diene die regelmäßige Überprüfung der Funktionsfähigkeit (hier: der elektrischen Anlage) nicht der Beseitigung von Mängeln. Der Auffassung, dass es sich hierbei um eine sog. vorbeugende Instandsetzung handele, durch die der Vermieter seiner Verkehrssicherungspflicht nachkomme,4 folgt der BGH nicht. Vorsorgemaßnahmen des Vermieters gehören (erst) dann zur Instandhaltung, wenn Erneuerungen schon vor dem Auftreten von Mängeln getätigt würden, um einen Ausfall einer ohnehin in absehbarer Zeit zu ersetzenden Einrichtung zu verhindern. Ebenso wenig folgt der BGH einem eingeschränkten Begriff der umlagefähigen Wartungskosten,5 da dieser im Gesetz keine Grundlage finde. Als Folge dieser neuen Bewertung sind nunmehr als umlagefähig anzuerkennen: 1 S. OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909, LG Hamburg WuM 1995, 267. 2 Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 3919, 3927; Langenberg Betriebskostenrecht A 27 S. 9; anders aber A 138 S. 54; Wall WuM 1998, 527, 528; a.A. v. Seldeneck Rn. 2362. 3 § 28 Abs. 1 Satz 1 II. BV: Instandhaltungskosten sind die Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsmäßig zu beseitigen. Satz 2: Der Ansatz der Instandhaltungskosten dient auch zur Deckung der Kosten von Instandsetzungen, ... 4 So Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 3923; zum Meinungsstreit s. Langenberg Betriebskostenrecht A 136 S. 52 f. 5 Dazu Langenberg Betriebskostenrecht A 138 S. 54.

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Rn. V 13

Betriebskosten und ihre Abrechnung

– Kosten für die Dichtigkeitsprüfung von Gasleitungen: LG Hannover ZMR 2007, 865; anders noch AG Königstein WuM 1997, 684; AG Kassel WuM 2006, 149; – Kosten der jährlichen Überprüfung von Rauchmeldern: AG Lübeck ZMR 2008, 302; anders AG Hamburg WuM 2006, 220; – Kosten der Wartung elektrischer Anlagen, soweit sie dem Mietgebrauch dienen – anders noch LG Berlin GE 1999, 841, WuM 2000, 27; AG Schöneberg MM 1995, 102; AG Lichtenberg WuM 1998, 512; – Kosten der Öltankreinigung – anders noch LG Landau WuM 2005, 720 = ZMR 2005, 871; AG Speyer WuM 2007, 575 = ZMR 2007, 871. 13

Die Auffassung des BGH lässt sich darauf stützen, dass Wartungs- und Nachschaukosten alle Tatbestandsmerkmale von Betriebskosten erfüllen, da sie grundstücksbezogen, laufend und tatsächlich entstehen. Typisch für ihren Anfall ist die Regelmäßigkeit ohne Rücksicht auf den Grad der Abnutzung oder den Eintritt eines Schadens. Daraus lässt sich allgemein ableiten, dass Kosten, die dazu dienen, die Betriebsbereitschaft und -sicherheit zu erhalten, ohne dass Mängel zu beseitigen sind, nicht in den Anwendungsbereich des § 28 Abs. 1 II. BV bzw. nunmehr § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV fallen.1 Bei dieser Betrachtungsweise sind die im Katalog des § 2 BetrKV enthaltenen Wartungsmaßnahmen (§ 2 Nr. 4a, d, 5c, 15, 16, und 17 BetrKV) keine Ausnahmetatbestände, sondern Anwendungsfälle umlagefähiger Betriebskosten. Sie sind als „sonstige Betriebskosten“ i.S. von § 2 Nr. 17 BetrKV anzuerkennen (s. Rn. V 112), soweit sie nicht anderen Betriebskostengruppen zuzuordnen sind.

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Die Abgrenzung der Instandhaltungs- und Instandsetzungs- von den umlagefähigen Betriebskosten mit dem zuvor erörterten Inhalt gilt auch für den ins BGB übernommenen Begriff der Betriebskosten; denn die in Bezug genommene Aufstellung dieser Kosten in der BetrKV (s. § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB) schließt die in § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV geregelten Ausschlusstatbestände ein. Zwar werden dort Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten nebeneinander gestellt; auch ist dort von (erst) entstehenden und nicht etwa von entstandenen Mängeln, die zu beseitigen sind, die Rede. Daraus folgt aber nicht, dass der Verordnungsgeber nicht nur die mängelbeseitigenden, sondern auch die mängelvorbeugenden Kosten aus dem Begriff der Betriebskosten ausgliedern wollte. Vielmehr macht die bewusste Anknüpfung an die Regelung in § 28 Abs. 1 II. BV2 deutlich, dass eine Risikoabgrenzung wie in der früheren preisrechtlichen Regelung angestrebt wurde. Dort ging es darum, dem Vermieter durch die Gewährung von Pauschalen die Möglichkeit zu geben, Rücklagen zu bilden, aus denen die während der Mietzeit anfallenden Reparaturkosten gedeckt werden sollten und der Mieter nicht gesondert mit den unregelmäßig 1 v. Seldeneck Rn. 2361, 2362; Langenberg a.a.O. A 138 S. 54. 2 S. Begründung zur Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen, Bundesrats-Drucks. 568/03 zu Art. 2 (Betriebskostenverordnung) § 1 Abs. 2, s. auch WuM 2003, 675, 681.

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Begriff der Betriebskosten

Rn. V 17

und in unterschiedlicher Höhe anfallenden Kosten belastet werden sollte.1 Angesichts dieser Zweckbestimmung war die Unterscheidung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung – da ohnehin fließend – nicht erheblich.2 Auch war es folgerichtig, von der Beseitigung „entstehender“ Mängel zu sprechen. Die Übernahme dieser Formulierung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV macht deutlich, dass auch nach der gegenwärtigen Rechtslage der Vermieter die zur Mängelbeseitigung anfallenden Kosten zu tragen und nunmehr aus der preisfreien Miete zu finanzieren hat, während die für das Grundstück laufend aufzuwendenden funktionserhaltenden Kosten im Rahmen der Begriffsbestimmung des § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB umlegbar sind. Fallen innerhalb einzelner Betriebskostengruppen auch Instandsetzungs- oder Instandhaltungskosten an, so müssen sie herausgerechnet werden, wenn sie nicht ausdrücklich als umlagefähig anerkannt sind,

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BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 359 (Lützenkirchen), BGH – Urt. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 515 für Verwaltungskostenanteil in den Kosten für den Hausmeister, AG Köln ZMR 1995 S. XII Nr. 23: Kostenanteile für Gangbarmachen von Türen und Absperrhähnen im Rahmen von Hausmeisterkosten.

Soweit Wartungskosten nach dem Katalog in § 2 BetrKV umgelegt werden dürfen, müssen bei Abschluss von Vollwartungsverträgen die Reparaturkostenanteile herausgerechnet werden,

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AG Köln ZMR 1995 S. VIII Nr. 21: Der in den Wartungskosten für den Aufzug enthaltene Reparaturkostenanteil muss entsprechend dem Anteil herausgerechnet werden, den die Wartungsfirma kalkuliert hat; LG Aachen DWW 1993, 42: Kostenkürzung um 40%.

Demgegenüber dürfen bei der Vermietung von anderen Räumen als Wohnräumen und von Grundstücken Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten, somit also auch Wartungskosten auf den Mieter umgelegt werden, was jedoch eine eindeutige Vereinbarung voraussetzt (s. Rn. V 124). bb) Abgrenzung zu Verwaltungskosten Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV gehören nicht zu den Betriebskosten: die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht, der Wert der vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten für die Geschäftsführung (Verwaltungskosten). Schon nach bisherigem Recht waren bei der Wohnraummiete Verwaltungskosten nicht umlagefähig, 1 Fischer-Dieskau/Heix, Wohnungsbaurecht, II. BV § 28 Anm. 5.1; Schubart/Kohlenbach/Bohndick, Wohn- und Mietrecht, II. BV § 28 Anm. 1. 2 So auch Fischer-Dieskau/Heix, Wohnungsbaurecht, II. BV § 28 Anm. 2.2.

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Rn. V 18

Betriebskosten und ihre Abrechnung

OLG Koblenz – RE v. 7.1.1986 – NJW 1986, 995 = WuM 1986, 50 = ZMR 1986, 87, OLG Karlsruhe – RE v. 6.5.1988 – WuM 1988, 204 = ZMR 1988, 261.

Das bezieht sich auch auf die mit der Verwaltung zusammenhängenden Sachkosten, wie etwa die Kosten des Hausmeisterbüros, LG Aachen DWW 1993, 42: Diese Kosten sind nicht etwa über die Position „Allgemeinstrom“ umlagefähig; LG Kiel WuM 1996, 632: Die Kosten für die Erstellung der Lohnkostenabrechnung sind nicht umlagefähig.

Umstritten ist, ob Kosten für einen Wachdienst oder einen doorman zu den umlagefähigen Betriebskosten oder zu den Verwaltungskosten rechnen (s. Rn. V 117, 121). 18

Verwaltungskosten können aber als fester Bestandteil der Nettokaltmiete vereinbart werden, LG Berlin GE 1998, 1396.

Eine Formularklausel, nach der der Mieter neben der Grundmiete einen festen gleich bleibenden Betrag als Verwaltungskosten zu zahlen hat, ist wirksam. Er wird aber bei Mieterhöhungen nach § 558 BGB (bis 1.9.2001: § 2 MHG) zur Grundmiete hinzugerechnet, LG Berlin NZM 1999, 405, LG Mannheim NZM 2000, 490.

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Dagegen kann bei der Gewerberaummiete vereinbart werden, dass Verwaltungskosten umgelegt werden dürfen, OLG Köln – Urt. v. 4.7.2006 – NZM 2006, 701.

Dem Bestimmtheitserfordernis kann durch Rückgriff auf die preisrechtliche Definition in § 26 II. BV (jetzt: § 1 Abs. 1 Nr. 1 BetrKV) genügt werden,1 OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – NZM 2002, 388: Bei Anmietung von Gewerberäumen in einem EKZ liegt die Notwendigkeit von Verwaltung i.S. von Leitung, Organisation und Koordination derart auf der Hand, dass der Begriff der in die umzulegenden Betriebskosten einbezogenen „Verwaltungskosten“ dem Bestimmtheitserfordernis ausreichend Rechnung trägt; ebenso LG Mannheim NZM 2000, 490; KG – Urt. v. 2.10.2003 – GE 2004, 234, anders aber für die Position „Kosten des Centermanagements“, die zu unbestimmt ist, insoweit Anschluss an KG – Urt. v. 8.10.2001 – NZM 2002, 954. OLG Köln – Urt. v. 18.1.2008 – GuT 2008, 31 = NZM 2008, 366 = ZMR 2008, 449, 450 = MietRB 2008, 164, 166 (Kern): 1. Die Begriffe „Verwaltungskosten“ oder „Kosten der Hausverwaltung“ genügen dem klauselkontrollrechtlichen Bestimmtheitserfordernis für eine Betriebskostenumlagevereinbarung. 2. Der Mieter von Gewerberaum, der Größe und Art des vermieteten Objekts kennt, kann einer Betriebskostenregelung, wonach er neben der Miete Verwaltungskosten zu tragen hat, schon mit Blick auf § 1 II Nr. 2 BetrKV zumindest im Groben entnehmen, welche Belastungen neben der Grundmiete auf ihn zukommen. Einer konkreten Regelung, die die genaue Höhe der Verwaltungskosten beziffert, selbst wenn sie dem 1 S. dazu Lützenkirchen GE 2006, 614; Ludley NZM 2006, 851.

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Begriff der Betriebskosten

Rn. V 21

Vermieter bekannt ist (hier: 5,5% der Bruttosollmiete), bedarf es nicht, um dem Transparentgebot in § 307 I 2 BGB zu genügen. 3. Die Zuordnung der Verwaltungskosten unter „sonstige Betriebskosten“ ist nicht überraschend i.S. von § 305c BGB (selbst wenn diese Kosten den maßgeblichen Anteil an den Betriebskosten ausmachen); denn die Umlage der Verwaltungskosten als solche ist in der gewerblichen Miete verkehrsüblich und der Mieter muss grundsätzlich mit ihr rechnen.

Dagegen hält OLG Rostock – Urt. v. 10.4.2008 – GuT 2008, 200 = MietRB 2008, 201 (Kern) den Terminus „Verwaltungskosten“ im Mietvertrag nicht für transparent und einen Rückgriff auf § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV für unzulässig, da der Umfang von Verwaltungstätigkeiten sich an den jeweiligen Besonderheiten des Mietobjekts ausrichte. Sind die Kosten der Hausverwaltung in der mietvertraglichen Formularklausel nicht beziffert, kann die Klausel als „überraschend“ nach § 305c BGB unwirksam sein, wenn die Kosten so hoch sind, dass der Mieter nach dem gesamten Inhalt der Nebenkostenregelung hiermit vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte, OLG Köln – Urt. v. 4.7.2006 – NZM 2006, 701; Urt. v. 24.6.2008 – NZM 2008, 807.

Soweit bei der Gewerberaummiete zulässig, dürfen nur die tatsächlich angefallenen Kosten angesetzt werden, OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WuM 1995, 308.

Abrechnungskosten sind nicht umlagefähig; eine Ausnahme besteht

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– für Heiz- und Warmwasserkosten nach § 7 Abs. 2 HeizkostenV, § 21 NMV. Dazu zählen auch Mietwechselkosten (s. Rn. V 579), – für Kaltwasserkosten nach § 2 Nr. 2 BetrKV, – für Kosten der Müllbeseitigung nach § 2 Nr. 8 BetrKV. Diese Ausnahme kann aber nicht verallgemeinert werden, AG Köln ZMR 1996, 269: Die Kosten der Erstellung der Betriebskostenabrechnung sind nicht umlagefähig; die Regelung in § 7 Abs. 2 HeizkostenV ist als Sondervorschrift nicht auf die Betriebskostenabrechnung anwendbar.

Eine Kostentrennung ist geboten, soweit bei einzelnen Betriebskostenarten Verwaltungsleistungen mit abgegolten werden. Das kommt insbesondere im Rahmen der Hausmeisterkosten in Betracht, wenn der Hausmeister auch Verwaltungsarbeiten durchführt.1 Hierauf ist auch beim Kostenansatz für Hausmeisterservice-Unternehmen zu achten (s. dazu Rn. V 103), LG Frankfurt WuM 1996, 561.

1 Z.B. Verteilen von Mieterhöhungsschreiben, Wohnungsabnahmen und -übergaben, Ablesen von Zählerständen; hierzu eingehend Westphal WuM 1998, 329: Kosten eines Hausmeisterunternehmens als Betriebskosten.

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Rn. V 22

Betriebskosten und ihre Abrechnung

cc) Abgrenzung zu Anschaffungs- und Kapitalkosten 22

Bei diesen Kosten handelt es sich nicht um Bewirtschaftungs-, schon gar nicht um Betriebskosten. Gleichwohl taucht ihr Ansatz immer wieder in Betriebskostenabrechnungen auf. Anschaffungskosten – seien es auch nur die Kapitalkosten und die Abschreibung – können nicht als Betriebskosten umgelegt werden,1 und zwar auch nicht für Gartengeräte, OLG Naumburg – Urt. v. 3.4.2007 – ZMR 2007, 618: Anschaffungskosten für Abfallbehälter und Schlauchwagen zählen nicht zu den Kosten der Müllentsorgung bzw. der Gartenpflege; AG Starnberg NZM 2002, 910 für Anschaffungskosten eines Häckslers; AG Lichtenberg MM 1993, 2003, 246 = NZM 2004, 496 für Rasenmäher,2 AG Laufen WuM 2005, 605 unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 II. BV; anders LG Berlin GE 2000, 529: Die Kosten des Kaufs eines Schneeräumgeräts und eines Laubsaugers können als Betriebskosten umgelegt werden. Der Vermieter kann nämlich nach § 27 Abs. 2 II. BV auch seine Sachleistungen ansetzen, durch die Betriebskosten eingespart werden; ebenso aber auch AG Schöneberg NZM 2001, 808 für Anschaffungskosten von 3200 DM für ein Schneeräumgerät aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, da Handarbeit oder Fremdvergabe teurer wäre;

oder andere Geräte wie Feuerlöscher, LG Berlin GE 2005, 237.

23

Die Gegenmeinung ist unrichtig, da sie den preisrechtlichen Hintergrund des Betriebskostenbegriffs nicht beachtet.3 Das wird deutlich, wenn man die mietpreisrechtliche Behandlung dieser Anschaffungskosten berücksichtigt. Nach der Anlage 1 Ziff. II 5 zu § 5 II. BV werden die Anschaffungskosten u.a. für Gartengeräte zu den Baukosten gezählt. Sie werden durch die Kapitalkosten (§ 19 II. BV) finanziert und fließen außerdem in den Abschreibungsansatz nach § 25 II. BV ein. Die Kosten zählen mithin zu den laufenden Aufwendungen i.S. von § 18 II. BV, die die Grundlage für die preisrechtliche Kostenmiete nach § 8 WoBindG bilden. Das gilt auch für nachträgliche Anschaffungen. Eine Ausnahme wird nur für die Kosten für kurzlebige Wirtschaftsgüter mit geringem Anschaffungswert zugelassen (z.B. Anschaffung eines Spatens, eines Besens u. dgl.). Anschaffungskosten sind auch keine Kosten der Sach-Leistung; hierbei handelt es sich um Kosten, die mittels einer Sache erbracht werden wie z.B. Wartungskosten für die Sache. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist dem 1 Amtl. Begründung zu § 1 Abs. 2 BetrKV (Bundesrats-Drucks. 568/03, wiedergegeben in WuM 2003, 678, 681): Die bereits nach früherer Rechtslage nicht zu den Betriebskosten gehörenden Kostenarten, wie z.B. Kapitalkosten oder Finanzierungskosten für die Anschaffung von Betriebsmitteln, können auch weiterhin nicht auf den Mieter umgelegt werden. Eine ausdrückliche Klarstellung im Verordnungstext ist nicht erforderlich. 2 Ob die Kosten für eine Ersatzanschaffung jedenfalls bis zur Höhe der eingesparten Reparaturkosten unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ansetzbar sind, lässt das Gericht – entgegen dem redaktionell verfassten Leitsatz – ausdrücklich offen. 3 So auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3564.

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Begriff der Betriebskosten

Rn. V 26

Begriff der Betriebskosten nachgeordnet, d.h., es muss zunächst einmal feststehen, dass es sich bei den angesetzten Kosten um Betriebskosten handelt; erst danach wird geprüft, ob der Ansatz wirtschaftlich ist. Ausnahmsweise dürfen Anschaffungskosten angesetzt werden, soweit es sich um die nach 5–8 Jahren anfallenden Kosten für den Austausch von Warm- und Kaltwasserzählern als umlegbare Betriebskosten handelt. Sie dürfen jedoch nur nach ihrem tatsächlich erfolgten Anfall umgelegt werden.1 Ob ihre Verteilung im Jahr des Anfalls oder auf mehrere Jahre verteilt zu erfolgen hat, ist streitig, für Letzteres,

24

AG Koblenz DWW 1996, 252 im Anschluss an AG Neuss DWW 1988, 284.

Ebenso dürfte es sich mit Anschaffungskosten für Wassermengenregler verhalten; denn auch hier sind die Wartungskosten in der Regel höher als die Kosten der Neubeschaffung.2 Leasingkosten sind als sog. Kapitalersatzkosten grundsätzlich nicht als Betriebskosten ansatzfähig.3 Ausnahmen sind nur zugelassen für

25

– Kaltwasserzähler (§ 2 Nr. 2 BetrKV), – Antennenanlagen (§ 2 Nr. 15a BetrKV), – Heizkosten- und Warmwasserverteiler (§ 4 HeizkostenV). Beim Ansatz für Leasingkosten für Heiz- und Warmwasserkostenverteiler muss die Mieterbeteiligung nach § 4 Abs. 2 HeizkostenV beachtet werden (s. Rn. V 515). Bankzinsen und Gebühren, die für die Beschaffung von Betriebskostenleistungen anfallen (z.B. für den Einkauf von Brennstoffen), können bei der Wohnraummiete ebenfalls nicht umgelegt werden, OLG Karlsruhe – RE v. 6.5.1988 – NJW-RR 1988, 1036 = WuM 1988, 204.

Auch der Ansatz für ein Mietausfallwagnis ist bei nicht preisgebundenem Wohnraum unzulässig,

25a

LG Trier WuM 2007, 626.

Es handelt sich hierbei um die Rückstellung von Mitteln, um Mietausfälle abzudecken, hingegen nicht um Kosten, die der Bewirtschaftung des Grundstücks dienen. dd) Eigenleistungen Bei Eigenleistungen des Vermieters handelt es sich nicht um eine besondere Betriebskostenart, sondern um eine bestimmte Art des Aufwandes.4 Es ist 1 Diese Auffassung wird vom Verordnungsgeber der BetrKV geteilt, s. Amtl. Begründung zu § 2 Nr. 2 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 679, 681. 2 So auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2761. 3 Langenberg Betriebskostenrecht A 30 S. 10; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1550. 4 So auch Langenberg a.a.O. A 10 S. 3; unrichtig Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1522.

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Rn. V 27

Betriebskosten und ihre Abrechnung

daher unnötig, ihre Umlagefähigkeit zu vereinbaren, sofern nur die Umlage der entsprechenden Betriebskostenart – z.B. Gartenpflege, Hausmeister – vereinbart ist (unrichtig: AG Wetzlar ZMR 2007, 707). Ihre Berücksichtigung im Rahmen des § 556 Abs. 1 BGB ist nunmehr dadurch gesichert, dass sie in § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV ausdrücklich erwähnt sind; das entsprach schon bisher der h.M.,1 LG Hamburg ZMR 1995, 32, LG Berlin GE 1999, 909.

Damit ist klargestellt, dass der Ansatz nicht nur im preisgebundenen, sondern auch im preisfreien Wohnraum zulässig ist. Die in § 27 Abs. 2 II. BV enthaltene Beschränkung, dass der Ansatz nur zulässig ist, wenn durch die Eigenleistungen Betriebskosten erspart werden, ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV nicht enthalten, jedoch im Hinblick auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB entbehrlich. 27

Die Kosten für Eigenleistungen dürfen in Höhe der Kosten für vergleichbare Leistungen anderer Unternehmen ohne Umsatzsteuer angesetzt werden. Die bisherige Unterscheidung, ob es sich um Leistungen einer natürlichen oder einer juristischen Person handelt,2 wird nicht mehr aufrechterhalten: Soweit Unternehmen Betriebskostenleistungen durch ihre Arbeitnehmer oder unselbständige Regiebetriebe erbringen, können sie von der Möglichkeit dieses Kostenansatzes Gebrauch machen.3 Eine Differenzierung nach einzelnen Betriebsgruppen ist nicht vorgesehen.4 Eine Grenze ergibt sich nur aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB, dazu Rn. V 337), AG Köln WuM 2007, 264: Beauftragt der Vermieter ein Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist, mit der Gebäudereinigung und weiteren Leistungen am Grundstück, so muss er die Wirtschaftlichkeit der Leistungen insbesondere nach Häufigkeit und Umfang darlegen.

Der Vermieter kann Eigenleistungen nicht durch Eigenrechnungen oder -belege nachweisen, LG Potsdam WuM 1997, 677.

2. Einzelne Betriebskostenarten 28

Der Katalog der Betriebskosten ist in § 2 BetrKV gegenüber der Anlage 3 zu § 27 II. BV erweitert: – Eichkosten für Kalt- und Warmwasserzähler (Nr. 2, 4a), 1 Langenberg Betriebskostenrecht A 8 S. 3; Schmid Rn. 1032; Geldmacher DWW 1997, 168. 2 S. dazu Fischer-Dieskau/Pergande/Feulner WoBauR, II. BV § 27 Anm. 3. 3 Amtl. Begründung zu § 1 Abs. 1 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 681, s. auch Schmid Betriebskosten, ZMR-Sonderdruck 12/2003 S. 6; bisher schon Langenberg A 15 S. 4; ferner Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1405; Streyl NZM 2006, 125, 127. 4 So aber wohl Schmid a.a.O.

510

Rn. V 27

Betriebskosten und ihre Abrechnung

daher unnötig, ihre Umlagefähigkeit zu vereinbaren, sofern nur die Umlage der entsprechenden Betriebskostenart – z.B. Gartenpflege, Hausmeister – vereinbart ist (unrichtig: AG Wetzlar ZMR 2007, 707). Ihre Berücksichtigung im Rahmen des § 556 Abs. 1 BGB ist nunmehr dadurch gesichert, dass sie in § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV ausdrücklich erwähnt sind; das entsprach schon bisher der h.M.,1 LG Hamburg ZMR 1995, 32, LG Berlin GE 1999, 909.

Damit ist klargestellt, dass der Ansatz nicht nur im preisgebundenen, sondern auch im preisfreien Wohnraum zulässig ist. Die in § 27 Abs. 2 II. BV enthaltene Beschränkung, dass der Ansatz nur zulässig ist, wenn durch die Eigenleistungen Betriebskosten erspart werden, ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV nicht enthalten, jedoch im Hinblick auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB entbehrlich. 27

Die Kosten für Eigenleistungen dürfen in Höhe der Kosten für vergleichbare Leistungen anderer Unternehmen ohne Umsatzsteuer angesetzt werden. Die bisherige Unterscheidung, ob es sich um Leistungen einer natürlichen oder einer juristischen Person handelt,2 wird nicht mehr aufrechterhalten: Soweit Unternehmen Betriebskostenleistungen durch ihre Arbeitnehmer oder unselbständige Regiebetriebe erbringen, können sie von der Möglichkeit dieses Kostenansatzes Gebrauch machen.3 Eine Differenzierung nach einzelnen Betriebsgruppen ist nicht vorgesehen.4 Eine Grenze ergibt sich nur aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB, dazu Rn. V 337), AG Köln WuM 2007, 264: Beauftragt der Vermieter ein Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist, mit der Gebäudereinigung und weiteren Leistungen am Grundstück, so muss er die Wirtschaftlichkeit der Leistungen insbesondere nach Häufigkeit und Umfang darlegen.

Der Vermieter kann Eigenleistungen nicht durch Eigenrechnungen oder -belege nachweisen, LG Potsdam WuM 1997, 677.

2. Einzelne Betriebskostenarten 28

Der Katalog der Betriebskosten ist in § 2 BetrKV gegenüber der Anlage 3 zu § 27 II. BV erweitert: – Eichkosten für Kalt- und Warmwasserzähler (Nr. 2, 4a), 1 Langenberg Betriebskostenrecht A 8 S. 3; Schmid Rn. 1032; Geldmacher DWW 1997, 168. 2 S. dazu Fischer-Dieskau/Pergande/Feulner WoBauR, II. BV § 27 Anm. 3. 3 Amtl. Begründung zu § 1 Abs. 1 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 681, s. auch Schmid Betriebskosten, ZMR-Sonderdruck 12/2003 S. 6; bisher schon Langenberg A 15 S. 4; ferner Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1405; Streyl NZM 2006, 125, 127. 4 So aber wohl Schmid a.a.O.

510

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 30

– Wartung von Gaseinzelfeuerstätten (Nr. 4d), – Betrieb von Müllkompressoren, Müllschluckern und Müllerfassungsanlagen samt Berechnung und Aufteilung (Nr. 8), – Elementarschadensversicherung (Nr. 13), – Gebühren für Kabelweiterleitung nach § 20b UrheberG (Nr. 15a). Zur Ausschließlichkeit des Betriebskostenkatalogs bei der Wohnraummiete s. Rn. I 1. Zur Behandlung dieser Kosten in Mietverträgen, die vor dem 1.1.2004 abgeschlossen worden sind, s. Rn. V 141. a) Öffentliche Lasten, insbesondere Grundsteuer (§ 2 Nr. 1 BetrKV) Zu den öffentlichen Lasten zählen nur die laufend neu entstehenden Kosten, nicht dagegen einmal angefallene, aber verrentete Beträge wie z.B. Anliegerbeiträge,

29

AG Greiz WuM 1999, 133 für Straßenausbaubeitrag.

Hat der Mieter nach dem Vertrag die „Gemeindeabgaben“ zu tragen, so werden hierdurch alle laufenden Abgaben erfasst, die in die Ertragshoheit der Gemeinden fallen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu leistende Abgabe ihre rechtliche Grundlage in der Abgabenhoheit der Gemeinde hat oder durch Bundes- oder Landesgesetz geschaffen worden ist (hier: Grundsteuer), OLG Hamm – Urt. v. 26.4.2005 – ZMR 2005, 617.

Für die Umlage der Grundsteuer ist überwiegend anerkannt, dass in den Fällen, in denen es sich um gemischt genutzte Gebäude/Wirtschaftseinheiten handelt, der Anteil, der auf den nicht zu Wohnzwecken genutzten Teil entfällt, wegen des höheren Anteils am Steuermessbetrag vorab herauszurechnen ist.1 Vorausgesetzt ist, dass der Einheitswert nach dem Ertragswert und nicht nach dem Sachwert festgesetzt worden ist. Die Vorerfassung ist bei der Vermietung von preisgebundenem Wohnraum in § 20 Abs. 2 NMV vorgeschrieben und lässt sich für preisfreien Wohnraum aus § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB ableiten (s. dazu Rn. V 217), LG Berlin ZMR 2001, 111: Grundsteuer ist nach dem Steuermessbetrag aufzuteilen. Teilt der Vermieter die der Hauptveranlagung zugrunde liegenden Daten nicht mit, ist zu vermuten, dass die Wohnungsmieter wegen der höheren Gewerbemieten unbillig mit Grundsteueranteilen belastet werden; LG Hamburg NZM 2001, 806: Bei gemischt genutzten Grundstücken ist der Vermieter verpflichtet, die auf den gewerblichen Teil entfallende Grundsteuer vorweg abzurechnen; ebenso AG Köln ZMR 1999, 344: Aufteilung nach Jahresrohmieten.

Etwas anderes soll dann gelten, wenn der gewerbliche Kostenanteil dem wohngenutzten Kostenanteil entspricht oder nur zu einer nicht ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnungsmieter führt, 1 S. dazu Ruff WuM 2003, 379 überwiegend unter steuerrechtlichem Blickwinkel.

511

30

Rn. V 31

Betriebskosten und ihre Abrechnung

BGH – Urt. v. 8.3.2006 – NZM 2006, 340 = WuM 2006, 200 = ZMR 2006, 200 = MietRB 2006, 156 (Lützenkirchen), s. dazu ausführlicher Rn. V 222, LG Frankfurt a.M. NZM 1998, 434 = WuM 1997, 630.

Eine Aufteilung ist auch dann vorzunehmen, wenn sich auf dem Grundstück Garagen oder Stellplätze befinden, die selbständig – also nicht in Verbindung mit einer Wohnung oder einem Gewerbeobjekt – vermietet werden.1 31

Haben die Parteien vereinbart, dass die Betriebskosten einschließlich der Grundsteuer nach anteiliger Wohn- und Nutzfläche umzulegen sind und handelt es sich bei der Mietwohnung um eine Eigentumswohnung, so kann der Vermieter die Grundsteuer nicht mit dem Festbetrag umlegen, der sich aus der Grundsteuerbelastung für seine Eigentumswohnung ergibt. Die Vereinbarung über den Umlageschlüssel kann nicht einschränkend dahin ausgelegt werden, dass sie nicht für solche Betriebskosten gilt, die der Wohnung konkret zugeordnet werden können, BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 580 = WuM 2004, 403 = ZMR 2004, 662; a.A. LG Berlin ZMR 2003, 739: Die Umlagebefugnis wird aus Sinn und Zweck der Kostenaufteilung gefolgert.

Ist dagegen kein Umlagemaßstab vereinbart, so kann der Vermieter die auf die ETW entfallende Grundsteuer zur Gänze auf den Mieter der ETW umlegen, LG Berlin WuM 2006, 34, GE 2007, 1257.

32

Enthält der Mietvertrag über Gewerberaum eine Mehrbelastungsklausel, die es dem Vermieter gestattet, nach Vertragsabschluss eingetretene Mehrbelastungen an Kosten auf den Mieter abzuwälzen (s. Rn. II 208), so ist streitig, wie zu verfahren ist, wenn der kostenauslösende Tatbestand schon vor Vertragsabschluss eingetreten ist, die Kosten jedoch erst danach angefallen sind.2 Ob die Mehrbelastungsklausel für diesen Fall eingreift, lässt sich ebenso gut bejahen wie verneinen; sie lässt sich in beide Richtungen auslegen (OLG Hamm – Urt. v. 26.9.1985 – ZMR 1986, 198). Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont. Danach wird der Mieter die Klausel so verstehen dürfen, dass sie sich nur auf Tatbestände bezieht, die nach Vertragsabschluss zu einer höheren Belastung führen, sofern der Vermieter ihn nicht bei Vertragsabschluss auf den schon eingetretenen Erhöhungstatbestand hinweist, so im Ergebnis OLG Celle – Urt. v. 15.11.1989 – ZMR 1990, 410, anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 10.2.1999 – NZM 2000, 243, wenn ein Vertrauenstatbestand zu verneinen ist, weil dem auf dem Immobilienmarkt erfahrenen Mieter nicht habe verborgen bleiben können, dass die Grundsteuerbelastung in den ersten Jahren der Mietzeit außerordentlich niedrig war.3

1 S. dazu Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2707. 2 Beispiel: Infolge der Bebauung des Grundstücks wurde der Einheitswert vor Vertragsabschluss erhöht, die darauf erhöhte Grundsteuer aber erst nach Vertragsabschluss festgesetzt. 3 Diese Wertung erscheint bedenklich, weil es für die Frage des Vertrauens auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und nicht auf etwaige spätere Erkenntnismöglichkeiten ankommt.

512

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 35

Zur Nachbelastung mit Grundsteuer für zurückliegende Zeiträume s. Rn. V 149 f. b) Kosten der Wasserversorgung und der Entwässerung (§ 2 Nr. 2, 3 BetrKV) Zu den Kosten des Wasserverbrauchs gehören auch die Kosten für das Nacheichen und Warten von vermietereigenen Zählern. Stattdessen kann der Vermieter die Kosten der Anschaffung der Zähler ansetzen, wenn diese niedriger sind,

33

AG Neuss DWW 1988, 284, AG Koblenz DWW 1996, 252.

Entsprechendes muss für Wassermengenregler gelten, da die Wartungskosten in der Regel die Anschaffungskosten übersteigen werden.1 Ob die Kosten für Maßnahmen des Korrosionsschutzes der Wasserleitungen als Kosten der Wasseraufbereitung umgelegt werden können, ist noch offen, verneinend, da sie die Instandhaltung betreffen, AG Lörrach WuM 1995, 593.

Da diese Kosten jedoch dem Funktionserhalt der Wasserleitung dienen, lässt sich im Anschluss an die Rspr. des BGH zur Umlage von Wartungskosten (s. Rn. V 11 f.) die Umlagefähigkeit begründen. Die Kosten für die Beseitigung einer Verstopfung der Abflussleitungen sind solche der Instandsetzung und schon deshalb nicht umlagefähig. Entsprechende Formularklauseln verstoßen gegen § 307 BGB (§ 9 AGBG), OLG Hamm – RE v. 19.5.1982 – NJW 1982, 2005 = WuM 1982, 201.

Der Vermieter soll nicht verpflichtet sein, im Rahmen der Position „Wasserkosten“ die Kosten für Be- und Entwässerung aufzuteilen (LG Berlin GE 2003, 121). Das wird aber dann nicht gelten können, wenn die Kosten nach unterschiedlichen Maßstäben vom Versorgungsunternehmen erhoben werden. Zu den Kosten der Entwässerung zählen auch die Aufwendungen des Vermieters für das Abführen von Oberflächenwasser, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben,

34

OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.2.2000 – WuM 2000, 591 = ZMR 2000, 604 f.

Dagegen können die Kaltwasserkosten, die für die Aufnahme von Fernwärme am Wärmetauscher anfallen, zu den Heizkosten gerechnet werden, LG Berlin GE 2006, 1041.

aa) Kostenabgrenzung und Umlagemodalitäten Grundsätzlich sind nur die Kosten des tatsächlichen Verbrauchs im Verbrauchszeitraum anzusetzen; die vorläufige Rechnungserteilung des Versorgungsunternehmens noch während der Abrechnungsperiode ist nicht maßgebend, sondern es kommt auf die Endabrechnung an, 1 So auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2761.

513

35

Rn. V 36

Betriebskosten und ihre Abrechnung

AG Hannover WuM 1994, 435, AG Duisburg-Hamborn WuM 2006, 36.

36

Umstritten ist, ob die Abschlagszahlungen an das Wasserwerk als Kosten angesetzt werden dürfen. Das hängt davon ab, ob die Kosten nach dem Leistungsprinzip oder nach dem Abflussprinzip (s. dazu Rn. V 323) abzurechnen sind. Im Hinblick auf das Leistungsprinzip verneinend, LG Wiesbaden WuM 2000, 37: Ist vereinbart, dass die Wasserkosten nach Verbrauch umzulegen sind, kann der Vermieter nicht die Abschlagszahlungen an die Versorgungswerke zugrunde legen und von einer Ablesung am Ende der Abrechnungsperiode absehen; AG Köln WuM 1997, 232: Der Vermieter kann eigene Voraus- oder Abschlagszahlungen an Versorgungsunternehmen nicht in die Betriebskostenabrechnung einstellen; ebenso AG Prenzlau WuM 1997, 231, AG Duisburg-Hamborn WuM 2006, 36.

Anders bei Vereinbarung des Abflussprinzips, was bei preisfreiem Wohnraum zulässig ist,1 LG Berlin ZMR 1996 S. X Nr. 8: Die Abrechnung nach dem Abflussprinzip unter Berücksichtigung nur der während des Abrechnungszeitraums geleisteten Abschlagszahlungen an die Versorgungsunternehmen ist nicht zu beanstanden.

Dem ist der BGH gefolgt: BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NJW 2008, 1300 = NZM 2008, 277 = WuM 2008, 223 = ZMR 2008, 444, 445: §§ 556 ff. BGB legen den Vermieter bei der Abrechnung von Betriebskosten nicht auf eine Abrechnung nach dem sog. Leistungsprinzip fest; auch eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip ist grundsätzlich zulässig. Aus den Gründen: Tz. 24: Auch das Abflussprinzip ermöglicht grundsätzlich eine sachgerechte Umlage der Betriebskosten, indem es auf die Kosten abstellt, mit denen der Vermieter im Abrechnungszeitraum vom Leistungsträger jeweils tatsächlich belastet wird. Die Betriebskostenabrechnung vereinfacht sich dadurch jedenfalls für bestimmte Betriebskostenarten für den Vermieter u.U. erheblich. Der Vermieter müsste bei einer Abrechnung nach dem Leistungsprinzip die von dem Versorgungsunternehmen für die jeweilige Abrechnungsperiode abgerechneten Beträge im Wege einer Schätzung oder mit Hilfe einer zusätzlichen Ablesung des Gesamtverbrauchs am Ende des Kalenderjahres den einzelnen Kalenderjahren zuordnen. Der damit verbundene zusätzliche Aufwand ist für den Vermieter nicht zumutbar und wird von schutzwürdigen Interessen des Mieters nicht gefordert. Gewisse Ungenauigkeiten, die sich durch eine konkrete Messung des (Gesamt-)Verbrauchs zum Ende des Abrechnungszeitraums des Vermieters vermeiden ließen, sind hinzunehmen.

37

Dagegen bestehen Bedenken. Legt man zugrunde, dass der Vermieter Betriebskosten als Entgelt für seine Vermieterleistung erhält, zu der auch die Versorgung mit Wasser zählt (sog. Leistungsprinzip), so wird grundsätzlich von den tatsächlichen Kosten des Wirtschaftsjahrs auszugehen sein (s. Rn. V 323). Die Unzumutbarkeit folgt insbesondere nicht daraus, dass der Vermieter verpflichtet ist, die Zählerstände zeitnah zu ermitteln. Abgesehen von der Möglichkeit der elektronischen Erfassung ist der Aufwand deutlich geringer als die vom BGH für zumutbar gehaltene Ermittlung der Personenzahl in der Wohneinheit, wenn ein kopfanteiliger Umlagemaßstab gilt (s. hierzu Rn. V 189). 1 Ausführlich dazu Milger NZM 2008, 757.

514

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 42

Die Berufung des Mieters auf das Leistungsprinzip kann jedoch treuwidrig sein, wenn sie erstmals nach Ablauf der Verbrauchsperiode erfolgt und es sich um ein Mietverhältnis handelt, das nicht erst im Verlauf der Verbrauchsperiode begründet worden ist,1 s. auch LG Düsseldorf DWW 1990, 51: Inwieweit es grundsätzlich zulässig ist, die Kosten des Verbrauchs des Vorjahrs in die Abrechnung des Folgejahres hineinzunehmen und nach dem dort geschehenen Verbrauch abzurechnen, kann letztlich offen bleiben. Denn den Mietern ist es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich hierauf zu berufen. Da sie sowohl im Jahre 1985 als auch im Jahre 1986 Mieter im Objekt waren, kann eine Mehrbelastung für sie nicht festgestellt werden.

Zieht der Mieter während des Abrechnungszeitraums ein und gelten für diesen Zeitraum unterschiedliche Tarife des Versorgungsunternehmens, so sind in der Abrechnung für diesen Mieter die Kosten des Versorgungsunternehmens nach den auf die Mietzeit entfallenden Kosten aufzuschlüsseln,

38

LG Berlin GE 1994, 1379.

Handelt es sich um ein gemischt genutztes Grundstück, so ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, die Wasserkosten für die Gewerberaum- und die Wohnraummieter getrennt abzurechnen. Etwas anderes soll nur in Betracht kommen, wenn die durch die gewerbliche Nutzung (z.B. Büronutzung) anfallenden Kosten denjenigen der Wohnungsnutzung entsprechen oder die Mehrbelastung für die Wohnungsmieter nicht ins Gewicht fällt (s. Rn. V 217).

39

Stellt das Versorgungsunternehmen neben dem nach Verbrauch ermittelten cbm-Preis auch eine Grundgebühr je Wohnung in Rechnung, so darf diese bei verbrauchsabhängiger Abrechnung nicht nach dem Verhältnis der Verbräuche auf die Mieter umgelegt werden, sondern ebenfalls nur je Wohnung,

40

AG Medebach DWW 2003, 190.

bb) Ansatz von Kosten durch bestimmungsmäßigen Gebrauch, Plausibilität Auf den Mieter können nur die Kosten umgelegt werden, die durch bestimmungsmäßigen Gebrauch angefallen sind. Hat ein Mieter durch vertragswidrigen Gebrauch Mehrkosten veranlasst, sind sie von ihm allein zu tragen.2

41

Mehrkosten für Bauwasser infolge von Modernisierungs- oder Sanierungsmaßnahmen können nicht auf den Mieter abgewälzt werden. Das Gleiche gilt für Mehrkosten infolge eines Rohrbruchs, weil sie nicht im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs angefallen sind und der Mieter den Rohrbruch nicht zu vertreten hat, AG Bergisch Gladbach WuM 1984, 230.

Nach LG Karlsruhe NJW-RR 1990, 1271 ist ein Wasserversorgungsvertrag, den ein Eigentümer (Vermieter) mit einem Versorgungsunternehmen abgeschlos1 S. auch Blank DWW 1992, 65: Gerechtigkeit und Praktikabilität der Betriebskostenabrechnung. 2 S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht A 38, 40 S. 14.

515

42

Rn. V 43

Betriebskosten und ihre Abrechnung

sen hat, nach Treu und Glauben im Allgemeinen dahin auszulegen, dass der erhöhte Wasserabfluss, der durch einen Rohrbruch in der Kundenanlage (also hinter der Wasseruhr) verursacht ist, nicht als vergütungspflichtiger Wasserverbrauch anzusehen ist. Der Vermieter muss daher in solchen Fällen versuchen, mit dem Versorgungsunternehmen zu einem Ausgleich zu kommen. Unterlässt er solche kostenmindernden Versuche, so kann hierin ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit liegen. 43

Ist infolge eines Wasserschadens der im Haus umzulegende Wasserverbrauch nicht zu ermitteln, so kann ein Mindestwasserverbrauch pro Person/Haushalt geschätzt werden (AG München WuM 1990, 85). Plausibler erscheint, einen Durchschnittsverbrauch analog § 9a HeizkostenV zu schätzen, AG Hohenschönhausen ZMR 2003, 934 für analoge Anwendung des § 9a HeizkostenV, wenn der Mieter die Verbrauchsablesung nicht ermöglicht hat; ferner AG Bergisch Gladbach WM 1998, 109: Ist der für die Bemessung der Wasserund Abwasserkosten maßgebliche Frischwasserverbrauch nicht mehr aufklärbar, so berechnet sich die abzurechnende Verbrauchsmenge sachgerecht nach den Durchschnittswerten zweier (hier: nachfolgender) Abrechnungsperioden.

44

Der Vermieter kann die Kosten für Wasser nicht umlegen, wenn der Verbrauch nicht plausibel ist. Erhöht sich der Verbrauch sprunghaft und sinkt er in den folgenden Verbrauchsperioden wieder auf den früheren Umfang, so trifft den Vermieter die Beweislast, wie es zu dem Mehrverbrauch gekommen ist. Gibt es hierfür keinen plausiblen Grund, so kann der Mieter mit den Mehrkosten nicht belastet werden, LG Düsseldorf DWW 1995, 286 zur Plausibilität von Heizkosten, AG Düsseldorf ZMR 1994 S. V Nr. 4 Eine ordnungsmäßige Abrechnung ist dann nicht mehr möglich, wenn in einer Abrechnungsperiode der Wasserverbrauch aus ungeklärter Ursache im Vergleich zu den Vorjahren um das Doppelte angestiegen ist. Dabei soll unerheblich sein, ob einzelne Mieter einen unverhältnismäßig hohen Verbrauch hatten.

Zur Plausibilität s. Rn. V 355b; zum Umlagemaßstab s. Rn. V 174, 191. 45

Kaltwasserzähler, deren Eichzeitraum abgelaufen ist, stehen ungeeichten Zählereinrichtungen gleich mit der Folge, dass sie im geschäftlichen Verkehr nicht – und damit auch nicht zur Verteilung des Wasserverbrauchs in der Wohnanlage – verwendet werden dürfen. Auf die Funktionsfähigkeit der Zähler kommt es nicht an, BayObLG – Beschl. v. 23.3.2005 – NZM 2005, 509, KG – Beschl. v. 21.2.2008 – ZMR 2008, 620, auch zur Schätzung des Wasserverbrauchs, LG Saarbrücken GE 2006, 1557 = WuM 2005, 606: Der Vermieter muss in diesem Fall flächenabhängig abrechnen. Die Kosten für das Ablesen sind nicht umlagefähig; LG Kleve ZMR 2007, 620: Sind die Eichfristen abgelaufen und will der Vermieter nach Personenzahl abrechnen, so bedarf es hierfür einer Vereinbarung; anders LG Berlin GE 2003, 121: Sind die Eichfristen überschritten, so soll es nicht gerechtfertigt sein, die Messergebnisse zu verwerfen, da bei der Betriebskostenabrechnung keine „Pfenniggerechtigkeit“ erwartet werden könne.

516

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 48

Der letzteren Auffassung ist jedenfalls dann zu folgen, wenn es sich um eine kurzfristige Überschreitung handelt, die eine Verbrauchsperiode nicht übersteigt, und keine Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion der Zähler vorliegen.1

cc) Verbrauchsabhängige Abrechnung Solange nicht alle Wohnungen eines Gebäudes mit Kaltwasserzählern ausgestattet sind, ist der Vermieter zu einer Umlage nach Verbrauch gemäß § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB nicht verpflichtet; denn diese Bestimmung setzt voraus, dass eine Verbrauchserfassung für alle Mieter stattfindet. Allein der nachträgliche Einbau solcher Zähler in einer der Wohnungen begründet noch keine diesbezügliche Verpflichtung des Vermieters; denn damit ist noch kein rechtsgeschäftlich relevanter Wille verknüpft,

46

BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GE 2008, 661 = MDR 2008, 735 = WuM 2008, 288.

Infolge der unterschiedlichen Eichanforderungen an Haupt- und Zwischenwasserzähler – Erstere messen genauer – kommt es häufig vor, dass die Summe der gemessenen „Zwischenverbräuche“ hinter dem Verbrauch, den der Hauptwasserzähler ausweist, zurückbleibt.2 Ist der vom geeichten Hauptwasserzähler des Wohngebäudes gemessene Wasserdurchfluss erheblich höher als der durch Zwischenzähler in den Wohnungen nachweisbare Wasserverbrauch, so kann die Unterschiedsmenge nicht mehr zu angemessenen Teilen auf die Mieter umgelegt werden, LG Duisburg WuM 2006, 199: Eine Differenz zwischen der Summe der Verbräuche der Einzelwasserzähler und dem Verbrauch nach dem Hauptwasserzähler, der 20% nicht überschreitet, muss der Mieter hinnehmen, da er auf Messtoleranzen beruht. Etwas anderes soll nur gelten, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verbrauchserfassung lückenhaft oder fehlerhaft ist; ebenso LG Darmstadt WuM 2001, 516, LG Berlin GE 2002, 193, AG Salzgitter WuM 1996, 285, AG Münster WuM 2000, 152.

Der insoweit nicht plausible Mehrverbrauch ist vom Vermieter zu tragen. Einschränkend allerdings:

47

LG Braunschweig WuM 1999, 294: Überschreitet die vom Hauptwasserzähler gemessene Verbrauchsmenge die Summe der durch die Einzelwasserzähler angezeigten Verbrauchsmengen der Wohnungen bis zu 20%, so kann der Vermieter nach dem Verhältnis der Anzeige der Einzelwasserzähler die Wasserdifferenz umlegen. Eine Messdifferenz von über 20% schließt jegliche Umlage einer Differenzmenge aus; denn dann besteht die Vermutung, dass der Vermieter seiner Erhaltungspflicht für das Wassernetz nicht nachgekommen ist und der gesamte Mehrverbrauch nicht verbrauchsbedingt ist. Messtoleranzen von 10% können sowohl am Hauptwasserzähler als auch an Einzelwasserzählern entstehen.

Gegen die Auffassung, dass der Vermieter die über 20% hinausgehenden Differenzkosten zu tragen habe, bestehen Bedenken. Maßgebend für den zu ver1 Schmid GE 2001, 679, 681 Sp. 1; dagegen Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2817 f. 2 S. auch Wall a.a.O. Rn. 2796 f., Wall WuM 1998, 63; Milger NZM 2008, 757 , 758.

517

48

Rn. V 49

Betriebskosten und ihre Abrechnung

teilenden Gesamtverbrauch ist das Ergebnis des Hauptwasserzählers auf Grund dessen Eichgenauigkeit im Vergleich zu den Einzelwasserzählern. Besteht eine Messdifferenz von über 20%, so spricht dies gegen die mangelnde Eignung der Einzelwasserzähler im konkreten Fall. Da es sich bei diesen nur um einen Verteilermaßstab handelt, ist dieser fehlerhaft, nicht jedoch der Gesamtverbrauch fehlerhaft ermittelt. In einem solchen Fall kann vielmehr nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden.1 49

Ist eine verbrauchsabhängige Abrechnung etwa wegen Ausfalls des/der Wasserzähler(s) nicht möglich, so dass die Umlage nach anteiliger Wohnfläche erfolgen muss, kommt ein Abzug analog § 12 HeizkostenV nicht infrage, weil dafür eine gesetzliche Grundlage fehlt, LG Berlin GE 2003, 121, anders LG Kleve ZMR 2007, 620, AG Hamburg ZMR 2006, 132: Werden die vorhandenen Kaltwasserzähler nicht für die Abrechnung genutzt, so steht dem Mieter analog § 12 Abs. 1 HeizkostenV ein Kürzungsrecht von 15% zu.2

Zur Kostenverteilung bei nicht (mehr) geeichten Zählereinrichtungen s. Rn. V 45.

c) Kosten des Personen- oder Lastenaufzugs und der Beleuchtung (§ 2 Nr. 7, 11 BetrKV) aa) Ansatzfähige Kosten für den Aufzug 50

Nicht ansatzfähig sind Kosten für den Stördienst,3 LG Hamburg NZM 2001, 806 = ZMR 2001, 971: Der Vermieter darf neben den Wartungskosten nicht die Kosten für die Beseitigung von Störungen und Lieferung von kleineren Ersatzteilen ansetzen; denn diese gehen über die Kosten bloßer Wartung hinaus; anders LG Berlin GE 1987, 89 jedenfalls dann, wenn eine Reparatur nicht erforderlich ist; LG Essen WuM 2004, 717, wenn durch Wartungsarbeiten ohne Mehraufwand zugleich der Betrieb der Anlage wiederhergestellt werden kann;

ebenso wenig die Kosten für Instandsetzung und Lieferung von Ersatzteilen, AG Hamburg WuM 1987, 274.

51

Instandsetzungskosten sind aus den Kosten für einen Vollwartungsvertrag herauszurechnen, und zwar im Zweifel in dem Umfang, in dem die Wartungsfirma den Anteil kalkuliert hat, AG Köln ZMR 1995 S. VIII Nr. 21. 1 Kritisch auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2804, allerdings unter Befürwortung einer höheren Toleranzgrenze (25%). 2 Ebenso Langenberg Betriebskostenrecht G 146 S. 158. 3 So auch Langenberg Betriebskostenrecht A 67 S. 23; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3345; a.A. Schmid A 5143, wenn keine Reparaturen anfallen.

518

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 54

Häufig wurden hierfür prozentuale Anteile angesetzt. Sie schwankten von 20% (LG Düsseldorf DWW 1999, 354) bis 50% (LG Essen WuM 1991, 702, WuM 2004, 717), s. insbesondere

52

LG Hamburg NZM 2001, 806 = ZMR 2001, 970, 971: Im Streit ist nur (noch), ob über den Reparaturkostenanteil von 22% hinaus auch die Anteile für Störungsbeseitigung (10%) und Lieferung von kleineren Ersatzteilen (5%) abzusetzen sind. Das ist zu bejahen; denn hierbei handelt es sich nicht um Wartungskosten (wird ausgeführt); LG Duisburg WuM 2004, 717: Besteht für den Aufzug ein Vollwartungsvertrag, in dessen Rahmen auch Reparaturen erbracht werden, ist ein Abzug für den Instandsetzungsanteil geboten, der mangels gegenteiliger Angaben mit 40–50% der Gesamtkosten zu schätzen ist. Der in der Vergütung für die Vollwartung enthaltene Anteil für die Behebung von Ausfällen, die durch den täglichen Gebrauch der Anlage entstehen und ohne Ersatzteile bzw. mit kleinen Ersatzteilen behoben werden können, zählt zu den Instandsetzungskosten.

Einen pauschalen Abzug sollte der Vermieter spätestens im Prozess begründen müssen, andernfalls wurde der gesamte Kostenansatz in der Abrechnung nicht berücksichtigt, LG Berlin GE 2003, 257, MM 2003, 192.

Eine derartige Pauschalisierung in der Betriebskostenabrechnung ist nach der neueren Rspr. des BGH zur Kostenspezifizierung nicht mehr zulässig, sondern als formeller Abrechnungsfehler zu werten (s. dazu Rn. V 314 f.), s. BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen), BGH – Beschl. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575 zu Verwaltungskosten im Rahmen der Hausmeisterkosten.

Die Betriebskosten für eine Notrufanlage sind grundsätzlich ansetzbar,

53

LG Jena WuM 2001, 615, AG Frankfurt-Hoechst WuM 2001, 615.

Die Grenze bildet das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Sie ist überschritten, wenn der Einsatz des Hausmeisters als Aufzugführer kostengünstiger wäre. Nicht anzusetzen sind aber die Leasingkosten für eine solche Notrufanlage (s. Rn. V 25). Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit kann auch verletzt sein, wenn der Wartungsturnus übermäßig verkürzt wird und hierdurch überdurchschnittliche Kosten entstehen, LG Duisburg WuM 2004, 717.

bb) Umlage Ob der Erdgeschossmieter an den Aufzugskosten beteiligt werden kann, war bisher streitig.1 Die Frage wird bejaht, wenn dies – sei es auch formularmäßig (s. Rn. II 114) – vereinbart ist, 1 Zum Meinungsstand, aber verneinend s. Langenberg Betriebskostenrecht F 86 S. 197; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3352.

519

54

Rn. V 54a

Betriebskosten und ihre Abrechnung

BGH – Urt. v. 20.9.2006 – NZM 2006, 895 = WuM 2006, 613 = ZMR 2006, 919 = MietRB 2007, 1 (Lützenkirchen):1 Die formularvertragliche Beteiligung des Mieters einer Erdgeschosswohnung an den Aufzugskosten benachteiligt diesen nicht unangemessen. Der Mieter muss die Abrechnung nach einem einheitlichen, generalisierenden Maßstab trotz ggf. unterschiedlicher Verursachungsanteile der Mietparteien grundsätzlich hinnehmen. Es liegt (konkret) auch kein Fall krasser Unbilligkeit vor, welcher dem Mieter im Einzelfall einen Anspruch aus § 242 BGB auf eine Umstellung des Umlagemaßstabs eröffnen könnte; s. auch LG Augsburg WuM 2003, 270 = ZMR 2003, 836.

Diese Wertung ist problematisch, weil der Erdgeschossmieter auf Grund der Belegenheit der Wohnung und nicht etwa auf Grund eigenen Nutzungsverhaltens an der Aufzugsanlage nicht partizipiert2 und die anfallenden Wartungskosten durchaus erheblich sein können. Eine Kostenbeteiligung des Erdgeschossmieters erscheint insbesondere nicht gerechtfertigt, wenn der Vermieter den Umlagemaßstab nach billigem Ermessen bestimmen kann3 und der Erdgeschossmieter kein Nutzungsrecht am Dachboden hat bzw. sich dort keine dem Mietgebrauch unterliegenden Gemeinschaftsflächen befinden, LG Kiel NZM 2001, 92: Hat ein Aufzug für den Mieter einer (preisgebundenen) EGWohnung keinen besonderen Nutzen, weil das Haus nicht über Dachbodenräume zur gemeinschaftlichen Nutzung verfügt und der Fahrstuhl auch nicht bis ins Kellergeschoss führt, so ist der Ermessensspielraum des Vermieters, den Mieter an den Kosten zu beteiligen, darauf reduziert, ihn von diesen Kosten auszunehmen; AG Schöneberg MM 1994, 68, AG Braunschweig WuM 1996, 284, AG Hamburg NJWRR 1997, 912.

Dem steht die Regelung in § 24 Abs. 2 Satz 1 NMV nicht entgegen, da sie sich auf das mietpreisrechtliche Dürfen bezieht. 54a

Es kann also nicht allein darauf abgestellt werden, ob der Mieter einen Nutzen von der Aufzugsanlage hat, sondern es ist die jeweilige Vertragslage zu beachten, was in der Rspr. nicht immer berücksichtigt wird, z.B. AG Frankfurt/O. NZM 2000, 906: Die Mieter des 1. und 2. OG sind nicht an den Kosten des Aufzugs zu beteiligen, wenn der Aufzug diese Stockwerke überspringt.

55

Bei der Bildung von Wirtschaftseinheiten dürfen die Kosten des Aufzugs nicht auf die Mieter der Wohnungen in solchen Gebäuden umgelegt werden, die nicht mit einem Fahrstuhl ausgestattet sind (AG Trier NJW-RR 1989, 1170). Es sind also Abrechnungskreise innerhalb der Wirtschaftseinheit (s. dazu Rn. V 232) zu bilden. 1 Zustimmend Dötsch ZMR 2006, 921; zu den Konsequenzen der Entscheidung: Timme NZM 2007, 29. 2 Die Fälle, in denen der Mieter mit dem Aufzug Nebenräume im Keller oder auf dem Boden erreichen kann, können – was den Kostenanfall anbelangt – vernachlässigt werden. 3 Z.B. bei nachträglichem Einbau eines Aufzuges, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist.

520

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 58

Auch bei der Vermietung von Gewerberäumen braucht der Mieter nicht solche Betriebskosten zu tragen, an deren Entstehung er nicht beteiligt ist. Indes genügt die Möglichkeit der Nutzung, sei es auch nur in verhältnismäßig geringem Umfang, um die Beteiligung zu begründen,

56

OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.12.1999 – DWW 2000, 54: Sieht der Pachtvertrag die Betriebskosten eines Personen- oder Lastenaufzugs als umlagefähig vor, so hat der Pächter die Wartungskosten des Aufzugs anteilig zu tragen, wenn die Gaststätte (hier: über die Küche und den Allgemeinflur) an den Lastenaufzug angeschlossen ist und er die Möglichkeit hat, den Lastenaufzug u.a. für Bierlieferungen zu nutzen. Auf die tatsächliche Nutzung kommt es nicht an.

cc) Kosten der Beleuchtung Die Kosten der Beleuchtung und des Hausstroms (s. § 2 Nr. 11 BetrKV) sind umlagefähig, soweit sie sich auf die allgemein benutzten Teile des Gebäudes oder Grundstücks oder auf Räume beziehen, deren Funktion allen Bewohnern zugute kommt (z.B. Heizungskeller).1 Der Mieter muss die Kosten anteilig unabhängig von der Intensität seiner eigenen Nutzung tragen,

57

LG Mainz WuM 2003, 624.

Die Kosten für den Betriebsstrom der Heizungsanlage zählen nicht zu den Allgemein- bzw. Hausstromkosten, sondern müssen gesondert erfasst werden. Ist ein gesonderter Zähler hierfür nicht vorhanden, so kann der Vermieter die Kosten schätzen, muss aber spätestens bei einem Bestreiten des Mieters die Schätzgrundlagen offen legen, BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285; weiter gehend AG Leipzig NZM 2008, 83: die Abrechnung ist förmlich unwirksam.

d) Kosten der Straßenreinigung und Müllbeseitigung (§ 2 Nr. 8 BetrKV) Der Katalog der umlagefähigen Kosten ist durch die BetrKV um die Kosten für Müllkompressoren, Müllschlucker, Müllabsauganlagen und Müllmengenerfassungsanlagen einschließlich der Kosten der Berechnung und Aufteilung erweitert worden. Die turnusmäßigen Reinigungskosten der Müllboxen und Behälter sind umlagefähig.2 Der Vermieter muss aber beweisen, dass die Reinigungsarbeiten regelmäßig durchgeführt werden, AG Trier WuM 1999, 551.

Die Kosten für die Anschaffung von Abfallbehältern sind nicht umlagefähig, OLG Naumburg – Urt. v. 3.4.2007 – ZMR 2007, 618,

ebenso wenig die Kosten für deren Anmietung (s. Rn. V 25), LG Neuruppin WuM 2003, 153.

1 Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3621. 2 Zu den Kosten der Müllbeseitigung s. Both NZM 1998, 457.

521

58

Rn. V 59 59

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Mehrkosten, die dadurch anfallen, dass Fremde ihren Müll in der Hausanlage entsorgen („Mülltourismus“), darf der Vermieter nicht auf die Mieter umlegen. Er ist im Gegenteil verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um den „Mülltourismus“ zu unterbinden.1 Er kann das Problem nicht dadurch lösen, dass er unter Berufung darauf, dass in einem Mehrfamilienhaus anonym Müll entsorgt wird, die Anzahl der Gefäße für Standardmengen des zu entsorgenden Mülls verdoppelt; denn damit verstößt er gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit, AG Dortmund WuM 2002, 55, s. auch AG Dannenberg WuM 2000, 381: Die Kosten für überflüssige Müllgefäße hat der Vermieter selbst zu tragen. Maßstab dafür, ob der Vermieter zu viele Müllgefäße geordert hat, ist die behördliche Disposition, nach der z.B. bis zu 6 Personen mit einem Müllgefäß von 120 l auskommen.

60

Der Pflicht zum wirtschaftlichen Verhalten entspricht es auch, dass der Vermieter eine Gebührenfreistellung für die Entsorgung von Bio-Müll zugunsten seiner Mieter beantragt, sofern die kommunale Ortssatzung eine solche Freistellung vom Anschluss- und Benutzungszwang vorsieht. Der Vermieter soll sich nicht darauf berufen können, dass er selbst dem Anschlusszwang unterliegt und die ordnungsmäßige Müllentsorgung durch die Mieter nicht kontrollieren kann, LG Neubrandenburg WuM 2001, 130 für Bio-Abfalltonne.

aa) Umlagemaßstab und Mischnutzung 61

Die Umlage erfolgt nach dem vereinbarten Umlagemaßstab. Eine Umstellung der Abrechnung nach Personenzahl je Haushalt muss nicht deswegen erfolgen, weil die Gebühren von dem Entsorgungsunternehmen in Abhängigkeit von der Wohnungsbelegung erhoben werden, AG Siegburg WuM 1995, 120.

Werden von der Gemeinde die Kosten der Müllentsorgung nach dem jeweiligen Müllaufkommen berechnet (Scanner-System), so ist der Vermieter nunmehr gemäß § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, den bisher flächenabhängigen Umlagemaßstab auf einen verursachungsabhängigen Maßstab zu ändern, s. auch AG Moers WuM 1996, 96 zum früheren Recht.

Ist ein Umlagemaßstab nach dem Mietvertrag vom Vermieter nach billigem Ermessen zu bestimmen, so soll nicht der Wohnflächenmaßstab, sondern die kopfanteilige Umlage der Billigkeit entsprechen (s. dazu Rn. V 189), AG Halle/Saalkreis ZMR 2006, 212.

Das ist abzulehnen. Zum einen ist letzterer Maßstab kein Indikator für das Müllaufkommen; zum anderen wird die Transparenz der Abrechnung betroffen – abgesehen von den Erschwernissen für den Vermieter bei der Feststellung der Personenzahl und dem sich daraus ergebenden Streitpotential. 1 S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht A 76 S. 28; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3467.

522

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 65

Wird das Mietobjekt teilweise gewerblich genutzt, so ist der Gewerbemüll gesondert zu erfassen, um die Kosten zu trennen. Das soll insbesondere gelten, wenn durch die gewerbliche Nutzung erhöhte Abfallmengen anfallen,

62

AG Köln ZMR 1994 S. IV Nr. 27,

jedoch nicht zum Tragen kommen, wenn eine gesonderte Erfassung nicht möglich oder unzumutbar ist oder die Einbeziehung der auf die Gewerbemieter entfallenden Kostenansätze nur zu einer nicht ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnungsmieter führen würde (s. Rn. V 222, 223). Bei preisgebundenem Wohnraum folgt das Erfordernis der Vorerfassung aus § 20 Abs. 2 NMV. Bei preisfreiem Wohnraum soll die Vorerfassung jedenfalls dann entbehrlich sein, wenn die Mehrbelastung der Wohnraummieter durch das Müllaufkommen der Gewerberaummieter nicht ins Gewicht fällt (s. Rn. V 222 f.). Anders soll es sich verhalten, wenn der gewerbliche Sondermüll kostenlos (oder von den Gewerbemietern selbst bzw. auf deren Kosten) entsorgt wird. In diesem Fall soll eine Umlage nach dem jeweiligen Flächenanteil an der Gesamtnutzfläche zulässig sein,

63

LG München I WuM 2002, 286.

bb) Duales Müllsystem Kosten, die aus der Abfuhr getrennt gesammelten Bio-Mülls entstehen, gehören zu den Kosten der Müllabfuhr. Sind diese nach dem Mietvertrag umlagefähig, so ist eine gesonderte Vereinbarung hinsichtlich des Bio-Mülls nicht erforderlich,

64

anders AG Uelzen NZM 1998, 75 mit zu Recht ablehnender Anm. Börstinghaus.

Ob Kosten der Mülltrennung durch vertragswidrige Ablagerung unsortierten Mülls oder höhere Kosten, die dadurch anfallen, dass eine Abrechnung als Hausmüll erfolgt, zu den Betriebskosten gehören, ist streitig. Einerseits wird geltend gemacht, dass es sich nicht um Kosten handelt, die durch die übliche vertragsgemäße Nutzung laufend entstehen, sondern durch vertragswidriges Verhalten einiger Hausbewohner, LG Tübingen WuM 2004, 497, AG Trier WuM 1999, 551, AG Münster WuM 2006, 192.1

Andererseits sind Kosten, die der Ersparnis von Müllgebühren dienen, als Betriebskosten der Müllbeseitigung anerkannt (hier Kosten eines Müllsortierers). Die Kosten sollen ansatzfähig sein, solange eine entsprechende Ersparnis an Müllgebühren eintritt, AG Mainz WuM 2003, 450.

1 So auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3466.

523

65

Rn. V 66

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Um Betriebskosten handelt es sich jedenfalls, wenn wegen der Häufigkeit der Vorfälle, die zu den Mehrkosten führen, ein regelmäßiger Kostenanfall besteht und durch die Müllsortierung die Kosten reduziert werden.1 66

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Kosten, die durch Einschaltung eines Serviceunternehmens entstehen, das die Entsorgung komplett durchführt (sog. Müllmanagement), umlagefähig sind. Dieses Unternehmen übernimmt Planung und Gestellung der Anlage und bewirtschaftet sie, sorgt z.B. für eine kommunal vorgeschriebene Mülltrennung und trifft Maßnahmen zur Vermeidung von Mülltourismus. Die Einschaltung solcher Unternehmen führt in der Regel zu einer Reduzierung der Müllgebühren. Die Servicekosten sind meist erfolgsorientiert, d.h. sie werden aus der Einsparquote finanziert. Ob diese Kosten neben den reduzierten eigentlichen Müllkosten umgelegt werden können, ist gerichtlich noch nicht geklärt. Die Frage sollte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit bejaht werden,2 abweichend AG Berlin-Mitte WuM 2005, 393 = MM 2005, 75: Kosten für eine mit dem Müllmanagement betraute Firma können nicht als Betriebskosten umgelegt werden. Wenn bei Müllkosten Einsparungen durch sog. Managementmaßnahmen möglich waren, dann bedeutet dies, dass die Müllkosten vorher höher gewesen sein müssen als notwendig. Damit waren die Müllkosten selbst zuvor unwirtschaftlich. Es wäre dann eine eigene Aufgabe des Vermieters, für eine Abfallentsorgung nur im notwendigen Maß zu sorgen und entsprechende Schritte zu veranlassen.

Diese Entscheidung stellt die Dinge jedoch auf den Kopf. Sie berücksichtigt nicht, dass ein Wohnungsunternehmen und erst recht der private Vermieter nicht über das Know-how, das Equipment und die Logistik eines auf die Müllentsorgung spezialisierten Betriebs verfügen. cc) Sperrmüllentsorgung 67

Es entspricht wohl überwiegender Auffassung, dass die Kosten der Sperrmüllabfuhr dann angesetzt werden dürfen, wenn diese auch bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung laufend entstehen, LG Berlin ZMR 1995, 353, GE 2001, 65, NZM 2002, 65, AG Siegburg, AG Düsseldorf, AG Köln ZMR 1996 S. IV Nr. 19–21, AG Köln WuM 1999, 551.

Das gilt insbesondere dann, wenn der Verursacher nicht zu ermitteln ist.3 Das Gebot der Wirtschaftlichkeit erfordert aber, dass der Vermieter alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt, um die Entstehung von Sperrmüll zu verhindern.4 Er soll hierfür die Darlegungslast tragen, LG Berlin GE 1998, 681.

Letzteres ist aber streitig (s. Rn. V 359 f.). 1 Langenberg Betriebskostenrecht A 74 S. 27. 2 S. auch Langenberg Betriebskostenrecht G 30, 221, S. 222, 300; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3470. 3 A.A. Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3451. 4 Z.B. durch regelmäßige Kontrollgänge des Hauswarts, zu denen er anzuhalten ist.

524

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 70

Wird der Verursacher ermittelt, ist nur er mit den Kosten zu belasten. Anderenfalls sind die Kosten unter den oben genannten Voraussetzungen umlegbar, da es zu den (leider) sozialtypischen Erscheinungsformen zählt, sich anonym seines Sperrmülls zu Lasten der Umwelt zu entledigen,1 LG Berlin MM 1996, 327.

Sperrmüllkosten sollen jedenfalls dann nicht auf alle Mieter gleichmäßig nach anteiliger Wohnfläche umgelegt werden dürfen, wenn der Vermieter allen Mietern unterschiedslos anbietet, Müll an bestimmten Tagen auf dem Hof abzustellen, wo er dann abgeholt wird. Vielmehr sollen nur solche Mietereinheiten mit diesen Kosten belastet werden dürfen, die von dem Service des Vermieters auch Gebrauch machen,

68

LG Berlin GE 2000, 126, NZM 2002, 65 (ZK 64).

Ebenso wenig sind die Kosten für die Entrümpelung (eines Schuppens) als Kosten der Müllentsorgung oder der Gebäudereinigung umlegbar,

69

anders AG Düsseldorf ZMR 1993 S. XII Nr. 29, da die Mieter hierfür ohne Rücksicht auf Verursachung und Verschulden als „Gefahrengemeinschaft“ nach §§ 830, 840 BGB hafteten. Das ist abzulehnen, da es zum einen an der Regelmäßigkeit des Kostenanfalls fehlt und zum anderen die Mieter keine Gefahrengemeinschaft bilden (vgl. OLG Hamm – RE v. 19.5.1982 – NJW 1982, 2005 für Haftung bei Rohrverstopfung).

Umlegbar sind die Kosten der Entfernung von Sondermüll unbekannter Verursacher nur dann, wenn derartige Maßnahmen wiederholt erforderlich werden und durchgeführt werden müssen, AG Neukölln GE 2000, 415.

Zur Wirtschaftlichkeit der Kosten der Müllbeseitigung s. Rn. V 355. e) Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung (§ 2 Nr. 9 BetrKV) aa) Gebäudereinigung Die Kosten für die Reinigung von Stellplätzen, die nicht allgemein zur Verfügung stehen, können nicht auf alle Mieter umgelegt werden (LG Hamburg WuM 1989, 640). Das Gleiche gilt für Kosten, die eindeutig Folge des vertragswidrigen Verhaltens einzelner Mietparteien sind (LG Siegen WuM 1992, 630). Kosten der Fassadenreinigung und der PVC-Beschichtung am Treppenhausfußboden betreffen Instandsetzungsmaßnahmen und sind daher als Betriebskosten nicht umlagefähig (AG Hamburg WM 1995, 652). Das gilt insbesondere für die Kosten, die für die Beseitigung von sog. Graffitis aufgewendet werden müssen:2 Letztere Kosten können daher auch nicht zu den „sonstigen Betriebskosten“ gerechnet werden (s. Rn. V 121a),

1 Anders Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3451. 2 S. Amtl. Begründung zu § 2 Nr. 9 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 682.

525

70

Rn. V 71

Betriebskosten und ihre Abrechnung

AG Köln WuM 2001, 515; anders AG Berlin-Mitte GE 2007, 1259, soweit es sich um bloße Reinigungskosten handelt, die regelmäßig anfallen, sofern der Verursacher nicht ermittelt werden kann.

71

Anschaffungskosten für Reinigungsgeräte sind grundsätzlich nicht umlagefähig (s. Rn. V 22); allenfalls für Kleingeräte werden Ausnahmen zugelassen,

72

Die Umlage nach der Gesamtfläche aller Häuser einer Wirtschaftseinheit im Verhältnis zur Fläche des Einzelhauses soll nicht zulässig sein, da sich unterschiedliche Kosten nach Anzahl der Aufgänge und Höfe ergeben. Dem müsse der Umlagemaßstab Rechnung tragen,

verneinend AG Lörrach WuM 1996, 628 bei Kosten für Besen und Arbeitsstiefel.

LG Berlin NZM 2002, 65, 66 Sp. 1.

Dem ist zu folgen, sofern der Kostenanfall auf Dauer erheblich differiert; mit unwesentlichen Kostenschwankungen ist dagegen selbst bei Wirtschaftseinheiten zu rechnen. 72a

Der Mieter ist an den Kosten der Treppenhausreinigung nicht zu beteiligen, wenn ihm die Nutzung des Treppenhauses vertraglich ausdrücklich untersagt ist (Abgrenzung zu BGH NZM 2006, 895: Beteiligung des Erdgeschossmieters an den Kosten des Aufzuges), OLG Köln – Urt. v. 24.6.2008 – NZM 2008, 806.

73

Hat der Vermieter die Reinigungspflicht mietvertraglich auf die Mieter übertragen, so kann er diese Pflichtenüberbürdung nicht einseitig rückgängig machen, die Reinigung selbst durchführen (lassen) und die Kosten auf die Mieter abwälzen, AG Frankfurt/O. WuM 1997, 432, AG Magdeburg WuM 2002, 576 = ZMR 2003, 45.

Hierfür bedarf es vielmehr einer Vertragsänderung. Es empfiehlt sich in derartigen Fällen, einen Änderungsvorbehalt zu vereinbaren, dem § 308 Nr. 4 BGB nicht entgegensteht (s. dazu Rn. VI 281). Ist die Umlage der Kosten für Treppenhausreinigung in den Mietverträgen vereinbart, reinigen jedoch die Mieter das Treppenhaus seit über 20 Jahren selbst, so kann der Vermieter im Hinblick auf einen Vertrauensschutz die anfallenden Kosten nur nach entsprechender Ankündigung vor der neuen Abrechnungsperiode abrechnen, AG Köln WuM 2008, 226.

74

Nichts mit diesem Problem zu tun haben die Rechtsfolgen, die sich ergeben, wenn der Mieter seinen Reinigungspflichten schuldhaft nicht nachkommt (s. dazu Rn. XI 20, XII 102). bb) Kosten der Ungezieferbekämpfung

75

Aus der auf die Hausreinigung zugeschnittenen Fassung ist zu schließen, dass nur die Kosten umlagefähig sind, die für Gemeinschaftsräume anfallen.1 Die 1 Langenberg Betriebskostenrecht A 82 S. 30.

526

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 78

Kosten von Bekämpfungsmaßnahmen in den Mieträumen selbst sollen vom Vermieter als Kosten der Instandsetzung zu tragen sein, es sei denn, dass er vom Mieter Schadensersatz fordern kann, LG München I WuM 2001, 245.

Kosten der Schabenbekämpfung in den Mieträumen können also dem Mieter nicht im Wege der Betriebskostenabrechnung aufgebürdet werden. Vielmehr kommt nur ein Schadensersatzanspruch in Betracht,

76

OLG Düsseldorf – Hinweisbeschl. v. 24.6.2004 – ZMR 2004, 42: Hierfür muss der Vermieter alle anderen Ursachenquellen als die Mieträume ausschließen. Ein Schabenbefall kann eine Grundursache an einem ganz anderen Ort haben als an demjenigen, an dem die Schaben gehäuft gefunden werden, z.B. eine unerkannt gebliebene Feuchtigkeitsstelle, die weit entfernt von dem befallenen Mietobjekt liegt.

Hat ein Mieter den Ungezieferbefall in den Gemeinschaftsräumen schuldhaft verursacht, so muss sich der Vermieter an diesen halten; er kann die entstandenen Kosten nicht als Betriebskosten ansetzen, AG Köln WuM 2000, 213,

selbst wenn er von dem Schädiger wegen dessen Vermögenslosigkeit keinen Ersatz zu erlangen vermag. Formularklauseln, nach denen der Mieter ohne Rücksicht auf Verschulden diese Kosten tragen muss, sind unwirksam (s. Rn. II 261). Kosten der Ungezieferbekämpfung dürfen nur für laufende Bekämpfungsmaßnahmen angesetzt werden. Das bedeutet nicht, dass die Kosten jährlich anfallen müssten,

77

KG – Urt. v. 8.4.2002 – GE 2002, 801: Die Umlage der Kosten der Ungezieferbekämpfung setzt voraus, dass es sich um laufende Betriebskosten handelt, für deren erforderlichen jährlichen Turnus (bzw. regelmäßigen Anfall) der Vermieter darlegungspflichtig ist.

Es kann sich um einen längerfristigen Turnus handeln, wie er etwa bei Baumrückschnitten üblich ist, AG Lichtenberg WuM 1998, 572: Turnus von 4 Jahren, AG Berlin-Mitte GE 2007, 1259: Turnus von 3 Jahren.

Für die Regelmäßigkeit des Turnus ist der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig, LG Siegen WuM 1992, 630, AG Berlin-Mitte ZMR 2002, 760, 761.

Nicht erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Vorbeugung oder Bekämpfung sich stets auf ein- und dieselbe Ungezieferart beziehen müsste.1 Fallen die Kosten nur aus Anlass anderer Maßnahmen und bei Gelegenheit an, etwa bei Umbaumaßnahmen oder Bauarbeiten am Abwasserkanal, so können sie nicht umgelegt werden, 1 So lassen sich Kosten für die Vorbeugung gegenüber Schabenbefall oder zur Bekämpfung von Ratten summieren, auch wenn sie nur einmal in mehrjährigem Turnus anfallen.

527

78

Rn. V 79

Betriebskosten und ihre Abrechnung

AG Köln WuM 1992, 630, AG Hamburg WuM 1999, 485; vgl. auch LG Siegen WuM 1992, 630.

Ob die Kosten für eine einmalige akute Ungezieferbekämpfung umlagefähig sind (so LG Köln ZMR 1995 S. XII Nr. 22), ist umstritten, AG Freiburg WuM 1997, 471: Die Kosten für die Beseitigung eines Bienennestes sind nicht umlagefähig, da sie eine einmalige Maßnahme betreffen; ebenso AG Schöneberg MM 1998, 354 für Kosten der Beseitigung eines Wespennestes.

79

Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass nur die Kosten für prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung von Befall umlagefähig sind; ist ein Befall eingetreten, so soll ein Mangel vorliegen, den der Vermieter auf eigene Kosten beheben muss, AG Oberhausen WuM 1996, 714, AG Hamburg WuM 2002, 265 für Bekämpfung von Kakerlaken.

Dem ist nicht zu folgen; denn in der Anlage 3 zu § 27 II. BV, § 2 Nr. 9 BetrKV ist von „Ungezieferbekämpfung“ die Rede. Damit handelt es sich um einen Fall, in dem (ausnahmsweise) Kosten der Instandsetzung als umlagefähig anerkannt sind. Die amtliche Begründung der Vorschrift besagt, dass auch die Kosten der vorbeugenden Bekämpfung umlagefähig sind.1 Holzbockbekämpfung ist Instandhaltung, ebenso die Nachschau, so dass die Kosten nicht umlagefähig sind.2 f) Kosten der Gartenpflege (§ 2 Nr. 10 BetrKV) aa) Ansatzfähige Kosten3 80

Die Kosten für die Neuanlage eines Gartens sind nicht umlagefähig, LG Berlin GE 1999, 1129.

Das Gleiche gilt für die Kosten der Erstanschaffung von Pflanzen und Gehölzen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762.

Nicht umlagefähig sind ferner die Mehrkosten für Arbeiten infolge eines Wartungsstaues wegen unterbliebener Pflege in den Vorjahren, LG Hamburg WuM 1994, 695, a.A. LG Hannover HmbGE 1984, 157, AG Münster WuM 1992, 258.

81

Kosten für die Pflege einer Dachbegrünung sind nicht umlagefähig; sie sind eher als Instandhaltungskosten des Dachs zu verstehen, KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 57, s. auch LG Karlsruhe WuM 1996, 230.

Ausnahmsweise dürfen im Rahmen der Gartenpflegekosten auch Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen angesetzt werden, soweit sie nicht unmittelbar 1 Abgedruckt in WuM 2003, 675, 682. 2 Langenberg Betriebskostenrecht A 82 S. 30. 3 Ausführlich dazu Schmid ZMR 2004, 793.

528

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 83

gartenpflegerisch bedingt sind. Das kann auch der Fall sein, wenn Bäume so groß geworden sind, dass sie die Licht- und Luftzufuhr zu den Mietobjekten in erheblichem Maße beeinträchtigen, AG Düsseldorf MDR 2002, 1431 = WuM 2002, 498 = ZMR 2002, 828, AG Sinzig ZMR 2004, 829, weil der Baum zu nahe am Wohngebäude steht, AG Steinfurt WuM 2007, 41: Heckenrückschnitt von 4 m auf 2,5 m.

Das Gleiche gilt, wenn es die Sicherheit des Gebäudes oder der Nachbarschaftsschutz erfordert; denn auch in diesen Fällen handelt es sich um Maßnahmen, die der Bewirtschaftung des Grundstücks dienen. Überhaupt sind die Kosten für das Fällen von Bäumen als aperiodische Betriebskosten umlagefähig, sofern es nicht ausnahmsweise eine Instandsetzungs- oder Nachholmaßnahme betrifft,1

82

LG Hamburg WuM 1994, 695, anders AG Reutlingen WuM 2004, 95 (bestätigt durch LG Tübingen WuM 2004, 669) für Kosten des Baumrückschnitts, da es sich um eine Instandhaltungsmaßnahme handele und die Kosten nicht laufend entstünden.2

Das gilt auch für das Fällen kranker Bäume, anders AG Hamburg WuM 1989, 641, AG Oberhausen WuM 1990, 556.

Umstritten ist der Ansatz von Kosten für die Beseitigung von Sturmschäden. Sofern es sich nicht um ganz außergewöhnliche, katastrophenbedingte Schäden handelt, sind die Kosten umlagefähig,3 LG Hamburg WuM 1989, 640, verneinend dagegen für Sturmschäden infolge ungewöhnlicher Naturereignisse: AG Königstein/Ts. WuM 1993, 410; ebenso AG Mönchengladbach ZMR 2003, 198, weil derartige Fälle nicht so häufig aufträten.

Baumpflegearbeiten zählen zwar grundsätzlich zu den Kosten der Gartenpflege. Jedoch fehlt es am regelmäßigen Anfall, wenn sie erst in sehr großen Zeitabständen entstehen, AG Reutlingen WuM 2004, 95, LG Tübingen WuM 2004, 669 für Baumrückschnitt nach 12 Jahren.

Sind Baumpflegearbeiten in der Vergangenheit fehlerhaft ausgeführt worden und müssen die Bäume aus diesem Grunde gefällt werden, so handelt es sich dagegen nicht um ansatzfähige Betriebskosten, AG Schöneberg GE 1996, 477.

1 Anders Schmid Rn. 5232; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3553; ausführlich verneinend auch Bausch NZM 2006, 366. 2 Zu beachten ist aber auch, dass in den Gartenpflegekosten nach der Fassung des § 2 Nr. 10 BetrKV von vornherein Instandsetzungskosten einbezogen sind und dass es sich hier um aperiodische Kosten handeln kann. Dies wird allerdings bei einem Turnus von 12 Jahren, wie er den Entscheidungen zugrunde lag, zu verneinen sein. 3 S. auch Langenberg Betriebskostenrecht A 87 S. 33; Horst MDR 2000, 1161, 1166; Schmid DWW 1997, 143; Schmid ZMR 2004, 793.

529

83

Rn. V 84 84

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Umlagefähig sind aber auch die Kosten für Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen im Rahmen natürlichen Abgangs, wobei es sich nicht unbedingt um eine gleichartige Bepflanzung handeln muss, AG Köln ZMR 1993, S. IV Nr. 22, AG Neuss DWW 1993, 296.

Das Gleiche gilt für die Entfernung von Efeu, AG Mönchengladbach ZMR 2003, 198.

Umlagefähig sind ferner die Kosten für Nachpflanzungen, selbst wenn es sich nicht um eine Ersatzbepflanzung handelt, AG Mönchengladbach ZMR 2003, 198.

Umlegbar sind schließlich die Kosten für die Beseitigung von Gartenabfällen. 85

Die Kosten für Erneuerung von Bänken und Wegeplatten sind nicht umlagefähig, anders für die vorgenannten Fälle: LG Hamburg WuM 1989, 640.

Ebenso wenig sind die Kosten für die Anschaffung von (größeren) Gartengeräten umlagefähig (s. auch Rn. V 22),1 OLG Naumburg – Urt. v. 3.4.2007 – ZMR 2007, 618 (Schlauchwagen, Fahrradständer), AG Starnberg NZM 2002, 910 (Häcksler), AG Lichtenberg MM 2003, 246 = NZM 2004, 96, AG Laufen WuM 2005, 605; anders LG Berlin GE 2000, 539, AG Schöneberg NZM 2001, 141 (Schneeräumgerät, Laubsauger),

auch nicht für deren Reparatur, AG Bad Cannstatt WuM 1996, 48, AG Tempelhof-Kreuzberg GE 1998, 1465; anders LG Hamburg WuM 1989, 640 (für Rasenmäher), AG Schöneberg MM 2001, 157, AG Lichtenberg NZM 2004, 96 (für Schneeräumgerät).

Das ergibt sich für preisgebundenen Wohnraum daraus, dass diese Kosten aus der Instandhaltungspauschale nach § 28 II. BV zu decken sind. Daraus wird deutlich, dass sie nicht zu den Betriebskosten i.S. der Anlage 3 zu § 27 II. BV zählen und folglich auch nicht in den Anwendungsbereich des § 2 BetrKV fallen.2 bb) Mieternutzung und Gartenpflegekosten 86

Der Grundsatz, dass der Mieter keine Gartenpflegekosten zu tragen braucht, wenn er von der Gartennutzung ausgeschlossen ist, kommt nur dann zum Tragen, wenn die Gartennutzung ausschließlich Dritten zusteht. Der bloße Ausblick in „Nachbars Garten“ genügt in diesem Falle nicht, BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 545 = WuM 2004, 399, AG Köln WuM 1992, 630, ebenso LG Karlsruhe WuM 1996, 230 für Dachbegrünung. 1 Langenberg Betriebskostenrecht A 90 S. 33, 34; Schmid Rn. 5238; Schmid ZMR 2004, 793; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3564. 2 Schmid Rn. 5243; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3563; anders Langenberg Betriebskostenrecht A 90 S. 34.

530

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 90

Ansatzfähig sind aber die Kosten für die Pflege von gemeinschaftlichen Grünanlagen, selbst wenn der Mieter sie im konkreten Fall nicht nutzt oder nutzen darf; hier genügt der „Blick ins Grüne“,

87

BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 545 = WuM 2004, 399, LG Wuppertal WuM 1999, 342, LG Berlin GE 2002, 931, 932, LG Hannover WuM 2003, 450; anders insoweit LG Potsdam WuM 1997, 677 bei Ausschluss des Mieters von der Gartennutzung, AG Nordhorn WuM 1998, 604 für Rasenfläche, auf der Kinder nicht spielen dürfen: „Betreten verboten“.

cc) Ansatz in der Betriebskostenabrechnung Häufig werden Gartenpflegekosten für eine zu diesem Zweck gebildete Wirtschaftseinheit (s. Rn. V 232, 242) erhoben. Eine Abrechnung unter Zusammenfassung des Streubesitzes ist aber nicht zulässig. Die Kosten sind vielmehr den jeweiligen Gebäuden oder Wirtschaftseinheiten zuzuordnen,

88

Die Zuordnung muss bereits in der Betriebskostenabrechnung in der Weise erfolgen, dass ersichtlich wird, wie der auf das Mietgrundstück entfallende Anteil berechnet worden ist; der Ansatz nur der bereinigten Kosten reicht nicht, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 (Tz. 24) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker); AG Mühlheim/Ruhr WuM 1998, 39: Die Kosten der Gartenpflege sind den einzelnen Verwaltungseinheiten einer Siedlungsgesamtheit, die der Vermieter bewirtschaftet, in der Abrechnung zuzuordnen. Soweit in einzelnen Verwaltungseinheiten Fremdkosten durch Eigenleistung der Bewohner erspart werden, sind diese den betreffenden Verwaltungseinheiten in der Abrechnung gutzubringen.

g) Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung (§ 2 Nr. 13 BetrKV) Der Kreis der umlagefähigen Kosten ist durch § 2 Nr. 13 BetrKV klarstellend um die Kosten für die sog. Elementarversicherung erweitert worden.

89

Die Versicherungen müssen gebäude- oder betriebsbezogen sein. Kosten einer Rechtsschutzversicherung des Vermieters sind auch bei Mietverhältnissen über Gewerberäume nicht umlagefähig; eine entsprechende Vereinbarung kann wegen Verstoßes gegen § 307 BGB, u.U. sogar gegen § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, OLG Düsseldorf – Urt v. 2.2.1995 – ZMR 1995, 203.

Ebenso wenig zählen die Kosten für eine Mietverlustversicherung wegen Unbenutzbarkeit des Mietobjekts nach Feuer oder ähnlichen Unglücksfällen zu den Betriebskosten, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.6.2000 – WuM 2000, 435.

Ist die Umlage von Sachversicherungskosten vereinbart, so rechnet hierzu auch die Hausbock- und Schwammversicherung, die nach ihrem Abschluss vom Vermieter ohne gesonderte Erklärung eingestellt werden kann, 531

90

Rn. V 91

Betriebskosten und ihre Abrechnung

AG Hamburg WuM 1998, 352, AG Köln WuM 2000, 37: Prämienerhöhungen bei der Gebäudeversicherung infolge von Schadensfällen, die dem Vermieter zuzurechnen sind, können nicht auf den Mieter umgelegt werden.

91

Die Kosten einer Sach- und Haftpflichtversicherung, die der Vermieter während der bestehenden Mietverhältnisse für das Mietobjekt abschließt, können anteilig auf die Mieter umgelegt werden, wenn im Mietvertrag die Kosten einer derartigen Versicherung als umlagefähig bezeichnet sind und dem Vermieter damit das Recht eingeräumt ist, auch neu entstehende Betriebskosten auf die Mieter umzulegen, BGH – Urt. v. 27.9.2006 – NZM 2006, 896 = WuM 2006, 612 = ZMR 2007, 25 = MietRB 2007, 29 (Intveen).

Ebenso verhält es sich mit den Kosten der Leitungswasser- und Sturmversicherung, wenn im Mietvertrag die Umlage von Versicherungskosten dem Grunde nach vereinbart ist, die Versicherungsverträge aber erst im Laufe des Mietverhältnisses abgeschlossen wurden, selbst wenn das versicherte Risiko schon bei Abschluss des Mietvertrages bestand, LG Frankfurt WuM 1999, 46; a.A. AG Neustadt/W. WuM 1999, 46.

Prämienerhöhungen der Leitungswasserversicherung können dann nicht auf den Mieter umgelegt werden, wenn der Grund für die Erhöhung in häufigen Rohrbrüchen liegt, der Vermieter also seiner Instandhaltungspflicht nicht nachgekommen ist, AG Hamburg WuM 1986, 346, AG Köln WuM 2000, 37.

92

Bei der Umlage der Wohngebäudeversicherung zum Neuwert wird auch die Auffassung vertreten, dass der Vermieter nur die Kosten ansetzen dürfe, die einer Versicherung zum Zeitwert entsprächen. Das ist nicht richtig; denn die Versicherung deckt auch das Risiko ab, dass der Vermieter nicht in der Lage ist, die Kosten für eine Neubeschaffung aufzubringen. Die Wiederherstellung liegt aber in jedem Fall im Interesse des Mieters.1 Auch muss der Vermieter auf Grund der einschlägigen Versicherungsbedingungen sicherstellen, dass er die Versicherungsleistung zur Wiederherstellung verwendet hat (§ 15 Nr. 4 VGB 88). Als Korrektiv (etwa bei ohnehin sanierungsbedürftigen Gebäuden) dient der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit.

93

Auch die Kosten für die Versicherung des sog. Vandalismus-Risikos dürfen als Betriebskosten angesetzt werden, da es sich um eine Sachversicherung handelt.2 Es wird aber auch die Auffassung vertreten, es handele sich um eine sog. Reparaturversicherung, so dass der Mieter unzulässig zumindest mittelbar mit Instandsetzungskosten belastet werde (s. AG Köln WM 1990, 556).3 Wegen der Erforderlichkeit und der Prämienhöhe kann sich die Frage der Wirtschaftlichkeit stellen. 1 S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht A 100 S. 38. 2 So nun auch Langenberg Betriebskostenrecht A 99 S. 38. 3 So Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3668; Jendrek NZM 2003, 697, 698 a.E.

532

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 95

Als Reparaturversicherung, deren Kosten nicht umlagefähig sind, ist eine Maschinenversicherung für den Heizkessel gewertet worden, AG Hamburg WuM 2004, 202.

Kann der Vermieter Versicherungskosten für ein Gebäude oder eine Wirtschaftseinheit nicht anteilig aus den Betriebskosten des gesamten örtlichen Wohnungsbestandes herausrechnen, so darf er diese Kosten nicht anteilig nach Wohnfläche auf den Gesamtbestand umlegen. Das gilt auch, wenn durch den Abschluss der Sammelversicherung geringere Kosten anfallen,

94

LG Darmstadt WuM 2000, 311.

Es zählt zu den formellen Erfordernissen der Betriebskostenabrechnung, dass der Vermieter die Gesamtkosten ausweist und rechnerisch nachvollziehbar den auf das Mietgrundstück bzw. die Wirtschaftseinheit entfallenden Anteil darstellt, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 (Tz. 24) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

Handelt es sich um ein gemischt genutztes Grundstück, so ist der Vermieter zwar grundsätzlich zur Kostenabgrenzung verpflichtet, LG Berlin GE 2003, 190.

Hiervon kann aber abgewichen werden, wenn die Prämie einheitlich berechnet und das versicherte Risiko für Wohn- und Gewerbeanteil vom Versicherer gleich gewichtet worden ist (s. Rn. V 222). Schließt der Vermieter nach Beginn des Mietverhältnisses eine Haftpflichtversicherung ab, so kommt es darauf an, ob Versicherungskosten als umlagefähige Betriebskostenart vereinbart sind (und die Parteien eine Mehrbelastungsklausel vereinbart haben), BGH – Urt. v. 27.9.2006 – NZM 2006, 896 = WuM 2006, 612 = ZMR 2007, 25 = MietRB 2007, 29 (Intveen).1

Damit hat der BGH aber nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass es grundsätzlich einer Mehrbelastungsklausel bedürfte; vielmehr handelt es sich um eine fallbezogene Aussage und es soll genügen, dass die Kostenart im Mietvertrag als umlagefähig vereinbart ist.2 Zur Wirtschaftlichkeit, eine neue Versicherung abzuschließen, s. OLG Stuttgart – Urt. v. 15.2.2007 – NZM 2007, 247 = WuM 2007, 199: Die Kosten einer Terrorversicherung, die der Vermieter während des bestehenden Mietverhältnisses für ein gewerbliches Mietobjekt abschließt, weil die Versicherung gegen Terrorgefahren nicht mehr von der Feuerversicherung mit umfasst wird, können, auch wenn es sich um kein besonders gefährdetes Objekt handelt, auf den Mieter umgelegt werden, sofern im Mietvertrag die Kosten von Sachversicherungen als umlagefähige Betriebskosten bezeichnet sind.

1 Kritisch Blank NZM 2007, 233, soweit der BGH auf das Vorliegen einer Mehrbelastungsklausel abstellt, was jedoch nicht entscheidungserheblich war. 2 S. Milger NZM 2008, 1, 5 Sp. 2; Blank NZM 2008, 745, 746.

533

95

Rn. V 96

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Andererseits soll der Vermieter vor Abschluss einer neuen Versicherung verpflichtet sein, auf dem Markt Vergleichsangebote einzuholen, KG – Urt. v. 3.12.2007 – GE 2008, 122.

Auch soll der Vermieter auf substantiiertes Bestreiten des Mieters beweisen müssen, dass die von ihm ausgewählte Versicherung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mietgebäudes die günstigste ist, AG Leipzig NZM 2008, 83.

Selbst wenn man die Darlegungslast zu Ungunsten des Mieters abweichend verteilt (s. dazu Rn. V 355), verbleibt zum Nachteil des Vermieters dessen sekundäre Behauptungslast. Eine Betriebskostenabrechnung, in der die Position „Versicherungen“ nicht die in ihr zusammengefassten Versicherungen nennt, begründet keine Nachforderung aus der Abrechnung, KG – Urt. v. 8.10.2001 – NZM 2002, 954 = GE 2002, 322, AG Berlin-Mitte NZM 2002, 523; a.A. AG Leipzig NZM 2008, 83, wenn im Mietvertrag die umlagefähigen Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung bezeichnet worden sind.

Wurde in der mangelnden Spezifizierung bislang ein inhaltlicher Abrechnungsfehler gesehen, der der Fälligkeit entgegenstand, so wird nunmehr von einem formellen Fehler auszugehen sein (s. Rn. V 314 f.). h) Kosten für den Hauswart (§ 2 Nr. 14 BetrKV) 96

Kosten des Hauswarts sind diejenigen Kosten, die für Arbeitsleistungen anfallen, die bei gesonderter Vergütung in § 2 Nr. 2–10, 15–17 BetrKV anzusetzen wären.1 Ist eine Betriebskostenvollumlage vereinbart, dürfen die Hausmeisterkosten aus Gründen der Transparenz nicht auf mehrere Leistungsgruppen aufgeteilt werden, wie aus § 2 Nr. 14, 2. Halbsatz BetrKV folgt, s. auch AG Hamburg WuM 1998, 627.

Für den Ansatz von Hausmeisterkosten macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Vermieter einen eigenen Hausmeister einstellt oder ein Serviceunternehmen beauftragt. Zulässig ist auch die Beauftragung eines eigenen Regiebetriebs. Die Grenze bildet das Gebot der Wirtschaftlichkeit in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB, s. dazu LG Hamburg ZMR 1995, 32, 33.

Da die Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen beim Ansatz von Eigenleistungen entfallen ist,2 ist es nicht mehr erforderlich, den Regiebetrieb gesellschafts- und firmenrechtlich zu verselbständigen; es kann sich mithin auch um eine in sich organisatorisch abgeschlossene Einheit innerhalb eines Unternehmens handeln, s. Rn. V 27.

1 S. dazu Schmid WuM 2000, 104. 2 Amtl. Begründung zu § 1 BetrKV, abgedruckt in WuM 2003, 679, 681.

534

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 99

aa) Ansatzfähige Leistungen Kriterium für die Hausmeistertätigkeit ist, dass sie dem Unterhalt der Mietsache dient, dass sie eigenhändig ausgeführt wird und nur Sachmittel zum Einsatz kommen, die entweder einfaches Handwerkszeug (z.B. Hammer, Schraubenzieher) oder reine Verbrauchsgüter (z.B. Nägel, Reinigungsmittel) sind.1 Hausmeisterkosten beschränken sich demnach im Allgemeinen auf das Entgelt für körperliche Arbeiten wie Haus-, Treppen- und Straßenreinigung, Gartenpflege, Heizungs- und Fahrstuhlbedienung sowie -überwachung,

97

AG Köln ZMR 1996, S. XII Nr. 20.

Kosten für Überwachungs- und Aufsichtstätigkeit können angesetzt werden, soweit es sich um die Wahrung der Hausordnung oder die Aufsicht über untergeordnete Arbeiten (Brennstoffbefüllung, kleinere Handwerkerreparaturen) handelt. Nach der amtlichen Begründung2 soll es von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängen, ob und in welchem Umfang die Kosten für Pförtnerdienste umgelegt werden können (z.B. von der Größe des Wohnkomplexes, der Gefährdungslage des Wohnobjekts, den Sicherheitsinteressen der Mieter u.Ä.), s. dazu Rn. V 117.

98

Der Vermieter kann aber nicht die Vergütung für einen Angestellten – auch nicht zum Teil – als Hausmeisterkosten umlegen, wenn die Tätigkeit des Angestellten weniger technisch-praktischer, als vielmehr fürsorglich-verwaltender Natur ist, AG Dortmund WuM 1996, 561.

Ansatzfähig sind auch die Kosten für Notdiensttätigkeiten des Hauswarts (z.B. bei Strom- oder Heizungsausfall, bei Wasserrohrbruch), ebenso für Feuerschutzwartung, LG Köln WuM 1997, 230.

Der Vermieter kann übliche Hausmeisterkosten auch dann ansetzen, wenn er Hausmeisterdienste in Eigenleistung erbringt (a.A. AG Wetzlar ZMR 2007, 707, das den Begriff der Eigenleistung nicht berücksichtigt, s. Rn. V 26). Er muss jedoch Ausmaß und Dauer seiner Tätigkeit sowie deren Erforderlichkeit und damit die Wirtschaftlichkeit des Kostenansatzes im Einzelnen darlegen und beweisen. Kommt der Hauswart seinen Pflichten nicht nach, so stehen dem Mieter u.U. Gewährleistungsansprüche zu; jedoch ist er deswegen nicht berechtigt, den Betriebskostenansatz zu kürzen (AG Dresden WuM 2007, 8; anders AG Frankfurt a.M. WuM 1996, 778, s. dazu auch Rn. V 358). Schafft der Vermieter jedoch keine Abhilfe, so kann ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit in Betracht kommen.3 1 S. Schmid ZMR-Sonderdruck 12/2003 S. 13; Westphal WuM 1998, 329. Kritisch dazu Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3710 f. 2 Amtl. Begründung zu § 1 BetrKV, abgedruckt in WuM 2003, 679, 682. 3 S. dazu Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3740.

535

99

Rn. V 100

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Zu den Kosten eines Pförtners oder doorman als sonstige Betriebskosten s. Rn. V 121. bb) Ansatzfähige Kosten 100

Zu den Lohnkosten gehören auch die Lohnnebenkosten und Kosten für erforderliche Vertretungen. Ob hierzu auch tariflich nicht geschuldete freiwillige soziale Leistungen zählen, richtet sich nach dem Grundsatz der Üblichkeit und der Wirtschaftlichkeit. Nicht umlagefähig sind die Kosten für ein Hausmeisterbüro oder die Anschaffung eines Telefons. Telefonkosten werden überwiegend auf eine Verwaltungstätigkeit des Hausmeisters zurückzuführen sein, so dass ein entsprechender Abzug geboten ist, AG Köln WuM 1999, 235: Telefonkosten des Hausmeisterservice mit der Verwaltungsfirma und mit Mietern wegen Terminabsprachen sind als Verwaltungskosten nicht umlagefähig.

101

Fahrkosten des Hausmeisters sollen nicht anzusetzen sein, wenn sie deshalb anfallen, weil der Hausmeister verschiedene Objekte im Streubesitz betreut.1 Dagegen bestehen Bedenken, da es sich um Auslagen handelt, ohne die die Hausmeistertätigkeit entweder nicht oder nur unwirtschaftlicher wahrgenommen werden könnte. Grenze ist auch hier die Wirtschaftlichkeit. Zu den Kosten des Hauswarts zählen ferner die auf die Hauswartswohnung2 entfallenden Betriebskosten, wenn sie vom Hauswart nicht gezahlt werden, weil er – als Teil seiner Vergütung – mietfrei wohnt, AG Köln WuM 1997, 273.

Andererseits ist der Hausmeister, wenn er zugleich Wohnungsmieter ist, an der Umlage der Hausmeisterkosten zu beteiligen, wenn nichts Abweichendes vereinbart ist (AG Stuttgart WuM 1997, 231). 102

Die Wirtschaftlichkeit der Hausmeisterkosten wird hauptsächlich an zwei Kriterien gemessen, nämlich der Erforderlichkeit, überhaupt einen Hausmeister einzustellen, und der Ortsüblichkeit des Kostenansatzes. Eine wirtschaftliche oder praktische Notwendigkeit für die Einstellung ist nicht erforderlich, BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290, 291 = ZMR 2004, 430.

Zum Erfordernis, den ortsüblichen Kostenrahmen zu beachten, s. LG München I NZM 2002, 286, AG Münster WuM 2002, 339, AG Erfurt WuM 2003, 358, AG Wetzlar WuM 2004, 339.

Um prüfen zu können, ob es wirtschaftlich ist, einen Hausmeister zu beauftragen, muss der Vermieter substantiiert Angaben zu den vom Haus1 Langenberg Betriebskostenrecht A 117 S. 46; Schmid Rn. 5347; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3727. 2 Zu Rechtsproblemen der Hausmeisterwohnung s. ausführlich Riecke WuM 2003, 663.

536

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 103a

meister erbrachten Leistungen nach Art der Tätigkeit und Stundenaufwand machen, AG Wetzlar WuM 2004, 339.

Die Leistungsbeschreibung im Hausmeistervertrag ist lediglich ein Indiz für den Umfang der (nicht umlagefähigen) Kosten, BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 (Tz. 29) = WuM 2008, 285, 287.

Sind die Hausmeisterdienste nur mangelhaft erbracht worden, so berechtigt das den Mieter nicht, die Hausmeisterkosten zu kürzen; er kann stattdessen allenfalls mindern,1 AG Dresden WuM 2007, 8.

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (s. Rn. V 335) kommt erst dann zum Tragen, wenn der Vermieter trotz wiederholter Beanstandungen nichts unternimmt, um eine ordnungsmäßige Hausmeisterleistung, die den Kostenansatz rechtfertigt, sicherzustellen. Zur Wirtschaftlichkeit der Hausmeisterkosten im Übrigen s. Rn. V 354. cc) Abgrenzung von anderen Bewirtschaftungskosten Die formularmäßige vollständige Übertragung von „Kosten des Hausmeisters/ Betriebsabteilung“ in einem Mietvertrag über Gewerberäume ist als Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB gewertet worden, weil dadurch auch die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung ohne Risiko- und Kostenbegrenzung auf den Mieter abgewälzt würden,

103

OLG Düsseldorf – Beschl. v. 10.5.2007 – ZMR 2008, 45 = MietRB 2008, 11 (Kunze).

Für Mietverträge über Wohnraum folgt Entsprechendes selbst für Individualvereinbarungen aus § 556 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BGB, soweit der Kostenrahmen in § 2 Nr. 14 BetrKV überschritten wird. Kostenanteile für Reparaturen und Verwaltungstätigkeit sind daher herauszurechnen. Die auf Grund eines Hausmeisterdienstvertrages an ein Hausbetreuungsunternehmen geleisteten angemessenen Vergütungen kann der Vermieter also nur insoweit als Betriebskosten abrechnen, als sie dort zulässigerweise vereinbarte Hausmeisterleistungen betreffen. Hierzu gehören nicht Instandsetzung, Schönheitsreparaturen, Hausverwaltung (s. Rn. V 97), LG Frankfurt WuM 1996, 561, ebenso LG Wuppertal WuM 1999, 342 auch für Kosten für Werkzeuge, Geräte, Reparaturmaterial, AG Suhl WuM 2003, 452: Die Kosten der vom Hausmeister durchgeführten Wartung und Überprüfung technischer Einrichtungen sowie Kontrollen zur Feststellung von Mängeln gehören zu den Instandhaltungsarbeiten und sind von der Kostenumlage auszunehmen.

Auszusondern sind auch die Kostenanteile, die auf die Überprüfung der Brennstoffvorräte, das Auswechseln von Glühbirnen (OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – NZM 2000, 762). 1 A.A. Wall WuM 2007, 8, der den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit heranzieht.

537

103a

Rn. V 104 104

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Zur Verwaltungstätigkeit rechnen die Erstellung der monatlichen Wassergeldabrechnung, das Kassieren des Waschmaschinenentgelts sowie die Annahme und Weiterleitung von Störmeldungen an die Hausverwaltung, die Übergabe und Abnahme von Wohnungen und das Zeigen von Wohnungen, wenn sich Mietinteressenten melden, außerdem das Austragen von Schreiben an die Mieter, z.B. wegen Mieterhöhungen, Betriebskostenabrechnungen, Modernisierungsankündigungen u.Ä., s. auch LG Köln ZMR 1993 S. IV Nr. 23.

Zur Abgrenzung von anderen Bewirtschaftungskosten, insbesondere für Instandhaltung und Verwaltung, s. Rn. V 103. 105

Bislang konnte es genügen, dass der Vermieter die Kostenabgrenzung nach betriebsbezogenen Erfahrungswerten bzw. -quoten – nicht aber nach gegriffenen prozentualen Anteilen – vornehmen durfte.1 Hieran wurden zunehmend strengere Anforderungen gestellt, AG Köln WuM 2001, 515: Der Vermieter muss über einen längeren Zeitraum des Abrechnungsjahres mit Stundenangaben ausführen, welche Aufgaben der Hausmeister in welcher Zeit ausgeführt hat, wozu eine Buchführung unumgänglich ist; AG Osnabrück WuM 2004, 368: Der Vermieter muss zur Kostenabgrenzung über einen längeren Zeitraum innerhalb der Verbrauchsperiode Aufzeichnungen über die Tätigkeit und den Zeitaufwand des Hausmeisters machen.

Einschränkend: AG Ulm WM 1999, 402: Zur Abgrenzung der umlagefähigen Hausmeisterkosten von Verwaltungsleistungen darf der Vermieter konkrete prozentuale Erfahrungswerte heranziehen. Die Vorlage von Tagesrapporten des Hausmeisters als Nachweis für einzelne Tätigkeiten kann u.U. unzumutbar sein.

106

Setzte der Vermieter bestimmte prozentuale Werte an, so musste er beweisen, dass in den Hausmeisterkosten keine anderen Bewirtschaftungskosten enthalten sind. Vermochte er im Prozess den Ansatz der Abzüge für Verwaltungsund Instandsetzungskosten nicht zu begründen, so sollte der gesamte Kostenansatz entfallen, LG Berlin GE 2003, 257, LG Neuruppin WuM 2004, 50.

Demgegenüber ist nach neuerer Auffassung eine konkrete, betragsbezogene Kostenabgrenzung erforderlich, die zudem in der Betriebskostenabrechnung als formeller Abrechnungsbestandteil offen zu legen ist; danach hat der Vermieter sowohl die Gesamtbelastung, als auch die umlagefähigen Hausmeisterkosten in der Abrechnung auszuweisen, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen), BGH – Beschl. v. 11.9.2007 – WuM 2007, 575: Eine formell ordnungsmäßige Betriebskostenabrechnung erfordert bei sog. gemischten Kosten die Darstellung in der Abrechnung, um welchen Anteil die Gesamtkosten (hier: bei Verwaltungskosten als Teil der Hausmeisterkosten) bereinigt wurden.

1 S. dazu die Tabelle bei Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3729.

538

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 108

BGH – VU v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285: Nimmt der Vermieter bei den Kosten des Hauswarts einen pauschalen Abzug nicht umlagefähiger Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten vor, so obliegt es dem Vermieter auf Bestreiten des Mieters, die Kosten nachvollziehbar so aufzuschlüsseln, dass die nicht umlagefähigen Kosten herausgerechnet werden können.

Für einen pauschalen Kostenabzug ist mithin bei einem unterbliebenen oder in der Abrechnung nicht ausgewiesenen Vorwegabzug kein Raum (a.A. noch AG Hamburg-St. Georg WuM 2007, 446 für Abzug von 20%, im konkreten Fall sogar um 50%). Die Benennung des Hausmeisters als Zeugen zur Kostenabgrenzung ohne spezifizierten Sachvortrag ist schon bisher als unzulässiger Ausforschungsbeweis gewertet worden, AG Köln WuM 2001, 515, AG Osnabrück WuM 2004, 368.

Dementsprechend konnten und können Hausmeisterkosten nicht angesetzt werden, wenn die in ihnen enthaltenen Verwaltungskosten nicht geschätzt werden können, AG Köln WuM 2002, 615, ebenso AG Brühl WuM 1996, 628 für Instandhaltungskostenanteil.

Bestreitet der Mieter den vom Vermieter geltend gemachten Ansatz, indem er sich auf einen erfahrungsgemäßen prozentualen Anteil beruft, so ist es Sache des Vermieters zu beweisen, ob und welche Verwaltungs- und/oder Instandhaltungskosten mitangesetzt worden sind und ob die vom Mieter angesetzte Quote zu hoch ist,

107

LG Berlin GE 2002, 736, LG Neuruppin WuM 2004, 50: Hat der Mieter die Hausmeisterkosten um 25% wegen anteiliger Kosten für Verwaltung und Instandsetzung gekürzt, so muss der Vermieter die exakte Höhe darlegen, sofern er einen höheren Betrag beansprucht.

Es genügt ein Bestreiten mit „Nichtwissen“, BGH – VU v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285, 287.

i) Kosten des Betriebs einer Gemeinschaftsantenne oder eines Breitbandkabelanschlusses (§ 2 Nr. 15 BetrKV) Der Kreis der umlagefähigen Kosten ist durch die BetrKV um die Gebühren für Kabelweitersendungsvorgänge nach § 20b Urhebergesetz erweitert worden. Sind nach dem Mietvertrag die Kosten für die Gemeinschaftsantenne umlagefähig, so sind bei einer späteren Umstellung auf Breitbandkabel die dadurch entstehenden Betriebskosten ebenfalls umlagefähig; das wird aus einer ergänzenden Vertragsauslegung abgeleitet, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 (Tz. 27) = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851, ebenso AG Lörrach WuM 2005, 579 bei Umstellung des Kabelanschlusses auf Satellitenempfang.

Besteht ein Breitbandkabelanschluss, so kann das einmalige Anschlussentgelt auch dann nicht umgelegt werden, wenn es verrentet wird. Die laufenden Grundgebühren können bei preisgebundenem Wohnraum nicht auf diejenigen 539

108

Rn. V 109

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Mieter umgelegt werden, die dem Anschluss widersprochen haben (s. § 24 Abs. 2 NMV). Die laufenden Kosten des Sperrfilters in der breitbandverkabelten Wohnung, der allein die Versorgung des Mieters, der der Verkabelung widersprochen hat, mit den zuvor über die Gemeinschaftsantenne empfangenen Rundfunksendern sichert, können nicht ohne besondere Vereinbarung auf diesen Mieter umgelegt werden. Es handelt sich um Kosten, die anfallen, damit der Vermieter seine Pflicht wie bei der Gemeinschaftsantenne erfüllen kann, AG Freiburg WuM 1996, 285.

109

Denkbar ist, dass Kosten sowohl für eine Gemeinschaftsantenne als auch einen Kabelanschluss anfallen, z.B. wenn ein Mieter der Verkabelung seiner Wohnung oder der Entfernung der Gemeinschaftsantenne mit Erfolg widersprochen hat.1 Er kann dann gleichwohl nur mit demjenigen Kostenanteil belastet werden, der nach dem vereinbarten Umlagemaßstab auf seine Wohnung entfällt, selbst wenn er der einzige Nutzer der Antenne sein sollte.

110

Bei Einführung von digitalem Fernsehen hat der Mieter keinen Anspruch darauf, von den bisherigen Kosten freigestellt zu werden, weil er sich die vom Vermieter vorgehaltene Leistung nunmehr mittels einer Set-Top-Box und einer Zimmerantenne auf Dauer billiger verschaffen kann; denn Leistungsgegenstand bleibt der vom Vermieter weiter zu gewährende Fernsehempfang.2 Das soll selbst dann gelten, wenn der Vermieter den Anbieter wechselt und dies mit Mehrkosten für den Mieter verbunden ist, AG Münster NZM 2007, 771 = ZMR 2007, 707,

ebenso, wenn der Vermieter die Satellitenanlage auf digitalen Empfang umstellt, obgleich der Mieter bereits über eine eigene analoge Satellitenanlage verfügt, AG Steinfurt WuM 2008, 283.

Allerdings kann sich aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ergeben, dass der Vermieter gehalten ist, den Betrieb einzustellen, wenn ein Bedarf nicht mehr besteht. Dafür ist jedoch grundsätzlich das Einverständnis der Mieter erforderlich. 110a

Entstehen die Betriebskosten für einen Breitbandkabelanschluss neu und sind diese vertraglich umlagefähig, ohne dass jedoch ein Umlageschlüssel vereinbart ist, so kann der Vermieter diese Kosten nach der Anzahl der Wohnungen anstatt nach § 556a Abs. 1 BGB flächenanteilig umlegen. Das wird aus einer ergänzenden Vertragsauslegung gefolgert, die den Vorrang vor dem gesetzlichen Maßstab hat, da sie zu einem sachgerechteren Ergebnis führt und deshalb eher dem mutmaßlichen Interesse der Parteien entspricht, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 (Tz. 28) = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851. 1 Langenberg Betriebskostenrecht A 125 S. 48. 2 S. dazu auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3799.

540

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 113

j) Kosten des Betriebs der Einrichtungen für Wäschepflege (§ 2 Nr. 16 BetrKV) Nicht umlagefähig sind die Kosten, die dem Vermieter dadurch entstehen, dass er zum Zwecke der Umlage ermitteln und berechnen muss, welche Mieter in welchem Umfang die Einrichtungen genutzt haben; denn bei diesem Aufwand handelt es sich um Verwaltungskosten,

111

AG Mülheim/Ruhr WuM 2000, 424.

Da die Anschaffungskosten in der Regel mit der Miete bezahlt sind, kann der Vermieter die Kosten hierfür grundsätzlich nicht in die Abrechnung einstellen, sofern nichts anderes vereinbart ist. Die ansatzfähigen Kosten beschränken sich dann auf die in § 2 Nr. 16 BetrKV aufgeführten laufenden Kosten, AG Hamburg WuM 2003, 565.

k) Sonstige Betriebskosten (§ 2 Nr. 17 BetrKV) aa) Begriff Durch § 2 Nr. 17 BetrKV sollte der Begriff der sonstigen Betriebskosten präzisiert, aber nicht erweitert werden.1

112

„Sonstige Betriebskosten“ müssen die Tatbestandsmerkmale des § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB erfüllen (s. Rn. V 4). Über den Umweg „sonstige Betriebskosten“ lassen sich also keine Kosten, die zu Verwaltungs- oder Instandhaltungskosten nach § 1 Abs. 2 BetrKV zählen, umfunktionieren. Das ist insbesondere beim Ansatz von Wartungs- und Nachschaukosten zu beachten, aber auch umstritten.2 Zum Teil wird hierzu die Auffassung vertreten, dass nur die Kosten der Überwachung und Pflege, Reinigung und Einstellung solcher Anlagen umlegbar sind, die der Mieter selbst nutzen kann oder ihm unmittelbar von Nutzen sind (s. dazu Rn. V 13).3 Dieser einschränkenden Auffassung folgt der BGH nicht. Er zieht die Grenze zwischen umlagefähigen Wartungskosten einerseits und Instandhaltungs- sowie Instandsetzungskosten andererseits dort, wo es um die Beseitigung von Mängeln geht, BGH – Urt. v. 7.4.2004 – DWW 2004, 188 = NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430: Bei den Kosten nach § 28 Abs. 1 II. BV muss es sich um Mängel an der Substanz der vermieteten Immobilie oder ihrer Teile handeln. Daher ist für die Dachrinnenreinigung zu unterscheiden, ob sie in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden muss, etwa weil das fragliche Gebäude von einem hohen Baumbestand umgeben ist, oder ob eine einmalige Maßnahme aus bestimmtem Anlass oder gar eine bereits eingetretene Verstopfung beseitigt werden soll.

Problematisch ist die Abgrenzung zu den nicht umlagefähigen sog. vorbeugenden Instandsetzungskosten. Hier soll es darauf ankommen, ob Erneuerungen schon vor dem Auftreten von Mängeln vorgenommen werden, etwa um einen 1 Amtl. Begründung zu § 2 Nr. 17 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 683. 2 S. dazu Derckx WuM 2005, 690. 3 Langenberg Betriebskostenrecht A 138 S. 54 f.

541

113

Rn. V 114

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Ausfall einer in absehbarer Zeit zu ersetzenden Einrichtung von vornherein zu verhindern, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 282 Tz. 12 = WuM 2007, 198 = ZMR 2007, 361 = MietRB 2007, 137 (Monschau) für Kosten des Elektro-Checks.

Dieses Kriterium ist unscharf. Stellt man deshalb stärker auf das Merkmal des regelmäßigen Anfalls der Kosten ab, so führt das zu einer weiteren Ausdehnung des Betriebskostenbegriffs. 114

Nicht geboten ist, dass es sich bei den sonstigen Betriebskosten betragsmäßig nur um kleinere Positionen handelt, OLG Celle – Urt. v. 16.12.1998 – WuM 2000, 130 = ZMR 1999, 238.

bb) Einzelfälle 115

Sonstige Betriebskosten müssen die Tatbestandsmerkmale des Betriebskostenbegriffs in § 1 Abs. 1 BetrKV erfüllen. Damit ist eine Einbeziehung anderer Bewirtschaftungskosten nicht zu vereinbaren.1 Leasingkosten gehören grundsätzlich nicht zu den umlagefähigen Betriebskosten, LG Bonn WuM 1989, 398 für Flüssiggastank, AG Bad Kreuznach WuM 1989, 310 für Gastank.

Zu den Ausnahmen s. Rn. V 25. aaa) Wartungskosten 116

Die bisherige Praxis hat die Abgrenzung zu anderen Bewirtschaftungskosten nicht immer beachtet und ist daher sehr unterschiedlich, zum Teil widersprüchlich. Zur Abgrenzung von nicht umlagefähigen Instandhaltungskosten s. Rn. V 10. Anerkannt sind: – Kosten der Dachrinnenreinigung (BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430, a.A. LG Berlin GE 1999, 1428, AG Halle-Saalkreis WM 1998, 379: Instandhaltungskosten), – Kosten für die Wartung der Feuerlöschgeräte (LG Berlin NZM 2002, 65), – Wartungskosten für die Lüftungsanlage (AG Köln ZMR 1996 S. XII Nr. 19), – Kosten für Brandschutzwartung (LG Köln WuM 1997, 230; a.A. LG Berlin NZM 2000, 27). Zu den umlagefähigen Kosten sind auch folgende Kosten zu rechnen: – wiederkehrende Kosten der Öltankreinigung (anders LG Landau WuM 2005, 720 = ZMR 2005, 871, AG Speyer WuM 2007, 575). 1 Zum Katalog der „sonstigen Betriebskosten“ s. Langenberg Betriebskostenrecht A 139 S. 55 ff.; Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 3934 f.; Schmid ZMR-Sonderdruck 12/2003 S. 15.

542

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 118

Auch regelmäßig anfallende Kosten für Überprüfung und Nachschau sind als umlagefähige Betriebskosten anerkannt worden. Selbst wenn der Vermieter durch solche Maßnahmen auch seiner Verkehrssicherungspflicht nachkommt, stehen die Kosten in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Grundstücks: – Kosten zur Überprüfung der elektrischen Anlage (BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 282 = WuM 2007, 198 = ZMR 2007, 361 = MietRB 2007, 137 [Monschau]); – Kosten der regelmäßigen Druck- und Dichtigkeitsprüfung der Gasleitungen (LG Hannover ZMR 2007, 865, AG Bad Wildungen WuM 2004, 669; anders AG Königstein/Ts. WuM 1997, 684, AG Kassel WuM 2006, 149); – Kosten der jährlichen Funktionsprüfung von Rauchmeldern: AG Lübeck NZM 2008, 929 = ZMR 2008, 302; – Kosten für vorbeugende Maßnahmen zum Korrosionsschutz der Wasserleitungen (anders AG Lörrach WuM 1995, 593, AG Regensburg WuM 1995, 319). Kosten der Beseitigung von Graffitis gehören dagegen nicht zu den umlagefähigen Kosten, sondern sind Kosten der Instandsetzung,1 AG Köln WuM 2001, 515, a.A. AG Berlin-Mitte GE 2007, 1259: Hausreinigungskosten, sofern es nur um die Beseitigung von Verschmutzungen geht und die Kosten regelmäßig anfallen.

bbb) Sicherungskosten Umstritten ist, ob Kosten für Wachdienste, Pförtner oder doorman-Leistungen als Betriebskosten angesetzt werden können.2 Dies wird in Zweifel gezogen, weil es sich hierbei ganz oder teilweise um Kosten der Verwaltung3 oder der Instandsetzung4 handele oder diese Kosten nicht objekt-, sondern personenbezogen5 seien. Gegen den Ansatz der Kosten für Bewachung und für Sicherheitsdienste,

117

OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.5.1991 – MDR 1991, 964, LG Hamburg ZMR 1997, 358, wenn die Sicherheitsprobleme schon bei Abschluss des Mietvertrages offenkundig bestanden und die Bewachung nicht zwingend erforderlich war; AG Köln WuM 2002, 337, 615, da es sich um Verwaltungskosten handele.

In diesem Zusammenhang kommt es indes nicht darauf an, ob die Kosten dem Sicherungsbedürfnis des Gebäudes oder seiner Nutzer dienen. Soweit es sich um gebäudebezogene Kostenanteile handelt, entstehen sie durch das Eigentum oder den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Grundstücks.6 Aber 1 Amtl. Begründung zur BetrKV, abgedruckt in WuM 2003, 679, 682 Nr. 9; Derckx WuM 2005, 690, 695. 2 Dazu ausführlich Schmid ZMR 2008, 98. 3 Schmid Rn. 5439. 4 Jedenfalls teilweise: Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 3968. 5 Langenberg Betriebskostenrecht A 142 S. 56, 57. 6 So auch Langenberg a.a.O.; s. dazu auch Drasdo NJW-Spezial 2006, 339.

543

118

Rn. V 119

Betriebskosten und ihre Abrechnung

auch soweit es sich um nutzerbezogene Kostenanteile handelt, sind diese als Betriebskosten, die im Zusammenhang mit dem bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes oder Grundstücks stehen, anzuerkennen, OLG Celle – Urt. v. 16.12.1998 – WuM 2000, 130, 132 Sp. 1 = ZMR 1999, 238, KG – Beschl. v. 2.10.2003 – GE 2004, 234: auch bei der Wohnraummiete, wenn eine entsprechende Vereinbarung besteht und die Situation des Mietobjekts eine Bewachung erfordert. OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 7.3.2006 – NZM 2006, 660 (LS): Die Kosten für einen Sicherheitsdienst („Wachmann“) sind – jedenfalls im gewerblichen Mietverhältnis – auf den Mieter umlegbar, und zwar auch kraft mündlicher Abrede; LG Köln WuM 2004, 400: Die Kosten des Wach- bzw. Sicherheitsdienstes sind als sonstige Betriebskosten insoweit umlagefähig, als der Dienst nicht dem Schutz der Gebäudesubstanz, sondern dem Schutz der Mieter dient; a.A. AG Erfurt WuM 2008, 303, da es sich um Serviceleistungen für die Bewohner und um Kosten der Sicherheit handelt.

Nach Auffassung des BGH können diese Kosten nicht zu den Hauswartskosten gerechnet werden. Sie können jedoch als sonstige Betriebskosten umlagefähig sein, wenn eine konkrete Notwendigkeit für solche Leistungen besteht, z.B. um die Sicherheit und Ordnung in der Anlage aufrechtzuerhalten und einem Sicherheitsbedürfnis der Mieter zu genügen. Diese Umstände müssen vom Vermieter dargelegt werden, BGH – Beschl. v. 5.4.2005 – NZM 2005, 452 = WuM 2005, 336 für Wohnraummiete, LG Berlin GE 2007, 656: wenn permanent die Gefahr besteht, dass sich unbefugte Personen Zutritt zum Gebäude verschaffen können; AG Hamburg-Barmbek WuM 2007, 289: wenn die Mieter Belästigungen durch Dritte – z.B. Drogensüchtige, Obdachlose – ausgesetzt sind oder bei hochpreisigen Wohnungen ein erhöhter Diebstahlanreiz besteht.

119

Ebenso können die Kosten für einen Pförtner jedenfalls bei einer großen Wohnanlage (über 500 Wohneinheiten) umlagefähig sein, LG Köln WM 1997, 230: Die Tätigkeit des Pförtners dient im Wesentlichen zur Kontrolle der Besucher und der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Interesse des Eigentümers und der sonstigen Interessen der Mieter, um zu verhindern, dass unerwünschte Personen in den Wohnhauskomplex eindringen, ebenso AG Köln ZMR 1993 S. IV Nr. 22; a.A. AG Köln ZMR 1994 S. IV Nr. 27.

Auch das ist jedoch nicht unbestritten.1 Für einen Ansatz spricht, dass auch im Rahmen der Hausmeisterkosten nutzerbezogene Kostenbestandteile enthalten sind, die weder als Verwaltungs- noch als Instandhaltungskosten gewertet werden können. Das gilt etwa für Kontrollgänge sowie die Überwachung der Sicherheit und Ordnung auf dem Grundstück.2 120

Unter den gleichen Voraussetzungen ist auch zu beantworten, ob die Kosten von Videoüberwachungsanlagen umlagefähig sind. Ein zusätzliches Problem stellt sich bei der Installation solcher Anlagen, da überwiegend angenommen 1 S. dazu eingehend und differenzierend Langenberg Betriebskostenrecht A 142 S. 56 f.; Schmid ZMR 2008, 98; anders noch ZMR-Sonderdruck 12/2003 S. 16 m.w.N. 2 Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3717.

544

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 122

wird, dass diese wegen der Persönlichkeitsverletzung unbeteiligter Dritter regelmäßig unzulässig sein wird (s. hierzu Rn. VII 241). Die Kosten eines doorman können umlagefähig sein, wenn die Vertragsparteien diese ausdrücklich in den Katalog der Nebenkosten aufgenommen haben und ein entsprechender Bedarf besteht. Der Anteil an Verwaltungs- und Reparaturleistungen ist herauszurechnen. Bloße Prozent-Angaben reichen dafür nicht. Entsprechendes gilt für den auf den Gewerberaummieter entfallenden Anteil,

121

LG Potsdam GE 2003, 743, LG Berlin GE 2007, 656; a.A. AG Berlin-Mitte NZM 2002, 523.

Die Umlage kann auch formularmäßig vereinbart werden, wenn die Bewachungskosten der Sicherheit der Mieter dienen sollen, AG Berlin-Mitte GE 2006, 1041.

Fraglich ist, ob die Kosten für die Beseitigung von Graffitis dann umlagefähig sind, wenn sie regelmäßig anfallen,

121a

so AG Berlin-Mitte GE 2007, 1259 unter Hinweis auf den Ansatz der Kosten für Sperrmüllabfuhr; a.A. AG Köln WuM 2001, 515.

Das ist zu verneinen; denn es handelt sich hierbei nicht um Kosten zur Vorbeugung oder Vermeidung von Schäden, sondern um solche der Schadensvermeidung, mithin um Instandsetzungskosten.1 cc) Vertragliche Umlagefähigkeit Sonstige Betriebskosten sind nur dann umlagefähig, wenn die Umlegung der im Einzelnen bestimmten Kosten mit dem Mieter vereinbart worden ist.2 Die pauschale Bezeichnung „sonstige Betriebskosten“ im Mietvertrag reicht für die Übertragung der Kosten auf den Mieter nicht aus; diese müssen vielmehr im Einzelnen im Mietvertrag aufgezählt werden. Die Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV bzw. den Betriebskostenkatalog in § 2 BetrKV genügt in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht; denn sie bezieht sich nur auf die Positionen unter Nr. 1–16. Lediglich in diesem Umfang erhält der Mieter hinreichende Klarheit, welche Nebenkosten auf ihn zukommen können, weil diese dort im Einzelnen aufgeführt sind. Das ist bei den Kosten in Nr. 17 nicht der Fall, BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 282 = WuM 2007, 198 = ZMR 2007, 361 = MietRB 2007, 137 (Monschau), BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571, OLG Oldenburg – Beschl. v. 22.2.1995 – WuM 1995, 430. 1 S. Amtliche Begründung zu § 2 Nr. 9 BetrKV, abgedruckt in WuM 2003, 675, 682; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 149; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3505; Walburg InfoM 2008, 216; zustimmend aber Warnecke WuM 2008, 273. 2 Zur Umlage neu eingeführter sonstiger Betriebskosten s. Blank NZM 2004, 651 und Rn. V 141.

545

122

Rn. V 123

Betriebskosten und ihre Abrechnung

3. Vereinbarung von Betriebskosten 123

Voraussetzung für die Umlage von Betriebskosten ist, dass die Miete so strukturiert ist, dass neben einer Grundmiete weitere Kosten auf den Mieter umlegbar sind. Zur Mietstruktur s. Rn. III 10 f. a) Bestimmtheit der Vereinbarung

124

Sowohl bei der Wohnraummiete als auch bei der Miete von anderen Räumen oder von unbebauten Grundstücken können nur diejenigen Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden, die im Mietvertrag als umlagefähig vereinbart sind. Dieser bisher schon geltende Grundsatz ist für die Wohnraummiete nunmehr in § 556 Abs. 1 BGB verankert. Zur Ausschließlichkeit des Regelungskatalogs in § 2 BetrKV s. Rn. V 1. Diesbezügliche Vereinbarungen müssen inhaltlich bestimmt sein, damit der Mieter das Kostenrisiko übersehen, insbesondere feststellen kann, mit welchen Kosten er zu rechnen hat;1 sie sind eng auszulegen (s. Rn. II 121 f.), BGH – Urt. v. 6.4.2005 – DWW 2005, 372 = NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844: Die von § 535 BGB abweichende Vereinbarung der Übernahme weiterer Kosten neben der Miete bedarf stets einer ausdrücklichen, inhaltlich bestimmten Vereinbarung. Nur dann ist es dem Mieter möglich, sich zumindest ein grobes Bild davon zu machen, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können.2 OLG Köln – Urt. v. 4.12.1990 – WuM 1991, 357, KG – Urt. v. 8.10.2001 – NZM 2002, 954, OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.9.2002 – ZMR 2003, 109, OLG Düsseldorf – Hinweisbeschl. v. 10.5.2007 – ZMR 2008, 45 = MietRB 2008, 11 (Kunze): Grundsätzlich muss ein Mieter nur die Nebenkosten tragen, die im Mietvertrag eindeutig auf ihn abgewälzt sind. Eine bloß pauschale Abwälzung „der Nebenkosten“ reicht im Regelfall nicht aus. Dies verstößt gegen § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters.3

Einschränkend für Mietverhältnisse über Gewerberaum, KG – Hinweisbeschl. v. 29.12.2006 – NZM 2008, 128 = ZMR 2007, 449, 450: Mit „Bewirtschaftungs- und sonstigen Verbrauchsabgaben“ in einem Gewerbemietvertrag ist dasselbe gemeint wie mit „Betriebskosten“ i.S. der Anlage 3 (Nr. 1–16) zu § 27 II. BV; dies ist von einem durchschnittlichen Gewerbemieter auch in diesem Sinne zu verstehen.

1 S. zu § 556 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 35; Staudinger/Weitemeyer Rn. 50; ferner Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1712 f., Beispiele: Rn. 1722 f. 2 Die beanstandete Klausel zur Umlage von Nebenkosten lautete: „b) Die Nebenkosten für das Einkaufszentrum betreffen insbesondere: ... g) Kosten der für das Gesamtobjekt notwendigen und/oder üblichen Versicherungen sowie alle für den Betrieb, die Unterhaltung, Bewachung und Verwaltung notwendigen Kosten einschließlich der Gestellung und Unterbringung des hierfür erforderlichen Personals.“ 3 Zum Fall: Die dem Vermieter von seinem Energieversorger berechneten und von ihm bezahlten Verlustzuschläge können nicht ohne besondere Vereinbarung auf den Mieter umgelegt werden; wenn der Mietvertrag eine Abrechnung nach Zwischenzählerständen des Mieters im Wege der Direktabrechnung vorsieht.

546

Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 126

Ebenso KG – Beschl. v. 12.2.2007 – NZM 2008, 128, durch den die Berufung des beklagten Mieters zurückgewiesen wurde. OLG Köln – Urt. v. 18.1.2008 – GuT 2008, 31 = MDR 2008, 680 = NZM 2008, 366 = MietRB 2008, 164, 166 (Kern): Der Mieter von Gewerberaum, der Größe und Art des vermieteten Objekts kennt, kann einer Betriebskostenregelung, wonach er neben der Miete Verwaltungskosten zu tragen hat, schon mit Blick auf § 1 II Nr. 2 BetrKV zumindest im Groben entnehmen, welche Belastungen ... auf ihn zukommen. Einer ... Regelung, die die genaue Höhe der Verwaltungskosten beziffert, selbst wenn sie dem Vermieter bekannt ist (hier: 5,5% der Bruttosollmiete), bedarf es nicht, um dem Transparentgebot in § 307 I 2 BGB zu genügen (s. dazu Rn. V 19).

Nach bisher schon h.M. reichte bei Wohnraummietverhältnissen die bloße Bezugnahme auf die Anlage 3 Nr. 1–16 zu § 27 II. BV für die Vereinbarung von Betriebskosten aus. Einer zusätzlichen Erläuterung des Betriebskostenkatalogs bei Vertragsschluss oder der Beifügung eines Abdrucks dieser Anlage bedurfte es nicht,1

125

BayObLG – RE v. 26.2.1984 – NJW 1984, 1761, OLG Hamm – RE v. 22.8.1997 – NZM 1998, 186 = WM 1997, 542,2 OLG Frankfurt – RE v. 10.5.2000 – NZM 2000, 757, OLG Celle – Urt. v. 16.12.1998 – ZMR 1999, 238, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – NZM 2000, 762 für Gewerberaum-Mietverhältnisse.

Nur wenn über den Betriebskostenkatalog der Nr. 1–16 der Anlage 3 zu § 27 II. BV hinaus weitere Nebenkosten umgelegt werden sollen, bedarf des dafür einer klaren, das Transparenzgebot wahrenden Vereinbarung, KG – Urt. v. 8.10.2001 – NZM 2002, 954, KG – Hinweisbeschl. v. 29.12.2006 – ZMR 2007, 449, 450.

Diese Auffassung ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass der Kernbereich der Betriebskosten nach Inhalt und Tragweite allgemein bekannt sei und die Verweisung auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV nur der Klarstellung und Abgrenzung diene. Damit soll sie dem Transparenzprinzip in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechen. Wünsche der Mieter keine nähere Aufklärung, so könne davon ausgegangen werden, dass er mit dem in der angegebenen Rechtsnorm definierten Begriff „Betriebskosten“ einverstanden sei. Dieser Auffassung hat sich der BGH ohne weiteres angeschlossen, BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571, BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350 (Tz. 15): Als vertragliche Regelung, die dem Vermieter die Umlage von Betriebskosten gestattet, genügt eine Verweisung im Mietvertrag auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV, sofern es sich nicht um „sonstige Betriebskosten“ i.S. von Nr. 17 dieser Anlage handelt.

Sie bezieht sich gleichermaßen darauf, dass auf den Betriebskatalog in § 2 BetrKV verwiesen wird. 1 So auch Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 51 m.w.N. 2 Die Formularklausel lautete: „Neben der Miete sind monatlich anteilig nach der Größe der Wohnfläche die Kosten für Betriebskosten gem. der II. Berechnungsverordnung Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 zu zahlen.“

547

126

Rn. V 126

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Dagegen bestehen angesichts der Komplexität der Regelung Bedenken, zumal es auf das Erkenntnisvermögen des durchschnittlichen Mieters ankommt, dem die Tragweite der Vorschrift regelmäßig nicht bekannt sein wird.1 Dies offenbart sich im Streit um Inhalt und Tragweite der einzelnen Betriebskostengruppen. Das Transparenzgebot erfordert es zumindest, dass der Katalog der Betriebskosten dem Mieter mitgeteilt wird. Hält man die Bezugnahme auf den Betriebskostenkatalog in der Anlage 3 zu § 27 II. BV oder in § 2 BetrKV für ausreichend, so ist zu beachten, dass diejenige Fassung maßgebend ist und bleibt, die bei Abschluss des Mietvertrages bzw. der Vereinbarung über die Umlage von Betriebskosten galt. Spätere Änderungen des Katalogs werden also nicht automatisch Vertragsbestandteil, BGH – Urt. v. 22.2.2006 – NZM 2006, 534 = WuM 2006, 322 = ZMR 2006, 595: Eine Vereinbarung im Mietvertrag, wonach der Mieter die Betriebskosten i.S. der Anlage 3 zu § 27 II. BV zu tragen hat, erlaubt dem Vermieter, der während des laufenden Mietverhältnisses den Betrieb einer im Haus vorhandenen Heizungsanlage auf einen Dritten überträgt (Wärmecontracting), dann nicht die Umlegung der Wärmelieferungskosten auf den Mieter, wenn die z.Z. des Vertragsabschlusses geltende Fassung der II. BV (hier vom 5.4.1984) eine Umlegung der Kosten der Wärmelieferung im Nahbereich nicht vorsah.

Sieht etwa ein Mietvertrag eine Kostenbeteiligung des Mieters bei der Versorgung mit Fernwärme vor, genügt dies nicht, um den Mieter mit Kosten zu belasten, wenn die Versorgung durch Nahwärme (Wärmecontracting) erfolgt, BGH – Urt. v. 20.6.2007 – WuM 2007, 445 Tz. 15 = ZMR 2007, 768: Dass in § 5 Nr. 6 des Mietvertrages auch die Kostentragung einer Versorgung mit Fernwärme/Fernwarmwasser geregelt ist, ist hier nicht von Bedeutung; denn die Versorgung mit Wärme und Warmwasser erfolgt im Streitfall nicht mittels Fernwärme, sondern durch sog. Nahwärme.

Ob dem durch den Klauselzusatz „... in der jeweils geltenden Fassung“ begegnet werden kann, erscheint zweifelhaft; denn dem Zusatz fehlt die nach § 307 Abs. 1 BGB gebotene Transparenz. Durch eine Mehrbelastungsklausel (s. Rn. V 141) können jedoch nach Vertragsschluss entstandene Kosten auf den Mieter umgelegt werden. Eine Anpassung des Betriebskatalogs an veränderte Verhältnisse kann auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung erreicht werden, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571: Eine Klausel, nach der die Kosten einer Gemeinschaftsantenne umlagefähig sind, kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin ausgelegt werden, dass die Betriebskosten für den Breitbandkabelanschluss umgelegt werden können, wenn die Gemeinschaftsantenne beseitigt wird und die Mietwohnungen stattdessen an das Breitbandkabelnetz angeschlossen werden. AG Lörrach WuM 2005, 579 bei Umstellung von Kabel- auf Satellitenempfang.

1 Blank/Börstinghaus BGB § 556 Rn. 82; Pfeilschifter WuM 2002, 73, zweifelnd auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 45; andererseits Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 51; Heinrichs NZM 2003, 6, 11; Fritz NZM 2002, 713.

548

Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 128

Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auch auf Inhalt und Umfang der einzelnen Betriebskosten, wenn es um Gewerberaummiete geht,1

127

KG – Urt. v. 8.10.2001 – NZM 2002, 954: Auch wenn im Gewerbemietverhältnis die Umlage von Betriebskosten frei vereinbart werden kann, bedarf es gleichwohl einer transparenten Vereinbarung, die den Mieter das Kostenrisiko überschauen lässt. Daran gemessen gilt: a) Eine Position „Centermanagement“ muss den Inhalt der Leistungen, die damit erfasst werden, erkennen lassen; b) eine Position „Raumkosten“, mit der Kosten der im Zentrum liegenden Gemeinschaftseinrichtungen erfasst werden, können ein am Rande liegendes Lokal nicht betreffen; c) eine Position „Allgemeiner Service“ kann mit den Reinigungskosten der Ladenstraße und des Ärztezentrums Kosten enthalten, die ein am Rande liegendes Lokal nicht betreffen können; d) bei einer Position „Müllentsorgung“ muss klargestellt werden, inwieweit eine zulässige Selbstentsorgung berücksichtigt worden ist; bei „Versicherungskosten“ müssen diese aufgeschlüsselt werden; e) eine Position „Stromkosten“ muss erkennen lassen, inwieweit der jeweilige Mieter an ihnen beteiligt ist, und hinsichtlich der „Verwaltungskosten“ muss festgelegt werden, welche Kosten umgelegt werden dürfen; f) betreffen „Wartungskosten“ eine Lüftungsanlage, an der nicht alle Mieter eines Zentrums beteiligt sind, muss deren Umlagefähigkeit klargestellt werden. Dasselbe gilt auch für eine Position „Aufzug“.

Mit „Bewirtschaftungs- und sonstigen Verbrauchsabgaben“ in einem Gewerbemietvertrag soll dasselbe gemeint sein wie mit „Betriebskosten“ i.S. der Anlage 3 (Nr. 1–16) zu § 27 II. BV; dies soll von einem durchschnittlichen Gewerbemieter auch in diesem Sinne zu verstehen sein, KG – Hinweisbeschl. v. 29.12.2006 – ZMR 2007, 449, 450.

Bei Individualvereinbarungen – nicht aber bei Formularklauseln – können Zweifel an der ausreichenden Bestimmtheit durch Auslegung behoben werden. So kann die Vereinbarung, dass der Mieter die „Grundstücksabgaben“ zu tragen habe, dahin ausgelegt werden, dass hiervon auch die Grundsteuer erfasst wird, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.6.2000 – NZM 2001, 588 = ZMR 2000, 68, OLG Hamm – Urt. v. 26.4.2005 – ZMR 2005, 617: Hat der Mieter nach dem Vertrag die „Gemeindeabgaben“ zu tragen, so werden hierdurch alle laufenden Abgaben erfasst, die in die Ertragshoheit der Gemeinden fallen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu leistende Abgabe ihre rechtliche Grundlage in der Abgabenhoheit der Gemeinde hat oder durch Bundes- oder Landesgesetz geschaffen worden ist (hier: Grundsteuer).

Heißt es im Mietvertrag, dass der Mieter „sämtliche“ Nebenkosten zu tragen hat, und sind nur einige Nebenkosten hinter dem Wort „insbesondere“ oder vor dem Wort „etc.“ oder „u.a.“ beispielhaft genannt, so sind mangels hinreichender Bestimmtheit nur die genannten Positionen umlagefähig,2 1 S. Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 54 ff.; s. dazu die Beispiele bei Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1722 f. 2 So auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 37.

549

128

Rn. V 129

Betriebskosten und ihre Abrechnung

OLG Hamburg – Urt. v. 15.11.1989 – HmbGE 1990, 97, ebenso LG Berlin ZMR 2003, 427: Hat der Mieter nach dem Mietvertrag die „nachstehenden Nebenkosten“ zu tragen und sind in der entsprechenden Spalte nur für einige Betriebskostenarten Vorschüsse betragsmäßig ausgewiesen, so sind lediglich diese Betriebskosten auf den Mieter abgewälzt.

b) Anwendung der Betriebskostenverordnung 129

An die Stelle des § 27 II. BV ist mit Wirkung zum 1.1.2004 die BetrKV getreten. Durch die Neufassung des § 556 Abs. 1 BGB (s. Rn. V 1) ist sie in das BGB integriert worden. Sachliche Änderungen waren damit nicht bezweckt.1 Die BetrKV enthält keine Übergangsvorschrift, so dass sie auch auf solche Mietverhältnisse anzuwenden ist, die vor ihrem Inkrafttreten begründet worden sind. Ihre Anwendbarkeit auf das einzelne Mietverhältnis hängt von der jeweiligen Vertragsgestaltung ab.2 Sind im Mietvertrag die Kostenpositionen der bisher geltenden Anlage 3 zu § 27 II. BV aufgeführt, so bleiben die gleichen Positionen vereinbart, soweit sie mit dem Betriebskostenkatalog in § 2 BetrKV deckungsgleich sind; auf die unterschiedliche Normbezeichnung kommt es nicht an. Das gilt auch, wenn der Mietvertrag auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV Bezug nimmt, zumindest wenn diese dem Mietvertrag beigefügt ist. Sind nach dem Mietvertrag nicht alle umlagefähigen Betriebskosten als umlegbar vereinbart, so bleibt es auch unter der Geltung der BetrKV dabei; diese greift nicht in das Vertragsgefüge ein. Soweit der Katalog der Betriebskosten gegenüber demjenigen in der Anlage 3 zu § 27 II. BV erweitert worden ist,3 kann die Mehrbelastung je nach der Vertragsgestaltung auf den Mieter abgewälzt werden (s. Rn. V 141). c) Mitteilungspflicht bei preisgebundenem Wohnraum

130

Bei preisgebundenem Wohnraum muss beachtet werden, dass neben die Vereinbarung eine gesonderte Mitteilungspflicht über Art und Höhe der jeweils umzulegenden Betriebskosten tritt (§ 20 Abs. 1 NMV).4 Sie ist das Surrogat dafür, dass die Betriebskosten seit dem 1.5.1984 nicht mehr in der Wirtschaftlichkeitsberechnung auszuweisen sind.5 Hier genügt weder der pauschale Hinweis auf den Betriebskatalog in § 2 BetrKV (früher: Anlage 3 zu § 27 II. BV) noch die Angabe eines Gesamtbetrages (LG Hamburg ZMR 2005, 621). 1 S. dazu Langenberg NZM 2007, 65. 2 S. Blank/Börstinghaus BGB § 556 Rn. 84 ff.; Schmid Betriebskosten, ZMR-Sonderdruck Dezember 2003 S.18; Wall WuM 2004, 12. 3 Neu aufgenommen sind in § 2 BetrKV: Eichkosten für Kalt- und Warmwasserzähler (Nr. 2, 4a), Wartung von Gaseinzelfeuerstätten (Nr. 4d), Betrieb von Müllkompressoren, Müllschluckern und Müllerfassungsanlagen samt Berechnung und Aufteilung (Nr. 8), Elementarschadensversicherung (Nr. 13), Gebühren für Kabelweiterleitung nach § 20b UrheberG (Nr. 15a). 4 S. dazu Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 41; Lützenkirchen NZM 2008, 630. 5 § 27 Abs. 3 II. BV i.d.F. der Verordnung v. 5.4.1984 (BGBl. I 546, 548).

550

Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 131

Was die Höhe der Betriebskosten anbelangt, genügt nicht – wie bei der Angabe der Vorauszahlungen –, dass ein einheitlicher Betrag ausgewiesen wird. Hat der Vermieter die Mitteilung unterlassen, so ist die Umlage der Betriebskosten – selbst wenn sie vereinbart ist – preiswidrig und damit nach § 134 BGB unwirksam. Die nicht ordnungsmäßig nach Grund und Höhe spezifiziert mitgeteilten Kosten sind nicht umlagefähig. Die Mitteilung kann aber mit Wirkung für die Zukunft nachgeholt werden,1 OLG Oldenburg – Beschl. v. 14.3.1997 – WuM 1997, 609, LG Mannheim WuM 1994, 693: Die unwirksame Abrechnung kann als Mitteilung i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 3 NMV gewertet werden.

Für die Praxis empfiehlt es sich, die Mitteilungspflicht dadurch zu erfüllen, dass der Vermieter dem neuen Mieter die (um Namen und Vorauszahlungen geschwärzte) letzte Betriebskostenabrechnung des Mietvorgängers überlässt. d) Schlüssige Vereinbarung aa) Nachträgliche Vereinbarung ursprünglich nicht geschuldeter Betriebskosten Auf der Grundlage der Rechtsgeschäftslehre sind strenge Anforderungen an das Vorliegen einer Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten zu stellen, durch die Betriebskosten auf den Mieter abgewälzt werden. Das gilt insbesondere, soweit es auf einen rechtsgeschäftlichen Änderungswillen der Vertragsparteien ankommt.2 So ist das Zustandekommen einer stillschweigenden Vereinbarung daraus, dass der Mieter bislang nicht geschuldete Nebenkosten gezahlt hat, verneint worden, wenn der Mieter rechtsirrig meinte, diese Kosten zu schulden, OLG Hamm – Urt. v. 18.9.1980 – WuM 1981, 62, OLG Hamburg – Urt. v. 3.8.1988 – WuM 1988, 347: Sieht der Mietvertrag über Gewerberaum die Zahlung von Betriebskosten neben der Miete nicht vor, so kommt es nicht schon deshalb zu einer Vertragsänderung, dass der Mieter eine Betriebskostenabrechnung des Vermieters rechnerisch richtig stellt und ausgleicht, wenn er offensichtlich davon ausgeht, dass die Zahlungsanforderung des Vermieters vertragsgemäß ist;3 OLG Düsseldorf – Hinweisbeschl. v. 10.5.2007 – ZMR 2008, 45 = MietRB 2008, 11 (Kunze): Bei mehrjähriger Zahlung von bestimmten Positionen kann eine konkludente Vertragsänderung angenommen werden. Aus dem Verhalten des Mieters muss 1 Für rückwirkende Heilung: Lützenkirchen NZM 2008, 630; anders Blum WuM 2006, 656. 2 S. zu § 556 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 58; Staudinger/Weitemeyer Rn. 61; Artz NZM 2005, 367 = WuM 2005, 215; Schmid NZM 2003, 55; Sternel in FS Blank S. 421, 432 f.; differenzierend nach der Geschäftserfahrung des Mieters: Blank/Börstinghaus Rn. 83; differenzierend nach dem Verhalten des Mieters (Bestreiten anderer Mängel der Betriebskostenabrechnung, ohne den unberechtigten Ansatz zu rügen): Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1742 f. 3 Zum Fall: Der Mieter hatte dem Vermieter mitgeteilt, dass er die Nachzahlung „anerkenne“; das OLG hat das „Anerkenntnis“ dahin gewertet, dass nur rechnerisch Übereinstimmung erzielt worden sei.

551

131

Rn. V 132

Betriebskosten und ihre Abrechnung

sich jedoch schlüssig die Erklärung ergeben, dass eine Änderung der vertraglichen Vereinbarung gewollt ist. Eine zwei- bis dreimalige Zahlung reicht hierfür nicht aus (OLG Hamburg MDR 1988, 1059); OLG Naumburg – Urt. v. 3.4.2007 – ZMR 2007, 618: Zwar kann durch langjährige beanstandungslose Zahlung von Nebenkostenabrechnungen grundsätzlich stillschweigend eine Vereinbarung über die Umlegung auch solcher Positionen getroffen werden, die im schriftlichen Mietvertrag nicht ausdrücklich auf den Mieter abgewälzt worden sind. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Mieter mit Rechtsbindungswillen dazu hätte verpflichten wollen, abweichend vom Mietvertrag einen Pauschalbetrag für Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten zu übernehmen, sind nicht ersichtlich; auf Grund der Zahlungen auf die Nebenkostenabrechnungen durfte der Vermieter einen entsprechenden Rückschluss nicht ziehen; LG Mannheim NZM 1999, 365: Für eine Änderung der Umlagenvereinbarung reicht es nicht aus, dass der Vermieter eine nicht als umlagefähig vereinbarte Betriebskostenposition in die Abrechnung aufnimmt und der Mieter hiergegen keine Einwendungen erhebt. Das gilt auch dann, wenn dieses Verfahren über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren praktiziert worden ist; LG Landau ZMR 2001, 457: Auch wenn der Mieter über mehrere Jahre hinweg Betriebskostenabrechnungen ausgleicht, obwohl in diesen auch Kostenarten enthalten sind, die nach dem Mietvertrag nicht umgelegt werden können, folgt daraus nicht ohne weiteres eine Änderung des Mietvertrages. (Hier hatte der Mieter keinen Anlass, in der Abrechnungsweise des Vermieters ein Angebot zur Vertragsänderung zu sehen); ebenso LG Karlsruhe GuT 2002, 177, AG Mannheim DWW 2002, 36.

132

Anders kann es sich verhalten, wenn die Parteien die Frage der Betriebskostenumlage zuvor erörtert haben und der Vermieter auf Grund der Erörterung den Eindruck gewinnen konnte, dass der Mieter mit einer Erweiterung der Umlagen-Vereinbarung einverstanden ist. In diesem Fall kann in der Übersendung einer vom Mietvertrag abweichenden Betriebskostenabrechnung ein schlüssiges Angebot zum Abschluss eines Änderungsvertrages liegen, das der Mieter durch Zahlung des Abrechnungssaldos annimmt, LG Mannheim ZMR 1994 S. XVI Nr. 21.

133

Darin liegt ein Übergang zu derjenigen Auffassung, die stärker auf den Vertrauensschutz des Erklärungsempfängers abstellt. Er soll aus dem Zahlungsverhalten ableiten dürfen, dass der Leistende einer Vertragsänderung zustimmt. Dies entspricht der bisherigen Auffassung des BGH, BGH – Beschl. v. 29.5.2000 – NZM 2000, 961: Eine Vereinbarung über die Umlegung zunächst nicht als umlagefähig vereinbarter und auch nicht umgelegter Nebenkosten kann auch stillschweigend durch jahrelange Übung (hier: 6 Jahre) zustande kommen. – Der BGH ist davon ausgegangen, dass die Parteien sich durch jahrelange Übung stillschweigend darauf geeinigt haben, die von dem neuen Hauptvermieter des Beklagten (= Untervermieter) in Rechnung gestellten Nebenkosten auf den Kläger (= Untermieter) abzuwälzen. Auch stillschweigend abgegebene Willenserklärungen sind auszulegen aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Der Beklagte konnte das Verhalten des Klägers nur dahin verstehen, dass der Kläger mit der Abwälzung der erhöhten Nebenkostenabrechnungen einverstanden war. Ebenso im Ergebnis LG Saarbrücken NZM 1999, 408: Ist im mündlichen Mietvertrag eine Kaltmiete vereinbart und leistet der Mieter in 4 aufeinander folgenden Jahren auf Grund der vom Vermieter erstellten Abrechnungen Zahlungen auf bestimmte Betriebskosten, so liegt hierin eine konkludente Ergänzung und Konkretisierung des Mietvertrages.

552

Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 135

Der BGH hat seine Auffassung durch eine weitere Entscheidung bestätigt, BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 418 = WuM 2004, 292,1 s. auch OLG Naumburg – Urt. v. 17.1.2006 – NZM 2006, 630: Zar kann eine Vereinbarung über den Umfang der vom Mieter zu zahlenden Nebenkosten auch durch jahrelange Zahlung stillschweigend getroffen werden. In der Übersendung der Nebenkostenabrechnung, die auch andere als die im Mietvertrag auf den Mieter abgewälzten Kostenarten enthält, kann das Angebot des Vermieters gesehen werden, auch diese Kostenarten dem Mieter in Rechnung stellen zu können. Dieses Angebot kann der Mieter durch rügelose jahrelange Zahlung annehmen.

Kritik: Die Wertung des BGH setzt ein schutzwürdiges Vertrauen des Erklärungsempfängers voraus. Das wird aber im Regelfall zu verneinen sein, wenn der Vermieter – sei es auch nur fahrlässig – eine vertraglich vom Mieter nicht geschuldete Betriebskostenart in die Abrechnung einstellt, was der Mieter – ebenfalls fahrlässig – nicht beachtet. Hier liegt nämlich im Verhalten des Vermieters eine Verletzung der Pflicht zur ordnungsmäßigen Abrechnung, die eine Schadensersatzpflicht nach §§ 280, 281 BGB auslöst. Daraus kann zu seinen Gunsten kein Vertrauenstatbestand erwachsen, der seinerseits auch nicht mit der Rechtsgeschäftslehre in direkte Verbindung zu bringen ist.2 Unbestritten ist, dass eine einmalige Zahlung auf eine zu Unrecht in Rechnung gestellte Position nicht ausreicht, um einen Vertrauenstatbestand zu begründen. Abgesehen davon, dass ungewiss ist, wie viele Zahlungen vorliegen müssen, damit dem Vertrauenstatbestand die Rechtsqualität einer Annahmeerklärung zukommt, kann diese Erklärung nicht durch das Aufsummieren einzelner Teile (nämlich wiederholter Zahlungen) – sozusagen scheibchenweise – bewirkt werden.

134

Die Auffassung des BGH zur schlüssigen Vereinbarung von im Mietvertrag nicht vorgesehenen Nebenkosten steht nicht im Einklang mit seiner Auffassung zur schlüssigen Vereinbarung einer Mieterhöhung, wenn diese vom Vermieter einseitig angefordert und vom Mieter daraufhin geleistet worden ist (BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 735 = WuM 2005, 581, BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 514 = WuM 2007, 271,3 s. Rn. IV 4, 7). Dort hat der BGH zutreffend darauf abgestellt, ob – vom Empfängerhorizont des Mieters ausgehend – ein Änderungsangebot vorliegt, und ferner, dass eine Umdeutung einer einseitigen Erklärung in ein Vertragsangebot auch eine entsprechende Willensrichtung des Vermieters zumindest hilfsweise erfordert.

135

Auch der Hinweis auf die Entscheidung des BGH v. 29.5.2000 (NZM 2000, 961) hilft nicht weiter. Hier ging die Umlage nicht vereinbarter Betriebskosten 1 Zur Kritik an dieser Entscheidung: Kappus NZM 2004, 411; Schumacher WuM 2004, 507; s. auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 60. 2 S. auch OLG Naumburg – Urt. v. 17.1.2006 – NZM 2006, 630: Keine Umwandlung der Vereinbarung einer Betriebskostenvorauszahlung in eine Betriebskostenpauschale, weil der Vermieter es jahrelang unterlassen hat, über die Betriebskosten abzurechnen. 3 Leitsatz: Als einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung kann eine Erhöhungserklärung nach § 6 NutzEV grundsätzlich nicht in ein Angebot zum Abschluss eines Erhöhungsvertrages ausgelegt oder nach § 140 BGB umgedeutet werden, welches vom Nutzer durch Zahlung des geforderten Entgelts stillschweigend angenommen werden könnte.

553

Rn. V 135

Betriebskosten und ihre Abrechnung

mit einem Eigentumswechsel einher, was aus Laiensicht eher als ein Einschnitt in das Vertragsverhältnis angesehen werden kann. Ob durch den Vermieterwechsel und die Zahlung des Mieters an den neuen Vermieter ein Vertrauenstatbestand zu dessen Gunsten begründet wurde, mag zweifelhaft erscheinen, aber vielleicht noch anerkannt werden. Diese Konstellation war bei der Entscheidung des BGH v. 7.4.2004 (NZM 2004, 418) indes nicht gegeben. Dort handelte es sich um ein Wohnraummietverhältnis, und der Vermieter hatte selbst den Abrechnungsfehler begangen. Die Fälle sind also nicht miteinander vergleichbar, so dass die frühere Entscheidung die spätere nicht stützt. Eine Antwort auf die Frage, worin im zuletzt genannten Fall der Vertrauenstatbestand liegen soll, wenn der Vermieter selbst nicht geschuldete Posten zu Unrecht in die Abrechnung einstellt und der Mieter ahnungslos zahlt, ist der BGH schuldig geblieben. Eine andere Frage ist, ob etwaigen Rückforderungsansprüchen des Mieters der Einwand des unzulässigen widersprüchlichen Verhaltens gegenüber früherem Verhalten oder der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden könnte. Allerdings hat der BGH in seiner neueren Rspr. stärker den rechtsgeschäftlichen Erfordernissen Rechnung getragen: Zum einen kann von einem Angebot zur Abänderung des Mietvertrages nicht schon dann ausgegangen werden, wenn der Vermieter in Abweichung vom Mietvertrag Betriebskostenpositionen in die Abrechnung einstellt, die nicht als umlagefähig vereinbart sind. Zum anderen genügt es für einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Vermieters grundsätzlich nicht, dass der Mieter derartige Abrechnungen nicht beanstandet, insbesondere wenn sie ein Guthaben zu seinen Gunsten ausweisen, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NJW 2008, 283 (Tz. 18, 19) = NZM 2008, 81 = WuM 2007, 694 = ZMR 2008, 107: Ein Änderungsvertrag, der eine erweiterte Umlage von Betriebskosten zum Gegenstand hat, kann zwar grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen. Erforderlich ist dafür aber, dass der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage weiterer Betriebskosten zustimmt. Dafür reicht es grundsätzlich nicht aus, dass der Mieter Betriebskostenabrechnungen unter Einbeziehung bisher nicht vereinbarter Betriebskosten lediglich nicht beanstandet. Außerdem lässt sich aus der Sicht des Mieters die Übersendung einer Betriebskostenabrechnung, die vom Mietvertrag abweicht, schon nicht ohne weiteres der Wille des Vermieters entnehmen, eine Änderung des Mietvertrages herbeizuführen. Selbst wenn er darauf eine Zahlung erbringt, kommt darin zunächst allein die Vorstellung des Mieters zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein. Anders verhält es sich, wenn auf Grund besonderer Umstände der Änderungswille des Vermieters für den Mieter erkennbar ist.

Er hat seine Auffassung für den umgekehrten Fall seiner Einschränkung der Betriebskostenumlage bestätigt, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1302 (Tz. 10) = NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann): Ein die Umlage der Betriebskosten betreffender Änderungsvertrag kann grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen (BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NJW 2008, 283 = WuM 2007, 694 Tz. 18). Erforderlich ist dafür aber ein Verhalten der einen Vertragspartei, das aus der Sicht der anderen Partei einen entsprechenden Vertragsänderungswillen erkennen lässt.

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Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 138

bb) Nachträgliche Erlassvereinbarung Die Möglichkeit einer schlüssigen Vereinbarung kommt auch für den umgekehrten Fall in Betracht, dass vertraglich vereinbarte Nebenkosten lange Zeit nicht erhoben werden. In diesem Zusammenhang wird mit gleicher Elle zu messen sein,1

136

BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1302 (Tz. 10) = NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann), AG Neuss DWW 1990, 58: Der Vermieter ist berechtigt, die vertraglich vereinbarten Betriebskosten grundsätzlich auch dann zukünftig abzurechnen, wenn er dies ca. 10 Jahre nicht getan hatte; ebenso AG Neuss DWW 1996, 284, AG Dachau ZMR 1998, 440.

Im Zweifel wird es auch in diesem Zusammenhang an einem übereinstimmenden rechtsgeschäftlichen Änderungswillen der Vertragsparteien fehlen. Anders könnte es sich verhalten, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung maßgebend auf den Vertrauensschutz abstellt, AG Gießen NZM 2005, 217 = ZMR 2004, 824: Werden bestimmte Nebenkosten über Jahre hinweg nicht geltend gemacht, so gebietet es der Gleichheitssatz (in Anlehnung an BGH NJW-RR 2000, 1463, WuM 2004, 292), dass der Vermieter diese Betriebskosten auch in späteren Jahren nicht mehr geltend machen kann.

e) Folgen nicht eindeutiger Vereinbarung Fehlt eine klare Vereinbarung über die abzurechnenden Betriebskosten, so kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht:

137

Sind weder ein Katalog umzulegender Betriebskosten noch Vorauszahlungen eindeutig vereinbart, so ist von einer Inklusivmiete auszugehen, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – WuM 2004, 151: Eine Erhöhung wegen gestiegener Betriebskosten ist nur zulässig, wenn die Betriebskosten im Mietvertrag als Nebenkosten in Form einer Pauschale oder einer Vorauszahlung vereinbart sind. Durch einen Wohnungsmietvertrag, der als Miete nur einen bestimmten Betrag – hier zuzüglich Heiz- und Warmwasserkosten – vorsieht, werden im Regelfall alle umlagefähigen Betriebskosten mit abgegolten (§ 546 BGB a.F.).

Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter einmal über Betriebskosten abgerechnet und der Mieter den Abrechnungssaldo ausgeglichen hat, LG Detmold WuM 1991, 701.

Sind Vorauszahlungen vereinbart, ohne dass die umlagefähigen Betriebskosten eindeutig bestimmt sind, so sind die Vorauszahlungen im Zweifel als Betriebskostenpauschale zu behandeln,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.5.2002 – NZM 2002, 526: Die Regelung3 enthält mangels Spezifizierung der umlagefähigen Kostenarten keine wirksame Nebenkostenvereinba-

1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 62. 2 So auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 66. 3 Die Vertragsklausel lautete: „Zur Deckung der Nebenkosten wird vom Pächter eine monatliche Vorauszahlung von 500 DM geleistet“.

555

138

Rn. V 139

Betriebskosten und ihre Abrechnung

rung, so dass eine Abrechnung ausscheidet. Jedoch ist nach §§ 133, 157, 242 BGB davon auszugehen, dass die Parteien eine Nebenkostenpauschale vereinbart haben. Anderenfalls würde sich die Regelung als sinnlos erweisen; denn der Pächter bräuchte sonst überhaupt keine Zahlungen auf die Nebenkosten zu erbringen, ebenso AG München NZM 1999, 415, dagegen OLG Dresden – Urt. v. 20.6.2000 – NZM 2000, 827 = ZMR 2001, 266: Sieht der Mietvertrag zwar vor, dass der Mieter Nebenkosten vorauszuzahlen hat, enthält er jedoch keine Angaben darüber, welche Nebenkosten zu tragen sind (und ist der für die Auflistung der Betriebskosten vorgesehene Leerraum durchgestrichen), so schuldet der Mieter auch keine Vorauszahlungen; eine Umdeutung in eine Betriebskostenpauschale oder in eine Bruttokaltmiete soll dann nicht möglich sein;1 ebenso LG Mönchengladbach WuM 1992, 200.

Ist zwar eine eindeutige Betriebskostenvereinbarung getroffen, sind jedoch keine Vorauszahlungen vereinbart, so ist dies für die Umlage und die spätere Betriebskostenabrechnung unschädlich (s. Rn. V 267). 139

Schließlich kann bei unklaren vertraglichen Regelungen die jahrelange Handhabung durch die Vertragsparteien in einem bestimmten Sinne einen entscheidenden Anhaltspunkt dafür geben, wie die Parteien selbst die Regelung verstanden haben, was wiederum einen Rückschluss auf den Inhalt der entsprechenden Vereinbarung zulässt,2 so OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.5.2002 – GuT 2002, 178 = NZM 2002, 700 = ZMR 2003, 23 für die Abrede im Gewerberaummietvertrag über Teileigentum, der Mieter habe (neben im Einzelnen aufgeführten Betriebskosten) „alle hier nicht aufgeführten Kosten in Ansehung des Mietobjekts“ zu tragen, die mangels Bestimmtheit unwirksam ist; s. auch OLG Hamburg – Urt. v. 15.11.1989 – HmbGE 1990, 97; LG Berlin NZM 2002, 940 = ZMR 2002, 52: Haben die Parteien trotz Vereinbarung einer Bruttomiete im Mietvertrag über mehrere Jahre eine Abrechnung über Vorschüsse gehandhabt, so liegt darin eine konkludente Änderung des Mietvertrages dahin, dass auch künftig Vorschüsse zu zahlen sind.3

140

Hat es der Vermieter jahrelang unterlassen, über die Betriebskosten abzurechnen, so kommt es allein dadurch noch nicht zu einer schlüssigen Vertragsänderung dahin, dass die Vorauszahlungen als Pauschale anzusehen sind. Vielmehr bleibt es bei der Abrechnungspflicht des Vermieters (s. auch Rn. V 136), BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1302 = WuM 2008, 225 = ZMR 2008, 443, OLG Naumburg – Urt. v. 17.1.2006 – NZM 2006, 630: Mit dem Unterlassen der Abrechnung verstieß der Vermieter gegen seine vertraglichen Pflichten und will nunmehr daraus, dass der Mieter diesen Pflichtenverstoß nicht gerügt hat, einen rechtlichen Vorteil erlangen; LG Hamburg WuM 2005, 773, AG Hamburg ZMR 2005, 370.

Zur Auslegung, ob Betriebskostenvorauszahlungen oder eine Pauschale vereinbart sind, s. auch Rn. V 266. 1 S. zu § 556 BGB: Zustimmend: Staudinger/Weitemeyer Rn. 52; Kompaktkommentar/ Schmid Rn. 37; zu Recht ablehnend: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 66; ablehnend: Langenberg NZM 2000, 801. 2 S. zu § 556 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 80; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 55. 3 Zum Fall: Der Mietvertrag, der eine Bruttomiete vorsah, datierte aus 1988; seit 1995 leistete der Mieter Betriebskostenvorauszahlungen.

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Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 141

f) Nach Mietvertragsschluss eingeführte Betriebskosten Gilt eine Nettokaltmiete mit Betriebskostenvollumlage und entstehen dem Vermieter neue Betriebskosten, die vom vereinbarten Katalog der umlagefähigen Betriebskosten (s. Rn. V 125, 126) nicht erfasst sind, so muss die Umlage der neuen Betriebskosten ebenfalls vereinbart werden.1 Dies kann u.U. auch schlüssig erfolgen (s. Rn. V 131). Zur Einbeziehung nachträglich entstandener Betriebskosten sind Mehrbelastungsklauseln gebräuchlich (s. Rn. II 208). Sie gestatten es dem Vermieter, neu entstandene Betriebskosten auf den Mieter umzulegen, und sind bei der Wohnraummiete unter folgenden Voraussetzungen, die in der Klausel ihren Niederschlag gefunden haben müssen, zulässig: – Sie müssen sich auf Betriebskosten i.S. der §§ 1, 2 BetrKV (oder § 27 II. BV und Anlage 3) beziehen, – sie dürfen nur mit Wirkung für die Zukunft zu einer Mehrbelastung des Mieters führen, – sie müssen billigem Ermessen i.S. von § 315 Abs. 3 BGB Rechnung tragen. Die Mehrbelastung muss also zumindest den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entsprechen, s. BGH – Urt. v. 20.1.1993 – DWW 1993 74 = WuM 1993, 109, bestätigend: BGH – Urt. v. 21.1.2004 – WuM 2004, 151, 153 Ziff. II b, bb, ebenso: LG Limburg WuM 1999, 219.

Einen großzügigeren Standpunkt hat der BGH im Urt. v. 27.9.2006 (WuM 2006, 612 = ZMR 2007, 25) eingenommen, der als Korrektiv der Mehrbelastungsklausel den Hinweis auf die gesetzlichen Vorschriften genügen lässt.2 Sind im Mietvertrag die umzulegenden Betriebskosten aufgeführt, so ist die Klausel „Die Nebenkosten, die der Mieter trägt, umfassen alle im Vertrag erwähnten Kostenpositionen sowie alle während der Mietzeit neu hinzutretenden Kosten“ hinsichtlich „neu hinzutretenden Kosten“ so zu verstehen, dass neu anfallende Betriebskosten im Sinne der Vertragsbestimmung (hier: die Auflistung in der Anlage zum Mietvertrag) gemeint sind, OLG Stuttgart – Urt. v. 15.2.2007 – NZM 2007, 247 = WuM 2007, 199.

Zur Unwirksamkeit preisrechtlicher Mehrbelastungsklauseln s. Rn. II 208. Werden dagegen neue Betriebskosten eingeführt, deren Art im Mietvertrag schon vereinbart ist, so ist eine Mehrbelastungsklausel entbehrlich,3 BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417, 418 Ziff. II 2 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430: Auch wenn Hauswartskosten zunächst nicht angefallen waren, kann der 1 S. Blank NZM 2004, 651 zur Umlage neuer „sonstiger“ Betriebskosten. 2 Die Klausel lautet: „Werden öffentliche Abgaben neu eingeführt oder entstehen Betriebskosten neu, so können diese vom Vermieter im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften umgelegt werden.“ 3 Das gilt bei der Wohnraummiete etwa dann, wenn der Betriebskostenkatalog des § 2 Nr. 1–16 BetrKV vereinbart ist, nicht jedoch für die Umlage nicht im Mietvertrag festgelegter „sonstiger Betriebskosten“ i.S. von § 2 Nr. 17 BetrKV.

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Rn. V 142

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Vermieter diese umlegen, nachdem er sich entschlossen hat, einen Hauswart zu beschäftigen. Denn durch Bekanntgabe dieser Kosten durch Erklärung (nach der BetrKostUmlagenV) wurde dem Mieter vor Augen gehalten, dass er grundsätzlich verpflichtet war, eventuell anfallende Kosten zu bezahlen. BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851: Eine Vereinbarung in einem Wohnraummietvertrag, nach der der Mieter die Betriebskosten der Heizung „erläutert durch die Anlage 3 zu § 27 II. BV“ zu tragen hat, erlaubt dem Vermieter, der während des laufenden Mietverhältnisses den Betrieb einer im Haus vorhandenen Heizungsanlage einstellt und stattdessen Fernwärme bezieht, die Umlegung der Wärmelieferungskosten auf den Mieter, wenn die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende Fassung der II. BV bereits eine Umlegung der Kosten der Fernwärmelieferung vorsah (Anschluss an BGH – Urt. v. 22.6.2006 – NJW 2006, 2185 = WuM 2006, 322). BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350 zur Umstellung der Wärmeversorgung: In einer während des laufenden Mietverhältnisses erfolgten Umstellung der Wärmeversorgung liegt keine Änderung des Mietvertrages, wenn sich dieser – durch die Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 Satz 1 II. BV – von vornherein auf mehrere Arten der Wärmeversorgung bezieht und damit die jeweils entstehenden Kosten als umlagefähig vereinbart sind (BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NJW 2007, 3060 = WuM 2007, 571 Tz. 19).1

Etwas anderes soll sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH – Urt. v. 27.9.2006 – NZM 2006, 896 = WuM 2006, 612 = ZMR 2007, 252 ergeben; denn dort enthielt der Mietvertrag eine Mehrbelastungsklausel.3 142

Ist eine an sich gebotene Mehrbelastungsklausel nicht vereinbart, so kann ein Ergebnis, das ihr entspricht, über eine ergänzende Vertragsauslegung erzielt werden. Haben die Vertragsparteien nämlich eine Nettokaltmiete mit Betriebskostenvollumlage vereinbart, so würden neu entstehende Betriebskosten durch die Miete abzudecken sein; diese wäre dann aber keine Nettokaltmiete mehr, sondern eine Teilinklusivmiete. Sie entspräche indes nicht mehr der von den Vertragsparteien gewählten Mietstruktur sowie der von ihnen vorgenommenen Risikoverteilung. Bei der Wohnraummiete kommt hinzu, dass bei Geltung einer (Teil-)Inklusivmiete nach neuem Recht eine Mieterhöhungsmöglichkeit im Falle von Betriebskostensteigerungen nicht mehr vorgesehen ist, OLG Köln – Urt. v. 13.7.1994 – ZMR 1995, 69:4 Die Regelung ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin zu vervollständigen, dass die nachträglich an1 Vorauszusetzen ist, dass der Katalog der in Bezug genommenen Betriebskostenaufstellung (z.B. die Anlage 3 zu § 27 II. BV) die Betriebskostenart enthält: BGH – Urt. v. 22.2.2006 – NZM 2006, 534 = WuM 2006, 322 für fehlende Umlagemöglichkeit der Kosten der Wärmelieferung im Nahbereich, wenn die veraltete Fassung der II. BV (aus 1984) derartige Kosten nicht enthielt. 2 Der amtliche Leitsatz lautet: Die Kosten einer Sach- und Haftpflichtversicherung, die der Vermieter während des bestehenden Mietverhältnisses für das Mietobjekt abschließt, können anteilig auf die Mieter umgelegt werden, wenn im Mietvertrag die Kosten einer derartigen Versicherung als umlagefähige Betriebskosten bezeichnet sind und dem Vermieter das Recht eingeräumt ist, auch neu entstehende Betriebskosten auf die Mieter umzulegen. 3 S. Milger NZM 2008, 1, 5; Blank NZM 2008, 745, 746. 4 Zum Fall: Der Vermieter hatte eine Ackerfläche an den Mieter vermietet, der auf der Mietfläche einen Parkplatz errichtet, wobei die Anlagen in seinem Eigentum bleiben

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Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 144

fallenden Schmutzwasser- und Straßenreinigungsgebühren vom Mieter dem Vermieter zu erstatten sind. Als redliche Geschäftspartner hätten die Vertragsteile bei einer angemessenen Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben eine solche Regelung getroffen, wenn sie die Regelungsbedürfigkeit erkannt hätten. Bei gewerblichen Mietverträgen der vorliegenden Art ist die Abwälzung der Nebenkosten auf den Mieter die Regel. Hier kommt hinzu, dass die Nebenkosten erst durch die Umgestaltung der Mietfläche durch den Mieter veranlasst wurden und nach Art und Umfang dem Einfluss des Vermieters entzogen waren; einschränkend LG Landau/Pfalz WuM 2005, 720 für die Umlage nachträglich entstandener Versicherungskosten: Fehlt eine Mehrbelastungsklausel, so kann dem Vermieter nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Blankoermächtigung erteilt werden, sofern die erhobenen Kosten nicht im Einklang mit den wirtschaftlichen Interessen des Mieters stehen.

Bei Mietverhältnissen über preisfreien Wohnraum können neue Betriebskosten in die Betriebskostenabrechnung für das laufende Wirtschaftsjahr eingestellt werden, ohne dass es einer vorherigen Ankündigung bedarf,

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BGH – Urt. v. 27.6.2006 – NZM 2006, 896 = WuM 2006, 612 = ZMR 2007, 25, BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350 bei Umstellung der Heizungsanlage auf Wärmecontracting (s. dazu Rn. V 553 f.).

Das gilt für den Fall, dass eine Mehrbelastungsklausel vereinbart ist, aber ebenso, wenn dies nicht der Fall ist, jedoch die neuen Betriebskosten ihrer Art nach schon im Mietvertrag als umlagefähig vereinbart sind (Rn. V 141).1 Die Regelung in § 560 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht entsprechend anzuwenden; denn der Mieter muss von vornherein damit rechnen, dass während der Mietzeit neue Betriebskosten anfallen. Wirtschaftlicher Zweck der vereinbarten Vollumlage nebst Mehrbelastungsklausel ist es gerade, den Vermieter von später auftretenden Kostenbelastungen freizustellen. Fallen Betriebskosten durch Maßnahmen der Modernisierung oder der Energieeinsparung an, so ist der Vermieter berechtigt, diese Kosten auf den Mieter abzuwälzen. Das soll selbst dann gelten, wenn zwischen den Parteien eine Bruttomiete vereinbart ist, und folgt aus einer ergänzenden Vertragsauslegung oder wird schlicht aus Treu und Glauben abgeleitet (s. Rn. IV 396),2 BGH – Urt. v. 21.1.2004 – WuM 2004, 151, 153 Ziff. II 2c für Betriebskosten eines nach Vertragsabschluss eingebauten Aufzuges. LG Berlin ZMR 2005, 192: Löst eine Modernisierung (hier: Einbau einer Gaszentralheizung) laufende Betriebskosten aus, so ist der Vermieter auch dann zur Forderung von Betriebskostenvorauszahlungen berechtigt, wenn eine Bruttomiete vereinbart ist. Der Anspruch folgt aus § 556a Abs. 2 BGB: Wenn der Vermieter die neu eingeführten

sollten. Zwischen den Parteien galt eine Inklusivmiete. Infolge der baulichen Maßnahme des Mieters fielen für den Vermieter später öffentliche Gebühren für die Entsorgung des Oberflächenwassers und für Straßenreinigung an. Der Vermieter gab diese Belastungen an den Mieter weiter, der diese zunächst ausglich. 1 S. zu § 560 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 13; Staudinger/Weitemeyer Rn. 1; ferner Blank NZM 2007, 233, der eine Mehrbelastungsklausel für überflüssig hält, weil die Umlagebefugnis schon aus § 556 Abs. 3 BGB folge. 2 Langenberg Betriebskostenrecht C 17 S. 106.

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Rn. V 145

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Heizkosten umlegen darf, so gilt dies auch für die Anforderung angemessener Vorauszahlungen,1 AG Lübeck NZM 2008, 929 für Wartungskosten des Rauchmelders.

Zu beachten ist, dass die künftige Entstehung dieser Kosten und voraussichtliche Höhe nach § 554 Abs. 3 BGB angezeigt werden müssen (s. dazu Rn. IV 397). Die neu eingeführten Betriebskosten wirken nicht erst zum Zeitpunkt der künftigen Mieterhöhung nach § 559b Abs. 2 BGB, sondern ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter die Maßnahme nutzen kann. Kommt es nicht zu einer Mieterhöhung, so richtet sich der Wirkungszeitpunkt nach der Frist aus § 560 Abs. 2 Satz 1 BGB. 145

Werden Betriebskosten neu eingeführt, so erwächst daraus dem Vermieter von Wohnraum kein Anspruch, die Betriebskostenvorauszahlungen im Verlauf der Verbrauchsperiode zu erhöhen (s. § 560 Abs. 4 BGB und Rn. V 280). Unbenommen bleibt den Parteien zu vereinbaren, die Vorauszahlungen aus Anlass der Kostensteigerungen mit sofortiger Wirkung zu erhöhen.

146

Unabhängig davon, ob eine Mehrbelastungsklausel vereinbart ist, wird die Auffassung vertreten, dass der Vermieter bei Einführung neuer sonstiger Betriebskosten diese mittels einer „entsprechenden schriftlichen Erklärung gemäß § 560 Abs. 1 BGB“ auf den Mieter verlagern könne, BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417, 418 Sp. 1 a.E. = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430 für die Neueinführung von Kosten der Dachrinnenreinigung.

Jedoch bestehen Bedenken, die für die Erhöhung einer Betriebskostenpauschale geltende Regelung auf die Umlage neu eingeführter Betriebskosten entsprechend anzuwenden. Abgesehen von dem erheblichen strukturellen Unterschied zwischen beiden Formen der Betriebskostenumlage gewährt § 560 Abs. 1 BGB dem Vermieter kein gesetzliches Erhöhungsrecht, sondern setzt eine entsprechende Vereinbarung voraus. Sie liegt entweder in dem vereinbarten Betriebskostenkatalog Nr. 1–16 der Anlage 3 zu § 27 II. BV bzw. § 2 BetrKV oder in einer Mehrbelastungsklausel. Fehlt es an beidem, so kann man schwerlich eine gesetzlich zugelassene vertragliche Erhöhungsbefugnis in eine gesetzliche Umlagebefugnis ummünzen. Eine Begründung für seine Auffassung gibt der BGH nicht. 147

Für den Ansatz neu eingeführter Betriebskosten in die Abrechnung kommt es nicht darauf an, ob diese Kosten auf Grund Gesetzes oder freier Entscheidung des Vermieters entstanden sind oder der Bedarf, der durch die Betriebskosten abgedeckt werden soll, schon bei Vertragsabschluss bestand, BGH – Urt. v. 27.9.2006 – NZM 2006, 896 = WuM 2006, 612 = ZMR 2007, 25 = MietRB 2007, 29 (Intveen) für Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung, BGH – Urt. v. 7.4.2004 – NZM 2004, 417 = WuM 2004, 290 = ZMR 2004, 430 für Hausmeisterkosten; anders LG Hamburg ZMR 1997, 358 für Bewachungskosten.

Dieser Umstand kann allenfalls bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Ansatzes (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB, s. Rn. V 335) erheblich werden. 1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 253.

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Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 151

Besonderheiten gelten bei preisgebundenem Wohnraum: Hier dürfen neue Betriebskosten durch einseitige Erklärung des Vermieters nach § 20 Abs. 1, 4 NMV in Verbindung mit § 4 Abs. 7 NMV, § 10 WoBindG angefordert und umgelegt werden. Sie müssen aber alsbald nach ihrer Entstehung angezeigt werden und dürfen nicht im Nachhinein einfach in die Betriebskostenabrechnung eingestellt werden. Eine rückwirkende Belastung ist nur unter den Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 8, 20 Abs. 4 NMV zulässig.

148

g) Nachbelastung mit Betriebskosten In der Praxis hat insbesondere der Fall der Grundsteuernachbelastung für vorangegangene Jahre Bedeutung. Ob der Vermieter berechtigt ist, die Nachbelastung dem Mieter zu überbürden, hängt von der Art des Mietobjekts und von der vereinbarten Mietstruktur ab.

149

aa) Preisgebundener Wohnraum Hier ist zunächst § 20 Abs. 4 NMV in Verbindung mit § 4 Abs. 7 NMV, § 10 Abs. 2 Satz 3 WoBindG einschlägig. Danach ist eine Nachbelastung an Betriebskosten ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung, längstens jedoch ab Beginn des Kalenderjahrs, das der Anforderung der Nachbelastung vorausgeht, zulässig. Voraussetzung für die Rückwirkung ist ferner, dass der Vermieter die Nachforderung innerhalb von 3 Monaten seit Kenntnis geltend macht. Unterlässt er dies, so kann er die erhöhten Kosten erst mit Wirkung für die Zukunft anfordern.

150

Ist zwischen den Parteien eine preisrechtliche Mietanpassungsklausel vereinbart, nach der die preisrechtlich jeweils zulässige Miete die Vertragsmiete sein soll (§ 4 Abs. 8 Satz 1 NMV, s. auch Rn. II 210), so gilt grundsätzlich nichts anderes (§ 4 Abs. 8 Satz 2 NMV). Eine weitergehende, zeitlich nicht begrenzte Nachforderung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Nachbelastung ist aber dann möglich, wenn der Vermieter die Nachforderung aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, erst nach dem Ende des auf die Nachbelastung folgenden Kalenderjahres geltend machen konnte. Insgesamt müssen hier also folgende Voraussetzungen gegeben sein: – Die Nachbelastung erfolgt für einen zurückliegenden Zeitraum, – zwischen den Parteien ist eine preisrechtliche Mietanpassungsklausel vereinbart, – der Vermieter kann die Nachforderung aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, erst nach dem Ende des auf die Nachbelastung folgenden Kalenderjahres geltend machen, – er macht sie innerhalb von 3 Monaten nach Wegfall der Hinderungsgründe geltend.1

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1 Beispiel nach AG Bielefeld NZM 2003, 22: Die Steuerbescheide für 1997 und 1998 gingen dem Vermieter am 20.3.2000 zu. Unter dem 23.3.2000 informierte der Vermie-

561

Rn. V 152

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Die Betriebskostennachforderung auf Grund einer Abrechnung wird wie eine Mieterhöhungsanforderung geltend gemacht. Daran ändert grundsätzlich nichts, dass über die Betriebskosten schon abgerechnet worden war, sofern der Erhöhungstatbestand erst später eingetreten ist. 152

Soweit Nachbelastungen zulässig sind, führt das zu einer Korrektur der bereits erteilten Abrechnungen. Die Nachbelastungsbeträge sind nicht etwa entsprechend dem Abflussprinzip in die aktuelle Abrechnung einzubeziehen. Das ist eine Folge des im Wohnraummietrecht geltenden Leistungsprinzips, LG Berlin GE 2000, 813; a.A. LG Berlin GE 1999, 1129 (ZK64) für Abrechnung nach dem Abflussprinzip. Die letztere Auffassung erscheint nicht richtig; denn sie führt dazu, dass von der Nachbelastung auch Mieter betroffen sein können, die erst später zugezogen sind. Deren Belastung widerspräche grob dem Grundsatz der Kostengerechtigkeit, der das Betriebskostenrecht beherrscht.1

153

Ist das Mietverhältnis schon beendet, so steht dem Vermieter kein Recht zur Nachbelastung des ausgezogenen Mieters mehr zu, LG Frankfurt a.M. NZM 2002, 336.

bb) Preisfreier Wohnraum aaa) Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale 154

Voraussetzung ist, dass die Erhöhung der Betriebskostenart, auf die sich die Nachbelastung bezieht, vereinbart ist (§ 560 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es gilt eine zeitliche Beschränkung auf den Beginn des der Anforderung vorausgehenden Kalenderjahres (§ 560 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Anforderung bedarf der Textform und muss den Grund für die Umlage bezeichnen sowie erläutern, d.h. auch nachvollziehbar berechnen (§ 560 Abs. 1 Satz 2 BGB, s. Rn. IV 421, 424). bbb) Vereinbarung einer (Teil-)Inklusivmiete

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Es ist zu unterscheiden, ob der Mietvertrag vor oder nach Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 abgeschlossen worden ist. Im ersteren Fall gelten die Regeln für die Betriebskostenpauschale in § 560 BGB entsprechend (Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB). Vorausgesetzt ist insbesondere, dass die Erhöhung der betreffenden Betriebskostenart vereinbart ist. Im letzteren Fall ist eine Nachbelastung – ebenso wie eine Mehrbelastung – ausgeschlossen, s. Rn. IV 431.

ter den Mieter darüber, dass er diese Nachbelastung mit der Betriebskostenabrechnung für 1999 umlegen werde. Die Betriebskostenabrechnung für 1999 erfolgte unter dem 30.6.2000. Das war eine Woche zu spät – die Klage des Vermieters wurde daher abgewiesen. 1 S. dazu Blank DWW 1992, 65: Gerechtigkeit und Praktikabilität der Betriebskostenabrechnung; zum Abflussprinzip s. Rn. V 323, 324.

562

Vereinbarung von Betriebskosten

Rn. V 158

ccc) Vereinbarung von Vorauszahlungen auf Abrechnungsbasis Es besteht keine gesetzliche Regelung für die Nachbelastung mit Betriebskosten. Unter der Geltung des § 4 MHG war diskutiert worden, die zeitliche Grenze, die für Nachbelastungen bei Vereinbarung einer (Teil-)Inklusivmiete in § 4 Abs. 3 MHG vorgesehen war, entsprechend anzuwenden,

156

LG Frankfurt a.M. WuM 2000, 423; anders LG Berlin GE 2000, 813 = MM 2000, 220, ebenso im Ergebnis AG Köln NZM 2001, 708.

Auch eine entsprechende Anwendung der Nachfolgeregelung in § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB wird befürwortet.1 Dies lässt sich indes nicht rechtfertigen, wie aus den unterschiedlichen Strukturen folgt. Zum einen wird innerhalb von § 560 BGB zwischen einer Betriebskostenpauschale und Betriebskostenvorauszahlungen unterschieden. Zum anderen bestehen zwischen beiden Instituten risikobedingt erhebliche Unterschiede. Bei der Betriebskostenpauschale ist die Leistung des Mieters sozusagen endgültig. Er braucht grundsätzlich nicht mit Nachbelastungen zu rechnen; vielmehr trägt der Vermieter das Kalkulationsrisiko. Der Vereinbarung von Vorauszahlungen haftet hingegen von vornherein das Vorläufige, die Möglichkeit der Nachbelastung an. Ein Vertrauensschutz auf die Endgültigkeit der Leistung besteht nicht. Den strukturellen Unterschieden hat der Gesetzgeber durch eine differenzierende Regelung Rechnung getragen, indem er unterschiedliche Anpassungsmodalitäten für die Pauschale in § 560 Abs. 1 BGB und für die Abrechnung auf Vorauszahlungsbasis in § 560 Abs. 4 BGB vorgesehen hat. Deshalb lässt sich im Wege eines Umkehrschlusses aus der begrenzten Rückwirkung der erhöhten Pauschale folgern, dass der Gesetzgeber für die Abrechnung auf Vorauszahlungsbasis keinen Regelungsbedarf gesehen hat, so dass auch nicht von einer planwidrigen Lücke ausgegangen werden kann,

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LG Halle WuM 2006, 643: Der Vermieter kann grundsätzlich bei einer nachträglichen Erhöhung der Grundsteuer eine schon bezahlte Betriebskostenabrechnung korrigieren und die erhöhten Kosten der Grundsteuer nachträglich umlegen. Die Rückforderung ist nicht gemäß § 560 Abs. 2 BGB auf den Zeitraum des Beginns des der Nachforderungserklärung des Vermieters vorausgehenden Kalenderjahrs begrenzt; ebenso LG Berlin GE 2005, 737, 1249.

Dies legt auch der BGH zugrunde, ohne allerdings diese Frage ausdrücklich zu behandeln, BGH – Urt. v. 5.7.2006 – NZM 2006, 740 = WuM 2007, 516 = ZMR 2006, 847 = MietRB 2007, 1, 2 (Intveen).2

Demnach ist der Vermieter berechtigt, Nachbelastungen auf den Mieter ohne zeitliche Begrenzung zu überbürden. Auch hier gilt, dass er die zurückliegen1 Langenberg Betriebskostenrecht C 51 S. 119; s. dazu auch Wall in BetriebskostenKomm. Rn. 2717 f. 2 Zum Fall: Der Vermieter erhielt im Jahr 2002 Grundsteuernachbelastungen für die Jahre 1998–2000, nachdem er über die Betriebskosten für jene Jahre schon abgerechnet hatte, und am 8.1.2003 eine Grundsteuernachbelastung für 2001, über die er am 28.10.2003 gegenüber den Mietern abrechnete.

563

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Rn. V 159

Betriebskosten und ihre Abrechnung

den Betriebskostenabrechnungen berichtigen muss und die Nachbelastung nicht in die aktuelle Betriebskostenabrechnung einstellen kann. Selbstverständlich ist, dass er nur diejenigen Mieter belasten darf, die im fraglichen Zeitraum ebenfalls schon seine Mieter waren. Kostenanteile infolge von Leerständen oder nicht auffindbaren Mietern hat er selbst zu tragen. Eine zeitliche Schranke für die Geltendmachung von Nachbelastungen ergibt sich aus den Grundsätzen der Verwirkung. Die kurze Frist von drei Monaten in § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB und § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV kann im Rahmen der Prüfung, ob eine Verwirkung vorliegt, ein Bewertungsfaktor dafür sein, dass der Vermieter die Nachforderung nicht zu lange seit Kenntnis von ihr hinausschieben darf, BGH – Urt. v. 5.7.2006 – NZM 2006, 740 = WuM 2007, 516 = ZMR 2006, 847 = MietRB 2007, 1, 2 (Intveen).

Soweit eine Nachbelastung zulässig ist, führt sie zu einer Korrektur der Betriebskostenabrechnungen aus der Vergangenheit. Es verhält sich insoweit ebenso wie bei preisgebundenem Wohnraum (s. Rn. V 152). Der BGH hat allerdings die Möglichkeit, nach dem Abflussprinzip abzurechnen, generell zugelassen (s. Rn. V 325), BGH – Urteile v. 20.2.2008 – NJW 2008, 1300 = WuM 2008, 223 = ZMR 2008, 444, 445; NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285 = ZMR 2008, 691.

cc) Gewerberaum 159

Gesetzliche Regelungen bestehen nicht, so dass es grundsätzlich auf die vertragliche Gestaltung ankommt. Fehlt diese – etwa in Form einer Mehrbelastungsklausel –, so ist eine Nachbelastung bei der Vereinbarung einer Inklusivmiete oder einer Betriebskostenpauschale nicht möglich, sofern nicht ausnahmsweise im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Belastung auf den Mieter abgewälzt werden kann (s. den Fall bei Rn. V 142). Dagegen kann der Vermieter bei Geltung einer Nettokaltmiete und Betriebskostenvollumlage die Nachbelastung an den Mieter weitergeben, ohne dass an sich eine zeitliche Rückwirkungsschranke besteht. Es verhält sich entsprechend wie bei Mietverhältnissen über nicht preisgebundenen Wohnraum. Auch hier bleibt dem Mieter der Verwirkungseinwand. Zur Auslegung von Mehrbelastungsklauseln bei der Grundsteuer s. Rn. V 32.

4. Umlagemaßstab 160

Der Umlagemaßstab ist ein wesentliches Element der Betriebskostenabrechnung. Wird er bei der Abrechnung schlechthin nicht beachtet, so ist diese nicht ordnungsmäßig und eine Nachforderung nicht fällig, soweit sie hierauf beruht (s. Rn. V 434). Bezieht sich die Anwendung eines unrichtigen Abrechnungsschlüssels nur auf einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung, so hindert das nicht die Fälligkeit der ansonsten ordnungsmäßigen Betriebskostenabrechnung, 564

Rn. V 159

Betriebskosten und ihre Abrechnung

den Betriebskostenabrechnungen berichtigen muss und die Nachbelastung nicht in die aktuelle Betriebskostenabrechnung einstellen kann. Selbstverständlich ist, dass er nur diejenigen Mieter belasten darf, die im fraglichen Zeitraum ebenfalls schon seine Mieter waren. Kostenanteile infolge von Leerständen oder nicht auffindbaren Mietern hat er selbst zu tragen. Eine zeitliche Schranke für die Geltendmachung von Nachbelastungen ergibt sich aus den Grundsätzen der Verwirkung. Die kurze Frist von drei Monaten in § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB und § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV kann im Rahmen der Prüfung, ob eine Verwirkung vorliegt, ein Bewertungsfaktor dafür sein, dass der Vermieter die Nachforderung nicht zu lange seit Kenntnis von ihr hinausschieben darf, BGH – Urt. v. 5.7.2006 – NZM 2006, 740 = WuM 2007, 516 = ZMR 2006, 847 = MietRB 2007, 1, 2 (Intveen).

Soweit eine Nachbelastung zulässig ist, führt sie zu einer Korrektur der Betriebskostenabrechnungen aus der Vergangenheit. Es verhält sich insoweit ebenso wie bei preisgebundenem Wohnraum (s. Rn. V 152). Der BGH hat allerdings die Möglichkeit, nach dem Abflussprinzip abzurechnen, generell zugelassen (s. Rn. V 325), BGH – Urteile v. 20.2.2008 – NJW 2008, 1300 = WuM 2008, 223 = ZMR 2008, 444, 445; NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285 = ZMR 2008, 691.

cc) Gewerberaum 159

Gesetzliche Regelungen bestehen nicht, so dass es grundsätzlich auf die vertragliche Gestaltung ankommt. Fehlt diese – etwa in Form einer Mehrbelastungsklausel –, so ist eine Nachbelastung bei der Vereinbarung einer Inklusivmiete oder einer Betriebskostenpauschale nicht möglich, sofern nicht ausnahmsweise im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Belastung auf den Mieter abgewälzt werden kann (s. den Fall bei Rn. V 142). Dagegen kann der Vermieter bei Geltung einer Nettokaltmiete und Betriebskostenvollumlage die Nachbelastung an den Mieter weitergeben, ohne dass an sich eine zeitliche Rückwirkungsschranke besteht. Es verhält sich entsprechend wie bei Mietverhältnissen über nicht preisgebundenen Wohnraum. Auch hier bleibt dem Mieter der Verwirkungseinwand. Zur Auslegung von Mehrbelastungsklauseln bei der Grundsteuer s. Rn. V 32.

4. Umlagemaßstab 160

Der Umlagemaßstab ist ein wesentliches Element der Betriebskostenabrechnung. Wird er bei der Abrechnung schlechthin nicht beachtet, so ist diese nicht ordnungsmäßig und eine Nachforderung nicht fällig, soweit sie hierauf beruht (s. Rn. V 434). Bezieht sich die Anwendung eines unrichtigen Abrechnungsschlüssels nur auf einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung, so hindert das nicht die Fälligkeit der ansonsten ordnungsmäßigen Betriebskostenabrechnung, 564

Umlagemaßstab

Rn. V 163

OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2003 – WuM 2003, 387 = ZMR 2003, 569, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.4.1993 – DWW 1993, 261 = WuM 1993, 411: Die Abrechnung ist nicht ordnungsmäßig, wenn der Vermieter vom vereinbarten Umlageschlüssel abweicht.

Bei der Wohnraummiete führt die Verwendung eines unrichtigen Umlagenschlüssels – z.B. eines anderen als des vereinbarten – nur zu einem inhaltlichen Fehler. Ist dagegen der Umlageschlüssel unverständlich, so handelt es sich um einen formellen Fehler, der nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr korrigiert werden kann (s. Rn. V 318, 437). a) Gesetzlicher Umlagemaßstab aa) Heizkosten Im Geltungsbereich der HeizkostenV wird durch §§ 7, 10 ein Rahmen für die Vereinbarung des Umlagemaßstabs für Heizung und Warmwasserversorgung gezogen: Mindestens 50%, höchstens 70% sind nach erfasstem Wärmeverbrauch zu verteilen, die übrigen Kosten nach Wohn- oder Nutzfläche oder nach umbautem Raum. Allerdings kann auch eine Kostenumlage ausschließlich nach Verbrauch vereinbart werden (§ 10 HeizkostenV, s. Rn. V 518).

161

bb) Preisgebundener Wohnraum Die Kosten für Wasserversorgung und Entwässerung sind verbrauchsabhängig abzurechnen, wenn das Gebäude bzw. die Wirtschaftseinheit vollständig mit Wohnungs-Wasserzählern ausgestattet ist (§ 21 Abs. 2 NMV). Die Kosten der Müllabfuhr sind nach einem Maßstab, der dem unterschiedlichen Verbrauch Rechnung trägt, oder nach dem Verhältnis der Wohnflächen umzulegen (§ 22a Abs. 2 NMV). Im Übrigen sind die Kosten anteilig nach Wohnfläche umzulegen (§ 20 Abs. 2 NMV). Bei gemischt genutzten Grundstücken kann eine Umlage auch nach dem Verhältnis des umbauten Raums erfolgen, jedoch nur dann, wenn sich nicht feststellen lässt, ob die Betriebskosten auf Wohnraum oder Geschäftsraum entfallen (§ 20 Abs. 2 Satz 2 NMV),

162

s. BGH – Urt. v. 29.9.2004 – WuM 2004, 666.

Zur Vorerfassung bei gemischt genutzten Grundstücken s. Rn. V 216 f. Für die Kosten des Aufzugs und den Betrieb einer Gemeinschaftsantenne sowie der Verteilanlage für Breitbandkabelempfang kann ein anderer Maßstab vereinbart werden (§§ 24, 24a NMV). Die Kosten des Betriebs maschineller Wascheinrichtungen dürfen nur auf die Benutzer der Einrichtungen umgelegt werden. cc) Preisfreier Wohnraum Grundsätzlich kann der Umlagemaßstab frei vereinbart werden. Nach § 556a Abs. 1 BGB gilt seit 1.9.2001 subsidiär ein Umlagemaßstab nach anteiliger Wohnfläche, sofern nicht ein gesetzlicher oder vertraglicher Maßstab vorgeht. Dem Vermieter von Wohnraum steht also bei fehlender Vereinbarung eines 565

163

Rn. V 164

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Umlagemaßstabs – anders als nach früherem Recht – kein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB zu. Dieses kann jedoch vereinbart werden, und zwar auch für den Fall der wiederholten Ausübung und Abänderung der einmal getroffenen Bestimmung (s. Rn. V 250 f.). Auch durch eine ergänzende Vertragsauslegung kann der gesetzliche Umlagemaßstab verändert werden (s. Rn. V 165). Ein gesetzlicher Umlagemaßstab ist für einen besonderen Fall vorgesehen: Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch (z.B. Wasser) oder einer erfassten Verursachung (z.B. Müll) abhängen, sind nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt (§ 556a Abs. 1 BGB). Im Gegensatz zu § 4 Abs. 5 MHG besteht also seit dem 1.9.2001 nicht nur ein Recht, sondern die Pflicht des Vermieters zur verbrauchsbezogenen Abrechnung. Allerdings begründet die Neuregelung keine Ausstattungspflicht. Ein Maßstab, der auf die Personenzahl in den Mietwohnungen oder auf die Anzahl der Haushalte abstellt, ist nicht verbrauchsabhängig (s. Rn. V 189). dd) Gewerberaum 164

Abgesehen von den Kosten für Heizung und Warmwasser, die nach Maßgabe der HeizkostenV abzurechnen sind, kann der Umlagemaßstab frei vereinbart werden. Ist keine Vereinbarung getroffen, so wird dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB eingeräumt (s. Rn. V 167). Der für die Wohnraummiete geltende subsidiäre flächenabhängige Maßstab nach § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB gilt nicht, wie aus § 578 BGB folgt. b) Vertraglicher Umlagemaßstab

165

Die Vereinbarung des Umlagemaßstabes bedarf der Form des Mietvertrages, soweit dieser – etwa nach § 550 BGB – formbedürftig ist; denn es handelt sich um einen wesentlichen Regelungspunkt. Inhaltlich muss der Umlagemaßstab allgemein verständlich sein; anderenfalls muss er erläutert werden, BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42.

Abgesehen davon, kann der Umlagemaßstab auch schlüssig vereinbart werden, etwa indem der Vermieter nach einem bestimmten Schlüssel abrechnet und der Mieter dies akzeptiert (s. Rn. V 255), BGH – Urt. v. 2.11.2005 – NZM 2006, 11 = WuM 2005, 776, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.3.2006 – WuM 2006, 381, LG Darmstadt NZM 2005, 453.1

Erforderlich ist dafür ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein. Es hängt vom Einzelfall ab, ob und wann aus der Häufigkeit der Abrechnung auf einen entsprechenden Willen zur Vereinbarung des Abrechnungsschlüssels geschlossen werden kann (s. auch Rn. V 131 f.). 1 Dazu ausführlich Wall WuM 2005, 645.

566

Umlagemaßstab

Rn. V 167a

Vorrang vor dem gesetzlichen Umlagemaßstab in § 556a Abs. 1 BGB hat auch ein Umlagemaßstab, der schlüssig oder im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung als vereinbart gilt; zu Letzterer:

165a

BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571: Eine Klausel, nach der die Kosten einer Gemeinschaftsantenne umlagefähig sind, kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin ausgelegt werden, dass die Betriebskosten für den Breitbandkabelanschluss umgelegt werden können, wenn die Gemeinschaftsantenne beseitigt wird und die Mietwohnungen stattdessen an das Breitbandkabelnetz angeschlossen werden. S. auch LG Darmstadt NZM 2005, 453.

Anders soll es sich bei einer nach Vertragsabschluss erfolgten Installation von Kaltwasserzählern verhalten, da hieraus noch nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Änderungswillen geschlossen werden könne, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GE 2008, 661 = MDR 2008, 735 = WuM 2008, 288.

Bei der Wohnraummiete gilt im Falle fehlender Vereinbarung die anteilige Wohnfläche als Umlagemaßstab (§ 556a Abs. 1 BGB). Die Auffassung, dass dem Vermieter hier ein Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB eingeräumt sei (s. noch LG Frankfurt a.M. NZM 1999, 1003 für preisgebundenen Wohnraum), ist durch die Neuregelung überholt. Zulässig ist jedoch – und zwar auch bei preisfreiem Wohnraum1 –, zugunsten des Vermieters ein Bestimmungsrecht zu vereinbaren; hierbei sollte klargestellt werden, ob es nur einmal oder wiederholt ausgeübt werden darf. Unabdingbar ist, dass es an das „billige Ermessen“ i.S. von § 315 Abs. 3 BGB geknüpft wird. Dies erfordert, dass der Maßstab nach objektiven Kriterien ausgerichtet und möglichst nah am Verbrauch orientiert ist,

166

KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423 für Grundsteuer bei der Gewerberaummiete.

Bei der Vermietung von Gewerberaum wird dem Vermieter bei fehlender Vereinbarung allerdings nach wie vor ein Bestimmungsrecht nach § 315 BGB eingeräumt,

167

OLG Düsseldorf – Beschl. v. 3.2.2000 – WuM 2000, 133 = ZMR 2000, 215: Enthält der Mietvertrag keine anderslautende Regelung, so ist der (gewerbliche) Vermieter nach §§ 315, 316 BGB berechtigt, den Jahresgesamtbetrag der als umlagefähig vereinbarten Kosten der Straßenreinigung/des Winterdienstes für ein Geschäftshaus mit Ladenpassage auf der Basis des Flächenmaßstabs nach Miettagen zeitanteilig auf den Mieter umzulegen, auch wenn dessen Mietzeit erst am 18. Juni begonnen hat; KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423: Ist ein konkreter Abrechnungsmodus für die Grundsteuer nicht vereinbart, so hat der Vermieter insoweit ein einseitiges Bestimmungsrecht im Rahmen billigen Ermessens nach §§ 315, 316 BGB.

Das Erfordernis einer vertraglichen Grundlage gilt auch für die Bildung von Wirtschaftseinheiten, AG Pinneberg WuM 2006, 379, AG Dortmund WuM 2008, 671 für Wohnraummiete.

Für die Gewerberaummiete kann dagegen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingreifen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.11.2002 – DWW 2003, 36 (LS): Bei fehlender Vereinbarung einer Einzelabrechnung für ein gewerblich vermietetes Gebäude kann der Ver1 Staudinger/Weitemeyer BGB § 556a Rn. 9.

567

167a

Rn. V 168

Betriebskosten und ihre Abrechnung

mieter durch einseitige Leistungsbestimmung nach §§ 315, 316 BGB mehrere Gebäude zu einer Abrechnungs- und Wirtschaftseinheit zusammenfassen. Dies setzt neben einer Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV voraus, dass die Gebäude einheitlich verwaltet werden, in einem unmittelbaren örtlichen Zusammenhang stehen und dass die einzelnen Gebäude gleichartig genutzt werden.

168

Das Bestimmungsrecht nach billigem Ermessen lässt dem Vermieter begriffsnotwendig einen bis an die objektiven Grenzen der Billigkeit reichenden Ermessensspielraum bei der Wahl der in Betracht kommenden Verteilungsschlüssel, so dass es im Streitfall zunächst dem Mieter obliegt, die Billigkeit der getroffenen Leistungsbestimmung substantiiert zu bestreiten. Ist das geschehen, ist es Sache des Vermieters, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Billigkeit seiner Leistungsbestimmung rechtfertigen, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 3.2.2000 – NZM 2001, 383 = WuM 2000, 133 = ZMR 2000, 215.

169

Von einem Leistungsbestimmungsrecht – sei es auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage (s. § 556a Abs. 2 Satz 2 BGB) – kann nur mit Wirkung für künftige Abrechnungszeiträume, also nicht etwa im Nachhinein anlässlich der Erstellung einer Betriebskostenabrechnung für einen vergangenen Abrechnungszeitraum, Gebrauch gemacht werden, OLG Hamburg – Urt. v. 8.1.1991 – WuM 1992, 76, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 12.3.2004 – ZMR 2004, 182.

170

Bei Vermietung von Wohnungs- oder Teileigentum kann als Umlageschlüssel das Verhältnis der Miteigentumsanteile vereinbart werden, sofern keine verbrauchabhängige Erfassung und Abrechnung erfolgt und keine Mietpreisbindung besteht, OLG Braunschweig – Urt. v. 27.11.1998 – WuM 1999, 173.

Unzulässig ist es daher, im Rahmen der Heizkostenabrechnung die Grundkosten anders als flächenabhängig abzurechnen.1 Häufig wird auch vereinbart, dass die Abrechung des WE-Verwalters bezüglich der Betriebskosten für den Mieter verbindlich sein soll. Ob derartige Vereinbarungen für nicht preisgebundenen Wohnraum zulässig sind,2 ist zweifelhaft (verneinend LG Hamburg WuM 2008, 727). Dafür spricht, dass durch die Verwalterabrechnung dem Mieter keine Einwendungen gegen die Abrechnung genommen werden, da die Anforderungen an eine ordnungsmäßige Abrechnung nicht abgesenkt werden, BGH – Urt. v. 23.11.1981 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207 = ZMR 1982, 108.

171

Geht eine derartige Individualvereinbarung in einem Wohnraummietvertrag hinsichtlich bestimmter Kosten über den Katalog der nach § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 2 BetrKV umlagefähigen Betriebskosten hinaus, so ist sie wegen ihrer Teilbarkeit nur insoweit nach §§ 134, 556 Abs. 3 BGB nichtig. Formularklauseln, in denen die Verwalterabrechnung ohne Beschränkung auf die umlage1 Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 7 Rn. 10. 2 Bejahend Abramenko ZMR 1999, 677; krit. Schmid ZMR 2008, 260, 262.

568

Umlagemaßstab

Rn. V 174

fähigen Betriebskosten für maßgebend erklärt wird, verstoßen gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sind vollen Umfangs unwirksam.1 Rechnet der Vermieter einer Eigentumswohnung die Betriebskosten entgegen einem vereinbarten flächenabhängigen Umlagemaßstab nach Wohnungseigentumsanteilen ab,2 so ist die Betriebskostenabrechnung fehlerhaft und eine hieraus resultierende Nachforderung nicht fällig,

172

LG München I ZMR 2003, 431.

Der Vermieter kann diesen Mangel jedoch auch noch nach Ablauf der Abrechnungsfrist in § 556 Abs. 3 BGB ohne Rechtsverlust, aber auch ohne Verbesserung des ursprünglichen Abrechnungsergebnisses korrigieren (s. Rn. V 419, 437), BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NZM 2005, 13 = WuM 2005, 61 = ZMR 2005, 121 unter Abänderung von LG Potsdam WuM 2004, 670.

Zur Umlage von Grundsteuer bei vermietetem Wohnungseigentum, wenn ein flächenabhängiger Umlagemaßstab vereinbart ist, s. Rn. V 31.

173

Handelt es sich um (gewerblich genutztes) Teileigentum, so kann der vermietende Teileigentümer mangels anderweitiger Vereinbarung gemäß den auf ihn entfallenden Miteigentumsanteilen abrechnen, sofern die Kosten nicht nach vorhandenen Verbrauchserfassungseinrichtungen oder nach der HeizkostenV umzulegen sind, OLG Braunschweig – Urt. v. 27.11.1998 – WM 1999, 173.

c) Umlage nach dem Flächenverhältnis aa) Flächenermittlung Bisher galten für die Ermittlung der Wohnfläche im preisgebundenen Wohnraum die §§ 42–44 II. BV a.F. Sie sind mit Wirkung ab 1.1.2004 durch die WoFlV abgelöst worden.3 Sie gilt ebenfalls nur für preisgebundenen Wohnraum. Nach der Überleitungsvorschrift in § 5 WoFlV bleibt es bei der bisherigen Wohnflächenberechnung, soweit diese bis zum 31.12.2003 nach der II. BV erfolgt ist. Die WoFlV ist nur dann anzuwenden, wenn bauliche Änderungen an dem Wohnraum vorgenommen worden sind, die eine Neuberechnung der Wohnfläche erforderlich machen (§ 42 Abs. 2 II. BV). Das gilt etwa für Erweiterungs- und Ausbaumaßnahmen, insbesondere aber für Neubauten. Durch Art. 9 des Föderalismusreform-Begleitgesetzes v. 5.9.20064 wurde § 19 WoFG

1 S. auch Riecke WuM 2003, 309, 311. 2 Dies geschieht häufig, wenn die Umwandlung in Wohnungseigentum der Vermietung nachfolgt. 3 Wohnflächenverordnung v. 25.11.2003 (BGBl. I S. 2346); s. dazu Eisenschmid WuM 2004, 3; Langenberg NZM 2004, 41. 4 BGBl. I 2098, 2101.

569

174

Rn. V 175

Betriebskosten und ihre Abrechnung

dahin geändert, dass die Landesregierungen mit Wirkung ab 1.1.2007 ermächtigt worden sind, Rechtsvorschriften zur Berechnung der Grundflächen und zur Anrechenbarkeit auf die Wohnfläche zu erlassen. Damit ist die Ermächtigungsgrundlage des Bundes zum Erlass der WoFIV entfallen. Jedoch wird diese bis zum Erlass der Landesverordnungen faktisch weiterhin beachtlich sein.1 175

Die Ermittlung der Grundfläche wird präzisiert und vereinfacht (§ 3 WoFlV): Sie ist nach lichten Maßen zwischen den Bauteilen zu ermitteln, und zwar entweder durch Ausmessung im fertig gestellten Wohnraum oder auf der Grundlage einer qualifizierten Bauzeichnung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 WoFlV). Der früher zulässige Putzabzug ist entfallen, ebenso die nur begrenzte Anrechnung der Flächen von Erkern und Wandschränken sowie der Fläche unterhalb von Treppen.

176

Zur Wohnfläche zählen nicht: die Flächen von Zubehörräumen wie Keller und Bodenräume (§ 2 Abs. 3 WoFlV). Dagegen werden die Flächen von Nebenräumen wie Abstellkammern und Schrankzimmern in die Flächenberechnung einbezogen (§§ 2 Abs. 3, 3 Abs. 2 WoFlV). Das Gleiche gilt für außerhalb der eigentlichen Wohnung belegene, aber zu ihr gehörende Mansardenräume.

177

Die Anrechnung der Grundflächen nach § 4 WoFlV entspricht im Kern der bisherigen Regelung: – Flächen mit einer lichten Höhe von mindestens 1 m und weniger als 2 m werden wie bisher nur zur Hälfte angerechnet, unter 1m überhaupt nicht, über 2 m vollen Umfangs; – Flächen von unbeheizten Wintergärten, Schwimmbädern und ähnlichen, nach allen Seiten geschlossenen Räumen (z.B. Hobbyräume, die den Anforderungen des Bauordnungsrechts genügen) werden ebenfalls zur Hälfte angerechnet. Die Flächen beheizter Wintergärten sowie beheizter Hobbyräume mit einer Mindesthöhe von 2 m, die in die Wohnung integriert sind,2 werden in die Wohnfläche voll einbezogen; die Beheizbarkeit bezieht sich auf den Anschluss an das Heizsystem für die Wohnung. Die Möglichkeit, einen Heizlüfter anzuschließen, genügt nicht;3 – Flächen von Balkonen, Loggien, Terrassen und Dachgärten werden im Regelfall zu einem Viertel, höchstens bis zur Hälfte – je nach Wohnwert (besonders gute Lage, aufwendige Gestaltung) – angerechnet. Aber auch eine Abweichung „nach unten“ soll in Ausnahmefällen bei nur sehr eingeschränkter Nutzbarkeit zulässig sein.4 Durch die Einbeziehung der Terrassen in die Wohnflächenberechnung ist der Hinweis auf gedeckte Freisitze überflüssig geworden. Dagegen regelt die WoFlV nicht die Berechnung von Dachterrassen.

1 2 3 4

Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 4007. BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441. Eisenschmid WuM 2004, 3, 5. Amtl. Begründung zu § 4 WoFlV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 681.

570

Umlagemaßstab

Rn. V 182

Hervorzuheben ist die Klarstellung, welche Wohnfläche für Wintergärten und „ähnliche, nach allen Seiten geschlossene Räume“ anzurechnen ist. Diese Räume sind aber nur zu berücksichtigen, wenn sie den Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder genügen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WoFIV), d.h. zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind.1 Zu abweichenden Vereinbarungen s. Rn. V 183.

178

Grundsätzlich ist auf die reale Wohnfläche und nicht auf die Angaben im Mietvertrag abzustellen,2

179

BGH – Urt. v. 7.7.2004 – NZM 2004, 699 = WuM 2004, 486, für Zustimmungsverlangen nach § 558 BGB: Wird der Berechnung eine zu große Wohnfläche zugrunde gelegt, so könnte der Vermieter damit eine Miete erzielen, die über der ortsüblichen läge. Dies soll durch § 558 BGB gerade verhindert werden.

Diese Aussage kann vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung (s. Rn. V 183 f.) auch für die Betriebskostenumlage gelten, OLG Hamburg – Beschl. v. 5.5.2000 – NZM 2000, 654 = WuM 2000, 348, AG Trier WuM 2006, 168, AG Holzminden WuM 2007, 197.

Das rechtfertigt sich aus der Notwendigkeit eines für die Abrechnung erforderlichen einheitlichen Maßstabs. Die Angabe von „Ca.-“Flächen im Mietvertrag ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung (s. Rn. VIII 119). Werden Räumlichkeiten in einem Altenheim (Seniorenwohnanlage, Altersheim) gemietet, so bestimmt sich die Wohnfläche nicht nur nach der anrechenbaren Grundfläche der Räume, die zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehen, sondern wird auch durch die zur gemeinschaftlichen Benutzung vorgehaltenen Flächen mitbestimmt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WoFlV),3

180

s. dazu AG Hamburg-Blankenese ZMR 2006, 782.

Stellt eine der Mietparteien während der Mietzeit auf Grund einer Neuvermessung fest, dass die für die Abrechnung der Betriebskosten maßgeblichen Flächenangaben falsch berechnet sind, so kann sie verlangen, dass die korrigierte Flächengröße einer erstellten oder noch zu erstellenden Abrechnung zugrunde zu legen ist. Dies gilt für den Vermieter aus Gründen des Vertrauensschutzes aber nicht rückwirkend. Zudem ist er zugunsten des Mieters auch zu einer entsprechenden Korrektur verpflichtet,

181

OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762.

Der Vermieter braucht die Umstellung auf die reale Fläche nicht anzukündigen, sondern kann sie in der nächsten Betriebskostenabrechnung berücksichtigen, AG Trier WuM 2006, 168.

Die Beweislast für die Größe der Wohnfläche und der Gesamtfläche trägt der Vermieter. Kommt es über die Größe der Gesamtfläche zum Streit, so ge1 S. dazu ausführlich Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 4031 f. 2 Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 4047. 3 S. Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 4250.

571

182

Rn. V 183

Betriebskosten und ihre Abrechnung

nügt der Vermieter seiner Beweisführungslast nicht, wenn er die von ihm behauptete Größe durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis stellt; denn dies würde zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis führen, LG Berlin MM 1999, 439, LG Köln ZMR 2001, 624.

Er muss vielmehr angeben, wie er zu der von ihm behaupteten Größe der Gesamtfläche gelangt ist. Den Mieter trifft allerdings die sekundäre Behauptungslast. bb) Vertragliche Gestaltung 183

Die Parteien können bei nicht preisgebundenem Wohnraum und Gewerberaum vereinbaren, welche Vorschriften der Wohnflächenberechnung zugrunde gelegt werden sollen, zumal sich ein allgemeiner Begriff für die Wohnflächenermittlung bislang nicht gebildet hat, BGH – Urt. v. 24.3.2004 – WuM 2004, 337 = ZMR 2004, 501, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441, AG Trier WuM 2006, 90, LG Trier WuM 2006, 376 für Vereinbarung der Flächenberechnung nach DIN 277.1

Insbesondere können sie vereinbaren, dass Raumflächen abweichend von den Berechnungsvorschriften zur Wohnfläche gezählt werden, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441,2 LG Berlin GE 2006, 1173, LG Itzehoe ZMR 2007, 40 jeweils für Räume im Souterrain.

Ist nichts anderes vereinbart, so können kraft Verkehrssitte (§ 157 BGB) die Regeln in §§ 42–44 II. BV entsprechend angewendet werden (BGH a.a.O.),3 an deren Stelle seit dem 1.1.2004 die Vorschriften der WoFlV getreten sind, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441: Der Begriff der Wohnfläche im Wohnraummietrecht ist auch bei freifinanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen und dementsprechend auf Grund der bis zum 31.12.2003 anwendbaren §§ 42–44 II. BV bzw. der ab 1.1.2004 geltenden WoFlV zu ermitteln, es sei denn, die Parteien haben dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen oder ein anderer Berechnungsmodus ist ortsüblich oder nach der Art der Wohnung näher liegend.

Das Gleiche gilt für die außer Kraft gesetzte DIN 283, soweit diese Norm regional ortsüblich ist (BGH – Urt. v. 23.5.2007, a.a.O.), so LG München I WuM 2006, 91 für München.

1 Zu Recht ablehnend: Eisenschmid WuM 2006, 241. 2 Für Souterrainraum als Schlafzimmer, beheizbar, mit einer Höhe von mehr als 2 m und einem Betonlichtschacht vor dem Fenster. 3 Zum Fall: Der Vermieter setzte bei der Ermittlung der Wohnfläche für eine Maisonettewohnung die Grundfläche gemäß DIN 277 ohne Rücksicht auf die Höhe der Räume (Dachschrägen) mit 109 qm an. Der Mieter berief sich auf die Flächenberechnung nach §§ 42 f. II. BV, die 89 qm ergab. Der Vermieter musste beweisen, dass die Parteien die Berechnung nach DIN 277 vereinbart hatten.

572

Umlagemaßstab

Rn. V 187

Die Anwendbarkeit der WoFlV führt nicht zwangsläufig zu einer Umstellung der Flächenberechnung in den Bestandsmietverhältnissen, die vor dem 1.1.2004 begründet worden sind. Vielmehr bedarf es hierfür einer eindeutigen – unter Umständen auch durch schlüssiges Verhalten begründeten – Vereinbarung. Bei Neuabschlüssen kann die Berechnung der Wohnfläche gemäß der WoFlV – wie erwähnt – über die Verkehrssitte als vereinbart gelten, sobald sich eine solche gebildet hat.

184

Indiz für eine Verkehrssitte kann sein, dass der örtliche Mietspiegel Hinweise zur Ermittlung der Wohnfläche enthält.1 Für die Berechnung von Gewerbeflächen, nicht jedoch für die Flächen von Wohnraum wird häufig die DIN 277 herangezogen, die lediglich auf die Grundflächen abstellt.2 Als Flächenmaßstab kommen ferner die gif-Richtlinien in Betracht, die auf den DIN 277 aufbauen.3 Vereinbarungen über die Maßstäbe der Flächenberechnung können in der Regel nur gewährleistungsrechtliche Bedeutung haben. Sie können dort nicht greifen, wo die Fläche den Maßstab für die Kostenverteilung bildet. Ist gleichwohl ein bestimmter Flächenmaßstab mit Geltung auch für die Betriebskostenumlage vereinbart, so ist eine Umrechnung auf einen einheitlichen Maßstab – in der Regel auf den ortsüblichen – geboten. Etwas anderes kann gelten, wenn für alle Wohn- oder Gewerbeeinheiten eines Gebäudes oder einer Wirtschaftseinheit der gleiche Flächenmaßstab vereinbart worden ist.

185

Bei der Miete von Gewerberaum können die Vertragsparteien eine bestimmte Fläche als Mietfläche vereinbaren, die von der realen Fläche abweicht,

186

s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.3.2006 – WuM 2006, 381: Enthält der Wohnungsmietvertrag allein die Vorgabe, dass Betriebskosten in Abhängigkeit von ihrem tatsächlichen Anfall anteilig durch die Mietpartei zu tragen sind, ohne nähere Eingrenzung, wie der entsprechende Anteil zu ermitteln ist, und haben sich die Parteien (hier durch Einigung auf die Wohnflächenbegrenzung des Steuerberaters) verbindlich auf eine Konkretisierung der maßgebenden Flächen und des daraus abzuleitenden Umlegungsmaßstabs geeinigt, muss sich der Mieter hieran festhalten lassen.

Auch bei Vermietung von preisfreiem Wohnraum wird es für zulässig gehalten, im Mietvertrag eine bestimmte Fläche zu vereinbaren, wenn sich aus der Vereinbarung eindeutig ergibt, dass diese Fläche in jedem Fall maßgebend sein soll, um spätere Streitigkeiten über die Flächengröße auszuschließen, KG – Urt. v. 28.11.2005 – NZM 2006, 296 = WuM 2006, 35 = ZMR 2006, 284, LG Köln WM 1993, 362.

Generell hat der BGH es nunmehr auch bei der Betriebskostenabrechnung im Rahmen von Wohnraummietverhältnissen zugelassen, Flächendifferenzen zwischen den Angaben im Mietvertrag und der tatsächlichen Fläche zuguns1 S. Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 4258. 2 S. dazu Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 4013, 4035, 4407. 3 S. Schul/Wichert ZMR 2002, 633, 637.

573

187

Rn. V 188

Betriebskosten und ihre Abrechnung

ten der vereinbarten Fläche zu berücksichtigen, wenn die Differenz nicht mehr als 10% beträgt,1 BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

Gegen diese Auffassung bestehen Bedenken. Sie beachtet nämlich nicht, dass die Mietfläche bei der Betriebskostenabrechnung nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Gesamtfläche des Gebäudes/der Wirtschaftseinheit zu sehen ist. Verfälscht man die Gesamtfläche, indem man die „vereinbarte Fläche“ in sie einbezieht, so wirkt sich das auf das Abrechnungsergebnis anderer Mieter aus.2 Legt man dagegen für die Gesamtfläche das reale Maß zugrunde und für die Fläche der konkreten Wohnung, deren Betriebskosten zu bestimmen sind, die vereinbarte Fläche, so misst man mit zweierlei Maß und verfälscht das konkrete Abrechnungsergebnis.3 Wird der Grenzwert von 10% nicht eingehalten, so kommt es wieder auf die tatsächliche Fläche an.4 Diese Folge ergibt sich aus der Rspr. des BGH zur Mietminderung bei Flächenabweichungen (s. Rn. VIII 126). 188

Die Regelung im Mietvertrag, dass die Umlage nach der anteiligen Wohnfläche zu erfolgen hat, ist eindeutig auch bei Vermietung einer Wohnung in einem gemischt genutzten Gebäude. Sie erfordert grundsätzlich eine getrennte Erfassung des Verbrauchs der Gewerberaummieter (s. aber auch Rn. V 222), LG Lübeck WuM 1989, 83. 1 Zum Fall: Im Mietvertrag war die Wohnfläche mit 94,6 qm angegeben. Der Mieter machte geltend, dass die Balkonfläche von 5,7 qm nicht zur Hälfte, sondern allenfalls zu einem Viertel hätte angerechnet werden dürfen. Der BGH ließ das nicht gelten. 2 Beispiel 1: Die reale Gesamtfläche beträgt 1000 qm; die reale Fläche der konkreten Wohnung beträgt 90 qm, ist aber mit 97 qm vereinbart. Ist die Abrechnung auf der Grundlage eines Umlageschlüssels von 97 : 1000 oder 97 : 1007 durchzuführen? Welche Gesamtfläche ist der Abrechnung für die übrigen Wohnungen zugrunde zu legen? Wer trägt die Kostendifferenz von 7 qm? Beispiel 2: Die reale Gesamtfläche beträgt 1000 qm; die reale Fläche der konkreten Wohnung beträgt 95 qm, ist aber mit 90 qm vereinbart. Ist die Gesamtfläche mit 995 qm anzusetzen? Kann der Vermieter die „Fehlfläche“ von 5 qm bei der Abrechnung gegenüber den übrigen Mietern berücksichtigen? Muss er den Kostenanteil der Fehlfläche selbst tragen? Die Probleme potenzieren sich, wenn in mehreren Mietverträgen einer Abrechnungseinheit jeweils von der realen Fläche abweichende Flächen vereinbart worden sind. 3 Der BGH bleibt eine überzeugende Begründung für seine Auffassung schuldig, indem er sich darauf beschränkt, auf seine bisherige Rspr. zu verweisen, die sich auf die Mietminderung und die Mieterhöhung bezieht (Tz. 19). Die dort zitierte Rspr. ist nicht einschlägig, weil ihre Rechtsfolgen sich auf das individuelle Mietverhältnis beschränken, während sich die Flächenangaben bei der Betriebskostenabrechnung auf die Gesamtabrechnung und damit auch auf andere Mietverhältnisse auswirken. Zur Kritik an der Entscheidung s. Börstinghaus NJW 2007, 2677; Hinz WuM 2008, 633; Langenberg NJW 2008, 1269, 1273; Schmid WuM 2008, 9; Schmid ZMR 2008, 42, 43. 4 Schmid WuM 2008, 9, 10; Schmid GuT 2008, 19 f.; differenzierend Hinz WuM 2008, 633, 643.

574

Umlagemaßstab

Rn. V 191

Die Vereinbarung „Umlage nach anteiliger Wohnfläche“ deckt auch einen gestuften Verteilerschlüssel nach beheizter und gesamter Wohnfläche ab, LG Köln DWW 1996, 151.

d) Umlage nach Kopfanteilen Die Umlage nach der Anzahl der im Mietgebäude lebenden Personen muss vereinbart werden. Die frühere Rspr., gemäß der die Abrechnung nach Kopfteilen auch dann zugelassen wurden, wenn ein Umlagemaßstab nicht vereinbart worden war (AG Wuppertal WuM 1988, 282, AG Homburg WuM 1987, 359), ist überholt, weil nach § 556a Abs. 1 BGB bei fehlender Vereinbarung der Flächenmaßstab gilt.

189

Es handelt sich nicht um einen verbrauchsabhängigen Maßstab, so dass der Vermieter nicht zu einer einseitigen Abänderung unter Berufung auf § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB berechtigt ist,1 LG Hamburg ZMR 1998, 36, 98 zu § 4 Abs. 5 MHG.

Das Register nach dem Melderechtsrahmengesetz ist keine hinreichend exakte Grundlage für die Feststellung der wechselnden Personenzahl in einem Mietshaus mit einer Vielzahl von Wohnungen, BGH – Urt. v. 23.1.2008 – DWW 2008, 94 = NZM 2008, 242 = WuM 2008, 151.

Steht dem Vermieter vertraglich ein Bestimmungsrecht zu, so soll bei der Umlage von Kosten der Müllbeseitigung der kopfanteilige Umlageschlüssel billigem Ermessen entsprechen, nicht aber ein flächenabhängiger Maßstab,

190

AG Halle-Saalkreis ZMR 2006, 212.

Das ist angesichts der Schwierigkeiten bei der Ermittlung des personenabhängigen Umlageschlüssels, seiner Unbeständigkeit und der mangelnden Verbrauchsabhängigkeit abzulehnen. Ebenso wenig hat der Mieter einen Anspruch darauf, dass ein personenabhängiger Maßstab an die Stelle eines anderen – z.B. flächenabhängigen – tritt (s. Rn. V 256). Eine Änderungsbefugnis des Vermieters ergibt sich auch nicht daraus, dass die Gemeinde bestimmte Kosten oder Gebühren (z.B. für die Müllentsorgung) personenabhängig erhebt.2 Rechnet der Vermieter das Wassergeld nach Kopfteilen ab, so muss er im Streitfall darlegen, in welchem konkreten Monat wie viele Personen im Hause gewohnt haben (AG Bad Iburg WM 1986, 234). Jedenfalls muss der Mieter seinen „Kopfanteil“ auch dann zahlen, wenn er sich nicht dauernd in der Wohnung aufhält (AG Karlsruhe DWW 1993, 21). Mehr oder weniger häufige Besuche sollen aber ohne Auswirkungen auf die Gesamtpersonenzahl, die dem Umlageschlüssel zugrunde liegt, bleiben (AG Ahaus WuM 1997, 232). 1 Langenberg Betriebskostenrecht F 53 f. S. 192 f.; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556a Rn. 40; Blank NZM 2008, 745, 755; s. auch Milger NZM 2008, 757, 758. 2 Langenberg Betriebskostenrecht F 57 S. 184; Kinne GE 1998, 838, 843 Sp. 1.

575

191

Rn. V 192 192

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Die Abrechnung von Warmwasserkosten nach Kopfteilen verstößt gegen § 9 HeizkostenV, LG München ZMR 1987, 339.

Werden die Wasserkosten nach Anzahl der Personen je Haushalt abgerechnet, so darf der Vermieter nicht einen „Waschmaschinenzuschlag“ von 25% für eine Haushaltswaschmaschine ansetzen, AG Bergisch Gladbach WuM 1994, 549.

e) Umlage bei Leerständen aa) Vermieterrisiko bei Leerstand 193

Es entspricht der nahezu einhelligen Meinung, dass der Vermieter im Normalfall den Kostenanteil zu tragen hat, der auf leer stehende Wohnungen entfällt, da er das Vermietungsrisiko trägt,1 BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NJW 2003, 2902 = WuM 2003, 503 Ziff. 2b = ZMR 2004, 20, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – WuM 2004, 150 = ZMR 2004, 343, BGH – Urt. v. 31.5.2006 – NZM 2006, 655 = WuM 2006, 440 = ZMR 2006, 758, LG Bautzen WuM 2001, 288, AG/LG Braunschweig ZMR 2003, 490, AG Köln WuM 2000, 37, AG Görlitz ZMR 2003, 269.

Dabei wird im Allgemeinen nicht zwischen verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Kosten unterschieden, soweit Letztere nach einem festen verbrauchsunabhängigen Maßstab abgerechnet werden, BGH – Urt. v. 31.5.2006 – NZM 2006, 655 = WuM 2006, 440 = ZMR 2006, 758:2 Wenn die („kalten“) Betriebskosten vereinbarungsgemäß nach dem Verhältnis der Fläche der Mietwohnung zur Gesamtwohnfläche umzulegen sind, hat der Vermieter die auf leer stehende Wohnungen entfallenden Betriebskosten grundsätzlich selbst zu tragen; dies gilt auch für verbrauchsabhängige Betriebskosten, die wegen fehlender Erfassung des Verbrauchs der einzelnen Mieter nach der Wohnfläche abgerechnet werden. BGH – Urt. v. 21.1.2004 – WuM 2004, 150 = ZMR 2004, 343 für den verbrauchsunabhängig abzurechnenden Anteil der Heizkosten, LG Berlin GE 2002, 736 für nicht verbrauchsabhängig abgerechnete Kosten für Wasser, AG/LG Braunschweig ZMR 2003, 490 für nicht verbrauchsabhängig abgerechnete Kosten für Wasser/Abwasser, Hausstrom, AG Leipzig ZMR 2004, 120.

194

Dies entspricht dem Vertragsgrundsatz; danach haben die Parteien das jeweilige Verbrauchsrisiko bewusst ausgeklammert – der Vermieter den Fall einer höheren Kostenentstehung oder eines Leerstandes, der Mieter den Fall des Nichtgebrauchs der Mietsache etwa infolge längerer Abwesenheit. Dieses Ergebnis ist aus Vermietersicht für unbillig gehalten worden, wenn es sich zum 1 S. zu § 556a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 5; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556a Rn. 35; Langenberg Betriebskostenrecht F 41 S. 172; v. Seldeneck Rn. 3144; Sternel WuM 2003, 243, 245. 2 S. dazu Kinne GE 2006, 1006; Maaß ZMR 2006, 760, 761; Sternel NZM 2006, 811; Wall WuM 2006, 443.

576

Umlagemaßstab

Rn. V 197

einen um erhebliche Leerstände und zum anderen um verbrauchsabhängige Kosten handelt, die entweder vollständig oder ganz überwiegend durch Mieterverbrauch anfallen, jedoch verbrauchsunabhängig – also z.B. nach anteiliger Fläche – abgerechnet werden. Zu den verbrauchsabhängigen Kosten zählen die Kosten der Wasserversorgung und der Entwässerung (§ 2 Nr. 2, 3 BetrKV), die Kosten der Beheizung und der Warmwasserversorgung (§ 2 Nr. 4–6 BtrKV), eventuell noch die Kosten der Müllbeseitigung (§ 2 Nr. 8 BetrKV) und (haushaltsbezogen) die Kosten des Betriebs einer Gemeinschafts-Antennenanlage (§ 2 Nr. 15 BetrKV). Im Rahmen der verbrauchsabhängigen Kosten ist weiter zu unterschieden, ob die Umlage ausschließlich nach Verbrauch erfolgt oder eine Aufteilung nach Grundkosten, die nach einem festen Maßstab abgerechnet werden, und Verbrauchskosten im engeren Sinn, die auf einer Verbrauchserfassung beruhen, vorgenommen wird. Ferner sind die Ansätze innerhalb der verbrauchsabhängigen Kosten darauf zu prüfen, ob sie feste – d.h. verbrauchsunabhängige – Kostenbestandteile enthalten, wie z.B. Ablesekosten.1

195

bb) Technische Maßnahmen – Veränderung der Abrechnungseinheit Zu fragen ist zunächst, ob dem Leerstandsrisiko nicht durch technische Maßnahmen – Verkleinerung der Abrechnungseinheit – begegnet werden darf. Ist ein Flächenmaßstab für die Kostenumlage anzuwenden, so könnte der Vermieter zu einem für ihn günstigeren Abrechnungsergebnis dadurch gelangen, dass er die Bewirtschaftungsfläche verkleinert; denn dies würde sich Kosten senkend auswirken und vor allem zu einem verbesserten Verhältnis von genutzten, d.h. vermieteten, und leer stehenden Flächen führen. Er könnte sich dafür entscheiden, die leer stehenden Flächen aus der Bewirtschaftung herauszunehmen, indem er die Versorgungsleitungen z.B. für Heizung/Warmwasser oder Kaltwasser kappt oder Geschosse – sei es auch nur ein ausgebautes Dachgeschoss – zurückbaut. In jedem Fall würde hierdurch die Gesamtfläche, die der Abrechnung zugrunde zu legen ist, verkleinert und damit der von ihm zu tragende Leerstandsanteil verringert. Dass der Vermieter nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt ist, die jeweils tatsächliche Fläche der Betriebskostenabrechnung zugrunde zu legen, ist anerkannt,

196

OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762.

Außer Frage steht auch, dass der Eigentümer das Gebäude oder die Wirtschaftseinheit entsprechend verändern darf; seine Dispositionsfreiheit ist durch Art. 14 Abs. 1 GG gedeckt. Eine andere Frage ist, ob er hierdurch in das Vertragsgefüge eingreifen darf, indem er den flächenabhängigen Umlagemaßstab zu seinen Gunsten verschiebt. Dabei ist zunächst klarzustellen, dass der Mieter keinen absoluten Bestandsschutz genießt, soweit es zu Flächenabweichungen gegenüber Angaben im Mietvertrag oder in einer früheren Betriebs1 S. zu den genannten Differenzierungen Langenberg WuM 2002, 589, 590 f.

577

197

Rn. V 198

Betriebskosten und ihre Abrechnung

kostenabrechnung kommt (s. Rn. V 187). Stellt sich heraus, dass die tatsächliche Fläche kleiner ist, als im Mietvertrag ausgewiesen, kann er nicht mindern, soweit die Erheblichkeitsgrenze des § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht überschritten ist, die der BGH mit 10% angesetzt hat (Rn. VIII 119), BGH – Urt. v. 24.3.2004 – NZM 2004, 453 = WuM 2004, 336.

Auch führt eine irrtümliche Abweichung der vertraglichen Fläche von der realen Fläche aus Anlass eines Mieterhöhungsverlangens erst dann zu einer Vertragsanpassung nach § 242 BGB, wenn die Abweichung erheblich ist, wobei die Grenze ebenfalls mit 10% angesetzt worden ist (Rn. III 109, IV 172a), BGH – Urt. v. 7.7.2004 – WuM 2004, 486 = ZMR 2004, 740: zu große Vertragsfläche, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 681, 682: zu geringe Vertragsfläche.

198

Den Rahmen von 10% wird der Vermieter auch zu beachten haben, wenn er durch technische oder bauliche Eingriffe die Gesamtfläche verringert. Andererseits wird dem Mieter ein Eingriff in diesem Umfang zuzumuten sein. Zu einseitig belastend würde es sich dagegen auswirken, wollte man eine Analogie zur Wesentlichkeitsgrenze des § 5 WiStG mit 20% herstellen. Dies bedeutet, dass der Vermieter zwar die Bewirtschaftungsfläche verkleinern kann – und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit unter Umständen sogar verkleinern muss (s. § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB) –, ohne dass dem selbst Grenzen gesetzt sind. Soweit er aber die Gesamtfläche über 10% hinaus reduziert, muss er diese Mehrfläche als (tatsächliche oder fiktive) Leerstandsfläche bei der Ermittlung der Gesamtfläche im Rahmen der Betriebskostenabrechnung berücksichtigen und sich den hierauf rechnerisch entfallenden Kostenanteil zurechnen lassen. cc) Risikoabändernde Vereinbarungen

199

Bei preisfreiem Wohnraum kann der Vermieter bezüglich solcher verbrauchsabhängiger Kosten, die er nicht nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB verbrauchsabhängig abzurechnen braucht, mit dem Mieter nicht vereinbaren, dass diese nur auf die vermieteten Flächen umgelegt werden sollen. Zwar ist die Regelung in § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB dispositiv. Jedoch würde eine solche Vereinbarung entgegen §§ 557 Abs. 4, 558 f. BGB zu einer mittelbaren Mieterhöhung führen und damit zum Nachteil des Mieters wirken. Bei einer Kostenumlage auf der Grundlage eines festen Flächenmaßstabs hätte der Vermieter die auf die Leerstände entfallenden Kosten selbst zu tragen. Wälzt er diesen Kostenanteil vereinbarungsmäßig auf die Mieter ab, so führt das im Ergebnis zu einer Entgelterhöhung an §§ 558 f. BGB vorbei.1 Derartige Abreden sind daher ge1 Sternel WuM 2003, 247; Sternel NZM 2006, 811, 814; im Ergebnis ebenso Langenberg WuM 2002, 589; Maciejewski MM 2000, 61; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1922; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556a Rn. 24; im Ergebnis auch Blank/Börstinghaus BGB § 556a Rn. 5: Verstoß gegen den Grundsatz der Umlagengerechtigkeit; a.A. Schmid Rn. 4010a für Individualvereinbarungen.

578

Umlagemaßstab

Rn. V 203

mäß § 134 BGB nichtig. Das gilt erst recht für Formularverträge und Abreden in Verbraucherverträgen i.S. von § 310 Abs. 3 BGB; denn sie benachteiligen den Mieter durch die Risikoverlagerung unangemessen i.S. von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Bei preisgebundenem Wohnraum verstoßen Vereinbarungen der hier in Rede stehenden Art gegen die Kostenmietbindung nach § 8 Abs. 1 WoBindG. Das wird daran deutlich, dass durch den Ansatz des Umlageausfallwagnisses in § 25a NMV auch das Leerstandsrisiko mit abgedeckt werden soll.

200

Bei der Vermietung von Gewerberaum ist dagegen eine solche Vereinbarung zulässig, sofern nur klargestellt ist, dass es sich bei der „Mietfläche“ um die jeweils vermietete Fläche handeln soll. Die Entscheidung des OLG Hamburg – Urt. v. 22.8.1990 – WuM 2001, 343 steht dem nicht entgegen; denn dort ging es nicht um die Bewertung, sondern um die Auslegung einer Klausel in einem Mietvertrag über Gewerberaum.1

201

Die Unzulässigkeit der Risikoabwälzung lässt sich auch nicht dadurch vermeiden, dass als Umlagemaßstab das Verhältnis der Einzelmieten vereinbart wird; denn auch hierbei wird das Leerstandsrisiko auf den Mieter abgewälzt, AG Görlitz ZMR 2003, 269.

Die gleiche Rechtsfolge gilt für Änderungsvorbehalte, die sich auf den Umlagemaßstab beziehen (s. dazu Rn. V 250) und deren Ausübung an das billige Ermessen nach § 315 Abs. 3 BGB geknüpft ist. Diesem entspricht es nicht, wenn der Vermieter die auf die leer stehenden Flächen entfallenden Kostenanteile auf die Mieter umlegt.

202

dd) Abänderungsmöglichkeiten nach Treu und Glauben Ist bei der Wohnraummiete der Weg über eine vertragliche Vereinbarung, die es dem Vermieter erlaubt, den Umlagemaßstab zu ändern, versperrt, so bleibt nur der Rückgriff auf allgemeine Institute, um bei der Umlage verbrauchsabhängiger Kosten, die bislang nach einem festen Maßstab erhoben wurden, zu einem billigen Ergebnis zu gelangen. Am weitesten geht die Auffassung, dass der Vermieter berechtigt ist, im Nachhinein – d.h. nach Ablauf der Verbrauchsperiode – die verbrauchsabhängigen Kosten für Wasser, Entwässerung und Müllentsorgung nach anteilig vermieteter Fläche umzulegen, abzüglich eines Sicherheitsabschlags (s. dazu Rn. V 213), AG Zwickau ZMR 2001, 467; dagegen AG Weißenfels WuM 2004, 24, AG Halle/Saalkreis WuM 2004, 24.

Nach anderer Auffassung wird dem Vermieter nach Treu und Glauben aus Gründen der Abrechnungsgerechtigkeit ein Anspruch auf Abänderung des 1 Die Klausel lautete: „Die Kostenverteilung erfolgt im Verhältnis der vermieteten Flächen zueinander“.

579

203

Rn. V 204

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Umlagemaßstabs mit dem Ziel eingeräumt, die Betriebskosten nach vermieteter Fläche umzulegen, soweit sie verbrauchsabhängig anfallen,1 LG Bautzen WuM 2001, 288.

Dieser Anspruch wirkt nur in die Zukunft und muss gerichtlich durchgesetzt werden, wenn der Mieter sich nicht einverstanden erklärt. Er kann sein Einverständnis auch schlüssig erklären. Das setzt jedoch ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein und einen rechtsgeschäftlichen Abänderungswillen voraus. Das BGB sieht allerdings eine Vertragskorrektur allein unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht vor, insbesondere nicht, um die von den Vertragsparteien vereinbarte oder vorausgesetzte Risikoverteilung zu überspielen, wenn sie sich für die eine oder andere Partei im Nachhinein als grob nachteilig erweist. Dies entspricht auch der Auffassung des BGH – Urt. v. 31.5.2006 – NZM 2006, 655 = WuM 2006, 440 = ZMR 2006, 758: Es kann dahingestellt bleiben, ob auf § 242 BGB noch zurückgegriffen werden kann, nachdem das Rechtsinstitut der Geschäftsgrundlage nicht mehr aus § 242 BGB abzuleiten, sondern nunmehr in § 313 BGB kodifiziert ist. Jedenfalls ändern sich die materiellen Voraussetzungen für einen Anspruch des Vermieters auf Änderung des vereinbarten Verteilungsschlüssels wegen leer stehender Wohnungen nicht dadurch, dass der Anspruch statt aus der Neuregelung des § 313 BGB weiterhin aus § 242 BGB hergeleitet wird.

ee) Abänderungsmöglichkeiten wegen veränderter Geschäftsgrundlage 204

Insbesondere mit Blick auf die Neuregelungen der Schuldrechtsreform kann der Rückgriff auf Treu und Glauben nicht ausreichen, um dem Vermieter selbst bei erheblichen Leerständen einen Anspruch auf Abänderung des Umlagemaßstabs für verbrauchsabhängig abzurechnende Betriebskosten einzuräumen. Vielmehr kommt dies nur infrage, wenn die Voraussetzungen für die Abänderung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB gegeben sind,2 so auch BGH – Urt. v. 31.5.2006 – NZM 2006, 655 = WuM 2006, 440 = ZMR 2006, 758: Ein Anspruch des Vermieters auf eine Abänderung des vertraglich vereinbarten Flächenschlüssels wegen des Leerstands von Wohnungen kann unter den Voraussetzungen einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) bestehen. AG Weißenfels WuM 2004, 24, AG Charlottenburg ZMR 2005, 872 verneint bei einem Leerstand von nur (noch) 3% und einer Mehrbelastung für das gesamte Gebäude (mit knapp 100 Wohnungen) von 1800 Euro p.m.

Das folgt daraus, dass der Vermieter durch die Vereinbarung eines verbrauchsunabhängigen Maßstabs das Leerstandsrisiko übernommen hat. Der Grundsatz der Bindung an ein vertraglich übernommenes Risiko – kurz gefasst: der Grundsatz: pacta sunt servanda – kann nicht durch die bloße Berufung auf 1 So schon Blank DWW 1992, 68; Langenberg Betriebskostenrecht F 9 S. 155; Langenberg WuM 2002, 589, 590. 2 S. dazu Sternel WuM 2003, 246.

580

Umlagemaßstab

Rn. V 206

Treu und Glauben vertragsändernd und auf Dauer ausgehebelt werden. Was die wirtschaftliche Belastung des Vermieters anbelangt, werden hier ähnliche Maßstäbe anzulegen sein, wie sie der BGH wiederholt im umgekehrten Fall für das Verwendungsrisiko des Gewerberaummieters in einem leerstandsbefallenen Einkaufszentrum zugrunde gelegt hat (BGH NJW 2000, 1714, NZM 2000, 1005), mithin nahe der Grenze der wirtschaftlichen Existenzaufgabe. In diesem Zusammenhang werden der Umfang des Leerstandes und sein Anlass erhebliche Bedeutung haben. Da ein Leerstand bis zu 10% wohnungswirtschaftlich noch hinnehmbar ist, wird ein unzumutbarer Leerstand nicht unter 20%, eher bei 30% anzunehmen sein.1 Das kann indes nur bei großen Wohnanlagen mit etwa mehr als 100 Wohneinheiten gelten, während bei kleineren oder gar sehr kleinen Mehrfamilienhäusern der Leerstand erheblich größer sein muss.2

205

Der Leerstand muss dauerhaft sein; ist er nur vorübergehend oder schwankend, so rechtfertigt das noch keinen Anspruch auf Abänderung des Umlagemaßstabs. Welche Zeitspanne anzusetzen ist, ist noch offen. Jedenfalls wird sich der Leerstand auf den wesentlichen Teil einer Abrechnungsperiode zu beziehen haben, also nicht unter 9 Monaten liegen dürfen. Hinzukommen muss, dass der Vermieter den Leerstand nicht zu vertreten hat und jener auch nicht in seinem Risikobereich angesiedelt ist. Somit kommt nur ein strukturbedingter, nicht aber ein konjunkturbedingter Leerstand infrage. Dabei könnte fraglich sein, ob ein strukturbedingter Leerstand auch dann gegeben ist, wenn der Vermieter das Gebäude „leerzieht“, um es wegen Unwirtschaftlichkeit abzubrechen oder grundlegend zu sanieren. Die Frage kann bejaht werden, wenn der Rückbau oder Abriss die wirtschaftlich sinnvolle Reaktion auf den vom Vermieter nicht zu vertretenden Leerstand ist, oder wenn sich das Wohngebäude in einem Sanierungsgebiet befindet und ein Abriss- oder Rückbaugebot nach § 179 BauGB ergangen oder zu erwarten ist. Anders verhält es sich, wenn der Leerstand auf unterlassener Pflege und Instandsetzung des Gebäudes beruht. Erst recht kommt eine Berufung auf einen erheblichen Leerstand und die daraus folgende Kostenbelastung nicht in Betracht, wenn der Vermieter aus Gründen der Renditeverbesserung das Gebäude selbst „leergezogen“ hat, um es abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, OLG Dresden – Urt. v. 3.12.2002 – NZM 2003, 357 = WuM 2003, 32.

Im Rahmen der Zumutbarkeit ist ferner zu prüfen, ob der Vermieter durch Umrüstung zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung gelangen könnte (s. § 556a Abs. 2 BGB). Das betrifft den Einbau von Wohnungswasserzählern ebenso wie die Installation von Müllschleusen. Dabei wird aber der Opfergrenze (§§ 275 Abs. 2, 313 BGB) Rechnung zu tragen sein. 1 S. auch Blank/Börstinghaus BGB § 556a Rn. 9, 10; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2784. 2 S. dazu Sternel NZM 2006, 811, 812.

581

206

Rn. V 207 207

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Wurden die verbrauchsabhängigen Betriebskosten bislang flächenanteilig abgerechnet, so beschränkt sich der Änderungsanspruch des Vermieters darauf, dass die um die Fix- und die Grundkosten „bereinigten“ verbrauchsabhängigen Kosten im engeren Sinne (s. Rn. V 195) künftig nur nach vermieteter Fläche abgerechnet zu werden brauchen. Aus den verbrauchsabhängigen Kosten sind also zunächst die festen Kostenanteile, die unabhängig vom Verbrauch entstehen, herauszurechnen.1 Diese werden flächenanteilig nach der Gesamtfläche – also unter Einbeziehung der leer stehenden Flächen – abgerechnet,2 AG Rathenow WuM 2004, 342.

208

Erfolgt eine Aufteilung nach Verbrauch und Grundkosten, so sind die Grundkosten gleichermaßen um die Fixkosten zu „bereinigen“ und können dann auf die vermietete Fläche umgelegt werden.3 Dies rechtfertigt sich daraus, dass es sich ebenfalls um verbrauchsabhängige Kosten handelt, die lediglich in einen festen Verteilermaßstab gekleidet sind.

209

Liegen die Voraussetzungen, unter denen die Abänderung des Umlagemaßstabs nach § 313 BGB verlangt werden kann, vor, so kann der Vermieter dem Mieter ein konkretes Vertragsangebot machen, das dieser unter den oben erwähnten Voraussetzungen auch schlüssig annehmen kann. Nimmt er das Angebot nicht an, so kann der Vermieter nur auf Leistung klagen; ihm steht also kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB zu. Die Vertragsänderung wirkt ab Beginn der Verbrauchsperiode, die auf das Angebot des Vermieters folgt. Diese Konsequenz lässt sich aus § 556a Abs. 2 Satz 2 BGB, § 6 Abs. 4 Satz 3 HeizkostenV (s. zum früheren Recht: § 4 Abs. 5 Satz 2 MHG) ableiten. ff) Anwendung bei personenabhängigem Umlagemaßstab

210

Werden Betriebskosten nach der Anzahl der regelmäßig in den Wohnungen lebenden Personen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Bewohner abgerechnet, so kann sich dieser Maßstab bei zunehmendem Leerstand zu Lasten des Mieters erheblich verschieben. In diesem Fall kann ihm ein Anspruch auf Änderung des Umlagemaßstabs erwachsen, sofern es zu erheblichen Leerständen – nach hier vertretener Auffassung jedenfalls über 20% – gekommen ist. Anders als für den Anspruch des Vermieters auf Abänderung des Umlagemaßstabs kommt es auf den Anlass des Leerstandes nicht an. Auch in diesem Zusammenhang wird nach verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Kosten unterschieden. Für die erstere Kostengruppe soll von einer fiktiven Belegung der leer stehenden Wohnungen mit je einer Person auszugehen sein,4 AG Köln WuM 1998, 290. 1 Z.B. Kosten der Abrechnung, Kosten für Zählermiete. 2 Langenberg WuM 2002, 589, 591. 3 Dagegen für Umlage auf die gesamte Fläche unter Einschluss der leer stehenden Flächen: Langenberg WuM 2002, 589, 591; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3028. 4 Maciejewski MM 2000, 61; Langenberg WuM 2002, 589, 594.

582

Umlagemaßstab

Rn. V 213

Für die letztere Kostengruppe soll die durchschnittliche Belegung der leer stehenden Wohnungen maßgeblich sein.1 Eine solche Differenzierung leuchtet nicht ein. Vielmehr wird in jedem Fall von der durchschnittlichen Belegungszahl auszugehen sein.2 Sie hängt von der Größe der Wohnung ab. Anhaltspunkt kann sein, aus wie vielen Personen der Haushalt der zuletzt dort wohnenden Mietpartei bestand. Ist das nicht zu ermitteln, so mag bei kleineren Wohnungen mit bis zu 3 Wohnräumen von einer Belegung nur durch eine Person, bei größeren Wohnungen von einer solchen durch (zumindest) 2 Personen auszugehen sein. gg) Anwendung bei haushaltsabhängigem Umlagemaßstab Werden Kosten oder Kostenanteile nach der Anzahl der Haushalte umgelegt, so ist auch hier zwischen verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Kosten bzw. Kostenanteilen zu unterscheiden. Während sich bei verbrauchsunabhängigen Kosten der Umlagemaßstab trotz Leerstandes nicht ändert, werden bei verbrauchsabhängigen Kosten die leer stehenden Wohnungen nicht zu berücksichtigen sein, da dort ein Verbrauch ausscheidet.

211

Im Rahmen einer verbrauchsabhängigen Abrechnung wird des weiteren zu unterscheiden sein, ob die Kosten nach Grund- und Verbrauchskosten aufgeteilt werden (s. Rn. V 208). Werden die Grundkosten nach der Anzahl der Haushalte umgelegt, so sind die leer stehenden Wohnungen bei der Verteilung der Grundkosten einzubeziehen, auch wenn dort nichts verbraucht worden ist. Unbillig erschiene es nämlich, den verbliebenen Mieter mit Anteilen von Fixkosten zu belasten. Werden etwa bei der verbrauchsabhängigen Wasserkostenabrechnung die Mietkosten für die Verbrauchserfassungsgeräte nach der Anzahl der Haushalte umgelegt, so hat der Vermieter die Kosten, die auf die leer stehenden Wohnungen entfallen, zu tragen.3

212

hh) Sicherheitsabschläge Was die Verbrauchskosten bzw. -kostenanteile anbelangt, ist erwogen worden, einen Sicherheitsabschlag vorzunehmen, weil ein Verbrauch in den leer stehenden Wohnungen nicht ausgeschlossen werden könne,4 AG Zwickau NZM 2001, 467 f.

Indes handelt es sich hierbei eher um fern liegende Möglichkeiten, deren Auswirkungen auch nicht annähernd geschätzt werden können, zumal diesbezügliche Erfahrungswerte fehlen, AG/LG Braunschweig ZMR 2003, 490. 1 Langenberg WuM 2002, 592. 2 v. Seldeneck Rn. 3159; Wall WuM 2006, 444. 3 Langenberg WuM 2002, 592; Sternel WuM 2003, 247; a.A. Schmid ZMR 1998, 609, 610; Maciejewski MM 2000, 61. 4 Langenberg Betriebskostenrecht F 42 S. 175; Langenberg WuM 2002, 591, 592 für Wasserverbrauch.

583

213

Rn. V 214

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Anders könnte es sich nur dann verhalten, wenn der Mieter Anhaltspunkte für einen Verbrauch in den leer stehenden Wohnungen darzulegen vermag; denn damit würde er die Plausibilität der zugrunde gelegten Verteilung bestreiten und es wäre Sache des Vermieters, die Bedenken auszuräumen. Vermag er dies nicht, wird man einen Sicherheitsabschlag schätzen müssen. Ebenso wenig besteht Anlass, die leer stehenden Wohnungen mit Kosten wegen der Zählerdifferenzen zwischen dem Hauptwasserzähler und der Summe der Einzelwasserzähler zu belasten,1 LG Braunschweig WuM 1999, 294, LG Darmstadt WuM 2001, 516, AG Hamburg WuM 2000, 213.

ii) Mehrverbrauch bei Heizkosten 214

Was die Heizkosten anbelangt, ist zutreffend darauf hingewiesen worden, dass infolge von Leerständen sich für die noch verbliebenen Mieter höhere Heizkosten daraus ergeben, dass die angrenzenden leer stehenden Wohnungen nicht oder nur bis zur Frostsicherung beheizt werden. Zweifelhaft erscheint, ob der Mieter dieses Risiko jedenfalls bei größeren Leerständen mitzutragen hat, weil er – regional – mit solchen kostenerhöhenden Umständen rechnen müsse (so aber AG Halle/Saalkreis ZMR 2005, 201). Es handelt sich hier nicht um ein gewährleistungsrechtliches Problem, sondern um eine Frage der Bewirtschaftung,2 die allein im Risikobereich des Vermieters liegt und – wie aufgezeigt – nur ausnahmsweise einer Korrektur unterliegt. Eine andere Bewertung kann Platz greifen, wenn der Mieter eine Wohnung in Kenntnis des erheblichen Leerstandes im Gebäude anmietet, AG Frankfurt/O. ZMR 2005, 131.

215

Um den leerstandsbedingten Nachteil auszugleichen, ist vorgeschlagen worden, dass die Aufteilung von Verbrauchs- und Grundkosten im Verhältnis von 50:50 zu erfolgen habe, soweit dies nicht schon geschehen sei.3 Verfährt der Vermieter so, dann liegt im Mehrverbrauch kein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und erst recht kein Mangel i.S. von § 536 BGB vor, LG Halle ZMR 2006, 210, AG Annaberg WuM 2007, 131, allerdings unter rechtsirriger Anwendung des § 6 HeizkostenV.

Zwar lässt die HeizkostenV eine Änderung des einmal getroffenen Verteilermaßstabs nur nach Maßgabe des § 6 Nr. 4 HeizkostenV zu. Kommt es jedoch zu einem wesentlichen Leerstand, so wird man dem Mieter einen Anspruch 1 S. auch Peters NZM 2000, 696. 2 Der Entscheidung des AG Halle/Saalekreis ZMR 2005, 201 lag zugrunde, dass die Vermieterin das Gebäude zum Zwecke des Abrisses im Verlaufe des Jahres 2001 weitgehend leergezogen hatte, indem von 43 Wohnungen nur noch 18 Wohnungen vermietet waren. 3 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1929; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3029; Langenberg WuM 2002, 592, 593.

584

Umlagemaßstab

Rn. V 219

auf Vertragsänderung nach Maßgabe des § 313 BGB einräumen müssen, und zwar bei einem erheblichen Leerstand ab 20%, aber auch in den Fällen, in denen der Leerstand der Vermietersphäre zuzurechnen ist. Letzteres ließe sich unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verletzung von mietvertraglichen Fürsorgepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) begründen. f) Vorerfassung bei gemischt genutzten Grundstücken aa) Preisgebundener Wohnraum Eine getrennte Erfassung ist nach § 20 Abs. 2 Satz 2 NMV geboten. Dabei ist der Vorwegabzug für Gewerberäume bei einer Mischeinheit mit preisgebundenem Wohnraum nachvollziehbar zu erläutern. Dazu reicht allein die Angabe des %-Satzes nicht aus. Auch ist die Aufteilung der Betriebskosten auf Wohnund Gewerberaum nach umbautem Raum nur zulässig, wenn sich nicht feststellen lässt, ob die Kosten auf die eine oder die andere Raumart entfallen,

216

BGH – Urt. v. 29.9.2004 – WuM 2004, 666, LG Berlin ZMR 1998, 429 = WuM 1998, 440 = ZMR 2001, 111.

Die Ausgliederung von Betriebskosten für selbständig an andere als Wohnungsmieter vermietete Garagen soll ausnahmsweise nicht geboten sein, wenn der Vermieter den Mietern die Erträge aus den Vermietungen an Dritte bei der Berechnung der Kostenmiete gutbringt, LG Dortmund NZM 1998, 573.

bb) Preisfreier Wohnraum Die für den preisgebundenen Wohnraum geltende Regel ist in der bisherigen Rspr. im Allgemeinen entsprechend auf preisfreien Wohnraum angewendet worden, sofern nicht eindeutig etwas Abweichendes vereinbart worden ist. Dies gilt auch nach dem MRRG fort. Dafür spricht, dass nach der Neuregelung in § 556a Abs. 1 BGB die Betriebskosten mangels Vereinbarung nach anteiliger Wohnfläche abzurechnen sind.1

217

Eine Vorerfassung ist auch dann erforderlich, wenn lediglich Garagen auf dem Grundstück an Dritte vermietet worden sind, die nicht zugleich Wohnungsmieter auf dem Grundstück sind.

218

Die frühere Praxis ließ es zu, für den Vorabzug betriebsbezogene Erfahrungswerte oder – wenn sich solche Werte nicht ermitteln ließen – pauschale Abzüge zugrunde zu legen (s. LG Düsseldorf DWW 1990, 2402). Hieran kann wegen des Spezifizierungs- und Erläuterungsgebots bei „gemischten Kosten“3

219

1 So auch Langenberg Betriebskostenrecht F 64 S. 188. 2 Vorwegabzug von 25% des Wasserverbrauchs für ein im Gebäude unterhaltenes Dentallabor. 3 Es handelt sich um Kosten, in denen neben umlagefähigen Betriebskosten andere nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten enthalten sind.

585

Rn. V 220

Betriebskosten und ihre Abrechnung

nicht mehr festgehalten werden (s. dazu Rn. V 314). Danach setzt eine formell ordnungsmäßige Betriebskostenabrechnung voraus, dass dem Mieter auch dann die Gesamtkosten einer berechneten Kostenart mitgeteilt werden, wenn einzelne Kostenanteile nicht umlagefähig sind; dem Mieter muss ersichtlich sein, ob und in welcher Höhe nicht umlagefähige Kosten vorab abgesetzt worden sind, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – GE 2007, 438 = MDR 2007, 706 = NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen).

Es genügt also nicht (mehr), dass der Vermieter erst auf Nachfrage des Mieters die Modalitäten der Vorerfassung offen legt (so aber noch KG – Beschl. v. 2.5.1998 – NZM 1998, 627 = WuM 1998, 474 = ZMR 1998, 627). Ebenso wenig reicht aus, dass der Vermieter prozentuale Anteile angibt,1 anstatt die Gesamtkosten und die umlagefähigen Kosten in der Abrechnung offenzulegen. 220

Unterlässt der Vermieter den erforderlichen Vorwegabzug oder teilt er die Gesamtkosten nicht mit oder verwendet er für die Kostenabgrenzung nicht nachvollziehbare Maßstäbe, so ist die Betriebskostenabrechnung bezüglich der betreffenden Position formell fehlerhaft und damit nicht wirksam, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – GE 2007, 438 = MDR 2007, 706 = NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen): Fehlt es an einer solchen Offenlegung, liegt ein formeller Mangel der Abrechnung vor, der zu ihrer Unwirksamkeit führt. Zieht sich der Fehler durchgängig durch die Abrechnung, ist sie insgesamt nicht formell ordnungsmäßig. Soweit ein gebotener Vorwegabzug nur im Hinblick auf einzelne Ansätze unterblieben ist, bleibt die Abrechnung im Übrigen unberührt, wenn die jeweiligen Einzelpositionen unschwer herausgerechnet werden können; ebenso LG Itzehoe ZMR 2006, 697 (Vorinstanz); BGH – Beschl. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575 = ZMR 2007, 953: Eine formell ordnungsmäßige Betriebskostenabrechnung erfordert bei sog. gemischten Kosten die Darstellung in der Abrechnung, um welchen Anteil die Gesamtkosten (hier: bei Verwaltungskosten als Teil der Hausmeisterkosten) bereinigt wurden.

Das gilt auch, wenn der Vermieter Kosten, die sich auf größere Wirtschaftseinheiten als die der Abrechnung zugrunde gelegten Einheit beziehen, in einem internen Rechenschritt auf die Wirtschaftseinheit umrechnet und in der Abrechnung nur die auf diese Weise bereinigten Kosten mitteilt, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker), LG Hamburg WuM 2008, 404: Die Betriebskostenabrechnung im gemischt genutzten Gebäude muss eine nachvollziehbare Kostentrennung nach Gebäudeteilen enthalten, soweit Kostenteile nicht auf den Wohnungsmieter dem Grunde nach umgelegt werden.2

Noch nicht geklärt, aber konsequent ist, dass der Vermieter die Gesamtkosten sowie den umlagefähigen Betrag auch dann offen legen muss, wenn er einen Vorwegabzug nicht für erforderlich hält (s. Rn. V 233a). 1 S. aber noch LG Köln WuM 2001, 487, ebenso LG Berlin ZMR 1998, 429, LG Hanau WuM 2000, 250. 2 Zum Fall: Es bestand eine Abrechnungseinheit „Wohnhaus – Gewerbeeinheit – Basiseinheit“; auszuweisen war der Heizölverbrauch.

586

Umlagemaßstab

Rn. V 223

Formularklauseln, die eine Umlage nach anteiliger Wohn- und Nutzfläche vorsehen, sind wegen Verstoßes gegen § 307 BGB für unwirksam gehalten worden, weil es bei kundenfeindlichster Auslegung nahe liegt, dass der Wohnungsmieter mit Kostenanteilen des Gewerberaummieters unzumutbar belastet wird (s. Rn. II 130).

221

Die Vorerfassung hat ihre Grenzen: Wenn eine getrennte Erfassung nicht möglich oder zumutbar ist oder keine bzw. nur geringfügige Verbrauchsunterschiede bestehen, soll der Vermieter berechtigt sein, die Kosten nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzfläche oder des umbauten Raums umzulegen, ohne eine Vorerfassung durchführen zu müssen.1 Geringfügige Kostenverschiebungen werden dem Mieter zugemutet; der Vermieter schulde keine mathematisch exakte Kostenabgrenzung,

222

LG Berlin GE 2002, 736, LG Braunschweig ZMR 2003, 114, AG Stolberg ZMR 2002, 360: Bei gemischt genutzten Grundstücken ist ausnahmsweise eine einheitliche Abrechnung zulässig, wenn eine Trennung nicht möglich ist oder die gewerblichen Kosten annähernd denen einer Wohnungsnutzung entsprechen. Die Darlegungslast hierfür trägt der Vermieter.

Dieser Rechtsmeinung hat sich der BGH angeschlossen und dahin verallgemeinert, dass – soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben – ein Vorwegabzug der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten für alle oder einzelne Betriebskostenarten jedenfalls dann nicht geboten ist, wenn diese Kosten nicht zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnraummieter führen, BGH – Urt. v. 8.3.2006 – NZM 2006, 40 = WuM 2006, 200 = ZMR 2006, 358 = MietRB 2006, 156 (Lützenkirchen): Aus § 556a Abs. 1 BGB folgt nicht, dass die auf die gewerbliche Nutzung entfallenden Betriebskosten stets vorweg abzuziehen sind. Dem steht bereits entgegen, dass § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB sich nur mit einer Umlage nach dem Flächenmaßstab, nicht aber mit anderen – insbesondere den für den Vorwegabzug von Gewerbeflächen bedeutsamen verbrauchsbezogenen Umlagemaßstäben (vgl. § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB) – befasst. Dagegen spricht auch, dass der Gesetzgeber von der Übernahme einer § 20 Abs. 2 Satz 2 NMV entsprechenden Regelung in § 556a BGB abgesehen hat. Auf einen Vorwegabzug kann nicht nur dann verzichtet werden, wenn die auf die unterschiedliche Nutzung entfallenden Verursachungsanteile ausnahmsweise gleich hoch sind. Auch bei einer ausschließlich zu Wohnzwecken dienenden Nutzung des Gebäudes muss der Mieter die Abrechnung nach einem einheitlichen, generalisierenden Maßstab trotz ggf. unterschiedlicher Verursachungsanteile der Mietparteien grundsätzlich hinnehmen.

Der BGH hat seine Rspr. im Urteil v. 25.10.2006 (NZM 2007, 83 = WuM 2006, 684 = ZMR 2007, 101) weiter ausgebaut: Bei verbrauchsabhängigen Kosten müssten die Mieter von Wohnraum verbrauchsbedingte Ungenauigkeiten im Interesse einer Vereinfachung der Abrechnung grundsätzlich hinnehmen. Bei verbrauchsunabhängigen Kosten könne eine Vorerfassung aus Gründen der Billigkeit (§§ 315, 316 BGB) ausnahmsweise geboten sein. Dieses Erfordernis sei vom Mieter zu beweisen. 1 Zur entsprechenden Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 2 NMV auf preisfreien Wohnraum s. Langenberg Betriebskostenrecht F 66 S. 189.

587

223

Rn. V 223a 223a

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Der BGH hat in seiner Entscheidung v. 8.3.2006 (s. Rn. V 223) offen gelassen, wo die Grenze für eine nicht ins Gewicht fallende Mehrbelastung der Wohnraummieter zu ziehen ist. Mit Blick auf die Erheblichkeitsgrenze für die Mietminderung (s. Rn. VIII 256 f.) lassen sich keine starren Grenzen ziehen. Eine Mehrbelastung von über 10% des Kostenansatzes der jeweiligen Abrechnungsposition wird jedoch nicht mehr hinzunehmen sein, s. aber LG Aachen WuM 2006, 615: Die Erheblichkeitsgrenze liegt bei 3% der Gesamtkosten.1

224

Die einheitliche Umlage kann und wird sich in der Regel auf einzelne Kostenarten beschränken: AG Hamburg WuM 2002, 265 für Grundsteuer, Müll und Wasser: Die Kostentrennung in gemischt genutzten Gebäuden muss zum Verwaltungsaufwand der Berechnungen in einem angemessenen Verhältnis stehen (hier: für Grundsteuer). Kosten für Müll oder Wasser in gemischt genutzten Gebäuden sind durch Vorwegabzug zu bereinigen, sofern durch die Gewerbenutzung ein deutlich höherer Verbrauch als bei den Wohnungsmietern stattfindet; LG München I WuM 2002, 286 für Müll: Auch in einem gemischt genutzten Anwesen (Mietwohnungen, 4 Läden, 8 Büros) kann als Umlagemaßstab für die Müllentsorgung die Mietfläche sachgerecht sein, wenn der Papiermüll kostenlos entsorgt wird. Eine Kostentrennung nach Wohnungs- und Gewerbeanteil ist dann nicht geboten; LG Berlin GE 2002, 736 für Grundsteuer und Versicherungen nur, wenn der Grundsteuermessbescheid bzw. die Versicherungspolice oder die Prämienrechnungen nicht zwischen Wohn- und Gewerbeflächen unterscheiden, für Wasser, Abwasser und Müll nur, wenn die gewerbliche Nutzung gegenüber der Wohnnutzung zu einer Mehrbelastung führt; AG Berlin-Mitte ZMR 2002, 760: Wasserkosten sind für Wohn- und Gewerberaummieter dann nicht getrennt abzurechnen, wenn die durch die gewerbliche Nutzung verursachten Kosten annähernd denen einer Wohnungsnutzung entsprechen.

225

Nach bisheriger Auffasung musste der Vermieter in der Betriebskostenabrechnung begründen, dass ein Ausnahmefall der vorgenannten Art vorliegt, der einer Kostentrennung entgegensteht, AG Köln WuM 2003, 153, 684, s. zur Beweislast des Vermieters auch AG Berlin-Mitte ZMR 2002, 760.

Folgt man dagegen der Rspr. des BGH (Rn. V 223), nach der die Frage des Vorwegabzugs als Billigkeitsentscheidung gewertet wird, so ist es Sache des Mieters, Umstände darzulegen und zu beweisen, gemäß denen „ausnahmsweise“ eine Vorerfassung geboten ist. Da ihm dies mangels Einblicks in die Betriebssphäre des Vermieters kaum möglich sein wird, gewährt der BGH gewisse Hilfestellung, BGH – Urt. v. 25.10.2006 – NZM 2007, 83 = WuM 2006, 684 = ZMR 2007, 101: Hinsichtlich der hierfür erforderlichen Informationen kann der Mieter Auskunft vom Vermieter und Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verlangen; soweit danach der Mieter weiterhin nicht in der Lage sein sollte, die für einen Vorwegabzug der Gewerbeflächen maßgebenden Tatsachen vorzutragen, während der Vermieter über die entsprechende Kenntnis verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind, 1 Dazu kritisch Lammel WuM 2007, 118.

588

Umlagemaßstab

Rn. V 226

kommt zugunsten des Mieters eine Modifizierung seiner Darlegungslast nach den Grundsätzen über die sekundäre Behauptungslast (hier: des Vermieters) in Betracht.

Kritik: Gegen die Auffassung des BGH zur Vorerfassung bestehen Bedenken.1 Sie beginnen bereits bei der Wortinterpretation des Gesetzes. § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB spricht ausdrücklich von der Umlage nach Wohnfläche und nicht nach Fläche schlechthin. Das impliziert bereits eine Vorerfassung solcher Kosten, die sich nicht auf die Wohnfläche beziehen. Soweit der BGH eine dem § 20 Abs. 2 Satz 2 NMV entsprechende Regelung vermisst, ist zu berücksichtigen, dass diese lediglich klarstellende Bedeutung hat. Die Frage, ob eine Vorerfassung geboten ist oder nicht, ist auch keine Ermessensentscheidung des Vermieters, die der Billigkeitskontrolle nach §§ 315, 316 BGB unterliegt, sondern eine Frage der Rechtsanwendung. Daher ist die Beweislastverteilung des BGH entsprechend den vorgenannten Normen nicht einschlägig. Ebenso wenig besteht eine Vermutung dafür, dass zumeist eine Mehrbelastung der Wohnraummieter durch gewerblich verursachte Betriebskosten nicht vorliegt.2 Diese ist vielmehr branchenabhängig. Die Fassung des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB erlaubt allenfalls den Schluss auf ein Regel-Ausnahmeverhältnis, gemäß dem die Einbeziehung von Gewerbeflächen dann zulässig ist, wenn der Mieter von Wohnraum hierdurch nicht oder nur unerheblich benachteiligt wird. Diese Ausnahme ist vom Vermieter zu beweisen, da er sich auf sie beruft. Stellt man die kritisierte Rspr. des BGH in einen Kontext zu seinen späteren Entscheidungen zur Spezifizierungspflicht als formelles Erfordernis der Betriebskostenabrechnung,3 so müsste der Vermieter stets die Gesamtkosten sowie den umlagefähigen Anteil in der Abrechnung offen legen; denn nur dann ist dem Mieter die Ermessenskontrolle möglich, ob eine „nicht ins Gewicht fallende Mehrbelastung“ vorliegt, die eine Vorerfassung nicht erfordert.

225a

cc) Gewerberaum Auch bei der Gewerberaummiete kann sich die Notwendigkeit einer Kostenabgrenzung ergeben, es sei denn, dass die Vertragsparteien eindeutig vereinbart haben, dass der Gewerberaum auch mit solchen Kosten belastet werden soll, die ihn nicht einmal mittelbar betreffen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.12.1999 – DWW 2000, 54: In einem gemischt genutzten Gebäude darf der Pächter einer Gaststätte im Rahmen der Nebenkostenabrechnung nicht mit Kosten für die Wartung einer betrieblichen Einrichtung belastet werden, die ausschließlich durch die Nutzung des Gebäudes als Wohnobjekt entstanden ist; OLG Braunschweig – Urt. v. 27.11.1998 – WuM 1999, 173, 174 Sp. 2 für Kosten des Treppenhauses, zu dem der Mieter keinen Zugang hat; OLG Köln – Urt. v. 24.6.2008 – NZM 2008, 806 bei Verbot, das Treppenhaus zu benutzen. 1 S. Antoni WuM 2006, 682. 2 So aber Schach GE 2006, 478, 479 Sp. 1, auf den sich der BGH bezieht. 3 BGH – Urt. v. 14.2.2007 – GE 2007, 438 = MDR 2007, 706 = NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen); BGH – Beschl. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575.

589

226

Rn. V 227 227

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Für eine Kostenbeteiligung reicht es aber aus, dass das Mietobjekt an eine Gemeinschaftseinrichtung, deren Kosten umgelegt werden sollen (Lastenaufzug), angeschlossen ist, selbst wenn der Mieter die Einrichtung nicht nutzt (s. Rn. V 54), oder wenn die Maßnahme nur die gesamte Liegenschaft, nicht aber speziell das Mietobjekt betrifft, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.12.1999 – DWW 2000, 54: Sieht der Pachtvertrag die Betriebskosten eines Personen- oder Lastenaufzugs als umlagefähig vor, so hat der Pächter die Wartungskosten des Aufzugs anteilig zu tragen, wenn die Gaststätte (hier: über die Küche und den Allgemeinflur) an den Lastenaufzug angeschlossen ist und er die Möglichkeit hat, den Lastenaufzug u.a. für Bierlieferungen zu nutzen. Auf die tatsächliche Nutzung kommt es nicht an. Betreut der Hausmeister die technischen Anlagen und Einrichtungen der gesamten Liegenschaft, so kann der Pächter auch dann anteilig mit den vertraglich umlagefähigen Hausmeisterkosten belastet werden, wenn der Hausmeister für die Gaststätte selbst nicht unmittelbar tätig geworden ist; KG – Urt. v. 4.7.2005 – WuM 2005, 774: Ein Mieter hat sich an den Kosten eines Müllschluckers zu beteiligen, sofern ihm die Nutzung des Müllschluckers auf Grund der vertraglichen Vereinbarung zur Verfügung steht. Die Kostenbeteiligung entfällt nicht, wenn er den Müllschlucker tatsächlich nicht nutzt, weil seine Gewerbeeinheit einen eigenen Eingang hat.

Der durch die Art der Betriebskostenabrechnung – etwa eine gebotene Vorerfassung – nicht benachteiligte gewerbliche Mieter eines gemischt genutzten Gebäudes kann sich gegenüber dem Nachzahlungsanspruch des Vermieters nicht darauf berufen, die Abrechnung gegenüber den Wohnungsmietern sei fehlerhaft, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.1.2003 – ZMR 2005, 943.

g) Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten aa) Begriff 228

Die Wirtschaftseinheit ist ein preisrechtliches Institut (s. §§ 8a, 8b WoBindG). Ihre Bildung hängt von folgenden Voraussetzungen ab (§ 2 Abs. 6 II. BV): – Mehrheit von Gebäuden, – identischer Eigentümer, – örtlicher Zusammenhang, – keine wesentlichen Unterschiede im Wohnwert.

229

Das Institut der Wirtschaftseinheit hat sich mit dem gleichen Bedeutungsgehalt auch im preisfreien Wohnraum durchgesetzt, OLG Koblenz – RE v. 27.2.1990 – NJW-RR 1990, 1038 = WuM 1990, 268 = ZMR 1990, 297.

Jedoch können die Tatbestandsvoraussetzungen variabler als beim preisgebundenen Wohnraum gehandhabt werden, da die Wirtschaftseinheit hier allein Bedeutung für die Abrechnung von Betriebskosten hat und daher ausschließlich auf diese Funktion ausgerichtet werden kann. 590

Umlagemaßstab

Rn. V 233

Einerseits kann eine Wirtschaftseinheit auch bei gemischt genutzten Grundstücken gebildet werden, LG Bonn WuM 1998, 353: Verfügt ein größerer Gebäudekomplex nur über eine Hauptwasserleitung sowie eine Hauptgasleitung, so kann eine Wirtschaftseinheit auch dann gebildet werden, wenn der Komplex über mehrere Hauseingänge an mehreren Straßen verfügt und neben Wohnungen auch Büro- und Geschäftsräume hat (wobei der Wasserverbrauch für die Gewerberäume durch gesonderte Wasseruhren vorerfasst wird); s. auch BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 737 = WuM 2005, 579 = ZMR 2005, 937.

Andererseits soll die Zusammenfassung von Wohnblocks zu einer Abrechnungseinheit eine Wirtschafts- und Verwaltungseinheit voraussetzen, die einen gleichmäßigen Nutzwert zu den Betriebskostenansätzen (hier: Pflege der Außenanlagen) bietet. Der Pflegeaufwand muss in etwa vergleichbar sein,

230

LG Bautzen WuM 2002, 497, s. auch LG Berlin NZM 2002, 65, 66 Sp. 1: Die Umlage von Hausreinigungskosten nach der Gesamtfläche der Wirtschaftseinheit ist unzulässig, wenn die Kosten nach der Anzahl der Aufgänge und Höfe in unterschiedlicher Höhe anfallen.

Fallen die Kosten bei einheitlicher Ausstattung und Beschaffenheit der Gebäude im Rahmen der einheitlichen Bewirtschaftung für die Gebäude in unterschiedlicher Höhe an, so ist der Vermieter als berechtigt angesehen worden, einzelne Kosten, die nur für bestimmte Häuser der Wirtschaftseinheit entstanden sind, auf die gesamte Fläche der Wirtschaftseinheit umzulegen (hier: Kosten der Schädlingsbekämpfung). Etwas anderes soll nur gelten, wenn bestimmte Kosten notwendigerweise nur in bestimmten Gebäuden anfallen (z.B. Aufzugskosten),

231

AG Pankow-Weißensee ZMR 2006, 48.

Eine Wirtschaftseinheit kann sich auf einzelne Betriebskostenarten oder -gruppen beschränken. Ebenso können innerhalb einer Wirtschaftseinheit Abrechnungskreise für bestimmte Betriebskostenarten gebildet werden, die zu einer spezielleren Abrechnung führen,1

232

LG Köln NZM 2001, 617: Auch wenn eine Wirtschaftseinheit zur vollständigen Abrechnung nicht gebildet werden darf, schließt das nicht aus, dass für einzelne Abrechnungspositionen ein berechtigtes Interesse des Vermieters nach §§ 315, 316 BGB an der Zusammenfassung der Gebäude in der Abrechnung bestehen kann.

Wegen der notwendigen Identität der Eigentümer kann eine Wirtschaftseinheit nicht aus den vermieteten Eigentumswohnungen mehrerer Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage gebildet werden, KG – Beschl. v. 29.1.1987 – WuM 1987, 181 = ZMR 1987, 220, AG Aachen DWW 2003, 501.

1 Beispiel: In einer Wirtschaftseinheit verfügen nur einige Häuser über einen Aufzug. Diese Häuser werden bezüglich der Aufzugskosten zu einem Abrechnungskreis zusammengefasst, während sie wegen der übrigen Betriebskosten an der Wirtschaftseinheit teilhaben.

591

233

Rn. V 234

Betriebskosten und ihre Abrechnung

bb) Vertragliche Gestaltung 234

Der Vermieter kann bei preisgebundenem Wohnraum (mit Genehmigung der Bewilligungsstelle) eine Wirtschaftseinheit bilden und nach dieser die Betriebskosten abrechnen (s. § 2 Abs. 2, 6 II. BV). Eine während der Preisbindung gebildete Wirtschaftseinheit bleibt für die Altmieter auch nach Auslaufen der Preisbindung bestehen, solange die Parteien nichts anderes vereinbaren, AG Köln WuM 2005, 629.

235

Bei preisfreiem Wohnraum ist eine Vereinbarung die Voraussetzung dafür, dass der Vermieter Wirtschaftseinheiten oder Abrechnungskreise für einzelne Betriebskostenarten bilden kann, LG Köln WuM 1991, 281, LG Bonn NZM 2005, 616, AG Pinneberg WuM 2006, 379.

Die Zulässigkeit, Wirtschaftseinheiten aus mehreren Grundstücken zu bilden, ist nach Inkrafttreten der BetrKV am 1.1.2004 in Zweifel gezogen worden.1 Der Verordnungsgeber hat nämlich den Begriff der Wirtschaftseinheit in der BetrKV nicht mehr vorgesehen, da er auch nicht im WoFG verwendet wird; dort sei er entbehrlich, weil er bislang nur als Bestandteil der Wirtschaftlichkeitsberechnung Bedeutung gehabt habe. Damit sollte aber keine Änderung der Rechtslage im Betriebskostenwesen bewirkt werden, insbesondere sollte dadurch keine Verpflichtung des Vermieters zur Abrechnung nach kleinstmöglichen Einheiten begründet werden.2 Aus dem Fehlen einer gesetzlichen Regelung kann nicht darauf geschlossen werden, dass entsprechende Vereinbarungen unzulässig sind. Aus § 556 Abs. 4 und § 556a Abs. 3 BGB lässt sich dies nicht herleiten.3 Die Wirtschaftseinheit ist inzwischen ein Institut des Betriebskostenrechts geworden, das sich von seiner preisrechtlichen Grundlage gelöst hat und als allgemeiner Grundsatz anerkannt ist.4 Auch führt sie in der Regel zu einer verbesserten sowie einfacheren Bewirtschaftung und entspricht damit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit in § 556 Abs. 3 BGB. Zudem erscheint es zu eng, aus der Singularform „Grundstück“ in § 1 Abs. 1 BetrKV die Unzulässigkeit, eine Wirtschaftseinheit zu vereinbaren, abzuleiten. Abgesehen davon, dass ein solches Verständnis nicht den Vorstellungen des Verordnungsgebers entspricht, ist zu berücksichtigen, dass der Umlagemaßstab nicht Regelungsgehalt der BetrKV ist. Jedenfalls greifen die Bedenken gegen eine Wirtschaftseinheit ohnehin nicht, soweit mehrere Gebäude auf ein- und demselben Grundstück zu einer Wirtschaftseinheit zusammengefasst werden (s. auch Rn. V 5). 1 Für Unzulässigkeit: Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1265 f.; Langenberg NZM 2004, 41, 46; v. Seldeneck PiG 70 (2005) S. 273, 283, 284 f.; zweifelnd auch Blank/ Börstinghaus BGB § 556a Rn. 7; für Zulässigkeit: Schmid Rn. 4026 f.; Grundmann NJW 2003, 3745; Weitemeyer NZM 2003, 423, 424. 2 Amtl. Begründung zu § 1 Abs. 1 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 681. 3 Schmid Rn. 4026; anders Langenberg NZM 2004, 41, 46. 4 Ähnlich verhält es sich mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, der längst anerkannt war, bevor er durch §§ 556 Abs. 3 Satz 1, 560 Abs. 5 BGB normiert wurde.

592

Umlagemaßstab

Rn. V 239

Fehlt eine Vereinbarung über den Umlagemaßstab, so steht dem Vermieter von Wohnraum seit der Geltung des MRRG kein Bestimmungsrecht zu, kraft dessen er eine Wirtschaftseinheit einseitig gemäß § 315 BGB bilden könnte. Die hierzu ergangene frühere Rspr. ist gegenstandslos geworden, weil in diesem Fall nunmehr der flächenanteilige Umlagemaßstab gemäß § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB gilt. Die Regelung lässt allerdings offen, ob die Fläche auf das Gebäude oder auf das Grundstück (oder gar die Wirtschaftseinheit) bezogen ist. Insofern bedarf es einer Vereinbarung.

236

Soll eine Wirtschaftseinheit als Umlagemaßstab vereinbart werden, so muss aus dem Mietvertrag hervorgehen, dass nicht gebäudebezogen abgerechnet werden soll. Ist im Mietvertrag nur das Gebäude, in dem sich die Mietwohnung befindet, genannt, nicht aber die benachbarten Gebäude oder Grundstücke, aus denen der Vermieter die Wirtschaftseinheit (nach Abschluss des Mietvertrages) gebildet hat, so kann er auch nur gebäudebezogen abrechnen,

237

LG Itzehoe ZMR 2003, 842, ZMR 2004, 198, LG Bonn NZM 2005, 616.

Diese Abrechnungsweise gilt als schlüssig vereinbart. Anders verhält es sich ausnahmsweise dann, wenn einer gebäudebezogenen Kostenerhebung faktische oder unzumutbare technische Hindernisse entgegenstehen,1

238

BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 737 = WuM 2005, 579 = ZMR 2005, 937: Werden mehrere Wohngebäude von Beginn des Mietverhältnisses an durch eine Gemeinschaftsheizung versorgt, können diese Gebäude für die Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst werden, auch wenn als Mietsache im Mietvertrag nur eines der Gebäude bezeichnet wird; LG Itzehoe ZMR 2004, 198, AG Pinneberg WuM 2004, 537, ZMR 2006, 939.

Als Grundlage hierfür kann nur die Berufung auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) dienen. Indes wird in diesem Rahmen zu prüfen sein, ob der Vermieter nicht in der Lage ist, die Voraussetzungen für eine verbrauchsabhängige Abrechnung zu schaffen, um zu verbrauchsnahen Abrechnungsergebnissen zu gelangen. Der Vermieter kann sich aber auch einen Änderungsvorbehalt bezüglich des Umlagemaßstabs im Mietvertrag ausbedingen (s. Rn. II 128, V 250). Das bezieht sich auch auf die Bildung von Wirtschaftseinheiten, AG Frankfurt a.M. ZMR 2008, 539 mit Anm. Rave.2

Es handelt sich dabei um einen Leistungsvorbehalt, der der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegt. In diesem Zusammenhang widerspricht es nach OLG Koblenz – RE v. 27.2.1990 – WuM 1990, 268 = ZMR 1990, 297, 298 1 Z.B. es besteht ein gemeinsamer Versorgungsanschluss oder eine gemeinsam genutzte Anlage für mehrere Häuser. 2 Die Klausel lautet: „Es steht dem Wohnungsunternehmen frei, die Berechnungsart der Betriebskosten, mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten, nach dem Grundsatz der gleichen Behandlung aller Mieter und nach billigem Ermessen, soweit sachliche Gründe vorliegen, gemäß §§ 315, 316 BGB zu bestimmen, soweit es die gesetzlichen Bestimmungen zulassen.“

593

239

Rn. V 240

Betriebskosten und ihre Abrechnung

regelmäßig nicht billigem Ermessen, wenn der Vermieter bei der Abrechnung verbrauchsabhängiger und nicht verbrauchsabhängiger Betriebskosten mehrere Gebäude zu einer Wirtschafts- bzw. Verwaltungseinheit zusammenfasst und demgemäß abrechnet. Unbillig kann die Zusammenfassung dann sein, wenn die Voraussetzungen für eine Wirtschaftseinheit (s. Rn. V 228) nicht vorliegen. Ein Grundsatz, dass jeweils nach der kleinstmöglichen Abrechnungseinheit abgerechnet werden müsste, besteht nicht. Er lässt sich auch nicht aus § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB ableiten.1 240

Selbst dann, wenn bisher auf der Grundlage einer Wirtschaftseinheit abgerechnet worden ist, soll der Vermieter kraft eines Leistungsbestimmungsrechts gemäß § 315 BGB berechtigt sein, lediglich die Wohnfläche des Gebäudes, in dem die Wohnung des Mieters liegt, der Abrechnung zugrunde zu legen, LG Berlin NZM 2002, 65.

Dieser Entscheidung, die auf einem Sachverhalt vor Inkrafttreten des MRRG beruht, kann nach der neuen Rechtslage nur unter der Voraussetzung gefolgt werden, dass sich der Vermieter ein derartiges Recht ausbedungen und es durch Anzeige gegenüber dem Mieter vor Beginn der Abrechnungsperiode auch ausgeübt hat (s. Rn. V 250). 241

Handelt es sich um ein Mietverhältnis über Gewerberaum und ist ein Umlagemaßstab nicht vereinbart, so kann der Vermieter auch ohne vertragliche Vereinbarung durch einseitige Leistungsbestimmung gemäß § 315 BGB mehrere Gebäude zu einer Wirtschaftseinheit zusammenfassen, sofern die Gebäude (zumindest) einheitlich verwaltet werden, in einem unmittelbaren örtlichen Zusammenhang stehen und gleichartig genutzt werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.2.2002 – DWW 2003, 36.

cc) Wirtschaftlichkeit und Transparenz 242

Für die Bildung einer Wirtschaftseinheit reicht es nicht aus, dass die Zusammenfassung von Streubesitz wirtschaftlicher wäre. So ist eine Zusammenfassung allein, weil die Gebäude im selben Stadtgebiet liegen, unzulässig, selbst wenn durch eine einheitliche Auftragsvergabe (z.B. Gartenpflege) eine kostengünstigere Preisgestaltung möglich wäre, AG Siegen WuM 1996, 426.

Teilt der Vermieter Kosten, die auf mehrere selbständige Wirtschaftseinheiten entfallen, auf, so muss er in der Betriebskostenabrechnung angeben, wie er den auf die konkrete Wirtschaftseinheit ermittelten Betrag berechnet hat. Es genügt nicht, nur das Ergebnis der Berechnung mitzuteilen; darin läge ein formeller Abrechnungsfehler,2 BGH – Urt. v. 31.10.2007 – DWW 2008, 17, 18 = NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker); s. auch AG Dortmund WuM 2008, 671. 1 Anders Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1265. 2 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 465.

594

Umlagemaßstab

Rn. V 245

Die Bildung einer Wirtschaftseinheit darf schließlich nicht dazu führen, dass die Betriebskostenabrechnung nicht mehr durchschaubar ist, AG Leipzig WuM 1999. 467: Die Zusammenfassung von 107 Gebäuden einer Wohnanlage zu einer Wirtschaftseinheit, deren Kosten für Gartenpflege auf die Mieter umgelegt werden sollen, ist unbillig i.S. von §§ 315, 316 BGB, wenn der Größenumfang der entstandenen Wirtschaftseinheit dem Mieter die sachgerechte Kontrolle der Kosten unzumutbar macht.

Eine einseitige Leistungsbestimmung wäre – auch bei der Gewerberaummiete – nach § 315 Abs. 3 BGB nicht verbindlich, wenn die Voraussetzungen für die Bildung einer Wirtschaftseinheit nicht vorliegen und nichts Abweichendes eindeutig vereinbart worden ist. Die Vereinbarung einer Wirtschaftseinheit als Umlagemaßstab, die zur Unübersichtlichkeit und damit fehlender Transparenz der Betriebskostenabrechnung führen würde, verstößt gegen das Abrechnungsgebot in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB und ist nach § 134 BGB nichtig.

243

h) Änderung des Umlagemaßstabs aa) Gesetzeslage Die Pflicht des Vermieters, einen verbrauchs- oder verursachungsabhängigen Umlagemaßstab nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB zu verwenden, besteht nur dann, wenn bei Beginn des Mietverhältnisses Einrichtungen zur entsprechenden Erfassung vorhanden sind. Werden sie erst im Verlaufe der Mietzeit installiert, ist der Vermieter gemäß § 556a Abs. 2 BGB berechtigt, aber nicht verpflichtet, den Umlagemaßstab abweichend von den getroffenen Vereinbarungen zu ändern.1 Die Installation von Messgeräten während der Mietzeit hat keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert im Sinne einer Verpflichtung, verbrauchsabhängig abzurechnen,

244

BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GE 2008, 661 = WuM 2008, 288 (Tz. 11).

Die Regelung verpflichtet den Vermieter – abgesehen von den Regelungen in §§ 4 f. HeizkostenV – auch nicht, verbrauchs- oder verursachungsabhängige Erfassungsvorrichtungen zu schaffen oder vorzuhalten. Ebenso wenig kann ein Mieter beanspruchen, (auf eigene Kosten) derartige Einrichtungen oder Vorrichtungen (nur) für seine Wohnung zu installieren. Die Pflicht nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB und die Befugnis nach § 556a Abs. 2 BGB bestehen für den Vermieter nur dann, wenn der Verbrauch bzw. die Kostenverursachung für das gesamte Gebäude erfasst werden, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GE 2008, 661 = WuM 2008, 288 (Tz. 11).

Ist lediglich ein Teil des Gebäudes oder sind nur einzelne Wohnungen mit Erfassungsgeräten ausgestattet, so sind die Regelungen in § 556a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB nur anzuwenden, wenn die Versorgungs- bzw. Entsorgungsstränge zwischen den erfassten und nicht erfassten Gebäudeteilen baulich oder durch 1 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2329 f., einschränkend aber für den Fall, dass der bisherige Maßstab grob unbillig war.

595

245

Rn. V 246

Betriebskosten und ihre Abrechnung

einen Zwischenzähler getrennt sind; denn anderenfalls lässt sich eine verbrauchsabhängige Abrechnung nicht durchführen.1 Dies ist für den preisgebundenen Wohnraum bezüglich der Kosten für Wasserversorgung ausdrücklich in § 21 Abs. 2 Satz 3 NMV geregelt. Für den preisfreien Wohnraum bestehen die gleichen technischen Grundlagen, so dass eine entsprechende Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 3 NMV gerechtfertigt ist. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der NMV um auslaufendes Recht handelt; denn die §§ 20 f. NMV normieren großenteils nur allgemeine Grundsätze des Betriebskostenrechts, wobei der mietpreisrechtliche Bezug in den Hintergrund tritt. Der Vermieter kann sowohl nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB als auch nach § 556a Abs. 2 BGB einen kombinierten Maßstab wählen, gemäß dem ein Teil der Kosten verbrauchs- bzw. verursachungsabhängig, ein anderer nach einem festen Maßstab umgelegt wird. Sein Ermessen unterliegt der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB (vgl. dazu Rn. V 253). 246

Von seiner Gestaltungsbefugnis nach § 556a Abs. 2 BGB kann der Vermieter durch Erklärung in Textform (§ 126b BGB) und nur mit Wirkung für die Zukunft jeweils für den Beginn eines Abrechnungszeitraums Gebrauch machen. Galt bisher eine Brutto- oder eine Teilinklusivmiete, die die nunmehr erfassten Betriebskosten einschloss, so führt die Aussonderung dieser Kosten aus der bisherigen Brutto- oder Teilinklusivmiete zu einer Änderung der Mietstruktur (s. dazu Rn. III 13).2 Die herausgerechneten Kosten werden nunmehr als Vorauszahlungen geschuldet, die der Vermieter nach Maßgabe des § 560 Abs. 4 BGB dem künftigen Verbrauch anpassen kann (s. Rn. V 276).

247

Die Regelung gibt dem Vermieter indes nicht die Befugnis, den Umlagemaßstab ohne Verbrauchserfassungsmaßnahmen in einen anderen (vermeintlich verbrauchsgerechteren) Maßstab abzuändern, so zur Vorgängervorschrift in § 4 Abs. 5 MHG,3 LG Hamburg ZMR 1998, 98: § 4 Abs. 5 MHG ermöglicht es nicht, den Umlagemaßstab für Müllabfuhrkosten von anteiliger Wohnfläche auf Kopfzahl umzustellen.

Insbesondere berechtigt sie den Vermieter nicht, die Mietstruktur auch insoweit zu ändern, als eine verbrauchs- oder verursachungsabhängige Erfassung gar nicht erfolgt; so ist er nicht befugt, von einer Teilinklusivmiete auf eine Betriebskostenvollumlage überzugehen,4 LG Augsburg WuM 2004, 148 unter Abänderung von AG Augsburg WuM 2003, 566, 625.

248

Für preisgebundenen Wohnraum besteht die Verpflichtung des Vermieters zur verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten für Kaltwasser auch dann, wenn er nach Vertragsabschluss die Erfassungsgeräte für alle Wohnungen installiert hat (§ 21 Abs. 2 Satz 3 NMV). Entsprechendes gilt aber nicht für die 1 2 3 4

Langenberg Betriebskostenrecht F 21 S. 160. Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2336 f. Langenberg a.a.O. F 20 S. 160. S. dazu Börstinghaus NZM 2004, 121.

596

Umlagemaßstab

Rn. V 251

Kosten der Müllentsorgung: werden die Kosten hierfür verursachungsabhängig erfasst, so kann der Vermieter diese nach diesem Maßstab oder nach dem Verhältnis der Wohnflächen umlegen (§ 22a Abs. 2 NMV). Für Heiz- und Warmwasserkosten sieht § 6 Abs. 4 HeizkostenV1 eine einmalige Änderungsbefugnis des Vermieters mit Wirkung zum Beginn eines Abrechnungszeitraums in folgenden Fällen vor:

249

– wenn der Vermieter eine Vorerfassung nach Nutzergruppen einführen will, – nachdem der Vermieter bauliche Maßnahmen zur nachhaltigen Einsparung von Heizenergie getroffen hat, – aus anderen sachgerechten Gründen nach deren erstmaliger Bestimmung. Sie kommt außerdem bei erheblichen Leerständen zugunsten des Mieters von Wohnraum in Betracht (s. Rn. V 215). Die Änderung ist nur mit Wirkung zum Beginn einer Verbrauchsperiode zulässig (§ 6 Abs. 4 Satz 3 HeizkostenV), muss also vom Vermieter gegenüber dem Mieter zu diesem Zeitpunkt im Voraus erklärt werden. Eine Mitteilung erst in der Abrechnung wäre verspätet und würde erst für die folgende Verbrauchsperiode wirken.2 bb) Vertragslage Die Vertragsparteien können bei preisfreiem Wohnraum und bei der Vermietung von anderen Räumen und Flächen auch formularmäßig einen Änderungsvorbehalt vereinbaren. Bei der Vermietung von Wohnraum kann ein Änderungsvorbehalt vereinbart werden, soweit der Umlagemaßstab dispositiv ist. Zu formularmäßigen Änderungsvorbehalten s. Rn. II 128.

250

Grenzen für einen Änderungsvorbehalt ergeben sich für die Heizungs- und Warmwasserkosten aus § 6 Abs. 4 HeizkostenV sowie bei verbrauchs- oder verursachungsabhängiger Kostenerfassung nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB. Im Mietvertrag sollte geregelt werden, ob dem Vermieter nur eine einmalige oder eine wiederholte Änderungsbefugnis eingeräumt werden soll. Bei der Vermietung von Gewerberaum wird dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB gewährt, wenn im Mietvertrag keine Regelungen über den Umlagemaßstab getroffen worden sind; das bezieht sich auch auf spätere Abänderungen, KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423: Der Vermieter ist berechtigt, den Verteilerschlüssel für die Abrechnung der Grundsteuer dahin zu ändern, dass nicht mehr nach dem Verhältnis der Flächen, sondern nach dem Verhältnis der Rohmietanteile abgerechnet wird. Da ein konkreter Abrechnungsmodus für die Grundsteuer nicht vereinbart ist, hat der Vermieter insoweit ein einseitiges Bestimmungsrecht im Rahmen billigen Ermessens nach §§ 315, 316 BGB.

1 In der Fassung der VO v. 2.12.2008 (BGBl. I 2375), dazu Wall WuM 2009, 1, 5. 2 Schmid Rn. 6183.

597

251

Rn. V 252 252

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Von Änderungsvorbehalten kann nur mit Wirkung für die Zukunft Gebrauch gemacht werden, also jedenfalls nicht mehr nach Ablauf des Abrechnungszeitraums, OLG Hamburg – Urt. v. 8.1.1991 – WuM 1992, 76, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 12.3.2003 – GE 2004, 479 = ZMR 2004, 182.

253

Soweit dem Vermieter ein Bestimmungsrecht oder ein Änderungsvorbehalt hinsichtlich des Umlagemaßstabs eingeräumt ist, kann er von diesem Recht nur im Rahmen billigen Ermessens (§ 315 Abs. 3 BGB) Gebrauch machen. Dies erfordert, dass der Maßstab nach objektiven Kriterien ausgerichtet und möglichst nah am Verbrauch orientiert ist, KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423 für Grundsteuer bei der Gewerberaummiete.1

Die Bestimmung in diesem Rahmen lässt dem Vermieter begriffsnotwendig einen bis an die objektiven Grenzen der Billigkeit reichenden Ermessensspielraum bei der Wahl der in Betracht kommenden Verteilungsschlüssel, so dass es im Streitfall zunächst dem Mieter obliegt, die Billigkeit der getroffenen Leistungsbestimmung substantiiert zu bestreiten. Ist das geschehen, ist es Sache des Vermieters, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Billigkeit seiner Leistungsbestimmung rechtfertigen, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 3.2.2000 – ZMR 2000, 215.

254

Ob ein Mehrheitsbeschluss der Mieter bei der Ausübung des billigen Ermessens mit zu berücksichtigen ist, ist zweifelhaft, dafür: AG Weimar WM 1997, 119: Sprechen sich alle Mieter im Mehrfamilienhaus für eine Änderung des Umlageschlüssels von einem festen Maßstab auf Personenzahl aus, so ist der Vermieter gehalten, die Betriebskosten für Wasser, Abwasser und Müll künftig personennah abzurechnen; dagegen: AG Gummersbach WM 1979, 27.

Die Frage wird zu bejahen sein, weil eine solche Mehrheitsmeinung einen Anhaltspunkt dafür bietet, dass das von den Mietern befürwortete Ergebnis auch sachgerecht ist und der Vermieter gehalten ist, es in seine Erwägungen mit einzubeziehen.2 Ein Mietervotum bindet ihn allerdings nicht. 255

Die Änderung des Umlagemaßstabs kann auch schlüssig vereinbart werden, s. BGH – Beschl. v. 2.11.2005 – NZM 2006, 11 = WuM 2005, 776.

An das Vorliegen der rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen hierfür sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie bei Vereinbarungen zur Änderung der Miethöhe oder der Umlage ursprünglich nicht vereinbarter Betriebskosten (Rn. V 131 f.), LG Freiburg WuM 2000, 614, 615: Allein die Tatsache, dass der Vermieter bei der Verteilung der Betriebskosten 5 Jahre lang abweichend vom Mietvertrag einen dem 1 Danach kann es auch im Verhältnis der Gewerberaummieter billigem Ermessen entsprechen, die Umlage der Grundsteuer nicht nach dem Flächenverhältnis, sondern nach dem Mietaufkommen und dem hieran ausgerichteten Steuermessbetrag zu bestimmen. 2 S. auch Langenberg Betriebskostenrecht F 11 S. 156 für Abänderungsanspruch des Mieters hinsichtlich des Umlagemaßstabs.

598

Umlagemaßstab

Rn. V 257

Mieter günstigeren Umlagemaßstab gewählt hat, führt noch nicht zu einer Abänderungsvereinbarung; LG Leipzig NZM 2002, 486: Rechnet der Vermieter die Kosten für Wasser und Abwasser entgegen dem Mietvertrag nach Verbrauch und nicht flächenanteilig ab, so kommt es trotz wiederholter Abrechnungspraxis und kommentarlosen Saldoausgleichs durch den Mieter nicht zu einer konkludenten Vertragsänderung. Vielmehr müsste die vom Vertrag abweichende Übung vom Einverständnis beider Parteien getragen sein; AG Köln ZMR 1995 S. XII Nr. 23: Aus der Nichtbeanstandung des nicht vertragsgemäßen Verteilermaßstabs kann nicht auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen geschlossen werden; ebenso LG Bautzen WuM 2001, 288 zu § 2 BetrKV.

Grundsätzlich hat der Mieter ohne entsprechende Vertragsgrundlage keinen Anspruch auf Abänderung des vereinbarten oder vom Vermieter im Rahmen des billigen Ermessens bestimmten Umlagemaßstabes,

256

BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GE 2008, 661 = NZM 2008, 444 = WuM 2008, 288 (Tz. 11), LG Aachen WuM 1993, 410, LG Frankfurt a.M. NZM 1999, 1003 zum Übergang auf einen personenabhängigen Umlagemaßstab, LG Wuppertal WuM 1989, 520: auch nicht bei verbrauchsabhängigen Kosten und überwiegender Abwesenheit des Mieters, LG Bonn NZM 1998, 910: auch nicht bei unterschiedlichen Belegungszahlen der einzelnen Wohnungen, LG Mannheim NZM 1999, 365: auch nicht, wenn sich im Gebäude zum Teil Kleinwohnungen (ca. 50 qm), zum Teil Großwohnungen (ca. 145 qm) befinden.

Eine permanente Billigkeitskontrolle des Umlagemaßstabs ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen.1 Beruht der Umlagemaßstab auf einer Vereinbarung, so wird man nur unter den Voraussetzungen der veränderten Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) eine Ausnahme zulassen (s. zur Leerstandsproblematik Rn. V 204).2 Die Anforderungen, die hieran zu stellen sind, sind allerdings hoch, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – NZM 2008, 444 = WuM 2008, 288 verneinend bei einer möglichen Kostenreduzierung um ca. 60%; anders AG Lippstadt WM 1995, 594: wenn eine Abrechnung nach der Anzahl der im Hause lebenden Personen anstelle nach anteiliger Wohnfläche für den betroffenen Mieter zu einer Halbierung der anteiligen Betriebskostenbelastung führen würde.

Darüber hinaus wird gefordert, dem Mieter einen Anspruch auf Abänderung selbst eines vereinbarten Umlagemaßstabs nach Treu und Glauben einzuräumen, wenn sich dieser als grob unbillig erweist und die Änderung dem Vermieter – auch im Hinblick auf seinen damit verbundenen Verwaltungsaufwand – zuzumuten ist.3 Dafür können auch die Gesetzesmaterialien spre1 Ebenso Staudinger/Weitemeyer BGB § 556a Rn. 8; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2304; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2780 für Wasserkosten. 2 Staudinger/Weitemeyer BGB § 556a Rn. 12. 3 Blank/Börstinghaus BGB § 556a Rn. 13; Langenberg Betriebskostenrecht F 11 S. 156; s. auch Blank DWW 1992, 69 zum vertragsimmanenten Grundsatz der Umlagegerechtigkeit.

599

257

Rn. V 258

Betriebskosten und ihre Abrechnung

chen.1 Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das MRRG vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz v. 26.11.20012 in Kraft getreten ist. Somit bietet sich § 313 als Lösungsansatz an, BGH – Urt. v. 31.5.2006 – NZM 2006, 655 (Tz. 19) = WuM 2006, 440 = ZMR 2006, 758: Ein Anspruch (auf Abänderung des Verteilerschlüssels angesichts eines Wohnungsleerstandes) besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB. Es kann dahingestellt bleiben, ob auf § 242 BGB noch zurückgegriffen werden kann, nachdem das Rechtsinstitut der Geschäftsgrundlage nicht mehr aus § 242 BGB abzuleiten, sondern nunmehr in § 313 BGB kodifiziert ist. Jedenfalls ändern sich die materiellen Voraussetzungen für einen Anspruch des Vermieters auf Änderung des vereinbarten Verteilungsschlüssels wegen leerstehender Wohnungen nicht dadurch, dass der Anspruch statt aus der Neuregelung des § 313 BGB weiterhin aus § 242 BGB hergeleitet wird.

258

Etwas anderes ist, ob der Mieter einen Anspruch darauf hat, dass der Vermieter von einer vertraglichen Änderungsbefugnis Gebrauch macht, wenn der bisherige Maßstab nicht mehr der Billigkeit entspricht, so LG Düsseldorf WuM 1996, 777.

Auch in diesem Zusammenhang wird an die Maßstäbe des § 313 BGB anzuknüpfen sein. Ob dafür eine nachträglich eintretende grobe Unbilligkeit ausreicht, erscheint zweifelhaft. Von einer Änderung der Verhältnisse wird aber auszugehen sein, wenn die Kommune einen verbrauchs- bzw. verursachungsabhängigen Maßstab einführt,3 AG Moers WuM 1996, 96: Berechnung der Müllabfuhrkosten nach dem Scannersystem.

Bloße Zweifel des Mieters an der Billigkeit des verwendeten Umlagemaßstabs genügen ohnehin nicht, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – GE 2008, 661 = NZM 2008, 444 = WuM 2008, 288.

259

Soweit ein Abänderungsanspruch des Mieters ausnahmsweise in Betracht kommt, wirkt sich die Änderung nur auf künftige Abrechnungsperioden aus, LG Düsseldorf WuM 1996, 777, LG Bonn NZM 1998, 910 = WuM 1998, 353.

260

Ein Abänderungsanspruch des Vermieters besteht ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 313 BGB, sofern sich der Vermieter keinen Änderungsvorbehalt bezüglich des Umlagemaßstabs ausbedungen hat. Die Berufung auf Treu und Glauben reicht hierfür nicht aus, schon gar nicht, wenn der Vermieter durch eigene ungünstige Vertragsgestaltung sich die Abrechnung über die Betriebskosten erschwert hat.4 1 S. Regierungsentwurf zur MRRG Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 51 zu § 556a BGB: Soweit es im Einzelfall zu einer krassen Unbilligkeit kommt, hat der Mieter auch zukünftig einen Anspruch auf Umstellung des Umlagemaßstabs. 2 BGBl. I 3138, in Kraft getreten am 1.1.2002. 3 S. zum Beispiel § 39 Abs. 3 Hamburgische Bauordnung i.d.F. v. 20.2.2001 (GVBl. 2001, 27, 31) zur Verpflichtung, bereits bestehende Gebäude mit Einzelwasserzählern bis zum 1.9.2004 auszurüsten. 4 Z.B. durch Vereinbarung eines personenabhängigen Maßstabes oder durch Vereinbarung unterschiedlicher Umlagemaßstäbe im Verlauf der Jahre, anders Blank/Börstinghaus BGB § 556a Rn. 11.

600

Vorauszahlungen

Rn. V 264

5. Vorauszahlungen a) Rechtsgrundlage Der Vermieter hat einen Anspruch auf Vorauszahlungen grundsätzlich nur dann, wenn dies vereinbart ist,

261

BayObLG – RE v. 5.10.1995 – WuM 1995, 694 = ZMR 1996, 20, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 25.1.1995 – GE 1996, 47.

Eine solche Vereinbarung kann auch im Wege einer schlüssigen Vertragsänderung erfolgen, LG Berlin NZM 2002, 940 = ZMR 2002, 52: Haben die Parteien über mehrere Jahre eine Abrechnung über Vorschüsse praktiziert, so liegt darin die konkludente Änderung des Mietvertrages, dass auch künftig Vorschüsse zu zahlen sind.1

An der vertraglichen Verpflichtung des Mieters, neben der Miete Betriebskosten zu zahlen, ändert sich nichts, wenn keine Vorauszahlungen vereinbart sind, BGH – Urt. v. 11.2.2004 – WuM 2004, 201 (II 1), KG – Urt. v. 27.11.2006 – ZMR 2007, 364.

§ 556 Abs. 2 BGB und § 20 Abs. 3 Satz 1 NMV enthalten keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Vorauszahlungen, sondern lediglich eine preisrechtliche Grenze zur Höhe der Vorauszahlungen (s. Rn. V 267). Ein Anspruch auf Vorauszahlungen wird dem Vermieter jedoch entweder unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung oder nach Treu und Glauben eingeräumt, wenn er durch bauliche Änderungen, die der Mieter nach § 554 Abs. 2 BGB dulden muss, Einrichtungen geschaffen hat, durch die Betriebskosten anfallen (z.B. Einbau eines Aufzugs, einer Zentralheizung) (s. dazu Rn. V 144),2

262

AG Hamburg WuM 2000, 82: Nach einer Wohnungsmodernisierung durch Einbau einer Sammelheizung mit Fernwärmeversorgung statt einzelner Nachtspeicheröfen kann der Vermieter durch einseitige Erklärung die monatlichen Heizkostenvorauszahlungen in angemessener Höhe fordern. Grundsätzlich ist zwar eine Vereinbarung nötig; anders verhält es sich aber, wenn der Vermieter Anlagen geschaffen hat, die dem Mieter zugute kommen und erhebliche Betriebskosten verursachen.

Das gilt selbst dann, wenn die Parteien eine Bruttomiete vereinbart haben; der Anspruch wird aus § 556a Abs. 2 BGB abgeleitet. Wenn der Vermieter die neu eingeführten Heizkosten umlegen darf, so gilt dies auch für die Anforderung angemessener Vorauszahlungen,3

263

LG Berlin ZMR 2005, 192.

Es ist nicht erforderlich, dass die Vorauszahlungen bestimmten Betriebskosten zugeordnet sind. Vorauszusetzen ist allerdings, dass eine wirksame Nebenkostenvereinbarung überhaupt getroffen worden ist, OLG Karlsruhe – RE v. 18.10.1985 – NJW-RR 1986, 91. 1 Zum Fall: Der 1988 geschlossene Mietvertrag sah eine Bruttomiete vor; seit 1995 zahlte der Mieter Vorschüsse, über die der Vermieter abrechnete. 2 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1765. 3 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 556 Rn. 253.

601

264

Rn. V 265

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Dies ist nicht zu verwechseln mit der Pflicht des Vermieters von preisgebundenem Wohnraum, dem Mieter die umzulegenden Betriebskosten nach Art und Höhe bei Überlassung der Wohnung mitzuteilen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 NMV, s. Rn. V 130). Hier genügt weder der pauschale Hinweis auf den Betriebskatalog in § 2 BetrKV (früher: Anlage 3 zu § 27 II. BV) noch die Angabe eines Gesamtbetrages der Betriebskostenbelastung. 265

Die Vorauszahlungen sind wie die Miete abtretbar und pfändbar,1 anders OLG Celle – Beschl. v. 13.4.1999 – ZMR 1999, 698.

266

Der Anspruch auf Vorauszahlungen erlischt, sobald der Vermieter zur Abrechnung verpflichtet ist, mithin die Abrechnungsreife eingetreten ist, OLG Brandenburg – WuM 2006, 579; OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2008 – NZM 2008, 524 = ZMR 2008, 710; wohl auch BGH – Urt. v. 15.11.2006 – GE 2007, 142, 144 Sp. 2: Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob hinsichtlich der geltend gemachten Vorauszahlungen nicht bereits Abrechnungsreife eingetreten ist mit der Folge, dass eine Vorauszahlung nicht mehr verlangt werden kann.

Dies ist bei Mietverhältnissen über Wohnraum grundsätzlich nach 12 Monaten seit Ende der Verbrauchsperioden der Fall (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB, s. Rn. V 366). Bei Mietverhältnissen über andere Objekte tritt die Abrechnungsreife erst angemessene Zeit nach Ablauf der Verbrauchsperiode ein. Hierbei wird an die Regelfrist für die Wohnraummiete angeknüpft (s. Rn. V 367). Jedenfalls erlischt der Anspruch spätestens, sobald der Vermieter über die (bisher geleisteten) Vorauszahlungen abgerechnet hat, BGH – Urt. v. 28.5.2007 – NZM 2008, 567 = WuM 2008, 407 = ZMR 2008, 777, 778 = MietRB 2008, 259.

Zu den Ausnahmen s. Rn. V 293. b) Vertragsauslegung 267

Für die Frage, ob eine Betriebskostenpauschale oder Vorauszahlungen vereinbart sind, kommt es im Zweifel zunächst auf den Wortlaut der Vereinbarung an (AG Königstein/Taunus WuM 1985, 366), sofern sich nicht aus einer bereits erfolgten Handhabung der Klausel das eine oder andere schlüssig ergibt (z.B. Behandlung einer Pauschale als Vorauszahlung: AG Landsberg DWW 1986, 19). Unklarheiten gehen zu Lasten des Vermieters, der einen Abrechnungssaldo geltend macht (LG Wiesbaden WuM 1987, 274, AG Hamburg-Altona WuM 1988, 66). Gewisse Indizien für eine Pauschale werden in der Ausweisung differenzierter Beträge für einzelne Nebenkosten und der fehlenden Vereinbarung eines Umlageschlüssels gesehen (AG Bochum ZMR 1987, 340). Zu unklaren Vereinbarungen, ob Vorauszahlungen oder eine Pauschale gelten, s. auch Rn. V 137 f. Sind getrennte Vorauszahlungen für die „kalten“ und für die „warmen“ Betriebskosten vereinbart, so sind damit zwei Abrechnungskreise festgelegt, die 1 Langenberg Betriebskostenrecht E 55 ff. S. 149 ff.; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 79.

602

Vorauszahlungen

Rn. V 268a

jeweils selbständige Abrechnungen mit eigenständigen Abrechnungsergebnissen bedingen.1 So läuft die Abrechnungsfrist in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB für die jeweiligen Abrechnungen gesondert, LG Duisburg WuM 2006, 199, 200.

Anders verhält es sich, wenn für „kalte“ und für „warme“ Betriebskosten ein einheitlicher Vorauszahlungsbetrag vereinbart worden ist; schon daran scheitert eine getrennte Abrechnung, BGH – Urt. v. 30.4.2008 – NZM 2008, 522 = WuM 2008, 404.

Sieht der Mietvertrag monatliche Vorauszahlungen auf die Betriebskosten und deren jährliche Abrechnung vor, führt allein das Unterlassen der Abrechnung über die ersten 20 Abrechnungsperioden im Mietverhältnis zu keiner Vertragsänderung, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1302 = NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann).

c) Bemessung der Vorauszahlungen Nach § 556 Abs. 2 BGB ist der Anspruch des Vermieters von Wohnraum nur in angemessener Höhe begründet, d.h. soweit die Vorauszahlungen zur zu erwartenden Kostendeckung erforderlich sind. Damit wird ihm lediglich untersagt, Vorauszahlungen in unangemessener Höhe, nämlich unangemessen überhöht, festzusetzen. Ist es dem Vermieter unbenommen, dem Mieter die auf ihn umzulegenden Nebenkosten insgesamt zu kreditieren,

268

s. dazu BGH – Urt. v. 11.2.2004 – GE 2004, 416 = NZM 2004, 251 = WuM 2004, 201 = ZMR 2004, 347, KG – Urt. v. 27.11.2006 – ZMR 2007, 364, LG Potsdam NZM 2005, 303 für einen Gewerbemietvertrag,

kann es ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn er Vorauszahlungen verlangt, die in ihrer Höhe die tatsächlichen Kosten nicht nur geringfügig, sondern auch deutlich unterschreiten,2 BGH – Urt. v. 11.2.2004 – NZM 2004, 251 = WuM 2004, 201 = ZMR 2004, 347 für Wohnraum, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653 für Gewerberaum.3

Danach besteht keine Fürsorgepflicht des Vermieters zur kostenorientierten Bemessung der Vorauszahlungen, bei deren Verletzung es ihm etwa versagt wäre, eine wesentlich höhere Nachzahlung geltend zu machen (s. aber auch Rn. V 269). Es besteht kein allgemeiner Rechtssatz, wonach dem Vermieter die Geltendmachung von Nebenkostennachforderungen verwehrt ist, wenn die sich aus der Abrechnung ergebende Nachforderung den Vorauszahlungsbetrag wesentlich übersteigt, 1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 478. 2 Zum Fall: Gegenüber einer Jahresvorauszahlung von 2400 DM ergab sich noch eine Nachzahlung von über 3000 DM. 3 Zum Fall: Jährliche Vorauszahlungen insgesamt 60 000 DM; Nachzahlungen für 1996: 375 TDM, 1997: 238 TDM, 1998: 201 TDM.

603

268a

Rn. V 269

Betriebskosten und ihre Abrechnung

OLG Hamm – Urt. v. 6.11.2002 – NZM 2003, 717: Der Vermieter ist zu Nachforderungen von Betriebskosten auch dann nicht berechtigt, wenn die vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen deutlich zu gering waren, es sei denn, er hat den Mieter über die Höhe der Betriebskosten vorwerfbar getäuscht. Aus den Gründen: Dem Vermieter steht es frei, mit dem Mieter zu vereinbaren, dass dieser die Nebenkosten in voller Höhe erst nach einer Nebenkostenabrechnung zahlt. Ebenso bleibt es dem Vermieter unbelassen, sich mit dem Mieter auf Vorauszahlungen zu einigen, die deutlich unter dem tatsächlichen Abrechnungsbetrag liegen; Anschluss an OLG Stuttgart – RE v. 10.8.1982 – NJW 1982, 2506, OLG Hamm – RE v. 22.8.1997 – WuM 1997, 542 = NZM 1998, 186, ebenso LG Düsseldorf NZM 2002, 604;1 anders OLG Naumburg – Urt. v. 23.11.2001 – NZM 2002, 387 unter Bezugnahme auf Treu und Glauben, wenn die Nachforderungen die Vorauszahlungen um etwa das Achtfache übersteigen; der BGH ist dieser Auffassung allerdings nicht gefolgt.

269

Hat der Vermieter die Vorauszahlungen schuldhaft zu niedrig bemessen, so kann er sich unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen schadensersatzpflichtig machen. Nach Auffassung des BGH müssen dafür besondere Umstände vorliegen, etwa wenn der Vermieter die Angemessenheit der Nebenkostenvorauszahlungen ausdrücklich zugesichert oder sie bewusst niedrig angesetzt hat, um das Mietobjekt besser vermieten zu können, BGH – Urt. v. 11.2.2004 – NZM 2004, 251 = WuM 2004, 201 = ZMR 2004, 347,2 BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653, KG – Urt. v. 25.6.2007 – ZMR 2007, 963.

Das kommt auch dann in Betracht, wenn dem Vermieter bekannt ist oder er davon ausgehen muss, dass die im Mietvertrag vereinbarte Vorauszahlung die später abzurechnenden Kosten nicht decken wird (s. § 311 BGB, s. Rn. I 295 f.), OLG Dresden – RE v. 20.12.2002 – NZM 2004, 68 = NJW-RR 2004, 84 = WuM 2004, 83.

Gegen die restriktive Rspr. bestehen Bedenken. Entsprechend den Treupflichten aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis nach §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 2, 241 Abs. 2 BGB hat der Vermieter den Mieter vor Abschluss des Mietvertrages auch ungefragt über Umstände aufzuklären, die für dessen Entscheidung – für den Vermieter erkennbar –, den Mietvertrag abzuschließen, bedeutsam sind. Dazu zählt die Bemessung der Vorauszahlungen. Zwar kann der Mieter die künftige Betriebskostenbelastung erfragen. Jedoch kann er davon ausgehen, dass der Vermieter schon im eigenen Interesse die Vorauszahlungen an den voraussichtlichen Kosten ausrichtet. Ergibt sich eine Nachzahlung, die die Vorausszahlungen erheblich übersteigt, so indiziert das die Verletzung der Aufklärungspflicht. Es ist dann Sache des Vermieters, plausible Gründe entweder für den hohen Nachzahlungsbetrag oder für seine unterlassene Aufklärung vorzutragen. Der Schadensersatzanspruch des Mieters besteht in dem Anspruch auf Freistellung einer deutlich überhöhten Nachzahlung, sofern der Mieter am Miet-

1 Zum Fall: Vorauszahlungen von 1980 DM, Betriebskostenbelastung: 3024 DM. 2 Kritisch dazu Langenberg G 218 f. S. 298; Artz NZM 2004, 328; Derckx NZM 2004, 321; Eisenschmid WuM 2004, 202; Lehmann-Richter WuM 2004, 254.

604

Vorauszahlungen

Rn. V 273

verhältnis festhalten will, oder aber nach Zahlung des Saldos in der Herabsetzung seiner Leistung auf das angemessene Maß, Rückforderung des Mehrbetrages und Ersatz etwaiger Mehraufwendungen, KG – Urt. v. 25.6.2007 – ZMR 2007, 963.

Allerdings soll es in diesen Fällen im Regelfall an einem Schaden des Mieters fehlen, wenn die ordnungsgemäß abgerechneten Betriebskosten tatsächlich angefallen sind. Daher soll der Mieter die auf Grund einer solchen Abrechnung geltend gemachten Betriebskostennachforderungen des Vermieters grundsätzlich nicht verweigern können,

270

OLG Dresden – RE v. 20.12.2002 – NZM 2004, 68 = NJW-RR 2004, 84 = WuM 2004, 83.1

Ein Anspruch auf Freistellung von Betriebskostennachzahlungen (s. OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.2.2000 – WuM 2000, 591) soll nur in Betracht kommen, soweit die Kostenansätze überhöht sind, etwa infolge mangelnder Wirtschaftlichkeit. Darüber hinaus wird dem Mieter für den nach der Rspr. des BGH wohl eher seltenen Fall des Verschuldens des Vermieters bei der Bemessung der Vorauszahlungen ein Recht zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB eingeräumt,2 LG Düsseldorf NZM 2002, 604, LG Hamburg ZMR 2003, 683.

d) Fälligkeit der Vorauszahlungen Vorauszahlungen sind Teil der Miete. Ihre Fälligkeit richtet sich daher mangels anderweitiger Vereinbarung nach derjenigen der Miete. Reichen die Zahlungen des Mieters nicht aus, um die gesamte Mietschuld zu decken, so wird die Leistung entsprechend § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf die geschuldeten Betriebskostenvorauszahlungen angerechnet, sofern der Mieter keine andere Leistungsbestimmung getroffen hat oder die Parteien keine abweichende Verrechnung vereinbart haben (s. Rn. III 103),

271

OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.3.2006 – GE 2006, 647 = ZMR 2006, 685: Die Mietzahlungen sind bei fehlender bindender Tilgungsbestimmung zunächst auf die Nebenkostenvorauszahlungen und erst dann auf die restliche Miete zu verrechnen. Das beruht auf der Erwägung, dass rückständige Nebenkostenvorauszahlungen nach Ablauf der Abrechnungsreife nicht mehr verlangt werden können; ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – NZM 2001, 1125 = ZMR 2002, 46 für Kautionsverrechnung des Vermieters mit noch offenen Betriebskostenvorauszahlungen.

Zieht der Mieter vor Vertragsende aus, so befreit ihn das nicht von der Pflicht, Betriebskostenvorauszahlungen weiterhin zu leisten,

272

OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87.

Der Vermieter hat keinen Anspruch mehr auf rückständige Betriebskostenvorauszahlungen, nachdem der Abrechnungszeitraum abgelaufen und die Ab1 Nach Artz NZM 2004, 328, 330 liegt der Schaden des Mieters in den Finanzierungskosten; s. auch Eisenschmid WuM 2004, 202; Lehmann-Richter WuM 2004, 254. 2 S. auch Artz NZM 2004, 328, 330; Derckx NZM 2004, 321, 324.

605

273

Rn. V 274

Betriebskosten und ihre Abrechnung

rechnungsreife eingetreten ist.1 Nach Eintritt der Abrechnungsreife hat er nur noch einen Anspruch auf den Saldo aus einer Abrechnung, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 567 = WuM 2008, 407 = ZMR 2008, 777, 778 = MietRB 2008, 259 (Monschau): Die Klage auf Leistung der Vorauszahlungen hat sich dadurch erledigt, dass der Vermieter über die im fraglichen Jahr angefallenen Heizund Warmwasserkosten abgerechnet hat. Dadurch ist der Anspruch untergegangen mit der Folge, dass der Vermieter ab diesem Zeitpunkt nur noch die Zahlung eines sich aus der Abrechnung zu seinen Gunsten etwa ergebenden Saldos beanspruchen kann. S. auch BGH – Urt. v. 4.10.2000 – NZM 2001, 234, 236 Sp. 2 a.E., BGH – Urt. v. 15.11.2006 – GE 2007, 142, 144 Sp. 1: Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob hinsichtlich der geltend gemachten Vorauszahlungen nicht bereits Abrechnungsreife eingetreten ist mit der Folge, dass eine Vorauszahlung nicht mehr verlangt werden kann. OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87: Die Abrechnungsreife von Betriebskosten tritt ein Jahr nach Ende des mietvertraglichen Abrechnungszeitraums ein und lässt entsprechende Ansprüche auf Betriebskostenvorauszahlungen erlöschen. Vereinbarte Vorschüsse braucht der Mieter trotz des eingetretenen Verzuges nicht mehr zu zahlen, weil Nebenkostenvorauszahlungen ihrem Zweck entsprechend dem Vermieter lediglich vorübergehend eine Vorfinanzierung seiner Aufwendungen ersparen sollen. OLG Hamburg – Urt. v. 21.1.2004 – ZMR 2004, 509: Ist nach Ablauf von mehr als einem Jahr seit Ende des Beitragsjahres nicht abgerechnet, so ist die Abrechnungsreife eingetreten. Danach können rückständige Vorauszahlungen nicht mehr verlangt werden, sondern nur noch der Abrechnungssaldo.

274

Erklären die Parteien die auf Leistung der Vorauszahlungen gerichtete Klage nach Eintritt der Abrechnungsreife für erledigt, so bleibt der Anspruch des Vermieters auf Verzugszinsen auf die nicht geleisteten Vorauszahlungen bis zum Eintritt der Abrechnungsreife bestehen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.2000 – DWW 200, 86.

Ist die Betriebskostenabrechnung inzwischen erstellt, so braucht der Vermieter den Rechtsstreit nicht in der Hauptsache für erledigt zu erklären, sondern kann die Klage auf Leistung des Abrechnungssaldos umstellen, OLG Hamburg – Beschl. v. 2.11.1988 – DWW 1988, 379 = ZMR 1989, 18.

Darin liegt eine nach § 263 ZPO zulässige Klagänderung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.12.2000 – GE 2001, 488 = ZMR 2001, 882.

274a

Hat der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen vor Abrechnungsreife eingeklagt und in die spätere Betriebskostenabrechnung die „Soll“-Vorauszahlungen eingestellt, so soll er berechtigt sein, den Betriebskostensaldo klagerhöhend geltend zu machen, ohne den Ansatz der Vorauszahlungen in der Abrechnung auf „Ist“-Vorauszahlungen umstellen zu müssen (s. auch Rn. V 293), BGH – Urt. v. 27.11.2002 – NZM 2003, 196 = WuM 2003, 216 = ZMR 2003, 334.2 1 Dagegen Schmid NZM 2007, 555 unter Hinweis auf die abweichenden Auffassungen im Wohnungseigentumsrecht und im Baurecht. 2 Mit krit. Anm. Schmid ZMR 2003, 335.

606

Vorauszahlungen

Rn. V 277

Weist das LG die Klage auf Zahlung rückständiger Betriebskostenvorauszahlungen wegen Eintritts der Abrechnungsreife ab1 und stellt der Kläger die Klage in der Berufung nunmehr auf Zahlung des Saldos aus der Nebenkostenabrechnung um, so kann der Kläger mit diesem Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen sein, wenn er die Umstellung auf die Saldoklage schon erstinstanzlich hätte vornehmen können,

275

OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.10.2003 – NZM 2003, 899 – ZMR 2004, 30.

e) Anpassung der Vorauszahlungen aa) Rechtsgrundlage Bei der Wohnraummiete steht das Recht zur Anpassung von Vorauszahlungen beiden Parteien nach Erteilung einer Betriebskostenabrechnung zu (§ 560 Abs. 4 BGB). Einer hierauf bezogenen Vereinbarung bedarf es bei der Wohnraummiete nicht mehr. Das Anpassungsrecht gilt auch bei Vermietung von preisgebundenem Wohnraum. Die Regelung in § 20 Abs. 4 NMV ist nur noch für die förmliche Anforderung des Vermieters bedeutsam.

276

Dagegen kann sein Anpassungsrecht bei der Gewerberaummiete allein durch eine Vereinbarung begründet werden, die auch formularmäßig getroffen werden darf. Die Ausübung dieses Rechts setzt eine vorherige Betriebskostenabrechnung voraus und unterliegt der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB.2 Haben die Parteien vereinbart, für die kalten Betriebskosten und die Heizsowie Warmwasserkosten getrennte Vorauszahlungen zu vereinbaren, so können die Vorauszahlungen für jede der beiden Kostenarten unabhängig voneinander angepasst werden,3 LG Duisburg WuM 2006, 199, 200.

Der Vermieter von Wohnraum kann das Anpassungsrecht nur auf der Grundlage einer zuvor erteilten Abrechnung ausüben. Diese muss formell wirksam, zumindest prüffähig sein; anderenfalls kann der Mieter die Leistung erhöhter Vorauszahlungen verweigern, AG Dortmund WuM 2004, 148, OLG Dresden – Urt. v. 12.3.2002 – NZM 2002, 437 = ZMR 2002, 416, 417 bei vertraglicher Anpassungsklausel in einem Mietverhältnis über Gewerberaum.

Dagegen soll der Mieter nicht berechtigt sein, inhaltliche Fehler der Betriebskostenabrechnung dem Erhöhungsanspruch des Vermieters entgegenzuhalten,

1 Die Abweisung der Klage wäre nach der Entscheidung des BGH v. 27.11.2002 – NZM 2003, 196 = WuM 2003, 216 = ZMR 2003, 334 unbegründet, s. Rn. V 274. 2 Schmid MDR 2001, 1021, 1024, weiter gehend Langenberg Betriebskostenrecht E 18 S. 146, nach dem der Vorauszahlungsvereinbarung die Anpassungsmöglichkeit von vornherein innewohnt. Dem kann nicht gefolgt werden. Indes kann sich die Anpassungsmöglichkeit aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben. 3 Zum Fall: Der Mieter hatte aus der Heizkostenabrechnung ein Guthaben von 448 Euro und aus der Betriebskostenabrechnung eine Nachzahlung von 428 Euro.

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277

Rn. V 278

Betriebskosten und ihre Abrechnung

BGH – Urt. v. 28.11.2007 – WuM 2008, 31 = ZMR 2008, 196, 198: Etwaige inhaltliche Fehler der Betriebskostenabrechnung berechtigen den Mieter nicht, die bisherigen Betriebskostenvorschüsse unverändert weiterzuzahlen. Die Erhöhung gemäß § 560 Abs. 4 BGB ist unabhängig von der Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung wirksam.

Für diese Auffassung kann sprechen, den Streit um den Abrechnungssaldo nicht in den Streit um die Höhe der Vorauszahlungen vorzuverlegen. Indes hat das materiell richtige Ergebnis unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Vorauszahlungen; nicht anders kann es sich bei inhaltlichen Fehlern der Abrechnung verhalten. Korrektiv bildet die in § 560 Abs. 4 BGB vorgeschriebene Angemessenheitsgrenze. Stellt sich die materielle Unrichtigkeit des Abrechnungssaldos heraus, so ist die „angemessene Höhe“ der Vorauszahlungen (erneut) zu überprüfen.1 Dazu sind die Parteien gemäß § 241 Abs. 2 BGB berechtigt und verpflichtet. Zu weit geht allerdings die Auffassung, dass der Anspruch auf höhere Vorauszahlungen dann nicht bestehen soll, wenn die Abrechnung zwar einen Nachzahlungsanspruch des Vermieters ergibt, der Vermieter jedoch zu spät abgerechnet hat, so dass sein Anspruch nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB verwirkt ist (so aber LG Berlin NZM 2004, 339, AG Hamburg-Harburg ZMR 2006, 785). Bei dieser Auffassung werden formelle und materielle Tatbestandsmerkmale miteinander vermischt: maßgeblich für den Erhöhungsanspruch des Vermieters ist die reale Kostensituation, wie sie sich aus einer ordnungsmäßigen Abrechnung ergibt und auf die kommende Verbrauchsperiode auswirkt. Ob der Vermieter den Nachzahlungsanspruch durchsetzen kann oder nicht, ist hierfür unerheblich.2 278

Dem Vermieter soll das Anpassungsrecht nur auf der Grundlage derjenigen Betriebskostenabrechnung zustehen, die dem Wirtschaftsjahr unmittelbar vorausgeht.3 Danach wäre der Vermieter nicht berechtigt, einen erhöhten Saldo aus der Abrechnung für 2006 zum Anlass zu nehmen, um die Vorauszahlungen für 2008 zu erhöhen, vgl. AG Hamburg-Bergedorf ZMR 2002, 438.

279

Unerheblich ist, ob die Nachforderungen, die den Anspruch des Vermieters auf Erhöhung der Vorauszahlungen begründen, auf einer Kostensteigerung seit Vertragsschluss bzw. seit der letzten Betriebskostenabrechnung oder auf einer unrichtigen Kalkulation des Vermieters und daher auf bisher zu niedrigen Vorauszahlungen beruhen.4

280

Der Vermieter ist nicht berechtigt, die Vorauszahlungen im Verlaufe einer Verbrauchsperiode deshalb zu erhöhen, weil seit der letzten Abrechnung 1 S. dazu Fischer WuM 2008, 251, 254; Rave ZMR 2008, 199, 200. 2 Im Ergebnis ebenso Blank/Börstinghaus BGB § 560 Rn. 20; Schmid MDR 2001, 1021; Derckx NZM 2004, 321, 325; a.A. Rave ZMR 2008, 199, 201. 3 Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 37; Rips in BetriebskostenKomm. Rn. 2417, 2423. 4 Staudinger/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 52; s. auch Derckx NZM 2004, 321, 325; anders Schmid MDR 2001, 1021, 1022.

608

Vorauszahlungen

Rn. V 282

nicht vorhergesehene Kostensteigerungen eingetreten sind. Hierauf bezogene generelle Vereinbarungen sind schon wegen der Liquiditätsnachteile des Mieters unwirksam (s. § 560 Abs. 6 BGB).1 Den Parteien bleibt es jedoch unbenommen, im Einzelfall eine Erhöhung der Vorauszahlungen zu vereinbaren.2 Die Anpassung ist nicht auf die Höhe der Betriebskostenbelastung des Mieters auf Grund der letzten Abrechnung beschränkt, sondern kann künftige absehbare oder erwartbare Kostensteigerungen (ca. 5–10% p.a.) berücksichtigen.3 Auch der Mieter kann unter den entsprechenden Voraussetzungen des § 560 Abs. 4 BGB – d.h. auf der Grundlage einer den formellen Erfordernissen genügenden Betriebskostenabrechnung über den vorausgegangenen Abrechnungszeitraum – durch eine Gestaltungserklärung bewirken, dass die Betriebskostenvorauszahlungen herabgesetzt werden. Durch die Neuregelung ist der Rechtsentscheid des BayObLG v. 5.10.1995 – WuM 1995, 694 = ZMR 1996, 20, der dem Mieter nur einen Anspruch gegen den Vermieter auf Herabsetzung der Vorauszahlungen einräumte, gegenstandslos geworden. Das Recht zur Herabsetzung steht dem Mieter aber nur zu, wenn die Betriebskostenabrechnung ein Guthaben zu seinen Gunsten ausweist oder unstreitig mit nicht nur unerheblichen Kostensenkungen in der kommenden Verbrauchsperiode zu rechnen ist. Ist das Abrechnungsergebnis streitig, etwa weil der Vermieter eine Nachzahlung und der Mieter eine Gutschrift beansprucht, so steht dem Mieter die Herabsetzungsbefugnis nicht zu; denn in diesem Fall würden sich die Gestaltungsrechte von Vermieter und Mieter gegenseitig blockieren. Demnach muss es für deren Ausübung – von Missbrauchsfällen abgesehen – genügen, dass eine formell ordnungsmäßige Abrechnung vorliegt.

281

bb) Zeitliche Wirkung Das Anpassungsrecht kann nur mit Wirkung für die Zukunft geltend gemacht werden; das Gesetz sieht eine Rückwirkung nicht vor. Dies ist für preisgebundenen Wohnraum in § 20 Abs. 4 S. 2 NMV ausdrücklich geregelt. Eine Vorlaufzeit besteht für preisfreien Wohnraum nicht, so dass die Erhöhung mit Zugang der Erklärung beim Mieter wirksam wird und zum nächsten Monatsersten zusammen mit der laufenden Miete fällig wird. Anders als bei der Betriebskostenabrechnung steht dem Mieter hier keine weitere Überlegungsfrist zu. Für eine analoge Anwendung des § 560 Abs. 2 BGB ist kein Raum (a.A. AG Köln ZMR 2004, 920), da angesichts der klaren unterschiedlichen Regelungen in § 560 BGB für Pauschalen und Vorauszahlungen nicht von einer unbewussten planwidrigen Gesetzeslücke ausgegangen werden kann (s. auch

1 Vgl. Schmid Rn. 3115, 3115a; Derckx NZM 2004, 321, 325; anders Schmidt-Futterer/ Langenberg BGB § 560 Rn. 49. 2 So auch Schmid MDR 2001, 1021, 1022. 3 Langenberg Betriebskostenrecht E 24 S. 137; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 560 Rn, 46; Derckx NZM 2004, 321, 325; Schmid a.a.O.; anders Blank/Börstinghaus BGB § 560 Rn. 22.

609

282

Rn. V 283

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Rn. V 157).1 Wie bereits hervorgehoben, hängt der Anspruch auf Abänderung der Betriebskostenvorauszahlung allein vom Vorliegen einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung ab. Auf eine materielle Prüfung kommt es im Allgemeinen nicht an, da diese angesichts des Zeitfaktors zur Wirkungslosigkeit insbesondere der Erhöhungsbefugnis des Vermieters führen würde. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass das Abrechnungsergebnis zu Lasten des Mieters grob unrichtig war, so steht dem Mieter der Anspruch auf Herabsetzung zu, zumindest im Wege des Schadensersatzes. 283

Das Rückwirkungsverbot besagt auch, dass der Vermieter die Erhöhungen, die auf bereits verstrichene Monate entfallen, weder nachholen noch auf die künftigen Monate verteilen kann.2 Beispiel: Die Betriebskostenabrechnung für 2007 ergibt eine Betriebskostenbelastung des Mieters von 1800 Euro bei einem Vorauszahlungssoll von 1200 Euro, so dass es geboten wäre, die Vorauszahlungen für die Verbrauchsperiode 2008 von monatlich 100 Euro auf (wenigstens) 150 Euro anzuheben. Hat der Vermieter die Abrechnung erst im April 2008 erstellt, so kann er die erhöhten Vorauszahlungen erst ab Mai 2008 verlangen. Eine Nachforderung für die Monate Januar bis April 2008 in Höhe von 4 x 50 Euro = 200 Euro ist ausgeschlossen. Ebenso wenig kann er den Betrag von 200 Euro auf die Monate Mai bis Dezember 2008 verteilen und für diese Zeit statt 50 Euro nun 75 Euro fordern.

Dem Zweck des Gesetzes, den Mieter vor zu hohen Nachzahlungen zu schützen, und dem wirtschaftlichen Hintergrund der Regelung, dem Vermieter die Last der Vorfinanzierung der Betriebskosten zu erleichtern, könnte es entsprechen, die Beträge, die auf die bereits verstrichenen Monate entfallen sind, quotal auf die verbleibenden Monate des Wirtschaftsjahres zu verteilen. Damit würde jedoch das Rückwirkungsverbot unterlaufen.3 cc) Form 284

Die Anpassung erfordert eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die der Textform (§ 126b BGB) bedarf. Eine besondere Begründung ist nicht vorgesehen; sie kann, soweit es den Vermieter betrifft, in der vorangegangenen oder gleichzeitig mitgeteilten Betriebskostenabrechnung liegen. Stellt sich heraus, dass die Erhöhung der Vorauszahlungen ganz oder zum Teil ungerechtfertigt war, so betrifft dies nicht die Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens, sondern nur die materielle Begründetheit.4 Dem Mieter stehen daher

1 S. zu § 560 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 23; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 23; Schmid MDR 2001, 1021, 1022; Derckx NZM 2004, 321, 325; anders Lammel Rn. 36; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 52. 2 S. zu § 560 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 22; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 39; Langenberg Betriebskostenrecht E 24 S. 137; Derckx NZM 2004, 321, 326; Schmid MDR 2001, 1021, 1023. 3 Ebenso Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 39; Schmid a.a.O. 4 Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 560 Rn. 37; Derckx NZM 2004, 321, 325; Schmid MDR 2001, 1021.

610

Vorauszahlungen

Rn. V 287

Rückforderungsansprüche hinsichtlich der Überzahlungen zu; außerdem kann er die Vorauszahlungen mit Wirkung für die Zukunft entsprechend herabsetzen. f) Zurückbehaltung und Rückforderung von Vorauszahlungen aa) Zurückbehaltungsrecht Hat der Vermieter über die Vorauszahlungen der vorangegangenen Verbrauchsperiode bis zum Eintritt der Abrechnungsreife nicht abgerechnet, so ist der Mieter berechtigt, die Vorauszahlungen für die laufende Verbrauchsund Abrechnungsperiode zurückzubehalten,

285

BGH – RE v. 11.4.1984 – BGHZ 91, 62 = WuM 1984, 185, 187 = ZMR 1984, 339, BGH – Urt. v. 29.3.2006 – NZM 2006, 533 = WuM 2006, 383 = ZMR 2006, 672, BayObLG – RE v. 5.10.1995 – WuM 1995, 694 = ZMR 1996, 20, OLG Hamm – RE v. 26.6.1998 – NZM 1998, 568 = WuM 1998, 476.

Es genügt, dass der Vermieter eine formell ordnungsmäßige Abrechnung vorlegt; ob die Abrechnung inhaltlich richtig ist, ist im Wege der Klage auf Nachzahlung oder Rückerstattung zu entscheiden (LG Hamburg ZMR 2005, 622, AG Pinneberg ZMR 2003, 494). Daher besteht dass Zurückbehaltungsrecht auch nicht für die Dauer der dem Mieter noch zuzubilligenden Prüfungsfrist oder der Sichtung der Belege, KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423.

Einer nicht erteilten Abrechnung ist eine derart unzulängliche Abrechnung gleichgestellt, dass ihr die Fehler „geradezu auf die Stirn geschrieben stehen“, womit aber nicht einfache Fehler gemeint sind,

286

AG Pinneberg NZM 2005, 16 = ZMR 2004, 595.

Das Zurückbehaltungsrecht darf die Summe der für den Abrechnungszeitraum geleisteten Vorauszahlungen nicht übersteigen, KG – Urt. v. 15.10.2001 – GE 2002, 129.

Es ergreift nicht die Miete selbst, weil insoweit weder ein Gegenseitigkeitsverhältnis gemäß § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB noch Konnexität i.S. von § 273 Abs. 1 BGB besteht. Zwischen dem Anspruch auf Miete und dem auf Rechnungslegung ist kein so enger natürlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben, dass es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.6.2001 – DWW 2002, 31 = ZMR 2002, 37, ebenso OLG Koblenz – Urt. v. 20.1.1994 – DWW 1995, 284 = WuM 1995, 154.

Mit Beendigung des Mietverhältnisses kann sich der Mieter nicht mehr auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen; denn der mit dem Zurückbehaltungsrecht im Allgemeinen bezweckte Druck, den Vermieter zu vertragsgemäßem Verhalten anzuhalten, ginge ins Leere, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87.

611

287

Rn. V 288

Betriebskosten und ihre Abrechnung

bb) Rückforderungsanspruch des Mieters 288

In der Rspr. ist nunmehr im Wesentlichen geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter berechtigt ist, die Vorauszahlungen zurückzufordern, wenn der Vermieter trotz Eintritts der Abrechnungsreife nicht abgerechnet hat. Hierbei ist zu unterscheiden, ob das Mietverhältnis fortbesteht oder beendet ist. aaa) Fortbestehendes Mietverhältnis

289

Bei fortdauerndem Mietverhältnis kann der Mieter vom Vermieter nicht die Rückzahlung allein deswegen verlangen, weil dieser seine Pflicht zur Abrechnung nicht binnen angemessener Frist erfüllt hat. Der Mieter hat nämlich die Möglichkeit, sein Interesse an der Abrechnung durch Klage und Vollstreckung sowie durch Zurückbehalt der laufenden Vorauszahlungen bis zur Abrechnung des vereinbarten Zeitraums zu wahren. Das Zurückbehaltungsrecht schützt ihn auch hinreichend vor dem Insolvenzrisiko, BGH – Urt. v. 29.3.2006 – NZM 2006, 533 = WuM 2006, 383 = ZMR 2006, 672, OLG Hamm – RE v. 26.6.1998 – NZM 1998, 568.

bbb) Beendetes Mietverhältnis 290

Ist das Mietverhältnis beendet, so kann unter besonderen Voraussetzungen ein Rückforderungsanspruch gegeben sein, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – MDR 2005, 678 = NJW 2005, 1499 = WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439: Rechnet der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten eines Abrechnungszeitraums ab, so kann der Mieter, wenn das Mietverhältnis beendet ist, sogleich die vollständige Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen; er ist nicht gehalten, zuerst auf Erteilung der Abrechnung zu klagen. Der Vermieter kann die bisher versäumte Abrechnung aber im Prozess nachholen. Dem steht die Ausschlusswirkung nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht entgegen; denn sie bezieht sich nur auf Nachforderungen. Um solche handelt es sich aber nur, wenn der Vermieter (nach Ablauf der Abrechnungsfrist) einen Betrag verlangt, der die Summe der Vorauszahlungen des Mieters übersteigt.

Dies gilt auch für Mietverhältnisse über Gewerberäume, wenn der Vermieter nahezu 31/2 Jahre seit Beendigung des Mietverhältnisses keine ordnungsmäßige, dem § 259 BGB entsprechende Betriebskostenabrechnung vorgelegt hat, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.5.2008 – GuT 2008, 204.

290a

Die bisherige Rspr., die dem Mieter einen Rückzahlungsanspruch nur insoweit zubilligte, als die Vorauszahlungen nicht durch unstreitig entstandene Nebenkosten verbraucht waren, was der Mieter anhand gegebener Anhaltspunkte jedenfalls annäherungsweise vorzutragen hatte, s. OLG Braunschweig – RE v. 8.7.1999 – NZM 1999, 751, ebenso OLG Köln – Urt. v. 16.3.2001 – ZMR 2002, 660,

ist damit obsolet. 612

Vorauszahlungen

Rn. V 293

Grundlage des Anspruchs sollen nicht §§ 812 f. BGB sein, sondern die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung bilden, OLG Koblenz – Beschl. v. 15.4.2002 – GuT 2002, 84.

Der Anspruch des Mieters entfällt, wenn der Vermieter – sei es auch erst im Prozess – abrechnet (s. BGH – Urt. v. 9.3.2005 – MDR 2005, 678 = WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439). Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache für erledigt zu erklären oder der Mieter kann die Klage auf Rückerstattung zu viel geleisteter Vorauszahlungen ändern,

291

LG Hamburg WuM 1997, 380.

Ist bei Wohnraummietverhältnissen die Abrechnungsreife eingetreten (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB), ohne dass der Vermieter eine formell ordnungsmäßige Abrechnung vorgelegt hat, so kann er trotz verspäteter Abrechnung den Saldo bis zur Höhe der nicht geleisteten Vorauszahlungen geltend machen, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NJW 2005, 1499 = WuM 2005, 337, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

Anders kann es sich aber verhalten, wenn der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, s. dazu Rn. V 411). g) Ansatz der Vorauszahlungen in der Betriebskostenabrechnung Es entspricht der h.M., dass der Vermieter in die Betriebskostenabrechnung die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen einzustellen hatte und nicht etwa die geschuldeten Soll-Vorauszahlungen,1

292

LG Berlin GE 2001, 206: Eine Betriebskostenabrechnung ist nur dann ordnungsmäßig, wenn sie die tatsächlichen Einnahmen des Vermieters und nicht die vom Mieter geschuldeten Sollvorschüsse enthält. Das folgt aus § 259 BGB, nach dem die tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen sind; bestätigt durch VerfGH Berlin – Beschl. v. 11.10.2001 – NZM 2001, 1124, anders LG Berlin GE 2003, 257.

Auch der BGH hält an diesem Grundsatz fest,

293

BGH – Urt. v. 27.11.2002 – NZM 2003, 196 = WuM 2003, 216 = ZMR 2003, 334: Hinsichtlich der Vorauszahlungen hat der Vermieter grundsätzlich die vom Mieter im Abrechnungszeitraum tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen in Abzug zu bringen. Denn der Mieter muss überprüfen können, welche von ihm erbrachten Leistungen der Vermieter bei der Berechnung seiner Saldoforderung berücksichtigt hat.

Er gestattet jedoch hiervon Ausnahmen:2 1 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1875 f.; v. Seldeneck Betriebskosten im Mietrecht Rn. 3541; Schmid ZMR 2003, 335; Wall WuM 2003, 201; a.A. Jablonski GE 2002, 1182; Schach GE 2003, 238 Sp. 3. 2 Zum Fall: Der Vermieter klagte die Mieten einschließlich der Betriebskostenvorauszahlungen für März bis Juni 1999 ein. Im November 2000 rechnet er über die Betriebskosten für die Zeit von März bis Juni 1999 ab, wobei er die Sollvorauszahlungen zugrunde legte. Den Betriebskosten-Saldo macht er in der Berufungsinstanz klag-

613

Rn. V 294

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Eine Abrechnung, in der lediglich die geschuldeten Vorschüsse aufgeführt sind, entspricht jedenfalls dann den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Betriebskostenabrechnung, wenn – zum Zeitpunkt der Abrechnung der Mieter für den Abrechnungszeitraum keinerlei Vorauszahlungen erbracht hat, – die offenen Vorauszahlungsansprüche vom Vermieter bereits eingeklagt sind und – auch – noch keine Abrechnungsreife eingetreten ist. Für einen durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter, auf den abzustellen ist, sei auch aus einer solchen Abrechnung ohne weiteres erkennbar, dass der Vermieter die bereits eingeklagten offenen Vorauszahlungen gesondert verlange und mit dem Saldo nur den sich im Fall der Zahlung der Vorschüsse noch ergebenden Nachzahlungsbetrag geltend mache. Der BGH hat diese Auffassung im Urteil v. 22.1.2003 (NZM 2003, 277, 278 = WuM 2003, 204 = ZMR 2003, 413) im Kern erneut vertreten,1 Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Vermieter mit der Klage die Bruttomiete geltend macht, auf die darin enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen die nach ihrer Abrechnung geschuldeten Nebenkosten anrechnet und den zugunsten des Mieters verbleibenden Saldo mit der geschuldeten Nettomiete verrechnet; dadurch wird der Mieter im Ergebnis wirtschaftlich nicht schlechter gestellt als bei einer isolierten Nebenkostenabrechnung, weil der überschießende Betrag ihm auf jeden Fall gutgebracht wird.

294

Die vom BGH zugelassenen Ausnahmen lassen sich nicht mit dem Grundsatz vereinbaren, dass mit dem Eintritt der Abrechnungsreife der Anspruch auf Vorauszahlungen untergeht (s. Rn. V 266).2 Hinzukommt, dass sich im Streit um die Vorauszahlungen die Darlegungslast kompliziert, denn hier muss nun der Mieter zunächst geltend machen, dass der Anspruch auf Vorauszahlungen gar nicht mehr besteht, weil die Betriebskostenabrechnung unrichtig ist und eine den geforderten Vorauszahlungen entsprechende Belastung nicht ergibt. Auf diese Weise wird der Streit um die Richtigkeit der Abrechnung in den Zahlungsprozess bezüglich der Vorauszahlungen verlagert, was sich verfahrensverzögernd auswirken kann.

295

Dahinter tritt das Problem, ob eine Betriebskostenabrechnung als ordnungsmäßig anzusehen ist, die auf der Grundlage von Soll-Vorauszahlungen erstellt worden ist, in seiner praktischen Auswirkung zurück. Die Präklusionswirerweiternd geltend. Das LG wies die Klage insoweit ab, der BGH gab ihr insoweit statt. Kritisch hierzu Schmid ZMR 2003, 335; Wall WuM 2003, 201. 1 Zum Fall: Der Vermieter klagte rückständige Mieten und Vorauszahlungen ein, rechnete später über die Betriebskosten ab, wobei er u.a. die noch rechtshängigen Vorauszahlungen als Sollvorauszahlungen zugunsten des Mieters berücksichtigte. Das sich zugunsten des Mieters ergebende Abrechnungsguthaben verrechnete er mit der Klagforderung. 2 Anders Schmid NZM 2007, 555, 557, der für den Fortbestand des Anspruchs auf Vorauszahlungen über die Abrechnungsreife hinaus eintritt.

614

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 301

kung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bei nicht oder nicht rechtzeitig erteilter Betriebskostenabrechnung bezieht sich nämlich nicht auf nicht geleistete Betriebskostenvorauszahlungen (s. Rn. V 410, 442). Frei.

296–299

6. Betriebskostenabrechnung a) Wesen der Betriebskostenabrechnung Die h.M. legt zugrunde, dass die Betriebskostenabrechnung eine Wissenserklärung ist, die formal und inhaltlich den Anforderungen des § 259 BGB entsprechen muss und jederzeit geändert werden kann, solange der Abrechnungssaldo noch nicht ausgeglichen ist,1

300

BGH – Urt. v. 23.11.1982 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207 = ZMR 1982, 108 und ständige Rspr., BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 477 = WuM 2008, 351, 352, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – WuM 2008, 407, OLG Hamburg – Urt. v. 20.12.2004 – ZMR 2005, 452: Ist über den Inhalt der Abrechnung nichts vereinbart, so gilt § 259 Abs. 1 BGB; LG Hamburg ZMR 1999, 405: Es handelt sich um einen bloßen Rechenvorgang, der erst mit dem Ausgleich des Saldos verbindlich wird; LG Kleve WuM 2007, 620, 621 für die Abrechnung durch eine andere Person als den Vermieter,2 s. auch AG Berlin-Tiergarten GE 1997, 369.

Eine Mindermeinung nimmt an, dass in der Geltendmachung des Betriebskostensaldos eine Leistungsbestimmung des Vermieters entsprechend § 315 BGB liegt und die Betriebskostenabrechnung selbst die Begründung hierfür bildet. Das billige Ermessen des Vermieters sei eingegrenzt durch die vertraglichen Vorgaben und durch die Grundsätze einer ordentlichen Abrechnung,3 LG Hamburg ZMR 1995, 32 (ZK 16), LG Hamburg WuM 1998, 319 = ZMR 1996 S. V Nr. 3 (ZK 11).

Die letztere Auffassung zieht die Konsequenz daraus, dass es sich bei den Betriebskosten um Mietentgelt handelt, das der Mieter für die Gewährung des Mietgebrauchs einschließlich der vom Vermieter zu erbringenden Nebenleistungen schuldet. Das findet seine Entsprechung im Charakter der Vorauszahlungen: sie sind Mietentgelt und nicht Treugut, das vom Vermieter zu verwalten wäre.4 Deutlich wird dies daran, dass die Minderung die Betriebskos1 Langenberg Betriebskostenrecht G 5 S. 211 und zu § 556 BGB: Lammel Rn. 131; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 323, 327, s. aber auch Rn. 403; Staudinger/Weitemeyer Rn. 82; Dickersbach WuM 2008, 439 zur Anwendung des § 174 BGB. 2 Das Gericht lässt es aus diesem Grunde offen, ob der Dritte in Vollmacht des Vermieters gehandelt hat. 3 S. Sternel PiG Bd. 40 (1993) S. 83 f. „Betriebskosten als zweite Miete“; dagegen Langenberg Betriebskostenrecht G 3 S. 210. 4 So aber Lammel BGB § 556 Rn. 129.

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301

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 301

kung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bei nicht oder nicht rechtzeitig erteilter Betriebskostenabrechnung bezieht sich nämlich nicht auf nicht geleistete Betriebskostenvorauszahlungen (s. Rn. V 410, 442). Frei.

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6. Betriebskostenabrechnung a) Wesen der Betriebskostenabrechnung Die h.M. legt zugrunde, dass die Betriebskostenabrechnung eine Wissenserklärung ist, die formal und inhaltlich den Anforderungen des § 259 BGB entsprechen muss und jederzeit geändert werden kann, solange der Abrechnungssaldo noch nicht ausgeglichen ist,1

300

BGH – Urt. v. 23.11.1982 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207 = ZMR 1982, 108 und ständige Rspr., BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 477 = WuM 2008, 351, 352, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – WuM 2008, 407, OLG Hamburg – Urt. v. 20.12.2004 – ZMR 2005, 452: Ist über den Inhalt der Abrechnung nichts vereinbart, so gilt § 259 Abs. 1 BGB; LG Hamburg ZMR 1999, 405: Es handelt sich um einen bloßen Rechenvorgang, der erst mit dem Ausgleich des Saldos verbindlich wird; LG Kleve WuM 2007, 620, 621 für die Abrechnung durch eine andere Person als den Vermieter,2 s. auch AG Berlin-Tiergarten GE 1997, 369.

Eine Mindermeinung nimmt an, dass in der Geltendmachung des Betriebskostensaldos eine Leistungsbestimmung des Vermieters entsprechend § 315 BGB liegt und die Betriebskostenabrechnung selbst die Begründung hierfür bildet. Das billige Ermessen des Vermieters sei eingegrenzt durch die vertraglichen Vorgaben und durch die Grundsätze einer ordentlichen Abrechnung,3 LG Hamburg ZMR 1995, 32 (ZK 16), LG Hamburg WuM 1998, 319 = ZMR 1996 S. V Nr. 3 (ZK 11).

Die letztere Auffassung zieht die Konsequenz daraus, dass es sich bei den Betriebskosten um Mietentgelt handelt, das der Mieter für die Gewährung des Mietgebrauchs einschließlich der vom Vermieter zu erbringenden Nebenleistungen schuldet. Das findet seine Entsprechung im Charakter der Vorauszahlungen: sie sind Mietentgelt und nicht Treugut, das vom Vermieter zu verwalten wäre.4 Deutlich wird dies daran, dass die Minderung die Betriebskos1 Langenberg Betriebskostenrecht G 5 S. 211 und zu § 556 BGB: Lammel Rn. 131; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 323, 327, s. aber auch Rn. 403; Staudinger/Weitemeyer Rn. 82; Dickersbach WuM 2008, 439 zur Anwendung des § 174 BGB. 2 Das Gericht lässt es aus diesem Grunde offen, ob der Dritte in Vollmacht des Vermieters gehandelt hat. 3 S. Sternel PiG Bd. 40 (1993) S. 83 f. „Betriebskosten als zweite Miete“; dagegen Langenberg Betriebskostenrecht G 3 S. 210. 4 So aber Lammel BGB § 556 Rn. 129.

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301

Rn. V 301a

Betriebskosten und ihre Abrechnung

tenvorauszahlungen einschließt und ein Verzug mit diesen eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 wegen Zahlungsverzugs rechtfertigt. 301a

Anders als bei Vereinbarung einer Brutto- oder einer (Teil-) Inklusivmiete ist der in die Mietkalkulation eingegangene Betriebskostenanteil auch im Außenverhältnis variabel. Zu seiner Bestimmung bedarf es eines periodischen Rechtsaktes, nämlich der Betriebskostenabrechnung. In der Bestimmung des Saldos liegt der eigentliche rechtsbegründende Akt der Leistungsbestimmung.1 Die Abrechnung selbst (d.h. das Rechenwerk nebst Erläuterungen) besitzt nur die Funktion der Begründung der Leistungsbestimmung und hat – losgelöst hiervon – keine eigenständige Bedeutung. Das wird insbesondere deutlich, wenn keine Vorauszahlungen vereinbart sind, was immerhin denkmöglich ist.2 Der Anspruch des Mieter auf Abrechnung zielt nicht auf die Frage „Was hat der Vermieter mit meinem Geld = den Vorauszahlungen gemacht?“, sondern darauf: „Bekomme ich Geld zurück oder muss ich noch eine Nachzahlung leisten?“ Nur im Rahmen dieser Fragestellung interessiert ihn, wie der Vermieter gewirtschaftet hat.3 Bezeichnender Weise wird der Anspruch auf Erteilung der Abrechnung auch nur in der Erwartung eines Guthabens, nicht aber einer Nachzahlung erhoben. Das Ermessen des Vermieters im Rahmen der Leistungsbestimmung entsprechend § 315 Abs. 3 BGB ist in zweierlei Hinsicht begrenzt: materiell durch den Grundsatz der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung, nach dem MRRG zu folgern aus § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB, und formell durch die Regeln einer ordnungsmäßigen Abrechnung, wie sie zu § 259 BGB entwickelt worden sind. Hinzu kommt, dass der Vermieter bei der Erstellung der Abrechnung betriebsbezogene Ermessensentscheidungen treffen muss, z.B. er nach dem Leistungs- oder dem Abflussprinzip abrechnen will (Rn. V 323 f.), ob aperiodische Kosten im Jahre ihres Anfalls umgelegt oder auf mehrere Jahre verteilt werden sollen (s. Rn. V 8), ob er Abrechnungskreise bilden oder gebäudebezogen abrechnen soll (s. Rn. V 234). Das Gleiche gilt für die Frage, ob bei gemischt genutzten Grundstücken eine Vorerfassung erfolgen soll (s. Rn. V 217 f.). Nicht nur bei der Entstehung, sondern auch bei der Abrechnung ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB), z.B. bei der Plausibilitätsprüfung (s. dazu Rn. V 356). Es ist daher nur folgerichtig, dass die Betriebskostenabrechnung als nicht vertretbare Handlung qualifiziert worden ist und der Abrechnungsanspruch des Mieters nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist (s. Rn. XIV 162). Für einen rechtsgeschäftlichen Akt spricht 1 Davon scheint auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 403 auszugehen, indem er in der Übermittlung der Abrechnung ein Angebot des Vermieters sieht, sich bei einem Guthaben auf eine nachträgliche Mietreduzierung, bei einer Nachforderung auf eine Mieterhöhung zu verständigen, s. hierzu auch Rn. V 447 f., 454. 2 S. BGH – Urt. v. 11.2.2004 – NZM 2004, 251 = WuM 2004, 201 = ZMR 2004, 347 zur Nachforderung von Betriebskosten; s. auch KG – Urt. v. 27.11.2006 – ZMR 2007, 364: Der Pflicht des Mieters zur Zahlung von Nebenkosten steht nicht entgegen, dass der Vermieter keine Vorschüsse erhoben hat. 3 Insofern unterscheidet sich die Fragestellung des Mieters maßgeblich von derjenigen des Wohnungseigentümers gegenüber dem Wohnungseigentumsverwalter.

616

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 303

schließlich, dass die Betriebskostenabrechnung bei einer Personenmehrheit auf der einen oder anderen Seite von allen Vermietern erstellt werden und allen Mietern zugehen muss (s. Rn. V 303). Die Verpflichtung des Vermieters zur Abrechnung wird nicht deshalb nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich und er wird demnach nicht schon aus dem Grund frei, weil er nicht über die erforderlichen Abrechnungsunterlagen verfügt. Vielmehr kann und muss er den Verbrauch und die dadurch entstandenen Kosten durch ein mit Gründen versehenes Sachverständigengutachten abrechnungsreif darlegen,

302

OLG Hamburg – Urt. v. 20.12.2004 – ZMR 2005, 452: Mangelhafte Informationen durch den Versorger entbinden den Vermieter nicht von seiner Pflicht, Verbrauch und Kosten nachvollziehbar darzulegen; s. auch BGH – Urt. v. 9.3.2005 – MDR 2005, 678 = WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439: Der Vermieter kann die bisher versäumte Abrechnung im Prozess nachholen. Soweit ihm die Beschaffung der dazu benötigten Daten nicht möglich ist, kann eine Abrechnung auf der Grundlage von Erfahrungswerten genügen. Soweit im Einzelnen Unklarheiten verbleiben, können diese durch eine gerichtliche Schätzung nach § 287 ZPO oder erforderlichenfalls durch ein Sachverständigengutachten überwunden werden.

Mangelhafte Informationen durch den Versorger entbinden den Vermieter nicht von seiner Pflicht, Verbrauch und Kosten nachvollziehbar darzulegen. Der Anspruch des Mieters auf Erteilung der Betriebskostenabrechnung wird mit der Abrechnungsreife gemäß § 556 Abs. 3 BGB fällig und verjährt innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist von 3 Jahren,

302a

LG Neubrandenburg WuM 2007, 390.

Die Unterscheidung zwischen formellen und inhaltlichen Fehlern der Betriebskostenabrechnung hat an Bedeutung gewonnen, nachdem durch die Mietrechtsreform der Nachforderungsausschluss für verspätet abgerechnete Betriebskosten zu Lasten des Vermieters von Wohnraum installiert worden ist (s. § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, Rn. V 406), während zuvor formelle und inhaltliche Abrechnungsfehler lediglich die Fälligkeit des Abrechnungssaldos verhinderten und – mit Ausnahme von preisgebundenem Wohnraum (s. § 20 Abs. 3 NMV) später behoben werden konnten. Die Problematik für die Wohnraummiete liegt darin, dass der Nichterteilung der Abrechnung innerhalb der Abrechnungsfrist die zwar fristgerechte, aber formell fehlerhafte Abrechnung gleichgestellt ist; auch sie führt zum Nachforderungsausschluss, wenn sie nicht bis zum Eintritt der Abrechnungsreife berichtigt wird. Generelle Abgrenzungsmerkmale dafür, ob ein formeller oder nur ein inhaltlicher und damit nachbesserbarer Abrechnungsmangel vorliegt, haben sich noch nicht herausgebildet. Der BGH tendiert zu einem formellen Abrechnungsbegriff, wonach es dem Mieter ermöglicht wird, die Abrechnung gedanklich nachzuvollziehen; dagegen soll es auf die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung in diesem Zusammenhang nicht ankommen. Das betrifft insbesondere das Erfordernis der Begründung und der Erläuterung einzelner Kostenansätze (s. Rn. V 314). Maßgeblich kommt es auf die Transparenz an. 617

303

Rn. V 303a 303a

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Hat der Vermieter über die Betriebskosten formell wirksam abgerechnet, so kann der Mieter nicht eine neue Abrechnung verlangen, weil die bisherige fehlerhaft sei,1 AG Tempelhof/Kreuzberg GE 2002, 932, AG Wedding GE 2004, 353.

Dementsprechend kann ein Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Betriebskostenvorauszahlungen nur bis zur Vorlage einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung – nicht etwa bis zur Einsichtnahme in die Belege – ausüben (s. Rn. V 285); ob die Abrechnung inhaltlich richtig ist, ist im Wege der Klage auf Nachzahlung oder Rückerstattung zu entscheiden, KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423.

Der Vermieter kann sich seiner Abrechnungspflicht nicht dadurch entziehen, dass er jeweils den Mietern aufgibt, sich wegen der Kosten untereinander auseinander zu setzen (AG Freiburg WuM 1990, 488). b) Abrechnungsschuldner und -gläubiger 304

Die Verpflichtung zur Abrechnung trifft den jeweiligen Vermieter. Mehrere Vermieter müssen die Abrechnung gemeinschaftlich erstellen; die Abrechnung durch einen von ihnen entfaltet keine Wirkung, LG Berlin GE 1998, 245; a.A. LG Kleve ZMR 2007, 620, 621 für die Abrechnung durch einen Dritten.

Jedoch ist Vollmachterteilung zulässig und zweckmäßig. Bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite muss die Betriebskostenabrechnung allen Mietern zugehen, damit der Saldo fällig wird, LG Berlin GE 2000, 1032.

305

Im Falle eines Eigentumswechsels bleibt der Veräußerer als früherer Eigentümer den Mietern gegenüber wegen der zu diesem Zeitpunkt abgelaufenen Abrechnungsperioden zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Geltendmachung etwaiger Nachzahlungsansprüche berechtigt. Wegen der laufenden Abrechnungsperiode trifft die Abrechnungspflicht den Erwerber; dieser wird auch Gläubiger etwaiger Nachzahlungsansprüche, BGH – Urt. v. 14.9.2000 – NZM 2001, 158 = WuM 2000, 609 = ZMR 2001, 17,2 BGH – Urt. v. 3.12.2003 – NZM 2004, 188 = WuM 2004, 94 = ZMR 2004, 250,3 1 Anders Schmid WuM 2006, 481 für einen Anspruch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB), etwa wenn der Vermieter einen unrichtigen Umlagemaßstab verwendet hat. 2 Zum Fall: Eigentumswechsel zum 31.3.1994, Übergabe: 1.6.1994. Der Veräußerer V. verlangt vom Erwerber E. die Erstattung von Fehlbeträgen an Betriebskosten, die von den Vorauszahlungen der Mieter nicht gedeckt sind, aus der Zeit von 1.1.1993– 31.3.1994. Nach BGH muss V. für 1993 und E. für 1994 abrechnen; im Innenverhältnis trifft V. aber die Abrechnungspflicht bis 31.3.1994. 3 Zum Fall: Eigentumswechsel im Januar 2000; die Abrechnung für 1998 durch den Verwalter des bisherigen und auch des neuen Eigentümers ergibt ein Guthaben für den Mieter. Der Mieter beansprucht den neuen Eigentümer auf Zahlung des Guthabens – ohne Erfolg.

618

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 307

BGH – Urt. v. 29.9.2004 – NZM 2005, 17 = ZMR 2005, 37 für Mietverhältnisse über Gewerberaum.

Das gilt in gleicher Weise für die Verpflichtung, ein Abrechnungsguthaben an den Mieter auszukehren,

306

LG Berlin ZMR 2001, 276: Der in das Mietverhältnis nach § 566 BGB (= § 571 BGB a.F.) eintretende Erwerber muss auch dann ein Guthaben aus einer von ihm zu erstattenden Betriebskostenabrechnung an den Mieter zahlen, wenn er erst während des laufenden Abrechnungszeitraums in das Mietverhältnis eingetreten ist; anders OLG Naumburg – Urt. v. 1.4.1998 – NZM 1998, 806: Werden vorauszuentrichtende Nebenkosten für einen Abrechnungszeitraum vor Eigentumsübertragung des Mietobjekts erst nach dem Eigentumswechsel abgerechnet und damit fällig gestellt, so trifft die Rückzahlungsverpflichtung den neuen Vermieter;1 so auch LG Berlin GE 1998, 245.

Der Erwerber ist jedoch nicht abrechnungspflichtig, wenn das Mietverhältnis im Erwerbsjahr beendet worden ist und der Mieter geräumt hat, bevor der Erwerber Eigentümer geworden oder sonst rechtsgeschäftlich in die Vermieterstellung eingerückt ist; in diesem Falle bleibt vielmehr der Veräußerer als Noch-Vermieter abrechnungspflichtig, BGH – Urt. v. 4.4.2007 – NZM 2007, 441 = WuM 2007, 267 = MietRB 2007, 165 (Junker).

Die h.M. ist dogmatisch nicht unbedenklich, da nach den Grundsätzen des § 566 BGB der Erwerber in die noch nicht fällig gewordenen Verbindlichkeiten eintritt und die Pflicht zur Abrechnung erst mit der Abrechnungsreife entsteht.2 Sie entspricht jedoch der Rechtsklarheit und den praktischen Bedürfnissen, so dass ihr zu folgen ist. Zur Abrechnung ist ebenfalls der Zwangsverwalter verpflichtet,3 auch für solche Abrechnungszeiträume, die vor seiner Bestellung liegen, und zwar unabhängig davon, ob eine etwaige Nachforderung von der als Beschlagnahme geltenden Anordnung der Zwangsverwaltung erfasst werden würde. Das folgt aus § 152 Abs. 2 ZVG, BGH – Urt. v. 3.5.2006 – NZM 2006, 580 = WuM 2006, 402 = ZMR 2006, 601, über BGH – Urt. v. 26.3.2003 – NZM 2003, 473 = WuM 2003, 390 = ZMR 2004, 568 hinausgehend, s. auch LG Berlin GE 2003, 51.

Er muss dem Mieter ggf. ein Guthaben auszahlen, selbst wenn nicht er, sondern der Schuldner die Vorauszahlungen erhalten hat, BGH – Urt. v. 26.3.2003 – NZM 2003, 473 = WuM 2003, 390 = ZMR 2004, 568, OLG Hamburg – RE v. 8.11.1989 – NJW-RR 1990, 151 = WuM 1990, 10 = ZMR 1990, 109, LG Berlin GE 2003, 51. 1 Zum Sachverhalt: Veräußerung im September 1995, Eigentumsumschreibung am 13.12.1995, Nebenkostenabrechnung für 1993: am 18.12.1995 mit einem Saldo von 14 650 DM zugunsten des Mieters. Dessen Klage auf Zahlung gegen den Erwerber hatte Erfolg. 2 S. Schenkel NZM 1999, 5. 3 S. auch Reismann WuM 1998, 387: Die Mietwohnung in der Zwangsverwaltung.

619

307

Rn. V 308

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Ist die Zwangsverwaltung aufgehoben, so ist nicht mehr er, sondern wieder der Vermieter (oder im Falle der Zwangsversteigerung der Ersteher) zur Abrechnung verpflichtet, AG Bergisch Gladbach WuM 1990, 230, AG Wedding GE 1998, 360.

Dauert die Verwaltung noch über den Zuschlag hinaus an, so ist der Zwangsverwalter verpflichtet, die von dem Mieter des Grundstücks für die Zeit vor dem Zuschlag vereinnahmten, aber nicht verbrauchten Nebenkostenvorauszahlungen an den Ersteher auszukehren, soweit diesem die Abrechnung der Nebenkostenvorauszahlungen und die Rückzahlung des Überschusses obliegt, BGH – Urt. v. 11.10.2007 – WuM 2007, 698 = MietRB 2008, 41 (Walke).

308

Der Insolvenzverwalter ist zur Abrechnung auch für solche Verbrauchszeiträume verpflichtet, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelaufen sind. Das folgt aus seinem Verwaltungsrecht (§ 80 InsO). Ergibt sich ein Guthaben des Mieters, ist zu unterscheiden: – Der Anspruch betrifft eine Verbrauchsperiode, die vor Eröffnung des Verfahrens geendet hat: Es handelt sich um eine einfache Insolvenzforderung (s. § 108 InsO), unabhängig davon, ob vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgerechnet worden ist. – Der Anspruch betrifft eine Verbrauchsperiode, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht abgelaufen ist: Es handelt sich um eine Masseforderung, wenn der Insolvenzverwalter das Grundstück zur Masse gezogen hat. c) Anforderungen an die Betriebskostenabrechnung aa) Formelle Anforderungen

309

Eine formell ordnungsmäßige Abrechnung genügt zur Wahrung der Abrechnungsfrist (s. Rn. V 366), bewirkt die Fälligkeit des Abrechnungssaldos (s. Rn. V 372), berechtigt zur Anpassung der Vorauszahlungen (s. Rn. V 277) und setzt die Einwendungsfrist in Lauf (s. Rn. V 460). Soweit keine besonderen Abreden vorliegen, werden bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Angaben verlangt, die erforderlich sind, aber auch ausreichen: 1. eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, 2. die Angabe und Erläuterung des zugrunde gelegten Verteilerschlüssels, 3. die Berechnung des Anteils des Mieters, 4. der Abzug der Vorauszahlungen. Es handelt sich dabei um Mindestangaben, an die noch weitere Voraussetzungen geknüpft werden können, soweit es das Transparenzgebot erfordert, etwa was Erläuterungen der Kostenaufspaltung oder des Umlagemaßstabs anbelangt, 620

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 312

BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42; einschränkend KG – Beschl. v. 28.5.1998 – DWW 1998, 244 = NZM 1998, 629 = ZMR 1998, 627 = GE 1998, 796.

Die Abrechnung muss klar, übersichtlich, vollständig und verständlich sein. Das gilt auch für Mietobjekte in größeren Gebäudeanlagen. Hervorzuheben ist die gebotene Transparenz,

310

BGH – Urt. v. 23.11.1981 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 737 = WuM 2005, 579 = ZMR 2005, 937, OLG Schleswig – RE v. 4.10.1990 – NJW-RR 1991, 78 = WuM 1991, 333, OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WuM 1995, 308, KG – Beschl. v. 28.5.1998 – DWW 1998, 244 = NZM 1998, 629 = ZMR 1998, 627 = GE 1998, 796, OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.7.1998 – GE 1998, 1271.

Abzustellen ist in diesem Zusammenhang auf das Verständnisvermögen eines durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters, BGH – Urt. v. 27.11.2002 – NZM 2003, 196 = WuM 2003, 216; Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 477 = WuM 2008, 351, 352; Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42 Tz. 21; OLG Schleswig – RE v. 4.10.1990 – DWW 1990 = WuM 1990, 333, AG Dortmund NZM 2004, 220 = WuM 2004, 148: Die Betriebskostenabrechnung darf kein Abrechnungsquiz sein.

Die Forderung nach Verständlichkeit der Abrechnung geht aber nur so weit, wie sie der Abrechnende beeinflussen kann. Muss er eine gesetzlich vorgesehene Abrechnungsweise anwenden, sind ihm sich daraus ergebende Verständnisprobleme nicht zuzurechnen, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 737 = WuM 2005, 579 = ZMR 2005, 937.

Die Aufgliederung der Abrechnungsposten muss so gestaltet sein, dass der Mieter die Abrechnung nachprüfen und gedanklich wie rechnerisch nachvollziehen kann (BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NJW 2005, 219 = WuM 2005, 61).

311

Der Mieter muss hierdurch in die Lage versetzt sein, die Kosten bereits aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen zu können, so dass die Einsichtnahme in dafür vorliegende Belege nur noch zur Kontrolle und Behebung von Zweifeln erforderlich ist, VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302, s. auch OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WuM 1995, 308.

Die Darstellungspflicht des Vermieters setzt also im Allgemeinen nicht erst ein, nachdem der Mieter dargelegt hat, welchen Erläuterungsbedarf er hat, AG Dortmund NZM 2004, 220 = WuM 2004, 148.

Zur Begründungs- und Erläuterungspflicht s. Rn. V 314. Eine Form ist für die Betriebskostenabrechnung – mit Ausnahme bei preisgebundenem Wohnraum (s. Rn. V 313) – nicht vorgesehen. Jedoch ergibt die Natur der Sache, dass die Abrechnung schriftlich erfolgt. Es genügt Textform, was sich aus §§ 556 Abs. 3, 560 Abs. 4 BGB ableiten lässt. Jedoch ist nicht einmal eine handschriftliche Unterzeichnung geboten, LG Berlin ZMR 1996 S. X Nr. 8, ZMR 1998, 778.

621

312

Rn. V 313

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Auch muss die Abrechnung einheitlich erfolgen, d.h. dass sie nicht „scheibchenweise“ über mehrere Schreiben oder Schriftsätze verteilt sein darf, so dass sich der Mieter die erforderlichen Angaben erst zusammensuchen muss, LG Kiel WuM 1996, 631, 632.

Das bedeutet allerdings nicht, dass der Vermieter über alle Betriebskosten gleichzeitig abrechnen müsste. Er kann es, braucht es aber nicht, wie aus § 556 Abs. 3 Satz 4 BGB folgt, sofern sich aus dem Mietvertrag nichts Gegenteiliges ergibt (s. dazu Rn. V 267). Zudem können nicht wesentliche Teile – insbesondere die Spezifikation einzelner Betriebskostenansätze sowie Erläuterungen – innerhalb der Abrechnungsfrist nachgeholt werden. 313

Die Betriebskostenabrechnung bedarf bei preisgebundenem Wohnraum der vereinfachten Schriftform und muss außerdem erläutert werden, soweit nichts anderes vereinbart ist (§§ 20 Abs. 4, 4 Abs. 7 NMV, § 10 Abs. 1 WoBindG), BGH – Urt. v. 29.9.2004 – WuM 2004, 666: Die Wahrung der Schriftform einer vielblättrigen, computererstellten Betriebskostenabrechnung richtet sich nach der Auflockerungsrechtsprechung (s. dazu Rn. I 121 ff.). Besteht also die Urkunde aus einem Hauptteil und Anlagen, so müssen die Anlagen in der Haupturkunde so genau bezeichnet sein, dass eine zweifelsfreie Zuordnung möglich ist. Nach allgemeiner Ansicht ist die Voraussetzung des mit § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG gleichlautenden § 8 MHG dann erfüllt, wenn sich der Vermieter einer Anlage, etwa einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage mit spezieller Software, bedient, die die zuvor eingegebenen individuellen Daten des Mieters selbständig mit dem übrigen gespeicherten Text verbindet und die Erklärung der Mieterhöhung versandfertig erstellt, ohne dass es individueller hand- oder maschinenschriftlicher Nachträge bedarf.

Bei preisfreiem Wohnraum ist eine handschriftliche Unterzeichnung erst recht kein Formerfordernis, LG Berlin ZMR 1996 S. X Nr. 8, ZMR 1998, 778.

bb) Begründung und Erläuterung 314

Eine Erläuterungspflicht des Vermieters ist gesetzlich nur für preisgebundenen Wohnraum geregelt (§ 20 Abs. 4 NMV). Die Anforderungen, die hieran gestellt werden, sind umstritten. So soll die Betriebskostenabrechnung über preisgebundenen öffentlich geförderten Wohnraum nur dann formell wirksam sein, wenn in ihr die Kosten des laufenden Abrechnungsjahres denjenigen des vergangenen Abrechnungsjahres gegenübergestellt werden, LG Berlin ZMR 2002, 666 (ZK 64); anders LG Berlin GE 2001, 209, 210 (ZK 63): Eine Beifügung der vorangegangenen Abrechnung oder Gegenüberstellung zu den früheren Kostenansätzen ist nicht erforderlich.

315

Eine Pflicht zur Erläuterung wird indes auch bei der Vermietung von preisfreiem Wohnraum ebenso wie bei der Vermietung von Gewerberaum bejaht, sofern die Erläuterung für das Verständnis der Abrechnung erforderlich ist, insbesondere um sie gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Eine Erläuterungspflicht besteht zunächst für die Zusammenstellung der Gesamtkosten. 622

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 317

Hierunter ist die zweckmäßige und übersichtliche Aufgliederung der Abrechnungsposten zu verstehen. Das beinhaltet eine Zusammenfassung der entstandenen Einzelkosten, die demselben Entstehungsgrund (Kostenart) zugehören. Die Gesamtkosten müssen dem Gegenstand nach so weit aufgegliedert sein, dass Grund und Höhe der entstandenen Kosten nachvollziehbar erscheinen, KG – RE v. 28.5.1998 – DWW 1998, 244 = NZM 1998, 629 = ZMR 1998, 627.1

Gemessen an diesen Maßstäben ist eine Betriebskostenabrechnung nicht prüffähig, wenn die unter der Bezeichnung „Heizkosten“ ausgewiesenen Aufwendungen neben den eigentlichen Heizkosten noch weitere nicht unbeträchtliche Kosten für Klimaanlage und Wasser enthalten und dies nicht unmittelbar aus der Abrechnung ersichtlich ist,

316

OLG Dresden – Urt. v. 12.3.2002 – NZM 2002, 437 = ZMR 2002, 416, 417.

Ebenso wenig ist die Abrechnungsposition „Strom allgemein“ begründet, wenn sie mindestens 3 Kostenarten (Entwässerung, Heizung, Beleuchtung) enthält. Eine Kostenposition, die undifferenziert mehrere Kostenarten umfasst, macht es dem Mieter unmöglich, schon aus der Abrechnung selbst zu ersehen, ob ausschließlich umlagefähige Kosten berechnet wurden, OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – WuM 2003, 268, 269 = ZMR 2003, 180.

Auch ist eine Heizkostenabrechnung unwirksam, wenn sämtliche Kosten in einem Gesamtbetrag angegeben sind, ohne sie entsprechend den in § 7 Abs. 2 HeizkostenV aufgeführten Kostenarten aufzugliedern,

316a

LG Berlin NZM 2002, 65.

Schließlich ist es nicht für ausreichend gehalten worden, dass eine Kostenposition, die insgesamt 15 Kostenarten umfasste, nicht hinreichend aufgegliedert worden war, weil es für den Mieter nicht nachprüfbar sei, ob die Kosten im Ansatz und in der Berechnungsweise berechtigt seien, BGH – Urt. v. 23.11.1981 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207.

Ebenso wenig sollen verschiedene Versicherungsarten unter dem Sammelbegriff „Versicherungen“ zusammengefasst werden können, AG Berlin-Mitte NZM 2002, 523; anders AG Leipzig NZM 2008, 83, wenn im Mietvertrag die umlagefähigen Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung bezeichnet werden.

Bei gemischten Kosten, die neben Betriebskosten noch andere Bewirtschaftungskosten (etwa für Verwaltung und Instandsetzung) enthalten, muss der Vermieter sowohl die gesamten Kosten als auch die umlagefähigen Betriebskosten jeweils gesondert in der Abrechnung ausweisen, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen),2 BGH – Beschl. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575,3 1 Dazu Anmerkungen von Maciejewski MM 1998, 347; Schmid ZMR 1998, 630. 2 Für Grundsteuer, Wasser und Abwasser, Hausmeister. 3 Für Verwaltungskosten als Teil der Hausmeisterkosten.

623

317

Rn. V 318

Betriebskosten und ihre Abrechnung

BGH – VU v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285: Ein pauschaler Abzug genügt nicht.

Entsprechendes gilt für die Aufteilung von Kosten, die sich auf mehrere Abrechnungseinheiten (z.B. im Streubesitz) beziehen, auf die konkrete Abrechnungseinheit (Gebäude oder Wirtschaftseinheit); es genügt aber nicht, dass der Vermieter die bereinigten Kosten mitteilt, sondern die Abrechnung muss neben den Gesamtkosten auch die zur Ermittlung der bereinigten Kosten zugrunde gelegten Rechenschritte enthalten, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 (Tz. 24) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

318

Die Erläuterungspflicht kann sich auch auf den Umlagemaßstab beziehen. Ist in der Betriebskostenabrechnung der Umlageschlüssel unverständlich, liegt ein formeller Mangel vor, der zur Unwirksamkeit der Abrechnung führt,1 BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 477 (Tz. 16) = WuM 2008, 351, 352: Das Ziel, den Mieter in die Lage zu versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen, wird verfehlt, wenn die Abrechnung im Hinblick auf den Verteilerschlüssel unverständlich ist. Dagegen kann ein Mieter die Verwendung eines nicht vereinbarten Umlageschlüssels anhand des Mietvertrages überprüfen, s. auch BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42. OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WuM 1995, 308 für Gewerberaum: Bei einer Verteilung nach qm muss die Gesamtfläche in das Verhältnis zu der gemieteten Fläche gesetzt werden, alle Abweichungen müssen im Einzelnen erläutert werden. Zusätzlich müssen bei %-Sätzen die Berechnungsgrundlagen offen gelegt werden. Solange diese Angaben fehlen, ist der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Nebenkosten nicht fällig. VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302: Hat der Vermieter mehrere Häuser oder auch gemischt genutzte Gebäudekomplexe zu einer Wirtschafts- oder Verwaltungseinheit zusammengefasst, so genügt es nicht, dass die aufgeführten Gesamtkosten auf die einzelnen Häuser oder Gebäudeteile verteilt werden, ohne dass als zusätzlicher für den Mieter nachvollziehbarer Berechnungsschritt angegeben wird, woraus sich diese anteiligen Werte ergeben (hier: unterbliebene Mitteilung, nach welchem Schlüssel die Kosten für den Neubau- und den Altbauteil eines Gebäudekomplexes verteilt worden sind).

Eine Erläuterungspflicht ist auch für die Mitteilung von Schätzgrundlagen angenommen worden, LG Berlin GE 2007, 1190 zu § 9a Abs. 1 HeizkostenV.

319

Zur Begründung der Plausibilität eines Kostenansatzes kann eine Erläuterung zwar geboten sein, LG Berlin WuM 2007, 626: Die Ordnungsmäßigkeit einer Betriebskostenabrechnung mit Flächenmaßstäben oder bestimmten Primärenergieverbrauchsmengen erfordert dann eine Erläuterung der Flächenansätze bzw. Verbräuche, wenn bei einer Gesamt1 Zum Fall: Der Umlageschlüssel war wie folgt erläutert: „Umlage nach qm-Wohnfläche x Monate“; ferner: „Gesamtsumme 3816“, „Ihr Anteil 1176“, darunter die Zahl „12“. Das sollte lt. der verspäteten Präzisierung bedeuten: Gesamtwohnfläche des Hauses: 318 qm x 12 = 3816, Anteil des Mieters: Wohnfläche des Mieters von 98 qm x 12 = 1176.

624

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 319

schau über die Abrechnungen mehrerer Jahre die angesetzten Werte eines jeden Jahres schwanken und unverständlich werden.1 Ferner LG Berlin DWW 1997, 152 für preisgebundenen Wohnraum.2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.12.2000 – ZMR 2001, 882 zur fehlenden Plausibilität gegenüber den ortsüblichen Kostenansätzen oder dem Kostenansatz des Vorjahres, ebenso AG Köln WuM 1996, 628.

Derartige Erläuterungen beziehen sich jedoch auf die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung. Diesbezügliche Erläuterungsmängel führen also nicht zur formellen Fehlerhaftigkeit und damit Unwirksamkeit der Abrechnung, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – WuM 2008, 407: Sind Betriebskosten nach Flächenanteilen abzurechnen, ist zur Erstellung einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung eine Erläuterung der angesetzten Flächenwerte nicht allein deswegen erforderlich, weil diese Werte für aufeinander folgende Abrechnungsjahre Unterschiede aufweisen, deren Grund für den Mieter nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Gleiches gilt, wenn abgelesene Verbrauchswerte im Vergleich zu anderen Abrechnungszeiträumen auffällige Schwankungen zeigen. Ob die angesetzten Flächen- und Verbrauchswerte zutreffen, berührt allein die materielle Richtigkeit der Abrechnung.

Auch geht die Forderung nach Verständlichkeit der Abrechnung gemäß § 259 BGB nur so weit, wie sie der Abrechnende beeinflussen kann. Muss er eine gesetzlich vorgesehene Abrechnungsweise anwenden, sind ihm sich daraus ergebende Verständnisprobleme nicht zuzurechnen, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 737 = WuM 2005, 579 = ZMR 2005, 937.

Eine Erläuterung ist dann nicht erforderlich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Mieter nach dem Mietvertrag oder auf Grund früherer Abrechnungen über die entsprechenden Kenntnisse verfügt, BGH – Urt v. 23.11.1981 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207 für den Umlagemaßstab,

oder der Umlagemaßstab allgemein verständlich ist, BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42.

Dementsprechend einschränkend: KG – Beschl. v. 28.5.1998 – DWW 1998, 244 = GE 1998, 796 = NZM 1998, 629 = ZMR 1998, 627 für Wohnraum: Anlass zu einer weiteren Erläuterung in der Betriebskostenabrechnung ... ist etwa in Fällen denkbar, in denen Kosten (z.B. Hauswartskosten) für mehrere Objekte des Vermieters entstanden und auf diese umzurechnen sind, oder sich in dem Objekt neben Mietwohnungen Gewerberaum mit einem Mehrverbrauch von Wasser (Sauna, Wäscherei, Getränkehersteller), Müll (Gaststätten, Läden) oder anderen Betriebsmitteln befindet, oder dass sonst auf einen Abrechnungsposten nur Teile einer Gesamtausgabe entfallen, die herauszurechnen sind (z.B. nur teilweise umlagefähiger Stromverbrauch).

Die Mitteilung von Einzelrechnungen ist kein formelles oder inhaltliches Erfordernis einer Betriebskostenabrechnung. 1 Zum Fall: Ansätze der Gesamtfläche in 1998–2000: 1297 qm; 2001: 1306 qm; 2002: 1313 qm; 2003 und 2004: 1302 qm. Vorwegabzug des Heizölverbrauchs für eine Wäscherei im Wohngebäude: 1999/2000: 26 800 l; Rumpfjahr 2000; 3436 l; 2001: 19 845 l; 2002: 16 345 l; 2003: kein Abzug; 2004: 6845 l. 2 Zum Fall: In den Betriebskostenabrechnungen aus verschiedenen Jahren waren unterschiedlich große Gesamtflächen ausgewiesen und eine Abgrenzung zu Gewerbeflächen nicht vorgenommen worden.

625

Rn. V 320 320

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Für die Nachholung einer erforderlichen Begründung und Erläuterung ist zwischen Mietverhältnissen über Gewerberaum und Wohnraum zu unterscheiden. Bei Ersteren hindert die fehlende erforderliche Begründung oder Erläuterung nur den Eintritt der Fälligkeit des Abrechnungssaldos. Der Mangel kann nachträglich behoben werden, ohne dass hierfür eine Ausschlussfrist besteht, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2003 – WuM 2003, 387 = ZMR 2003, 569: Die Verwendung eines unrichtigen Umlageschlüssels bezüglich einer einzelnen Position kann wie eine materielle Unrichtigkeit (auch noch im Prozess) behoben werden, ohne dass eine neue Abrechnung vorgelegt zu werden braucht.1

321

Bei der Wohnraummiete hängt dagegen die Möglichkeit, eine fehlende Begründung oder Erläuterung nachzuholen, davon ab, ob der Mangel als formelles oder als inhaltliches Abrechnungserfordernis zu bewerten ist. Auch das hängt vom Einzelfall ab. Dafür kommt es maßgebend auf die Transparenz der Abrechnung und das Informationsbedürfnis des Mieters an, das unmittelbar aus dem Abrechnungsinhalt zu befriedigen ist. Für die Verständlichkeit ist auf den durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter abzustellen.2 Liegt in der unterlassenen Begründung oder Erläuterung ein formeller Mangel (s. Rn. V 315 f. zur Spezifizierung der Gesamtkosten, der Aufteilung bei gemischten Kostenansätzen und zur Erläuterung des Umlagemaßstabs), so kann der Mangel nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr behoben werden (s. dazu Rn. V 409). Liegt lediglich ein inhaltlicher Mangel vor, so ist der Vermieter zwar zur Berichtigung auch noch nach Eintritt der Abrechnungsreife berechtigt und verpflichtet, kann jedoch aus der berichtigten Abrechnung keine Nachforderungen stellen, die über diejenigen aus der Ursprungsabrechnung hinausgehen; es tritt also keine „Verböserung“ zum Nachteil des Mieters ein (s. Rn. V 418, 420).

322

Hat der Vermieter es unterlassen, die Abrechnung oder einzelne Ansätze zu spezifizieren oder zu erläutern, so kann er den Mieter nicht darauf verweisen, die Belege einzusehen, OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WM 1995, 308: Die Abrechnung entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben, wenn sich die Einzelheiten erst aus den Belegen ergeben, deren Einsichtnahme der Vermieter dem Mieter anbietet. Eine Einsichtnahme in die Belege kommt vielmehr nur zur Kontrolle und zur Behebung von Zweifeln in Betracht (s. BGHZ 113, 188, 194 f. = WuM 1991, 150); ebenso VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302.

1 Zum Fall: Vereinbart war, die Heizkosten vollständig „nach Verbrauch“ abzurechnen; der Vermieter hatte jedoch nur zur Hälfte nach Verbrauch und zur anderen Hälfte nach Grundfläche abgerechnet. Da der Verbrauch ermittelt worden war, konnte die Abrechnung berichtigt werden. 2 BGH – Urt. v. 27.11.2002 – NJW-RR 2003, 442 = WuM 2003, 212; BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NJW 2005, 219 = WuM 2005, 61 = ZMR 2005, 121; BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 477 (Tz. 15) = WuM 2008, 352; Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42.

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Betriebskostenabrechnung

Rn. V 323

cc) Kostenabgrenzung aaa) Allgemeine Grundsätze Umstritten ist, ob Betriebskosten nach dem Abfluss- oder dem Leistungsprinzip abgerechnet werden müssen.1 Grundsätzlich wird vom Leistungsprinzip auszugehen sein. Das entspricht dem mietrechtlichen Ansatz, nach dem es sich bei den Betriebskosten um Teile des Entgelts für die ebenfalls zeitlich eingegrenzte Vermieterleistung handelt, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums geschuldet und erbracht worden ist. Es findet seine Bestätigung darin, dass auch die Betriebskosten in die Berechnung der Mietminderung einbezogen werden, und zwar selbst was den Abrechnungssaldo anbelangt (s. Rn. VIII 258, 265). Das ist nur möglich, wenn die Vermieterleistung und das Mietentgelt per saldo zeitkonform sind. Danach dürfen grundsätzlich nur die Kosten angesetzt werden, die innerhalb des Verbrauchszeitraums, über den abzurechnen ist (= Abrechnungszeitraum i.S. von § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB, s. Rn. V 363), entstanden sind; das Rechnungsdatum ist unerheblich, LG Hamburg WuM 2000, 197, NZM 2001, 806: Betriebskosten sind bei der Wohnraummiete nach dem Leistungsprinzip abzurechnen, d.h. es sind die Kosten für diejenigen Leistungen anzusetzen, die im Verbrauchsjahr erbracht worden sind. Dementsprechend muss eine leistungsbezogene Kostenabgrenzung erfolgen; LG Berlin NZM 2002, 65, 66: Auf die tatsächliche Zahlung der Betriebskosten kommt es nicht an, sofern jedenfalls eine rechtliche Verpflichtung des Vermieters zur Zahlung entstanden ist, wenn dieser nach dem Kosten-Abgrenzungsprinzip vorgeht; LG Berlin GE 2007, 1257: Zumindest nach der Mietrechtsreform ist davon auszugehen, dass Abrechnungen lediglich nach dem Zeitabgrenzungsprinzip zu erstellen sind; AG Güstrow WuM 1999, 551: Der Vermieter ist nicht berechtigt, Nebenkosten, die nicht in dem zur Abrechnung anstehenden Zeitraum entstanden sind, in die Abrechnung einzubeziehen. Sonst könnte der Mieter mit Nebenkosten belastet werden, welche er gar nicht verbraucht hat; ebenso AG Stolberg ZMR 2002, 360, AG Leipzig WuM 2002, 376.

Dementsprechend dürfen Nebenkosten, die für zwei Abrechnungszeiträume anfallen, grundsätzlich nur zeitanteilig einbezogen werden, AG Hagen DWW 1990, 211.2

Probleme mit der Kostenabgrenzung ergeben sich insbesondere, wenn die Abrechnungszeiträume des Vermieters und eines Versorgungsunternehmens auseinander fallen. Grundsätzlich hat der Vermieter in derartigen Fällen eine Zwischenablesung zu veranlassen. Das soll ihm bei einer Vielzahl von Wohnungen wegen des hohen Verwaltungsaufwandes nicht zuzumuten sein. 1 S. ausführlich Langenberg Betriebskostenrecht G 104, 107 S. 254, 256 und zu § 556 BGB: Lammel Rn. 132; Staudinger/Weitemeyer Rn. 117; Rips in BetriebskostenKomm. Rn. 1856, 1860; Schmid Mietnebenkosten Rn. 3198; für Zulässigkeit auch des Abflussprinzips: v. Seldeneck Rn. 3016 Fn. 4, 5. 2 Mit Anm. Geldmacher DWW 1991, 220.

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323

Rn. V 324 324

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Deshalb soll auch die Abrechnung nach dem Abflussprinzip zugelassen sein,1 LG Wiesbaden NZM 2002, 944: Für die Abrechnung der Nebenkosten gilt nicht als Grundsatz, dass in einer Abrechnungsperiode nur solche Leistungen berechnet werden dürfen, die während dieser Abrechnungsperiode erbracht worden sind. Vielmehr ist – wenn sich Abrechnungszeitraum und Kostenentstehungszeit nicht decken – bei der Abrechnung darauf abzustellen, ob es dem Vermieter unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Mieters zuzumuten ist, eine Deckung von Abrechnungs- und Kostenentstehungszeitraum herzustellen.

So kann die Berufung auf das Leistungsprinzip treuwidrig sein, etwa wenn der Mieter schon während der Vorjahre und des abzurechnenden Zeitraums Mieter war und deshalb aus der Abrechnung nach dem Abflussprinzip keinen Nachteil erleidet, LG Düsseldorf DWW 1990, 51, LG Münster NZM 2004, 498: 1. Bei einem Auseinanderfallen der Abrechnungsperiode des Energieversorgers und des Vermieters ist es dem Vermieter wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht zuzumuten, eine Ablesung aller infrage kommenden Zähler bis zum Ende seiner jeweiligen Abrechnungsperiode vorzunehmen. Er kann in diesem Fall eine Rechnungsabgrenzung vornehmen. 2. Aus einer solchen Abrechnung erwachsen dem Mieter keine Nachteile, wenn das Mietverhältnis fortdauert, da sich die fehlerhafte Zuordnung der Kosten zu einer Abrechnungsperiode durch die Korrekturen in der Folgeabrechnung wieder ausgleicht. Der Einwand des Mieters gegen die fehlende Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung verstößt daher gegen Treu und Glauben; so auch AG Köln ZMR 1995, 210 (LS).

325

Der BGH hat sich dieser Auffassung nicht nur angeschlossen, sondern darüber hinaus das Abflussprinzip gleichrangig neben das Leistungsprinzip gestellt, das nur ausnahmsweise durch die Berufung auf Treu und Glauben durchbrochen werden könne. Auch hat er dem Vermieter ein Auswahlermessen gemäß § 315 Abs. 3 BGB eingeräumt, nach welchem Prinzip er abrechnen wolle, BGH – Urt. v. 20.2.2008 – DWW 2008, 143 = MDR 2008, 556 = NJW 2008, 1300 = NZM 2008, 277 = WuM 2008, 223 = ZMR 2008, 444, 445: §§ 556 ff. BGB legen den Vermieter bei der Abrechnung von Betriebskosten nicht auf eine Abrechnung nach dem sog. Leistungsprinzip fest; auch eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip ist grundsätzlich zulässig. Aus den Gründen Tz. 20, 21: Weder aus § 556a Abs. 1 Satz 2 noch aus § 556 Abs. 3 Satz 1–3 BGB ist herzuleiten, dass eine Betriebskostenabrechnung allein nach dem Leistungsprinzip zulässig wäre. Tz. 24: Auch das Abflussprinzip ermöglicht grundsätzlich eine sachgerechte Umlage der Betriebskosten, indem es auf die Kosten abstellt, mit denen der Vermieter im Abrechnungszeitraum vom Leistungsträger jeweils tatsächlich belastet wird. Die Betriebskostenabrechnung vereinfacht sich dadurch jedenfalls für bestimmte Betriebskostenarten für den Vermieter u.U. erheblich. Der Vermieter müsste bei einer Abrechnung nach dem Leistungsprinzip die von dem Versorgungsunternehmen für die jeweilige Abrechnungsperiode abgerechneten Beträge im Wege einer Schätzung oder mit Hilfe einer zusätzlichen Ablesung des Gesamtverbrauchs am Ende des Kalenderjahres den einzelnen Kalenderjahren zuordnen. Der damit verbundene zusätzliche Aufwand ist für ihn nicht zumutbar und wird von

1 S. dazu v. Seldeneck Rn. 3016 f.

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Betriebskostenabrechnung

Rn. V 327

schutzwürdigen Interessen des Mieters nicht gefordert. Gewisse Ungenauigkeiten, die sich durch eine konkrete Messung des (Gesamt-)Verbrauchs zum Ende des Abrechnungszeitraums des Vermieters vermeiden ließen, sind hinzunehmen. Ebenso BGH – VU v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285, BGH – Urt. v. 30.4.2008 – WuM 2008, 404 (Tz. 14).

Ob dies auch für die Abrechnung der Heizkosten gilt oder die Regelung in § 6 Abs. 1 HeizKV entgegensteht, hat der BGH (WuM 2008, 404 Tz. 16) offen gelassen. Richtig ist, dass das Abflussprinzip nicht gegen den Betriebskostenbegriff verstößt1 und auch mit den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Abrechnung zu vereinbaren ist, wie insbesondere die Verwalterabrechnung im Wohnungseigentumsrecht zeigt. Jedoch steht dieses Prinzip im Gegensatz zu dem das Schuldrecht prägenden Grundsatz des Äquivalenzausgleichs. Zwar können die Parteien die Abrechnung nach dem Abflussprinzip vereinbaren.2 Bedenken bestehen jedoch dagegen, dem Vermieter ein diesbezügliches Auswahlermessen einzuräumen (s. Rn. V 166). Als Korrektiv allein die Berufung auf Treu und Glauben anzuerkennen, reicht nicht aus.3 Vielmehr ist am Leistungsprinzip als primärem Abrechnungsmodus grundsätzlich festzuhalten; jedoch sind Ausnahmen zuzulassen, wenn die Parteien eine abweichende Vereinbarung getroffen haben, oder die Berufung auf das Leistungsprinzip rechtsmissbräuchlich ist. Das kann etwa der Fall sein bei Mietverhältnissen, die sowohl im Verbrauchs- als auch im Abrechnungszeitraum durchgängig bestanden haben.

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Zulässig ist, bei Mietverhältnissen über preisfreien Wohnraum sowie über Gewerberaum das Abflussprinzip zu vereinbaren.4 Handelt es sich um über die Jahre nahezu gleich bleibende Kosten, so kann es ebenfalls hingenommen werden, dass der Vermieter das Abflussprinzip zugrunde legt (z.B. Grundsteuer, Versicherungsprämien). bbb) Kostenabgrenzung bei vermietetem Wohnungseigentum Die Betriebskostenabrechnung der vermieteten Eigentumswohnung unterliegt gegenüber der Abrechnung anderer Mietwohnungen keinen grundsätzlichen Besonderheiten;5 insbesondere kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, dass er auf die Abrechnung des Wohnungseigentumsverwalters angewiesen ist oder die Wohnanlage sehr groß ist, BGH – Urt. v. 23.11.1981 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207 = ZMR 1982, 108 für Teileigentum. 1 2 3 4 5

S. dazu Milger NZM 2008, 757, 760 f.; anders Blank NZM 2004, 365, 370. Schmid Rn. 3198; Langenberg NZM 2004, 361; Riecke WuM 2003, 309. Langenberg NJW 2008, 1269, 1274. Schmid Rn. 3198; Langenberg NZM 2004, 361; Riecke WuM 2003, 309. S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht G 113 S. 259; Blank NZM 2004, 365; Geldmacher DWW 1997, 167; Jennißen NZM 2002, 236; Langenberg NZM 2004, 361; Lützenkirchen ZWE 2003, 99; Maciejewski HKA 2001 H. 1 und 2 S. 1 f.; Riecke WuM 2003, 309.

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Rn. V 328

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Es gelten die §§ 556, 556a, 560 BGB, insbesondere auch der Betriebskostenbegriff.1 Eine praxiswichtige Besonderheit resultiert daraus, dass der WE-Verwalter gegenüber den Eigentümern grundsätzlich nach dem Abflussprinzip abrechnet, wodurch für ihn eine Leistungsabgrenzung entbehrlich ist,2 BayObLG – Beschl. v. 10.3.1994 – WuM 1994, 498, Beschl. v. 10.7.1998 – NZM 1999, 133, KG NJW-RR 1987, 1160, OLG Zweibrücken – Beschl. v. 3.11.1998 – NZM 1999, 276 = ZMR 1999, 66.

328

Eine mietvertragliche Vereinbarung, dass für das Mietverhältnis die Verwalterabrechnung maßgeblich sein soll, ist unwirksam,3 LG Wiesbaden ZMR 1999, 409.

Sie beinhaltet nämlich auch die Umlage von Kosten, die nicht Betriebskosten i.S. von § 556 Abs. 1 BGB sind. Anders verhält es sich, wenn sich die Klausel ausdrücklich auf die Betriebskosten i.S. von § 556 Abs. 1 Sätze 2, 3 BGB beschränkt und es sich um preisfreien Wohnraum handelt (s. Rn. V 171). Ebenso wenig ist der Vermieter berechtigt, den Wohnungsmieter undifferenziert auf die Abrechnung des WE-Verwalters zu verweisen. Fraglich ist, ob er die Verwalterabrechnung – bereinigt um die nicht umlagefähigen Kosten – seiner Betriebskostenabrechnung zugrunde legen darf, so LG Wuppertal WuM 1999, 342, AG Neuss DWW 1996, 284.

Dies wird nur bejaht werden können, wenn die Parteien die Maßgeblichkeit der Verwalterabrechnung in Bezug auf die Betriebskosten, das Abflussprinzip sowie die Wohnungseigentumsanteile als Umlageschlüssel für die „kalten“ Betriebskosten vereinbart haben. Die beiden letzteren Umstände können allerdings als schlüssig vereinbart angesehen werden, wenn die Parteien in Bezug auf die Betriebskosten die Verwalterabrechnung als Grundlage auch der Betriebskostenabrechnung für das Mietobjekt vereinbart haben. 329

Was die Kostenabgrenzung anbelangt, ist zunächst geboten, zwischen den Kosten, die unmittelbar beim Wohnungseigentümer anfallen,4 und den Kosten des Gemeinschaftseigentums, über die der WE-Verwalter abrechnet, zu unterscheiden. Die erste Gruppe der Kosten ist periodengerecht nach dem Leistungsprinzip abzurechnen, sofern die Parteien nicht das Abflussprinzip eindeutig vereinbart haben. Für die Behandlung der zweiten Gruppe kommt es entscheidend auf den Inhalt des Mietvertrages an. Ist vereinbart, dass (nur) die Betriebskosten aus der 1 Der von Blank NZM 2004, 365 vertretene wohnungsbezogene Betriebskostenbegriff, der an die Lastentragung in § 40 II. BV anknüpft, regelt einen Sonderfall, der sich auf eigengenutzte Wohnungen bezieht, findet im Gesetz keine Stütze. 2 S. Jennißen NZM 2002, 236. 3 So auch Blank NZM 2004, 365, 370; Langenberg NZM 2004, 361; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1542. 4 Z.B. Grundsteuer, vom Wohnungseigentümer für das Sondereigentum abgeschlossene Versicherungen, umlagefähige Wartungskosten für im Sondereigentum stehende Geräte.

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Betriebskostenabrechnung

Rn. V 331

Abrechnung des WE-Verwalters für die Umlage im Mietverhältnis verbindlich sein sollen, wobei diese entweder bezeichnet oder durch die Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV bzw. nunmehr auf den Betriebskostenkatalog in § 2 BetrKV konkretisiert werden, so ist damit zugleich vereinbart, dass als Umlagemaßstab die Wohnungseigentumsanteile gelten und das Abflussprinzip für die Abrechnung maßgebend sein soll. Eine Vereinbarung, nach der die Umlage der Betriebskosten nach Wohnungsanteilen erfolgen soll, ist grundsätzlich zulässig, soweit nicht abweichende gesetzliche Regelungen – etwa für den preisgebundenen Wohnraum gemäß §§ 20, 21 NMV sowie §§ 8 f. HeizkostenV – vorgehen.1 Das Gleiche gilt für das Abflussprinzip (s. Rn. V 324). Die Vereinbarung über die Umlage nach Wohnungseigentumsanteilen und über die Geltung des Abflussprinzips muss zwar eindeutig, kann aber auch schlüssig getroffen werden. Das kommt bei der Anmietung einer Eigentumswohnung in Betracht, wenn der Mieter weiß, dass es sich um eine solche handelt und die Parteien eine Betriebskostenumlage vereinbart haben, ohne dass ausdrücklich ein Umlageschlüssel vereinbart worden ist. Der Mietvertrag ist hier nach §§ 157, 242 BGB dahin auszulegen, das der Vermieter die Betriebskostenansätze aus der Abrechnung des WE-Verwalters übernehmen darf.2 Weiß nämlich der Mieter, dass er eine Eigentumswohnung anmietet, dann muss er auch davon ausgehen, dass der Vermieter über die Kosten des Gemeinschaftseigentums nicht selbst abrechnet, sondern an die Verwalterabrechnung gebunden ist. Die (auch nur schlüssige) Vereinbarung geht dem subsidiären flächenabhängigen Umlagemaßstab in § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB vor,

330

BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 Rz. 28 = WuM 2007, 571 für ergänzende Vertragsauslegung hinsichtlich von Kabelgebühren.

Wird eine Mietwohnung in Wohnungseigentum umgewandelt, so gelten die bisherigen Maßstäbe weiter. Ggf. bleibt es bei dem flächenabhängigen Umlagemaßstab und dem Leistungsprinzip, wodurch es zu erheblichen Umrechnungen kommen kann.3 Ist ein Änderungsvorbehalt bezüglich des Umlagemaßstabs und der Kostenabgrenzung vereinbart, der nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB ausgeübt werden kann, so kommt eine Änderung mit Wirkung für die Zukunft in Betracht (s. Rn. V 250, 252). Ist – auch schlüssig – nichts vereinbart, was Umlagemaßstab und Kostenabgrenzung anbelangt, so gelten sowohl der flächenabhängige Maßstab nach § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB als auch das mietrechtliche Leistungsprinzip. Eine Rechtsgrundlage dafür, nach Wohnungseigentumsanteilen und/oder nach dem Abflussprinzip abzurechnen, besteht nicht. Sie lässt sich weder durch eine 1 S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht F 39 S. 170; Schmid Rn. 4074; Blank NZM 2004, 365, 370. 2 Einschränkend Lützenkirchen ZWE 2003, 99, 103 Sp. 2. 3 S. zur Umlage von Grundsteuer Rn. V 31.

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331

Rn. V 332

Betriebskosten und ihre Abrechnung

ergänzende Vertragsauslegung noch durch eine erhöhte Erläuterungspflicht begründen.1 Eine ergänzende Vertragsauslegung scheitert daran, dass bei Abschluss des Vertrages über eine (noch nicht in Wohnungseigentum umgewandelte) Mietwohnung keine Vertragslücke bestand. 332

Umstritten ist, ob der Vermieter einer Eigentumswohnung über die Betriebskosten erst abzurechnen braucht, wenn die Eigentümerversammlung die Verwalterabrechnung genehmigt hat und diese bestandskräftig geworden ist, so OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – NZM 2001, 48 = ZMR 2000, 453, anders LG Itzehoe ZMR 2003, 38.

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Eine Abrechnungspflicht des Vermieters ist zu bejahen, selbst wenn die Verwalterabrechnung nicht innerhalb der Abrechnungsfrist erteilt wird. Dem Vermieter ist es nämlich grundsätzlich zuzumuten, sich das erforderliche Datenmaterial beim WE-Verwalter zu beschaffen.2 Erst recht kann die Abrechnungspflicht nicht hinausgeschoben werden, bis die Verwalterabrechnung von der WE-Versammlung genehmigt worden ist; denn dies kann zu ungebührlichen Verzögerungen führen, durch die die Transparenz der Abrechnung gefährdet wird.3

334

Liegt die Verwalterabrechnung nicht innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB vor, so beruht eine verspätete Betriebskostenabrechnung des Vermieters auf einem nicht zu vertretenden Umstand, wenn er den Verwalter rechtzeitig zur Abrechnung gedrängt hat.4 Auch in der noch ausstehenden Genehmigung der Verwalterabrechnung kann ein Umstand liegen, den der Vermieter nicht zu vertreten hat, so dass er die Abrechnung auch noch nach Eintritt der Abrechnungsreife erstellen kann, ohne einen Nachforderungsausschluss nach § 556 Abs. 3 BGB befürchten zu müssen.5 Das Gleiche gilt, wenn die Verwalterabrechnung zwar innerhalb der Jahresfrist dem Wohnungseigentümer erteilt ist, aber angefochten und erst nach Ablauf der Jahresfrist korrigiert wird. d) Wirtschaftlichkeit des Kostenansatzes

335

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit war schon nach früherem Recht bei der Abrechnung von Betriebskosten zu beachten. Er hat nunmehr in §§ 556 Abs. 2, 560 Abs. 5 BGB ausdrücklich seinen Niederschlag gefunden und besagt, dass nur solche Kosten umgelegt werden dürfen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind (so bisher schon § 20 Abs. 1 Satz 2 NMV, § 24 Abs. 2 II. BV). Das bezieht sich auf 1 2 3 4

Anders Langenberg Betriebskostenrecht G 117, 181 S. 261, 286. Drasdo NZM 2004, 372, 374; Riecke WuM 2003, 309, 311. Langenberg NZM 2004, 361, 362. Langenberg NZM 2004, 361, 365; zur Haftung des Verwalters gegenüber dem vermietenden Wohnungseigentümer s. Drasdo NZM 2004, 372. 5 Langenberg Betriebskostenrecht G 176 S. 285.

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Betriebskostenabrechnung

Rn. V 337

den Grund und die Höhe der Kostenansätze. Dabei ist der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters maßgebend, der ein vertretbares Kosten-/Nutzenverhältnis im Auge behält,1 OLG Brandenburg – Urt. v. 4.7.2007 – WuM 2007, 510.

Das Gebot der Wirtschaftlichkeit ist Bestandteil der Abrechnungspflicht, wie aus § 556 Abs. 3 Satz 1, 2. Hs. BGB folgt. Es wird als Nebenpflicht des Vermieters begriffen, dessen Verletzung zum Schadensersatz nach § 280 BGB führt (s. Rn. V 355),2 BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 29.

Es gilt als allgemeiner Grundsatz des Betriebskostenrechts auch für die Gewerberaummiete. Die Verpflichtung des Vermieters ergibt sich hier aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB (KG – Urt. v. 3.12.2007 – GE 2008, 122). aa) Elemente der Wirtschaftlichkeitsprüfung Parameter zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit:3

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– Ortsüblichkeit des Kostenansatzes – Plausibilität des Kostenansatzes – Vermeidung zu hohen Leistungsbezuges, z.B. zu kurzer Wartungs- und Pflegeturnus, zu viele Müllgefäße, unnötige Versicherungen – preisgünstige Beschaffung von Leistungen, z.B. Sammelvergabe bei Gartenpflege, Sammelversicherungen, mehrjährige Aufträge, Fremdvergabe statt Eigenleistung, Ausnutzen von Mengen- und Saisonrabatten – Vermeidung personeller Bewirtschaftungsfehler, wie mangelhafte Gartenpflege- oder Reinigungstätigkeit, ineffiziente Hausmeisterleistung, schlechtes Controlling durch die Verwaltung. aaa) Vermieterverhalten Die Prüfung, ob der Vermieter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit genügt hat, wird zweckmäßigerweise zweistufig erfolgen: Zunächst ist zu fragen, ob die Kostenansätze objektiv zu hoch sind. Alsdann ist zu prüfen, ob der Vermieter hiergegen etwas hätte unternehmen können. Erst die Antwort auf die letztere Frage ergibt, ob ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit vorliegt.4

1 S. dazu Beyer NZM 2007, 1 f.; Kinne GE 2003, 711; Milger NZM 2008, 1, 7; Schmid ZMR 2007, 177; v. Seldeneck NZM 2002, 545 = ZMR 2002, 393; Streyl NZM 2006, 125; Wall WuM 2002, 130; ferner Langenberg Betriebskostenrecht G 7 ff. S. 212 ff.; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1353 f.; Schmid Rn. 1053 ff. 2 Langenberg Betriebskosten G 45; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1464; Staudinger/ Weitemeyer BGB § 556 Rn. 93; v. Seldeneck Rn. 2644; Milger NZM 2008, 1, 7 f.; Streyl NZM 2008, 23, 24; krit. Schmid ZMR 2008, 599. 3 v. Seldeneck NZM 2002, 545. 4 Streyl NZM 2006, 125, 127.

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337

Rn. V 337a

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Vom Vermieter wird danach ein wirtschaftliches Verhalten verlangt. Das gilt für seine Verwaltungsleistungen (z.B. Kostenkontrolle, Rechnungsprüfung, Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen bei mangelhaften Serviceleistungen),1 für den Instandsetzungsbereich (z.B. Reparatur von Leitungen oder Installationen)2 oder für Investitionsmaßnahmen (z.B. Anschaffung von Wassermengenreglern), auch wenn keine Nachrüstungs- oder Modernisierungspflicht des Vermieters besteht (s. Rn. V 346).3 337a

Grundsätzlich steht es dem Vermieter frei, ob er Leistungen selbst erbringt (bzw. durch eigene Arbeitskräfte erbringen lässt) oder fremd vergibt (LG Hannover WuM 2003, 450, 451). Das gilt z.B. auch für die Wahl der Beheizung (Umrüstung von Ofenheizung auf Fernwärmebeheizung durch einen Betreiber, BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NZM 2003, 757 = WuM 2003, 501 = ZMR 2003, 824: Ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit liegt nicht in der Entscheidung des Vermieters für Fernwärme (gegenüber der bisherigen Ofenbeheizung). Dass der Vermieter bei der Auswahl des Drittunternehmens als künftigen Betreiber der Heizungsanlage ein überteuertes Angebot im Vergleich zu dessen Mitbewerbern angenommen hat, hat der Mieter nicht geltend gemacht.

Das Gleiche gilt generell für die Rüge des vom Vermieter gewählten Wärmekonzepts jedenfalls dann, wenn der Vermieter es schon vor Abschluss des Mietvertrages verwirklicht hatte, BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 563 = WuM 2007, 393 für die Umstellung von einer durch den Vermieter betriebenen Sammelheizung auf Wärmecontracting.

Hat der Vermieter bereits vor Abschluss des Mietvertrages einen langfristigen Wärmeversorgungsvertrag mit einem Wärmecontractor abgeschlossen, so kann der Mieter nicht eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots mit der Begründung rügen, dass andere Contractorunternehmen die gleiche Leistung preisgünstiger angeboten hätten; denn das Gebot der Wirtschaftlichkeit wirkt erst für Maßnahmen, die während der Dauer des Mietverhältnisses getroffen worden sind, BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 29 = ZMR 2008, 195 = MietRB 2008, 99 (Pfeifer).4

Bei einer Fremdvergabe ist der Vermieter nicht stets verpflichtet, verschiedene Angebote einzuholen oder ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen,5 LG Hannover WuM 2003, 450, so aber KG – Urt. v. 3.12.2007 – GE 2008, 122. 1 Langenberg Betriebskostenrecht G 20 S. 219; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1437 f.; Streyl NZM 2006, 125, 128. 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 22, 23 S. 219 f. 3 Langenberg Betriebskostenrecht G 26 S. 220; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2828, 2836. 4 Zum Fall: Ein Wechsel zu einem günstigeren Anbieter war wegen der langfristigen Vertragsbindung nicht möglich, so dass auch aus dem unterlassenen Wechsel kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot abgeleitet werden konnte. S. dazu Milger NZM 2008, 1, 8. 5 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1374, 1385; einschränkend: Langenberg Betriebskostenrecht G 14 S. 215; zur Auswahl des Wärmelieferanten: Milger NZM 2008, 1, 9.

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Betriebskostenabrechnung

Rn. V 339

Das wird vielmehr vom Umfang und der Laufzeit des künftigen Auftrags abhängen. Auch ist der Vermieter nicht verpflichtet, stets den billigsten Anbieter oder Weg zu wählen; denn Zuverlässigkeit und Vertrauen auf Grund längerer Zusammenarbeit können die Beauftragung bis zur Obergrenze der Ortsüblichkeit des Preisniveaus rechtfertigen, LG Hannover WuM 2003, 450, AG Berlin-Tiergarten GE 1988, 631.

Danach beurteilt sich auch, ob dem Vermieter der Wechsel zu einem kostengünstigeren (Strom-)Anbieter zuzumuten ist, wobei aber die Vertragsgestaltung mit dem bisherigen Anbieter zu berücksichtigen ist, s. BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 29 = ZMR 2008, 195.

Er muss jedoch im Auge behalten, ob durch eine Fremdvergabe die Kosten – eventuell unverhältnismäßig – steigen, AG Annaberg WuM 2007, 131: Werden durch die Vergabe von Hausmeisterleistungen an einen Dienstleister und durch die Freisetzung der bisherigen Hausmeister die Betriebskosten dieser Position verdoppelt, so muss der Vermieter die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme nachweisen, wenn er die Kosten umlegen will.

Die Organisationskompetenz bleibt also beim Vermieter.1 Das gilt insbesondere für das Gebäudemanagement durch beauftragte Dritte. Jedoch ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang hierdurch unternehmerische Entscheidungen, die dem Verwaltungsbereich des Vermieters zuzuordnen sind, auf Dritte delegiert werden und der Mieter hierfür zahlen muss.2 Das wird dann zu rechtfertigen sein, wenn der Dritte über das bessere Know-how, das bessere Equipment sowie die bessere Logistik verfügt und darüber hinaus durch seine Einschaltung Kosten eingespart werden,

338

anders zu Unrecht für Müllmanagement: AG Berlin-Mitte MM 2005, 75 = WuM 2005, 393, s. auch Rn. V 66.

Eine Grenze für die Einschaltung von Fremdunternehmen kann sich dort ergeben, wo der Vermieter bisher selbst erbrachte Betriebskostenleistungen ausgegliedert und auf ein gewinnorientiertes Tochterunternehmen überträgt,3 AG Nürnberg WuM 2003, 449: Im bestehenden preisgebundenen Mietverhältnis sind als umlagefähig vereinbarte Betriebskosten nicht ohne Änderungsvereinbarung vom Mieter zu tragen, wenn ihre Entstehung darauf beruht, dass der Vermieter die Betriebsleistungen aus seiner Regie ausgliedert und sie auf ein gewinnorientiertes Tochterunternehmen überträgt, dessen Kostenrechnung er in die Betriebskostenabrechnung einstellt. AG Köln WuM 2007, 264: Beauftragt der Vermieter ein Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist, mit der Gebäudereinigung und weiteren Leistungen am Grundstück, so muss er die Wirtschaftlichkeit dieser Arbeiten

1 Schmid Rn. 1071. Zur Erforderlichkeit, einen Hausmeister zu beschäftigen, s. Rn. V 102. 2 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1389, auch Langenberg Betriebskostenrecht G 12 S. 213; anders aber bei Kosteneinsparungen z.B. durch Müllmanagement: G 30 S. 222. 3 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1405; Streyl NZM 2006, 125, 127; zurückhaltend Langenberg Betriebskostenrecht G 17 S. 217.

635

339

Rn. V 340

Betriebskosten und ihre Abrechnung

besonders gründlich darlegen, um die Kosten umlegen zu können. Das betrifft etwa die Häufigkeit der Leistungen und ihren Umfang auch in örtlicher Hinsicht.

Das Gleiche gilt für die Ausführung von Betriebskostenleistungen durch einen eigenen Regiebetrieb des Vermieters (s. dazu Rn. V 27). 340

Was Wartungsmaßnahmen anbelangt, ist zu prüfen, ob die Maßnahme überhaupt erforderlich ist (z.B. bei Fensterverschlüssen, Herden, Treppengeländer) und ob der Wartungsturnus angemessen oder unnötig kurz ist. Das Gleiche gilt für Reinigungs- und Gartenpflegearbeiten, LG Hamburg NZM 2001, 806 = ZMR 2001, 970.

341

Beim Einkauf von Waren und Leistungen kann sich ein Großauftrag empfehlen. So muss der Vermieter beim Einkauf von Heizöl die günstigeren Sommerpreise ausnutzen, ebenso den Preisvorteil beim Einkauf größerer Mengen gegenüber Kleineinkäufen, OLG Koblenz – Urt. v. 17.9.1985 – MDR 1986, 59 = DWW 1986, 244 = WuM 1986, 282,

jedoch muss ein etwa unterschiedliches Leistungsbild und eine Kostenspezifizierung nach einzelnen Grundstücken bzw. Wirtschaftseinheiten berücksichtigt werden, LG Darmstadt WuM 2000, 311 bei Sammelversicherung für den gesamten Gebäudebestand mit unterschiedlichen Risiken.

Auch muss der Vermieter etwaige Mengenrabatte und Boni an die Mieter weitergeben,1 LG Berlin GE 1988, 463.

342

Bei der Vergabe von Vollwartungsverträgen muss vom Anbieter eine Spezifizierung des Preises nach Wartungs- und Reparaturkostenanteil angefordert werden, um in der Betriebskostenabrechnung eine Kostenabgrenzung nachweisen zu können.2 Das Gebot der Wirtschaftlichkeit soll nicht verletzt sein, wenn der Vermieter davon absieht, sich auf einen Prozess mit einem Dienstleister (Gartenpflege) einzulassen, dessen Ausgang mit einem nennenswerten Prozessrisiko verbunden ist, AG Pankow-Weißensee ZMR 2006, 48.

Nur gegen klar erkennbar überhöhte Gebühren und Steuern soll er zur Einlegung von Rechtsmitteln verpflichtet sein; auch verstößt er nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn er in einem (späteren) verwaltungsgerichtlichen Verfahren einen plausiblen Vergleichsvorschlag des Gerichts akzeptiert, OLG Brandenburg – Urt. v. 4.7.2007 – WuM 2007, 510.

Das schließt aber nicht aus, dass er Gebührenbescheide etwa der Versorgungsbetriebe auf ihre Richtigkeit hin überprüfen müsste, 1 Langenberg Betriebskostenrecht G 21 S. 219; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1398; Streyl NZM 2006, 125, 128. 2 S. auch Langenberg Betriebskostenrecht G 14 S. 217.

636

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 346

AG Demmin WuM 2008, 337: zur Verpflichtung des Vermieters, den Tarif eines Versorgungsunternehmens bei einer Tariferhöhung (für Wasser und Abwasser) in der Sache zu prüfen.

bbb) Betriebskostenmanagement Die Normierung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB fordert das Betriebskostenmanagement heraus, das im Rahmen der Wirtschaftlichkeit stärker als bisher hinterfragt werden wird. Es pflegt auf drei Säulen aufgebaut zu sein, nämlich

343

– Facility-Management, – Betriebskosten-Benchmarking, – Controlling. Schon bei der Errichtung oder Sanierung eines Gebäudes wird dafür zu sorgen sein, dass Kosten künftig eingespart werden (weniger wartungsintensive Anlagen, Verringerung des Anteils von Verkehrsflächen, Auswahl der Baustoffe nach Reinigungs- und Instandhaltungsaufwand, Installation von Energie- und Wassersparvorrichtungen).1 Das gilt insbesondere für die Einsparung von Heizenergie.2 Internes Benchmarking3 dient dem Objekt- und dem Jahresvergleich im eigenen Unternehmen, um Einsparpotentiale ebenso wie Schwachstellen zu erkennen. Das externe Benchmarking läuft auf Unternehmensvergleiche hinaus oder – was dem gleichsteht – auf den Vergleich mit Betriebskostendaten anderer Wohnungsunternehmen, die überregional (auf Verbandsebene) anonymisiert gesammelt werden. Es dient dazu, die Betriebskostenansätze plausibel zu machen, aber auch die eigene Marktposition einzuschätzen.

344

Der Bereich des Controlling bezieht die gesamte Logistik (z.B. im Wartungsbereich), Reduzierung von Betriebskosten nach ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten ein, wenngleich vom Vermieter nicht der Aufbau eines professionellen Controllingsystems erwartet werden kann.4 Die Kostenkontrolle erfasst nicht nur auf Fremdleistungen, sondern erfordert auch eine interne Kostenüberprüfung. Das gilt etwa für den Ansatz von Hausmeisterkosten anhand von Rapport- oder Lohnzetteln, was stichprobenweise schon zur Kostenabgrenzung geboten ist (s. Rn. V 105). Bei der Beschaffung von Verbrauchsgütern wird auf Mengeneinkauf und -rabatte sowie auf Saisonpreise zu achten sein,

345

OLG Koblenz – Urt. v. 17.9.1985 – MDR 1986, 59 für Heizöl.

Auch wenn die Kosten für Geräte, Maschinen und Anlagen, durch die Bewirtschaftungskosten eingespart werden, nicht als Betriebskosten umlagefähig 1 A.A. Schmid Rn. 1056a. 2 Schwintowski WuM 2006, 115. 3 Zum Benchmarking: Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1324; zu den Kosten s. Langenberg Betriebskostenrecht G 13 S. 215 f. 4 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1396; Langenberg Betriebskostenrecht G 13 S. 215.

637

346

Rn. V 347

Betriebskosten und ihre Abrechnung

sind (s. Rn. V 22), kann es die Pflicht des Vermieters zur Beachtung der Wirtschaftlichkeit erfordern, dass er in Maßnahmen investiert, um Kosten einzusparen. Das gilt insbesondere, wenn hierfür nur verhältnismäßig geringe Kosten und Folgelasten anfallen, zumal wenn Letztere noch als Betriebskosten auf den Mieter abgewälzt werden können.1 Indes lässt sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot keine Pflicht des Vermieters ableiten, eine wirtschaftliche (Heizungs-)Anlage zu sanieren, jedenfalls solange ein öffentlich-rechtliches Sanierungs- oder Stilllegungsgebot nicht besteht und die vorhandene Anlage die vertragsmäßige Leistung (hier: Wärmeversorgung in der Mietwohnung) sicherstellt, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 Tz. 18 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

347

Noch nicht abschließend geklärt ist auch, ob Serviceleistungen, die zur Einsparung von Betriebskosten führen, im Rahmen der jeweiligen Kostengruppe angesetzt werden dürfen,2 z.B. Kosten für das Sortieren von Müll, bejahend AG Mainz WuM 2003, 450: Kosten, die der Ersparnis von Müllgebühren dienen, sind Betriebskosten der Müllbeseitigung, hier Kosten eines Müllsortierers. Die Kosten sind ansatzfähig, solange eine entsprechende Ersparnis an Müllgebühren eintritt; anders AG Berlin-Mitte MM 2005, 75 = WuM 2005, 393 für Kosten des Müllmanagements (s. Rn. V 66); LG Tübingen WuM 2004, 497, AG Münster WuM 2006, 192 jeweils für Kosten der Mülltrennung.

Ergeben sich hieraus nachweisbare Einsparungen, so sind die Servicekosten jedenfalls bis zur Höhe der Einsparquote ansetzbar. cc) Wirtschaftlichkeit bei ausgewählten Betriebskostenarten3 348

– Wasser- und Abwasserkosten:4 Werden die Kosten für Abwasser nach dem Frischwasserverbrauch erhoben, so hat der Vermieter für den Wasserverbrauch durch Gartenpflege einen Zwischenzähler zu setzen, um den Verbrauch zu erfassen, für den kein Abwasser anfällt. Er wird auch den Einsatz von Wassermengenreglern zu prüfen haben. Die Anschaffungskosten sind relativ gering, und die Wartungskosten sind umlagefähig nach § 2 Nr. 2 BetrKV. Die Einsparung an Wasserkosten soll bei 15% liegen.

1 Beispiel: Bei Einbau von Wassermengenreglern sind die Investitionskosten nicht hoch; auch können die Wartungskosten nunmehr nach § 2 Nr. 2 BetrKV als Betriebskosten umgelegt werden. Das läuft im Ergebnis auf den Ansatz der Wiederbeschaffungskosten hinaus, weil diese niedriger als die Wartungskosten sind (s. dazu Rn. V 24). 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 221 S. 300; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1389, 1391 f. 3 Langenberg Betriebskostenrecht G 23 ff. S. 220 ff.; Kinne GE 2003, 713. 4 Langenberg Betriebskostenrecht G 23 S. 220; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2828 f.

638

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 352

– Kosten des Aufzuges: Ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit kann darin liegen, dass der Wartungsturnus übermäßig kurz gehalten wird,

349

LG Duisburg ZMR 2004, 717.

– Kosten der Müllabfuhr:1 Standort, Größe und Häufigkeit der Leerung der Müllgefäße sind Kostenfaktoren, die der Vermieter kostenmindernd berücksichtigen muss. Es gehört zu seinen Überprüfungspflichten festzustellen, ob längerfristig Überkapazitäten vorhanden sind, die unverzüglich abzubauen sind,

350

OLG Naumburg – Urt. v. 5.11.2002 – ZMR 2003, 260: Der Vermieter ist gehalten, das Volumen bzw. die Anzahl der Müllbehälter am Bedarf auszurichten. Übersteigt die Kapazität die anstehende Müllmenge, gehen die entsprechenden Mehrkosten zu Lasten des Vermieters. Ist ein Hausmeister vorhanden, so gehört es zu seinen Pflichten, hierzu gelegentlich Feststellungen zu treffen.

Der Vermieter muss Maßnahmen gegen Mülltourismus ergreifen. Er darf dieser Erscheinung nicht dadurch begegnen, dass er größere Kapazitäten an Müllgefäßen, als von den Mietern benötigt, vorhält, AG Dortmund WuM 2002, 55: Der Kostenansatz für Müllabfuhr ist unwirtschaftlich, wenn der Vermieter die Gefäße für die Standardmenge des zu entsorgenden Mülls verdoppelt; er kann nicht damit gehört werden, dass er damit den „anonymen Müll“ bei einem Mehrfamilienhaus entsorgen müsse.

Kosten der Sperrmüllabfuhr sind zwar umlagefähig. Das entbindet den Vermieter jedoch nicht, durch Hausmeisteraufsicht dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Sperrmüll anfällt und die Verursacher namhaft gemacht werden können, die primär kostenpflichtig sind, LG Berlin GE 1998, 681: Im Streitfall muss der Vermieter diesbezügliche Anstrengungen darlegen.

Der Vermieter wird Angebote des Müllmanagements zu prüfen haben, dessen Einschaltung zu erheblichen Einsparungen führen kann. Derartige Dienstleister kümmern sich um die funktionale Gestaltung und Bewirtschaftung der Stellplätze für Müllgefäße, Reinigung, Überprüfung der Bestände bzw. Kapazitäten und eine etwa gebotene Mülltrennung nach Einführung des dualen Müllsystems. Die Kosten des Dienstleisters sind bis zur Höhe der Einsparmarge als Kosten der Müllbeseitigung umlegbar,

351

anders AG Berlin-Mitte MM 2005, 75 = WuM 2005, 303, s. auch Rn. V 66.

– Kosten der Hausreinigung und Gartenpflege: Der Ansatz von Hausreinigungskosten richtet sich nach den Anforderungen des jeweiligen Gebäudes bzw. der Wirtschaftseinheit.2 Die Voraussetzungen sind objektiv auf ihre Erforderlichkeit zu überprüfen, was den Kostenansatz betrifft, LG Hamburg NZM 2001, 806 = ZMR 2001, 970 verneinend für dreimal wöchentliche Treppenhausreinigung in einem repräsentativen Gebäude. 1 Langenberg Betriebskostenrecht G 29 S. 221; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3462. 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 32 S. 223; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3507; Streyl NZM 2006, 125, 128.

639

352

Rn. V 353

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Beim Ansatz von Gartenpflegekosten1 kann je nach der Beschaffenheit der Grünanlage und der Gebäude geprüft werden, ob Teile hiervon einzelnen Mietern zur Pflege und Nutzung überlassen werden, ohne selbst in den Mietvertrag einbezogen zu werden. 353

– Kosten der Versicherung:2 Der Vermieter ist zwar nicht darauf beschränkt, nur die Versicherungen für das Gebäude abzuschließen, die zwingend notwendig sind. Er muss jedoch prüfen und im Streitfall beweisen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich das zu versichernde Risiko verwirklichen kann,3 s. auch AG Leipzig WuM 2006, 568.

Wechselt der Vermieter die Versicherung und verdoppeln sich dadurch nahezu die Kosten, weil weitere Leistungen in den Versicherungsschutz einbezogen werden,4 so verstößt der Vermieter gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn er nicht noch andere Kostenangebote einholt, AG Mönchengladbach-Rheydt WuM 2007, 128; so auch KG – Urt. v. 3.12.2007 – GE 2008, 122.

Einschränkend dagegen OLG Stuttgart – Urt. v. 15.2.2007 – NZM 2007, 247 = WuM 2007, 199 = ZMR 2007, 370, 371 = MietRB 2007, 116 (Intveen): Wird das Risiko von Terrorgefahren nicht mehr von einer bestehenden Feuerversicherung umfasst und schließt der Vermieter darauf eine Terrorversicherung ab, die das bisherige Risiko deckt, so verstößt er damit nicht gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, selbst wenn es sich bei dem Mietgebäude nicht um ein besonders gefährdetes Objekt handelt.

Beruht die Prämienerhöhung für eine Leitungswasserversicherung auf wiederholten Schadensfällen und beruhen diese auf Umständen, die dem Vermieter zuzurechnen sind (insbesondere bei unterlassener Überprüfung oder Instandsetzung), so können die Mehrkosten nicht auf den Mieter umgelegt werden, AG Hamburg WuM 1986, 346, AG Köln WuM 2000, 37.

354

– Kosten des Hauswarts:5 Hier ist die Erforderlichkeit zu prüfen, insbesondere ob die Größe des Gebäudes/der Wirtschaftseinheit den Einsatz rechtfertigt. Dies kann infrage gestellt werden, wenn jahrelang kein Hauswart vorhanden war und keine Änderung in der Bewirtschaftung erforderlich geworden ist, s. aber Rn. V 102. Entsprechendes gilt, wenn wesentliche Aufgaben wie Hausreinigung, Gartenpflege und Winterdienst fremdvergeben sind, AG Hamburg WuM 1988, 308; großzügiger BGH – Urt. v. 7.4.2004 – WuM 2004, 290. 1 Langenberg Betriebskostenrecht G 34 S. 224; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3570. 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 37 S. 225; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3677; Mühlemeier WuM 2007, 111, 113; Streyl NZM 2006, 125, 128. 3 Beispiel: Eine Dachlawinenversicherung oder eine Erdbebenversicherung mag in München oder in Gebieten des Rheingrabens sinnvoll sein, dagegen nicht in Hamburg. Die Notwendigkeit einer Vandalismusversicherung hängt nicht davon ab, dass es bereits zu Übergriffen gekommen ist. Auch hier genügt die Gefährdung. 4 Einbeziehung u.a. folgender Leistungen: Telefonkosten bis 300 Euro, Rückreisekosten aus dem Urlaub, Wasserverlust bis 500 Euro; s. dazu auch Schach WuM 2007, 369. 5 Langenberg Betriebskostenrecht G 41 S. 226; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3744; Streyl NZM 2006, 125, 126.

640

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 356

Häufig wird auf die Ortsüblichkeit der Kosten abgestellt (s. Rn. V 356a). Bei Hausmeistern im Streubesitz ist auf die Kostenzuweisung nach Tätigkeitsbereichen und auf die gebäudebezogene Kostenzuweisung zu achten. Lange Wegezeiten sind ein Faktor bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit. dd) Rechtsfolgen und Beweislast bei Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot Die Pflicht zur Beachtung der Wirtschaftlichkeit erschöpft sich nicht darin, unwirtschaftliche Kostenansätze zu unterlassen,1 sondern erfordert auch ein unternehmerisches Handeln des Vermieters. Ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit führt nach h.M. zur Schadensersatzpflicht des Vermieters nach § 280 Abs. 1 BGB (s. Rn. V 335). Er hat zum Inhalt, dass der Mieter von unnötigen Kosten freigestellt wird,

355

BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 29 = ZMR 2008, 195 = MietRB 2008, 99 (Pfeifer).

Der unwirtschaftliche Kostenansatz ist danach aus der Kostenaufstellung der Betriebskostenabrechnung zu streichen, wenn die Kosten dem Grunde nach überflüssig waren, ansonsten aber auf das wirtschaftliche Maß zu reduzieren. Da Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot den Inhalt der Abrechnung betreffen, berühren sie die formelle Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung nicht (s. Rn. V 318). Derartige Abrechnungsmängel können demzufolge auch noch nach Eintritt der Abrechnungsreife – jedoch nicht zum Nachteil des Mieters – nachgebessert werden (s. Rn. V 420). Denkbar erscheint demgegenüber, das Gebot der Wirtschaftlichkeit als Bestandteil der Abrechnungspflicht zu verstehen2 und dem Mieter einen Erfüllungsanspruch einzuräumen. Das würde dazu führen, dass die Kosten auf das wirtschaftlich gebotene Maß zurückzuführen wären, wobei es allein auf die objektive Vermeidbarkeit der Mehrkosten ankäme. Erst wenn der Mieter den infolge der Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots überhöhten Betriebskostensaldo ausgeglichen haben sollte, käme ein Schadensersatzanspruch zum Tragen. Der unterschiedliche Ansatz bei der Folgenbewertung eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot wirkt sich auf die Darlegungs- und Beweislast aus (s. dazu Rn. V 359 f.).

355a

Indizien für die Einhaltung der Wirtschaftlichkeit sind Plausibilität und Ortsüblichkeit der Kostenansätze.

356

Die Plausibilität ergibt sich aus einem Vergleich der Ansätze aus dem Vorjahr und etwaigen späteren Jahren,3 KG – Urt. v. 12.1.2006 – GuT 2006, 70 = NZM 2006, 294 = ZMR 2006, 446 = MietRB 2006, 263 (Kurek): 1 So aber Streyl NZM 2006, 125, 129. 2 Ähnlich Schmid ZMR 2007, 177, der aber das Wirtschaftlichkeitsgebot dem Betriebskostenbegriff zurechnet. 3 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1451 f.

641

Rn. V 356a

Betriebskosten und ihre Abrechnung

1. Sind einzelne Positionen der Betriebskosten (hier: Bewachungs- und Hauswartskosten) gegenüber dem Vorjahr jeweils über 10% gestiegen, obliegt es dem Vermieter, dafür nachvollziehbare Gründe anzugeben. 2. Legt der Vermieter die Gründe der Preissteigerung und deren Unvermeidbarkeit nicht im Einzelnen dar, kann er – wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit – diese Nebenkosten nur in Höhe der im Vorjahr angefallenen Beträge auf die Mieter umlegen. OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.12.2000 – GE 2001, 488 = ZMR 2001, 882: Für die in die Nebenkostenabrechnung eingestellten Kosten kann sich ein weiter gehender Erläuterungsbedarf ergeben, wenn der Kostenansatz im Vergleich zu den ortsüblichen Kosten oder den Angaben der Vorjahresabrechnung eine außergewöhnliche Steigerung ausweist. LG Berlin WuM 2007, 626: Die Ordnungsmäßigkeit einer Betriebskostenabrechnung mit Flächenmaßstäben oder bestimmten Primärenergieverbrauchsmengen erfordert dann eine Erläuterung der Flächenansätze bzw. Verbräuche, wenn bei einer Gesamtschau über die Abrechnungen mehrerer Jahre die angesetzten Werte eines jeden Jahres schwanken und unverständlich werden.1

Die Plausibilität zählt nicht zu den formalen Erfordernissen der Betriebskostenabrechnung, sondern kann nur Anlass geben, deren inhaltliche Richtigkeit anzuzweifeln und zu überprüfen, BGH – Urt. v. 30.4.2008 – NZM 2008, 522 = WuM 2008, 404 (Tz. 15) zu Flächenabweichungen in den Abrechnungen für vergangene Jahre und in der aktuellen Abrechnung.

356a

Die Ortsüblichkeit des Kostenansatzes hat sich an den vergleichbaren Kosten anderer Wohnungen im Haus oder der Wirtschaftseinheit oder vergleichbarer Leistungen anderer Unternehmen zu orientieren. Das ist in der Rspr. insbesondere für Hausmeisterkosten entschieden worden, LG München I NZM 2002, 286: Hausmeisterkosten, die um 58% über den Kosten liegen, die für das Anwesen wegen dessen besonderer Umstände bereits mit einem über dem ortsüblichen Durchschnitt liegenden Satz festgestellt wurden, sind nur mit dem durchschnittlichen Ansatz umlagefähig. AG Köln NZM 1998, 305: Die Kosten für übliche Hausmeistertätigkeit sind nur insoweit umlagefähig, als sie ortsüblich sind und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprechen. AG Frankfurt a.M. WuM 2002, 376: Weichen die vom Vermieter abgerechneten Hausmeisterkosten erheblich von den Durchschnittskosten ab, muss dieser die Richtigkeit der abgerechneten Kosten darlegen, die Abweichung erläutern, die Erforderlichkeit beweisen und die Wahrung der Wirtschaftlichkeit darlegen;2 ebenso AG Münster WuM 2002, 339.

357

Die Prüfung anhand der Ortsüblichkeit setzt voraus, dass die zu vergleichenden Leistungen identisch sind (z.B. bei Hausmeisterkosten). Darin besteht das 1 Zum Fall: Ansätze der Gesamtfläche in 1998–2000: 1297 qm; 2001: 1306 qm; 2002: 1313 qm; 2003 und 2004: 1302 qm: Vorwegabzug des Heizölverbrauchs für eine Wäscherei im Wohngebäude: 1999/2000: 26 800 l; Rumpfjahr 2000: 3436 l; 2001: 19 845 l; 2002: 16 345 l; 2003: kein Abzug; 2004: 6845 l. Der BGH (Urt. v. 28.5.2008 – WuM 2008, 407) hat das Urteil des LG Berlin abgeändert, da es das Erläuterungserfordernis als formelle Wirksamkeitsvoraussetzung der Betriebskostenabrechnung wertete. 2 Zum Fall: Mietspiegel-Durchschnittswert: 0,26 DM/qm – Vermieteransatz: 2,05 DM/ qm.

642

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 358

Problem der Betriebs- und Heizkostenspiegel. Betriebskostenspiegel können einen indiziellen Wert haben, wenn sie hinsichtlich der Leistungen und der Art, Größe sowie Struktur der erfassten Wohnungsunternehmen hinreichend differenzieren und von der Anzahl der Daten ausreichend repräsentativ sind.1 In der Regel werden sie nicht mehr als Anhaltspunkte liefern. Das gilt gleichermaßen für sog. Heizkostenspiegel,2 s. AG Köln WuM 2008, 556 zu Kosten der Gebäudereinigung und Aufzugwartung, AG Aachen WuM 2008, 701 (Flatow) zu Straßenreinigungs- und Müllgebühren.

Ein gewährleistungsrechtlicher Aspekt bietet sich, wenn es infolge eines Gebäude- oder Anlagenmangels zu einem Mehrverbrauch kommt, ohne dass – abgesehen von einem höheren Kostenanfall – der Mietgebrauch beeinträchtigt wird. In einem solchen Fall sind nicht die Gewährleistungsvorschriften anzuwenden;3 vielmehr kann der Vermieter wegen einer Pflichtverletzung nach § 280 BGB nur diejenigen Kosten in Rechnung stellen, die beim Betrieb einer mangelfrei arbeitenden Anlage oder eines mangelfreien Gebäudes angefallen wären.4 Im wirtschaftlichen Ergebnis bestehen jedoch keine Unterschiede, OLG Hamm – Urt. v. 27.1.1987 – ZMR 1987, 300: Ein Fehler des Mietobjekts kann auch in der Überdimensionierung einer Lüftungsanlage liegen. Das kann zur Folge haben, dass der Vermieter ... nicht die vollen Unkosten, die beim Betrieb der Anlage anfallen, auf die Mieter umlegen kann, sondern nur die mutmaßlichen Unkosten einer normal dimensionierten Anlage; s. auch KG – Urt. v. 4.7.2005 – WuM 2005, 774: Beanstandet ein Mieter die Isoliereigenschaft einer Fensterfront erstmals nach Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung, weil ihm die verbrauchsabhängig ermittelten Heizkosten zu hoch erscheinen, liegt ein Sachmangel, der die Gebrauchstauglichkeit der vermieteten Sache einschränkt, nicht vor. Der Kostenaspekt ist für den Begriff des Sachmangels irrelevant. Ebenso AG Dresden WuM 2007, 8 zu mangelhaft erbrachten Hausmeisterleistungen.

Das wird auch zu beachten sein, wenn infolge unterlassener Instandhaltung oder Überholungen erhöhte Kosten anfallen, z.B. Wassermehrverbrauch infolge defekter Dichtungen der WC-Spülung bei unterlassenen Kontrollen (AG Bergisch Gladbach WuM 1984, 230), erhöhte Prämien der Leitungswasserversicherung wegen wiederholter Rohrbrüche (AG Hamburg WuM 1986, 346). Aus dem Gebot der Wirtschaftlichkeit lässt sich allerdings keine Pflicht des Vermieters zur Modernisierung einer alten, aber noch gebrauchsfähigen Anlage ableiten, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 38 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38 = MietRB 2008, 33 (Junker) für eine veraltete, unwirtschaftlich arbeitende Heizanlage, durch die aber die Wärmeversorgung der Wohnung noch sichergestellt wurde.

1 S. dazu Emmert WuM 2002, 467: Wirtschaftlichkeitsgebot und Betriebskostenspiegel; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1333. 2 S. dazu eingehend v. Seldeneck NZM 2002, 545 = WuM 2002, 393; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1338; kritisch auch Milger NZM 2008, 1, 10 f. 3 Langenberg Betriebskostenrecht G 46 S. 229, anders Schmid Rn. 1060: Ansprüche aus § 280 BGB oder § 536a BGB. 4 So im Ergebnis auch Kinne GE 2003, 711, 713 mit Beispielen.

643

358

Rn. V 359 359

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirtschaftlichkeit – Plausibilität und Ortsüblichkeit – des Kostenansatzes soll nach h.M. der Vermieter tragen,1 KG – Urt. v. 12.1.2006 – GuT 2006, 70 = NZM 2006, 294 = ZMR 2006, 446 = MietRB 2006, 263 (Kurek): Der Vermieter muss u.a. darlegen, was er konkret unternommen hat, um die Preissteigerung (zumindest zum Teil) zu vermeiden; LG Hamburg NZM 2001, 806 = ZMR 2001, 970 (ZK 16): Der Vermieter von Wohnraum muss die Wirtschaftlichkeit des Betriebskostenansatzes darlegen, wenn streitig ist, ob die angesetzten Kosten erforderlich waren (hier: wöchentlich dreimalige Treppenhausreinigung); AG Köln NZM 1998, 305: Bei auffällig hohen Hausmeisterkosten obliegt es dem Vermieter, substantiiert (im Prozess) darzulegen, dass die Kosten dennoch erforderlich, angemessen und wirtschaftlich sind; AG Berlin-Mitte ZMR 2002, 760: Der Vermieter trägt die Beweislast dafür, dass er wirtschaftlich gehandelt hat. Er muss Gründe dafür angeben, wenn sich z.B. die Versicherungskosten von 1400 DM in 1995 auf 9600 DM in 1999 erhöht haben; AG Leipzig WuM 2006, 568: Dem Vermieter obliegt die Beweislast für die Wirtschaftlichkeit des Kostenansatzes (für Versicherungskosten), wenn der Mieter substantiiert bestreitet.

Die Darlegungslast des Vermieters setzt allerdings voraus, dass der Mieter einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit substantiiert rügt,2 BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 563 = WuM 2007, 393 = ZMR 2007, 685: Auch bei Zugrundelegung der Ansicht, dass der Vermieter die Beweislast für die Wirtschaftlichkeit trägt (was offen bleibt), ist es jedoch zunächst Sache des Mieters, der einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit geltend macht, konkret vorzutragen, dass Heizwärme und Warmwasser in den der Abrechnung zugrunde liegenden Zeiträumen von einem anderen Wärmecontractor preiswerter angeboten wurden. Erst dann ist es an dem Vermieter darzulegen und zu beweisen, dass er mit dem von ihm abgeschlossenen Wärmecontracting das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht verletzt hat. OLG Stuttgart – Urt. v. 15.2.2007 – NZM 2007, 247 = WuM 2007, 199 = ZMR 2007, 370, 371 = MietRB 2007, 116 (Intveen): Das bloße Bestreiten der Wirtschaftlichkeit reicht nicht; der Mieter müsste konkret vortragen, wo und zu welchen Bedingungen eine günstigere Versicherung zu haben wäre. S. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.12.2000 – GE 2001, 488 = ZMR 2001, 882: Das Erfordernis der Erläuterung setzt voraus, dass der Mieter seine Bedenken gegen den Kostenansatz nachvollziehbar vorträgt. AG Leipzig WuM 2006, 568.

359a

Geht man davon aus, dass ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB auslöst (s. Rn. V 355), so erscheint es nicht folgerichtig, dem Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für sein wirtschaftliches Verhalten aufzuerlegen. Vielmehr müsste konsequenterweise der Mieter diese Last tragen.3 Den Vermieter träfe nur die sekundäre Darlegungslast. Legt man dagegen zugrunde, dass die Pflicht zum wirtschaftlichen Verhalten der Abrechnungspflicht innewohnt, gleichsam ein 1 Ausführlich: v. Seldeneck NZM 2002, 545, 550, 551; ferner Kinne GE 2003, 911, 915; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1463; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 96; a.A. Milger NZM 2008, 1, 11; Streyl NZM 2008, 23. 2 Langenberg Betriebskostenrecht K 23 S. 338; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1448; s. auch Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 96. 3 So auch Streyl NZM 2008, 23, 24.

644

Betriebskostenabrechnung

Rn. V 360

Bestandteil von ihr ist, so hätte der Vermieter die Erfüllung dieser Pflicht zu beweisen, allerdings erst auf substantiiertes Bestreiten des Mieters. Erst wenn der Mieter Schadensersatz verlangt, träfe ihn nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Da er keinen Einblick in den unternehmerischen Bereich des Vermieters hat, dürfen hieran keine hohen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr genügen gewichtige Indizien.1 Der Vermieter ist (bereits vorprozessual) zu einer Erläuterung verpflichtet, wenn der Mieter seine Bedenken konkret vorträgt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.12.2000 – ZMR 2001, 882.

Soweit es sich um einzelne Positionen einer Betriebskostenabrechnung handelt, darf der Mieter diese Ansätze grundsätzlich nicht pauschal bestreiten, ohne zuvor die Belege eingesehen zu haben, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.5.2003 – ZMR 2003, 570.

Anders verhält es sich, wenn er die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Abrechnung rügt, etwa weil der Vermieter Bewirtschaftungskosten angesetzt hat, ohne die betriebskostenfremden Anteile vorab abgezogen oder einen etwaigen Abzug transparent gemacht zu haben, s. Rn. V 317, 428, BGH – VU v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285: Nimmt der Vermieter bei den Kosten des Hauswarts einen pauschalen Abzug nicht umlagefähiger Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten vor, genügt ein schlichtes Bestreiten des Mieters. Dem Vermieter obliegt es in diesem Fall, die Kosten nachvollziehbar so aufzuschlüsseln, dass die nicht umlagefähigen Kosten herausgerechnet werden können.

e) Ansatz von Umsatzsteuer Zum Ansatz von Umsatzsteuern auf Miete und Betriebskosten s. Rn. III 119 f.2 Will der Vermieter von Gewerberaum auf die Betriebskosten Umsatzsteuer erstattet erhalten, so ist hierfür grundsätzlich eine Vereinbarung erforderlich, OLG Braunschweig – Urt. v. 27.11.1999 – WuM 1999, 173.

Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses ausdrücklich, dass der Mieter die auf die Grundmiete entfallende Umsatzsteuer zu tragen hat, so wird man im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon ausgehen können, dass der Mieter auch auf die abgerechneten Nebenkosten die Umsatzsteuer schuldet,3 OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.10.1995 – WuM 1996, 211 = ZMR 1996, 82, OLG Schleswig – Urt. v. 17.11.2000 – ZMR 2001, 618 = NZM 2001, 1127 (LS), LG Hamburg DWW 1998, 119 = GE 1998, 247 = ZMR 1998, 294; a.A. noch OLG Düsseldorf – Urt. v. 22.4.1993 – WM 1993, 411. 1 Streyl NZM 2008, 23, 24. 2 Zur Umsatzsteuer auf den Abrechnungssaldo s. Langenberg Betriebskostenrecht G 168 S. 281; ausführlich Lindner-Figura/Beyerle Kap. 11 Rn. 77, 210 f. 3 Westphal ZMR 1998, 262: Umlage von Umsatzsteuer im Rahmen von Betriebskostenabrechnungen.

645

360

Rn. V 361 361

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Auch soweit der Vermieter in der Abrechnung Gebühren und Steuern ansetzt, ist hierauf die Umsatzsteuer zu berechnen,1 LG Hamburg DWW 1998, 119.

Er kann die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer vom Mieter aber nur unter Abzug der ihm selbst in Rechnung gestellten Umsatzsteuer verlangen, LG Hamburg DWW 1998, 119 = GE 1998, 247 = ZMR 1998, 294.

362

Der Zwischenmieter kann die Umsatzsteuer-Beträge nicht auf den Wohnungsmieter umlegen, die deshalb bei sonst umsatzsteuer-freien Nebenkosten (z.B. Grundsteuer, Versicherungsprämien, Hauswartskosten) entstehen, weil der Vermieter die Vermietung gewerblich betreibt oder gemäß § 9 UStG für die Umsatzsteuer optiert hat, AG Nürnberg WuM 1988, 51.

7. Abrechnungsreife und Fälligkeit a) Abrechnungszeitraum 363

Der Abrechnungszeitraum, der dem Verbrauchszeitraum entspricht, beträgt bei Wohnraummietverhältnissen längstens 12 Monate (vgl. § 556 Abs. 3 BGB, § 20 Abs.3 NMV). Bei der Wohnraummiete handelt es sich um eine Höchstfrist; sie braucht sich mit dem Kalenderjahr nicht zu decken. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind unzulässig (§ 556 Abs. 4 BGB), bei preisgebundenem Wohnraum sogar schlechthin. Das Verbot gilt auch für Mietverhältnisse, die vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 begründet worden sind, LG Bremen WuM 2006, 199.

Demgegenüber können bei nicht preisgebundenem Wohnraum auch kürzere Abrechnungszeiträume – auch für einzelne Betriebskostenarten – vereinbart werden; denn sie führen nicht dazu, dass Kontrollrechte des Mieters beeinträchtigt werden.2 Der Abrechnungszeitraum braucht mit dem Verbrauchserfassungszeitraum jedenfalls dann nicht völlig übereinzustimmen, wenn der Vermieter nach dem Abflussprinzip abrechnet (s. dazu Rn. V 325), BGH – Urt. v. 30.4.2008 – NZM 2008, 522 = WuM 2008, 404.3

364

Eine Überschreitung des Abrechnungszeitraums führt grundsätzlich dazu, dass die Betriebskostenabrechnung nicht ordnungsmäßig ist,4 1 OFD Köln Betrieb 1985, 2227. 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 100 S. 253; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 116; einschränkend Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1941, 1943; MünchKomm/Schmid BGB § 556 Rn. 64: nur ausnahmsweise nach Treu und Glauben. 3 Zum Fall: Die Abrechnung über die Betriebskosten 2003 v. 22.9.2004, enthielt die Abrechnung über Heiz- und Warmwasserkosten für den Zeitraum v. 1.8.2002 bis 31.7.2003. 4 S. auch Langenberg Betriebskostenrecht G 99 S. 252.

646

Rn. V 361 361

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Auch soweit der Vermieter in der Abrechnung Gebühren und Steuern ansetzt, ist hierauf die Umsatzsteuer zu berechnen,1 LG Hamburg DWW 1998, 119.

Er kann die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer vom Mieter aber nur unter Abzug der ihm selbst in Rechnung gestellten Umsatzsteuer verlangen, LG Hamburg DWW 1998, 119 = GE 1998, 247 = ZMR 1998, 294.

362

Der Zwischenmieter kann die Umsatzsteuer-Beträge nicht auf den Wohnungsmieter umlegen, die deshalb bei sonst umsatzsteuer-freien Nebenkosten (z.B. Grundsteuer, Versicherungsprämien, Hauswartskosten) entstehen, weil der Vermieter die Vermietung gewerblich betreibt oder gemäß § 9 UStG für die Umsatzsteuer optiert hat, AG Nürnberg WuM 1988, 51.

7. Abrechnungsreife und Fälligkeit a) Abrechnungszeitraum 363

Der Abrechnungszeitraum, der dem Verbrauchszeitraum entspricht, beträgt bei Wohnraummietverhältnissen längstens 12 Monate (vgl. § 556 Abs. 3 BGB, § 20 Abs.3 NMV). Bei der Wohnraummiete handelt es sich um eine Höchstfrist; sie braucht sich mit dem Kalenderjahr nicht zu decken. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind unzulässig (§ 556 Abs. 4 BGB), bei preisgebundenem Wohnraum sogar schlechthin. Das Verbot gilt auch für Mietverhältnisse, die vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 begründet worden sind, LG Bremen WuM 2006, 199.

Demgegenüber können bei nicht preisgebundenem Wohnraum auch kürzere Abrechnungszeiträume – auch für einzelne Betriebskostenarten – vereinbart werden; denn sie führen nicht dazu, dass Kontrollrechte des Mieters beeinträchtigt werden.2 Der Abrechnungszeitraum braucht mit dem Verbrauchserfassungszeitraum jedenfalls dann nicht völlig übereinzustimmen, wenn der Vermieter nach dem Abflussprinzip abrechnet (s. dazu Rn. V 325), BGH – Urt. v. 30.4.2008 – NZM 2008, 522 = WuM 2008, 404.3

364

Eine Überschreitung des Abrechnungszeitraums führt grundsätzlich dazu, dass die Betriebskostenabrechnung nicht ordnungsmäßig ist,4 1 OFD Köln Betrieb 1985, 2227. 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 100 S. 253; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 116; einschränkend Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1941, 1943; MünchKomm/Schmid BGB § 556 Rn. 64: nur ausnahmsweise nach Treu und Glauben. 3 Zum Fall: Die Abrechnung über die Betriebskosten 2003 v. 22.9.2004, enthielt die Abrechnung über Heiz- und Warmwasserkosten für den Zeitraum v. 1.8.2002 bis 31.7.2003. 4 S. auch Langenberg Betriebskostenrecht G 99 S. 252.

646

Abrechnungsreife und Fälligkeit

Rn. V 366b

AG Köln WM 1997, 232: Eine Überschreitung um 6 Monate ist unzulässig; LG Düsseldorf ZMR 1998, 167: Schon eine Überschreitung um einen Monat ist unzulässig.

Auch bei einem Vermieterwechsel verbleibt es mangels abweichender Vereinbarung im Mietvertrag bei dem Abrechnungszeitraum von 12 Monaten,

365

AG Dortmund NZM 2004, 96 für Heizkostenabrechnung.

Der Grundsatz der Abrechnungseinheit verbietet es nämlich, ein einheitliches Abrechnungsjahr in 2 Teilabrechnungszeiträume aufzuspalten, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – DWW 2001, 1125 = NZM 2001, 1125 = ZMR 2002, 46, ebenso schon OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.8.1973 – WuM 1974, 236.

Die Einheitlichkeit der Abrechnung wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass der Vermieter die Abrechnung auf mehrere Abrechnungen im Jahr verteilt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.5.2007 – ZMR 2008, 45 = MietRB 2008, 11 (Kunze).

b) Abrechnungsfrist Die Abrechnungsfrist sagt aus, binnen welcher Frist der Vermieter nach Beendigung des Abrechnungszeitraums abgerechnet haben muss. Nach ihrem Ablauf tritt die „Abrechnungsreife“ ein. Die Abrechnungsfrist beträgt für preisgebundenen Wohnraum 12 Monate (§ 20 Abs. 3 NMV). Sie hat Ausschlusswirkung. Für Mietverträge über nicht preisgebundenen Wohnraum ist die gleiche Rechtslage durch § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB mit Wirkung ab dem 1.9.2001 eingeführt worden.

366

Die Abrechnungsfrist beginnt mit Ablauf der Abrechnungs- oder Verbrauchsperiode, für die die Betriebskostenabrechnung zu erstellen ist. Das gilt auch dann, wenn in einer einheitlichen Abrechnung zulässigerweise ein davor liegender Verbrauchszeitraum einbezogen wird,

366a

BGH – Urt. v. 30.4.2008 – WuM 2008, 404 bei der Abrechnung von Heizkosten nach dem Abflussprinzip,1 s. dazu Rn. V 324.

Für die Fristberechnung sind die §§ 186 f. BGB maßgebend. Die Frist läuft mit dem Ende des 12. Monats seit Beendigung der Verbrauchs- bzw. Abrechnungsperiode ab. Ob sie gewahrt ist, richtet sich nach dem Zugang der Abrechnung noch innerhalb der Frist beim Mieter. Wertet man die Betriebskostenabrechnung – genauer: die Mitteilung des Abrechnungsergebnisses nebst dazugehöriger Begründung – als Willenserklärung (s. Rn. V 301), so richtet sich der Zugang nach § 130 BGB. Zumindest ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.2

1 Zum Fall: Die Gesamtabrechnung über die Betriebskosten des Jahres 2003 enthielt auch die Abrechnung über die Heizkosten für den Zeitraum v. 1.8.2002 bis 31.7.2003. 2 S. dazu Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1972: Erforderlich ist die Möglichkeit der Kenntnisnahme; dagegen Schmid DWW 2006, 59: Es genügt bloßer rechtzeitiger Eingang beim Mieter.

647

366b

Rn. V 366c

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Der Zugang ist nur dann rechtzeitig, wenn unter normalen Umständen damit gerechnet werden kann, dass der Mieter die Abrechnung noch vor Fristablauf zur Kenntnis nehmen kann, ob insbesondere im Zeitpunkt des Einwurfs eines Briefes in den Briefkasten der Mieträume nach der Verkehrsanschauung ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Empfängers noch mit einer Leerung am selben Tag zu rechnen ist, BGH – Urt. v. 5.12.2007 – GuT 2008, 28 = NZM 2008, 167 = ZMR 2008, 275,1 s. auch BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NJW 2004, 1320, 1321 = NZM 2004, 258 = WuM 2004, 258.

Das ist bejaht worden, wenn die Sendung am letzten Tag der Frist (31.12.) mittags in den Briefkasten geworfen worden ist, AG Hamburg-St. Georg NZM 2006, 15 = WuM 2005, 775,

dagegen verneint worden, wenn ein Schriftstück erst am 31.12. nachmittags in den Briefkasten eines Bürobetriebes geworfen wird, in dem branchenüblich nachmittags – auch wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt – nicht gearbeitet wird, BGH – Urt. v. 5.12.2007 – GuT 2008, 28 = NZM 2008, 167 = ZMR 2008, 275: Das Schreiben geht erst am nächsten Werktag zu;

wenn die Abrechnung am 31.12. um 19 Uhr per Telefax an die Kanzlei des Bevollmächtigten des Mieters gesendet wird, AG Köln NZM 2005, 740 = ZMR 2005, 543, s. auch AG Ribnitz-Damgarten WuM 2007, 18: kein rechtzeitiger Zugang, wenn die Abrechnung am 31.12. nach 18 Uhr in den Briefkasten des Mieters eingeworfen wird.

366c

Der Vermieter trägt die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang der Betriebskostenabrechnung; es genügt nicht, dass er sie rechtzeitig zum Versand gebracht hat, LG Düsseldorf NZM 2007, 328 = WuM 2007, 132, AG Meißen WuM 2007, 628.

Die Vorschriften über die Hemmung und den Neubeginn der Verjährungsfrist sind nicht entsprechend anzuwenden, BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NJW 2008, 2258 = WuM 2008, 351, 352 zu § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB, BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42 zu § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Auf den Lauf der Abrechnungsfrist hat es keinen Einfluss, wenn das Mietverhältnis während der Verbrauchsperiode endet und der Mieter auszieht,2 AG Wetzlar NZM 2006, 260.

Zur Frage, ob im verspäteten Zugang der Abrechnung ein Umstand liegt, den der Vermieter nicht zu vertreten hat, wenn er die Betriebskostenabrechnung rechtzeitig an den Mieter mit der Post versandt hat, der Mieter aber bestreitet, die Sendung innerhalb der Abrechnungsfrist erhalten zu haben, s. Rn. V 413. 1 S. dazu Dittert WuM 2008, 328. 2 Beispiel: Gilt das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr und endet das Mietverhältnis am 31.8.2007, so läuft die Abrechnungsfrist für die Verbrauchsperiode 2007 auch bezüglich des erwähnten Mietverhältnisses erst am 31.12.2008 ab.

648

Abrechnungsreife und Fälligkeit

Rn. V 370

Auch der Vermieter von Gewerberaum ist nach überwiegender Rspr. verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Verbrauchsperiode über die Kosten, für die die Vorauszahlungen zu entrichten waren, abzurechnen,

367

OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.11.1997 – ZMR 1998, 218, Urt. v. 15.11.2001 – ZMR 2002, 109, Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 97, OLG Hamburg – Urt. v. 21.1.2004 – ZMR 2004, 509, LG Frankfurt/O. NZM 1999, 311: Auch bei der Geschäftsraummiete sind Betriebskostenvorauszahlungen binnen 12 Monaten nach Ablauf des Abrechnungszeitraums abzurechnen.

Ist der Beginn einer Abrechnungsperiode bei Vermietung von Gewerbeobjekten vertraglich nicht festgelegt, so soll der Vermieter ihn nach billigem Ermessen bestimmen dürfen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.5.2003 – ZMR 2003, 570.

Mit Eintritt der Abrechnungsreife wird der Anspruch des Mieters auf Erteilung der Abrechnung fällig. Solange er nicht erfüllt ist, steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Vorauszahlungen – nicht an der Miete im Übrigen – zu (s. Rn. V 285).

368

Mit Erteilung einer formal ordnungsmäßigen Abrechnung ist der Anspruch des Mieters erfüllt. Ob die Abrechnung inhaltlich richtig ist, ist im Wege der Klage auf Nachzahlung oder Rückerstattung zu entscheiden.1 Das Zurückbehaltungsrecht des Mieters entfällt,

369

KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423, LG Hamburg WuM 1998, 727.

Behauptet der Mieter erstmals in der Berufungsinstanz, der Vermieter habe Betriebskosten bisher nicht abgerechnet, so ist dieser Vortrag nur nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2003 – DWW 2004, 87.

Ist der Vermieter zur Abrechnung verurteilt, so hat er eine neue, gesonderte Abrechnung zu erteilen und dieser die erforderlichen Belege beizufügen, LG Kiel WuM 1996, 631.

Entgegen der bisher überwiegenden Meinung ist zugrunde zu legen, dass ein auf Erteilung der Betriebskostenabrechnung gerichtetes Urteil nach § 887 ZPO und nicht nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist (s. dazu Rn. XIV 161, 162), BGH – Urt. v. 11.5.2006 – NZM 2006, 639 = WuM 2006, 401 = ZMR 2006, 608.

Wird die Abrechnungsfrist versäumt, so führt dies bei Mietverhältnissen über Gewerberäume – anders als bei der Vermietung von Wohnraum – nicht zu einem Ausschluss des Vermieters mit Nachforderungen; § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ist auf derartige Mietverhältnisse nicht anzuwenden, wie § 578 BGB ergibt, OLG Köln – Urt. v. 20.10.2006 – MDR 2007, 456 = ZMR 2007, 115 = MietRB 2007, 87 (Schneider), 1 Einschränkend Schmid WuM 2006, 481 unter Rückgriff auf § 242 BGB, etwa wenn der Vermieter einen unrichtigen Umlagemaßstab verwendet hat.

649

370

Rn. V 371

Betriebskosten und ihre Abrechnung

KG – Urt. v. 29.12.2006 – ZMR 2007, 449, 450, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 9.8.2007 – ZMR 2008, 206, Beschl. v. 29.10.2007 – NZM 2008, 167.

Die Parteien können allerdings einen Nachforderungsausschluss vereinbaren. Aus der Formulierung „Die Abrechnung erfolgt bis spätestens zum 30.9. des folgenden Jahres“ kann ohne weitere Anhaltspunkte keine Ausschlussfrist zur Nachforderung von Betriebskosten hergeleitet werden, OLG Köln – Urt. v. 20.10.2006 – ZMR 2007, 115.

Ebenso wenig reicht bei der Gewerberaummiete die Versäumung der Abrechnungsfrist allein aus, um eine Verwirkung von Nachforderungen zu begründen, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 3.2.2000 – NZM 2001, 383 = WuM 2000, 133 = ZMR 2000, 215, OLG Köln – Urt. v. 9.11.1998 – NZM 1999, 170.

371

Zu den Auswirkungen der Abrechnungsreife auf den Anspruch des Vermieters auf Betriebskostenvorauszahlungen s. Rn. V 273 f. c) Fälligkeit des Abrechnungssaldos aa) Fälligkeit von Nachforderungen

372

Betriebskostennachforderungen werden erst fällig, wenn der Vermieter hierüber eine ordnungsmäßige Abrechnung erteilt hat, BGH – Urt. v. 8.3.2006 – NJW 2006, 1419 = WuM 2006, 200 = ZMR 2006, 358 = MietRB 2006, 156 (Lützenkirchen), OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.11.2002 – ZMR 2003, 252, OLG Hamm – Urt. v. 28.2.1996 – ZMR 1996, 658.

Einerseits genügt der Zugang einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung; andererseits tritt die Fälligkeit nur ein, soweit die Abrechnung inhaltlich richtig, der Saldo also materiell-rechtlich begründet ist.1 Der Ablauf der Prüfungsfrist hat auf den Eintritt der Fälligkeit keinen Einfluss (s. Rn. V 375). 373

Die Mitteilung der Einzelrechnungen ist für den Eintritt der Fälligkeit nicht erforderlich, sofern dies nicht vereinbart ist oder hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht. Letzteres kann der Fall sein, wenn Kostenabgrenzungen zu anderen Bewirtschaftungskosten als Betriebskosten, zu anderen als Wohnzwecken dienenden Räumen oder zu anderen nicht durch Wirtschaftseinheiten miteinander verbundenen Grundstücken erforderlich werden, KG – Beschl. v. 28.5.1998 – DWW 1998, 244 = NZM 1998, 629 = ZMR 1998, 627.

Bei der Wohnraummiete sind die genannten Abgrenzungen zugleich formelle Abrechnungserfordernisse und damit Wirksamkeitsvoraussetzungen der Betriebskostenabrechnung (s. Rn. V 321 f.). 374

Eine Abrechnung kann auch dann noch ordnungsmäßig und fälligkeitsauslösend sein, wenn der Ablesezeitraum und der Abrechnungszeitraum um etwa 1 Anders Schmid WuM 2006, 481.

650

Abrechnungsreife und Fälligkeit

Rn. V 377

5 Wochen auseinander fallen, sofern es in dieser Zwischenzeit nicht zu erheblichen Verbräuchen gekommen ist,1 OLG Schleswig – RE v. 4.10.1990, DWW 1990, 355 = WuM 1990, 333.

Umstritten war bisher, ob ein Abrechnungssaldo zugunsten des Vermieters bereits mit Zugang einer formal ordnungsmäßigen und inhaltlich richtigen Abrechnung oder erst nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist für den Mieter fällig wird. Für ersteren Zeitpunkt hat sich der BGH ausgesprochen,

375

BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NJW 2005, 1499 = WuM 2005, 337, BGH – Urt. v. 8.3.2006 – NJW 2006, 1419 = NZM 2006, 340 = WuM 2006, 200 = ZMR 2006, 358 = MietRB 2006, 156 (Lützenkirchen): Der Eintritt der Fälligkeit setzt nicht voraus, dass nach Erteilung der Abrechnung zunächst eine angemessene Frist zu ihrer Überprüfung durch den Mieter verstrichen ist. Vielmehr wird der Anspruch mit der Erteilung der – formell ordnungsmäßigen – Abrechnung fällig; ebenso KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423: Grundsätzlich wird der Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung nach § 271 BGB sofort nach einer entsprechenden Abrechnung fällig, sofern keine andere Vereinbarung getroffen ist.

Damit ist die bisher überwiegende Auffassung, nach der die Fälligkeit erst nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist eintreten sollte,2 LG Limburg WuM 1997, 120, LG Köln WuM 2001, 496, AG Potsdam NZM 2001, 378,

gegenstandslos. Anders verhält es sich bei preisgebundenem Wohnraum. Nach § 20 Abs. 4 NMV wird der Abrechnungssaldo wie eine Mieterhöhung nach § 10 WoBindG gewertet. Das gilt insbesondere bezüglich der Fälligkeit. Danach kommt es darauf an, ob die Erklärung dem Mieter vor oder nach dem 15. eines Monats zugeht. Im ersteren Fall bewirkt sie die Fälligkeit zum folgenden Monatsersten, in letzterem Fall zum übernächsten Monatsersten.

376

Aus der Notwendigkeit, die Betriebskostenabrechnung zu überprüfen, lässt sich zwar nicht begründen, dass der Ablauf der Prüfungsfrist Fälligkeitsvoraussetzung ist. In Verzug mit der Zahlung des Abrechnungssaldos gerät der Mieter jedoch erst nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist. Die Dauer der Prüfungsfrist orientiert sich an der preisrechtlichen Regelung in § 20 Abs. 3 NMV und der inhaltlich ähnlichen Regelung für die Fälligkeit erhöhter Betriebskostenpauschalen nach § 560 Abs. 2 Satz 1 BGB, die ihrerseits auf die frühere Regelung in § 4 Abs. 3 MHG für betriebskostenbedingte Mieterhöhungen zurückgeht.

377

1 Zum Fall: Die Abrechnungsperiode (Heizkosten) lief vom 1.7. bis 30.6. eines jeden Jahres. Die Ablesung der Heizkostenverteiler erfolgt bereits am 26.4. Das OLG Schleswig bejaht aber die (formelle) Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung, weil die Ableseund die Abrechnungszeiträume nicht erheblich differierten, zumal in der Zeit vom 26.4. bis 1.7.2005 witterungsbedingt nur wenig geheizt worden war. 2 Langenberg Betriebskostenrecht H 8, 9, S. 305; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 75.

651

Rn. V 378

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Aus diesen Regelungen lässt sich die Dauer der Prüfungsfrist ableiten, die mit etwa 2 bis 3 Wochen bemessen werden kann. Ihre Angemessenheit hängt vom Umfang und der Komplexität der erteilten Abrechnung ab,1 z.B. LG Berlin NZM 2001, 707: 2 Wochen, AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1994, 549: ein Monat.

378

Auch für Mietverhältnisse über Gewerberaum ist eine Prüfungsfrist von 2 Wochen für angemessen gehalten worden, KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423, ebenso OLG Hamburg – 4 U 165/91 – Urt. v. 12.2.1991 (nicht veröffentlicht).

Sie verlängert sich, solange der Mieter von ihr keinen ausreichenden Gebrauch machen kann.2 379

Ist der Mieter zugleich Verbraucher i.S. von § 13 BGB, was für den Mieter von Wohnraum häufig zutrifft, so gerät er erst nach Maßgabe des § 286 Abs. 3 BGB in Verzug, sofern im Mietvertrag kein kalendermäßg bestimmbarer Fälligkeitstermin vereinbart ist oder der Vermieter von einer Mahnung abgesehen hat, nachdem der Betriebskostensaldo fällig geworden ist. Aus Gründen der Vorsorge sollte schon in der Betriebskostenabrechnung selbst auf die Rechtsfolge des Verzuges nach Ablauf von 30 Tagen seit Zugang der Abrechnung hingewiesen werden.

380

Für abgrenzbare Zeiträume und Betriebskostengruppen besteht die Möglichkeit einer Teilfälligkeit. Sind nämlich einzelne Abrechnungsposten streitig und möglicherweise ganz oder teilweise unrichtig, so ändert dies nichts an der Fälligkeit der Gesamtabrechnung im Übrigen, wenn die Abrechnung unschwer um die strittigen Positionen gekürzt werden kann,3 OLG Hamburg – 4 U 165/91 – Urt. v. 12.2.1992 (nicht veröffentlicht), OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762, Urt. v. 11.3.2003 – WuM 2003, 387 = ZMR 2003, 569.

381

Voraussetzung hierfür ist aber, dass eine formal ordnungsmäßige Abrechnung vorliegt, einzelne Betriebskostengruppen unstreitig sind und deren Summe die Vorauszahlungen des Mieters übersteigen (s. LG Hamburg WuM 1989, 28), AG Neuss NJW-RR 1987, 849: Der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Abrechnung ist erfüllt und bewirkt eine Teilfälligkeit, auch wenn die Abrechnung in Einzelpunkten unrichtig ist, der Mieter aber durch die genaue Aufgliederung der einzelnen Kosten in die Lage versetzt wird, den von ihm geschuldeten Nachzahlungsbetrag durch Abzug der fehlerhaften Kostenansätze selbst zu ermitteln, sofern der so ermittelte Betrag die von ihm geleisteten Vorauszahlungen übersteigt.

Es reicht dagegen nicht zur Annahme einer Teilfälligkeit, wenn nur innerhalb einer Betriebskostengruppe einzelne Ansätze unstreitig sind. 1 Langenberg Betriebskostenrecht H 13 S. 307; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2077: zwischen 2 Wochen und 2 Monaten, anders Rn. 2062: längstens 1 Monat. 2 Z.B.: Der Vermieter weigert sich, Einsicht in die Belege zu gewähren oder fordert für Kopien ein unangemessen hohes Entgelt (s. Rn. V 399, 400). 3 S. zu § 556 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 427; Staudinger/Weitemeyer Rn. 121.

652

Abrechnungsreife und Fälligkeit

Rn. V 384

bb) Fälligkeit von Abrechnungsguthaben Der Anspruch des Mieters auf Auskehrung eines Betriebskostenguthabens folgt aus dem Mietvertrag und nicht aus §§ 812 f. BGB,

382

OLG Koblenz – Beschl. v. 15.4.2002 – GuT 2002, 84,

so dass sich der Vermieter nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen kann. Der Anspruch wird sofort mit Erteilung der Abrechnung fällig, zumal der Vermieter keine Überlegungsfrist benötigt,1 BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NJW 2005, 1499 = WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439 für den Fall, dass der Vermieter über die Betriebskosten abgerechnet hat.

Hat der Vermieter es unterlassen abzurechnen, so wird der auf die geleisteten Vorauszahlungen gerichtete Erstattungsanspruch des Mieters mit Ablauf der Abrechnungsfrist fällig,2

383

BGH – Urt. v. 9.3.2005 – MDR 2005, 678 = NJW 2005, 1499 = WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439.

Ergibt eine formell ordnungsmäßige Betriebskostenabrechnung ein Guthaben zugunsten des Mieters, so kann der Vermieter nach Eintritt der Abrechnungsreife die Abrechnung wegen inhaltlicher Fehler nicht mehr zum Nachteil des Mieters ändern, BGH – Urt. v. 12.12.2007 – NZM 2008, 204 = WuM 2008, 150 = MietRB 2008, 98 (Riecke), LG Dortmund WuM 2007, 447 (Vorinstanz).

Eine Ausnahme ist dann zuzulassen, wenn und soweit der Vermieter anstelle der vom Mieter geleisteten Ist-Vorauszahlungen die – nur teilweise geleisteten – Sollvorauszahlungen angesetzt hat; denn insoweit handelt es sich nicht um eine Nachforderung i.S. von § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, mit der der Vermieter ausgeschlossen ist, sondern um nicht gezahlte Miete (s. auch Rn. V 410), BGH – Urt. v. 9.3.2005 – WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439, unrichtig insoweit: LG Bonn WuM 2007, 266.

Hat ein Dritter (z.B. das Sozialamt) für den Mieter die Miete nebst Betriebskostenvorauszahlungen geleistet (§ 267 BGB), so muss der Vermieter gleichwohl gegenüber dem Mieter abrechnen und ein etwaiges Guthaben an diesen auszahlen, OVG Münster – Beschl. v. 5.2.2003 – NZM 2003, 565: § 42 Abs. 2 SGB I ermächtigt den Träger der Sozialhilfe nicht dazu, die Erstattung eines Betriebskostenabrechnungsguthabens zu verlangen. Ein vom Vermieter ausgezahltes Guthaben ist bei fortbestehendem laufenden Sozialhilfebezug als Einkommen des Hilfe Suchenden im Zuflussmoment zu behandeln; a.A. AG Frankfurt a.M. WuM 1992, 446 = ZMR 1993, 20. 1 Langenberg Betriebskostenrecht H 5 S. 304; Schmid Rn. 3344; v. Seldeneck Rn. 3681. 2 Der Vermieter kann jedoch auch noch nach Eintritt der Abrechnungsreife abrechnen und den Saldo bis zur Höhe der Sollvorauszahlungen geltend machen; denn § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB schließt ihn nur mit Nachforderungen aus, die die Soll-Vorauszahlungen übersteigen (BGH a.a.O.).

653

384

Rn. V 385

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Durch die Leistung des Dritten wird der mietvertragliche Pflichtenkreis nämlich nicht verändert und allein aus diesem Grund und nicht etwa, weil die Zahlung des Dritten ohne Rechtsgrund erfolgte, resultiert der Rückforderungsanspruch. Der Dritte kann sich aber den künftigen Anspruch auf Auszahlung eines etwaigen Guthabens abtreten lassen (vgl. § 402 BGB). 385

Ist das Mietverhältnis beendet, so ist der Vermieter berechtigt, einen angemessenen Teil der Kaution bis zum Ablauf der Abrechnungsfrist zur Sicherung seines Nachzahlungsanspruchs einzubehalten (Rn. III 196), BGH – Urt. v. 18.1.2006 – NZM 2006, 343 = WuM 2006, 197 = ZMR 2006, 431.

8. Prüfungsrecht des Mieters 386

Belege oder Kopien brauchen der Betriebskostenabrechnung nicht beigefügt zu werden, LG Frankfurt a.M. – Urt. v. 7. 9.1999 – NZM 2000, 27 = WuM 1999, 576.

Klauseln, nach denen die Abrechnung als anerkannt gilt, wenn der Mieter nicht innerhalb einer Frist von 4 Wochen schriftlich begründete Einwendungen gegen die Abrechnung erhebt, unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 5 BGB. Genügen sie diesen Anforderungen, so können sie wirksam sein, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – NZM 2001, 48 = ZMR 2000, 453; ebenso KG – Urt. v. 8.10.2001 – NZM 2002, 954 für eine Klausel, nach der die Betriebskostenabrechnung als genehmigt gilt, wenn Einwendungen nicht binnen 6 Wochen erhoben werden.

Bei der Wohnraummiete wird wegen der Schutzbedürftigkeit des Mieters auf den Überraschungseffekt (§ 305c Abs. 1 BGG) und die Unbilligkeit der Benachteiligung (§ 307 BGB) abzustellen sein. Zur Prüfungsfrist s. Rn. V 376. Fehlende Abrechnungsunterlagen befreien den Vermieter nicht von der Abrechnungspflicht; es liegt kein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB vor (s. Rn. V 302). Solange der Vermieter dem Mieter die Überprüfung der Abrechnung nicht ermöglicht, steht diesem ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu (s. Rn. V 399).

a) Belegeinsicht 387

Für den preisgebundenen Wohnraum folgt das Recht auf Einsicht in die Belege aus § 29 NMV; im Übrigen wird es aus § 259 BGB und § 811 BGB abgeleitet. Soweit es um Zahlungen an Dritte geht, werden Eigenbelege des Vermieters nicht anerkannt, LG Kiel WuM 1996, 231.

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Rn. V 385

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Durch die Leistung des Dritten wird der mietvertragliche Pflichtenkreis nämlich nicht verändert und allein aus diesem Grund und nicht etwa, weil die Zahlung des Dritten ohne Rechtsgrund erfolgte, resultiert der Rückforderungsanspruch. Der Dritte kann sich aber den künftigen Anspruch auf Auszahlung eines etwaigen Guthabens abtreten lassen (vgl. § 402 BGB). 385

Ist das Mietverhältnis beendet, so ist der Vermieter berechtigt, einen angemessenen Teil der Kaution bis zum Ablauf der Abrechnungsfrist zur Sicherung seines Nachzahlungsanspruchs einzubehalten (Rn. III 196), BGH – Urt. v. 18.1.2006 – NZM 2006, 343 = WuM 2006, 197 = ZMR 2006, 431.

8. Prüfungsrecht des Mieters 386

Belege oder Kopien brauchen der Betriebskostenabrechnung nicht beigefügt zu werden, LG Frankfurt a.M. – Urt. v. 7. 9.1999 – NZM 2000, 27 = WuM 1999, 576.

Klauseln, nach denen die Abrechnung als anerkannt gilt, wenn der Mieter nicht innerhalb einer Frist von 4 Wochen schriftlich begründete Einwendungen gegen die Abrechnung erhebt, unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 5 BGB. Genügen sie diesen Anforderungen, so können sie wirksam sein, OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – NZM 2001, 48 = ZMR 2000, 453; ebenso KG – Urt. v. 8.10.2001 – NZM 2002, 954 für eine Klausel, nach der die Betriebskostenabrechnung als genehmigt gilt, wenn Einwendungen nicht binnen 6 Wochen erhoben werden.

Bei der Wohnraummiete wird wegen der Schutzbedürftigkeit des Mieters auf den Überraschungseffekt (§ 305c Abs. 1 BGG) und die Unbilligkeit der Benachteiligung (§ 307 BGB) abzustellen sein. Zur Prüfungsfrist s. Rn. V 376. Fehlende Abrechnungsunterlagen befreien den Vermieter nicht von der Abrechnungspflicht; es liegt kein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB vor (s. Rn. V 302). Solange der Vermieter dem Mieter die Überprüfung der Abrechnung nicht ermöglicht, steht diesem ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu (s. Rn. V 399).

a) Belegeinsicht 387

Für den preisgebundenen Wohnraum folgt das Recht auf Einsicht in die Belege aus § 29 NMV; im Übrigen wird es aus § 259 BGB und § 811 BGB abgeleitet. Soweit es um Zahlungen an Dritte geht, werden Eigenbelege des Vermieters nicht anerkannt, LG Kiel WuM 1996, 231.

654

Prüfungsrecht des Mieters

Rn. V 389

Der Vermieter kann dem Mieter nicht die Einsicht unter Hinweis auf Datenschutzgesichtspunkte verweigern.1 Das gilt jedenfalls für solche Belege, die im Streitfall auch dem Gericht vorzulegen wären, AG Münster WuM 2000, 198: Der Vermieter kann dem Mieter die Einsichtnahme in die Belege zur Heizkostenabrechnung nicht aus Gründen des Datenschutzes und der informationellen Selbstbestimmung der weiteren Nutzer des Gebäudes verweigern (hier: Gesamt-Unterlagen); ebenso AG Flensburg WuM 1985, 347, AG Dortmund WuM 1986, 378.

Der Vermieter muss dem Mieter die Belege geordnet präsentieren.2 Es genügt nicht, dem Mieter mehrere Aktenordner auszuhändigen, aus denen er sich die erforderlichen Belege heraussuchen kann. Ob seine Pflicht allerdings so weit geht, dass er bei umfangreichen Abrechnungen die Belege zu den einzelnen Betriebskostenpositionen zusammenzufassen, mit einem Deckblatt mit der Gesamtsumme zu versehen und die Einzelbeträge aufzuführen hat (so LG Duisburg WuM 2002, 32), erscheint zweifelhaft. Andererseits reicht es nicht aus, dass der Vermieter dem Mieter einen Aktenordner mit Belegen vorlegt, in dem dieser sich dann zurechtfinden möge,

388

so aber LG Berlin NZM 2007, 285 = WuM 2006, 617;3

daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Mieter fachkundiger Hilfe durch Dritte hätte bedienen können. Vielmehr wäre es Sache des Vermieters gewesen, beratungsfähiges Personal zu stellen.4 Der Mieter kann darauf verwiesen werden, statt der Originalbelege nur gescannte und neu ausgedruckte Unterlagen vorgelegt zu bekommen; vorauszusetzen ist, dass das vom Vermieter angewendete Scann-Verfahren zur Dokumentenspeicherung und -verwaltung fälschungssicher ist,5 LG Hamburg WuM 2004, 97, ebenso schon AG Mainz ZMR 1999, 114 mit zust. Anm. von Schmid; anders AG Hamburg WuM 2002, 499.

Dem ist im Hinblick auf den technischen Fortschritt in der Bürotechnik im Grundsatz zuzustimmen, zumal der Mieter häufig keine Bedenken gegen nur reproduzierte Belege haben wird und auch in gerichtlichen Verfahren prima facie Kopien zunächst ausreichen. Bestehen aber Zweifel an der Übereinstimmung mit den Originalbelegen, so kann er deren Vorlage verlangen. Ist der 1 Schmid Rn. 3288; Langenberg NZM 2007, 105. 2 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2019; Schmid Rn. 3295; Langenberg NZM 2007, 105, 106. 3 Kritisch dazu Lammel WuM 2007, 61. 4 Darin – nämlich im klärenden Gespräch – liegt ein Schwerpunkt der Argumentation des BGH, mittels derer er das Recht des Mieters auf Übersendung von Belegkopien auf Ausnahmefälle beschränkt hat, s. BGH – Urt. v. 8.3.2006 – NJW 2006, 1419 = WuM 2006, 200 = ZMR 2006, 358. 5 S. dazu Villma y Scheffler/Petrick NZM 2003, 544; s. auch Schmid Rn. 3293.

655

389

Rn. V 390

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Vermieter hierzu nicht in der Lage, so wird das Gericht im Streitfall zu entscheiden haben, ob der Vermieter beweisfällig bleibt.1 390

Der Mieter braucht das Einsichtsrecht nicht höchstpersönlich auszuüben, sondern kann mit seiner Wahrnehmung eine Person seines Vertrauens beauftragen; der Vermieter kann diese nur aus besonderen Gründen zurückweisen, etwa wegen persönlicher Animositäten oder Querulantentum.

391

Erfüllungsort für die Einsicht in die Belege ist mangels anderweitiger Vereinbarung der Sitz des Vermieters bzw. der Verwaltung (LG Berlin GE 2003, 253),2 es sei denn, dass wegen der räumlichen Entfernung zur Wohnung dem Mieter das Aufsuchen des Vermieters nicht zuzumuten ist; in diesem Fall ist die Einsicht an dem Ort zu gewähren, an dem das Mietobjekt belegen ist, z.B. das Büro des örtlichen Verwalters oder die Wohnung des Hausmeisters; dagegen kann der Mieter nicht die Vorlage der Belege gerade in seiner Wohnung verlangen. Nur wenn auch solche Möglichkeiten, Einsicht zu gewähren, ausscheiden, kommt ein Anspruch auf Übersendung von Kopien in Betracht (s. Rn. V 393a), LG Hamburg WuM 2000, 197, AG Jena DWW 2000, 337.

Anhaltspunkt für die Zumutbarkeit ist, ob der Mieter den Sitz des Vermieters oder seiner Verwaltung mit Nahverkehrsmitteln ereichen kann. Die Auffassung, dass Erfüllungsort die Mieträume seien (AG Berlin-Mitte GE 1999, 987),3 verkennt bereits, dass der Anspruch des Mieters auf Einsicht, nicht dagegen auf Vorlage der Belege gerichtet ist (zu diesem Anspruchsinhalt: AG Mönchengladbach DWW 2003, 338). b) Übersendung von Kopien 392

Das Recht zur Übersendung von Kopien gegen Kostenerstattung ist nur für den preisgebundenen Wohnraum in § 29 NMV geregelt. Diese Bestimmung, der Leitbildcharakter zugemessen worden ist (LG Duisburg WuM 2002, 32), sieht vor, dass der Mieter anstelle von Einsicht in die Belege Ablichtungen verlangen kann. Dies ist aber nicht dahin zu verstehen, dass dem Mieter nur ein Wahlrecht mit der Folge der Ausschließlichkeit der gewählten Leistung eingeräumt ist. Eine solche Folge ginge an den Bedürfnissen der Praxis vorbei.4 Vielmehr ist dem Mieter sowohl die eine wie die andere Möglichkeit zu gewähren. Erst die Einsicht in die Belege gibt ihm Gelegenheit zu entscheiden, von welchen Belegen er eine Kopie benötigt, anstatt die Belege abschreiben zu müssen.

1 Ähnlich Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2023. 2 Langenberg Betriebskostenrecht I 9 S. 315; Schmid Rn. 3304; a.A. Scheffler WuM 2007, 229. 3 So auch Scheffler WuM 2007, 229. 4 Zutreffend Langenberg Betriebskostenrecht I 2 S. 311; anders Rips in BetriebskostenKomm. Rn. 2051; Schmid Rn. 3315.

656

Prüfungsrecht des Mieters

Rn. V 394

Für den preisfreien Wohnraum ist umstritten, ob und in welchem Umfang der Mieter berechtigt ist, die Übersendung von Belegkopien anstelle oder neben der Einsicht zu verlangen, insbesondere ob es sich hierbei nur um einen sog. Sekundäranspruch handelt, der erst dann zum Tragen kommt, wenn die Möglichkeit der Einsichtnahme nicht besteht oder (etwa wegen großer Entfernung zum Verwaltungssitz des Vermieters) nicht zumutbar ist.

393

Für einen umfassenden Anspruch des Mieters, selbst anstelle einer möglichen Einsichtnahme die Übersendung von Kopien zu verlangen,1 wird geltend gemacht, dass der Vermieter die Unterlagen/Belege dem Mieter sowieso in geordneter Form präsentieren müsse. Sein Mehraufwand liege nur im zusätzlichen Fotokopiervorgang. Zudem bestehe bei Übersendung von Kopien der Vorteil, dass der Bürobetrieb nicht gestört werde, LG Duisburg WuM 2002, 32, ebenso AG Köln WuM 2003, 153, WuM 2005, 49: Der Mieter hat unabhängig davon, ob er in die Belege Einsicht nehmen könne, einen Anspruch auf Übersendung von Fotokopien; AG Brandenburg a.d. Havel GE 2003, 55.

Demgegenüber wird der Anspruch des Mieters auf Übersendung von Kopien eher als Sekundäranspruch verstanden, der erst dann zum Tragen kommt, wenn dem Mieter eine Einsichtnahme nicht zuzumuten ist und die Übersendung keinen unverhältnismäßigen Arbeits- und Kostenaufwand für den Vermieter verursacht, KG – Urt. v. 5.1.2004 – GE 2004, 423: Der Mieter hat keinen Anspruch auf Übersendung von Kopien der Abrechnungsunterlagen, wenn die Einsicht in die Originale der einfachere und für den Vermieter weniger belastende Weg ist.

Auch der BGH verneint den Anspruch auf Überlassung von Kopien der Abrechnungsbelege bei preisfreiem Wohnraum für den Regelfall, da eine dem § 29 NMV entsprechende Vorschrift fehle. Eine Analogie zu dieser Norm lehnt er ab, da eine planwidrige Regelungslücke nicht bestehe, BGH – Urt. v. 8.3.2006 – NZM 2006, 340 = WuM 2006, 200 = ZMR 2006, 358 = MietRB 2006, 156 (Lützenkirchen). Einen Anspruch des Mieters auf Übermittlung von Fotokopien von Rechnungsbelegen sieht das Gesetz für den Bereich des preisfreien Wohnraums nicht vor. Er kommt (aber) nach Treu und Glauben ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ihm die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in Räumen des Vermieters nicht zugemutet werden kann. Zwar ermöglicht die Überlassung von Fotokopien dem Mieter die Abrechnung in seiner Wohnung zu überprüfen und die Kopien ggf. einem fachkundigen Berater zu überlassen. Jedoch kann der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran haben, den Mieter auf die Einsichtnahme zu verweisen, um den durch die Anfertigung von Fotokopien entstehenden zusätzlichen Aufwand zu vermeiden und dem Mieter mögliche Unklarheiten im Gespräch sofort zu erläutern. BGH – Urt. v. 13.9.2006 – NZM 2006, 926 = WuM 2006, 618 = ZMR 2006, 918: Daran ändert auch nichts, dass der Vermieter dem Mieter bereits einige Belegkopien aus Gefälligkeit überlassen hat. 1 Dafür: Langenberg Betriebskostenrecht I 17 S. 318 f.; Langenberg NZM 2007, 105, 107 f.; Dötsch/Rau ZMR 2006, 362.

657

394

Rn. V 395

Betriebskosten und ihre Abrechnung

S. auch LG Frankfurt a.M. NZM 2000, 27 = ZMR 1999, 764,1 LG Hamburg WuM 2000, 197, LG Zwickau WuM 2003, 271, AG Bremen WuM 2005, 129 mit ausführlichen Nachweisen zum Meinungsstand.

Offen bleibt, ob dem Mieter jedenfalls bei umfangreichen oder komplexen Belegen ein Anspruch auf Überlassung einer Fotokopie zustehen kann (s. LG Berlin WuM 2005, 49 – ZK 67). Bejaht man dies, so muss der Mieter die fehlenden Belege jedenfalls bezeichnen, LG Berlin GE 2003, 1492.

Auch ist ihm das Recht zugebilligt worden, sich in den Geschäftsräumen des Vermieters Fotokopien zu fertigen (LG Zwickau WuM 2003, 271). Das gilt erst recht für Fotografien mittels einer eigenen Kamera, AG Berlin-Mitte MM 2007, 299.

395

Dagegen ist der Vermieter nicht berechtigt, die Möglichkeit zur Einsichtnahme zu befristen und nach Fristablauf die Übersendung von Kopien generell abzulehnen. Nicht gefolgt werden kann daher der Entscheidung des LG Gera WuM 2003, 457: Hält der Vermieter die Abrechnungsunterlagen der Betriebskostenabrechnung in der Wohnanlage zu einem bestimmten Termin zur Einsichtsgewährung durch sein geschultes Personal bereit, so kann der Mieter keine Zusendung von Belegkopien verlangen, sondern ist auf die Einsichtnahme zu verweisen (hier: an 2 Tagen).

396

Kritik: Zutreffend erscheint, das Recht auf Übersendung von Kopien von dem Ergebnis einer Abwägung des Informationsinteresses des Mieters mit dem Verwaltungsaufwand des Vermieters abhängig zu machen. Für größere Unternehmen wird der Verwaltungsaufwand für die Anfertigung von Kopien sich in Grenzen halten. Das Heraussuchen der Originalbelege wäre dem Vermieter im Falle der Einsichtnahme durch den Mieter ohnehin nicht erspart geblieben. Das Informationsinteresse des Mieters wird im Vordergrund stehen, wenn er einen Dritten (Anwalt oder Mieterverein) mit der Überprüfung der Abrechnung beauftragt hat; denn diesem wird es wegen des Zeitaufwandes in der Regel nicht zuzumuten sein, das Einsichtsrecht für den Mieter wahrzunehmen, während es dem Mieter nicht zugemutet werden kann, die Belege abzuschreiben.2 Hinzu kommt die nachteilige psychologische Situation in fremden Geschäftsräumen. Die Gefahr, beschwatzt anstatt informiert zu werden, ist insbesondere bei intellektueller Unterlegenheit von Mietern gegenüber professionellen Vermietern nicht von der Hand zu weisen.3

397

Angesichts der rapide gesunkenen Kosten für Kopien ist die Rspr. dem Preistrend gefolgt. Die frühere Rspr., die 1 DM je Kopie zugrunde legte, erscheint 1 Mit ablehnender Anm. Rau ZMR 1999, 764. 2 So mit Recht OLG München – Beschl. v. 9.3.2007 – WuM 2007, 215 für das Verlangen eines Wohnungseigentümers nach Abrechnungskopien im Anschluss an BayObLG – Beschl. v. 13.6.2000 – NJW-RR 2000, 1466 f. = WuM 2000, 431. 3 Kritisch auch Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2038, 2039; Rau/Dötsch ZMR 2006, 362; zur Berücksichtigung insbesondere sozialer Belange als Hinderungsgründe für die Ausübung des Einsichtsrechts s. Fenn WuM 2006, 482, 848.

658

Prüfungsrecht des Mieters

Rn. V 399

überholt, wird aber unter Hinweis auf kostenrechtliche Vorschriften (Nr. 9000 der Anlage 1 zum GKG) auf der Grundlage von 0,50 Euro neuerdings wieder vertreten, LG Neuruppin WuM 2000, 437, LG Berlin WuM 2005, 49, AG Bremen WuM 2005, 129, 131.

Ein Betrag von 0,50 DM ist mit der Begründung für ausreichend gehalten worden, dass auch die Einsicht in die Belege dem Vermieter Verwaltungskosten verursachen würde, die zu seinen Lasten gingen, AG Köln ZMR 1999, 343, LG Hamburg WuM 2000, 197: bis 0,50 DM je Kopie, AG Hamburg-Wandsbek WuM 2002, 362, AG Potsdam GE 2002, 403.

Dementsprechend ist ein Betrag von 0,51 Euro als überhöht1 und allenfalls ein Betrag von 0,25 Euro als gerechtfertigt angesehen worden, LG Berlin GE 2002, 1563, AG Aachen WuM 2003, 220, WuM 2004, 211, AG Brandenburg a.d. Havel GE 2003, 55, AG Braunschweig GE 2003, 55, AG Pinneberg NZM 2005, 16 = ZMR 2004, 595, AG Mainz WuM 2006, 619, 620; AG Münster WuM 2007, 41; enger: AG Pankow/Weißensee NZM 2002, 655: 0,05 – 0,10 Euro je Seite.

Der Vermieter kann wie ein Beauftragter nach § 669 Abs. 2 BGB einen Vorschuss verlangen; zum Teil wird dieser Anspruch aus § 811 Abs. 1 BGB abgeleitet,2

398

LG Leipzig NZM 2005, 944 = ZMR 2005, 288, AG Brandenburg GE 2003, 55.

Zu weit geht dagegen die Auffassung, dass dem Mieter ein Anspruch auf Belegkopien nur dann zustehen soll, wenn er sich gleichzeitig mit der Anforderung der Kopien bereit erklärt, die erforderlichen Kosten zu tragen (so aber LG Berlin GE 2003, 253). c) Rechtsfolgen bei Einsichtverweigerung Dem Mieter wird bei Weigerung des Vermieters, Einsicht in die Belege zu gewähren oder Kopien zu übersenden, ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich des Abrechnungssaldos zugebilligt, BGH – Urt. v. 8.3.2006 – NZM 2006, 340 = WuM 2006, 200 = ZMR 2006, 358 = MietRB 2006, 156 (Lützenkirchen): Dem Mieter kann ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zustehen, solange der Vermieter ihm keine Überprüfung der Abrechnung ermöglicht; LG Essen WuM 1996, 371, LG Frankfurt a.M. WuM 1997, 52.

Da aber das Zurückbehaltungsrecht nur zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führen würde, wird (mit besseren Gründen) angenommen, dass das Recht auf Belegeinsicht gegenüber der Pflicht, den Abrechnungssaldo auszugleichen, 1 Anders Schmid Rn. 3318. 2 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2045; Schmid Rn. 3320, abweichend Langenberg Betriebskostenrecht I 18 S. 321.

659

399

Rn. V 400

Betriebskosten und ihre Abrechnung

vorgreiflich ist. Gewährt der Vermieter keine Einsicht, so soll sein Zahlungsverlangen rechtsmissbräuchlich sein,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.2000 – DWW 2000, 122.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Nachzahlungsanspruch des Vermieters nicht fällig wird, wenn er die Belegeinsicht oder die Übersendung von Kopien ohne Grund verweigert, ebenso AG Köln und AG Bonn WuM 1996, 229, AG Hamburg WuM 2000, 213.

400

Ein Weigerungsfall liegt auch dann vor, wenn der Vermieter die Übersendung von Kopien von einer unangemessen hohen Kostenzahlung abhängig macht, LG Berlin GE 2000, 409: 1 DM je Kopie, LG Hamburg WuM 2000, 197 1,60 DM je Kopie per Nachnahme.

401

Der Vermieter kann die Einsichtsgewährung oder Überlassung von Kopien noch im Prozess um die Betriebskostennachforderung nachholen, AG Langenfeld ZMR 1999, 33: Ist zwischen den Parteien im Prozess über den Nebenkostensaldo streitig, ob der Mieter außergerichtlich ausreichend Gelegenheit hatte, die Belege einzusehen, und bietet der Vermieter im Prozess die Einsichtnahme im Hausmeisterbüro an, so kann der Mieter die Ansätze in der Nebenkostenabrechnung substantiiert nur noch bestreiten, wenn er von diesem Angebot Gebrauch gemacht hat.

402

Soweit dem Mieter ein Anspruch auf Übersendung auf Kopien zusteht, kann er diesen selbständig im Klagewege geltend machen. Wird der Vermieter verurteilt, dem Mieter bezüglich der für das Abrechnungsjahr erteilten Betriebskostenabrechnung für die näher bezeichnete Mietwohnung „die einschlägigen Rechnungen und Belege gegen Erstattung der Kopierkosten zu übersenden“, so handelt es sich nicht um eine (unbestimmte) Zug-um-Zug-Verurteilung. Der Titel ist vielmehr hinreichend bestimmt und gemäß § 888 ZPO vollstreckungsfähig, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 23.4.2001 – WuM 2001, 344.

d) Rechtsfolgen bei unterlassener Belegprüfung 403

Unterlässt es der Mieter, von seinem Prüfungsrecht Gebrauch zu machen, so kann er in einem späteren Rechtsstreit den Kostenanfall nicht mit Nichtwissen bestreiten, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – NZM 2000, 762: Ein Bestreiten des Kostenansatzes ist nur dann zu berücksichtigen, wenn der Mieter vorher die Berechnungsunterlagen eingesehen hat. Von dieser Möglichkeit muss er Gebrauch machen, soll sein Bestreiten nicht als unsubstantiiert und damit als unerheblich angesehen werden; LG Hamburg WuM 2000, 197: Hätte der Mieter zumutbarer Weise Einsicht nehmen können, so kann er die Ansätze in der Abrechnung nicht mit Nichtwissen bestreiten; LG Berlin GE 2003, 253: Grundsätzlich kann der Mieter die Richtigkeit einer den formellen Anforderungen entsprechenden Betriebskostenabrechnung nur bestreiten, wenn er bei einer Einsicht in die ihr zugrunde liegenden Rechnungen Fehler festgestellt hat. 1 So auch Schmid ZMR 2006, 341, 344.

660

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 406

Schlichtes Bestreiten reicht aber dann, wenn eine ordnungsmäßige Abrechnung nicht vorliegt,

404

OLG Hamburg – 4 U 165/91 – Urt. v. 12.2.1992 (nicht veröffentlicht).

Das Gleiche gilt, wenn der Mieter zunächst eine weitere Spezifizierung der Abrechnung berechtigterweise verlangt, sofern dies nicht sogar formelle Wirksamkeitsvoraussetzung ist, s. BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285: Nimmt der Vermieter bei den Kosten des Hauswarts einen pauschalen Abzug nicht umlagefähiger Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten vor, genügt ein schlichtes Bestreiten des Mieters. Dem Vermieter obliegt es in diesem Fall, die Kosten nachvollziehbar so aufzuschlüsseln, dass die nicht umlagefähigen Kosten herausgerechnet werden können.

Die Spezifizierung wird durch das Angebot auf Belegeinsicht nicht ersetzt, da die Einsicht lediglich der Kontrolle dient, OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WuM 1995, 308, AG Pinneberg ZMR 2004, 597, VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302: Der Mieter muss (durch die Angaben in der Betriebskostenabrechnung) in die Lage versetzt sein, die Kosten bereits aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen zu können, so dass die Einsichtnahme in dafür vorliegende Belege nur noch zur Kontrolle und Behebung von Zweifeln erforderlich ist.

Hatte der Vermieter dem Mieter vier Termine zur Einsicht in die Unterlagen angeboten, ohne dass dieser einen Termin wahrgenommen hat, so soll sich der Mieter nicht mehr darauf berufen können, dass ihm infolge verweigerter Einsicht eine substantiierte Stellungnahme zur Abrechnung nicht möglich sei,

405

LG Berlin NZM 2002, 65.

Dem ist für die entsprechende Einlassung des Mieters im Prozess zuzustimmen; denn sein Bestreiten wäre nach den obigen Ausführungen verspätet. Materiell bestehen indes gegen den Ausschluss des Einsichtsrechts Bedenken; allerdings hätte der Mieter dem Vermieter etwaige Mehrkosten zu ersetzen, die er durch sein treuwidriges Verhalten veranlasst hat (§ 280 BGB).

9. Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung a) Nachforderungsausschluss Hat der Vermieter von Wohnraum bis zum Eintritt der Abrechnungsreife (s. § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB) nicht über die Betriebskosten abgerechnet, so ist er mit Nachforderungen ausgeschlossen, es sei denn, dass er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, s. Rn. V 411). Die Regelung hat ihren Vorläufer in der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmung des § 20 Abs. 3 NMV. Die hierzu ergangene Rspr. kann daher herangezogen werden. 661

406

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 406

Schlichtes Bestreiten reicht aber dann, wenn eine ordnungsmäßige Abrechnung nicht vorliegt,

404

OLG Hamburg – 4 U 165/91 – Urt. v. 12.2.1992 (nicht veröffentlicht).

Das Gleiche gilt, wenn der Mieter zunächst eine weitere Spezifizierung der Abrechnung berechtigterweise verlangt, sofern dies nicht sogar formelle Wirksamkeitsvoraussetzung ist, s. BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285: Nimmt der Vermieter bei den Kosten des Hauswarts einen pauschalen Abzug nicht umlagefähiger Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten vor, genügt ein schlichtes Bestreiten des Mieters. Dem Vermieter obliegt es in diesem Fall, die Kosten nachvollziehbar so aufzuschlüsseln, dass die nicht umlagefähigen Kosten herausgerechnet werden können.

Die Spezifizierung wird durch das Angebot auf Belegeinsicht nicht ersetzt, da die Einsicht lediglich der Kontrolle dient, OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WuM 1995, 308, AG Pinneberg ZMR 2004, 597, VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302: Der Mieter muss (durch die Angaben in der Betriebskostenabrechnung) in die Lage versetzt sein, die Kosten bereits aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen zu können, so dass die Einsichtnahme in dafür vorliegende Belege nur noch zur Kontrolle und Behebung von Zweifeln erforderlich ist.

Hatte der Vermieter dem Mieter vier Termine zur Einsicht in die Unterlagen angeboten, ohne dass dieser einen Termin wahrgenommen hat, so soll sich der Mieter nicht mehr darauf berufen können, dass ihm infolge verweigerter Einsicht eine substantiierte Stellungnahme zur Abrechnung nicht möglich sei,

405

LG Berlin NZM 2002, 65.

Dem ist für die entsprechende Einlassung des Mieters im Prozess zuzustimmen; denn sein Bestreiten wäre nach den obigen Ausführungen verspätet. Materiell bestehen indes gegen den Ausschluss des Einsichtsrechts Bedenken; allerdings hätte der Mieter dem Vermieter etwaige Mehrkosten zu ersetzen, die er durch sein treuwidriges Verhalten veranlasst hat (§ 280 BGB).

9. Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung a) Nachforderungsausschluss Hat der Vermieter von Wohnraum bis zum Eintritt der Abrechnungsreife (s. § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB) nicht über die Betriebskosten abgerechnet, so ist er mit Nachforderungen ausgeschlossen, es sei denn, dass er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, s. Rn. V 411). Die Regelung hat ihren Vorläufer in der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmung des § 20 Abs. 3 NMV. Die hierzu ergangene Rspr. kann daher herangezogen werden. 661

406

Rn. V 407

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Zieht der Mieter während der laufenden Abrechnungsperiode aus, so ändert sich dadurch am Ablauf der Abrechnungsfrist nichts; sie beginnt nicht etwa mit dem Auszug des Mieters, AG Wetzlar NZM 2006, 260.

Für die Rechtzeitigkeit der Abrechnung kommt es nur darauf an, dass dem Mieter innerhalb der Abrechnungsfrist eine formal ordnungsmäßige Abrechnung zugeht; auf deren materielle Richtigkeit soll es nicht ankommen,1 BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NZM 2005, 13 = WuM 2005, 61.

407

Der Vermieter muss dafür sorgen, dass der Mieter die Abrechnung rechtzeitig erhält und zur Kenntnis nehmen kann. Bestreitet der Mieter den Zugang, so ist der Vermieter beweisbelastet (s. Rn. V 366c). Jedoch kann der Vermieter u.U. die Verspätung nicht zu vertreten haben (s. Rn. V 413).

408

Die Frist beginnt mit dem Ende der Verbrauchs- bzw. Abrechnungsperiode und läuft mit dem Ende des darauf folgenden 12. Monats ab (s. Rn. V 366). Zieht der Vermieter eine rechtzeitig erstellte, aber fehlerhafte Abrechnung zurück und ersetzt sie durch eine neue Abrechnung, so kommt es für die Fristwahrung auf den rechtzeitigen Zugang dieser Abrechnung beim Mieter an.2 Am Fristablauf ändert nichts, wenn der Mieter seine Beanstandungen erst kurz vor Fristende vorbringt, selbst wenn der Vermieter keine Gelegenheit mehr hat, die Abrechnungsmängel zu beheben. Allerdings kann es treuwidrig sein, sich auf den Fristablauf zu berufen, wenn der Vermieter die Beanstandung unverzüglich behebt, anders AG Köln WuM 2001, 290 zu § 20 Abs. 3 Satz 4 NMV: Eine Behebung der Beanstandung spätestens innerhalb von drei Monaten ist noch möglich. Kritik: Eine solche Nachfrist erscheint zu lang; vielmehr ist der Vermieter gehalten, der Beanstandung unverzüglich zu begegnen.

Ebenso wenig wird der Fristablauf davon berührt, dass der Vermieter auf richterlichen Hinweis die Abrechnung korrigiert, selbst wenn er die Dauer des Rechtsstreits nicht zu vertreten hat.3 § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nicht anzuwenden (Rn. V 366c). 409

Bei der Abrechnungsfrist handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Ihre Versäumung führt grundsätzlich zu einem Rechtsverlust und nicht nur zu einer bloßen Einredebefugnis, so dass § 214 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht anwendbar ist, 1 Das birgt die Gefahr in sich, dass der Vermieter zur Fristwahrung und gleichsam in letzter Minute eine formal nicht zu beanstandende Betriebskostenabrechnung mit bewusst überhöhten Kostenansätzen erstellt, mit der nach Fristablauf verwirklichten Absicht, diese Ansätze entsprechend dem tatsächlichen Kostenanfall nach unten zu korrigieren. Dadurch würde die Schutzfunktion der Fristenregelung konterkariert. 2 Kinne GE 2003, 504, 508; Langenberg NZM 2001, 793, 796. 3 S. zu § 556 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 126; Staudinger/Weitemeyer Rn. 109; Kinne GE 2003, 504, 509; Langenberg NZM 2001, 783, 786; anders Gies NZM 2002, 514, 515.

662

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 410

BGH – Urt. v. 18.1.2006 – NZM 2006, 222 = WuM 2006, 150 = ZMR 2006, 268 = MietRB 2006, 158 (Intveen), BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 477 (Tz. 21) = WuM 2008, 351, 352.

Die Ausschlussfolge tritt nicht nur ein, wenn der Vermieter eine Abrechnung bis zum Eintritt der Abrechnungsreife unterlassen hat, sondern auch dann, wenn er zwar abgerechnet hat, seine Abrechnung jedoch nicht den förmlichen Mindestanforderungen entspricht. Auch eine unvollständige oder hinsichtlich einzelner Positionen fehlerhafte Abrechnung, die bis zum Eintritt der Abrechnungsreife nicht vervollständigt oder berichtigt worden ist, unterliegt einer partiellen Ausschlussfolge bezüglich der fehlenden oder fehlerhaften Positionen, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen): Soweit ein gebotener Vorwegabzug nur im Hinblick auf einzelne Ansätze unterblieben ist, bleibt die Abrechnung im Übrigen unberührt, wenn die jeweiligen Einzelpositionen unschwer herausgerechnet werden können.

Selbst wenn die Abrechnungsfrist verstrichen und der Vermieter mit Nachforderungen gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen ist, ändert dies nichts an seiner Pflicht zur Betriebskostenabrechnung und zur Auszahlung eines etwaigen Saldos an den Mieter. Die Ausschlussfolge bezieht sich nicht auf denjenigen Saldo, der daraus resultiert, dass der Mieter nicht die JahresSollvorauszahlungen geleistet hat. Dies widerspräche dem Sinn des Gesetzes, den vertragstreuen Mieter zu schützen,1 s. auch BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NJW 2005, 1499 = WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439: Um Nachforderungen, mit denen der Vermieter nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen ist, handelt es sich nur insoweit, als der Vermieter einen Betrag verlangt, der die Summe der (Soll-)Vorauszahlungen übersteigt. BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 (Tz. 25) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker): Dies gilt auch bei formellen Abrechnungsmängeln wie der unterlassenen Ausweisung von Gesamtkosten.

Hat der Mieter also nicht alle während der Verbrauchsperiode geschuldeten Vorauszahlungen2 geleistet und hat der Vermieter richtigerweise nur die geleisteten Vorauszahlungen in die Betriebskostenabrechnung eingestellt (s. dazu Rn. V 292), so hat er einen Anspruch auf Zahlung des Abrechnungssaldos jedenfalls in Höhe der nicht geleisteten Vorauszahlungen auch dann, wenn er im Übrigen mit Nachforderungen gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen ist.3 1 Geldmacher NZM 2001, 921, 923; Sternel ZMR 2001, 937, 939. 2 Nicht geschuldet sind Betriebskostenvorauszahlungen, soweit sie von einer Mietminderung erfasst werden (s. dazu Rn. VIII 258, 265 f.). Der Vermieter kann sich also über die Betriebskostennachforderung nicht die Beträge „zurückholen“, um die der Mieter die Miete einschließlich der Vorauszahlungen gemindert hat. 3 Beispiel: Die monatlichen Vorauszahlungen von 100 Euro hat der Mieter nur neunmal geleistet (= 900 Euro p.a.). Seine jährliche Betriebskostenbelastung beträgt 1400 Euro. Hierüber rechnet der Vermieter aber erst verspätet ab und macht einen Saldo von 500 Euro geltend. Nach dem Wortlaut des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB könnte der Vermieter keine Nachforderungen stellen. Bei teleologischer Wertung der Vorschrift

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410

Rn. V 411 411

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Der Nachforderungsausschluss gilt nicht, wenn der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat. Der Begriff des Vertretens im Rahmen der §§ 276, 278 BGB ist an den Maßstäben einer ordnungsmäßigen Immobilienbewirtschaftung auszurichten, wie sie etwa in den §§ 11 Abs. 5 Nr. 1, 18 Abs. 2 Satz 2, 23 Abs. 1 II. BV ihren Niederschlag gefunden haben. Danach ist darauf abzustellen, ob die vom Vermieter vorgetragenen Hinderungsgründe innerhalb oder außerhalb seiner Leistungs- oder Organisationssphäre liegen und von ihm beherrscht werden können.1 Im Einzelnen ist die Ausfüllung dieses Tatbestandsmerkmals umstritten.2 Nicht zu vertreten hat es der Vermieter einer Eigentumswohnung, wenn der Wohnungseigentumsverwalter trotz Drängens des Vermieters verspätet abrechnet.3 Ebenso wenig hat es der Vermieter zu vertreten, wenn es zu unvermeidbaren Abrechnungsverzögerungen kommt, weil Zählerablesungen durch Mieterverhalten nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt werden konnten.

412

Bei Personalausfällen infolge von Erkrankungen oder bei Computerproblemen und ähnlichen betriebsinternen Umständen muss geprüft werden, ob diesen Hindernissen durch eine bessere Organisation (Vertretungsregelungen, Datensicherung, PC-Überwachung) hätte vorgebeugt oder die Hindernisse durch geeignete Maßnahmen (Einstellen von Zeit- oder Leiharbeitskräften, Inanspruchnahme von PC-Serviceunternehmen) hätten behoben werden können, AG Annaberg WuM 2007, 131: Eine große Wohnungsverwaltung, die computergestützt arbeitet, kann eine Verspätung nicht damit begründen, dass wenige Wochen vor Fristablauf ein Blitzschlag zum Absturz der Computer geführt habe und eine gewisse Zeit zur Neuinstallation und Datenrekonstruktion erforderlich gewesen sei.

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Umstritten war, ob der Vermieter es zu vertreten hat, dass die Abrechnung nicht innerhalb der Frist dem Mieter zugegangen ist, sofern er nachweisen kann, für den rechtzeitigen Zugang gesorgt, insbesondere die Sendung rechtzeitig zur Post gegeben zu haben, verneinend: LG Berlin GE 2005, 1355, LG Potsdam GE 2005, 1357.

Der BGH hat diese Frage nunmehr bejaht und die Post als Erfüllungsgehilfen des Vermieters nach § 278 BGB angesehen, BGH – Urt. v. 21.1.2009 – NZM 2009, 274 = WuM 2009, 236, 389 (Lammel) = ZMR 2009, 512; kann er jedenfalls den Teil des Saldos verlangen, der den nicht geleisteten Vorauszahlungen entspricht, also 300 Euro. 1 Börstinghaus/Eisenschmid AK Neues Mietrecht BGB § 556 S. 207 a.E., 208; Langenberg Betriebskostenrecht G 83 f. S. 246 f.; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1978; ferner zu § 556 BGB: MünchKomm/Schmid Rn. 55; Staudinger/Weitemeyer Rn. 109. 2 S. die Beispiele bei Blank/Börstinghaus AK Neues Mietrecht BGB § 556 S. 208; Gies NZM 2002, 514; Langenberg NZM 2001, 785; Sternel ZMR 2001, 939 f. 3 Folgt man der Auffassung, dass der Vermieter einer Eigentumswohnung erst abrechnen kann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Abrechnung des Verwalters genehmigt hat (s. Rn. V 332 f.), so hat der Vermieter es nicht zu vertreten, wenn die Wohnungseigentümerversammlung die Verwalterabrechnung erst nach Ablauf der Abrechnungsfrist genehmigt.

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Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 414

ebenso schon LG Düsseldorf NZM 2007, 328 = WuM 2007, 132, AG Meißen WuM 2007, 628, LG Berlin ZMR 2008, 972.

Der letzteren Auffassung ist zu folgen; denn die Gegenmeinung verlagert das Zugangsrisiko entgegen allgemeinen Beweislastgrundsätzen auf den Mieter. Der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung einer Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung auch dann zu vertreten, wenn er die Abrechnungsfrist nach vertragsgemäßem Auszug des Mieters wegen Unkenntnis der neuen Anschrift nicht wahrt, die Anschrift aber bei Auszug des Mieters unmittelbar hätte erfragen oder eine Auskunft beim EMA hätte einholen können, AG/LG Hannover WuM 2007, 629; anders AG Bad Neuenahr/Ahrweiler NZM 2008, 205, wenn der Mieter aus der Mietwohnung ausgezogen ist, ohne dem Vermieter seine neue Anschrift mitgeteilt zu haben, was als eine Verletzung seiner Obliegenheit zu werten sei.

Zu den Erfüllungsgehilfen des Vermieters, deren Verhalten er sich im Rahmen des § 278 BGB zurechnen lassen muss, zählen auch die Abrechnungsunternehmen, derer er sich bedient,1 LG Köln WuM 2008, 560.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Vermieter für die Erfassung und Abrechnung bei Heiz- und Warmwasserkosten, u.U. auch bei den Kosten für Kaltwasser auf solche Dienste angewiesen ist.2 Zum einen kann er nämlich gegenüber diesen Dritten bei einem schuldhaften Fehlverhalten Regress nehmen, zum anderen kann er selbst bei unverschuldeten Fehlern den Anbieter wechseln.3 Nicht zu vertreten hat der Vermieter, wenn Versorgungsunternehmen oder die öffentlichen Hand die Leistungsabrechnungen verspätet erstellen, sofern er sich durch wiederholte – auch energische – Nachfragen um eine rechtzeitige Abrechnung bemüht hat,4 AG Köpenick WuM 2007, 577.

Entsprechendes gilt für den Vermieter einer Eigentumswohnung im Hinblick auf die Verwalterabrechnung und deren Genehmigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft.5 1 Blank/Börstinghaus AK Neues Mietrecht BGB § 556 S. 208; MünchKomm/Schmid BGB § 556 Rn. 57; Gies NZM 2002, 515; Sternel ZMR 2001, 937, 939; einschränkend Langenberg Betriebskostenrecht G 84 S. 247; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1985, dessen Beispielsfall jedoch ein Verschulden des Erfüllungsgehilfen des Vermieters nahe legt. 2 So Schmidt-Futterer/Langenberg, 8. Aufl., BGB § 556 Rn. 473. 3 Hinzu kommt der vom BGH – Urt. v. 25.10.2006 – NZM 2007, 35 = WuM 2007, 24 für die Vermieterkündigung wegen schuldhafter Pflichtverletzung herausgearbeitete Gesichtspunkt, dass § 278 BGB nicht nur haftungsrechtliche Bedeutung hat, sondern den Verantwortungsbereich des Schuldners schlechthin betrifft. 4 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1979. 5 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1982.

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Rn. V 415

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Auf den Anlass der Fristversäumung kommt es nicht an. Unerheblich ist daher, ob der Vermieter erst auf einen – möglicherweise sehr späten – Hinweis des Mieters, einer Korrespondenz mit diesem, nach einer gerichtlichen Belehrung in einem Verhandlungstermin oder einem Urteil sich zur Berichtigung der Abrechnung entschließt, nachdem die Abrechnungsreife eingetreten ist.1 415

Entfällt der vom Vermieter nicht zu vertretende Umstand, der zur Versäumung der Frist geführt hat, so muss der Vermieter die Abrechnung unverzüglich erstellen;2 anderenfalls fällt ihm die Verspätung zur Last,3 AG Tübingen WuM 2004, 342.

Der BGH hat allerdings aus § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV abgeleitet, dass der Vermieter im Regelfall (spätestens erst) drei Monate nach Wegfall des Hindernisses abrechnen müsse, BGH – Urt. v. 5.7.2006 – NZM 2006, 740 = WuM 2006, 515 = ZMR 2006, 847.

Die Entscheidung betraf jedoch den anders gelagerten Fall der Nachbelastung mit Kosten (Grundsteuer), die erst nach Abrechnungsreife eintrat. Im Übrigen sind in der Entscheidung die unterschiedlichen Regelungsgehalte in § 556 Abs. 3 BGB einerseits und den § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV andererseits nicht hinreichend berücksichtigt worden. Letztere Vorschriften regeln die Folgen einer Kostenbelastung für den Vermieter, die sich ihrerseits Rückwirkung zulegt. Dieser Tatbestand ist verschuldensunabhängig und rechtfertigt es demzufolge, dem Vermieter einen längeren Dispositionsspielraum zu gewähren. Demgegenüber greift die Ausschlussfolge in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nur dann nicht ein, wenn der Vermieter die Fristversäumung nicht zu vertreten hat. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass zunächst einmal davon auszugehen ist, dass er die Fristversäumung zu vertreten hat und sich – anders als nach § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV zu exkulpieren hat, d.h. unverzüglich tätig werden muss. Ob und unter welchen Voraussetzungen ihm hierbei ein schuldhaftes Zögern anzulasten ist, ist im Einzelfall zu entscheiden und kann einen kürzeren Zeitrahmen als drei Monate rechtfertigen. Die Ausschlussfrist des § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB soll analog auch für den Fall gelten, dass der Mieter Beanstandungen gegenüber der Abrechnung erhoben hat, so dass der Vermieter etwa gerügte leichte inhaltliche Mängel nur innerhalb von drei Monaten beheben könne (LG Itzehoe ZMR 2005, 539, 5404). Das ist so nicht richtig. Bis zum Eintritt der Abrechnungsreife kann der Vermieter jeden Abrechnungsfehler – auch formaler Art – berichtigen, jedenfalls solange der Saldo noch nicht ausgeglichen ist (s. dazu Rn. V 447). Inhaltliche Fehler – 1 Kinne GE 2003, 504, 509; a.A. Gies NZM 2002, 514, 515. 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 84 S. 247; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1986 und zu § 556 BGB: MünchKomm/Schmid Rn. 59; Staudinger/Weitemeyer Rn. 109. 3 Zum Fall: Der Vermieter hätte bis zum 31.12. abzurechnen gehabt. Er hatte jedoch die Abrechnungsunterlagen aus Gründen, die er nicht zu vertreten hatte, am 18.1. zusammen und rechnete erst am 23.5. ab. Das war zu spät; nach Meinung des AG hätte er schon im März abrechnen können. 4 Mit insoweit ablehnender Anm. Schmid ZMR 2005, 540.

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Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 418

seien sie leicht oder schwer – muss er auch nach Abrechnungsreife berichtigen, ohne dass daraus eine erhöhte Nachforderung entsteht. Daher bedarf es keines Rückgriffs auf § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB. Bezieht sich der Hinderungsumstand, den der Vermieter nicht zu vertreten hat, nur auf eine Betriebskostenart, so wirkt sich dies zu seinen Gunsten auf die Abrechnungsfrist schlechthin aus; denn gemäß § 556 Abs. 3 Satz 4 BGB ist er zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet.

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b) Fehlerberichtigung nach Eintritt der Abrechnungsreife Abrechnungsfehler brauchen sich nicht auf die gesamte Abrechnung zu erstrecken, sondern können sich auf einzelne Betriebskostenarten beschränken, z.B. fehlende Spezifizierung, unterlassene Ausgliederung nicht umlagefähiger Kostenbestandteile, Verwendung eines unrichtigen Umlagemaßstabs. Der Vermieter kann solche Fehler, insbesondere die beiden erstgenannten, nicht dadurch ausgleichen, dass er dem Mieter Einsichtnahme in die Belege anbietet; denn dieses Mittel dient nur der Kontrolle der materiellen Richtigkeit der Abrechnung,

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OLG Nürnberg – Urt. v. 21.3.1995 – WuM 1995, 308, VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302: Der Mieter muss durch die Angaben in der Betriebskostenabrechnung in die Lage versetzt sein, die Kosten bereits aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen zu können, so dass die Einsichtnahme in dafür vorliegende Belege nur noch zur Kontrolle und Behebung von Zweifeln erforderlich ist.

Handelt es sich um formelle Mängel der Abrechnung, so scheidet eine Korrektur der Abrechnung nach Eintritt der Abrechnungsreife aus. Ein derartiger Mangel kann sich auf einzelne Ansätze beschränken, was die Wirksamkeit der Abrechnung im Übrigen nicht berührt, wenn die jeweiligen Einzelpositionen unschwer herausgerechnet werden können,1 BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen).

aa) Grundlagen der Fehlerberichtigung Noch nicht abschließend geklärt ist, in welchem Umfang der Vermieter von Wohnraum berechtigt ist, Abrechnungsfehler noch nach Eintritt der Abrechnungsreife zu korrigieren.2 Vor Inkrafttreten des MRRG erschien dies bei preisfreien Mietverhältnissen über Wohnraum und Gewerberaum möglich, 1 S. dazu Derckx NZM 2007, 385; Streyl NZM 2007, 324. 2 Kinne GE 2003, 502: Abrechnungsfehler und ihre Konsequenzen, s. Langenberg WuM 2003, 570 zu formellen Mängeln der Betriebskostenabrechnung und ihrer Heilung nach Ablauf der Abrechnungsfrist, Langenberg WuM 2005, 502; Langenberg NZM 2006, 641; Lefèvre HKA 2005 (XII) S. 41: Welche Fehler können nach Fristablauf korrigiert werden?, Lützenkirchen NZM 2005, 8: Korrektur von formellen Fehlern der Betriebskostenabrechnung nach Ablauf der Abrechnungsfrist.

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Rn. V 419

Betriebskosten und ihre Abrechnung

weil solche Fehler nur bewirkten, dass der Abrechnungssaldo ganz oder teilweise nicht fällig wurde.1 Dementsprechend konnte der Fehlerkreis – da vor Ausgleich des Saldos letztlich nahezu unbefristet behebbar – weit gezogen werden. Demgegenüber erfordert die Ausschlussfolge in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB eine schärfere Betrachtungsweise. Es ist zu unterscheiden zwischen formellen Fehlern, die der Annahme einer ordnungsmäßigen Abrechnung entgegenstehen und im Ergebnis der nicht erstellten Betriebskostenabrechnung gleichstehen, sowie inhaltlichen Fehlern, deren Berichtigung sich infolge bloßer Ergänzungen bruchlos in die Abrechnung einfügen lässt und deren Ergebnis nicht verändert. Nur bezüglich der Letzteren kommt eine Berichtigung auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist in Betracht. 419

Eine solche Differenzierung rechtfertigt sich aus Sinn und Zweck des Gesetzes. Danach dient die Ausschlussregelung dazu, im Interesse der Rechtssicherheit das Abrechnungsverfahren zu beschleunigen.2 Es soll vermieden werden, dass sich der Mieter von Wohnraum nach längerer Zeit noch mit unter Umständen schwer aufklärbaren Abrechnungsfragen auseinander setzen muss. Nicht bezweckt ist dagegen, den Vermieter mit berechtigten Nachforderungen auszuschließen, die jedenfalls im Kern ihren Niederschlag in der Betriebskostenabrechnung gefunden haben, jedoch noch nachgebessert werden müssen, um für den Mieter verständlich zu sein. Die Abrechnungstransparenz als prägendes Kriterium setzt sich gegenüber einer die formelle Seite der Abrechnung betonenden Rspr. zunehmend durch, BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NZM 2005, 13 = WuM 2005, 61 = ZMR 2005, 121, BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42 jeweils zum Umlagemaßstab; BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 zur Kostenabgrenzung.

420

Problematisch ist die für die Praxis wichtige Unterscheidung von formellen Abrechnungsmängeln, die nach Abrechnungsreife nicht mehr behoben werden können, gegenüber lediglich inhaltlichen Mängeln. Der BGH hat die Grenze dort gezogen, wo eine den formalen Anforderungen genügende Abrechnung vorliegt, die es außerdem dem Mieter ermöglicht, die Abrechnung gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen, s. Rn. V 310; zur Begründung und Erläuterungspflicht: Rn. V 314; zur Kostenabgrenzung: Rn. V 323; zur Transparenz s. Rn. V 321. Die Berichtigung von inhaltlichen Fehlern führt nicht zu einem vollständigen Rechtsverlust des Vermieters; vielmehr tritt eine Plafondierung der Betriebskostenbelastung ein.3 Das bedeutet, dass der Vermieter Nachforderungen über das ursprüngliche Abrechnungsergebnis hinaus nicht stellen kann. Eine „Verböserung“ zum Nachteil des Mieters ist also ausgeschlossen, 1 S. auch Langenberg WuM 2003, 670, 671. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 51; ausführlich auch Börstinghaus NZM 2005, 250, 251. 3 Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 111; Gies NZM 2002, 514, 515; Langenberg WuM 2003, 670, 674 a.E.; Lützenkirchen NZM 2005, 8; a.A. MünchKomm/Schmid Rn. 53.

668

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 423

BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NZM 2005, 13 = WuM 2005, 61 = ZMR 2005, 121: Eine Korrektur des Fehlers zu Lasten des Mieters ist nach Ablauf der Abrechnungsfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat den Fehler nicht zu vertreten. Der Ablauf der Abrechnungsfrist hat deshalb zur Folge, dass die Nachforderung nach einer erst später erfolgten Korrektur das Ergebnis der fristgemäß vorgelegten Rechnung weder in den Einzelpositionen noch insgesamt überschreiten darf.

Das gilt auch, wenn die inhaltlich unrichtige, aber korrigierbare Abrechnung ein Guthaben zugunsten des Mieters ausweist, BGH – Urt. v. 12.12.2007 – NZM 2008, 204 = WuM 2008, 150 = MietRB 2008, 98 (Riecke), LG Dortmund WuM 2007, 447 als Vorinstanz.

Anders verhält es sich nur, wenn der Vermieter die Fristversäumung nicht zu vertreten hat (BGH a.a.O., s. Rn. V 411); in diesem Fall kann die Berichtigung der Abrechnung den Mieter auch schlechter als zuvor stellen. Der Anlass der Fristversäumung kann dagegen nicht dazu führen, eine Berichtigung der Abrechnung nach Eintritt der Abrechnungsreife zu rechtfertigen (s. Rn. V 414). Anderenfalls würde der Vermieter, der fehlerhaft abgerechnet hat, für seine zunächst bestehende Uneinsichtigkeit belohnt werden. Jedenfalls würde die gesetzliche Risikoverteilung für die Rechtzeitigkeit der Abrechnung auf den Kopf gestellt. Soweit allerdings die Klage des Vermieters auf Zahlung des Betriebskostensaldos wegen formeller Abrechnungsfehler abgewiesen wird, geschieht dies nicht mangels Fälligkeit, sondern als unbegründet, so dass die Rechtskraft der Entscheidung einer neuen Klage entgegensteht,

421

AG Witten ZMR 2005, 209.

Soweit der Vermieter berechtigt ist, materielle Fehler der Abrechnung noch nach Abrechnungsreife zu berichtigen, muss er dies unverzüglich tun (s. Rn. V 415).

422

Bei der Vermietung von Gewerberaum gilt die Ausschlusswirkung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht (s. Rn. V 370). Daher können formelle und materielle Abrechnungsfehler auch nach Eintritt der Abrechnungsreife berichtigt werden. Hierdurch wird der Anspruch des Vermieters nicht verkürzt; lediglich die Fälligkeit des Saldos wird bis zur Fehlerberichtigung ganz oder zum Teil (zur Teilfälligkeit s. Rn. V 380) hinausgeschoben. Das gilt selbst bei schweren Abrechnungsmängeln, die keine Überprüfung ermöglichen, s. hierzu

423

OLG Dresden – Urt. v. 12.3.2002 – NZM 2002, 437 = ZMR 2002, 416, 417, OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – WuM 2002, 268, 269 = ZMR 2003, 180.

So kann der Vermieter die zunächst nicht nachvollziehbare Abrechnung während des Rechtsstreits durch die notwendige Aufschlüsselung prüffähig machen, und zwar noch im Verlaufe der Berufung, OLG Dresden – Urt. v. 12.3.2002 – NZM 2002, 437 = ZMR 2002, 416, 417.

Das Rechtsmittel ist nicht deshalb unzulässig, weil der Vermieter Berufung nur mit dem Ziel einlegt, die als nicht prüffähig zurückgewiesene Abrechnung aufzuschlüsseln. Allerdings kann das Kostennachteile für den Vermieter haben (§ 97 Abs. 2 ZPO). 669

Rn. V 424

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Beispiel: OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2003 – ZMR 2003, 569 = WuM 2003, 387: Hat der Vermieter in der Abrechnung einen unrichtigen Umlagemaßstab für einzelne Betriebskostenpositionen verwendet, so ist das ein Mangel, der wie eine materielle Unrichtigkeit noch im Verlaufe des Rechtsstreits behoben werden kann, ohne dass eine neue Abrechnung vorgelegt zu werden braucht.

bb) Katalog einzelner Abrechnungsfehler 424

Um den Kreis der Fehler, die nach Abrechnungsreife berichtigt werden können, von den Fehlern abzugrenzen, die unbehebbar sind,1 weil sie den Kern der Abrechnung betreffen, muss auf den oben erörterten Sinn und Zweck der gesetzlichen Ausschlussregelung zurückgegriffen werden (s. Rn. V 419). Knüpft man daran an, dass die Transparenz der Kostenansätze zu den förmlichen Erfordernissen der Abrechnung zählt, so ist für die Unterscheidung zwischen formellen und inhaltlichen Fehlern darauf abzustellen, ob der durchschnittliche Mieter (s. Rn. V 310 f.) den Abrechnungsfehler unmittelbar in der Abrechnung anhand der ihm vorliegenden Unterlagen wie insbesondere des Mietvertrages ohne weiteres aufdecken kann.2 Anders verhält es sich, wenn er etwaige Unklarheiten erst durch Einsicht in die Belege ausräumen könnte; denn dieses Kontrollrecht dient nicht dazu, das Transparenzgebot zu ersetzen (Rn. V 404, 417). Zu beachten ist aber auch, dass sich schwere formelle Abrechnungsmängel nicht dadurch zu inhaltlichen umdeklarieren lassen, weil sie augenscheinlich sind und vom Mieter nicht hätten übersehen werden können.3 Betrachtet man diese Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung, so erscheint einerseits das Vertrauen des Mieters nur insoweit schutzwürdig, als er rechtzeitig – nämlich vor Eintritt der Abrechnungsreife – Kenntnis zumindest von den Abrechnungsgrundlagen erhalten hat und mit höheren Nachforderungen, als ursprünglich in der Abrechnung ausgewiesen, nicht zu rechnen braucht. Andererseits erscheint es nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gerechtfertigt, den Vermieter mit berechtigten Forderungen gänzlich auszuschließen, nur weil ihm formale Abrechnungsfehler unterlaufen sind, die aber den Kern der Abrechnung nicht berühren.

424a

Ein wichtiges Abgrenzungskriterium konnte bisher darin gesehen werden, ob die formalen Tatbestandsmerkmale einer Betriebskostenabrechnung vorlagen (s. dazu Rn. V 309): Waren sie nicht gegeben, so konnte man im Zweifel von einem förmlichen Mangel ausgehen, während alle anderen Mängel im Zweifel als inhaltliche angesehen werden konnten, die behebbar waren.4 Diese Ab1 S. dazu Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 465 f. 2 Daher hat der BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NM 2005, 13 = WuM 2005, 61 die Verwendung eines vom Mietvertrag abweichenden Umlageschlüssels als bloßen inhaltlichen Abrechnungsmangel gewertet. 3 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 466. 4 Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1992; Langenberg WuM 2005, 502 f.; Langenberg NZM 2006, 641.

670

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 426

grenzung ist nunmehr unscharf geworden, nachdem der BGH die Transparenz der Abrechnung – die Verständlichkeit für den Mieter – als formales Erfordernis gewertet hat. Die Abrechnung soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen, BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NZM 2005, 13 = WuM 2005, 61 = ZMR 2005, 121.

Das erfordert häufig eine Spezifizierung und Erläuterung der Kostenansätze, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen) zur Ausweisung nicht umlagefähiger Bewirtschaftungskosten, BGH – Beschl. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575 zur Spezifizierung der Hausmeisterkosten (Herausrechnen des Verwaltungskostenanteils), BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 (Tz. 24) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker) zur Berechnung des Kostenanteils für das Mietgrundstück bei Gesamtkosten für mehrere Grundstücke (im Streubesitz).

Achtung! Selbst wenn es sich um nicht behebbare Abrechnungsmängel handelt, ist eine Neuvornahme nach Abrechnungsreife dennoch möglich, wenn der Vermieter die Versäumung der Abrechnungsfrist bzw. den unbehebbaren Mangel nicht zu vertreten hat (s. Rn. V 411). aaa) Rechtsgeschäftliche Fehler Wird die Abrechnung nur von einem von mehreren Vermietern erteilt oder geht sie nur einem von mehreren Mietern zu, ohne dass eine Erklärungs- bzw. Empfangsvollmacht besteht, so ist die Abrechnung nicht wirksam (s. Rn. V 304). Das Gleiche gilt, wenn eine nicht abrechnungsberechtigte Person die Abrechnung erteilt, z.B. der Veräußerer anstelle des Erwerbers oder umgekehrt. Es kommt nur eine Neuvornahme in Betracht, die nach Eintritt der Abrechnungsreife verspätet ist,1

425

anders LG Kleve ZMR 2007, 620, 621: Die Erstellung und Übersendung der Betriebskostenabrechnung an eine andere Person als die des Vermieters ist fristwahrend i.S. von § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB, jedenfalls dann, wenn sich aus der Abrechnung deutlich eine Zuordnung der Kosten zu der angemieteten Wohnung ergibt.2

bbb) Ausweisung der Gesamtkosten Unabdingbar ist, dass in der Abrechnung die einzelnen Kostenarten ausgewiesen und spezifiziert werden. Anderenfalls liegt überhaupt keine wirksame Abrechnung vor, BGH – Urt. v. 23.11.1981 – NJW 1982, 573 = WuM 1982, 207 = ZMR 1982, 108: Zusammenfassung von 15 Kostenarten unter eine Position „Allg. gemeinschaftliches Eigentum“; 1 Langenberg WuM 2003, 670, 671. 2 Kritisch dazu Both InfoM 2007, 255, der zu Recht darauf hinweist, dass für eine Zuordnung der Erklärung eines Dritten zur Person des Vermieters dessen Vollmacht erforderlich gewesen wäre.

671

426

Rn. V 427

Betriebskosten und ihre Abrechnung

LG Berlin NZM 2002, 65: Eine Heizkostenabrechnung ist unwirksam, wenn sämtliche Kosten in einem Gesamtbetrag angegeben sind, ohne sie entsprechend den in § 7 Abs. 2 HeizkostenV aufgeführten Kostenarten aufzugliedern.

Das betrifft auch die Ausweisung der einzelnen Betriebskostenarten in § 2 BetrKV (bzw. Anlage 3 zu § 27 II. BV).1 Eine Zusammenfassung in größere Gruppen führt dazu, dass die Abrechnung insoweit nicht mehr transparent und der Abrechnungssaldo nicht fällig ist, OLG Dresden – Urt. v. 12.3.2002 – NZM 2002, 437 = ZMR 2002, 416, 417: Eine Betriebskostenabrechnung ist nicht prüffähig, wenn die unter der Bezeichnung „Heizkosten“ ausgewiesenen Aufwendungen neben den eigentlichen Heizkosten noch weitere nicht unbeträchtliche Kosten für Klimaanlage und Wasser enthalten und dies nicht unmittelbar aus der Abrechnung ersichtlich ist; OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – WuM 2003, 268, 269 = ZMR 2003, 180: Die Abrechnungsposition „Strom allgemein“ ist nicht begründet. Sie enthält mindestens 3 Kostenarten (Entwässerung, Heizung, Beleuchtung). Eine Kostenposition, die undifferenziert mehrere Kostenarten umfasst, macht es dem Mieter unmöglich, schon aus der Abrechnung selbst zu ersehen, ob ausschließlich umlagefähige Kosten berechnet wurden (BGH NJW 1982, 573).

427

Bei der Position „Versicherungskosten“ soll eine Aufschlüsselung zumindest nach einzelnen Versicherungsarten geboten sein, KG – Urt. v. 8.10.2002 – NZM 2002, 954, AG Berlin-Mitte NZM 2002, 523; anders jedoch AG Leipzig NZM 2008, 83, wenn im Mietvertrag die umlagefähigen Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung bezeichnet worden sind.

Auch eine Zusammenfassung der Positionen „Wasser“ und „Abwasser“ ist bedenklich, jedenfalls wenn die Kosten für Wasser und Abwasser von verschiedenen Versorgungsbetrieben berechnet werden, LG Itzehoe 2007, 539, dazu Rave ZMR 2008, 540, 541.

Anders verhält es sich aber, wenn die Berechnung der Kosten für den Abwasserverbrauch an die Kosten für den Frischwasserverbrauch geknüpft ist, LG Berlin GE 2003, 121, AG Frankfurt a.M. ZMR 2008, 540, 541 bei identischen Versorgungsunternehmen und einheitlicher Berechnung der Kosten entsprechend dem Wasserverbrauch.

428

Zur Zusammenstellung der Gesamtkosten zählt auch die Transparenz der Kostenarten: Aus der Abrechnung muss erkennbar hervorgehen, dass nur umlagefähige Betriebskosten angesetzt worden sind. Das erfordert eine Spezifizierung und Erläuterung solcher komplexen Abrechnungspositionen, die sich aus Betriebskosten und anderen Bewirtschaftungskosten (für Verwaltung oder Instandsetzung) zusammensetzen, oder sich auf gemischt genutzte Grundstücke beziehen oder die Verständlichkeit eines verwendeten Umlageschlüssels betreffen. In einer gebotenen, jedoch fehlenden Offenlegung liegt ein formeller Mangel, der zur Unwirksamkeit der Abrechnung führt, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen) für Bereinigung der Kosten für Grundsteuer, Wasser/Entwässerung, Hausmeister um betriebskostenfremde Anteile, 1 Langenberg WuM 2005, 502, 503; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 465.

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Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 432

BGH – Urt. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575 = ZMR 2007, 953 für Verwaltungskosten innerhalb der Hausmeisterkosten, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 (Tz. 24) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker) für Kosten, die sich auf größere Wirtschaftseinheiten als die der Abrechnung zugrunde gelegte Einheit beziehen, VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302 für Kostenaufteilung im Rahmen einer Wirtschaftseinheit.

ccc) Kostenansatz und Kostentrennung Legt man zugrunde, dass die mietrechtliche Betriebskostenabrechnung nach dem Leistungs- oder Abgeltungsprinzip zu erstellen ist (s. Rn. V 323), so liegt ein formeller Fehler darin, wenn der Vermieter nach dem Abflussprinzip abrechnet, ohne dass diese Kostenabgrenzung durch Vereinbarung oder einseitige Erklärung des Vermieters Vertragsinhalt geworden ist. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn es sich um eine in Wohnungseigentum umgewandelte Mietwohnung handelt (s. Rn. V 331). In diesem Fall besteht ein formeller Fehler, der nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr korrigiert werden kann. Die Abrechnung müsste hier nämlich auf gänzlich neue Grundlagen gestellt werden; eine bloße Einfügung wäre nicht möglich.

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Hält man den Vermieter für berechtigt, (auch) nach dem Abflussprinzip abzurechnen (s. Rn. V 324), so muss aus der Abrechnung hervorgehen, welches Prinzip er zugrunde gelegt hat.1 Hat der Vermieter diese Information unterlassen, so handelt es sich um einen bloßen Erläuterungsfehler, der auch nach Eintritt der Abrechnungsreife nachträglich behoben werden kann und keine Umstellung der gesamten Abrechnung erfordert, wenn der Mieter den Mietvertrag zu Rate ziehen und bei etwa verbleibenden Zweifeln beim Vermieter nachfragen kann.

430

Dagen liegt ein formeller Fehler vor, wenn der Vermieter aperiodisch anfallende Kosten auf mehrere Jahre verteilt hat, die Abrechnung jedoch nicht ausweist, wie hoch die Gesamtkosten und der Jahresanteil sind und wann die Kosten angefallen sind. In letzterem Fall ist für den Mieter nicht erkennbar, dass und in welcher Höhe der Vermieter bestimmt bezeichnete Kosten beansprucht. Vertretbar erschiene es aber auch, den Vertrauensschutz zugunsten des Mieters auf die künftigen, nicht ausgewiesenen Folgebeträge zu beschränken.

431

ddd) Kostenvorerfassung Innerhalb der einzelnen Betriebskostenarten müssen Kostenanteile, die sich auf nicht umlagefähige Kosten beziehen, ausgesondert werden. Das gilt zum einen für andere Bewirtschaftungskosten als Betriebskosten wie Verwaltungsoder Instandhaltungskosten (z.B. Reparaturkostenanteile in Vollwartungsver-

1 Vgl. Kinne GE 2003, 504, 506.

673

432

Rn. V 433

Betriebskosten und ihre Abrechnung

trägen für Aufzugs- oder Heizungsanlagen oder Verwaltungsleistungen des Hausmeisters), zum anderen für Kostenansätze bei gemischt genutzten Grundstücken, die für die Wohn- und für die Gewerbeflächen anfallen. Der Vermieter muss in diesen Fällen die Gesamtkosten, den Verteilermaßstab und den auf die Wohnungen entfallenden Anteil mitteilen, BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen) für Grundsteuer, Wasser und Abwasser, Hausmeisterkosten, BGH – Urt. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575 für Verwaltungskosten als Teil der Hausmeisterkosten.

433

Durch das Erfordernis, eine Vorerfassung in der Betriebskostenabrechnung auszuweisen, wird die Entscheidung des Vermieters, ob er bei gemischt genutzten Grundstücken eine Kostentrennung vorgenommen oder hiervon abgesehen hat (s. Rn. V 223), transparent gemacht. Hervorzuheben ist die Bedeutung dieses Erfordernisses bei komplexen Betriebsgruppen wie etwa bei den Kosten für den Hausmeister oder der Gartenpflege.1 Es kommt nicht darauf an, ob der Vermieter die nicht umlagefähigen Kostenbestandteile zwar ausgesondert, dies aber in der Abrechnung nicht ausgewiesen hat (anders noch LG Berlin GE 2003, 257). eee) Umlagemaßstab

434

Eine Betriebskostenabrechnung ist fehlerhaft, wenn der Vermieter einen gesetzlichen oder vertraglichen Umlagemaßstab außer Acht lässt oder der Umlagemaßstab unverständlich ist. Während bei Verwendung eines anderen als des vertraglich maßgeblichen Umlagemaßstabs nur ein inhaltlicher Fehler vorliegt (weil der Mieter diesen durch Abgleich mit dem Mietvertrag unschwer feststellen kann), BGH – Urt. v. 17.11.2004 – NZM 2005, 13 = WuM 2005, 61 = ZMR 2005, 121:2 Weicht der in der Abrechnung verwendete und angegebene Umlageschlüssel von dem im Mietvertrag vereinbarten ab, liegt ein inhaltlicher Fehler und kein formeller Mangel der Abrechnung vor. Inhaltliche Fehler können auch nach Fristablauf korrigiert werden;3 ebenso BGH – Urt. v. 19.1.2005 – WuM 2005, 200 (LS),

1 Z.B. Kosten für Baumpflege oder Baumrückschnitte, sofern es sich nicht um aperiodische Betriebskosten handelt, s. dazu Rn. V 82. 2 S. auch Bieber WuM 2005, 448. 3 Zum Fall: Umlageschlüssel für die vermietete ETW war der Anteil der Miteigentumsanteile. Der Vermieter rechnete flächenanteilig ab und ermittelte einen Saldo zu seinen Gunsten von 660 Euro. Auf die Rüge des Mieters änderte der Vermieter nach Eintritt der Abrechnungsreife die Abrechnung entsprechend dem vereinbarten Umlagemaßstab und gelangte zu einer Nachzahlungsforderung von 695 Euro. Die Klage auf Zahlung von 695 Euro wiesen AG und LG ab; der BGH gab ihr in Höhe von 660 Euro statt. – Anders die Vorinstanzen LG Potsdam WuM 2004, 670, AG Potsdam WuM 2003, 456; ferner LG Leipzig NZM 2005, 14, wonach es sich um einen unbehebbaren Mangel handeln soll.

674

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 437

handelt es sich bei Unverständlichkeit des Umlagemaßstabs um einen formellen Mangel, BGH – Urt. v. 9.4.2008 – NZM 2008, 477 = WuM 2008, 351, 352:1 Die Abrechnung soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Dieses Ziel wird verfehlt, wenn die Abrechnung im Hinblick auf den Verteilerschlüssel unverständlich ist. Ebenso BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42.

Ein formeller Mangel liegt auch vor, wenn die Abrechnung wegen der Verwendung eines unrichtigen Umlageschlüssels auf eine neue Grundlage gestellt werden muss. Das ist etwa der Fall, wenn flächenabhängig statt kopfanteilig (oder umgekehrt) abgerechnet wird. Hier handelt es sich nicht mehr um eine Fehlerkorrektur, sondern um eine Neuvornahme. Dies gilt auch dann, wenn nur eine Betriebskostenart betroffen ist, freilich nur für diese.

435

Wird nach Wirtschaftseinheiten abgerechnet, so ist anzugeben, aus welchen Gebäuden mit welcher Gesamtfläche die Wirtschaftseinheit sich zusammensetzt, sofern diese Angaben sich nicht schon aus dem Mietvertrag ergeben,

436

VerfGH Berlin – Beschl. v. 25.4.2006 – WuM 2006, 300, 302: Hat der Vermieter mehrere Häuser oder auch gemischt genutzte Gebäudekomplexe zu einer Wirtschafts- oder Verwaltungseinheit zusammengefasst, so genügt es nicht, dass die aufgeführten Gesamtkosten auf die einzelnen Häuser oder Gebäudeteile verteilt werden, ohne dass als zusätzlicher für den Mieter nachvollziehbarer Berechnungsschritt angegeben wird, woraus sich diese anteiligen Werte ergeben (hier: unterbliebene Mitteilung, nach welchem Schlüssel die Kosten für den Neubau- und den Altbauteil eines Gebäudekomplexes verteilt worden sind).

Müssen innerhalb eines Gebäudes oder einer Wirtschaftseinheit auf Grund unterschiedlicher Ausstattung oder Nutzung besondere Abrechnungskreise gebildet werden oder sind aus diesem Grunde unterschiedliche Flächenmaßstäbe anzulegen (z.B. Nichtbeteiligung der EG-Mieter an den Aufzugskosten), so müssen diese Umstände erläutert werden.2 Fallen einheitliche Kosten im Streubesitz an (z.B. für Kosten der Gartenpflege oder den Hausmeister), oder hat der Vermieter eine Sammelversicherung für mehrere Grundstücke abgeschlossen, so muss er die Kostenaufteilung erläutern. Es genügt nicht, dass er den Kostenanteil, der auf das Mietobjekt entfällt, mitteilt, BGH – NZM 2008, 35 (Tz. 24) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker): Die Gesamtkosten sind auch dann vollständig anzugeben, wenn einzelne Kostenanteile nicht umlagefähig sind; es genügt nicht, insoweit nur die schon berei1 Zum Fall: Der Umlageschlüssel war wie folgt erläutert: „Umlage nach qm-Wohnfläche x Monate“; ferner: „Gesamtsumme 3816“, „Ihr Anteil 1176“, darunter die Zahl „12“. Das sollte lt. der verspäteten Präzisierung bedeuten: Gesamtwohnfläche des Hauses: 318 qm x 12 = 3816, Anteil des Mieters: Wohnfläche des Mieters von 98 qm x 12 = 1176. 2 Beispiel: Bildung einer Wirtschaftseinheit aus Hochhäusern mit Aufzügen und 2-geschossigen Mehrfamilienhäusern.

675

437

Rn. V 438

Betriebskosten und ihre Abrechnung

nigten Kosten anzugeben. Dies gilt entsprechend, wenn der Vermieter Kosten, die sich auf größere Wirtschaftseinheiten als die der Abrechnung zugrunde gelegte Einheit beziehen, in einem internen Rechenschritt auf die Wirtschaftseinheit umrechnet und in der Abrechnung nur die auf diese Weise bereinigten Kosten mitteilt.

In diesem Zusammenhang kommt zugleich ein Verstoß gegen die Verwendung des richtigen Umlagemaßstabs in Betracht, z.B. wenn für die Kosten des Streubesitzes ein flächenanteiliger Maßstab angesetzt wird. 438

Erfolgt ein Mieterwechsel innerhalb des Verbrauchszeitraums, so muss der Vermieter eine Kostenabgrenzung zwischen Vor- und Nachmieter in zeitlicher Hinsicht vornehmen, sei es zeitanteilig (s. dazu OLG Düsseldorf – Beschl. v. 3.2.2000 – NZM 2001, 383), sei es nach Verbrauchseinheiten auf Grund einer Zwischenablesung oder nach Gradtagszahlen, wie etwa bei den Heiz- und Warmwasserkosten. fff) Abrechnungs- und Verbrauchszeitraum

439

Eine Abrechnung ist nicht ordnungsmäßig, wenn der Vermieter nicht den jährlichen Verbrauchszeitraum (s. § 556 Abs. 3 Satz 1) eingehalten hat, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – NZM 2001, 1125 = ZMR 2002, 46 bei Aufteilung eines Abrechnungsjahrs in 2 Teilabrechnungsabschnitte.

Ein solcher Abrechnungsmangel ist nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr korrigierbar, weil er das System der Abrechnung betrifft.1 Daran ändert nichts, dass dieser Mangel evident ist.2 Zu den Ausnahmen bei Umstellung des Abrechnungszeitraums s. Rn. V 364. Etwas anderes gilt, wenn der Vermieter nach dem Abflussprinzip abrechnen darf, s. dazu Rn. V 324, 366a. 440

Wird der Ablesezeitraum nicht gewahrt – d.h. decken sich Abrechnungs- und Ablesezeitraum nicht –, so soll es sich um einen inhaltlichen Fehler handeln, der die formelle Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung nicht berührt, OLG Schleswig – RE v. 4.10.1990 – DWW 1990, 355 = WuM 1990, 333.

Er kann, wie andere inhaltliche Fehler der Betriebskostenabrechnung, nach Eintritt der Abrechnungsreife grundsätzlich nicht mehr zum Nachteil des Mieters berichtigt werden. Da sich Ablese- und Abrechnungszeitraum kaum einmal vollständig decken, ist zu fragen, wo die Toleranzgrenze zu ziehen ist, um ein verfrühtes oder verspätetes Ableseergebnis einer Betriebskostenabrechnung zugrunde zu legen. Eine Überschreitung oder Unterschreitung von wenigen Tagen, auch noch bis zu 2 Wochen, erscheint hinnehmbar. Bei längeren Zeitdifferenzen bestehen Bedenken, ob von einer hinreichenden Erfassungsgenauigkeit und damit von einer korrekten verbrauchsabhängigen Erfassung ausgegangen werden kann, verneinend: AG Köln WuM 2000, 213 für Heizkosten: Eine ordnungsmäßige verbrauchsabhängige Abrechnung liegt nicht vor, wenn der Ablesetermin erst knapp 3 Monate nach dem Ende der Verbrauchsperiode liegt; 1 Kinne GE 2003, 504, 508; Langenberg WuM 2003, 670, 672. 2 Anders wohl Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 466.

676

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 442

bejahend: OLG Schleswig – RE v. 4.10.1990 – DWW 1990, 355 = WuM 1990, 333: Eine Heizkostenabrechnung ist nicht stets schon dann nicht prüffähig und in ihrem Saldo deshalb nicht fällig, wenn der ihr zugrunde gelegte Abrechnungszeitraum und der tatsächliche Ablesezeitraum um Wochen auseinander fallen.1

Der BGH hat eine Schätzung des Abrechnungszeitraums bei den Heizkosten auf der Grundlage der Gradtagszahlberechnung analog § 9b HeizkostenV auch im laufenden Mietverhältnis zugelassen,

441

BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 102 = WuM 2005, 776 = ZMR 2006, 122.

Ist die Erfassungsgenauigkeit etwa für Heiz- und Warmwasserkosten zu verneinen, so kommt eine verbrauchabhängige Abrechnung auf der Grundlage einer Schätzung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV in Betracht. Zu den formellen Erfordernissen der Abrechnung wird auch gerechnet, dass die Grundlagen für die angewendeten Schätzwerte erläutert werden, LG Berlin GE 2007, 1190. Unschädlich ist, wenn eine Kostenart, die jahresübergreifend anfällt, erst nach Ablauf des Verbrauchsjahres abgerechnet wird, BGH – Urt. v. 30.4.2008 – NZM 2008, 522 = WuM 2008, 404.2

ggg) Vorauszahlungen Die Vorauszahlungen sind in der Betriebskostenabrechnung zwingend zu berücksichtigen; denn diese ist eine Gegenüberstellung der Ausgaben und Einnahmen. Daher entspricht es der h.M., dass der Vermieter die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen anzusetzen hatte und der Ansatz von Sollvorauszahlungen als fehlerhaft gewertet wird (s. Rn. V 292). Der BGH hält hieran zwar im Prinzip fest, hat jedoch ausnahmsweise den Ansatz von Sollvorauszahlungen nicht beanstandet, wenn der Vermieter bereits eine Klage auf Leistung der Vorauszahlungen vor Erteilung der Abrechnung anhängig gemacht hatte (s. Rn. V 293). Auch wenn ein solcher Ansatz fehlerhaft ist, kann er trotz Ablaufs der Abrechnungsfrist berichtigt werden.3 Wie erörtert, führt es nicht zum Nachforderungsausschluss, wenn der Vermieter den Betriebskostensaldo um die nicht geleisteten Vorauszahlungen erhöht (s. Rn. V 410). Es handelt sich bei diesem Ansatz im Grunde nicht um die Nachbesserung von Forderungen des Vermieters, sondern um die Nachforderung von Miete, als welche die Vorauszahlungen rechtlich zu qualifizieren sind.4 Der gleiche Gesichtspunkt gilt, wenn der Vermieter die Vorauszahlungen des Mieters nur unvoll1 Zum Fall: Die Heizkosten waren für den Abrechnungszeitraum vom 1.7. des Vorjahres bis zum 30.6. des Folgejahres abzurechnen. Die Ablesung des Fernwärmeverbrauchs erfolgte aber schon am 26.4. 2 Zum Fall: Die Abrechnung für 2003 enthielt auch die Heizkosten, die von August 2002 bis Juli 2003 angefallen waren; es war ein einheitlicher Vorauszahlungsbetrag vereinbart. 3 Dagegen Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1994; Langenberg WuM 2003, 673; Langenberg WuM 2005, 502, 504; einschränkend Langenberg NZM 2006, 641, 643. 4 Insoweit zutreffend Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 470.

677

442

Rn. V 443

Betriebskosten und ihre Abrechnung

ständig berücksichtigt hat. Hinzu kommt, dass dem Mieter in der Regel bekannt ist oder sein muss, in welcher Höhe er Vorauszahlungen geleistet hat, so dass von einem Vertrauenstatbestand im Allgemeinen nicht ausgegangen werden kann. Eine Korrektur durch Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen ist also auch nach Eintritt der Abrechnungsreife zulässig, zumal sie nicht zu einer Verschlechterung des Abrechnungsergebnisses zu Lasten des Mieters führt. hhh) Fehlerhäufung 443

Fraglich ist, ob eine Summierung kleinerer, für sich nicht erheblicher Abrechnungsfehler dazu führen kann, die gesamte Abrechnung zu verwerfen mit der Folge, dass eine Korrektur nach Abrechnungsreife nicht mehr zulässig erscheint und der Vermieter mit Nachforderungen schlechthin ausgeschlossen ist.1 Ein solcher „Summierungseffekt“ ist abzulehnen. Das beruht darauf, dass eine Betriebskostenabrechnung letztlich die Summe von Einzelabrechnungen über jede Betriebskostenart darstellt. Steht der Mietvertrag nicht dagegen, könnte der Vermieter also über jede Betriebskostenart gesondert abrechnen. Anders verhält es sich, wenn die Abrechnung infolge der Fehlerhäufung insgesamt nicht mehr verständlich ist. iii) Inhaltliche Fehler

444

Materiell-rechtliche Fehler, die den Kostenansatz betreffen, können nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr zum Nachteil des Mieters berichtigt werden, es sei denn, dass der Vermieter die Fristversäumnis nicht zu vertreten hat. So ist der Vermieter nicht berechtigt, eine unzulässig angesetzte Position (z.B. Anschaffungskosten für Gartengeräte) durch eine zulässige Position zu ersetzen, selbst wenn das Kostenvolumen dadurch nicht verändert wird.2 Ebenso wenig kann er einen unterbliebenen (übersehenen) Ansatz – z.B. im Rahmen komplexer Betriebskosten wie Gartenpflege, Hausmeister, Versicherungen – nachholen.3

445

Rechenfehler oder Zahlendreher bei der Erstellung der Abrechnung können unabhängig vom Eintritt der Abrechnungsreife nur berichtigt werden, wenn sie sich aus der Abrechnung selbst ergeben, also auch vom Mieter wahrgenommen werden können, AG Witten ZMR 2005, 209.

Interne Rechenfehler (oder Zahlendreher) bei der Kostenermittlung, die aus der Abrechnung nicht unmittelbar ersichtlich sind, können hingegen nach

1 Vgl. Langenberg WuM 2003, 670, 674. 2 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 468. 3 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 468.

678

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 447

Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr behoben werden, soweit die Berichtigung sich zum Nachteil des Mieters auswirken.1 In der Abrechnung braucht die Wirtschaftlichkeit einzelner Kostenansätze grundsätzlich nicht begründet zu werden. Das gilt auch bei mangelnder Plausibilität. Hierzu muss sich der Vermieter erst auf Bedenken des Mieters äußern (Rn. V 320),

446

OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.12.2000 – ZMR 2001, 882, s. auch BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 567 = WuM 2008, 407 = ZMR 2009, 777, 778 für Flächenabweichungen und Kostenschwankungen im Vergleich der aufeinanderfolgenden Abrechnungen: Sind Betriebskosten nach Flächenanteilen abzurechnen, ist zur Erstellung einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung eine Erläuterung der angesetzten Flächenwerte nicht allein deswegen erforderlich, weil diese Werte für aufeinander folgende Abrechnungsjahre Unterschiede aufweisen, deren Grund für den Mieter nicht ohne weiteres erkennbar ist. Gleiches gilt, wenn abgelesene Verbrauchswerte im Vergleich zu anderen Abrechnungszeiträumen auffällige Schwankungen zeigen. Ob die angesetzten Flächen- und Verbrauchswerte zutreffen, berührt allein die materielle Richtigkeit der Abrechnung; dagegen LG Berlin WuM 2007, 626 (Vorinstanz) zu Betriebskosten, die bei einer Gesamtschau über die Abrechnungen der letzten Jahre stark differieren, ohne dass dafür Gründe ersichtlich sind.

Verwendet der Vermieter unverständliche oder unübliche Abkürzungen, so ist ein formeller Abrechnungsmangel angenommen worden, BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 42, s. auch Rn. V 434; AG Witten ZMR 2005, 209, aber abgeändert durch LG Bochum ZMR 2005, 863, 864.

Indes liegt ein inhaltlicher Fehler näher, der auch noch nach Abrechnungsreife korrigiert werden kann, wenn es dem Mieter zuzumuten ist, durch gezielte Fragen Aufklärung zu erhalten,2 LG Dortmund ZMR 2005, 865.

c) Berichtigung der Abrechnung nach Saldoausgleich Die herrschende Meinung sieht in der Abrechnung als solcher eine bloße Wissenserklärung (s. Rn. V 300), die jederzeit geändert werden kann, jedenfalls bevor der Saldo ausgeglichen worden ist, LG Bochum ZMR 2005, 863, 864.3

Sobald der Abrechnungssaldo ausgeglichen ist, soll ein Einwendungsausschluss bezüglich solcher Umstände eintreten, die beim Saldoausgleich bestanden oder mit denen gerechnet werden musste und die hätten berücksichtigt bzw. geltend gemacht werden können. Die Rechtskonstruktion dieses Einwendungsausschlusses ist umstritten,

1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556 Rn. 468. 2 Abweichend Langenberg NZM 2006, 641, 642 Sp. 2. 3 Bei der Wohnraummiete ist die Abrechnungsreife gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB als Schranke für die Berichtigung der Abrechnung zu beachten (s. Rn. V 408).

679

447

Rn. V 448

Betriebskosten und ihre Abrechnung

LG Koblenz WuM 1997, 685: Schuldbestätigungsvertrag,1 LG Hamburg WuM 2000, 311 = ZMR 1999, 405: deklaratorisches Anerkenntnis,2 AG Hamburg-Blankenese/LG Hamburg ZMR 2006, 287, 288, LG Köln ZMR 2001, 547: Schuldanerkenntnisvertrag (betr. Grundsteuernachforderung auf Grund Neuberechnung), ferner OLG Hamburg – Urt. v. 2.9.1987 – WuM 1988, 26; OLG Hamburg – Urt. v. 20.12.1989 – WuM 1991, 598: Vereinbarung, mit dem Ergebnis und den Modalitäten der Abrechnung einverstanden zu sein, und mit der Folge des Ausschlusses von Einwendungen, die zu der Zeit des Abschlusses hätten geltend gemacht werden können.3

448

In der Zahlung, die den Saldoausgleich bewirkt, soll das schlüssige Angebot zum Abschluss der Vereinbarung liegen, das – ebenfalls schlüssig – dadurch angenommen wird, dass der Zahlungsempfänger das Geld entgegennimmt bzw. dessen Eingang auf seinem Konto feststellt.4 Mit der Zahlung soll der Mieter gleichzeitig zu verstehen geben, dass er die Abrechnung entsprechend seiner gesetzlichen Pflicht überprüft und dabei keine Beanstandungen gefunden hat.5 Die Erklärung der Annahme soll nach Maßgabe des § 151 BGB entfallen.6 Das soll auch dann gelten, wenn der Vermieter den Abrechnungssaldo auf Grund einer Einzugsermächtigung einzieht und der Mieter nicht widerspricht.7 Dies erscheint nicht richtig; denn einem bloß passiven Verhalten kommt kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu.

449

Ein Einwendungsausschluss ist auch dann angenommen worden, wenn der Mieter ein Betriebskostenguthaben vorbehaltslos entgegennimmt; dadurch soll er mit weitergehenden Zahlungsansprüchen ausgeschlossen sein, LG Hamburg ZMR 2006, 287, 288.

Folgerichtig ist ein Einwendungsausschluss auch zu Lasten des Vermieters angenommen worden, der ein Abrechnungsguthaben vorbehaltlos an den Mieter ausgekehrt hat,

1 So auch Blank/Börstinghaus BGB § 556 Rn. 138. 2 So zu § 556 BGB: Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 85; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2025; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 404 ff.; Staudinger/Weitemeyer Rn. 133; Langenberg Betriebskostenrecht G 200 S. 292. 3 S. auch Blank/Börstinghaus BGB § 556 Rn. 138. 4 S. auch Langenberg Betriebskostenrecht G 197, 200 S. 291, 292. 5 Streyl WuM 2005, 505, 508 Fn. 37. 6 Auf zahlreichen Seminarveranstaltungen der Immobilien- und Wohnungswirtschaft habe ich den Teilnehmern die rechtliche Konstruktion erklärt und dafür nur ungläubiges Kopfschütteln geerntet, was die Lebensfremdheit dieser Konstruktion indiziert. M.E. steht hinter ihr der durchaus anerkennenswerte Gedanke der Befriedung, aber auch der Wunsch nach ökonomischer Prozessbeschleunigung. Beiden Gedanken wird nunmehr durch die Regelungen in § 556 Abs. 3 Satz 3, 5 BGB Rechnung getragen, so dass zu einer Rechtsauslegung zurückgekehrt werden sollte, die der geäußerten Willensrichtung der Vertragsparteien entspricht, ohne der Rechtsgeschäftslehre Zwang anzutun. 7 Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 133.

680

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 452

AG Braunschweig ZMR 2005, 625; anders LG Berlin GE 2006, 125, 125, da sich die Rechtslage durch die Regelung der Nachforderungsfrist in § 556 Abs. 3 BGB geändert habe.

Zur Vereinbarkeit der Regelung über die Ausschluss- und die Einwendungsfrist in § 556 Abs. 3 BGB mit einem deklaratorischen Anerkenntnis, das vor Fristablauf erklärt worden ist, s. Rn. V 456. Die h.M. erkennt allerdings eine Reihe von Ausnahmen an, in denen trotz Saldoausgleichs noch eine Berichtigung des Abrechnungsergebnisses zugelassen wird.

450

Dies soll zugunsten des Vermieters der Fall sein, wenn neue Abrechnungstatsachen bekannt werden, die einen Saldo erheblich größerer Ordnung ergeben, OLG Hamburg – Urt. v. 20.12.1989 – WuM 1991, 598 für Ablesefehler1 unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage,2 LG Koblenz WuM 1997, 665, AG Braunschweig ZMR 2005, 625.3

Der Einwendungsausschluss soll ferner dann nicht eingreifen, wenn es sich um Abrechnungsfehler handelt, die auf einem Verschulden des Vermieters beruhen. Hierin liege eine Pflichtverletzung i. S. von §§ 280, 281 BGB und es wäre treuwidrig, wenn sich der Vermieter hierauf berufen könnte.4 So soll die Rspr. zum Einwendungsausschluss nicht zum Tragen kommen, wenn der Vermieter einseitig Positionen entgegen dem Mietvertrag in die Abrechnung eingestellt hat,

451

LG Kassel WuM 1999, 705, LG Offenburg NZM 1999, 171, LG Marburg WuM 2000, 660, LG Kleve WuM 2001, 29.

In diesen Fällen ist dem Mieter ein Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB zugebilligt worden. Auf dem Boden der h.M. wird eine weitere Ausnahme zugunsten des Mieters zuzulassen sein, wenn es sich um Abrechnungsmängel handelt, die der Mieter trotz Wahrnehmung seiner Kontrollmöglichkeiten nicht erkennen konnte (z.B. bei Unrichtigkeit von Belegen, ohne dass der Vermieter diese zu vertreten hätte). Das rechtfertigt sich bereits daraus, dass sich ein Einwendungsaus1 Zum Fall: Statt 800 cbm Wasser war infolge eines Ablesefehlers nur ein Verbrauch von 87 cbm berechnet worden. 2 Die Geschäftsgrundlage wird darin gesehen, dass wenigstens größenordnungsmäßig der errechnete Verbrauch dem tatsächlichen annähernd entspricht. Abweichungen, die sich in diesem Rahmen halten, sollen zur Vermeidung langwieriger Streitigkeiten anschließend grundsätzlich von keiner Partei mehr geltend gemacht werden dürfen. Gegen diese Konstruktion bestehen Bedenken, da das Kalkulationsrisiko beim abrechnenden Vermieter liegt und deshalb nicht als Vertragsgrundlage anzuerkennen ist. 3 Zum Fall: Statt vom Mieter geleisteter Vorauszahlungen von 3420 DM wurden 5025 DM in die Abrechnung eingestellt. 4 S. v. Seldeneck Rn. 3838, einschränkend Langenberg Betriebskostenrecht G 209 S. 295: Korrektur nur bei erheblichen Fehlern, die über bloße Rechenfehler u.Ä. hinausgehen und keine groben Vertragswidrigkeiten darstellen; gänzlich dagegen: Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 133; Streyl WuM 2005, 505, 508.

681

452

Rn. V 453

Betriebskosten und ihre Abrechnung

schluss ohnehin nicht auf Umstände bezieht, die dem Erklärenden infolge einfacher Fahrlässigkeit nicht bekannt sind. 453

Der Annahme eines vereinbarten Einwendungsausschlusses durch Zahlung des Abrechnungssaldos oder eines Guthabens seitens des Mieters kann nicht gefolgt werden. Für das Werkvertragsrecht hat der BGH es abgelehnt, aus der Zahlung auf eine geprüfte Rechnung auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis bzw. auf einen Einwendungsverzicht zu schließen, da zum einen hieraus noch nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Willen geschlossen werden könne, und zum anderen ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis voraussetzt, dass die Parteien hierdurch einen Streit über einen Teil des Schuldverhältnisses vermeiden oder eine Ungewissheit ausräumen wollen, BGH – Urt. v. 11.1.2007 – MDR 2007, 712: Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollen und sich dahingehend einigen. Die erforderliche Einigung kann nur angenommen werden, wenn sich ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme feststellen lassen. Die Prüfung einer Rechnung, die Bezahlung einer Rechnung oder auch die Bezahlung nach Prüfung erlauben für sich genommen nicht, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzunehmen.

Der für die Wohnraummiete zuständige VIII. Senat des BGH hat offen gelassen, ob er der h.M. folgt, jedoch einschränkend darauf hingewiesen, dass ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis nur die Einwendungen ausschließt, die der Schuldner bei Abgabe der Erklärung kannte oder mit denen er zumindest rechnete, BGH – Urt. v. 18.1.2006 – WuM 2006, 150 für Unkenntnis des Mieters von der Ausschlusswirkung des § 556 Abs. 3 BGB, s. auch LG Bayreuth NZM 2005, 616, wenn der Mieter in Unkenntnis der Ausschlusswirkung des § 556 Abs. 3 BGB den Abrechnungssaldo gezahlt hat.

454

Die zum Werkvertragsrecht vertretene Auffassung überzeugt auch für das Mietrecht, da sie allgemeinen rechtsgeschäftlichen und schuldrechtlichen Grundsätzen entspricht. Dagegen bestehen Bedenken gegen die gegenteilige Auffassung, aus dem Zahlungsverhalten der Vertragsparteien auf einen rechtsgeschäftlichen Willen zu schließen, zumal sie sich mit der Rechtsgeschäftslehre kaum vereinbaren lässt.1 Unterstellt man, dass der Mieter weiß, dass mit der Abrechnung festgestellt werden soll, ob die Bruttomiete im Abrechnungszeitraum vollständig bezahlt wurde, und er unschwer erkennen kann, dass der Empfänger durch den Ausgleich des Saldos ... annehmen wird, die Abrechnung werde so akzeptiert und der Abrechnungsvorgang damit abgeschlossen,2 so folgt daraus noch kein Angebot auf Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses; denn dieses setzt voraus, den Streit über einen Anspruch zu beenden, indem der Schuldner auf Einwendungen verzichtet, die er kennt oder mit denen er rechnet. Das Korrektiv, das darin bestehen soll, dass der Mieter nicht generell mit unbekannten oder zukünftigen Einwendun1 Ludley NZM 2008, 72; s. auch Milger NZM 2009, 497. 2 So Langenberg NJW 2008, 1269, 1271 Sp. 2.

682

Nachforderungsausschluss und Berichtigung der Abrechnung

Rn. V 456

gen ausgeschlossen werden soll, greift zu kurz; denn es kommt nicht zum Tragen, wenn der Mieter entweder keinen Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung hat oder sich darüber schlicht keine Gedanken macht. Der Vermieter mag die Leistung des Mieters so verstehen, dass dieser die Abrechnung geprüft hat und das Abrechnungsergebnis akzeptiert (zum Vertrauensschutz s. Rn. V 455). Um ein solches Verständnis als Willenserklärung = Annahme des Angebots des Mieters aufzufassen, dessen Zugang obendrein nach § 151 BGB entbehrlich sein soll, wäre es erforderlich, dass der Vermieter erkennt, dass seine Forderung streitig ist und der Mieter nur leistet, um den Streit zu beenden und deshalb auf ihm bekannte Einwendungen sowie auf solche, mit denen er rechnet, zu verzichten.1 Aus einer unterlassenen Belegprüfung kann er diesen Schluss nicht ziehen, schon gar nicht auf einen Verzicht auf Einwendungen, die der Mieter zwar nicht kannte, aber bei sorgfältiger Prüfung hätte erheben können. Ein Einwendungsausschluss zu Lasten des Mieters lässt sich auch nicht aus einem Vertrauenstatbestand zugunsten des Vermieters ableiten. Selbst wenn man annimmt, der Vermieter habe darauf vertrauen dürfen, dass der Mieter die Abrechnung sorgfältig geprüft hat, ehe er den Abrechnungssaldo zahlt, findet ein Vertrauenstatbestand seine Grenze an der jeweiligen Schutzbedürftigkeit. Diese ist dann nicht gegeben, wenn der Vertrauenstatbestand durch eigenes vertragswidriges Verhalten bewirkt worden ist, wobei es auf ein Verschulden nicht einmal anzukommen braucht. Fallen dem Vermieter Abrechnungsfehler zur Last, so handelt es sich um Vertragsverletzungen i. S. von § 280 BGB, die ihn zum Ersatz – d.h. zur Berichtigung der Abrechnung – verpflichten. Das ist unbestritten, wenn und solange der Saldo nicht ausgeglichen ist.2 An der Rechtsqualität der Vertragsverletzung ändert sich indes nichts, wenn der Mieter den Abrechnungssaldo ausgeglichen hat. Ein Vertrauen des Vermieters, den auf eigenem pflichtwidrigen Verhalten erzielten Vorteil behalten zu dürfen, ist nicht schutzwürdig.3

455

Denkbar ist ein vereinbarter Einwendungsausschluss, wenn er von einem entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen und Erklärungsbewusstein der Vertragsparteien getragen wird,4

456

OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.6.2000 – DWW 2000, 196 = NZM 2001, 588 = ZMR 2000, 668: Hat der Mieter die Nebenkostenabrechnung in Einzelpunkten beanstandet und haben die Parteien sich daraufhin auf einen Abschlag von 20% geeinigt, so liegt hierin 1 Zutreffend Ludley NZM 2008, 72, 73. 2 S. OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.12.2006 – WuM 2007, 65 zur Ersatzpflicht des Vermieters bei unrichtiger Abrechnung durch das von ihm beauftragte Abrechnungsunternehmen. 3 Auf dem Boden der h.M. würde man nur dann zu einem durch Zahlung schlüssig bewirkten deklaratorischen Schuldanerkenntnis gelangen, wenn man unterstellen wollte, der Vermieter habe erkannt oder zumindest darauf vertraut, dass der Mieter Abrechnungsfehler nicht rügen werde. Auch in diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Schutzbedürftigkeit eines solchen Vertrauens. 4 MünchKomm/Schmid BGB § 556 Rn. 102; Schmid Rn. 3272.

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Rn. V 457

Betriebskosten und ihre Abrechnung

ein Schuldbestätigungsvertrag i.S. von § 781 BGB, der die Parteien wechselseitig mit solchen Einwendungen (hier: nachveranlagte Grundsteuer) ausschließt, die, ggf. durch den Vorbehalt der Nachforderung, bereits bei der Rechnungserteilung bzw. im Zeitpunkt des Zustandekommens des Schuldbestätigungsvertrages hätten geltend gemacht werden können.

457

Hat der Mieter von Wohnraum den Abrechnungssaldo ausgeglichen, bevor die Jahresfrist für den Einwendungsausschluss nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB abgelaufen ist, so könnte fraglich sein, ob er mit nachträglichen Einwendungen im Hinblick auf ein wirksames deklaratorisches Anerkenntnis ausgeschlossen ist. Das ist zu bejahen, auch wenn die Regelungen in § 556 BGB zum Nachteil des Mieters nicht abweichend vom Gesetz vereinbart werden können (§ 556 Abs. 4 BGB). Die Unabdingbarkeit betrifft nämlich nur solche Vereinbarungen, die allgemein und/oder vor Fälligkeit des Abrechnungssaldos getroffen werden. Anders kann es sich aber mit späteren einzelfallbezogenen Vereinbarungen aus konkretem Anlass – nämlich der Erteilung einer Abrechnung – verhalten (s. dazu Rn. V 456).1 Entsprechend verhält es sich, wenn man ein deklaratorisches Anerkenntnis des Vermieters in der vorbehaltlosen Erstattung eines Abrechnungsguthabens an den Mieter sieht,2 anders LG Berlin GE 2006, 125, 126 im Hinblick auf die durch das MRRG geschaffene neue Rechtslage in § 556 Abs. 3 BGB.

d) Rückforderung verspätet abgerechneter Betriebskosten 458

Hat der Vermieter verspätet abgerechnet und hat der Mieter in Unkenntnis der Folgen verspäteter Abrechnung gezahlt, so kann er das Geleistete nach § 812 BGB zurückfordern, BGH – Urt. v. 18.1.2006 – NZM 2006, 222 = WuM 2006, 150: Der Ablauf einer Ausschlussfrist führt – anders als der Ablauf einer Verjährungsfrist – nicht zu einer bloßen Einredebefugnis, sondern hat den Untergang des Rechts zur Folge. Der Schuldner, der nach Ablauf einer Ausschlussfrist Leistungen auf einen untergegangenen Anspruch erbringt, leistet ohne Rechtsgrund und kann somit das Geleistete nach § 812 BGB zurückfordern; s. auch LG Bayreuth NZM 2005, 616.

10. Einwendungsausschluss zu Lasten des Mieters a) Gesetzliche Grundlage 459

Der Mieter von preisfreiem Wohnraum muss seine Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung binnen 12 Monaten seit Übersendung der Abrechnung geltend machen (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB). Nach Ablauf der Frist ist er 1 S. zu § 556 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 412; Staudinger/Weitemeyer Rn. 134. 2 Es bestehen indes die gleichen Bedenken gegen die Annahme eines solchen Anerkenntnisses, wie sie im umgekehrten Fall eines Mieteranerkenntnisses erhoben worden sind, s. Rn. V 454.

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Rn. V 457

Betriebskosten und ihre Abrechnung

ein Schuldbestätigungsvertrag i.S. von § 781 BGB, der die Parteien wechselseitig mit solchen Einwendungen (hier: nachveranlagte Grundsteuer) ausschließt, die, ggf. durch den Vorbehalt der Nachforderung, bereits bei der Rechnungserteilung bzw. im Zeitpunkt des Zustandekommens des Schuldbestätigungsvertrages hätten geltend gemacht werden können.

457

Hat der Mieter von Wohnraum den Abrechnungssaldo ausgeglichen, bevor die Jahresfrist für den Einwendungsausschluss nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB abgelaufen ist, so könnte fraglich sein, ob er mit nachträglichen Einwendungen im Hinblick auf ein wirksames deklaratorisches Anerkenntnis ausgeschlossen ist. Das ist zu bejahen, auch wenn die Regelungen in § 556 BGB zum Nachteil des Mieters nicht abweichend vom Gesetz vereinbart werden können (§ 556 Abs. 4 BGB). Die Unabdingbarkeit betrifft nämlich nur solche Vereinbarungen, die allgemein und/oder vor Fälligkeit des Abrechnungssaldos getroffen werden. Anders kann es sich aber mit späteren einzelfallbezogenen Vereinbarungen aus konkretem Anlass – nämlich der Erteilung einer Abrechnung – verhalten (s. dazu Rn. V 456).1 Entsprechend verhält es sich, wenn man ein deklaratorisches Anerkenntnis des Vermieters in der vorbehaltlosen Erstattung eines Abrechnungsguthabens an den Mieter sieht,2 anders LG Berlin GE 2006, 125, 126 im Hinblick auf die durch das MRRG geschaffene neue Rechtslage in § 556 Abs. 3 BGB.

d) Rückforderung verspätet abgerechneter Betriebskosten 458

Hat der Vermieter verspätet abgerechnet und hat der Mieter in Unkenntnis der Folgen verspäteter Abrechnung gezahlt, so kann er das Geleistete nach § 812 BGB zurückfordern, BGH – Urt. v. 18.1.2006 – NZM 2006, 222 = WuM 2006, 150: Der Ablauf einer Ausschlussfrist führt – anders als der Ablauf einer Verjährungsfrist – nicht zu einer bloßen Einredebefugnis, sondern hat den Untergang des Rechts zur Folge. Der Schuldner, der nach Ablauf einer Ausschlussfrist Leistungen auf einen untergegangenen Anspruch erbringt, leistet ohne Rechtsgrund und kann somit das Geleistete nach § 812 BGB zurückfordern; s. auch LG Bayreuth NZM 2005, 616.

10. Einwendungsausschluss zu Lasten des Mieters a) Gesetzliche Grundlage 459

Der Mieter von preisfreiem Wohnraum muss seine Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung binnen 12 Monaten seit Übersendung der Abrechnung geltend machen (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB). Nach Ablauf der Frist ist er 1 S. zu § 556 BGB: Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 412; Staudinger/Weitemeyer Rn. 134. 2 Es bestehen indes die gleichen Bedenken gegen die Annahme eines solchen Anerkenntnisses, wie sie im umgekehrten Fall eines Mieteranerkenntnisses erhoben worden sind, s. Rn. V 454.

684

Einwendungsausschluss zu Lasten des Mieters

Rn. V 462

mit (weiteren) Einwendungen ausgeschlossen, es sei denn, dass er die Verspätung nicht zu vertreten hat.1 Der Einwendungsausschluss soll nicht für preisgebundenen Wohnraum gelten,2 BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 737 = WuM 2005, 579 = ZMR 2005, 937: Die Anwendung des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB setzt voraus, dass es sich bei der betreffenden Wohnung um preisfreien Wohnraum handelt. Im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 3 NMV ist keine dem § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB entsprechende Regelung enthalten. Eine Ausschlussfrist für Einwendungen des Mieters gegen Betriebskostenabrechnungen besteht deshalb im preisgebundenen Wohnraum nicht.

Die Regelung ist auch nicht auf die Vermietung von Gewerberaum anzuwenden; denn der Katalog der in § 578 BGB in Bezug genommenen Vorschriften ist bewusst begrenzt, und zu den allgemeinen Grundsätzen des Betriebskostenrechts zählt der Einwendungsausschluss nicht. Die Einwendungsfrist beginnt mit der Übersendung einer Abrechnung, die den formalen Mindestanforderungen entspricht.3 Zu den formellen Mindestanforderungen und zum Zugang der Abrechnung s. Rn. V 310, 366b.

460

Da es sich um eine Ausschlussfrist handelt, kann sie nicht durch eine dem Mieter vom Gericht im Rahmen eines streitigen Verfahrens gewährte Erklärungsfrist verlängert werden, AG Leipzig NZM 2008, 126.

Für die Geltendmachung von Einwendungen genügt nicht, dass der Mieter die Richtigkeit der Abrechnung allgemein oder einzelne Ansätze mit „Nichtwissen“ bestreitet. Vielmehr muss er seine Einwendungen so substantiieren, dass der Vermieter hierzu sachlich Stellung nehmen und den Abrechnungsmangel ggf. beheben kann,4

461

LG Bochum ZMR 2005, 863, 864: Teilt der Mieter zunächst nur „allgemeine Bedenken“ mit, sind außerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB vorgetragene konkrete Einwendungen verspätet und im Prozess nicht mehr zu berücksichtigen.

Zur Vorbereitung hierfür muss er von seinem Prüfungsrecht Gebrauch machen, das sich insoweit in eine Last kehrt (s. Rn. V 403). Der Mieter hat die Verspätung seiner Einwendungen nicht zu vertreten, wenn er sie z.B. infolge einer Erkrankung nicht geltend machen konnte. Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter unberechtigt die Einsicht oder die Übersendung von Kopien verweigert hat, sofern infolgedessen die Frist nicht eingehalten 1 S. dazu Lützenkirchen NZM 2002, 512; Schmid ZMR 2002, 727; Streyl NZM 2007, 324. 2 Langenberg Betriebskostenrecht G 188 S. 288; Schmid Rn. 3268; a.A. Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2069; Dickersbach NZM 2006, 281. 3 Zu § 556 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 131; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 499, einschränkend Herrlein/Kandelhardt/Both Rn. 88: auf die Nachprüfbarkeit der Abrechnung soll es nicht ankommen, abweichend: Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 80: auch eine formal ungenügende Abrechnung setzt die Frist in Lauf. 4 Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 81; Lützenkirchen NZM 2002, 512, 513.

685

462

Rn. V 463

Betriebskosten und ihre Abrechnung

werden konnte. Kann der Mieter während der Frist seine Kontrollrechte wahrnehmen, so führt eine vorangegangene Weigerung des Vermieters nicht dazu, die Frist zu hemmen.1 Nicht zu vertreten hat der Mieter außerdem die Fristversäumung, wenn er ohne sein Verschulden erst nach Fristablauf Kenntnis von Abrechnungsmängeln erhält, etwa weil sich die Unrichtigkeit der Abrechnung erst nachträglich herausstellte oder selbst durch Einsichtnahme in die Abrechnungsbelege nicht hätte festgestellt werden können. b) Umfang des Einwendungsausschlusses 463

Der Umfang des Einwendungsausschlusses ist umstritten. Einerseits soll er sich auf alle Einwendungen formeller und materieller Hinsicht beziehen,2 also auch auf den unberechtigten Kostenansatz, die unterbliebene Vorerfassung, die nicht umlagefähige Kostenart, den nicht vertragsgerechten Umlagemaßstab, eine nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV gebotene Kürzung,3 LG Berlin GE 2006, 651: Der Mieter ist nach Ablauf der Ausschlussfrist von einem Jahr auch mit Einwendungen wegen nicht umlagefähiger Betriebskosten ausgeschlossen.

Andererseits soll sich der Ausschluss auf Einwendungen beschränken, die sich auf eine dem Grunde nach zulässige Betriebskostenabrechnung stützen, die sich also aus ihr selbst oder aus den zu ihr gehörenden und zu kontrollierenden Belegen ergeben.4 Er soll also nicht greifen, wenn der Vermieter andere Bewirtschaftungskosten oder nicht vereinbarte Betriebskosten angesetzt oder einen unzulässigen bzw. nicht vereinbarten Umlagemaßstab angewendet hat. 464

In diesem Zusammenhang ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen der Befriedungswirkung, die mit dem Einwendungsausschluss angestrebt wird, und dem Schutzzweck der Vorschrift zugunsten des Vermieters. Schutzwürdig erscheint nicht der vertragswidrig handelnde Vermieter, dessen Abrechnungsfehler auf schuldhaftem Verhalten beruhen. Indes kann nahezu jeder Abrechnungsfehler wenigstens auf ein Versehen oder eine unrichtige Rechtsauffassung des Vermieters zurückgeführt werden, wobei im Allgemeinen ein auch nur fahrlässiges Verhalten schon eine Pflichtverletzung i.S. von §§ 280, 281 BGB darstellt. Wollte man die Einwendungen des Mieters gegenüber einer vertragswidrigen Abrechnung unbefristet zulassen, so würde das zu einer Aushöhlung der gesetzlichen Regelung führen. Als Korrektur zur Eingrenzung dieser Folge bietet sich an, auf den Umfang der den Mieter treffenden Prü1 Lützenkirchen a.a.O. 2 Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 81; Schmid ZMR 2002, 727, 730; Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 2064; Streyl WuM 2005, 505, 506; Streyl NZM 2007, 324. 3 So zum bisherigen Recht: LG Hamburg WuM 2000, 311 bei vorbehaltlosem Ausgleich des Abrechnungssaldos. 4 S. zu § 556 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 131; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 503 f.; Langenberg Betriebskostenrecht G 195 S. 291.

686

Einwendungsausschluss zu Lasten des Mieters

Rn. V 465

fungsobliegenheit – eine Obliegenheit im wohlverstandenen eigenen Interesse – abzustellen. Denn Einwendungsausschluss und Prüfungsobliegenheit entsprechen einander. Letztere findet ihre Grenze an der Zumutbarkeit. Zwischen Zumutbarkeit und Transparenz besteht ein Zusammenhang: Einerseits ist der Mieter nicht gehalten, Unklarheiten der Abrechnung aufzuklären, andererseits kann ihm zugemutet werden, nahe liegende Zweifel nicht zu unterdrücken, sondern vom Vermieter eine Erläuterung – z.B. zu nicht verständlichen Abkürzungen – zu verlangen (LG Dortmund WuM 2005, 865). Zuzumuten ist ihm, die Abrechnung sorgfältig – u.U. unter Heranziehung des Mietvertrages sowie früherer Abrechnungen – zu prüfen und mit Hilfe eines Taschenrechners einfachere Rechenoperationen nachzuvollziehen, ferner von seinen Prüfungsrechten – insbesondere der Belegeinsicht – Gebrauch zu machen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, Rechtsrat einzuholen. Will man die Zumutbarkeit der Prüfungsobliegenheit als Grenze des Einwendungsausschlusses nicht anerkennen,1 so würde der Einwendungsausschluss auch dort eingreifen, wo die Überprüfung einen u.U. für beide Parteien unzumutbaren Aufwand erfordern würde.2 In diesem Zusammenhang kann die Unzumutbarkeit der Überprüfung auch nicht auf arglistiges Verhalten des Vermieters – etwa einer Verschleierung der Kostenansätze – beschränkt werden.3 Nicht die Schwere, sondern die Erkennbarkeit des Abrechnungsfehlers nach den dem Mieter zuzumutenden Erkenntnismöglichkeiten ist ausschlaggebend dafür, ob der Mieter mit einer Einwendung ausgeschlossen wird. Das Gleiche gilt für alle formalen und materiellen Einwendungen – von der Umlegbarkeit der Kosten bis zur Vertragsgemäßheit des Umlagemaßstabs. Insofern ist im Interesse der Befriedung ein weiter Kreis für die Einwendungen, die der Mieter rechtzeitig erheben muss, zu ziehen. Er wird – wie oben erwähnt – eingegrenzt durch die Zumutbarkeit der Abrechnungsprüfung. Die Auffassung, dass auch Einwendungen, die die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung betreffen und anhand des Mietvertrages hätten behoben werden können, unter den Ausschluss fallen, entspricht dem Zweck des Gesetzes, zur alsbaldigen Befriedigung beizutragen, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NJW 2008, 282 = NZM 2008, 81 = WuM 2007, 694 = ZMR 2008, 107 = MietRB 2008, 66, 67 (Kurek): Zu den Einwendungen gegen eine Abrechnung des Vermieters über Vorauszahlungen für Betriebskosten gehört auch der Ein-

1 So Schmid ZMR 2002, 727, 730. 2 Beispiel: Der Vermieter legt bei der Abrechnung nach Flächenmaßstab seit Jahren eine Gesamtfläche für die Wirtschaftseinheit von 12 355 qm zugrunde. Der Mieter beanstandet dies nicht, weil er der Richtigkeit dieser Angabe vertraut. Tatsächlich beträgt die Gesamtfläche 13 212 qm, wie sich geraume Zeit später herausstellt. Kann der Mieter dies noch nach Ablauf der Einwendungsfrist rügen? Hätte er auf einem Aufmaß bestehen müssen? Hat er einen Regressanspruch gegenüber dem Mieterverein, den er mit einer Überprüfung der Abrechnung beauftragt hatte? 3 Beispiel: Der Vermieter legt dem kontrollierenden Mieter versehentlich unrichtige Belege vor. Er bewertet den auf Instandsetzungen entfallenden Kostenanteil des Hausmeisters infolge eines Fehlers seiner Buchhaltung zu niedrig.

687

465

Rn. V 466

Betriebskosten und ihre Abrechnung

wand, dass es für einzelne, nach § 556 Abs. 1 BGB grundsätzlich umlagefähige Betriebskosten an einer vertraglichen Vereinbarung über deren Umlage fehle. BGH – Urt. v. 5.3.2008 – MDR 2008, 679 = NZM 2008, 361 = WuM 2008, 283, 284:1 Zu den Einwendungen gegen eine Abrechnung des Vermieters über Vorauszahlungen für Betriebskosten, die der Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Zugang einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung geltend machen muss, gehört auch der Einwand, dass der Vermieter Betriebskosten, die nach der mietvertraglichen Vereinbarung durch eine Teilinklusivmiete abgegolten sein sollten, abredewidrig konkret abgerechnet hat. So auch AG Bremen WuM 2008, 226 bei Abrechnung für 13 statt für 12 Monate.

11. Verwirkung und Verjährung a) Verwirkung nach Treu und Glauben 466

Die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung werden durch die Neuregelung der gesetzlichen Verwirkung in § 556 Abs. 3 BGB. zwar nicht verdrängt, gelten aber im Anwendungsbereich dieser Vorschrift nur noch hilfsweise.2 Im Übrigen sind sie für die Betriebskostenabrechnungen in Wohnraummietsachen beachtlich, soweit es sich um Abrechnungsperioden bis einschließlich der Verbrauchsperiode für das Jahr 2000 handelt. Sie gelten ferner uneingeschränkt für Mietverhältnisse, die sich nicht auf Wohnraum beziehen.

467

An das Vorliegen des Umstandsmoments stellt die obergerichtliche Rspr. strenge Anforderungen, da der Mieter durch seinen einklagbaren Anspruch auf Abrechnung und das Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Vorauszahlungen hinreichend geschützt sei, BGH – Urt. v. 29.2.1984 – NJW 1984, 1684 = WuM 1984, 127, BGH – RE v. 11.4.1984 – BGHZ 91, 62 = WuM 1984, 185, 187, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1302 = NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann): Die Forderung aus einer rechtzeitigen Betriebskostenabrechnung über eine anschließende Abrechnungsperiode ist nur verwirkt, wenn vertrauensbildende Umstände – abgesehen vom bloßen Zeitablauf – vorliegen. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es über längere Zeit nicht geltend macht und sich der Verpflichtete darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, wobei der Verstoß gegen Treu und Glauben in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung liegt. Eine Verwirkung kommt nur dann in Betracht, wenn – abgesehen vom bloßen Zeitablauf – Umstände vorliegen, die für den Schuldner einen Vertrauenstatbestand schaffen und die spätere Geltendmachung des Rechts als treuwidrig erscheinen lassen (BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NJW-RR 2005, 1464 = WuM 2005, 735 Ziff. II 4 m.w.N.).

468

Bloße Untätigkeit reicht nicht aus, um das sog. Umstandsmoment auszufüllen, 1 S. dazu Wall WuM 2008, 327. 2 S. zu § 556 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 134, 143; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 90; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 521.

688

Rn. V 466

Betriebskosten und ihre Abrechnung

wand, dass es für einzelne, nach § 556 Abs. 1 BGB grundsätzlich umlagefähige Betriebskosten an einer vertraglichen Vereinbarung über deren Umlage fehle. BGH – Urt. v. 5.3.2008 – MDR 2008, 679 = NZM 2008, 361 = WuM 2008, 283, 284:1 Zu den Einwendungen gegen eine Abrechnung des Vermieters über Vorauszahlungen für Betriebskosten, die der Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Zugang einer formell ordnungsmäßigen Abrechnung geltend machen muss, gehört auch der Einwand, dass der Vermieter Betriebskosten, die nach der mietvertraglichen Vereinbarung durch eine Teilinklusivmiete abgegolten sein sollten, abredewidrig konkret abgerechnet hat. So auch AG Bremen WuM 2008, 226 bei Abrechnung für 13 statt für 12 Monate.

11. Verwirkung und Verjährung a) Verwirkung nach Treu und Glauben 466

Die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung werden durch die Neuregelung der gesetzlichen Verwirkung in § 556 Abs. 3 BGB. zwar nicht verdrängt, gelten aber im Anwendungsbereich dieser Vorschrift nur noch hilfsweise.2 Im Übrigen sind sie für die Betriebskostenabrechnungen in Wohnraummietsachen beachtlich, soweit es sich um Abrechnungsperioden bis einschließlich der Verbrauchsperiode für das Jahr 2000 handelt. Sie gelten ferner uneingeschränkt für Mietverhältnisse, die sich nicht auf Wohnraum beziehen.

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An das Vorliegen des Umstandsmoments stellt die obergerichtliche Rspr. strenge Anforderungen, da der Mieter durch seinen einklagbaren Anspruch auf Abrechnung und das Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Vorauszahlungen hinreichend geschützt sei, BGH – Urt. v. 29.2.1984 – NJW 1984, 1684 = WuM 1984, 127, BGH – RE v. 11.4.1984 – BGHZ 91, 62 = WuM 1984, 185, 187, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1302 = NZM 2008, 276 = WuM 2008, 225 = MietRB 2008, 161, 162 (Hoffmann): Die Forderung aus einer rechtzeitigen Betriebskostenabrechnung über eine anschließende Abrechnungsperiode ist nur verwirkt, wenn vertrauensbildende Umstände – abgesehen vom bloßen Zeitablauf – vorliegen. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es über längere Zeit nicht geltend macht und sich der Verpflichtete darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, wobei der Verstoß gegen Treu und Glauben in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung liegt. Eine Verwirkung kommt nur dann in Betracht, wenn – abgesehen vom bloßen Zeitablauf – Umstände vorliegen, die für den Schuldner einen Vertrauenstatbestand schaffen und die spätere Geltendmachung des Rechts als treuwidrig erscheinen lassen (BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NJW-RR 2005, 1464 = WuM 2005, 735 Ziff. II 4 m.w.N.).

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Bloße Untätigkeit reicht nicht aus, um das sog. Umstandsmoment auszufüllen, 1 S. dazu Wall WuM 2008, 327. 2 S. zu § 556 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 134, 143; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer Rn. 90; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 521.

688

Verwirkung und Verjährung

Rn. V 470

OLG Köln – Urt. v. 9.11.1998 – NZM 1999, 170: Der Anspruch auf Zahlung rückständiger Heizkosten ist nicht deshalb verwirkt, weil der Vermieter ihn erst länger als ein Jahr nach Ablauf des vorgesehenen Abrechnungszeitraums geltend macht. Allein eine Untätigkeit des Gläubigers, d.h. eine nicht vertragsgerechte Abrechnung innerhalb des vorgesehenen Abrechnungszeitraums, reicht nicht aus (s. auch OLG Hamburg WM 1992, 76); OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.10.2002 – WuM 2003, 151: Allein durch das Unterlassen der Abrechnung – hier aus Versehen – für mehrere Jahre folgt noch nicht einmal das Zeitmoment einer Verwirkung. Der Verstoß gegen Treu und Glauben, der den Verwirkungstatbestand begründet, besteht in der Illoyalität der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs, die darin zu sehen ist, dass die Forderung noch verfolgt wird, obwohl der Vertragspartner bereits darauf vertrauen durfte, dass keine Forderungen mehr geltend gemacht werden, und er sich hierauf auch bereits eingerichtet hatte; OLG Düsseldorf – Beschl. v. 3.2.2000 – ZMR 2000, 215: Hat der Vermieter die vertraglich vereinbarte Abrechnungsfrist versäumt, so reicht das noch nicht als Umstandsmoment für die Verwirkung.

Indes besteht zwischen dem sog. Zeitmoment und dem sog. Umstandsmoment eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist, BGH – Urt. v. 19.10.2005 – MDR 2006, 562 = NZM 2006, 58 = ZMR 2006, 107 = MietRB 2006, 182 (Bieber) zur Verwirkung von Gewährleistungsansprüchen, KG – Urt. v. 27.11.2006 – NZM 2008, 129 = ZMR 2007, 364: Hinsichtlich der zeitlichen Voraussetzungen für die Verwirkung gilt allgemein der Grundsatz, dass umso seltener Raum für eine Verwirkung sein wird, je kürzer die Verjährungsfrist ist. Bei kürzer verjährenden Forderungen (hier aus Betriebskostenabrechnung für Gewerberäume) kann eine Verwirkung vor Ablauf der Verjährungsfrist nur aus ganz besonderen Gründen angenommen werden; die bloße Untätigkeit des Vermieters reicht insoweit nicht. OLG Naumburg – Urt. v. 3.4.2007 – ZMR 2007, 618: Hinsichtlich der zeitlichen Voraussetzungen gilt allgemein der Grundsatz, dass umso seltener Raum für eine Verwirkung sein wird, je kürzer die Verjährungsfrist ist. Bei kürzer verjährenden Forderungen – hier 3 Jahre – kann eine Verwirkung vor Ablauf der Verjährungsfrist nur aus ganz besonderen Gründen angenommen werden; die bloße Untätigkeit des Vertragspartners reicht nicht. Anderenfalls würde dies zu einer Aushöhlung der Verjährungsvorschriften führen.

In diese Richtung zielt auch die Instanzrechtsprechung. Gelegentlich wird aus dem Zeitmoment auf das Umstandsmoment geschlossen. So ist nach LG Hannover WM 1996, 427 das Zeitmoment bei einem Jahr nach Ablauf der Abrechnungsperiode (= Eintritt der Abrechnungsreife) gegeben, während das Umstandsmoment darin gesehen wird, dass der Mieter darauf vertraut hat, dass die Vorauszahlungen kostendeckend sind, und dieses Vertrauen durch die unterlassene Abrechnung gefördert worden ist (hier: Abrechnung im Mai 1993 für die Jahre 1987–1991).

469

Als Umstandsmoment, das den Mieter auf das Ausbleiben von Nachforderungen vertrauen lassen kann, ist insbesondere bei der Wohnraummiete angesehen worden:

470

689

Rn. V 471

Betriebskosten und ihre Abrechnung

– die mehrmalige Erhöhung der Nettokaltmiete, weil der Mieter darauf vertrauen darf, dass der Vermieter mit dem Betrag der Nettokaltmiete auch den der Betriebskostenvorauszahlungen auf ihre Angemessenheit überprüft und eine etwaige Unterdeckung alsbald durch Abrechnung und Erhöhung der Vorauszahlungsbeträge geltend machen wird (LG Hannover WuM 1996, 427), – Ende einer Auseinandersetzung, die der Vermieter erst nach mehreren Jahren wieder aufnimmt (LG Berlin NZM 2002, 286), – die Beendigung des Mietverhältnisses, wenn danach und nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht alsbald die Betriebskostenabrechnung erteilt wird (LG Mannheim, ZMR 1990, 378, LG Hannover WuM 1991, 599, LG Berlin ZMR 1992, 543), LG Berlin NZM 2005, 377: Der Anspruch aus einer Betriebskostenabrechnung ist verwirkt, wenn er erst 4 Jahre nach Beendigung des Mietverhältnisses durch Klage geltend gemacht wird.

Zum Umstandsmoment gehört nicht nur, dass der Mieter auf einen bestimmten Tatbestand vertrauen durfte, sondern dass er auch darauf vertraut hat, hier insbesondere er sich in seiner Finanzplanung darauf eingerichtet hat, nicht mehr mit Nachforderungen belastet zu werden, OLG Hamburg – Urt. v. 8.1.1991 – WuM 1992, 76, OLG Düsseldorf – U. v. 22.4.1993 – DWW 1993, 261.

471

Die Verwirkung erfasst nur bereits entstandene Ansprüche auf Nachzahlung von Betriebskosten, entfaltet also keine vertragsändernde Wirkung für die Zukunft. Sie hindert den Vermieter demnach nicht, künftig entsprechend den vertraglichen Regeln abzurechnen, LG Berlin GE 1999, 188.

b) Verjährung aa) Vermieteransprüche 472

Die Verjährung des Anspruchs aus der Nebenkostenabrechnung beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Umständen der Entstehung sowie von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat. Der Anspruch auf Zahlung des Abrechnungssaldos entsteht mit der Erteilung der Abrechnung (s. Rn. V 372, 375), BGH – RE v. 19.12.1990 – MDR 1991, 524 = WuM 1991, 151 = ZMR 1991, 133, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NJW 2005, 1499 = WuM 2005, 337 = ZMR 2005, 439, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.11.2002 – ZMR 2003, 252.

473

Damit hat es der Vermieter von Gewerberaum, der nicht den Nachforderungsausschluss gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB zu befürchten braucht, in der Hand, die Fälligkeit der Betriebskostenforderung auch nach Eintritt der Ab690

Verwirkung und Verjährung

Rn. V 476

rechnungsreife selbst zu bestimmen. Dies ist als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet worden, KG – Urt. v. 14.10.2002 – GE 2003, 117: Unterlässt der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung, muss er sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wenn die Forderung fällig geworden wäre (a.A. BGHZ 113, 194), mit der Folge, dass dann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt.

Hiergegen bestehen Bedenken; denn der Mieter ist – abgesehen von seinem Erfüllungsanspruch – hinreichend durch den Einwand der Verwirkung geschützt. Der Anspruch des Vermieters auf Betriebskostenvorauszahlungen erlischt im Regelfall mit Eintritt der Abrechnungsreife (Rn. V 273), so dass sich die Verjährungsfrage nicht stellt. Ist sie ausnahmsweise doch aktuell, so gilt die Regelfrist des § 195 BGB ebenso wie für Mietzahlungen.

bb) Mieteransprüche Der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Betriebskostenabrechnung unterliegt ebenfalls der Regelverjährung gemäß § 195 BGB. Die Verjährungsfrist beginnt mit Eintritt der Abrechnungsreife; denn erst zu diesem Zeitpunkt wird der Anspruch des Mieters fällig,

474

LG Neubrandenburg WuM 2007, 390.

Auch der Rückforderungsanspruch des Mieters wegen überzahlter Nebenkosten verjährt nach Ablauf von 3 Jahren, Der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich ebenfalls nach § 199 Abs. 1 BGB. Die Frist beginnt also nicht, bevor nicht der Mieter eine Abrechnung erhalten hat (s. aber auch Rn. V 383).

cc) Übergangsrecht Die vorstehenden Ausführungen berücksichtigen das neue Verjährungsrecht auf Grund der Schuldrechtsmodernisierung. Dieses Recht ist am 1.1.2002 in Kraft getreten; für Mietverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 begründet worden sind, gilt es jedoch erst seit dem 1.1.2003 (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB). Für Ansprüche, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, gilt bezüglich der Verjährung die Übergangsregelung in Art. 229 § 6 EGBGB. Danach ist Folgendes zu beachten: Auch auf die sog. Altansprüche ist grundsätzlich das neue Verjährungsrecht anzuwenden, insbesondere gilt die Regelfrist von 3 Jahren gemäß § 195 BGB. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB werden die neuen Fristen für die sog. Altansprüche, die der vierjährigen Verjährungsfrist nach § 197 BGB a.F. unterlagen, erst ab 1.1.2002 berechnet. Wäre aber die Verjährungsfrist nach altem Recht eher abgelaufen als die nach neuem Recht ab 1.1.2002 berechnete, so gilt der frühere Verjährungsablauf.

475

Da das neue Schuldrecht für Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 begründet worden sind, aber erst am 1.1.2003 in Kraft getreten ist, sind auch die in Art. 229 § 6 EGBGB genannten Fristen um ein Jahr hinausgeschoben.

476

691

Rn. V 500

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Beispiel: Der Vermieter hat über die Betriebskosten für das Jahr 1999 am 15.6.2000 abgerechnet. Der Anspruch aus dem Abrechnungssaldo würde nach altem Recht (§ 197 BGB a.F.) mit Ablauf des 31.12.2004 verjähren. Dagegen würde die Regelfrist gemäß §199 BGB am 1.1.2003 in Lauf gesetzt und mit Ablauf des 31.12.2005 enden. Da die Verjährungsfrist nach § 197 BGB a.F. früher abläuft als die Regelfrist, ist der Anspruch mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt.

477–499 Frei.

12. Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser 500

Die Umlage der Kosten für Heizung und Warmwasser richten sich nach den §§ 556, 556a, 560 BGB, da es sich hierbei um Betriebskosten i.S. von § 556 Abs. 1 BGB handelt (s. § 2 Nr. 2–4 BetrKV). Verstöße gegen die Ausstattungsund Abrechnungspflicht (§§ 4, 6 HeizkostenV) bleiben öffentlich-rechtlich sanktionslos. a) Geltungsbereich der HeizkostenV

501

Die HeizkostenV in der Fassung der VO v. 2.12.2008 (BGBl. I 2375)1 ist grundsätzlich auf alle Mietverhältnisse anwendbar, soweit kein Ausschlusstatbestand des § 11 HeizkostenV vorliegt oder nicht ausnahmsweise rechtsgeschäftliche Vereinbarungen vorgehen (§ 2 HeizkostenV, s. Rn. V 508). Sie gilt also auch für Mietverhältnisse über Gewerberäume ebenso wie für Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum, soweit dort keine Sondervorschriften bestehen (s. § 1 Abs. 4 HeizkostenV, auch § 22 NMV). Die HeizkostenV ist in den neuen Bundesländern am 1.1.1991 in Kraft getreten (Art. 8 Einigungsvertrag).2 Die Ausstattungs- bzw. Nachrüstungspflicht für Räume, die bis zum 1.1.1991 bezugsfertig geworden sind, musste spätestens bis zum 31.12.1995 erfüllt sein. b) Anwendungsbereich der HeizkostenV aa) Erfasste Heizungsanlagen

502

Die HeizkostenV bezieht sich auf folgende Anlagen: – Betrieb einer Heizungs- und Warmwasseranlage durch den Eigentümer (§ 1 HeizkostenV). Das ist auch möglich durch den Bezug eigen- oder fremderzeugter Fernwärme, z.B. der Eigentümer betreibt eine konventionelle Sammelheizungsanlage oder ein eigenes Blockheizwerk oder er bezieht von einem Dritten Fernwärme (§ 1 Abs. 1 HeizkostenV) oder er überträgt die Wärmeversorgung im sog. Eigentümermodell durch Wärmedirektservice auf 1 S. dazu Wall WuM 2009, 3 f. 2 S. dazu Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 10 des Einigungsvertrages.

692

Rn. V 500

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Beispiel: Der Vermieter hat über die Betriebskosten für das Jahr 1999 am 15.6.2000 abgerechnet. Der Anspruch aus dem Abrechnungssaldo würde nach altem Recht (§ 197 BGB a.F.) mit Ablauf des 31.12.2004 verjähren. Dagegen würde die Regelfrist gemäß §199 BGB am 1.1.2003 in Lauf gesetzt und mit Ablauf des 31.12.2005 enden. Da die Verjährungsfrist nach § 197 BGB a.F. früher abläuft als die Regelfrist, ist der Anspruch mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt.

477–499 Frei.

12. Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser 500

Die Umlage der Kosten für Heizung und Warmwasser richten sich nach den §§ 556, 556a, 560 BGB, da es sich hierbei um Betriebskosten i.S. von § 556 Abs. 1 BGB handelt (s. § 2 Nr. 2–4 BetrKV). Verstöße gegen die Ausstattungsund Abrechnungspflicht (§§ 4, 6 HeizkostenV) bleiben öffentlich-rechtlich sanktionslos. a) Geltungsbereich der HeizkostenV

501

Die HeizkostenV in der Fassung der VO v. 2.12.2008 (BGBl. I 2375)1 ist grundsätzlich auf alle Mietverhältnisse anwendbar, soweit kein Ausschlusstatbestand des § 11 HeizkostenV vorliegt oder nicht ausnahmsweise rechtsgeschäftliche Vereinbarungen vorgehen (§ 2 HeizkostenV, s. Rn. V 508). Sie gilt also auch für Mietverhältnisse über Gewerberäume ebenso wie für Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum, soweit dort keine Sondervorschriften bestehen (s. § 1 Abs. 4 HeizkostenV, auch § 22 NMV). Die HeizkostenV ist in den neuen Bundesländern am 1.1.1991 in Kraft getreten (Art. 8 Einigungsvertrag).2 Die Ausstattungs- bzw. Nachrüstungspflicht für Räume, die bis zum 1.1.1991 bezugsfertig geworden sind, musste spätestens bis zum 31.12.1995 erfüllt sein. b) Anwendungsbereich der HeizkostenV aa) Erfasste Heizungsanlagen

502

Die HeizkostenV bezieht sich auf folgende Anlagen: – Betrieb einer Heizungs- und Warmwasseranlage durch den Eigentümer (§ 1 HeizkostenV). Das ist auch möglich durch den Bezug eigen- oder fremderzeugter Fernwärme, z.B. der Eigentümer betreibt eine konventionelle Sammelheizungsanlage oder ein eigenes Blockheizwerk oder er bezieht von einem Dritten Fernwärme (§ 1 Abs. 1 HeizkostenV) oder er überträgt die Wärmeversorgung im sog. Eigentümermodell durch Wärmedirektservice auf 1 S. dazu Wall WuM 2009, 3 f. 2 S. dazu Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 10 des Einigungsvertrages.

692

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 503

einen Dritten (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 HeizkostenV). Die frühere Unterscheidung von Fernwärme und Nahwärme ist damit gegenstandslos. – Betrieb einer Heizungs- und Warmwasseranlage durch einen Nutzungsberechtigten z.B. einen Nießbraucher, Wohnungseigentümer oder Vermieter, der nicht Eigentümer zu sein braucht (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HeizkostenV). – Betrieb der Anlage durch einen Anlagenbetreiber (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 HeizkostenV). Von dieser Regelung werden diejenigen Fälle erfasst, in denen der Gebäudeeigentümer/Vermieter seine Beheizungspflicht auf einen Dritten überträgt und diesem die Befugnis einräumt, über die Kosten abzurechnen und das Entgelt unmittelbar vom Mieter zu fordern. Das bedingt, dass der Dritte mit dem Mieter einen Liefervertrag abschließt, durch den der Vermieter von seiner Beheizungspflicht befreit wird. – Betrieb der Anlage durch den Nutzer/Mieter auf Grund eines Wärmelieferungsvertrages, der unmittelbar mit dem Dritten abgeschlossen ist, soweit nicht allein der Verbrauch des Nutzers/Mieters, sondern nur sein Anteil am Gesamtverbrauch zugrunde zu legen ist (§ 1 Abs. 3 HeizkostenV). Damit ist zugleich der Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV eingeschränkt. Der Dritte kann mit dem Gebäudeeigentümer/Vermieter identisch, erst recht als dessen Tochterunternehmen organisiert sein.1 bb) Ausnahmen vom Anwendungsbereich der HeizkostenV Die HeizkostenV ist nicht anzuwenden, wenn einer der Tatbestände des § 11 HeizkostenV vorliegt. Umstritten ist, ob ein Ausnahmefall nach § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizkostenV – Nichtbeeinflussbarkeit des Wärmeverbrauchs bei Gebäuden, die vor dem 1.7.1981 bezugsfertig geworden sind – gegeben ist, wenn eine Einrohrheizung besteht. In diesem Zusammenhang ist zwischen vertikalen und horizontalen Einrohrheizungen zu unterscheiden.2 Technisch ist zwar die Möglichkeit der Verbrauchserfassung gegeben, AG Neukölln WuM 2003, 325, AG Halle/Saalkreis ZMR 2006, 536.

Jedoch kann häufig insbesondere infolge unzureichender Wärmedämmung der Rohrleitungen nur ein geringer Anteil der in der Wohnung abgegebenen Wärmemenge verbrauchsabhängig erfasst werden, so dass dann eine verbrauchsabhängige Abrechnung nicht vorliegt, LG Meiningen WuM 2003, 453, LG Gera WuM 2007, 511: Werden von den an den Heizkörpern angebrachten Heizkostenverteilern nur geringe Anteile der im Gebäude tatsächlich abgegebenen Wärmemenge erfasst, dürfen die Heizkosten der einzelnen Wohnungen nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Vielmehr sind sie verbrauchsunabhängig (nach dem Verhältnis der Wohnfläche) umzulegen.3 1 S. Schmid Rn 6047. 2 S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 127 f. S. 389; Haake ZMR 2006, 499. 3 Zum Fall: infolge zunehmenden Leerstandes lediglich verbrauchsabhängig erfasster Wärmeverbrauch: 2001: 30%, 2002: 23%, 2003: 15%, 2004: 7%.

693

503

Rn. V 504

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Sind die Heizkörper mit herkömmlichen Ventilen zum An- und Abstellen der Heizung ausgestattet, ist eine Beeinflussungsmöglichkeit gegeben, so dass der Ausnahmetatbestand des § 11 Nr. 1b HeizkostenV nicht vorliegt, LG Hamburg WuM 1986, 119.

Die Erschwernisse, Heizkostenverteiler dort anzubringen, wo die Heizkörper verkleidet sind, ist kein technischer Hinderungsgrund, der einer Verbrauchserfassung i.S. von § 11 Abs. 1 Nr. 1 HeizkostenV entgegensteht (LG Hamburg WuM 1992, 259). 504

Ob die Kosten der Ausstattung des Gebäudes mit Erfassungsgeräten unverhältnismäßig hoch i.S. von § 11 Abs. 1 Nr. 1a HeizkostenV sind, beurteilt sich auf Grund eines Vergleichs der Kosten für die Installation der Messgeräte sowie des Mess- und Abrechnungsaufwands mit der möglichen Einsparung an Heizenergie, BGH – Urt. v. 30.1.1991 – WuM 1991, 282 = ZMR 1991, 170.

Dies ist auf Grund eines (hochgerechneten) 10-Jahresvergleichs zu ermitteln, d.h., es ist zu prüfen, ob sich die Kosten für Installation, Wartung, Nacheichung und Abrechnung durch die eingesparten Energiekosten innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren amortisiert haben, BayObLG – Beschl. v. 30.6.2004 – WuM 2004, 737 = ZMR 2005, 135: Eine Ausnahme von der HeizkostenV wegen unverhältnismäßiger Kosten ist gegeben, wenn in einem 10-Jahresvergleich die Kosten für die Installation der Messgeräte sowie deren Wartung und Ablesung höher sind als die voraussichtlich einzusparenden Kosten. Dabei können für die Kostenersparnis 15% der Gesamtkosten angesetzt werden. Eine zu erwartende Erhöhung der Energiepreise kann berücksichtigt werden; KG – Beschl. v. 30.11.1992 – WuM 1993, 300, LG Berlin ZMR 2003, 679.

Diese Rspr. ist nunmehr in § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizkostenV übernommen worden. Damit wird auch den Anforderungen in § 5 Abs. 1 EnEG Rechnung getragen. 505

Liegt ein Ausnahmetatbestand des § 11 HeizkostenV vor, der eine von §§ 3–7 HeizkostenV abweichende Abrechnung zulässt, führt dies nicht zu einem Kürzungsrecht gem. § 12 Abs. 1 HeizkostenV, da kein Verstoß gegen diese Verordnung vorliegt, BGH – Urt. v. 8.10.2003 – NZM 2004, 24 = WuM 2003, 699 = ZMR 2004, 99, LG Halle ZMR 2003, 428, AG Lübben NZM 2000, 907.

c) Vorrang der HeizkostenV vor rechtsgeschäftlichen Regelungen 506

Die Vorschriften der HeizkostenV haben grundsätzlich Vorrang vor rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen (§ 2 HeizkostenV). Das wurde von der h.M. bisher so verstanden, dass § 2 HeizkostenV lediglich eine Regelung für den Kollisionsfall zwischen Verordnungsrecht und Vertragsrecht enthält. Waren sich die Parteien über eine von der HeizkostenV abweichende Abrechnungsweise einig, so sollten diese Regelungen gelten, bis sich eine Partei auf die Bestimmungen der Verordnung berief und mit Wirkung für die Zukunft eine verbrauchsabhängige Abrechnung verlangen konnte, 694

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 510

OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.9.2002 – ZMR 2003, 109, LG Chemnitz ZMR 2003, 573.

Demgegenüber wird nunmehr davon auszugehen sein, dass der Vorrang der HeizkostenV nicht davon abhängt, dass eine der Parteien die verbrauchsabhängige Abrechnung verlangt, sondern die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit der Parteien von vornherein einschränkt,

507

BGH – Urt. v. 19.7.2006 – NZM 2006, 652 = WuM 2006, 518 = ZMR 2006, 766: Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass die vorrangige Anwendung der HeizkostenV davon abhängig ist, dass eine Partei die verbrauchsabhängige Abrechnung verlangt. Nach dem Wortlaut des § 2 HeizkostenV ist die Geltung der Vorschriften der HeizkostenV nicht davon abhängig, dass der Gebäudeeigentümer oder der Nutzer eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung verlangt. Vielmehr wird dadurch, dass die Vorschriften der HeizkostenV abweichenden Vereinbarungen gemäß § 2 HeizkostenV ohne weiteres „vorgehen“, die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit der Parteien kraft Gesetzes eingeschränkt.

Danach sind von der HeizkostenV abweichende Vereinbarungen gemäß § 134 BGB nichtig. Das betrifft etwa die Vereinbarung einer flächenabhängigen Abrechnung der Heizkosten oder einer Bruttowarmmiete. Der Vorrang der HeizkostenV besteht dann nicht, wenn es sich um ein Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen handelt, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt. Die Regelung gilt analog auch für den Fall, dass es sich um zwei Gewerbeeinheiten oder um eine Gewerbeeinheit und eine Wohnung handelt, dagegen nicht, wenn neben zwei Wohnungen noch eine Gewerbeeinheit vorhanden ist.1 Bei einer Wohnungseigentumsanlage mit zwei Wohnungen, von denen eine von ihrem Eigentümer vermietet ist und die andere von dem Eigentümer bewohnt wird, besteht eine Pflicht zur Verbrauchserfassung nach den Vorschriften der HeizkostenV. § 2 HeizkostenV findet insoweit keine Anwendung,

508

OLG München – Beschl. v. 11.9.2007 – MDR 2007, 1717.

Anders könnte es sich verhalten, wenn beide Wohnungen demselben Eigentümer gehörten (OLG München a.a.O.). Der einmal gegebene Ausnahmetatbestand kann durch spätere Veränderungen der Verhältnisse wieder entfallen. d) Umgestaltung von Mietverträgen Ist eine Bruttomiete vereinbart, so wird diese kraft Gesetzes in eine Bruttokaltmiete umgewandelt, verbunden mit der Pflicht zur gesonderten verbrauchsabhängigen Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten,

509

BGH – Urt. v. 19.7.2006 – NZM 2006, 652 = WuM 2006, 518 = ZMR 2006, 766.

Der Heizkostenanteil ist aus der Warmmiete herauszurechnen und wird alsdann als Vorauszahlung gewertet, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2008 – NZM 2008, 524 = ZMR 2008, 710.

1 Schmid Rn. 6088; Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 2 Rn. 30.

695

510

Rn. V 511

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Unklar ist, ob der Bruttomiete der aktuelle Kostenanteil oder derjenige zur Zeit des Vertragsabschlusses bzw. der letzten Mieterhöhung herauszurechnen ist,1 einerseits: LG Kiel ZMR 1984, 376, WuM 1987, 360: In der Grundmiete enthaltene Heizungskosten, über die abzurechnen ist, sind dem vertraglich vereinbarten Heizkostenvorschuss in Höhe der tatsächlichen Kosten der vorangegangenen Heizperiode hinzuzurechnen; andererseits: LG Darmstadt WuM 1989, 92 (LS): Bei Änderung einer Warmmiete in eine Kaltmiete mit Heizkostenvorauszahlungen ist der bei Vertragsabschluss maßgebliche oder der später vertraglich erhöhte Betriebskostenanteil aus der Inklusivmiete herauszurechnen; s. auch BayObLG – RE v. 23.6.1988 – NJW-RR 1988, 1293 (II 3b) = WuM 1988, 257 = ZMR 1988, 384: Für den Regelfall ist davon auszugehen, dass in einem als Inklusivmiete vereinbarten Mietentgelt auch die nicht gesondert auf den Mieter abgewälzten Aufwendungen des Vermieters für die Betriebskosten enthalten sind. Nach den Vorstellungen der Vertragsschließenden werden derartige Betriebskosten wirtschaftlich nicht aus dem Vermögen des Vermieters bestritten, sie sind vielmehr in der Kalkulation des von ihm geforderten Mietzinses enthalten. Demenstprechend ist der kalkulatorische Ansatz der Heiz- und Warmwasserkosten aus der ursprünglich vereinbarten oder der auf Grund der letzten Mietzinsanpassung geschuldeten Pauschalmiete herauszurechnen, ggf. unter Zuziehung eines Sachverständigen, und künftig als Vorauszahlung zu behandeln.

Letzterer Auffassung ist zu folgen; denn nur dadurch wird dem vereinbarten Äquivalenzverhältnis Rechnung getragen.2 Anderenfalls würde der Nettokaltmietanteil unverhältnismäßig stark verringert werden. Das böte dem Vermieter die Möglichkeit, diese Einbuße durch eine Mieterhöhung nach § 558 BGB auszugleichen, soweit dem nicht die Kappungsgrenze entgegenstünde. 511

Sind erhebliche Leerstände im Gebäude oder in der Wirtschaftseinheit vorhanden, so kann der Mieter eine Änderung des Umlageverhältnisses zwischen Grundkosten und Verbrauchskosten auf 50:50 verlangen, sofern ein anderes Verhältnis mietvertraglich gilt (s. dazu Rn. V 215), AG Annaberg WuM 2007, 131.

e) Pflicht zur Verbrauchserfassung 512

Der Verbrauchserfassung ist die Pflicht des Vermieters zur Ausstattung mit Geräten zur Verbrauchserfassung in § 5 HeizkostenV vorgelagert. aa) Auszustattende Räume

513

Grundsätzlich sind alle Räume mit Erfassungsgeräten auszustatten. Ausgenommen sind gemeinschaftlich genutzte Räume (z.B. Flure, Treppenhäuser, 1 Im ähnlichen Fall der Mieterhöhung nach § 558 BGB legt der BGH zugrunde, dass bei Geltung einer (Teil-)Inklusivmiete und Anwendung eines Mietspiegels, der auf der Grundlage von Nettokaltmieten erstellt worden ist, die zuletzt auf die Wohnung entfallenden – also aktuellen – Betriebskosten herauszurechnen sind, um die Vergleichbarkeit mit den Werten des Mietspiegels herzustellen; dagegen bestehen Bedenken (s. Rn. IV 105, 106). 2 So auch Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 2 Rn. 16; anders Schmid Rn. 6101.

696

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 515

Gemeinschaftskeller, § 4 Abs. 3 HeizkostenV), es sei denn, es handelt sich um Gemeinschaftsräume mit nutzungsbedingtem besonders hohen Wärme- oder Warmwasserverbrauch (z.B. Sauna). Eine Pflicht zur Vorerfassung besteht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV nur bei Ausstattung mit unterschiedlichen Gebrauchserfassungsgeräten,

514

BGH – Urt. v. 16.7.2008 – WuM 2008, 556 = ZMR 2008, 885: Das gilt auch, wenn nur zwei Nutzergruppen vorhanden sind. Es genügt nicht, dass nur der Anteil einer Nutzergruppe am Gesamtverbrauch gemessen wird und der Anteil der anderen Nutzergruppe in der Weise errechnet wird, dass vom Gesamtverbrauch der gemessene Anteil der einen Nutzergruppe abgezogen wird.1

Im Übrigen liegt es im Ermessen des Vermieters, ob er eine Vorerfassung durchführt. Sie kann nach § 5 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV bei unterschiedlicher Nutzung oder Gebäudeart nach den jeweiligen Nutzergruppen geboten sein. In Betracht kommt eine getrennte Erfassung bei gemischt genutzten Gebäuden für Wohnungen und Gewerberäume. Bei preisgebundenem Wohnraum ergibt sich das Erfordernis der Vorerfassung aus § 20 Abs. 2 NMV. bb) Rechte und Pflichten der Vertragsparteien Der Vermieter hat grundsätzlich ein Ermessen in der Wahl der Ausstattung (z.B. Verdunster oder elektronische Messung), das aber unter dem Gesichtspunkt der Ermessenskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB an die Wirtschaftlichkeit gebunden ist (LG Hamburg WuM 1992, 245). Auch ist es ihm freigestellt, die Anlage zu leasen. Die Leasingkosten kann er als Heizkosten aber nur dann in die Heizkostenabrechnung einstellen, wenn er dies den Mietern vorher unter Aufgabe der Kosten mitgeteilt hat und die Mehrheit nicht innerhalb eines Monats widersprochen hat (§ 4 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV). Bei dem Hinweis handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die keiner Form bedarf. Hierfür reicht aber ein Aushang im Treppenhaus nicht aus, AG Neuss WuM 1995, 46, AG Rüdesheim WuM 2007, 265.

Die Mitteilung braucht keine Begründung zu enthalten, jedoch muss der Vermieter seine Leasingabsicht sowie die Leasingkosten mitteilen und der Ansatz muss dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprechen, AG Hamburg WuM 1994, 695.

Die Mitteilung soll auch erforderlich sein, wenn der Vermieter eine vorhandene angemietete Ausstattung durch eine andere angemietete Ausstattung, die technisch besser, aber kostenaufwendiger ist, ersetzen will, AG Rüdesheim WuM 2007, 265. 1 Zum Fall: Im Haus, das mit Fernheizung beheizt wird, befinden sich 4 Wohnungen und ein Geschäftslokal. Die Fernwärme wird zunächst insgesamt von einem Wärmemengenzähler erfasst. Der für das Geschäftslokal erfasste Anteil wird durch einen weiteren Zähler festgehalten. Der durch eine Differenzrechnung berechnete Verbrauch für die Wohnungen wird durch Heizkostenverteiler bestimmt.

697

515

Rn. V 516 516

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Unterbleibt die Mitteilung oder erfolgt sie nicht in einer Qualität als rechtsgeschäftliche Erklärung (z.B. als Aushang), so dürfen die Leasingkosten nicht angesetzt werden, LG Köln WuM 1990, 562, AG Neuss WuM 1995, 46.

Die Mitteilung kann jedoch mit Wirkung für die Zukunft nachgeholt werden,1 AG Warendorf WuM 2002, 339.

Der Ansatz der Leasingkosten ist also in diesem Fall erst für die der Mitteilung folgenden Heizperiode zulässig, wie sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 4 Nr. 3 HeizkostenV, § 556a Abs. 2 Satz 2 BGB ableiten lässt. Der Mieter hat einen Anspruch auf Verbrauchserfassung und der hierauf beruhenden Kostenverteilung (§ 4 Abs. 4 HeizkostenV); andererseits ist er verpflichtet, die Maßnahme zu dulden (§ 4 Abs. 2 HeizkostenV). Diese Duldungspflicht wird durch die Anforderungen des § 554 Abs. 2, 3 BGB überlagert. 517

Ersetzt der Vermieter später eine Ausstattung gegen eine andere, so besteht keine Duldungspflicht des Mieters nach § 4 HeizkostenV; denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf die Erstausstattung, LG Kassel NZM 2006, 818.

Indes kann es sich um eine Modernisierungsmaßnahme i.S. von § 554 Abs. 2 BGB handeln, die der Mieter dulden muss. Allerdings wird diese Verbesserung so gering zu veranschlagen sein, dass hieraus keine Mieterhöhung folgt,2 AG Frankfurt a.M. WuM 2006, 292, auch AG Lichtenberg GE 2007, 1054 zur Pflicht des Mieters, das Auswechseln älterer Verdunstergeräte gegen moderne elektronische mit Funksteuerung versehene Wärmemengenzähler zu dulden.

Das Auswechseln von Erfassungsgeräten gleicher Art ist hingegen eine bloße Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme, auch wenn es sich dabei um modernere Geräte handelt, vgl. AG Hamburg WuM 1994, 695.

Zur Wirtschaftlichkeit des Ansatzes von Leasingkosten s. Rn. V 547. f) Kostenverteilung aa) Umlagemaßstab 518

Nach § 7 Abs.1 HeizkostenV sind 50–70% der Kosten verbrauchsabhängig abzurechnen. Die übrigen Kosten sind nach Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen, wobei eine Beschränkung auf die beheiz1 Anders Börstinghaus MDR 2000, 1345, 1346; Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 38 S. 359; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2991; Wall WuM 1998, 63, 68. 2 Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 4 Rn. 44; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2996.

698

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 520

ten Räume erfolgen kann (§ 7 Abs. 1 Satz 2 HeizkostenV).1 Letzteres wird insbesondere geboten sein, wenn die Wohnungen mit Balkonen und/oder offenen Loggien ausgestattet sind.2 Für ältere Gebäude mit schlechter Wärmedämmung ist nunmehr ein Verteilerschlüssel von 70:30 vorgeschrieben (§ 7 Abs. 1 Satz 2 HeizkostenV). Ob auch bei der Heizkostenabrechnung eine Differenz zwischen vereinbarter und tatsächlicher Fläche von bis zu 10% unerheblich sein soll (s. dazu Rn. V 187), ist noch offen. Dagegen bestehen wegen der zwingenden Vorschriften der HeizkostenV Bedenken. Leerstehende Wohnungen oder Räume zählen mit, wenn sie mit funktionsfähigen Heizkörpern ausgestattet sind. Einheitliche Vorschriften zur Berechnung der Wohn- oder Nutzflächen bestehen gegenwärtig nicht, jedoch können die Vorschriften der Wohnflächenverordnung eine Richtlinie abgeben (s. Rn. V 174, 525 f.). Sieht der Mietvertrag keine Quote vor, so kann sie vom Vermieter nach § 6 Abs. 4 Satz 1 HeizkostenV bestimmt werden. Die Bestimmung muss billigem Ermessen entsprechen.3 In Altbauten mit schlechter Isolierung und dementsprechend erhöhtem Grundwärmebedarf widerspricht die Heizkostenabrechnung überwiegend nach Verbrauchsanteilen der Billigkeit,

519

AG Lübeck WuM 1988, 64, s. auch AG Saarburg WuM 2001. 85.

Nach § 10 Abs.1 HeizkostenVO kann ein höherer Verbrauchskostenanteil – bis zu 100% – vereinbart werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2003 – ZMR 2003, 569 = WuM 2003, 387.

Bestehen erhebliche Leerstände, so kann es geboten sein, die Verbrauchs- und Grundkosten im Verhältnis von 50:50 aufzuteilen (s. Rn. V 215, 511). Zur Änderung des Umlagemaßstabs s. § 6 Abs. 4 HeizkostenV und Rn. V 249. bb) Umlagemaßstab bei Ausfall von Erfassungsgeräten Kann der Verbrauch nicht ermittelt werden, weil die Geräte zur Verbrauchserfassung ausgefallen sind oder andere vom Vermieter nicht zu vertretende zwingende Gründe vorliegen, so darf der Verbrauch der betroffenen Räume nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV auf folgender Grundlage geschätzt werden,4 – nach dem Verbrauch in früheren vergleichbaren Zeiträumen oder – nach dem Verbrauch vergleichbarer Wohnungen im Abrechnungszeitraum oder – nach dem Durchschnittsverbrauch des Gebäudes oder der Nutzergruppe.

1 S. dazu Schmid ZMR 2006, 664. 2 Schmid ZMR 2008, 206, 208. 3 S. dazu ausführlich, auch aus technischer Sicht, Peters NZM 2002, 1009, 1013, der sich für eine Verteilung von 50:50 ausspricht; s. auch Schmid Rn. 6178. 4 Dazu Wall WuM 2009, 3, 13; s. auch Gruber NZM 2000, 841 zur bisherigen Rechtslage.

699

520

Rn. V 521

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Einem Geräteausfall ist die fehlerhafte Anbringung eines Messgeräts gleichgestellt worden, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 20.3.2000 – WuM 2000, 324.

521

Ein anderer zwingender Grund i.S. von § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV liegt auch dann vor, wenn der anteilige Verbrauch eines Nutzers infolge eines Ablesefehlers nicht ordnungsmäßig erfasst werden kann, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 102 = WuM 2005, 776 = ZMR 2006, 122 = MietRB 2006, 89 (Kunze): Es kommt nicht darauf an, ob der Grund für das Unterbleiben einer verbrauchsabhängigen Erfassung vom Vermieter oder dem Wärmemessdienst, dessen Verschulden er sich nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, zu vertreten ist.

Das Gleiche ist der Fall, wenn der Mieter die Ablesung der Verbrauchswerte vereitelt (LG Berlin GE 2007, 1190, AG Hohenschönhausen ZMR 2003, 934) und gilt zum Beispiel, wenn der Mieter wiederholt die Ablesung der Heizkostenverteiler verweigert (AG Brandenburg a.d. Havel NZM 2005, 257),1 jedoch nicht schon, wenn der Mieter einmal den Ablesetermin versäumt (s. dazu Rn. V 532). Ein Hinderungsgrund, der zur Schätzung nach § 9a HeizkostenV berechtigt, ist auch darin gesehen worden, dass der Mieter eine Heizkörperverkleidung angebracht hat und deshalb die Ableseergebnisse nicht verwertbar waren, LG Magdeburg ZMR 2006, 289.

522

Ist eine Periodenabgrenzung im Wege der Vergleichsberechnung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV nicht möglich, weil die hierfür erforderlichen Daten nicht zur Verfügung stehen oder verloren gegangen sind, so kann der zeitanteilige Verbrauch ausnahmsweise im Wege der Gradtagszahlmethode ermittelt werden, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 102 = WuM 2005, 776, anders AG Stendal HKA 1999, 26 bei Hochrechnung des Verbrauchs für den gemessenen Verbrauchszeitraum auf den gesamten Zeitraum anhand von Gradtagszahlen.

523

Ist der Verbrauch gemäß § 9a Abs. 1 HeizkostenV wegen Ausfalls von Messgeräten geschätzt worden, so ist es als formelles Abrechnungserfordernis geboten, dem Mieter die Einsatzwerte für die Schätzung und den Rechenweg zur Ermittlung des geschätzten Betrages nachvollziehbar darzustellen, LG Berlin GE 2007, 1190, AG Neuruppin WuM 2004, 538; AG Leipzig ZMR 2004, 534.

Die Erläuterung kann mithin nach Ablauf der Abrechnungsfrist in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht mehr nachgeholt werden.2 Ist eine Kostenschätzung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV geboten, so greift das Kürzungsrecht des Mieters nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV nicht ein, da durch die gesetzliche Regelung die Verbrauchserfassung fingiert wird,3 1 Gruber NZM 2000, 842, 844. 2 Anders Schmid Rn. 6195. 3 Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 161 S. 402; MünchKomm/Schmid HeizkostenV § 9a Rn. 5; a.A. Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 9a Rn. 5.

700

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 525a

BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 102 = WuM 2005, 776, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2003 – ZMR 2003, 569 = WuM 2003, 387.

Die Schätzung ist unzulässig, wenn sich der Hinderungsgrund für die Gebrauchserfassung auf mehr als 25% der gesamten Wohn- oder Nutzfläche bezieht; in diesem Fall sind die Kosten nur nach dem festen Maßstab (z.B. anteilige Fläche) zu verteilen (§ 9a Abs. 2 Satz 4 HeizkostenV). Umstritten ist, ob jedenfalls in diesem Fall dem Mieter das Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV zusteht.1 Das ist zu verneinen; denn auch wenn der Verbrauch nicht erfasst wird, handelt es sich gleichwohl um ein Abrechnungsverfahren „gemäß“ und nicht „entgegen“ der HeizkostenV. Anders verhält es sich, wenn die Voraussetzungen des § 9a Abs. 2 HeizkostenV nicht vorliegen und der Vermieter zu einer Kostenschätzung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV nicht in der Lage ist,

524

BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker): Ist eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser nach § 7 Abs. 1 oder § 9a HeizkostenV objektiv nicht (mehr) möglich, können die Kosten allein nach der Wohnfläche – unter Abzug von 15% des auf den Mieter entfallenden Kostenanteils – abgerechnet werden.

cc) Grundkosten und Verbrauchskosten Die Aufteilung der Heizkosten in Grund- und Verbrauchskosten bezieht sich nicht auf bestimmte Kostengruppen, sondern dient allein der gerechteren Kostenverteilung.2

525

aaa) Grundkosten Der Vermieter kann den Festkostenanteil auch dann einheitlich nach der Wohnfläche bestimmen, wenn im Haus unterschiedliche Raumhöhen bestehen (LG Hamburg WM 1987, 89). Zur Flächenermittlung s. Rn. V 174 f., 518. In die Berechnung des Festkostenanteils sollen auch nicht beheizbare Teilflächen einbezogen werden dürfen, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 Tz. 19 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39; a.A. AG Hamburg WuM 1987, 230, 231.

Das entspricht nicht der Billigkeit, da solche Flächen keine Wärme verbrauchen.3 Der Vermieter kann die beheizbare Fläche vergrößern, aber auch – z.B. durch Demontage von Heizkörpern – verkleinern. Bei größeren Leerständen, etwa ab 1 Bejahend Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 162 S. 403; Schmidt-Futterer/ Lammel HeizkostenV § 9a Rn. 5, 35; verneinend MünchKomm/Schmid HeizkostenV § 9a Rn. 5; v. Seldeneck Rn. 3131. 2 Eingehend Peters NZM 2002, 1009, 1013. 3 Schmidt-Futterer/Lammel, HeizkostenV § 7 Rn. 11; kritisch auch Schmid ZMR 2008, 42, 44.

701

525a

Rn. V 526

Betriebskosten und ihre Abrechnung

20% (s. Rn. V 205), kann er dies zum Nachteil des Mieters jedoch nur in eingeschränktem Umfang, da anderenfalls die Geschäftsgrundlage der mietvertraglichen Umlagevereinbarung berührt werden würde. Der Umfang kann in Anlehnung an die Rspr. des BGH zur wesentlichen Flächenabweichung (s. Rn. V 197, 198) mit 10% angesetzt werden.1 526

Es ist die tatsächliche, nicht die vereinbarte Wohnfläche anzusetzen, so dass der Vermieter zu einer entsprechenden Änderung berechtigt, aber zugunsten des Mieters auch verpflichtet ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762.

Eine Differenz zwischen der im Mietvertrag ausgewiesenen Fläche und der tatsächlichen Fläche von 10% nach oben oder unten soll jedoch unbeachtlich sein, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker); s. dazu die Bedenken Rn. V 187, 519.

Wird sie überschritten, so ist die tatsächliche Fläche maßgebend. Zur Beschränkung auf die beheizbare Fläche, wenn die Kosten nach anteiliger Wohn- oder Nutzfläche zu verteilen sind, die Wohnungen jedoch auch über unbeheizbare Flächen wie Balkone oder Freisitze (Terrassen) verfügen, s. Rn. V 518, 525a. Eine Erfassung nach Miteigentumsanteilen (Wohnungseigentum) ist dagegen unzulässig, AG Frankfurt a.M. WuM 1988, 38.

Abschläge für eine ungünstige bauliche Beschaffenheit (z.B. Außenlage, große Fensterfronten der Wohnung) sind nicht zulässig; vielmehr lassen sich derartige Nachteile nur durch ein möglichst günstiges Verhältnis (nämlich 50:50) von Grund- und Verbrauchskosten abfangen.2 bbb) Verbrauchskosten 527

Hinsichtlich der einzelnen Erfassungssysteme (Verbrauchsmesser und Verbrauchsverteiler) sowie Erfassungsgeräte (Verdunstungsgeräte, elektrische Heizkostenverteiler, Wärmezähler) steht dem Vermieter ein Auswahlermessen zu (s. Rn. V 515). Insbesondere Verdunstungsgeräte sind störanfällig und erheblichen Fehlerquellen ausgesetzt.3 Gleichwohl wird die allgemeine Systemrüge gegenüber dem Verdunstungsverfahren für unerheblich gehalten, BGH – Urt. v. 9.4.1986 – WuM 1986, 214, OLG Köln – Urt. v. 3.4.1985 – DWW 1985, 180: Wird zur Verbrauchserfassung eine allgemein zulässige Methode verwendet, so muss deren behauptete Fehlerhaftigkeit konkret bewiesen werden, es sei denn, dass so viele Anzeichen für Fehler sprechen, dass diese entkräftet werden müssen. Eine insoweit unsubstantiierte Behauptung fehlerhafter Messeinrichtung gibt dem Mieter kein Recht zur Zahlungsverweigerung; OLG Schleswig – Urt. v. 16.9.1986 – WuM 1986, 346. 1 S. dazu Sternel NZM 2006, 811, 813 Sp. 1. 2 Peters NZM 2002, 1009, 1011. 3 Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 5 Rn. 18 ff.; s. auch Wall WuM 1998, 63.

702

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 530

Der Mieter kann vielmehr nur mit solchen Einwänden gehört werden, die ihren Grund in außerhalb der zulässigen Toleranzen liegenden Fertigungs-, Skalierungs-, Montage- oder Ablesefehlern haben. Erfassungsfehler, die bei ordnungsmäßiger Befolgung der HeizkostenV unvermeidlich sind, braucht sich der Vermieter nicht entgegenhalten zu lassen, LG Hamburg NJW-RR 1987, 1493 = DWW 1988, 14.

Ebenso sind die durch Eigenverdunstung entstehenden Ungenauigkeiten der Verdunstungsgeräte grundsätzlich unbeachtlich; diesem Umstand wird bereits durch die sog. Kaltverdunstungsvorgabe Rechnung getragen (s. Rn. V 581), LG Berlin ZMR 1987, 380.

Netzverluste der Fernwärmelieferung sind dagegen in der Heizkostenabrechnung nach einem festen Maßstab kostenmäßig zu quantifizieren; eine Umlage der Netzverluste entsprechend dem Nutzerverhalten (Verbrauch) ist fehlerhaft,

528

AG Bremerhaven WuM 1989, 194.

Andererseits sind die Ergebnisse von Heizkostenverteilern für untauglich gehalten worden, wenn die Geräte auch die Wärmeversorgung durch andere Wärmequellen (z.B. starke Sonneneinstrahlung) registrieren,1

529

AG Köln WuM 1984, 97.

Das Gleiche gilt, wenn durch (vermieter- oder mieterseitige) Heizkörperverkleidungen die Wärmeabgabe der Heizkörper am Verdunstungsgerät verfälscht erfasst und die Funktion der Thermostatventile (Außenfühler) gestört wird, LG Hamburg WuM 1991, 561, AG Hamburg WuM 1988, 405.

In diesem Fall kann der Vermieter die Kosten nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV schätzen, LG Berlin ZMR 1997, 145, LG Magdeburg ZMR 2006, 289.

Auf ein Verschulden der einen oder anderen Partei kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 102 = WuM 2005, 776 = ZMR 2006, 122 = MietRB 2006, 89 (Kunze) für Ablesefehler.

In Betracht kommen auch Skalierungs- oder Montagefehler.

530

Skalierungsfehler liegen vor, wenn die Skala des Verbrauchserfassungsgeräts (Heizkostenverteiler) nicht auf die Normleistung des Heizkörpers abgestimmt ist.2 Sie verhindern eine zuverlässige Verbrauchserfassung und führen zu einem Kürzungsrecht des Mieters nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV. LG Saarbrücken WuM 1989, 311: Lässt der Vermieter die Skalenkodierung der Heizkostenverteiler ohne nachvollziehbaren Grund ändern, so ist davon auszugehen, dass die vorangegangene Heizkostenverteilung nach Einschätzung der Heizkostenverteilungsfirma unbrauchbar gewesen sein muss. Eine Heizkostenabrechnung auf der

1 Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 151 S. 399. 2 Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 145 S. 396.

703

Rn. V 531

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Grundlage der bisherigen Ablesewerte begründet dann keine Fälligkeit einer Nachforderung. Bei nicht behebbaren Abrechnungsfehlern etwa infolge fehlerhafter Skalenkodierung ist entsprechend § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV (= § 12 Abs. 1 Nr. 4 HeizkostenV a.F.) zu verfahren.

531

Montagefehler ergeben sich z.B. aus der fehlerhaften Wahl des Befestigungsortes. Damit ist der thermische Kontakt zwischen Heizkörper und Messflüssigkeit nicht mehr ordnungsmäßig (vgl. AG Eschweiler WuM 1993, 135).1 Sind die sog. Verbrauchskosten nicht ordnungsmäßig erfasst, so liegt keine verbrauchsabhängige Abrechnung vor. Sie ist daher nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 HeizkostenV als verbrauchsunabhängige Abrechnung aufzumachen, wobei dem Mieter ein Kürzungsrecht von 15% zusteht (s. Rn. V 567 f.). Dagegen führen nach LG Hamburg WM 1990, 561 fehlerhaft montierte Heizkostenverteiler dann nicht zur Verwerfung der Abrechnung, wenn sich dies nicht zum Nachteil des Mieters auswirkt und der Mangel korrigierbar ist (vgl. auch LG Hamburg NJW-RR 1987, 1493).2

532

Der Mieter ist verpflichtet, die Ablesung der Heizkostenverteiler in der Wohnung durch den Vermieter oder dessen Beauftragte nach Anmeldung mit angemessener Frist – in der Regel ein bis zwei Wochen zuvor – zu dulden (LG Köln WuM 1985, 294).3 Versäumt der Mieter den Ablesetermin, so muss ein erneuter Termin nach Ankündigung durchgeführt werden. Er braucht die hierdurch entstehenden Mehrkosten nur dann zu tragen, wenn er den Ersttermin schuldhaft versäumt hat. Abweichende Formularklauseln, die von Messdienstfirmen verwendet werden, sind nach § 307 BGB unwirksam,4 LG München I NZM 2001, 465 = WuM 2001, 190, 333.

Der Vermieter kann den Anspruch auf Betreten der Wohnung zum Zwecke der Geräteablesung im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen, LG Hamburg, AG Hamburg DWW 1987, 164; anders AG Köln WuM 1989, 88.

533

Hat der Mieter anlässlich der Ablesung das Protokoll über das Ableseergebnis unterzeichnet, so muss er die Unrichtigkeit des Ergebnisses beweisen, OLG Köln – Urt. v. 3.4.1985 – DWW 1985, 180,5 KG – Urt. v. 29.8.2007 – GuT 2008, 203 = ZMR 2008, 364 = MietRB 2008, 104 (Engel). 1 Zur Notwendigkeit, den Montagepunkt nach Installation von Thermostatventilen nach oben zu verlegen (ca. 70–80% der Heizkörperbauhöhe), s. Pfeifer DWW 1989, 192; ferner Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 146 S. 396. 2 Einschränkend Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 147 S. 397. 3 S. dazu Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 6 Rn. 4 ff.; instruktiv auch Pfeifer HmbGE 1985, 292. 4 Die unzulässige Klausel – kursiv gesetzt – lautet: „Wenn Sie zu diesem Sammeltermin aus dringenden persönlichen Gründen nicht anwesend sein können, biete ich Ihnen gern einen Individualtermin an. Bitte vereinbaren Sie mit mir diesen Sondertermin. Die zusätzlichen Kosten für Fahrt- und Zeitaufwand stelle ich Ihnen bei Ausführung der Arbeit direkt in Rechnung.“ 5 S. auch Schumacher WuM 2005, 509.

704

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 535

Von diesem Grundsatz bestehen jedoch Ausnahmen, so KG – Urt. v. 29.8.2007 – GuT 2008, 203 = ZMR 2008, 364 = MietRB 2008, 104 (Engel):1 Unterschreibt anstelle des Mieters von Gewerberaum ein Dritter, der die Räumlichkeiten vom Mieter mit Kenntnis und Billigung des Vermieters überlassen bekommt, die Ableseprotokolle über den Verbrauch von Heizung und Wasser, so muss sich der Mieter diese Erklärung nicht ohne weiteres zurechnen lassen. Dies gilt insbesondere, wenn der Mieter über den Ablesezeitpunkt nicht vorab informiert wurde und der Dritte der deutschen Sprache nur unzureichend mächtig ist. Hat der Vermieter Kenntnis, dass die Räume vertragsgemäß nicht vom Mieter genutzt werden, muss er das Ableseunternehmen darauf hinweisen, dass das Anbringen einer Ablesebenachrichtigung im Hausflur ohne Benachrichtigung des Vermieters nicht genügt. Er muss dafür sorgen, dass der Mieter über den Ablesezeitpunkt informiert wird, damit er selbst oder durch einen Vertreter bei der Ablesung anwesend sein kann. Ist dem Mieter der Zeitpunkt der Ablesung bekannt gewesen und überlässt er die Gegenzeichnung der Protokolle dem Nutzer, so kann darin eine Bevollmächtigung gesehen werden. Hatten weder der Vermieter noch der Mieter Kenntnis vom Ablesetermin, scheidet eine Bevollmächtigung aus.

g) Heizkostenabrechnung Die Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser unterliegt den gleichen Grundsätzen wie diejenige über die Betriebskosten in § 556 Abs. 3 BGB,

534

BGH – Urt. v. 9.4.1986 – DWW 1986, 147 = WuM 1986, 214 = ZMR 1986, 275: Eine Heizkostenabrechnung genügt den Anforderungen des § 259 BGB, wenn sie gedanklich und inhaltlich nachvollzogen werden kann; dies setzt voraus, dass sowohl die Einzelangaben selbst als auch die Abrechnung insgesamt klar, übersichtlich und aus sich heraus für einen juristisch und betriebswirtschaftlich nicht Vorgebildeten verständlich ist. Für den Mieter ist es zumutbar, auch dann eine u.a. Preisänderungsklauseln enthaltende Abrechnung für Heizung und Warmwasser zu überprüfen, wenn dies wegen nicht einfacher Rechenvorgänge mit einigem Arbeits- und Zeitaufwand verbunden ist.

Das gilt auch für die Pflicht zur jährlichen Abrechnung. Sie kommt bei einem Vermieterwechsel während einer Verbrauchsperiode ebenfalls zum Tragen, AG Dortmund NZM 2004, 96.

Insbesondere gilt auch hier das Gebot der Transparenz und der Wirtschaftlichkeit (s. Rn. V 547). Hervorzuheben ist das Erfordernis, die Abrechnungsgrundlagen zu erläutern, sofern sie sich nicht aus den dem Mieter bereits bekannten Umständen ergeben. Das gilt etwa für die Grundlagen der Kostenschätzung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV, LG Berlin GE 2007, 1190,

für die Aufteilung von Heiz- und Warmwasserkosten bei verbundenen Anlagen, AG Hamburg-Harburg ZMR 2006, 784,

ebenso für die Vorerfassung und Ausweisung nicht umlagefähiger Bewirtschaftungskosten (z.B. bei Vollwartungsverträgen) oder der auf Gewerbeflä1 Zum Fall: Der Mieter hatte Gewerberäume (mit Zustimmung des Vermieters) an einen ausländischen Gewerbetreibenden untervermietet.

705

535

Rn. V 536

Betriebskosten und ihre Abrechnung

chen entfallenden Kostenanteile bei gemischt genutzten Grundstücken, für die Kostenabgrenzung bei Versorgung einer größeren Wirtschafteinheit durch mehrere Heizwerke. Anzuwenden sind auch die Regeln über die Abrechnungsreife, den Nachforderungs- und den Einwendungsausschluss (s. Rn. V 363, 366, 417 f., 459 f.), s. AG Dortmund NZM 2004, 96 zum Erfordernis, über die Heizkosten jeweils für 12 Monate abzurechnen, auch bei Mieterwechsel.

Ob es dem Vermieter auch bezüglich der Heizkostenabrechnung frei steht, nach dem Abflussprinzip abzurechnen, wenn die Abrechnung gesondert von den anderen (kalten) Betriebskosten erfolgt, hat der BGH (Urt. v. 30.4.2008 – NZM 2008, 522 = WuM 2008, 404 Tz. 16) offen gelassen. Das wird nicht nur wegen der zwingenden Regelungen der HeizkostenV, sondern auch wegen des gesetzgeberischen Ziels, dazu beizutragen, dass Heizenergie eingespart wird, zu verneinen sein.1 Eine Heizkostenabrechnung ist nicht stets schon dann nicht prüffähig und in ihrem Saldo allein schon deshalb nicht fällig, weil der ihr zugrunde gelegte Abrechnungszeitraum und der tatsächliche Ablesezeitraum um einige Zeit auseinander fallen und während der Zeitdifferenz ein nennenswerter Verbrauch ausscheidet; es handelt sich allenfalls um einen inhaltlichen Mangel, OLG Schleswig – RE v. 4.10.1990 – DWW 1990, 355 = NJW-RR 1991, 78 = WuM 1990, 333 für den Fall, dass die Schlussablesung ca. 10 Wochen vor dem Ende der Verbrauchsperiode (1.7. bis 30.6.) erfolgte.

aa) Heizkosten 536

Der Katalog der nach § 7 Abs. 2 HeizkostenV umlagefähigen Kosten ist durch die VO v. 2.12.2008 um die Kosten der Eichung der Zähler sowie die Kosten der Verbrauchsanalyse erweitert worden. Es dürfen nur die Heizkosten eingestellt werden, die in der Abrechnungsperiode angefallen sind; unerheblich sind Rechnungsdatum und Zeitpunkt der Bezahlung der Rechnung. Das gilt auch bei der Beheizung mittels Fernwärme, AG Neuss DWW 1993, 296.

Zur Weitergabe von Rabatten und zur Wirtschaftlichkeit s. Rn. V 547. Kosten der Brennstoffe: Anfangs- und Endbestand müssen ausgewiesen werden, LG Köln WuM 1985, 303, LG Hamburg ZMR 1986, 15, AG Wittlich WuM 2002, 377; zur Berechnung des Endbestandes s. OLG Koblenz – Urt. v. 17.9.1985 – DWW 1986, 244 = WuM 1986, 282: Es sind jeweils die älteren Öleinkäufe zu berücksichtigen.

537

Sind für eine größere Wohnanlage mehrere Heizungsanlagen vorhanden, so ist eine Kostentrennung je Anlage geboten. Es sind also nur die Kosten des Betriebes der zentralen Heizungsanlage abzurechnen, an die die Wohnung angeschlossen ist, 1 Kritisch auch Schmid ZMR 2008, 42.

706

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 540

AG Hamburg WuM 1987, 89, AG Cham NJW-RR 1988, 1486 (bestätigt durch LG Regensburg): Eine Heizkostenabrechnung muss auf dem Verbrauch der jeweiligen Heizanlage beruhen. Die Zusammenfassung des Verbrauchs mehrerer Heizanlagen ergibt keine begründete Abrechnung.

Anders verhält es sich, wenn eine Mehrheit von Gebäuden zu einer Wirtschaftseinheit zusammengefasst ist, die Wärme aus einem Heizwerk bezogen wird, jedoch mehrere Übergabestationen (z.B. für jedes Gebäude) vorhanden sind,

538

LG Berlin ZMR 1989, 305: Auch bei mehreren Übergabestationen ist der Vermieter, der Fernwärme von einem Heizwerk bezieht, jedenfalls dann nicht zur Abrechnung getrennt nach den einzelnen Übergabestationen verpflichtet, wenn er sich mietvertraglich vorbehalten hat, mehrere Anlagen eines Wohnblocks zum Zweck der Abrechnung zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen. Der Vereinbarung über die Zusammenfassung mehrerer Anlagen eines Wohnblocks zum Zwecke der Abrechnung der Fernwärmekosten zu einer Abrechnungseinheit gehen die Bestimmungen der HeizkostenV nicht vor.

Zu den Kosten der Bedienung, Überwachung und Pflege der Anlage i.S. von § 7 HeizkostenV zählen auch die Kosten der Wartung der Heizungsanlage einschließlich der Kosten kleinerer Instandhaltungsarbeiten wie der Austausch von verschleißanfälligen Kleinteilen (z.B. Dichtungen, Filter, Düsen), nicht aber die Kosten der Reparatur einer defekten Heizungspumpe,

539

OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762.

Bedienungskosten bei vollautomatischer Anlage sollen wegen ihrer Geringfügigkeit nicht angesetzt werden (KG – Urt. v. 26.4.1976 – MDR 1976, 756, LG Kassel WM 1980, 267, AG Hamburg WM 1980, 244). Das erscheint im Hinblick auf den Ansatz von Eigenleistungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV (27 Abs. 2 II. BV) nicht richtig. Bedient der Hausmeister die Heizungsanlage und sind die Hausmeisterkosten vertraglich umlegbar, so dürfen daneben keine Bedienungskosten angesetzt werden (§ 2 Nr. 14 BetrKV). Zu den Heizkosten zählen auch die Kosten der Dichtigkeitsprüfung der Gasleitungen der Gebäude, die vom Zähler zu den Gasetagenheizungen in die Mietwohnungen führen,1 LG Hannover ZMR 2007, 865, AG Königstein/Ts WuM 1997, 684, AG Bad Wildungen WuM 2004, 669; a.A. AG Kassel NZM 2006, 537: keine Umlage der Kosten für die Druckdichtigkeitsprüfung der zu den Gasetagenheizungen führenden Rohre; s. dagegen BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 282 = WuM 2007, 198 zur Umlage der Kosten für den Elektro-Check.

Maßnahmen des Korrosionsschutzes zählen dagegen nicht zu den Wartungskosten, sondern zur nicht umlagefähigen Instandsetzung, AG Friedberg/Hessen WuM 2000, 381. 1 Zweifelnd Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3004.

707

540

Rn. V 541

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Stromkosten für die Heizungsanlage müssen über einen gesonderten Zwischenzähler ermittelt werden. Sie sind nicht dem Allgemeinstrom für das Gebäude (s. § 2 Nr. 11 BetrKV) zuzurechnen. Notfalls müssen sie geschätzt werden; auf Verlangen des Mieters hat der Vermieter die Grundlagen seiner Schätzung darzulegen, BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 403 = WuM 2008, 285 = ZMR 2008, 691.

Richtiger erscheint, diese Darlegung als formalen Bestandteil der Abrechnung zu werten, so dass bei ihrem Unterbleiben die Abrechnung unwirksam ist. 541

Wartungskosten zählen ausdrücklich zu den in § 7 Abs. 2 HeizkostenV aufgeführten umlagefähigen Heizkosten. Bei Abschluss von Vollwartungsverträgen müssen die Reparaturkostenanteile herausgerechnet werden (Rn. V 16); denn Anschaffungs- und Reparaturkosten können nicht als Wartungskosten angesetzt werden, BayObLG – Beschl. v. 10.1.1997 – ZMR 1997, 256, 257, LG München I WM 1978,184,

ebenso wenig die Tankreinigungskosten, die zur Vorbereitung einer Neubeschichtung des Öltanks anfallen (LG Hamburg WM 1989, 522), auch nicht die Kosten des Austausches von Wärmemessgeräten (AG Nürnberg WuM 1990, 524). 542

Nach wie vor umstritten ist, ob die Kosten der Tankreinigung umlagefähig sind oder es sich hierbei um nicht umlagefähige Instandhaltungskosten handelt, gegen Umlagefähigkeit LG Landau/Pfalz WuM 2005, 720 = ZMR 2005, 871: Es handelt sich um Instandhaltungskosten; deren Abwälzung auf den Mieter ist unwirksam, wenn ein zumutbarer Höchstbetrag nicht festgelegt ist;1 ebenso AG Hamburg WuM 2000, 332, AG Ahrensburg WuM 2002, 117, AG Rendsburg WuM 2002, 232, AG Gießen WuM 2003, 358, AG Speyer WuM 2007, 575.

Demgegenüber hat der BGH den Begriff der Instandhaltung im Rahmen des Betriebskostenrechts auf die Beseitigung von Mängeln an der Substanz beschränkt und Kosten, die dem Erhalt der Funktionsfähigkeit dienen, als Betriebskosten anerkannt (s. Rn. V 12, 13). Auf der Grundlage dieser Auffassung sind die Kosten der Tankreinigung als umlagefähig anzusehen.2 543

Anstelle von Nacheich- und Wartungskosten für Wärmemengenzähler ist der Vermieter berechtigt, die Anschaffungskosten – verteilt auf 5 Jahre – umzulegen, allerdings nur in Höhe der ersparten Kosten, LG Berlin GE 2003, 121.

Nach hier vertretener Auffassung können diese Kosten im Jahre ihres Anfalls umgelegt werden (s. Rn. V 8). 1 S. dazu Wall WuM 2006, 21. 2 Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 26 S. 355; Wall in BetriebskostenKomm. Rn. 2969; Staudinger/Weitemeyer BGB § 556 Rn. 25.

708

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 547

Weicht die Kostenschätzung für den Betriebsstrom1 erheblich von den als üblich angenommenen Werten ab, so soll der Vermieter verpflichtet sein, die Schätzungsgrundlagen offen zu legen,

544

AG Hamburg WuM 1991, 50, zu den üblichen Ansätzen s. BayObLG – Beschl. v. 10.1.1997 – WuM 1997, 234 = ZMR 1997, 256: Die Kosten des Betriebsstroms dürfen höchstens 5% der Gesamtkosten, die beim Betrieb der Heizungsanlage entstehen, betragen.

Die Kosten des Wärmemessdienstes zählen zu den Heizkosten. Ihr Ansatz kann aber gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verstoßen, wenn sie in einem Missverhältnis zu den gesamten Heizkosten stehen (s. dazu Rn. V 548). Zur Nutzerwechselgebühr s. Rn. V 579.

545

Die Leasingkosten für eine Ausstattung zur Verbrauchserfassung dürfen nur umgelegt werden, wenn der Vermieter die Mieter vor der Anmietung der Anlage hierauf und auf die dadurch anfallenden Kosten hingewiesen hat und die Mehrheit der Mieter nicht widersprochen hat (s. § 4 Abs. 2 HeizkostenV, s. Rn. V 515 f.).

546

bb) Wirtschaftlichkeit Der Vermieter muss den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB beachten (s. auch Rn. V 335).2 Ortsüblichkeit und Plausibilität sind auch hier trotz der Kostenspreizungen Indikatoren für die Wirtschaftlichkeit. Heizkostenspiegel haben nur eine begrenzte Aussagekraft.3 Zur Wirtschaftlichkeit beim Wärmecontracting s. Rn. V 562. Beim Einkauf von Brennstoffen oder Heizleistungen muss der Vermieter günstige Einkaufspreise und Liefermengen nach Auftragsgrundsätzen zugunsten des Mieters ausnutzen, OLG Koblenz – Urt. v. 17.9.1985 – DWW 1986, 244 = MDR 1986, 59 = WuM 1986, 282.

Er braucht aber seinen Lieferanten nicht ohne weiteres zu wechseln (LG Berlin GE 1984, 83, LG Itzehoe WuM 1985, 398), muss jedoch in Betracht ziehen, ob er einen ungünstigen Liefervertrag kündigen kann (verneinend BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 29 bei noch andauernder Langfristigkeit). Rabatte und Skonti muss er an die Mieter weitergeben.4 Trinkgelder sind – auch wenn sie üblich sind – nicht ansatzfähig, da sie vom Vermieter nicht geschuldet werden, sondern auf dessen Freigebigkeit beruhen,

1 Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 14 S. 351; s. dazu Schmid Rn. 5091; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2954. 2 Zu Problemen von Wärmeverlusten und ihrem Ausgleich durch Abschläge, Transmissionswärme und „Wärmeklau“ s. Peters NZM 2002, 1009. 3 S. Rips in Betriebskosten-Komm. Rn. 1338 f. 4 Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 10 S. 350; Wall in BetriebskostenKomm. Rn. 2952.

709

547

Rn. V 548

Betriebskosten und ihre Abrechnung

s. LG Mannheim MDR 1978, 317, LG Berlin GE 1981, 235, LG Hamburg WuM 1989, 522 (ZK 7): Werden die Heizölkosten nicht länger nach Zukäufen, sondern nach dem erstmalig festgestellten Jahresverbrauch abgerechnet, so ist der Anfangsbestand nach den Einkaufspreisen der frühesten Tankfüllung betragsmäßig in der Abrechnung anzusetzen.

548

Das Gebot der Wirtschaftlichkeit kann auch verletzt sein, wenn ein wesentlicher Anteil der geltend gemachten Betriebskosten auf die Heizkosten der Erfassung des Verbrauchs entfällt, LG Berlin WuM 2004, 340 für Heizkostenverteiler mit Funksystem, die etwa ein Drittel der Gesamtkosten für die Heizung ausmachen; LG Potsdam WuM 2006, 110: Zweifel an einem vernünftigen Kosten-/Nutzerverhältnis bestehen, wenn die Brennstoffkosten ca. 28 000 DM und die Kosten der Verbrauchserfassung ca. 16 000 DM betragen; AG Bersenbrück NZM 2000, 863, AG Münster WuM 2001, 499, wenn die Kosten der Heizkostenverteiler fast die Hälfte der Heizkosten betragen; AG Hamburg WuM 1994, 695: Betragen die Mietkosten der Geräte zur Verbrauchserfassung ein Viertel der Energiekosten der Heizungsanlage, so verstößt der Vermieter gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Diese Auffassung setzt allerdings voraus, dass eine wirtschaftlichere Möglichkeit der Kostenerfassung besteht; anders AG Lüdinghaus WuM 2001, 449, wenn 40% der gesamten Heizkosten auf die Kosten der Erfassung entfallen.

Als wesentlich wird der Anteil dann anzusehen sein, wenn er 15% der Heizkosten – nämlich der vermuteten Einsparquote – übersteigt.1 Ist das der Fall, und kann der Vermieter einen darüber hinausgehenden Ansatz nicht plausibel belegen, so ist der Kostenansatz entsprechend zu kürzen. Der Vermieter ist indes nicht gehalten, zu einer verbrauchsunabhängigen Abrechnung überzugehen.2 549

Überdimensionale Heizkörper oder ein nicht normgerechter Heizwasserumlauf, die die Erfassung des Wärmeverbrauchs nicht verfälschen, berühren die Wirksamkeit der Heizkostenabrechnung nicht, können aber einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot begründen, wenn hierdurch unnötig Heizenergie verbraucht wird,3 LG Hamburg WuM 1990, 561, s. auch OLG Hamm – Urt. v. 27.1.1987 – ZMR 1987, 300.

Das Gleiche gilt für einen Mangel der Heizungsanlage, durch den ein zu hoher Wärmeverbrauch bewirkt wird, AG Ahrensburg WuM 1986, 213 für mangelhafte Thermostatventile.

Stellt die veraltete, unwirtschaftlich arbeitende Heizungsanlage die Wärmeversorgung sicher, so lässt sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot keine Ver1 Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3078, 3085. 2 So aber Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3088. 3 S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 153 S. 399: Die Überdimensionierung von Heizkörpern kann insbesondere nach nachträglicher Vollwärmedämmung des Gebäudes dazu führen, dass Erfassungsgeräte nach dem Verdunstungsprinzip keine geeignete Ausstattungen mehr sind, so dass verbrauchsunabhängig unter Abzug eines Strafabschlags abzurechnen ist.

710

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 552

pflichtung des Vermieters ableiten, die Anlage zu modernisieren; anders könnte es liegen, wenn eine öffentlich-rechtliche Sanierungs- oder Stilllegungsverfügung erginge, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

Zusätzliche Kosten, die durch das Trockenheizen insbesondere von Neubauwohnungen entsehen, dürfen nicht zu Lasten der Mieter angesetzt werden,

550

LG Essen ZMR 1970, 303 f., LG Mannheim WuM 1977, 138, LG Lübeck WuM 1988, 351 (allenfalls anders, wenn der Mieter bei Anmietung erkennen konnte, dass ein Trockenheizen zur Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden nötig wird; es muss mit dem 1,5-fachen des Heizungsaufwandes gerechnet werden).

Erhöhen sich für den Mieter die Heizkosten dadurch, dass durch erhebliche Leerstände Transmissionswärmeverluste entstehen, so verstößt der Vermieter nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, selbst wenn er den Leerstand veranlasst hat, um das Gebäude abzubrechen,1 LG Halle ZMR 2006, 210.2

Der Vermieter trägt auch das Plausibilitätsrisiko (s. Rn. V 356). Erhöht sich der Heizölverbrauch gegenüber den Vorjahren für eine Heizperiode sprunghaft erheblich und fällt er in der folgenden Periode wieder auf den vorhergehenden Wert, so trifft den Vermieter zumindest die sekundäre Behauptungslast, wie es zu diesem Mehrverbrauch gekommen ist. Soweit für den sprunghaften Mehrverbrauch kein vernünftiger Grund angegeben werden kann, braucht der Mieter die hierfür anfallenden Kosten nicht zu tragen,

551

LG Düsseldorf DWW 1995, 286 für eine Kostensteigerung um 74%.

Zur Darlegungs- und Beweislast s. Rn. V 359, 359a. h) Wärmecontracting und Wärmedirektservice Zu unterscheiden ist, ob der Vermieter sich eines Dritten bedient, um durch den Betrieb der (auf dem Grundstück befindlichen) Heizungsanlage seine Pflicht zur Beheizung des Mietobjekts zu erfüllen (Wärmecontracting, Betreibermodell), oder ob der Mieter verpflichtet sein soll, selbst für die Beheizung zu sorgen, indem er verpflichtet wird, einen Liefervertrag mit dem Betreiber eines Heizwerks abzuschließen (Fullcontracting, Wärmedirektservice, Eigentümermodell).3 Im Rahmen des Wärmecontracting ist zwischen dem AnlagenContracting und dem Energiespar-Contracting zu unterscheiden.4 Von mietrechtlichem Interesse ist nur das Anlagen-Contracting, bei dem der Betreiber

1 Bedenken äußert Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3029. 2 Zum Fall: Die Umlage der Kosten erfolgte zu 50% nach Verbrauch und zu 50% nach einem festen Maßstab flächenanteilig. 3 Zu den Contractingmodellen (Energiespar-, Finanzierungs-, Betriebsführungs- sowie Energie- und Wärmecontracting) s. Eisenschmid WuM 2008, 264, 267. 4 S. dazu Langenberg WuM 2004, 375.

711

552

Rn. V 553

Betriebskosten und ihre Abrechnung

die Anlage errichtet oder modernisiert und die erzeugte Heizenergie dem Vermieter liefert. aa) Vertragliche Gestaltung 553

Grundsätzlich liegt es im freien Ermessen des Vermieters, mittels welcher Anlagen und Organisation er seine Pflichten gegenüber dem Mieter erfüllt.1 Er hat hierbei ein unternehmerisches Gestaltungsermessen. Bei Abschluss des Mietvertrages kann er die Rahmenbedingungen auch für die Versorgung mit Wärme vorgeben. Insbesondere kann er den Mieter – auch formularvertraglich – verpflichten, einen Liefervertrag mit einem bereits vorhandenen Wärmelieferanten abzuschließen.2

554

Nach nunmehr h.M. ist die Zustimmung des Mieters erforderlich, wenn der Vermieter die Beheizung einer bisher zentralbeheizten Wohnung im Wege des Wärmecontracting auf einen Dritten überträgt, sofern dem Mieter hieraus – wie im Regelfall – zusätzliche Kosten entstehen,3 BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 387 = WuM 2005, 387 = ZMR 2005, 606: Will der Vermieter von Wohnraum während eines laufenden Mietverhältnisses den Betrieb der vorhandenen Heizungsanlage auf eine Dritten übertragen („Wärmecontracting“), bedarf es einer Zustimmung des Mieters dann, wenn eine ausdrückliche Regelung hierfür im Mietvertrag fehlt und dem Mieter dadurch zusätzliche Kosten auferlegt werden.

Das gilt nicht nur bei einer Umstellung während der Mietzeit, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 256, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851,

sondern auch dann, wenn die Umstellung vor Abschluss des Mietvertrages erfolgte, BGH – Urt. v. 20.6.2007 – WuM 2007, 445 = ZMR 2007, 768.

Die Vereinbarung kann etwa vorsehen, dass der Vermieter berechtigt ist, die Wärme- und Warmwasserversorgung einem geeigneten Versorgungsunternehmen zu übertragen, soweit dies nach billigem Ermessen unter Abwägung der Belange der Gesamtheit der Mieter zweckmäßig ist, AG Düsseldorf ZMR 2005, 959.

Für die vertragliche Grundlage der Umstellung ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Parteien die Umlage der Kosten der Wärmelieferung nach § 7 Abs. 4 HeizkostenV, Ziff. 4c der Anlage 3 zu § 27 II. BV und § 2 BetrKV vereinbart haben, BGH – Urt. v. 20.9.2006 – NZM 2007, 38 = WuM 2006, 686 = MietRB 2007, 30 (Walberg), BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 563 = WuM 2007, 393, 1 S. Derleder NZM 2003, 737; Langenberg WuM 2004, 375. 2 Langenberg WuM 2004, 375, 376; einschränkend Derleder NZM 2003, 737, 744; s. auch Beyer NZM 2008, 12; Lützenkirchen NZM 2008, 160. 3 Zur Entwicklung der Rspr. des BGH s. Milger NZM 2008, 1, 3 f.

712

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 555

BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851, BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350, LG Bochum NZM 2004, 779 = ZMR 2004, 675, AG Solingen ZMR 2007, 461.

Dafür genügt die vertragliche Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV, sofern die zugrunde gelegte Fassung dieser Anlage die Umlage der Kosten der Wärmelieferung im Nahbereich vorsieht, BGH – Urt. v. 22.2.2006 – NZM 2006, 534 = WuM 2006, 322 = ZMR 2006, 595, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851, so auch BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350 für die Umstellung der vorhandenen Heizungsanlage auf Fernwärme.

In diesem Zusammenhang reicht es aber nicht aus, dass im Mietvertrag die Kostentragung für die Versorgung mit Fernwärme geregelt ist; denn diese ist etwas anderes als die Kostentragung für die Wärmelieferung im Nahbereich, BGH – Urt. v. 20.6.2007 – WuM 2007, 445 = ZMR 2007, 768.

Es ist mithin darauf zu achten, dass der Katalog der umlagefähigen Kosten möglichst dem aktuellen Gesetzesstand entspricht. Dafür genügt nicht der Zusatz „in der jeweils geltenden Fassung“; denn damit wird dem Gebot der Transparenz nicht genügt. Dem ist im Grundsatz zu folgen: Der Vermieter benötigt die ausdrückliche Zustimmung zur Umstellung der Beheizungsart dann nicht, sofern die Beheizungsart im Mietvertrag nicht vereinbart ist.1 Grundsätzlich kann nämlich der Vermieter entscheiden, in welcher Art und Weise er seine Vertragspflichten erfüllt. Das gilt auch für einen Wechsel der Beheizungsart im Verlaufe des Mietverhältnisses. Darin liegt keine unzulässige einseitige Änderung des Mietvertrages, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851, BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350 für die Umstellung der vorhandenen Heizungsanlage auf Fernwärme.

Für ein Leistungsbestimmungsrecht – sei es auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung2 – ist kein Raum. Bleibt der Vermieter Erfüllungspartner des Mieters und werden insbesondere dessen Erfüllungs-, Gewährleistungsund Haftungsrechte gegenüber der früheren Art der Beheizung nicht betroffen, so ist auch dessen Zustimmung zur Umstellung entbehrlich. Problematisch bleibt die Umlage der durch die Einschaltung des Contractors entstehenden Mehrkosten. Es handelt sich hierbei zwar um Heizkosten i.S. von § 7 Abs. 3, 4 HeizkostenV. Damit sind sie aber noch nicht automatisch umlagefähig. Vielmehr kommt es in diesem Zusammenhang auf die vertragliche Gestaltung (Vereinbarung einer Mehrbelastungsklausel) und die Bewertung der Wirtschaftlichkeit an (s. Rn. V 363, 564). 1 So auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3051, der mit Recht hervorhebt, dass zwischen der Umstellung der Beheizungsart und der hieraus folgenden Kostenumlage zu unterscheiden ist; s. auch Milger NZM 2008, 1, 4 (II 2b, cc). 2 So Derleder WuM 2000, 3, 8; Derleder NZM 2003, 737, 740.

713

555

Rn. V 556 556

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Hat der Mieter der Umstellung zugestimmt oder gilt die Zustimmung dadurch als erteilt, dass der Mieter die Heizkosten nach der gültigen Fassung der Anlage 3 zu § 27 II. BV, § 2 Nr. 2c, § 7 Abs. 4 HeizkostenV zu tragen hat, so ist er auch zur Tragung der hieraus erwachsenden Mehrkosten infolge der Wärmelieferung verpflichtet, insbesondere die Kosten der Investitionen, der Verwaltung sowie des Unternehmensgewinns, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851, BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350.

Bei Mietverhältnissen über preisfreien Wohnraum ist der Vermieter nicht verpflichtet, die Grundmiete um die im Fernwärmetarif enthaltenen Gewinn-, Abschreibungs- und Instandhaltungsanteile des Fernwärmeversorgers zu ermäßigen, ebenso wenig, weil ihm nunmehr keine Instandsetzungs- oder Investitionskosten mehr durch die Ölheizungsanlage entstehen, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 (Tz. 22) = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851.

Bei Mietverhältnissen über preisgebundenen Wohnraum ergibt sich indes aus § 5 Abs. 3 NMV die Verpflichtung, die Gesamtkosten, Finanzierungsmittel und laufenden Aufwendungen in dem Maße zu kürzen, in dem sie den Kosten der Lieferung von Wärme und Warmwasser durch den Contractor zugrunde gelegt werden. 556a

Fehlt indes die Zustimmung des Mieters zur Umstellung auf das Wärmecontracting oder ist eine entsprechende Vereinbarung nicht getroffen worden, so kann der Vermieter nur die Kosten der Versorgung mit Wärme nach § 7 Abs. 2 HeizkostenV umlegen. Er muss mithin bei dem ihm vom Contractor in Rechnung gestellten Wärmepreis die Kostenanteile herausziehen, die über den Katalog der Heizkosten nach § 7 Abs. 2 HeizkostenV hinausgehen. Das betrifft insbesondere die Investitionskosten (Kapitalverzinsung), Kosten der Instandhaltung, Abschreibung und Gewinn, BGH – Urt. v. 1.6.2005 – WuM 2005, 456, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 256, BGH – Urt. v. 20.9.2006 – NZM 2007, 38 = WuM 2006, 686 = ZMR 2007, 21 = MietRB 2007, 30 (Walberg), KG – Urt. v. 13.2.2007 – WuM 2007, 129: Enthält der Mietvertrag keine Berechtigung des Vermieters zur Umstellung und hat der Mieter nicht zugestimmt, hat aber der Vermieter gleichwohl die Umstellung vorgenommen, so ist die auf der Grundlage des Wärmecontracting erstellte Heizkostenabrechnung nicht ordnungsmäßig. Eine Abrechnung der Heizkosten nach der eigenmächtigen Umstellung wäre aber dann möglich, wenn diese keine zusätzlichen Kosten für den Mieter verursacht hätte, wobei insbesondere Investitionskosten außer Betracht zu bleiben haben (BGH – Urt. v. 15.3.2006 – GE 2006, 838 = WuM 2006, 256); LG Berlin WuM 2004, 611.

556b

Denkbar ist, die fehlende Zustimmung zur Umstellung daraus zu folgern, dass der Mieter sich im Mietvertrag verpflichtet hat, die Kosten der Wärmelieferung nach § 7 Abs. 4 HeizkostenV zu tragen. Zweifelhaft erscheint aber, ob hierfür ein bloßer Verweis auf den Betriebskostenkatalog in der Anlage 3 zu 714

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 558

§ 27 II. BV bzw. in § 2 BetrKV ausreicht, insbesondere wenn der entsprechende Text dem Mietvertrag nicht beigegeben ist. Es ist nämlich fraglich, ob der durchschnittliche Wohnungsmieter, der weder über juristische noch über betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu verfügen braucht, den Text in Ziff. 4c der Anlage 3 zu § 27 II. BV bzw. in § 2 BetrKV in dem vom BGH gemeinten Umfang und dessen Bedeutung erfasst, sofern er ihn überhaupt zur Kenntnis nimmt. Sowohl das Überraschungsverbot in § 305c Abs. 1 BGB als auch das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 BGB sprechen dagegen.1 Schließlich ist in den genannten Bestimmungen nur geregelt, welche Kosten kraft Gesetzes umgelegt werden dürfen. Daraus, dass der Betriebskatalog Vertragsbestandteil wird, lässt sich nur die Umlegbarkeit gemäß dem vertragsgemäßen Bestand schließen. Dessen Erweiterung setzt das Einverständnis des Mieters oder seine Duldungspflicht nach § 554 Abs. 2 BGB voraus. Das Einverständnis aus dem vertraglichen Betriebskatalog zu folgern, ist ein Zirkelschluss. Ein Sonderfall liegt vor, wenn eine bisher ofenbeheizte Wohnung im Wege des Contracting auf eine Zentralbeheizung umgestellt wird: auch hier bedarf es nicht der Zustimmung des Mieters, um den Vertrag bezüglich der Beheizung neu zu gestalten,

557

s. BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NZM 2003, 737 = WuM 2003, 501 = ZMR 2003, 824.2

In diesem Fall wird durch die vom Mieter zu duldende Maßnahme der Vertragsgegenstand derart umgestaltet, dass die bisherige Beheizungsmöglichkeit entfallen ist. Hier liegt eine dem Neuabschluss des Mietvertrages vergleichbare Situation vor. Die Berechtigung zur Umlage der Kosten der Wärmelieferung beruhte hier auf der für die neuen Bundesländer vorgesehenen Sonderregelung in § 14 MHG. Sie wäre aber auch im Übrigen durch eine ergänzende Vertragsauslegung oder eine Mehrbelastungsklausel gedeckt (Rn. V 141, 142, 144). Anders verhält es sich, wenn der Vermieter eine ofenbeheizte Mietwohnung an eine von ihm installierte und betriebene Heizungsanlage anschließt, die Anlage jedoch später an einen Contractor verpachtet. In diesem Fall bedarf es der Zustimmung des Mieters zur Umstellung auf das Wärmecontracting, wenn der Vermieter die hierfür nach § 7 Abs. 4 HeizkostenV anfallenden Kosten umlegen will, BGH – Urt. v. 1.6.2005 – WuM 2005, 456.

Eine Zustimmung des Mieters oder eine ausdrückliche und eindeutige Vereinbarung ist geboten, wenn der Vermieter den Wärmedirektservice/Full-Contracting einführen will, weil hierdurch erheblich in den Vertragsbestand eingegriffen wird (s. auch AG Erfurt WuM 2000, 259). Auch kann der Vermieter einem Mieter, der die Mietwohnung bisher selbst beheizt hat, nach Installa-

1 S. auch die Bedenken bei Beyer NZM 2008, 12, 15; Blank NZM 2008, 745, 747; Lützenkirchen NZM 2008, 160; Milger NZM 2008, 1, 5. 2 S. dazu Glause WuM 2004, 323; Bohlen/Hainz ZMR 2004, 469.

715

558

Rn. V 559

Betriebskosten und ihre Abrechnung

tion einer zentralen Heiz- und Warmwasserversorgungsanlage nicht aufgeben, einen Versorgungsvertrag mit einem Contractor abzuschließen; vielmehr ist er gehalten, selbst in vertragliche Beziehungen zum Contractor zu treten, und gegenüber dem Mieter als Versorger mit Wärme und Warmwasser aufzutreten, LG Bonn NZM 2006, 536 = WuM 2006, 563.

Daher sind auch Formularklauseln, die eine Zustimmungspflicht des Mieters bei späterem Übergang zum Full-Contracting bzw. Wärmedirektservice vorsehen, wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB (§ 10 Nr. 4 AGBG) jedenfalls bei der Wohnraummiete unwirksam.1 Eine Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, mit einem Dritten einen Wärmelieferungsvertrag abzuschließen und die Kosten der Wärmelieferung an diesen zu zahlen, eröffnet dem Vermieter nicht die Möglichkeit, selbst eine Wärmelieferung mit dem Dritten einzugehen und die gesamten Kosten der Wärmelieferung dem Mieter in Rechnung zu stellen, BGH – Urt. v. 22.2.2006 – NZM 2006, 534 = WuM 2006, 322 = ZMR 2006, 595.

bb) Umlagefähige Kosten 559

Zum Entgelt für die Wärmelieferung bei der eigenständigen gewerblichen Lieferung von Wärme i. S. von Nr. 4c der Anl. 3 zu § 27 II. BV (= § 4c BetrKV) zählen die kompletten vom Versorgungsunternehmen berechneten Kosten, einschließlich der darin enthaltenen Investitions- und Verwaltungskosten, und auch der Unternehmergewinn des Lieferanten, BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NZM 2003, 757 = WuM 2003, 501 = ZMR 2004, 824, BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350.

560

Die Kosten brauchen in der Abrechnung nicht aufgeschlüsselt zu werden, LG Bochum WuM 2004, 477 = ZMR 2004, 675.

Sie sind ohne weiteres ansetzbar, wenn der Mieter dem Wärmecontracting zugestimmt hat oder die Umlage der Heizkosten i.S. von § 7 Abs. 2, 4 HeizkostenV vereinbart ist. 561

Als Korrektiv gilt auch hier das Gebot der Wirtschaftlichkeit in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB (s. Rn. V 335).2 Es geht dabei nicht darum, dass die Kosten für eigenerzeugte und für gekaufte Wärme nicht miteinander verglichen werden können, sondern darum, dass der Mieter mit Mehrkosten belastet wird, ohne dass ihm eine verbesserte Leistung geboten wird – es sei denn, man stellt der Pflicht des Vermieters zur Wirtschaftlichkeit den Hinweis entgegen, dass auch der Mieter sein Scherflein zum Umweltschutz beizutragen habe. Dem erhöhten Kostenanfall bei Einführung des Wärme-Contracting kann auch nicht entgegengehalten werden, dass anderenfalls der Vermieter die Hei1 Derleder NZM 2003, 737, 744; Langenberg WuM 2004, 375, 376. 2 S. dazu Milger NZM 2008, 1, 7 ff.

716

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 564

zungsanlage hätte modernisieren und den Mieter mit einer Mieterhöhung nach § 559 BGB hätte belasten können.1 Dem steht bereits entgegen, dass eine solche Mieterhöhung durch spätere Mieterhöhungen nach § 558 BGB „aufgesogen“ wird.2 Legt man mit der h.M. zugrunde, dass die Umlage der Kosten für die Lieferung von Wärme im Nahbereich i.S. von § 7 Abs. 4 HeizkostenV die Zustimmung des Mieters oder eine vertragliche Regelung über die Lieferung voraussetzt (Rn. V 554), so kann der Mieter gegenüber vertragsgemäß umgelegten Heizkosten als Folge seines Einverständnisses nicht geltend machen, dass diese Kosten gegenüber solchen aus eigenerzeugter Wärme unverhältnismäßig höher seien,

562

so auch für einen Sonderfall: BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NZM 2003, 757 = WuM 2003, 501 = ZMR 2003, 824: Ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit liegt nicht in der Entscheidung des Vermieters für Fernwärme (gegenüber der bisherigen Ofenbeheizung). Dass der Vermieter bei der Auswahl des Drittunternehmens als künftigen Betreiber der Heizungsanlage ein überteuertes Angebot im Vergleich zu dessen Mitbewerbern angenommen hat, hat der Mieter nicht geltend gemacht.

Allgemein BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 563 = WuM 2007, 393 = ZMR 2007, 685: Der Mieter, der bereits bei Vertragsbeginn einer im Wärmecontracting mit Wärme und Warmwasser versorgten Wohnung wohnt, kann sich der Pflicht zur Zahlung der Wärmelieferungskosten grundsätzlich nicht mit der allgemeinen Begründung, der Vermieter verletzte das Wirtschaftlichkeitsgebot durch das gewählte Wärmelieferungskonzept, entziehen.

Der Einwand der mangelnden Wirtschaftlichkeit reduziert sich vielmehr auf Umstände innerhalb der von ihm gewählten Versorgungsart und im Kern darauf, dass die Leistung des Wärmecontractors durch andere Betreiber preiswerter angeboten worden wäre. Diese muss der Mieter jedoch benennen,

563

BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 563 (Tz. 13) = WuM 2007, 393 = ZMR 2007, 685: Nach einer in Rspr. und Schrifttum verbreiteten Auffassung trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz beachtet hat. Auch bei Zugrundelegung dieser Ansicht ist es jedoch zunächst Sache des Mieters, der einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit geltend macht, konkret vorzutragen, dass Heizwärme und Warmwasser in den der Abrechnung zugrunde liegenden Zeiträumen von einem anderen Wärmecontractor preiswerter angeboten wurden. Erst dann ist es an dem Vermieter darzulegen und zu beweisen, dass er mit dem von ihm abgeschlossenen Wärmecontracting das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht verletzt hat. S. auch LG Bochum WuM 2004, 477 = ZMR 2004, 675.

Der Einwand mangelnder Wirtschaftlichkeit kann von vornherein nicht erhoben werden, wenn der Vermieter schon vor Abschluss des Mietvertrages einen langfristigen Vertrag mit einem Wärmecontractor abgeschlossen hatte, 1 So aber Bohlen/Hainz ZMR 2004, 469, 475. 2 So Langenberg WuM 2004, 375, 378.

717

564

Rn. V 565

Betriebskosten und ihre Abrechnung

von dem er sich während der Mietzeit zugunsten eines preisgünstigeren Anbieters nicht lösen kann, BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 29 = ZMR 2008, 195 = MietRB 2008, 99 (Pfeifer).

565

Überträgt der Vermieter den Betrieb einer Zentralheizungsanlage für die Mietwohnungen einem Wärmelieferer, mit dem er wirtschaftlich verflochten ist, so können erhöhte Kosten nicht abgerechnet werden, solange dem Mieter nicht auf sein Auskunftsbegehren hin diejenigen Tatsachen offenbart werden, die es ermöglichen, eine ordentliche Bewirtschaftung zu überprüfen. Die diesbezügliche Rüge der mangelnden Wirtschaftlichkeit muss der Vermieter substantiiert widerlegen, LG Oldenburg WuM 2003, 566.

566

Bei preisgebundenem Wohnraum sind im Falle des Contracting die Gesamtkosten, die Finanzierungsmittel und die laufenden Aufwendungen, die auf die zentrale Heiz- und Warmwasserversorgungsanlage entfallen, anteilig aus der Kostenmiete herauszurechnen, soweit sie den Kosten der Wärmelieferung durch den Betreiber zugrunde liegen (§ 5 Abs. 3 NMV).

i) Kürzungsrecht des Mieters aa) Rechtsgrundlage 567

Hat der Vermieter eine verbrauchsabhängige Abrechnung, die den Anforderungen der HeizkostenV entspricht, entgegen deren Vorschriften nicht erstellt, so ist der Mieter berechtigt, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung den auf ihn entfallenden Anteil um 15% zu kürzen (§ 12 Abs. 1 HeizkostenV). Das Gleiche gilt, wenn eine verbrauchsabhängige Abrechnung selbst unter Berücksichtigung der Schätzmöglichkeit nach § 9a HeizkostenV objektiv nicht (mehr) möglich ist. In diesem Fall kann der Vermieter nach anteiliger Wohnfläche unter Abzug von 15% des auf den Mieter entfallenden Kostenanteils abrechnen, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker); a.A. LG Köln WuM 1987, 128 bei defekten Heizkostenverteilern.

Es handelt sich um zwingendes Recht, so dass ein allgemeiner Verzicht des Mieters hierauf unwirksam ist, LG Hamburg WuM 2005, 721.

Ob es verwirkt werden kann (s. Rn. V 574), erscheint zweifelhaft. Die Anwendung des § 12 HeizkostenV setzt voraus, dass der Vermieter die Aufteilung nach qm in nicht zu beanstandender Weise vorgenommen hat. Das ist nicht der Fall, wenn Gemeinschaftsflächen mit beheizt worden sind, die jedoch nicht berücksichtigt worden sind, OLG Düsseldorf – Hinweisbeschl. v. 24.6.2004 – ZMR 2004, 42, AG Korbach/Hessen DWW 1998, 346.

718

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 570

Das Kürzungsrecht ist schon dann gewährt worden, wenn auch nur in einem Zimmer der Wohnung der tatsächliche Verbrauch nicht erfasst wird, ohne dass der Mieter dies zu vertreten hat,

568

LG Berlin ZMR 2003, 679.

Es ist auch bejaht worden, wenn es der Vermieter unterlassen hat, zwischen der Fertigstellung des Gebäudes und dem Bezug der einzelnen Wohnungen Heizkostenverteiler zu installieren (LG Berlin DWW 1997, 151). Für den Abzug kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter die unterbliebene Verbrauchserfassung zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 (Tz. 16) = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

Die Kürzung ist ferner dann gerechtfertigt, wenn es infolge von Montagefehlern oder einer ungünstigen baulichen Beschaffenheit, die vom Vermieter zu vertreten ist, zu einer fehlerhaften Verbrauchserfassung kommt,

569

LG Hamburg WuM 1988, 310, WuM 1990, 561, AG Eschweiler WuM 1993, 135 jeweils für Montagefehler der Heizkostenverteiler, LG Hamburg WuM 1991, 561 für vermieterseits montierte Heizkörperverkleidungen.

Erfassen die Heizkostenverteiler auf Grund nicht isolierter Rohrleitungen und hoher Vorlauftemperaturen nur einen geringen Anteil der tatsächlich in der Wohnung abgegebenen Wärmemenge, so soll eine verbrauchsabhängige Abrechnung unzulässig sein. Vielmehr muss verbrauchsunabhängig abgerechnet werden mit der Folge, dass der Mieter den auf ihn entfallenden Anteil um 15% kürzen kann, LG Meiningen WuM 2003, 453, LG Gera WuM 2007, 511 auch bei erheblichen Leerständen.

Die Kürzung beträgt 15% des gesamten Anteils, der bei verbrauchsunabhängiger Abrechnung auf den Mieter entfällt. Er beschränkt sich also nicht auf die sog. Verbrauchskosten.1 Die verbrauchsunabhängige Abrechnung wird in der Regel auf der Grundlage des Flächenmaßstabs vorzunehmen sein (LG Meiningen WuM 2003, 453). Entspricht sie diesen Anforderungen nicht, so wird ein etwaiger Anspruch des Vermieters auf Zahlung des Abrechnungssaldos nicht fällig, OLG Düsseldorf – Hinweisbeschl. v. 24.6.2004 – NZM 2005, 379 = ZMR 2005, 42.

Besteht eine verbundene Anlage, sind Verbrauchserfassungsgeräte jedoch nur für den Wärmeverbrauch vorhanden, so beschränkt sich das Kürzungsrecht auf die Kosten zur Versorgung mit Warmwasser, BGH – Urt. v. 14.9.2005 – NZM 2005, 905 = WuM 2005, 657 = ZMR 2005, 939 = MietRB 2006, 658 (Harsch).

Das Kürzungsrecht wirkt nicht automatisch wie die Mietminderung, sondern muss durch rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter geltend gemacht werden; einer Form hierfür bedarf es nicht. Die Reklamation fehlender Erfassungsgeräte reicht nicht (LG Köln ZMR 2008, 460). 1 Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 12 Rn. 15; Maciejewski MM 2000, 105.

719

570

Rn. V 571

Betriebskosten und ihre Abrechnung

bb) Ausschluss 571

Das Kürzungsrecht besteht nicht, wenn der Vermieter zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung nicht verpflichtet ist, etwa wenn ein Ausnahmetatbestand nach § 11 HeizkostenV vorliegt, BGH – Urt. v. 8.10.2003 – NZM 2004, 24 = WuM 2003, 699 = ZMR 2004, 99, AG Lübben NZM 2000, 907, LG Halle ZMR 2003, 428 zu Einrohrheizungen: Ein Verstoß gegen die Nachrüstungspflicht reicht nicht zur Begründung des Abzugs; vielmehr setzt das Kürzungsrecht voraus, dass der Vermieter zur verbrauchsmäßigen Erfassung verpflichtet ist.

Ist eine Kostenschätzung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV geboten, so greift das Kürzungsrecht des Mieters nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV ebenfalls nicht ein, da durch die gesetzliche Regelung die Verbrauchserfassung fingiert wird, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 102 = WuM 2005, 776, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2003 – ZMR 2003, 569 = WuM 2003, 387.

572

Umstritten ist, ob dies auch dann gilt, wenn nach Ausfall mehrerer Heizkostenverteiler eine verbrauchsabhängige Abrechnung gemäß § 9a Abs. 2 HeizkostenV nicht erstellt zu werden braucht, bejahend: AG Köln WuM 1997, 273,1 verneinend: LG Berlin DWW 1997, 151.2

Gegen das Kürzungsrecht spricht, dass § 9a Abs. 2 HeizkostenV ausnahmsweise eine nicht verbrauchsabhängige Abrechnung gestattet (Rn. V 524).3 573

Das Kürzungsrecht ist nicht gegeben, wenn der Mieter selbst die Ursache gesetzt hat, dass nicht verbrauchsabhängig abgerechnet worden ist, z.B. wenn er durch Einbau von Heizkörperverkleidungen und einen dadurch bedingten Wärmestau eine Verbrauchsermittlung verhindert oder die Ablesung der Verbrauchserfassungsgeräte schuldhaft nicht ermöglicht hat. In derartigen Fällen wird der Vermieter die Kosten ohnehin nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV ermitteln (s. LG Magdeburg ZMR 2006, 289), so dass schon deshalb das Kürzungsrecht entfällt.

574

Sind die Heiz- und Warmwasserkosten verbrauchsunabhängig abgerechnet worden und hat der Mieter den Abrechnungssaldo ausgeglichen, so soll er sein Kürzungsrecht nicht mehr ausüben können, weil es verwirkt sei,4 LG Hamburg WuM 2000, 311.

Dies wird sich aus dem bloßen Zahlungsvorgang nicht folgern lassen (zur Verwirkung s. Rn. V 466). 575

Die Berufung auf das Kürzungsrecht soll rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Mieter vor Abschluss des Mietvertrages bei der Wohnungsbesichtigung klar

1 2 3 4

So auch Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 12 Rn. 12. So auch Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 161 S. 402; Schmid Rn. 6313. Lefèvre HKA 1998, 18. Dagegen MünchKomm/Schmid HeizkostenV § 12 Rn. 2; Schmid Rn. 6319.

720

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 578

erkennen konnte, dass die Räume nicht mit Geräten zur Verbrauchserfassung ausgestattet waren, AG Staufen DWW 1998, 346.

Das ist im Hinblick auf den zwingenden Charakter und die umweltschützende Zielrichtung der HeizkostenV abzulehnen. j) Nutzerwechsel aa) Kostenverteilung Nach § 9b HeizkostenV ist der Vermieter bei einem Mieterwechsel während der Verbrauchsperiode grundsätzlich verpflichtet, eine Zwischenablesung vorzunehmen. Die Kosten sind zwischen Vor- und Nachmieter wie folgt zu verteilen:

576

(1) Verbrauchskosten nach dem Ergebnis der Zwischenablesung, (2) anteilige Grundkosten nach Gradtagszahlen1 oder zeitanteilig, Warmwasserkosten nur zeitanteilig. Der Rückgriff auf die Gradtagszahlen ist grundsätzlich nur im Falle eines Nutzerwechsels, dagegen nicht im laufenden Mietverhältnis zulässig, LG Osnabrück NZM 2004, 95, AG Dortmund NZM 2004, 221 a.E.

Ausnahmsweise kann die Gradtagsmethode allerdings auch im Rahmen der Kostenschätzung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV herangezogen werden, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 102 = WuM 2005, 776.

Ist eine Zwischenablesung nicht möglich oder wegen des Zeitpunkts des Nutzerwechsels aus technischen Gründen nicht ergiebig, so sind auch die Verbrauchskosten nach (2) umzulegen.

577

Entgegen § 2 HeizkostenV gehen hier rechtsgeschäftliche Bestimmungen vor; die Parteien können daher auch generell eine Kostenverteilung nach Gradtagszahlen vereinbaren, s. § 9b Abs. 4 HeizkostenV.

578

Haben z.B. die Parteien vereinbart, auf eine Zwischenablesung zu verzichten, so sind die Kosten zwischen Vor- und Nachmieter nach der Gradtagstabelle aufzuteilen, AG Hamburg ZMR 2006, 132.

Ein Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV besteht in diesem Fall nicht, AG Berlin-Schöneberg MM 2006, 39.

Unterlässt der Vermieter bei einem Nutzerwechsel die Zwischenablesung in der Wohnung, ohne dass eine entsprechende Vereinbarung besteht, so soll der Mieter dagegen berechtigt sein, den Abrechnungsbetrag nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV zu kürzen,2 AG Berlin-Charlottenburg WuM 2006, 36. 1 Zur Tabelle der Gradtagszahlen s. Langenberg Betriebskostenrecht Anhang I Rn. 124 S. 388; MünchKomm/Schmid HeizkostenV § 9b Rn. 3. 2 Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 9b Rn. 5.

721

Rn. V 579

Betriebskosten und ihre Abrechnung

bb) Nutzerwechselgebühr 579

Kosten der Zwischenablesung – die sog. Nutzerwechselgebühr – können nur angesetzt werden, wenn eine Zwischenablesung tatsächlich erfolgt ist, AG Charlottenburg WuM 2006, 31.

Umstritten ist, wer die Kosten der Zwischenablesung zu tragen hat. Zum Teil wird angenommen, dass sie auf alle Nutzer umzulegen sind,1 AG Hamburg WuM 1996, 562, auch AG Lörrach WuM 1993, 68 für vertragsgetreuen, ausziehenden Mieter;

zum Teil wird auf das Verursacherprinzip abgestellt,2 LG Berlin GE 2003, 121, AG Coesfeld WuM 1994, 696, AG Schopfheim WuM 2000, 331.

Zum Teil werden die Kosten als Verwaltungskosten gewertet, die vom Vermieter zu tragen sind, LG Görlitz WuM 2007, 265, AG Berlin-Charlottenburg WuM 2006, 36.

Dieser Auffassung hat sich auch der BGH angeschlossen, zumal die Nutzerwechselgebühr in einem Mietverhältnis nicht wiederkehrend, sondern nur einmal anfalle und es sich deshalb nicht um umlagefähige Betriebskosten handele, BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 123 = WuM 2008, 85 = MietRB 2008, 129.

Das ist abzulehnen. Die Nutzerwechselgebühr, um die es hier geht und die vom Abrechnungsunternehmen dem Vermieter berechnet wird, zählt als „Kosten der Berechnung und Aufteilung“ zu den „Kosten der Verwendung einer Ausstattung zur Verbrauchserfassung“ i.S. von § 7 Abs. 2 HeizkostenV und damit zu den umlagefähigen Heizkosten.3 Ihre Eigenschaft als Betriebskosten ergibt sich zudem aus § 2 Nr. 4a BetrKV. Dass sie innerhalb eines Mietverhältnisses nur einmal anfällt, ist kein Kriterium für die Betriebskosten-Eigenschaft; zu denken ist nur an die sog. aperiodischen Betriebskosten, die u.U. während eines kürzeren Mietverhältnisses überhaupt nicht anzufallen brauchen. Nach hier vertretener Auffassung erscheint es sachgerecht, grundsätzlich auf das Verursacherprinzip abzustellen, zumal dieses dem Grundsatz der verbrauchsbezogenen Abrechnung am nächsten kommt. Hat der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses zu vertreten und ist er dem Mieter deswegen schadensersatzpflichtig, so hat er diese Kosten zu tragen. 580

Vertragliche Regelungen über die Kostentragungspflicht sind zulässig. Das gilt etwa für die Vereinbarung, nach der der Mieter verpflichtet ist, die Kosten der 1 MünchKomm/Schmid HeizkostenV § 9b Rn. 2; Schmid, Ropertz WuM 1992, 291, 292; Schmid Rn. 6243; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3001; wohl auch Langenberg Betriebskostenrecht G 159 S. 278, Anhang I Rn. 121 S. 387. 2 Harsch WuM 1991, 521; differenzierend Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 9b Rn. 15. 3 Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 9b Rn. 13; s. auch Bieber WuM 2008, 393; Blank NZM 2008, 745, 753; Schmid WuM 2008, 199; Schmid ZMR 2008, 762.

722

Abrechnung der Kosten für Heizung und Warmwasser

Rn. V 581

Zwischenablesung zu tragen, die er durch eine vorzeitige Vertragsbeendigung veranlasst hat, BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 123 = WuM 2008, 85, LG Berlin GE 2005, 433, AG Wetzlar WuM 2003, 456.

Jedoch dürften solche Klauseln nur zulässig sein, wenn sie den Fall ausnehmen, dass der Mieter aus begründetem Anlass gekündigt hat.1 cc) Kaltverdunstungsvorgabe Die Kaltverdunstungsvorgabe beruht auf einer gezielten Überfüllung der Messröhrchen in Heizkostenverteilern nach dem Verdunsterprinzip, um der Verdunstung allein schon durch die Raumtemperatur Rechnung zu tragen. Sie ist im Verhältnis von Vor- und Nachmieter grundsätzlich zu berücksichtigen,2 vgl. LG Bonn WuM 1988, 172: Bei einer Zwischenablesung von Heizkostenverteilern nach dem Verdunsterprinzip infolge Nutzerwechsels ist hinsichtlich der Kaltverdunstungsvorgabe jedenfalls dann eine Umrechnung vorzunehmen, wenn die Zwischenablesung gegen Anfang oder Ende eines Abrechnungszeitraums vorgenommen wird. Steht fest, dass im Einzelfall die Zwischenablesung zu einem grob unrichtigen Ergebnis führt, weil die Kaltverdunstungsvorgabe nicht berücksichtigt ist, so kann sie nicht, jedenfalls nicht ohne Korrektur, Grundlage einer Abrechnung sein.

Endet das Mietverhältnis zu Beginn der Verbrauchsperiode, so käme die Kaltverdunstungsvorgabe überwiegend nur dem bisherigen Mieter zugute. Umgekehrt würde der Nachmieter hiervon profitieren, wenn das Mietverhältnis erst gegen Ende der Verbrauchsperiode aufgelöst werden würde. Deshalb erfolgt eine Verteilung im Verhältnis der jeweiligen Nutzzeit von Vor- und Nachmieter während der Verbrauchsperiode oder eine Aufteilung nach Gradtagszahlen. Dagegen sind nach AG Bremerhaven WuM 1989, 30 Ungenauigkeiten bei der Zwischenablesung wegen Nichtberücksichtigung der Kaltverdunstungsvorgabe hinzunehmen. Werden die abgelesenen Skalenwerte hochgerechnet, um die Kaltverdunstungsvorgabe zu berücksichtigen, so muss dem Mieter dieser Rechenschritt nachvollziehbar dargelegt werden. Anderenfalls weist die Abrechnung einen Formfehler auf. Die Berufung auf eine nicht erläuterte sachverständige Methode reicht nicht, AG Flensburg WuM 1991, 702.

1 S. Sternel PiG Bd. 55 (1998) S. 79 f., 96; stärker einschränkend: Bub/Bernhard NZM 2008, 512 zu den Auswirkungen der BGH-Entscheidung auf die Abrechnungspraxis von Ableseunternehmen und Wohnungsvermietern. 2 S. Schmidt-Futterer/Lammel HeizkostenV § 5 Rn. 17, § 9b Rn. 27; v. Seldeneck Rn. 3256.

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581

VI. Mietgebrauch

1. Vertragszweck a) Abgrenzung von Wohnraum- und Geschäftsraummiete 1

Für den Inhalt des Mietgebrauchs ist die vereinbarte Zweckbestimmung wesentlich. Ob Räume zu Wohn- oder anderen Zwecken vermietet werden, richtet sich in erster Linie nach dem Willen der Parteien; äußere Kriterien wie Beschaffenheit oder Ausstattung haben nur Indizwert, BGH – Urt. v. 13.2.1985 – BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772 = WuM 1985, 288 = ZMR 1985, 228, BGH – Urt. v. 16.4.1986 – NJW-RR 1986, 877 – WuM 1986, 274 = ZMR 1986, 278, 279, BGH – Urt. v. 23.4.1997 – BGHZ 135, 269, 272 = NJW 1997, 1845 = WuM 1997, 380 II 1a, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.9.2006 – NZM 2007, 923 = ZMR 2007, 269: Ausschlaggebend für die Beurteilung als gewerbliches oder als Wohnraummietverhältnis ist die überwiegende Nutzungsart. Dies ist nach dem Vertragszweck und dem Parteiwillen zu entscheiden, bei deren Feststellung die Mietzins- und Flächenanteile mitbestimmende Gesichtspunkte sind; OLG Köln – Urt. v. 10.10.2006 – ZMR 2007, 114: Werden in einem einheitlichen, von den Parteien als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag Pensionsräume mit angeschlossenen Wohnräumen zur Nutzung überlassen, so kann das Vertragsverhältnis auch dann nach den näheren Umständen als Pachtvertrag anzusehen sein, wenn der auf die Wohnräume entfallende Teil des Bruttonutzungsentgelts entfällt.

Zur ausdrücklichen Zweckvereinbarung s. Rn. VI 7. Die Angabe des Vertragszwecks im Mietvertrag hat besondere Bedeutung für die Vermietung von Gewerberaum:1 Sie bezeichnet nicht den Mietgegenstand, sondern grenzt den Mietgebrauch ein, OLG Hamburg – Urt. v. 13.6.1990 – NJW-RR 1991, 11 = WuM 1990, 390 = ZMR 1990, 341.

Das wirkt sich auf die Eignung des Mietobjekts und damit auf die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters – auch was die Konkurrenzschutzpflicht anbelangt – ebenso aus wie auf die Befugnis des Mieters etwa zur Branchenänderung oder Sortimentserweiterung. Abzustellen ist auf den wirklichen Willen der Parteien. Wird der Vertrag zum Schein als Gewerberaummietvertrag abgeschlossen, gilt das Wohnraummietverhältnis als verdecktes Rechtsgeschäft, LG Frankfurt a.M. WuM 1992, 112, LG Berlin GE 1993, 377, LG Berlin MM 1995, 228: Trotz Verwendung eines Formularvertrages über Gewerbemiete liegt ein Wohnungsmietverhältnis vor, wenn das Bewohnen der Räume von Anfang an dem Vermieter bekannt war und von ihm gebilligt wurde.2 1 Fritz Rn. 71. 2 Zum Fall: Im Mietvertrag hieß es u.a.: Die Annmietung erfolgt „zum Betrieb eines Büros bzw. eines Lagers“, ferner „Die Parteien sind sich darüber einig, dass es sich in keinem Fall um vermieteten Wohnraum handelt.“

724

Vertragszweck

Rn. VI 4

Die Umstände, die u.U. für ein derartiges Scheingeschäft (s. § 117 Abs. 2 BGB) sprechen, muss derjenige beweisen, der sich hierauf beruft, LG Berlin ZMR 1997, 468, 469.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vertragszwecks ist derjenige des Vertragsabschlusses, KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205.

Auf die tatsächliche Nutzung durch den Mieter kommt es – für sich genommen – nicht an,

2

OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 469, 470: Für die rechtliche Qualifizierung eines Vertrages als Wohnraummiete kommt es grundsätzlich nicht auf die tatsächliche Nutzung der Räume, sondern auf die von den Parteien getroffene Zweckbestimmung an; OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.1.2004 – DWW 2004, 125 = WuM 2004, 193: Schließen die Parteien einen Mietvertrag, der als „Mietvertrag für gewerbliche Räume“ bezeichnet ist, und geben sie als Vertragszweck den Betrieb „einer Werkstatt-Einrichtung“ an, so handelt es sich auch dann nicht um ein Mietverhältnis über Wohnraum, wenn der Vermieter bei Vertragsabschluss die Absicht des Mieters kennt, die Räume zu Wohnzwecken umzubauen; OLG Düsseldorf – Beschl. v. 19.4.2007 – NZM 2007, 799 = ZMR 2008, 121 = MietRB 2008, 370 (Schwartmann): 1. Dass der Mieter von Räumlichkeiten diese zu gewerblichen Zwecken (mit-)benutzt, lässt für sich allein nicht den Schluss auf eine gewerbliche Vermietung zu. 2. Ein Wohnraummietverhältnis bleibt auch dann ein solches, wenn der Mieter in der vermieteten Wohnung – vertragswidrig – eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.1

Werden Wohnräume vermietet, die nach dem Vertragszweck an dritte Personen untervermietet werden, so handelt es sich nicht um ein Wohnraummietverhältnis, selbst wenn mit der Untervermietung keine wirtschaftlichen, sondern soziale Zwecke (betreutes Wohnen) verbunden sind,

3

OLG Karlsruhe – RE v. 24.10.1983 – WuM 1984, 10 = ZMR 1984, 52, OLG Braunschweig – RE v. 27.6.1984 – WuM 1984, 237 = ZMR 1985, 14, bestätigt durch BVerfG – Beschl. v. 28.9.1995 – WuM 1995, 335, OLG Stuttgart – RE v. 25.10.1984 – WuM 1985, 80 = ZMR 1985, 14, BayObLG – RE v. 28.7.1995 – WuM 1995, 638 = ZMR 1995, 526: Vermietung an karitativen Verein zur Unterbringung von betreuungsbedürftigen Personen, OLG Hamburg – Urt. v. 8.4.1998 – NZM 1998, 758: Anmietung durch einen gemeinnützigen Verein, der die Räume an Dritte weitervermietet, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.10.2002 – WuM 2003, 151: Anmietung von Wohnräumen, die mit Sozialbindung weitervermietet werden sollen.

Das gilt insbesondere, wenn ein Arbeitgeber eine Wohnung vom Eigentümer angemietet hat, um sie gemäß dem Vertragszweck an betriebsangehörige Personen weiterzuvermieten, selbst wenn der Arbeitgeber durch die Weiterver1 Zum Fall: Der Kläger hatte vorgetragen, er sei Eigentümer eines Hauses mit 2 Wohneinheiten, die der Mieter gemietet habe. In einer der Räumlichkeiten übe der Mieter die Tätigkeit eines Immobilienkaufmanns aus. Die Entscheidung erging zur sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 23 Nr. 2a GVG, § 29a Abs. 1 ZPO.

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4

Rn. VI 5

Mietgebrauch

mietung keinen Gewinn erzielen will und sich der Eigentümer ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Endmieters vorbehalten hat, BayObLG – RE v. 30.8.1995 – MDR 1996, 41 = WuM 1995, 645, s. auch BGH – Urt. v. 11.2.1981 – DWW 1981, 239 = NJW 1981, 1377 = ZMR 1981, 332, BGH – Urt. v. 20.10.1982 – MDR 1983, 482 = ZMR 1983, 211.

5

Das maßgebliche Kriterium dafür, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, kann nicht darin liegen, dass der Mieter selbst die Räume bewohnt,1 so aber BGH – VU v. 16.7.2008 – GE 2008, 1318 = NZM 2008, 804: Entscheidend ist, ob der Mieter – eine juristische Person – die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmietet. Darauf, ob er das angemietete Reihenhaus nach dem Vertragszweck vorwiegend als Geschäftsraum für sich selbst oder als Wohnung für den Geschäftsführer nutzen wollte, kommt es nicht an. OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.2.1995 – ZMR 1995, 203: Die Regelungen des MHG sind nicht anzuwenden, wenn dem Mieter Wohnräume überlassen werden, die nach der vertraglichen Zweckbestimmung nicht zum Bewohnen durch den Mieter selbst genutzt werden sollen; OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 469: Entscheidend für die Vertragsqualifizierung ist allein, dass dem Mieter die Räume nach dem vereinbarten Vertragszweck zum eigenen Wohnen überlassen werden.

Es ist nämlich durchaus möglich, ein Wohnraummietverhältnis zu Gunsten Dritter zu begründen (z.B. Anmietung einer Wohnung für in der Ausbildung befindliche Angehörige oder für den geschiedenen einkommenslosen Ehepartner in Abgeltung der Unterhaltspflicht). Auch kann ein Wohnraummietverhältnis dann vorliegen, wenn jemand eine Wohnung anmietet, um dadurch den Wohnbedarf einer bestimmten dritten Person zu decken,2 LG Hamburg ZMR 1985, 54, WuM 1986, 317 (ZK 16), LG München I WuM 1991, 37 für Anmietung der Wohnung durch eine OHG für ihre Gesellschafter, LG Frankfurt a.M. ZMR 1991, 348, wenn Einvernehmen besteht, dass der Mietraum einer namentlich benannten dritten Person zum Wohnen überlassen werden soll.

6

Vorauszusetzen ist, dass dies dem vereinbarten Vertragszweck entspricht und nicht nur Motiv des Mieters ist. Von diesem Zweck ist auch auszugehen, wenn ein Verein Räume zur überwiegenden Nutzung als Wohnung durch seine Mitglieder anmietet; auch auf ein solches Mietverhältnis ist Wohnraummietrecht angewendet worden, OLG Köln – Urt. v. 18.2.2003 – ZMR 2004, 31.

Allerdings ist diese Auffassung bestritten. Anderer Auffassung sind u.a. OLG Frankfurt a.M. – RE v. 14.7.1986 – WuM 1986, 273 = ZMR 1986, 360 für Anmietung von Wohnräumen durch einen Pfadfinderverein für Wohnzwecke seiner Mitglieder, 1 So aber Staudinger/Emmerich Rn. 24 vor § 535 BGB. 2 Vgl. auch Sternel Rn. I 145; der dort (Fn. 12) zitierte Beschluss des BVerfG v. 27.6.1986 ist in ZMR 1989, 21 veröffentlicht. S. auch Schmidt-Futterer/Blank Rn. 84 vor § 535 BGB unter Beschränkung auf nahe Angehörige, aber anders für familienfremde Personen, s. Rn. 82 vor § 535 BGB.

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Vertragszweck

Rn. VI 9

OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.2.1995 – ZMR 1995, 203, OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 469, AG und LG Frankfurt a.M. WuM 1990, 335 für Anmietung der Wohnung zu Gunsten eines namentlich genannten Mitarbeiters des Mieters, ebenso LG Hamburg NJW-RR 1992, 842 = ZMR 1992, 343 (ZK 11).

Wohnraummietrecht ist jedenfalls dann anzuwenden, wenn die Parteien ausdrücklich einen Wohnraummietvertrag abschließen wollen,

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OLG Naumburg – Urt. v. 22.7.1993 – WuM 1995, 142 für ein Mietverhältnis mit einer Kirchengemeinde zur Unterbringung von deren Mitarbeitern.

Wussten die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages, dass der Mieter in der Wohnung auch ein Gewerbe ausüben werde, und haben sie in Kenntnis dieses Umstandes ausdrücklich einen Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, so handelt es sich nicht um ein Mietverhältnis über Gewerberaum. An einer etwaigen bewussten Falschbezeichnung müssen sich die Parteien festhalten lassen, LG München II,1 bestätigt durch OLG München – Beschl. v. 24.4.2006 – ZMR 2007, 119.

Ist der Mieter nach dem Mietvertrag berechtigt, den Nutzungszweck zu ändern (z.B. Wohnen statt gewerblicher Nutzung), so lebt der veränderte Zweck (z.B. Wohnen) erst dann auf, wenn der Mieter von dem ihm eingeräumten Recht (durch Anzeige gegenüber dem Vermieter) Gebrauch gemacht hat,

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OLG Köln – Urt. v. 17.1.1996 – DWW 1996, 190 = WuM 1996, 266.

Anders verhält es sich dagegen, wenn nach dem Vertragszweck von vornherein die gewerbliche Nutzung im Vordergrund steht, der Mieter aber den Umfang der Nutzung zu Gewerbe- oder zu Wohnzwecken bestimmen kann,2 BGH – Urt. v. 16.4.1986 – NJW-RR 1986, 842 = WuM 1986, 273 = ZMR 1986, 275.

b) Mischmietverhältnisse Für sog. Mischmietverhältnisse, die vertraglich sowohl eine Nutzung zu Wohn- als auch zu anderen Zwecken zulassen, ist die Übergewichtstheorie maßgebend. Auch in diesem Zusammenhang kommt es maßgeblich auf den Vertragszweck an, nämlich in welchem Bereich das Mietverhältnis nach dem Parteiwillen seinen Schwerpunkt hat. Maßgebend ist stets der wahre Vertragszweck, BGH – Urt. v. 16.4.1986 – NJW-RR 1986, 877 = WuM 1986, 274 = ZMR 1986, 278, 279,

1 Zum Fall: Obwohl die Parteien wussten, dass in der Wohnung eine psychologische Praxis betrieben werden sollte – mag auch die nähere Ausgestaltung und der Umfang der Nutzung streitig sein –, haben sie in Kenntnis dieses Umstandes ausdrücklich einen Mietvertrag über Wohnraum und nicht über Geschäftsraum abgeschlossen. 2 Zum Fall: Anmietung eines Einfamilienhauses durch einen Rechtsanwalt zur Nutzung als Kanzlei und zugleich als Wohnung.

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Rn. VI 10

Mietgebrauch

OLG Schleswig – RE v. 18.8.1982 – NJW 1983, 49 = WuM 1982, 266 = ZMR 1983, 17, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.4.2002 – NZM 2002, 739 = ZMR 2002, 589, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.3.2006 – GE 2006, 647 für Restaurant und Wirtewohnung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.9.2006 – NZM 2007, 923 = ZMR 2007, 269: Ausschlaggebend für die Beurteilung als gewerbliches oder als Wohnraummietverhältnis ist die überwiegende Nutzungsart. Dies ist nach dem Vertragszweck und dem Parteiwillen zu entscheiden, bei deren Feststellung die Mietzins- und Flächenanteile mitbestimmende Gesichtspunkte sind; ferner OLG Hamm – Urt. v. 12.7.1985 – ZMR 1986, 11, OLG München – Urt. v. 2.7.1993 – ZMR 1995, 295, KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205.

Entscheidend dafür ist, welche vertragsgemäße Nutzung das Rechtsverhältnis prägt. Wohnraummietrecht gilt also nicht, wenn der Wohnzweck nicht überwiegt. Auf die Qualifizierung durch die Parteien – etwa auch durch die formularmäßige Vorgabe – kommt es nicht an. 10

Liegt kein ausdrücklich erklärter übereinstimmender Parteiwille vor, aus dem sich das Überwiegen der einen oder anderen Nutzungsart ergibt, so sind auch die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen und deren Mietwerte zu berücksichtigen, soweit sich nicht bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergibt. Die Wertigkeit nach Mietwert und Mietfläche der unterschiedlich genutzten Flächen sind also nur hilfsweise zu berücksichtigen, BGH – Urt. v. 16.4.1986 – NJW-RR 1986, 877 = WuM 1986, 274 = ZMR 1986, 278, 279, OLG Schleswig – RE v. 18.8.1982 – NJW 1983, 49 = WuM 1982, 266 = ZMR 1983, 17: Der gewerbliche Teil in einem Mischraummietverhältnis überwiegt jedenfalls dann, wenn die Fläche der vermieteten Gewerberäume und der auf sie entfallende Mietzins ein Vielfaches der entsprechenden Größen der Wohnräume darstellen und sich eine hiervon abweichende rechtliche Einordnung des Vertrages aus vertraglichen Erklärungen der Parteien nicht ergibt. Der Umstand allein, dass die Wohnung den Lebensmittelpunkt des Mieters bildet, führt nicht dazu, dass auf den Wohnraumteil die Bestimmungen über den Kündigungsschutz anzuwenden sind. Die nur wirtschaftliche Teilbarkeit des Mietobjekts in Gewerberäume und Wohnräume erlaubt es jedenfalls dann nicht, auf den Wohnraumteil die Bestimmungen über den Kündigungsschutz anzuwenden, wenn auf Grund des Parteiwillens von einer rechtlichen Einheit des Mietverhältnisses auszugehen ist. OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.3.2006 – GE 2006, 647,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.9.2006 – NZM 2007, 923 = ZMR 2007, 269.

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Dabei soll dem Mietwertverhältnis größere Bedeutung zukommen als dem Flächenverhältnis, OLG Hamburg – Urt. v. 2.11.1994 – NJW-RR 1997, 458.

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Steht demnach die gewerbliche Nutzung des Mietobjekts gemäß dem vereinbarten Vertragszweck im Vordergrund, so handelt es sich auch dann um ein einheitliches Geschäftsraummietverhältnis, wenn die zu Wohnzwecken genutzten Flächen überwiegen, 1 Zum Fall: Gewerbefläche 255 qm, Wohnfläche 110 qm, Mietwertverhältnis: 2500 Euro für Gewerbefläche, 550 Euro für die Wohnung.

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Vertragszweck

Rn. VI 13

LG Hamburg WuM 1993, 36 bei Anmietung eines Einzelhandelsgeschäfts mit Wohnung, s. auch OLG Köln – Urt. v. 10.10.2006 – ZMR 2007, 114 bei Verpachtung von Pensionsräumen mit angeschlossenen Wohnräumen in einem einheitlichen, als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag.

Soweit das Flächenverhältnis mit berücksichtigt wird, sollen Gemeinschaftsflächen wie Küchen, Bäder oder Flure anteilig mitzuberechnen sein, KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205.

Nicht aussagekräftig ist das Verhältnis der Mietwerte, wenn das Mietobjekt preisgebunden ist, KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205.

Auch die Art des verwendeten Vertragsformulars kann als Indiz zur Bestimmung des Vertragszwecks mitverwertet werden,1 OLG Hamburg – Urt. v. 13.7.1994 – ZMR 1995, 120, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.3.2006 – GE 2006, 647, OLG Stuttgart – Urt. v. 31.3.2008 – MDR 2008, 1091 = NZM 2008, 726 = ZMR 2008, 795.

Bei Gleichwertigkeit der Nutzungszwecke ist es vertretbar, Wohnraummietrecht anzuwenden,2 OLG Schleswig – RE v. 18.6.1982 – NJW 1983, 49 = WuM 1982, 266 = ZMR 1983, 17.

Lässt der Mietvertrag nicht erkennen, ob die Mieträume überwiegend zu gewerblichen oder zu Wohnzwecken genutzt werden, nutzt der Mieter die Räume aber überwiegend zum Wohnen, so ist dies vertragsgemäß, LG Berlin ZMR 1988, 464, LG Frankfurt a.M. WuM 1992, 112, ähnlich LG Essen WuM 1990, 506: Der Mietvertrag unterliegt unabhängig von seiner Bezeichnung dem Kündigungsschutz, wenn er die konkrete Nutzung des Mietobjekts offen lässt und dieses sodann zu Wohnzwecken genutzt wird.

Am Charakter eines Wohnraummietverhältnisses ändert sich – unbeschadet der Gegenrechte des Vermieters – nichts, wenn der Mieter in der Wohnung vertragswidrig eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.4.2007 – NZM 2007, 799.

Wird dem Mieter von gemischt genutzten Räumen gestattet, den Umfang der jeweiligen Nutzung selbst zu bestimmen, so soll der gewerbliche Nutzungszweck im Vordergrund stehen, selbst wenn die gewerblich genutzten Flächen geringer als die zu Wohnzwecken benutzten Flächen sind. Die Gewerbefläche sei nämlich die Stätte, ohne die der Mieter im Allgemeinen seine Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zu dem auch die Miete für die Wohnung gehöre, BGH – Urt. v. 16.4.1986 – WuM 1986, 274 = ZMR 1986, 278 f. für Anwaltspraxis in einer Villa,

1 S. auch Schmidt-Futterer/Blank Rn. 98 vor § 535 BGB. 2 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 98 vor § 535 BGB; Staudinger/Emmerich Rn. 29 vor § 535 BGB.

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Rn. VI 14

Mietgebrauch

KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205 für kleine Schuhmacherei mit angehängter Wohnung, OLG Köln – Urt. v. 12.6.2001 – ZMR 2001, 963, 965 für Zahnarztpraxis und Wohnnutzung.

Diese Begründung darf nicht ohne eingehende fallbezogene Prüfung verallgemeinert werden. Anderenfalls ließe sich mit ihr nahezu jedes Mischmietverhältnis regelmäßig als Gewerberaummiete qualifizieren.1 Jedenfalls dann, wenn das Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit außerhalb der Mieträume liegt, wird Wohnraummiete angenommen werden können. Bezieht etwa ein Syndikusanwalt nur einen geringfügigen Teil seiner Einkünfte aus dem Betrieb seiner Anwaltskanzlei,2 welche in der teilgewerblich genutzten Wohnung betrieben wird, so liegt das Schwergewicht auf der Wohnraummiete, LG Berlin MM 1995, 63.

Als Auslegungsmaxime erscheint es unter dem Schutzzweck des sozialen Mietrechts eher geboten, darauf abzustellen, dass die Anmietung von gemischt zu nutzenden Räumen dazu dient, dort den Lebensmittelpunkt zu begründen und die gewerbliche Nutzung eben nur Mittel zum Zweck ist.3 14

Die Klage auf Feststellung, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien als Wohnraum- und nicht als Gewerberaummietverhältnis zu qualifizieren ist, ist für zulässig gehalten worden, LG Berlin MM 1995, 228.

15

Gilt Wohnraummietrecht, so können sich Schwierigkeiten für die Bestimmung der ortsüblichen Miete ergeben.4 Ist im Mietvertrag die Miete für den Wohn- und den Gewerbeteil getrennt ausgewiesen, so soll der Vermieter die Wahl haben, ob er ein einheitliches Mieterhöhungsverlangen unter den Voraussetzungen des § 558 BGB stellt oder es nur für die Wohnung stellt und die Erhöhung für den gewerblichen Teil an der ortsüblichen Gewerbemiete orientiert, AG und LG Wiesbaden WM 1991, 593, 594.

Dies erscheint nicht richtig, da von der Einheitlichkeit des Rechtsverhältnisses auszugehen ist. Mithin ist die Mieterhöhung für die Wohnung ohne Rücksicht auf die teilgewerbliche Nutzung und den Gewerbezuschlag nach § 558 BGB durchzuführen (s. LG Berlin GE 1995, 1133) und eine einheitliche ortsübliche Miete (zuzüglich des bisherigen oder gesondert anzupassenden Gewerbezuschlags, s. Rn. VI 59, 60) zu ermitteln. 16

Ist ein einheitlicher Mietzins und daneben kein Gewerbezuschlag vereinbart, so ist bei Verwendung eines Mietspiegels im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens nach § 2 MHG (jetzt § 558 BGB) zugelassen worden, die übliche 1 Kritisch auch Lammel BGB § 535 Rn. 108. 2 Zum Fall: Die Einkünfte aus der Anwaltstätigkeit in der Mietwohnung deckten in etwa die Mietkosten. 3 S. Schmidt-Futterer/Börstinghaus Rn. 24 vor §§ 557–557b BGB. 4 Vgl. dazu Sternel Rn. III 605a m.w.N.

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Vertragszweck

Rn. VI 18

Miete für Wohnraum um einen Zuschlag bis zu 50% anteilig für die gewerblich genutzten Flächen analog § 26 Abs. 2 NMV zu erhöhen (s. Rn. IV 184), vgl. dazu LG Berlin ZMR 1997, 468, 469 a.E., ebenso OLG Brandenburg – Urt. v. 15.11.2006 – WuM 2007, 14, für Bewertung nach § 5 WiStG dagegen LG Berlin GE 1995, 497.

c) Mitvermietung von Garagen Wird dem Wohnungsmieter eine Garage mitvermietet, so fragt sich, ob ein einheitliches (Misch-)Mietverhältnis mit überwiegendem Wohnraumcharakter vorliegt oder von zwei getrennten Mietverhältnissen auszugehen ist.1 In der Regel wird eine Einbeziehung in den Wohnraummietvertrag oder bei späterer Anmietung dessen Ergänzung gewollt sein, so dass ein einheitliches Mietverhältnis besteht,

17

LG Köln ZMR 1992, 251.

Hierfür sprechen: – die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der Räume, – die Zusammenfassung beider Objekte in einer Vertragsurkunde, – die Ausweisung einer einheitlichen Miete, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.12.2006 – NZM 2007, 799 = WuM 2007, 65, 66 = ZMR 2007, 269: Haben die Parteien weder die zusätzliche Anmietung der Garage vereinbart noch eine gesonderte Miete für die Garage ausgewiesen, kann nicht angenommen werden, die Parteien hätten ein separates Mietverhältnis über die Garage begründen wollen.

Davon kann aber bei einem abweichenden und hinreichend deutlich gewordenen Parteiwillen nicht ausgegangen werden. Das gilt im Zweifel etwa – bei Verwendung eines besonderen Vertragsformulars: OLG Karlsruhe – RE v. 30.3.1983 – NJW 1983, 1499, – bei Geltung unterschiedlicher Laufzeiten oder Kündigungsfristen: BayObLG – Beschl. v. 12.12.1990 – WuM 1991, 78 = ZMR 1991, 174, LG München I WuM 1992, 15, LG Köln ZMR 1993 S. X Nr. 12, – bei unterschiedlichen Vertragspartnern für Wohnungs- und Garagenmiete: LG Hamburg WuM 1991, 672, LG München I WuM 1992, 15, – bei Belegenheit der Garage auf einem anderen Grundstück als dem Wohngrundstück: BayObLG a.a.O., LG Stuttgart DWW 2001, 136. Indes handelt es sich hierbei nur um Indizien, so dass auch eine abweichende Würdigung in Betracht kommen kann, LG Stuttgart WuM 1991, 589: Ein einheitliches Mietverhältnis ist angenommen worden, wenn nicht alle Wohnungsmieter Vertragspartner des später abgeschlossenen Garagenmietvertrages sind und unterschiedliche Kündigungsfristen nur formularvertraglich geregelt sind.

1 S. dazu Lammel BGB § 535 Rn. 110; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 96 vor § 535 BGB.

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18

Rn. VI 19

Mietgebrauch

Der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses steht auch nicht entgegen, dass für die mitvermietete Garage im Wohnungsmietvertrag ein besonderer Mietanteil ausgewiesen wird, LG Baden-Baden WuM 1991, 34.

19

Auch soll bei späterem Hinzumieten der Garage die Einheitlichkeit mit dem Wohnraummietverhältnis nicht (schon) daran scheitern, dass ein selbständiger Formularvertrag abgeschlossen wird, sofern der Vermieter mit der Überlassung der Garage bzw. des Stellplatzes zugleich seine öffentlich-rechtliche Pflicht, die Hausbewohner mit Abstellplätzen zu versorgen, erfüllt, LG Frankfurt a.M. WuM 1991, 36.

20

Ebenso wenig steht der Einheitlichkeit des Vertragsverhältnisses entgegen, dass die Garage mündlich hinzugemietet wird, obwohl der Wohnraummietvertrag die Klausel enthält, dass Ergänzungen und Änderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen, LG Wuppertal WuM 1996, 621.

21

Die Vertragseinheit wird nicht dadurch aufgehoben, dass nach Vertragsabschluss und Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum an der Wohnung und Teileigentum an der Garage begründet und an verschiedene Erwerber veräußert wird. Das Mietverhältnis wird nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten. Der Erwerber des Teileigentums kann das Mietverhältnis bezüglich der Garage nicht kündigen, BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 941 = WuM 2005, 790 = ZMR 2006, 30, BayObLG – Beschl. v. 12.12.1990 – WuM 1991, 78 = ZMR 1991, 174, LG Köln WuM 2004, 614, ebenso KG WM 1993, 423 bei Vermietung eines Kellerraums, der bei Umwandlung in Wohnungseigentum gemeinschaftliches Eigentum geworden ist: Eine hierauf bezogene Teilkündigung ist unzulässig; LG Hamburg WuM 1994, 539: auch bei Begründung eines Sondernutzungsrechts für den vermietenden Wohnungseigentümer.

Das Verhältnis der beiden Vermieter bestimmt sich nach den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 f. BGB), BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 941 = WuM 2005, 790 = ZMR 2006, 30.

22

Eine Trennung des Mietverhältnisses kann dadurch erfolgen, dass der Wohnungs- und Garagenmieter mit einem späteren Vermieter der Garage eine gesonderte Vereinbarung über die Miethöhe trifft, an der der Erwerber der Wohnung jedoch mitwirken muss, LG Baden-Baden WuM 1991, 35, das allerdings von dem Mitwirkungserfordernis absieht. Dagegen bestehen Bedenken, weil hierdurch einseitig in den Rechtskreis eines Dritten eingegriffen wird; indes kann der Dritte der Trennung auch schlüssig zustimmen.

Liegt eine Vertragseinheit vor, so ist eine Teilkündigung etwa nur der Garage unzulässig, sofern nicht die Voraussetzungen des § 573b BGB gegeben sind. 23

Für Mieterhöhungen gelten die gleichen Grundsätze wie bei Mischmietverhältnissen (s. Rn. IV 188, VI 15). Es ist also auch in diesem Zusammenhang ein ein732

Mietgebrauch

Rn. VI 26

heitliches Mieterhöhungsverfahren nach §§ 558 f. BGB durchzuführen. Hierfür kann sich der Vermieter aber zur Begründung der ortsüblichen Wohnungsmiete auf einen Mietspiegel, zur Begründung des auf die Garage entfallenden Mietanteils auf ein anderes Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB stützen.1 Ist das Mietverhältnis über die Garage im Verhältnis zur Wohnungsmiete selbständig, so sind hierauf die Schutzvorschriften der Wohnraummiete, insbesondere zur Mieterhöhung und zur Kündigung, nicht anzuwenden. Eine Mieterhöhung kommt hier nur im Wege der Vereinbarung in Betracht (s. dazu Rn. VI 60). Der Vermieter unterliegt grundsätzlich keinen Kündigungsschranken. Jedoch ist zu prüfen, ob dem Garagenmietvertrag nicht die stillschweigende Abrede innewohnt, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Vertrages für die Dauer des Wohnraummietverhältnisses ausgeschlossen sein soll, es sei denn, dass die kündigende Partei ein schutzwürdiges Interesse an der Auflösung des Garagenmietverhältnisses hat. Dieses ist mit dem „berechtigten Interesse“ i.S. von § 573 BGB nicht gleichzusetzen, sondern unterhalb dessen anzusiedeln; insbesondere kann mit der Kündigung auch eine angemessene Erhöhung der Garagenmiete erstrebt werden,2

24

LG Hamburg – 316 S 117/93 – Urt. v. 28.9.1993 (nicht veröffentlicht).

Außerdem muss besonders darauf geachtet werden, dass die Kündigung nicht als unzulässiges Pressionsmittel genutzt wird, um Ansprüche aus dem Wohnungsmietverhältnis durchzusetzen. Auch aus diesem Grund ist zu fordern, dass der Vermieter zur Kündigung nur berechtigt ist, wenn er an der Auflösung des Mietverhältnisses an der Garage ein billigenswertes Interesse hat.

25

Klagt der Vermieter auf Herausgabe der Garage und macht der Mieter geltend, die Garage so lange wie die (unter Kündigungsschutz stehende) Wohnung nutzen zu dürfen, da es sich um ein einheitliches Mietverhältnis handele, so bestimmt sich der Rechtsmittelwert gemäß §§ 8, 9 ZPO nach dem 31/2-fachen Betrag der jährlichen Garagenmiete, BGH – Beschl. v. 14.4.2004 – NZM 2004, 460.

2. Mietgebrauch a) Allgemeiner Inhalt des Mietgebrauchs Soweit der Mietgebrauch nicht eindeutig vertraglich geregelt ist, ergibt sich sein Umfang zunächst aus der Verkehrsübung. Diese vermag für sich genommen jedoch noch keine Rechte und Pflichten zu begründen, die nicht schon im Mietvertrag angelegt sind. Grenzen des Mietgebrauchs ergeben sich aus einer Abwägung der unterschiedlichen Interessen der Mietparteien. Hierbei wird es häufig zu einem Wertungskonflikt widerstreitender Grundrechtspositionen kommen (s. Rn. VI 37). 1 S. Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 16. 2 Sternel Rn. IV 28.

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Mietgebrauch

Rn. VI 26

heitliches Mieterhöhungsverfahren nach §§ 558 f. BGB durchzuführen. Hierfür kann sich der Vermieter aber zur Begründung der ortsüblichen Wohnungsmiete auf einen Mietspiegel, zur Begründung des auf die Garage entfallenden Mietanteils auf ein anderes Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB stützen.1 Ist das Mietverhältnis über die Garage im Verhältnis zur Wohnungsmiete selbständig, so sind hierauf die Schutzvorschriften der Wohnraummiete, insbesondere zur Mieterhöhung und zur Kündigung, nicht anzuwenden. Eine Mieterhöhung kommt hier nur im Wege der Vereinbarung in Betracht (s. dazu Rn. VI 60). Der Vermieter unterliegt grundsätzlich keinen Kündigungsschranken. Jedoch ist zu prüfen, ob dem Garagenmietvertrag nicht die stillschweigende Abrede innewohnt, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Vertrages für die Dauer des Wohnraummietverhältnisses ausgeschlossen sein soll, es sei denn, dass die kündigende Partei ein schutzwürdiges Interesse an der Auflösung des Garagenmietverhältnisses hat. Dieses ist mit dem „berechtigten Interesse“ i.S. von § 573 BGB nicht gleichzusetzen, sondern unterhalb dessen anzusiedeln; insbesondere kann mit der Kündigung auch eine angemessene Erhöhung der Garagenmiete erstrebt werden,2

24

LG Hamburg – 316 S 117/93 – Urt. v. 28.9.1993 (nicht veröffentlicht).

Außerdem muss besonders darauf geachtet werden, dass die Kündigung nicht als unzulässiges Pressionsmittel genutzt wird, um Ansprüche aus dem Wohnungsmietverhältnis durchzusetzen. Auch aus diesem Grund ist zu fordern, dass der Vermieter zur Kündigung nur berechtigt ist, wenn er an der Auflösung des Mietverhältnisses an der Garage ein billigenswertes Interesse hat.

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Klagt der Vermieter auf Herausgabe der Garage und macht der Mieter geltend, die Garage so lange wie die (unter Kündigungsschutz stehende) Wohnung nutzen zu dürfen, da es sich um ein einheitliches Mietverhältnis handele, so bestimmt sich der Rechtsmittelwert gemäß §§ 8, 9 ZPO nach dem 31/2-fachen Betrag der jährlichen Garagenmiete, BGH – Beschl. v. 14.4.2004 – NZM 2004, 460.

2. Mietgebrauch a) Allgemeiner Inhalt des Mietgebrauchs Soweit der Mietgebrauch nicht eindeutig vertraglich geregelt ist, ergibt sich sein Umfang zunächst aus der Verkehrsübung. Diese vermag für sich genommen jedoch noch keine Rechte und Pflichten zu begründen, die nicht schon im Mietvertrag angelegt sind. Grenzen des Mietgebrauchs ergeben sich aus einer Abwägung der unterschiedlichen Interessen der Mietparteien. Hierbei wird es häufig zu einem Wertungskonflikt widerstreitender Grundrechtspositionen kommen (s. Rn. VI 37). 1 S. Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 16. 2 Sternel Rn. IV 28.

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Rn. VI 27 27

Mietgebrauch

Handelt es sich um ein Wohnraummietverhältnis, so ist prägend für den Mietgebrauch der Rechtsentscheid des BayObLG v. 19.1.1981 – NJW 1981, 1275 = MDR 1981, 583 = WM 1981, 80 = ZMR 1982, 84: In diesem Rahmen umfasst Wohnen alles, was zur Benutzung der gemieteten Räume als existenziellem Lebensmittelpunkt des Mieters und seiner Familie gehört, also die gesamte Lebensführung des Mieters in allen ihren Ausgestaltungen und mit allen ihren Bedürfnissen. Bei deren Verwirklichung kann sich der Mieter auch solcher Errungenschaften der Technik bedienen, die als wirtschaftliche Hilfsmittel aus dem gesamten Leben nicht mehr wegzudenken sind. S. auch BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 597 = WuM 2007, 381: Der Wohnung kommt als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen besondere Bedeutung zu. Auf den Gebrauch der Wohnung ist der Mieter zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse sowie zur Freiheitssicherung und Entfaltung seiner Persönlichkeit angewiesen. Das verpflichtet die Mietvertragsparteien nicht nur zur größtmöglichen Rücksichtnahme, sondern gebietet ihnen auch, bei nur unerheblicher Beeinträchtigung der eigenen Belange den Interessen des anderen Vertragsteils den Vorrang einzuräumen. Bei Wohnraummietverhältnissen ist demnach das Ermessen des Vermieters durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gebunden, der es gebietet, dass der Vermieter nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund dem Mieter Einrichtungen verbietet, die diesem das Leben in der Mietwohnung angenehmer gestalten können, durch die er als Vermieter nur unerheblich beeinträchtigt und durch die die Mietsache nicht verschlechtert wird (BVerfG NJW 1992, 493, 494 = WuM 1991, 573). BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807: Auch wenn der Vermieter zu einer allgemeinen Modernisierung der Wohnung auf den jeweils neuesten Standard nicht verpflichtet ist, kann der Mieter angesichts des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts grundsätzlich erwarten, dass der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung jedenfalls eine solche Lebensweise zulässt, die seit Jahrzehnten üblich ist und dem allgemeinen Lebensstandard entspricht.1

Damit wird die typische Wohnungsnutzung von der Sondernutzung abgegrenzt. Die Unterscheidung ist erheblich, wenn der Mietgebrauch vertraglich von einer Erlaubnis des Vermieters abhängt (Rn. VI 39, 45). Bei der Gewerberaummiete umreißt die Angabe des Mietzwecks im Vertrag Umfang und Grenzen des Mietgebrauchs, bezeichnet jedoch nicht die (Soll-) Beschaffenheit des Mietobjekts, OLG Hamburg – Urt. v. 13.6.1990 – ZMR 1990, 341.2

1 Zum Fall: Bei Anmietung einer unsanierten Altbauwohnung gehört hierzu die Bereitstellung einer Stromversorgung, die einen Betrieb der gewöhnlichen Haushaltsgeräte ermöglicht. Eine derartige Ausstattung wird unabhängig vom Baualter des Gebäudes oder einer Modernisierung der Wohnung allgemein erwartet, so dass zumindest ein größeres Haushaltsgerät und gleichzeitig weitere übliche Haushaltsgeräte wie etwa ein Staubsauger in der Wohnung benutzt werden können. Dazu zählt auch die Steckdose im Badezimmer. 2 Zum Fall: Im Zuge der Anmietung von Räumen zum Betrieb einer Münzwäscherei waren umfangreiche bauliche Veränderungen – u.a. Wanddurchbrüche, Betonsockel für die Maschinen – vorgenommen worden, deren Beseitigung der Vermieter nach Vertragsende verlangte. Demgegenüber berief sich der Mieter (im Rechtsstreit ohne Erfolg) darauf, das Objekt in einen vertragsmäßigen Zustand versetzt zu haben.

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Mietgebrauch

Rn. VI 29

Dieses Verständnis ist wichtig für die Frage, wen die Herrichtungspflicht bei Mietbeginn und die Rückbaupflicht bei Vertragsende trifft, ferner für die Grenzen des (vertragsimmanenten) Konkurrenzschutzes. b) Umfang und Änderung des Mietgebrauchs Inhalt und Umfang des Mietgebrauchs ergeben sich in erster Linie aus dem Mietvertrag, nämlich dem vereinbarten Mietzweck. Dessen Grenzen können auslegungsbedürftig sein (zur Wohnungsnutzung s. Rn. VI 35, zur teilgewerblichen Nutzung s. Rn. VI 213). Sie werden ferner durch die Verkehrsanschauung mitbestimmt,

28

OLG Köln – Urt. v. 5.11.1993 – NJW-RR 1994, 334 = WuM 1994, 272 = ZMR 1994, 111: Wird ein Einfamilienhaus vermietet und im vorformulierten „Mietvertrag für Wohnungen“ mit der Lageangabe nach Ort, Straße und Haus-Nr. näher bezeichnet, ohne dass sich aus dem Vertragstext ergibt, ob der Garten mitvermietet worden ist, so ist nach der Verkehrsanschauung davon auszugehen, dass das gesamte unter dieser Anschrift gelegene Grundstück mitvermietet ist und nicht nur der unmittelbar am Haus gelegene Ziergarten.

Eine Präzisierung kann durch eine Beschaffenheitsvereinbarung erfolgen; ihre Verletzung löst Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche aus,

28a

BGH – Urt. v. 24.3.2004 – NJW 2004, 2230 = WuM 2004, 337, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441 jeweils zur Wohnflächenvereinbarung, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108 für Trittschall nach Dachgeschossausbau: Bei fehlender Vereinbarung ist die Einhaltung der einschlägigen technischen Normen geschuldet, wobei nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen ist;1 BGH – Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 304: Einwirkung von Immissionen, BGH – Urt. v. 10.5.2006 – NZM 2006, 582 zur Vereinbarung eines konkret gegebenen schlechten Bauzustandes als vertragsgemäß;2 OLG Stuttgart – Urt. v. 21.12.2006 – NZM 2007, 163 = ZMR 2007, 272 = MietRB 2007, 85, 86 (Walburg) zur Objektbeschreibung „außergewöhnliches Wohngebäude mit einmaligem Ambiente, in dem sich in angenehmer Atmosphäre arbeiten lässt“.

Der Vermieter kann sich über derartige Vereinbarungen auch nicht mittels seines Duldungsanspruchs nach § 554 Abs. 2 BGB hinwegsetzen, BGH – Beschl. v. 28.11.2007 – ZMR 2008, 116, LG Hamburg ZMR 2007, 455.3

Änderungen in den sozialen Anschauungen und technische Neuerungen können zu einer Ausweitung des vertragsgemäßen Gebrauchs führen, Letzteres insbesondere dann, wenn sie für weite Schichten der Bevölkerung eine Selbstverständlichkeit geworden sind und zum allgemeinen Lebensstandard gehören,4 1 Zum Fall: Der BGH legte für die Trittschalldämmung der ausgebauten Dachgeschosswohnung den technischen Standard zur Zeit der Errichtung dieser Wohnung zugrunde. 2 Zum Fall: Elektroinstallation einer Wohnung in einem DDR-Plattenbau 1970 und Vermietung im Jahre 1991. 3 Zum Fall: Aufstockungsvorhaben des Vermieters bei Vermietung eines Reihenhauses. 4 S. MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 96.

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29

Rn. VI 29a

Mietgebrauch

BayObLG – RE v. 19.1.1981 – NJW 1981, 1275 für Teilhabe an den allgemeinen Kommunikationsmiteln wie Radio und Fernsehen, s. auch BGH – RE v. 3.10.1984 – BGHZ 92, 213 = NJW 1985, 130 = WuM 1985, 7 = ZMR 1985, 50 zum Recht des Mieters, einen Partner gleichen oder anderen Geschlechts in die Wohnung aufzunehmen.

29a

Das Gleiche gilt für eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und Anschauungen (z.B. für Branchenerweiterung). Allerdings ist der Vermieter eines Ladenlokals in einem Einkaufszentrum in der Regel nicht verpflichtet, einer Sortimentsänderung zuzustimmen, auch wenn die Zusammensetzung der Kundschaft des Einkaufszentrums sich verändert hat, da der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko trägt, OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – ZMR 2003, 180 = WuM 2003, 268, 269.

Hinzu kommt, dass in einem Einkaufszentrum bei einer Sortimentsänderung der Branchenmix gefährdet werden könnte. Aber auch der Dispositionsspielraum des Vermieters kann von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen betroffen sein. So soll es in seinem Ermessen liegen, wegen des gesellschaftlichen Wandels von einer starren zeitlichen Reglementierung der Spielplatznutzung durch Kinder abzugehen. Die Mieter haben keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter ein generelles Verbot aufrecht erhält, wonach Kinder die Rasenflächen nicht betreten dürfen, AG Hamburg ZMR 2002, 673.

30

In begrenztem Rahmen kann sich ein Modernisierungsanspruch des Mieters gegen den Vermieter ergeben, wenn bei Anmietung einer nicht sanierten Altbauwohnung ein technischer Mindeststandard, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht, nicht vorhanden ist1 und nichts Abweichendes vereinbart ist (s. auch Rn. VII 68), BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807.

Jedoch kann aus dem Gebot der Wirtschaftlichkeit in §§ 556 Abs. 3 Satz 1, 560 Abs. 5 BGB kein Modernisierungsanspruch des Mieters (etwa der Heizungsanlage) abgeleitet werden, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker).

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Ferner kann sich der Umfang der zulässigen Nutzung eines Mietobjekts durch eine vom Vermieter über längere Zeit widerspruchslos hingenommene abweichende Nutzung der Mietsache ändern (OLG Karlsruhe – Urt. v. 14.11.1986 – ZMR 1987, 419, 420). Der vertragsgemäße Gebrauch ist nämlich keine statische Größe. Hat der Vermieter die veränderte Nutzung über mehrere Jahre hinweg hingenommen, so kann eine Erweiterung des Mietgebrauchs eintreten, an die dann auch ein Erwerber gebunden ist, 1 Dazu zählt die Bereitstellung einer Stromversorgung, die einen Betrieb der gewöhnlichen Haushaltsgeräte wie ein größeres Haushaltsgerät und gleichzeitig ein weiteres übliches Haushaltsgerät (z.B. einen Staubsauger) ermöglicht, ferner eine Steckdose im Badezimmer.

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Mietgebrauch

Rn. VI 33

OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.1.1992 – DWW 1992, 82 für gastronomische Nutzung einer Freifläche, LG Hamburg WuM 1988, 67 für über zwanzigjährige widerspruchslose Nutzung eines Gartens.

Bei befristeten Mietverhältnissen muss die Schriftform gemäß § 550 BGB beachtet werden, sofern es sich nicht nur um unwesentliche Änderungen des Mietgebrauchs handelt.1 Die nur schlüssig erfolgte Gebrauchserweiterung birgt also die Gefahr in sich, dass ein langfristiges Mietverhältnis kündbar wird. Die (ausdrückliche oder schlüssige) Gebrauchserweiterung ist von der bloß widerruflichen Gestattung abzugrenzen. Gegen die Einbeziehung in den Vertragsgebrauch spricht, wenn der Mieter eine nicht mitvermietete Fläche, die auch einer Gemeinschaftsnutzung – wie etwa Wäschetrockenplatz, Ruhebänke, Kinderspielplatz – dienen könnte, ausschließlich nutzt, z.B. durch Abstellen eines Kraftfahrzeugs auf dem Hof,

32

KG – Urt. v. 14.12.2006 – WuM 2007, 68 = ZMR 2007, 613 = MietRB 2007, 111 (Intveen): Liegt lediglich eine Gestattung der Gartennutzung vor – egal ob ausdrücklich oder stillschweigend durch bloße Duldung –, so ist diese frei widerruflich. Dem steht § 242 BGB nicht entgegen, wenn der Widerruf der Gartennutzung erfolgt, um den Garten allen Mietern zugänglich zu machen. LG Berlin GE 2005, 617, AG Trier WuM 2006, 143, s. auch LG Mannheim MDR 1971, 49 für die Nutzung eines Heizungskellers zum Trocknen von Wäsche.

Zum Widerruf bedarf es regelmäßig eines triftigen Grundes (s. Rn. VI 67a, 149). Hervorzuheben ist, dass eine Vertragsänderung nicht schon dadurch bewirkt wird, dass der Mieter die Nutzungsart ändert, OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 470.

Diese Änderung muss vielmehr in Kontext zum Verhalten des Vermieters gesetzt werden. So kann sich der Mietgebrauch durch eine vom Vermieter über längere Zeit hingenommene abweichende Nutzung wandeln bis hin zur Grenze der Umwidmung, OLG Karlsruhe – Urt. v. 14.11.1986 – ZMR 1987, 419, 420, OLG Hamburg – Urt. v. 2.11.1994 – NJW-RR 1997, 458.

Das kann aber nur gelten, wenn das Verhalten des Vermieters als Zustimmung zur Vertragsänderung oder Erweiterung des Mietgebrauchs zu deuten ist. Sie muss (entgegen KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205) nicht ausdrücklich erklärt werden; es genügt schlüssiges Verhalten; denn die Vereinbarung einer Nutzungsänderung ist – von § 550 BGB abgesehen – formfrei. Nur so kann die Aussage, eine Nutzungsänderungsvereinbarung sei nicht unbedingt erforderlich (so OLG Hamburg – Urt. v. 2.11.1994 – NJW-RR 1997, 458), 1 Unwesentliche Erweiterungen sind die Nutzung eines kleineren Nebenraums wie Keller oder Mansarde oder einer kleinen Freifläche, nicht aber einer Garage oder eines Stellplatzes in einer Sammelgarage.

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33

Rn. VI 34

Mietgebrauch

verstanden werden. Bloßes Dulden eines Verhaltens, das den vertraglichen Nutzungsrahmen überschreitet, kann nämlich auch dahin gewertet werden, dass der Vermieter den Unterlassungsanspruch nach § 541 BGB nicht mehr geltend machen kann, und ergibt nicht ohne weiteres seine Zustimmung, BGH – Urt. v. 26.1.1960 – BGH LM BGB § 536 Nr. 1 R für den Unterlassungsanspruch des Vermieters gegen den Mieter, mit bestimmten Waren zu handeln; LG Berlin NZM 2000, 457: Die 15-jährige Nutzung eines Kellerraums durch den Wohnungsmieter unter Anbringung eines Namensschildes führt ohne positive Kenntnis des Vermieters hierüber nicht zu einer konkludenten Einbeziehung in den Mietvertrag; AG Trier WuM 2006, 143: Die etwa 30-jährige Nutzung der zum Mietgebäude gehörenden Hoffläche zum Abstellen von Kraftfahrzeugen soll noch kein mietrechtliches Gebrauchsrecht der Mieter begründen, das einen Grundstückserwerber als neuen Vermieter bindet;1 gegen die Wertung von bloßem Dulden als Zustimmung auch KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205.

34

Anders verhält es sich, wenn zum Dulden weitere Umstände hinzutreten, die für eine Zustimmung des Vermieters zur Nutzungsänderung sprechen, z.B., wenn der Vermieter vom Mieter, der Gewerberäume zu Wohnzwecken nutzt, in Kenntnis dieses Umstandes eine Mieterhöhung nach §§ 558, 559 BGB fordert und erhält, a.A. KG – Urt. v. 26.1.1995 – GE 1995, 1205.

35

Eine andere, damit allerdings zusammenhängende Frage ist, wie weit die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs zu ziehen sind und ob hier die Zumutbarkeitsgrenze zu Gunsten des Vermieters zu beachten ist. Erst wenn diese Grenze überschritten und die Nutzung an sich vertragswidrig ist, stellt sich die weitere Frage nach einer rechtsgeschäftlichen Gebrauchserweiterung, die wiederum mit der Zumutbarkeit nichts zu tun hat, s. OLG Karlsruhe – Urt. v. 14.11.1986 – ZMR 1987, 419, 421.2

c) Grenzen des Mietgebrauchs 36

Allgemeine Grenzen des Mietgebrauchs können sich ergeben – aus dem Vertragszweck, – aus Erlaubnisvorbehalten, – aus der Hausordnung.

1 Gegen diese Bewertung bestehen Bedenken. Selbst wenn mit dem früheren Vermieter über Fragen des Stellplatzes nicht gesprochen wurde, kann diesem die Nutzung nicht entgangen sein. Allerdings kann seine Untätigkeit auch als bloße Gestattung gedeutet werden, deren Widerruf einen plausiblen und erheblichen Grund voraussetzt. 2 Zum Fall: Umnutzung eines Pachtobjekts von der Haltung eigener Reitpferde zu einer Pferdepension.

738

Mietgebrauch

Rn. VI 38

aa) Vertragszweck Die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs sind auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu ermitteln. Es stehen sich insbesondere das Eigentumsinteresse des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 GG und das Interesse des Mieters an der Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG gegenüber.1 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Vermieter sich durch Abschluss des Mietvertrages eines Teils seiner Dispositionsfreiheit begeben und dem Mieter einen Freiraum für die eigene Lebensgestaltung eingeräumt hat. Der Mietbesitz bildet den äußeren Rahmen für diesen Freiraum und steht seinerseits unter dem Verfassungsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG.2 Aber auch zugunsten des Vermieters ist das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu beachten, etwa bei der Auswahl des Vertragspartners, bei der Erteilung oder Versagung von Erlaubnissen. Darüber hinaus ist der Schutzbereich des Art. 13 GG betroffen.3 Die Interessenabwägung kann zu einer erheblichen Ausweitung des Gebrauchs führen:

37

BVerfG – Beschl. v. 28.3.2000 – NZM 2000, 539 = WuM 2000, 298 für Einbau eines Treppenlifts zu Gunsten des gehbehinderten Partners des Mieters, s. nunmehr § 554a BGB (Barrierefreiheit).

Zur Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht des Vermieters und der Informations- und Glaubensfreiheit des Mieters bei Erteilung der Erlaubnis, eine Parabolantenne zu installieren, s. Rn. VI 101 f., 115 f. Zu Grundrechtskollisionen kann es auch kommen, wenn es um den Anspruch des Mieters geht, einen Partner in die Wohnung aufzunehmen, Rn. VI 160, oder ein Tier in der Wohnung zu halten, Rn. VI 221. Darüber hinaus sind folgende allgemeine Grenzen zu beachten:

38

– Das Mietgebäude muss die Nutzung nach seiner Beschaffenheit zulassen (z.B. Tragfähigkeit von Decken/Fußböden, Stärke elektrischer Leitungen), – das äußere Erscheinungsbild des Mietgebäudes darf nicht umgestaltet, insbesondere nicht verunziert werden (z.B. Installation einer Parabolantenne, Umgestaltung eines Balkons in eine Loggia), – in die Substanz des Mietgebäudes darf nicht eingegriffen werden (z.B. Entfernung tragender Wände, Dachkonstruktion), – öffentlich-rechtliche Schranken müssen beachtet werden (z.B. Landes-Lärmschutzverordnung, öffentlich-rechtliche Bauvorschriften, denkmalschutzrechtliche Bestimmungen), 1 S. v. Mutius ZMR 2003, 621: Mietrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht?; Reismann WuM 2007, 361: Die Drittwirkung der Grundrechte im Wohnraummietrecht. 2 BVerfG – Beschl. v. 26.5.1993 – BVerfGE 89, 1, 5 = NJW 1993, 2035 = WuM 1993, 377 = ZMR 1993, 405; Beschl. v. 18.10.1993 – WuM 1994, 119 = ZMR 1994, 10; Beschl. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 659 = WuM 1999, 449 = ZMR 1999, 531. 3 BVerfG – Beschl. v. 16.1.2004 – NZM 2004, 186 = WuM 2004, 80 zum Betreten der Mietwohnung durch den Vermieter.

739

Rn. VI 39

Mietgebrauch

– schutzwürdige Belange Dritter sind zu beachten (z.B. bei der Verursachung von Lärm oder Trittschall oder Hausfriedensstörungen durch Aufnahme eines Dritten oder nach Anschaffung eines Hundes), s. BayObLG – RE v. 19.1.1981 – NJW 1981, 1275 = MDR 1981, 583 = WM 1981, 80 = ZMR 1982, 84 zu triftigen Gründen, bei deren Vorliegen der Vermieter die Erlaubnis versagen kann,

– der Hausfrieden und die Hausordnung müssen gewahrt werden (z.B. Anbringen von Plakaten im Fenster der Mietwohnung, mit Geräuschen verbundene Heimarbeit, Musikausübung).

bb) Erlaubnisvorbehalt 39

Durch Erlaubnisvorbehalte kann der Mietgebrauch eingeschränkt oder ausgedehnt werden. Erlaubnisvorbehalte müssen ausdrücklich vereinbart sein, soweit sie den typischen Mietgebrauch einschränken. Handelt es sich um Sondernutzungen, die über den typischen Mietgebrauch hinausgehen, benötigt der Mieter ohnehin die Erlaubnis des Vermieters (vertragsimmanenter Erlaubnisvorbehalt). Was zum typischen Mietgebrauch und was zur Sondernutzung zählt, wird häufig zweifelhaft und streitig sein (s. auch Rn. VI 45 f., 160, 221). Daher empfiehlt es sich für den Vermieter, den Katalog der erlaubnisbedürftigen Tatbestände im Mietvertrag weit zu ziehen. Die Erlaubnis ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, zumindest eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften über einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen entsprechend anzuwenden sind. Besteht auf der einen oder anderen Vertragsseite eine Personenmehrheit, so muss die Erlaubnis von bzw. gegenüber allen erklärt werden; Bevollmächtigung ist – auch formularmäßig – zulässig. Besteht ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, so muss er gesamthänderisch geltend gemacht werden, da er auf eine Änderung des Vertragsinhalts abzielt. Die wirksam erteilte Erlaubnis bindet den nach § 566 BGB in das Mietverhältnis eintretenden Erwerber ebenso wie jeden anderen Rechtsnachfolger des Vermieters im Mietverhältnis.

aaa) Formerfordernis 40

Die Erlaubnis bedarf bei unbefristeten Mietverhältnissen keiner Form. Sie kann auch schlüssig erteilt werden; dies setzt aber voraus, dass der Vermieter Kenntnis von dem erlaubnisabhängigen Verhalten des Mieters hat und ein Verhalten an den Tag legt, das dieser auf der Grundlage des Verständnisses eines vernünftigen Empfängers als Zustimmung werten darf, LG Frankfurt a.M. DWW 1992, 84: Duldet der Vermieter die Untervermietung rügelos über eineinhalb Jahre, so ist hieraus die schlüssige Zustimmung gefolgert worden (s. auch Rn. VI 31).

740

Mietgebrauch

Rn. VI 44

Die Kenntnis einer Hilfsperson muss er sich zurechnen lassen, OLG Hamburg – Urt. v. 17.8.1988 – NJW-RR 1988, 1481 für die Kenntnis des Hausmeisters von einer Drittüberlassung.

Bei befristeten Mietverhältnissen ist wie folgt zu unterscheiden: Enthält der Mietvertrag bereits einen Erlaubnisvorbehalt für eine bestimmte Nutzung, so bedarf die Erteilung (und Versagung) der Erlaubnis keiner Form; denn es handelt sich hierbei nur um eine Konkretisierung des Vertragsinhalts,

41

OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.11.2001 – ZMR 2002, 510, 511 für Untermieterlaubnis.

Anders verhält es sich mit einer im Mietvertrag (noch) nicht angelegten Gebrauchserweiterung; denn sie führt zu einer Vertragsänderung und unterliegt daher dem Formzwang des § 550 BGB, sofern es sich nicht nur um eine unwesentliche Änderung handelt. Klauseln, die die Erteilung an die Schriftform binden, sind insgesamt für unwirksam gehalten worden,

42

BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WM 1991, 381 = ZMR 1991, 290 für schriftlichen Erlaubnisvorbehalt bei der Untervermietung, LG Mannheim WM 1992, 470, 545 = ZMR 1992, 545 für schriftliche Erlaubnis zum Anbringen einer Antenne bzw. zur Tierhaltung, LG Freiburg WuM 1997, 175, AG Konstanz WuM 2007, 315 jeweils für Tierhaltung.

Der BGH hat im Hinblick auf das Transparenzgebot angenommen, dass Schriftform und Erlaubnisvorbehalt inhaltlich miteinander verknüpft seien; der Kunde (Mieter) werde gleichsam darüber hinweggetäuscht, dass auch eine nur mündlich erteilte Erlaubnis wirksam sei. Demgegenüber spricht mehr für eine Trennbarkeit mit der Folge, dass nur das Schriftformerfordernis unwirksam ist, während der Erlaubnisvorbehalt wirksam bleibt,

43

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 62, LG Berlin NZM 1999, 455.

Beide Klauselteile sind – etwa nach dem blue-pencil-Test – inhaltlich und sprachlich selbständig. Das Schwergewicht liegt auf dem Erlaubnisvorbehalt, während die Form der Erlaubnis nur Beweiszwecken dient und eher ergänzende Bedeutung hat. Eine Warnfunktion wird damit regelmäßig nicht verknüpft, so dass ihr auch nicht die Bedeutung einer Wirksamkeitsvoraussetzung beigemessen werden kann. Unabhängig davon, ob eine Schriftformklausel zulässig (z.B. individuell) vereinbart ist, können die Parteien hiervon einverständlich abweichen. Das kann auch stillschweigend (schlüssig) geschehen und ist insbesondere anzunehmen, wenn sich die Parteien gemäß der mündlichen Absprache verhalten haben, KG – Urt. v. 20.11.2000 – GE 2001, 278, ferner BGH – VU v. 21.9.2005 – ZMR 2006, 104.

Zur Abweichung von der vereinbarten Schriftform s. auch Rn. I 152, II 247. Die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf die (bloß mündlich getroffene) Abrede bzw. Erklärung beruft. 741

44

Rn. VI 45

Mietgebrauch

bbb) Kriterien für die Erlaubniserteilung 45

Für die Erteilung der Erlaubnis kann folgende Grundregel gelten: Handelt es sich um eine Sondernutzung, wird dem Vermieter ein „freies Ermessen“ eingeräumt.1 Das ist nicht mit Willkür gleichbedeutend, sondern erfordert sachliche Gesichtspunkte, wenn die Erlaubnis versagt werden soll. Diese können sich auf generalpräventive Umstände (etwa bei baulichen Anlagen) oder auf nachvollziehbare achtenswerte subjektive Umstände (zeitliche Beschränkung des beruflichen Musizierens im Hinblick auf das Ruhebedürfnis der älteren Bewohnerschaft) beziehen. Ist dagegen ein „typischer Mietgebrauch“ unter Erlaubnisvorbehalt gestellt, so hat der Vermieter nur ein gebundenes Ermessen, d.h. er muss grundsätzlich die Erlaubnis erteilen, sofern er für die Versagung nicht erhebliche Gründe hat, die schwerer als die Belange des Mieters wiegen. In diesem Zusammenhang ist eine Interessenabwägung geboten, wobei generalpräventive Gesichtspunkte ausscheiden, da sie sich nicht speziell auf den Mieter beziehen.

46

Wird ein typischer Mietgebrauch2 einschränkend unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt, so benötigt der Vermieter zur Versagung der Erlaubnis triftige Gründe. Diese müssen sachbezogen sein. Als solche verdienen Beachtung: – Der Vermieter hat, vornehmlich bei größeren Wohnanlagen und dichter Bebauung, auf schutzwürdige Belange Dritter Rücksicht zu nehmen. – Die übrigen Mieter im Hause und in der Nachbarschaft dürfen nicht unzumutbaren Störungen und Beeinträchtigungen ausgesetzt werden. – Der Vermieter muss auch darauf bedacht sein, eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Mieter möglichst zu vermeiden. – Die beanspruchte Nutzung muss öffentlich-rechtlich zulässig sein und – bei baulichen Maßnahmen – fachmännisch durchgeführt werden. – Das Gebäude muss nach seiner Beschaffenheit die beanspruchte Nutzung (z.B. Einrichtung einer Funkantenne) zulassen. – Das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes darf nicht entstellt werden, BayObLG – RE v. 19.1.1981 – NJW 1981, 1275 = MDR 1981, 583 = WM 1981, 80 = ZMR 1982, 84, s. auch BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111 = MietRB 2008, 131 (Zich) zu Kriterien bei der Erteilung einer Erlaubnis, größere Tiere (z.B. einen Hund) in der Wohnung zu halten.3 1 Das wurde z.B. bei der Tierhaltung angenommen, s. dazu Rn. VI 221, 225. 2 Beispiele: Aufnahme von Besuchen, kleine bauliche Maßnahmen wie Dübeln, Haltung von Kleintieren, Musikausübung. 3 Zu berücksichtigen sind: Art, Größe, Verhalten, Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Wohngebäudes, persönliche Verhältnisse des Mieters (Erkrankungen, Alter) sowie dessen persönliche Bedürfnisse, berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn (Tierhaarallergie?), Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige (berechtigte) Handhabung durch den Vermieter.

742

Mietgebrauch

Rn. VI 48

Die Abgrenzung von typischem Mietgebrauch zur Sondernutzung ist fließend sowie wertungsabhängig und daher umstritten.1 Auf diese Unterscheidung kommt es an, soweit es sich um formularmäßige Erlaubnisvorbehalte handelt. Bezieht sich ein solcher Vorbehalt untrennbar (auch) auf Handlungen oder Verhaltensweisen, die zum typischen Mietgebrauch zählen und von denen in der Regel keine Beeinträchtigungen der Mietsache oder Störungen Dritter ausgehen, so ist die Klausel unwirksam; denn sie berührt die Rechte des Vermieters nicht,

46a

BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111 = MietRB 2008, 131 (Zich) zum Erlaubnisvorbehalt für die Tierhaltung.

Bei Teilbarkeit der Klausel besteht lediglich eine Teilunwirksamkeit. Ebenso verhält es sich selbst dann, wenn die Zustimmung des Vermieters nicht in dessen freiem Ermessen steht, sondern nur aus sachlichen Gründen versagt werden kann. Sie wäre nur wirksam, wenn sie sich (trennbar) auf solche Handlungen und Verhaltensweisen bezieht, die als Sondernutzung zu werten wären und eindeutig zum Ausdruck gebracht werden würde, dass die Erlaubnis nur aus sachlichen Gründen versagt werden könne (BGH a.a.O. Tz. 16). Das folgt daraus, dass die Grenzen des Mietgebrauchs von einer Interessenabwägung abhängen (s. Rn. VI 37) und der Verwender – in der Regel der Vermieter – das Ergebnis der Interessenabwägung dadurch im Kern vorweg nimmt, dass er sich für die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis ein freies Ermessen ausbedingt. Jedenfalls wäre die Klausel infolge mangelnder Transparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. ccc) Gleichbehandlungsgebot Die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gewinnt angesichts des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) v. 14.8.2006 besondere Bedeutung (s. dazu Rn. I 301 f.). Ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot besteht jedoch auch nach diesem Gesetz nicht. Es wirkt indes über die zivilrechtlichen Generalklauseln, insbesondere über §§ 242, 315 Abs. 3 BGB, als Verbot von Missbrauch und Willkür,

47

BayObLG – RE v. 19.1.1981 – NJW 1981, 1275 = MDR 1981, 583 = WM 1981, 80 = ZMR 1982, 84: Der Vermieter muss darauf bedacht sein, eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Mieter zu vermeiden, auch wenn eine Rechtspflicht zur Gleichbehandlung der Mieter nicht besteht.

Im Einzelnen gilt: Regelmäßig wird zwischen Rechtsakten, die ausschließlich die Parteien betreffen, und solchen, die zumindest mittelbare Auswirkungen auf die Hausgemeinschaft haben, zu unterscheiden sein.2 Für den ersteren Bereich gilt das Gebot der Gleichbehandlung nach der gegenwärtigen Rechts-

1 Beispiele: Aufnahme eines Lebensgefährten, Haltung eines Hundes, Verlegen von Laminat, Installation eines Duschbades. 2 S. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 96; Sternel Rn. II 113 f.

743

48

Rn. VI 49

Mietgebrauch

lage von vornherein nicht, und zwar nicht einmal für Mieter von Genossenschaftswohnungen,1 LG Berlin NZM 2002, 289 = ZMR 2001, 717.2

49

Bei der Erteilung von Erlaubnissen bildet das Verbot schikanöser Rechtsausübung indes den Ansatz, um dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang ist zu unterscheiden, ob dem Vermieter ein gebundenes oder ein freies Ermessen einzuräumen ist. Das hängt davon ab, ob sich die Erlaubnis auf den typischen Mietgebrauch oder auf eine Sondernutzung bezieht. Ob das eine oder das andere vorliegt, ist – wie erwähnt – eine Bewertungsfrage, die für einzelne Gebrauchsrechte unterschiedlich beantwortet wird.

50

Für die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes haben sich ausgesprochen, LG Freiburg WuM 1993, 120 für Musikausübung, AG Leonberg WuM 1997, 210 für Tierhaltungserlaubnis auch in benachbarten Häusern, LG Dortmund WuM 2001, 278: Gestaltung von Mietergärten, hier Teichanlage.

Jedenfalls muss der Vermieter im Falle einer Ungleichbehandlung triftige Gründe vortragen, BVerfG – Beschl. v. 27.10.2006 – NZM 2007, 125: Haben in einem Mehrfamilienhaus mehrere Mieter in vergleichbarer Weise Parabolantennen am Gebäude angebracht, muss der Vermieter, der von einem Mieter Beseitigung verlangt, in ausreichendem Maße vortragen, auch gegen die anderen Mieter einen Beseitigungsanspruch zu haben und zu verfolgen.3 Es verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, wenn die Zivilgerichte bei der Frage, ob der Vermieter die Zustimmung zur Anbringung einer Parabolantenne verweigern darf, berücksichtigen, inwieweit er den anderen Mietern die Anbringung einer Parabolantenne an der Fassade des Hauses untersagt und dies auch durchsetzen kann.

Auch bei der Aufstellung einer Hausordnung hat der Vermieter dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen. So kann er den Mietern von Erdgeschosswohnungen in Mehrfamilienhäusern nicht durch einseitig erlassene Regelungen den Winterdienst auferlegen, auch nicht formularmäßig (s. AG Schwelm WuM 1991, 86; anders LG Marburg NJW-RR 1990, 1484). Dagegen kann sich der Mieter nicht auf etwa abweichende Verhältnisse auf anderen Wohngrundstücken in der Nachbarschaft berufen, BGH – Urt. v. 17.4.2007 – WuM 2007, 380 = ZMR 2007, 676.4 1 Zu praktischen Auswirkungen des genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes u.a. auf Mieterhöhungen und Erlaubniserteilungen s. Reismann WuM 2007, 361, 363. 2 Zum Fall: Die Genossenschaft ist nicht gehindert, auf Grund der Marktlage ihre bisherige Praxis zu ändern, indem sie z.B. wegen hoher Leerstände günstigere Anmietkonditionen anbietet, als sie gegenüber Altmietern üblich waren. 3 Zum Fall: Es hatten noch 5 weitere Mieter Parabolantennen in vergleichbarer Art und Größe wie diejenige des betroffenen Mieters nach außen gut sichtbar am Haus angebracht, und der Vermieter hatte nicht vorgetragen, gegen diese anderen Mieter einen Rechtsanspruch auf Beseitigung der Antennen zu haben und solche Ansprüche durchzusetzen. 4 Zum Fall: Parabolantennen an Gebäuden in der Nachbarschaft.

744

Mietgebrauch

Rn. VI 53

Eine besondere Ausprägung findet der Grundsatz der Gleichbehandlung bei Genossenschaftswohnungen (s. Rn. I 3, 308). Eine Genossenschaft verstößt aber nicht gegen diesen Grundsatz, wenn sie ihren Mitgliedern anbietet, von einer Mieterhöhung nach § 558 BGB für eine gewisse Dauer abzusehen, sofern Modernisierungen minderungsfrei geduldet werden, dann aber die Miete gegenüber einem gleichwohl mindernden Mitglied erhöht, LG Köln ZMR 2008, 718.

Verneinend: LG Berlin NZM 1999, 455, LG Karlsruhe DWW 2002, 100 = NZM 2002, 246 jeweils für Erlaubnis zur Tierhaltung, LG Hannover ZMR 2005, 296 für das Aufstellen einer mobilen Parabolantenne auf dem Balkon der Mietwohnung, selbst wenn andere Mieter derartige Antennen deutlich sichtbar angebracht haben.

Diese Rspr. ist überholt, da dem Vermieter ein freies Ermessen bei der Entscheidung über eine Erlaubniserteilung jedenfalls formularmäßig nicht mehr eingeräumt werden kann (s. Rn. VI 46a), Ein Rechtsmissbrauch des Vermieters setzt zumindest eine Gleichartigkeit der Sachverhalte voraus, ferner das Fehlen eines triftigen Grundes, der die unterschiedliche Behandlung rechtfertigt. Ein solcher Grund kann darin liegen, dass der Vermieter wegen im Laufe der Zeit aufgetretener Misshelligkeiten seine Praxis bei der Erlaubniserteilung ändern will. Hieran ist er aber gehindert, sofern der Mietvertrag bestimmte Erlaubniskriterien enthält,

51

s. LG Hamburg WuM 1998, 378 für eine Klausel, nach der bei Erteilung der Erlaubnis zur Tierhaltung die Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen sind.

An einer Gleichartigkeit fehlt es, wenn der Vermieter einem ausländischen Mieter die Installation einer Parabolantenne gestattet, einem deutschen Mieter dagegen nicht, BVerfG – Beschl. v. 14.2.2005 – WuM 2007, 379.

Dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kommt im Zusammenhang mit dem Mietgebrauch Bedeutung zu, soweit es sich um die Erteilung von Erlaubnissen oder Beschränkungen des Mietgebrauchs handelt. Zu beachten ist jedoch, dass Mietverhältnisse in der Regel nicht als sog. Massengeschäfte i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG zu werten sind, so dass sich die Benachteiligungsverbote auf die Merkmale „Rasse“ und „ethnische Herkunft“ beschränken werden (s. Rn. I 302). Auch sind die Ausnahmetatbestände in §§ 19 Abs. 3, 5; 20 AGG zu beachten (s. Rn. I 303).

52

Die Auswirkungen des AGG auf den Mietgebrauch dürfen nicht überschätzt werden; denn die schon bisher gehandhabte Handlungskontrolle (über § 242 BGB) und Ermessenskontrolle (über § 315 Abs. 3 BGB) schlossen Benachteiligungsverbote insbesondere bei Mietern mit Migrationshintergrund ein.

53

Frei.

54–57

745

Rn. VI 58

Mietgebrauch

ddd) Mietzuschläge und Mietsicherheiten 58

Der Vermieter kann die Erteilung der Erlaubnis zum Anlass nehmen, einen Mietzuschlag zu fordern, sofern es sich um eine Sondernutzung handelt, durch die eine erhebliche Abnutzung oder eine Zweckänderung abgegolten wird. Für die Untermieterlaubnis kann der Vermieter von Wohnraum eine angemessene Erhöhung des Mietzinses nur verlangen, wenn ihm sonst die Erteilung nicht zuzumuten ist (§ 553 Abs. 2 BGB, Rn. VI 166). Da sich die Unzumutbarkeit nach den Umständen des Einzelfalles auf Grund einer Interessenabwägung beurteilt, sind Formularklauseln, die einen Untermietzuschlag regeln, unzulässig. Die für preisgebundenen Wohnraum geltende Regelung in § 26 Abs. 3 NMV begründet selbst keinen Anspruch auf Zahlung eines Untermietzuschlags, sondern lässt diesen nur preisrechtlich zu, LG Mannheim WM 1997, 263.

59

Auch für gewerbliche Nutzung kann ein Zuschlag vereinbart werden, soweit nicht nur eine noch übliche berufliche Betätigung innerhalb der Wohnung vorliegt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Gewerbezuschlag zu bestimmen, LG Berlin ZMR 1997, 467, 469: Nach den Äußerungen des Sachverständigen sind bei der Berechnung des Teilgewerbezuschlages drei Verfahren üblich: Teilweise werden pauschale Zuschläge erhoben. Teilweise wird für die zur gewerblichen Nutzung bestimmte Fläche die ortsübliche Gewerbemiete angesetzt. Schließlich wird unter Heranziehung von § 26 Abs. 2 NMV der Zuschlag nach der Formel ortsübliche Vergleichsmiete (für die Wohnfläche/qm) zuzüglich 50% berechnet; OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.11.2006 – WuM 2007, 14: Ein Anhaltspunkt für den Wert der Genehmigung, einen Teil der Mietwohnung gewerblich zu nutzen, gibt § 26 Abs. 2 NMV. Der Zuschlag wird nicht durch § 5 WiStG, sondern nur durch § 138 BGB begrenzt; OLG Hamburg – Urt. v. 22.6.1994 – WM 1995, 650: für Schätzung einer Gewerbemiete mit Wohnnutzung ist die Regelung des § 26 Abs. 2 NMV spiegelbildlich (mit einem Abschlag von 33% von der Gewerbemiete) herangezogen worden.

60

Bei der Wohnraummiete nehmen die Mietzuschläge am Mieterhöhungsverfahren nach § 558 Abs. 3 BGB nicht teil, BayObLG – RE v. 25.3.1986 – WM 1986, 207 = ZMR 1986, 193, KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 37 = ZMR 2006, 284, LG München I WuM 1999, 575,

und werden auch bei der Ermittlung der Kappungsgrenze nicht berücksichtigt (s. Rn. IV 141, 190). Eine Erhöhung des Zuschlags muss vertraglich vorgesehen werden; die Erhöhung ist nur wirksam, wenn der Erhöhungsbetrag entweder von vornherein fest vereinbart ist oder nachvollziehbar berechnet wird, KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 37 = ZMR 2006, 284.

61

Streitig ist, ob ein Zuschlag auch dann zu zahlen ist, wenn der Mieter die Sondernutzung eingestellt hat. Diese Frage ist für den Untermietzuschlag 746

Mietgebrauch

Rn. VI 63

schon nach dem Wortlaut des § 553 Abs. 2 BGB zu verneinen;1 denn dessen Leistung ist daran geknüpft, dass gerade die Überlassung dem Vermieter nicht zuzumuten ist. Allein der Umstand, dass der Mieter zur Untervermietung befugt ist, reicht nicht aus, um die Unzumutbarkeit zu begründen. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nach § 553 Abs. 3 BGB unwirksam. Umstritten ist, ob diese Erwägungen auch für den Gewerbezuschlag gelten.2 Hierbei handelt es sich um eine Frage der Vertragsauslegung. Die Zahlungspflicht ist zu bejahen, wenn der Zuschlag für die bloße Möglichkeit der gewerblichen Nutzung vereinbart worden ist, OLG Brandenburg – Beschl. v. 15.11.2006 – WuM 2007, 14: Der Teilgewerbeaufschlag besteht unabhängig von der Ausübung des mietrechtlich eingeräumten Gebrauchsrechts. Er entfällt ohne Änderungsvereinbarung mit dem Vermieter nicht einmal bei Aufgabe der gewerblichen Nutzung; LG Berlin GE 1995, 497, 703, ZMR 1997, 468.

Dagegen wird der Zuschlag nicht mehr geschuldet, wenn durch ihn lediglich die erhöhte Abnutzung des Mietobjekts und etwaige Lästigkeiten für den Vermieter abgegolten werden sollten (LG Berlin MM 1994, 357). Auch das wirtschaftliche Gewicht der gewerblichen Nutzung ist in die Auslegung mit einzubeziehen. Der Vermieter ist ferner berechtigt, entweder wegen besonderer Gebrauchsrisiken und/oder zur Sicherung des Rückbauanspruchs die Erteilung der Erlaubnis von der Leistung einer Kaution abhängig zu machen,

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AG Hamburg WuM 1996, 29 für Einbau eines Duschbades.

Unklar ist, ob dabei die Obergrenze von drei Monatsmieten (s. § 551 Abs. 1 BGB) beachtet werden muss,3 für Einhaltung der Obergrenze: LG Hamburg HmbGE 1995, 291 für Anbringen von Rollläden vor Fenstern und Balkontür der Mietwohnung im I. OG, AG Hamburg WuM 1998, 723 für Verlegung eines Laminatbodens.

Die Regelung in § 554a Abs. 3 BGB gibt nichts her; denn sie kann als Ausnahmebestimmung, aber auch als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips verstanden werden. Ersteres liegt näher. Die Kaution dient grundsätzlich zur Abdeckung der wirtschaftlichen Risiken, die für den Vermieter mit dem Vermietungsgeschäft typischerweise verknüpft sind. Hierzu zählt auch das Risiko aus Sondernutzungen, die demjenigen der Wohnungsnutzung entsprechen. Wird Letzteres durch die Sondernutzung nicht oder nicht wesentlich stärker 1 Differenzierend Schmidt-Futterer/Blank BGB § 553 Rn. 16 je nachdem, ob eine Mieterhöhung oder bloß ein Untermietzuschlag vereinbart worden ist. 2 Bejahend Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 272; a.A. Schmidt-Futterer/ Blank Rn. 30 nach § 535 BGB. 3 Für Einhaltung der Obergrenze: s. zu § 551 BGB Emmerich/Sonnenschein Rn. 6; Lammel Rn. 25; Staudinger/Emmerich Rn. 10; für Überschreitung der Obergrenze, da es sich um das Risiko aus einer Sondernutzung handele, s. Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 312, § 551 Rn. 20; Bub/Treier/v. Martius Rn. III 756; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 384; Kraemer PiG 62 (2001) S. 213, 217; Mersson NMZ 2002, 313, 318.

747

63

Rn. VI 63a

Mietgebrauch

erhöht, als es bei der Wohnungsnutzung der Fall sein könnte, ist für eine Überschreitung der Kautionsgrenze von drei Monatsmieten kein Raum. Es muss davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber solche Risiken, die sich z.B. aus der Haltung eines Hundes, der Aufnahme dritter Personen, üblichen Installationen oder Einbauten ergeben, nicht fremd waren. 63a

Fraglich ist, ob die Sonderkaution derart zweckgebunden ist, dass ihre Verwendung für andere Ansprüche des Vermieters ausgeschlossen ist, so AG Köln WuM 2008, 556 = WuM 2009, 34 (Lammel).

Dafür spricht ihr Charakter als Treugut, dagegen, dass der Vermieter gezwungen wäre, auf Grund eines Titels den Anspruch des Mieters auf Rückgewähr der Sonderkaution zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen. eee) Handeln ohne Erlaubnis 64

Holt der Mieter eine gesetzlich oder vertraglich erforderliche Erlaubnis nicht ein, so soll sein unerlaubtes Verhalten auch dann vertragswidrig sein, wenn er einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat,1 OLG Hamm – Beschl. v. 11.4.1997 – NJW-RR 1997, 1370 = WuM 1997, 364, BayObLG – RE v. 26.4.1995 – WuM 1995, 378 = ZMR 1995, 301 jeweils für Drittüberlassung.

Das soll zwar keine fristlose Kündigung, wohl aber eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB rechtfertigen. Dem ist der BGH nicht gefolgt, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195: Der Anspruch des Vermieters, eine Parabolantenne zu beseitigen, besteht nicht schon deshalb, weil der Mieter die nach dem Mietvertrag erforderliche Erlaubnis nicht eingeholt hat, wenn er dem Mieter die Erlaubnis hierfür hätte erteilen müssen.

65

Dies entspricht auch der bisher schon überwiegenden Praxis, nach der die Nichteinholung der Erlaubnis in der Regel folgenlos bleibt, wenn der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat, da Sanktionen des Vermieters auf eine unzulässige Rechtsausübung hinauslaufen würden, LG Kleve ZMR 2000, 98: Die Beseitigung einer Parabolantenne kann dann nicht (mehr) verlangt werden, wenn der Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung hat; AG Hamburg WM 1998, 723 (Laminatfußboden).

Richtig erscheint, dass die bloße Nichteinholung einer an sich erforderlichen Erlaubnis, auf deren Erteilung der Mieter einen Anspruch hat, für sich genommen keine Sanktionen rechtfertigt. Treten weitere Umstände hinzu, die auf eine bewusste Missachtung der Person des Vermieters hinauslaufen, kann eine andere Wertung geboten sein. Immerhin müssen diese Umstände, wenn sie zu einer Kündigung führen sollen, schwerer wiegen als das allgemeine Bestandsinteresse des Mieters. 65a

Dem Vermieter steht ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 541 BGB zu, der gegenüber demjenigen aus § 1004 BGB der speziellere ist, 1 S. Horst NZM 1998, 647.

748

Mietgebrauch

Rn. VI 67a

BGH – Urt. v. 17.4.2007 – NZM 2007, 481 = WuM 2007, 387, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187,

und der den Anspruch des Vermieters auf Beseitigung eines vom Mieter vertragswidrig geschaffenen Zustandes umfasst, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NJW 2006, 1062 = WuM 2006, 28, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – WuM 2007, 381, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187.

fff) Widerruf Der Widerruf ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung oder zumindest eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften über einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen entsprechend anzuwenden sind. Er ist – sofern nichts anderes vereinbart ist – nicht formbedürftig, unterliegt aber im Übrigen den rechtsgeschäftlichen Anforderungen, die einer Kündigung entsprechen (s. Rn. X 11).

66

Streitig ist, ob die Befugnis zum Widerruf der Erlaubnis dieser jedenfalls dann von vornherein innewohnt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt,1 oder ob sie vereinbart sein muss.2 Das Vorliegen eines wichtigen Grundes wird in jedem Fall gefordert,

67

BGH – Urt. v. 11.2.1987 – NJW 1997, 1692 = ZMR 1987, 295 bei Untervermietung, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031 = ZMR 1984, 274 f. bei Untervermietung und dauernder Zwecküberschreitung, LG Hamburg WuM 1999, 453 bei Tierhaltung.3

Da umstritten ist, ob und unter welchen Voraussetzungen ein wichtiger Grund anzunehmen ist, um die erteilte Erlaubnis zu widerrufen, sollte auch ein Widerrufsvorbehalt aus wichtigem Grund vertraglich geregelt werden. Eine Formularklausel in einem Mietvertrag über Gewerberaum, nach der der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung jederzeit widerrufen kann, ist unwirksam, BGH – Urt. v. 11.2.1987 – NJW 1987, 1692 = ZMR 1987, 295.

Weniger strenge Anforderungen werden an den Widerruf bloßer Gestattungen gestellt. Sie sollen grundsätzlich frei widerruflich sein,4 KG – Urt. v. 7.12.2006 – WuM 2007, 68 für Gartennutzung.

1 S. zu § 540 BGB: Erman/Jendrek Rn. 13; Staudinger/Emmerich Rn. 13 unter Bezugnahme auf BGH – Urt. v. 11.1.1984 – NJW 1984, 1031 = ZMR 1984, 275; in jener Entscheidung ging es allerdings um den Widerspruch des Vermieters gegenüber einem nicht geeignet erscheinenden Untermieter. 2 So Schmidt-Futterer/Blank BGB § 540 Rn. 52, jedoch unter Annahme eines stillschweigenden Vorbehalts der Unzumutbarkeit. 3 Zum Fall: Halten eines Dobermanns, der Nachbarn anbellt und verbellt, nicht stets angeleint in der Wohnanlage herumläuft und dessen Begleitperson nicht immer den Eindruck vermittelt, das Tier zu beherrschen. 4 Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1225; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 535 Rn. 39.

749

67a

Rn. VI 68

Mietgebrauch

Grenzen ergeben sich jedoch aus dem Gebot der Rücksichtnahme und aus Treu und Glauben (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB), so dass Schikane und Missbrauch von vornherein ausgeschlossen sind.1 cc) Hausordnung 68

Auch die Hausordnung ist ein Regulativ des Mietgebrauchs.2 Sie regelt aber keine individuellen Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses, sondern enthält nur ausführende Bestimmungen, die für das Zusammenleben mehrerer Menschen in einem Gebäude erforderlich sind, LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 782 = WuM 1988, 120.

Sie ist also gegenüber den Vereinbarungen im Mietvertrag nachrangig. Soll sie dagegen (auch) die Bedeutung von Allgemeinen Vermietungsbedingungen des Vermieters haben, so muss dies hervorgehoben werden; anderenfalls können dort enthaltene vertragliche Regelungen als überraschende Klauseln nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam sein,3 LG Stuttgart WuM 1988, 399 für Übertragung des Winterdienstes auf den Mieter, a.A. OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 22.9.1988 – WuM 1988, 399, wenn die Hausordnung Bestandteil des Mietvertrages geworden ist.4

69

Der Mieter wird durch die Hausordnung nur verpflichtet, wenn sie Bestandteil des Mietvertrages geworden ist. Das setzt voraus, dass diese dem Mietvertrag beigefügt oder dem Mieter sonst bekannt ist; die Formularklausel im Mietvertrag „Die anliegende Hausordnung ist Bestandteil dieses Vertrages“

ist nach § 309 Nr. 12b BGB (= § 11 Nr. 15b AGBG) unwirksam, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – DWW 1991, 212 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290; OLG Celle – Urt. v. 29.12.1989 – WuM 1990, 103, 106.

Ein Aushang im Treppenhaus führt nicht zur Einbeziehung in den Mietvertrag.5 70

Ist keine Hausordnung vereinbart, so ist der Vermieter berechtigt, eine solche zu erlassen, soweit sie die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag lediglich konkretisiert oder die mietrechtliche Gesetzeslage interpretiert.6 Sie darf also nicht zu einer Beschränkung von Rechten aus dem Mietvertrag führen, 1 In dem vom KG WuM 2007, 68 entschiedenen Fall erfolgte der Widerruf, um die Nutzung des Gartens allen Mietern zu ermöglichen. 2 Eingehend Blank, Die Hausordnung, FS Seuß, 1987, S. 53 f.; Schmid WM 1987, 71; s. auch Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1044 S. 899 f.; MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 193; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 329. 3 Blank a.a.O. S. 58 u.a. für das Verbot, Haushaltswaschmaschinen in der Wohnung aufzustellen, Übertragung von Reinigungspflichten; s. auch Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1046. 4 Zum Fall: „§ 27 (des Mietvertrages) Hausordnung“. 5 MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 193; einschränkend Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 332. 6 Blank a.a.O. S. 54 f.; Schmid a.a.O.; auch Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1047; a.A. Staudinger/Emmerich Rn. 109 vor § 535 BGB.

750

Mietgebrauch

Rn. VI 74

LG Berlin MM 1992, 241 für Betriebseinstellung der Müllabwurfanlage und des Aufzuges, AG Berlin-Mitte MM 1997, 240, 241 Sp. 2,

insbesondere dem Mieter keine Pflichten auferlegen, die nicht schon im Mietvertrag enthalten sind (z.B. Reinigungspflichten), LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 782 = WuM 1988, 120, LG Stuttgart WuM 1988, 399.

Auch ohne einen Änderungsvorbehalt wird der Vermieter für berechtigt gehalten, die Hausordnung zu ändern, wenn hierfür sachliche Gründe gegeben sind,

71

LG Darmstadt MDR 1973, 53 für Ergänzung der Wegereinigungspflicht, AG Hamburg WuM 1981, 183 für Änderung der Benutzung der Gemeinschaftswaschküche.

In jedem Fall unterliegt die Änderungsbefugnis des Vermieters einer Ermessenskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB.1 Maßgebliche Kriterien hierfür sind u.a., dass die Hausordnung den Belangen der Mieter zu dienen hat und der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet werden muss.2 Die Regeln der Hausordnung gelten auch für den Vermieter. Das betrifft etwa die Einhaltung der Ruhezeiten bei Durchführung eigener baulicher Maßnahmen. Anders verhält es sich, soweit der Mieter zu deren Duldung gemäß § 554 Abs. 1, 2 BGB nach ordnungsmäßiger Ankündigung verpflichtet ist (s. dazu OLG München – Beschl. v. 29.7.1991 – WuM 1991, 481). Selbst im Duldungsfall werden aber die Grenzen der Zumutbarkeit nicht aufgehoben. So sind auf jeden Fall die Nachtruhe (20–6 Uhr) und die Feiertagsruhe zu wahren, sofern nicht Notfälle vorliegen.

72

Bei Verstößen gegen die Hausordnung kann der Vermieter nach Abmahnung Unterlassung gemäß § 541 BGB fordern oder das Mietverhältnis wegen schuldhafter Pflichtverletzungen gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, in besonders schwerwiegenden Fällen fristlos nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB kündigen. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.3 So kann geringeren Verstößen nicht mit einer Kündigung begegnet werden,

73

LG Trier WuM 1993, 192 bei Nichtabschließen der Haustür.

Die Möglichkeit ist jedoch erleichtert, wenn der Vermieter einen Titel auf Unterlassung einer vertragswidrigen Handlung oder Vornahme einer geschuldeten Handlung erwirkt hat und eine Vollstreckung entweder gescheitert oder sonst nicht aussichtsreich ist. In derartigen Fällen können bereits verhältnis1 MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 193; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 333. 2 S. dazu Schmid ZMR 1999, 301, 302 unter besonderer Berücksichtigung von Musik und Lärmquellen. 3 Bub/Treier Rn. III A 1048, IV 169; Lammel BGB § 543 Rn. 18; MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 193.

751

74

Rn. VI 75

Mietgebrauch

mäßig geringfügige Verstöße eine Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB oder § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB begründen, LG Düsseldorf ZMR 1993 S. II Nr. 9 für hartnäckiges Taubenfüttern trotz rechtskräftigen Unterlassungsurteils, ebenso AG Frankfurt a.M. WuM 1977, 66, AG Hamburg-Blankenese WuM 1998, 286 für Verstoß gegen die vertragliche und titulierte Treppenreinigungspflicht.

75

Die Hausordnung ist als Regelung zu Gunsten Dritter angesehen worden, so dass der gestörte Bewohner gegen den störenden Mieter einen Anspruch auf Einhaltung der Hausordnung hat,1 OLG München – Urt. v. 21.1.1992 – DWW 1992, 339 = NJW 1992, 1097 = WuM 1992, 238 = ZMR 1992, 246.

Auch hat der gestörte Mieter gegenüber dem Vermieter einen Anspruch, dafür zu sorgen, dass die Hausordnung eingehalten wird. Andererseits hält sich ein Mietgebrauch innerhalb der Hausordnung im vertraglichen Rahmen, auch wenn sich andere Mitbewohner gestört fühlen sollten, OLG München a.a.O. für Musizieren.

3. Gebrauchsrechte des Mieters a) Bauliche Veränderungen und Installationen 76

Die Gewährung des vertragsgemäßen Mietgebrauchs einer Wohnung muss ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und u.a. alle mit der Haushaltsführung üblicherweise verbundenen Tätigkeiten unter Einsatz technischer Hilfsmittel ermöglichen. Wird diese Anforderung an die Vermieterleistung gestellt, s. BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 867,2

so muss die entsprechende Möglichkeit erst recht gegeben sein, wenn der Mieter sich den Standard zeitgemäßen Wohnens auf eigene Kosten schaffen will. 77

Grenzen für seine Befugnis ergeben sich aus der Beschaffenheit des Mietobjektes, insbesondere der Tragfähigkeit der Decken und Kapazität des Leitungsnetzes. Der Vermieter kann jedoch verpflichtet sein, dem Mieter den Einbau verstärkter Leitungen zu genehmigen, wenn dieser anderen Mitbewohnern die Nutzung des Anschlusses (gegen Ersatz anteiliger Kosten) gestattet. Auch kann sich eine Befugnis des Mieters auf Grund einer Abwägung der grundgesetzlich geschützten Interessen der Mietparteien ergeben, s. BVerfG – Beschl. v. 28.3.2000 – NZM 2000, 435 für Einbau eines Treppenfahrstuhls zu Gunsten des behinderten Partners des Mieters, s. nunmehr § 554a BGB und Rn. VI 92.

1 Ebenso Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1044; a.A. Staudinger/Emmerich Rn. 109 § 535 BGB. 2 Zum Fall: Pflicht des Vermieters zur Stromversorgung einer nicht modernisierten Altbauwohnung.

752

Rn. VI 75

Mietgebrauch

mäßig geringfügige Verstöße eine Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB oder § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB begründen, LG Düsseldorf ZMR 1993 S. II Nr. 9 für hartnäckiges Taubenfüttern trotz rechtskräftigen Unterlassungsurteils, ebenso AG Frankfurt a.M. WuM 1977, 66, AG Hamburg-Blankenese WuM 1998, 286 für Verstoß gegen die vertragliche und titulierte Treppenreinigungspflicht.

75

Die Hausordnung ist als Regelung zu Gunsten Dritter angesehen worden, so dass der gestörte Bewohner gegen den störenden Mieter einen Anspruch auf Einhaltung der Hausordnung hat,1 OLG München – Urt. v. 21.1.1992 – DWW 1992, 339 = NJW 1992, 1097 = WuM 1992, 238 = ZMR 1992, 246.

Auch hat der gestörte Mieter gegenüber dem Vermieter einen Anspruch, dafür zu sorgen, dass die Hausordnung eingehalten wird. Andererseits hält sich ein Mietgebrauch innerhalb der Hausordnung im vertraglichen Rahmen, auch wenn sich andere Mitbewohner gestört fühlen sollten, OLG München a.a.O. für Musizieren.

3. Gebrauchsrechte des Mieters a) Bauliche Veränderungen und Installationen 76

Die Gewährung des vertragsgemäßen Mietgebrauchs einer Wohnung muss ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und u.a. alle mit der Haushaltsführung üblicherweise verbundenen Tätigkeiten unter Einsatz technischer Hilfsmittel ermöglichen. Wird diese Anforderung an die Vermieterleistung gestellt, s. BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 867,2

so muss die entsprechende Möglichkeit erst recht gegeben sein, wenn der Mieter sich den Standard zeitgemäßen Wohnens auf eigene Kosten schaffen will. 77

Grenzen für seine Befugnis ergeben sich aus der Beschaffenheit des Mietobjektes, insbesondere der Tragfähigkeit der Decken und Kapazität des Leitungsnetzes. Der Vermieter kann jedoch verpflichtet sein, dem Mieter den Einbau verstärkter Leitungen zu genehmigen, wenn dieser anderen Mitbewohnern die Nutzung des Anschlusses (gegen Ersatz anteiliger Kosten) gestattet. Auch kann sich eine Befugnis des Mieters auf Grund einer Abwägung der grundgesetzlich geschützten Interessen der Mietparteien ergeben, s. BVerfG – Beschl. v. 28.3.2000 – NZM 2000, 435 für Einbau eines Treppenfahrstuhls zu Gunsten des behinderten Partners des Mieters, s. nunmehr § 554a BGB und Rn. VI 92.

1 Ebenso Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1044; a.A. Staudinger/Emmerich Rn. 109 § 535 BGB. 2 Zum Fall: Pflicht des Vermieters zur Stromversorgung einer nicht modernisierten Altbauwohnung.

752

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 79

Der Mieter hat grundsätzlich die folgenden Grenzen zu beachten: – kein Eingriff in die konstruktive Substanz des Gebäudes, der zu Schäden führen kann, – kein Eingriff, der das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes nicht nur ganz unwesentlich beeinträchtigt, – fachhandwerkliche Ausführung, – keine Störung oder Belästigung anderer Bewohner, s. LG Hamburg WuM 1974, 145, 146 Sp. 1,

– Rückbaufähigkeit der Maßnahme. Der Vermieter kann weitere Auflagen machen,

78

– dass die Arbeiten nachweislich durch einen Fachhandwerker/Fachfirma durchgeführt werden (z.B. Installationen im Elektro- oder Sanitärbereich), – dass der Mieter den Vermieter von Ansprüchen Dritter freihält, – dass der Mieter das Bestehen einer ausreichenden Haftpflichtversicherung nachweist (s. etwa AG Hamburg WuM 1998, 723 bei Einbau eines Laminatbodens), – dass der Mieter eine Mietsicherheit leistet (AG Hamburg WuM 1996, 29). Zur Obergrenze der Mietsicherheit bei Erteilung von Erlaubnissen s. Rn. VI 63. Bauliche Maßnahmen des Mieters stehen Modernisierungsvorhaben des Vermieters grundsätzlich nicht entgegen; ob sie vom Mieter zu dulden sind, bestimmt sich nach § 554 Abs. 2 BGB (s. Rn. IV 326, VII 141). Da diese Regelung zum Nachteil des Mieters nicht abbedungen werden kann (§ 554 Abs. 5 BGB), ist eine Auflage des Vermieters, die baulichen Maßnahmen oder Einrichtungen im Falle einer Vermietermodernisierung entschädigungslos zu entfernen bzw. „Baufreiheit“ zu gewähren, unzulässig.1 Die baulichen Maßnahmen des Mieters können im Falle einer ordentlichen Kündigung durch den Vermieter u.U. Härtegründe i.S. von § 574 BGB bilden, wenn der Mieter seine – vertraglich zulässigen – Investitionen nicht hat „abwohnen“ können (s. Rn. XI 346). aa) Zulässige Maßnahmen Der vertragsgemäße Gebrauch gestattet dem Mieter eine Reihe baulicher Maßnahmen, die nur dann erlaubnisbedürftig sind, wenn ein Erlaubnisvorbehalt vereinbart worden ist. Ist kein Erlaubnisvorbehalt vereinbart, so ist es eine Frage der Wertung, ob eine Maßnahme zum typischen Mietgebrauch zählt oder eine Sondernutzung darstellt, die einem vertragsimmanenten Erlaubnisvorbehalt unterliegt. Je stärker oder risikoreicher die Einwirkung auf das Mietobjekt ist, desto eher wird die Maßnahme des Mieters als erlaubnis-

1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 393.

753

79

Rn. VI 80

Mietgebrauch

pflichtige Sondernutzung zu qualifizieren sein.1 In jedem Fall sind die oben aufgezeigten Grenzen (Rn. VI 77) einzuhalten. Dementsprechend ist die Rspr. hierzu nicht einheitlich. Im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs sind folgende Maßnahmen anerkannt worden:2 – Einbau eines Türspions (AG Hamburg WuM 1985, 256), – Aufstellen von Leichtbauwänden und Verkleben von Fußbodenplatten ohne Substanzbeeinträchtigung der Mietsache, Installation eines Gasdurchlauferhitzers (LG Essen WuM 1987, 257), – Anbringen einer Holzvertäfelung (LG Osnabrück WuM 1986, 231) oder einer Holzpaneeldeckenverkleidung (AG Brandenburg a.d. Havel WuM 2003, 321), – Einbau von Leichtbauwänden und Bodenplatten (LG Berlin WuM 1990, 421), – Einbau einer Gasetagenheizung (LG Berlin GE 1995, 109, AG Lübeck DWW 1986, 149, anders AG Wuppertal DWW 1988, 90 für Ersatz einer Ofenheizung durch Gasheizung), – Installation einer Einbauküche (LG Konstanz WuM 1989, 67), aber nicht Austausch einer vom Vermieter gestellten Einbauküche gegen eine erworbene (LG Berlin NJW-RR 1997, 1097), – Aufstellen einer transportablen Duschkabine (LG Berlin WuM 1990, 421), aber nicht Einbau eines Duschbades (LG Berlin GE 1995, 429), – Einbau eines Duschbades (AG Hamburg WuM 1996, 29), – Anbringen einer Außenjalousie vor Tür und Fenster hinter einer Loggia (LG Hamburg, HmbGE 1995, 291, AG Zeitz WuM 1998, 16); einschränkend LG Hamburg WuM 2007, 502 bei optischen Beeinträchtigungen, im Übrigen nur gegen Sicherheitsauflagen zur Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden am Mauerwerk, – Einbau eines Laminatfußbodens, selbst wenn dies mit einer Kürzung der Türblätter verbunden ist (AG Hamburg WuM 1998, 723), – Anbringen eines Sichtschutzes aus Bast am Balkongeländer, sofern die Fassade nicht verunstaltet wird (AG Köln WuM 1999, 331, AG Neubrandenburg WuM 2006, 641 für Textilplane), – fachgerechtes Anbringen einer Außensteckdose unter Putz auf einem zur Wohnung gehörenden Blakon, AG Hamburg – WuM 2007, 505.

80

Zum typischen Mietgebrauch zählt auch, dass der Mieter Dübel in die Wand setzt, um Möbel anzubringen. Umstritten ist die Anzahl der Dübellöcher bzw. 1 Zum Beispiel Mauerdurchbrüche, Einbau einer Etagenheizung oder eines Duschbades, Verlegen von Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen, umfangreiche Verfliesung. 2 S. zu § 535 BGB: ausführlich Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 373; Staudinger/Emmerich Rn. 40.

754

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 83

der angebohrten Fliesen in Sanitärräumen. Dem Mieter wird zugestanden, die notwendigen Installationsgegenstände anzubringen, soweit sie nicht vermieterseits gestellt worden sind, LG Darmstadt NJW-RR 1988, 80, LG Aurich DWW 1989, 223, 225, LG Göttingen WuM 1990, 199.

Zum Teil werden großzügige Maßstäbe angelegt,1 LG Hamburg WuM 2001, 359 (ZK 7): Dübeln im Bad zählt zum vertragsgemäßen Gebrauch, sofern es nicht im Übermaß erfolgt. Das ist für 32 Löcher verneint worden (für Spiegel, Konsole, Spiegellampen, Handtuchhalter, Halter für Zahnputzgläser, Seifenschale, WC-Papierhalter, Duschstange, Haltegriff in der Badewanne); AG Rheinbach NZM 2005, 822: 14 Dübel in einem Fliesenspiegel zur Anbringung einer Arbeitsplatte in der Küche sind vertragsgemäß, so dass es genügt, wenn der Mieter bei Auszug die Dübellöcher ordnungsmäßig verschließt.

Das Dübeln im Fliesenbereich muss jedoch schonend unter weitgehender Benutzung der Fugen geschehen, LG Berlin NZM 2003, 512 für das Anbringen von Seifenschale, Handtuchhalter, Spiegel oder Spiegelschrank, AG Hamburg-Altona WuM 2008, 27, dort auch zum Schadensersatzanspruch des Vermieters bei einer Vielzahl von Dübellöchern in der Fliesenwand.

Eine Formularklausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei Beendigung des Mietverhältnisses Dübeleinsätze zu entfernen, Löcher ordnungsmäßig und unkenntlich zu verschließen sowie etwa durchbohrte Kacheln durch gleichartige zu ersetzen, ist für unwirksam angesehen worden, weil damit die Beseitigungspflicht auch auf die Fälle erstreckt werden würde, in denen das Anbringen von Dübeln und das Bohren von Löchern zum vertragsgemäßen Gebrauch unerlässlich ist,

81

BGH – Urt. v. 20.1.1993 – DWW 1993, 109 = WM 1993, 109 = ZMR 1993, 264, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 61.

Der Mieter hat einen Anspruch darauf, die üblichen Haushaltsgeräte zu installieren, sofern die hierfür erforderlichen Leitungsquerschnitte vorhanden sind. Das bezieht sich z.B. auch darauf, eine eigene Waschmaschine in der Wohnung aufzustellen, anstatt die vermieterseits im Keller aufgestellte Waschmaschine zu nutzen. Das gilt auch in einem Niedrig-Energiehaus und insbesondere, wenn zur Familie des Mieters kleine Kinder gehören,

82

LG Aachen NZM 2004, 459.

Entgegenstehende Formularklauseln sind unwirksam. Jedoch muss der Mieter sich mit seinen Maßnahmen an das zum Vertragsbestandteil erhobene Energiekonzept halten (LG Aachen a.a.O.).2 Als vom (typischen) Mietgebrauch nicht erfasst sind folgende Maßnahmen gewertet worden: 1 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 275. 2 Zum Fall: Anschluss an den Warmwasserspeicher des Hauses, Bezug von „grünem Strom“.

755

83

Rn. VI 84

Mietgebrauch

Anbringen von Styroporteilen: LG Braunschweig NJW 1986, 322, AG und LG Kreuznach WuM 1990, 292, anders AG Tempelhof/Kreuzberg NZM 2002, 734: Es handelt sich um eine Dekorationsmaßnahme, die der Mieter erst bei Vertragsende zu entfernen braucht.

84

Ferner nicht erlaubt: – Einbau eines Duschbades: LG Berlin GE 1995, 429, – Umbau eines Bades aus geschmacklichen Gründen: LG Hamburg, HmbGE 1992, 51, anders für Neuverfliesung eines Bades: AG Schöneberg GE 1995, 703, – Balkonverkleidung: LG Hamburg HmbGE 1990, 185, – Austausch von Holztüren in der Wohnung: LG Detmold WuM 2002, 51, – Umbau eines Balkons in eine Loggia: LG Bautzen WuM 2002, 116, – Einfügen eines sog. Katzenlochs in eine Zimmertür: AG Erfurt WuM 2000, 529, – Installation einer Videoüberwachungskamera oder deren Attrappe: AG Hamburg-Wandsbek WuM 2008, 22. bb) Vertragswidrige Maßnahmen

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Der Vermieter kann grundsätzlich die sofortige Entfernung der Einbauten und Installationen nach Abmahnung verlangen (§ 541 BGB), AG Hannover WuM 1999, 340: Stellt der Dauernutzungsvertrag mit einer Genossenschaft bauliche Veränderungen durch den Mieter unter einen schriftlichen Erlaubnisvorbehalt, so sind ohne Erlaubnis vorgenommene Arbeiten Eigentumsbeeinträchtigungen, auch wenn der Mieter zeitgemäße oder wohnwertverbessernde Maßnahmen anstrebt (hier: Installation von E- und Wasserleitungen, Außenventilator); anders LG Köln WuM 1996, 93 für die Installation eines neuen WC-Beckens oder das Anbringen neuer Bodenbeläge durch den Mieter, LG Bautzen WuM 2002, 116 bejaht den Rückbauanspruch des Vermieters bei Umgestaltung eines Balkons in eine verglaste Loggia, LG Braunschweig NJW 1986, 322, LG Kreuznach WuM 1990, 292, für Anbringen von Styroporplatten an der Zimmerdecke; a.A. AG Berlin-Tempelhof NZM 2002, 737.

86

Das Verlangen des Vermieters nach Rückbau kann aber missbräuchlich sein, wenn er kein besonderes Interesse an der Entfernung noch während der Mietzeit hat, LG Berlin GE 1994, 53: Einbau einer Wohnküche in einen Wohnraum, LG Detmold WuM 2002, 51: Austausch der Holztüren in der Wohnung statt solcher mit Glasausschnitt.

Ein solcher Rechtsmissbrauch kann vorliegen, wenn die Mietzeit überschaubar ist oder das Mietverhältnis zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist, jedoch weder Störungen noch Schäden am Mietobjekt vorliegen oder zu befürchten sind. Anlass zur sofortigen Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs können dagegen sein: nicht fachgerechte Ausführung, Gefährdung des Gebäudes (Duschbad!), Belästigung von Mitbewohnern,1 Nachahmungseffekt für andere Mieter. 1 Beispiele: Durchfeuchtungen infolge mangelhafter Isolierung beim Einbau eines Duschbades, Fließgeräusche, die in der Nachbarwohnung störend zu hören sind.

756

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 88

In besonders schweren Fällen kommt eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht, nachdem der Mieter vergeblich zur Beseitigung aufgefordert worden ist. Vorauszusetzen ist eine erhebliche Gefährdung der Vermieterinteressen. Das ist etwa verneint worden, wenn der Mieter eigenmächtig das Bad umbaut und dabei die Sanitärobjekte und Fliesen, die Vermietereigentum waren, zerstört. Damit allein kann eine fristlose oder eine fristgerechte Kündigung nicht begründet werden,

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VerfGH Berlin – Beschl. v. 13.12.2001 – GE 2003, 452 aus den – verfassungsrechtlich wichtigen – Gründen: Bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts muss der Gesetzgeber der Sozialbindung des Eigentums Rechnung tragen, die sich aus der Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt der Bewohner ergibt. Maßgebend ist insoweit der Gesichtspunkt, dass Nutzung und Verfügung in jedem Fall nicht lediglich innerhalb der Sphäre des Eigentümers bleiben, sondern Belange anderer Rechtsgenossen berühren, die auf die Nutzung des Eigentumsobjekts angewiesen sind. Unter dieser Voraussetzung gehört zur Sozialbindung des Eigentums das Gebot der Rücksichtnahme auf den Nichteigentümer, der seinerseits der Nutzung des Eigentumsobjekts zu seiner Freiheitssicherung und verantwortlichen Lebensgestaltung bedarf (vgl. BVerfGE 68, 361, 368). § 553 BGB a.F. (jetzt § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB) trägt dem dadurch Rechnung, dass nur solcher vertragswidrige Gebrauch für eine fristlose Kündigung ausreicht, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt. Bei der Auslegung und Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs müssen die Fachgerichte die im Gesetz in verfassungsmäßiger Weise zum Ausdruck gekommene Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Grundsrechtsschutz des Eigentums beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet. Die von den Mietern eigenmächtig vorgenommenen Maßnahmen haben die Struktur des Badezimmers nicht verändert, lassen sich bei Beendigung des Mietverhältnisses wieder verändern, gefährden das Mietobjekt nicht. Die Entfernung und Zerstörung der Sanitärobjekte und Fliesen und der damit verbundene Eigentumseingriff ist keine erhebliche Verletzung der Vermieterrechte. Die Auffassung, eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung müsse immer schon dann bejaht werden, wenn der Mieter unberechtigt dem Vermieter gehörende Bestandteile der Mietwohnung zerstört habe, ist mit der Sozialbindung des Eigentums nicht zu vereinbaren; OLG Düsseldorf – Urt. v. 21.12.1995 – WM 1996, 410 = ZMR 1996, 651: 1. Das Zumauern von Fensteröffnungen des gewerblichen Mietobjekts stellt in der Regel dann keinen Grund zur fristlosen Kündigung dar, wenn der Mieter vertraglich verpflichtet ist, nach Beendigung des Mietverhältnisses den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und von ihm eingebrachte Einrichtungen wieder zu entfernen, AG Erfurt WuM 2000, 529: Die Beschädigung der Zimmertür durch Einfügen eines sog. Katzenlochs ist zwar vertragswidrig, reicht aber zur Kündigung nicht aus.

Auch ist die Kündigung unzulässig, wenn die bauliche Maßnahme des Mieters dazu dient, das Mietobjekt in einen Zustand zu versetzen, der den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.8.1998 – NZM 1999, 1215 für eigenmächtigen Umbau der Lüftungsanlage bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum.

Dagegen ist die Kündigung für gerechtfertigt gehalten worden, wenn die Maßnahme erheblich störende Außenwirkungen und der Mieter sich über den ausdrücklich erklärten Willen des Vermieters hinweggesetzt hat, AG Schöneberg ZMR 2000, 685: Der Einbau eines modernen Fensters in eine Altbauwohnung, das in seiner Konstruktion von dem ursprünglichen Fenster abweicht,

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Rn. VI 89

Mietgebrauch

gegen den erklärten Willen des Vermieters ist ein Kündigungsgrund, auch wenn der Vermieter (spätestens) bei Vertragsende einen Rückbauanspruch hat.

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Handelt es sich um eine vermietete Eigentumswohnung, in der der Mieter unzulässige bauliche Maßnahmen vorgenommen hat, so kann der Wohnungseigentümer durch die übrigen Eigentümer verpflichtet werden, die von seinem Mieter vorgenommenen baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen. Diese Verpflichtung schließt ein, auf den Mieter mit allen geeigneten rechtlichen Maßnahmen einzuwirken, damit dieser – soweit erforderlich – bei der Beseitigung der baulichen Veränderung mitwirkt. Die Verpflichtung des Wohnungseigentümers ist gemäß § 888 ZPO zu vollstrecken,1 OLG Köln – Beschl. v. 14.4.2000 – NZM 2000, 1018.

Zum Entfernungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Mieter s. Rn. VI 107. 90

Der Mieter trägt kraft seiner Obhutspflicht das Risiko von Schäden auf Grund der Materialbeschaffenheit und seiner Auswirkungen auf das Mietobjekt. Das bezieht sich auch auf chemische Prozesse, die ihm möglicherweise nicht bekannt, jedoch erfahrbar sind. Er haftet daher für Schäden, wenn er auf den vorhandenen PVC-Boden einen Teppichboden verlegt und dabei nicht bedenkt, dass die Materialien chemisch miteinander reagieren (Weichmacherauslöser), LG Düsseldorf DWW 1996, 281: Legt der Mieter über einen Nadelfilzbelag einen 2. Teppichboden, dessen auf der Unterseite befindliche Schaumstoffbeschichtung sich auf den Nadelfilz überträgt, so hat der Mieter die Kosten für die Neuverlegung und die Entsorgung des früheren Teppichs zu tragen. Der Vermieter muss sich einen Abzug „neu für alt“ anrechnen lassen; anders aber AG Gera WuM 2000, 19.

Hat der Mieter Laminatboden verlegt, so ist er verpflichtet, für einen ausreichenden Trittschallschutz zu sorgen. Dafür sind die technischen Normen zur Zeit der Durchführung der Maßnahme maßgeblich, nicht etwa diejenigen, die dem Baualter des Gebäudes entsprechen,2 s. BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108 für nachträgliche Ausbaumaßnahmen des Vermieters, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 13.11.2007 – NZM 2008, 289, OLG München – Beschl. v. 9.1.2008 – NZM 2008, 133 jeweils für Wohnungseigentum.

Zu den Ansprüchen des gestörten Mieters gegenüber dem Störer und dem Vermieter s. Rn. VI 337, 340. 91

Hat der Mieter Einrichtungen und bauliche Maßnahmen durch Vereinbarung mit dem Vormieter übernommen, so muss er sich gegenüber dem Vermieter so behandeln lassen, als habe er diese Veränderungen selbst vorgenommen. Dementsprechend haftet er für Einbaumängel, Materialfehler und Folgeschä1 Zum Fall: Der Pächter einer Gaststätte hatte Mauerdurchbrüche vorgenommen, um eine für den vertraglichen Gebrauch notwendige Lüftungsanlage zu installieren. 2 Für den gegenwärtigen Standard ist auf den Entwurf für die DIN 4109-10, veröffentlicht im Juni 2000, abzustellen, s. OLG Stuttgart – Beschl. v. 21.5.2007 – NZM 2007, 846. Zu Teppichböden eingehend Harsch MietRB 2008, 121.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 92

den. Dies lässt sich zwar nicht aus einer Schuldübernahme folgern, der der Vermieter später schlüssig zustimmt;1 vielmehr beruht die Haftung des Mieters originär auf seiner Obhutspflicht, die Prüfungs- und Erkundigungspflichten bei übernommenen Maßnahmen einschließt, anders LG Berlin NZM 1999, 839, das allerdings nicht von einem Scheinbestandteil der übernommenen Gegenstände ausgeht, da der Mieter gegenüber dem Vermieter weder die Rückbaupflicht noch die Instandhaltungspflicht bezüglich der Einbauten übernommen habe.

cc) Barrierefreiheit Die Regelung in § 554a BGB beruht auf der sog. Treppenliftentscheidung des BVerfG v. 28.3.2000 (NZM 2000, 539 = WuM 2000, 298 = ZMR 2000, 435).2 Sie gilt nur für Wohnraummietverhältnisse, wie aus § 578 BGB folgt. Ähnliche Problemlagen bei Mietverhältnissen über Gewerberaum sind deshalb nach den allgemeinen Grundsätzen gemäß § 242 BGB auf der Grundlage der vorerwähnten Entscheidung des BVerfG zu lösen. Gegenstand der Regelung ist der Anspruch des Mieters von Wohnraum i.S. von § 549 Abs. 1 BGB auf Erteilung der Erlaubnis, den Mietgegenstand behindertengerecht auszugestalten, soweit dies erforderlich ist und der Mieter hieran ein berechtigtes Interesse hat.3 Eine Form ist weder für den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis noch für diese selbst vorgesehen. Der Mieter muss sein Verlangen so begründen, dass es dem Vermieter als Entscheidungshilfe dienen kann; es muss insbesondere die technischen Details enthalten, die sich auf den Eingriff in die Gebäudesubstanz und/oder den Zugriff auf Gemeinschaftsflächen beziehen. Die Anforderungen entsprechen denjenigen der Modernisierungsankündigung des Vermieters nach § 554 Abs. 3 BGB. Da der Anspruch eine Interessenabwägung voraussetzt, ist die Erlaubnis grundsätzlich vor Beginn der Maßnahme einzuholen. Der Gesetzestext, der allgemein von „Zustimmung“ spricht, schließt allerdings die Genehmigung nicht aus. Der Mieter, der die Erlaubnis zuvor nicht eingeholt hat, verhält sich allein deswegen noch nicht vertragswidrig, sofern ihm nur materiell der Anspruch hierauf zusteht.4 Anspruchsvoraussetzungen sind, dass – eine Behinderung bei einer Bedarfsperson besteht, – eine behindertengerechte Baumaßnahme oder Einrichtung erforderlich ist, 1 Die Genehmigung nach § 415 BGB ist nicht fristgebunden und kann schlüssig erfolgen: KG – Urt. v. 26.6.2003 – ZMR 2003, 835. 2 Zur Entstehungsgeschichte s. Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. 14/ 5663 S. 78; zu den gesellschaftlichen und wohnungsmarktmäßigen Dimensionen der Regelung s. Rips, Die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Bestandsmietverhältnissen, FS Derleder, 2005, S. 289 f. 3 Dazu Drasdo WuM 2002, 123; Mersson NZM 2002, 313 = ZMR 2001, 956; Rips WuM 2003, 429. 4 S. Drasdo WuM 2002, 123.

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Rn. VI 93

Mietgebrauch

– eine Abwägung der Mieter- und Vermieterinteressen kein Übergewicht zu Gunsten des Vermieters ergibt. 93

Als Bedarfspersonen kommen in erster Linie der Mieter, daneben auch seine Haushaltsangehörigen (Familienangehörige, Lebenspartner oder -gefährte) in Betracht.1 Unter den begünstigten Personenkreis fallen jedoch nicht Besucher des Mieters; denn sie werden von diesem nicht in die Wohnung „aufgenommen“.2 Auf die Art der Behinderung kommt es nicht entscheidend an; es kann sich um eine körperliche, aber auch um eine geistige Behinderung handeln. Auch eine altersbedingte Behinderung fällt unter die Vorschrift. Zielgruppe der Regelung sind gerade auch die Menschen, die ihre Wohnung altersbedingt umgestalten müssen, um nicht in ein Pflegeheim zu ziehen.3 Nicht entscheidend ist, ob die Behinderung bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorlag oder erst im Lauf der Mietzeit eingetreten ist.4

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Eine behindertengerechte bauliche Maßnahme oder Einrichtung muss erforderlich sein. Die angestrebte Veränderung braucht sich nicht auf die Mietwohnung zu beschränken, sondern kann sich auf alle Grundstücks- und Raumteile beziehen, die dem Mietgebrauch unterliegen, also nicht nur Treppen und Zugänge, sondern auch gemeinschaftlich genutzte Räume (z.B. Waschküche oder Flächen/Abstellflächen für einen Rollstuhl),5 LG Hamburg ZMR 2004, 914: Der Vermieter ist verpflichtet zu dulden, dass der Mieter einen von ihm geschaffenen Waschbetoncontainer für den Rollstuhl vor dem Hauseingang um 180° dreht, wenn der Mieter dadurch mit 4 Schritten statt bisher 11 Schritten zum Rollstuhl gelangen kann.

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Die Maßnahme muss die behindertengerechte Nutzung nicht nur unerheblich verbessern, so dass die Wohnung sicherer und pflegeleichter genutzt werden kann sowie die Funktionsabläufe verbessert werden. Der Begriff der Erforderlichkeit führt nicht dazu, dass der Bedarfsperson zunächst das größtmögliche Opfer an Anstrengung abverlangt werden darf, bevor der Anspruch zur Durchsetzung der Barrierefreiheit begründet ist. Es genügt vielmehr, dass durch die angestrebte Maßnahme eine Behinderung abgebaut oder geschmälert werden kann, LG Hamburg ZMR 2004, 914.

Stets muss aber ein Bezug zwischen der Behinderung und der Maßnahme bestehen. Fehlt er, so richtet sich die Befugnis des Mieters, das Mietobjekt zu verändern, nach allgemeinen Regeln (s. Rn. VI 77). Erfasst werden Maßnah1 Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. 14/5663 S. 78. 2 Ebenso Blank/Börstinghaus BGB § 554a Rn. 7; Mersson NZM 2002, 313; anders zu § 554a BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 13; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 32. 3 Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. 14/5663 S. 78. 4 Zu Informationspflichten des Mieters s. Blank/Börstinghaus BGB § 554a Rn. 4; Staudinger/Rolfs BGB § 554a Rn. 4. 5 Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 554a Rn. 1; a.A. Drasdo WuM 2002, 123.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 97

men wie der Einbau einer behindertengerechten Nasszelle, die Verbreiterung von Türen, Griffe an der Wanne, Vorrichtungen über dem Bett, um sich hochzuziehen, aber auch Maßnahmen außerhalb der Wohnung wie Einbau eines Treppenlifts.1 Der Anspruch hängt materiell vom Ergebnis einer Abwägung der Mieter- und Vermieterinteressen ab. Er ist dann gegeben, wenn das Vermieterinteresse nicht überwiegt. Eine (theorethische) Pattsituation würde sich danach zu Gunsten des Mieters auswirken. Das macht deutlich, dass im Zweifel den Mieterbelangen das stärkere Gewicht zukommt. In die Interessenabwägung sind einzubeziehen,2

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– zugunsten des Mieters: Art, Dauer und Schwere der Behinderung, Erforderlichkeit der Maßnahme und Angewiesensein des Mieters hierauf, nur Maßnahmen innerhalb der Wohnung; – zugunsten des Vermieters: Schwere des Eingriffs, Maßnahmen außerhalb der Wohnung, Inanspruchnahme von Gemeinschaftsflächen, Möglichkeit des Rückbaus, Auswirkungen der Maßnahme auf die Mitbewohner (s. § 554a Abs. 1 Satz 3 BGB),3 Haftungsrisiken des Vermieters, nur noch kurze Mietdauer. Ist der Vermieter verpflichtet, die Erlaubnis zu erteilen, so folgt aus der Sozialpflichtigkeit des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Mietbesitzes, dass die anderen Mieter im Haus die Maßnahmen als sozialadäquat dulden müssen und zu einer Mietminderung nicht berechtigt sind.4 Der Vermieter kann die Erteilung der Erlaubnis von Auflagen abhängig machen. So kann er verlangen, dass die Maßnahmen durch einen ausgewiesenen Fachhandwerker durchgeführt werden, soweit Belange der Sicherheit (Statik, Elektrik, Sanitär) und der äußeren Gestaltung (Bauausführung) berührt werden.5 Ferner kann er den Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung und eine Freihalteerklärung gegenüber etwaigen Ansprüchen Dritter verlangen. Vor allem kann er verlangen, dass der Mieter eine Mietsicherheit für die Kosten und Folgen des Rückbaus leistet (§ 554a Abs. 2 BGB). Er ist hierbei nicht an die Grenze von drei Nettomieten gebunden, kann also eine zusätzliche Mietsicherheit auch dann fordern, wenn der Mieter bereits eine Kaution bis zur Höchstgrenze geleistet hat. Der Mieter ist zu einer Ratenzahlung nicht

1 Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. 14/5663 S. 78, weitere Beispiele s. zu § 554a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 6; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 6. 2 Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. 14/5663 S. 78; zu einzelnen Abwägungskriterien s. auch Rips in FS Derleder, 2005, S. 289, 294. 3 Das betrifft etwa Behinderungen durch die Bau- und Installationsarbeiten oder spätere Nutzungsbeeinträchtigungen, denen jedoch das Toleranzgebot gegenübersteht. 4 S. zu § 554a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 22; Staudinger/Rolfs Rn. 20; Mersson NZM 2002, 313, 318. 5 S. zu § 554a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 11; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 19.

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Rn. VI 98

Mietgebrauch

berechtigt. Die Höhe der Mietsicherheit richtet sich nach den voraussichtlichen Kosten des Rückbaus. Dies schließt ein Aufrunden des Betrages bis etwa 10% wegen späterer Kostensteigerungen ein.1 Der Vermieter hat die Mietsicherheit getrennt von seinem Vermögen anzulegen und zu verzinsen (§§ 551 Abs. 3, 554a Abs. 2 BGB). Besteht Streit über die Angemessenheit der Höhe der Mietsicherheit, so treffen Darlegungs- und Beweislast den Vermieter,2 LG Hamburg ZMR 2004, 914.

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Über die Mietsicherheit ist spätestens angemessene Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses abzurechnen (s. dazu Rn. III 193, 195). Eine Pflicht zur Abrechnung zu einem früheren Zeitpunkt besteht dann, wenn die Baumaßnahmen wieder zurückgebaut oder die Einrichtungen entfernt werden, bevor das Mietverhältnis beendet ist, etwa weil die behinderte Bedarfsperson verstorben oder aus der Wohnung ausgezogen ist. Der Vermieter soll auch bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht berechtigt sein, die zweckgebundene Mietsicherheit mit anderen Forderungen als denen, die aus dem Rückbau folgen, zu verrechnen.3 Unbenommen soll ihm aber bleiben, seine (sonstigen) Forderungen zu titulieren, den Anspruch des Mieters auf Rückerstattung der besonderen Mietsicherheit zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen. Das erscheint konstruiert und unwirtschaftlich. Da es sich bei dem Rückforderungsanspruch des Mieters um eine einfache Geldforderung handelt, muss dem Vermieter die Aufrechnung unter den allgemeinen Voraussetzungen gestattet sein.4 Folgelasten, die sich aus der Maßnahme ergeben – wie Betriebskosten, Wartungs- oder Reparaturkosten –, hat der Mieter zu tragen. Ihn trifft bei Beendigung des Mietverhältnisses auch die Rückbaupflicht.5 Die Regelung der Barrierefreiheit entfaltet Fernwirkung auf andere Nutzungsmöglichkeiten, auf die der (behinderte) Mieter angewiesen ist, z.B. was das Abstellen von Gehhilfen u.Ä. im Treppenhaus anbelangt (s. dazu Rn. VI 144, 146). Darüber hinaus ist der Rechtsgedanke der Vorschrift auch auf solche Fälle zu erstrecken, in denen der Mieter auf Grund seiner sozialen Verhältnisse darauf angewiesen ist, die Grenzen des Mietgebrauchs zu überschreiten und Sondernutzungen zu beanspruchen (z.B. Abstellen von Kinderwagen auf Gemeinschaftsflächen, s. Rn. VI 145 f.).

1 Blank/Börstinghaus BGB § 554a Rn. 14; Drasdo WuM 2002, 123; Mersson NZM 2002, 313, 317; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 60; a.A. zu § 554a BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 24. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554a Rn. 62. 3 So zu § 554a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 16; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 64; Geldmacher DWW 2002, 182, 183; Mersson NZM 2002, 313, 317. 4 Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 554a Rn. 25. 5 S. zu § 554a BGB: Emmerich/Sonnenschein/Rolfs Rn. 12; MünchKomm/Schilling Rn. 22.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 99

b) Radio und Fernsehen aa) Anspruch auf Grundversorgung Allgemein anerkannt ist, dass der Mieter einen Anspruch darauf hat, dass der Vermieter eine Grundversorgung für den Empfang von Rundfunk- und Fernsehprogrammen gewährt.1 Der Anspruch erschöpft sich jedoch darin, dass dem Mieter die Möglichkeit zur Teilhabe am Telekommunikationsverkehr und zur Informationsversorgung – notfalls auf eigene Kosten – gegeben wird, hat also keine Ausstattungs- oder Installationspflicht des Vermieters zum Inhalt. So wird einerseits ein Anspruch des Mieters auf Umrüstung auf Kabelfernsehen durch den Vermieter verneint (AG Göttingen DWW 1989, 231, AG Hamburg WuM 1989, 557, WuM 1990, 70), ebenso auf Umrüstung einer Gemeinschaftsantenne zum Empfang neuer Sender (AG Düsseldorf WuM 1990, 423).2 Ebenso wenig hat der Mieter einen Anspruch auf Umrüstung auf das digitale Fernsehen,3 auf die Bereitstellung einer hausweiten Empfangsanlage oder gar, dass ihm eine Set-Top-Box zur Verfügung gestellt wird, LG Berlin GE 2003, 1613, AG Berlin-Mitte NZM 2005, 104: keine Pflicht des Vermieters, nach der Umstellung von analogem auf digitales Fernsehen die über die Dachantenne empfangenen digitalen Signale in analoge Signale umzuwandeln.

Das gilt insbesondere für den Anspruch eines ausländischen Mieters auf Erlaubnis zur Installation einer Parabolantenne (s. Rn. VI 117). Andererseits hat der Mieter einen Anspruch darauf, eine Einzelantenne (Hochantenne) außerhalb der Mieträume anzubringen, solange keine ausreichende Gemeinschaftsantenne vorhanden ist,4 BayObLG – RE v. 19.1.1981 – NJW 1981, 1275 = WuM 1981, 80.

Auch ist der Mieter berechtigt, die Verkabelung auf eigene Kosten durchzuführen, LG Berlin DWW 1990, 206.

Zum Anspruch des Mieters auf Zustimmung des Vermieters zur Heranführung des Breitbandkabelnetzes vom schon vorhandenen Hausanschluss zur Mietwohnung s. LG Heilbronn ZMR 1991, 388, 390. 1 S. zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 433; Staudinger/Emmerich Rn. 45; Drasdo WuM 2006, 279, 281. 2 Demgegenüber ist der Vermieter berechtigt, eine Verkabelung durchzuführen, da es sich hierbei um eine Modernisierungsmaßnahme handelt (so auch BGH – Urt. v. 15.5.1991 – WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290, 294); jedoch darf er die Empfangsqualität (auch im Mittelwellenbereich) nicht verschlechtern (KG – RE v. 27.6.1985 – NJW 1985, 2031 zum Umfang der Duldungspflicht). Das Gleiche gilt für den Anschluss des Mietgebäudes an das rückkanalfähige Breitbandkabelnetz im Empfangsbereich des terrestrischen Digitalfernsehens (BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 697 = WuM 2005, 576 = ZMR 2005, 851 zum Duldungsanspruch des Vermieters nach § 554 Abs. 2 BGB). 3 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 433; ferner Drasdo WuM 2006, 279, 284 zum Anspruch auf Duldung und Mieterhöhung wegen Modernisierung. 4 S. Drasdo WuM 2006, 279; Gather DWW 2003, 174, 175; Horst NJW 2005, 2654; Maaß/Hitpass NZM 2003, 181.

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Rn. VI 100

Mietgebrauch

Zum Anspruch des Mieters, eine Parabolantenne zu installieren, s. Rn. VI 101 f. 100

Ist eine Gemeinschaftsantennenanlage vorhanden, so hat der Mieter einen Anspruch auf Erlaubnis, die Antennenanlage zu erweitern (LG Hamburg WuM 1990, 422). Ihm kann nicht entgegengehalten werden, dass er mittels der vorhandenen Anlage die ortsüblichen Programme empfangen könne. Das widerspräche dem Grundrecht der Informationsfreiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Eine Informationsquelle ist allgemein zugänglich, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, einem individuell nicht eingegrenzten Personenkreis – der Allgemeinheit – Informationen zu vermitteln. Daran ändert nichts, dass die Information u.U. nur mit überdurchschnittlichem Aufwand empfangen werden können. Das Recht des Mieters ist aber nicht schrankenlos: Sofern eine Gemeinschaftsanlage vorhanden ist, benötigt er die Zustimmung des Vermieters. Diesem steht bei ihrer Erteilung ein Ermessen nach den Kriterien des RE des BayObLG v. 19.1.1981 (MDR 1981, 583 = NJW 1981, 1275 = WM 1981, 80, Rn. VI 46) zu, BVerfG – Beschl. v. 15.10.1991 – WM 1991, 573 = ZMR 1992, 15.

Dieser Beschluss ist auch maßgeblich für die Bewertung, ob der Mieter berechtigt ist, eine Parabolantenne zu installieren. Die Formularklausel „Das Gebäude, in welchem sich die Wohnung befindet, ist mit einer Gemeinschaftsantenne für Rundfunk und Fernsehen ausgerüstet. Der Mieter darf keine eigene, außen sichtbare Antenne anbringen“ ist wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam (a.A. LG Kempten DWW 1993, 366), da sie der neuen Rspr. des BVerfG nicht Rechnung trägt und das Ergebnis einer Interessenabwägung zu Lasten des Mieters vorwegnimmt. Da die Klausel nicht zwischen deutschen und ausländischen Mietern unterscheidet und daher nicht trennbar ist, ist sie insgesamt unwirksam, s. auch BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 597 = WuM 2007, 381.1

bb) Anspruch des Mieters auf Installation einer Parabolantenne 101

Es hängt von einer Rechtsgüterabwägung – Unversehrtheit des Vermietereigentums (Art. 14 GG) und Informationsfreiheit zu Gunsten des Mieters (Art. 5 GG) – ab, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Mieter ein Anspruch auf Erlaubnis zur Installation einer Parabolantenne zusteht. Darüber hinaus kann auch der Schutz der Glaubensfreiheit nach Art. 4 GG in die Güterabwägung einbezogen werden, jedoch nur dann, soweit er die Ausübung der Religion und nicht nur die Informationsvermittlung über den Glauben betrifft, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187 = MietRB 2008, 1 (Lützenkirchen). 1 Die Klausel lautet: „Ist die Wohnung an eine Gemeinschaftsantenne oder an eine mit einem Breitbandkabelnetz verbundene Verteileranlage angeschlossen, darf der Mieter außerhalb seiner Wohnung keine eigene Antenne für Hörfunk oder Fernsehen anbringen.“

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 103

Im Allgemeinen kann der Mieter von Wohnraum vom vermietenden Hauseigentümer, der nicht in demselben Haus wohnt, verlangen, dass er die baurechtlich zulässige, von einem Fachmann ausgeführte Installation einer möglichst unauffälligen, technisch geeigneten Parabolantenne an einem für den Empfang der Satellitenprogramme tauglichen Ort gestattet, an dem sie optisch am wenigsten stört, sofern das Haus weder eine Gemeinschaftsparabolantenne noch einen Breitbandkabelanschluss hat und ungewiss ist, ob ein solcher Anschluss verlegt werden wird, und der Mieter den Vermieter von allen dabei anfallenden Kosten und Gebühren freistellt, OLG Frankfurt a. M. – RE v. 22.7.1992 – MDR 1992, 869 = WM 1992, 458.

Ein Übergewicht zu Gunsten der Informationsfreiheit des Mieters, dem gegenüber das Eigentumsrecht des Vermieters grundsätzlich zurücktreten müsste (so noch OLG Frankfurt a.M. a.a.O.), besteht zwar nicht von vornherein und lässt sich auch nicht aus dem Recht der EU ableiten,

102

BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187 = MietRB 2008, 1 (Lützenkirchen); zweifelnd BGH – Beschl. v. 22.1.2007 – BGHZ 157, 322 = NJW 2004, 937, 940 = NZM 2004, 227, s. auch Rn. VI 106.

Jedoch benötigt der Vermieter sachbezogene Gründe, um die Erlaubnis zu versagen. Sie orientieren sich an den im Rechtsentscheid des BayObLG v. 19.1.1981 (NJW 1981, 1275 = WM 1981, 80 = ZMR 1982, 84) aufgezählten Kriterien (vgl. Rn. VI 46). Die mögliche optische Beeinträchtigung des Gebäudes hat zunehmend an Gewicht gewonnen. Auch ist der Vermieter berechtigt, den für den Empfang – allerdings auch geeigneten – Ort zu bestimmen, an dem die Parabolantenne installiert wird und am wenigsten stört. Indes soll eine Beeinträchtigung des Vermieters weitgehend ausscheiden, wenn dieser – wie ein Wohnungsunternehmen – keinen direkten Kontakt zu der Wohnung des Mieters hat. Der Gefahr eines „Antennenwaldes“ kann der Vermieter dadurch begegnen, dass er einen Breitbandkabelanschluss herstellen lässt. Sofern es sich um eine vermietete Eigentumswohnung handelt, muss der Vermieter einen Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Zustimmung zum Anbringen einer Parabolantenne haben (OLG Frankfurt a.M. a.a.O.). Auch soll der Vermieter berechtigt sein, die Erteilung der Erlaubnis davon abhängig zu machen, dass der Mieter eine Mietsicherheit für die Folgen des Rückbaus leistet (s. auch Rn. VI 63, 63a), LG Dortmund NZM 2000, 544 im Anschluss an OLG Karlsruhe – RE v. 24.8.1993 – DWW 1993, 294 = WuM 1993, 525 = ZMR 1993, 511.

Es entspricht gefestigter Rspr., dass ein Anspruch insbesondere des deutschen Mieters, eine Parabolantenne zu installieren, in der Regel jedenfalls dann nicht besteht, wenn das Mietgebäude über einen Breitbandkabelanschluss verfügt oder der Vermieter einen solchen in absehbarer Zeit verlegen wird, vgl. BGH – Urt. v. 17.4.2007 – WuM 2007, 380 = ZMR 2007, 676: Ist die Mietwohnung an das Breitbandkabel angeschlossen, ist regelmäßig ein Grund zur Versagung der Genehmigung zur Installation einer Parabolantenne am Gebäude gegeben. Dies

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103

Rn. VI 104

Mietgebrauch

gilt auch für Ausländer, die Programme ihrer Heimatländer über digitales Kabelprogramm zur Befriedigung ihres Informationsinteresses empfangen können; BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 597 Tz. 15 = WuM 2007, 381: Bei der Verfügbarkeit eines Kabelanschlusses ist regelmäßig ein sachbezogener Grund zur Versagung der Genehmigung einer zusätzlichen Parabolantenne gegeben; OLG Naumburg – Urt. v. 28.10.1993 – DWW 1994, 22, LG Chemnitz NZM 2000, 960.

Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, BVerfG – Beschl. v. 10.3.1993 – MDR 1993, 533 = WM 1993, 229 = ZMR 1993, 259, BVerfG – Beschl. v. 16.4.1993 – WM 1993, 231, BVerfG – Beschl. v. 14.2.2005 – WuM 2007, 379: Ist die Wohnung mit Breitbandkabelanschluss ausgestattet, der digitale Zusatzprogramme empfangen lässt, ist regelmäßig ein sachbezogener Grund gegeben, dass der Vermieter dem Mieter die Installation einer Parabolantenne am Gebäude nicht erlaubt,

und gilt auch für das Wohnungseigentumsrecht, BVerfG – Beschl. v. 13.3.1995 – DWW 1995, 186 = ZMR 1995, 241, BGH – Beschl. v. 22.1.2004 – MDR 2004, 563 = NZM 2004, 227.

104

Bei der gebotenen Interessenabwägung kann ein besonderes Informationsinteresse des Mieters, das beruflich begründet ist, zu einem anderen Ergebnis führen, LG Baden-Baden WuM 1997, 430, s. auch VerfGH Berlin – Beschl. v. 2.7.2007 – GE 2007, 1178 unter Hinweis auf BVerfGE 90, 27, 37; a.A. LG Chemnitz NZM 2000, 960, AG Frankfurt a.M. ZMR 2005, 458, ZMR 2006, 449.

Allerdings ist auch zu berücksichtigen, ob der Mieter das Informationsbedürfnis durch andere technische Ausweichmöglichkeiten, etwa Anschaffung eines Decoders und Einspeisung von kostenpflichtigen Paketen im digitalen Kabelprogramm, oder auch durch einen Internet-Zugang befriedigen kann (s. Rn. VI 123). 105

Hat der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, so darf sie der Vermieter nicht von unzulässigen Bedingungen abgängig machen, z.B. Installation und künftige Wartung durch einen von ihm bestimmten Handwerker, AG Hannover WuM 1999, 328.

Hat der Mieter einen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm einen Standort zuweist, um eine Parabolantenne zu installieren, so darf der Vermieter das Bestimmungsrecht nicht so ausüben, dass das Recht des Mieters auf Installation einer solchen Antenne praktisch ausgehöhlt wird,1 LG Hamburg (ZK 34) WuM 1998, 277.

106

Es ist angesichts des technischen Fortschritts in Zweifel gezogen worden, ob das im Kabelnetz verfügbare Medienangebot die Meinungsvielfalt noch hinrei1 Zum Fall: Der Mieter hatte die Antenne am Balkon zum Hinterhof angebracht, was nur zu einer – auch optisch – sehr geringfügigen Beeinträchtigung des Eigentumsrechts des Vermieters führte; dieser verlangte eine Umsetzung auf das Dach.

766

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 107

chend widerspiegelt. Genährt werden diese Zweifel durch die Mitteilung der EU-Kommission über die Nutzung von Parabolantennen v. 27.6.2001.1 Nach diesem Positionspapier der Kommission soll jeder EU-Bürger einen Anspruch darauf haben, sein persönliches Fernsehprogramm empfangen zu können. Das entspreche dem freien Dienstleistungs- und Warenverkehr. Die Wahl zwischen den verschiedenen Empfangsmitteln soll dem Nutzer freigestellt sein. Jede behindernde oder einschränkende (staatliche) Maßnahme müsse mit Art. 49 ff. EG-Vertrag vereinbar sein. Die Mitteilung der Kommission hat aber keine Rechtsnormqualität, sondern dient nur der Interpretation von Gemeinschaftsrecht. Die deutschen Gerichte können sie zum Anlass für eine Vorlage an den EuGH nehmen; jedoch hat sie in der bisherigen Rspr. keinen erkennbaren Niederschlag gefunden, s. aber jeweils zum Wohnungseigentumsrecht, BGH (V. Zivilsenat) – Beschl. v. 22.1.2004 – BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = NJW 2004, 937, 940 = NZM 2004, 227: Die Mitteilung der Kommission könnte dazu führen, dass in weiter gehendem Umfang als bisher anerkannt, (auch) deutsche Wohnungsnutzer nicht länger auf einen vorhandenen Kabelanschluss verwiesen werden können;2 OLG Zweibrücken – Beschl. v. 25.9.2006 – NZM 2006, 937: Es ist möglich, dass einem deutschen Wohnungsnutzer ein Informationsgrundrecht im Hinblick auf fremdsprachige Programme nicht ohne weiteres versagt werden kann, selbst wenn er daran kein berufliches Interesse hat, wie etwa ein Übersetzer und Dolmetscher, sondern diese privat nutzen will. Im Hinblick auf das Zusammenwachsen Europas, den zunehmenden internationalen Austausch und die Globalisierung der Arbeitsmärkte kann es genügen, wenn ein deutscher Wohnungsnutzer die Programme ausländischer Sender etwa auf Grund eines abstrakten Fortbildungsinteresses oder zur Verbreiterung seiner Kommunikationsfähigkeiten empfangen will;

andererseits zum Wohnraummietrecht BGH (VIII. Zivilsenat) – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195: Ein grundsätzlicher Vorrang des Informationsinteresses des Mieters vor den Eigentumsinteressen des Vermieters ergibt sich nicht aus dem Recht der EG.

aaa) Besonderheiten bei vermietetem Wohnungseigentum Der Mieter einer Eigentumswohnung hat lediglich Ansprüche gegenüber seinem Vermieter, nicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft. Hat er eine Parabolantenne installiert, so kann er sich gegenüber dem Begehren der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Beseitigung einer Parabolantenne gemäß §§ 823, 1004 BGB nicht auf das Grundrecht der Informationsfreiheit nach Art. 5 GG berufen. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, den Mieter einer Eigentumswohnung zur Durchführung seines Anspruchs auf Installation einer Parabolantenne am Gemeinschaftseigentum darauf zu verweisen, den vermietenden Wohnungseigentümer zu verklagen, BVerfG – Beschl. der 3. Kammer v. 11.7.1996 – GE 1996, 1108 = WM 1996, 608 = ZMR 1996, 534. Zwar ist im Verhältnis zwischen Mieter und vermietendem Woh-

1 S. dazu Dörr WuM 2003, 347; Maaß/Hitpass NZM 2003, 181, 183. 2 Diese Einschätzung teilen auch Maaß/Hitpass NZM 2003, 181, 184.

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Rn. VI 108

Mietgebrauch

nungseigentümer als auch im Verhältnis zwischen Letzterem und den übrigen Wohnungseigentümern oder der Eigentümergemeinschaft Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bei der Anwendung einfachen Rechts Geltung zu verschaffen. Das einfache Recht eröffnet indes Wege, den Wertgehalt der Informationsfreiheit auch in diesem Verhältnis zu berücksichtigen. Der Mieter kann den Vermieter, gestützt auf §§ 535, 536, 242 BGB, darauf in Anspruch nehmen, dass er eine ihm selbst gegenüber bestehende Duldungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer (§ 14 Nr. 3 WEG) einfordert und ggf. gerichtlich klären lässt. Das führt nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bei Mietern von Eigentumswohnungen und Mietern anderer Wohnungen; denn die Vermietung einer Eigentumswohnung berührt zwangsläufig auch die Rechte der anderen Wohnungseigentümer, was eine Differenzierung rechtfertigt.

108

Probleme können sich beim vermieteten Wohnungseigentum ergeben, wenn die Teilungsanordnung oder ein WE-Beschluss vorsieht, dass Parabolantennen nicht angebracht werden dürfen, der Mieter sich jedoch auf ein solches Recht beruft. Der Vermieter ist an die Teilungsanordnung oder Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft gebunden. Ob und wie er sie gegenüber seinem Mieter umsetzen kann, ist mietvertraglich zu klären, OLG Köln – Beschl. v. 5.11.2004 – NZM 2005, 223: Hat die Gemeinschaft unangefochten mit Mehrheit beschlossen, dass nicht genehmigt angebrachte Parabolantennen zu beseitigen seien, so kann sich ein Eigentümer später nicht darauf berufen, der ausländische Mieter seiner Wohnung benötige die Antennenanlage zum Empfang von Sendern aus seinem Heimatland. Im Unterlassen der Anfechtung des Beseitigungsbeschlusses liegt der Verzicht auf den ansonsten gegebenen Anspruch auf Duldung der Satellitenanlage. Dass der Vermieter sich durch einen solchen Verzicht seinen Mietern gegenüber u.U. schadensersatzpflichtig macht, beeinträchtigt die Ansprüche der übrigen Eigentümer ihm gegenüber nicht.

bbb) Erlaubniswiderruf und Entfernungspflicht 109

Hat der Mieter eine Parabolantenne mit Erlaubnis des Vermieters installiert, weil ein Breitbandkabelanschluss nicht vorhanden war, und wird später ein solcher Anschluss hergestellt, der eine Programmvielfalt ermöglicht, so kann fraglich sein, ob der Vermieter nunmehr die Entfernung der Parabolantenne verlangen kann. Die Frage ist zu bejahen, wenn er die Erlaubnis an diese Bedingung geknüpft hat. Fehlt eine solche Bedingung, so käme allenfalls eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung oder eine Abänderung nach den Grundsätzen über die veränderte Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht. Eine solche Veränderung ist anzunehmen, wenn nachträglich Umstände eintreten, bei deren früherem Vorliegen die Erlaubnis nicht oder nur mit anderem Inhalt erteilt worden wäre, großzügiger LG Gera WM 1994, 523: Ist eine Wohnung an das Breitbandkabelnetz angeschlossen, so dass der Mieter 22 Fernsehprogramme empfangen kann, so ist der Vermieter in der Regel berechtigt, die Entfernung der vom Mieter am Gebäude angebrachten Außen-Parabolantenne zu verlangen. Das gilt grundsätzlich auch, wenn der Mieter die Parabolantenne vor der Verkabelung installiert hat; AG Oberhausen DWW 1996, 56: Hat der Vermieter die Anbringung einer Parabolantenne gestattet, als das Haus noch nicht an das Kabelnetz angeschlossen war, so darf er die Erlaubnis aus wichtigem Grund – nämlich wegen der optischen Beeinträchtigung – widerrufen, nachdem der Anschluss erfolgt ist.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 114

Entsprechend verhält es sich, wenn der Vermieter eine Gemeinschaftsparabolantenne installiert, die das Informationsrecht des Mieters gewährleistet (s. dazu Rn. VI 118), und er für die Entfernung der vom Mieter installierten Parabolantenne erhebliche Gründe hat, etwa die Beseitigung einer optischen und ästhetischen Beeinträchtigung der Fassade,

110

LG Kaiserslautern NZM 2005, 739.

Zu fragen ist, ob ein Entfernungsanspruch des Vermieters daraus abgeleitet werden kann, dass unter Berücksichtigung des heutigen technischen Entwicklungsstandes durch Anschaffung eines Decoders und eines Zusatzprogramms für das digitale Kabelfernsehen eine Programmvielfalt ermöglicht wird, die dem Informationsbedürfnis des Mieters bei objektiver Wertung und unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Vermieters genügt.1

111

Auch in diesem Zusammenhang wird man darauf abstellen müssen, ob der Mieter vor der Installation der Parabolantenne die Erlaubnis des Vermieters eingeholt, dieser es aber unterlassen hat, einen Entfernungsvorbehalt zu machen, oder ob der Mieter eigenmächtig gehandelt hat und der Vermieter die Parabolantenne wegen des Informationsrechts des Mieters hinnehmen musste, ohne Auflagen gemacht oder Gelegenheit hierzu gehabt zu haben. Nur in letzterem Fall wird ein Entfernungsanspruch gewährt werden können.

112

ccc) Ausländerprivileg Auch für den ausländischen Mieter gilt zunächst, dass ein Anspruch auf Installation einer Parabolantenne nicht besteht, wenn ein Kabelanschluss vorhanden ist, über den ein ausreichender Zugang zu Programmen in seiner Sprache und aus seinem Heimatland besteht,

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BVerfG – Beschl. v. 24.1.2005 – NJW-RR 2005, 661 = WuM 2005, 235 = ZMR 2005, 932, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195, BGH – Urt. v. 17.4.2007 – WuM 2007, 380 = ZMR 2007, 676, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 597 Tz. 15 = WuM 2007, 381.

Anders verhält es sich dann, wenn über den Breitbandkabelanschluss keine Programme aus dem Heimatland dieser Mieter angeboten werden. Gleichgestellt ist, dass keine ausreichende Programmvielfalt besteht. In diesen Fällen kann ein ausländischer Mieter in der Regel vom Vermieter verlangen, dass er die baurechtlich zulässige, von einem Fachmann ausgeführte Installation einer möglichst unauffälligen, technisch geeigneten Parabolantenne an einem für den Empfang von Satellitenprogrammen aus seinem Heimatland tauglichen Ort gestattet, an dem sie nach Einschätzung des Vermieters am wenigsten stört, sofern – mit der Anbringung kein erheblicher Eingriff in die Bausubstanz verbunden ist, 1 S. dazu Drasdo WuM 2006, 279, 283.

769

114

Rn. VI 115

Mietgebrauch

– der Mieter den Vermieter von allen anfallenden Kosten und Gebühren freistellt, – der Mieter das Haftungsrisiko des Vermieters abdeckt und – ihm auf dessen Verlangen Sicherheit leistet für die voraussichtlichen Kosten der Wiederentfernung der Anlage, OLG Karlsruhe – RE v. 24.8.1993 – DWW 1993, 294 = WuM 1993, 525 = ZMR 1993, 511,

– jedenfalls die Grundversorgung gesichert ist (s. dazu Rn. VI 117, 118). 115

Dem ist von der früheren Rspr. (s. nur LG Aachen MDR 1993, 234) entgegengehalten worden, dass dem Informationsbedürfnis des ausländischen Mieters dann hinreichend Rechnung getragen werde, wenn auch nur ein Programm des Heimatlandes in das Breitbandkabelnetz eingespeist werde, und dass ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliege, wenn einem ausländischen Mieter die Installation einer Parabolantenne erlaubt, dem deutschen Mieter aber versagt werde; dadurch werde zudem der Hausfrieden gestört. Diesen Argumenten ist das BVerfG überzeugend entgegengetreten. In Fortführung seiner bisherigen Rspr. hat es ausgeführt, dass zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen auch ausländische Rundfunk- und Fernsehprogramme gehören. Soweit der Empfang von technischen Anlagen abhängt, die eine allgemein zugängliche Informationsquelle erst erschließen, erstreckt sich der Grundrechtsschutz auch auf die Beschaffung und Benutzung solcher Anlagen. Verfassungswidrig ist bereits, den Anspruch des Mieters auf Erlaubnis, eine Parabolantenne zu installieren, als Sondernutzung zu qualifizieren. Das BVerfG hält daran fest, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, im Regelfall einen Anspruch des Mieters auf Zustimmung des Vermieters zur Errichtung einer Parabolantenne zu verneinen, wenn dieser einen Kabelanschluss bereithält. Das Interesse ständig in Deutschland lebender Ausländer am Empfang von Heimatprogrammen ist aber bei der gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt nicht vor, wenn dem ausländischen Mieter die Erlaubnis erteilt wird, dem deutschen Mieter aber nicht. Der ausländische Mieter darf nicht auf andere Informationsmöglichkeiten wie Hörfunk, Zeitungen, aber auch nicht auf die ohne Parabolantenne empfangbaren Fernsehprogramme verwiesen werden, wenn hierdurch nicht die Grundversorgung gesichert ist, etwa wenn nur ein ausländisches Fernsehprogramm über das Kabelnetz empfangen werden kann, BVerfG – Beschl. v. 9.2.1994 – DWW 1994, 148 = MDR 1994, 547 = WuM 1994, 251,1 BVerfG – Beschl. v. 9.6.1994 – NJW 1994, 2143, BVerfG – Beschl. v. 14.2.2005 – WuM 2007, 379: kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung, wenn der Vermieter einem Mieter ausländischer Herkunft die Installation gestattet, einem deutschen Mieter dagegen nicht (s. auch Rn. VI 47 f.).

Das Argument des Vermieters, er müsse bei Erteilung der Erlaubnis seinen anderen Mietern erläutern, warum er nur den ausländischen Mietern eine 1 Dazu Schmittmann MDR 1994, 548.

770

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 117

Erlaubnis erteile, was den Hausfrieden gefährde, hat das BVerfG nicht gelten lassen, BVerfG – Beschl. v. 30.6.1994 – NJW-RR 1994, 1232.

In die gebotene Abwägung von Vermieter- und Mieterinteressen ist neben dem grundrechtlich geschützten Informationsinteresse des Mieters auch das Grundrecht der Glaubens- und Religionsfreiheit zu berücksichtigen. Dieses wird in vorliegendem Zusammenhang nur berührt, wenn die nur über eine Parabolantenne empfangbaren Programme über die reine Informationsvermittlung hinaus dem Mieter die Gelegenheit zur Ausübung seiner Religion oder zur Teilhabe an seiner Kultur gewähren,

116

BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187.1

Ferner sind folgende Gesichtspunkte in die Interessenabwägung einzubeziehen, – dass zahlreiche Mieter einer Wirtschaftseinheit auf Grund ihrer jeweiligen besonderen Umstände ein berechtigtes Interesse an der Installation einer eigenen Parabolantenne haben und dieses Interesse sich nicht durch eine Gemeinschaftsanlage befriedigen lässt, – in welchem Umfang der Mieter bereits Programme seines Heimatlandes ohne Parabolantenne empfangen kann (BVerfG – Beschl. v. 9.2.1994 – WM 1994, 251), – dass der Vermieter berechtigt ist, seine Zustimmung von der Bedingung abhängig zu machen, dass der Mieter die Vorgaben des Baurechts und des Denkmalschutzes beachtet (BVerfG – Beschl. v. 21.6.1994 – NJW-RR 1994, 1232). In letzterem Fall muss allerdings geprüft werden, ob denkmalschutzrechtliche Beschränkungen überhaupt bestehen und der Vermieter deren Beachtung dem Mieter aufgegeben hat, BVerfG a.a.O. Auch sonst erhebliche ästhetische Gesichtspunkte sollen beachtet werden, LG Konstanz WuM 2002, 210: Der aus Kasachstan stammende deutsche Mieter hat keinen Anspruch auf die Installation einer Parabolantenne an der Außenfront eines „traditionell-harmonisch gestalteten“ Giebelhauses, wenn das Wohnhaus verkabelt ist und ein besonderes Informationsbedürfnis des Mieters nicht ersichtlich ist.

Der Anspruch des ausländischen Mieters ist auf eine Grundversorgung beschränkt. Er kann also nicht schon damit begründet werden, dass über eine Satellitenempfangsanlage im Vergleich zum Breitbandkabelanschluss eine größere Anzahl von Programmen empfangen werden kann. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der vorhandene Kabelanschluss – ggf. mittels technischer Erweiterungen (s. Rn. VI 123) – es ermöglicht, ihm ausreichenden Zugang zu Programmen in seiner Sprache und aus seinem Heimatland zu gewähren,

1 Zum Fall: Das Gebäude ist an das Breitbandkabelnetz angeschlossen; der Mieter kann mittels eines Digitalreceivers 6 türkisch-sprachige staatliche Sender empfangen. Sendungen mit Inhalten alevitischen Glaubens können hierüber aber nicht empfangen werden.

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117

Rn. VI 118

Mietgebrauch

BVerfG – Beschl. v. 24.1.2005 – NJW-RR 2005, 661 = WuM 2005, 235 = ZMR 2005, 932, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195, BGH – Urt. v. 17.4.2007 – WuM 2007, 380 = ZMR 2007, 676.

118

Eine Empfangsmöglichkeit von 5–6 Heimatsendern ist für ausreichend gehalten worden, um dem Informationsinteresse des Mieters zu genügen, wobei es sich aber nicht um die Mindestanzahl der empfangbaren Sender handelt, BGH – Urt. v. 2.3.2005 – NZM 2005, 335 = WuM 2005, 237 = ZMR 2005, 436: 5 Sender, BGH – Urt. v. 17.4.2007 – WuM 2007, 380 = ZMR 2007, 676: 3 Heimatprogramme über einen Decoder und 4 weitere Heimatsender mit Hilfe eines zusätzlich zum Decoder zu erwerbenden Schlüssels, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187 = MietRB 2008, 1 (Lützenkirchen): 6 Heimatprogramme mittels eines Digitalreceivers, BVerfG – Beschl. v. 24.1.2005 – NZM 2005, 252 = WuM 2005, 235 = ZMR 2005, 932, VerfGH Berlin – Beschl. v. 2.7.2007 – GE 2007, 1178: Die Auffassung, dass das Informationsbedürfnis eines polnischen Mieters am Empfang polnisch-sprachiger Sender durch zwei polnische Programme aus dem Breitbandkabelnetz nicht hinreichend befriedigt ist, hält sich im Rahmen der Rspr. des BVerfG; LG Berlin GE 2004, 1097, LG Düsseldorf NZM 2005, 861: jeweils 6 Sender.

Demgegenüber ist von einem Teil der Rspr. das allgemeine Informationsbedürfnis des Mieters überbetont worden, LG München I WuM 2002, 50: Ein türkischer Mieter hat einen Anspruch auf Installation einer Parabolantenne auch dann, wenn er bereits 4 Programme in türkischer Sprache empfangen kann, jedoch über die Parabolantenne 3 weitere Programme empfangen will, zumal deutsche Mieter über 30 Programme empfangen können. Ästhetische Gründe treten zurück, da in der Wohnanlage schon 14 Parabolantennen vorhanden sind. Die Möglichkeit einer Gemeinschaftsparabolantenne hat der Vermieter nicht angeboten; AG München/LG München I WuM 2004, 659: Ein türkischer Mieter kann nicht darauf verwiesen werden, an Stelle der beabsichtigten Installation einer Parabolantenne sich mit Kabelempfang und Zusatzgerät (Set-Top-Box) zu begnügen, wenn über Kabelanschluss nur ein türkisches Programm, bei Benutzung einer Set-Top-Box und unter Erwerb eines Abonnements eines Pay-TV-Anschlusses 6 Programme, über die Parabolantenne jedoch 65 Programme empfangen werden können, wobei am Gebäude ohnehin schon zwei Parabolantennen angebracht sind.

Das geht über den Anspruch auf Gewährung einer Grundversorgung (unter Einschluss technischer Ausweichmöglichkeiten) hinaus. Andererseits ist die Auffassung, es reiche aus, wenn der ausländische Mieter über Kabel und mittels eines Decoders zwei Programme empfangen könne (so LG Krefeld NZM 2007, 246 = WuM 2006, 676), zu eng.1 119

Das Ausländerprivileg besteht auch zu Gunsten des ausländischen Ehepartners und ggf. dessen Kinder eines deutschen Mieters; denn er nimmt deren Grundrechte im Mietverhältnis gleichsam wie ein Treuhänder wahr,2 1 So zu Recht Pfeilschifter WuM 2007, 187. 2 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 428.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 121

LG Wuppertal WuM 1997, 324, AG München/LG München I WuM 2004, 659 für gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten.

Der begünstigte Personenkreis wird auf diejenigen Mitbewohner des Mieters zu erstrecken sein, die in den Schutzbereich des Mietverhältnisses einbezogen sind. Auch deutschstämmige Aussiedler können sich auf das sog. Ausländerprivileg berufen, LG Landau NJW 1998, 214 = WuM 1998, 474: Der deutsche Staatsangehörige, der aus Polen stammt und der polnischen Sprache deutlich mächtiger ist als der deutschen, braucht die am Balkon angebrachte Parabolantenne nicht zu entfernen, wenn er – anders als mit dem vorhandenen Kabelanschluss – auch polnische Sender empfangen kann;1 einschränkend OLG Hamm – Beschl. v. 9.10.1997 – MDR 1998, 527, 529 für einen Spätaussiedler aus Oberschlesien, der seit 3 Jahrzehnten in Deutschland lebt; verneinend AG Dortmund NZM 1999, 221 für eine deutsche Spätaussiedlerin aus Polen, die seit 21 Jahren in Deutschland lebt.

Für die sog. Ausländerprivilegierung ist Streitpunkt, ob auf die formelle Staatsangehörigkeit des Mieters bzw. der Bedarfsperson oder auf deren kulturelle Verbundenheit mit dem Heimatland abzustellen ist.

120

Einerseits wird der Nationalität des Mieters und seiner kulturellen Identität bei Abwägung gegenüber dem Interesse des Vermieters auf Beibehaltung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses erhebliche Bedeutung zugemessen, LG Kleve ZMR 2000, 98.2

Die Verbundenheit mit den kulturellen und sprachlichen Wurzeln geht mit der Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht automatisch verloren,3 KG – Urt. v. 11.10.2007 – NZM 2008, 39 = WuM 2007, 618 = ZMR 2008, 207 = MietRB 2008, 1, 2 (Lützenkirchen), LG Wuppertal NZM 1999, 1043: Ein Ehepaar, bei dem die Ehefrau israelischer Herkunft ist, jedoch die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat, und der Ehemann der städtische Ansprechpartner für die jüdische Kultusgemeinde ist, hat – wenn über den Breitbandkabelanschluss kein israelischer Sender empfangen werden kann – gegen den Vermieter einen Anspruch auf Duldung der Installation einer Parabolantenne, die den Empfang eines israelischen Senders gestattet.

Auf eine gewillkürte, freiwillig angenommene kulturelle Identität kann es aber nicht ankommen,4 AG Reutlingen WuM 2006, 190. 1 Dazu Volmer NZM 1999, 205. 2 Zum Fall: Der Mieter ist Pole, der dauerhaft in Deutschland lebt und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt; die Ehefrau ist polnische Staatsangehörige. 3 Zum Fall: Der Vermieter hatte vietnamesischen Mietern das Anbringen einer Parabolantenne gestattet. Ein gleiches Recht dürften auch die Mieter in Anspruch nehmen, die als Ausländer nach Deutschland gekommen sind, aber zwischenzeitlich die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben. Kritisch dazu Eisenschmid WuM 2008, 78. 4 Zum Fall: Der Mieter einer Genossenschaftswohnung ist inländisch aufgewachsener Deutscher, der sich zum Islam bekannt hat.

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Rn. VI 122

Mietgebrauch

Für das Wohnungseigentum ist anerkannt, dass das Interesse dauerhaft in Deutschland lebender Ausländer als Wohnungseigentümer oder Mieter einer Eigentumswohnung an einer Parabolantenne als Voraussetzung für den Zugang zu Programmen ihres Heimatlandes in der Regel Vorrang vor dem geschützten Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an der auch optisch ungeschmälerten Erhaltung ihres Eigentums haben soll, BGH – Beschl. v. 22.1.2004 – BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = NJW 2004, 937, 940 = NZM 2004, 227, OLG Schleswig – Beschl. v. 12.2.2003 – NZM 2003, 558 = WuM 2003, 404 = ZMR 2004, 148.

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Andererseits stellt ein Teil der Rspr. auf die Staatsangehörigkeit ab, LG Berlin DWW 1995, 115: Ein Mieter mit deutscher Staatsangehörigkeit hat auch dann keinen Anspruch auf Erlaubnis, eine Parabolantenne zu installieren, wenn er jordanischer Volkszugehöriger ist und seine Kinder nach arabischen Wertvorstellungen erziehen will; AG Dortmund NZM 1999, 221: Eine deutsche Staatsbürgerin, die als Spätaussiedlerin aus Polen kam, 21 Jahre in Deutschland lebt und über Breitbandkabel in ihrer Wohnung einen polnischen Sender empfangen kann, hat – auch wenn sie nach ihren Angaben der deutschen Sprache noch nicht richtig mächtig ist – keinen Anspruch auf Gestattung, eine Parabolantenne anzubringen; LG Berlin GE 2004, 181: Ein ehemals ausländischer Mieter kann sich nach seiner Einbürgerung nicht auf die Rspr. des BVerfG berufen, wonach über das bestehende Kabelnetz hinaus ein Anspruch auf Anbringung einer Parabolantenne zur Information mit heimatsprachlichen Sendungen besteht; ebenso AG Frankfurt a.M. ZMR 2006, 449.

Für die stärker auf die Staatsangehörigkeit abstellende Auffassung sprechen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit: Wer sich in den deutschen Staatsverband begeben hat, unterliegt den gleichen Regeln wie jeder andere Deutsche auch. Gegen sie spricht die Globalisierung auch im kulturellen Bereich, wie sie etwa in der Mitteilung der EU-Kommission v. 27.6.2001 (s. Rn. VI 106) zum Ausdruck gelangt, vor allem aber das Gewicht der Garantie der individuellen Freiheit, die sich in der grundrechts-geschützten Informationsfreiheit wiederfindet. ddd) Technische Ausweichmöglichkeiten 123

In neuerer Zeit wird darauf abgestellt, ob der (deutsche oder ausländische) Mieter technische Ausweichmöglichkeiten hat. So hat ein ausländischer Mieter keinen Anspruch auf Erlaubnis, eine Parabolantenne zu installieren, wenn er Fremdprogramme auch mittels einer SET-TOP-Box und einer Smart-Card empfangen kann. Das gilt insbesondere, wenn das Gesamtbild der Gebäudefassade durch den Parabolspiegel erheblich beeinträchtigt würde, selbst wenn der Eingriff in die Gebäudesubstanz geringfügig ist, BGH – Urt. v. 2.3.2005 – DWW 2005, 104 = NZM 2005, 335 = WuM 2005, 237 = ZMR 2005, 436 in Bestätigung von LG Magdeburg ZMR 2004, 757,1 1 Zum Fall: Durch Erwerb eines Programmpakets „Digi-Kabel Rus“ kann der Mieter mittels eines Decoders 5 heimatsprachliche Sender empfangen und hat daher keinen Anspruch darauf, eine Parabolantenne zu installieren. S. dazu Pfeifer WuM 2005, 512.

774

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 124

BGH – Urt. v. 17.4.2007 – WuM 2007, 380 = ZMR 2007, 676: Das Informationsinteresse des (spanischen) Mieters wird befriedigt dadurch, dass er über einen Decoder 3 spanische Sender und mit Hilfe eines zusätzlich zum Decoder zu erwerbenden Schlüssels weitere 4 spanische Sender empfangen kann; BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187.1

Dem kann der Mieter die Anschaffungskosten nicht entgegenhalten, zumal er für eine Parabolantenne an Anschaffungs-, Instandhaltungs- und Wartungskosten auch Aufwendungen hätte,2 LG Köln WuM 2001, 235, ebenso LG Lübeck NZM 1999, 1044.

Diese Rspr. ist verfassungsgemäß, BVerfG – Beschl. der 1. Kammer des 1. Senats v. 24.1.2005 – NZM 2005, 252 = WuM 2005, 235 = ZMR 2005, 932: Einem ausländischen Mieter kann regelmäßig zugemutet werden, die Kabelanlage statt einer Satellitenempfangsanlage zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu Programmen in seiner Sprache besteht. Das gilt auch bei Einspeisung von kostenpflichtigen Paketen im digitalen Kabelprogramm mit zahlreichen zusätzlichen (hier türkischsprachigen) Fernsehprogrammen in das für den Mieter zugängliche Breitbandkabelnetz, die bei Inanspruchnahme von 6 türkischsprachigen Programmen Mehrkosten in Höhe von monatlich 8 Euro auslösen.3 BVerfG – Beschl. v. 14.2.2005 – WuM 2007, 379: Ist die Wohnung mit Breitbandkabelanschluss ausgestattet, der digitale Zusatzprogramme empfangen lässt, ist regelmäßig ein sachbezogener Grund gegeben, dass der Vermieter dem Mieter die Installation einer Parabolantenne am Gebäude nicht erlaubt.

Besteht ein Breitbandkabelanschluss, so ist dem Mieter trotz gesteigerten Informationsbedarfs aus beruflichen Gründen ebenfalls kein Anspruch auf die Installation einer Parabolantenne zugebilligt worden, wenn er über einen Internetzugang verfügt, LG Chemnitz NZM 2000, 960, AG Frankfurt a.M. ZMR 2005, 458, ZMR 2006, 449.

1 Zum Fall: Der Mieter hatte die Parabolantenne auf dem Balkon an der Hinterfront des Gebäudes auf einem beweglichen Ständer aufgestellt. Die Antenne ist nicht fest installiert, soll aber in absehbarer Zeit nicht entfernt werden. Der Parabolspiegel ragt über das Balkongeländer hinaus. In die Gebäudesubstanz wurde nicht eingegriffen. Die Antenne ist von der Straße her – wenn auch nicht von der Vorderfront des Gebäudes her – sichtbar. Das Gebäude ist an das Breitbandkabelnetz angeschlossen; der Mieter kann mittels eines Digitalreceivers 6 türkisch-sprachige staatliche Sender empfangen. Sendungen mit Inhalten alevitischen Glaubens können hierüber aber nicht empfangen werden. 2 Zum Fall: Der türkische Mieter konnte ein Programm „TNT“ über Kabel und je ein weiteres Programm über SET-TOP-Box und Smart-Card nutzen. Für die Anschaffung eines Decoders hätte er etwa 1000 DM aufwenden müssen; s. dazu auch Drasdo WuM 2007, 279, 283. 3 Zum Fall: Im Mietvertrag war geregelt, dass der Mieter außerhalb seiner Wohnung keine eigene Antenne für Hörfunk oder Fernsehen anbringen darf, wenn die Wohnung an eine Gemeinschaftsantenne oder an das Breitbandkabelnetz angeschlossen ist. Letzteres war der Fall. Der Mieter stellte gleichwohl 2 Parabolantennen auf dem Balkon auf. Das AG Neukölln verurteilte ihn zur Entfernung, auch wenn Beeinträchtigungen des Vermieters allenfalls im ästhetischen Bereich vorlägen.

775

124

Rn. VI 125 125

Mietgebrauch

Ist eine technische Ausweichmöglichkeit gegeben, so hat der Mieter, der behauptet, auf eine Satellitenempfangsanlage (aus beruflichen Gründen) angewiesen zu sein, darzulegen, auf welche Weise eine solche Anlage gegenüber decoder- bzw. internetgestütztem Empfang leistungsfähiger ist, VerfGH Berlin – Beschl. v. 29.8.2001 – NZM 2002, 560.

126

Der Vermieter kann den Anspruch des Mieters, eine Parabolantenne zu errichten, auch dadurch abwehren, dass er eine Gemeinschaftsparabolantenne installiert, LG Nürnberg-Fürth WM 1997, 486: Gegenüber dem Angebot des Vermieters, gewöhnliche Satelliten-Fernsehprogramme des Auslandes zu marktüblichen Preisen und Bereitstellungskosten (hier: Einmalzahlung von 2500 DM, monatliche Zahlungen zwischen 59 und 83 DM) über eine zu errichtende Gemeinschaftsparabolantenne empfangen zu können, tritt der Anspruch des ausländischen Mieters in einem Hochhaus auf eigenständige Installation einer Parabolantenne in der Regel zurück (Anschluss an BVerfG – Beschl. v. 14.9.1995 – WuM 1995, 694 = ZMR 1996, 12).

In diesem Fall kommt auch ein Anspruch auf Entfernung einer vom Mieter installierten und vom Vermieter bisher geduldeten Parabolantenne in Betracht, wenn erhebliche Gründe vorliegen, LG Kaiserslautern NZM 2005, 739 bei optischen und ästhetischen Beeinträchtigungen der Fassade des Wohnhauses.

Eine andere Möglichkeit, dem Anspruch des Mieters auf Installierung einer eigenen Parabolantenne zu begegnen, besteht darin, ihm die Erlaubnis zur Installation einer Gemeinschaftsantenne zu erteilen, an die sich andere Nutzer durch Vereinbarung mit diesem anschließen können, sofern absehbar ist, dass ein entsprechendes Bedürfnis besteht oder entstehen wird.1 eee) Mobile Parabolantenne 127

Das Aufstellen einer mobilen Parabolantenne auf dem zur gemieteten Wohnung gehörenden Balkon ist zum vertragsgemäßen Gebrauch gerechnet worden, weil sie sich als Gegenstand des Wohnungsnutzers und nicht wie eine fest installierte Antenne als Einrichtung oder Teil des Hauses darstellt. Allein auf die optische Erkennbarkeit soll es hierbei nicht ankommen, LG Berlin GE 2003, 1330, ebenso LG Hamburg WuM 1999, 454, AG Königswinter WuM 1999, 33, AG Fulda WuM 1999, 453, AG Siegen WuM 1999, 454, AG Herne-Wanne WuM 2001, 277, AG Hamburg-Altona WuM 2008, 661.

128

Demgegenüber wird in der neueren Rspr. das Interesse des Vermieters an dem äußeren Erscheinungsbild der Fassade in die Wertung einbezogen und bei 1 Zu einem ähnlichen Problem in einer Wohnungseigentumsanlage s. BGH – Beschl. v. 22.1.2004 – MDR 2004, 563 = NZM 2004, 227: Mehrere Wohnungseigentümer, die jeweils eine Parabolantenne anbringen wollen, können auf die Installation einer Gemeinschaftsantenne verwiesen werden, wenn das Gemeinschaftseigentum hierdurch weniger beeinträchtigt wird.

776

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 131

nicht nur unerheblichen optischen Beeinträchtigungen ein Anspruch des Mieters verneint, selbst wenn die Gebäudesubstanz nicht beschädigt wird, BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 597 = WuM 2007, 381: Es genügt zugunsten des Vermieters eine ästhetische Beeinträchtigung des Gebäudes. Danach kann die mieterseitige Aufstellung einer mobilen Parabolantenne auf dem Balkon der mit Breitbandkabelanschluss ausgestatteten Mietwohnung, ohne dass eine feste Verbindung zum Gebäude installiert ist, zulässig sein, wenn weder eine Substanzverletzung noch eine nennenswerte ästhetische Beeinträchtigung1 des Eigentums des Vermieters zu erwarten ist. LG Berlin GE 2004, 1097, AG Herne-Wanne WuM 2001, 277, AG Neukölln GE 2004, 1097,

oder sogar davon abhängig gemacht, dass dem Mieter keine technische Ausweichmöglichkeit zu Gebote steht, was er darzulegen hat, LG Hannover ZMR 2005, 296, LG Krefeld WuM 2006, 676,2 AG Lörrach WuM 2004, 658.

In jedem Fall muss auch in diesem Zusammenhang beachtet werden, dass der Mieter die Substanz des Gebäudes nicht beschädigen darf. Das kann insbesondere in Betracht kommen, wenn Balkontüren oder Fenster angebohrt werden, um ein Kabel durchzuführen, sofern damit der Wärmeschutz nicht oder nur schwer korrigierbar verschlechtert wird.

129

Ist im Mietvertrag geregelt, dass der Mieter außerhalb der Mietwohnung keine eigene Antenne für Hörfunk oder Fernesehen anbringen darf, wenn die Wohnung an eine Gemeinschaftsantenne oder an das Breitbandkabelnetz angeschlossen ist, so gilt das auch für das Aufstellen einer Parabolantenne auf dem Balkon, selbst wenn allenfalls Beeinträchtigungen im ästhetischen Bereich vorliegen sollten,

130

BVerfG – Beschl. der 1. Kammer des 1. Senats v. 24.1.2005 – WuM 2005, 235.

Zu entsprechenden Formularklauseln s. Rn. VI 100. Der Vermieter braucht nicht zu dulden, dass der ausländische Mieter eine Parabolantenne auf der genutzten gemeinschaftlichen Gartenfläche der Wohnanlage aufstellt: AG Köln WuM 1999, 456; anders, wenn der Mieter den Garten mitgemietet hat: AG Regensburg WuM 2007, 287.

cc) Sanktionen bei vertragswidrigem Verhalten Hat der Mieter eine Parabolantenne installiert, ohne eine Erlaubnis dafür zu besitzen oder eingeholt zu haben, so kann der Vermieter im ersteren Fall die Entfernung verlangen. Außerdem kann er Schadensersatz fordern (z.B. wegen 1 Beispiel aus den Entscheidungsgründen: Wenn die Antenne im Innern des Gebäudes am Fenster oder auf dem Fußboden im hinteren Bereich auf einem durch Vorder- und Seitenwände sichtgeschützten Balkon aufgestellt ist. 2 Abgeändert durch BGH – Urt. v. 16.5.2007 – NZM 2007, 597 = WuM 2007, 381.

777

131

Rn. VI 132

Mietgebrauch

der Beschädigung der Dachhaut oder der wärmegedämmten Fassade). Als letztes Mittel steht ihm das Recht zur Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. 132

Hat der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, ohne diese eingeholt zu haben, so soll der Vermieter allein deshalb noch nicht die Entfernung verlangen können, BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195.

Das ist jedoch einzuschränken, sofern der Anbringungsort technisch oder aus der Sicht berechtigter Vermieterinteressen nicht geeignet ist. Der Vermieter muss dem Mieter aber dann einen geeigneten Platz zuweisen, auf den die Parabolantenne fachmännisch installiert werden kann Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, dass er nicht die Mittel habe, um die Parabolantenne umzusetzen oder um eine Kaution zu leisten und eine Haftpflichtversicherung abzuschließen; denn sein finanzielles Unvermögen hat er zu vertreten, AG Frankfurt a.M. NZM 2002, 562; ebenso LG Wiesbaden DWW 1995, 53 = WM 1996, 403: Der Vermieter hat einen Anspruch darauf, dass der Mieter eine unerlaubt an der Hausfassade angebrachte Parabolantenne auf das Dach umsetzt, sofern der Mieter an sich berechtigt wäre, eine Erlaubnis zum Anbringen der Antenne zu beanspruchen. Selbst wenn die Kosten für die Umsetzung 3000 DM betragen, ist ein solches Verlangen des Vermieters nicht von vornherein unbillig; BVerfG – Beschl. der 3. Kammer v. 10.11.1995 – WM 1996, 82 = ZMR 1996, 122: Der Vermieter braucht eine vom ausländischen Wohnungsmieter eigenmächtig angebrachte Parabolantenne an einem ihm nicht genehmen Ort grundsätzlich nicht zu dulden. Das Bestimmungsrecht des Vermieters kann aber nur berücksichtigt werden, wenn er es auch ausübt.

133

Verlangt der Vermieter nur von einem Mieter die Beseitigung der Parabolantenne, während andere Mieter unbehelligt bleiben, so verstößt das Beseitigungsverlangen gegen das Schikaneverbot, sofern keine sachlichen Gründe für das Vorgehen des Vermieters vorgetragen werden können, AG Augsburg ZMR 1998, 354; s. auch BVerfG – Beschl. v. 27.10.2006 – NZM 2007, 125: Haben in einem Mehrfamilienhaus mehrere Mieter in vergleichbarer Weise Parabolantennen am Gebäude angebracht, muss der Vermieter, der von einem Mieter Beseitigung verlangt, in ausreichendem Maße vortragen, auch gegen die anderen Mieter einen Beseitigungsanspruch zu haben und zu verfolgen;1 anders LG Hannover ZMR 2005, 296 für eine mobile Parabolantenne, wenn andere Mieter bereits eine solche Antenne deutlich sichtbar angebracht haben.

Bei der Annahme von Willkür ist jedoch Zurückhaltung geboten. Zu prüfen ist, ob die „anderen Mieter“ aus besonderen Gründen einen Anspruch auf 1 Aus den Gründen: Das LG hat in verfassungsrechtlich tragfähiger Weise darauf abgestellt, dass noch 5 weitere Mieter Parabolantennen in vergleichbarer Art und Größe wie diejenige des betroffenen Mieters nach außen gut sichtbar am Haus montiert hätten und der Vermieter nicht vorgetragen hat, gegen diese anderen Mieter einen Rechtsanspruch auf Beseitigung der Antennen zu haben und solche Ansprüche durchzusetzen.

778

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 137

Erlaubnis oder einen sonstigen Besitzstand haben, der einem Entfernungsanspruch des Vermieters entgegensteht und ob der Vermieter möglicherweise nach dem Motto „Das Boot ist voll“ handelt.1 Ist die Klage des Mieters auf Erteilung der Erlaubnis, eine Parabolantenne anzubringen, rechtskräftig abgewiesen worden, so hat diese Entscheidung präjudizielle Wirkung für die spätere Klage des Vermieters auf Entfernung der vom Mieter trotzdem angebrachten Antenne. Das gilt selbst dann, wenn die Erstentscheidung nicht im Einklang mit der Rspr. des BVerfG zum Recht eines Mieters auf Anbringen einer Parabolantenne ergangen ist,

134

BVerfG – Beschl. v. 16.2.1996 – WuM 1996, 264.

Streiten sich die Parteien um die Höhe des vom Mieter anteilig zu leistenden Kostenbeitrages zu den Kabelfernsehgebühren, so handelt der Vermieter vertragswidrig, wenn er das Programmangebot in der Mietwohnung teilweise herausfiltert,

135

AG Görlitz WuM 2006, 143.

c) Benutzung von Gemeinschaftsanlagen und -flächen Gemeinschaftsflächen, die der Mieter nur mitbenutzen darf, unterliegen zwar seinem Mietgebrauch.2 Sie sind ihm aber nicht in dem Sinne mitvermietet, dass im Falle einer Umwandlung des Wohngebäudes in Wohnungseigentum und Veräußerung nunmehr die Wohnungseigentümergemeinschaft Vermieter dieser Flächen werden würde. Vermieter ist vielmehr nur der neue Eigentümer der Wohnung, der dem Mieter die Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen zu ermöglichen hat,

136

KG – Urt. v. 3.12.1998 – GE 1999, 252.3

Nutzt der Mieter Teile von Gemeinschaftsflächen ausschließlich, so ist es eine Frage der Vertragsauslegung, ob dem Mieter ein Gebrauchsrecht i.S. von § 535 BGB eingeräumt ist oder es sich nur um eine widerrufliche Gestattung handelt, s. KG – Urt. v. 14.12.2006 – WuM 2007, 68 = ZMR 2007, 613 = MietRB 2007, 111 (Intveen) für Gartennutzung.4 1 Zu Kriterien, die bei der Entscheidung über die Erlaubniserteilung berücksichtigt werden können, s. Rn. VI 46. 2 Dazu eingehend Derleder NJW 2007, 812; Flatow NZM 2007, 432; Walburg MietRB 2007, 298. 3 Der Fall ist nicht mit demjenigen zu verwechseln, dass Teile der Mietwohnung im Gemeinschaftseigentum stehen; auch hier wird nach BGH – Urt. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = ZMR 1999, 548 der Erwerber der vermieteten Eigentumswohnung alleiniger Vermieter und schuldet allein den Mietgebrauch bezüglich der in Gemeinschaftseigentum umgewandelten Mietfläche. 4 Zum Fall: Die Mieter hatten im Räumungsprozess nur vorgetragen, die Hausverwaltung des Vermieters habe die Nutzung „gestattet“, so dass das KG von einem rechtsgeschäftlichen Bindungswillen des Vermieters nicht ausgegangen ist.

779

137

Rn. VI 138

Mietgebrauch

Die Unentgeltlichkeit der Nutzung spricht nicht von vornherein gegen ein vertragliches Gebrauchsrecht; denn die Nutzung kann durch den vereinbarten Mietzins mit abgegolten sein, s. AG Gießen WuM 1994, 198, AG Reinbek WuM 2000, 329 jeweils für Parkfläche auf dem Hof.

Aus der Formulierung in einem Mietvertrag über Wohnraum, dem Mieter werde ein Teil des Hausgrundstücks – Hof oder Garten – „zur Nutzung überlassen“ folgt noch nicht, dass es sich um eine bloße Gestattung handelt. Die Einbeziehung eines Gartens in den Mietvertrag und die Übernahme der Pflicht zur Gartenpflege sprechen für ein mietvertragliches Gebrauchsrecht des Mieters, LG Hamburg WuM 2000, 180,

ebenso der Vermerk im Übergabeprotokoll: „Speicherschlüssel steckt“, AG Köln WuM 2008, 94.

Ist dagegen der Wohnungsmieter verpflichtet, den (abgeschlossenen) Hof neben dem Wohngebäude im wöchentlichen Wechsel mit anderen Mietern zu reinigen, so begründet das noch nicht die Vermutung, dass der Hof an ihn mitvermietet ist, insbesondere wenn dieser auch vom Vermieter und anderen Mietern genutzt wird, AG Wetzlar WuM 2007, 67.

Für die Einbeziehung in den Mietvertrag und damit ein Gebrauchsrecht des Mieters kann sprechen, wenn es sich um eine abgegrenzte Fläche handelt, die der Mieter unter stillschweigender Billigung des Vermieters ausschließlich nutzt.1 Handelt es sich dagegen um eine nicht abgegrenzte Fläche, die auch jedem Dritten zugänglich ist, so spricht dies für eine Gestattung.2 138

Nimmt der Mieter Gemeinschaftsflächen oder sonst nicht mitvermietete Flächen zum alleinigen Gebrauch (z.B. zum Abstellen von Gegenständen) in Besitz und duldet der Vermieter dies lange Zeit, so kann der Mietgebrauch hierdurch erweitert werden (s. Rn. VI 31a). Aber auch wenn es sich um eine bloße Gestattung handelt, kann der Vermieter die Nutzung nicht ohne gewichtigen Grund untersagen, LG Berlin ZMR 1995 S. X Nr. 8 für das Abstellen von Möbeln auf dem Dachboden, LG Berlin GE 2005, 617 für die Nutzung der Hoffläche zum Parken, AG Schöneberg/LG Berlin GE 2002, 1678 für das Abstellen eines Blumenkastens auf einer nicht mitvermieteten Fläche; a.A. KG – Urt. v. 14.12.2006 – WuM 2007, 68 = ZMR 2007, 613 = MietRB 2007, 111 (Intveen) für freie Widerrufbarkeit.3

Allerdings ist bei der Annahme, durch bloßes Dulden des Vermieters werde der Mietgebrauch erweitert, Zurückhaltung geboten (s. Rn. VI 33). Zur Benut1 Beispiel: Nutzung eines Fahrradkellers oder einer Waschküche, die von anderen Mietern jahrelang nicht mehr benutzt worden ist. 2 Beispiel: Abstellen von Sachen auf Fluren oder Treppenabsätzen, Parken auf wechselnden Plätzen auf dem Hof. 3 So auch Walburg MietRB 2007, 298, 301: Die Grenze bildet nur das Schikane- und Willkürverbot.

780

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 139a

zung der Hoffläche zum Abstellen von Kraftfahrzeugen und zum Abstellen von Gegenständen auf Gemeinschaftsflächen s. Rn. VI 144, 149. Aus dem Vorhandensein von Gemeinschaftseinrichtungen folgt im Zweifel, dass der Mieter zum Mitgebrauch i.S. eines vertraglichen Rechts berechtigt ist,1

139

LG Hamburg WuM 1995, 533 für Mietgebrauch am Trockenboden, LG Münster WuM 1998, 723 für Waschküche.

Ein nach Vertragsabschluss eingebauter Aufzug wird Gegenstand des Mietvertrages und begründet das Mitbenutzungsrecht des Mieters. Allein die Tatsache, dass der Mieter sich weigert, die durch den Einbau erhöhte Miete zu zahlen, berechtigt den Vermieter nicht, diesen Mieter von der Benutzung des Aufzuges auszuschließen, AG München NZM 2001, 93.

Für den Rechtsbestand soll es nicht darauf ankommen, dass der Mieter die Räume bzw. Flächen jahrelang nicht genutzt hat (LG Köln ZMR 1994 S. I Nr. 2 für Waschküche und Trockenraum). Jedoch kann das Verhalten des Mieters rechtsmissbräuchlich sein, wenn er auf die Anlage nicht angewiesen ist und ihre Benutzung unüblich geworden ist (z.B. Teppichklopfstange auf dem Dachboden), s. auch AG Spandau ZMR 2003, 121: Bei jahrelanger Nichtnutzung eines Trockenbodens kann eine schlüssige Entwidmung in Betracht kommen; AG Lörrach WuM 1998, 662: Hat der früher als Waschküche genutzte Raum seine Funktion (z.B. durch Nichtbenutzung) verloren, so kann der Vermieter diesen Raum anderweitig nutzen und den Mieter vom Gebrauch ausschließen; anders AG Hamburg-Altona WuM 2007, 258 für Gemeinschaftswaschmaschine in einer Genossenschaftswohnanlage, selbst wenn alle anderen Genossen die Gemeinschaftseinrichtung nicht mehr nutzen und ihre Bereitstellung erhebliche Kosten verursacht.2

Die Beeinträchtigung oder der Entzug des Mietgebrauchs an Gemeinschaftsflächen oder -einrichtungen löst neben dem Erfüllungsanspruch Gewährleistungsrechte des Mieters aus, s. LG Münster WuM 1998, 723: Mietminderung um 5% bei Entzug der Gemeinschafts-Waschküche, AG Reinbek WuM 2000, 329: Mietminderung um 30 DM bei Entzug einer (unentgeltlich genutzten) Parkfläche auf dem Hof; AG Menden WuM 2007, 190: Minderung um 2,5% bei Entzug des zur Mitbenutzung zugesicherten Fahrradkellers.

Der Nutzungsumfang an Gemeinschaftsflächen und -einrichtungen richtet sich nach der Zweckbestimmung, die durch die Verkehrsübung mitgeprägt wird. Danach richtet sich, ob der Mieter Sachen auf Fluren oder Kellergängen abstellen darf (s. Rn. VI 144), ob im Treppenhaus geraucht werden darf (s. Rn. VI 309)3 oder der Mieter auch ohne Anmietung eines festen Stellplatzes sein Fahrzeug auf dem frei zugänglichen Hof parken darf (s. Rn. VI 149). 1 Einschränkend Walburg MietRB 2007, 298, 300. 2 Zum Fall: monatliche Kosten von 370 Euro, die auf alle Mieter umgelegt wurden. 3 Zum Rauchen in der Wohnung s. Rn. VI 263.

781

139a

Rn. VI 140

Mietgebrauch

aa) Dispositionsbefugnis des Vermieters 140

Umstritten ist, ob der Vermieter berechtigt ist, Gemeinschaftsanlagen oder -einrichtungen einzuziehen oder umzugestalten.1 Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um die Nutzung eines Teils der Gemeinschaftsfläche handelt, die die Nutzung Dritter ausschließt, oder um die bloße Teilhabe am gemeinschaftlichen Gebrauch. Im ersteren Fall ist der Vermieter nicht berechtigt, dem Mieter die Benutzung der Waschküche oder des Trockenbodens zu entziehen, da hier der Mietgebrauch gleichsam individualisiert ist. Im letzteren Fall hat der Vermieter einen größeren Dispositionsspielraum, LG Köln ZMR 1994 S. I Nr. 2, LG Hamburg WuM 1995, 533, AG Wuppertal DWW 1992, 28, AG Köln WuM 2008, 94, AG Hamburg-Barmbek WuM 2008, 48: auch nicht, wenn der Vermieter sich erbietet, statt des Trockenbodens eine Trockenmöglichkeit in der Waschküche zur Verfügung zu stellen.

141

Hier kann er eine andere Fläche oder eine Ersatzeinrichtung zur Verfügung stellen, vorausgesetzt, dass diese vergleichbare Ausstattungsmerkmale aufweisen und für die vorgesehene Nutzung geeignet sind, LG Köln ZMR 1994 S. I Nr. 4 für Wasch- und Trockenraum, LG Berlin MM 1997, 191 = NZM 1998, 860: Der Vermieter ist nicht verpflichtet, einen Kinderspielplatz mit den zu Beginn des Mietverhältnisses vorhandenen Spielgeräten vorzuhalten; er schuldet nur die Aufrechterhaltung eines Grundbestandes. Für diesen gibt die einschlägige Landesbauordnung einen Anhaltspunkt; AG Hamburg-Blankenese ZMR 2000, 307: Der Mieter von Räumlichkeiten hat keinen Anspruch auf Beibehaltung von Gemeinschaftseinrichtungen in ihrer gegenwärtigen Gestaltung, falls solche Einrichtungen im Mietvertrag nicht erwähnt sind, sondern nur mitüberlassen wurden.2 Dem Vermieter soll ohnehin bei der Gestaltung der Außenanlagen (z.B. Garten, Fassade) ein eigenes Umgestaltungsrecht zustehen.

142

Der Dispositionsrahmen bei der Einschränkung des vertragsgemäßen Gebrauchs – nicht der bloß widerruflichen Gestattung – geht allerdings nicht so weit, die Anlage ohne jeglichen Ersatz außer Betrieb zu nehmen, sofern nicht gewichtige Gründe vorliegen. Eine Berechtigung des Vermieters ist z.B. in folgenden Fällen bejaht worden: LG Hamburg WuM 1999, 600: Müllschluckanlagen gehören zwar zu den Einrichtungen des Hauses, deren Mitbenutzung dem Mieter vertraglich gestattet ist. Änderungen der Mitbenutzung bedürfen aber nicht seiner Zustimmung, soweit berechtigte Gründe der Verwaltung oder Bewirtschaftung vorliegen (hier: Gefahr von Ratten- und Ungezieferbefall). Der Vermieter kann die Anlage stilllegen, und zwar auch dann, wenn die als Ersatz vorgesehenen Müllboxen für die Mieter der oberen Stockwerke unbequemer sind; LG Mainz WuM 1999, 215: Der Vermieter ist zur Stilllegung der Müllschluckanlage jedenfalls dann berechtigt, wenn ein erheblicher Reparaturaufwand erforderlich werden würde und die Mieter öffentlich-rechtlich zur Mülltrennung verpflichtet sind; 1 S. dazu Flatow WuM 2007, 432, 436; Walburg MietRB 2007, 298, 301. 2 Zum Fall: Verlegung und Verkleinerung eins Wäschetrockenplatzes.

782

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 144

abweichend aber AG Potsdam WuM 2000, 183, wenn die Anlage zwar sanierungsbedürftig ist und die Mieter den Müll getrennt entsorgen können, aber nicht müssen.

Zum rechtsmissbräuchlichen Verlangen des Mieters, eine jahrelang nicht genutzte Gemeinschaftseinrichtung wieder zu benutzen, s. Rn. VI 139. Die Berechtigung zur Stilllegung ist dagegen z.B. verneint worden, weil für einen Aufzug ein Aufzugwärter nicht mehr zur Verfügung steht. Für diesen Fall ist der Vermieter verpflichtet, einen Servicevertrag mit einer Fachfirma abzuschließen, die die Aufgaben eines Aufzugwärters übernimmt,

143

LG Berlin ZMR 1986, 89 = WuM 1987, 70 (LS).

Ebenso wenig ist der Vermieter von Gewerberäumen berechtigt, den Betrieb eines Aufzuges zeitlich auf montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr zu beschränken, ohne dass dies im Mietvertrag vereinbart ist. Er vermag sich nicht auf eine Formularklausel zu berufen, nach der er den Aufzug außer Betrieb setzen kann, wenn und solange ein Aufzugwärter nicht anwesend ist, OLG Franfurt a.M. – Beschl. v. 7.6.2004 – NZM 2004, 909 = ZMR 2004, 819.

Weiter gehende Befugnisse werden dem Vermieter eingeräumt, wenn er die bloße Gestattung bei im Übrigen vertragsloser Nutzung widerruft, LG Saarbrücken WuM 1996, 468 bei widerruflich gestatteter Nutzung von Kellerräumen, AG Spandau ZMR 2003, 121 für den Entzug eines nicht mitvermieteten Trockenraums.

Er muss hierfür triftige Gründe haben, s. LG Berlin ZMR 1995 S. X Nr. 8 für das Abstellen von Möbeln auf dem Dachboden.

bb) Abstellen von Gegenständen auf Gemeinschaftsflächen Das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus wie Kleinmöbel, Blumenkübel oder Fahrräder ist grundsätzlich durch den vertragsgemäßen Gebrauch nicht gedeckt, ebenso wenig die Inanspruchnahme eines nicht mitvermieteten Endflures zum Abstellen von Schränken, oder das Abstellen von Schuhen vor der Wohnungstür,1 AG Köln WuM 1980, 4 (Abfalltüten), AG Köln WuM 1982, 86 (Schuhregal), AG Köln WuM 1984, 2, AG Dortmund DWW 1990, 179: Der Mieter ist nicht berechtigt, im Kellerflur Abfall, Kartons, Mofa, Rasenmäher usw. abzustellen, so dass andere Mieter ihre Kellerräume nur schwer erreichen können; darauf kann nach Abmahnung eine fristlose Kündigung gestützt werden; AG Münster WuM 2008, 664: „Blumenschmuck“; anders nach langjähriger widerspruchsloser Nutzung, AG Bergisch Gladbach WuM 1994, 197, ebenso LG Berlin ZMR 1995 S. X Nr. 8: Die jahrelange Duldung der Nut-

1 S. Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1225; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 316; dazu Gather DWW 2003, 174; Horst NZM 1998, 647, 650; Derleder NJW 2007, 812, 814; Flatow NZM 2007, 432, 434, die von tertiären Nutzungsrechten spricht; Walburg MietRB 2007, 298, 301.

783

144

Rn. VI 145

Mietgebrauch

zung des Dachbodens zum Abstellen von Möbeln kann dazu führen, dass der Vermieter deren Entfernung durch den Mieter nur bei Vorliegen eines zwingenden Grundes verlangen kann.

Auch das Abstellen eines Blumenkastens auf dem Fenstersims außerhalb der Wohnung wird vom Mietgebrauch nicht gedeckt, kann jedoch vom Vermieter nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes untersagt werden, wenn er die Nutzung zuvor jahrelang geduldet hat, AG Schöneberg, LG Berlin GE 2002, 1678.

145

Für Kinderwagen und Krankenfahrstühle gelten jedoch dann Ausnahmen, wenn der Verkehr auf den Gemeinschaftsflächen nicht oder nur unwesentlich behindert wird, keine anderen Gemeinschaftsflächen zur Verfügung stehen und dem Mieter nicht zugemutet werden kann, den Kinderwagen oder Krankenfahrstuhl jedes Mal in die Wohnung zu schaffen,1 BGH – Urt. v. 10.11.2006 – NZM 2007, 37 = WuM 2007, 29 = ZMR 2007, 180: Der Mieter darf Gegenstände wie einen Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator, auf den er angewiesen ist, an geeigneter Stelle im Hausflur abstellen, solange deren Größe das Abstellen zulässt; AG Hannover WuM 1987, 118, AG Landau WuM 1988, 52; AG Neuss WuM 1992, 179: Die Vereinbarung, nach der Kinderwagen nur vorübergehend abgestellt werden dürfen, steht der Befugnis einer auf einen Stellplatz angewiesenen Mieterin nicht entgegen, den Kinderwagen auch andauernd abzustellen; AG Wennigsen WM 1996, 468 für Rollstuhl; weiter gehend AG Winsen WM 1999, 453: Die Mieterin einer Wohnung im Obergeschoss (Mutter von 4 Kindern) ist berechtigt, den Kinderwagen an geeigneter Stelle im Erdgeschoss des Hausflurs abzustellen. Die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit müssen von den anderen Bewohnern hingenommen werden. Besucher dieser Mieterin dürfen das aber nicht, um eine merkliche Beschränkung des Zugangs auszuschließen; AG Aachen WuM 2008, 94 zum Recht einer rückenerkrankten Mieterin, den Kinderwagen im Treppenhaus abzustellen, weil ihr 5 Treppenstufen nicht zuzumuten sind und die Mitbewohner nicht übermäßig eingeschränkt werden.

Ohnehin soll die Befugnis zum Abstellen von Kinderwagen nur für diejenigen für eigene Kinder gelten, nicht für solche fremder Kinder, die eine Mieterin als Tagesmutter beaufsichtigt, LG Hamburg WM 1992, 188.

146

Für Mieter oder zu Gunsten deren Haushaltsangehörigen, die auf einen Krankenfahrstuhl angewiesen sind, kann sich ein Anspruch aus § 554a BGB ergeben, sich einen Stellplatz zu schaffen, sofern dies nach den räumlichen Gegebenheiten möglich ist (zur Barrierefreiheit s. Rn. VI 92). Überhaupt kommt dieser Vorschrift Fernwirkung zu: So kann der Vermieter dem alten oder behinderten Mieter nicht untersagen, dass er einen Rollator im Treppenhaus abstellt, kann jedoch verlangen, dass er ihn platzsparend zusammenklappt,2 AG Hannover WuM 2006, 27, LG Hannover NZM 2007, 245 = WuM 2006, 189.

1 S. dazu Derleder NJW 2007, 812, Schläger ZMR 2007, 181. 2 S. dazu Derleder NZM 2006, 893.

784

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 149

Entgegen der Regelung in einer Hausordnung, die die Benutzung des Fahrradraums regelt, kann der Mieter berechtigt sein, ein besonders wertvolles Rad in dem zur Wohnung gehörenden Keller abzustellen, AG Münster WuM 1994, 198.

Eine einmal erteilte Erlaubnis, eine Kinderkarre im Hausflur abzustellen, kann erst widerrufen werden, wenn das Interesse des Mieters an der Nutzung entfällt oder der Mieter das Gebot der Rücksichtnahme verletzt,

147

AG Hamburg WuM 2000, 303.

Verlangt der Vermieter die Entfernung von Kinderwagen oder Krankenfahrstühlen aus dem Treppenhaus, so kann er verpflichtet sein, Ersatzflächen Zug um Zug zur Verfügung zu stellen, soweit diese vorhanden sind; ggf. kann sein Dispositionsrecht (s. Rn. VI 140) in eine Dispositionspflicht umschlagen, wenn nicht mehr genutzte Gemeinschaftsräume (z.B. ehemalige Waschküche), Freiflächen oder leer stehende Keller vorhanden sind. Zu baulichen Änderungen ist er aber nicht verpflichtet. Macht er Aufwendungen, um Abstellflächen zu schaffen, dann dient das in der Regel der dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse. Deshalb kann er eine Mieterhöhung nach § 559 BGB durchführen. Der Mieter ist zur Duldung nach Maßgabe des § 554 BGB verpflichtet.

148

Soweit der Vermieter verpflichtet ist, das Abstellen von Kinderwagen, Krankenfahrstühlen oder Rollatoren unter den o.g. Voraussetzungen zu dulden (s. Rn. VI 145), gilt das auch für die Mitbewohner im Haus, selbst wenn es zu leichteren Gebrauchsbeeinträchtigungen kommt. Das folgt aus der Sozialpflichtigkeit ihres grundrechtlich geschützten Mietbesitzes, aber auch aus dem aus Treu und Glauben abzuleitenden Toleranzgebot sowie aus der Pflicht zur Rücksichtnahme in entsprechender Anwendung des § 241 Abs. 2 BGB. Kommt es zu einem Konflikt zwischen nachbarlichen Nutzungsrechten, so gilt nicht das zeitliche Prioritätsprinzip, sondern das Maß des Angewiesenseins auf die konkrete Nutzungsmöglichkeit; der Vorrang der einen oder anderen Nutzungsmöglichkeit ist anhand einer Rechtsgüter- und Interessenabwägung zu ermitteln.1 Demjenigen, dessen Nutzungsmöglichkeiten zurückstehen müssen, stehen gegenüber dem Vermieter weder Erfüllungs- noch Gewährleistungsansprüche zu. Ebenso wenig bestehen nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche.

148a

cc) Hoffläche Eine Hoffläche darf ohne Erlaubnis des Vermieters nicht zum Parken von Kaftfahrzeugen (LG Berlin ZMR 1997, 422), wohl aber – mangels eines Gemeinschaftsraums – zum Abstellen von Fahrrädern und Mopeds (AG Flensburg WuM 1996, 613 für Mofa) genutzt werden.2 1 S. dazu Flatow NZM 2007, 432, 435. 2 S. Walburg MietRB 2007, 298.

785

149

Rn. VI 150

Mietgebrauch

Hat der Vermieter das Abstellen von Fahrzeugen auf dem Hof lange Zeit gestattet, so kann er von einem Widerrufsvorbehalt nur aus triftigem Grund Gebrauch machen, AG Düsseldorf WM 1994, 426, ebenso im Ergebnis LG Berlin ZMR 1992 S. XV Nr. 19, wenn die Mieter auf die unentgeltliche Nutzung während der Mietzeit vertrauen durften.

Großzügigere Maßstäbe sind anzulegen, wenn er diese Nutzung lediglich geduldet hat, LG Berlin GE 2005, 617, für freie Widerruflichkeit mangels vertraglicher Bindung dagegen AG Trier WuM 2006, 143 nach etwa 30-jähriger geduldeter Nutzung als Kfz-Stellplatz.1

Im Falle eines Vermieterwechsels nach § 566 BGB verhält es sich nicht anders: Der Erwerber ist nicht nur an Erlaubnisse und Gestattungen des Veräußerers gebunden, sondern muss auch sonstige Gebrauchsvorteile des Mieters auf Grund vorangegangener Duldung hinnehmen (anders AG Trier WuM 2006, 143); das folgt daraus, dass durch den Eigentümerwechsel die Rechtsstellung des Mieters nicht verschlechtert werden soll. Allerdings steht dem Erwerber das Recht zu, die Gebrauchsmögllichkeit mit Wirkung für die Zukunft aus triftigem Grund zu untersagen, z.B. weil er die Flächen anderweitig nutzen will. 150

Umstritten ist, ob der Vermieter eine Hoffläche, die als Stellplatz genutzt wurde, einseitig in einen gebührenpflichtigen Parkplatz umwandeln darf. Das hängt davon ab, ob die Nutzung zum Gegenstand des vertragsgemäßen Mietgebrauchs geworden ist oder nur auf Grund bloßer widerruflicher Gestattung bzw. stillschweigender Duldung erfolgt. Für Ersteres spricht die Zuweisung einer bestimmten, abgegrenzten Fläche, jedoch nicht die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit. In diesem Fall kann der Vermieter nur eine Teilkündigung nach § 573b BGB aussprechen (s. dazu Rn. X 97). Dementsprechend gegen einen freien Widerruf: AG Gießen WuM 1994, 198, AG Reinbek WuM 2000, 329: Der Entzug der unentgeltlich zu nutzenden Parkfläche (Mitbenutzung der Gemeinschaftsfläche) rechtfertigt eine Mietminderung von monatlich 30 DM.

Nutzt der Mieter dagegen die Hoffläche „vertragslos“, wenn auch geduldet, zum Parken, so kann der Vermieter zum Widerruf berechtigt sein. Der triftige Grund kann in einer Umnutzung liegen,2 AG Neubrandenburg WuM 1994, 262: Bietet die Innenhoffläche bei zunehmender Motorisierung der Mieter nicht mehr ausreichend Stellflächen, so kann der Vermieter die gesamte Fläche, die er bisher zur unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung gestellt hatte, einziehen und zu einzelnen Stellplätzen vermieten; LG Berlin GE 2005, 617: Umgestaltung des Hofs durch Vergrößerung der Hofgartenfläche. 1 Zu Recht ablehnend Pfeilschifter WuM 2006, 502. 2 So auch Flatow NZM 2007, 432, 436.

786

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 153

Führt ein befahrbarer Weg bis an das Wohngebäude, in dem die Wohnung liegt, ist der Mieter – auch wenn eine Benutzungsabrede fehlt – berechtigt, den Weg zu befahren, wenn er schwerere Gegenstände zu befördern hat oder sein Fahrzeug be- bzw. entladen muss,

151

LG Lübeck NJW 1990, 1353 = WuM 1990, 336, AG Hamburg WuM 1996, 534, AG Augsburg WuM 1998, 438, weiter gehend LG Wuppertal WuM 1996, 267: Der Mieter hat einen Anspruch auf dauerhafte Aushändigung eines Schlüssels zur Toreinfahrt des Grundstücks, um das mit dem Wohngebrauch zusammenhängende Be- und Entladen zu bewerkstelligen.

Ist einer Mieterin die Tätigkeit als Tagesmutter erlaubt, so ist ein kurzzeitiges Parken (von etwa 5 Minuten) auf dem Mietgrundstück, um die Kinder zu bringen und abzuholen, vom Mietgebrauch gedeckt, AG Wiesbaden WuM 2003, 88.

Bei Vermietung von Gewerberaum gehört es zur Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters, das Be- und Entladen von Fahrzeugen auf dem vermietereigenen Hofgelände zu ermöglichen.

152

Ob der Vermieter verpflichtet ist, die Anlieferung der für den vermieteten Lebensmittelmarkt bestimmten Waren über den auf seinem (anderen) Grundstück gelegenen Zugang zu den festgelegten Marktöffnungszeiten zu ermöglichen, hängt von einer Interessenabwägung im Einzelfall ab. Eine ganztägige Nutzungsmöglichkeit einschließlich sonn- und feiertags kann der Betreiber nicht beanspruchen, wohl aber werktags von 6–20 Uhr, samstags von 6–16 Uhr bzw. 18 Uhr an verkaufsoffenen Sonnabenden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.9.2002 – DWW 2003, 52 = GuT 2002, 173 = ZMR 2003, 107.

Die gemeinschaftlichen Grundstücksflächen stehen – ohne besondere Regelung in der Hausordnung – offen für Spielen der Kinder der Bewohner auch mit ihren Freunden (AG Darmstadt WuM 1986, 211).1 Damit gegebene ortsübliche Geräusche können nicht unterbunden werden, LG Berlin WuM 1987, 212 = ZMR 1986, 242, LG Heidelberg WuM 1997, 38.

Zu Kinderlärm s. Rn. VI 293. Auch liegt es im Ermessen des Vermieters, wegen des gesellschaftlichen Wandels von einer starren Reglementierung der Nutzung von Grünanlagen („Betreten verboten“) abzusehen und das Spielen von Kindern auf dem Rasen zuzulassen, ohne dass die Mieter, die sich dadurch gestört fühlen, die Wiederherstellung des Betretenverbotes oder eine Mietminderung beanspruchen können, AG Hamburg ZMR 2002, 673, s. auch AG Aachen WuM 1987, 83: Der Vermieter ist berechtigt, auf dem Grundstück eine Sandkiste einzurichten, ohne dass Mieter sich darauf berufen können, dass nach der Hausordnung das Spielen von Kindern auf dem Hof bislang untersagt war; LG Berlin MM 1997, 191 = NZM 1998, 860 zum Recht des Vermieters, den Kinderspielplatz umzugestalten. 1 Differenzierend nach den vorhandenen Spielmöglichkeiten: Flatow NZM 2007, 432, 435 Sp. 1.

787

153

Rn. VI 154

Mietgebrauch

dd) Garten 154

Die Mitvermietung eines Gartens1 bedarf grundsätzlich einer ausdrücklichen Vereinbarung; liegt nur eine Gestattung der Mitbenutzung vor, so soll diese frei widerruflich sein, LG Aachen DWW 1991, 22.

Bei Vermietung von Einfamilienhäusern gilt dagegen der Hausgarten nach der Verkehrssitte im Zweifel als mitvermietet (Rn. VI 26), OLG Köln – Urt. v. 5.11.1993 – WM 1994, 272 = ZMR 1994, 111.

Heißt es im Mietvertrag, dass dem Mieter der Garten „zur Nutzung überlassen“ wird, so liegt darin die Einräumung des Mietgebrauchs und nicht nur eine Gestattung, LG Hamburg WuM 2000, 180.

Hat der Mieter den Garten jahrelang intensiv genutzt, indem er z.B. auch Spielgeräte aufstellte, und konnte dies dem Vermieter nicht verborgen bleiben, so soll die Gartennutzung in den Mietgebrauch schlüssig einbezogen worden sein, LG Hamburg WuM 1989, 497.

Dagegen bestehen Bedenken; denn für die schlüssige Vertragserweiterung ist mindestens positive Kenntnis des Vermieters erforderlich (s. auch Rn. VI 32). Der Nutzungsumfang richtet sich nach der Verkehrssitte (§ 157 BGB), wenn die Parteien hierüber nichts anderes eindeutig vereinbart haben. 155

Einen im mitvermieteten Garten befindlichen Brunnen darf der Mieter benutzen, AG Görlitz WuM 2004, 600.

Auch ist der Mieter zu geringfügigen Umgestaltungen berechtigt, soweit bei Mietende der alte Zustand wieder hergestellt werden kann, AG Dortmund WuM 1991, 219.

Das ist etwa für die Anlage eines Teichs (LG Lübeck WuM 1993, 669), eines mit Platten belegten Platzes zum Aufstellen einer Hollywoodschaukel (KreisG Greifswald WuM 1992, 356 f.), Aufstellen eines kleinen Gartenhauses,2 Aufstellen eines Pavillonzeltes auf der Terrasse eines gemieteten Reihenhauses (LG Hamburg WuM 2007, 681), einer Hundehütte bei erlaubter Tierhaltung (AG Hamburg-Wandsbek WuM 1996, 401) oder von Spielgeräten (Doppelschaukel, Klettergerüst und Sandkiste: AG Kerpen ZMR 2002, 924), Anlage eines Spielplatzes (AG Bonn WuM 1994, 20) unter der Voraussetzung bejaht worden, dass die Anlagen fachgerecht errichtet werden und bei Vertragsende beseitigt werden können. Das Gleiche gilt für die Anpflanzung von Rankpflanzen, solange eine Gefährdung der Bausubstanz nicht gegeben ist (AG Köln WuM 1993, 604: auch Knöterich, AG Bonn WuM 1993, 735: kein Knöterich). 1 S. dazu Gather DWW 2003, 174; Walburg MietRB 2007, 298, 299. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 302.

788

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 156

Bedarf die Anpflanzung von Gehölzen und Bäumen nach der Satzung der vermietenden Genossenschaft ihrer schriftlichen Zustimmung, so kann sie von den Genossenschaftsmietern die Entfernung der ohne ihre Zustimmung gepflanzten Bäume verlangen, AG Hamburg-Blankenese ZMR 1998, 569.

Ferner soll die Gartennutzung bei Vermietung eines Einfamilienhauses mangels abweichender Vereinbarung mit umfassen, das im Garten wachsende Obst zu ernten, wenn der Mieter auch zur Gartenpflege verpflichtet ist, AG Leverkusen WuM 1994, 199.

Beeinträchtigt der Vermieter die Gartennutzung (indem er seinen Hund dort „Gassi“ führt), so soll der Mieter unbeschadet seiner sonstigen Rechte berechtigt sein, die Gartenpflege zurückzuhalten, LG Köln WuM 1996, 402.

Steht dem Mieter vertraglich die Gartennutzung zu, so schuldet er nur in beschränktem Umfang Pflegearbeiten, die weder besondere Fachkenntnisse noch einen besonderen Zeit- oder Kostenaufwand erfordern, nämlich solche einfachster Art wie Rasenmähen, Unkraut jäten, Laubharken, aber nicht Wiederherstellungsarbeiten wie Rasensanierung, Nachpflanzungen, Reparatur von Blumenkästen und der Terrassenbrüstung, Reinigung der Pflasterfugen,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.10.2004 – WuM 2004, 603 bei Anmietung eines Einfamilienhauses, LG Hamburg ZMR 2003, 265, ferner LG Siegen WuM 1991, 85, LG Marburg WuM 2000, 691.

Das gilt auch dann, wenn es im Mietvertrag heißt, dass der Garten vom Mieter „gärtnerisch zu unterhalten“ ist, LG Wuppertal WuM 2000, 353; anders LG Frankfurt a.M. NZM 2005, 338, wenn der Mieter die Gartenpflege unter Bezugnahme auf § 2 Nr. 10 BetrKV übernommen hat; in diesem Fall soll er verpflichtet sein, Bäume und Sträucher zu beschneiden, ggf. zu fällen und zu entfernen und Rasenflächen neu anzulegen. Kritik: Die Bezugnahme auf § 2 Nr. 10 BetrKV in einem Formular- oder Verbrauchervertrag ist nicht nur überraschend, sondern verstößt gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die weitgehende Übertragung der Gartenpflege umfasst auch Instandhaltungs- und Instandsetzungarbeiten und verstößt bei der Wohnraummiete gegen § 536 Abs. 4 BGB.

Auch ist der Mieter nicht verpflichtet, den Pflanzenwuchs am Haus auf Schadensentwicklungen zu beobachten, wenn es sich nicht um seine Pflanzungen handelt, AG Köln WuM 2002, 668.

Solange keine Verwahrlosung des Gartens droht, steht dem Vermieter mangels gegenteiliger Absprache hinsichtlich Art, Umfang und Häufigkeit der Pflegemaßnahmen kein Direktionsrecht zu, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.10.2004 – WuM 2004, 603, so auch LG Köln WuM 1996, 402: Die Ausübung der Gartenpflege unterliegt grundsätzlich nicht dem Direktionsrecht des Vermieters. 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 274.

789

156

Rn. VI 157

Mietgebrauch

ee) Gebäudeaußenteile – Reklame, Schilder – Briefkasten 157

Die Nutzung der Außenwand/Fassade des Gebäudes wird im Allgemeinen vom Mietgebrauch nicht mit umfasst, zumal diese Teile und Flächen dem Gestaltungsrecht des Vermieters etwa nach einem einheitlichen Aussehen unterliegen. Vorrangig ist jedoch ein abweichender Vertragsinhalt, der sich sowohl aus Vereinbarungen als auch aus einer über § 157 BGB wirkenden ortsabhängigen Verkehrssitte ergibt. Dies gilt auch für die Aussage, dass der Mieter von Gewerberäumen berechtigt ist, die Außenwand bis zur Unterkante der Fenster des darüber liegenden Geschosses für Reklamezwecke zu nutzen.1 Jedenfalls höher gelegene Wandteile werden regelmäßig vom Mietgebrauch nicht erfasst, OLG Saarbrücken – Urt. v. 31.3.2005 – MDR 2005, 1283 für Leuchtreklame.

158

Umstritten ist, ob der Mieter von Wohnraum berechtigt ist, Teile der Außenfront des Gebäudes einschließlich der Balkonbrüstung (auch nur vorübergehend) in Anspruch zu nehmen, um dort Plakate oder Schilder anzubringen. Dies soll vom Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen der Gestaltungsfreiheit des Vermieters auf Grund seines Eigentumsrechts und dem Recht der freien Meinungsäußerung des Mieters abhängen,2 LG Hamburg NJW 1986, 320 = ZMR 1985, 274,3 AG Göttingen WuM 1989, 299.4

Dagegen spricht nicht nur das Recht des Vermieters, die Außenhaut seines Gebäudes einheitlich zu gestalten, sondern auch seine Pflicht, den Hausfrieden zu wahren. Dazu zählt die Sorge um Neutralität innerhalb der Wohnanlage. Demgegenüber muss das Recht des Mieters auf freie Meinungsäußerung zurücktreten, wenn er sich dafür unerlaubt fremder Rechtsgüter bedient, zumal ihm auch andere Möglichkeiten zur Meinungsäußerung zu Gebote stehen; im Ergebnis wie hier, AG Wiesbaden ZMR 2003, 935.5

Das gilt erst recht und wird noch durch das Eigentumsgrundrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 GG verstärkt, wenn sich die Meinungsäußerung des Mieters gegen ein spekulatives, aber rechtlich zulässiges Verhalten des Vermieters richtet; anders, wenn die Gebäudesubstanz beeinträchtigt wird, VerfGH Berlin – Beschl. v. 2.1.2008 – NZM 2008, 517.6 1 S. zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 464; Staudinger/Emmerich Rn. 11; Fritz Rn. 69; Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 59. 2 S. zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 367 f.; Staudinger/Emmerich Rn. 12. 3 Zum Fall: 200 x 50 cm großes Plakat über der Balkontür gegen Atomwaffenstationierung. 4 Zum Fall: Spruchband gegen Volkszählung. 5 Zum Fall: 140 x 110 cm großer Bettbezug am Balkongeländer gegen Irak-Krieg. 6 Zum Fall: Abwerfen von Zetteln aus dem Fenster der Mietwohnung, Auslegen von Informationsblättern im Treppenhaus, nach deren Inhalt sich die Mieter gegen den Verkauf ihrer Wohnungen als Wohnungseigentum wehren. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist nicht zu beanstanden, in diesem Verhalten keinen Kündigungsgrund zu sehen.

790

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 159

Eine andere Bewertung zugunsten des Wohnraummieters ist angebracht, soweit es sich um das Anbringen von Plakaten, Schildern und Aufklebern innerhalb des geschützten Mietbereichs handelt, zu dem auch die Fenster von innen gehören. Das gilt auch, soweit hierdurch eine Außenwirkung erzielt wird, AG/LG Darmstadt ZMR 1982, 270, ZMR 1983, 13 für Plakat gegen Startbahn West, LG Aachen WuM 1988, 53 für Anti-Atomkraft-Plakat; anders LG Hamburg HmbGE 1980, 277 bei Anti-Gorleben-Plakat.

Die Grenze bildet – abgesehen von Texten und Abbildungen mit strafbarem Inhalt – die Wahrung des Hausfriedens. Vertragliche Erlaubnisvorbehalte sind zulässig. Soweit sie den Mietbereich betreffen, grenzen sie den typischen Mietgebrauch ein, so dass der Vermieter wichtige Gründe benötigt, wenn er die Erlaubnis versagen will.1 Hierzu zählt auch der Fall, dass sich der Inhalt gegen ihn oder seine wirtschaftlichen Aktivitäten richtet.

158a

Der Mieter hat einen Anspruch auf das Vorhandensein von Einrichtungen oder Vorkehrungen, damit ihm Post und Zeitungen ordnungsmäßig zugestellt werden können.2 Jedenfalls bei der Vermietung von abgeschlossenen Wohnoder Gewerbeeinheiten zählt das Vorhandensein eines Briefkastens oder eines Einwurfschlitzes in der Eingangstür zum üblichen Standard. Die Einrichtung muss so beschaffen sein, dass Sendungen jedenfalls im DIN A-4-Format aufgenommen werden können,

159

AG Charlottenburg NZM 2002, 163, s. auch AG Osnabrück WuM 2000, 329 zur Pflicht des Vermieters, den im Hausflur angebrachten Briefkasten des Mieters instandzusetzen.

Es genügt bei Gebäuden mit mehreren Wohn- oder Nutzereinheiten nicht, dass lediglich ein Hausbriefkasten oder Einwurfschlitz für alle Sendungen der verschiedenen Bewohner oder Nutzer vorhanden ist. Der Mieter hat lediglich einen Anspruch darauf, dass eine für ihn zumutbare Zustellmöglichkeit gewährleistet ist; Sache des Vermieters ist es, die Art und Weise zu bestimmen, wie er seiner Verpflichtung nachkommt. Zu einer Änderung der Zustellmöglichkeit ist er auf Grund seines Dispositionsrechts nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 3 BGB) befugt, sofern nicht eine besondere Zustellmöglichkeit ausdrücklich vereinbart ist. Er kann daher eine Hausbriefkastenanlage anstelle der bisherigen Wohnungsbriefkästen installieren (lassen). Der Vermieter kann einem Dritten die Ablage von für die Mieter bestimmte Sendungen auf den Gemeinschaftsflächen nicht verbieten, soweit von den abgelegten Gegenständen keine Belästigung oder Gefährdung ausgeht; das gilt auch, wenn die Sendungen nicht individuell adressiert und für mehrere oder alle Mieter eines Hauses bestimmt sind, 1 S. zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 369; Staudinger/Emmerich Rn. 12; Sternel Rn. II 191. 2 Bausch NZM 2006, 917; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 274.

791

Rn. VI 159a

Mietgebrauch

BGH – Urt. v. 10.11.2006 – NZM 2007, 37 = WuM 2007, 29 = ZMR 2007, 180 für die Verteilung von Branchenbüchern.1

159a

Der Mieter darf seinen Briefkasten im Rahmen der geschützten Meinungsfreiheit mit Aufklebern versehen; ein Mietshaus ist schließlich keine Mietskaserne. Ihn trifft aber hierbei die Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB auf die Belange des Vermieters und der Hausgemeinschaft, s. auch AG München WuM 1989, 231 bejahend für den Aufkleber „Keine Werbung einwerfen“.

Der Vermieter hat für den ordnungsmäßigen Zustand der Briefkästen einzustehen und muss Defekte beseitigen, soweit sie nicht vom Mieter zu vertreten sind. Er kann diesen nicht auf eine Kleinreparaturklausel (s. Rn. II 195) verweisen, wenn der Briefkasten sich nicht in der Wohnung befindet, AG Osnabrück WuM 2000, 329, s. auch AG Mainz WuM 1996, 701: Minderung von 1%.

d) Aufnahme von Personen und Drittüberlassung aa) Aufnahme von Personen in den Haushalt des Mieters 160

Das Recht des Mieters, dritte Personen in die Wohnung aufzunehmen, gilt nur für solche, die der sog. Kleinfamilie angehören,2 BayObLG – Beschl. v. 6.10.1997 – NZM 1998, 29 = WM 1997, 603 = ZMR 1998, 23, OLG Hamm NJW-RR 1997, 1370.

Dieser Kreis wird in der Rspr. familienrechtlich und nicht nach sozialen Gegebenheiten gezogen. Hierzu gehören der Ehegatte, eheliche oder nichteheliche Kinder, soweit sie noch keinen eigenen Hausstand haben, aber nicht der Lebensgefährte, Geschwister (BayObLG – RE v. 29.11.1983 – MDR 1984, 316 = WM 1984, 13 = ZMR 1984, 87), Schwägerin oder Schwiegerkinder, wenn das eigene Kind nicht in der Wohnung lebt. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz v. 16.2.20013 sind registrierte Lebenspartnerschaften homosexueller Paare der Ehe zum Teil gleichgestellt (§ 11 Abs. 1 LPartG). Das bedeutet mietrechtlich, dass der Mieter einen solchen Partner auch ohne Erlaubnis des Vermieters in die Wohnung aufnehmen darf. Das soll jedoch nicht für den nichtehelichen oder gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten gelten:4 BGH – Urt. v. 5.11.2003 – DWW 2004, 16 = NZM 2004, 22 = WuM 2003, 688 = ZMR 2004, 100: Für die Aufnahme eines Lebensgefährten in eine gemietete Wohnung bedarf der Mieter der Erlaubnis des Vermieters. Auf die Erteilung der Erlaubnis hat er im Regelfall einen Anspruch. 1 S. auch Anm. Schläger ZMR 2007, 181; einschränkend Derleder NJW 2007, 812, 813. 2 S. zu BGB § 540: Blank/Börstinghaus Rn. 21; Emmerich/Sonnenschein Rn. 3; Erman/ Jendrek Rn. 6, 7; MünchKomm/Schilling Rn. 5, 6; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 23; Staudinger/Emmerich Rn. 3, 4; Herrlein/Kandelhard Rn. 4 ff.; Gather DWW 2003, 174, 179. 3 BGBl. I 266. 4 MünchKomm/Schilling Rn. 82 vor § 535 BGB; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 254; Staudinger/Emmerich BGB § 540 Rn. 4.

792

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 161

Aus den Gründen: Die früher vielfach vorgenommene Unterscheidung zwischen „selbständigem“ und „unselbständigem“ Gebrauch mit der Folge, dass der Lebensgefährte des Mieters von vornherein nicht als Dritter i.S. von § 549 BGB a.F. galt, ist zu Recht aufgegeben worden. Daher ist zunächst jede Person, die nicht Partei des Mietvertrages ist, „Dritter“ i.S. des § 540 BGB; hiervon ausgenommen sind nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ebenso wie schon unter der Geltung des § 549 BGB a.F. die Familie des Mieters wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz des Art. 6 GG stehenden persönlichen Beziehung und – mit Rücksicht auf ihren nur kurzen Aufenthalt – Besucher des Mieters. Im Übrigen gilt jedoch, dass andere Personen als der Mieter unter den grundsätzlichen Erlaubnisvorbehalt des § 540 Abs. 1 BGB fallen. Die Mietrechtsreform gibt keinen Anlass zur Änderung der bisherigen Rspr. Der Wortlaut des § 540 BGB ist – abgesehen von dem nur sprachlich angepassten Begriff der „Mietsache“ an Stelle der „gemieteten Sache“ – unverändert geblieben. Auch der Gesetzgeber ist in der Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Mieter für die Aufnahme eines Lebenspartners zum Zwecke der Bildung oder Fortführung eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalts der Erlaubnis des Vermieters bedarf (Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 49). Allerdings hat die Mietrechtsreform die Rechtsstellung des Lebensgefährten durch das Eintrittsrecht im Falle des Todes des Mieters nach § 563 BGB gestärkt. Die dem zugrunde liegende allgemeine Wertentscheidung des MRRG rechtfertigt es jedoch nicht, abweichend vom konkret geäußerten Willen des Gesetzgebers den Lebensgefährten im Rahmen des § 553 BGB dem Ehegatten oder dem Lebenspartner i.S. von § 1 LPartG gleichzustellen. Wenn der Gesetzgeber eine solche Gleichstellung gewollt hätte, hätte es sich ihm aufgedrängt, eine der Vorschrift des § 563 Abs. 2 Satz 4 BGB entsprechende Bestimmung zur Klarstellung auch in § 553 BGB aufzunehmen. Im Übrigen besteht zwischen beiden Fallgestaltungen, die von §§ 540 und 563 BGB erfasst werden, ein Unterschied in tatsächlicher Hinsicht, der auch eine rechtliche Differenzierung rechtfertigt.

Gegen diese Auffassung bestehen Bedenken in rechtsdogmatischer und rechtspolitischer Hinsicht.1 Die Unterscheidung von selbständigem und unselbständigem Besitz als Kriterium für das Recht des Mieters, Personen in die Mietwohnung aufzunehmen, war nur eine Fortführung der überholten Ansicht, die vom Mieter in die Wohnung aufgenommenen Personen als Besitzdiener i.S. von § 855 BGB zu behandeln. Auch diese Unterscheidung ist inzwischen aufgegeben worden. Das bedeutet jedoch entgegen der Auffassung des BGH nicht, dass alle Personen, die der Mieter in die gemietete Wohnung aufnimmt, begrifflich als Dritte i.S. von § 540 BGB (früher § 549 BGB a.F.) anzusehen wären. Normzweck für die Erlaubnisbedürftigkeit der Untervermietung in § 540 BGB (ebenso wie in § 549 BGB a.F.) ist, dass dem Vermieter an Stelle des Mieters, dem er das Mietobjekt „anvertraut“ hat, nicht ein anderer Nutzer aufgedrängt wird. Ein solcher Nutzerwechsel findet faktisch jedoch nur statt, wenn der Mieter – entsprechend wie der Vermieter ihm gegenüber – das Mietobjekt ganz oder einen räumlich abgegrenzten Teil hiervon aus der Hand gegeben hat, und zwar derart, dass er sowohl von der Nutzung als auch von der unmittelbaren Obhut ausgeschlossen ist. Maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung zwischen der Aufnahme einer Person in den eigenen Haushalt 1 Dazu ausführlich Sternel PiG 65 (2002) S. 121, 123 f.; Sternel in Hausmann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, S. 361 ff., 390 f., 392 Rn. 59; zutreffend im dogmatischen Ansatz: Lammel BGB § 540 Rn. 3, 4.

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161

Rn. VI 162

Mietgebrauch

und der Drittüberlassung gemäß §§ 540, 553 BGB ist mithin nicht die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit des Besitzes, sondern die Ausgrenzung eines Teils des Mietobjekts aus dem Zugriffs- und Obhutsbereich des Mieters. Die Aufnahme eines Dritten in den Haushalt des Mieters verschließt diesen Bereich gerade nicht. Solange der Mieter in der Lage ist, seiner Obhutspflicht selbst nachzukommen, werden die Belange des Vermieters nicht berührt. Ob der Ehegatte oder Lebenspartner des Mieters oder dessen nichtehelicher Lebensgefährte die Mietsache mitbenutzt, geht ihn bezüglich der beiden erstgenannten Personen ohnehin nichts an und muss ihm für die letztgenannte Person gleichgültig bleiben. Durch einen Rückgriff auf Art. 6 GG lässt sich dagegen kein zivilrechtliches Abgrenzungsmerkmal schaffen. Da auch die „nichteheliche“ Familie dem Schutz des Art. 6 GG unterfällt, bleibt das Institut der Ehe als Schutzgut. Es wird verletzt, wenn andere Formen des Zusammenlebens besser- oder auch nur der Ehe gleichgestellt werden. Das schließt indes punktuelle Angleichungen verfassungsrechtlich nicht aus. Um eine solche würde es sich für den vorliegenden Fall handeln, zumal das Zusammenleben unverheirateter Paare längst soziale = gelebte Wirklichkeit ist. Dem hat sich der Gesetzgeber der Mietrechtsreform nicht gänzlich verschlossen, wie die zahlreichen Regelungen, die die nichteheliche Lebensgemeinschaft einbeziehen, zeigen (§§ 554 Abs. 2, 563, 563a, 574 , 577 Abs. 4 BGB). Zwar hat er zur Berechtigung des Mieters, einen Lebensgefährten in die Wohnung kraft Mietgebrauchs aufnehmen zu dürfen, nichts ausgesagt; denn er hat die Person des „Dritten“ in §§ 540, 553 BGB nicht definiert. Seine im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommene Auffassung, dass die Aufnahme eines Lebensgefährten den §§ 540, 553 BGB unterfalle,1 schließt nur aus, von einer „unbewussten Gesetzeslücke“ auszugehen, die durch Analogie (etwa zu § 11 LPartG) geschlossen werden könnte. Darum geht es aber nicht, sondern auf dem Prüfstand steht der dogmatische Ansatz des § 540 BGB. Der BGH hat diesen nicht einmal angedacht. Er verkennt zwar nicht, dass sich in neuerer Zeit die sozialen Anschauungen gewandelt haben, was die hetero- und homosexuellen Lebensgemeinschaften anbelangt. Er setzt diese Erkenntnis allerdings nur insoweit um, als er dem Mieter einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Aufnahme eines Lebensgefährten gibt, ohne seinen Wunsch – da auf höchstpersönlichen Motiven beruhend – begründen zu müssen. Indes bleiben die Beschränkungen, dass der Wunsch nach Zusammenleben erst nach Vertragsabschluss entstanden sein darf und dass der Mieter gehalten ist, diejenigen Angaben zu machen, die es dem Vermieter ermöglichen zu beurteilen, ob in der Person des Aufzunehmenden ein wichtiger Grund vorliegt, der die Versagung der Erlaubnis rechtfertigt.2 162

Nach hier vertretener Auffassung zählt die Aufnahme des nichtehelichen oder gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten ebenso zum erlaubnisfreien Mietge1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 49. 2 S. dazu Wiek WuM 2003, 690, 691.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 165

brauch wie die Aufnahme des Ehegatten oder Lebenspartners, weil eine „Überlassung“ schon tatbestandsmäßig nicht vorliegt.1 Ob der Mieter berechtigt ist, seine (pflegebedürftigen) Eltern aufzunehmen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab,

163

BayObLG – Beschl. v. 6.10.1997 – NZM 1998, 29 = WuM 1997, 603 = ZMR 1998, 23: Art und Zuschnitt der Wohnung, Überschreiten der Zahl der Personen, mit deren Aufnahme in die Wohnung der Vermieter rechnen musste; verneinend für den Bruder des Mieters: BayObLG – RE v. 29.11.1983 – WuM 1984, 13 = ZMR 1984, 87.

Der Wohnungsmieter kann jedoch einen Anspruch auf Erlaubnis zur Aufnahme des zuletzt genannten Personenkreises nach § 553 Abs. 2 BGB haben, sofern das berechtigte Interesse zur Aufnahme nach Abschluss des Mietvertrages entstanden ist. Das gilt – sofern man entgegen der hier vertretenen Auffassung der h.M. folgt – insbesondere für die Aufnahme eines Lebensgefährten, BGH – RE v. 3.10.1984 – BGHZ 92, 213 = NJW 1985, 130, BGH – Urt. v. 5.11.2003 – NZM 2004, 22 = WuM 2003, 688 = ZMR 2004, 100, OLG Hamm – RE v. 23.10.1991 – WuM 1991, 668 = ZMR 1992, 20, wenn eine kath. Kirchengemeinde Vermieterin ist.

Vor dem Hintergrund der gewandelten sozialen Anschauungen über heterooder homosexuelle Lebensgemeinschaften und der darauf beruhenden Wertentscheidungen des MRRG sind die Anforderungen an die Darlegung des berechtigten Interesses erheblich abgesenkt worden. Es genügt in der Regel der – nicht näher zu begründende, weil auf höchstpersönlichen Motiven beruhende – Wunsch des Mieters, eine solche Lebensgemeinschaft zu bilden oder fortzusetzen, BGH – Urt. v. 5.11.2003 – NZM 2004, 22 = WuM 2003, 688 = ZMR 2004, 100.

Der Mieter ist im eigenen Interesse gehalten, Name und Geburtsdatum – ob auch den Beruf, ist fraglich – derjenigen Personen, die er in die Wohnung aufnehmen will, dem Vermieter auf Befragen mitzuteilen,

164

LG Berlin WuM 1991, 483, AG Tempelhof-Kreuzberg GE 1994, 1267.

Rechtfertigung hierfür ist das Interesse des Vermieters an der Identifizierung des Untermieters für den Fall einer etwaigen Inanspruchnahme. Zu den erforderlichen Angaben bei der Untervermietung s. Rn. VI 175. Der Mieter ist berechtigt, für begrenzte Zeit Besuch aufzunehmen,2 sofern die Wohnung dadurch nicht überbelegt ist (Einzimmer-Appartement, möbliertes Zimmer, zur Überbelegung s. Rn. VI 196 f.). Der zeitliche Rahmen und die Abgrenzung zur Daueraufnahme hängen von den Umständen des Falles ab.3 1 Ebenso zu § 540 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 28; Herrlein/Kandelhard Rn. 7; Lammel Rn. 6. 2 S. dazu Blank/Börstinghaus BGB § 540 Rn. 29 f.; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 255; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 540 Rn. 33. 3 Zum Beispiel vom Anlass (studien- oder arbeitsplatzbedingter kürzerer Aufenthalt, Betreuung des Mieters oder der Mieterin infolge von Krankheit oder der Geburt eines Kindes) oder der – seltenen – Gelegenheit, einander zu sehen (Auslandsbesuch).

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165

Rn. VI 166

Mietgebrauch

Eine Frist von sechs Wochen entspricht einer gewissen Typik, kann aber auch überschritten werden (z.B. bei Pflegebetreuung, Trauerbegleitung, Schüleraustausch), s. AG Frankfurt a.M. WuM 1995, 396: Ein Zeitraum von 3 Monaten überschreitet die normale Besuchsdauer.1

Der Vermieter ist berechtigt, einem Besucher Hausverbot zu erteilen, wenn der Besucher gravierend den Hausfrieden stört, AG Wetzlar ZMR 2008, 634.

Das Anbringen einer eigenen Klingel, eines eigenen Briefkastens und Namensschildes sprechen für eine Daueraufnahme. Dagegen spricht die Überlassung eines Haus- und/oder Wohnungsschlüssels noch nicht für eine unerlaubte Drittüberlassung.2 bb) Drittüberlassung und Untermiete 166

Nach h.M. liegt eine Untervermietung oder Drittüberlassung i.S. von § 540 Abs. 1 BGB auch dann vor, wenn der Mieter dem Dritten den Mitgebrauch einräumt.3 Das ist insbesondere der Fall, wenn der Mieter Personen aufnimmt, die nicht zum Kreis derjenigen gehören, die er kraft seines Mietgebrauchs aufnehmen darf (s. Rn. VI 160).

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Dementsprechend ist die Aufnahme eines Gesellschafters durch einen Einzelkaufmann in die Geschäftsräume als Drittüberlassung gewertet worden,4 BGH – Urt. v. 25.4.2001 – GE 2001, 848 – MDR 2001, 862 = NZM 2001, 621 = ZMR 2001, 702: Die Aufnahme eines Gesellschafters in das auf dem vermieteten Grundstück vom Mieter betriebene Unternehmen ist als ein Fall der Untervermietung anzusehen (BGH LM § 242 [Cd] BGB Nr. 55 = ZMR 1959 S. 8, 89, Gelhaar in RGRK § 549 Rn. 3). Anderenfalls könnte der Mieter durch Gesellschafterwechsel vorzeitig aus dem Mietverhältnis ausscheiden, welches dann mit dem aufgenommenen Gesellschafter fortgesetzt werden würde, ohne dass der Vermieter mitwirken könnte (s. dazu BGH NJW 2001, 1056 = NZM 2001, 299). Der ursprüngliche Mieter würde nur noch zeitlich begrenzt für die Altschulden haften. 1 Für im Allgemeinen 6 Wochen: Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 3; Gather PiG 46 (1995) S. 61, 73, wobei es auf die örtliche Nähe zwischen Mieter und Besucher ankommen kann. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 256; Gather DWW 2003, 174, 179. 3 Entgegen manchen Interpretationen zu § 540 BGB (so Blank/Börstinghaus Rn. 27; Erman/Jendrek Rn. 8; Herrlein/Kandelhard Rn. 2) verficht der Verfasser in Mietrecht, 3. Aufl., Rn. II 239 ff. nicht die früher übliche Unterscheidung zwischen selbständiger und unselbständiger Gebrauchsüberlassung. Vielmehr stellt er darauf ab, ob sich der Mieter seiner tatsächlichen unmittelbaren Zugriffs- und Obhutsmöglichkeit entäußert hat oder nicht (s. Rn. II 240). Der Begriff des „Überlassens“ ist in § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB bedeutungsgleich, worauf Lammel (BGB § 540 Rn. 3, 4) zutreffend hingewiesen hat. 4 Bub/Treier Rn. III 1010 (Kraemer), IV 212 (Grapentin); Erman/Jendrek BGB § 540 Rn. 9; auch Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 11, 16 jedoch für einen Anspruch des Mieters auf Erteilung der Erlaubnis.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 169

Dagegen bestehen Bedenken. Entscheidendes Kriterium für die Anwendung des § 540 BGB ist, ob der Mieter die Mietsache bzw. die Obhut über sie aus der Hand gibt oder den jederzeitigen Zugriff auf sie in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht behält. Letzteres ist bei der Aufnahme eines Gesellschafters nicht anders zu bewerten als bei der Einstellung eines Geschäftsführers, der als bloßer Besitzdiener (§ 855 BGB) fungiert. Entgegen den Befürchtungen des BGH werden mit der Aufnahme eines Gesellschafters nicht die Weichen für einen etwaigen Mieterwechsel dahin gestellt, dass nunmehr die GbR Mieterin wird. Vielmehr bleibt der Mieter, auch wenn er seinen Mietbesitz in die Außen-GbR einbringt, alleiniger Vertragspartner des Vermieters, sofern dieser nicht einem Mieterwechsel zustimmt. Die Außen-GbR hat Mitbesitz nicht anders, als wie es bei der Aufnahme eines Ehegatten oder Lebenspartners durch den Wohnraummieter der Fall ist. Der Mieter behält den unmittelbaren Zugriff und die Obhut; er befindet sich in einer Doppelstellung als Vertragspartner des Vermieters und als Gesellschafter. Scheidet er aus der Gesellschaft aus, so ändert dies an seiner Vertragsstellung im Mietverhältnis nichts. Ob und in welchem Umfang die GbR das Mietobjekt weiter nutzen darf, ist eine Frage des Innenverhältnisses. Wird etwa das Rechtsverhältnis zwischen dem Mieter und der GbR nunmehr als Untermietverhältnis gestaltet, so ist hierfür die Erlaubnis des Vermieters nach § 540 BGB einzuholen. Die vom BGH angenommene Nachhaftungsbegrenzung gemäß § 738 BGB würde nur eintreten, wenn der Vermieter einem Mieterwechsel auf die GbR zustimmen würde, wozu er aber nicht verpflichtet ist.

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Ist dagegen die (Außen-)GbR Mieterin, so bedeutet die Aufnahme eines weiteren Gesellschafters keine Gebrauchsüberlassung i.S. von § 540 BGB,1 s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.2.2003 – NZM 2003, 237 = ZMR 2003, 424: Ist der Mietvertrag (hier: auf Vermieter- und Mieterseite) durch eine rechtsfähige GbR abgeschlossen, so hat ein Wechsel im Mitgliederbestand der Gesellschaft auf den Bestand des Mietvertrages keinen Einfluss.

aaa) Erlaubnis des Vermieters Der Vermieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine Erlaubnis zur Untervermietung zu erteilen. Dem entspricht, dass dem Mieter kein Recht zur Untervermietung zusteht. Ausnahmen hiervon sind: – Dem Mieter ist vertraglich das Recht zur Untervermietung des Mietobjekts ganz oder teilweise eingeräumt, – für den Mieter von Wohnraum entsteht nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Mietobjekts an einen Dritten zu überlassen (§ 553 Abs. 1 BGB, s. Rn. VI 179). Ausnahmsweise lässt sich auch für die Gewerberaummiete ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ableiten, wenn einerseits hieraus keine Nachteile für den Vermieter 1 Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 14.

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Rn. VI 170

Mietgebrauch

entstehen und andererseits die Untervermietung die finanzielle Belastung des Mieters senkt sowie weitere gewichtige Interessen an der Untervermietung hinzukommen,1 OLG Hamburg – Urt. v. 29.10.1993 – WuM 1993, 737.

Der Mieter kann einen Anspruch auf Erteilung der Untermieterlaubnis nicht im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen, weil dies zu einer endgültigen Erfüllung führen würde, LG Hamburg WuM 2000, 303.

170

Liegen die oben erwähnten Ausnahmen nicht vor, so steht es im freien Belieben des Vermieters, ob er die Untermieterlaubnis erteilen will. Enthält der gewerbliche Mietvertrag keine Abrede über die Berechtigung des Mieters zur Untervermietung,2 so macht sich der Vermieter regelmäßig nicht wegen einer Verletzung vertraglicher Nebenpflichten schadensersatzpflichtig, wenn er – selbst grundlos – einen vom Mieter präsentierten Untermieter ablehnt. Dies löst allenfalls die Berechtigung des Mieters zur Kündigung des Mietverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen Frist aus § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.4.1993 – WuM 1993, 399.

Die Erlaubnis unterliegt den Regeln für einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen (s. dazu Rn. VI 39).3 171

Soweit ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis besteht (zur Wohnraummiete s. Rn. VI 179), bezieht er sich auf den einzelnen Fall für eine bestimmte Untervermietung, s. BGH – Urt. v. 15.11.2006 – GE 2007, 142.

Allerdings kann vereinbart werden, dass die Erlaubnis „ein für allemal“ erteilt wird.4 Das lässt die Anzeigepflicht des Mieters und die Berechtigung des Vermieters, im Einzelfall einer Untervermietung zu widersprechen, unberührt. Der Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis steht bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite allen gemeinschaftlich zu; das gilt auch dann, wenn einer der Mieter aus der Wohnung ausgezogen ist und durch einen anderen Mitbewohner „ersetzt“ werden soll, LG Saarbrücken NJW-RR 1992, 781; anders LG Berlin NJW-RR 1992, 13.

1 Zum Fall: Der Mieter betrieb eine psychotherapeutische Praxis und erstrebte durch die Untervermietung an einen weiteren Therapeuten neben der wirtschaftlichen Entlastung, die Angebotspalette in zulässigem Rahmen zu erweitern. 2 Zur Gestaltung von Untervermietungsklauseln in Gewerberaummietverträgen s. Schmitz NZM 2003, 268; ferner Joachim NZM 2004, 892: Untervermietung im Shoppingcenter. 3 S. zu § 540: Emmerich/Sonnenschein Rn. 6; Lammel Rn. 15; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 42. 4 S. § 7 Nr. 4 S. 2 Deutscher Einheitsmietvertrag; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 540 Rn. 57.

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Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 174

Auch wenn der Vermieter einmal eine vertragswidrige Untervermietung durch den Mieter geduldet hat, folgt daraus nicht, dass der Mieter hieraus einen Anspruch auf erneute Untervermietung, die den Rahmen des Mietzwecks übersteigt, ableiten könnte,

172

OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.9.2002 – NZM 2003, 945 = WuM 2003, 136 = ZMR 2003, 349, s. auch AG Hamburg ZMR 2005, 297: Hat der Vermieter über längere Zeit eine Untervermietung geduldet, so erwächst nach Auszug des bisherigen Untermieters dem Mieter kein Recht zur erneuten Untervermietung.

Zur Form der Erlaubnis s. Rn. VI 40. Da es sich nicht um eine Vertragsänderung handelt, sondern um eine im Vertrag angelegte Dispositionsmöglichkeit, braucht die Schriftform nach § 550 BGB auch bei langfristigen Verträgen nicht gewahrt zu werden (LG Kiel WuM 1994, 610).1

173

Die Erlaubnis kann somit auch schlüssig erteilt werden. Nach OLG Hamburg – Urt. v. 17.8.1988 – NJW-RR 1988, 1481, 1482 Sp. 2 soll es genügen, dass der Mieter das Namensschild des Dritten an der Wohnungstür anbringt und der Hausmeister hiervon Kenntnis erhält, die sich der Vermieter zurechnen lassen muss, und dieser sich über längere Zeit (im Streitfall über drei Jahre) passiv verhält. Duldet der Vermieter die Untervermietung rügelos über eineinhalb Jahre, so ist hieraus die schlüssige Zustimmung gefolgert worden, LG Frankfurt a.M. DWW 1992, 84.

Dagegen bestehen Bedenken; denn auch schlüssige Erklärungen müssen von einem rechtsgeschäftlichen Willen getragen werden. Im Falle bloßer Duldung wird ein solcher Wille nur dann angenommen werden können, wenn der Vermieter ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das der Erklärungsempfänger bei objektiver Betrachtung nur als Zustimmung auffassen durfte. Die Kenntnis des Hausmeisters genügt nur, wenn er entsprechende Verwaltungsbefugnisse hatte, sofern nicht von einer Anscheins- oder einer Duldungsvollmacht ausgegangen werden kann. An eine einmal erteilte Erlaubnis ist ein nach § 566 BGB (oder § 565 BGB) in den Mietvertrag eintretender neuer Vermieter gebunden, LG Kiel WuM 1994, 610.

Der Streitwert der Klage auf Erteilung der Untermieterlaubnis ist anhand des Jahresbetrages der voraussichtlichen Untermiete festgesetzt worden, OLG Celle – Beschl. v. 15.7.1999 – NZM 2000, 190, KG – Beschl. v. 10.2.2006 – ZMR 2006, 528.

Zur Versagung der Erlaubnis aus wichtigen Gründen s. Rn. VI 191 f. Zu den Rechtsfolgen bei zu Unrecht versagter Untermieterlaubnis s. Rn. VI 207.

1 S. zu § 540 BGB: Staudinger/Emmerich Rn. 11; a.A. Schmidt-Futterer/Blank Rn. 42; zweifelnd auch Lammel Rn. 15.

799

174

Rn. VI 175

Mietgebrauch

bbb) Informationsobliegenheit des Mieters 175

Damit der Vermieter prüfen kann, ob in der Person des Dritten ein Grund für die Versagung der Erlaubnis vorliegt, wird der Mieter diesen benennen und auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte über dessen Verhältnisse erteilen müssen, soweit dies zuzumuten ist. Eine diesbezügliche Verpflichtung des Mieters besteht indes nicht. Vielmehr kann der Vermieter die begehrte Erlaubnis versagen, wenn der Mieter die erforderlichen Angaben unterlässt, ohne dass dieser nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB kündigen kann, LG Köln NZM 1999, 616, wenn der Mieter (auf Nachfrage des Vermieters) keine nähere Auskunft über den Untermieter erteilt.

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Allerdings wird dem Vermieter von Wohnraum lediglich ein beschränktes Informationsinteresse zugebilligt: Er kann nur Namen, Geburtsdatum und allenfalls den Beruf des künftigen Untermieters erfragen, dagegen keine Angaben über Geburtsort, letzte Meldeanschrift und Einkommensverhältnisse verlangen, LG Hamburg DWW 1991, 241 = NJW-RR 1992, 13 = WuM 1991, 585, LG Berlin GE 2005, 619: nur Namen und Anschrift.

Das soll auch gelten, wenn der Mieter einen Lebensgefährten in die Wohnung aufnimmt, soweit man hierfür mit der h.M. die Erlaubnis des Vermieters für erforderlich hält.1 177

Ein weitergehendes Informationsinteresse wird dem Vermieter von Gewerberaum zugebilligt, sofern der Untermieter in den Räumen ein eigenes Geschäft mit Außenwirkung betreibt. Da das Interesse des Vermieters regelmäßig dahin gehen wird, eine Fluktuation der Geschäftsbetreiber zu vermeiden,2 kann er Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Dritten, aber auch zu den Vertragsbedingungen der beabsichtigten Untervermietung verlangen, OLG Dresden – Urt. v. 29.4.2004 – DWW 2004, 150 = NZM 2004, 462:3 Nur wenn der Name des Untermieters, Adresse, Geburtsdatum und Beruf bekannt sind, ist dem Vermieter eine Beurteilung und die Einholung von Auskünften, insbesondere auch Kreditauskünften, möglich. Das gilt umso mehr, wenn dem Mieter eine Betriebspflicht obliegt und das Mietverhältnis noch einige Zeit andauert. Dem Vermieter müssen auf Nachfrage auch die Mietbedingungen des Untermietvertrages mitgeteilt werden, also Nutzungsart, Miethöhe, Laufzeit des Vertrages, etwaige Kündigungsmöglichkeiten und die Übernahme einer Betriebspflicht (s. auch OLG Hamm – Urt. v. 12.12.1995 – DWW 1996, 162); insoweit bestätigt von BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184 = MietRB 2007, 170 (Straßberger). 1 S. dazu Wiek WuM 2003, 690, 691. 2 Joachim NZM 2004, 892, 894 für Einkaufszentren; s. auch Stapenhorst NZM 2007, 795, 797. 3 Zum Fall: Der Vermieter ist Betreiber eines Einkaufszentrums. Im Mietvertrag ist eine Betriebspflicht vereinbart. Der Vermieter hat sich im Mietvertrag vorbehalten, die Zustimmung aus wichtigem Grund versagen zu können. Solche Gründe sollen insbesondere dann vorliegen, wenn durch die Untervermietung eine Konkurrenzsituation zu einem anderen Mieter entsteht. S. dazu die Besprechung von Joachim NZM 2004, 892.

800

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 179

Es ist nicht nötig, dass der Mieter sämtliche erforderlichen Angaben auf einmal macht, sondern er kann Informationen nachschieben; er muss dann aber deutlich machen, auf Verlangen des Vermieters hierzu bereit zu sein,1 s. BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184 = MietRB 2007, 170 (Straßberger): Der Mieter muss dem Vermieter den Dritten namentlich benennen und auf Nachfrage nähere Angaben zur Person machen.

Auch wenn der Mieter die erforderlichen Angaben gemacht hat, ist dem Vermieter eine angemessene Prüfungsfrist einzuräumen, um z.B. die Bonitätsunterlagen zu überprüfen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.8.2007 – GuT 2008, 122 = ZMR 2008, 783.

Der Mieter kann sich darauf beschränken, den Vermieter vorab zu fragen, ob er grundsätzlich mit einer Untervermietung einverstanden ist, um die überflüssige Suche nach einem Untermieter zu vermeiden. In diesem Fall besteht noch keine Informationsobliegenheit, es sei denn, dass der Vermieter zu bestimmten Positionen eine Aufklärung wünscht. Der Mieter muss allerdings deutlich machen, dass es sich nur um eine Vorabanfrage handelt und er im Falle eines konkreten Erlaubnisantrags die erforderlichen Angaben machen werde,2

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s. auch OLG Celle – Beschl. v. 5.3.2003 – NZM 2003, 396: Aus der Anfrage muss sich zumindest ergeben, dass dem Vermieter vorbehalten bleiben soll, nach konkreter Benennung eines Mietinteressenten dessen Bonität zu prüfen und bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die konkrete Erlaubnis versagen zu dürfen. Außerdem muss in der Anfrage deutlich gemacht werden, dass der Untermieter nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Mietzwecks gesucht werden wird.

Eine Informationsobliegenheit über die Person und die Verhältnisse des Untermietinteressenten besteht auch dann nicht, wenn der Vermieter von vornherein und endgültig die Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung verweigert, BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184 = MietRB 2007, 170 (Straßbeger): Lehnt der Vermieter die Untervermietung von vornherein generell und ausnahmslos ab, so kann der Mieter nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB kündigen, auch wenn er dem Vermieter noch keinen konkreten Interessenten für die Untervermietung benannt hat; LG Hamburg NZM 1998, 1003, LG Braunschweig WuM 1999, 216.

Zur Kündigungsbefugnis des Mieters, wenn der Vermieter auf eine Voranfrage schweigt oder die Untermieterlaubnis generell verweigert, s. Rn. VI 204, 205. ccc) Berechtigtes Interesse des Mieters von Wohnraum an der Teilüberlassung Durch die Mietrechtsreform ist die frühere Regelung des § 549 Abs. 2 BGB a.F. in Gestalt des § 553 BGB inhaltlich übernommen worden, so dass die bisherige Rspr. weiterhin zu beachten ist. 1 Stapenhorst NZM 2007, 795, 796 stellt dem zutreffend eine Obliegenheit des Vermieters gegenüber nachzufragen, wenn ihm die Informationen des Mieters nicht ausreichen; s. auch Joachim NZM 2004, 892, 894. 2 S. dazu Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 31.

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Rn. VI 180

Mietgebrauch

Nach wie vor hat der Mieter von Wohnraum einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Drittüberlassung/Untervermietung eines Teils der Mietwohnung. Der Vermieter kann die Erlaubnis nur dann versagen, wenn ihre Erteilung ihm nicht zuzumuten ist, insbesondere in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt oder die Wohnung übermäßig belegt werden würde (§ 553 Abs. 1 Satz 2 BGB), s. dazu Rn. VI 193, 196. Der gesetzliche Anspruch des Wohnungsmieters auf Erteilung der Untermieterlaubnis ist ohne Bedingungen, Auflagen und Befristungen zu erfüllen, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Erlaubnis gegeben sind, LG Hamburg WuM 1993, 737.

Zu den Rechtsfolgen bei unberechtigter Versagung der Untermieterlaubnis s. Rn. VI 207. 180

Der Mieter hat keinen generellen Anspruch auf Untervermietung der Wohnung. Zur Erlangung der Untermieterlaubnis muss er vielmehr stets einen konkreten Untermietinteressenten benennen, BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184 = MietRB 2007, 170 (Straßberger), KG – RE v. 11.6.1992 – DWW 1992, 240 = WuM 1992, 350 = ZMR 1992, 382.

Die Benennung ist schon deshalb erforderlich, damit der Vermieter prüfen kann, ob in der Person des Dritten ein wichtiger Grund i.S. von §§ 540 Abs. 1 Satz 2, 553 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegt (s. Rn. VI 175). 181

Der Kreis der berechtigten Interessen des Mieters von Wohnraum ist weit zu ziehen. Es genügt jedes Interesse von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht, BGH – RE v. 3.10.1994 – BGHZ 92, 213 = NJW 1985, 130.

182

So kann es auch auf wirtschaftlichen Gründen (z.B. Auszug eines Mitmieters nach Scheitern einer Wohngemeinschaft, Tod des Ehegatten-Mitmieters) beruhen, BGH – Urt. v. 23.11.2005 – NZM 2006, 220 = WuM 2006, 147 = ZMR 2006, 261: Senkung der Kosten doppelter Haushaltsführung, wenn der Mieter (zeitweise) seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung nicht mehr hat; LG Hamburg WuM 1989, 510, WuM 1994, 203, LG Landau ZMR 1989, 259, LG Köln WuM 1991, 483, AG Fürth WuM 1991, 32, AG Bielefeld WuM 1992, 122, LG Hamburg WuM 1998, 555: Ein berechtigtes Interesse ist zu bejahen, wenn die berufliche Entwicklung eines Mitmieters schon kurze Zeit nach der Anmietung es mit sich bringt, aus der Wohnung alsbald nach Einzug wieder auszuziehen, der andere Mitmieter sich die Wohnung jedoch durch Untervermietung erhalten will;

oder auf einer sonstigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Begründung des Mietverhältnisses, LG Mannheim WuM 1997, 263.

Jedoch setzt das berechtigte Interesse des Mieters an der Untervermietung eine solche Verschlechterung der Verhältnisse nicht voraus, 802

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 185

LG Berlin WuM 1993, 344, a.A. LG Frankfurt a.M. WuM 1993, 345: Die Erlaubnis setzt eine wirtschaftliche Notwendigkeit zur Untervermietung voraus.

Für ältere Mieter kann sich ein Anspruch auf eine Erlaubnis zur Untervermietung daraus ergeben, dass sie nach Auszug der Kinder der zunehmenden Vereinsamung vorbeugen wollen,

183

AG Hamburg WuM 1990, 500.

Als berechtigt ist auch das Interesse des Mieters angesehen worden, nach Auszug eines Mitmieters durch Aufnahme eines Untermieters weiter in einer Wohngemeinschaft leben zu können, LG Hamburg WuM 1992, 432.

Erforderlich soll sein, dass es sich um ein Interesse aus der unmittelbaren Sphäre des Mieters handelt; humanitäre und billigenswerte Gründe, die allein im Interesse des Untermieters geltend gemacht werden können, sollen für einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis nicht ausreichen, LG Berlin, AG Neukölln WuM 1994, 326.

Das ist abzulehnen. Wenn dem Mieter ein Anspruch zugebilligt wird, einen Partner aus Liebe aufzunehmen, warum dann nicht einen Mitmenschen aus Nächstenliebe? Das Bedürfnis zu helfen, kann nicht anders bewertet werden als sonstige ideelle Bedürfnisse.1 Sonderfälle – Auszug des Mieters aus der Wohnung

184

Ein Anspruch auf Erteilung der Untermieterlaubnis ist verneint und eine unerlaubte Drittüberlassung ist angenommen worden, wenn der Mieter aus der Wohnung auszieht und seine Familie (Ehegatte/Partner mit oder ohne Kinder) zurücklässt,2 AG Neukölln NJW-RR 1997, 584.

Das Gleiche soll gelten, wenn die Eltern (als Mieter) ausziehen und die Wohnung ihren Kindern überlassen, selbst wenn diese dort immer gelebt haben, LG Frankfurt NJW-RR 1993, 143: wenn sich der Mieter ins Altersheim begibt und die Wohnung der Enkelin und deren Lebensgefährten überlässt, LG Cottbus NJW-RR 1995, 524: wenn der Mieter seinen Hauptwohnsitz verlegt und die Wohnung seinem Sohn sowie dessen Familie überlässt, selbst wenn er sich noch ein Zimmer vorbehält, AG Hamburg/LG Hamburg ZMR 2005, 297 für Überlassung der Wohnung an nahe Angehörige.

Dem kann für die Fälle nicht gefolgt werden, in denen die Aufnahme in den Haushalt des Mieters schon vor dessen Auszug erfolgte.3 Ist die Aufnahme 1 S. auch Derleder WuM 1994, 305; kritisch dagegen AnwKomm/Hinz BGB § 553 Rn. 5; ablehnend Staudinger/Emmerich BGB § 553 Rn. 5. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 540 Rn. 23, § 553 Rn. 6, 8; Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 9; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 553 Rn. 6. 3 So im Fall des AG Neukölln NJW-RR 1997, 584.

803

185

Rn. VI 186

Mietgebrauch

einmal berechtigt gewesen, so ändert sich daran nichts, wenn der Mieter aus den Räumen auszieht, da eine Benutzungs- oder gar Residenzpflicht nicht besteht. Da sein Pflichtenkreis von seinem Auszug unberührt bleibt, wird die Überlassung nur dann vertragswidrig, wenn sie dazu führt, dass der Mieter seine Obhuts- und Gemeinschaftspflichten (z.B. ausreichendes Heizen und Lüften, Treppenreinigung, Wahrung des Hausfriedens) verletzt. Die gegenteilige Auffassung basiert auf der noch verbreiteten, aber überholten Vorstellung, das Mietobjekt sei dem Treugut ähnlich, das der Vermieter dem Mieter anvertraut habe. Sie geht angesichts der weitgehenden Anonymität der Vertragsbeziehungen an der Wirklichkeit vorbei. Ad absurdum führt sie sich, wenn sie auch Sachverhalte erfasst, nach denen die in der Wohnung aufgenommenen Dritten dem Vermieter bekannt und vertraut sind. Die Belange des Vermieters sind nur dann schutzwürdig, wenn der Mieter seinen Vertragspflichten nicht nachkommt oder dem Vermieter aus anderen Gründen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist (z.B. bei Streitsucht oder Unverträglichkeit des aufgenommenen Dritten mit der Hausgemeinschaft). 186

Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Mieter „noch einen Fuß in der Tür“ hat, um seinem Pflichtenkreis nachzukommen. Hier sind mehrere Fälle zu unterscheiden: Behält sich der Mieter noch einen Raum zur Nutzung vor und belässt die Wohnung im Übrigen nahen Angehörigen, die er berechtigt aufgenommen hatte und mit denen er schon zuvor einen gemeinsamen Haushalt geführt hatte, so liegt nach dem zuvor Gesagten schon tatbestandsmäßig keine Drittüberlassung i.S. von § 540 Abs. 1 BGB vor. Er ist zur dauernden eigenen Nutzung der Mietwohnung ohnehin nicht verpflichtet, LG Berlin HmbGE 1990, 99: Der Mieter nimmt zunächst die Tochter und 2 Enkelkinder auf, zieht dann aus der Wohnung aus, unterhält dort aber noch ein vollständig möbliertes Zimmer und hält sich regelmäßig in der Wohnung zur Kinderbetreuung, zum Kochen und Essen auf und übernachtet dort bis zu 4 x wöchentlich; LG Hamburg NZM 2000, 379: Aufnahme der Tochter und deren Sohn in die Wohnung der Mieterin, die sich überwiegend im Ausland aufhält.

Auch der vorübergehende Aufenthalt des Mieters im Altersheim und Aufnahme der Kinder während dieser Zeit ist nicht als (unerlaubte) Drittüberlassung gewertet worden, da keine Überlassung zum selbständigen Gebrauch erfolgt sei (LG Kiel WuM 1988, 125). 187

Behält sich der Mieter noch einen Raum zur Nutzung vor und überlässt die Wohnung im Übrigen Dritten, mit denen er zuvor keinen gemeinsamen Haushalt geführt hat, so liegt zwar tatbestandsmäßig eine Drittüberlassung i.S. von § 540 Abs. 1 BGB vor. Handelt es sich bei dem dem Mieter zur eigenen Nutzung vorbehaltenen Raum nicht nur um eine Scheinnutzung, so wird es darauf ankommen, ob dem Mieter ein berechtigtes Interesse an der Teilüberlassung der Wohnung nach § 553 Abs. 1 BGB zusteht. Das läuft darauf hinaus, ob ein solches Interesse voraussetzt, dass der Mieter noch seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung hat. Diese Frage war bisher umstritten. Sie wurde zu Gunsten des Mieters verneint, 804

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 188

LG Hamburg ZMR 2001, 973 (ZK 11); ebenso LG Hamburg NZM 2000, 379: Aufnahme der Tochter und des Enkelkindes in die Wohnung der Mieterin, die sich überwiegend auf Mallorca aufhält.

Dagegen wurde sie zuletzt überwiegend zu Gunsten des Vermieters bejaht, LG Frankfurt a.M. WuM 2002, 92: Der Mieter ist nicht berechtigt, die geräumte Wohnung seinen erwachsenen Kindern als Lebensmittelpunkt zu überlassen, nachdem er den eigenen Lebensmittelpunkt und überwiegenden Aufenthalt in das (überseeische) Ausland verlegt hat. Es besteht kein Recht zum Nutzeraustausch; LG Berlin ZMR 2002, 49: Der Mieter hat kein berechtigtes Interesse an der Untervermietung, wenn er außerdem eine andere Wohnung angemietet hat, um von dort aus seinen Lebensunterhalt zu verdienen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch die notwendige Kinderbetreuung dort erfolgt. Es reicht nicht, dass sich der Mieter nur 1–2 Male in der Wohnung aufhält. Sie muss als sein Lebensmittelpunkt angesehen werden können; ebenso LG Berlin GE 2005, 126, AG Neuss NZM 1999, 309, wenn der Mieter die Wohnung seiner Tochter überlässt und die Wohnung nur etwa zweimal wöchentlich aufsucht.

Der BGH neigt der ersteren Auffassung zu. Danach setzt der Anspruch des Wohnungsmieters auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung nicht voraus, dass er in der Wohnung seinen Lebensmittelpunkt hat, BGH – Urt. v. 23.11.2005 – NZM 2006, 220 = WuM 2006, 147 = ZMR 2006, 261: Bestünde ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung lediglich hinsichtlich derjenigen Wohnung, in der der Mieter zurzeit seinen Lebensschwerpunkt hat, könnte der mit den Kosten einer doppelten Haushaltsführung belastete Mieter im Einzelfall zur Aufgabe der Wohnung gezwungen sein, deren teilweise Untervermietung er begehrt, etwa weil die Wohnung, in der er sich überwiegend aufhält, wegen ihres Zuschnitts oder ihrer Größe für eine Untervermietung ungeeignet ist. Das würde dem Zweck des § 553 Abs. 1 BGB zuwider laufen, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, und wäre zudem mit seiner grundsätzlich anzuerkennenden Entscheidung, sein Privatleben „innerhalb der eigenen vier Wände“ nach seinen Vorstellungen zu gestalten, nicht zu vereinbaren.1

Man wird die Entscheidung des BGH dahin verstehen können, dass der Mieter die Wohnung nicht endgültig aufgeben will.2 Behält sich der Mieter keinen Raum zur Nutzung vor oder erfolgt der Vorbehalt nur zum Schein und überlässt er die Wohnung insgesamt nahen Angehörigen, mit denen er zuvor keinen gemeinsamen Haushalt geführt hat, oder sonstigen Dritten, so liegt ein Fall der Drittüberlassung i.S. von § 540 Abs. 1 BGB vor. Einen Anspruch auf Erlaubnis zur Drittüberlassung hat er nicht, da keine Teilüberlassung i.S. von § 553 Abs. 1 BGB vorliegt.

1 Zum Fall: Die Mieter einer ca. 115 qm großen 31/2-Zimmer-Wohnung hielten sich berufsbedingt überwiegend in jeweils anderen Wohnungen außerhalb von Berlin auf und begehrten die Erlaubnis zur Untervermietung von 2 Zimmern – mit Erfolg. 2 Die Entscheidung kommt der sozialen Wirklichkeit entgegen, dass ein Paar zusammenzieht, ohne dass der in die Wohnung des anderen einziehende Partner seine eigene Wohnung aufgibt, damit er im Falle des Scheiterns seiner Beziehung nicht obdachlos wird.

805

188

Rn. VI 189 189

Mietgebrauch

Zeitweise Überlassung der Wohnung an Dritte Ausnahmsweise und über § 553 Abs. 1 BGB hinausgehend ist ein Interesse des Mieters, den Wohnraum insgesamt an Dritte für eine kürzere Zeit zu überlassen, dann anzuerkennen, wenn es sich um einen überschaubar begrenzten Zeitraum handelt, z.B. wenn der Mieter arbeits- oder studienbedingt die Wohnung vorübergehend wechselt,1 oder für überschaubare Zeit (2 bis 3 Jahre) in Strafhaft geht, LG Hamburg WuM 1994, 535 (ZK 34) für mehrmonatigen Auslandsaufenthalt zu Studienzwecken, LG Berlin NJW-RR 1994, 1289 für mehrmonatigen Auslandsaufenthalt aus beruflichen Gründen, verneinend: LG Hamburg WuM 1994, 536 (ZK 11), LG Mannheim WuM 1997, 369.

Auch das kurzzeitige Überlassen der Wohnung zum Zwecke des Einhütens ist nicht als unzulässige Drittüberlassung gewertet worden, LG Lüneburg WM 1995, 704.

ddd) Verweigerung der Erlaubnis 190

Besteht kein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung (s. dazu Rn. VI 169), so kann der Vermieter die Erlaubnis verweigern, auch wenn er dafür keine wichtigen Gründe hat. Ein ohne Erlaubnis des Vermieters abgeschlossener Untermietvertrag ist gleichwohl wirksam, BGH – Beschl. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 167.

Die Verweigerung der Erlaubnis ist formlos wirksam. Auch wenn das Vorhandensein und die Angabe von Gründen nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Erlaubnisverweigerung ist, wird der Vermieter für verpflichtet gehalten, auf Verlangen des Mieters seine Gründe anzugeben, damit dieser die Entscheidung nachvollziehen und ggf. gerichtlich angreifen kann.2 Hat der Vermieter Gründe angegeben – sei es gefragt oder ungefragt –, so kann er andere Gründe, die ihm zum Zeitpunkt der Kündigung durch den Mieter bekannt waren, nicht mehr nachschieben, OLG Köln – Urt. v. 12.4.1996 – WuM 1997, 660 = ZMR 1997, 298.

Hat der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, wie etwa gemäß § 553 Abs. 1 BGB, so liegt eine Versagung der Erlaubnis auch dann vor, wenn der Vermieter ihre Erteilung von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen abhängig macht, die im Gesetz keine Grundlage haben, LG Hamburg WuM 1993, 737.

191

Gründe für die Verweigerung der Erlaubnis benötigt der Vermieter nur in folgenden Fällen: 1 Blank/Börstunghaus BGB § 553 Rn. 6, 7; Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 9; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 553 Rn. 7; Mutter ZMR 1998, 204. 2 S. zu § 540 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 62; Lammel Rn. 24; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 74.

806

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 193

– wenn der Mieter einen vertraglichen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat, jedoch ein wichtiger Grund für deren Verweigerung vorliegt, – wenn der Mieter von Wohnraum eine Erlaubnis zur teilweisen Untervermietung beansprucht, – wenn der Vermieter, der die Erlaubnis ohne Gründe verweigern darf, das Recht des Mieters zur außerordentlichen Kündigung ausschließen will. Bei der Wohnraummiete kann der Vermieter wie nach früherem Recht die Erlaubnis nur dann versagen, wenn ihre Erteilung ihm nicht zuzumuten ist, insbesondere in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt (§ 540 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder die Wohnung übermäßig belegt werden würde (§ 553 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine darüber hinausgehende Abwägung der Interessen zwischen Vermieter und Mieter erfolgt nicht,

192

BGH – RE v. 3.10.1984 – BGHZ 92, 213 = NJW 1985, 130.

Deshalb kann der Vermieter gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Erteilung der Erlaubnis nicht einwenden, er beabsichtige, die Mietwohnung zu verkaufen, LG Hamburg WuM 1994, 203.

Ebenso wenig liegt ein wichtiger Verweigerungsgrund darin, dass der Mieter durch die Untervermietung eine Einnahme erzielen würde, die höher als die von ihm zu entrichtende Miete ist.1 Gründe in der Person des Untermieters

193

Ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Untermieterlaubnis kann in der Person des ins Auge gefassten Untermieters liegen. Das gilt für die Gewerberaummiete ebenso wie für die Miete von Wohnraum (§§ 540 Abs. 1 Satz 2, 553 Abs. 1 BGB). Ein solcher Grund ist bejaht worden, wenn der Untermieter beabsichtigt, den Mietzweck zu ändern, z.B. die Räume teilgewerblich zu nutzen oder bei Vermietung von Gewerberäumen ein Geschäft anderer Branche zu betreiben, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031 = ZMR 1984, 275, 276: Der Mieter ist nicht berechtigt, die Mietsache zur Ausübung eines Gewerbes unterzuvermieten, das ihm selbst nach dem Mietvertrag nicht gestattet ist;2 OLG Köln – Urt. v. 12.4.1996 – WuM 1997, 620: Betrieb einer Kleintierarztpraxis statt einer Zahnarztpraxis; 1 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 540 Rn. 76. 2 Zum Fall: Im Gewerbemietvertrag war der Betriebszweck nicht angegeben. Der Mieter betrieb in den Räumen zunächst eine gewerbliche Autovermietung, seine Ehefrau eine Damenmode-Boutique; er beabsichtigte dann, die Räume an einen Dritten unterzuvermieten, der darin einen Sex-Shop betreiben wollte. Da der Vermieter widersprach, kündigte der Mieter außerordentlich. Da ein Vertragszweck im Mietvertrag nicht genannt ist, kommt es nach Auffassung des BGH darauf an, ob der Mieter selbst einen Sex-Shop in den Räumen hätte betreiben dürfen, was durch eine Vertragsauslegung zu klären war und zu einer Zurückverweisung an die Vorinstanz führte. Nach Herrlein/Kandelhard (BGB § 540 Rn. 29) hat die Angabe des Betriebszwecks im Mietvertrag ohnehin nur informativen Charakter.

807

Rn. VI 194

Mietgebrauch

OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – WuM 2002, 268, 269 = ZMR 2003, 180: wenn die Untervermietung dazu führen würde, dass in den Mieträumen nicht mehr (nur) das mit dem Mieter vereinbarte Warensortiment geführt werden würde; OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.2.2005 – NZM 2005, 421: wenn die Untervermietung dazu führt, dass der Vermieter einen anderen seiner Mieter als Untermieter an den Hauptmieter verliert und dadurch wirtschaftliche Nachteile erleidet;1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.8.2007 – GuT 2008, 122 = ZMR 2008, 783: Wenn der Mieter dem Untermieter einen weitergehenden Gebrauch einräumen will, als ihm selbst nach dem Mietvertrag gestattet ist; OLG Nürnberg – Urt. v. 3.11.2006 – NZM 2007, 567: Wenn zu befürchten ist, dass der Untermietinteressent in unzulässige Konkurrenz zu einem anderen Mieter, dem der Vermieter Konkurrenzschutz schuldet, treten würde;2 LG Traunstein ZMR 1998, 566: wenn Räume zum Betrieb einer Bäckerei vermietet sind und der Untermieter in den Räumen einen Pizzaservice mit Verabreichung von Speisen und Getränken betreiben will.

194

Bei der Wohnraummiete liegt dagegen kein wichtiger Grund vor, wenn der Mieter einer Wohnung an ein Ehepaar mit 3 kleinen Kindern untervermieten will, der Vermieter jedoch zum Nachteil der übrigen Mitbewohner Kinderlärm befürchtet, LG Stuttgart WuM 2002, 51, ähnlich LG Hamburg WuM 2002, 93, wenn die vorgeschlagenen Untermieter Ausländer mit einem Kind sind, der Vermieter aber nur Singles und keine Ausländer akzeptieren will.

Moralische oder ethische Gründe des Vermieters spielen keine Rolle,3 sofern sie nicht zumindest mittelbar dem Vertragszweck zugeordnet werden können, was wenigstens billigende Kenntnis des Mieters voraussetzt, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031 = ZMR 1984, 275, 276: Untervermietung zum Betrieb eines Sex-Shops, obwohl der Vermieter praktizierender Katholik ist: keine Anerkennung bloßer Gewissensnot, die im Mietvertrag oder in den Vertragsverhandlungen für den Mieter erkennbar keinen Niederschlag gefunden hat; OLG Hamm – RE v. 23.10.1991 – WuM 1991, 668 = ZMR 1992, 20: Aufnahme eines nichtehelichen Lebensgefährten durch die Mieterin einer Wohnung einer katholischen Kirchengemeinde: keine Ablehnung, weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft im Widerspruch zu Glauben und Lehre der Kirche stehe.

195

Die Solvenz des Untermieters ist zwar für Mietverhältnisse über Gewerberäume wichtig (s. BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184 = MietRB 2007, 170 (Straßbeger), OLG Dresden – Urt. v. 29.4.2004 – DWW 2004, 150 = NZM 2004, 462), nicht jedoch für Wohnraummietverhältnisse. Versagt der Vermieter von Wohnraum die Untermieterlaubnis wegen

1 Zum Fall: Der Mieter, der einen Küchenbetrieb unterhielt, beabsichtigte die Untervermietung an eine Firma S., die ihrerseits Mieterin des Vermieters war und abgeworben werden sollte. 2 Zum Fall: verneinend, wenn der Untermietinteressent ein Orientfachgeschäft führen will, und ein anderer (Haupt-)Mieter, der einen Baumarkt betreibt, u.a. auch mit Bodenbelägen handelt. 3 Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 26.

808

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 197

fehlender Solvenz des Untermieters, so ist der Mieter berechtigt, gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB außerordentlich zu kündigen, LG Berlin NZM 2002, 947.

Hat er einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, so kann er auch nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen und ggf. einen Kündigungsfolgeschaden geltend machen. Überbelegung

196

Die infolge der Untervermietung zu befürchtende übermäßige Überbelegung der Mietwohnung ist in § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB als Verweigerungsgrund geregelt. Die Überbelegung bildet auch die Grenze für die Befugnis des Mieters, Angehörige oder sonst Dritte in die Wohnung aufzunehmen.1 Ist mietvertraglich die Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen begrenzt, so soll die Aufnahme weiterer Angehöriger eine schwerwiegende Vertragsverletzung sein, LG Köln WM 1981, 161 bei Aufnahme nachgeholter Angehöriger aus der Türkei, ebenso AG Hamburg ZMR 2004, 913 für die Klausel „Die Vermietung gilt nur für 3 Personen“.2

Dem kann nicht gefolgt werden, da eine solche Abrede dem Mieter von vornherein das Recht zur Drittüberlassung nimmt, ohne dass die nach § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB gebotene Interessenabwägung durchgeführt wird, sondern deren Ergebnis zu Gunsten des Vermieters vorweggenommen wird. Sie verstößt daher gegen § 553 Abs. 3 BGB und als Formularklausel oder Verbrauchervertragsabrede gegen §§ 307 Abs. 1, 310 Abs. 3 BGB. Anhaltspunkte dafür, ob eine Überbelegung gegeben ist, können sich aus den landesrechtlichen Vorschriften zur Wohnungspflege ergeben. Als Faustregel kann gelten, dass die Zahl der Bewohner die Zahl der Wohnräume über 6 qm um nicht mehr als eine Person, bei 3 bis 4-Zimmer-Wohnungen um nicht mehr als 2 Personen überschreiten soll. Eine 3-Zimmer-Wohnung wäre also mit 5 Personen noch nicht überbelegt. Eine andere Faustregel besagt, dass die Wohnung überbelegt ist, wenn nicht für jede Person eine Wohnfläche von 8 bis 10 qm zur Verfügung steht,3 wobei Bad, Küche und Nebenräume einbezogen sind, s. auch LG Kempten WM 1997, 371: je Person 10 qm Wohnfläche, AG Nürnberg WuM 1991, 690: je Person 12 qm Wohnfläche.

1 Blank/Börstinghaus BGB § 540 Rn. 25; Emmerich/Sonnenschein BGB § 540 Rn. 4, § 553 Rn. 9. 2 Zum Fall: Der Mieter, der die Wohnung nur noch gelegentlich benutzte, hat diese an drei Personen überlassen. Das AG sah darin eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung, da nur an zwei Personen hätte untervermietet werden dürfen. 3 S. auch Schmidt-Futterer/Blank BGB § 535 Rn. 526, § 540 Rn. 27: keine Überbelegung, wenn auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zu 13 Jahren ein Raum von ca. 12 qm entfällt.

809

197

Rn. VI 198 198

Mietgebrauch

Eine Überbelegung ist bejaht worden: für eine Wohnung mit 49 qm, belegt mit 2 Erwachsenen und 5 Kindern (LG Mönchengladbach ZMR 1991, 110), für eine 3-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad, belegt mit 7 Personen (AG Zwickau WM 1996, 409), für eine Wohnung mit 61 qm, 3 Zimmer, belegt mit 2 Erwachsenen und 7 Kindern (AG Duisburg ZMR 1990, 183).

Eine Überbelegung ist verneint worden: für eine Wohnung mit 30 qm, belegt mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern (AG Köln WM 1990, 508), für eine 2-Zimmer-Wohnung mit 65 qm, belegt mit 2 Erwachsenen und einem Kind (AG Limburg/Lahn WM 1990, 509), für eine Wohnung mit 78 qm, bewohnt von 7 Personen (LG Kempten WM 1997, 371), für eine 95 qm große 41/2-Zimmer-Wohnung, die von einem Paar mit 3 kleinen Kindern bewohnt wird (LG Stuttgart WuM 2002, 51), für eine 65 qm große Wohnung für ein Ehepaar mit einem Kind (LG Hamburg WuM 2002, 93).

Bei vertragswidriger Überbelegung kann der Vermieter Abhilfe nach § 541 BGB verlangen. Das ist allerdings problematisch, wenn die Überbelegung auf der Geburt von Kindern oder einer Familienzusammenführung beruht und der Mieter nach seinem sozialen Status und seinen finanziellen Verhältnissen nicht in der Lage ist, eine größere Ersatzwohnung anzumieten. Hier wird Abhilfe nur verlangt werden können, wenn es zu weiteren Vertragswidrigkeiten wie Verwahrlosung oder Hausfriedensstörungen kommt. Ein Recht zur fristlosen Kündigung besteht ohnehin nur unter der Voraussetzung, dass die Mietsache durch Vernachlässigung der Sorgfalt erheblich gefährdet wird (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Eine konkret nachweisbare Gefährdung des Mietobjekts ist danach erforderlich, BGH – RE v. 14.7.1993 – BGHZ 123, 233 = NJW 1993, 2528 = WuM 1993, 529 = ZMR 1993, 508.

Es kommt also auf die Auswirkungen der Überlegung an, z.B. was die Erforderlichkeit von Schönheitsreparaturen oder die Wahrung des Hausfriedens (z.B. Gefahr von Lärm, soweit er nicht sozialadäquat ist, s. dazu Rn. VI 287, 289) anbelangt. 199

Der Vermieter von Wohnraum kann die Erteilung der Erlaubnis davon abhängig machen, dass der Mieter sich mit einer angemessenen Mieterhöhung einverstanden erklärt, wenn ihm nur unter dieser Voraussetzung die Erlaubniserteilung zuzumuten ist (§ 553 Abs. 2 BGB, s. dazu Rn. VI 58). Damit soll nicht ein Gewinn aus der Untervermietung abgeschöpft, sondern die Nachteile ausgeglichen werden, die dem Vermieter aus der Untervermietung entstehen können. Das folgt aus der Verknüpfung mit der Zumutbarkeit. Anders als bei der allgemeinen Erlaubnis zur Untervermietung nach § 540 Abs. 1 BGB besteht hier ein Anspruch des Mieters auf Erlaubniserteilung, der nicht von vornherein mit einem Untermietzuschlag „belastet“ ist. Die Zumutbarkeit ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen und etwa zu verneinen, wenn durch die Drittüberlassung weder eine stärkere Abnutzung noch ein wesentlich erhöhter Betriebskostenanfall zu befürchten ist.1 Das ist insbeson1 Bei einer Betriebskostenvollumlage kommt dem letzteren Gesichtspunkt ohnehin nur geringe Bedeutung zu.

810

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 200

dere der Fall, wenn die Anzahl der bisherigen Bewohner in der Wohnung gleich bleibt. Die Vereinbarung in einem Mietvertrag über Wohnraum, dass im Falle des Einzuges einer weiteren Person in die Wohnung ein Mietzuschlag in Höhe eines bestimmten Betrages zu zahlen ist, ist unwirksam, weil Grund und Höhe des Zuschlags von der Zumutbarkeit abgekoppelt sind,

199a

so im Ergebnis auch AG Langenfeld WuM 1992, 477; anders LG Köln WuM 1990, 219.

Das gilt erst recht, wenn der Untermietzuschlag formularmäßig festgelegt wird, AG Hamburg-Altona WuM 1999, 610.

Aus dem gleichen Grund erscheinen auch sog. Richtsätze – z.B. 20% der Untermieteinnahmen – oder die Anknüpfung an die ortsübliche Miete bedenklich.1 Die Einzelfallbewertung wird sich vielmehr an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren haben, die in § 26 Abs. 3 NMV geregelt sind; denn in ihnen hat der Gesetzgeber seine Vorstellungen über die Angemessenheit des Mietzuschlags bei Untervermietung von preisgebundenem Wohnraum konkretisiert. Ihre Einbindung in das System der preisrechtlichen Kostenmiete legt es nahe, dass lediglich wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen werden sollten.2 Dieser Aspekt korrespondiert mit dem Begriff der Zumutbarkeit in § 553 Abs. 2 BGB. Die Ansätze in § 26 Abs. 3 NMV können in Bezug auf preisfreien Wohnraum aber nur von der Größenordnung her herangezogen werden, so dass ohne weiteres auch ein Mehrfaches der in § 26 Abs. 3 NMV geregelten Zuschläge angemessen sein kann. Ein Zuschlag von 20 Euro dürfte aber schon die obere Grenze bilden. Nimmt der Mieter eine Person im Rahmen seines Mietgebrauchs auf (s. Rn. VI 160), so ist ein Zuschlag nicht gerechtfertigt, weil in diesem Fall keine Drittüberlassung vorliegt. Das gilt nach hier vertretener Auffassung auch für die Aufnahme eines Lebensgefährten (s. Rn. VI 162). Bei anderer Wertung ist ebenfalls kein Raum für einen Untermietzuschlag; denn eine Unzumutbarkeit für den Vermieter ist ebenso wenig zu erkennen wie im Falle der Aufnahme eines Ehegatten, nahen Angehörigen oder eines Lebenspartners.

199b

Die Parteien können bei Mietverhältnissen, die sich nicht auf Wohnraum beziehen, Gründe für die Verweigerung der Untermieterlaubnis vereinbaren, die unterhalb der Schwelle eines wichtigen Grundes liegen,3

200

OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.2.2005 – DWW 2005, 106 = NZM 2005, 421. 1 S. zu § 553 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 19; Emmerich/Sonnenschein Rn. 11; SchmidtFutterer/Blank Rn. 17; Staudinger/Emmerich Rn. 17; Pauly WuM 2008, 320, 321. 2 S. zu § 553 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 6; Lammel Rn. 25; MünchKomm/Schilling Rn. 11. 3 Die Klausel lautet: „Ohne Zustimmung des Vermieters darf der Mieter die Mietsache weder ganz oder teilweise untervermieten oder ihren Gebrauch Dritten in anderer Weise überlassen. Insbesondere darf die Mietsache nicht zu einem Zweck benutzt werden, der den Interessen des Vermieters entgegensteht“.

811

Rn. VI 201

Mietgebrauch

Bei der Wohnraummiete sind derartige Vereinbarungen unwirksam, soweit es den Anspruch des Mieters auf Erlaubnis zur Abvermietung nach § 553 Abs. 1 BGB anbelangt (s. § 553 Abs. 3 BGB). Das gilt z.B. für die Vereinbarung über die Begrenzung der Anzahl der Personen, die in der Wohnung leben dürfen (s. Rn. VI 196). eee) Außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters 201

Das außerordentliche Kündigungsrecht des Mieters nach § 540 Abs. 2 BGB ist gegeben, wenn der Vermieter die Erlaubnis versagt, ohne dass in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt.1 Dieses Recht ist im Kontext zu § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zu sehen: Der Mieter trägt nach letzterer Vorschrift das Gebrauchsrisiko. Um dieses Risiko zu mindern, kann er den Weg der Untervermietung wählen, wofür er die Erlaubnis des Vermieters benötigt, weil dieser sich einen anderen Gewahrsamsinhaber als Nutzer nicht aufdrängen zu lassen braucht. Verweigert er die Erlaubnis aber, ohne dass dafür ein Grund vorliegt, so soll er nunmehr wieder das Vermietungsrisiko tragen, sofern der Mieter kündigt. Beide Vorschriften ergeben daher einen gesetzlich vorprogrammierten Interessenausgleich. Es erscheint verfehlt, die Ausübung des Sonderkündigungsrechts in die Nähe des Rechtsmissbrauchs zu rücken, wenn der Mieter hiervon Gebrauch macht, um sich aus einem lästig gewordenen oder wirtschaftlich nicht mehr tragbaren Mietverhältnis zu lösen; denn eben dies entspricht dem Ergebnis der gesetzlichen Interessenabwägung.2

202

Abdingbarkeit Nach herrschender Meinung ist der formularmäßige Ausschluss des Sonderkündigungsrechts des Mieters bei Versagung der Untermieterlaubnis nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls bei der Wohnraummiete unzulässig,3 ausführlich LG Hamburg ZMR 1992, 452, vgl. auch LG Ellwangen WuM 1982, 297.

Das gilt aber auch für die Vermietung von Gewerberaum, wenn eine Untervermietung nicht vertraglich ausgeschlossen ist,4 jedoch der Vermieter die erforderliche Erlaubnis nach Belieben verweigern kann, BGH – Urt. v. 24.5.1995 – BGHZ 130, 50, 57 = NJW 1995, 2034 = WuM 1995, 481 = ZMR 1995, 387, LG Bonn NZM 2003, 297, 298 bei längerfristigem Mietvertrag über Gewerberäume; anders OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.6.1994 – WuM 1994, 467, auch BGH – Urt. v. 4.7.1990 – BB 1990, 1796 für Finanzierungsleasing wegen des Eigengepräges dieses Vertragstyps.

Die Regelung in einem gewerblichen Mietvertrag „Untervermietung, Tausch oder anderweitige Gebrauchsüberlassung der gesamten Mieträume oder eines 1 S. dazu Schönleber NZM 1998, 948. 2 Dazu Schönleber a.a.O.; Seyfarth NZM 2002, 200, 201. 3 S. zu § 540 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 58; Lammel Rn. 25; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 66; Kandelhard BB 1995, 2596, 2602; Seyfarth NZM 2002, 200, 202. 4 Zur Zulässigkeit der Abdingbarkeit des Rechts zur Untervermietung s. Bub/Treier Rn. II 505; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 540 Rn. 62; Seyfarth NZM 2002, 201.

812

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 203

Teils davon sind ohne vorherige Zustimmung des Vermieters untersagt ...“ schließt das Kündigungsrecht gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht aus, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.8.2007 – GuT 2008, 122 = ZMR 2008, 783.

Dagegen wird der Ausschluss des Rechts der außerordentlichen Kündigung durch eine Individualvereinbarung bei Mietverhältnissen über Gewerberäume für zulässig gehalten,1 LG Berlin MM 1996, 453.

Bei Mietverhältnissen über Wohnraum verstößt der generelle Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts außerdem gegen § 553 Abs. 3 BGB, weil von der Klausel auch die Abvermietung erfasst wird und die Klausel nicht trennbar ist. Voraussetzungen des außerordentlichen Kündigungsrechts

203

Das außerordentliche Kündigungsrecht des Mieters setzt voraus, – dass der dem Vermieter benannte Untermietinteressent bereit ist, einen Untermietvertrag abzuschließen, – dass kein Grund zu Verweigerung der Untermieterlaubnis besteht (s. Rn. VI 190 f.). Die Abschlussbereitschaft des Untermietinteressenten muss der Mieter beweisen. Stellt sich nach verweigerter Erlaubnis und darauf erklärter Kündigung des Mieters die fehlende Bereitschaft des Untermietinteressenten heraus, so ist die Kündigung unwirksam, AG Pinneberg ZMR 1999, 35.

Auch steht dem Mieter das außerordentliche Kündigungsrecht nicht zu, wenn der Dritte vom Abschluss des Untermietvertrages Abstand nimmt, weil der Vermieter nicht bereit ist, das bestehende Hauptmietverhältnis zu verlängern und so dem Dritten eine längere Nutzzeit zu ermöglichen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.11.1997 – DWW 1998, 20.

Die Untermieterlaubnis gilt als verweigert, wenn der Vermieter sie nur unter Bedingungen erteilen will, die im Mietvertrag keine Stütze finden,2 BGH – Urt. v. 8.5.1972 – NJW 1972, 1267 = WuM 1972, 125 = ZMR 1972, 277: Der Mieter soll den vertragsgemäßen Gebrauch in demselben Umfange, wie er ihm eingeräumt ist, Dritten überlassen dürfen. Deshalb ist eine eingeschränkte Erlaubnis ebenso zu behandeln wie die Versagung der Erlaubnis überhaupt;3 LG Hamburg WuM 2002, 93: Untervermietung nur an Singles, nicht an Ausländer, LG Berlin NZM 2002, 947: Versagung der Untermieterlaubnis wegen unzureichender Kreditwürdigkeit des Untermieters von Wohnraum, 1 S. zu § 540 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 62; Staudinger/Emmerich Rn. 19, 20. 2 S. zu § 540 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 36; MünchKomm/Schilling Rn. 19; SchmidtFutterer/Blank Rn. 73; Staudinger/Emmerich Rn. 17. 3 Zum Fall: Der Vermieter machte die Erlaubnis zur Untervermietung von Gewerberäumen zum Betrieb eines Friseurladens u.a. davon abhängig, dass ein Kellerraum aus dem Mietobjekt herausgenommen wurde und eine nach dem Mietvertrag gestattete Außenreklame zu unterbleiben hatte.

813

Rn. VI 204

Mietgebrauch

AG Hamburg-Harburg WuM 2000, 188: Untervermietung (ohne erkennbaren Grund) nur an Frauen sowie Fragebogen über die Verhältnisse des Untermietinteressenten entsprechend denjenigen vor Abschluss eines Hauptmietvertrages über Wohnraum.

Zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn der Mieter einen gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch auf Erteilung der Untermieterlaubnis hat, die der Vermieter unberechtigt versagt, s. Rn. VI 207. 204

Der Mieter muss den Untermietinteressenten und dessen Verhältnisse, im Rahmen von Mietverhältnissen über Gewerberaum auch weitere Umstände so konkret benennen, dass der Vermieter die Eignung des Untermietinteressenten prüfen kann (s. Rn. VI 175, 177); ihm ist dafür eine angemessene Prüfungsfrist einzuräumen, insbesondere um bei der Gewerberaummiete die Bonitätsunterlagen zu überprüfen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.8.2007 – GuT 2008, 122 = ZMR 2008, 783.

Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters ist danach verneint worden, wenn der Vermieter die Erlaubnis zu einer Untervermietung auf einen Antrag des Mieters versagt hat, in der dieser ohne Benennung einer konkreten Person lediglich erklärt hat, einen Untermieter suchen zu wollen, der in den Mieträumen irgendein öffentlich-rechtlich zulässiges Gewerbe betreiben wolle, OLG Celle – Beschl. v. 5.3.2003 – NZM 2003, 396: Aus der Anfrage des Mieters muss sich zumindest ergeben, dass dem Vermieter vorbehalten bleiben soll, nach konkreter Benennung eines Untermietinteressenten dessen Bonität zu prüfen und bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die konkrete Erlaubnis versagen zu dürfen. Außerdem muss in der Anfrage deutlich gemacht werden, dass der Untermieter nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Mietzwecks gesucht wird; LG Braunschweig WuM 1999, 570, wenn der Mieter keine konkreten Untermietinteressenten benennt, LG Köln NZM 1999, 616, wenn der Mieter keine näheren Auskünfte über den Untermietinteressenten erteilt, LG Mönchengladbach WuM 1999, 570, wenn der Mieter allgemein um Zustimmung zur Untervermietung bittet, aber eine vom Vermieter gestellte Antwortfrist unbeachtet lässt.

Der Mieter kann nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB auch dann kündigen, wenn er den Vermieter zunächst nur unzureichend über die Person des Untermieters unterrichtet, dieser Fehler sich aber auf die Versagungsentscheidung nicht auswirkt, OLG Nürnberg – Urt. v. 3.11.2006 – NZM 2007, 567.

205

Lehnt der Vermieter die Erteilung der Untermieterlaubnis von vornherein und generell ab – sei es mit, sei es ohne vorherige Anfrage des Mieters –, so ist dieser auch dann zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn er keinen konkreten Untermietinteressenten vorgeschlagen hatte, BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127 = ZMR 2007, 184 = MietRB 2007, 170 (Straßberger), LG Berlin WuM 1998, 725, ZMR 2001, 969, LG Hamburg NZM 1998, 1003, AG Bergisch Gladbach WuM 1999, 514.

814

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 206a

Umstritten ist, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Mieter das Sonderkündigungsrecht zusteht, wenn der Vermieter sich auf eine Anfrage des Mieters nicht äußert.1 Die ältere Rspr. neigte dazu, diesen Fall ebenso zu behandeln wie bei einer von vornherein erklärten generellen Ablehnung der Erlaubnis und dem Mieter das außerordentliche Kündigungsrecht auch in diesem Fall zuzubilligen,

206

LG Nürnberg-Fürth WuM 1995, 587 für den Fall, dass der Vermieter eine befristete Anfrage nicht beantwortet, LG Berlin NZM 1999, 405 (generelle Versagung), LG Berlin NZM 2001, 231 (unbeantwortete Anfrage).

Die neuere Rspr. ist differenzierter:2 Einerseits ist es nicht als generelle Verweigerung der vom Mieter allgemein – ohne Benennung eines bestimmten Untermietinteressenten – erbetenen Erlaubnis zur Untervermietung anzusehen, wenn der Vermieter sich dazu nicht innerhalb einer ihm vom Mieter gesetzten angemessenen Frist äußert; denn der Mieter hat gegenüber dem Vermieter keinen Anspruch auf Abgabe einer Erklärung zu der generellen Frage, ob er mit der Untervermietung einverstanden ist, solange der Mieter dem Vermieter keinen konkreten Untermietinteressenten benennt (s. KG – RE v. 11.6.1992 – WuM 1992, 350), OLG Koblenz – RE v. 30.4.2001 – NZM 2001, 591 = WuM 2001, 272 = ZMR 2001, 530 = MDR 2001, 983, LG Gießen NZM 2000, 617 = WuM 1999, 458, LG Mönchengladbach WuM 1999, 570.

Andererseits ist dem Mieter das Kündigungsrecht unter besonderen Voraussetzungen zugebilligt worden, wenn der Vermieter sich innerhalb der vom Mieter gesetzten angemessenen Frist zur Mitteilung, ob er der Untervermietung zustimme, nicht geäußert hat, nämlich – wenn der Mieter den Zugang seines Schreibens z.B. mit Einschreiben/Rückschein sichergestellt hat, – in dem Schreiben einen konkreten Untermieter mit Namen und Anschrift benannt hat und – mit der angemessenen Fristsetzung die Ankündigung verbunden hat, dass er ein Schweigen des Vermieters innerhalb der Frist als Verweigerung der Zustimmung werten werde, OLG Köln – Urt. v.1.9.2000 – WuM 2000, 598 = ZMR 2001, 186, ähnlich LG Gießen NZM 2000, 617 = WuM 1999, 458, KG – Urt. v. 11.10.2007 – GuT 2008, 125 = NZM 2008, 587 = ZMR 2008, 128 unter Hervorhebung des Erfordernisses, dem Vermieter eine angemessene Erklärungsfrist zu setzen und ihn auf die Wertung seines Schweigens als Versagung der Erlaubnis hinzuweisen.

Dieser Auffassung ist zu folgen.3 1 S. dazu insbesondere Seyfarth NZM 2002, 200 f.; ferner zu § 540 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 31 ff.; Lammel Rn. 26. 2 Dazu Seyfarth a.a.O. 3 S. zu § 540 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 16; Staudinger/Emmerich Rn. 17; s. auch Schmidt-Futterer/Blank Rn. 69 f.

815

206a

Rn. VI 207 207

Mietgebrauch

Hat der Mieter einen vertraglichen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung, so ist er im Falle der unberechtigten Verweigerung befugt, nicht nur nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern auch nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu kündigen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.4.1994 – WuM 1995, 585.

Der Mieter kann von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht auch dann noch Gebrauch machen, wenn er zuvor mit einer längeren Frist ordentlich gekündigt hatte, LG Hamburg NZM 1998, 1003.

Das Recht zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB steht dem Mieter nach Abmahnung auch dann zu, wenn der Vermieter bei allgemein erteilter Untermieterlaubnis der Untervermietung im Einzelfall ohne ausreichenden Grund widerspricht, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031 = ZMR 1984, 275, 276.

Für die Ausübung des Kündigungsrechts kommt es nicht darauf an, dass die vom Mieter vorgeschlagenen Untermietinteressenten vom Abschluss des Untermietvertrages Abstand genommen haben, es sei denn, es hätten triftige Gründe in ihrer Person vorgelegen, die zu ihrer Ablehnung geführt haben, BGH – Urt. v. 8.5.1972 – NJW 1972, 1267 = WuM 1972, 125 = ZMR 1972, 277.

Verletzt der Vermieter die Pflicht, auf Grund des berechtigten Interesses des Wohnraummieters die Erlaubnis zur Untervermietung nach § 553 BGB zu erteilen, so macht er sich nach § 281 BGB schadensersatzpflichtig; der Schaden liegt im entgangenen Untermietzins bzw. der entsprechenden Mietentlastung des Mieters durch den Dritten, AG Offenbach WuM 1994, 537.

fff) Sanktionen bei unbefugter Gebrauchsüberlassung 208

Der Widerruf einer Erlaubnis ist nur gerechtfertigt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt,1 insbesondere ein solcher, der in der Person des Dritten liegt oder der sonst zur Versagung der Erlaubnis geführt hätte, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031 = ZMR 1984, 275, 277.

Eine Formularklausel, nach der der Vermieter die Erlaubnis jederzeit widerrufen kann, verstößt gegen § 307 BGB, BGH – Urt. v. 11.2.1987 – NJW 1987, 1692.

Ein Widerruf der Erlaubnis zur Drittüberlassung führt nach h.M. dazu, dass die Aufnahme vertragswidrig wird,2 1 Bub/Treier/Kraemer Rn. III 1017, 1260; zu § 540: Emmerich/Sonnenschein Rn. 8; Herrlein/Kandelhard Rn. 35; a.A. Kandelhard Rn. 21. 2 Bub/Treier/Kraemer Rn. III 1017; einschränkend Blank/Börstinghaus BGB § 540 Rn. 48: Die Vertragswidrigkeit tritt erst einige Zeit nach Zugang des Widerrufs ein, da der Mieter angemessene Zeit haben muss, um das Untermietverhältnis zu beenden. Dem kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht gefolgt werden. Einer solchen

816

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 211

a.A. LG Stuttgart WM 1992, 122: Nach Ablauf der befristet erteilten Erlaubnis zur Untervermietung wird die Gebrauchsüberlassung nicht unbefugt und somit nicht vertragswidrig. Die Fortdauer der Gebrauchsüberlassung kann aber ein schuldhafter Vertragsverstoß nach § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. (jetzt: § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) sein.

Ist die Erlaubnis nicht eingeholt worden, so soll die Aufnahme auch dann vertragswidrig sein, wenn der Mieter einen Anspruch auf die Erlaubniserteilung hat,

209

OLG Hamm NJW-RR 1997, 1370: Steht dem Mieter ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zu, so ändert das bis zu deren Zugang nichts an der Vertragswidrigkeit. Die Kündigung kann lediglich nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein.

Schon die Nichteinholung der Erlaubnis soll eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können, BayObLG – RE v. 26.4.1995 – WM 1995, 378 = ZMR 1995, 301, OLG Hamm – Beschl. v. 11.4.1997 – NJW-RR 1997, 1370 = WuM 1997, 364, ebenso AG Hamburg ZMR 2003, 42,

nicht aber eine fristlose Kündigung, BayObLG – RE v. 26.10.1990 – WM 1991, 18 = ZMR 1991, 64.

Dem ist nicht zu folgen, da gegenüber einer Kündigung oder einem Unterlassungsanspruch die allgemeine Arglisteinrede durchgreifen würde (s. Rn. VI 64),1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.9.2002 – DWW 2003, 155 = ZMR 2003, 177: Eine nicht genehmigte Untervermietung berechtigt den Vermieter dann nicht zur fristlosen Kündigung, wenn er seine Zustimmung (entsprechend dem Mietvertrag) nur aus wichtigem Grund hätte versagen können und ein solcher nicht dargetan ist. Dem Kündigungsrecht steht dann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Ebenso BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195 zum Recht des Vermieters, eine ungenehmigte Parabolantenne zu entfernen, wenn der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat (s. Rn. VI 132).

Die Abhilfefrist für den Anspruch auf Unterlassung bzw. eine ordentliche oder fristlose Kündigung muss so bemessen sein, dass der Mieter in die Lage versetzt wird, die aufgenommene Person zu veranlassen, die Wohnung zu räumen; u.U. muss eine entsprechende Kündigungsfrist abgewartet werden,

210

LG Mannheim WuM 1985, 262, a.A. LG Hamburg ZMR 2001, 39: Nimmt der Hauptmieter eine vom Vermieter nicht genehmigte Untervermietung vor, so ist der Vermieter selbst dann – nach vorheriger Abmahnung – zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn der Hauptmieter nach Zugang der Abmahnung sofort das Untermietverhältnis unter Berufung auf ein eigens hierfür mit dem Untermieter ausgehandeltes Kündigungsrecht ordentlich kündigt und sodann den Untermieter auf Räumung in Anspruch nimmt. (Es liegt der Tatbestand des „Belassens“ nach § 553 BGB a.F. vor). Das gilt, weil der Mieter sich selbst außer Stande gesetzt hat, den Untermieter alsbald zu entfernen.

Ist es dem Mieter nicht möglich, das Untermietverhältnis zu kündigen, etwa weil der Untermietvertrag länger befristet ist oder der Untermieter KündiFrist bedarf es auch nicht, da Sanktionen des Vermieters regelmäßig von einer Abmahnung bzw. Fristsetzung abhängen (s. §§ 541, 543 Abs. 3 BGB, s. Rn. VI 327). 1 Herrlein/Kandelhard BGB § 543 Rn. 52.

817

211

Rn. VI 212

Mietgebrauch

gungsschutz genießt, so ist zu prüfen, ob es dem Mieter zuzumuten ist, unter eigenen wirtschaftlichen Opfern den Untermieter durch Zahlung eines Finanzierungsbeitrages zum Auszug zu bewegen, LG Berlin GE 1999, 385.

212

Der Mieter (von Gewerberaum) ist im Falle unberechtigter Untervermietung aus keinem Rechtsgrund verpflichtet, dem Vermieter den aus der Untervermietung erzielten Untermietzins, und zwar auch nicht einen etwaigen den Hauptmietzins übersteigenden Mehrerlös, herauszugeben.1 Die Anwendung von § 816 Abs. 1 BGB scheitert daran, dass die unbefugte Drittüberlassung keine dingliche Verfügung über die Mietsache ist; eine Analogie zu dieser Bestimmung ist nicht geboten, weil der Mieter mit dem Untermietzins keinen Gegenwert erhält, der ihm an Stelle des Eigentümers zufließt; aus diesem Grund kommt auch kein Anspruch aus einer Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB in Betracht. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB) kommen nicht zum Tragen, weil der unbefugt weiter vermietende Mieter kein objektiv fremdes Geschäft führt. Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB) scheitern an der fehlenden Vindikationslage im Verhältnis zum Hauptmieter, BGH – Urt. v. 13.12.1995 – BGHZ 131, 297 = NJW 1996, 838 = WuM 1996, 216 = ZMR 1996, 189, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.1994 – MDR 1994, 476 = WuM 1994, 280, OLG Celle – Beschl. v. 7.10.1994 – ZMR 1995, 159.

Sind sowohl das Hauptmietverhältnis als auch das Untermietverhältnis beendet, steht dem Hauptmieter gegenüber dem Untermieter kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB (= § 557 BGB) zu, BGH – Urt. v. 4.10.1995 – NJW 1996, 46 = WuM 1996, 32 = ZMR 1996, 15, OLG Saarbrücken – Urt. v. 2.6.2005 – NZM 2006, 180.2

Zur Kündigungsbefugnis des Vermieters wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung s. Rn. XII 112. e) Gewerbliche Tätigkeiten in der Wohnung 213

Die Ausübung eines Gewerbes in der Wohnung3 ist nur dann als vertragswidrig gewertet worden, wenn damit – eine unzumutbare Störung für den Vermieter oder andere Mitmieter etwa durch Publikumsverkehr einhergeht, 1 S. zu § 540 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 23; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 14; zweifelnd Staudinger/Emmerich Rn. 31. 2 Aus den Gründen: Dem Mieter kann jedoch ein Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gegenüber dem Untermieter zustehen, wenn das Hauptmietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs gekündigt worden ist und der Verzug darauf beruhte, dass der Untermieter den Untermietzins nicht entrichtet hatte. 3 S. dazu Morath GE 2006, 628; ferner Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 266; Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 37; Sternel Rn. II 156.

818

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 215

– der Charakter des Mietobjekts als Wohnraum verändert wird oder – eine Gefährdung der Wohnung, insbesondere durch übermäßige Beanspruchung und Abnutzung zu besorgen ist, LG Köln ZMR 1995 S. II Nr. 6.

Zulässig ist eine berufliche Tätigkeit in der Wohnung, die nach ihrer Art für die Abnutzung der Wohnung nicht ins Gewicht fällt (z.B. Schriftsteller oder Programmierer) oder die nur gelegentlich ausgeübt wird, LG Berlin MDR 1993, 236, AG Münster WuM 1988, 428.

Ebenso wenig ist die gelegentliche büromäßige Nutzung der Wohnung oder die Erledigung von Büroarbeiten abends oder an Wochenenden ein unzulässiger gewerblicher Gebrauch,

214

LG Hamburg WuM 1992, 241, LG Stuttgart WuM 1992, 250, LG Frankfurt a.M. WuM 1996, 532 für die Nutzung eines untergeordneten Teils der Wohnung zu Buchhaltungs- und Bürotätigkeit ohne Publikumsverkehr, vgl. auch AG Gronau WuM 1991, 339: Ein Handelsvertreter von Fensterbildern darf in der Mietwohnung Musterobjekte vorzeigen.

Dagegen wird der Rahmen der Wohnungsnutzung überschritten, wenn der Mieter in der Wohnung ein Schreibbüro eröffnet, LG Lüneburg WuM 1995, 706.

Auch nicht störende handwerkliche oder künstlerische Arbeiten kann der Mieter in der Wohnung ausüben, ohne dass der Rahmen des Wohngebrauchs überschritten wird, z.B. Uhrmacher- oder Schneiderarbeiten mit nur geringem Kundenverkehr, Kunstmalerei, LG Hamburg WuM 1998, 491 für Goldschmiedearbeiten in der Wohnung.

Für zulässig gehalten worden ist auch eine astrologische Beratungstätigkeit mit kleinem Kundenkreis (LG Hamburg WuM 1993, 188) und eine kleine kinder-psychotherapeutische Praxis (AG Spandau MM 1997, 2421). Soweit die teilgewerbliche Nutzung vom Mietgebrauch der Wohnung gedeckt ist, bedarf sie keiner Erlaubnis des Vermieters2 und löst keinen Gewerbezuschlag aus, LG Hamburg WuM 1998, 491 (ZK 11): Die mietvertraglich eingeräumte Möglichkeit „zur teilgewerblichen Nutzung von 49% der Wohnfläche“ gestattet einen Zuschlag zur ortsüblichen Wohnungsmiete nur, wenn bei Vertragsschluss eine über den ohnehin zulässigen Gebrauch der Wohnung hinausgehende teilgewerbliche Nutzungsmöglichkeit ins Auge gefasst war oder der Mieter um eine solche Nutzungsmöglichkeit nachgesucht hat.

Sieht der Mietvertrag in solchen Fällen einen Erlaubnisvorbehalt vor, so steht dem Mieter ein Anspruch auf deren Erteilung zu (LG Frankfurt a.M. WuM 1996, 532).

1 Zum Fall: Praxistätigkeit an 4 Tagen in der Woche für jeweils ca. 11/2 Stunden mit jeweils einem Kind. 2 Morath GE 2006, 628 Sp. 3.

819

215

Rn. VI 216 216

Mietgebrauch

Unzulässig soll dagegen eine kommerzielle Tätigkeit mit Außenwirkung sein. Das ist für eine Großpflegestelle in der Mietwohnung, in der werktäglich 5 Kinder gegen Entgelt betreut werden, bejaht worden, LG Berlin MDR 1993, 236 = WuM 1993, 39,

hängt jedoch von den jeweiligen Umständen – auch der Art und Beschaffenheit des Gebäudes sowie der Wohnung und den möglichen Belästigungen der Mitbewohner ab.1 Zugelassen worden ist danach die entgeltliche Betreuung von bis zu drei Kindern, LG Hamburg NJW 1982, 2387, AG Hamburg-Altona HmbGE 1982, 463, weiter gehend AG Hamburg HmbGE 1982, 565: Betreuung von 5 Kindern, wenn die übrigen Mitbewohner nicht gestört werden.

Unzulässigkeit ist im Hinblick auf den Publikumsverkehr auch für das Betreiben eines Ingenieurbüros angenommen worden, wenn ein Partner in den Räumen tätig wird, der nicht selbst Mieter ist, und der Betrieb auch Laufkundschaft anziehen soll, LG Schwerin WuM 1996, 214.

Auch die berufliche Nutzung (nur) eines Zimmers der Wohnung eines selbständigen Innenarchitekten ist als teilgewerbliche Nutzung gewertet worden, wodurch das Mietverhältnis allerdings nicht in ein Mischmietverhältnis umgewandelt wird, LG Berlin NZM 2002, 1029.

217

Ob es für die Vertragswidrigkeit der teilgewerblichen Nutzung auf die Anzahl der Kunden ankommt, ist umstritten, im Grundsatz bejahend: LG Hamburg WuM 1993, 188, jedoch fallbezogen verneinend für ein astrologisches Beratungsgewerbe mit 10 bis 15 Kunden im Monat, verneinend: LG Stuttgart WuM 1997, 215 für bewegungstherapeutische Praxis mit (noch) 4 Patienten im Monat.

Ausschlaggebend wird sein, ob es zu einer erhöhten Abnutzung, zu unzumutbaren Störungen für die Mitbewohner oder zu einer Außenwirkung, zu der auch die Frequenz der Besucher zählt, kommt; nur in diesem Kontext kann die Anzahl der Kunden oder Besucher erheblich sein. 218

Unzulässig ist auf jeden Fall eine teilgewerbliche Nutzung, wenn sie mit unzumutbaren Störungen, insbesondere erheblichen Geräuschen einhergehen, die z.B. durch den Betrieb eines für die Heimarbeit erforderlichen Kompressors verursacht werden, AG Steinfurt WuM 1996, 405.

Auch werden die Grenzen des Wohngebrauchs überschritten, wenn der Mieter Nebenräume zu gewerblichen Zwecken nutzt, z.B. in der Garage oder im gemieteten Keller eine Werkstatt betreibt, LG Berlin GE 1991, 1253. 1 Vgl. die Nachweise bei Sternel Rn. II 157 Fn. 22.

820

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 221

Selbst im Fall einer vertragswidrig in der Wohnung ausgeübten gewerblichen Tätigkeit ändert sich der Charakter eines Wohnraummietverhältnisses nicht, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.4.2007 – NZM 2007, 799.

Wird eine gewerbliche Nutzung, die den Rahmen der Wohnungsnutzung überschreitet, vertraglich unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt, so hat der Vermieter bei der Erteilung der Erlaubnis ein freies Ermessen, das er jedoch nicht sachfremd oder willkürlich ausüben darf. Er räumt dem Mieter nämlich mit der Erlaubnis eine Sondernutzung ein, auf die dieser an sich keinen Anspruch hat. Daher kann er die Erteilung der Erlaubnis auch von einem Gewerbezuschlag abhängig machen (s. Rn. VI 59). Hat der Mieter die erlaubnispflichtige Nutzung verschwiegen, so muss er sich im Falle der Rückforderung überhöhter Miete gemäß § 812 BGB, § 5 WiStG nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wäre ein Gewerbezuschlag vereinbart; dagegen hat der Vermieter keinen Anspruch auf Zahlung eines Gewerbezuschlags,

219

LG Berlin NZM 2002, 1029.

Ist dem Mieter die teilweise gewerbliche Nutzung innerhalb der Wohnung gestattet worden, so ist er berechtigt, diese Nutzung einzustellen. Ob er gleichwohl noch einen vereinbarten Gewerbezuschlag zu zahlen hat, ist eine Frage der Vertragsauslegung (s. dazu Rn. VI 61).

220

Zur Betriebspflicht des Mieters von Gewerberäumen s. Rn. VI 241. Zur Konkurrenzschutzpflicht des Vermieters s. Rn. VII 252. f) Tierhaltung aa) Mietgebrauch oder Sondernutzung Ob die Haltung von Tieren in der Wohnung zum typischen Mietgebrauch zählt, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von einer Interessenabwägung ab, in deren Rahmen der Art des Tieres, der Beschaffenheit und Belegenheit des Mietgebäudes sowie der Wohnung und deren Größe Rechnung zu tragen ist.1 Auch berechtigte Belange anderer Mitbewohner können in die Wertung einbezogen werden. Im Allgemeinen wird davon auszugehen sein, dass der Wohnungsmieter kraft seines Gebrauchsrechts sog. Kleintiere in der Wohnung halten darf, ohne hierfür die Erlaubnis des Vermieters einholen zu müssen, BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111.

Zu den Kleintieren zählen insbesondere solche, von denen nach ihrer Größe, ihrem Wesen und ihren Außenwirkungen typischerweise bei art- und fachgerechter Haltung keine Gefahren und Belästigungen für andere Mitbewohner ausgehen und durch die die Mieträume oder sonstige Teile des Mietgebäudes 1 S. dazu Blank NZM 1998, 5; Blank NJW 2007, 729; Hülsmann NZM 2004, 841; ferner zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 493; Staudinger/Emmerich Rn. 52, 54.

821

221

Rn. VI 222

Mietgebrauch

oder -grundstücks nicht oder nur unwesentlich abgenutzt werden oder die Substanz nicht geschädigt wird. So darf der Mieter kraft seines Mietgebrauchs Kleintiere wie Goldfische, einen Kanarienvogel oder einen Hamster in der Wohnung halten; weitere Beispiele: Zwergkaninchen: AG Aachen WM 1989, 236, acht ungiftige Schlangen in Terrarien: AG Bayreuth ZMR 2000, 765, ungiftige Schlange: AG Bückeburg NZM 2000, 238,1 zwei 30–40 cm große Echsen im Terrarium: AG Essen ZMR 1996, 37, Hausschwein: AG Köpenick NZM 2001, 892: Die Versagung der Erlaubnis käme nur in Betracht, wenn Beeinträchtigungen und Belästigungen von einem Tier zu erwarten sind; ähnlich AG München WuM 2005, 649, wenn keine Gefährdungen von dem Minischwein ausgehen. Aber nicht Frettchen: AG Köln WM 1989, 234, nicht Ratte: LG Essen ZMR 1991, 268.2

222

Ist die Haltung von hier in Rede stehenden Kleintieren unter einen individuell vereinbarten Erlaubnisvorbehalt gestellt, so hat der Mieter grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, sofern nicht gewichtige Versagungsgründe vorliegen, die der Vermieter darlegen muss. Zur Wirksamkeit formularmäßiger Erlaubnisvorbehalte s. Rn. VI 231.

223

Ob die Haltung von größeren Tieren in der Wohnung, insbesondere von Hunden oder Katzen, vom Mietgebrauch gedeckt ist, ist umstritten. Nach neuerer Auffassung wird zwischen der Katzen- und Hundhaltung unterschieden. Danach zählt die Haltung von ein bis zwei Katzen zum typischen, erlaubnisfreien Gebrauch, der allerdings unter einen vertraglichen Erlaubnisvorbehalt gestellt werden darf, KG – Urt. v. 18.11.2004 – WuM 2004, 721: Es ist fraglich, ob das Verbot der Katzenhaltung mit Zustimmungsvorbehalt nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt, denn nach überwiegender Ansicht gehört Katzenhaltung auch in einer Stadtwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Jedenfalls hat der Vermieter keine nachvollziehbaren Gründe vorgetragen, die ein Versagen der Zustimmung zur Katzenhaltung rechtfertigen würden. Der Vermieter wäre demnach verpflichtet gewesen, dem Mieter auf dessen Bitte die Zustimmung zur Haltung der beiden Kater zu erteilen. Die auf die Katzenhaltung gestützte Kündigung war folglich unwirksam; AG Hamburg WuM 1996, 613: Halten von zwei Katzen; die mögliche Gefahr von Geruch von Katzenurin und Kratzspuren an den Wänden ist kein Versagungsgrund; AG Aachen WuM 1992, 601: Halten von 2 Katzen seit 16 Jahren trotz vertraglichen Verbots, aber keine Beschwerden; LG Mönchengladbach ZMR 1989, 21: Halten einer Katze ohne Erlaubnis trotz Genehmigungsvorbehalts;

1 Anders Gather DWW 2003, 174, 177. 2 Handelt es sich nur um Tiere, die im Zooladen erworben werden können, so sind sie harmlos. Dass Ratten von anderen Mietbewohnern als ekelerregend angesehen werden, kann bei der Haltung eines solchen Tiers in der Mietwohnung nicht entscheidend sein. Dass das Tier gelegentlich von Jugendlichen (insbesondere Punks) auch außerhalb der Wohnung herumgetragen wird, hat weder etwas mit der Tierhaltung zu tun, noch wird hierdurch bei objektiver und besonnener Betrachtung der Hausfrieden oder die Hausordnung gestört, anders Gather DWW 2003, 174, 177.

822

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 224

LG München I WuM 1999, 217 neigt dazu, Katzen den sog. Kleintieren zuzurechnen, die erlaubnisfrei gehalten werden dürfen; verneinend: AG Köln WuM 1988, 122, wenn gesundheitliche Belange anderer Mieter im Haus (Katzenhaarallergie) entgegenstehen; anders AG Bad Arolsen NZM 2008, 83 = WuM 2007, 191; abweichend: LG Krefeld WuM 2006, 675 für die Haltung von 2 Katzen „wegen der nie ganz auszuschließenden Gefahr der Gefährdung oder Belästigung von Mitbewohnern jedenfalls in Mehrfamilienhäusern“.1

Demgegenüber setzt der BGH die Katzenhaltung der Hundehaltung gleich und macht die Zulässigkeit, das eine oder das andere Tier zu halten, von einer Interessenabwägung abhängig (s. Rn. VI 221). Vertragswidrig ist die Katzenhaltung aber dann, wenn es wegen der Haltung und des Anlockens anderer Katzen zu Belästigungen oder Störungen kommt. Vertragswidrig ist auch das Einrichten von Futterplätzen für (streunende) Katzen auf dem Mietgrundstück. Die bisher häufig vertretene Auffassung, dass die Hundehaltung jedenfalls in Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern im städtischen Wohnbereich als Sondernutzung zu werten sei und es im freien Ermessen des Vermieters stehe, die Erlaubnis hierfür zu erteilen oder zu versagen, OLG Hamm – RE v. 13.1.1981 – NJW 1981, 1626 = WuM 1981, 53, LG Berlin NZM 1999, 455, LG Karlsruhe NZM 2002, 246, LG Krefeld WuM 2006, 675 = ZMR 2007, 735,2

lässt sich nach der Entscheidung des BGH – Urt. v. 14.11.2007 – (NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111 = MietRB 2008, 131 [Zich]) nicht mehr aufrechterhalten. Danach hängt die Möglichkeit, einen Hund in der Wohnung zu halten, von einer „umfassenden Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten“ ab,3 so schon LG Freiburg WuM 1997, 175, LG Hamburg WuM 2002, 667: Nach den Umständen der Lebensplanung (z.B. Eintritt in den Ruhestand) kann dem Mieter auch im innerstädtischen Mietshaus auf Grund einer Interessenabwägung ein Anspruch auf Genehmigung zur Hundehaltung zustehen, wenn der Mietvertrag hierüber keine Regelung enthält; AG Konstanz WuM 2007, 315.

Damit wird auch der Auffassung eine Absage erteilt, die unter Rückgriff auf den Mietbesitz als Schutzgut i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG für eine im Grundsatz erlaubnisfreie Hundehaltung plädiert (so im Ergebnis LG Braunschweig WuM 1996, 291, AG Bremen WuM 2007, 124).4 1 Mit derartigen weichen Formulierungen lässt sich der Erlaubnisvorbehalt in ein Tierhalteverbot umfunktionieren. Sie sind als Leerformeln mangels Konkretisierung und Kontrollierbarkeit ungeeignet, eine Erlaubnisversagung zu begründen; s. dazu auch Blank NZM 1998, 5, 7 Sp. 1. 2 Aufgehoben durch BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111 = MietRB 2008, 131 (Zich). 3 Blank NZM 1998, 5; Blank NJW 2007, 729; ebenso Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 535 Rn. 69. 4 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 498.

823

224

Rn. VI 225 225

Mietgebrauch

Bei der Interessenabwägung sind nach der Entscheidung des BGH – Urt. v. 14.11.2007 – (NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111) folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: – Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, – Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, – Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, – Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter, – besondere Bedürfnisse des Mieters. Dagegen scheiden Gesichtspunkte aus, die sich in allgemeinplatzartigen, generalpräventiven Erwägungen erschöpfen.1 Die frühere Rspr., die Ausnahmen vom Hundehaltungsverbot zuließ, wenn der Mieter auf die Haltung des Tieres angewiesen war, ist nunmehr als Regelfall für die Bewertung der Mieterinteressen noch beachtlich, LG Hamburg WM 1996, 532 (ZK 16): Die Berufung des Vermieters auf ein vertragliches Tierhalteverbot ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Mieter auf die Tierhaltung angewiesen ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Haltung des Hundes nicht die einzige zumutbare Möglichkeit ist, eine depressive Störung zu überwinden; LG Hamburg WM 1997, 674 (ZK 11): Die Haltung eines nichtstörenden kleinen Hundes (Yorkshire-Mischling) kann trotz eines vertraglichen Verbots nicht untersagt werden, wenn der Mieter auf den Hund – hier zur Drogenentwöhnung – angewiesen ist; AG Münster WuM 1992, 116: Anspruch auf Erlaubnis zur Haltung eines Hundes für ein querschnittgelähmtes Kind; s. auch für Wohnungseigentum: BayObLG – Beschl. v. 25.10.2001 – MDR 2002, 212: Im Lichte des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG kann die nach § 242 BGB zu treffende Interessenabwägung im Einzelfall ergeben, dass die Durchsetzung eines wirksamen Hundehaltungsverbots (in einer WE-Anlage) gegenüber einem behinderten (contergangeschädigten) Wohnungseigentümer auf Dauer oder auf Zeit unzulässig ist.

Da der Vermieter in die Lage versetzt sein muss, eigenständig eine Interessenabwägung vorzunehmen, ist zu fordern, dass der Mieter die beabsichtigte Hundehaltung dem Vermieter anzuzeigen hat. 226

Darf der Mieter kraft seines Gebrauchsrechts einen Hund halten, weil sein Interesse hieran die Belange des Vermieters übertrifft, besteht jedoch auch für diesen Fall ein vertraglicher Erlaubnisvorbehalt (s. dazu Rn. VI 230), so hat der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, sofern nicht im Einzelfall gewichtige Belange des Vermieters dagegen sprechen; denn hier wirkt die Erlaubnis – anders als bei der Einräumung eines Sondernutzungsrechts – rechtsbegrenzend (s. dazu Rn. VI 45). So kann etwa berücksichtigt werden, dass schon das Halten eines Kampfhundes in einer Wohnanlage, das Freiherumlau1 S. etwa LG Göttingen WM 1991, 536 unter Hinweis auf die „bei Hunden nie ganz auszuschließende Gefahr der Gefährdung oder auch nur Belästigung von Mitbewohnern“.

824

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 229

fenlassen einer Dogge u.Ä. dazu führen kann, dass Bewohner sich belästigt fühlen, ohne besonders empfindlich oder überängstlich zu sein, OLG Köln – Urt. v. 26.6.1987 – NJW-RR 1988, 12 = WM 1988, 123: Der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache schließt nicht ein, dass der Mieter große Hunde in das Haus mitbringt oder mitbringen lässt, insbesondere die Tiere im Hausflur frei laufen lässt.1

Daher darf der Vermieter die Haltung von Kampfhunden in der Wohnung auch ohne konkrete Gefährdung der Mitbewohner verbieten, da er gegenüber den Mitbewohnern verantwortlich ist,

227

AG Frankfurt a.M. NZM 1998, 759 für das Halten eines Pit-Bullterriers, AG Pankow-Weißensee GE 2000, 65: Der Vermieter kann die Haltung von Kampfhunden in der Mietwohnung auch ohne konkrete Gefährdung von Mitbewohnern verbieten, da er diesen gegenüber verantwortlich ist; AG Hamburg-Barmbek ZMR 2006, 535: Für die Versagung der Erlaubnis, einen American Bulldog in der Wohnung zu halten, ist es ausreichend, dass das Halten dieser Hunderasse in verschiedenen Bundesländern in Gefahrverordnungen geregelt ist; anders LG München I MietRB 2007, 57 (Straßberger): Der Vermieter kann die Entfernung eines Kampfhundes, bei dem die Gefährlichkeit nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften vermutet wird, nicht verlangen, wenn die Gefährlichkeit des konkreten Tieres durch Gutachten widerlegt ist.

Die Begriffe „Kampfhund“ und „Kampfhundmischling“ sind für hinreichend bestimmt gehalten worden, selbst wenn sie wissenschaftlich nicht definiert sind. Ihr Inhalt richtet sich nach dem Verständnis der beteiligten Vertragspartner, vgl. KG – Beschl. v. 23.6.2003 – NZM 2004, 145 für Wohnungseigentum (Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer).

Der Vermieter kann grundsätzlich nicht untersagen, dass Besucher des Mieters einen Hund in die Wohnung mitbringen, wenn es nicht zu Unzuträglichkeiten kommt,

228

AG Aachen WuM 1992, 432, AG Hamburg ZMR 2006, 131 für gelegentliche Besuche über kurze Zeit trotz generellen Hundehaltungsverbots; anders OLG Köln – Urt. v. 26.6.1987 – NJW-RR 1988, 12 = WM 1988, 123, wenn es sich um große, im Treppenhaus frei herumlaufende Hunde handelt, die die Mitbewohner schon wegen ihrer Größe in Furcht versetzen.

Die Erlaubnis zur Tierhaltung kann aus wichtigem Grund widerrufen werden. Ein solcher Grund ist insbesondere gegeben, wenn Umstände eingetreten sind, die die Versagung der Erlaubnis gerechtfertigt hätten. So ist ein Widerruf etwa berechtigt, wenn sich der Halter als nicht zuverlässig erwiesen hat (z.B. was Sauberkeit der Gemeinschaftsanlage, stundenlanges Bellen lassen u.Ä. betrifft) oder das Tier nach Rasse, Größe oder Verhalten die Bewohner belästigt oder sogar ängstigt, LG Köln WuM 1980, 163, LG Nürnberg-Fürth ZMR 1991, 29, LG München I WuM 1993, 669, LG Krefeld WuM 1996, 533 jeweils für Bullterrier, 1 Zum Fall: Der Mieter betrieb von den Mieträumen aus einen Wachdienst.

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229

Rn. VI 230

Mietgebrauch

AG Bergisch Gladbach WuM 1991, 341: Halten eines Rottweilers in einer 1-ZimmerWohnung, für Widerruf der Erlaubnis s. auch LG Hamburg WM 1999, 453 bei Tierhaltung (Dobermann, der Nachbarn anbellt und verbellt, nicht stets angeleint in der Wohnanlage herumläuft und dessen Begleitperson nicht immer den Eindruck vermittelt, das Tier zu beherrschen), AG München WuM 2005, 649 für Minischwein, wenn es zu konkreten Gefährdungen, die von dem Tier ausgehen, auch außerhalb des Hauses gekommen ist.

bb) Vertragliche Regelungen 230

Der formularmäßige Ausschluss jeglicher Tierhaltung ist wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot unzulässig, zumal ein generelles Verbot eine Interessenabwägung ausschließt,1 BGH – Urt. v. 20.1.1993 – MDR 1993, 339 = NJW 1993, 1061 = WuM 1993, 109, BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111 = MietRB 2008, 131 (Zich), OLG Frankfurt – Urt. v. 19.12.1991 – WM 1992, 56, 60.

Dagegen ist ein formularmäßiges Verbot, das sich nur auf bestimmte Tiere (z.B. Hunde und Katzen) bezieht und Kleintiere von dem Verbot ausnimmt, für zulässig gehalten worden, LG Hamburg WuM 1993, 120, LG Karlsruhe NZM 2002, 19, AG Berlin-Neukölln GE 1998, 621.

Das kann nicht mehr aufrechterhalten werden, weil hierdurch das Ergebnis einer Interessenabwägung vorweggenommen werden würde. Demgegenüber hat das BVerfG in dem vertraglichen Ausschluss der Hundehaltung in einem Mietvertrag über Wohnraum keinen Verfassungsverstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG gesehen; es hat allerdings offen gelassen, wie zu entscheiden wäre, wenn der Vermieter die Hundehaltung ohne jedes berechtigte Interesse untersagt hätte. Auch hat es zur AGB-rechtlichen Problematik nicht Stellung genommen, vgl. BVerfG – Beschl. v. 21.2.1980 – NJW 1981, 1049 = WuM 1981, 77.

Die Entscheidung kann sich daher nur auf Individualvereinbarungen beziehen. Ein zulässiges vertragliches Hundehaltungsverbot soll sich auch auf das vorübergehende Beherbergen von Hunden beziehen mit Ausnahme gelegentlicher Besuche über kurze Zeit, AG Hamburg ZMR 2006, 131.

231

Generelle Erlaubnisvorbehalte, die sich auf jegliche Tierhaltung (mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen) beziehen, sind unwirksam; sie verstoßen gegen das Transparenzgebot, da sie nicht erkennen lassen, dass der Vermieter für die Versagung der Erlaubnis sachliche Gründe benötigt, BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111 = MietRB 2008, 131 (Zich). 1 So auch Blank NJW 2007, 729, 732; Hülsmann NZM 2004, 841, 842.

826

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 233

Entsprechendes gilt auch, soweit sich der Erlaubnisvorbehalt nur auf das Halten von Hunden oder Katzen bezieht; denn auch hier lässt die Klausel die Auslegung zu, dass dem Vermieter ein freies Ermessen eingeräumt werden soll, was indes das Ergebnis einer gebotenen Interessenabwägung ebenfalls vorwegnähme. Formularmäßige Verbote mit Erlaubnisvorbehalt sind nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig: – Es wird zwischen sog. Kleintieren und anderen Haustieren unterschieden. – Bezüglich der „anderen Haustiere“ bringt der Vorbehalt eindeutig zum Ausdruck, dass der Vermieter die Erlaubnis nur versagen darf, wenn er hierfür konkrete sachliche Gründe hat, s. BGH – Urt. v. 14.11.2007 – NZM 2008, 78 (Tz. 16, 19) = WuM 2008, 23 = ZMR 2008, 111 = MietRB 2008, 131 (Zich).

Die Erlaubnis zur Tierhaltung kann nicht von der Erbringung einer zusätzlichen Mietsicherheit, deren Höhe die Grenze des § 551 Abs. 1 BGB überschreitet, abhängig gemacht werden, AG Aachen WuM 2006, 304.

Die Risiken aus der erlaubten Tierhaltung zählen zu denjenigen des Mietgebrauchs und werden durch die übliche Mietsicherheit abgedeckt. Die Erwägungen zur Rückbausicherheit (s. Rn. VI 63) sind nicht einschlägig. Zulässig erscheint jedoch die Auflage, den Abschluss einer Tierhalter-Haftpflichtversicherung nachzuweisen sowie eine Freihalteerklärung abzugeben, soweit dies nicht unverhältnismäßig ist. Ist die Erteilung der Erlaubnis an die Schriftlichkeit gebunden, so soll die Klausel schon aus diesem Grund unwirksam sein, weil der Mieter darüber hinweggetäuscht wird, dass auch eine mündlich erteilte Erlaubnis wirksam ist,1

232

LG Mannheim ZMR 1992, 545, AG München NZM 2003, 23; AG Konstanz WuM 2007, 315.

Nach hier vertretener Auffassung ist die Klausel trennbar, so dass nur das Schriftformerfordernis unwirksam ist, s. LG Berlin GE 1995, 699.

Zur Schriftform der Erlaubnis s. auch Rn. VI 42, 43 f. cc) Vertragswidrige Tierhaltung Eine vertragswidrige Tierhaltung liegt nicht schon dann vor, wenn der Mieter eine erforderliche Erlaubnis nicht eingeholt hat, auf deren Erteilung er aber einen Anspruch hat, ebenso auch BGH – Urt. v. 16.11.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195 zum Anspruch des Vermieters auf Entfernung einer Parabolantenne, obwohl der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hatte. 1 Blank NJW 2007, 729, 732.

827

233

Rn. VI 234

Mietgebrauch

Jedenfalls würde Sanktionen des Vermieters der Einwand des Rechtsmissbrauchs (wegen widersprüchlichen Verhaltens) entgegenstehen. Hält der Mieter vertragswidrig ein Tier, so steht dem Vermieter ein Anspruch auf dessen Abschaffung nach § 541 BGB zu. Die Abhilfefrist, die er dem Mieter zunächst setzen muss – sofern nicht Gefahr im Verzug ist –, ist so zu bemessen, dass der Mieter das Tier anderweitig unterbringen oder – wenn er will und es vermag – die Wohnung wechseln kann. Über § 90a BGB sind dabei auch Gesichtspunkte des Tierschutzes zu beachten.1 Auch wenn der Mieter erlaubt ein Tier hält, es jedoch zu nicht nur unerheblichen Verstößen gegen die Hausordnung, den Hausfrieden oder Rechtsverletzungen einzelner Mitbewohner kommt, kann der Vermieter nach Abmahnung beanspruchen, dass das Tier abgeschafft wird, AG München WuM 2005, 649: Abschaffung eines Minischweins, AG Bremen WuM 2007, 124: Abschaffung eines Hundes.

Die Ansprüche auf Abschaffung des Tieres und auf Unterlassung, ein neues Tier anzuschaffen, können nebeneinander geltend gemacht werden.2 234

Ein Urteil auf Entfernung eines Hundes ist nach § 887 ZPO zu vollstrecken. Erst wenn diese Vollstreckung nicht durchzuführen ist, darf der Gläubiger nach § 888 ZPO vorgehen, LG Hamburg WM 1989, 445 = ZMR 1985, 302, s. auch OLG Hamm – Beschl. v. 24.5.1966 – NJW 1966, 2415; AG Bremen WuM 2007, 144.

Zur Zwangsvollstreckung eines Urteils, Hundegebell zu unterbinden, s. Rn. XIV 168. Bei Vollstreckungsmaßnahmen ist stets § 765a Abs. 1 Satz 2 ZPO zu beachten.3 235

Darüber hinaus kann der Vermieter zur fristlosen oder ordentlichen Kündigung gemäß §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 569 Abs. 2, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB berechtigt sein. Diese Rechte werden nicht von vornherein durch den Anspruch auf Abschaffung des Tieres verdrängt, s. BVerfG – Beschl. v. 15.3.1989 – WuM 1989, 278 = ZMR 1989, 255 zum Verhältnis von Zahlungsklage und Räumungsklage nach fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzugs.

Unbeschadet dessen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Er wird insbesondere zum Tragen kommen, wenn von der Tierhaltung keine Gefahren für die Bewohner oder Störungen des Hausfriedens ausgehen, AG Frankfurt a.M. NZM 1998, 759: Kommt der Mieter seiner Entfernungspflicht trotz Aufforderung durch den Vermieter nicht nach, so soll das noch kein Grund zur fristlosen Kündigung sein, wenn die Hundehaltung seit 10 Jahren und die Haltung des in Rede stehenden Hundes seit 2 Jahren geduldet wird; der Vermieter kann nur auf Unterlassung klagen. 1 S. dazu Dillenburg-Pauly ZMR 1995, 193. 2 Anders Hülsmann NZM 2004, 841, 844. 3 Vgl. Zöller/Stöber ZPO § 765a Rn. 10a.

828

Gebrauchsrechte des Mieters

Rn. VI 237a

Andererseits wird ein schuldhafter Pflichtenverstoß bejaht, der jedenfalls die ordentliche Kündigung rechtfertigen soll, ohne dass der Vermieter den Unterlassungsanspruch zuvor geltend zu machen braucht, LG Berlin ZMR 1999, 28 für Kündigung aus § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. (= § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), AG Spandau GE 2002, 670 für fristlose Kündigung ohne vorherige gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf Abschaffung des Hundes.

Ein Kündigungsgrund ist indes in der Regel gegeben, wenn der Mieter trotz entsprechender Verurteilung das Tier nicht innerhalb angemessener Frist aus der Wohnung entfernt hat oder diesbezügliche Vollstreckungsversuche gescheitert sind. Ein Pflichtenverstoß liegt insbesondere vor, wenn der Mieter Tiere im Übermaß hält,

236

AG Neustadt/Rbge NZM 1999, 308 = ZMR 1998, 785: 2 Hunde, 20 Katzen, 2 Nymphsittiche, 4 Kaninchen, AG Frankfurt a.M. NZM 1999, 616: 3 Schweine, Kaninchen, Schildkröten, Vögel bei Verwahrlosung des Mietgrundstücks, LG Karlsruhe NZM 2001, 891: ca. 100 frei fliegende Vögel in einer Zweizimmerwohnung, LG Mainz WuM 2003, 624: 7 Katzen, ein Schäferhund, 2 Kaninchen in einer Zweizimmerwohnung.

Hat der Mieter die Mietsache beschädigt, indem er in eine Zimmertür ein Katzenloch eingefügt hat, so rechtfertigt dies noch keine fristlose oder ordentliche Kündigung,

237

AG Erfurt WuM 2000, 629.

Dem Vermieter steht ein Rückbauanspruch erst bei Vertragsende zu. Dagegen soll der Mieter verpflichtet sein, ein ohne Erlaubnis des Vermieters auf dem Balkon angebrachtes Katzennetz zu entfernen, weil dieses die Gebäudefassade verunziert, AG Wiesbaden NZM 2000, 711.

Schadensersatzansprüche des Vermieters können sich aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB insbesondere daraus ergeben, dass andere Mieter wegen Belästigungen durch die Tierhaltung (Bellen von Hunden, Verunreinigen von Gemeinschaftsanlagen) wirksam die Miete mindern. Der Vermieter muss seine Rechte alsbald wahrnehmen; anderenfalls sind sie entsprechend dem Rechtsgedanken in § 314 Abs. 3 BGB verwirkt. Wenn schon der Verwirkungstatbestand für das einschneidende Recht der außerordentlichen Kündigung gesetzlich fixiert ist, muss dies erst recht für weniger einschneidende Sanktionen – insbesondere den Entfernungs- und Unterlassungsanspruch – gelten.1 Das setzt jedoch stets die Kenntnis des Vermieters und dessen längere Untätigkeit voraus. Die Kenntnis von Hilfspersonen – etwa eines Hausmeisters – muss er sich als eigene zurechnen lassen. Der 1 S. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 514; Blank NJW 2007, 729, 733.

829

237a

Rn. VI 238

Mietgebrauch

Mieter kann sich gegenüber einer Kündigung oder einem Anspruch auf Entfernung des Tieres nicht auf eine Verwirkung berufen, wenn es infolge der Tierhaltung zu aktuellen Belästigungen gekommen ist und diese Anlass für die Sanktionen waren. dd) Tierhaltung und Nachbarschaft 238

Ist es dem Mieter erlaubt, einen Hund zu halten und hält er ihn ordnungsmäßig, so kann ein anderer Mieter keinen Schadensersatz wegen besonderer allergischer Reaktionen als Folge der Tierhaltung gegenüber dem Mieter geltend machen, LG Hildesheim WuM 2002, 316, s. auch AG Bad Arolsen NZM 2008, 83 = WuM 2007, 191: keine Minderung des gegen Katzenhaare allergischen Mieters, weil andere Mieter im Haus erlaubt Katzen halten.

Jedoch soll der Vermieter berechtigt sein, wegen der Hundehaarallergie eines Mitbewohners die Erlaubnis zur Tierhaltung zu verweigern, AG Aachen WuM 2006, 304.

Auch wenn Mieter kraft ihres Mietgebrauchsrechts oder einer Erlaubnis des Vermieters berechtigt sind, einen Hund zu halten, wird längeres Bellen des Tieres nicht ohne weiteres vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt. Die Grenze des für die Mitbewohner noch Hinnehmbaren wird an den Maßstäben der LärmschutzV der Länder gemessen. Als Maßstab wird vielfach die Entscheidung des OLG Köln – Urt. v. 7.6.1993 – VersR 1993, 1242: maximal täglich 30 Min., jedoch nicht länger als 10 Min. ununterbrochen,

genommen.1 Mieter, die durch die Tierhaltung eines anderen Mieters oder Bewohners gestört werden, können vom Vermieter Abhilfe verlangen und Gewährleistungsrechte nach §§ 536 f. BGB geltend machen. Außerdem stehen ihnen nach §§ 823, 1004 BGB Abwehransprüche gegen den Tierhalter zu (s. Rn. VI 340). 239

Veranlasst ein Mieter, der sich durch die Tierhaltung eines Mitbewohners gestört fühlt, den Vermieter zur Klage auf Unterlassung gegen den Störer und wird die Klage abgewiesen, so hat der Vermieter gegenüber dem Anzeigenden keinen materiellen Anspruch auf Kostenerstattung, es sei denn, dass dieser den Vermieter durch unrichtige Angaben zur Klagerhebung veranlasst hat, LG Hannover WuM 1989, 9.

Diese Entscheidung ist aufschlussreich auch für andere Fälle, in denen der Mieter im Wege des Erfüllungsanspruchs vom Vermieter verlangt, dass Störungen des Mietgebrauchs (z.B. durch Lärm) abgestellt werden.

1 S. dazu Gaisbaur DWW 1994, 72.

830

Pflichten des Mieters

Rn. VI 242

4. Pflichten des Mieters a) Gebrauchs- und Betriebspflicht Eine Verpflichtung zum Mietgebrauch besteht im Allgemeinen nicht. Gleichwohl ist vereinzelt eine ordentliche Kündigung des Vermieters für begründet gehalten worden, wenn es sich um eine Wohnung handelt, die satzungsgemäß dazu dient, dem Wohnraummangel durch Vermietung an Bedürftige entgegenzuwirken, die aber vom Mieter nicht (mehr) genutzt wird,

240

LG Hamburg NJW-RR 1991, 649, LG München I WuM 1992, 16.

Dies erscheint gerechtfertigt. Kommt dem Mietbesitz Verfassungsrang nach Art. 14 GG zu, so unterliegt er auch der Sozialpflichtigkeit. Auch bei der Vermietung von Gewerberaum muss eine Betriebspflicht des Mieters grundsätzlich vereinbart werden. Jedoch kann sie sich auch schlüssig aus dem Betriebszweck ergeben,1

241

OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.2.1994 – ZMR 1994, 402 für Gaststätte, OLG Köln – Urt. v. 28.7.2001 – NZM 2002, 345 für Bistro mit Tanzcafé.2

Sie folgt aber noch nicht aus der Vereinbarung einer Umsatzmiete, BGH – Urt. v. 4.4.1979 – NJW 1979, 2351 = WuM 1979, 184.

Umstritten ist, ob sie schlüssig auch für sog. Ankermieter in einem EKZ gilt, bejahend: LG Hannover ZMR 1993, 280,3 verneinend: LG Köln ZMR 2008, 457.

Eine diesbezügliche Formularvereinbarung ist zulässig, BGH – Urt. v. 29.4.1992 – DWW 1993, 69 = ZMR 1993, 57, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 24.9.1998 – NZM 1999, 129 = ZMR 1999, 171, KG – Urt. v. 17.7.2003 – MDR 2004, 84, OLG Naumburg – Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772 = MietRB 2008, 357.

Die entsprechende Klausel muss jedoch hinreichend transparent sein, OLG Dresden – Urt. v. 24.7.2007 – NZM 2008, 131 = MietRB 2008, 39 (Kurek).

Allerdings kann sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 2 BGB führen, zumal wenn sie mit einer Sortimentsbindung verknüpft und der Konkurrenzschutz ausgeschlossen ist, der Mieter aber verpflichtet sein soll, während der gesamten Mietzeit die Ladenfläche entsprechend der im Mietvertrag vereinbarten Zweckbestimmung ununterbrochen zu nutzen sowie den Laden an allen Verkaufstagen so lange offen zu halten, wie die überwiegende Anzahl aller Mieter ihr Geschäft offen hält,4

1 S. dazu Bieber/Ingendoh § 5 Rn. 43 f.; Lindner-Figura u.a. Kap. 13 Rn. 130 f.; Eupen/ Schöneck MietRB 2008, 310; Jendrek NZM 2000, 526; Peters/Welkerling ZMR 1999, 369; Stobbe/Tachezey NZM 2002, 557; Dittert/Landvoigt GE 2005, 468, 474. 2 Mit ablehnender Anm. Wiek NZM 2002, 327. 3 So auch Lindner-Figura u.a. Kap. 23 Rn. 27; Michalski ZMR 1996, 527, 528. 4 So auch Dittert/Landvoigt GE 2005, 468, 475 Sp. 3; anders Stobbe/Tachezey NZM 2002, 557.

831

242

Rn. VI 243

Mietgebrauch

OLG Schleswig – Beschl. v. 2.8.1999 – NZM 2000, 1008 für Ladengeschäft in einem Einkaufszentrum; anders die h.M.: OLG Rostock – Urt. v. 8.3.2004 – NZM 2004, 461, KG – Urt. v. 18.10.2004 – NZM 2005, 620 = ZMR 2005, 47, OLG Naumburg – Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772 = MietRB 2008, 357.

Zu Formularklauseln zur Betriebspflicht s. Rn. II 135 f. Die Betriebspflicht besteht während der vom Mieter einzuhaltenden Öffnungszeiten, die sich aus dem Vertrag, einer Verkehrsübung oder gesetzlichen Ladenschlusszeiten ergeben. Eine Veränderung der Ladenschlusszeiten kann zu einer entsprechenden Anpassung der Betriebspflicht führen.1 Heißt es in einer Formularklausel „Das Geschäftslokal ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offen zu halten,“ so ist unklar, ob die Öffnungszeiten zur Zeit des Vertragsabschlusses oder die „jeweiligen“ Öffnungszeiten gemeint sind. Die Klausel ist daher unwirksam; dagegen könnte eine Individualvereinbarung in letzterem Sinne ausgelegt werden, BGH – Beschl. v. 29.11.2006 – ZMR 2007, 187.

Ein Verstoß gegen die Betriebspflicht liegt nicht vor, wenn der Mieter zwei Zugänge zu seinem Laden im Obergeschoss eines EKZ schließt, der Laden aber weiterhin über Zugänge im Erdgeschoss für Kunden zugänglich ist, OLG Dresden – Urt. v. 24.7.2007 – NZM 2008, 131 = MietRB 2008, 39 (Kurek).

243

Ist der Mieter verhindert, den Betrieb zu führen, so muss er sich dazu eines Dritten bedienen; das soll selbst dann gelten, wenn er den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht aufrechterhalten kann oder durch die Fortsetzung des Betriebs nur Verluste erleiden würde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.12.2003 – ZMR 2004, 508.

Jedenfalls bei dauerhafter persönlicher Verhinderung des Mieters wird ihm die Befugnis zur Untervermietung einzuräumen sein, selbst wenn diese vertraglich ausgeschlossen ist; die Berufung auf einen solchen Ausschluss wäre rechtsmissbräuchlich (s. auch Rn. VI 169).2 244

Steht der Fortführung des Betriebs die dauernde Unrentabilität des Geschäfts entgegen, so soll das der Betriebspflicht wider alle kaufmännische Vernunft nicht entgegenstehen, OLG Celle – Beschl. v. 3.7.2007 – NZM 2007, 838.

Indes muss geprüft werden, ob die Gründe hierfür auch im unzureichenden Betriebskonzept des Vermieters oder in einer Verletzung der Informationspflicht nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB liegen können. Die Rspr. macht es sich vielfach zu einfach, das Rentabilitätsrisiko eines in ein Einkaufszentrum eingebetteten Geschäfts schematisch dem Mieter zuzuschieben (s. z.B. KG – 1 Jendrek NZM 2000, 526, 528. 2 S. dazu Herrlein/Kandelhard BGB § 540 Rn. 16 f.

832

Pflichten des Mieters

Rn. VI 245

Urt. v. 17.7.2003 – MDR 2004, 84: Die Betriebspflicht ist nicht deshalb entfallen, weil die benachbarte Ladenfläche seit einiger Zeit unvermietet ist. Denn die Rentabilität der gemieteten Räume fällt in den Risikobereich des Mieters).1 Die Berufung auf die Betriebspflicht kann treuwidrig sein, wenn eine massive Mieterflucht in einem Einkaufszentrum oder einer Shop-in-shop-Einheit eingesetzt hat.2 Bei Vermögenslosigkeit des Mieters soll die Betriebspflicht nach § 275 Abs. 1, 3 BGB nicht durchsetzbar sein, weil der Mieter zur Fortführung des Betriebes seine anderen Geschäftspartner wie Lieferanten über seine Solvenz täuschen müsste, LG Köln NZM 2005, 621.

Andererseits darf der Vermieter trotz vereinbarter Betriebspflicht bei bevorstehendem Ende des Mietverhältnisses nicht verlangen, dass der Mieter den Betrieb bis zum letzten Tag aufrechterhält. Der Mieter darf vielmehr das Ladengeschäft zehn Werktage vor Beendigung des Mietverhältnisses schließen, um die Abwicklung des Mietverhältnisses vorzubereiten, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 24.9.1998 – NZM 1999, 124 = ZMR 1999, 171.

Die Betriebspflicht endet mit der Vertragsbeendigung und besteht nicht etwa danach bis zum Zeitpunkt der Räumung fort, es sei denn, dass etwas anderes vereinbart ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.8.2000 – NZM 2001, 131.

Umstritten ist, ob die Betriebspflicht des Mieters mittels einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann. Dagegen kann sprechen, dass hierdurch die Entscheidung in der Hauptsache vorweg genommen werden würde. Auch ist vereinzelt geltend gemacht worden, dass die Betriebspflicht weder als unvertretbare noch als vertretbare Handlung vollstreckt werden könnte,3 OLG Naumburg – Beschl. v. 21.11.1997 – WuM 1998, 320.

Demgegenüber bejaht die herrschende Rspr. die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung, um die Betriebspflicht abzusichern, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 17.8.2000 – NZM 2001, 131 = ZMR 2001, 181, OLG Hamburg – Beschl. v. 6.1.2003 – GuT 2003, 231 = WuM 2003, 641, KG – Urt. v. 17.7.2003 – MDR 2004, 84, Urt. v. 18.10.2004 – NZM 2005, 620 = ZMR 2005, 47, OLG Celle – Beschl. v. 3.7.2007 – NZM 2007, 838.

Jedoch sind an den Verfügungsgrund strenge Anforderungen zu stellen, damit nicht über die Hauptsache vorweg entscheiden wird, KG – Urt. v. 18.10.2004 – NZM 2005, 620 = ZMR 2005, 47: Der Antragsteller muss darlegen und glaubhaft machen, dass er so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und sonst so erhebliche Nachteile erleiden würde,

1 S. auch Lindner-Figura u.a. Kap. 13 Rn. 143; zum gewährleistungsrechtlichen Gesichtspunkt s. Rn. VIII 134, 218, 220. 2 Jendrek NZM 2000, 526, 529; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 226. 3 So auch Schmidt-Futterer BGB § 535 Rn. 228; anders Fritz Rn. 600c.

833

245

Rn. VI 246

Mietgebrauch

dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung nicht zumutbar ist. Vermutungen und Hypothesen ersetzen keinen substantiierten Vortrag. Der Hinweis auf die Beeinträchtigung des Gesamtcharakters des Einkaufszentrums, das von der Vielfalt seiner Angebote an Waren und Dienstleistungen „lebt“, reicht allein nicht aus.

Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 888 ZPO, da die Erfüllung der Betriebspflicht auf eine unvertretbare Handlung gerichtet ist,1 OLG Celle – NJW-RR 1996, 585, OLG Hamburg – Beschl. v. 6.1.2003 – WuM 2003, 641.

246

Ein Verstoß gegen die Betriebspflicht stellt eine Vertragsverletzung dar und kann den Vermieter zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB berechtigen, BGH – Urt. v. 29.4.1992 – DWW 1993, 69 = ZMR 1993, 57, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 21.1.1997 – WuM 1997, 266 = ZMR 1997, 296, OLG Köln – Urt. v. 28.7.2001 – NZM 2002, 345.

Selbst wenn eine Betriebspflicht nicht vereinbart ist, kann der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt sein, sofern der Gewerberaummieter den Betrieb seines in den Mieträumen unterhaltenen Lebensmittel-Supermarkts in einem Einkaufszentrum einstellt und seinen Betrieb ca. 400 m weiter verlagert, LG Hannover ZMR 1994, 280.

Eine Vertragsstrafe, die für jeden Tag des Verstoßes verwirkt sein soll, soll nicht zeitlich begrenzt und mit 125% des auf den Tag entfallenden Mietanteils nicht unangemessen hoch sein, OLG Rostock – Urt. v. 8.3.2004 – NZM 2004, 461.

b) Anzeige- und Obhutspflichten aa) Anzeigepflicht 247

Die Anzeigepflicht des Mieters nach § 536c Abs. 1 BGB wird aus seiner allgemeinen Obhutspflicht abgeleitet. Sie besteht nur, wenn sich ihm objektiv wahrnehmbare Mängel dem Mieter aufdrängen oder er ganz nahe liegende Feststellungen unterlässt; positive Kenntnis vom Mangel wird also nicht vorausgesetzt, BGH – Urt. v. 4.4.1977 – BGHZ 68, 282 = NJW 1977, 1236 = ZMR 1978, 50, OLG Hamburg – RE v. 26.4.1991 – WuM 1991, 328 = ZMR 1991, 262.

Der Begriff des anzuzeigenden Mangels ist weit ausgelegt und darunter jedes Hervortreten eines schlechten Zustandes verstanden worden, ohne dass es auf eine Gebrauchsbeeinträchtigung ankommt, BGH – Urt. v. 4.4.1977 – BGHZ 68, 282 = NJW 1977, 1236 = WuM 1978, 88 = ZMR 1978, 50. 1 Jendrek NZM 2000, 526, 530; Peters/Welkerling ZMR 1999, 369, 371 f.; Stobbe/Tachezey NZM 2002, 557, 559.

834

Pflichten des Mieters

Rn. VI 250

Das gilt selbst, wenn er durch übliche Abnutzung entstanden ist (AG Rosenheim DWW 1994, 360 für defekte Dichtung). Die Anzeigepflicht bezieht sich auch auf die vom Mieter mitbenutzten Gemeinschaftsflächen und -einrichtungen; sie beschränkt sich aber auf Mängel, die erst während der Mietzeit bzw. seit Überlassung der Mietsache eingetreten sind, also nicht auf schon zuvor bestehende Mängel.1 Sie beginnt mit der Überlassung des Mietobjekts auch schon vor Beginn des Mietverhältnisses und dauert bis zur Rückgabe auch während der Zeit des Vorenthaltens.2

248

Auch gilt sie nur für Mängel, die dem Mieter bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sind. Letzteres ist der Fall, wenn er dasjenige nicht zur Kenntnis genommen hat, was sich jedermann als naheliegend aufdrängt, nicht dagegen, was erst einem besonnenen und gewissenhaften Mieter auffallen würde, BGH – Urt. v. 4.4.1977 – BGHZ 68, 281 = NJW 1977, 1236 = WuM 1978, 88 = ZMR 1978, 50, OLG Hamburg – RE v. 26.4.1991 – WuM 1991, 328 = ZMR 1991, 262.

Mithin trifft den Mieter keine allgemeine Prüfungspflicht. Dagegen ist gelegentlich bei der Gewerberaummiete eine regelmäßige Kontrollpflicht des Mieters auf Grund einer gesteigerten Obhutspflicht angenommen und daraus eine Anzeigepflicht gefolgert worden, KG – Urt. v. 20.9.2001 – NZM 2003, 27: Die Anzeigepflicht ist Ausfluss der Obhutspflicht des Mieters, auf Grund deren er seinerseits zumindest zu regelmäßigen Kontrollen der Mietsache gehalten war.

Das kann sich allenfalls nur auf Teile der Mietsache beziehen, die seinem unmittelbaren Zugriff und seiner Nutzung unterliegen. Auch für den aus der Wohnung ausgezogenen Mitmieter soll die Anzeigepflicht fortbestehen, so dass er bei unterlassener Anzeige schadensersatzpflichtig wird,

249

LG Lübeck WuM 1991, 482.

Das rechtfertigt sich aus der fortbestehenden Obhutspflicht. Die etwa in der Wohnung noch verbliebenen Mitmieter sind zwar nicht seine Erfüllungsgehilfen, jedoch haftet er für deren Verletzung der Anzeigepflicht als Gesamtschuldner (s. Rn. I 73; VI 332). Die Anzeigepflicht besteht jedoch dann nicht, wenn der Vermieter Kenntnis vom Mangel hat oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat, BGH – VU v. 14.11.2001 – NZM 2002, 217, OLG Hamburg – RE v. 26.4.1991 – WuM 1991, 328 = ZMR 1991, 262, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.9.2001 – DWW 2002, 274 (LS): Die Unterlassung einer Mängelanzeige macht den Mieter nicht ersatzpflichtig, wenn er ohne Verschulden von einem gleichen Kenntnisstand des Vermieters ausgehen darf. 1 Staudinger/Emmerich BGB § 536c Rn. 6. 2 S. zu § 536c BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 3; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 17; Staudinger/Emmerich Rn. 10.

835

250

Rn. VI 250a

Mietgebrauch

Hiervon wird bei Mängeln außerhalb der Mieträume regelmäßig auszugehen sein, wenn der Vermieter oder sein Repräsentant wie der Verwalter oder der Hausmeister in demselben Haus wohnen.1 Die Kenntnis eines Erfüllungsgehilfen oder Vertreters muss er sich nämlich zurechnen lassen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.1990 – ZMR 1991, 24.

Das ist etwa der Fall, wenn er eine Wartungsfirma mit der Überprüfung beauftragt hat und diese feststellt, dass eine Reparatur oder ein Austausch des Gerätes (Warmwasserbereiter) notwendig ist, LG Berlin ZMR 1992, 302.

250a

Hat der Vermieter den Mangel allerdings behoben, hat dies aber keinen dauerhaften Erfolg gebracht, so obliegt dem Mieter in der Regel erneut die Anzeige,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.1990 – ZMR 1991, 24, LG Karlsruhe WuM 1998, 22: Ein fehlgeschlagener Versuch des Vermieters, den Mangel zu beseitigen, schließt die Anzeigepflicht des Mieters bei Wiederauftreten des Mangels nicht aus.

Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter den Mieter beauftragt hat, den angezeigten Mangel auf seine – des Vermieters – Kosten zu beseitigen und die Mangelbehebung nicht zum vollständigen Erfolg führt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.12.1986 – NJW-RR 1987, 1232 für Beseitigung einer Leitungsverstopfung.

251

Der Mieter kommt seiner Anzeigepflicht erst dann nach, wenn er die Beanstandungen so hinreichend konkretisiert, dass dem Vermieter Anlass gegeben wird, sachgemäß tätig zu werden, LG Köln WuM 1990, 17.

Dagegen braucht er die Mangelursache nicht mitzuteilen; deren Aufklärung ist nicht seine Sache. 252

Da die Anzeigepflicht des Mieters grundsätzlich gegenüber dem Vermieter besteht, genügt die Anzeige gegenüber einem Haushandwerker des Vermieters nicht (AG Köln MDR 1974, 47 = WuM 1974, 27), wohl aber gegenüber dem Verwalter oder einem sonstigen Vertreter des Vermieters, z.B. dem Hausmeister. Hat der Vermieter das Mietgrundstück veräußert und werden vor dem Eigentumswechsel die Schlösser ausgewechselt, so muss der Mieter den Vermieter, wenn nicht schon nach § 536c Abs. 2 BGB, dann wenigstens nach § 242 BGB hiervon unverzüglich in Kenntnis setzen. Ist ihm in dieser Lage der unmittelbar bevorstehende Vermieterwechsel bekannt, so muss er seiner Anzeigepflicht im Zweifel gegenüber dem alten und dem neuen Vermieter nachkommen, BGH – VU v. 14.11.2001 – NZM 2002, 217. 1 Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 971; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536c Rn. 19. 2 Dagegen ist der Mieter vor Ausübung seiner Gewährleistungsrechte nicht verpflichtet, dem Vermieter einen Mangel noch einmal anzuzeigen, nachdem dessen Versuch zur Mängelbeseitigung fehlgeschlagen ist: OLG Düsseldorf – Beschl. v. 4.4.2006 – MDR 2006, 1276 zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

836

Pflichten des Mieters

Rn. VI 255

Der Mieter trägt die Beweislast dafür, dass er seiner Anzeigepflicht nachgekommen ist,

253

BGH – VU v. 14.11.2001 – NZM 2002, 217.

Hat der Mieter den Mangel zwar angezeigt, wirft der Vermieter ihm aber die Verspätung der Anzeige vor, so dass sich der Schaden aus diesem Grund vergrößert habe, so trifft den Vermieter die Beweislast für die Verspätung,

254

LG Hamburg WuM 2001, 24: Wirft der Vermieter dem Mieter vor, Ungezieferbefall der Wohnung nicht rechtzeitig angezeigt zu haben, wodurch höhere Kosten der Bekämpfung entstanden sind, so muss er darlegen, ab welchem Zeitpunkt der Mieter den Mangel kannte oder grobfahrlässig nicht kannte und inwieweit durch das Unterlassen der Anzeige ein höherer Schaden entstanden ist.

Bei unterlassener Mängelanzeige muss er darlegen und ggf. beweisen, dass die Mängelbeseitigung rechtzeitig möglich gewesen wäre und infolge der Unterlassung des Mieters unmöglich geworden ist, BGH – Urt. v. 17.12.1986 – WuM 1987, 215 für Leasing, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.4.2002 – GE 2002, 1261 = ZMR 2003, 21, OLG Brandenburg – Urt. v. 20.2.2008 – ZMR 2008, 706: Der Vermieter bleibt ... beweisfähig, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass sich der Schaden auf Grund eines einmaligen heftigen Wassereintritts erst kurz vor seiner Entdeckung entwickelt hat.1

Der Vermieter muss auch vortragen, dass er bei rechtzeitiger Anzeige Abhilfe geschaffen hätte, LG Kiel WuM 1998, 282.

Eine Vermutung, dass der Eintritt des Schadens auf das Unterlassen der Anzeige zurückzuführen sei, da ein ordentlicher Vermieter gerade dann, wenn er eine regelmäßige Überprüfung nicht vornehme, den konkreten Schaden erforderlichenfalls beseitigen würde, besteht nicht (so aber LG Berlin GE 1996, 322). Die Verletzung der Anzeigepflicht führt nach § 536c Abs. 2 Satz 2 BGB zu einem Verlust von Gewährleistungsrechten, einschließlich des Rechts der fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB, Letzteres jedoch nur, sofern der Mieter die Anzeige nicht nachholt.2 Der Rechtsverlust tritt nur insoweit ein, als der Vermieter infolge der unterlassenen Anzeige außerstande war, den Mangel zu beheben, BGH – Urt. v. 4.4.1977 – BGHZ 68, 281 = NJW 1977, 1236 = WuM 1978, 88 = ZMR 1978, 50.

Grundsätzlich verbleibt dem Mieter aber der Anspruch auf Beseitigung der Mängel oder Gebrauchsbeeinträchtigung, die Einrede des nicht erfüllten Ver-

1 Der Vermieter behauptete, ein Wasserschaden sei infolge einer kleinen Undichtigkeit des Wasseranschlussschlauches am Geschirrspüler des M. aufgetreten. Diese Ursache konnte er nicht beweisen. 2 S. zu § 536c BGB: Blank/Börstinghaus BGB § 536c Rn. 9; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 35; Staudinger/Emmerich Rn. 16, 19.

837

255

Rn. VI 256

Mietgebrauch

trages gemäß § 320 BGB und der Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 536a Abs. 2 BGB (s. Rn. VIII 429). 256

Aus der unterlassenen Anzeige können dem Vermieter gegenüber dem Mieter Schadensersatzansprüche erwachsen (§ 536c Abs. 2 Satz 1 BGB). Unterlässt es der Mieter etwa, einen Defekt an der Wasserspülanlage des WC anzuzeigen, so schuldet er die Kosten des Wasserverlusts als Schadensersatz, LG Frankfurt WuM 1990, 425, AG Rosenheim DWW 1994, 360.

Jedoch wird er wegen der unterlassenen Mängelanzeige nicht ersatzpflichtig, wenn er ohne Verschulden von einem gleichen Kenntnisstand des Vermieters ausgehen darf, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.9.2001 – DWW 2002, 274 (LS) = GE 2002, 1262.

257

Auch ist die unterlassene Anzeige nicht ursächlich für den Schadenseintritt, wenn dem Vermieter nach verspäteter Anzeige noch hinreichende Gelegenheit zur Schadensabwendung blieb. Etwaige Verzögerungen seines Erfüllungsgehilfen bei der Schadensbeseitigung muss er sich als Mitverschulden zurechnen lassen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.9.2001 – DWW 2002, 274 (LS) = GE 2002, 1262.

Unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 Abs. 1 BGB) besteht eine Schadensersatzpflicht des Mieters bei unterlassener Anzeige auch dann nicht, wenn der Schaden auf einen Baumangel zurückzuführen ist, der in den alleinigen Verantwortungsbereich des Vermieters fällt, LG Karlsruhe WuM 1998, 22.

Zur Formularklausel „Für einen durch nicht rechtzeitige Anzeige verursachten weiteren Schaden ist der Mieter ersatzpflichtig“ s. Rn. II 107. bb) Obhutspflicht 258

Die Obhutspflicht des Mieters ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, findet jedoch ihren Niederschlag in der Anzeigepflicht gemäß § 536c Abs. 1 BGB. Sie hat zum Inhalt, mit der Mietsache sorgfältig umzugehen.1 Maßstab ist dabei die verkehrsübliche Sorgfalt und nicht nur die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten (§ 277 BGB). Insofern wirkt sie sich als Schranke des Mietgebrauchs aus, etwa was den Betrieb von Haushaltsmaschinen, den Umgang mit Wasser oder Klimapflege in der Wohnung anbelangt.2 Die Obhutspflicht beginnt mit der Überlassung der Mietsache. Werden Mieträume schon vor Beginn des Mietverhältnisses – etwa zu Renovierungszwecken – dem Mieter überlassen, so haftet er auf Grund des vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 280 BGB.

1 S. dazu Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 942; Dittert/Landvoigt GE 2005, 468. 2 S. auch Franke DWW 1999, 78 insbesondere zur Verletzung der Obhutspflicht bei Betreiben von Haushaltswaschmaschinen, fehlerhaftem Lüftungsverhalten, Verursachung von Frostschäden.

838

Pflichten des Mieters

Rn. VI 259

Die Obhutspflicht des Mieters besteht auch dann, wenn er den Gebrauch der Mietsache bereits seit Längerem aufgegeben hat; er hat auch in einem solchen Falle die Pflicht, alles zu tun, um Beschädigungen des Mietobjekts zu vermeiden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.5.1994 – WuM 1994, 461.1

Sie geht aber geht nicht so weit, ihm eine Prüfungspflicht auf Mängel der Mieträume aufzuerlegen, LG Berlin WuM 1987, 387.

Die Obhutspflicht dauert über das Ende des Vertragsverhältnisses bis zur Rückgabe auf Grund des Abwicklungsverhältnisses (s. § 546a BGB) fort. Sie ist nicht höchstpersönlich zu erfüllen; vielmehr kann sich der Mieter – insbesondere bei Abwesenheit – eines Dritten bedienen. Ist er nach dem Mietvertrag verpflichtet, die Wohnung bei längerer Abwesenheit – auch infolge Erkrankung (s. AG Frankfurt a.M. ZMR 2008, 45) – für den Vermieter zugänglich zu halten (z.B. durch Hinterlegung eines Schlüssels), so geht damit die Obhutspflicht nicht auf den Vermieter über; denn die Maßnahme soll nicht der laufenden Kontrolle, sondern nur dem Zugang im Gefahr- und Notfall dienen. Eine gesteigerte Obhutspflicht trifft den Mieter nicht schon deshalb, weil er Haushaltsgeräte installiert hat: Er verletzt seine Sorgfaltspflicht nicht schon dadurch, dass er moderne vollautomatische Haushaltsgeräte eine Zeitlang unbeaufsichtigt lässt. Mit der entfernten Möglichkeit eines technischen Defekts braucht er nicht zu rechnen. Eine Formularklausel, die eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters vorsieht, ist unwirksam, LG Saarbrücken NJW-RR 1987, 1496; im Gegensatz zu LG Koblenz VersR 1985, 72 nimmt LG Mannheim ZMR 1991, 441 aber an, dass der Mieter jedenfalls bei der ersten Inbetriebnahme einer fabrikneuen Waschmaschine den Waschvorgang ständig überwachen müsse;2 für gesteigerte Kontrollpflicht auch LG München I ZMR 1994, 478, wenn der Raum, in dem der Mieter eine Waschmaschine installiert hat, keinen Bodenablauf für Wasser hat. Das gilt erst recht für ältere Geräte: OLG Celle – Urt. v. 18.2.1998 – MDR 1998, 896 für zumindest beiläufige Beaufsichtigung einer ca. 10 Jahre alten Waschmaschine.

Die Aufsichtspflicht darf also nicht überspannt werden und findet jedenfalls dort ihre Grenze, wo selbst einem Fachmann der Defekt nicht ohne weiteres aufgefallen wäre, LG Gießen MDR 1997, 452 für Wasserschaden durch Geschirrspülmaschine.

Ebenso wenig haftet der Mieter für einen Brandschaden durch Implosion eines modernen Fernsehgerätes, OLG Köln – Urt. v. 22.6.1988 – DWW 1988, 278 = MDR 1989, 543, LG Stendal NJW-RR 1994, 275 = WM 1994, 85: Haftung nur bei unsachgemäßer Bedienung oder gewaltsamem Einwirken. 1 Zum Fall: Sicherung des früher als Schrottplatz genutzten Grundstücks davor, dass Behälter mit umweltschädlichem Inhalt auf das Grundstück verbracht werden und zur Bodenverunreinigung führen. 2 S. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 241, 325.

839

259

Rn. VI 260

Mietgebrauch

Er verletzt seine Obhutspflicht nicht schon dadurch, dass er den Netzstecker von technischen Geräten nicht herauszieht, wenn er diese nicht benutzt, oder im Stand-by-Modus belässt.1 260

Andererseits ist es als grob fahrlässig gewertet worden, wenn der Mieter vor Antritt einer längeren Urlaubsreise es unterlassen hat, das Absperrventil der Kaltwasserleitung des Geschirrspülers zu verschließen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.8.1988 – MDR 1989, 645.

Grobe Fahrlässigkeit ist auch zu bejahen, wenn ein Hausbewohner den Zuleitungsschlauch einer Waschmaschine ohne zwischengeschaltete Aquastoppvorrichtung mit einer Schlauchschelle an einem Wasserhahn befestigt und diesen danach durchgängig geöffnet lässt, ohne jemals zu prüfen, ob der Schlauch noch fest sitzt, OLG Oldenburg – Urt. v. 5.5.2004 – NZM 2005, 200 = WuM 2005, 587 = ZMR 2004, 581.

Auch haftet der Mieter für Wasserschäden, die ein alter, schadhafter Wasserschlauch an einer Waschmaschine bewirkt hat. Jedoch soll den Vermieter ein Mitverschulden (von 30%) treffen, wenn ein bei Gelegenheit anderer Klempnerarbeiten vom Vermieter beauftragter Handwerker vom Mieter keine Abhilfe einfordert, LG Hamburg WuM 2003, 318.

261

Der Mieter muss im Rahmen seiner Obhutspflicht Frostschäden vermeiden.2 Allerdings ist er nicht verpflichtet, Schwachstellen des Gebäudes durch das Aufstellen von Heizkörpern oder Isolieren von Rohren auszugleichen, s. dazu OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 22.3.1991 – NJW-RR 1991, 974.

Auch kann ihm nicht zugemutet werden, die Türen von frostgefährdeten Räumen (z.B. Gäste-WC oder Abstellkammern) zum Zwecke des Miterwärmens offen stehen zu lassen. Er muss die Wohnung bei Abwesenheit so beheizen (oder beheizen lassen), dass Frostschäden vermieden werden; der Vermieter soll berechtigt sein, seinen hierauf gerichteten Erfüllungsanspruch mittels einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen, AG Köln WuM 1985, 158; s. auch LG Hagen ZMR 2008, 973 zur Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei anhaltender Nichtbeheizung trotz Abmahnung.

Verreist er in der kalten Jahreszeit, während der mit erheblichem Frost gerechnet werden muss, so muss er den zum Mietobjekt gehörenden Haupthahn abdrehen und die Leitungen entleeren. Ist die Witterungslage unklar, so muss er eine Vertrauensperson mit der Kontrolle beauftragen, wobei ein zweitägiger Turnus ausreichen soll, AG Hersbruck WuM 1986, 307.

1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 242. 2 S. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 240; Franke DWW 1999, 78, 79; zur Heizpflicht: Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 934; Dittert/Landvoigt GE 2005, 468.

840

Pflichten des Mieters

Rn. VI 263

Eine Verletzung der Obhutspflicht kann auch darin liegen, dass der Mieter seiner Pflicht, Sanitärgegenstände pfleglich zu behandeln, insbesondere zu reinigen, nicht nachkommt.

262

LG Düsseldorf DWW 1996, 281: Wird die Badewanne über Jahre hinweg nicht ordnungsmäßig gereinigt, so dass die Oberfläche stark aufgeraut ist, muss der Mieter Ersatz für eine neue Wanne leisten. Mit einer neuen Beschichtung braucht sich der Vermieter nicht zufrieden zu geben, da es sich um eine Ausbesserung minderer Qualität handelt. Soweit beim Neueinbau der Wanne Fliesen auszutauschen sind, fallen die Kosten dem Mieter zur Last.

Zur Obhutspflicht gehört auch, dass der Mieter den Abfluss des zur Wohnung gehörenden Balkons regelmäßig säubert, damit das Regenwasser abfließen kann, LG Berlin ZMR 1987, 335.

Die Obhutspflicht bezieht sich auch auf die Sorgfalt im Umgang mit den dem Mieter überlassenen oder selbst gefertigten Schlüsseln zum Mietobjekt. Der Verlust eines Schlüssels soll dafür sprechen, dass der Mieter seine Sorgfaltspflicht verletzt hat; er soll sich nicht darauf berufen können, dass seit dem Verlust erhebliche Zeit vergangen ist, ohne dass es zu einem Schlüsselmissbrauch gekommen ist, oder dass der Schlüssel nicht (z.B. mit Namensschild o.Ä.) gekennzeichnet war,

262a

AG Münster ZMR 2003, 583, s. auch AG Witten ZMR 2003, 507: Verlust eines Generalschlüssels auf dem Mietgrundstück.

Selbst wenn der Schlüsselverlust auf einem Diebstahl beruht, ist eine Haftung des Mieters nicht ausgeschlossen, sofern er den Diebstahl erleichtert hat,1 KG – Urt. v. 11.2.2008 – DWW 2008, 145 = ZMR 2008, 618.

Der Mieter muss aber nicht die Codekarte des Tiefgaragentores nur in der Wohnung aufbewahren, um sie vor Diebstahl zu schützen; die Aufbewahrung im PKW genügt, AG Köln WuM 1989, 168.

Ist ein Missbrauch praktisch nicht zu befürchten, so kann der Vermieter im Hinblick auf § 254 Abs. 2 BGB nur Ersatz für den verlorenen Schlüssel, nicht jedoch die Kosten für das Auswechseln der Schließanlage verlangen. Der Anspruch auf Ersatz der Kosten für eine Schließanlage soll nur gegeben sein, wenn der Vermieter diese Kosten tatsächlich aufgewendet hat, jedoch nicht auf Grund eines Kostenvoranschlages als abstrakten Schadensnachweis, AG Rheinbach NZM 2005, 822, s. auch LG Wiesbaden NZM 1999, 308 bei unterbliebener Rückgabe eines Schlüssels.

Rauchen in der Wohnung gehört nach allgemeiner Meinung zum vertragsgemäßen Gebrauch, ohne dass es auf das Ausmaß ankommt,2 1 Zum Fall: Ein Mitarbeiter des Mieters hatte die Schlüssel zu den Mieträumen in einer Notebooktasche im Firmenwagen liegengelassen. Der Dieb zerstörte eine der Fahrzeugscheiben und gelangte so an die Schlüssel. 2 Eingehend Stapel NZM 2000, 595; Horst MietRB 2008, 188; Paschke NZM 2008, 265; ferner Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 461; Staudinger/Emmerich BGB § 538 Rn. 3.

841

263

Rn. VI 264

Mietgebrauch

BGH – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 318 = WuM 2008, 213 = ZMR 2008, 524 = MietRB 2008, 161 (Dötsch), LG Hamburg WuM 2001, 469, LG Karlsruhe WuM 2002, 50; anders für übermäßiges Rauchen und dadurch bewirkte starke Abnutzungserscheinungen in den Mieträumen: LG Paderborn NZM 2000, 711, LG Baden-Baden WuM 2001, 603, LG Koblenz ZMR 2006, 288; offen gelassen von BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513 = ZMR 2006, 843.

Es kann durch Individualvereinbarung ausgeschlossen werden, nicht aber durch Formularklauseln.1 Bei der Klauselkontrolle wird der Individualschutz dem Schutz der Allgemeinheit vorgezogen. Das ist bedenklich; denn Rauchverbote dienen nicht nur der Vorbeugung vor Abnutzungsschäden an den Mieträumen, sondern nicht zuletzt dem Gesundheitsschutz der Mitbewohner. Hat der Vermieter bei Vertragsabschluss deutlich gemacht, nur an Nichtraucher vermieten zu wollen, und hat der Mieter sich darauf eingelassen, so kann der Vermieter bei erheblichen Verstößen, wenn der Mieter trotz Abmahnung weiterhin raucht, das Mietverhältnis nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen, AG Rastatt DWW 2005, 331, einschränkend aber LG Stuttgart NJW-RR 1992, 1360, 1361.

Auch beim Rauchen trifft den Mieter eine Obhutspflicht (s. auch Rn. VI 209). Dabei wird – allerdings zu Unrecht – zwischen „Morgenzigarette“ und „Einschlafzigarette“ unterschieden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.5.1999 – WuM 2002, 115: Der Mieter handelt nicht grob fahrlässig, wenn er am frühen Morgen des Schadenstages nach dem Aufwachen eine Zigarette im Bett geraucht und kurze Zeit danach das Haus verlassen hat. Es ist ihm nicht als grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, das Bett vor dem Verlassen der Wohnung nicht auf Glutreste und/oder einen beginnenden Schwelbrand untersucht zu haben. Anders verhält es sich bei der „Einschlafzigarette“, denn das Rauchen vor dem Einschlafen, insbesondere bei Übermüdung, ist jedenfalls als grob fahrlässig einzustufen.2

264

Umstritten war bisher, ob die durch starkes Rauchen verursachten Nikotinablagerungen an den Wänden, Türen und Fenstern der Mietwohnung nur Spuren vertragsgemäßen Gebrauchs sind und daher vom Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht entfernt zu werden brauchen (s. § 538 BGB), oder ob es sich jedenfalls bei sehr starkem Rauchen um Schäden handelt, deren Beseitigung der Mieter nach §§ 280, 281 BGB schuldet (s. Rn. IX 7). Der BGH, der diesen Meinungsstreit zunächst offen gelassen hat,3 knüpft nicht an die Intensität des Rauchens, sondern an die durch das Rauchen verursachten Abnutzungserscheinungen infolge von Nikotinablagerungen an: Lassen sie sich durch übliche Schönheitsreparaturen (s. dazu Rn. IX 8) beseitigen, so handelt es sich um bloße Abnutzungserscheinungen, die der Mieter nur dann zu beseitigen braucht, wenn ihm die Schönheitsreparaturen wirksam übertragen 1 Bub/Treier Rn. II 499; Schimdt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 463; Stapel NZM 2000, 595; Horst MietRB 2008, 188, 189; Paschke NZM 2008, 265, 268. 2 Der BGH – Beschl. v. 8.8.2000 – VIII ZR 166/99 hat die Revision des Klägers nicht angenommen. 3 BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513 = ZMR 2006, 843.

842

Pflichten des Mieters

Rn. VI 266a

worden sind. Für die Beseitigung darüber hinausgehender Schäden haftet der Mieter dagegen nach § 280 Abs. 1 BGB, BGH – VIII ZR 37/07 – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 318 = WuM 2008, 213 = ZMR 2008, 524 = MietRB 2008, 161 (Dötsch).

Zum Rauchen im Treppenhaus s. Rn. VI 309. Bei Mietverhältnissen über Gewerberäume können Rauchverbote ebenso wie bei der Wohnraummiete individuell, jedoch nicht formularmäßig vereinbart werden. Handelt es sich um öffentlich-rechtliche Rauchverbote auf Grund von Raucherschutzgesetzen der Länder,1 durch die ein Gewerberaummieter oder -pächter u.U. erhebliche Einbußen erleidet, so kann fraglich sein, ob er die Miete mindern oder das Mietverhältnis nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen kann oder ihm ein Lösungsrecht nach § 313 BGB zuzubilligen ist.2 Das ist zu verneinen; denn die Rauchverbote richten sich gegen die Art und Weise der Betriebsführung des Mieters und sind daher seinem Risikobereich zuzuordnen.

264a

Eine Obhutspflicht trägt der Mieter ferner bei der Durchführung von handwerklichen Arbeiten in der Wohnung, insbesondere bei solchen, die sich auf das Mietobjekt beziehen. Schon aus § 241 Abs. 2 BGB und erst recht aus der spezielleren mietvertraglichen Obhutspflicht lässt sich ableiten, dass derjenige, der Arbeiten außerhalb seines eigentlichen Pflichtenkreises vornimmt, diese Arbeiten so ausführen muss, dass der Vertragspartner keinen Schaden erleidet. Das bezieht sich auch auf die freiwillige Durchführung von Schönheitsreparaturen,

265

KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = NZM 2005, 663, AG Burgwedel WuM 2005, 771.

Auch hat der Mieter eines Mehrfamilienhauses eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht gegenüber anderen Bewohnern und Besuchern. Hiergegen verstößt er, wenn er zur Vermeidung des „Schmutzeintrags“ ins Treppenhaus als Fußmattenprovisorium einen trockenen Putzlappen verwendet, was einen Unfall verursachte,

266

OLG Koblenz – Urt. v. 25.2.1992 – MDR 1992, 348.

Zur Obhutspflicht des Mieters bei eigenen und vom Vormieter übernommenen Einrichtungen und baulichen Maßnahmen s. Rn. VI 90, 91. Einerseits darf der Mieter seine Wohnung nicht verwahrlosen, insbesondere „vermüllen“ lassen, andererseits ist der Vermieter nicht berechtigt, das Wohnverhalten des Mieters zu beeinflussen, sofern weder seine Rechte noch diejenigen Dritter verletzt werden. Das Ansammeln nicht verderblicher Sachen und Zeitschriften, Flaschen, Plastikbehälter und ähnlicher Gegenstände stellt für sich gesehen ebenso wenig eine Obhutspflichtverletzung dar wie mangelnde Ordnung und Sauberkeit, 1 S. die Übersicht bei Horst MietRB 2008, 188, 189 Fn. 1. 2 S. dazu Paschke NZM 2008, 265, 270; Leo/Ghassem-Tabar NZM 2008, 271, 272 f.

843

266a

Rn. VI 267

Mietgebrauch

s. LG Siegen WuM 2006, 158: kein Kündigungsgrund wegen leicht muffigen Geruchs in der Wohnung, Ansammeln von Kleidersäcken, Zeitschriften, Gerätschaften und anderer nicht verderblicher Sachen; ebenso AG München NZM 2003, 475: keine Kündigung gegenüber einem „Messi“, wenn das Mietobjekt nicht gefährdet ist; anders AG Rheine WuM 2008, 218 bei andauernder Vermüllung der Wohnung.

267

Die Obhutspflicht wird insbesondere diskutiert, soweit es um die Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden geht und sie sich auf das Heizungs-, Lüftungsund Wohnverhalten des Mieters bezieht.1 Danach ist der Mieter verpflichtet, sein Verhalten auf die Beschaffenheit der Wohnung abzustellen, wenn das Entstehen der Feuchtigkeitsschäden nur über den Umgang mit der Mietsache zu beeinflussen ist. Das von ihm abgeforderte Verhalten (sog. Normverhalten) ist unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu prüfen; der Mieter schuldet danach ein sog. zumutbares Normverhalten, OLG Celle – Beschl. v. 19.7.1984 – WM 1985, 9 = ZMR 1985, 10.

268

Geboten ist in diesem Zusammenhang, eine Abgrenzung zum mangelhaften Zustand einer Wohnung vorzunehmen. Mieträume müssen in bauphysikalischer Hinsicht so beschaffen sein, dass bei einem Abstand der Möbel von der Zimmerwand von einigen wenigen cm (im Allgemeinen genügt der Scheuerleistenabstand) eine Tauwasserbildung ausgeschlossen ist (s. auch LG Berlin ZMR 1988, 464, LG Hamburg NZM 1998, 571), LG Mannheim NZM 2007, 682 = ZMR 2007, 971: In bauphysikalischer Hinsicht müssen Mietwohnungen so beschaffen sein, dass sich bei einem Wandabstand von wenigen cm (unter 5 cm) Feuchtigkeitserscheinungen nicht bilden können.

269

So ist der Mieter nur bei ausdrücklicher Vereinbarung verpflichtet, größere Möbelstücke (Schrankwände) mehr als 9 cm von der Außenwand entfernt aufzustellen, LG Hamburg ZMR 2004, 41, AG Osnabrück NZM 2006, 224: Ohne einen ausdrücklichen Hinweis des Vermieters auf baubedingte Feuchtigkeits- und Schimmelpilzrisiken, die auf der Wohnung lasten, braucht der Mieter keinen Zirkulationsabstand zwischen Wand und Möbelstücken von ca. 10 cm einzuhalten; LG Mannheim NZM 2007, 682 = ZMR 2007, 971: Der Wohnungsmieter ist mangels abweichender Vereinbarungen nicht gehalten, Möbel mit einem Mindestabstand von 5 cm zur Außenwand aufzustellen.

Lassen sich Feuchtigkeitserscheinungen in einer Wohnung (Schimmel) nicht durch übliches Wohnverhalten, sondern allein durch übersteigertes Heizen und Lüften vermeiden, so liegt ein Mangel vor,2 LG Hamburg NZM 1998, 571 (ZK 11), AG Osnabrück WuM 2006, 224.

Eine Obhutspflicht des Mieters wird indes selbst in diesem Fall anzunehmen sein. Die hierdurch entstehenden Beeinträchtigungen des Wohngebrauchs lö1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 207 f.; Isenmann WuM 2004, 518; s. auch Mathonia WuM 2005, 223, 224 Sp. 2 f. 2 Zu Feuchtigkeitsschäden s. Rn. VIII 57 f.

844

Pflichten des Mieters

Rn. VI 271

sen neben dem Erfüllungsanspruch auch Gewährleistungsrechte des Mieters aus, die sich u.a. auf den Ersatz von Mehrkosten der Beheizung beziehen. Das gilt auch für Neubaufeuchte (s. Rn. VI 275). Die Pflicht zum ausreichenden Lüften und Heizen kommt insbesondere in Betracht, wenn der Vermieter – etwa nach Einbau isolierverglaster Fenster – in die raumklimatischen Verhältnisse eingegriffen hat (s. aber Rn. VI 273 f.). Das soll aber nicht so weit gehen, dass der Mieter gehalten wäre, bauphysikalische Schwachstellen der Mieträume dadurch auszugleichen, dass er von der allgemein üblichen Nutzung bei der Möblierung – soweit unzumutbar – absieht,

270

LG München I WuM 1991, 584 im Anschluss an LG Hamburg WuM 1985, 22.

Ebenso wenig ist ihm zuzumuten, täglich mehrere Stoßlüftungen durchzuführen und in sämtlichen Räumen die Temperatur nicht unter 19° C absinken zu lassen, LG Düsseldorf DWW 1992, 243, s. auch LG Aurich WuM 2005, 573: Unzumutbar ist, viermal täglich alle Heizkörper abzustellen, alle Fenster 15 Minuten geöffnet zu halten und danach die Heizkörper wieder anzustellen; AG Siegburg ZMR 2005, 544: Unzumutbar ist, im Abstand von wenigen Stunden eine Stoßlüftung durchzuführen und die Raumtemperatur bei 20° C zu halten; AG Frankfurt a.M. WuM 2007, 569: Unzumutbar ist, täglich fünfmal „quer“ zu lüften.

Erst recht ist ihm eine Klimapflege mit Hilfe von Hygrometern nicht zuzumuten, LG Hamburg WM 1988, 106: Halten einer Tagestemperatur von 22° C und 5–6 mal tägliches Lüften.

Die Anforderungen an ein ausreichendes und dem Mieter zuzumutendes Lüften sind unterschiedlich. Im Allgemeinen wird ein tägliches Querlüften morgens und abends von jeweils 15 Min. ausreichen,1 s. OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 11.2.2000 – NZM 2001, 39: zweimal (!) morgens und einmal abends; ähnlich: AG Hannover WuM 2005, 767: zwei- bis dreimal täglich die Fenster etwa 10–15 Min. weit öffnen oder eine Zuglüftung über die geöffnete Balkontür und ein Zimmerfenster für den gleichen Zeitraum durchführen.

Jedoch wird der Umfang der Pflicht des Mieters zum Lüften und Heizen von dem Mietobjekt abhängen: Bei einem älteren Haus muss der Mieter alle zumutbaren Maßnahmen treffen, um die Bildung von Schimmel zu verhindern, z.B. Stoßlüften, Abwischen von Nässe, stärkeres Heizen. Die Grenze besteht in der Zumutbarkeit. Der Mieter ist aber zu baulichen Maßnahmen nicht verpflichtet, ebenso wenig braucht er zusätzliche Heizquellen aufzustellen. Unzumutbar ist ein Stoßlüften mehrfach am Tag im Abstand von wenigen

1 S. dazu Isenmann WuM 2003, 143 (Anm. zu LG Kleve WuM 2003, 142); Isenmann DWW 2003, 7, 46: Ein dreimaliges Stoßlüften am Tage ist dem Mieter zuzumuten.

845

271

Rn. VI 272

Mietgebrauch

Stunden oder eine ständige Temperatur von 20° C zu halten. Auch braucht der Mieter ein als Schlafzimmer genutztes Zimmer nicht umzunutzen, LG Lüneburg WuM 2001, 465.

Selbst wenn ein Querlüften nur bedingt möglich ist, etwa weil die Tür nicht in der Strömungsrichtung des Fensters steht, ist dem Mieter ein längeres Lüften (bis 10 Min.) zuzumuten, LG Berlin GE 1999, 380, 381.

Im Einzelfall soll ein 10- bis 15-minütiges Stoßlüften nach jedem Dusch- und Kochvorgang geboten und zumutbar sein, vgl. LG Hamburg WuM 2001, 193.

Wäre bei verändertem zumutbaren Heiz- und Lüftungsverhalten ein feuchtigkeitsbedingter Schaden zum Teil vermeidbar gewesen, so muss der Mieter sich dies als Mitverschulden anrechnen lassen, LG Bonn ZMR 1991, 300.

272

Ein fehlerhaftes Heiz- oder Lüftungsverhalten hat nur dann rechtliche Konsequenzen, wenn es für den Feuchtigkeitsschaden – seinen Eintritt ebenso wie seine Ausbreitung – ursächlich geworden ist. Mithin kommt es darauf an, ob das Verhalten des Mieters auch dann zu Feuchtigkeitsschäden geführt hätte, wenn das Gebäude mangelfrei gewesen wäre, s. dazu AG Königswusterhausen WuM 2007, 568: Eine niedrige Temperierung der Mieträume ist noch kein falsches Wohnverhalten des Mieters und keine Ursachensetzung für die Schimmelbildung, wenn ein Baumangel vorliegt.

Auch ist der Mieter mit einer Mietminderung wegen Schimmelbildung infolge nicht ausreichender Lüftung nicht ausgeschlossen, wenn ihm ein entsprechendes Normverhalten nicht zugemutet werden konnte, AG Frankfurt a.M. WuM 2007, 569 bei dem Erfordernis, täglich fünfmal „quer“ zu lüften.

Andererseits kann die Verletzung der Obhutspflicht eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn es infolge unzureichender Lüftung zu massiven Feuchtigkeitsschäden mit Schimmelbildung in der Wohnung gekommen ist und der Mieter sein Wohnverhalten trotz Abmahnung beibehält, AG Hannover WuM 2005, 767;1 s. auch LG Hagen ZMR 2008, 973 für anhaltende Nichtbeheizung; zur Verwirkung eines solchen Kündigungsgrundes: LG Siegen WuM 2006, 157.2

273

Ein Verschulden des Mieters im Zusammenhang mit unrichtigem Heizen und Lüften wird voraussetzen, dass der Vermieter den Mieter in geeigneter Weise auf ein richtiges und zumutbares Verhalten hingewiesen hat. Das gilt insbe1 Zum Fall: Geboten war, jeden Raum täglich zwei- bis dreimal 10 bis 15 Minuten bei weit geöffneten Fenstern zu lüften; stattdessen lüftete der Mieter mittels auf „kipp“ gestellter Fenster hinter geschlossenen Gardinen. 2 Zum Fall: Dem Vermieter waren die Feuchtigkeits- und Schimmelerscheinungen, die noch nicht zu einer Substanzgefährdung geführt hatten, seit über drei Jahren bekannt.

846

Pflichten des Mieters

Rn. VI 275

sondere dann, wenn bauliche Besonderheiten1 des Mietobjekts ein über das übliche Maß hinausgehendes Heiz- und Lüftungsverhalten erfordern, um das Auftreten von Feuchtigkeitsschäden zu verhindern, LG Berlin ZMR 1987, 378, ZMR 1988, 464, LG Kleve WuM 2003, 142 für eine besondere Lüftungsart, die durch den Wohnungsgrundriss bedingt ist (sog. U-Lüften).2

Die Hinweise müssen konkret auf die baulichen Schwachstellen der Wohnung bezogen sein; allgemeine Belehrungen sollen nicht ausreichen, LG Neubrandenburg WuM 2002, 309: Nach Modernisierungsarbeiten, insbesondere dem Einbau neuer, isolierverglaster Fenster, obliegt es dem Vermieter, den Mieter auf ein zu änderndes Heiz- und Lüftungsverhalten hinzuweisen. Die Belehrung ist nicht in allgemeiner Form, z.B. anhand einer Broschüre, sondern auf die konkreten Raumverhältnisse hin zu erteilen; LG München I NZM 2007, 642: Nach Einbau isolierverglaster Fenster muss der Vermieter den Mieter sachgerecht und präzise auf die neuen Anforderungen an das Heizund Lüftungsverhalten im veränderten Raumklima hinweisen; er muss die erforderlichen Verhaltensanforderungen ermitteln; ebenso schon LG Hamburg NZM 1998, 571: Der Vermieter kann sich seiner Verantwortung für Feuchtigkeitsschäden nicht dadurch entziehen, dass er dem Mieter ein Merkblatt aushändigt, in dem das notwendig geänderte Wohnverhalten allgemein beschrieben wird; vgl. auch AG Neuss WuM 1994, 382: Nach einer Fenstermodernisierung muss der Vermieter den Mieter sachgerecht auf das Wohnverhalten unter einem veränderten Raumklima hinweisen.

Hat der Vermieter nach Einbau von isolierverglasten Fenstern den Mieter nicht darauf hingewiesen, dass er sein bisheriges Lüftungsverhalten ändern muss, so soll er ihm auch kein falsches Lüftungsverhalten vorwerfen können,

274

LG Berlin ZMR 2002, 48, nach LG Berlin ZMR 1987, 378 hat der Vermieter die Schäden an der Mietsache zu vertreten, wenn er seine Aufklärungspflicht verletzt hat.

Zumindest trifft ihn bei Schäden aus derartigen Fällen ein Mitverschulden, das mit 50% angesetzt worden ist, LG Berlin GE 2000, 124, s. auch LG Bonn ZMR 1991, 300.

Kommt es infolge der unterbliebenen Belehrung über zusätzliche Lüftungsmaßnahmen und infolge des unveränderten Lüftungsverhaltens des Mieters zur Bildung von Schimmel, so ist dieser Mangel dem Gefahrenbereich des Vermieters zugeordnet worden, LG Gießen ZMR 2000, 537.

Bei Neubaufeuchte gilt keine gesteigerte Obhutspflicht des Mieters; er ist deswegen nicht zu einem verstärkten überobligatorischen Heizen und Lüften verpflichtet, LG Nürnberg-Fürth WuM 1988, 155, LG Wuppertal NZM 2002, 987 = WuM 2002, 667. 1 S. dazu Isenmann WuM 2004, 518. 2 S. dazu Isenmann WuM 2003, 143.

847

275

Rn. VI 276 276

Mietgebrauch

Eine Obhutspflicht trifft den Mieter, soweit es darum geht, Risikofaktoren für Foggingerscheinungen (Wohnungsschwärzungen) zu vermeiden. Derartige Erscheinungen sollen durch schwerflüchtige organische Verbindungen verursacht werden, die die bisherigen klassischen Lösungsmittel in Farben, Klebern, Bodenbelägen und Kunststoffen abgelöst haben.1 Im Einzelnen sind die Erscheinungen noch nicht genügend erforscht.2 Faktoren aus dem Wohnverhalten des Mieters wie Beheizung, Raumlüftung und -feuchte, Raumausstattung, Verwendung von Kerzen, aber auch Rauchen können ebenfalls ursächlich sein. Treten Foggingerscheinungen auf, so wird dem Mieter zuzumuten sein, sein Wohnverhalten im Hinblick auf die Ursächlichkeit von Fogging zu überprüfen. Zur Beweislast hinsichtlich der Zurechnung von Feuchtigkeits- und Foggingschäden s. Rn. VIII 167, 176. Zur Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung s. Rn. VIII 370. c) Reinigungspflicht

277

Die Pflicht, Gemeinschaftsflächen zu reinigen oder den sog. Winterdienst durchzuführen, obliegt an sich dem Vermieter kraft seiner Pflicht zur Instandhaltung nach § 535 BGB (s. Rn. VII 229).3 Sie ist nicht aus der Obhutspflicht des Mieters abzuleiten, sondern die Übertragung auf ihn muss eindeutig vereinbart sein,4 LG Stuttgart WuM 1988, 399 für Winterdienst, anders LG Aachen NJW-RR 1988, 783, das eine allgemeine Übung annimmt.

Die formularmäßige Regelung der Reinigungspflicht in der Hausordnung kann dann ausreichen, wenn die Hausordnung zum Bestandteil des Mietvertrages geworden ist, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 22.9.1988 – NJW-RR 1989, 41 = WuM 1988, 399, LG Karlsruhe ZMR 2006, 698.

Das ist jedoch wegen des Überraschungseffekts nach § 305c Abs. 1 BGB bedenklich, da die Hausordnung nicht der Platz ist, um mietvertragliche Pflichten zu begründen (LG Frankfurt NJW-RR 1988, 782, anders LG Karlsruhe ZMR 2006, 698). Ohnehin erscheint die Übertragung von Reinigungspflichten 1 Hitpaß/Oventrop ZMR 2005, 598. 2 Tiefenbacher ZMR 2000, 432; Hitpaß/Haugg ZMR 2002, 337; insbesondere Szewieski/ Moriske ZMR 2003, 551. 3 S. dazu Hitpaß ZMR 2005, 9, 11; Hitpaß ZMR 2008, 935; ferner Schmidt-Futterer/ Eisenschmid BGB § 535 Rn. 138 f. 4 Zur Auslegung einer Vereinbarung s. LG Hannover MDR 1994, 796: Übernimmt es der Mieter eines ca. 700 qm großen Supermarktes in einem von ihm vorformulierten Standardmietvertrag, die Kosten der „Straßen- und Fußwegreinigung“ und des Winterdienstes anteilig seiner Nettomietfläche zu tragen, so umfasst diese Verpflichtung nicht nur den öffentlichen Grund, sondern auch alle von den Kunden zu benutzenden Grundstücksflächen einschließlich der zur gemeinsamen Nutzung durch alle Mieter bestimmten Kfz-Stellplätze.

848

Pflichten des Mieters

Rn. VI 280

auf den Mieter zweifelhaft, da hierin eine verdeckte Haftungsüberbürdung bezüglich der Verkehrssicherungspflicht auf den Mieter liegt,1 so OLG Dresden – Beschl. v. 20.6.1996 – WuM 1996, 553.

Sie kann zudem wirtschaftlich erheblich sein (s. Rn. VI 279) und – ähnlich wie bei der unzulässigen formularmäßigen Übertragung von Kleinreparaturen auf den Mieter – das unabdingbare Recht der Mietminderung unterlaufen. Soll die Reinigung von den Mietern nach einem „Dienstplan“ durchgeführt werden, so ist der Vermieter zu dessen Aufstellung nach § 315 BGB berechtigt; er kann darin den wöchentlichen Reinigungsturnus der Mieter im Haus bestimmen,

278

LG Göttingen WM 1992, 11.

Umstritten ist, ob die Pflicht zur Gehwegreinigung und Durchführung des Winterdienstes in Mehrfamilienhäusern oder -wohnanlagen formularmäßig auf einen Mieter oder auf einzelne Mietparteien – etwa die Mieter von Erdgeschosswohnungen – übertragen werden kann (s. auch Rn. VI 50),2

279

so OLG Frankfurt – Urt. v. 22.9.1988 – NJW 1989, 41 = WuM 1988, 399 (auch in der Hausordnung), LG Marburg NJW-RR 1990, 1484, LG Karlsruhe ZMR 2006, 698; anders LG Frankfurt a.M. WuM 1988, 120, AG Schwelm WuM 1991, 86 jeweils bei Übertragung im Wege der Hausordnung.

Hierbei wird nach Größe des Mietgrundstücks sowie dem Zeit- und Kostenaufwand für den Mieter zu unterscheiden sein. Bei einer kleinen Gebäudeeinheit mit etwa 6 Wohnungen sind andere Maßstäbe anzulegen als bei größeren Wohnanlagen. Letztere erfordern nicht nur eine deutliche Mehrbelastung, sondern auch eine Vergrößerung des Haftungsrisikos für den Mieter, so dass die Grenze der Zumutbarkeit nach § 307 Abs. 1 BGB überschritten sein kann. Die Übertragung der Reinigungspflicht auf den Mieter entbindet den Vermieter nicht von seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht (s. dazu Rn. VII 231). Kommt es in einem Mietshaus, in dem die Reinigungspflicht vertraglich auf die Mieter übertragen worden ist, zu Problemen, weil einige Mieter ihren Reinigungspflichten nicht nachkommen oder der Reinigungsturnus durch Leerstände unterbrochen wird, so kann der Vermieter die Hausreinigung nicht in eigene Regie übernehmen oder die erforderlichen Arbeiten insgesamt fremd vergeben, ohne das Einverständnis aller Mieter zu erlangen. Veranlasst er dies trotzdem, so hat er keinen Anspruch auf Ersatz der Reinigungskosten im Rahmen der Betriebskostenabrechnung, AG Frankfurt/O. WuM 1997, 432, AG Magdeburg WuM 2002, 576; anders AG Stuttgart WuM 2004, 475, wenn es in einem zu einer Wirtschaftseinheit gehörenden Gebäude zu Unzuträglichkeiten bei der Reinigungspflicht kommt. Der 1 So auch Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1085; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 142. 2 Dagegen Lammel BGB § 535 Rn. 146; Schmidt-Futterer/Blank BGB § 541 Rn. 40.

849

280

Rn. VI 281

Mietgebrauch

Vermieter soll berechtigt sein, bezüglich dieses Gebäudes die Reinigungsarbeiten an eine Fremdfirma zu vergeben und die Kosten auf die Mieter dieses Gebäudes umzulegen. Kritik: Die Entscheidung bringt die zulässige Ersatzvornahme mit der einseitig nicht zulässigen Vertragsänderung durcheinander.

281

Etwas anderes gilt nur, wenn der Vermieter sich einen Änderungsvorbehalt vertraglich ausbedungen hat, kraft dessen er die Reinigungsarbeiten wieder an sich ziehen kann. Der Änderungsvorbehalt muss an billiges Ermessen gemäß § 315 BGB geknüpft sein und unterliegt der entsprechenden Kontrolle. Er ist auch formularmäßig zulässig. Die Bestimmung in § 308 Nr. 4 BGB steht dem nicht entgegen; denn der Vorbehalt befreit den Mieter von dem nicht unerheblichen Haftungsrisiko aus etwaiger Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Dieser Vorteil wiegt schwerer als die Pflicht, die entsprechenden Betriebskosten zu tragen.

282

Die Übernahme der Reinigungspflicht durch einen Mieter gibt einem anderen Mieter (Bewohner), der durch Verletzung der Reinigungspflicht einen Schaden erleidet, keinen vertraglichen Anspruch über § 328 BGB, sondern allenfalls einen deliktischen Anspruch gegen den seine Pflicht verletzenden Mieter, OLG Köln – Urt. v. 15.2.1995 – WM 1995, 316.

Unberührt bleiben allerdings die Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche des geschädigten Mieters gegenüber dem Vermieter; denn jedenfalls dann, wenn dieser seine Pflichten einem Dritten übertragen hat, hat er für dessen mangelhafte oder unterbliebene Leistung nach § 278 BGB einzustehen. Daran ändert nichts, dass der geschädigte Mieter – allerdings für einen anderen Turnus – die Reinigungspflicht ebenfalls übernommen hat. Zudem trifft den Vermieter eine Kontroll- und Überwachungspflicht, der er jedenfalls stichprobenweise nachzukommen hat,1 OLG Dresden – Beschl. v. 20.6.1996 – WuM 1996, 553.

Im Rechtsstreit mit einem Geschädigten muss der Vermieter darlegen, dass und wie er die Streupflicht des Mieters überwacht haben will, OLG Köln – Urt. v. 17.11.1995 – WuM 1996, 226.

Solange sich keine Anhaltspunkte für eine Pflichtversäumung ergeben, soll der Vermieter auf die Erfüllung der Reinigungspflicht vertrauen dürfen, LG Karlsruhe ZMR 2006, 698, s. auch BayObLG – Beschl. v. 8.9.2004 – ZMR 2005, 137 zur Überwachungspflicht des Wohnungseigentumsverwalters gegenüber einer Hauswartsfirma, wenn über mehrere Jahre kein Anlass zu Beanstandungen gegeben war.

Das kann jedoch nur gelten, wenn die Reinigungspflicht einer bestimmten Person (und nicht den Mietern im Turnus) übertragen worden ist und über längere Zeit – mehrere Jahre – einwandfrei ausgeführt worden ist. 283

Umstritten ist, ob der Mieter von seiner Verpflichtung befreit wird, wenn er zu deren Erfüllung infolge Alters oder Krankheit nicht mehr in der Lage ist. 1 S. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 153.

850

Pflichten des Mieters

Rn. VI 285

Die Frage wird zum Teil mit der Begründung bejaht, dass alsdann ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit vorliegt (LG Darmstadt WuM 1988, 300, AG Bonn ZMR 1989, 498). Von der überwiegenden Rspr. wird sie mit der Begründung verneint, die Pflicht sei auf Vornahme einer vertretbaren Handlung gerichtet, so dass der Mieter für eine Ersatzperson sorgen müsse,1 LG Wuppertal WuM 1987, 381, LG Flensburg ZMR 1988, 140, LG Düsseldorf WuM 1988, 400, LG Hagen WuM 1988, 58 (für Gartenpflege), LG Kassel WuM 1991, 580, AG Bochum DWW 1988, 149.

Folgt man ersterer Auffassung, so kann der Mieter nach § 275 Abs. 3 BGB leistungsfrei werden. Eine Pflicht zur Übernahme der Kosten für eine Ersatzvornahme besteht nur bei verschuldeter Unmöglichkeit (§§ 275 Abs. 4, 280 BGB). Folgt man letzterer Auffassung, so würde der Mieter nur unter den Voraussetzungen des § 275 Abs. 2 BGB leistungsfrei werden. In diesem Zusammenhang wäre zu prüfen, ob es ihm möglich und zuzumuten ist, eine Ersatzkraft auf eigene Kosten einzusetzen oder zumindest die Kosten einer Ersatzvornahme zu tragen.2 Indes wird zu beachten sein, dass es sich bei der übernommenen Pflicht um eine Dienstleistung zur Einsparung von Bewirtschaftungskosten handelt (s. § 9 Abs. 6 Satz 2 WoBindG), so dass einerseits die Leistung zwar nicht höchstpersönlich erbracht zu werden braucht (§ 613 BGB), andererseits eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 3 BGB eintritt, wenn ein Verhinderungsfall auf Dauer gegeben ist; die Gestellung einer Ersatzkraft oder eine Geldleistung würde dann nämlich zu einer Inhaltsänderung der übernommenen Pflicht führen,

284

LG Hamburg WM 1989, 622 = ZMR 1989, 422, AG Bonn WuM 1989, 498, AG Münster WuM 1995, 36, falls der Übernahme der Winterdienstpflicht kein Miethöhevorteil entspricht, einschränkend LG Münster WuM 2004, 193, wenn weder Privatpersonen noch gewerbliche Dritte zur Übernahme des Winterdienstes bereit sind.

Zum gleichen Ergebnis soll auch eine ergänzende Vertragsauslegung führen, nach der der Mieter, der auf Dauer an der Erfüllung der Reinigungspflicht gehindert ist, von dieser freigestellt wird, sofern nicht Haushaltsangehörige für ihn die Reinigung vornehmen.3 Wird der Mieter von der Reinigungspflicht wegen Alters oder Krankheit oder aus sonstigen schwerwiegenden Gründen freigestellt, so soll ihn das nicht davon entbinden, die Kosten zu tragen, die der Vermieter für eine Ersatzkraft aufwendet, AG Münster WuM 2005, 648.4 1 So auch zu § 535 BGB: Lammel Rn. 149; Staudinger/Emmerich Rn. 34. 2 S. Hitpaß ZMR 2005, 9, 13. 3 Schmidt-Futterer/Blank, 8. Aufl., BGB § 541 Rn. 42; s. auch Fuchs-Wissemann WM 1988, 377. 4 Das Gericht legt zugrunde, dass die Reinigungspflicht nicht persönlich zu erfüllen ist; der Kostenerstattungsanspruch des Vermieters könnte sich daher aus §§ 275 Abs. 4,

851

285

Rn. VI 286

Mietgebrauch

Auch dieses Ergebnis lässt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ableiten. Ist rechtskräftig die vertragliche Pflicht des Mieters zum Winderdienst wegen objektiver Unmöglichkeit erloschen, so lebt sie nicht wieder auf, wenn die Leistung infolge einer unerwarteten Entwicklung wieder möglich geworden ist,1 LG Münster WuM 2007, 69.

d) Einhaltung der Hausordnung 286

Die Hausordnung ist ein Regulativ des Mietgebrauchs (s. dazu Rn.VI 68). Sie ist auf die Hausgemeinschaft ausgerichtet und hat den Zweck, zu einem geordneten und friedlichen Zusammenleben der Bewohner beizutragen. Daher enthält sie neben ausführenden Regelungen zu vom Mieter übernommenen Gemeinschaftsaufgaben (z.B. Treppenreinigung, Winterdienst) sowie zur Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Wasch- und Trockenräume, Freizeiteinrichtungen) die generelle Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Mitbewohner. Sie ist jedenfalls bei der Bestimmung dessen, was „haus“-üblich ist, von Bedeutung, OLG München – Urt. v. 21.1.1992 – WuM 1992, 238 = ZMR 1992, 246 für Musizierzeiten.

287

Das gilt insbesondere für das Gebot, Lärm zu vermeiden und den Hausfrieden nicht zu stören. Auch wenn die Hausordnung hierüber keine oder nur allgemeine Regelungen enthält, besteht dieser Pflichtenkreis als immanente Schranke des Mietgebrauchs in einem Mehrfamilienhaus. Ihre Verletzung gibt dem gestörten Mieter Erfüllungs- und Gewährleistungsrechte gegenüber dem Vermieter, u.U. auch Abwehr- und Schadensersatzansprüche aus §§ 823, 861, 1004 BGB gegen den Störer. Der Vermieter kann vom sich vertragswidrig verhaltenden Mieter Pflichterfüllung oder Unterlassung der Störung nach Abmahnung gemäß § 541 BGB fordern oder das Mietverhältnis – in schweren Fällen fristlos – kündigen (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Pflicht zur Rücksichtnahme wird durch die Sozialadäquanz (z.B. beim Spielen von Kindern) eingeschränkt, die gleichsam den Mietgebrauch hinsichtlich gewisser Störungen ausweitet,2 OLG Saarbrücken – Beschl. v. 11.6.1996 – ZMR 1996, 566: Typische Lärmbeeinträchtigungen durch spielende Kinder sind im Rahmen des geordneten Zusammenlebens

280, 283 BGB ergeben, würde jedoch ein Verschulden des Mieters am Leistungshindernis voraussetzen. Stattdessen wäre an einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 675, 683 BGB zu denken. 1 Zum Fall: Der Mieter war durch rechtskräftiges Urteil (LG Münster WuM 2004, 193) von der Verpflichtung zum Winderdienst befreit worden, weil er schwer erkrankt war und eine Ersatzperson nicht zur Verfügung stand. Nunmehr war jedoch ein Dritter zur Übernahme des Winterdienstes für den Mieter bereit. 2 S. auch Gather DWW 2003, 174, 178.

852

Pflichten des Mieters

Rn. VI 289

von Wohnungseigentümern als notwendiger und sozialadäquater Ausdruck der Gemeinschaft hinzunehmen;1 AG Trier WuM 2001, 237: Ein den Bauvorschriften genügender Schallschutz in einem Mehrfamilienhaus schließt nicht aus, dass der Mieter unvermeidlichen Lärm wie Kindergeschrei, Musikausübung, Radioübertragung, Begehen der Wohnung mit Straßenschuhen, gelegentliches Fallenlassen von Gegenständen hinnehmen muss; so auch AG München NZM 2004, 499 für Wohngeräusche im Altbau.

Auf der andern Seite wirkt das Toleranzgebot als Rechtsschranke dahin, dass gewisse Störungen (z.B. durch alte und geistig behinderte Menschen) hingenommen werden müssen,

288

OLG Karlsruhe – Urt. v. 14.12.1999 – MDR 2000, 578: Mitglieder einer Hausgemeinschaft müssen Belästigungen durch altersbedingt geistig verwirrte Mitbewohner als sozialadäquat hinnehmen, wenn sich die Belästigungen bei zutreffender, an den Wertentscheidungen des Grundgesetzes orientierter Betrachtung lediglich als harmlose Störungen darstellen. Bei der Wertung, ob es sich um hinzunehmende Störungen handelt, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bundesrepublik ein sozialer Rechtsstaat ist (Art. 20 Abs. 1 GG), in dem die Würde des Menschen unantastbar ist (Art. 1 Abs. 1 GG) und in dem niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG); LG Siegen WuM 2006, 158, 159: Die Hausgemeinschaft der Mieter muss gewisse Beeinträchtigungen hinnehmen, die aus dem Wohnverhalten und dem persönlichen Befinden eines hochbetagten, langjährigen Mieters und Hausnachbarn erwachsen können (Gerüche aus der Wohnung). Bei Störungen infolge Alters, Krankheit oder seelischer Beeinträchtigungen ist ein erhöhtes Maß an Rücksichtnahme und Verständnis der Hausgemeinschaft zu erwarten;2 zu einem Extremfall s. BGH – Urt. v. 8.12.2004 – NZM 2005, 300 = WuM 2005, 125 = ZMR 2005, 183 und dazu Rn. XII 94.

Im Rahmen der Gebrauchsgewährpflicht des Vermieters soll es liegen, durch zweckentsprechende Regelungen in der Hausordnung das unvermeidbare Maß an Belästigungen insbesondere durch Geräusche so gering wie möglich zu halten,3

288a

AG Münster WuM 2003, 355.

aa) Lärm und Mietgebrauch Lärm kann Folge vertragsgemäßen Gebrauchs sein (z.B. bei Musikausübung oder spielenden Kindern) und muss von diesem abgegrenzt werden, kann sich aber auch von vornherein als Vertragswidrigkeit darstellen (z.B. Randalieren).4 1 Dazu zählt nicht, wenn in einer Eigentumswohnung Tennis gespielt wird. 2 zum Fall: Mitbewohner der 90-jährigen Mieterin fühlten sich durch üble Gerüche aus der Mietwohnung, die ins Treppenhaus gedrungen sein sollen, und Lärm gestört. Das Gericht hielt die Erheblichkeitsschwelle nach Ortstermin für nicht überschritten und wies die Räumungsklage des Vermieters ab. 3 Zum Beispiel durch Regelungen über Ruhe- und Musizierzeiten, Hinweise auf Hellhörigkeit von Gebäudeteilen wie Treppenhaus, Verbote, auf dem Balkon zu grillen. 4 Ausführlich Barthelmess, Grenzen zulässiger Lärmerzeugung im häuslichen Wohnbereich, FS Blank, 2006, S. 23 ff.; ferner Sternel PiG 31 (1989) S. 71 f.: Lärmbelastung des

853

289

Rn. VI 290

Mietgebrauch

Da Lärm überwiegend subjektiv empfunden wird, ist Maßstab das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, BGH – Urt. v. 5.2.1993 – BGHZ 121, 248, 254 = NJW 1993, 1656, 1658, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.1.1997 – DWW 1997, 149 = ZMR 1997, 181, 465, LG Hamburg MDR 1996, 312: Maßstab: „vernünftige Mitbewohner“.

Technischen Werte1 – insbesondere bei Gewerbeanlagen – haben lediglich Indizfunktion, BayObLG – Beschl. v. 4.2.1993 – WuM 1993, 287.

Tagsüber wird eine Grenze von 35 dB (A), nachts eine solche von 25 dB (A) anzuerkennen sein, die nicht überschritten werden darf. Werden die technischen Werte überschritten, kann sich der Vermieter nicht auf die Baugenehmigung berufen, LG Aachen ZMR 1987, 162.

Wird der Ruhepegel eines Schlafraums durch Heizungsgeräusche nachts um 10 dB (A) überschritten, so liegt eine Störung vor, die der Mieter nicht hinzunehmen braucht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Geräusche noch unterhalb der technischen Gremnze von 30 dB (A) nach DIN 4109 liegen, LG Berlin NZM 2000, 490.

Unterschreitet der Lärm die technischen Grenzwerte, so wird damit noch nicht indiziert, dass er nicht als Störung zu werten ist, jedoch trägt hier der Mieter die Beweislast für die Lästigkeit des Lärms. 290

Bei besonderer Lästigkeit ist der subjektive Maßstab maßgebend, LG Karlsruhe DWW 1987, 234: Ein Mangel liegt vor, wenn man wegen des aus über der Wohnung liegenden Büros hörbaren Trittschalls (Hin- und Herlaufen) sich nicht auf eine Arbeit konzentrieren kann, weil man ständig auf das nächste Geräusch wartet und automatisch nach oben schaut. Lässt sich das Ausmaß der Lärmstörungen durch Zeugenaussagen feststellen, so ist ein technisches Sachverständigengutachten entbehrlich, da sich die Unzumutbarkeit des Lärms nicht nur nach den objektiven Schallpegelwerten bestimmt, sondern auch danach, wie sehr der Mensch durch Lärm belästigt wird. LG Hamburg WuM 2006, 109: Maßgebend für den Lärm durch Trittschall ist die Lästigkeit des Lärms für das menschliche Gehör; dagegen kommt es nicht darauf an, ob die technischen DIN-Normen eingehalten sind.

291

Neben der Adäquanzgrenze und dem Toleranzgebot (s. Rn. VI 287) müssen auch das Sozialmilieu, die Wohnverhältnisse und allgemeinen Lebensumstände in einem aus Schlichtwohnungen bestehenden Haus, in dem eine hohe Mieterfluktuation besteht und die Mietergemeinschaft vom beengten Zusammenleben von Angehörigen verschiedener Kulturkreise geprägt ist, bei der Frage nach dem Verschulden eines lärmenden Mieters berücksichtigt werden, LG Oldenburg WuM 1993, 317. Mieters; Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103, 109: Verwahrlosung, Lärm und Nachbarschaftsstreit im Wohnraummietrecht; Börstinghaus NZM 2004, 48. 1 TA-Lärm v. 26.8.1998, GMBl. S. 503, VDI-Richtlinie 2058/Arbeitslärm und DIN 4109/ Schallschutz im Hochbau.

854

Pflichten des Mieters

Rn. VI 293

Der Schluss von einer äußerst geringen Miete auf einfachere Lebensgewohnheiten und damit auf die Üblichkeit eines höheren Geräuschpegels als in teureren Wohnungen (so AG Münster WuM 2003, 355) erscheint allerdings in dieser Allgemeinheit unrichtig. Auch soll sich ein von außerhalb zuziehender Mieter in das gewachsene Milieu einer Wohngegend und in die dort üblichen Lebensbedingungen hineinfinden, so dass die von dem neuen Mieter als störend empfundenen Lebensgewohnheiten der schon in der Wohnanlage lebenden Mieter vom Vermieter nicht als Grund für eine Kündigung geltend gemacht werden können, AG Jülich WuM 1992, 370 für Lärm und Beschimpfungen.

Normale Wohngeräusche (Schritte, Unterhaltungen) und Haushaltsgeräusche (Staubsaugen, Abwaschen) sowie das übliche Spielen von Kindern in der Wohnung sind sozialadäquat und müssen hingenommen werden,

292

OLG Saarbrücken – Beschl. v. 11.6.1996 – ZMR 1996, 566, AG Trier WuM 2001, 237, AG München NZM 2004, 499.

Das gilt auch für nächtliches Baden und Duschen, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 25.1.1991 – WuM 1991, 288: Die Benutzung des Bades in einem Mehrfamilienhaus zum Duschen oder Baden während der Nachtzeit von 22–6 Uhr ist grundsätzlich auch dann gestattet, wenn durch die dabei verursachten Geräusche andere Hausbewohner in ihrer Nachtruhe gestört werden. Allerdings darf die Dauer dieser Betätigung 30 Min. nicht überschreiten.

Ein Verbot in der Hausordnung, nach 24 Uhr zu duschen, ist für unzulässig angesehen worden, LG Köln NJW-RR 1997, 1440; anders AG Rottenburg ZMR 1995, 163 für das Verbot von Baden und Duschen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr.

Auch das Spielen von Kindern muss von den Mietern im Allgemeinen hingenommen werden.1 Allerdings können die folgenden Entscheidungen hierzu, nach denen ein objektiv störendes Verhalten als sozialadäquat und damit als hinnehmbar bewertet worden ist, den Eindruck vermitteln, dass pädagogische Defizite der Erziehungsberechtigten zu Lasten der Mitbewohner gehen und die Erziehung zur Rücksichtnahme auf andere sowie zur Selbstdisziplin zu kurz kommen. Zu zitieren sind: LG Bad Kreuznach WuM 2003, 328: Babygeschrei, Gepolter, Gehopse sind vom Mieter hinzunehmen, soweit nicht die Grenzen des im jeweiligen Lebensalter Üblichen überschritten werden. Von Nachbarn bzw. Mitmietern ist erhöhte Toleranz gegenüber Lärm als Begleiterscheinungen kindlichen und jugendlichen Freizeitverhaltens zu erwarten; AG Braunschweig WuM 2002, 50: Selbst häufige und über das übliche Maß hinausgehende Lauf- und Spielgeräusche müssen grundsätzlich als sozialadäquat hingenommen werden. Hierfür kommt es auf die konkreten Umstände im jeweiligen Mietobjekt an (Schallisolierung, Alter des Gebäudes, Anzahl der Mietparteien im Haus, Anzahl und Alter der Kinder, Spielmöglichkeiten außerhalb des Hauses), d.h. auf die Wohn-

1 Dazu ausführlich Stollenwerk NZM 2004, 289.

855

293

Rn. VI 294

Mietgebrauch

und Lebensbedingungen sowie auf die Bedürfnisse der Kinder und der sie erziehenden Eltern. Die Toleranzgrenze im Altbau ist höher als bei modernen Gebäuden; AG Oberhausen WuM 2001, 464: Zur vertragsgemäßen Nutzung gehört, dass Kinder (von ca. 3 Jahren) entsprechend ihrem Spiel- und Bewegungstrieb in der Wohnung spielen und lärmen, wobei es dann auch zu Geräuschen durch Rufen und Weinen kommen darf. Nur wenn es auf Grund des altersgemäßen Verständnisses zumutbar ist, ist der Lärm in den allgemeinen Ruhezeiten (13–15 Uhr, 22–7 Uhr) zu unterbinden. Auch lautere Ermahnungen durch die Mutter sind hinzunehmen. LG Bad Kreuznach WuM 2003, 328: Nicht vertragswidrig ist eine lautstarke (10minütige) Diskussion zwischen Mutter und 4-jährigem Kind im Treppenhaus (das seine Schuhe nicht anziehen will); LG München I NZM 2005, 339: Das Geschrei von Kleinkindern, das kurzfristig mit dem Verlassen der Wohnung im Treppenhaus erfolgt, ist auch am frühen Morgen (7 Uhr) sozialadäquat und muss von den Mitbewohnern hingenommen werden; AG Frankfurt a.M. WuM 2005, 764: Lärm durch Gepolter und Gerenne von zwei Kindern (8 und 5 Jahre) in der Mietwohnung zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten, lautes Fernsehen der Kinder müssen die Nachbarn als sozialadäquat hinnehmen; s. auch LG Wuppertal WuM 2008, 563: keine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

294

Grenzen des Mietgebrauchs ergeben sich aus der Art des Spielens, aber auch aus der Erziehungs- und Aufsichtspflicht der Eltern, AG Schöneberg MM 1995, 397: ... Solange sich das Spielen im sozialadäquaten Rahmen hält, d.h. nicht mit lärmverursachendem Gerät erfolgt;1 OLG Saarbrücken – Beschl. v. 11.6.1996 – ZMR 1996, 566: Tennis spielen in der Wohnung braucht nicht hingenommen zu werden; LG Bad Kreuznach WuM 2003, 328: Die Toleranzgrenze ist dort zu ziehen, wo Eltern eine schuldhafte Aufsichtspflichtverletzung trifft, so etwa beim Springen von Stühlen oder Umwerfen von Mobiliar; AG Braunschweig WuM 2002, 50: Die Erziehungsberechtigten müssen unnötige und vermeidbare Geräusche durch Herumtoben der Kinder innerhalb der Ruhezeiten (13–15 Uhr, ab 20 Uhr) soweit wie möglich unterbinden. Eine schuldhafte Verletzung der Aufsichtspflicht ist erst gegeben, wenn Eltern bei unerträglichem Lärm nicht einschreiten.

295

Gelegentlich erfolgt der Hinweis auf die Erziehungspflicht der Eltern und ihre Verantwortlichkeit für ihre Kinder, LG Lübeck WM 1989, 627: Die Eltern müssen erzieherisch auf ein Verständnis für eine Hausgemeinschaft hinwirken; LG Berlin GE 1999, 380 = WuM 1999, 329: Hinsichtlich der Kinder ist sicher zu berücksichtigen, dass lautes Trampeln, Laufen und Schreien beim Spiel tagsüber vorkommen und nicht erwartet werden kann, dass dies stets unterbunden werden kann. Andererseits haben auch Erwachsene ein Recht auf Rücksichtnahme, und Kinder müssen auch in frühem Alter lernen, Rücksicht zu nehmen, weswegen nicht gelten kann, dass jeder Lärm von Kindern hinzunehmen ist.

Eine Regelung in der Hausordnung über die Beachtung von Ruhe, Ordnung und Sauberkeit verkürzt nicht das Toleranzgebot gegenüber Kinderlärm, LG Heidelberg WuM 1997, 38. 1 Zum Fall: Kinder fuhren mit einem sog. Bollerwagen, der mit Flaschenleergut beladen war, auf einem mit Kopfstein bepflasterten Innenhof; ferner Ballspielen gegen Hauswände oder Müllgefäße.

856

Pflichten des Mieters

Rn. VI 298

Auch wenn Mieter kraft ihres Mietgebrauchsrechts oder einer Erlaubnis des Vermieters berechtigt sind, einen Hund zu halten (s. Rn. VI 221), wird hierdurch längeres Bellen des Tieres nicht ohne weiteres vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt (s. Rn. VI 238), sondern kann zur fristlosen Kündigung führen,

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AG Potsdam NZM 2002, 735.

Ein Recht auf Lärm – insbesondere darauf, einmal monatlich auch lauter zu feiern – besteht nicht,1

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OLG Düsseldorf – Beschl. v. 15.1.1990 – DWW 1990, 118 = NJW 1990, 116 = WuM 1990, 116 = ZMR 1990, 183: Der Inhaber einer Wohnung ist dafür verantwortlich, dass von einer von ihm veranstalteten Geburtstagsfeier kein Lärm ausgeht, der die Nachtruhe zu stören geeignet ist.2

Das schließt nicht aus, dass in der Wohnung aus besonderem Anlass gefeiert werden darf, etwa Familienfeiern oder aus Gründen ortsüblicher Geselligkeit (z.B. Karneval). Dabei darf das Gebot der Rücksichtnahme auf die übrigen Mitbewohner nicht außer Kraft gesetzt werden.3 Das Gebot der Rücksichtnahme verlangt, dass in einem Mehrfamilienhaus familiäre Konflikte nur in gemäßigter Form ausgetragen werden dürfen, insbesondere, wenn das Haus hellhörig ist, LG Mannheim DWW 1991, 311, LG Hamburg NZM 2006, 377 = WuM 2005, 768: handfeste Partnerschaftsstreitigkeiten, die zu wiederholten Polizeieinsätzen und Wegweisungen führen, rechtfertigen die fristlose Kündigung; AG Bergisch Gladbach WuM 2003, 29: Überlaut geführte nächtliche Streitgespräche von Wohnungsnachbarn können als Lärmbelästigung gewertet werden; s. auch AG Warendorf DWW 1997, 344 für „Lustgeräusche“.

Ebenso wenig sind Ruhestörungen hinzunehmen, die durch das Einwerfen von Glas in Recyclingcontainer verursacht werden (AG Rudolstadt WuM 2000, 19), insbesondere während der nächtlichen Ruhezeiten nach 22 Uhr an Werktagen und nach 20 Uhr an den übrigen Tagen, LG Berlin GE 1995, 427.

Für die Verwendung von Tonübertragungsgeräten gilt grundsätzlich das Gebot der Zimmerlautstärke, und zwar rund um die Uhr und nicht nur während der sog. Ruhezeiten,4 LG Berlin DWW 1988, 83: Der Mieter darf Radiogeräte u.s.w. nur mit Zimmerlautstärke betreiben, d.h. nur so laut, dass sie in anderen Räumen nicht oder lediglich

1 Barthelmess, Grenzen zulässiger Lärmerzeugung im häuslichen Wohnbereich, in FS Blank, 2006, S. 23, 54; Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103, 114; Gather DWW 2003, 174, 178. 2 Der Fall bezieht sich auf einen feiernden Hauseigentümer in einem Lärmschutzverfahren nach dem OWiG. 3 Barthelmess in FS Blank, 2006, S. 23, 54; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 287; Sternel Rn. II 154. 4 Barthelmess in FS Blank, 2006, S. 23, 46.

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298

Rn. VI 299

Mietgebrauch

kaum zu hören sind. Das gilt auch außerhalb der Ruhezeiten, da diese nur die zeitlichen Grenzen für solche Tätigkeiten bilden, bei denen Lärm unvermeidlich ist (s. auch AG Düsseldorf DWW 1988, 357).

299

Die Zimmerlautstärke wird gewahrt, wenn die Geräusche außerhalb der geschlossenen Wohnung nicht mehr oder kaum noch wahrgenommen werden können, LG Hamburg MDR 1996, 312: „... wenn die Lautstärke über das hinausgeht, was unter Einbeziehung der baulichen Verhältnisse nicht mehr als normales Wohngeräusch in die Nachbarwohnung dringt.“

Auch in diesem Zusammenhang ist die Lästigkeit ausschlaggebend, LG Kleve DWW 1992, 26: Die Zimmerlautstärke ist auch dann überschritten, wenn die Geräusche aus der Nachbarwohnung am Tage zwar unterhalb von 40 dB liegen, aber nach dem Empfinden eines Durchschnittsmenschen als störend und „auf-dieNerven-gehend“ empfunden werden (für Spielen auf dem Akkordeon).

Hier lässt sich eine „Wertungsliste“ erstellen:1 – Hörbarkeit in der eigenen Wohnung, – Notwendigkeit, die eigenen Fenster zu schließen, – Tag- oder Nachtzeit oder sonstige Ruhezeiten bei der Lärmverursachung, – Maskierung durch Hintergrundgeräusche, – Störung des Einschlafens oder Weckreaktion, – Störung konzentrierten Lesens oder Arbeitens, – Störung eigenen Musikhörens, – Tonhaltigkeit (schrill oder heulend), – Impulshaltigkeit (Bässe), – Auf- und Abschwellen, – Wechsel von Sprache und Musik, Informationsgehalt, – Dauer, – Wiederholungen und Erwartungshaltung, – Mutwilligkeit, – soziale Akzeptanz. 300

Musizieren in der Wohnung gehört zum wesentlichen Bestandteil des Wohnens,2 BGH – Beschl. v. 10.9.1998 – NJW 1998, 3713 = NZM 1998, 955 = WuM 1998, 738 = ZMR 1999, 41 für Wohnungseigentum: Das Musizieren innerhalb der eigenen Wohnung ist Bestandteil eines sozial üblichen Verhaltens und Element der Zweckbestimmung der Wohnanlage. Es darf zwar auf bestimmte Zeit und einen bestimmten Um-

1 Nach Pfeifer, Lärmstörungen – Gutachten und Lärmlexikon, 9. Aufl. 1999, S. 28; s. auch Barthelmess in FS Blank, 2006, S. 23, 25. 2 Ausführlich zu zeitlichen Grenzen, Lautstärke und vertraglichen Regelungen: Barthelmess in FS Blank, 2006, S. 23, 54.

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Pflichten des Mieters

Rn. VI 301

fang beschränkt, nicht jedoch insgesamt verboten werden. Eine Ruhezeit ab 20 Uhr und von 12 bis 14 Uhr kann jedoch einem Musikverbot nicht gleichgesetzt werden. Eine Regelung (Wohnungseigentümerbeschluss), die das Singen und Musizieren außerhalb von Ruhezeiten nur in „nicht belästigender Weise und Lautstärke“ gestattet, ist mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam.

Ein generelles Musizierverbot ist formularvertraglich unzulässig, da es zu einer unzumutbaren Rechtsbeschränkung führt.1 Gleiches dürfte auch für die Beschränkung auf die sog. Zimmerlautstärke gelten; denn bei der Ausübung von Vokal- oder Instrumentalmusik ist die Einhaltung der Zimmerlautstärke häufig kaum durchzuführen, OLG Frankfurt – Beschl. v. 22.8.1984 – WM 1984, 303: Die Beschränkung auf Zimmerlautstärke für Klavierspiel kommt praktisch einem Verbot gleich (für Wohnungseigentum).

Das Musizieren schließt den Gebrauch eines Flügels oder Klaviers zur Unterrichtsvorbereitung eines Mieters, der außer Haus als Musiklehrer tätig ist, ein, LG Frankfurt a.M. WuM 2006, 142.

Statt Zimmerlautstärke sind Ruhezeiten einzuhalten und – je nach Instrument – zeitliche Beschränkungen, die vertraglich geregelt werden sollten, zu beachten.2 Fehlt eine vertragliche Regelung, so ist sie im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung festzusetzen. Die Ruhezeiten richten sich nach der Ortssitte; Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus den Regelungen der Länder bzw. der Kommunen über den Lärmschutz in Verbindung mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. In der Regel werden die Ruhezeiten von 22.00 Uhr bis 8.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr angesetzt. Eine zeitliche Begrenzung für das Musizieren wird je nach Instrument in der Regel auf ein bis zwei Stunden gezogen,3 AG Hamburg HmbGE 1987, 109: 1 Stunde, AG Düsseldorf DWW 1988, 357: 2 Stunden, LG Kleve DWW 1992, 26: 11/2 Stunden für Akkordeonspiel, LG Nürnberg-Fürth WuM 1992, 253: tägliche Übungszeiten für Schlagzeug 45–90 Min., AG Frankfurt a.M. WuM 1997, 430: 11/2 Stunden für Klavierspiel.

Dauer und Intensität des Musizierens unterliegen einer Abwägung der Interessen zwischen der Persönlichkeitsentfaltung des Ausübenden und dem Ruhebedürfnis der anderen Hausbewohner. Hierbei sind einerseits Art und Beschaffenheit des Gebäudes, Lage der Wohnung im Haus, Struktur der Bewohnerschaft, andererseits Art und technische Möglichkeiten der Schalldämpfung 1 Bub/Treier Rn. II 498; und zu § 535 BGB: Lammel Rn. 219; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 415. 2 Vgl. Gramlich NJW 1985, 2131: Musik im Mehrfamilienhaus; Schmid ZMR 1999, 301: Musik im Mietshaus. 3 Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1052; 11/2 Stunden; Barthelmess in FS Blank, 2006, S. 23, 41: 21/2 Stunden; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 414: 2–3 Stunden; s. auch Reismann WuM 2007, 361, 362.

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Rn. VI 302

Mietgebrauch

des gespielten Instruments, Schalldämmung des Musikraums, Art des gespielten Stücks, Lautstärke des Spiels und nicht zuletzt die Fertigkeit des Ausübenden zu beachten. Das Gebot der Rücksichtnahme folgt bereits aus § 241 Abs. 2 BGB und gilt über die Hausordnung auch zugunsten der klangunterworfenen Hausbewohner. Zur zeitlichen Begrenzung des Musizierens in der Familie eines Berufsmusikers s. LG Flensburg DWW 1993, 102. 302

Sind im Mietvertrag Musizierzeiten zu jeweils unterschiedlichen Tageszeiten festgelegt, so soll es der Gleichheitsgrundsatz gebieten, dass keinem Mieter untersagt werden darf, was dem anderen Mieter vertraglich gestattet ist, etwa das Überschreiten der festgelegten Übungszeiten, LG Freiburg WuM 1993, 120.

Das nur ein- bis zweistündige tägliche Klavierüben eines Mieters kann allerdings so nervenaufreibend sein, dass es die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu begründen vermag, LG Düsseldorf DWW 1989, 393.

Die Ruhezeiten sind auch einzuhalten, soweit es sich um sonstige Tätigkeiten der Wohnung handelt, die zwangsläufig mit Lärm verbunden sind. Dazu zählen insbesondere Basteln, Heimwerken u.Ä. Derartige Tätigkeiten sind an Sonn- und Feiertagen gänzlich untersagt, AG Hamburg WuM 1988, 67.

303

Häufig berufen sich die Störer auf eine besondere Hellhörigkeit des Gebäudes. Hierauf kommt es im Regelfall nicht an, wenn die Schallisolierung der Baualtersklasse des Gebäudes entspricht, LG Berlin WuM 2003, 208, 209 = GE 2003, 670: Der Hinweis auf die Hellhörigkeit des Hauses entschuldigt grundsätzlich nicht; vielmehr muss das Wohnverhalten entsprechend angepasst werden; ebenso LG Mannheim DWW 1991, 311.

Ist das Gebäude nach seiner Art besonders hellhörig, so kann von den Bewohnern eine gegenseitige besondere Rücksicht verlangt werden, wenn die schlechte Schallisolierung noch als vertragsmäßig akzeptiert angesehen werden kann, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.1.1997 – DWW 1997, 149 = ZMR 1997, 181, 465: Bei ausgeprägter Hellhörigkeit des Hauses ist eine gesteigerte Rücksichtnahme erforderlich. Bei normaler Nutzung ist der Wohnungsinhaber (aber) nicht verpflichtet, die Räume mit Teppichboden auszulegen.

304

Auf der anderen Seite muss sich der Mieter, der sich durch Lärm gestört fühlt, den Gegebenheiten des Gebäudes anpassen. Ein Anspruch auf Modernisierung steht ihm selbst dann nicht zu, wenn sich die technischen Normen ändern, LG Berlin ZMR 2000, 532: 1. Eine Wohnung ist grundsätzlich dann nicht mangelhaft, wenn zwar die bei ihrer Errichtung geltenden Normen eingehalten worden sind (Schallschutz), die nunmehr geltenden Normen jedoch höhere Anforderungen stellen, die nicht mehr eingehalten werden.

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Pflichten des Mieters

Rn. VI 306

2. Die Verschärfung der Technischen Normen ist nur dann zu berücksichtigen, wenn diese die sonst drohende Gesundheitsgefährdung der Bewohner verhindern sollen (BVerfG ZMR 1998, 687). Bei Schallschutznormen geht es aber nicht um die Gesundheitsgefährdung, sondern um ein möglichst von den Aktivitäten anderer Mieter ungestörtes Wohnen. Anders bei gesundheitsgefährdendem Lärm: AG Schöneberg WuM 2003, 560: Die Schallisolierung zwischen den Wohnungen eines Gebäudes muss so beschaffen sein, dass ein Wohnen ohne Gesundheitsbeeinträchtigung durch Geräuschbeeinträchtigungen infolge von Geräuschquellen (Trittschall, Gebrauch von Sanitäreinrichtungen) gewährleistet ist. Zwar besteht kein Modernisierungsanspruch des Mieters. Anders verhält es sich bei gesundheitsgefährdender Beschaffenheit.

Der Mieter ist jedoch nicht verpflichtet, eine infolge eines Baumangels – etwa Nichteinhaltung von Schallschutzvorschriften – bedingte Hellhörigkeit durch ein besonders rücksichtsvolles Wohnverhalten zu kompensieren; vielmehr stehen ihm in einem solchen Fall Erfüllungs- und Gewährleistungsrechte zu, sofern sie nicht vertraglich in zulässigem Rahmen abbedungen sind.1 Wird ein Laminatboden in der über der Mietwohnung belegenen Wohnung verlegt, so kann es zu akustischen Problemen kommen. Übersteigt der in der Mietwohnung wahrnehmbare Trittschall bei normaler Nutzung das übliche Maß, so muss der Vermieter dafür einstehen. Er kann den Mieter nicht darauf verweisen, dass die einschlägigen DIN-Normen eingehalten worden sind und das Verhalten des Bewohners der oberen Wohnung sich im Rahmen des Wohngebrauchs halte und deshalb hingenommen werden müsse. Ebenso wenig kann der Mieter darauf verwiesen werden, dass er sich an diesen Bewohner halten möge,

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LG Hamburg WuM 2006, 109.

Das gilt unabhängig davon, ob der Bewohner den Laminatboden mit oder ohne Zustimmung des Vermieters verlegt hat. bb) Gerüche und Mietgebrauch Dringen Essensgerüche oder sonstige Gerüche aus der Nachbarschaft im Hause in die Mietwohnung, so kann darin eine Gebrauchsbeeinträchtigung des betroffenen Mieters liegen. Sie wird jedoch im Regelfall vom vertragsgemäßen Gebrauch des Verursachers gedeckt sein. Ähnlich wie beim Lärm bildet auch hier die Sozialadäquanz eine Grenze,2 LG Essen ZMR 2000, 302: Geruchsbelästigungen durch Kochgerüche rechtfertigen nur dann eine Minderung, wenn es sich um eine durchgängige erhebliche Belästigung handelt und die Gerüche tatsächlich das Maß des Empfindens eines normalen Durchschnittsmenschen überschreiten. Dass Nachbarn zu den unterschiedlichsten Zeiten und jeweils nach ihrem Geschmack kochen, ist (in einem Mehrfamilienhaus) grundsätzlich zu dulden, auch wenn dies nicht unbedingt den Vorstellungen der anderen entspricht. 1 Das kann insbesondere durch eine Beschaffenheitsvereinbarung geschehen, die die unzureichende Schalldämmung zum Gegenstand hat. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 311; Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103, 115; Gather DWW 2003, 174, 179.

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Rn. VI 307 307

Mietgebrauch

Hier wird die Häufigkeit und die Üblichkeit im Haus (Sozialmilieu) eine Rolle spielen. Vom vertragsgemäßen Gebrauch ist es aber nicht mehr gedeckt, wenn der Mieter die Wohngerüche über die offenstehende Wohnungseingangstür in den Gemeinschaftsflur oder ins Treppenhaus ableitet, LG Braunschweig ZMR 2007, 536.

Vertragswidrig sind auch Gerüche oder Gestank aus einer Wohnung, die auf deren Verkommenlassen oder auf nicht sachgerechter Tierhaltung oder auf Arbeiten mit Chemikalien (z.B. Lösemittel) beruhen. Für Toleranzgebot bei alten und kranken Mietern: LG Siegen WuM 2006, 158, 159: Leicht muffiger Geruch aus der Wohnung einer 90-jährigen Mieterin muss hingenommen werden, AG München WuM 2006, 621.

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Bei der Ermittlung und Bewertung von Gerüchen werden folgende Umstände zu beachten sein: – Ort, Zeit, Häufigkeit, Dauer und Rhythmus des Auftretens der Gerüche, – Qualität (Charakteristik) der Geruchsimmissionen, – Art der Einwirkungen, – Intensität (objektivierte Empfindungsstärke), – Empfindlichkeit und Befindlichkeit des Betroffenen, – soziales Umfeld, – Akzeptanzbereitschaft des Betroffenen, s. dazu ausführlich AG Brandenburg a.d. Havel WuM 2004, 34, 38 für Küchengerüche aus einer Gaststätte.

Leicht handhabbare Methoden zur Messung und Bewertung von Gerüchen bestehen nicht. Weder enthält die TA Luft v. 27.2.1986 hierzu Hinweise, noch ist die Methode GIRL (Geruchsimmissionsrichtlinie) für die hier infrage kommenden Belästigungen geeignet.1 309

Nach verbreiteter Meinung sind Belästigungen durch Tabakrauch von den Mietern hinzunehmen, da Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch zählt (s. Rn. VI 263). Ein Eingreifen des Vermieters wäre danach nicht zulässig. Nach hier vertretener Auffassung gilt aber auch in diesem Zusammenhang die für alle Freiheitsrechte bestehende Schranke, dass durch die Ausübung eigener Rechte fremde Rechte nicht beeinträchtigt werden dürfen (Art. 2 Abs. 1 GG). Nimmt man das jedermann zustehende Recht auf frische Luft ernst, so mag der Mieter in seiner Wohnung rauchen.2 Das Rauchen im Treppenhaus ist durch den vertragsgemäßen Gebrauch nicht mehr gedeckt, wenn diese Räumlichkeiten gleichsam als Rauchersalon genutzt werden, etwa weil 1 S. dazu Gablenz, Geruchsimmissionen auf Grundstücken, ZMR 2000, 499. 2 Zu Recht einschränkend auch Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103, 115; s. aber auch Gather DWW 2003, 174, 179.

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Pflichten des Mieters

Rn. VI 311

in der Wohnung nicht geraucht werden soll.1 Aber auch hier wird es auf Intensität (Zigarre? Pfeife?), Dauer (der Gang durch das Treppenhaus zur eigenen Wohnung mit brennender Zigarette) und Häufigkeit ankommen, AG Reichenbach WuM 1994, 322: Im Treppenhaus wahrnehmbarer Zigarettenrauch aus der Wohnung soll von den Nachbarn hinzunehmen sein.

Das Lüften zum Treppenhaus durch die geöffnete Wohnungstür zählt auch in diesem Zusammenhang nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch (s. Rn. VI 307). Grundsätzlich muss der Mieter Belästigungen durch Tabakrauch vom Nachbarbalkon des Wohnhauses dulden, so dass der Vermieter nicht dagegen vorzugehen braucht,

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AG Wennigsen WuM 2001, 487.

Der Balkon liegt im Bereich der Mietwohnung, so dass hier strengere Maßstäbe an das Vorliegen einer Vertragswidrigkeit anzulegen sind.2 Sie sind jedenfalls beim Grillen auf dem Balkon wegen der vom Grill ausgehenden Immissionen und/oder dem Geruch des Grillgutes überschritten, LG Essen WuM 2002, 337: Schwere Verstöße gegen die Hausordnung rechtfertigen die fristlose Kündigung, so trotz Verbots und Abmahnung: wiederholtes Grillen auf dem Balkon, Abstellen von Fahrzeugen vor der angemieteten Garage.

Ein Rauchverbot in der Wohnung kann jedenfalls individuell vereinbart werden, s. Rn. VI 263. Zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bei Abnutzungserscheinungen infolge starken Rauchens s. Rn. IX 7. cc) Wahrung des Hausfriedens Störungen des Hausfriedens können gemäß § 569 Abs. 2 BGB die fristlose Kündigung rechtfertigen (s. Rn. XII 87 f.). Aber auch unterhalb der Kündigungsschwelle wird von den Vertragsparteien ein Verhalten erwartet, das nicht nur ihre Beziehungen partnerschaftlich gestaltet, sondern das gegenüber den Mitbewohnern von Rücksichtnahme und Respekt geprägt ist. Pflichten eines Mieters zur Rücksichtnahme auf andere Mieter im Haus können sich dabei vornehmlich unter zwei rechtlichen Gesichtspunkten ergeben: aus den Rechtsbeziehungen zwischen dem Mieter zum Vermieter sowie aus den Rechtsbeziehungen zwischen dem Mieter und anderen Mietern. Im Verhältnis zum Vermieter bestimmt sich der Umfang des erlaubten Mietgebrauchs nach dem Mietvertrag und dem darin vereinbarten Mietzweck und Verhaltensregelungen. Für deren Auslegung gelten die allgemeinen Regeln der 1 Zutreffend Flatow NZM 2007, 432, 435; Horst MietRB 2008, 188, 191; einschränkend Paschke NZM 2008, 265, 267. 2 Stapel NZM 2000, 595, 596 f.; Horst NZM 2008, 188, 191, die beide auf die Pflicht zur Rücksichtnahme verweisen, die zu „maßvollem Rauchen“ zwinge; Paschke NZM 2008, 265, 267.

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Rn. VI 312

Mietgebrauch

§§ 133, 157 BGB. Ansonsten sind die gesetzlichen Regelungen zum Mietgebrauch heranzuziehen. Im Verhältnis zu anderen Mietern gelten mangels unmittelbarer vertraglicher Abreden die Grenzen, die sich aus dem Besitzschutzrecht (insbesondere § 862 BGB i.V. mit § 906 BGB analog) sowie dem Deliktsrecht ergeben.1 Sowohl ein Eingriff in die Vertragsrechte des Vermieters als auch in den vertragsgemäßen Gebrauch anderer Mieter kann eine vertragswidrige Störung darstellen, KG – Urt. v. 1.9.2003 – ZMR 2004, 261, 262, LG Berlin GE 2003, 670.

312

Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten in einem Mehrfamilienhaus muss das Verhalten beider Parteien gewürdigt werden. So kann die Schwere einer geäußerten Beleidigung nicht isoliert von den allgemeinen Verhältnissen im Haus betrachtet werden, LG Mannheim WuM 1987, 17.

Wehrt sich ein Mieter durch Klopfen gegen die Decke oder Wand gegen Lärmbelästigungen durch seinen Nachbarn, so ist nicht ohne weiteres er der Störer, und eine Kündigung ist ausgeschlossen, wenn es sich um eine Reaktion auf ein unstreitiges oder bewiesenes lärmendes Verhalten des Nachbarn handelt, LG Kaiserslautern WuM 1989, 514.

313

Bei Streitigkeiten zwischen Bewohnern derselben Mietwohnung oder Mietern desselben Vermieters ist entscheidend, ob und welche Außenwirkungen für andere Mitbewohner bzw. Mitmieter eintreten und in welchem Ausmaß der Hausfrieden von dem Vorgang betroffen ist. Zum Hausfrieden gehört auch das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit innerhalb der gemieteten Räume einschließlich seiner Zugänge. Der Hausfrieden kann insbesondere durch lautstarke (nächtliche) Streitigkeiten der Bewohner einer Mietwohnung gestört werden, LG Hamburg NZM 2006, 377 = WuM 2005, 768,2 AG Bergisch Gladbach WuM 2003, 29.

Umgekehrt verlangt das Gebot der Rücksichtnahme, dass in einem Mehrfamilienhaus familiäre Konflikte nur in „gemäßigter Form“ ausgetragen werden, insbesondere wenn das Gebäude hellhörig ist, LG Mannheim DWW 1991, 311.

314

Streiten Mietparteien desselben Vermieters miteinander, so kann sich der Vermieter nicht ohne weiteres auf die Rolle eines neutralen Dritten zurückziehen. Vielmehr ist hier sein Konflikt- und Beschwerdemanagement gefor-

1 Allerdings besteht kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB: BGH – Urt. v. 12.12.2003 – NZM 2004, 193 = WuM 2004, 215 = ZMR 2004, 335; kritisch dazu Dötsch NZM 2004, 177; s. dazu Rn. VI 342. 2 Zum Fall: Zweimaliger Einsatz eines mobilen Einsatzkommandos in einer Nacht auf Grund eines lautstarken und gewalttätigen Partnerschaftskonflikts.

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Pflichten des Mieters

Rn. VI 315

dert. In diesem Rahmen öffnet die Mediation neue Wege.1 Um den Konfliktbereich einzugrenzen, kommt es darauf an, ob Anlass und Auswirkungen des Streits unmittelbar mit dem Mietgebrauch der einen oder anderen Mietpartei zusammenhängen und ob durch den Streit bzw. dessen Eskalation der Hausfrieden gestört wird. Kommt es zu einem tätlichen Angriff auf eine andere Mietpartei, so kann das eine fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 2 BGB ohne Abmahnung rechtfertigen, AG und LG Münster WuM 2007, 19.

Sind die Streitparteien nicht gleichzeitig Mieter desselben Vermieters, so muss der Vermieter nur eingreifen, wenn der Streit sich auf dem Mietgrundstück abspielt und entweder der Mietgebrauch der einen Partei oder der Hausfrieden gestört wird. Letzteres wird in der Regel anzunehmen sein, wenn der Streit mit erheblichem Lärm oder mit Gewalteinwirkungen gegen Personen oder Sachen verbunden ist. Mobbing und Stalking sind ebenfalls nicht nur Privatsache der hiervon betroffenen Mietpartei (s. dazu auch Rn. XII 97 f.).2 Sie können gegenüber dem Täter, der zugleich Mieter ist, Anlass für eine (fristlose) Kündigung sein und dem Opfer als Mieter(-in) Schutz- und Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Vermieter hervorrufen.3 Voraussetzung ist, dass Täter und Opfer Mieter desselben Vermieters sind und die Tat auf dem Mietgrundstück begangen worden ist, LG Berlin MM 2007, 333: Erhebt ein Mieter gegenüber einem anderen Mieter unberechtigte Vorwürfe, zeigt ihn unberechtigt bei der Staatsanwaltschaft an, schreibt ihm Drohbriefe, klopft gegen die Zimmerdecke, klingelt nachts an der Wohnungstür und tritt gegen diese, so sind derartige Belästigungen nicht mehr als private Auseinandersetzungen zwischen zwei Mietern einzustufen, die den Vermieter nicht betreffen, sondern rechtfertigen eine fristlose Kündigung. Ähnlich LG Berlin NZM 2002, 733 bei psychisch kranker störender Mieterin.

Jedoch kann auch eine Tat außerhalb des Mietgrundstücks Sanktionen des Vermieters nach sich ziehen, wenn durch die Folgen die Sicherheit der anderen Mitbewohner sowie der Hausfrieden oder der gute Ruf des Hauses (z.B. infolge von Presseberichterstattungen) gefährdet erscheint. Der Vermieter sollte Mieterinnen, die bedrängt werden, auf die Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes v. 11.12.20014 hinweisen; es ermöglicht die kurzfristige gerichtliche Anordnung von Abstandsverfügungen und Kontaktaufnahmeverbote (s. dazu Rn. I 81 f.). Zu weiteren Pflichtverletzungen des Mieters, die zu einer Kündigung insbesondere wegen Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis fortzusetzen (s. § 543 Abs. 1 BGB), führen können, s. Rn. XII 36, 43, 74, 93. 1 Marx/Prell DW 2005, Heft 2 S. 42 f.: Gestörte Mietverhältnisse – Mediation, ein Weg für nachbarschaftliches Zusammenleben; Neu/Dickhoff DW 2005, Heft 2 S. 47 f.: Der Umgang mit schwierigen Mietern bis hin zur Deeskalation. 2 S. dazu Börstinghaus, Verwahrlosung, Lärm und Nachbarschaftsstreit im Wohnraummietrecht, PiG 67 (2003) S. 103, 117. 3 Sternel, Sicherheit, Sauberkeit, Service als Vermieterleistung, PiG 67 (2003) S. 67, 72. 4 BGBl. I 3513; dazu Schumacher NZM 2001, 572; Schach GE 2002, 314.

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Rn. VI 316

Mietgebrauch

e) Folgen bei Pflichtverstößen aa) Rechte des Vermieters 316

Dem Vermieter stehen in erster Linie Erfüllungs- bzw. Unterlassungsansprüche gemäß § 541 BGB zu.1 Bei schwereren Verstößen kommt ein fristgemäße Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB und als letztes Mittel die fristlose Kündigung nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB in Betracht (s. dazu Rn. XII 36, 97). Regelmäßig wird es sowohl für den Abhilfe- bzw. Unterlassungsanspruch als auch für die Kündigung einer Abmahnung bedürfen (s. §§ 541, 543 Abs. 3 BGB, vgl. dazu Rn. VI 319). Der Vermieter muss bei der Wahl seiner Mittel den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten: Es dürfen nur die Mittel angewendet werden, die eine angemessene Folge oder Sanktion gegenüber der Vertragsverletzung darstellen, KG – Urt. v. 1.9.2003 – ZMR 2004, 261, 262: Eine fristlose Kündigung ist – als schärfste Maßnahme des Vermieters – nur dann gerechtfertigt, wenn ihm angesichts der Hausfriedensstörung die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zu einem Vertragsende durch fristgerechte Kündigung oder Ablauf einer vereinbarten Frist nicht zumutbar ist. Maßgeblich kommt es damit in diesem Zusammenhang auf die Folgen an, die ihn bei der Fortsetzung des Mietverhältnisses treffen; dafür sind die Folgen, die die anderen Mieter treffen, allenfalls mittelbar von Bedeutung; LG Hamburg WuM 1977, 30: Ein berechtigtes Freimachungsinteresse des Vermieters kann dann nicht anerkannt werden, wenn dieser ein vertragsgetreues Verhalten des Mieters mit weniger harten Mitteln als der Kündigung erreichen kann und ihm das Zurückstellen der Kündigung zuzumuten ist; LG Köln ZMR 1997, 80: Eine vom Mieter begangene Vertragsverletzung muss so schwerwiegend sein, dass sie der anderen Partei die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses objektiv unzumutbar macht, so dass die sofortige Trennung unausweichlich ist. Einmalige Vorgänge reichen in der Regel nicht aus.

Dies geht allerdings nicht so weit, dass der Vermieter grundsätzlich auf das mildere Mittel zu verweisen wäre; darin läge ein Verstoß gegen das Willkürverbot, da der Unterlassungs-/Erfüllungsanspruch sowie die Kündigungsbefugnis nach dem Gesetz gleichrangig sind,2 BVerfG – Beschl. v. 15.3.1989 – WuM 1989, 278 = ZMR 1989, 255 für die auf eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs gestützte Räumungsklage gegenüber einer Zahlungsklage.

Allerdings ist zu beachten, dass die materiellen Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch und die ordentliche oder fristlose Kündigung unterschiedlich sind. Für ersteren Anspruch kommt es auf die Erheblichkeit der Vertragsverletzung, eine Gefährdung des Mietobjekts oder die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung nicht an. 317

Welche Sanktionen eine Vertragsverletzung des Mieters auslösen darf, hängt regelmäßig von einer Abwägung der beiderseitigen Interessen ab, nämlich des Mieters am Fortbestand des Mietverhältnisses einerseits und des Vermieters

1 S. dazu Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103, 124; Börstinghaus NZM 2004, 48 f. 2 S. zu § 541 BGB: Lammel Rn. 27; MünchKomm/Schilling Rn. 3.

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Pflichten des Mieters

Rn. VI 318a

andererseits, sich von dem Mieter zu trennen und das Mietobjekt anderweitig zu verwerten bzw. zu vermieten. Sie lassen sich nur im Einzelfall angemessen würdigen, wobei darauf abzustellen ist, ob die Beeinträchtigung des Vermieters so schwerwiegend ist, dass sie eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses erfordert. Das beurteilt sich nach den Auswirkungen der vertragswidrigen Verhaltensweise, BGH – RE v. 14.7.1993 – BGHZ 123, 233 = NJW 1993, 2528 = WuM 1993, 508: Die jeweiligen Interessen des Mieters und seiner Familie am Fortbestand des Mietverhältnisses einerseits sowie des Vermieters andererseits, lassen sich nur im Einzelfall angemessen würdigen, wobei darauf abzustellen ist, ob die Beeinträchtigung des Vermieters so schwerwiegend ist, dass sie eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses erfordert. Ob das Interesse des Vermieters an einem vertragsgemäßen Verhalten des Mieters in hohem Maße beeinträchtigt und die Störung seiner Belange von besonderem Gewicht ist, beurteilt sich – insbesondere soweit es um eine mögliche Gefährdung der Wohnsubstanz geht – in erster Linie nach den Auswirkungen der vertragswidrigen Verhaltensweise.

Nur schwerwiegende Verstöße gegen die Hausordnung und den Hausfrieden können eine Kündigung rechtfertigen. Das Gleiche gilt bei schweren Verstößen gegen die Obhutspflicht (s. Rn. XII 56). Für den Erfüllungs- und den Unterlassungsanspruch besteht eine derartige Schwelle nicht. Ebenso wenig kommt es – wie bei der fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB – auf ein Verschulden des Mieters oder seine Schuldfähigkeit an. Zur Zurechnung des Verhaltens von Mitmietern s. LG Berlin GE 2008, 871, AG Brühl WuM 2008, 596; s. auch Rn. I 75. Handelt es sich um Lärmstörungen, so werden zum Nachweis regelmäßig sog. Lärmprotokolle angefordert und von den sich gestört fühlenden Mietern angefertigt. Ihre Bedeutung ist umstritten,

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einerseits AG Bergisch Gladbach WuM 2003, 29: Auf die gesamte Richtigkeit eines sog. Lärmprotokolls kann das Gericht auf Grund punktueller Zeugenaussagen schließen; andererseits AG Münster WuM 2003, 355: Lärmprotokolle sind nur Hilfsmittel; sie können über die subjektive Einschätzung hinaus keine Erkenntnisse erbringen.

Im Streitfall wird es regelmäßig geboten sein, dass sich das Gericht einen unmittelbaren Eindruck von den Störungen durch einen Ortstermin verschafft und sich nicht darauf beschränkt, ein Sachverständigengutachten einzuholen, BGH – Urt. v. 5.2.1993 – BGHZ 121, 248, 254 = WuM 1993, 277 = ZMR 1993, 269: Maßgebend sind alle Umstände des Einzelfalles, die den Tatrichter in den meisten Fällen dazu zwingen, sich über einen Ortstermin einen persönlichen Eindruck zu verschaffen; OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.1.1997 – ZMR 1997, 181.

Zur Darlegungs- und Bweislast bei Lärmstörungen s. Rn. VIII 180 f. Der Unterlassungsanspruch des Vermieters nach § 541 BGB schließt den Rückgriff auf die allgemeine Anspruchsgrundlage nach § 1004 BGB aus, 867

318a

Rn. VI 319

Mietgebrauch

BGH – Urt. v. 17.4.2007 – NJW 2007, 2180 = NZM 2007, 481 = WuM 2007, 387, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187.1

aaa) Abmahnung 319

Die Abmahnung2 ist Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch des Vermieters wegen vertragswidrigen Verhaltens des Mieters nach § 541 BGB und grundsätzlich für jede fristlose Kündigung nach Maßgabe der §§ 543 Abs. 3, 569 Abs. 2 BGB, wenn der Kündigungsgrund in einer Pflichtverletzung oder der Störung des Hausfriedens liegt.3 Entbehrlich ist sie in folgenden Fällen: – wenn die Maßnahme offensichtlich keinen Erfolg verspricht, – wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Die weitere Ausnahme betrifft die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Die beiden zuerst genannten Ausnahmen gelten für den Unterlassungsanspruch des Vermieters entsprechend. Das folgt aus den allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts und des Verzugsrechts nach §§ 281 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 4 BGB. Trotz eines erheblichen Verstoßes kann eine Abmahnung erforderlich sein, wenn die Folgen der Pflichtverletzung nur geringfügig sind,4 KG – Urt. v. 18.11.2004 – WuM 2004, 721, AG Hamburg WuM 2005, 249: Eine Kündigung auf Grund einer leichten Rempelei zwischen dem Mieter und dem Hausmeister, die zudem in ihrem Verlauf streitig ist, bedarf der Abmahnung, obwohl dies sonst bei tätlichen Übergriffen nicht geboten ist;

oder das Verschulden des Mieters nicht schwer wiegt,5 AG München WuM 2004, 204.

320

Im Zweifel sollte eine Abmahnung erfolgen. Selbst wenn sie nicht geboten erscheint (z.B. wegen schwerer Beleidigungen), kann es zweckmäßig sein, den Mieter zur Stellungnahme binnen kurzer Frist aufzufordern, etwa damit er sich entschuldigt oder eine ehrenrührige oder unrichtige Behauptung wider1 In den beiden erwähnten Entscheidungen ging es um den Anspruch auf Beseitigung einer Parabolantenne; der ersteren Entscheidung lag zugrunde, dass der Vermieter unwirksam abgemahnt hatte. 2 S. Schläger ZMR 1991, 41 f.; Gather DWW 1995, 234, 240; insbesondere Häublein ZMR 2005, 1, 5. 3 Zur Abmahnung bei der fristlosen Kündigung des Mieters nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Mängeln und § 569 Abs. 1 BGB wegen Gesundheitsgefährdung s. Rn. VIII 355, 382. 4 Zum Fall: Der Mieter hatte die elektrische Hausleitung angezapft und eine Lichtquelle in seinen Keller verlegt, den er aber nur selten benutzte. 5 Zum Fall: Der Bruder der Mieterin, der diese besuchte, randalierte, bedrohte und beleidigte Mitbewohner schwer. Darauf kündigte der Vermieter fristlos. Das AG wies die Räumungsklage mangels einer Abmahnung ab, da die Mieterin sich gegenüber ihrem Bruder nicht habe durchsetzen können und sie darauf die Polizei gerufen habe. Ihr Verschulden sei gering gewesen; von ihr sei auch keine Bedrohung ausgegangen.

868

Pflichten des Mieters

Rn. VI 323

ruft. Häufig wird nämlich das Gewicht einer Vertragsverletzung erst durch das anschließende Verhalten bestimmt. Statt der Abmahnung genügt es nach dem Wortlaut des § 543 Abs. 3 BGB, dass dem Kündigungsgegner eine angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt wird. Das muss auch im Rahmen des § 541 BGB gelten. Eine Abmahnung wird regelmäßig dann in Betracht kommen, wenn das vertragswidrige Verhalten sofort – insbesondere durch bloßes Unterlassen – abgestellt werden kann (z.B. Lärm). Dagegen wird es einer Fristsetzung bedürfen, wenn der Mieter tätig werden muss, um einen vertragswidrigen Zustand zu beseitigen (z.B. ein Tier abzuschaffen oder eine Einrichtung zu entfernen). Zur Angemessenheit der Frist s. Rn. VI 327.

321

Bei der Abmahnung handelt es sich um eine rechtsgeschäftsähnliche, dem Schutz des Mieters dienende, einseitige empfangsbedürftige Erklärung, auf die die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend anzuwenden sind,1

322

BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 277 = WuM 2008, 217 = ZMR 2008, 446, OLG Koblenz – RE v. 16.7.1997 – MDR 1997, 1113 = WuM 1997, 482, 484 = ZMR 1997, 578: Die Abmahnung ist eine der Mahnung vergleichbare rechtsgeschäftliche Handlung, eine einseitige, zugangsbedürftige Willenserklärung; OLG Celle – Urt. v. 18.12.1981 – MDR 1982, 410 = WuM 1982, 206: für Zurückweisung wegen fehlender Vollmacht nach § 174 BGB, LG Heidelberg NZM 2001, 91 für Erklärung durch alle Vermieter, s. auch BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2004, 903 = WuM 2004, 663 für die Abmahnung gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F.

Sie kann daher nach § 174 BGB zurückgewiesen werden, wenn ein Bevollmächtigter nicht zugleich seine (Original-)Vollmacht vorlegt. Steht der geschäftsunfähige Adressat unter Betreuung, muss die Abmahnung gegenüber dem Betreuer erklärt werden, BGH – Beschl. v. 17.4.2007 – NJW 2007, 2180 = NZM 2007, 481 = WuM 2007, 387.

Bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite muss die Abmahnung allen Mietern gegenüber erklärt werden und nicht nur gegenüber dem Störer, AG Hamburg WuM 1990, 74.

Das rechtfertigt sich daraus, dass die möglichen Folgen – nämlich die Kündigung – zwangsläufig alle Mieter treffen. Geht die Störung nur von einem der Mitmieter aus, so soll es genügen, nur diesen abzumahnen, wenn sich der Vermieter auf den Unterlassungsanspruch beschränkt.2 Damit wird die Dispo1 S. dazu eingehend Schläger ZMR 1991, 41c f.; Gather DWW 1995, 234, 240, zu § 541 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 12; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 4; Staudinger/Emmerich Rn. 5; ferner zu § 543 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 51; Fischer-Dieskau/ Franke Anm. 28.2.2; Herrlein/Kandelhard Rn. 68: einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung; MünchKomm/Schilling Rn. 12; abweichend Lammel Rn. 151: keine Willenserklärung. 2 S. zu § 541 BGB: Herrlein/Kandelhardt/Both Rn. 18; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 7; Staudinger/Emmerich Rn. 6; anders Lammel Rn. 14; Fischer-Dieskau/Franke BGB § 543 Anm. 28.2.3.

869

323

Rn. VI 324

Mietgebrauch

sitionsmöglichkeit des Vermieters, wie er nach der Abmahnung bei einem erneuten Verstoß verfahren will, eingeengt. Selbst wenn man die Abmahnung nur gegenüber dem Störer für ausreichend ansieht, ist dieses Verfahren nicht zu empfehlen. Es kann jedoch dann sinnvoll sein, wenn einer der Mitmieter verschwunden ist. 324

Die Abmahnung ist formfrei, jedoch empfiehlt sich aus Beweisgründen, sie schriftlich zu erklären. Sie braucht nicht ausdrücklich als solche bezeichnet zu werden; vielmehr muss sie nur erkennen lassen, dass das vertragswidrige Verhalten bzw. der vertragswidrige Zustand nicht mehr hingenommen wird und einzustellen bzw. zu beheben ist. Auch kann sie im Rahmen einer Prozesshandlung erklärt werden, sofern für den Mieter eindeutig erkennbar ist, dass die prozessuale Erklärung eine materiell-rechtliche einschließt, und das vertragswidrige Verhalten des Mieters andauert, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.11.1989 – ZMR 1990, 57.

Zu weit geht es aber, eine verfrühte und damit unwirksame Kündigung als Abmahnung und die nachfolgende Räumungsklage, die sich auf diese Kündigung stützt, als Kündigung aufzufassen, so aber OLG Düsseldorf – Urt. v. 21.12.1995 – WuM 1996, 410, LG Berlin GE 1995, 569.

Es fehlt schon an den elementaren rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen, nämlich dem entsprechenden Erklärungswillen. Auch der Empfänger braucht nicht mit einem so ausgedeuteten Inhalt zu rechnen. Etwas anderes ist, ob in der Erhebung einer Räumungsklage zugleich eine materielle Kündigungserklärung liegen kann (s. dazu Rn. X 14). 325

Die Abmahnung muss das beanstandete Verhalten so konkret beschreiben, dass der Mieter weiß, was der Vermieter von ihm verlangt und er sein Verhalten hierauf einrichten kann,1 BGH – Urt. v. 18.11.1999 – NZM 2000, 241, 242 Sp. 2 a.E.: In der Abmahnung (nach § 553 BGB a.F.) muss das Verhalten, das der Vermieter als vertragswidrig ansieht, so genau bezeichnet werden, dass der Mieter sich danach richten kann; OLG München – Urt. v. 2.1.1996 – ZMR 1996, 376, 379 Sp. 1, OLG Naumburg – Urt. v. 30.6.1999 – WuM 2000, 246 = ZMR 2000, 381 für Behebung von Mängeln nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= § 542 Abs. 1 BGB a.F.), LG Hamburg WuM 1977, 157 zur Spezifizierung von Kündigungsgründen bei Lärm, unberechtigter Alarmierung der Polizei.

Die Maßstäbe, die an die Begründung einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung nach §§ 569 Abs. 4, 573 Abs. 3 Satz 1 BGB angelegt werden (s. Rn. X 54 f.), gelten entsprechend. 326

Die Abmahnung braucht zu ihrer Wirksamkeit keine Kündigungsandrohung zu enthalten:2 1 S. zu § 541 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 5; MünchKomm/Schilling Rn. 63. 2 S. zu § 543 BGB: Lammel Rn. 152; Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 149; abschwächend Emmerich/Sonnenschein Rn. 51: in der Regel nicht; fallbezogen anders Blank/Börstinghaus BGB § 543 Rn. 12; Fischer-Dieskau/Franke Anm. 28.2.4.

870

Pflichten des Mieters

Rn. VI 327

BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 561 = WuM 2007, 570 = ZMR 2007, 686, LG Kleve WuM 1995, 537; anders LG Hamburg WuM 1985, 385, LG Itzehoe WuM 1991, 99.

Sie empfiehlt sich aber, um der Abmahnung ein größeres Gewicht zu verleihen, s. BGH – Urt. v. 11.1.2006 – WuM 2006, 193 = ZMR 2006, 425 zur Kündigung wegen laufend unpünktlicher Mietzahlungen: Hat der Vermieter eine Abmahnung mit Kündigungsandrohung ausgesprochen, ist eine erneute Zahlungsunpünktlichkeit jedenfalls bei der Würdigung des Gewichts der Vertragsverletzung und des Verschuldens des Mieters zu berücksichtigen.

Der Vermieter muss sich in der Abmahnung nicht auf eine bestimmte Sanktionsmaßnahme festlegen. Tut er dies aber, so schafft er einen Vertrauenstatbestand, an dem er sich festhalten lassen muss. Das gilt insbesondere, wenn er zuvor ein milderes Mittel, als später angewandt, angedroht hat,1 OLG Hamm – Urt. v. 25.4.1991 – NJW-RR 1991, 1035,2 s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439 zur Kündigung des Mieters nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB: Wird mit der Fristsetzung eine andere Maßnahme als die Kündigung, etwa Ersatzvornahme oder eine Minderung angedroht, kann die Kündigung wegen des darin liegenden widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nicht bereits nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Abhilfefrist wirksam erklärt werden, sondern erst nach erfolglosem Ablauf einer neuen Frist; AG Hamburg-Altona NZM 2003, 60;3 anders LG Berlin GE 2007, 1190.4

Andererseits soll es zulässig sein, die Abmahnung mit der fristlosen Kündigung zu verbinden; es handelt sich dann um eine bedingte Kündigung, deren Wirksamkeit allein vom Kündigungsgegner abhängt, OLG Hamburg – Urt. v. 21.7.2000 – NZM 2001, 131 = ZMR 2001, 25, 26.

Setzt der Vermieter eine Frist zur Abhilfe, so muss diese derart bemessen sein, dass der Mieter in der Lage ist, tatsächlich Abhilfe zu schaffen: OLG Düsseldorf WM 1996, 410: Nach der Abmahnung muss dem Mieter genügend Zeit gegeben werden, den vertragswidrigen Zustand zu beheben; LG Mannheim WM 1985, 282 bei vertragswidriger Untervermietung.

Bei einer unerlaubten Untervermietung muss der Mieter Gelegenheit haben, das Untermietverhältnis mit der rechtlich kürzestmöglichen Frist zu kündigen oder bei längerfristigen Untermietverhältnissen mit dem Untermieter

1 Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 149 a.E. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte mit der Anforderung zur Mängelbeseitigung eine Ersatzvornahme angedroht, dann jedoch nach § 542 BGB a.F. fristlos gekündigt. 3 Zum Fall: Der Vermieter hatte wegen unerlaubter Hundehaltung nur die Klage auf Abschaffung des Tieres und wegen unterlassener Treppenhausreinigung die Ersatzvornahme angedroht, dann jedoch wegen dieser Umstände gekündigt. 4 Zum Fall: Der Vermieter hatte in der (letzten) Abmahnung erklärt, es werde im Falle erneuter mehrfacher unpünktlicher Mietzahlungen gekündigt werden, dann aber nach nur einmaliger verspäteter Mietzahlung seit dieser Abmahnung fristlos gekündigt.

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Rn. VI 328

Mietgebrauch

über eine vorzeitige Auflösung zu verhandeln, ihn sozusagen „herauszukaufen“ (s. dazu Rn. VI 210). Handelt es sich um die Abschaffung eines Tieres, so ist die Abhilfefrist – sofern nicht Gefahr im Verzug ist – so zu bemessen, dass der Mieter das Tier anderweitig unterbringen oder – wenn er will und vermag – die Wohnung wechseln kann. Hier ist zu beachten, dass Tiere keine Sachen sind (§ 90a Satz 1 BGB, s. dazu Rn. VI 233). 328

Die Länge der Abhilfefrist richtet sich nach der zumutbaren Dauer, um einen vertragsgerechten Zustand wieder herzustellen. Die Zumutbarkeit muss auch für den Kündigenden gegeben sein, den vertragswidrigen Zustand u.U. noch hinzunehmen. Die Länge der Abmahnfristen ist nicht vorgeschrieben. Hat der Vermieter eine zu kurze Frist gesetzt, so gilt eine angemessene Frist, solange er noch nicht gekündigt oder Unterlassung verlangt hat.1

329

Die Abmahnung (und Fristsetzung) sollte in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem vertragswidrigen Verhalten erklärt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass dieses Verhalten als nicht erheblich gewertet wird oder die Rechtsfolgen hieraus als verwirkt gelten. Jedenfalls kann sich der Vermieter auf eine lange Zeit zurückliegende Abmahnung nicht berufen, wenn es in der Zwischenzeit nicht mehr zu Störungen gekommen ist, LG Bochum WuM 1989, 179: Die Abmahnung wegen verspäteter Mietzahlung vor über 3 Jahren ist wirkungslos.

Auch Abmahnung und spätere Sanktion (z.B. Unterlassungsanspruch oder Kündigung) müssen zueinander in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, LG Berlin WuM 2003, 208, 209: Auf eine lange Zeit zurückliegende Abmahnung kann sich der Vermieter nicht berufen, wenn es in der Zwischenzeit nicht mehr zu Störungen gekommen ist;2 LG Halle NZM 2003, 309.3

Der für die außerordentliche Kündigung geltende Grundsatz in § 314 Abs. 3 BGB ist auch in diesem Zusammenhang zu beachten. Andererseits ist eine verfrühte – möglicherweise vorsorglich – ausgesprochene Abmahnung wirkungslos, AG Frankfurt a.M. NZM 1999, 707 für Abmahnung wegen unerlaubter Drittüberlassung während einer Zeit, in der der Mieter noch untervermieten durfte.

330

Abwehransprüche des Mieters gegen eine unberechtigte Abmahnung – etwa eine Feststellungsklage – werden von der h.M. verneint, da die Abmahnung lediglich eine Vorstufe der Kündigung sei, keine unmittelbaren Rechtsfolgen 1 S. zu § 541 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 5; MünchKomm/Schilling Rn. 64. 2 Zum Fall: Die Abmahnung wegen Lärms erfolgte im September 1997, nächster Lärmvorfall war erst im September 2001. 3 Abmahnung wegen Kinderlärms erfolgte im Dezember 1998/Januar 1999; erneuter Kinderlärm wurde erst im April 2002 registriert.

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Pflichten des Mieters

Rn. VI 331

auslöse, die den Bestand des Mietverhältnisses berührten, und deshalb die Rechte des Mieters nicht beeinträchtigt würden,1 BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 277 = WuM 2008, 217 = ZMR 2008, 446, LG Berlin GE 1996, 1243: Die Klage auf Feststellung, dass eine Abmahnung des Vermieters unwirksam ist, ist unzulässig; AG Lübeck WuM 1994, 370, AG Luckenwalde WuM 2000, 673, AG Münster WuM 2006, 456.

Gegen diese Auffassung bestehen Bedenken.2 Bereits die Abmahnung gefährdet den Bestand des Mietverhältnisses. Zwar ist sie nur Wirkungsvoraussetzung für eine spätere Sanktion, gleichwohl verlangt sie dem Mieter ein – möglicherweise nicht geschuldetes – Verhalten ab, anderenfalls er mit einer Kündigung oder einer Unterlassungsklage rechnen muss.3 Hinzu kommt, dass eine Abmahnung selbst dann, wenn ihr keine Sanktion folgt, den Grund für etwaige spätere Vertragsverletzungen gewichtiger erscheinen lässt und deshalb geeignet ist, die Rechtsposition des Mieters zu verschlechtern.4 Dem Mieter kann schon aus Beweisgründen an einer zeitnahen Aufklärung gelegen sein und er braucht sich nicht auf ein zeitfernes Verfahren mit den damit verbundenen Beweisproblemen verweisen zu lassen. Der Gefahr, dass durch eine Feststellungsklage das Streitpotential zwischen den Parteien vergrößert wird, steht gegenüber, dass der Vermieter sorgfältiger prüft, ob eine Abmahnung geboten ist, was dann auch wieder eher zum Rechtsfrieden beitragen kann. Bezieht sich die Abmahnung darauf, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen, so kann hierdurch der Mietgebrauch beeinträchtigt sein und der Mieter kann berechtigt sein, auf Feststellung zu klagen, dass er zu dem fraglichen Mietgebrauch berechtigt sei (z.B. unterzuvermieten oder ein Tier zu halten) bzw. dass ein vertragswidriger Gebrauch (in einem bestimmten Verhalten oder Zustand) nicht vorliegt.5 Anders verhält es sich bei komplexen Vorwürfen einer Vertragswidrigkeit (z.B. ständiger Lärm, Nichterfüllung von Reinigungspflichten); hier wäre eine auf die Feststellung von Tatsachen gerichtete Feststellungsklage unzulässig.

330a

bbb) Unterlassungsanspruch Der Unterlassungsanspruch des Vermieters nach § 541 BGB ist ein Unterfall des Erfüllungsanspruchs, mit dem zugleich der Folgenbeseitigungsanspruch verbunden werden kann (z.B. Anspruch auf Abschaffung eines Tieres und auf 1 S. zu § 541 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 10; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 10; Lammel BGB § 543 Rn. 151; anders Weidemann WuM 2002, 78 unter Hinweis auf den arbeitsrechtlichen Schutz gegen unberechtigte Abmahnungen. 2 S. auch Schach WuM 2006, 669, der dem Mieter einen Abwehranspruch zubilligt. Nach Blank/Börstinghaus BGB § 541 Rn. 10 ist eine Feststellungsklage des Mieters zulässig, dass ein vertragswidriger Gebrauch nicht vorliegt. 3 Insofern kann entgegen der h.M. von einem Rechtsverhältnis ausgegangen werden. 4 Beispiel: Kündigung wegen wiederholten Lärms oder wiederholter säumiger Mietzahlungen. 5 Blank/Börstinghaus a.a.O.

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331

Rn. VI 331a

Mietgebrauch

Unterlassung, ein solches zu halten).1 Der Anspruch hat Vorrang vor dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB; das folgt aus dem mieterschützenden Erfordernis der Abmahnung. Ist diese unterblieben, kann der Vermieter also nicht auf § 1004 BGB ausweichen, BGH – Beschl. v. 17.4.2007 – NJW 2007, 2180 = NZM 2007, 481 = WuM 2007, 387, BGH – Urt. v. 10.10.2007 – NZM 2008, 37 = WuM 2007, 678 = ZMR 2008, 187 jeweils für die Entfernung einer vom Mieter angebrachten Parabolantenne.

Es ist darauf zu achten, dass sich die abgemahnte Vertragswidrigkeit mit derjenigen, deren Unterlassung gefordert wird, decken. Da die Mieter für die Vertragspflichten als Gesamtschuldner haften und ein Verschulden hinsichtlich der zu unterlassenden Vertragsverletzung nicht vorausgesetzt ist,2 kommt § 425 BGB nicht zum Tragen. Daher kann der Vermieter bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite alle Mitmieter in Anspruch nehmen, sich aber auch darauf beschränken, nur von einzelnen – insbesondere vom Störer – die Unterlassung zu verlangen.3 Geht es darum, dass das störende Verhalten eines Mitbewohners, der nicht zugleich Mitmieter ist, unterlassen werden soll, so ist der eigene Pflichtenkreis des Mieters betroffen; denn ihm obliegt eine Einwirkungspflicht, so dass er für den Unterlassungsanspruch des Vermieters passivlegitimiert ist. 331a

Im Falle eines Vermieterwechsels – etwa nach § 566 BGB – kann der neue Vermieter aus Vertragsverletzungen vor seinem Eintritt in das Mietverhältnis einen Unterlassungsanspruch nur ableiten, wenn die Verletzungen andauern (z.B. Lärm, unerlaubte Drittüberlassung). Eine vom früheren Vermieter bereits ausgesprochene Abmahnung wird gegenstandslos.4 ccc) Haftung des Mieters

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Dem Vermieter stehen bei Pflichtverstößen des Mieters Schadensersatzansprüche nach §§ 280, 281 BGB zu. Sie setzen ein Verschulden des Mieters voraus, wobei es dessen Sache ist, sich zu entlasten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Soweit es sich nicht um Pflichten handelt, denen ein Erfüllungsanspruch des Vermieters gegenübersteht, bedarf es keiner Abmahnung nach § 281 Abs. 1 BGB. Gleichwohl kann sie unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens unter Umständen geboten sein.5 Der Mieter haftet für eine schuldhafte Pflichtverletzung eines anderen Mitmieters nicht stets als Gesamtschuldner. Nach § 425 Abs. 1 BGB wirken nämlich andere als die in §§ 422–424 BGB bezeichneten Tatsachen grundsätzlich nur für 1 Staudinger/Emmerich BGB § 541 Rn. 13. 2 S. zu § 541 BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 9; MünchKomm/Schilling Rn. 15. 3 S. zu § 541 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 13; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 18; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 13; anders – nämlich nur Inanspruchnahme des Störers: Lammel Rn. 20; Staudinger/Emmerich Rn. 10. 4 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 541 Rn. 14. 5 MünchKomm/Schilling BGB § 541 Rn. 3.

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Pflichten des Mieters

Rn. VI 333

und gegen denjenigen Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Dazu zählt das Verschulden nicht (§ 425 Abs. 2 BGB). Aber jedenfalls dann, wenn der eingetretene Schaden sich aus der Sicht des Vermieters als aus der Sphäre der Mietermehrheit stammend darstellt und nicht eindeutig einem der Mitmieter persönlich zuzuordnen ist, ist es gerechtfertigt, den Grundsatz des § 425 Abs. 1 BGB zu durchbrechen und im Wege der Vertragsauslegung anzunehmen, dass der Mietvertrag im Sinne dieser Bestimmung „ein anderes“ ergibt,1 OLG Celle – Urt. v. 18.2.1998 – MDR 1998, 896, LG Flensburg ZMR 2008, 895, einschränkend LG Berlin NZM 2003, 311 für Räumungspflicht.

Schon gar nicht ist ein Mitmieter Erfüllungsgehilfe des anderen, für dessen Verhalten dieser nach § 278 BGB haften würde. Zu prüfen ist jedoch, ob derjenige Mieter, von dem die Störung nicht unmittelbar ausgegangen ist, sie jedenfalls hätte verhindern können oder zu erwarten gewesen wäre, dass er sich von ihr eindeutig distanziert. Beispiel: „feixende“ Mitmieterin: AG Stuttgart-Bad Cannstatt WuM 1997, 492: Die Ehefrau als Mitmieterin muss sich Vertragsverletzungen ihres Ehemannes, der Mieter ist, zumindest dann zurechnen lassen, wenn sie sich hiervon nicht unverzüglich distanziert.

Zur Haftung des Mieters für Vertragsverstöße von Mitmietern s. auch Rn. I 72. Für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen haftet der Mieter nach § 278 BGB.2 Das gilt auch für die Personen, die er in seinen Haushalt aufgenommen hat, wie insbesondere den Ehegatten, Lebenspartner, Lebensgefährten, Kinder, weitere nahe Angehörige, Bedienstete oder – bei der Gewerberaummiete – seine Arbeitnehmer. Das Gleiche gilt für Besucher, nicht aber für „ungebetene Gäste“.3 Die Haftung nach § 278 bezieht sich nicht auf Exzesstaten des Erfüllungsgehilfen, die mit dem Pflichtenkreis des Mieters in keinerlei Verbindung stehen (z.B. Diebstähle, wohl aber Hausfriedensstörungen, Sachbeschädigungen4). Handelt es sich dabei um einen Untermieter, so kommt die verschärfte Haftung nach § 540 Abs. 2 BGB in Betracht. Danach hat der Mieter auch für einen Schaden einzustehen, der dadurch entstanden ist, dass einer seiner Mitarbeiter einen Brand verursacht hat, wenn der Mitarbeiter den Brand zwar außerhalb der Geschäftszeit gelegt, sich aber auf Veranlassung des Mieters in den Mieträumen aufgehalten und im Interesse des Mieters die Obhut über das Mietobjekt ausgeübt hat, 1 Zum Fall: Für die Verletzung der Pflicht, eine schon ältere Waschmaschine während der Betriebsdauer zumindest beiläufig zu beaufsichtigen, muss auch diejenige Mitmieterin einstehen, die sich zum Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht in der Wohnung aufhielt und deren Sachen auch nicht mitgewaschen wurden. 2 S. dazu Gies, Die Haftung des Mieters für Drittpersonen, in FS Blank, 2006, S. 177 f. 3 S. Gies in FS Blank, 2006, S. 177, 181. 4 Ein eigenes Verschulden des Mieters kommt aber in Betracht, wenn er gewaltbereite Besucher einlädt – s. dazu AG München WuM 2004, 204: Die Mieterin kann die Hausfriedensstörungen ihres Bruders verhindern, wenn sie ihn nicht mehr in die Wohnung lässt – oder den unmäßigen Genuss berauschender Mittel (insbesondere Alkohol) zulässt und dadurch einen Ursachenbeitrag leistet.

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333

Rn. VI 334

Mietgebrauch

OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.3.1997 – MDR 1997, 927 = NZM 1998, 728, s. auch BGH – Urt. v. 17.10.1990 – BGHZ 112, 307 = NJW 1991, 489 = WuM 1991, 31 = ZMR 1991, 60: Führt der Unterpächter einer Gaststätte beim Aufenthalt darin vorsätzlich eine Explosion herbei, so handelt er „bei dem Gebrauch“ i.S. von § 549 Abs. 3 BGB a.F. (= § 540 Abs. 2 BGB). Der Aufenthalt in den Räumen gehört zu ihrem Gebrauch. Deshalb geschieht alles, was der Dritte in den Räumen tut, „bei dem Gebrauch“, weil das Geschehen beim Aufenthalt in den Räumen seinen Anfang genommen hat.

Zu Formularklauseln zur Haftung des Mieters für Dritte, für Wasserschäden und für Schäden durch Ungezieferbefall s. Rn. II 147, 234, 261. 334

Zum Schaden des Vermieters zählen u.a. Mietausfälle infolge von Mietminderung oder Leerständen, weil Mieter wegen der Störungen gekündigt haben, ebenso die Kosten für die Suche nach Mietnachfolgern. Verklagt der Vermieter den mindernden Mieter auf Zahlung, so wird es sich regelmäßig empfehlen, dem nach dem Vortrag des beklagten Mieters tatsächlichen Störer den Streit zu verkünden. Veranlasst ein Mieter, der sich durch das Verhalten eines Mitbewohners gestört fühlt, den Vermieter zur Klage auf Unterlassung gegen den Störer und wird die Klage abgewiesen, so hat der Vermieter gegenüber dem Anzeigenden keinen materiellen Anspruch auf Kostenerstattung, es sei denn, dass dieser den Vermieter durch unrichtige Angaben zur Klagerhebung veranlasst hat, LG Hannover WuM 1989, 9 für Störung durch Tierhaltung eines Mitbewohners.

334a

Verlangt der Mieter vom Vermieter unberechtigt die Beseitigung eines Mangels, so ist er schadensersatzpflichtig, wenn er erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass ein Mangel der Mietsache nicht vorliegt. Er ist nämlich nach dem Gebot der Rücksichtnahme verpflichtet, vor Inanspruchnahme des Vermieters im Rahmen seiner Möglichkeiten sorgfältig zu überprüfen, ob die in Betracht kommenden Ursachen für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seiner eigenen Sphäre liegen. Entsprechend hat der BGH zum Kaufrecht entschieden, BGH – Urt. v. 23.1.2008 – WuM 2008, 145, 146.

Diese Entscheidung kann auch auf das Mietrecht übertragen werden und ist dort aktuell.1 Dadurch sollen die Gewährleistungsrechte des Kunden nicht eingeschränkt werden, BGH – Urt. v. 23.1.2008 – WuM 2008, 145, 146 Tz. 13: Diese Pflicht hat nicht zur Folge, dass Käufer (scil. Mieter)2 ihr Recht, Mangelbeseitigung zu verlangen, so vorsichtig ausüben müssten, dass ihre Mängelrechte dadurch entwertet würden. Der Käufer (scil. Mieter) braucht nicht vorab zu klären, ob die von ihm beanstandete Erscheinung Symptom eines Sachmangels ist. Er muss lediglich im Rahmen seiner 1 Beispiel: Der Mieter verlangt die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden; der Vermieter behauptet, die Schäden seien auf falsches Wohnverhalten zurückzuführen und schaltet einen Sachverständigen ein, der die Behauptung des Vermieters bestätigt. Der Vermieter kann unter den oben genannten Voraussetzungen Ersatz der Sachverständigenkosten verlangen. 2 Die kursiv gesetzten Klammerzusätze stammen vom Verfasser.

876

Pflichten des Mieters

Rn. VI 336

Möglichkeiten sorgfältig überprüfen, ob sie auf eine Ursache zurückzuführen ist, die nicht dem Verantwortungsbereich des Verkäufers (scil. Vermieter) zuzuordnen ist. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, darf der Käufer (scil. Mieter) Mängelrechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten befürchten zu müssen, selbst wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt.

Genießt der Vermieter wegen eines vom Mieter verursachten Schadens am Gebäude Versicherungsschutz, so ist er verpflichtet, den Gebäudeversicherer und nicht den Mieter in Anspruch zu nehmen, wenn ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen ist und der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich gerade durch den Mieter hat,

335

BGH – Urt. v. 3.11.2004 – NZM 2005, 100 = WuM 2005, 57 = ZMR 2005, 116.

Unterlässt er dies oder verstößt gegen eine dem Versicherer geschuldete Obliegenheit, so ist er gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass er diesen nicht regresspflichtig machen kann, OLG Oldenburg – Urt. v. 18.12.2007 – ZMR 2008, 716 bei Streupflichtverletzung durch den Mieter.

Nach neuerer Rspr. ist der Mieter vor einem Rückgriff des Versicherers gemäß § 86 Abs. 1 VVG durch den Gebäudeversicherungsvertrag geschützt. Dieser ist nämlich ergänzend dahin auszulegen, dass der Versicherer auf den Regress für die Fälle verzichtet, in denen der Wohnungsmieter einen Brand- oder Leitungswasserschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat,1 BGH – Urt. v. 8.11.2000 – BGHZ 145, 393, 397 = NJW 2001, 1353 – WuM 2001, 122, BGH – Urt. v. 3.11.2004 – NZM 2005, 100 = WuM 2005, 57 = ZMR 2005, 116, BGH – Urt. v. 13.9.2006 – NZM 2006, 945 = WuM 2006, 627, NZM 2006, 946 = WuM 2006, 624, NZM 2006, 949 = WuM 2006, 631, OLG Hamm – Urt. v. 9.1.2002 – NZM 2002, 503 jeweils zu § 67 Abs. 1 VVG a.F.

Damit hat die versicherungsvertragliche Lösung die bisherige haftungsrechtliche Lösung abgelöst, gemäß der eine stillschweigende Haftungsbeschränkung des Mieters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit angenommen wurde, wenn er die Kosten der Versicherung zu tragen hatte, s. dazu noch BGH – Urt. v. 13.12.1995 – MDR 1996, 212 = NJW 1996, 715 = WM 1996, 212 = ZMR 1996, 184, BGH – Urt. v. 26.1.2000 – NZM 2000, 688 für Gewerbemietverhältnisse.

Diese Haftungsbeschränkung bezieht sich auch auf einfach fahrlässige Haftung für einen Erfüllungsgehilfen (s. auch § 103 VVG), OLG Celle – Urt. v. 19.3.1998 – NZM 1998, 731 = ZMR 1998, 691.

Sie soll jedoch nicht für Besucher des Mieters anzuwenden sein, OLG Hamm – Urt. v. 14.9.2000 – NZM 2001, 639 = ZMR 2001, 183.2

Die für die Wohnraummiete entwickelten Grundsätze sind auch auf gewerbliche Mietverhältnisse zu übertragen. 1 S. dazu Gies in FS Blank, 2006, S. 177, 183; Jendrek DWW 2003, 142; Jendrek NZM 2003, 697. 2 S. auch Besprechung Armbrüster ZMR 2001, 185.

877

336

Rn. VI 337

Mietgebrauch

Der Rückgriffsausschluss soll jedoch nicht gelten, wenn der Hausratversicherer des Vermieters einen vom Mieter verursachten Schaden reguliert,1 BGH – Urt. v. 13.9.2006 – NZM 2006, 951 = WuM 2006, 577; anders noch OLG Stuttgart – Urt. v. 30.12.2003 – ZMR 2004, 435.

bb) Ansprüche des in seinen Rechten verletzten Mieters aaa) Rechte gegenüber dem Vermieter 337

Der Mieter, der durch das Verhalten anderer Bewohner oder durch Immissionen gestört wird, hat gegenüber dem Vermieter folgende Rechte: – den Anspruch auf Behebung der Störung als Erfüllungsanspruch (§ 535 BGB), – die Gewährleistungsrechte, nämlich Minderung (§ 536 BGB), s. Rn. VIII 232 f., Schadensersatz § 536a BGB), s. Rn. VIII 280, fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB), s. Rn. VIII 341.

338

Der Erfüllungsanspruch des Mieters besteht neben der Minderung und kann dem Vermieter nach § 320 BGB entgegengehalten werden (BGH – Urt. v. 26.2.2003 – NZM 2003, 355 = NJW-RR 2003, 727 = ZMR 2003, 341). Er kann auch dann noch geltend gemacht werden, wenn eine Minderung nach § 536b BGB ausgeschlossen ist, ist aber nicht gegeben, wenn die Mietvertragsparteien einen bestimmten, bei Überlassung vorhandenen (schlechten) Zustand der Mietsache konkret als vertragsgemäß vereinbart haben, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen).

Selbst bei Verletzung der Anzeigepflicht ist er nicht ausgeschlossen, wie aus § 536c Abs. 2 Satz 2 BGB folgt. 338a

Der Anspruch ist auf Abhilfe gerichtet, sei es auf Beseitigung, sei es auf Unterlassung der Störung. Wie der Vermieter seiner Fürsorge- und Schutzpflicht (s. Rn. VII 234) nachkommt, steht in seinem Ermessen und kann nicht vom Mieter bestimmt werden. Unter Umständen kann der Vermieter als letztes Mittel sich genötigt sehen, das Mietverhältnis mit dem Störer zu kündigen;2 ein diesbezüglicher Anspruch des Mieters auf Kündigung eines anderen Mieters besteht aber im Allgemeinen nicht.3 Er kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn objektiv keine andere Maßnahme mehr Erfolg verspricht, das Ermessen des Vermieters also auf null reduziert ist, KG – Beschl. v. 9.7.1986 – WuM 1986, 286 bejahend für die Verpflichtung des Wohnungseigentümers gegenüber den übrigen Miteigentümern, seiner Mieterin, die in der gemieteten Eigentumswohnung einen bordellartigen Betrieb unterhält, zu kündigen; OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 442, 448, OLG Köln – Beschl. v. 15.1.1997 – ZMR 1997, 253 bejahend für Verpflichtung des Wohnungseigentümers gegenüber den übrigen Miteigentümern, seinem Mieter, der des öfteren nachhaltig gegen die Hausordnung verstoßen hat, zu kündigen; 1 Zustimmend Prölss ZMR 2004, 389. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 319. 3 S. Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103, 121.

878

Pflichten des Mieters

Rn. VI 340a

LG Berlin WuM 1999, 329,1 s. auch LG Hamburg WuM 1987, 218, AG Bad Segeberg WuM 2000, 601.

Persönliche Auseinandersetzungen zwischen dem Mieter und einem anderen Mitbewohner rechtfertigen keine Minderung, sofern keine Außenwirkungen unabhängig vom betroffenen Mieter auftreten,

339

AG Königstein/Ts. NZM 2001, 422.

Zu Störungen mit Außenwirkungen auf die Hausgemeinschaft oder unbeteiligte Dritte s. Rn. VI 314 f. Zu Schutzpflichten des Vermieters, insbesondere Abwehr von Immissionen s. Rn. VII 234, 238. Im Fall einer Vermieter-Insolvenz kann der Erfüllungsanspruch nur geltend gemacht werden, wenn dem Mieter die Mietsache vor der Insolvenzeröffnung überlassen worden war; denn nur dann kann das Mietverhältnis mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestehen,

339a

BGH – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 883 = MietRB 2008, 8 (Schulte).

bbb) Ansprüche gegenüber dem Störer Die Mieter in einem Wohn- oder Gewerbeobjekt sind untereinander nur auf Grund der Besitzschutzvorschriften und der deliktischen Haftungsgrundlagen berechtigt und verpflichtet. Anspruchsgrundlagen ergeben sich daher lediglich aus §§ 823, 862 BGB und einer entsprechenden Anwendung des § 1004 BGB.2

340

Werden durch einen Wasserschaden aus der über der Mietwohnung liegenden Wohnung die Anstriche und Tapeten des Mieters beschädigt, so kann der Mieter nicht Ersatz der Renovierungskosten vom Schädiger verlangen. Der Schaden ist nämlich nicht bei ihm eingetreten, da die Tapeten und Farben durch Verbindung mit der Wand ins Eigentum des Vermieters übergegangen sind. Hinzu kommt, dass ihn hier nicht die vertragliche Renovierungspflicht trifft, sondern der Vermieter renovierungsverpflichtet ist (s. Rn. IX 3 f.). Diesem steht daher auch der Schadensersatzanspruch wegen der Renovierungskosten gegenüber dem Schädiger zu, AG Dortmund WuM 2004, 468 = ZMR 2005, 129.

Wer zu Unrecht von einem Dritten in Anspruch genommen wird und zur Abwehr solcher unbegründeten Ansprüche sich außergerichtlich anwaltlicher Hilfe bedient, hat gegenüber dem Anspruchsteller keinen Kostenerstattungsanspruch; vielmehr soll es zum allgemeinen Lebensrisiko gehören, mit unberechtigten Ansprüchen konfrontiert zu werden, BGH – Urt. v. 12.12.2006 – WuM 2007, 62.

1 Zum Fall: übermäßiger Kinderlärm auch während der Ruhezeiten, trotz diverser Gespräche und einer förmlichen Abmahnung durch den Vermieter. 2 Zur Abwehr von Lärmstörungen s. Barthelmess in FS Blank, 2006, S. 23, 26 f.

879

340a

Rn. VI 341

Mietgebrauch

Anders verhält es sich aber, wenn zwischen dem Mieter und dem Anspruchsteller vertragliche Beziehungen – etwa ein Mietvertrag – bestehen; hier ergibt sich der Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB, OLG Köln – Urt. v. 7.12.2006 – WuM 2007, 65.

341

Ein nachbarschaftlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB besteht nicht zwischen den Mietern in demselben Gebäude,1 BGH – Urt. v. 12.12.2003 – NZM 2004, 193 = WuM 2004, 215 = ZMR 2004, 335: Beeinträchtigungen, die von einer Mietwohnung innerhalb desselben Grundstückseigentums auf eine andere Mietwohnung einwirken, berechtigen den betroffenen Mieter nicht zu einem verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Mieter der anderen Wohnung;2 ebenso AG Dortmund WuM 2004, 468; anders OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.5.2002 – NZM 2003, 943 für Brandschaden im Gebäude.

Anders verhält es sich bei Schäden, die von einem Nachbargrundstück ausgehen und von dessen Eigentümer verursacht worden sind,3 BGH – Urt. v. 1.2.2008 – DWW 2008, 147 = GuT 2008, 142 = NZM 2008, 256, OLG Stuttgart – Urt. v. 23.2.2007 – NZM 2007, 286 = ZMR 2007, 371.

342

Hat ein Mieter die vertraglich übernommene Reinigungs- oder Streupflicht verletzt (s. Rn. VI 277) und kommt dadurch ein anderer Mieter zu Schaden, so steht diesem gegen den Schädiger kein vertraglicher Schadensersatzanspruch über § 328 BGB, sondern allenfalls ein Anspruch aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB zu, OLG Köln – Urt. v. 15.2.1995 – WuM 1995, 316.

Die Übernahme der Reinigungspflicht begründet nämlich eine Verkehrssicherungspflicht, deren schuldhafte Verletzung einen Schadensersatzanspruch des geschädigten Mitmieters auslöst, OLG Koblenz – Urt. v. 25.2.1992 – MDR 1992, 348.

Hat der Vermieter einen Dienstleister mit der Erfüllung der Wegereinigungspflicht beauftragt und erleidet der Mieter infolge einer Pflichtverletzung des Dienstleisters einen Schaden, so kann er den Dienstleister unmittelbar in Anspruch nehmen, da er in die Schutzwirkungen des Wegereinigungsvertrages einbezogen ist, BGH – Urt. v. 22.1.2008 – NZM 2008, 242 = WuM 2008, 235.

Zum Anwendungsbereich des Gewaltschutzgesetzes v. 11.12.2001 (BGBl. I 3513) s. Rn. I 81 f.

1 Zum Fall: Leckageschaden durch Platzen eines Zuleitungsschlauchs in den Räumen des „Obermieters“. 2 Kritisch dazu Dötsch NZM 2004, 177. 3 Zum Fall: Durch einen Brand in der vom Eigentümer selbst bewohnten Wohnung wurde nicht nur das benachbarte Gebäude beschädigt, sondern auch Warenvorräte eines dortigen Mieters, dem ein Ausgleichsanspruch zuerkannt wurde.

880

VII. Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

1. Beginn des Mietverhältnisses und Übergabe Das Mietverhältnis beginnt mit der Übergabe der Mietsache, sofern die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben; denn erst ab diesem Zeitpunkt ist der Mieter verpflichtet, Miete zu zahlen und unterliegt der Vermieter der Gewährleistungshaftung nach §§ 536 f. BGB. Die Parteien können vereinbaren, dass das Mietverhältnis mit Abschluss des Mietvertrages beginnt, mithin die Übergabe dem Beginn des Mietverhältnisses nachfolgt.1 Andererseits kann dem Mieter das Mietobjekt schon vor dem vereinbarten Beginn des Mietverhältnisses – etwa zum Zwecke der Renovierung – überlassen werden.2

1

a) Überlassung der Mietsache Die Übergabe der Mietsache erfolgt im Regelfall durch Überlassung des unmittelbaren oder mittelbaren Besitzes. Es handelt sich dabei um eine Hauptpflicht des Vermieters und AGB-rechtlich um eine Kardinalpflicht (s. Rn. II 57). Erfordert der vertragsgemäße Gebrauch ausnahmsweise keine Besitzübertragung (z.B. bei der Gewährung einer Überfahrtmöglichkeit), so erfüllt der Vermieter seine Überlassungspflicht dadurch, dass er dem Mieter die vertraglich vorgesehene Benutzung dadurch gewährt, dass er ihm einmalig oder wiederholt den ungestörten Zutritt ermöglicht, BGH – Urt. v. 1.2.1989 – MDR 1989, 628.

Ist dem Mieter ein Keller- oder Bodenraum mitvermietet worden, der nicht näher bezeichnet worden ist, so steht dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zu, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 21.2.2007 – DWW 2007, 201 = ZMR 2007, 532.3

Wird ein vermietetes Objekt in der Weise vermietet, dass der neue Mieter (zunächst) die Stellung eines Zwischenmieters einnehmen und der bisherige Mieter im unmittelbaren Besitz bleiben soll, ist der Gebrauchsüberlassungsanspruch aus § 535 BGB nur auf Übertragung des mittelbaren Besitzes an den neuen Mieter gerichtet (§ 870 BGB),

2

OLG Hamburg – Urt. v. 29.8.2001 – ZMR 2003, 178.

Im Falle der Doppelvermietung haben beide Mieter einen Anspruch auf Übergabe, solange die Mietsache noch keinem von ihnen überlassen worden ist. 1 Häufiger Anwendungsfall: Mietverträge vom Reißbrett. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 3. 3 Die fehlende Bezeichnung des Nebenraums steht der Wahrung einer erforderlichen Schriftform nach § 550 BGB nicht entgegen.

881

3

Rn. VII 4

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Der Vermieter kann jedoch selbst bestimmen, an wen er leisten will und wem er schadensersatzpflichtig wird; der Grundsatz der Priorität gilt hier nicht. Daher kann keiner der beiden Mieter den Anspruch auf Überlassung im Wege der einstweiligen Verfügung sichern, solange noch keinem von ihnen die Sache überlassen worden ist,1 OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 28.8.1996 – NJW-RR 1997, 77 = ZMR 1997, 22, OLG Schleswig – Urt. v. 12.7.2000 – MDR 2000, 1428, KG – Beschl. v. 25.1.2007 – NZM 2007, 518 = WuM 2007, 207 = ZMR 2007, 614, OLG Hamm – Urt. v. 15.10.2003 – NJW-RR 2004, 521 = NZM 2004, 192; anders OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 137.2

Ebenso wenig kann dem Vermieter durch einstweilige Verfügung untersagt werden, ein bereits vermietetes Grundstück erneut zu vermieten und an den späteren Mieter zu übergeben, OLG Brandenburg – Beschl. v. 6.8.1997 – MDR 1998, 98.

4

Umstritten ist, ob der nicht besitzende Mieter gegenüber dem Vermieter einen Erfüllungsanspruch auch nach Überlassung an den Dritten behält. Dies wird von der herrschenden Rspr. aus den oben genannten Gründen verneint; vielmehr liegt ein Fall der subjektiven Unmöglichkeit vor,3 OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 28.8.1996 – NJW-RR 1997, 77 = ZMR 1997, 22, OLG Schleswig – Urt. v. 12.7.2000 – MDR 2000, 1428, OLG Koblenz – Urt. v. 25.10.2007 – ZMR 2008, 50, LG Berlin ZMR 1988, 178, AG Freiburg WuM 1993, 117.

5

Nach anderer Ansicht wird danach unterschieden, ob die Pflicht des Vermieters zur Überlassung der Mietsache objektiv oder subjektiv nachträglich unmöglich geworden ist. Dabei ist auch das Verhalten des gegenwärtigen Besitzers und die Möglichkeit einer einverständlichen Aufhebung des Vertrages – etwa unter Zahlung einer Abfindung – zwischen ihm und dem Vermieter in die Würdigung einzubeziehen,4 KG – Beschl. v. 25.9.2008 – NZM 2008, 889: Der Erfüllungsanspruch scheitert jedenfalls dann an § 275 Abs. 1 BGB, wenn feststeht, dass der Vermieter die Mietsache von dem besitzenden Mieter nicht mehr – z.B. durch Kündigung oder Abstandszahlung – 1 So auch Ulrici ZMR 2002, 881. 2 Im Ergebnis ebenso Wichert ZMR 1997, 16; Derleder/Pelegrino NZM 1998, 550, 556 f.; Kluth/Grün NZM 2002, 473; s. auch zu § 536 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 261; Staudinger/Emmerich Rn. 48. 3 So auch zu § 536 BGB: Herrlein/Kandelhardt Rn. 54; Lammel Rn. 75. 4 S. zu § 536 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 262; Staudinger/Emmerich Rn. 48. Diese Möglichkeit deutet auch der BGH in anderem Zusammenhang – Weigerung des Vermieters, das Mietobjekt fertig zu stellen, stattdessen Verkauf an einen Dritten, der es fertig stellt und anderweitig vermietet – an: BGH – Urt. v. 12.3.2003 – MDR 2003, 865 = ZMR 2003, 647: Solange nicht auszuschließen ist, dass es dem Vermieter möglich ist, das Leistungshindernis durch Vereinbarungen mit dem neuen Eigentümer und dessen Mieter zu beheben, kann der Mieter die Einräumung des Besitzes nach wie vor verlangen und muss sich nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung verweisen lassen. Wie im Falle der Doppelvermietung erlangt ein möglicherweise gegebenes Unvermögen des Vermieters dann erst in der Zwangsvollstreckung Bedeutung.

882

Beginn des Mietverhältnisses und Übergabe

Rn. VII 7

zurückerlangen kann. Das heißt, dass der nicht besitzende Mieter Besitzeinräumung verlangen kann, solange die Behebung des Leistungshindernisses nicht ausgeschlossen ist.1 S. auch OLG Köln – Beschl. v. 26.2.1998 – WuM 1998, 602 = ZMR 1998, 696.

Die letztgenannte Auffassung ist aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs abzulehnen. Hat sich der Vermieter entschieden, wem gegenüber er erfüllen will und hat er die Sache dem Dritten überlassen, so muss es dabei sein Bewenden haben. Die Möglichkeit eines Freikaufs ist spekulativ. Anders kann es sich verhalten, wenn der Vermieter und der Dritte kollusiv zusammengewirkt haben oder der Vermieter dem Mieter den schon überlassenen Besitz entzogen und auf den Dritten übertragen hat,

6

OLG Celle – Beschl. v. 12.10.2007 – MDR 2008, 445 = ZMR 2008, 288: Eine einstweilige Verfügung auf Wiedereinräumung des durch verbotene Eigenmacht entzogenen Besitzes kann auch dann gerechtfertigt sein, wenn der unrechtmäßige Besitzer den Besitz an der Sache zwischenzeitlich einem Dritten überlassen hat.

Die Erfüllung der Übergabepflicht wird zweckmäßigerweise durch ein Übergabeprotokoll festgehalten. Es hat im Wesentlichen die Funktion einer Quittung über den ordnungsmäßigen Zustand der Mietsache mit der Folge einer Beweislastumkehr zu Lasten des Mieters, wenn er später geltend macht, ein im Protokoll nicht erwähnter, aber sichtbarer Mangel sei bereits bei Beginn des Mietverhältnisses vorhanden gewesen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.3.2003 – GE 2003, 1080: Haben die Parteien eine gemeinsame Wohnungsübergabe durchgeführt und den Zustand der Räume in einem von ihnen gemeinsam unterzeichneten Begehungsprotokoll dokumentiert, so muss der Mieter darlegen und beweisen, dass ein in dem Protokoll nicht aufgeführter Mangel (hier: Haarriss des Waschbeckens) bereits im Zeitpunkt der Übergabe der Räume vorhanden war. Zwar folgt aus § 548 BGB a.F. (= § 538 BGB), dass der Vermieter den ordnungsmäßigen Zustand der Mietsache beweisen muss, weil der Mieter nur für solche Verschlechterungen einzustehen hat, die während der Mietzeit entstanden und nicht Folgen des vertragsgemäßen Gebrauchs sind. Für den Vermieter spricht jedoch auf Grund des Protokolls eine tatsächliche Vermutung.

Im Übrigen hat das Übergabeprotokoll auch AGB-rechtliche Bedeutung im Hinblick auf den Summierungseffekt: Dieser kann sich aus dem Zusammentreffen einer (wirksamen) Formularklausel mit einer im Mietvertrag getroffenen (ebenfalls wirksamen) Individualvereinbarung ergeben. Er tritt jedoch nicht ein, wenn nach Abschluss des Formularmietvertrages im wenig später erstellten Übergabeprotokoll eine Individualvereinbarung getroffen wird, die – hätte sie unmittelbar in den Mietvertrag Eingang gefunden – den Summierungseffekt ausgelöst hätte,2 BGH – Urt. v. 14.1.2009 – VIII ZR 71/08.

1 S. dazu auch Kohler NZM 2008, 545; Streyl NZM 2008, 878. 2 Zum Fall: Im Formularvertrag waren die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam auf den Mieter übertragen worden; im etwas späteren Übergabeprotokoll übernahm der Mieter die Schlussrenovierung.

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7

Rn. VII 8 8

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Die Übergabe wird indiziert, wenn der Vermieter dem Mieter die Schlüssel überlässt, sofern damit bezweckt ist, dem Mieter die Sachgewalt für die Dauer der Mietzeit einzuräumen.1 Der Wohnungsmieter hat Anspruch darauf, dass ihm eine den Umständen nach erforderliche Anzahl von Schlüsseln für die Wohnungs- und Hauseingangstür – mindestens aber je zwei – überlassen werden.2 Er darf Angehörigen und Hilfskräften wie einem Pflegedienst, Putzhilfe, Babysitter, einer Tagesmutter einen Schlüssel überlassen und – bei Bedarf – hierfür einen weiteren Schlüssel vom Vermieter gegen Kostenerstattung verlangen, AG Bad Neuenahr-Ahrweiler WuM 1996, 321, AG Karlsruhe WuM 1997, 109.

Der Vermieter darf ohne Wissen und gegen den Willen des Mieters keinen Schlüssel zurückbehalten, da ihm kein einseitiges Zutrittsrecht zusteht; denn das widerspräche seiner Hauptpflicht, dem Mieter das Mietobjekt zum alleinigen Gebrauch zu überlassen, OLG Celle – Beschl. v. 8.10.2006 – WuM 2007, 201, LG Berlin WuM 1999, 332, AG Tecklenburg WuM 1991, 579.3

Das gilt selbst für den Fall, dass er sich ein solches Recht – etwa für Notfälle – ausbedungen hat;4 er muss für einen solchen Fall gegenüber dem Mieter offen legen, dass er einen Schlüssel zurückbehalten will, und benötigt hierfür das Einverständnis des Mieters. Ebenso wenig ist eine Formularklausel wirksam, nach der der Mieter im Falle längerer Ortsabwesenheit verpflichtet ist, dem Vermieter einen Wohnungsschlüssel zu überlassen; anders verhält es sich, wenn der Mieter verpflichtet wird, im Falle längerer Abwesenheit einen Schlüssel bei einer Person seines Vertrauens, die dem Vermieter zu benennen ist, zu hinterlegen.5 9

Die Übergabe der Schlüssel hat am Ort des Mietobjekts zu erfolgen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Übersendet der Vermieter dem Mieter die Schlüssel durch die Post, so trägt er die Transportgefahr, auch wenn er dabei auf Wunsch des Mieters handelt, anders LG Düsseldorf DWW 2000, 26, wenn sich der Mieter zuvor in Annahmeverzug befunden hatte.

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Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für die Gewerberaummiete, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.9.2002 – DW 2003, 52 = GuT 2002, 173 = ZMR 2003, 107: Der Vermieter eines Lebensmittelmarktes ist verpflichtet, dem Betreiber den Schlüssel des mitvermieteten (hier durch ein Rolltor verschließbaren) Kundenparkplatzes herauszugeben, nicht jedoch denjenigen für den Betriebsraum des Aufzuges.

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Muss der Vermieter, der das Mietverhältnis ohne Grund gekündigt hatte und dem der Mieter die Wohnung darauf herausgegeben hatte, diesem den Besitz wieder einräumen und die Schlüssel herausgeben, so kann er diesem An1 2 3 4 5

Bub/Treier Rn. II 457; Horst MDR 1998, 189, 190. S. dazu Horst a.a.O. Horst MDR 1998, 189, 192; Riecke/Vogel ZMR 2003, 89, 90. Bub/Treier Rn. II 458; einschränkend Riecke/Vogel ZMR 2003, 89, 91. Bub/Treier a.a.O.; s. dazu Rn. VI 258.

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Beginn des Mietverhältnisses und Übergabe

Rn. VII 13

spruch nicht entgegenhalten, dass der Mieter zunächst die Mietrückstände begleichen müsse; denn der Vermieter ist hinsichtlich seiner Übergabepflicht vorleistungspflichtig, LG Krefeld NZM 2004, 298.

Ein Urteil, gemäß dem der Vermieter dem Mieter wieder den Zutritt zu den Mieträumen zu verschaffen hat, indem er ihm Schlüssel aushändigt oder die früheren Schlösser wieder einbaut, wird nicht nach § 885 ZPO, sondern nach § 888 ZPO vollstreckt, KG – Beschl. v. 14.12.2006 – ZMR 2007, 613, 614.

Zu den Rechtsfolgen bei Verlust von Schlüsseln und nicht vollständiger Rückgabe der Schlüssel s. Rn. XIII 81, 83. b) Zeitpunkt des Mietbeginns Der Zeitpunkt der Übergabe ist wesentlich, weil er zugleich den Beginn des Mietverhältnisses markieren kann, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren (s. Rn. VII 1). Haben die Vertragsparteien einen Termin für den Beginn des Mietverhältnisses vereinbart, so wird damit für den Regelfall noch kein Fixgeschäft i.S. von § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB begründet; das wäre nur anzunehmen, wenn die Einhaltung des Übergabezeitpunkts nach dem Zweck des Vertrages und dem Interesse des Mieters von so entscheidender Bedeutung wäre, dass damit das Mietverhältnis „steht und fällt“.1

12

Ist als Beginn des Mietverhältnisses der Zeitpunkt der Fertigstellung des Mietobjekts vereinbart, so kann dies als aufschiebende Bedingung i.S. von § 158 Abs. 1 BGB für die Wirkungen des Vertrages insgesamt oder als bloße Fälligkeitsregelung für die Überlassung des Mietobjekts verstanden werden. Das ist durch Vertragsauslegung zu klären. Für eine bloße Fälligkeitsregelung spricht, wenn die Vertragsparteien schon vor der Bezugsfertigkeit wechselseitige Rechte und/oder Pflichten begründet haben, etwa dass der Mieter innerhalb bestimmter Vorgaben seine Änderungswünsche realisieren kann, aber auch rechtzeitig vor Fertigstellung Dispositionen treffen muss, um nach diesem Termin sein Geschäft aufzunehmen oder wenn er verpflichtet ist, die Mietsicherheit oder die erste Miete vor der Übergabe zu entrichten. Gegen eine Bedingung spricht, wenn sich die Partei, die sich auf den Nichteintritt der (behaupteten) Bedingung beruft, sich zunächst so verhält, als sei ein bedingungsloser Vertrag zu Stande gekommen, von dem sie sich erst noch lösen müsse,

13

BGH – Urt. v. 26.11.1997 – NZM 1998, 136.

Ist als Mietbeginn „spätestens Ende des Sommers“ vereinbart, so soll der Vermieter nach dem 23. September kalendermäßig in Verzug geraten, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.1993 – DWW 1993, 197.

1 Vgl. Palandt/Heinrichs BGB § 323 Rn. 20; s. auch Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 17.

885

Rn. VII 14

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Indes wird zu prüfen sein, ob damit nicht eher ein jahreszeitlich nicht bestimmter Termin gemeint worden ist, der eine Fristsetzung für den Verzugseintritt nicht entbehrlich machen würde. 14

Eine Formularklausel, nach der das Mietverhältnis erst mit der Fertigstellung des Gebäudes beginnt, ist unwirksam, wenn nicht zugleich dem Mieter Einflussmöglichkeiten eingeräumt werden, damit der Vermieter das Gebäude unverzüglich fertig stellt, oder ihm Rechte gewährt bzw. nicht ausgeschlossen werden für den Fall, dass eine angemessene Fertigstellungsfrist überschritten wird,1 vgl. LG Mannheim WuM 1999, 686.

Ist eine solche Klausel unwirksam, so bestimmt sich der Beginn des Mietverhältnisses nach § 271 Abs. 1 BGB. Danach sind in erster Linie die Umstände zu ermitteln, nach denen bei verkehrsüblicher Sorgfalt unter Berücksichtigung der Planungen, Genehmigungsverfahren und dem technischen Baufortschritt bei gehöriger Bauaufsicht das Mietobjekt hätte fertig gestellt werden können. Dem Mieter ist in einem solchen Fall ein Kündigungsrecht gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= § 542 BGB a.F.) eingeräumt worden, LG Mannheim WuM 1999, 686.

Entsprechendes gilt für Formularklauseln, nach denen das Mietverhältnis erst nach Räumung durch den Vormieter beginnen soll.2 15

Bei langfristigen Mietverträgen, die der Schriftform des § 550 BGB bedürfen, müssen sich zur Formwahrung Anfangs- und Endtermin des Mietverhältnisses anhand der Vertragsurkunde feststellen lassen. Das ist insbesondere bei Mietverträgen „vom Reißbrett“ zu beachten, bei denen der Anfangstermin wegen des noch offenen Planungsstandes und Baufortschritts zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nicht verbindlich festgelegt werden kann. Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, lässt der BGH zur Wahrung des Schriftformerfordernisses die Formulierung genügen, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe der Mietsache beginnt, BGH – Urt. v. 2.11.2005 – NZM 2006, 54 = ZMR 2006, 115, BGH – Urt. v. 2.5.2007 – GuT 2007, 219 = NZM 2007, 443 = ZMR 2007, 611.

Damit ist die gegenläufige Rspr. des OLG Dresden – Urt. v. 10.8.2004 – ZMR 2005, 41, OLG Naumburg – Urt. v. 7.9.2004 – NZM 2004, 825

obsolet geworden. Jedoch ist über die AGB-rechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden Formularklausel noch nichts ausgesagt. Die Schriftform des § 550 BGB ist erst recht gewahrt, wenn der Mietbeginn an die später zu protokollierende Übergabe der Mietsache gekoppelt wird und im Mietvertrag auf die später zu errichtende (und tatsächlich auch errichtete) 1 S. zu § 535 BGB: Lammel Rn. 122; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 18. Davon ist die Frage zu trennen, ob durch eine entsprechende Vereinbarung, die insbesondere bei Mietverträgen „vom Reißbrett“ üblich ist, die Schriftform gewahrt wird, was zu bejahen ist, s. Rn. I 115, VII 15. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 8.

886

Beginn des Mietverhältnisses und Übergabe

Rn. VII 19

Urkunde verwiesen wird, die ihrerseits wiederum hinreichend auf den Mietvertrag verweist; dann soll nämlich auf zulässige Weise eine – spätere – Anlage zum Mietvertrag geschaffen worden sein, OLG Dresden – Urt. v. 31.8.2004 – NZM 2004, 826, 827.

c) Rechtsfolgen der Übergabe Die Übergabe löst die Pflicht des Mieters aus, die Miete zu zahlen. Sofern nichts anderes vereinbart ist, steht ihm bis zur Übergabe das Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 BGB zu. Bei Vermieterinsolvenz kann er die Erfüllung des Mietvertrages nur verlangen, wenn ihm die Mietsache zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits überlassen war,

16

BGH – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 883 = MietRB 2008, 8 (Schulte).

Das ist insbesondere bei Mietverträgen „vom Reißbrett“ zu beachten. Die Rechtsfolge „Kauf bricht nicht Miete“ (§ 566 BGB) setzt ebenfalls die Übergabe vor dem Eigentumswechsel voraus (Rn. I 185). Im Falle von Leistungsstörungen gelten vor der Übergabe die allgemeinen Regeln des Schuldrechts, nach diesem Zeitpunkt gehen die Gewährleistungsregeln des Mietrechts vor (s. Rn. VIII 190). Hat sich einerseits der Vermieter verpflichtet, die Mieträume bis zur Übergabe in einen konzessionsfähigen Zustand zu versetzen, während andererseits der Mieter bis zu diesem Zeitpunkt die Mietsicherheit zu leisten hat, so wird er von dieser Leistungspflicht nicht schon deshalb frei, weil der Vermieter seinerseits noch nicht erfüllt hat; ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters scheitert an der besonderen Art seiner Verpflichtung (s. dazu Rn. III 161),

17

OLG Celle – Urt. v. 20.2.2003 – NZM 2003, 64 = ZMR 2002, 505.

Anders kann es aber dann liegen, wenn der Vermieter sich selbst nicht vertragsgetreu verhält, indem er die von ihm geschuldete Herrichtung des Mietobjekts verweigert, BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 401 = ZMR 2007, 444 = MietRB 2007, 169 (Kurek).

Zur Blockade von gegenseitigen Zurückbehaltungsrechten, wenn der Vermieter sich verpflichtet hat, die Mieträume vor Bezug durch den Mieter auszubauen, und der Mieter verpflichtet ist, bis zum Ausbau eine Mietsicherheit zu leisten, s.

18

BGH – Urt. v. 8.7.1998 – NZM 1998, 766: Der Mieter kann die Fertigstellung des Ausbaus nur Zug um Zug gegen Leistung der Mietsicherheit verlangen. Will er nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen, muss er bei der erforderlichen Fristsetzung ein entsprechendes Angebot machen.

Die Klausel in einem Gewerberaummietvertrag, wonach der Anspruch des Mieters auf Übergabe der Räume erst nach voller Bezahlung des ersten Mietzinses besteht, hält der Inhaltskontrolle stand, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.12.2001 – NZM 2002, 563.

887

19

Rn. VII 20

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Ist in einem Mietvertrag als Beginn der Mietzahlungspflicht des Mieters die „Fertigstellung“ der vom Vermieter übernommenen Sanierungsarbeiten vereinbart worden, so besteht für den Mieter keine Übernahmepflicht des Mietobjekts, wenn noch zahlreiche – auch kleinere – Mängel vorhanden sind; auf die Abnahmefähigkeit nach § 640 Abs. 1 BGB kommt es dabei nicht an, KG – Urt. v. 22.11.2004 – WuM 2005, 199.

20

Wird für die Fertigstellung ein bestimmter Termin vereinbart und wird zweifelhaft, ob der Vermieter bis zum vorgesehenen Zeitpunkt die Fertigstellung wird herbeiführen können, kann der Mieter dem Vermieter (unter Ablehnungsandrohung) eine Frist setzen, innerhalb der der Vermieter zu klären und darzulegen hat, dass und wann die Fertigstellung erfolgen wird. Nach fruchtlosem Fristablauf kann der Mieter unter Abstandnehmen vom Mietvertrag Schadensersatz verlangen, OLG Hamm – Urt. v. 23.2.1996 – WuM 1996, 466, in analoger Anwendung von § 326 BGB a.F.

Diese Rechtsfolge lässt sich nunmehr aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 323, 325, 280, 281 BGB ableiten. d) Rechtsfolgen bei verspäteter Übergabe 21

Hält der Vermieter den vereinbarten Übergabetermin nicht ein, so gerät er ohne Mahnung (s. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) in Verzug1 mit den Rechtsfolgen aus § 280 BGB (Schadensersatz) und § 323 BGB (Rücktritt). Ist dem Mieter die Mietsache – wenn auch verspätet – überlassen worden, so tritt an die Stelle der Rücktrittsbefugnis das Recht der fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB (s. Rn. VIII 342). Da die Leistung des Vermieters für die bereits verstrichene Zeit unmöglich geworden ist, wird der Mieter insoweit von seiner Leistungspflicht nach Maßgabe des § 326 Abs. 1 BGB frei. Zur Verzögerung, weil der Vormieter nicht geräumt hat, s. Rn. VIII 145.

22

Da es sich bei der Pflicht zur Übergabe um eine Kardinalpflicht des Vermieters i.S. von § 307 BGB handelt, kann der Vermieter die Haftung für die verspätete Übergabe nicht ausschließen.2 Auch eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit etwa für den Fall, dass ein Vormieter nicht rechtzeitig räumt, ist unzulässig (s. Rn. II 255), OLG München – Urt. v. 12.1.1989 – WuM 1989, 129 für Wohnraummiete, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.1993 – DWW 1993, 197 für Gewerberaummiete; anders OLG Düsseldorf – Beschl. v. 24.1.2008 – NZM 2008, 893 = ZMR 2008, 954, allerdings ohne Auseinandersetzung mit § 307 BGB. 1 Nur bei Annahme eines Fixgeschäfts läge ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB vor, der zum Schadensersatz nach § 283 BGB und zum Rücktritt nach § 326 BGB bzw. zur Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB führen würde, s. dazu Emmerich/Sonnenschein BGB § 535 Rn. 8, 9; Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 17, 18. 2 S. zu § 535 BGB: Lammel Rn. 122, 125; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 18.

888

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 24

Hat sich der Mieter für den Fall, dass ihm das Mietobjekt zum festgesetzten Mietbeginn nicht übergeben wird, eine Vertragsstrafe ausbedungen, so erlischt der Anspruch gemäß § 341 Abs. 3 BGB, wenn er sich die Geltendmachung bei verspäteter Übergabe nicht vorbehält, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.4.2005 – ZMR 2006, 35, 36.

Im Fall einer Veräußerung tritt der Erwerber in das Mietverhältnis nicht ein, wenn dem Mieter zur Zeit des Eigentumswechsels die Mietsache noch nicht übergeben war (s. Rn. I 185). Eine entsprechende Rechtsfolge gilt auch bei Insolvenz des Vermieters: Der Mieter kann die Erfüllung des Mietvertrages vom Insolvenzverwalter nicht verlangen, wenn ihm die Mietsache zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht übergeben war,

22a

BGH – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 883 = MietRB 2008, 8 (Schulte).

2. Instandhaltung und Instandsetzung Instandhaltung ist die Sorge dafür, dass Schäden möglichst nicht auftreten. Hierzu gehört insbesondere die Wartung. Instandsetzung ist die Behebung eingetretener Schäden durch Reparatur oder notwendige Erneuerung bzw. Ersatzbeschaffung.1 Beide sind auf die ungestörte Gewährung des Mietgebrauchs ausgerichtet,

23

OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909: Instandhaltungsmaßnahmen sind Vorbeugungsmaßnahmen wie etwa Wartungsarbeiten und Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs, die erforderlich werden, um die durch gewöhnliche Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstandenen baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsmäßig zu beseitigen.2 Die Instandsetzung umfasst die Wiederherstellung des vertrags- und ordnungsmäßigen Zustandes der Mietsache, vor allem durch Reparatur von außergewöhnlichen Schäden oder durch die Erneuerung nicht mehr reparabler oder reparaturunwürdiger Teile und Einrichtungen.

Auch wenn beide Pflichten dem Vermieter nach § 535 BGB obliegen, ist die Unterscheidung wichtig für den Umfang der dem Mieter (häufig formularmäßig) übertragenen Pflichten, OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909: Auch wenn der Mieter individualvertraglich die Instandhaltung von „Dach und Fach“ übernommen hat, bleibt die Instandsetzung von Gebäudeteilen, die infolge von Alterung oder umweltbedingtem Verschleiß nicht mehr reparabel oder reparaturwürdig sind, Sache des Vermieters. Dies gilt insbesondere für eine notwendige Komplettsanierung des Daches.

Zur formularmäßigen Abwälzung der Instandsetzungspflicht von „Dach und Fach“ auf den Mieter sowie zur diesbezüglichen Beschränkung des Vermieters auf eben diese Pflicht s. Rn. II 182, 188.3 1 S. zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 220; Lammel Rn. 138; Staudinger/Emmerich Rn. 28; zur Abgrenzung der Begriffe auch Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 191. 2 Eine Komplettsanierung des Daches zählt nicht zur vertraglich vom Mieter übernommenen Instandhaltung. 3 S. dazu Joachim, „Dach und Fach – Klarheit oder Krach?!“ in FS Blank, 2006, S. 221 f.; Schlemminger/Tachezey NZM 2001, 416.

889

24

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 24

Hat sich der Mieter für den Fall, dass ihm das Mietobjekt zum festgesetzten Mietbeginn nicht übergeben wird, eine Vertragsstrafe ausbedungen, so erlischt der Anspruch gemäß § 341 Abs. 3 BGB, wenn er sich die Geltendmachung bei verspäteter Übergabe nicht vorbehält, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.4.2005 – ZMR 2006, 35, 36.

Im Fall einer Veräußerung tritt der Erwerber in das Mietverhältnis nicht ein, wenn dem Mieter zur Zeit des Eigentumswechsels die Mietsache noch nicht übergeben war (s. Rn. I 185). Eine entsprechende Rechtsfolge gilt auch bei Insolvenz des Vermieters: Der Mieter kann die Erfüllung des Mietvertrages vom Insolvenzverwalter nicht verlangen, wenn ihm die Mietsache zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht übergeben war,

22a

BGH – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 883 = MietRB 2008, 8 (Schulte).

2. Instandhaltung und Instandsetzung Instandhaltung ist die Sorge dafür, dass Schäden möglichst nicht auftreten. Hierzu gehört insbesondere die Wartung. Instandsetzung ist die Behebung eingetretener Schäden durch Reparatur oder notwendige Erneuerung bzw. Ersatzbeschaffung.1 Beide sind auf die ungestörte Gewährung des Mietgebrauchs ausgerichtet,

23

OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909: Instandhaltungsmaßnahmen sind Vorbeugungsmaßnahmen wie etwa Wartungsarbeiten und Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs, die erforderlich werden, um die durch gewöhnliche Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstandenen baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsmäßig zu beseitigen.2 Die Instandsetzung umfasst die Wiederherstellung des vertrags- und ordnungsmäßigen Zustandes der Mietsache, vor allem durch Reparatur von außergewöhnlichen Schäden oder durch die Erneuerung nicht mehr reparabler oder reparaturunwürdiger Teile und Einrichtungen.

Auch wenn beide Pflichten dem Vermieter nach § 535 BGB obliegen, ist die Unterscheidung wichtig für den Umfang der dem Mieter (häufig formularmäßig) übertragenen Pflichten, OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909: Auch wenn der Mieter individualvertraglich die Instandhaltung von „Dach und Fach“ übernommen hat, bleibt die Instandsetzung von Gebäudeteilen, die infolge von Alterung oder umweltbedingtem Verschleiß nicht mehr reparabel oder reparaturwürdig sind, Sache des Vermieters. Dies gilt insbesondere für eine notwendige Komplettsanierung des Daches.

Zur formularmäßigen Abwälzung der Instandsetzungspflicht von „Dach und Fach“ auf den Mieter sowie zur diesbezüglichen Beschränkung des Vermieters auf eben diese Pflicht s. Rn. II 182, 188.3 1 S. zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 220; Lammel Rn. 138; Staudinger/Emmerich Rn. 28; zur Abgrenzung der Begriffe auch Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 191. 2 Eine Komplettsanierung des Daches zählt nicht zur vertraglich vom Mieter übernommenen Instandhaltung. 3 S. dazu Joachim, „Dach und Fach – Klarheit oder Krach?!“ in FS Blank, 2006, S. 221 f.; Schlemminger/Tachezey NZM 2001, 416.

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24

Rn. VII 25

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

a) Der vertragsgemäße Zustand 25

Die Instandhaltungspflicht bezieht sich darauf, den vertragsgemäßen Zustand zu erhalten, die Instandsetzungspflicht darauf, diesen Zustand wiederherzustellen. Zentraler Begriff für den Pflichtenkreis des Vermieters ist daher der vertragsgemäße Zustand des Mietobjekts bei Beginn des Mietverhältnisses.1 Dieser kann von den Parteien vereinbart werden, und zwar auch schlüssig (Rn. VII 85).

26

Ausgangspunkt ist dafür zunächst der vereinbarte Vertragszweck. Für diesen müssen die Mieträume generell geeignet sein; denn der Mieter kann – für den Vermieter erkennbar – erwarten, dass ihm ein Objekt überlassen wird, das dem Standard entspricht, wie er für vergleichbare Objekte üblich ist. Hierbei sind Alter, Ausstattung und Art des Gebäudes, in dem sich die Mieträume befinden, maßgebend. Aber auch die Höhe der Miete soll berücksichtigt werden (KG WuM 1984, 42), BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807 für Anmietung einer unsanierten Altbauwohnung.

Ferner ist der dem Mieter bei Vertragsabschluss bekannte Zustand beachtlich, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56: Welcher Zustand der Mietsache vertragsgemäß ist, also welche Sollbeschaffenheit sie aufweisen muss, hängt von den getroffenen Vereinbarungen bzw. der Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB ab, wobei alle den Parteien erkennbaren Umstände mit zu berücksichtigen sind (BGH ZMR 1964, 79).

27

Haben die Parteien über den vertragsmäßigen Zustand keine Vereinbarung getroffen und ergibt sich eine solche auch nicht aus einem schlüssigen Verhalten oder unter Zugrundelegung einer Verkehrsübung (§ 157 BGB), so ist grundsätzlich derjenige Standard maßgebend, der bei Abschluss des Mietvertrages anerkannt war,2 BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582: In der Regel ist auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, wobei Veränderungen der Anschauungen oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Einzelfall zu einer Vertragsanpassung führen können; BayObLG – RE v. 4.8.1999 – MDR 1999, 1314 = NZM 1999, 899 = WuM 1999, 568 = ZMR 1999, 751: Soweit Abweichendes nicht vereinbart ist, können Ausgangspunkt für die Bewertung der Vertragsgemäßheit der Wohnung nur die bei Vertragsabschluss geltenden Standards sein; nur sie können die vom Mieter erwartete Soll-Beschaffenheit der Mietsache bestimmen und damit vom Vermieter geschuldet sein. Der von ihm geschuldete Leistungsstandard muss für ihn bestimmbar sein; OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – NZM 2002, 737 = ZMR 2002, 819: Die Frage, welcher Standard für den vertragsgemäßen Gebrauch geschuldet wird, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses;3

1 S. zu § 535 BGB: Lammel Rn. 131, 134; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 49. 2 Lames NZM 2007, 465: Technische Standards und Sollbeschaffenheit der Mietsache. 3 Zum Fall: Angesichts wiederholter Einbrüche verlangte der Mieter von Büroräumen verbesserte Sicherheitsvorkehrungen. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschl. v. 21.1.2004 (ZMR 2004, 632) zurückgewiesen.

890

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 29

OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439 bei Dachundichtigkeit: Ist keine ausdrückliche Regelung zum „Soll-Zustand“ getroffen, muss anhand von Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter auf Grund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann. Dabei ist die Verkehrsanschauung als Auslegungshilfe heranzuziehen. In der Regel ist auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, wobei Veränderungen der Anschauungen über den vertragsgemäßen Standard oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Einzelfall zu einer Vertragsanpassung führen können.

Das bezieht sich auch auf die Einhaltung der einschlägigen technischen Normen und Grenzwerte etwa für elektromagnetische Felder gemäß der 26. BImSchV, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 504 = WuM 2006, 304 = ZMR 2006, 670: Der Mieter von Wohnraum hat keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Unterlassung des Betriebs einer Mobilfunkanlage, wenn die Anlage die in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte für elektromagnetische Felder nicht überschreitet. S. aber auch OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.1.2007 – NZM 2007, 330: Wenn der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages auf die bauliche Gestaltung Einfluss genommen und spezielle Anforderungen für den Sonnenschutz der Fassade verlangt und erhalten hat. Dagegen bestehen Bedenken, s. dazu Rn. VII 206, VIII 73.

Hat der Mieter Kenntnis von der allgemeinen Beschaffenheit des Mietobjekts und dessen Baualtersklasse im Groben, so gilt jedoch im Wege der Vertragsauslegung der Standard, der für die Baualtersklasse maßgebend war, schlüssig als vertragsgemäß vereinbart. Hiervon kann nach der Verkehrsanschauung, die für die Auslegung heranzuziehen ist, ausgegangen werden.

28

Fehlt eine Beschaffenheitsvereinbarung, so ist die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet. Dabei ist ebenfalls nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – WuM 2004, 715 = NZM 2005, 60 = ZMR 2005, 108 für Schallschutz im Altbau, s. auch BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807 für knarrendes Parkett im nicht modernisierten Altbau, ebenso LG Berlin GE 2003, 1612; BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582,1 LG Karlsruhe DWW 2000, 426: Der Mieter einer Wohnung kann ohne ausdrückliche Vereinbarung nur erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Standard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht; dabei ist u.a. das Alter des Gebäudes zu berücksichtigen. So hat der Mieter gewisse Unzulänglichkeiten einer Altbauwohnung, die allgemein verbreitet sind, hinzunehmen. Zu diesen zählen auch Zuglufterscheinungen.

Eine Ausnahme hiervon besteht dann, wenn der Vermieter nach Abschluss des Mietvertrages bauliche Maßnahmen am Gebäude durchführt, die sich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume auswirken. Diese Maßnahmen müssen den technischen Anforderungen zur Zeit ihrer Vornahme entsprechen; es reicht also nicht, dass sie dem Standard der ursprünglichen Baualtersklasse genügen, 1 Zum Fall: veraltete Elektroinstallation in einem unsanierten DDR-Plattenbau, Baujahr 1971, wenn der Mietvertrag 1991 abgeschlossen worden ist.

891

29

Rn. VII 30

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

BGH – Urt. v. 6.10.2004 – WuM 2004, 715 = NZM 2005, 60 = ZMR 2005, 108: Nimmt der Vermieter bauliche Änderungen vor, die zu Lärmimmissionen führen können, so kann der Mieter erwarten, dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen.1

30

Auch ein objektiv schlechter Zustand des Mietobjekts kann als vertragsgemäß vereinbart werden (s. Rn. VII 85). Insbesondere in diesem Zusammenhang spielen Besichtklauseln eine Rolle. Werden Räume „wie besichtigt“ gemietet, nachdem sie zuvor besichtigt worden sind, so bedeutet das in der Regel, dass der bei Besichtigung der Räume ohne sachkundige Nachforschungen feststellbare Zustand als vertragsgemäß gilt und deshalb der Erfüllungsanspruch des Mieters auf Beseitigung sichtbarer Mängel jedenfalls so lange ausgeschlossen sein soll, als keine wesentliche Verschlechterung eintritt, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004. 56.

31

Formularmäßige Besichtklauseln verstoßen allerdings gegen § 309 Nr. 12b BGB,2 LG Freiburg WuM 2008, 334.3

Das Gleiche gilt für eine Formularklausel, gemäß der der Mieter mit der Übernahme der Mieträume anerkennt, dass diese sich in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand befinden (ausgenommen versteckte Mängel), OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.4

Zumindest sollen sich derartige Formularklauseln nur auf Gewährleistungsrechte, nicht aber auf den Erfüllungsanspruch beziehen, BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807 für die Klausel im Übergabeprotokoll „Übergabe wie besehen“.5

b) Gegenständlicher und zeitlicher Umfang 32

Die Instandhaltungs- und -setzungspflicht bezieht sich räumlich nicht nur auf das Mietobjekt, sondern auf alle Teile des Mietgrundstücks, die – sei es auch 1 Zum Fall: Wird ein älteres Wohnhaus (Baujahr vor 1918) nachträglich um ein weiteres Wohngeschoss aufgestockt, so entsteht an der Mietwohnung, die vor der Aufstockung im obersten Wohngeschoss gelegen war, ein Mangel, wenn die Trittschalldämmung der darüber errichteten Wohnung nicht den Anforderungen der im Zeitpunkt der Aufstockung geltenden DIN-Norm an normalen Trittschall genügt. 2 Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1294; s. auch Rn. II 255. 3 Zum Fall: Die Formularklausel lautete „Übernahme der Wohnung fachgerecht modernisiert gemäß Übergabeprotokoll.“ Im Übergabeprotokoll war vermerkt: „Der Zustand ist vertragsgemäß; es liegen keine Beanstandungen vor.“ 4 Zur Klausel: „Der Mieter übernimmt die Mieträume in dem vorhandenen und ihm bekannten Zustand nach eingehender Besichtigung als vertragsgemäß, insbesondere als in jeder Hinsicht bezugsfertig und unbeschädigt mit folgenden Ausnahmen ...“ 5 Zum Fall: Anspruch auf Stromversorgung in einer nicht sanierten Altbauwohnung.

892

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 33

nur mittelbar – dem Mietgebrauch unterliegen, z.B. Treppenhaus, Zuwege, Versorgungs- und Entsorgungsleitungen,1 BGH – Urt. v. 19.10.1966 – BB 1966, 1286 für Zuwege und Treppen, KG – Beschl. v. 19.12.1983 – WuM 1984, 42 für Flure und Treppen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.7.1998 – ZMR 1999, 26, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439 jeweils für Dachreparatur, AG Berlin-Köpenick NZM 2008, 643 für großflächig abfallenden Außenputz an der Fassade, auch wenn die Wärmedämmung nicht beeinträchtigt wird, AG Mainz WuM 1996, 701 für den vor dem Haus aufgestellten Briefkasten, AG Hamburg-Altona WuM 2008, 551 für altersbedingte Abnutzungserscheinungen des Badezimmers u.a. an Fliesen und Armaturen, auch soweit es sich überwiegend um optische Mängel handelt (Eindruck des Verbrauchtseins).

So kann der Mieter einen Anspruch auf Beseitigung von Graffitis an der Hausfront und im Eingangsbereich haben, was jedoch vom Zustand des Gebäudes bei der Anmietung sowie von der Art und Qualität der Wohngegend (Sozialstruktur und -milieu) abhängt,2 AG Hamburg WuM 2006, 244; AG Berlin Charlottenburg NZM 2007, 484, AG BerlinTempelhof-Kreuzberg NZM 2008, 481.

Der Anspruch auf Beseitigung besteht zugleich als Schutzanspruch unbedingt, wenn sich der Inhalt der Graffitis (oder Plakate oder Schmierereien) auf den Mieter oder auf die soziale Gruppe, der er angehört, bezieht (Ausländer, Asylbewerber), AG Schöneberg MM 1994, 211,

oder sonst anstößig oder diskriminierend ist. Die Verpflichtung des Vermieters bezieht sich jedoch nicht auf solche Gegenstände, die sich zwar im Mietgebäude befinden, jedoch dem Vermieter selbst nicht zugänglich sind, BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582 für vom Versorgungsunternehmen verplombte Stromzähleranlage.

Bei Vermietung einer Eigentumswohnung bezieht sich die mietvertragliche Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des Vermieters auch auf Teile des Gemeinschaftseigentums, soweit sich der Mietgebrauch auf sie erstreckt (s. auch Rn. VII 37).3 Der Anspruch des Mieters scheitert nicht etwa an einer rechtlichen Unmöglichkeit (so aber noch LG Berlin WuM 1988, 156), KG – RE v. 25.6.1990 – WuM 1990, 367 = ZMR 1990, 336: Der Mieter einer Eigentumswohnung hat gegen seinen Vermieter auch dann einen gerichtlich durchsetz1 S. zu § 535 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 14; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 64; Staudinger/Emmerich Rn. 31. 2 Ein Teil der Rspr. nennt als weitere Voraussetzung auch die Miethöhe. Das erscheint jedoch zweifelhaft; denn auch der Mieter, der eine niedrige Miete zahlt, hat Anspruch auf einen einwandfreien Zustand des Gebäudes. Allerdings kann ein niedriger Mietzins für einen einfachen Standard des Gebäudes und/oder für einen sozialen Brennpunkt sprechen, an dem Graffitis an der Tagesordnung sind und so den vertragsgemäßen Zustand indizieren. 3 Vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 60.

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33

Rn. VII 33a

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

baren Anspruch auf Mängelbeseitigung, wenn die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum der Wohnungseigentümer notwendig machen und – soweit erforderlich – ein zustimmender Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung noch nicht vorliegt; BGH – Urt. v. 20.7.2005 – WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 935, 936: Der Mieter einer Eigentumswohnung ist nicht daran gehindert, einen ihm gegenüber dem Vermieter zustehenden Instandsetzungsanspruch gerichtlich durchzusetzen, auch wenn es hinsichtlich der Instandsetzung noch an einem Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nach §§ 21, 23 WEG fehlt.

Zum geschuldeten Zustand bei Vermietung eines noch in der Planung befindlichen oder sonst noch nicht fertig gestellten Mietobjekts (Vermietung vom Reißbrett) s. Rn. VIII 16. 33a

Die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht bezieht sich grundsätzlich nicht auf Gegenstände, die der Mieter eingebaut oder von einem Vormieter übernommen hat. Befinden sich in der angemieteten Wohnung noch Installationsgegenstände, die ein Vormieter zurückgelassen hat und vom Mieter weder vom Vormieter übernommen noch ihm durch den Vermieter in eindeutiger Weise übereignet worden sind, so kann er davon ausgehen, dass sie Bestandteil des Mietobjekts sind. Formularklauseln, durch die dem Mieter derartige Gegenstände übertragen werden, sind wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn sie den Mieter nicht deutlich auf die mit der Übertragung verbundenen Risiken insbesondere zur Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Rückbaupflicht hinweisen. Jedenfalls sind sie überraschend, AG Landsberg/Lech WuM 2007, 12.1

Die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht trifft den Vermieter im Zweifel mangels abweichender Vereinbarung jedoch dann, wenn der Mieter sich zum Einbau oder zur Installation verpflichtet hat und ein Rückbau ausdrücklich oder schlüssig ausgeschlossen ist;2 denn in diesem Fall ist die Leistung des Mieters als Teil des Mietentgelts oder als verlorener Finanzierungsbeitrag zu werten. Dessen Leistungsinhalt ist mit der Erfüllung dem Vermieter zuzuordnen, sofern nicht eindeutig etwas anderes vereinbart ist. Ausgenommen hiervon ist die Beseitigung von Leistungsmängeln, die Sache des Mieters ist. 34

Die Pflicht des Vermieters besteht nach Ausspruch der Kündigung und Mietende fort, solange der Mieter dem Vermieter das Objekt vorenthält, be1 Zum Fall: Die Wohnung war bei Anmietung mit Ölöfen ausgestattet. Im Mietvertrag war folgende Klausel enthalten: „Die zur Beheizung notwendigen Öfen hat der Mieter selbst zu stellen. Eventuell in der Wohnung vorhandene Gegenstände werden dem Mieter ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Funktion zur Verfügung gestellt ... Falls der Mieter andere Gegenstände einbaut, kann die vorhandene alte Einrichtung vom Mieter entsorgt werden, wenn die neuen Möbel und Geräte in etwa dem Qualitätsstandard der vorhandenen entsprechen und in der Wohnung verbleiben.“ Der Mieter verlangte vom Vermieter eine Reparatur der Öfen, was dieser ablehnte. Die Klage des Mieters hatte Erfolg. 2 Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 194.

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Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 36

schränkt sich aber auf die Verkehrssicherungspflicht und die Abwehr von Gesundheitsschäden (s. Rn. XIII 95),1 LG Berlin MDR 1992, 478, LG Aachen MDR 1992, 578 jeweils zur Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden.

Ist das Mietverhältnis beendet und der Mieter aus den Mieträumen ausgezogen, so hat sich ein von ihm eingeleitetes Zwangsvollstreckungsverfahren wegen der Instandsetzung (s. dazu Rn. VII 105) erledigt, BGH – Beschl. v. 21.12.2004 – WuM 2005, 139.

Zieht der Mieter vorzeitig aus und nimmt der Vermieter noch während der Mietzeit Instandsetzungsarbeiten vor, so hat er keinen Anspruch auf Mietzahlung (§ 537 Abs. 2 BGB), LG Saarbrücken WuM 1979, 140.

Zum Instandsetzungsanspruch des Mieters bei Insolvenz des Vermieters s. Rn. VII 35. c) Gläubiger und Schuldner Bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite besteht eine gesamthänderische Gläubigergemeinschaft; jedoch kann jeder Mitmieter den Instandsetzungsanspruch als Leistung an alle Mitmieter geltend machen,

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LG Kassel WuM 1994, 534.

Handelt es sich um die Instandhaltung von Gemeinschaftsanlagen, die allen Mietern zugute kommt, so ist jeder einzelne Mieter im eigenen Namen anspruchsberechtigt,2 LG Berlin MM 1997, 191 = NZM 1998, 860.

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vermieters begründet der Anspruch des Mieters auf Herstellung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes der Mietsache unabhängig davon, ob der mangelhafte Zustand vor oder nach der Eröffnung des Verfahrens entstanden ist, bei fortdauerndem Mietverhältnis eine Masseschuld, für deren Erfüllung der Insolvenzverwalter zuständig ist, BGH – Urt. v. 3.4.2003 – ZMR 2003, 418.

Die Instandsetzungspflicht geht nach § 566 BGB auf den Erwerber über. Ist zwischen dem Mieter und dem Vermieter ein Rechtsstreit über die Instandsetzungspflicht anhängig, so soll der Vermieter trotz der Veräußerung während des Prozesses passivlegitimiert bleiben, LG Berlin ZMR 1993 S. I Nr. 3.

Befindet sich der Vermieter von Wohnraum dem Mieter gegenüber mit der Beseitigung des Mangels im Verzug, so wirkt im Fall der Grundstücksübereignung die einmal eingetretene Verzugslage nach dem Eigentumsübergang in 1 S. zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 220; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 87, 191. 2 Zum Fall: Klage auf Instandsetzung eines Kinderspielplatzes.

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Rn. VII 37

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

der Person des Erwerbers fort. Tritt der Schaden in diesem Fall nach dem Eigentumsübergang ein, so richten sich die Ansprüche des Mieters nicht gegen den Veräußerer, sondern gegen den Erwerber, BGH – Urt. v. 9.2.2005 – NZM 2005, 253 = WuM 2005, 201 = ZMR 2005, 354.

37

Bei Vermietung einer Eigentumswohnung gilt in Bezug auf die Instandsetzungspflicht am Gemeinschaftseigentum, das dem Mietgebrauch unterliegt (s. Rn. VII 33), Folgendes:1 Folgen Umwandlung und Veräußerung der Vermietung nach, so tritt nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft an die Stelle des bisherigen Vermieters (so aber noch KG – Beschl. v. 14.4.1993 – WM 1993, 423 = ZMR 1993, 380), sondern allein der Erwerber der Wohnung, BGH – Beschl. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = ZMR 1999, 546,2 KG – Urt. v. 3.12.1998 – GE 1999, 252: Nach Umwandlung in Wohnungseigentum und Veräußerung ist grundsätzlich nur der Eigentümer der Wohnung neuer Vermieter, der dem Mieter die Mitbenutzung zu ermöglichen hat.

38

Wird das Mietobjekt derart in Teil- bzw. Wohnungseigentum aufgeteilt, dass mehrere Personen an verschiedenen Räumen Sondereigentum erwerben, so wird das Mietverhältnis nicht aufgespalten (s. dazu Rn. I 187), sondern die Erwerber bilden eine Vermietergemeinschaft und haften gesamtschuldnerisch für die Instandhaltung und Instandsetzung des gesamten Mietobjekts und nicht nur hinsichtlich ihres erworbenen Sondereigentums, LG Hamburg NZM 2000, 656 = ZMR 1999, 765.

d) Inhalt der Verpflichtung 39

Inhalt und Umfang des Anspruchs auf Instandhaltung und Instandsetzung hängen vom Vertragszweck und damit vom Zustand des Mietobjekts bei Beginn des Mietverhältnisses ab: Durch diesen wird der vertragsgemäße Zustand festgeschrieben, sofern nichts anderes vereinbart wird oder der Mieter wegen etwaiger Mängel keinen Vorbehalt macht (s. Rn. VII 25, 28, 85), BGH – Urt. v. 20.1.1993 – NJW-RR 1993, 522 = WuM 1994, 201 für sanierungsbedürftiges Wohnhaus, BGH – Urt. v. 10.5.2006 – NZM 2006, 582: Haben die Parteien einen konkret gegebenen schlechten Bauzustand als vertragsgemäß vereinbart, so sind insoweit Erfüllungsund Gewährleistungsansprüche des Mieters ausgeschlossen; BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen): Erfüllungsansprüche sind nur dann ausgeschlossen, wenn die Mietvertragsparteien einen bestimmten, bei Überlassung vorhandenen (schlechten) Zustand der Mietsache konkret als vertragsgemäß vereinbart haben. Tz. 28: Der Schluss auf eine solche Vereinbarung wird häufig gerechtfertigt sein, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt; KG – Beschl. v. 19.12.1983 – WuM 1984, 42, LG Berlin GE 1994, 997 für Renovierungspflicht des Vermieters im Treppenhaus, 1 S. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 60 f. 2 S. dazu Riecke/Schütt WuM 1999, 499: Die Beseitigung der Umwandlungsfalle.

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Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 42

OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439 für Dachundichtigkeit, LG München I WM 1993, 736 für beschädigte Putzflächen im Treppenhaus, AG Berlin-Köpenick NZM 2008, 643 für großflächig abfallenden Außenputz, AG Hamburg WuM 2006, 244, AG Berlin-Charlottenburg NZM 2007, 484, AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg NZM 2008, 481 jeweils für Beseitigung von Graffitis.

aa) Herrichtungspflicht Der Vermieter ist verpflichtet, das Mietobjekt zum vertragsgemäßen Gebrauch herzurichten. Diese Pflicht kann sich auch erst im Verlaufe der Mietzeit ergeben. So hat der Vermieter, der Räume zum Betrieb eines Sonnenstudios vermietet hat, diese Räume so ausstatten, dass benachbarte Räume von der Hitzeentwicklung nicht beeinträchtigt werden,

40

OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.3.2001 – ZMR 2001, 706.

Übernimmt es der Vermieter, das Mietobjekt gemäß den Wünschen des Mieters herzurichten, so schafft er damit den „vertragsgemäßen Zustand“ mit der Folge, dass er grundsätzlich für die daraus sich ergebenden Mängel einstehen muss (s. Rn. VIII 393),

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BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 861 = WuM 2005, 712 für das Setzen einer Zwischenwand auf Wunsch des Mieters und einer dadurch verursachte Flächenabweichung, KG – Urt. v. 8.1.2001 – GE 2001, 620, anders OLG München – Urt. v. 19.4.1996 – ZMR 1996, 434 für den vom Mieter gewünschten Einbau einer Trennwand und hierdurch bedingte Feuchtigkeitsschäden.

Die Herrichtungspflicht kann vertraglich auf den Mieter übertragen werden. Anwendungsfall bei der Gewerberaummiete ist die Vermietung im ausbaufähigen Zustand und bei der Wohnraummiete die Übertragung der Anfangsrenovierung auf den Mieter (s. dazu Rn. IX 104). Grundsätzlich ist es Sache des Vermieters, eine unzulässige Nutzung durch Einreichung eines Antrags auf Genehmigung einer Nutzungsänderung legalisieren zu lassen, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, OLG Köln – Beschl. v. 10.11.1997 – WuM 1998, 152.

Das gilt aber nur, soweit die Unzulässigkeit ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst hat und nicht auf betriebsbezogenen Hinderungsgründen aus der Sphäre des Mieters beruht. Hat der Mieter nach dem Mietvertrag für eine solche Genehmigung zu sorgen, so muss das Objekt wenigstens genehmigungsfähig sein; von diesem Risiko kann sich der Vermieter nicht formularmäßig freizeichnen, BGH – Urt. v. 22.6.1988 – NJW 1988, 2664 = WuM 1988, 302, BGH – Urt. v. 24.10.2007 – ZMR 2008, 274 = MietRB 2008, 103 (Bieber), OLG Celle – Beschl. v. 1.6.1999 – MDR 1999, 1434, 1435, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.3.2006 – MDR 2006, 1277.

Zu entsprechenden Formularklauseln s. Rn. II 155, 156. 897

42

Rn. VII 43 43

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Wird dem Mieter einer im Umbau befindlichen Gaststätte die Übergabe in „konzessionsfähigem Zustand“ zugesagt, muss der Vermieter für die rechtzeitige Beschaffung der Nutzungsänderungsgenehmigung einstehen, um dem Mieter die vertragsgemäße Nutzung zu ermöglichen, KG – Urt. v. 7.6.1999 – NZM 2000, 461.

bb) Instandsetzungspflicht während der Mietzeit 44

Die Instandsetzungspflicht umfasst nicht nur die Verpflichtung zur Beseitigung eines ohne Verschulden des Mieters oder Untermieters in einem Mietraum eingetretenen Schadens (z.B. Heizungsrohrbruch), sondern darüber hinaus die Beseitigung der als Folgeschäden eingetretenen Beschädigungen (z.B. am Deckenanstrich und an den Tapeten), LG Duisburg ZMR 2003, 739 für Renovierungsschäden infolge von Fogging, wenn diese Erscheinungen nicht vom Mieter zu vertreten sind.

Ebenso wenig kommt es für die Verpflichtung des Vermieters darauf an, ob er den Schaden zu vertreten hat. So muss er auch Schäden beheben, die auf höherer Gewalt (z.B. in die Wohnung eingedrungenes Hochwasser)1 oder auf dem Verschulden Dritter beruhen (z.B. Brandstiftung durch Unbekannte), AG Siegburg WuM 2004, 233: Hat ein unbekannter Dritter das Schloss zur Wohnungseingangstür der Mietwohnung verklebt, so ist der Vermieter zur Instandsetzung verpflichtet. Der Mieter hat einen Anspruch auf Kostenersatz, wenn der Vermieter sich geweigert hat, das Schloss instandzusetzen,

oder auf vertragsgemäßem Gebrauch beruhen, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 für Fogging-Schäden.

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Auch muss der Vermieter im Nachhinein erkannte umweltbedingte Mängel beheben, soweit anderenfalls Gesundheitsschäden des Mieters zu befürchten sind (vgl. Rn. VII 71 f.). So ist er etwa gehalten, einen außenliegenden Sonnenschutz anzubringen, wenn in nach Süden belegenen gewerblichen Mieträumen ganzjährig zeitweise derart hohe Temperaturen auftreten, dass die Nutzung erheblich beeinträchtigt wird, OLG Köln – Urt. v. 28.11.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35, OLG Hamm – Urt. v. 28.2.2007 – MietRB 2007, 227 (Pfeifer): Der Vermieter eines gewerblichen Mietobjekts hat die bautechnischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass bei einer Außentemperatur bis zu 32° C die Innentemperatur regelmäßig 26° C nicht übersteigt und bei höheren Außentemperaturen regelmäßig mindestens 6° C unter der Außentemperatur liegt;2 s. auch AG Hamburg WuM 2006, 609.

Entsprechendes gilt für zu niedrige Temperaturen, KG – Urt. v. 28.4.2008 – DWW 2008, 342, 347 = InfoM 2008, 328: Bei einem Mietvertrag über ein Büro müssen innerhalb der Heizperiode die Anforderungen der Ar-

1 S. dazu Eisenschmid NZM 2002, 889: Mietverhältnisse nach der „Jahrhundertflut“ im Osten. 2 Zum Fall: Es wird auf die Arbeitsschutzrichtlinie 6.1.3 „Raumtemperaturen“ und DIN 1946 Teil 2 abgestellt; s. dazu auch Rn. VII 206.

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Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 46

beitsstättenVO erfüllt sein. Liegen die Temperaturen unter 20° C, ist der Mieter nach erfolglos gesetzter Abhilfefrist zur fristlosen Kündigung berechtigt.

Zur Gewährleistungspflicht des Vermieters: OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6.1998 – MDR 1998, 1217, 1218 = NZM 1998, 915 = ZMR 1998, 622; anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.1.2007 – NZM 2007, 330.1

Er ist ferner verpflichtet, die Ursache von Feuchtigkeitsschäden zu beseitigen, soweit sie auf konstruktiven Schwachstellen des Gebäudes (Wärmebrücken) beruhen, LG Flensburg WuM 1991, 582.

Das gilt auch für die nachhaltige Beseitigung von Schimmel, selbst wenn bei der Errichtung des Gebäudes die damals maßgeblichen bautechnischen Bestimmungen eingehalten worden sind, LG Berlin GE 2005, 489.

Zum Wechselbezug von Instandsetzungspflicht des Vermieters und Obhutspflicht des Mieters (Rn. VI 268, 273), s. LG Mannheim NZM 2007, 682 = ZMR 2007, 971: In bauphysikalischer Hinsicht müssen Mietwohnungen so beschaffen sein, dass sich bei einem Wandabstand von wenigen cm (unter 5 cm) Feuchtigkeitserscheinungen nicht bilden können. Der Wohnungsmieter ist mangels abweichender Vereinbarungen nicht gehalten, Möbel mit einem Mindestabstand von 5 cm zur Außenwand aufzustellen.

Ebenso verhält es sich mit der Beseitigung von durch Fogging entstandenen Schäden, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 = ZMR 2008, 869: Einen im Laufe des Mietverhältnisses auftretenden Mangel der Mietsache hat der Vermieter auch dann auf seine Kosten zu beseitigen, wenn die Mangelursache zwar der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist, der Mieter den Mangel aber nicht zu vertreten hat, weil er die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht überschritten hat.2

Jedoch bezieht sich die Instandsetzungspflicht grundsätzlich nicht auf Schäden, die der Mieter schuldhaft verursacht hat. Diese hat der Mieter im Wege des Schadensersatzes zu beseitigen, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – WuM 2008, 476, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56

bzw. für die erforderlichen Kosten aufzukommen. Bezüglich der Schäden am Briefkasten kann der Vermieter seiner Instandsetzungspflicht nicht dadurch ausweichen, dass er den Mieter auf eine Kleinreparaturklausel verweist, wenn der Briefkasten außerhalb der Wohnung angebracht ist, AG Osnabrück WuM 2000, 320. 1 Das Urteil ist zustimmend besprochen von Harms ZMR 2007, 433; Herrlein NZM 2007, 719; Hörndler MietRB 2007, 209, s. auch Rn. VII 206, VIII 73. 2 Zum Fall: Im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs, deren Folgen der Mieter nach § 538 BGB nicht zu vertreten hat, halten sich u.a. Ausstattung der Wohnung mit einem handelsüblichen Teppichboden, Streichen der Wände mit handelsüblichen Farben, das Reinigen der Fenster im Winter.

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Rn. VII 47

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Das gilt unbedingt für eine Vornahmeklausel und für eine Kostenklausel jedenfalls dann, wenn der Briefkasten außerhalb der Wohnung angebracht und somit auch dem Zugriff Dritter ausgesetzt ist. 47

Bezieht sich der zu beseitigende Mangel auf eine Gefahrenquelle, so kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, dass diese schon jahrelang seit Mietbeginn besteht, LG Berlin WuM 2005, 49 für schadhafte Treppenstufen im Hausflur mit Stolpergefahr.

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Grundsätzlich beschränkt sich die Instandsetzungspflicht des Vermieters darauf, den vertraglich geschuldeten Zustand wieder herzustellen, der vom tatsächlich vorhandenen Zustand – etwa durch Maßnahmen des Mieters – abweichen kann. Beispiel: Kommt es zu einer vom Vermieter nicht zu vertretenden Leckage oder einem entsprechenden Brandschaden, so braucht der Vermieter die Mietwohnung nicht mit den vom Mieter beschafften teuren Tapeten wieder herzurichten, sondern er schuldet nur den bei Vertragsabschluss als vertragsgemäß vorausgesetzten – möglicherweise einfachen – Zustand.

49

Ist der Vermieter wegen des zu beseitigenden Schadens dem Mieter jedoch nach § 536 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig, etwa weil es sich um einen anfänglichen Mangel handelt oder er die Schadensursache zu vertreten hat, so genügt es nicht, dass er nur den vertragsmäßig geschuldeten Zustand wiederherstellt (z.B. einfacher Wandanstrich im Bad), sondern er muss den vom Mieter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs geschaffenen Zustand (z.B. Tapezierung, Verfliesung im Bad) wiederherstellen, LG Berlin MM 1998, 256.

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Die Instandsetzungspflicht bezieht sich auch auf die Beseitigung von Verschmutzungen, da sie darauf ausgerichtet ist, den vertragsmäßigen Zustand wiederherzustellen. Das gilt etwa für die Beseitigung von Schmierereien beleidigenden Inhalts an der Hauswand, AG Schöneberg MM 1994, 211.

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Mieter einen uneingeschränkten Anspruch darauf hat, dass der Vermieter Graffitis oder sonstige Schmierereien am Gebäude oder im Treppenhaus beseitigen muss; vielmehr hängt der Anspruch des Mieters vom Zustand des Gebäudes bei Beginn des Mietverhältnisses, vom umgebenden Sozialmilieu sowie Zweck und Preis der Mieträume ab, AG Hamburg WuM 2006, 244 im Anschluss an KG – Beschl. v. 19.12.1983 – WuM 1984, 42, AG Berlin-Charlottenburg NZM 2007, 484, AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg NZM 2008, 481, wonach es auf die Miethöhe nicht ankommen soll.

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Zur Beseitigung von Wasserflecken nach einer vom Mieter nicht verschuldeten Leckage ist der Vermieter auch dann verpflichtet, wenn die vom Mieter durchzuführenden Schönheitsreparaturen bereits fällig sind, LG Berlin WuM 1989, 283, LG Mannheim ZMR 1993 S. XIV Nr. 8.

900

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 53

Das gilt jedoch nicht für die eigentlichen Schönheitsreparaturen, LG Aachen WuM 1991, 341, sofern keine Mehrkosten entstehen, AG Pinneberg ZMR 2004, 199: Befindet sich bei Eintritt eines bauseitigen Schadens die Dekoration in einem renovierungsbedürftigen Zustand, so ist zunächst der Vermieter verpflichtet, zur Renovierung geeignete Flächen herzustellen. Das gilt selbst dann, wenn diese Maßnahmen nach dem Mietvertrag Sache des Mieters sind. Waren die Flächen z.B. mit Raufasertapeten versehen, die ohne weiteres hätten überstrichen werden können und durch bauseitige Schäden zerstört wurden, so schuldet der Vermieter zunächst eine Neutapezierung; der Neuanstrich ist dann Sache des Mieters.

Lassen sich die Maßnahmen oder Kosten nicht trennen, so hat der Vermieter die für die Schadensbeseitigung erforderlichen Mehrkosten1 zu tragen. Der Vermieter ist zwar berechtigt, Art und Weise der Mängelbeseitigung zu bestimmen, jedoch ist er zur fachgerechten Durchführung der Instandsetzungsarbeiten verpflichtet. Muss er Feuchtigkeitsschäden in der Mietwohnung beseitigen, so muss er die Mängel dauerhaft beheben und darf sich nicht mit unzureichenden Malerarbeiten begnügen,

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OLG Frankfurt – Beschl. v. 8.2.19889 – DWW 1989, 360 = WuM 1989, 284.

Der Mieter muss sich nicht mit provisorischen Reparaturmaßnahmen begnügen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.9.2007 – GuT 2007, 363 = MietRB 2008, 72, 73 (Eupen) für wiederholt auftretende Dachundichtigkeiten.

Daher darf er z.B. Malerarbeiten ablehnen, wenn nicht sichergestellt ist, dass dadurch die Feuchtigkeitsschäden beseitigt würden, zumal schon wenige Jahre zuvor durchgeführte Malerarbeiten keine Abhilfe schafften, LG Hamburg WuM 1998, 690, AG Wetzlar WuM 2005, 715: Der Mieter kann die Arbeiten zur Mängelbeseitigung ablehnen, wenn der Vermieter sie durch eine nicht ausreichend qualifizierte Hilfskraft ausführen lassen will, deren Arbeit in der Vergangenheit schon mehrfach zu unakzeptablen Ergebnissen geführt hat.

Auch darf sich der Vermieter nicht auf Flickwerk beschränken.2 Er darf daher nicht nur die einzelnen schadhaften Stellen ausbessern lassen, wenn dadurch der ordnungsmäßige Eindruck des Raums oder sein Geltungswert (s. Rn. VIII 249) beeinträchtigt würde. So erfüllt er seine Instandsetzungspflicht nicht dadurch, dass er nach Sanierungsarbeiten nur eine Wand des Bades andersfarbig verfliest (türkis statt grau), AG Neukölln GE 1998, 360, AG Hamburg-Altona NZM 2007, 515: Die Erhaltungspflicht des Vermieters beschränkt sich bei Reparaturarbeiten nicht auf die technische Gebrauchsfähigkeit, sondern beinhaltet auch die Wahrung eines gewissen optischen Eindrucks.3 1 Z.B. für das Isolieren von Wandflächen. 2 Ebenso Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 237. 3 Zum Fall: Bei der Reparatur eines PVC-Fliesenbodens muss der Vermieter bei der Auswahl der Ersatzfliesen für eine möglichste Anpassung in Farbe und Struktur sorgen; der Mieter hat aber keinen Anspruch auf Austausch des gesamten Fußbodens.

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Rn. VII 54

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Allerdings ist die Opfergrenze nach § 275 Abs. 2 Satz 1 BGB (s. dazu auch Rn. VII 92) zu beachten. Das ist etwa für das Ausbessern von Fliesen nach einem Rohrbruch bejaht worden, AG Köln WM 1997, 41: Sind nach einem Wasserrohrbruch im Bad einzelne Fliesen zu ersetzen, die farblich identisch im Handel nicht mehr erhältlich sind, so kann sich der Vermieter darauf beschränken, die eine betroffene Wand vollständig neu zu verfliesen.

Schließlich darf die Instandsetzungsmaßnahme des Vermieters nicht zu einer dauernden (nachteiligen) Veränderung des Mietgebrauchs führen,1 LG Mannheim NZM 2007, 682 = ZMR 2007, 971.

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Außerdem kann der Mieter bei nur geringfügigen Schäden nicht die Instandsetzung des ganzen Zimmers verlangen, LG Berlin GW 1954, 44,

sofern nicht der Instandsetzungsanspruch ausnahmsweise gänzlich entfällt, LG Berlin MDR 1988, 779 = WuM 1988, 301 für Haarrisse an der Decke in einer Altbauwohnung.

54a

Die Instandsetzungspflicht kann zu einer Neuanschaffung führen, LG Nürnberg-Fürth WuM 1979, 14: Der Vermieter ist zur Neuanschaffung eines Boilers verpflichtet, wenn eine Reparatur des defekten Boilers nicht mehr möglich ist; LG Duisburg WuM 1989, 10 für Erneuerung eines 15 Jahre alten Teppichbodens, selbst wenn dieser stark verfleckt ist, ebenso AG Köln WuM 2000, 435 für 10 Jahre alte Auslegeware.

55

Der Anspruch des Mieters auf Instandsetzung wird grundsätzlich sofort fällig, sobald der Schaden entstanden ist und der Mieter den Schaden mitgeteilt hat, sofern er nicht dem Vermieter ohnehin bekannt ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.7.1998 – MDR 1999, 220 = ZMR 1999, 26: Im Falle einer aufgetretenen Dachundichtigkeit muss ein Vermieter unverzüglich Abhilfe schaffen, er darf nicht den Eintritt einer Trockenperiode abwarten.

Andererseits kann ein konkretes Sanierungsvorhaben des Vermieters berücksichtigt werden, sofern dieses in absehbarer Zeit realisiert wird und die Behebung des Schadens bis dahin aufgeschoben werden kann, ohne dass dem Mieter deswegen Nachteile drohen; dagegen kommt es für die Durchsetzung des Anspruchs nicht darauf an, wie häufig der Mieter die Räumlichkeiten nutzt, LG Bonn WuM 1989, 367.

56

Die Instandhaltungspflicht des Vermieters hat insbesondere vorbeugende Maßnahmen zum Inhalt, z.B. Maßnahmen gegen die Verschmutzung von Balkonen und Fenstersimsen durch Tauben zu treffen, etwa durch das Anbringen von Taubenschutzgittern. Das soll jedenfalls dann gelten, wenn die Beschaffenheit der Fassade für den Taubenbefall ursächlich ist (s. zur Wartung Rn. VII 78), BayObLG – Beschl. v. 26.6.1998 – NZM 1998, 713 = WuM 1998, 552 = ZMR 1998, 617. 1 Zum Fall: Bekämpfung von Feuchtigkeitsschäden in der Mietwohnung durch eine Innendämmung, so dass der Mieter einen Möbelabstand zur Wand von 10–15 cm einzuhalten hätte.

902

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 60

Der Anspruch des Mieters auf Instandhaltung und Instandsetzung verjährt auch während der Mietzeit in der Regelfrist von 3 Jahren nach § 195 BGB.1

57

e) Abgrenzung zur Umgestaltung und Modernisierung aa) Umgestaltung im Rahmen der Instandsetzung Grundsätzlich ist der Vermieter nicht berechtigt, im Zuge von Instandsetzungsmaßnahmen das Mietobjekt umzugestalten,

58

BGH – Beschl. v. 28.11.2007 – ZMR 2008, 117: keine Errichtung eines Staffelgeschosses auf einem vermieteten Reihenhaus mit Terrasse, LG Berlin NZM 2001, 986: kein Austausch des Parkettbodens durch einen Teppichboden, keine Entfernung von Stuckdecken, aber Ersatz von Fliesen auf dem Balkon durch einen gestrichenen Estrich; s. auch LG Mannheim NZM 2007, 682 = ZMR 2007, 971: Der Mieter braucht eine Innendämmung, die zur Bekämpfung von Außenfeuchtigkeit angebracht werden soll, nicht zu dulden, wenn die Maßnahme zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung durch dauernde Verringerung der Stellfläche führen würde.

Auch darf der Vermieter einer anstehenden Sanierung des Terrassenbelages nicht dadurch zuvorkommen, dass er die Terrasse gegen den Willen des Mieters überdacht; der Mieter kann vielmehr die Entfernung des Plastikdaches verlangen, LG Gießen MDR 1996, 790 = WuM 1998, 278.

Verlangt der Mieter die Instandsetzung der Nachtspeicherheizung, so ist der Vermieter nicht berechtigt, die Beheizungsart in der Weise zu ändern, dass er die Wohnung an die Gaszentralheizungsanlage im Haus anschließt; eine wichtige Ausnahme hiervon besteht aber, wenn die Maßnahme der Energieeinsparung oder Modernisierung i.S. von § 554 Abs. 2 BGB dient,

59

LG Hamburg WuM 1998, 279 (ZK 7).

Ebenso wenig ist der Vermieter berechtigt, bei Schäden an der Gasleitung die Gasetagenheizung in der Wohnung des Mieters an die Gaszentralheizung anzuschließen und den Gasherd gegen einen Elektroherd auszutauschen; anders könnte es sich verhalten, wenn die Opfergrenze überschritten werden würde, was er darzulegen hätte, LG Berlin GE 1997, 185, LG Berlin MM 1998, 308 = WuM 1998, 481; anders LG Hannover WuM 1991, 478 = ZMR 1991, 482: Der Vermieter ist berechtigt, verstärkte elektrische Leitungen in die Küche des Mieters zu verlegen, anstatt die defekte Gasleitung zu reparieren.2

Eine Formularklausel, die ihm eine solche Umgestaltung gestattet, ist unwirksam, LG Berlin GE 1997, 185.

1 Lehmann-Richter NJW 2008, 1196. 2 So aber auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 57.

903

60

Rn. VII 61

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

bb) Abgrenzung zur Modernisierung 61

Der in § 4 Abs. 1 ModEnG formulierte Modernisierungsbegriff enthält trotz Aufhebung des Gesetzes1 Kriterien, die dienlich dafür sind, eine Modernisierung von einer Instandsetzung abzugrenzen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – NZM 2002, 737 = ZMR 2002, 819: Der inzwischen aufgehobene § 4 ModEnG kann (auch bei der Gewerberaummiete) für die Abgrenzung von Instandsetzungs- und Verbesserungsmaßnahmen weiter herangezogen werden.

Die Verklinkerung der vorher verputzten Gebäudeaußenwand unter Einbringung einer Wärmedämmung dient der Energieeinsparung auch dann, wenn weitere Energiesparmaßnahmen – etwa der Einbau wärmedämmender Fenster – unterbleiben, LG Paderborn WuM 1993, 360.

Einbruchshemmende Maßnahmen könnten zwar zur Instandhaltungspflicht des Vermieters gerechnet werden, zählen aber zur Modernisierung, AG Magdeburg WuM 1996, 229, s. auch § 4 Abs. 1 Nr. 8 ModEnG.

62

Im Austausch alter Teile gegen neue – z.B. Waschbecken, Badewanne, WCBecken, Wasserhähne – liegt keine Modernisierung, und zwar selbst bei einer heute üblichen Funktionsverbesserung (z.B. Einhandmischbatterie) nicht. Jedenfalls fehlt es an der Nachhaltigkeit, LG Berlin ZMR 1995 S. XI Nr. 17, AG Hamburg-Altona WuM 2008, 551; differenzierend AG Gelsenkirchen NZM 1999, 801: keine Modernisierung wegen der Sanitärteile, Modernisierung bei Ersatz des Ölanstrichs und des PVC-Bodens durch Fliesen.

Das Gleiche gilt für bloßes Überfliesen bei schon vorhandener, aber schadhafter Verfliesung in Küche oder Bad oder die Verwendung besseren Materials anlässlich einer Reparatur. Anders verhält es sich, wenn ein Fliesenschild durch eine Vollverfliesung ersetzt wird. 63

Ein Anspruch des Mieters auf Modernisierung durch den Vermieter wird verneint, da der Mieter nur den Anspruch auf Erhaltung, nicht aber auf Verbesserung des bei der Übergabe der Mietsache als vertragsgemäß akzeptierten Zustandes der Mieträume hat, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56, s. auch BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807: Der Vermieter ist zu einer allgemeinen Modernisierung der Wohnung auf den jeweils neuesten Standard nicht verpflichtet; BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108: Nimmt der Vermieter bauliche Änderungen vor, die zu Lärmimmissionen führen können, so kann der Mieter erwarten, dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen. Im Übrigen trifft den Vermieter keine Pflicht zur Modernisierung.

1 Art. 4 des Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts v. 13.9.2001 – BGBl. I 993, 994.

904

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 66

Es lässt sich auch nicht aus dem Gebot der Wirtschaftlichkeit ableiten, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 15 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 zur Modernisierung einer alten, die Wärmeversorgung jedoch noch sicherstellenden Heizungsanlage.

f) Pflicht zur Nachrüstung Für die Frage, ob der Vermieter zur Nachrüstung verpflichtet ist, kommt es darauf an, welcher Baustandard als vertragsgemäß gilt. Ist es derjenige, der bei Vertragsabschluss maßgebend war oder sogar derjenige bei Errichtung des Gebäudes (s. dazu Rn. VII 25, 85), so muss ein Nachrüstungsanspruch des Mieters zum Zwecke der Anpassung an modernere Standards im Allgemeinen verneint werden.1 Als Begründung hierfür wird angeführt, dass dann, wenn jede nachträglich mögliche Verbesserung der Ausstattung eines Gebäudes zum Nachteil des Vermieters den von ihm zu gewährleistenden vertragsgemäßen Gebrauch verändern würde, dies zum einen zu einer uferlosen Ausdehnung des Fehlerbegriffs führen würde und zum anderen den Vermieter entgegen der in § 554 Abs. 1, 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Unterscheidung zwischen Instandsetzung und Modernisierung verpflichten würde, sein Mietobjekt fortlaufend auf dem neuesten technischen Stand zu halten,

64

OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – NZM 2002, 737 = ZMR 2002, 819.

Bei dieser Bewertung wird vornehmlich auf den technischen Zustand der Mieträume abgestellt,

65

LG Berlin ZMR 2000, 532: Eine Wohnung ist grundsätzlich dann nicht mangelhaft, wenn zwar die bei ihrer Errichtung geltenden Normen eingehalten worden sind (Schallschutz), die nunmehr geltenden Normen jedoch höhere Anforderungen stellen, die nicht mehr eingehalten werden.

Eine Nachrüstungspflicht des Vermieters ist danach in folgenden Fällen abgelehnt worden:2 – für Gemeinschaftsantenne: AG Köln WM 1980, 125: Im Rahmen der Instandsetzungspflicht ist der Vermieter nicht gehalten, Einrichtungsgegenstände auf dem neuesten Stand der Technik zu halten. Eine nicht ordnungsmäßige Gemeinschaftsantenne bewirkt keine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung;

– für Wärmedämmung: LG München I WM 1988, 352, ZMR 1987, 468: Der Mieter hat keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter das Bauwerk dem jeweils optimalen Standard anpasst;

– für Fenster, die der WärmeschutzV nicht mehr entsprechen: LG Köln WuM 1990, 424, 1 S. zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 250; Lammel Rn. 157; Schmidt-Futterer/ Eisenschmid BGB § 536 Rn. 34; eingehend Lames, Technische Standards und Sollbeschaffenheit der Mietsache, NZM 2007, 465. 2 Zur Anpassung an übliche Wohnstandards s. Börstinghaus NZM 2005, 561; Lames NZM 2007, 465.

905

66

Rn. VII 67

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

– für veraltete Heizungsanlage: BGH – Urt. v. 31.10.2007 – WuM 2007, 700 keine Pflicht zur Modernisierung einer alten, die Wärmeversorgung jedoch noch sicherstellenden Heizungsanlage;

– für Treppengeländer: LG Hamburg ZMR 1999, 404: Der Vermieter ist nicht verpflichtet, eine Wendeltreppe in einem Altbau mit einem 2. Handlauf nachzurüsten, wenn solche bauordnungsrechtlichen Anforderungen bei Errichtung des Gebäudes nicht bestanden, sondern erst später aufgestellt wurden, das Gebäude zwischenzeitlich nicht total saniert wurde und es in der Vergangenheit keine Gefährdungslage gab;

– für Verbesserung des Schallschutzes: LG Berlin ZMR 2000, 532; anders LG Berlin MM 1994, 281, wenn die Wand zur Nachbarwohnung extrem dünn ist und es nicht nur darum geht, die neuen Schallschutzvorschriften einzuhalten;

– für Anpassung des Trittschalls an aktuelle technische Normen:1 LG Berlin GE 2003, 1612,

– für Sicherheitsstandards gegen Einbruch bei Büroräumen: OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – GE 2002, 1058 = NZM 2002, 737 = ZMR 2002, 819.

67

Eine Pflicht zur Nachrüstung ist ausnahmsweise bejaht worden, wenn eine angemietete Altbauwohnung einen Mindeststandard, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht, nicht gegeben ist und die Parteien diesen „Substandard“ nicht ausdrücklich als vertragsgemäß vereinbart haben (s. dazu Rn. VII 85).2 BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807: Der Mieter einer nicht modernisierten Altbauwohnung kann mangels abweichender Vereinbarung jedenfalls einen Mindeststandard erwarten, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht und den Einsatz der für die Haushaltsführung allgemein üblichen elektrischen Geräte erlaubt. Aus den Gründen: Auch wenn der Vermieter zu einer allgemeinen Modernisierung der Wohnung auf den jeweils neuesten Standard nicht verpflichtet ist, kann der Mieter angesichts des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts grundsätzlich erwarten, dass der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung jedenfalls eine solche Lebensweise zulässt, die seit Jahrzehnten üblich ist und dem allgemeinen Lebensstandard entspricht. Hierzu gehört die Bereitstellung einer Stromversorgung, die einen Betrieb der gewöhnlichen Haushaltsgeräte ermöglicht. Eine derartige Ausstattung wird unabhängig vom Baualter des Gebäudes oder einer Modernisierung der Wohnung allgemein erwartet, so dass zumindest ein größeres Haushaltsgerät und gleichzeitig weitere übliche Haushaltsgeräte wie etwa ein Staubsauger in der Wohnung benutzt werden können. Dazu zählt auch die Steckdose im Badezimmer.

68

Bei Anmietung einer nicht als saniert oder modernisiert angebotenen Altbauwohnung muss der Mieter mit knarrendem Parkett rechnen, solange sich die 1 Zum Fall: Mietvertrag über eine Altbauwohnung mit Holzdielenboden. Der Mieter der darüber liegenden Wohnung hatte über den Fußboden seiner Wohnung Textilware verlegt, dessen Nachmieter verlegte Laminat. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 33; s. auch Börstinghaus NZM 2005, 561 zu den verschiedenen Wohnungsbeständen.

906

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 70

Geräusche im üblichen zu erwartenden Umfang halten (BGH a.a.O.). Das Gleiche gilt für leicht zugige Fenster (LG Karlsruhe DWW 2005, 426). Der Entscheidung des BGH v. 26.7.2004 ist zuzustimmen. Dogmatische Grundlage für sie ist der vereinbarte und damit vertragsgemäße Zustand. Da seine Aufrechterhaltung zum Pflichtenkreis des Vermieters zählt, ist die Veraltung infolge der sozialen und technischen Weiterentwicklung der Risikosphäre des Vermieters zuzurechnen.1 Daran ändert nichts, dass hieraus erst dann Handlungspflichten folgen, wenn die Erheblichkeitsgrenze überschritten ist. Der Entscheidung wohnt eine Eigendynamik inne, deren Verlauf sich nur schwer abschätzen lässt; denn danach sind für den Mindeststandard nicht die bauordnungsrechtlichen Anforderungen, sondern die Anschauungen des Verkehrs maßgebend. Diese sind jedoch einem (oft schleichenden) Wandel unterworfen. Anforderungen, die heute an die elektrische Grundversorgung gestellt werden, können morgen an die Wärme- oder die Trittschalldämmung oder an die sanitären Verhältnisse gestellt werden. Begreift man die Anpassung an den Mindeststandard als Verpflichtung des Vermieters zur Gebrauchsgewähr, so kann er seine Investitionen nicht durch einen „Modernisierungszuschlag“ nach § 559 BGB, sondern allenfalls über eine Mieterhöhung gemäß § 558 BGB kompensieren.2 Die vom BGH aufgezeigte Möglichkeit, den Sub-Standard als vertragsgemäß zu vereinbaren, ermöglicht es dem Vermieter zwar, die Wohnung unter den Voraussetzungen des § 554 BGB und den Folgen des § 559 BGB zu modernisieren, dokumentiert jedoch bis dahin die Minderqualität des Mietobjekts, was sich auf die Mietgestaltung und die Möglichkeit von Mieterhöhungen nach § 558 BGB auswirken kann.

69

Bereits vor der Entscheidung des BGH v. 26.7.2004 ist ein Nachrüstungsanspruch wegen veränderten Wohnstandards in der Rspr. vereinzelt anerkannt worden. So hat das AG Schöneberg WuM 1992, 113 mit ausführlicher Begründung für den Modernisierungsanspruch des Mieters folgende (nicht abschließende) Voraussetzungen aufgestellt:3

70

– Seit Abschluss des Mietvertrages ist eine erhebliche Zeit verstrichen. – Es haben sich seitdem die tatsächlichen Verhältnisse im Durchschnitt vergleichbarer Haushalte – nicht unterster Standard – geändert. – Es kann nicht durch andere, den Vermieter stärker schonende Mittel in geeigneter Weise Abhilfe geschaffen werden. – Die Modernisierung muss dem Vermieter (auch wirtschaftlich) zuzumuten sein. Das wird dann zu bejahen sein, wenn der Mieter sich bereit erklärt hat, einen Mietzuschlag zu zahlen, der dem Wertverbesserungsvorschlag in § 559 BGB entspricht, 1 Anders insoweit Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 251. 2 Anders Schläger ZMR 2004, 810, 811. 3 Zum Fall: völlig unzureichende Absicherung der Stromversorgung der Wohnung mit 6 Amp.

907

Rn. VII 71

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

AG Tostedt WuM 2003, 320: Der Mieter kann einen Anspruch auf Modernisierung der Beheizbarkeit und der Warmwasserversorgung der Wohnung haben, wenn heutige Grundstandards (ausreichende Beheizung) nicht vorhanden sind, vom Vermieter in Aussicht gestellt sind und der Mieter immer wieder vertröstet worden ist. Grundsätzlich besteht zwar kein Modernisierungsanspruch des Mieters; im vorliegenden Fall ist eine Ausnahme geboten, zumal der Mieter bereit ist, eine höhere Miete zu zahlen.

71

Eine Pflicht des Vermieters zur Nachrüstung ist insbesondere anerkannt, wenn wohnbezogene technische oder medizinische Normen geändert werden, die die sonst drohende Gesundheitsgefährdung der Bewohner verhindern sollen, BVerfG – Beschl. v. 4.8.1998 – NZM 1999, 302 = WuM 1998, 657 = ZMR 1998, 687.1

Dies ist etwa durch die Verschärfung der Grenzwerte für den Bleigehalt im Trinkwasser durch die TrinkwasserVO v. 21.5.2001 mit Wirkung ab 1.1.2003 aktuell geworden.2 In derartigen Fällen sind grundsätzlich diejenigen Standards maßgeblich, die in dem Zeitpunkt gegolten haben oder gelten, der für die jeweilige Rechtsfolge maßgeblich ist, BayObLG – RE v. 4.8.1999 – MDR 1999, 1314 = NZM 1999, 899 = WuM 1999, 568 = ZMR 1999, 751: Soweit Abweichendes nicht vereinbart ist, können Ausgangspunkt für die Bewertung der Vertragsgemäßheit der Wohnung (hier: der gesundheitlichen Unbedenklichkeit) nur die bei Vertragsabschluss geltenden Standards sein; nur sie können die vom Mieter erwartete Soll-Beschaffenheit der Mietsache bestimmen und damit vom Vermieter geschuldet sein. Der von ihm geschuldete Leistungsstandard muss für ihn bestimmbar sein.

72

Eine Nachrüstungspflicht des Vermieters ist deshalb zu bejahen, wenn sich eine objektiv von vornherein gegebene Gesundheitsgefährdung erst durch spätere wissenschaftliche Erkenntnisse offenbart, etwa von der Schädlichkeit bestimmter Materialien wie PCB in Holzschutzanstrichen, Asbest in Wandplatten oder Formaldehyd in Spanplatten, BayObLG – RE v. 4.8.1999 – NZM 1999, 899 = WuM 1999, 568 = ZMR 1999, 751: Führen im Verlauf des Mietverhältnisses neue Einsichten in die gesundheitsgefährdende Wirkung bestimmter Baustoffe zu verschärften wissenschaftlich-technischen Standards, bringen diese eine Änderung der vertraglichen Soll-Beschaffenheit der Mietsache mit sich, weil die Vertragsparteien regelmäßig von der Fortdauer der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Wohnung ausgehen. Der Vermieter hat dann jeweils die Beschaffenheit der Mietsache herbeizuführen, die als Vorsorge gegen Gefahren für die Gesundheit der Bewohner der Mietsache nach dem aktuellen Standard erforderlich ist. Fehlerhaftigkeit der Mietsache tritt erst ein, wenn der Vermieter nach Bekanntwerden der entsprechend verschärften Standards gleichwohl nicht die Ursachen der Gefährdung beseitigt:3 1 S. dazu auch Asper NZM 1999, 690; ferner Eisenschmid PiG 31 (1989) S. 53: Schädliche Stoffe und Umweltbelastung; Eisenschmid WuM 1989, 357. 2 S. dazu Blümmel/Schach GE 2003, 25; Eisenschmid PiG 67 (2003) S. 49 f., 53. 3 Zum Fall: Bei Vertragsabschluss im Jahre 1979 lag der zulässige Grenzwert für eine PCP-Belastung bei 60 mg/cbm Raumluft, festgestellt wurde „nur“ eine Belastung des Mietobjekts mit 4,5 mg. Nachdem 1989 der Grenzwert auf 1mg abgesenkt worden war, betrug die Belastung immer noch 1,114 mg/cbm Raumluft.

908

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 74

– für Asbestentfernung:1 LG Berlin WM 1999, 35: Der Mieter hat einen Anspruch darauf, dass asbesthaltige Nachtspeicheröfen, die Asbest absondern, aus der Wohnung entfernt und durch asbestfreie Öfen ersetzt werden. Die Geringfügigkeit des Mangels i.S. von § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. (jetzt § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB) schließt den Instandsetzungsanspruch nicht aus; ebenso AG Hamburg ZMR 1994 S. X Nr. 7,

– für bleihaltiges Trinkwasser: OLG Köln – Urt. v. 30.4.1991 – ZMR 1992, 155 für Büroräume, LG Frankfurt a.M. ZMR 1990, 17, LG Hamburg NJW 1991, 1898 = WuM 1991, 161, WuM 1992, 11 = ZMR 1992, 26 jeweils für Wohnungen,

– für PER-Belastung: LG Hannover WuM 1990, 337,

– für Formaldehydausgasungen: OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.10.1990 – NJW-RR 1991, 1495, LG München I WuM 1991, 584.

Voraussetzung ist, dass eine Gesundheitsgefährdung im Sinne einer konkreten Gefahrverwirklichung2 festgestellt wird. Nicht ausreichend ist, dass sich eine Gesundheitsgefährdung durch den Zustand der Mietsache nicht ausschließen lässt,

73

AG Bonn WuM 1991, 543, wenn Asbestfasern in der Raumluft praktisch nicht mehr nachgewiesen werden können.

Das erhärtet die Bedeutung von Grenzwerten, während Vorsorgewerten nur Indizfunktion beizumessen ist, die erst bei Hinzutreten weiterer Umstände in die Richtung einer Gesundheitsgefährdung weisen.3 Ein weiteres Problem besteht in diesem Zusammenhang darin, den Zeitpunkt der Mangelhaftigkeit zu bestimmen. Aus dem Begriff des anfänglichen Mangels lässt sich ableiten, dass es auf den objektiven Befund und nicht auf die Erkenntnis vom Gefährdungspotential ankommt. In diese Richtung weist die Entscheidung des BVerfG – Beschl. v. 4.8.1998 – NZM 1999, 302 = WuM 1998, 657 = ZMR 1998, 687:4 Es spricht vieles dafür, das – unveränderte – Fehlen der gesundheitlichen Unbedenklichkeit als Mangel zu verstehen und einen solchen nicht nur in der Abweichung von Standards zu sehen, die nach heutigem Erkenntnisstand verfehlt sind und den Vertragspartnern in der Regel ohnehin unbekannt waren. Es liegt nahe, dass eine Veränderung der Anschauungen, insbesondere in Bezug auf Gesundheitsrisiken, ein Mietverhältnis nicht völlig unberührt lassen kann. Auch der Wortlaut des § 537 BGB a.F. spricht dafür, gesundheitsmindernde Umstände, die schon anfänglich vorhanden waren, zumindest ab ihrem Bekanntwerden zu berücksichtigen. 1 Zu den Gefahren von Asbest in Nachtspeicheröfen älterer Bauart: OVG Hamburg WuM 1991, 540 = ZMR 1991, 408; Halstenberg WuM 1993, 155; Isenmann DWW 1994, 197. 2 S. zu diesem Begriff OLG Hamm – Beschl. v. 25.3.1987 – WuM 1987, 248 = ZMR 1987, 266. 3 Eisenschmid, Sind Grenzwerte Vertrauenssache? ..., in FS Derleder, 2005, S. 239, 248. 4 S. dazu Asper NZM 1999, 690.

909

74

Rn. VII 75

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

75

Auf diese Minimalanforderung für den Zeitpunkt der Mangelhaftigkeit, dass die Gesundheitsrisiken bei Verwendung von schädlichen Materialien bekannt werden, hat das BayObLG in seinem Rechtsentscheid v. 4.8.1999 (NZM 1999, 899 = WuM 1999, 568 = ZMR 1999, 751) abgestellt. Danach ist der Zeitpunkt der wissenschaftlichen Erkenntnis und deren Bekanntwerden in den einschlägigen Verkehrskreisen maßgebend. Hierbei werden indes die Haftungsvoraussetzungen und die Haftungsfolgen nicht hinreichend unterschieden, sondern vermengt. Sicherlich ist der Vermieter nicht für die Risiken aus Umweltgefährdungen von Baustoffen u.Ä. im Sinne eines Schuldvorwurfs verantwortlich zu machen. Indes geht es zunächst nur darum zu bestimmen, in wessen Risikosphäre eine derartige Gefährdung fällt. Dies kann nur derjenige sein, der die umweltbelastete Sache verwendet und in den Verkehr bringt, mithin der Vermieter. Die Folge hieraus ist der Erfüllungsanspruch und die gesetzliche Garantiehaftung. Letztere mag einerseits als Fremdkörper im Haftungsrecht empfunden werden, ist aber andererseits abdingbar (s. Rn. II 160, VIII 438).

76

Aus einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Nachrüstung ergeben sich hierauf gerichtete Ansprüche des Mieters nur, wenn das Mietobjekt ohne die vorgeschriebene Nachrüstung mangelhaft sein würde. Das gilt insbesondere, wenn die öffentlich-rechtliche Pflicht dazu dient, Gefahren vorzubeugen, z.B. was den Einbau von Sicherheitstüren in Aufzügen, Grenzwertgebern1 oder Rauchmeldern anbelangt. Soweit sie vorgeschrieben sind, handelt es sich um Maßnahmen i.S. von §§ 554, 559 BGB (s. dazu Rn. VII 340), s. AG Lübeck ZMR 2008, 302, AG Hamburg-Wandsbek ZMR 2009, 47 für Rauchmelder.

77

Ausnahmen hiervon sollen bezüglich solcher öffentlich-rechtlicher Ausrüstungsgebote bestehen, die der Energieeinsparung dienen wie die Nachrüstungspflicht für Heizungsanlagen und Wärmedämmung in § 9 Abs. 1–3 EnEV 2004, § 10 Abs. 1 EnEV 2007. Sie sollen in unmittelbare mietrechtliche Leistungspflichten des Vermieters umschlagen,2 s. AG Gelsenkirchen WuM 1993, 735 für Ausstattung der Heizungsanlage mit Thermostatventilen auf Grund der öffentlich-rechtlichen Ausstattungspflicht des Vermieters nach § 2 Abs. 5 HeizungsanlagenV.3

Dagegen bestehen Bedenken, solange der Vermieter die vertragsgemäße Wärmemenge – sei es auch nicht energieeinsparend und damit unwirtschaftlich – vorhält. Die Unwirtschaftlichkeit kann nämlich – sofern die vertraglich geschuldete Leistung wenn auch zu höheren Kosten erbracht wird – nur im Rahmen der Betriebs- bzw. Heizkostenabrechnung gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB geltend gemacht werden.4 1 Zum Einbau von Rauchmeldern s. Schumacher NZM 2005, 641; Schickedanz ZMR 2007, 669. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 114; wohl auch Blank/Börstinghaus Rn. 247; Börstinghaus NZM 2005, 561, 565 zur Wärmedämmung. 3 Die HeizungsanlagenV ist durch § 20 EnEV 2004 mit Wirkung zum 1.2.2002 außer Kraft gesetzt worden. 4 S. dazu Kinne ZMR 2004, 397.

910

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 80a

g) Überprüfung und Wartung Zur Instandhaltungspflicht des Vermieters rechnet auch die regelmäßige Überprüfung und Wartung.1 Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass der Vermieter berechtigt ist, die Mieträume im Abstand von zwei Jahren zu betreten, um sie zu überprüfen, sofern nicht ein konkreter Anlass eine frühere Überprüfung erforderlich macht oder die Vertragsparteien etwas anderes vereinbart haben (s. Rn. VII 185).

78

Die Einhaltung eines Wartungsturnus ist insbesondere wichtig, soweit Wartungsmaßnahmen durch behördliche oder technische Vorschriften vorgegeben sind. Die bisherige Rspr. ging davon aus, dass der Vermieter von Gewerberaum die elektrischen Anlagen des vermieteten Gebäudes nach Maßgabe der anerkannten Regeln der Technik, den VDE-Bestimmungen und den wegen der Prüffristen einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (VGB 4) regelmäßig überprüfen müsse. Anderenfalls werde bei einem Kabelbrand vermutet, dass der Schaden hätte vermieden werden können,

79

OLG Saarbrücken – Urt. v. 4.6.1993 – NJW 1993, 3077.

Auch für den ordnungsmäßigen Zustand eines elektrischen Sicherungskastens und der elektrischen Leitungen ist der Vermieter für verantwortlich gehalten worden, sofern nichts anderes zwischen den Parteien vereinbart worden ist,

80

OLG München – Urt. v. 15.1.1997 – NJW-RR 1997, 1031: Der Sicherungskasten in der Mietwohnung muss vom Vermieter gewartet werden. Davon ausgehende Gefahren fallen in seinen Risikobereich; im Schadensfall (hier: Wohnungsbrand) muss der Vermieter diese Gefahrenquelle als mögliche Brandursache ausschließen.

Die Überprüfung der elektrischen Anlagen und Betriebsmittel muss mindestens alle 4 Jahre erfolgen; Schutzeinrichtungen gegen Fehlerstrom und Fehlerspannungen sogar alle 6 Monate, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.12.1999 – WuM 2000, 629 = ZMR 2000, 377.2

Der BGH hat diesen Pflichtenkreis jedenfalls für die Wohnraummiete erheblich eingeschränkt: Der Vermieter soll nicht verpflichtet sein, ohne besonderen Anlass eine regelmäßige Generalinspektion der Elektroleitungen und -anlagen in den Wohnungen seiner Mieter vorzunehmen, BGH – Urt. v. 15.10.2008 – NZM 2008, 927 = WuM 2008, 719 Tz. 18: Eine nach sachkundigem Urteil nahe liegende Gefahr für Rechtsgüter anderer sei bei ordnungsmäßig installierten Leitungen und Anlagen im privaten Wohnbereich nicht ohne weiteres zu bejahen.

Eine Überprüfungspflicht scheidet aus für die auch dem Vermieter nicht zugängliche, da verplombte Zähleranlage für elektrische Energie, BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582. 1 S. zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 65; Staudinger/Emmerich Rn. 32. 2 Zum Elektro-Check (auch) in privatgenutzter Wohnung s. die VDE-Norm DIN VDE 0105 und dazu GE 1998, 1393.

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80a

Rn. VII 81 81

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Ebenso ist der Vermieter für verpflichtet gehalten worden, regelmäßig Druckproben der Gasleitungen durchzuführen; ein bloßes Abklopfen der Leitungen reicht nicht aus, OLG Stuttgart – Urt. v. 14.11.1971 – DWW 1972, 82 = MDR 1973, 588 = ZMR 1973, 145.

Er kann sich von dieser Verpflichtung nicht durch den Hinweis auf die Mängelanzeigepflicht des Mieters nach § 536c BGB entlasten (OLG Stuttgart a.a.O.). 82

Ohne besonderen Anlass ist der Vermieter aber nicht verpflichtet, nicht zugängliche und offenliegende Teile des Mietobjekts auf ihre Bestandssicherheit zu überprüfen; seine Prüfungspflicht findet nach Treu und Glauben ihre Grenze dort, wo die Kontrolle einen unzumutbaren Aufwand erfordert und keine Gewähr für eine dauerhafte Funktionstauglichkeit bietet, BGH – Urt. v. 4.12.1992 – MDR 1993, 866 = WM 1993, 123 unter Hinweis auf BGH ZMR 1957, 305 (zum Aufgraben einer Wasserleitung).

So braucht nicht damit gerechnet zu werden, dass eine Anlage, die über einen längeren Zeitraum bei ständiger Benutzung einwandfrei funktioniert hat, wegen verborgener Mängel versagt, obwohl die Kontrollanzeige das Funktionieren des Geräts anzeigt, BGH – Urt. v. 5.12.1985 – WuM 1986, 145.

Ebenso wenig ist bei ordnungsmäßig installierten elektrischen Leitungen und Anlagen im privaten Wohnbereich mit nahe liegenden Gefahren zu rechnen, BGH – Urt. v. 15.10.2008 – NZM 2008, 927 = WuM 2008, 719 Tz. 20: Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil die DIN VDE 0105 eine Überprüfung elektrischer Anlagen im vierjährigen Turnus vorsieht. Bei den DIN-Normen handelt es sich nicht um Rechtsvorschriften, sondern um private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter (BGH – Urt. v. 14.5.1998 – NJW 1998, 2814, II 3a).

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Auch ist der Vermieter nicht verpflichtet, im Interesse anderer Mietparteien sanitäre Einrichtungen vermieteter Einheiten (hier: Druckspüler der WC in Wohnungen) ohne konkreten Anlass auf Gefahr drohende Mängel hin zu überprüfen, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 7.3.2003 – WuM 2003, 319.

Anders verhält es sich bei einem konkreten Korrosionsverdacht an Wasserund Abwasserrohren, z.B. auf Grund sich häufender Rohrbrüche. Es genügt aber nicht, dass die Leitungen alt sind und die bloße Möglichkeit besteht, dass einzelne Teile schadhaft geworden sind, AG Menden ZMR 1999, 34.

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Ferner ist eine Verpflichtung des Vermieters verneint worden, den mitvermieteten alten Gasherd in der Wohnung des Mieters regelmäßig zu überprüfen, wenn sich an ihm keine Unregelmäßigkeit zeigt; vielmehr soll dies Sache des Wohnungsmieters sein, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist. Der Mieter hätte zudem etwaige Mängel (Gasgeruch) anzeigen müssen, LG Hamburg DWW 1992, 83 = ZMR 1991, 440.

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Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 86

h) Ausschluss und Grenzen der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht aa) Vereinbarter Zustand Die Instandhaltungspflicht des Vermieters ist – abgesehen von einer zulässigen Übertragung auf den Mieter (s. Rn. VII 99) – ausgeschlossen, wenn der mangelhafte Zustand nach dem eindeutigen Willen der Parteien gerade der vertragsmäßige sein sollte. Bloße Kenntnis des Mieters vom mangelhaften Zustand bei Abschluss des Mietvertrages reicht dagegen nicht aus, um eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung anzunehmen, ist jedoch ein wesentliches Indiz dafür,

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BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen): Der Schluss auf eine solche Vereinbarung wird häufig gerechtfertigt sein, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt.

Ebenso wenig genügt bei später auftretenden Mängeln die vorbehaltlose Zahlung des Mietzinses trotz Kenntnis des Mieters von den Mängeln, Beispiele für Beschaffenheitsvereinbarungen, die den (schlechten) Zustand des Mietobjekts betreffen: BGH – Urt. v. 20.1.1993 – NJW-RR 1993, 522 = WM 1994, 201: Auch ein unter dem Mindeststandard liegender Zustand ist dann vertragsgemäß, wenn er eindeutig vereinbart ist und der Mieter sich mit ihm einverstanden erklärt hat; BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807 für unsanierte Altbauwohnung (knarrendes Parkett), BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582,1 LG Mannheim ZMR 1990, 220: Die Parteien können einen konkret gegebenen schlechten Zustand des Mietobjekts als vertragsgemäß vereinbaren. Dennoch liegt ein Mangel vor, wenn das vermietete Haus infolge seines Bauzustandes zu Wohnzwecken nicht geeignet ist und die Eignung auch nicht durch die vereinbarten Mieterreparaturen wiederhergestellt werden kann; AG/LG Köln WuM 2005, 240: Ist der vertraglich vereinbarte Wohnungszustand die Ausstattung mit einem erneuerungsbedürftigen Teppichboden, so ergibt ein im Verlaufe der Zeit eingetretener höherer Abnutzungsgrad keine Instandsetzungs- bzw. Erneuerungspflicht des Vermieters; LG Karlsruhe DWW 2005, 426: Zugigkeit von Fenstern in einer Altbauwohnung.

Aus der bloßen Kenntnis des Mieters vom nicht vertragsgerechten Zustand ist aber auch auf einen Verzicht, einen ordnungsmäßigen Zustand herzustellen, geschlossen worden, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = WM 1987, 306, 310 für Anfangsrenovierung, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.1.2007 – NZM 2007, 330,2 KG – Urt. v. 28.4.2008 – ZMR 2008, 790 = InfoM 2008, 328 für Beheizungsmängel,

1 Zum Fall: Veraltete Elektroinstallation einer 1991 vermieteten Wohnung in einem 1971 errichteten nicht sanierten Plattenbau. 2 Zum Fall: Aufheizung durch Sonnenstrahlung, wenn dem Mieter bei Anmietung bekannt war, dass die Räume unter dem Dach liegen sowie ein Glasdach und insgesamt große Fensterflächen vorhanden waren, sofern ein baurechtswidriger Zustand nicht vorlag.

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Rn. VII 87

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

LG Berlin ZMR 1989, 259 für den Anspruch auf Abschleifen des Parkettbodens. War der Boden schon zu Beginn des Mietverhältnisses in einem abgenutzten Zustand, so ist dem Mieter der Anspruch auf Herrichtung – anders als bei vertragsgemäßer Abnutzung im Verlauf der Mietzeit – versagt worden; LG Berlin GE 2002, 1060: Hat der Mieter einen Kellerverschlag ohne Beleuchtung und Stromzufuhr angemietet, so kann er nicht nachträglich vom Vermieter die Installation einer Lampe und einer Steckdose verlangen.

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Will der Mieter seine Rechte wahren, so soll er gehalten sein, bei Vertragsabschluss, spätestens bei Übergabe, falls keine Vorbesichtigung erfolgte, einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären, LG Berlin ZMR 1990, 420 für unrenovierte Wohnung.

Diese Rspr. läuft auf eine Überdehnung des § 536b BGB hinaus, dessen Sanktion sich auf den Verlust von Gewährleistungsansprüchen beschränkt (vgl. OLG Köln MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35 zu § 539 BGB a.F.). 88

Auch eine mindere Bauqualität, die für Gebäude einer bestimmten Baualtersklasse typisch ist und eine Anfälligkeit für bestimmte Mängel aufweist, ist als vertragsgerecht mit der Folge gewertet worden, dass eine niedrigere Minderungsquote im Vergleich zu anderen Gebäuden zugebilligt worden ist, OLG Naumburg – Beschl. v. 28.7.1993 – WuM 1995, 145 für Feuchtigkeitsschäden in Wohnungen in Plattenbauten der ehemaligen DDR,1 s. auch BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582 zur Elektroinstallation eines unsanierten Plattenbaues in der ehemaligen DDR.

Damit wird auch unmittelbar der Anspruch des Mieters auf Instandsetzung betroffen. Entsprechendes wird für ein gewisses Maß an Feuchtigkeit in Kellern von Altbauten angenommen, LG Mannheim WuM 1998, 663.

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Handelt es sich um einen gefährlichen Zustand,2 so kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, dass dieser schon seit Vertragsbeginn besteht, LG Berlin WuM 2005, 49.

Hat der Vermieter es freiwillig aus Kulanz oder auf Grund einer Verpflichtung übernommen, das Mietobjekt entsprechend den Wünschen des Mieters umzugestalten, so ist der so geschaffene Zustand der vertragsgemäße, für den der Vermieter einstehen muss. Etwas anderes gilt nur, wenn die Vertragsparteien Abweichendes vereinbart haben (s. Rn. VII 41). bb) Verwirkung des Instandsetzungsanspruchs 90

Während der Mieter bei Mängeln, die nach Abschluss des Mietvertrages auftreten, seine Gewährleistungsansprüche verwirken kann, wenn er für ge1 Zum Fall: Statt einer denkbaren Mietminderung von 25% sei nur eine solche von 10% angebracht. 2 Zum Fall: schadhafte Treppenstufen im Hausflur, die eine Stolpergefahr bilden.

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Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 92

raume Zeit den Mietzins rüge- und vorbehaltlos trotz Kenntnis von Mängeln zahlt (s. Rn. VIII 405, 408), wird der Erfüllungsanspruch auf Behebung der Mängel hiervon nicht automatisch mitbetroffen. Schon nach dem Recht vor Inkrafttreten des MRRG wurde der aus einer entsprechenden Anwendung des § 539 BGB a.F. abgeleitete Gewährleistungsausschluss nicht auf den Erfüllungsanspruch ausgedehnt, BGH – Urt. v. 18.6.1997 – WM 1997, 488 = ZMR 1997, 505, BayObLG – RE v. 10.5.1999 – NZM 1999, 660 = WuM 1999, 392, OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35.

Nachdem der BGH seine Rspr. zur Verwirkung von Gewährleistungsrechten geändert hat (s. Rn. VIII 407), gilt erst recht, dass eine derartige Verwirkung den Erfüllungsanspruch unberührt lässt.1 Auf Grund eines ganz anderen Ansatzes beurteilt sich, ob der Erfüllungsanspruch deshalb ausgeschlossen ist, weil der Mieter durch die jahrelange Nutzung in Kenntnis des Bauzustandes zum Ausdruck bringt, dass der Zustand als „vertragsgemäß“ akzeptiert wird,

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OLG Hamm – Beschl. v. 23.11.1999 – ZMR 2000, 93.

Dies setzt allerdings einen rechtsgeschäftlichen Änderungswillen beider Vertragsparteien voraus, für dessen Vorliegen besondere Umstände sprechen müssen. Bloße Nutzung unter Hinnahme eines Mangels wird dafür nicht ausreichen. Darüber hinaus kann die Geltendmachung des Instandsetzungsanspruchs treuwidrig sein, wenn der Mieter sich damit in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzen würde. Das entspricht dem Umstandsmoment bei der Verwirkung.

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Eine Verwirkung des Instandsetzungsanspruchs ist daher angenommen worden, wenn der Mieter seine Mitwirkungspflicht bei der Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden grob verletzt, etwa indem er wiederholt fest vereinbarte Termine absagt oder den Zutritt verweigert, AG Münster WuM 2007, 569 = ZMR 2008, 385, ähnlich AG Pinneberg ZMR 2007, 459 bei unberechtigter Verweigerung der Besichtigung; verneinend LG Hamburg ZMR 2008, 456, wenn der Mieter auf die Aufforderung, eine Mängeluntersuchung durch einen Sachverständigen zu dulden, schweigt.

cc) Unmöglichkeit und Opfergrenze Die Pflicht des Vermieters zur Instandsetzung endet bei vollständiger tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zerstörung, wenn diese nicht vom Vermieter zu vertreten ist (§ 275 BGB). Die Aufbaupflicht ist nämlich eine Folgewirkung der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung; entfällt jene, so besteht auch diese nicht, BGH – Urt. v. 26.9.1990 – MDR 1991, 329 = ZMR 1991, 19 („Muldenkipper“). 1 Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 240.

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Rn. VII 93

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Das soll auch bei Teilunmöglichkeit gelten, sofern die Vermieterleistung teilbar ist. Die Teilbarkeit wird bejaht, wenn der Mietgebrauch auch ohne den zerstörten Teil möglich bleibt, BGH – Urt. v. 13.12.1991 – MDR 1992, 371 = WM 1992, 133 = ZMR 1992, 140 für Zerstörung einer Scheune bei Verpachtung eines ländlichen Anwesens, vgl. auch Rn. VIII 203, 207.

Sie ist dagegen zu verneinen, wenn der Mieter mit der an sich noch möglichen Teilleistung des Vermieters nichts anfangen kann.1 Daher ist die Wiederaufbaupflicht auch dann verneint worden, wenn der Vermieter ein durch Brand nur teilweise zerstörtes Gebäude gänzlich abgerissen hat, sofern die Teilzerstörung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung gleichkommt,2 OLG Karlsruhe – Urt. v. 30. 12.1994 – ZMR 1995, 201.

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Auch wenn der Vermieter auf Grund der Zerstörung eine Versicherungsentschädigung erhält, ist er in seiner Entscheidung frei, auf welche Weise er das Grundstück künftig nutzen will (BGH – Urt. v. 14.4.1976 – NJW 1976, 1506 = WuM 1977, 5). Selbst wenn er sich zum Wiederaufbau entschließt, soll seine Pflicht zur Gewährung des Mietgebrauchs nicht wiederaufleben; insbesondere soll er nicht zum Abschluss neuer Mietverträge mit den bisherigen Mietern verpflichtet sein. Eine solche Pflicht ließe sich allenfalls aus Treu und Glauben ableiten, OLG Hamm – Urt. v. 15.1.1981 – WuM 1981, 260.

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Eine Befreiung des Vermieters von seiner Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung ist auch in den Fällen bejaht worden, in denen eine wirtschaftliche Unmöglichkeit angenommen worden ist.3 Sie wurde als Opfergrenze bislang aus einer entsprechenden Anwendung des § 275 BGB a.F. (unverschuldete Unmöglichkeit der Leistung) abgeleitet, OLG Hamburg – Urt. v. 6.9.2000 – NZM 2002, 343: Die Verpflichtung des Vermieters zur Wiederherstellung endet dort, wo der erforderliche Aufwand die Opfergrenze übersteigt. Treten solche Umstände ein, so können sie einen Fall der Unmöglichkeit begründen. Soweit der Vermieter dementsprechend gemäß § 275 Abs. 1 BGB von seiner Pflicht befreit ist, er insbesondere die zur Unmöglichkeit führenden Umstände nicht zu vertreten hat, liegt bereits kein Fehler der Mietsache vor; s. auch BGH – Urt. v. 26.9.1990 – MDR 1991, 329 = ZMR 1991, 19 („Muldenkipper“), OLG Karlsruhe – Urt. v. 30.12.1994 – ZMR 1995, 201.

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Als Kriterien für das Überschreiten der Opfergrenze sind u.a. gewertet worden: – Es darf kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu erzielenden Einnahmen. BGH – Urt. v. 20.7.2005 – WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 935, 936 = MietRB 2006, 57, 58 (Kurek). 1 Vgl. Emmerich PiG 46 (1995) S. 119, 126. 2 Z.B. bei vollständiger Zerstörung des Dachs, so dass kein Schutz gegen Witterungseinflüsse gegeben war. 3 S. dazu Hirsch ZMR 2007, 81.

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Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 96

Die Opfergrenze ist jedenfalls überschritten, wenn die Reparaturkosten den Zeitwert des Mietobjekts übersteigen. Das ist auch bei einem durch die sog. Jahrhundertflut im Jahr 2002 stark beschädigten Wohnhaus angenommen worden,1 LG Dresden NZM 2008, 165.

Auf jeden Fall entfällt die Wiederherstellungspflicht, wenn die teilweise Zerstörung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung der Sache gleichkommt, OLG Karlsruhe DWW 1995, 315 = ZMR 1995, 201, AG und LG Hamburg WM 1997, 432, 433.

– Zu berücksichtigen sind die restliche Mietzeit, ferner – ein etwaiges Verschulden des Vermieters am mangelhaften Zustand der Mietsache, OLG Hamburg – Urt. v. 6.9.2000 – NZM 2002, 343,2

– die Belegenheit in einem hochwassergefährdeten Gebiet, LG Dresden NZM 2008, 165. Wann der Aufwand unzumutbar ist, lässt sich nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles klären. Als Orientierungspunkt hierfür ist herangezogen worden, ob die aufzuwendenden Mittel innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren durch eine erzielbare Rendite aus dem Mietobjekt ausgeglichen werden können (OLG Hamburg a.a.O.);3 einschränkend LG Dresden NZM 2008, 165: Es sind die Einnahmen aus den letzten 5 Jahren zu den Instandsetzungskosten in Bezug zu setzen. Ein Anwendungsfall für die Opfergrenze lässt sich nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes der neuen Fassung des § 275 Abs. 2 BGB entnehmen. Zwar wird unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien auch die Auffassung vertreten, dass es sich hierbei um einen Anwendungsfall der veränderten Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handele.4 Die hier maßgebenden Parameter lassen sich jedoch eher unter die erstgenannte Vorschrift subsumieren (s. Rn. VIII 213),5 so auch 1 Einem Instandsetzungsaufwand von ca. 33 360 Euro standen jährliche Mieteinnahmen von ca. 20 230 Euro gegenüber. 2 Zum Fall: Asbestsanierung mit einem Aufwand von 3,8 Mio. DM bei einer Jahresmiete von 310 TDM und einer restlichen Vertragszeit von ca. 41/2 Jahren. 3 S. dazu die Parallele in § 11 Abs. 1 Nr. 1 HeizkostenV. 4 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 213; Eisenschmid NZM 2004, 889, 892; s. auch Emmerich/Sonnenschein Rn. 6 vor § 536 BGB; grundsätzlich auch Palandt/ Heinrichs BGB § 275 Rn. 21, 27. Hirsch ZMR 2007, 85 will dem Vermieter ein Wahlrecht zwischen der Berufung auf § 275 Abs. 2 und § 313 BGB einräumen. 5 S. zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 241; Erman/Jendrek Rn. 48; MünchKomm/ Schilling Rn. 110; Staudinger/Emmerich Rn. 30; ferner Palandt/Heinrichs BGB § 275 Rn. 28 ausdrücklich für den Fall, dass die Wiederherstellung der beschädigten Mietsache grob unverhältnismäßige Kosten verursachen würde, unter Bezugnahme auf BGH – Urt. v. 26.9.1990 – WuM 1990, 546 = ZMR 1991, 19 (Muldenkipper); Schmidt-Futterer/ Eisenschmid BGB § 536 Rn. 504 f. halten eine scharfe Abgrenzung bei den Bestimmungen nicht für möglich, da die Beurteilungsmaßstäbe weitgehend identisch seien.

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Rn. VII 97

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

BGH – Urt. v. 20.7.2005 – WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 935, 936: Die Verpflichtung des Vermieters zur Wiederherstellung der Mietsache endet dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die „Opfergrenze“ übersteigt. Dieses Ergebnis ist nunmehr aus § 275 Abs. 2 BGB herzuleiten.

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An die Überschreitung der Opfergrenze werden hohe Anforderungen gestellt. Das Fehlen von Geldmitteln ist grundsätzlich unbeachtlich, ebenso die mangelnde Kostendeckung. Auch ist die Opfergrenze nicht nur im Hinblick auf das betroffene Objekt – Gebäude oder Wohnung – zu beurteilen, wenn der Vermieter einen größeren Wohnungsbestand bewirtschaftet,1 AG Görlitz WuM 2006, 141: Hat sich der Vermieter im Mietvertrag verpflichtet, zur Wohnung einen Balkon zu installieren, so kann er seine Verpflichtung nicht mit dem Hinweis auf Schwierigkeiten der Amortisation auf Grund seiner Erfahrungen mit anderen Mietparteien verweigern, soweit er jedenfalls mit geeigneten Maßnahmen und planvoll die Schwierigkeiten einer Amortisation auffangen kann.

Der erforderliche Aufwand ist nicht unverhältnismäßig, wenn die notwendigen Investitionen bei sachgerechter Planung des Bauwerks von vornherein aufzubringen gewesen wären, OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WM 1995, 35.

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Anwendungsfälle aus der Rspr. vor der Schuldrechtsmodernisierung: LG Wuppertal WM 1991,178 für Außensanierung gegen Feuchtigkeitsschäden: keine Überschreitung bei einem Bauaufwand von ca. 26 000 DM; LG Berlin WM 1991, 538: Die Instandhaltungspflicht des Vermieters (hier: bezüglich des Balkons) ist von der Höhe der Mieteingänge nicht abhängig. Die Überschreitung der Opfergrenze lässt sich nicht mit mangelnder Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes begründen; ebenso LG Berlin GE 1995, 1013: bei Kostenaufwand von 33 000 DM für die Wiederherstellung des Balkons; LG Hamburg WM 1997, 433: 50 000 DM für die Wiederherstellung eines Balkons bei einer 193 qm großen Altbauwohnung mit einer monatlichen Bruttokaltmiete von 2624 DM übersteigen nicht die Opfergrenze; LG Osnabrück WM 1992, 119 für Trockenlegung eines Kellers: Kosten der Aufgrabung ca. 40 000 DM; LG Mainz NZM 1999, 758: Der Vermieter darf eine Müllschluckanlage in einem Mehrfamilienhaus stilllegen, um erhebliche Instandsetzungskosten zu vermeiden, zumal wenn die Mieter durch Ortssatzung ohnehin zur Mülltrennung verpflichtet sind; AG Köln WM 1997, 41: Sind nach einem Wasserrohrbruch im Bad einzelne Fliesen zu ersetzen, die farblich identisch im Handel nicht mehr erhältlich sind, so kann sich der Vermieter darauf beschränken, die eine betroffene Wand vollständig neu zu verfliesen.

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Anwendungsfälle aus der Rspr. nach der Schuldrechtsmodernisierung, LG Mannheim NZM 2007, 682, 683 = ZMR 2007, 971: Ein Kostenaufwand von ca. 7250 Euro für eine Außendämmung zur Beseitigung eines Feuchtigkeitsschadens gegenüber einem solchen von ca. 4050 Euro für eine Innendämmung je Wohnung übersteigt nicht die Opfergrenze;

1 Eisenschmid NZM 2004, 889, 892.

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Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 101

AG Hamburg WuM 2006, 609: Bei einem Aufwand von 9500 Euro für einen Sonnenschutz ist die Opfergrenze noch nicht erreicht; dagegen bejahend LG Dresden NZM 2008, 165 bei einem Instandsetzungsaufwand von ca. 33 360 Euro und jährlichen Mieteinnahmen von ca. 20 230 Euro für den Wiederaufbau einer erheblich hochwassergeschädigten Wohnung. Der BGH (Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 820 = WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 935, 936) hat die Überschreitung der Opfergrenze in Betracht gezogen, wenn der Reparaturaufwand für die Beseitigung eines Feuchtigkeitsschadens in der Tiefgarage und in einem Mieterkeller ca. 100 000 Euro betragen würde.

i) Übertragung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auf den Mieter Zu unterscheiden ist zwischen Wohnraummiete und der Miete von anderen Sachen; denn die Übertragung von Pflichten des Vermieters, die die Gebrauchsgewähr betreffen, auf den Mieter führt dazu, dass das bei der Wohnraummiete unabdingbare Recht der Mietminderung (s. § 536 Abs. 4 BGB) unterlaufen werden würde. Außerdem ist danach zu unterscheiden, ob die Überbürdung einzelvertraglich oder formularmäßig erfolgt ist.

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aa) Wohnraummiete Die Übertragung von Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten auf den Mieter von Wohnraum findet auch bei Individualvereinbarungen ihre Grenze darin, dass die Mietminderung unabdingbar ist (§ 536 Abs. 4 BGB). Man kann nämlich dieses Verbot nicht dadurch aushebeln, dass man die dem Vermieter obliegende Leistungspflicht auf den Mieter abwälzt. Dies bedeutet aber auch: Dort, wo eine Leistungspflichtverletzung des Vermieters keine Mietminderung auslösen würde, greift § 536 Abs. 4 BGB nicht ein. Auf eine Umgehung dieser Vorschrift läuft es hinaus, wenn der Vermieter bestimmte Gegenstände, die sich in der Wohnung bei deren Anmietung befinden und vom Mieter nicht eindeutig „als seine“ übernommen werden, „als nicht mitvermietet“ deklariert. Die Formularklausel „Eventuell in der Wohnung vorhandene Gegenstände werden dem Mieter ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Funktion zur Verfügung gestellt“ ist nicht nur überraschend (so AG Landsberg/ Lech WuM 2007, 12), sondern benachteiligt den Mieter unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, indem sie ihm die Erhaltungslast aufbürdet.

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Allgemein anerkannt ist, dass bei der Wohnraummiete sog. Vornahmeklauseln in Bezug auf Kleinreparaturen – und damit erst recht auf alle weiter gehenden Reparaturen – unzulässig sind, während bloße Kostenklauseln zugelassen werden, soweit ihr Umfang vom Risiko und vom Kostenumfang her angemessen begrenzt ist, BGH – Urt. v. 7.6.1989 – BGHZ 108, 1 f. = NJW 1989, 2247 zur Kostenklausel (s. Rn. II 185, 195 f.), BGH – Urt. v. 6.5.1992 – BGHZ 118, 194 = WuM 1992, 372 zur Vornahmeklausel.

In sachlicher Hinsicht beschränkt sich die Kostenklausel auf Gegenstände, die dem häufigen Zugriff des Mieters in der Wohnung unterliegen. Hierzu kann 919

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Rn. VII 102

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

auf die Definition in § 28 Abs. 3 Satz 2 II. BV als Leitlinie für die Auslegung und Klauselkontrolle zurückgegriffen werden.1 Auch mitvermietete Einrichtungsgegenstände zählen hierzu,2 dagegen nicht Fensterscheiben; eine hierauf bezogene Klausel verstieße gegen das Übermaßverbot und wäre nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam, LG Hamburg WuM 1990, 416, 417 p. 2 o. für eine Vornahmeklausel, AG Osnabrück WuM 2000, 329: Der Vermieter kann den Mieter wegen eines Defekts am Briefkasten nicht auf die Kleinreparaturklausel verweisen, weil der Briefkasten sich nicht in der Wohnung befindet; zweifelhaft aber AG Hannover WuM 2007, 504: Die Beseitigung der Störung in der Heiztherme mit einem Kostenaufwand von ca. 65 Euro ist keine „kleine Reparatur“, deren Kosten vom Mieter zu tragen wären, da dieser mit der Warmwassertherme so gut wie nicht in Berührung kommt.

Der Höhe nach wird die Grenze bis 75 Euro im Einzelfall mit steigender Tendenz (AG Braunschweig ZMR 2005, 717: bis 100 Euro zzgl. MWSt.) und bis 8% der Jahresmiete p.a. gezogen, AG Brandenburg a.d.H. GE 2008, 483.3 Sie verpflichtet den Mieter nicht, sich an anderen als den sog. Kleinreparaturen mit dem vereinbarten Betrag anteilig zu beteiligen; auch sind diesbezügliche Klauseln unwirksam, BGH – Urt. v. 7.6.1989 – BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247 = WuM 1989, 324 = ZMR 1989, 327, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – WuM 2002, 545 = MDR 2003, 23.

102

Wartung ist eine Maßnahme der Instandhaltung. Sie fällt grundsätzlich an, bevor es zu einem Schaden bzw. Mangel gekommen ist und soll die Mangelhaftigkeit gerade vermeiden helfen. Die unterlassene Wartung führt auch noch nicht geradewegs dazu, dass die Mietsache mangelbehaftet wird. Daher besteht kein Konflikt mit der Unabdingbarkeit der Mietminderung in § 536 Abs. 4 BGB. Demzufolge erscheint es zulässig, Wartungsarbeiten auf den Mieter zu übertragen.4 Da nach den einschlägigen Klauseln die Wartung durch eine Fachfirma auszuführen ist, laufen Wartungsklauseln in der Regel auf Kostenklauseln hinaus, allerdings mit der Einschränkung, dass der Mieter das Risiko für den Erfüllungserfolg der Wartungsarbeiten trägt. Auch hier gilt das Gebot der sachlichen Begrenzung auf bestimmte Gegenstände, die dem Zugriff des Mieters unterliegen, und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Der jährliche Aufwand muss daher für den Mieter überschaubar sein, zumal wenn der Mieter den Wartungsvertrag nicht abgeschlossen hat, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – NJW 1991, 1750 = WuM 1991, 381. 1 Zur Ausgestaltung des Katalogs in § 28 Abs. 3 II. BV: Horst Rn. 764. 2 Z.B. Kühlschränke, Geschirrspüler, Waschmaschinen. 3 Folgende Obergrenzen für den Einzelfall und als Jahreshöchstbetrag werden diskutiert: Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 261: 90 Euro/7% der Jahresmiete, aber nicht mehr als eine Monatsmiete; Emmerich/Sonnenschein BGB § 535 Rn. 76 f.: 50 bis 75 Euro/6 bis 8% der Jahresbruttomiete; Herrlein/Kandelhardt/Knops BGB § 535 Rn. 65: 50 Euro/6% der Jahresmiete; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. II C 75 für Ausrichtung an den Kosten für eine oder eineinhalbe Handwerkerstunde zzgl. Nebenkosten und MwSt. 4 So auch Lammel BGB § 535 Rn. 156.

920

Instandhaltung und Instandsetzung

Rn. VII 104

Ist gleichzeitig vereinbart, dass der Mieter die Kosten für Kleinreparaturen trägt, werden die Beträge zusammengerechnet. Wird hierbei die Grenze für Kleinreparaturen überschritten, so sind beide Klauseln entsprechend dem Summierungseffekt (s. Rn. II 287) unwirksam. Eine Zusammenrechnung erfolgt nicht, soweit die Wartungskosten zulässigerweise als Betriebskosten umgelegt werden (s. Rn. V 10, 13). bb) Gewerberaummiete Bei der Gewerberaummiete ist die Abwälzung von Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten grundsätzlich zulässig.1 So kann durch Individualvereinbarung die Erhaltungslast einschließlich der Behebung anfänglicher Mängel bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit auf den Mieter von Gewerberäumen abgewälzt werden,

103

OLG Saarbrücken – Urt. v. 21.2.2003 – NZM 2003, 438.

Ebenso wie bei der Wohnraummiete kann für den Begriff der Instandhaltung auf die Definition in § 28 Abs. 1 II. BV bzw. nunmehr § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV zurückgegriffen werden, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben (s. Rn. II 181), BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844.

Für die Inhaltskontrolle ist eine zweistufige Prüfung angezeigt, nämlich ob Kern- bzw. Kardinalpflichten betroffen sind und – wenn dies bejaht wird – ob hierdurch der Vertragszweck gefährdet wird. Letzteres kann davon abhängen, ob der Mieter das durch die Klausel übernommene Risiko beherrschen oder jedenfalls versichern kann.2 Folgende Schranken sind zu beachten: – Es darf sich nur um Instandsetzungsmaßnahmen handeln, die den Mietgegenstand betreffen und durch den Mietgebrauch verursacht worden sind oder bei denen das Kostenrisiko für den Mieter überschaubar ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.2.1992 – DWW 1992, 241: nur wenn die Schäden aus dem Mietgebrauch oder dem Risikobereich des Mieters herrühren; BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 863 = ZMR 2005, 844: Die formularmäßige Auferlegung der Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen auf den Mieter ohne Beschränkungen der Höhe nach verstößt gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB; KG – Urt. v. 23.5.2002 – NZM 2003, 395: Die formularmäßige Überbürdung von Instandhaltungskosten auf den Mieter ist nur zulässig, wenn das dem Mieter übertragene Risiko entweder in dessen Einflussbereich liegt oder das Risiko kostenmäßig überschaubar begrenzt ist.

– Es handelt sich um Instandsetzungsmaßnahmen, die erst nach Vertragsabschluss erforderlich werden, d.h. es wird der ordnungsmäßige Zustand der Mietsache bei Beginn des Mietverhältnisses vorausgesetzt, 1 S. zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 259; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 67; Horst Rn. 771; Lindner-Figura u.a. Kap. 13 Rn. 183, 187; Schmid GuT 2002, 165. 2 Joachim WuM 2003, 183, 187.

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Rn. VII 105

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

OLG Naumburg – Urt. v. 12.8.1998 – NZM 2000, 1183, OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524.

– Die Instandsetzungsmaßnahme beinhaltet nicht die Neubeschaffung einer nicht mehr reparaturfähigen Einrichtung: KG – Urt. v. 1.3.1999 – MDR 2000, 447 für Heizungsanlage.

– Die Übertragung von Instandhaltungspflichten auf den Mieter erfasst nicht weiter gehende Instandsetzungsarbeiten: OLG Hamm – Urt. v. 30.3.1993 – NJW-RR 1993, 1229 für das Auswechseln eines Heizkessels, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.2.1999 – DWW 1999, 294 = NZM 2000, 464 = ZMR 1999, 627 für Dachsanierung.1

Zur – grundsätzlich unzulässigen – formularmäßigen Übertragung der Instandhaltungspflicht an „Dach und Fach“ auf den Mieter und zur entsprechenden Beschränkung der Vermieterpflicht s. Rn. II 182, 188.2 j) Zwangsvollstreckung 105

Die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Instandhaltung oder Instandsetzung gerichtet ist, erfolgt nach § 887 ZPO. Das Recht des Mieters auf Ersatzvornahme wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Vermieter, der zur Behebung von Feuchtigkeitsschäden verurteilt worden ist, nur unzureichende Malerarbeiten ausführen lassen will. Es wird also im Vollstreckungsverfahren geprüft werden müssen, ob die Mängel dauerhaft abgestellt worden sind oder werden, OLG Frankfurt – Beschl. v. 8.2.1989 – WuM 1989, 284 zu Feuchtigkeitsschäden.

Der Schuldner ist nicht nur im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage, sondern auch im Zwangsvollstreckungsverfahren mit seinem Einwand zu hören, der vollstreckbare Anspruch sei erfüllt, BGH – Beschl. v. 5.11.2004 – WuM 2005, 142, BGH – Beschl. v. 21.12.2004 – WuM 2005, 139.

Dagegen kann er nicht geltend machen, die Beseitigung des Mangels, zu der er verurteilt worden ist, sei für ihn unzumutbar geworden oder die titulierte Reparaturmaßnahme führe nicht zum Erfolg, BGH – Beschl. v. 7.4.2005 – NZM 2005, 678.

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Die Zwangsvollstreckung aus einem Titel auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen an Teilen, die im Gemeinschaftseigentum stehen, richtet sich bei vermietetem Wohnungs- oder Teileigentum nicht nach § 887 ZPO, sondern nach § 888 Abs. 2 ZPO. Der Vermieter hat einen Anspruch gegenüber den übrigen Miteigentümern, an einer Verwaltung mitzuwirken, die den In1 Die Klausel lautet: „Der Mieter hat die Mietsache mit der erforderlichen Sorgfalt zu behandeln und in gutem und gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten.“ 2 S. dazu ausführlich Joachim, „Dach und Fach – Klarheit oder Krach“, in FS Blank, 2006, S. 221, 236, ferner Schlemminger/Tachezy NZM 2001, 416.

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Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 107

teressen der Gesamtheit entspricht, d.h. erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen zu beschließen. Um dies durchzusetzen, muss er alle zumutbaren Rechtsmittel gegenüber den Miteigentümern und dem Verwalter ausschöpfen, um seiner mietvertraglichen Pflicht zu genügen. Ggf. muss er die Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer einklagen, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 935, 936.

Entsprechendes gilt, wenn der Vermieter einer Eigentumswohnung verurteilt worden ist, Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbefall in der Wohnung des Mieters zu beseitigen, jedoch zunächst die im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudefassade abgedichtet werden muss, worüber die Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen hat, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 13.3.2002 – NZM 2002, 711 = WuM 2002, 272.

3. Duldungsanspruch des Vermieters Der Gesetzgeber hat den Anspruch des Vermieters auf Duldung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen (§ 541a BGB a.F.) und von Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen (§ 541b BGB a.F.) in der Vorschrift des § 554 BGB zusammengefasst. Die Ansprüche des Vermieters auf Duldung von baulichen Maßnahmen ist in § 554 BGB nicht abschließend geregelt; ausnahmsweise kann sich auch aus § 242 BGB ein Duldungsanspruch ergeben, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Durchführung der Maßnahme hat und ihm nicht zugemutet werden kann, mit dieser zu warten, bis das Mietverhältnis beendet sein wird,1 LG Göttingen WuM 1989, 205 = ZMR 1990, 59,2

oder wenn die Maßnahme auf Umständen beruht, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (§ 559 Abs. 1 BGB, s. dazu Rn. IV 340 f.), z.B. Pflicht zur Nachrüstung von Heizanlagen gemäß § 9 EnEV 2007, § 10 EnEV 2007 oder zur Installation von Rauchmeldern,3 sofern man diese Maßnahmen nicht als solche zur Energieeinsparung oder zur Modernisierung ansieht. Dies kann jedoch nicht dazu führen, die gesetzlichen Voraussetzungen in § 554 BGB, insbesondere die Ankündigungspflicht des Vermieters und die Zumutbarkeit für den Mieter bei Modernisierungsmaßnahmen, zu unterlaufen, LG Berlin GE 1994, 455 bezüglich der Ankündigungspflicht.4 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 80; a.A. Lammel BGB § 554 Rn. 9. 2 Zum Fall: Anbau von Räumen zu anderen als Wohnzwecken; ein weiteres Beispiel bilden Rückbaumaßnahmen, insbesondere in den neuen Bundesländern. 3 S. dazu Schumacher NZM 2005, 641; Ruff DWW 2006, 98; Schickedanz ZMR 2007, 669; Först InfoM 2008, 207. 4 Zum Fall: Durchführung von Heizungssträngen zum Zwecke der Modernisierung anderer Wohnungen, sofern es sich nicht um Maßnahmen nach § 541b BGB a.F. handeln sollte.

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Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 107

teressen der Gesamtheit entspricht, d.h. erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen zu beschließen. Um dies durchzusetzen, muss er alle zumutbaren Rechtsmittel gegenüber den Miteigentümern und dem Verwalter ausschöpfen, um seiner mietvertraglichen Pflicht zu genügen. Ggf. muss er die Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer einklagen, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 935, 936.

Entsprechendes gilt, wenn der Vermieter einer Eigentumswohnung verurteilt worden ist, Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbefall in der Wohnung des Mieters zu beseitigen, jedoch zunächst die im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudefassade abgedichtet werden muss, worüber die Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen hat, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 13.3.2002 – NZM 2002, 711 = WuM 2002, 272.

3. Duldungsanspruch des Vermieters Der Gesetzgeber hat den Anspruch des Vermieters auf Duldung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen (§ 541a BGB a.F.) und von Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen (§ 541b BGB a.F.) in der Vorschrift des § 554 BGB zusammengefasst. Die Ansprüche des Vermieters auf Duldung von baulichen Maßnahmen ist in § 554 BGB nicht abschließend geregelt; ausnahmsweise kann sich auch aus § 242 BGB ein Duldungsanspruch ergeben, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Durchführung der Maßnahme hat und ihm nicht zugemutet werden kann, mit dieser zu warten, bis das Mietverhältnis beendet sein wird,1 LG Göttingen WuM 1989, 205 = ZMR 1990, 59,2

oder wenn die Maßnahme auf Umständen beruht, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (§ 559 Abs. 1 BGB, s. dazu Rn. IV 340 f.), z.B. Pflicht zur Nachrüstung von Heizanlagen gemäß § 9 EnEV 2007, § 10 EnEV 2007 oder zur Installation von Rauchmeldern,3 sofern man diese Maßnahmen nicht als solche zur Energieeinsparung oder zur Modernisierung ansieht. Dies kann jedoch nicht dazu führen, die gesetzlichen Voraussetzungen in § 554 BGB, insbesondere die Ankündigungspflicht des Vermieters und die Zumutbarkeit für den Mieter bei Modernisierungsmaßnahmen, zu unterlaufen, LG Berlin GE 1994, 455 bezüglich der Ankündigungspflicht.4 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 80; a.A. Lammel BGB § 554 Rn. 9. 2 Zum Fall: Anbau von Räumen zu anderen als Wohnzwecken; ein weiteres Beispiel bilden Rückbaumaßnahmen, insbesondere in den neuen Bundesländern. 3 S. dazu Schumacher NZM 2005, 641; Ruff DWW 2006, 98; Schickedanz ZMR 2007, 669; Först InfoM 2008, 207. 4 Zum Fall: Durchführung von Heizungssträngen zum Zwecke der Modernisierung anderer Wohnungen, sofern es sich nicht um Maßnahmen nach § 541b BGB a.F. handeln sollte.

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Rn. VII 108 108

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Daran ändert die Aussage des BGH nichts, dass ein Mieter nicht davor geschützt ist, dass in dem Haus, welches er bewohnt, Umbauarbeiten stattfinden. Es bleibe die freie Entscheidung des Vermieters, ob er solche Arbeiten durchführe und z.B. das Dachgeschoss ausbauen lasse, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – WuM 2004, 715 = NZM 2005, 60 = ZMR 2005, 108.

Sie gilt uneingeschränkt nur, soweit die Mieträume oder die Gemeinschaftsflächen, die dem Mietgebrauch unterliegen, von den Baumaßnahmen des Vermieters nicht betroffen sind; anderenfalls greifen – unbeschadet von Gewährleistungsansprüchen – die Schranken aus § 554 BGB ein. Dagegen kann er das Mietobjekt nicht umgestalten, sondern ist an die ausdrückliche oder stillschweigend getroffene Beschaffenheitsvereinbarung gebunden (s. auch Rn. VII 58), LG Hamburg ZMR 2007, 455 für Aufstockung eines vermieteten Reihenhauses; bestätigt von BGH – Beschl. v. 28.11.2007 – ZMR 2008, 116.

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Auch kann eine Wohnungsgenossenschaft von ihren Nutzern nicht die Duldung baulicher Veränderungen allein aus der genossenschaftlichen Verbundenheit heraus verlangen,1 AG Köln WuM 2002, 669.

110

Betreffen die Maßnahmen des Vermieters sowohl Instandsetzungs- als auch Modernisierungsmaßnahmen, so richtet sich die Duldungspflicht des Mieters nach den strengeren Anforderungen der Modernisierungsduldung in § 554 Abs. 2, 3 BGB, LG Berlin GE 1994, 927, LG Köln WuM 1993, 608.

111

Handelt es sich bei der Mietwohnung um eine Eigentumswohnung und betreffen die Maßnahmen Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, so steht allein dem Eigentümer als Vermieter und nicht etwa der Wohnungseigentümergemeinschaft der Duldungsanspruch aus § 554 Abs. 1, 2 BGB zu (Folge aus BGH – Beschl. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = ZMR 1999, 546, abweichend noch LG Hamburg WuM 1995, 267).

112

Bei einem Eigentumswechsel kann der Veräußerer den noch nicht ins Grundbuch eingetragenen Erwerber ermächtigen, Maßnahmen nach § 554 BGB im eigenen Namen anzukündigen und durchzuführen,2 so BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 = NZM 2008, 283 = WuM 2008, 219 (mit krit. Anm. Scholz) = ZMR 2008, 519: Einen Rechtsstreit kann der Erwerber in gewillkürter Prozessstandschaft führen. Der Vermieter bleibt aber weiter Vertragspartner des Mieters und haftet für Beeinträchtigungen und Verzögerungen. Der Erwerber hat insoweit die Stellung eines Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB.

112a

Duldungspflichten des Mieters einer Eigentumswohnung können auch gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen. So muss er gemäß § 1004 BGB als Zustandsstörer den Rückbau dulden, wenn der vermietende 1 Zum Fall: Die Genossenschaft plante, die Fenster aus den Loggien zu entfernen, so dass offene Loggien entstehen. 2 S. zu § 554 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 26; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 118; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 289; Kinne GE 1998, 1004.

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Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 116

Wohnungseigentümer bauliche Maßnahmen durchgeführt hat, die wohnungseigentumsrechtlich unzulässig sind,1 BGH – Urt. v. 1.12.2006 – NZM 2007, 130 = WuM 2007, 77 = ZMR 2007, 188, KG – Urt. v. 21.3.2006 – ZMR 2006, 528.

Unberührt bleiben die gewährleistungsrechtlichen Ansprüche des Mieters gegen den vermietenden Wohnungseigentümer. a) Duldung von Erhaltungsmaßnahmen Sieht man von sprachlichen Ungenauigkeiten des Gesetzestextes ab, so hat sich an der Duldungspflicht des Mieters bezüglich Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gegenüber der früheren Rechtslage nach § 541a BGB a.F. wenig geändert. Neu ist, dass dem Mieter auch in diesem Fall ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zugebilligt worden ist (§ 554 Abs. 4 BGB, Rn. VIII 168).

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aa) Voraussetzungen des Duldungsanspruchs Der Duldungsanspruch des Vermieters nach § 554 Abs. 1 BGB bezieht sich auf Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, mithin insbesondere auch auf solche vorbeugender Art,

114

LG Hamburg WuM 1995, 267 für Austausch von brüchigen Wasser- und Abwasserleitungen.

Der Anspruch ist also zweckbezogen. Weiter gehende Maßnahmen werden durch die Vorschrift nicht abgedeckt,

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LG Berlin MDR 1988, 321: Der Mieter muss Einwirkungen nicht nach § 554 BGB dulden, die nicht zur Erhaltung der Mieträume erforderlich sind, sondern das Mietobjekt umgestalten, so etwa den Austausch von Dachgauben und Fenstern, um ein einheitliches Aussehen zur Straßenfront herzustellen; LG Gießen WuM 1998, 278: keine Duldungspflicht bei Überdachung einer offenen Terrasse anstelle einer notwendigen Reparatur des Terrassenbelages; AG Hamburg-Blankenese/LG Hamburg ZMR 2007, 455: Der Mieter muss die Aufstockung des gemieteten Reihenhauses nicht dulden; bestätigt von BGH – Beschl. v. 28.11.2007 – ZMR 2008, 116; AG Köln WuM 2002, 669: keine Duldungspflicht bei Entfernung der Fenster aus einer Loggia, so dass eine offene Loggia entsteht, vgl. auch AG Neuss DWW 1986, 180.

Entgegen dem bisherigen Gesetzesinhalt in § 541a BGB fehlt ein Hinweis darauf, dass die Duldungspflicht sich auch auf Teile des Mietgebäudes bezieht, die nicht Gegenstand des Mietverhältnisses sind. Sofern man nicht zu einer entsprechenden teleologischen Auslegung kommt,2 1 Zum Fall: Der Vermieter hatte ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft an die vermietete Eigentumswohnung einen Balkon angebaut und einen vorhandenen Balkon in einen Wintergarten umgewandelt. 2 So zu § 554 BGB: Blank/Börstunghaus Rn. 4; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 16; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 15.

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Rn. VII 117

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

so BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 697 = WuM 2005, 576 = ZMR 2005, 851 zur Duldung von Leitungsdurchführungen in eine andere Wohnung als die des Mieters,

lässt sich die Duldungspflicht des Mieters insoweit nicht mehr unmittelbar dem Gesetz entnehmen, sondern nur noch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ableiten.1 Eine Ausdehnung der Duldungspflicht ist dadurch angelegt, dass sich diese Pflicht nicht mehr wie nach § 541a BGB a.F. nur auf Einwirkungen auf die Mietsache bezieht, sondern alle Maßnahmen zur Erhaltung der Mietsache erfasst – mithin auch solche, die die Mietsache nicht oder nicht unmittelbar betreffen. 117

Obwohl der Duldungsanspruch keine Interessenabwägung wie bei der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen nach § 554 Abs. 2 BGB voraussetzt, findet er seine Grenze an der Zumutbarkeit für den Mieter,2 LG Hannover WuM 1981, 38, AG Bad Schwartau WuM 1984, 215.

So muss der Vermieter aufschiebbare Erhaltungsmaßnahmen zurückstellen, wenn der Auszug des Mieters nach Vertragsende kurzfristig abzusehen ist, LG Köln WuM 1995, 312, LG Stuttgart WuM 1997, 260 für Bodenuntersuchungen.3

In diesem Zusammenhang ist auch die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zur Betroffenheit des Mieters zu beachten, LG Berlin GE 2002, 1566: Nur bei sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Schwammbefall muss der Mieter dulden, dass der Fußboden der Wohnung aufgenommen und die Balken freigelegt werden; bei bloßem Verdacht ist der Vermieter auf das Endoskopieverfahren zu verweisen.

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Eine Pflicht des Vermieters, die Maßnahme vorher anzukündigen, ist gesetzlich nicht geregelt. Jedoch ist aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abzuleiten, dass der Vermieter die Maßnahme angemessene Zeit vorher ankündigen muss.4 Eine Ankündigungsfrist von einer Woche wird in der Regel geboten sein, AG Aachen WuM 1985, 87, AG Hamburg ZMR 2004, 825 für Putzarbeiten in den Kellerräumen.

Die Formalien des § 554 Abs. 3 BGB gelten jedoch nicht. 119

Anders verhält es sich, wenn der Vermieter im Zusammenhang mit Instandsetzungsmaßnahmen auch Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen durchführt. In diesem Fall richtet sich die Duldungspflicht des Mieters allein nach § 554 Abs. 2 BGB, so dass sich hier die Ankündigungspflicht auch für die 1 Sternel PiG 62 (2002) S. 90, 96 zu § 554 Abs. 3 BGB. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 36. 3 Zum Fall: Etwa 9 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses beabsichtigte der Vermieter, auf dem Mietgrundstück, auf dem der Mieter eine Tankstelle betrieben hatte, eine Bodenuntersuchung wegen etwaiger Altlasten durchzuführen, weil er das Grundstück nach Mietende verkaufen wollte. 4 S. zu § 554 BGB: Blank/Börstunghaus Rn. 6; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 35.

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Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 122

auf die Instandsetzung entfallenden Maßnahmen aus § 554 Abs. 3 BGB ergibt (s. Rn. VII 110, 150), LG Köln WuM 1993, 608, 609, LG Berlin NZM 1999, 1137, 1138, AG Osnabrück WuM 1990, 291.

Das gilt auch, wenn der Vermieter Versorgungs- oder Heizungsrohre durch die Mietwohnung ziehen will, um die obere Wohnung anzuschließen, LG Berlin GE 1994, 455, GE 1994, 927, s. auch BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 697 = WuM 2005, 576 = ZMR 2005, 851 = MietRB 2006, 91 (Löfflad) zur Verlegung von Kabeln durch die Mietwohnung für den Anschluss der darüber liegenden Wohnung.

bb) Inhalt und Rechtsfolgen des Duldungsanspruchs Die Duldungspflicht des Mieters nach § 554 BGB erschöpft sich in bloß passivem Verhalten; eine Mitwirkungspflicht besteht grundsätzlich nicht,

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KG – RE v. 1.9.1988 – NJW-RR 1988, 1420 = WuM 1988, 389 = ZMR 1988, 422 IIb, Beschl. v. 16.7.1992 – NJW-RR 1992, 1362 = WuM 1992, 514 = ZMR 1992, 486 jeweils zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen.

Dulden bedeutet danach lediglich, dass sich der Mieter in Kenntnis der geplanten Maßnahmen des Vermieters passiv verhält. Für die Kenntnis genügt es, dass er Art und Umfang der Maßnahme wenigstens in groben Zügen kennt. Passiv verhält er sich, wenn er dem Vermieter gegenüber der ihm bekannten Maßnahme weder mündlich noch schriftlich widerspricht noch diesen durch Verweigerung des Zutritts bei Innenmaßnahmen oder durch gerichtliche Untersagungsverfügung bei Außenmaßnahmen an der Durchführung der Wertverbesserungsmaßnahme hindert, KG – Beschl. v. 16.7.1992 – NJW-RR 1992, 1362 = WuM 1992, 514 = ZMR 1992, 486.

Der Mieter ist insbesondere nicht verpflichtet, dem Vermieter „Baufreiheit“ zu schaffen,

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LG Berlin WuM 1996, 143 zur Duldung einer Heizungsreparatur.1

Diese kann jedoch für Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen gemäß § 554 Abs. 1 BGB, nicht aber für Modernisierungsmaßnahmen nach § 554 Abs. 2 BGB vereinbart werden, wie ein Umkehrschluss aus § 554 Abs. 5 BGB ergibt. Auch besteht grundsätzlich keine Mitwirkungspflicht des Mieters. Das führt dazu, dass die Kosten, die durch den notwendigen Abbau von Mietereinbauten – z.B. in Küche oder Wohnzimmer – entstehen, vom Vermieter zu tragen sind bzw. der Mieter Ersatz seiner eigenen Kosten über § 554 Abs. 4 BGB verlangen kann. Seinem Kostenerstattungsanspruch kann nicht entgegengehalten werden, dass er die Gegenstände bei Mietende ohnehin entfernen müsste; etwas 1 Zum Fall: Der Mieter ist nicht verpflichtet, seine Einrichtungen zum Zweck der Heizungsreparatur auszubauen; er hat einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Kosten, s. jetzt § 554 Abs. 4 BGB.

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Rn. VII 123

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

anderes kann nur in Betracht kommen, wenn er in naher Zukunft zu einem bestimmten Termin räumen müsste, LG Hamburg WuM 1993, 399.

Allerdings wird man in engen Grenzen eine Mitwirkungspflicht des Mieters aus §§ 242, 254 Abs. 2 BGB (Gesichtspunkt des Verschuldens gegen sich selbst) anerkennen müssen.1 Das betrifft etwa das Abdecken und Abrücken von Möbeln. Diese Nebenpflicht hängt aber von den persönlichen (z.B. Alter und Gesundheit) und wirtschaftlichen Verhältnissen des Mieters ab, dagegen LG Berlin WuM 1996, 143.

Die Duldungspflicht kann so weit gehen, dass der Mieter erforderlichenfalls die Wohnung vorübergehend räumen muss (z.B. bei Schwammbekämpfung), vgl. LG Saarbrücken NJW 1956, 637, LG Frankenthal MDR 1957, 42, LG Braunschweig DWW 1965, 85.

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Der Vermieter muss nach Durchführung seiner Arbeiten den früheren Zustand des Mietobjekts wiederherstellen, LG Bonn WuM 1990, 388 für abschließbare Balkontüren, LG Berlin NZM 1998, 432 für Außenjalousien; der Mieter braucht sich nicht auf Innenjalousien verweisen zu lassen.

Das gilt auch für den dekorativen Zustand, auch wenn der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam übernommen hat. Anders dürfte es sich verhalten, wenn Schönheitsreparaturen ohnehin fällig wären und vom Mieter hätten durchgeführt werden müssen. In diesem Fall hat der Vermieter aber etwaige Mehrkosten zu tragen, s. LG Aachen WuM 1991, 341.

124

Dem Mieter steht gegenüber dem Duldungsanspruch des Vermieters kein Zurückbehaltungsrecht zu, sofern seine Gegenansprüche nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Duldungspflicht stehen,2 LG Berlin ZMR 1996, 93.

Das ist wegen des Anspruchs des Mieters auf Vorschuss nach § 554 Abs. 4 BGB der Fall. 125

Die Duldungspflicht lässt die Gewährleistungsrechte des Mieters im Wesentlichen unberührt. Das gilt ohne Einschränkung für die Mietminderung nach § 536 BGB. Die Auffassung, dass sich die Duldungspflicht für die Reparaturmaßnahmen für die Dauer der Maßnahmen auf die vertraglich geschuldete Beschaffenheit der Mietsache in der Weise auswirkt, dass sich allein aus dem in Reparatur befindlichen Zustand kein Mangel ableiten lässt (OLG Hamm – Urt. v. 17.2.1999 – NZM 1999, 804 für Öffnung der Decke und provisorische Dachabdichtung), trifft jedenfalls für die Mietminderung nicht zu. 1 So zu § 554 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 36; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 39. 2 So h.M., s. nur Blank/Börstinghaus BGB § 554 Rn. 35.

928

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 129

Die Minderung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Vermieter dem Mieter andere zumutbare Räumlichkeiten zur Verfügung stellt; denn dieser Umstand vermag sich zwar auf einen Schadensersatzanspruch, nicht jedoch auf die kraft Gesetzes eintretende Minderung bezüglich des vertraglichen Leistungsgegenstandes auszuwirken.1

126

Handelt es sich um Erhaltungsmaßnahmen, die vom Mieter zu dulden sind, so haftet der Vermieter für etwaige Schäden nicht schon deshalb, weil er die Maßnahmen veranlasst hat, sondern nur für den Fall, dass er oder Personen, für die er nach § 278 BGB einzustehen hat, den Schaden beim Mieter schuldhaft verursacht haben. Anderenfalls würde dem Duldungsanspruch eine Gefährdungshaftung des Vermieters gegenüberstehen, die normwidrig wäre. Dem Schutzbedürfnis des Mieters gegenüber seiner Duldungspflicht wird durch den Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 554 Abs. 4 BGB Rechnung getragen, der auch die Kosten einer Ersatzbeschaffung einschließen kann. Zu einer Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist er nur berechtigt, soweit der Mietgebrauch über die Einwirkungen auf Grund seiner Duldungspflicht hinaus beeinträchtigt wird. Dient die Maßnahme dazu, einen Mangel zu beseitigen, für den der Vermieter nach § 536a BGB einzustehen hat, so ist der Mieter zwar zur Duldung verpflichtet, durch die Beseitigungsmaßnahme verursachte Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs sind jedoch Folgeschäden, für die der Vermieter ebenfalls haftet. Anders als bei sonstigen Erhaltungsmaßnahmen steht dem Mieter hier auch das Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. Für eine einstweilige Verfügung auf Duldung wird es in der Regel am Verfügungsgrund fehlen, es sei denn, dass es sich um unaufschiebbare Maßnahmen zur Gefahrenabwehr oder Verhinderung einer wesentlichen Schadensvergrößerung handelt.

127

b) Duldung von Modernisierungsmaßnahmen Wie schon im Verhältnis von § 541b BGB a.F. zu § 3 MHG decken sich die Maßnahmen, die der Mieter einerseits dulden muss und deretwegen der Vermieter andererseits die Miete nach § 559 BGB erhöhen darf, nicht vollständig. So besteht die Duldungspflicht auch für Maßnahmen, die nicht nachhaltig zu einer Energieeinsparung oder Modernisierung führen, während das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit Voraussetzung für eine Mieterhöhung ist. Während die Duldungspflicht sich auch auf Maßnahmen zur Schaffung von neuem Wohnraum bezieht, ist sie für Maßnahmen auf Grund von Umständen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, deretwegen jedoch eine Mieterhöhung durchgeführt werden kann, nicht geregelt.

128

Materiell ist die Duldungspflicht über die Einsparung von Heizenergie und Wasser hinaus auf alle Maßnahmen zur Einsparung von Energie erweitert

129

1 Anders Horst NZM 1999, 193, 194.

929

Rn. VII 130

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

worden. Das gilt sowohl für die Duldung als auch für daraus resultierende Mieterhöhungen. Gedacht ist insbesondere an Maßnahmen zur Einsparung von Strom.1 Daneben steht die Einsparung von Heizenergie.2 Sonstige umweltschonende Maßnahmen (z.B. zur Vermeidung von Müll) oder Einsparung von Bewirtschaftungskosten (z.B. Rückbaumaßnahmen) werden nicht erfasst. 130

Hat der Vermieter das Mietverhältnis fristlos gekündigt, so soll er infolge der Beendigung des Mietverhältnisses keinen Anspruch auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen mehr haben, LG Berlin NZM 1999, 1137.

Dagegen bestehen Bedenken; denn die Duldungspflicht des Mieters wirkt im Rahmen des Abwicklungsverhältnisses für die Dauer der Vorenthaltung nach. Der Sinngehalt des § 546a BGB, den bisherigen Mieter, der die Mietsache weiter nutzt, nicht besser zu stellen, als den Mieter bei fortbestehendem Mietverhältnis, ist auch bei der Auslegung des § 554 BGB zu beachten und rechtfertigt jedenfalls eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung im Abwicklungsverhältnis. Allerdings dürfte einer Duldungsklage, die zugleich mit der Räumungsklage erhoben wird, das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. 131

Die Duldungspflicht des Mieters ist nach wie vor durch Härtegründe, die er darlegen muss, begrenzt. Der Personenkreis, für den Härtegründe gegeben sein können, ist aber erweitert: Außer dem Mieter und seiner Familie zählen hierzu jetzt auch andere Angehörige seines Haushalts (s. dazu Rn. VII 136). Die Formalien der Modernisierungsankündigung sind geringfügig abgesenkt worden (§ 554 Abs. 3 Satz 1 BGB, s. Rn. VII 150); dagegen ist die Ankündigungsfrist von zwei Monaten auf drei Monate verlängert worden, vor deren Ablauf der Duldungsanspruch nicht fällig wird. aa) Voraussetzungen des Duldungsanspruchs

132

Der Anspruch des Vermieters bezieht sich nur auf Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie und Wasser sowie zur Schaffung von neuem Wohnraum. Die Duldungspflicht des Mieters bezüglich anderer baulicher Maßnahmen, die auf Umständen beruhen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, folgt nicht schon aus § 554 Abs. 1 BGB, sondern lässt sich nur aus § 242 BGB ableiten (s. Rn. VII 107). Der Begriff der Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache deckt sich mit dem Modernisierungsbegriff in § 559 Abs. 1 BGB (s. Rn. IV 306 f.). Die Legaldefinitionen in §§ 3, 4 ModEnG haben trotz Aufhebung dieser Vorschriften3 Leitbildcharakter, und zwar auch für die Gewerberaummiete, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – NZM 2002, 737 = ZMR 2002, 819. 1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 49. 2 S. zur EnEV 2004: Kinne ZMR 2004, 397; zur EnEV 2007: Artz WuM 2008, 259; Blank WuM 2008, 311; Horst NZM 2008, 145; Stangl ZMR 2008, 14. 3 Art. 36 des Gesetzes v. 16.12.1986 – BGBl. I 2441.

930

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 134

Ebenso verhält es sich mit dem Begriff der Energieeinsparmaßnahmen (s. Rn. IV 328 f.). Ob sich die Einsparung auf Primärenergie oder Endenergie bezieht, ist noch nicht abschließend geklärt. Der BGH neigt Ersterem zu,1 BGH – Urt. v. 24.9.2008 – NZM 2008, 883 = WuM 2008, 667.

Zweifelhaft erscheint, ob der Mieter den Austausch älterer, aber noch funktionsfähiger Erfassungsgeräte gegen modernere dulden muss,2 bejahend: AG Frankfurt a.M. ZMR 2006, 292, AG Lichtenberg GE 2007, 1054, verneinend: LG Kassel GE 2006, 1614 = NZM 2006, 818.

Jedenfalls berechtigt dies den Vermieter nicht, die Miete nach § 559 BGB zu erhöhen (s. Rn. IV 342). Dagegen ist der erstmalige Einbau von Rauchmeldern als Modernisierungsmaßnahme gewertet worden,3 AG Lübeck ZMR 2008, 302, AG Hamburg-Wandsbek ZMR 2009, 47.

Maßnahmen zur Schaffung neuen Wohnraums können die Mieträume selbst betreffen, wie etwa das Zusammenlegen kleinerer Wohnungen, Vergrößern der Wohnung durch Hinzunahme von Gemeinschaftsflächen, oder sich auf das Mietgebäude beziehen, wie die Aufstockung oder der Dachgeschossausbau. Sie dürfen jedoch nicht zu einer Umgestaltung des Mietobjekts führen,4

133

LG Duisburg NZM 2000, 1000, LG Hamburg ZMR 2007, 455 für die Aufstockung eines gemieteten Reihenhauses, bestätigt durch BGH – Beschl. v. 28.11.2007 – ZMR 2008, 116, LG Berlin WuM 2007, 322 für Anbau eines Balkons an den Wintergarten der Mietwohnung, wodurch die Nutzung des Wintergartens entwertet wird; ebenso AG Hamburg-Altona/LG Hamburg WuM 2008, 27, 28.

Das ist insbesondere bei Grundrissveränderungen problematisch (s. Rn. VII 139). Die Duldungspflicht bezieht sich bei teleologischer Auslegung des § 554 Abs. 2 BGB auch auf bauliche Maßnahmen in anderen Wohnungen des Gebäudes,5 BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 697 = WuM 2005, 576 = ZMR 2005, 851, ebenso AG Hamburg ZMR 2004, 825 für die Pflicht zur Ankündigung der Maßnahme.

Jedenfalls lässt sich eine entsprechende Pflicht aus § 242 BGB ableiten.

1 Zum Fall: Anschluss einer mit einer Gasetagenheizung ausgestatteten Mietwohnung an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz. 2 Zum Beispiel Austausch von Verdunstergeräten gegen elektronisch gesteuerte Wärmemengenzähler. 3 S. dazu Schumacher NZM 2005, 641; Ruff DWW 2006, 98; Schickedanz ZMR 2007, 669. 4 Zum Fall: Vergrößerung der Wohnfläche um 27,5% durch Ausbau des Spitzbodens und Verbindung mit der Wohnung im Obergeschoss. 5 Zum Fall: Durchführung eines Kabels durch die Mietwohnung für den Fernsehempfang in der darüberliegenden Wohnung.

931

134

Rn. VII 135

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

aaa) Zumutbarkeit 135

Der Mieter braucht die Maßnahmen nach § 554 Abs. 2 BGB nur insoweit zu dulden, als es ihm zuzumuten ist. Dies hängt von einer Interessenabwägung ab. Bei der Prüfung, ob eine nicht zu rechtfertigende Härte vorliegt, sind insbesondere folgende Umstände mit zu berücksichtigen: – die Auswirkungen der durchzuführenden Arbeiten (z.B. Lärm, Schmutz), – deren Folgen für den Mietgebrauch, – vorausgegangene Verwendungen des Mieters, – die zu erwartende Mieterhöhung, sofern nicht nur ein allgemein üblicher Zustand geschaffen wird. Der Mieter trägt die Beweislast für das Vorliegen von Härtegründen, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 Tz. 16 = NZM 2008, 283 = ZMR 2008, 519.

136

Für die Unzumutbarkeit kommt es nicht nur auf die Person des Mieters an, sondern auch auf die zu seiner Familie zählenden Personen sowie nunmehr außerdem auf die Belange von Angehörigen seines Haushalts, wobei die bloße Haushaltszugehörigkeit – anders als das Führen eines gemeinsamen Haushalts, s. § 563 BGB – ausreicht.1

137

Soweit zu Gunsten des Vermieters die berechtigten Belange anderer Mieter des Gebäudes zu berücksichtigen sind, kann dies auch für die Mieter einer Wirtschaftseinheit gelten.2 Handelt es sich um eine Mietwohnung in einer Eigentumswohnanlage, so sind ferner die Interessen anderer Wohnungseigentümer zu berücksichtigen, wenn die baulichen Maßnahmen sich auf Teile des Gemeinschaftseigentums beziehen.3

138

Die Unzumutbarkeit kann auch daraus folgen, dass dem Mieter bei Durchführung der Maßnahme wegen hohen Alters oder Krankheit Gefahren für Leben oder Gesundheit drohen,4 BVerfG – Beschl. v. 14.1.1992 – WuM 1992, 104, 106.5

Dafür reichen jedoch subjektiv begründete Ängste eines alten Mieters (vor der Energiequelle Erdgas) nicht aus, selbst wenn sie Krankheitswert haben, anders aber LG Köln WuM 2002, 669.

1 Dazu Sternel PiG 62 (2002) S. 89, 101 f.; ferner zu § 554 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 20; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 194. 2 Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 554 Rn. 61; a.A. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 238. 3 Blank/Börstinghaus BGB § 554 Rn. 25; a.A. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 234. 4 Lammel BGB § 554 Rn. 58. 5 Zum Fall: Die bereits rechtskräftig zur Räumung verurteilte Mieterin wehrte sich gegen eine vorzeitige modernisierungsbedingte Freimachung ihrer Wohnung wegen erheblicher gesundheitlicher Beschwerden. Ihre Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das BVerfG legte hierbei die zu § 765a ZPO entwickelten Maßstäbe an.

932

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 139

Die Unzumutbarkeit kann sich aus der baulichen Maßnahme oder ihren Folgen ergeben.1 Letzteres gilt insbesondere, wenn die Wohnfläche erheblich verkleinert oder vergrößert oder der Grundriss nicht nur unwesentlich verändert wird, LG Frankfurt a.M. WuM 1986, 138, LG Duisburg NZM 2000, 1000,

einschränkend aber BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 Tz. 16 = NZM 2008, 283 = ZMR 2008, 519: Umbau bzw. Einbau eines Bades unter Wegfall der Speisekammer, s. auch KG – Urt. v. 10.5.2007 – GE 2007, 907 für Einbau eines Bades mit Innen-WC in die nur 11 qm große Küche, deren Fläche danach nur noch 7 qm beträgt, AG Neuköln GE 2006, 1043/LG Berlin GE 2006, 1045: Verkleinerung des Bades im Zuge einer Badmodernisierung.

Wird durch die geplante Fenstermodernisierung mit dreiflügeligen Fensterelementen der Lichteinfall in die Wohnung erheblich und nachteilig verschlechtert (hier: Verkleinerung der Glasfläche um ca. ein Drittel), so braucht der Mieter die Maßnahme nicht zu dulden, AG Hamburg WuM 1999, 160, s. auch AG Köln WuM 1979, 242.

Der Mieter muss den Anbau eines Balkons nicht dulden, wenn die Wohnung dadurch einen anderen Zuschnitt erhält und damit eine wesentliche Mieterhöhung (von 630 DM auf 840 DM) verbunden ist. Der gewonnene Wohnwert steht in keinem Verhältnis zur Mieterhöhung. Braucht der Mieter den von außen angebauten Balkon nicht zu dulden, so gilt das auch für die Balkontüröffnung, AG Wiesbaden WuM 2002, 309, s. auch LG Berlin WuM 2007, 322: Anbau eines Balkons an den Wintergarten der Mietwohnung, wodurch die Nutzung des Wintergartens entwertet wird, ebenso LG Hamburg, AG Hamburg-Altona WM 2008, 27, 28 = ZMR 2008, 214; anders LG Berlin GE 2008, 201, WuM 2008, 85 für Balkonanbau; dagegen LG Duisburg NZM 2000, 1000: keine Duldungspflicht bei Vergrößerung der Wohnfläche um 27,5%, Mietsteigerung um 41,47%.

Der Mieter einer Erdgeschoss-Wohnung braucht die Errichtung einer Container-Müllbox im Vorgarten vor seinem Schlafzimmerfenster auch dann nicht zu dulden, wenn die Mehrheit der Mieter die zulässige und modernisierende Maßnahme des Vermieters begrüßt. Entscheidend ist, ob dem ErdgeschossMieter der Standort der Müllbox zuzumuten ist, AG Hamburg WuM 2002, 487.

Keine Duldungspflicht besteht, wenn die Maßnahme zu einer Umgestaltung des vertraglichen Zustandes – festgelegt durch eine Beschaffenheitsvereinbarung – führen würde,

1 Beispiele: Installation einer Fußbodenheizung in einer Altbauwohnung statt Verwendung der üblichen Heizkörper; Einbau einer Nachtstromheizung in das nur 12,5 qm große Schlafzimmer der hochbetagten Mieterin, so dass nur noch ein Durchgang von 40 cm bleibt und eine Ummöblierung nicht möglich ist, LG Hamburg WM 1989, 174.

933

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Rn. VII 140

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

s. auch KG – RE v. 22.6.1981 – NJW 1981, 2307 = WuM 1981, 198 = ZMR 1981, 329: Erhebliches Gewicht kommt der Frage zu, ob durch die vom Vermieter gewollten Verbesserungsmaßnahmen das bisherige Mietverhältnis in seinem Kern derart umgestaltet wird, dass die Identität mit dem bisherigen Vertragsverhältnis verloren geht. ... Das Gestaltungsrecht des Vermieters darf mit dem Gebot der Vertragstreue ... nicht in einen unvereinbaren Widerspruch treten. Der Mieter, der eine Wohnung mit bisher als normal angesehener Ausstattung gemietet hat, braucht es gegen seinen Willen nicht hinzunehmen, dass die Wohnung einen wesentlich anderen Zuschnitt erhält, wenn dieser Umstand zu einer unverhältnismäßigen Mieterhöhung führt. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht entscheidend, ob der Mieter auf Grund seiner finanziellen Lage imstande wäre, ohne größere persönliche Einschränkungen die höhere Miete zu zahlen. S. auch BGH – Beschl. v. 28.11.2007 – ZMR 2008, 116, Bestätigung von AG Hamburg-Blankenese/LG Hamburg ZMR 2007, 455.1

140

Die Unzumutbarkeit kann sich ferner aus dem Zeitpunkt der Durchführung der geplanten Arbeiten ergeben, AG Köln WuM 1998, 315 für Einbau einer Gasetagenheizung unmittelbar vor Weihnachten.

141

Vertragsgemäße Investitionen des Mieters stehen einer Modernisierung des Vermieters nicht dauerhaft entgegen (s. Rn. IV 326). Jedoch können sie die Maßnahmen des Vermieters eine zeitlang blockieren, solange der Mieter noch nicht Gelegenheit hatte, die von ihm geschaffenen Werte ausreichend lange zu nutzen. Das bestimmt sich nach objektiven Maßstäben auf der Grundlage, die für abwohnbare verlorene Baukostenzuschüsse geregelt ist.2 Danach gilt ein Investitionsaufwand in Höhe einer Jahresmiete nach einer Mietzeit von 4 Jahren als abgewohnt. Soweit Maßnahmen des Mieters zum Teil mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sind, sind diese nicht als Mieteraufwand zu berücksichtigen, LG Berlin NZM 1999, 1036 = ZMR 1999, 554.3

Etwas anderes wird zu gelten haben, wenn dem Mieter die Mittel nur darlehnsweise gewährt worden sind. 142

Hat der Mieter bauliche Maßnahmen auf Grund einer mit dem Vermieter getroffenen Modernisierungsvereinbarung vorgenommen, so fehlt es bereits am Modernisierungstatbestand; die Vereinbarung bewirkt einen Modernisierungsausschluss bezüglich der betreffenden Maßnahme, sofern nichts anderes zwischen den Parteien geregelt worden ist, KG – Beschl. v. 28.8.2008 – WuM 2008, 597 = ZMR 2009, 32.4

143

Die Zumutbarkeit ist schließlich zu verneinen, wenn die Mietbelastung infolge der Mieterhöhung einschließlich der modernisierungsbedingten Betriebs-

1 Zum Fall: Aufstockung eines gemieteten Reihenhauses. 2 S. dazu: Das Gesetz zur Rückerstattung von Baukostenzuschüssen, Art. VII WoBauÄndG 1961 v. 21.7.1961, BGBl. I 1041. 3 Insoweit anders Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 213. 4 Sternel PiG 62 (2002) S. 90, 113; ferner Blank/Börstinghaus BGB § 554 Rn. 30.

934

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 145

kostenmehrbelastung für den Mieter zu hoch ist. Dabei ist auf das Familieneinkommen abzustellen. Auch ist dem Mieter zuzumuten, Wohngeld oder andere Sozialleistungen nach § 22 SGB II zu beanspruchen, KG – RE v. 28.5.1982 – WuM 1982, 293 = ZMR 1982, 318, KG – Urt. v. 10.5.2007 – GE 2007, 907.

Macht der Mieter von dem ihm zustehenden Anspruch auf Wohngeld keinen Gebrauch, muss er sich wegen seiner Duldungspflicht so behandeln lassen, als würde ihm Wohngeld gewährt (KG a.a.O.).

144

Bleibt nach Modernisierung der Wohnung die zu erwartende Miete innerhalb des Bereichs der vollständigen Förderungsfähigkeit nach dem Wohngeldgesetz, so soll die Unzumutbarkeit nicht auf die Untragbarkeit der Mieterhöhung gestützt werden können, LG Köln WuM 1992, 431.

Gesicherte Kriterien für die noch tragbare Mietbelastung – etwa in Gestalt von Prozentsätzen der Mietbelastung im Verhältnis zum Einkommen – bestehen nicht (KG – RE v. 22.6.1981 – NJW 1981, 2307 = WuM 1981, 198), wenngleich statistische Daten aufschlussreich sein können.1 Vielmehr ist auf den einzelnen Fall abzustellen, wobei Familiengröße und sozialer Stand eine Rolle spielen, KG – Urt. v. 10.5.2007 – GE 2007, 907: Eine Verdopplung der Miete von 101 Euro auf 206 Euro ist zumutbar, wenn der Mieter Sozialleistungen (nach § 22 SGB II) beziehen kann; LG Hamburg WuM 1989, 174: Eine Mieterhöhung von 330 DM auf 410 DM bei einer Rente von 1115 DM ist nicht tragbar; LG Frankfurt a.M. WuM 1986, 312, das einen Anteil von 20% des Nettoeinkommens für die Miete als üblich ansieht und einen Rechtssatz verneint, wonach der Mieter die Modernisierung nicht zu dulden brauche, wenn sich der Mietzins dadurch um 50% erhöhe; LG Berlin WuM 1990, 206: Eine Mieterhöhung von 644,23 DM auf 815,70 DM + 260 DM Heizkostenvorauszahlung ist bei einem Einkommen von 3436 DM tragbar für einen allein-verdienenden Mieter mit Ehefrau und 2 Kindern; eine monatliche Ratenkreditbelastung von 518 DM ist unbeachtlich; LG Berlin ZMR 1992, 546: Bedenken gegen die finanzielle Zumutbarkeit bestehen, wenn sich die bisherige Miete auf Grund der Modernisierungsumlage um 110% erhöht; LG Berlin WuM 1993, 186: Bei einer Mietbelastung von 25–30% des Nettoeinkommens des Mieters (einschließlich Wohngeld) ist eine finanzielle Härte zu bejahen;

1 Zur Mietbelastung von Hauptmieterhaushalten s. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wohnen und Bauen in Zahlen 2007, S. 43: Folgende Parameter sind zu beachten: Haushaltsgröße – monatliches Haushaltsnettoeinkommen – Erwerbssituation – Alter der Bezugsperson – Einzugsjahr des Haushalts. Die Durchschnittsbelastung der Bruttokaltmiete am Nettoeinkommen von 22,7% ist wenig aussagekräftig. Sie liegt bei Ein-Personen-Haushalten, niedrigem Einkommen, Erwerbslosen, auch Rentnern, älteren Mitbürgern und späterem Einzugsjahr als 2001 deutlich über dem Durchschnitt. S. auch zu § 554 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 23; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 222.

935

145

Rn. VII 146

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

LG Berlin MM 1994, 102: Bei einem Einkommen von über 1500 DM netto ist eine Bruttokaltmiete von 30% des Nettoeinkommens zumutbar; LG Berlin NZM 1999, 705: Die Erhöhung der Miete von 877 DM um 281 DM ist für eine dreiköpfige Familie, die auf Arbeitslosengeld angewiesen ist, eine Härte; LG Duisburg NZM 2000, 1000: Eine Erhöhung der preisgebundenen Miete um knapp 42% wegen einer Vergrößerung der Wohnfläche um 27,5%, so dass die Miethöhe einen Spitzenwert nach dem Mietspiegel bilden würde, ist dem Mieter nicht zuzumuten.

146

Unabhängig vom sozialen Aspekt muss im Rahmen der Zumutbarkeit aber auch geprüft werden, ob die Verbesserung objektiv in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erwartenden Mieterhöhung steht; denn der Mieter, der eine Wohnung mit bisher als normal angesehener Ausstattung gemietet hat, braucht es gegen seinen Willen nicht hinzunehmen, dass die Wohnung einen wesentlich anderen Zuschnitt erhält, wenn dieser Zustand zu einer unverhältnismäßigen Mieterhöhung führt, auch wenn der Mieter auf Grund seiner finanziellen Lage imstande wäre, ohne größere persönliche Einschränkungen die höhere Miete zu zahlen, KG – RE v. 22.6.1981 – NJW 1981, 2307 = WuM 1981, 198 = ZMR 1981, 309.

147

Auf die künftige Mietbelastung kommt es nicht an, wenn der Vermieter nur den allgemein üblichen Zustand erstellen will. Der BGH hat den „allgemein üblichen Zustand“ dann als gegeben angesehen, wenn er bei mindestens zwei Dritteln der Mieträume in Gebäuden gleichen Alters innerhalb der Region angetroffen werde, BGH – RE v. 19.2.1992 – BGHZ 117, 217 = NJW 1992, 1386 = WuM 1992, 181 = ZMR 1992, 234.

Der BGH stellt auf den tatsächlich vorhandenen Ist-Zustand, nicht auf einen erst anzustrebenden Soll-Zustand ab. Dementsprechend kann es nicht darauf ankommen, ob die Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters nach der Verkehrsauffassung als wohnungswirtschaftlich objektiv notwendige und wirtschaftlich vernünftige Grundausstattung anzusehen sind (so aber das vorlegende OLG Karlsruhe DWW 1991, 365 = WuM 1991, 575). Er hat von seiner Entscheidung zwar das Beitrittsgebiet ausgenommen; jedoch dürfte diese Einschränkung durch die dortige Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes obsolet geworden sein.1 Entsprechendes gilt, soweit für das Land Berlin nach den Verhältnissen der früheren Zuordnung in Ost- und Westberlin differenziert worden ist (LG Berlin WM 1993, 186). Nicht allgemein üblich soll der Einbau einer Gaszentralheizung an Stelle einer Nachtspeicherheizung und die Umrüstung von Kastendoppelfenstern auf isolierverglaste Kunststoff-Fenster sein (LG Berlin NZM 1999, 705). Durch die im letzten Jahrzehnt durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen dürfte eine andere Bewertung geboten sein. 1 Ebenso zu § 554 BGB: Lammel Rn. 219; MünchKomm/Schilling Rn. 27; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 233; kritisch dagegen Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 54, 55.

936

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 150

Nach bisher überwiegender Auffassung war bereits im Rahmen der Zumutbarkeit die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme im Vergleich zur späteren Mieterhöhung zu beachten,

148

so LG Berlin WuM 1996, 93, für einen Fall, in dem mit einer Mieterhöhung zu rechnen war, die 400% höher als die mit der Maßnahme verbundene Einsparung an Heizkosten war;1 LG Frankfurt a.M. WuM 2002, 171: Die Wirtschaftlichkeit ist schon bei der Duldungspflicht des Mieters nach § 554 BGB zu prüfen. Hat der Mieter der Maßnahme vertraglich zugestimmt, so kann er nicht nachträglich mit dem Einwand mangelnder Wirtschaftlichkeit gehört werden; anders LG Berlin ZMR 2003, 488: Das Wirtschaftlichkeitsgebot soll allenfalls die Kappung der Mieterhöhung rechtfertigen.

Diese Auffassung erscheint nach wie vor berechtigt, auch wenn der BGH entschieden hat, dass die Zulässigkeit einer Mieterhöhung wegen energiesparender Modernisierungsmaßnahmen im Grundsatz nicht durch das Verhältnis zu der hierdurch bewirkten Heizkostenersparnis (sog. Gebot der Wirtschaftlichkeit) begrenzt wird (Rn. IV 356 f.),

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BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 336 = WuM 2004, 285 = ZMR 2004, 424.

Durch die Entscheidung wird der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung nicht außer Kraft gesetzt. Jedoch ist eine pauschalierte Bewertung nicht mehr angängig, gemäß der eine Energiesparmaßnahme als unwirtschaftlich gilt, wenn die künftige Mieterhöhung mehr als doppelt so hoch wie die Kosten der eingesparten Energie ist. Vielmehr wird fallweise zu prüfen sein, ob eine Luxusmodernisierung vorliegt, die außer Verhältnis zum Gebrauchswert des Mietobjekts steht, oder ob offenbar unnötige und damit unwirtschaftliche Kosten entstanden sind, wobei jedoch die Dispositionsbefugnis des Vermieters als Eigentümers beachtet werden muss.2 Zwar wird sich die Unwirtschaftlichkeit erst im Rahmen des Mieterhöhungsverfahrens nach § 559 BGB auswirken. Indes wäre es unökonomisch, dem Vermieter einerseits die Möglichkeit zu gewähren, die Maßnahme durchzuführen, ihm jedoch andererseits im Nachhinein zu attestieren, dass ihm daraus mangels Wirtschaftlichkeit keine Mieterhöhung erwächst. bbb) Modernisierungsankündigung Der Duldungsanspruch des Vermieters wird erst fällig, wenn dieser die Maßnahme gegenüber dem Mieter nach § 554 Abs. 3 BGB angekündigt hat. Die ordnungsmäßige Modernisierungsankündigung ist Fälligkeitsvoraussetzung, OLG München – Beschl. v. 29.7.1991 – WuM 1991, 481: Die form- und fristgerechte Mitteilung mit den vorgeschriebenen Angaben gemäß § 541b BGB a.F. (= § 554 Abs. 3 BGB) ist Voraussetzung für die Fälligkeit der Duldungsverpflichtung des Mieters, so dass diese bei fehlender oder unzulänglicher Mitteilung nicht besteht. 1 Dagegen Bruhn WuM 1996, 536, der diese Prüfung allenfalls im Rahmen von § 3 MHG (jetzt § 559 BGB) für zulässig hält. 2 So kann dem Vermieter z.B. nicht vorgehalten werden, dass er wertvolleres Material als unbedingt erforderlich – Tropenholz statt Kiefer für neue Fenster – verwendet habe.

937

150

Rn. VII 151

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Sie ist also nicht Tatbestandsvoraussetzung für den Duldungsanspruch selbst. Darüber hinaus hat sie Auswirkungen auf den Anspruch des Vermieters auf eine Mieterhöhung nach § 559 BGB (s. Rn. IV 351). 151

Die Ankündigung ist eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, auf die die Grundsätze für einseitige empfangsbedürftige Willenerklärungen anzuwenden sind. Das gilt etwa, wenn die Vermieter- oder Mieterseite aus einer Personenmehrheit besteht,1 LG Mannheim WuM 1987, 385: Die Modernisierungsankündigung muss grundsätzlich im Namen aller Vermieter abgegeben werden.

Wird die Ankündigung von einem Bevollmächtigten des Vermieters erklärt, so kann der Mieter diese nach Maßgabe des § 174 BGB zurückweisen, wenn eine (Orginal-)Vollmacht nicht beigefügt war. Bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite genügt die Erklärung gegenüber einem Mieter, sofern der Mietvertrag eine wirksame Vollmachtsklausel enthält (s. Rn. II 277) und aus der Erklärung hervorgeht, dass der Mieter nicht nur in seiner Eigenschaft als Vertragspartner, sondern auch als Bevollmächtigter seiner Mitmieter angesprochen wird. 152

Wird das Mietobjekt vom Vermieter nach der Ankündigung veräußert und beabsichtigt der Erwerber, die angekündigte Maßnahme durchzuführen, so wirkt die Ankündigung zu seinen Gunsten nach § 566 BGB fort, LG Berlin GE 1999, 1359.

Zur Ermächtigung des noch nicht als Eigentümer ins Grundbuch eingetragenen Erwerbers seitens des Vermieters, die baulichen Maßnahmen durchzuführen und die Miete zu erhöhen (s. Rn. IV 303), BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NJW 2008, 1218 = NZM 2008, 283 = WuM 2008, 219 = ZMR 2008, 519.

153

Die Ankündigung bedarf nur noch der Textform (§ 126b BGB) an Stelle der nach früherem Recht erforderlichen gesetzlichen Schriftform. Eine Bezugnahme auf Anlagen ist unter Berücksichtigung der sog. Auflockerungsrechtsprechung des BGH zur gesetzlichen Schriftform des § 550 BGB (s. Rn. I 121 f.) zulässig, ebenso die Bezugnahme auf (bestimmte) frühere Mitteilungen. Das ändert nichts daran, dass die Ankündigung in einem einheitlichen Vorgang (uno actu) zu erfolgen hat, s. Rn. VII 156. Im Einzelfall kann die Berufung des Mieters auf die fehlende Form der Ankündigung gegen Treu und Glauben verstoßen, etwa wenn der Mieter über alle Informationen verfügt und die Ankündigungsfrist abgelaufen ist, LG Mannheim WuM 1987, 385.2

154

Die Ankündigungsfrist von nunmehr 3 Monaten vor Beginn der Maßnahme hat den Charakter einer Überlegungsfrist; ihr Ablauf ist mithin ebenfalls Fäl1 S. zu § 554 BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 115, 119; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 253, 290, 292. 2 Zum Fall: Die Ankündigung war nur von einem der Vermieter erklärt worden.

938

Rn. VII 157

Duldungsanspruch des Vermieters

ligkeitsvoraussetzung; vor ihrem Ablauf braucht der Mieter keinerlei Maßnahmen zu dulden. Diese früher ausdrücklich geregelte Folge ergibt sich nunmehr aus dem Gleichlauf von Ankündigungsfrist und Kündigungsmöglichkeit in § 554 Abs. 3 BGB. Maßgebend für den Beginn der Frist ist der Zugang der Ankündigung beim Mieter. Für die Berechnung der Frist kommt es auf den angekündigten Beginn der baulichen Maßnahme an.1 Die erforderlichen Angaben der Modernisierungsankündigung sind durch das MRRG nur unwesentlich erleichtert worden, wie ein Vergleich mit der bisherigen Rechtslage zeigt: § 541b BGB a.F.: Art Umfang Beginn voraussichtliche Dauer zu erwartende Mieterhöhung

155

§ 554 Abs. 3 BGB: Art voraussichtlicher Umfang voraussichtlicher Beginn voraussichtliche Dauer zu erwartende Mieterhöhung

Die Erleichterung besteht darin, dass der Vermieter „nur“ jeweils den voraussichtlichen Umfang und Beginn der Maßnahme sowie deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen braucht. Da er bisher auch kein Hellseher war, hatten schon nach bisherigem Recht seine Angaben nur prognostischen Charakter. Der nach § 554 Abs. 3 BGB notwendige Inhalt ist insgesamt und einheitlich in der Ankündigungserklärung zu vermitteln; die Information kann nicht scheibchenweise mitgeteilt werden, sondern muss in einer einheitlichen Erklärung vollständig enthalten sein,2

156

LG Berlin ZMR 1992, 546: keine sukzessive Ankündigung, LG Hamburg NZM 2001, 332 = WuM 2001, 359.

Das schließt jedoch eine Bezugnahme auf andere Schriftstücke nicht aus (zur Form s. Rn. VII 153). Teilinformationen können also nicht nachgeschoben werden.3 Anders verhält es sich mit bloßen Ergänzungen. Handelt es sich um mehrere Maßnahmen (z.B. Einbau von Bädern und Wärmedämmung), so müssen die Angaben für jede Maßnahme (und ggf. für jede Wohnung) aufgegliedert werden, LG Berlin GE 1996, 1115.

Im Einzelnen sind folgende Angaben erforderlich: Soweit es auf die Voraussichtlichkeit (bei Umfang, Beginn und Dauer) ankommt, genügen nicht bloß ungefähre Hinweise (wie „längere Zeit“, „mehre1 S. Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 554 Rn. 110. 2 So zu § 554 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 251; Palandt/Weidenkaff Rn. 25; anders MünchKomm/Schilling BGB § 554 Rn. 36, für „aufgelockerte“ Urkundeneinheit: Staudinger/Emmerich BGB § 554 Rn. 43. 3 Der Vermieter kann jedoch die nachgeschobene Teilinformation in eine neue Ankündigung kleiden, indem er auf die vorangegangene Ankündigung ausdrücklich Bezug nimmt. Das hat freilich den neuen Fristlauf zur Folge.

939

157

Rn. VII 158

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

re Wochen“). Vielmehr ist der Vermieter zu genaueren Angaben entsprechend seinem Informationsstand verpflichtet. Der Mieter muss sich nämlich hinreichend klare Vorstellungen machen können, welche Einwirkungen auf ihn in welchem zeitlichen Rahmen zukommen.1 Das soll nicht der Fall sein, wenn zwar der Beginn der baulichen Maßnahme angegeben wird, nicht jedoch deren Dauer, sondern es im Ankündigungsschreiben nur heißt, dass der Abschluss zu einem genannten Termin „geschafft sein sollte“, LG Berlin GE 2008, 201.

158

Zur Art der Maßnahme: Handelt es sich um mehrere Maßnahmen, so muss jede Maßnahme gesondert aufgeführt werden, LG Berlin ZMR 1992, 546: Bei mehreren Maßnahmen muss für jede einzelne Maßnahme Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeiten individuell angekündigt werden.

159

Zum Umfang der Maßnahme: Der Mieter muss darüber Aufschluss erhalten, was in der Wohnung verändert werden soll. Bei komplexen Baumaßnahmen muss eine detaillierte Spezifizierung erfolgen. Soll z.B. eine Heizung eingebaut werden, so ist anzugeben, wie viele Heizkörper an welcher Stelle montiert und wie die Leitungen geführt werden. Die Beifügung einer Skizze, die hierüber Aufschluss gibt, reicht aber aus, LG Hamburg WuM 1992, 121, LG Berlin ZMR 1992, 546, GE 2000, 126, LG Hamburg WuM 2005, 60: Erforderlich ist die konkrete Beschreibung des voraussichtlichen Zeitplans und der geplanten Maßnahmen (Wärmedämmung, Ersatz der vorhandenen Balkons durch vorgestellte Balkons); AG Gelsenkirchen WuM 1995, 480: Soll ein Bad eingebaut werden, so muss mitgeteilt werden, wie es ausgestattet werden soll, welche Sanitäreinrichtungen installiert werden, an welcher Stelle welche Einrichtungen angebracht werden sollen; AG Stuttgart WuM 2006, 33: Bei Einbau einer Zentralheizung sind mitzuteilen: Anzahl, Größe und Platzierung der Heizkörper, Verlauf der Leitungen, Anzahl und Lokalisierung der Wanddurchbrüche; s. auch AG Stuttgart WuM 2006, 255: Der Mieter muss überprüfen können, welche konkreten Auswirkungen die beabsichtigte Maßnahme hat.2

Jedoch müssen übliche Baumaßnahmen nicht detailliert beschrieben werden; nicht jede Einzelheit der Maßnahme und jede mögliche Auswirkung müssen mitgeteilt werden, insbesondere nicht der Ablauf der Arbeiten der einzelnen Gewerke, KG – Urt. v. 10.5.2007 – GE 2007, 907: Wird ein Raum neu geschaffen (hier: Einbau eines Bades in die Küche), so müssen der Standort des Heizkörpers und der Verlauf der Rohrleitungen nicht mitgeteilt werden.

Sollen die Fenster erneuert werden, so wird sich die Mitteilung des Vermieters auf die Anzahl und Art der Fenster (auch Anschlag, falls abweichend vom

1 S. Eisenschmid/Börstinghaus, Arbeitskommentar Neues Mietrecht S. 187. 2 Zum Fall: U.a. Grundrissveränderungen des WC zum Einbau einer Badewanne, Erneuerung der Sanitäranlagen in der Küche, Einbau einer Gasetagenheizung; der Ankündigung war keine Grundrissskizze beigefügt.

940

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 161

bisherigen Zustand, Oberlicht/Kämpfer) und deren Beschaffenheit (Holz, Kunststoff) beziehen. Zum Beginn und Dauer der Maßnahme: Hier werden möglichst präzise Angaben verlangt, wobei eine Schwankungsbreite der Angaben zum Beginn und zum Abschluss der Maßnahme um jeweils eine Kalenderwoche hinnehmbar ist.1 Nicht ausreichend sind Angaben, wie:

160

„Die Arbeiten können relativ kurzfristig durchgeführt werden“ (LG Berlin WuM 1987,386), „... sollen umgehend“ oder „demnächst beginnen und werden voraussichtlich bis zum ... dauern“ oder „werden voraussichtlich Mitte des Jahres“ (AG Hamburg WuM 1987,131) oder „im Herbst beginnen“ (LG Berlin WuM 1987, 386), „im Juni durchgeführt werden“ (LG Berlin GE 1994, 223), „in der Zeit zwischen dem 15.4. und 30.9.“ oder „im Sommer“ (AG/LG Köln WuM 1997, 212), oder Beginn „spätestens im April“, Abschluss der Arbeiten „Ende des Jahres“ (LG Hamburg WuM 2005, 60); „die Arbeiten werden 6 bis 8 Wochen dauern“ (AG Neukölln MM 1995, 174), „dieser Arbeitsschritt wird innerhalb weniger Tage ausgeführt“ (LG Berlin WuM 2008, 85).

Die Angabe eines bestimmten Zeitraums für die Durchführung der Arbeiten (14. April bis 30. April) reichte schon nach bisherigem Recht aus, LG Berlin ZMR 1999, 554.

Verzögert sich der Beginn der Arbeiten (außerprozessual) nicht nur ganz unerheblich, muss die Maßnahme erneut vollständig angezeigt werden, LG Berlin WuM 1989, 287.

In diesem Fall braucht die Ankündigungsfrist von 3 Monaten nicht erneut eingehalten zu werden; denn dies würde zu einem Zeitverlust führen, der nicht im Interesse der Vertragsparteien liegen kann.2 Den Belangen des Mieters ist damit gedient, dass er im Falle einer veränderten Sachlage eine erneute Zumutbarkeitsprüfung erreichen kann, wenn er der wiederholten Ankündigung widerspricht. Schwebt über den Duldungsanspruch ein Rechtsstreit, so ist es allerdings unerheblich, dass in dessen Verlauf der Beginn der Maßnahme sich verzögert; es bedarf hier keiner neuen Ankündigung, LG Berlin GE 1994, 455.

Eine Verzögerung um wenige Tage ist auf jeden Fall unschädlich. Welcher Verzögerungszeitraum hingenommen werden kann, hängt davon ab, was dem Mieter je nach dem Umfang der durchzuführenden Arbeiten noch zugemutet werden kann. Auf den Grund der Verzögerung kommt es dagegen nicht an, sofern er nicht in der Sphäre des Mieters liegt.3

1 S. zu § 554 BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 65; Lammel Rn. 73; Schmidt-Futterer/ Eisenschmid Rn. 269, 275; Kinne GE 2000, 1070, 1074. 2 S. zu § 554 BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 76; a.A. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 272; Lammel Rn. 78; es sei denn, dass die Verzögerung auf einem Verhalten des Mieters beruht. 3 S. auch Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 554 Rn. 70.

941

161

Rn. VII 162 162

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Die Mieterhöhung ist für jede Baumaßnahme gesondert und nachvollziehbar auszuweisen ist. Fraglich ist, ob sie auch berechnet werden muss oder die Mitteilung des Ergebnisses ausreicht (so LG Fulda ZMR 1992, 393). Dem Gesetz ist das Erfordernis der Berechnung nicht zu entnehmen, KG – Urt. v. 10.5.2007 – GE 2007, 907: Die betragsmäßige Angabe der Mieterhöhung reicht aus; der Vermieter muss keine Vorabberechnung mitteilen; ebenso LG Berlin MM 2005, 111.

Die Angabe einer prozentualen Steigerungsquote reicht aber nicht aus.1 163

Fallen infolge der bauliche Maßnahme Betriebskosten an, so hat der Vermieter dies – soweit voraussehbar – anzugeben,2 LG Berlin WuM 1991, 164, ZMR 1992, 546 (Wirksamkeitsvoraussetzung), LG Berlin GE 1994, 455, vgl. auch LG Nürnberg-Fürth WM 1993, 670: Bei Einbau einer Sammelheizung ist die voraussichtliche Heizkostenbelastung in der Ankündigung darzulegen; a.A. LG Fulda NJW-RR 1992, 658, = ZMR 1992, 393, wenn es sich um verbrauchsabhängige Kosten (hier: Heizkosten) handelt; offen gelassen von KG – Urt. v. 10.5.2007 – GE 2007, 907: Jedenfalls ist eine Angabe durch den Vermieter dann nicht erforderlich, wenn es sich um Gas- und Stromkosten handelt, für die der Mieter eigene Verträge mit den Versorgungsträgern abgeschlossen hat.

Hat der Vermieter Angaben zu den Betriebskosten unterlassen, so wirkt sich dieser Umstand auf Höhe und Wirkungszeitpunkt der späteren Mieterhöhung nicht aus (s. dazu Rn. IV 396).3 164

Teilt der Vermieter dem Mieter mit, dass die Maßnahme keine Mieterhöhung nach sich zieht, so muss er keine Angaben über eine theoretisch mögliche Mieterhöhung machen, BayObLG – RE v. 13.11.2000 – MDR 2001, 264 = NZM 2001, 89.

An die Erklärung bleibt er gebunden (BayObLG a.a.O.). 165

Schwebt über den Duldungsanspruch bereits ein Rechtsstreit, so kommt es auf eine ordnungsmäßige Ankündigung ausnahmsweise dann nicht an, wenn der Mieter zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung über alle Informationen, die nach § 554 Abs. 3 BGB mitzuteilen sind, verfügt und seit dieser Kenntnis die Ankündigungsfrist verstrichen ist, LG Mannheim WuM 1987, 385.

166

Die Ankündigungspflicht besteht nicht, wenn es sich um Bagatellmaßnahmen handelt, d.h. die Einwirkungen und die künftige Mieterhöhung allenfalls 1 S. zu § 554 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 30; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 277; a.A. Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 88. 2 S. zu § 554 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 46; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 92; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 277; nach Schmid GE 2000, 160, 163 kann eine unzumutbare Steigerung der Nebenkosten die Duldungspflicht des Mieters ausschließen. Nach Steike DWW 2000, 47, 49 Sp. 3 soll der Vermieter nur dann Angaben zum Grund zu machen haben, wenn es um die Neueinführung von Betriebskosten geht, nicht dagegen Angaben zur Höhe etwaiger Betriebskostensteigerungen. 3 Staudinger/Emmerich BGB § 554 Rn. 46; Sternel PiG Bd. 62 (2002) S. 89, 107.

942

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 169

unerheblich sind (§ 554 Abs. 2 Satz 4 BGB).1 Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Der Vermieter kann also umfangreiche bauliche Maßnahmen nicht zu Bagatellmaßnahmen umfunktionieren, indem er auf eine Mieterhöhung ganz oder zu einem wesentlichen Teil verzichtet. Die Geringfügigkeit ist bei einer Mieterhöhung bis zu 5% bejaht, LG Berlin WuM 1991, 482, LG Köln NZM 2005, 741,

bei einer solchen von 7,5% verneint worden, LG Detmold WuM 1990, 121, s. auch LG Köln NZM 2005, 742 bei einer für Energiesparmaßnahmen angekündigten Mieterhöhung von 17%.

bb) Inhalt und Rechtsfolgen des Duldungsanspruchs Die Duldungspflicht des Mieters nach § 554 BGB erschöpft sich in bloß passivem Verhalten; eine Mitwirkungspflicht besteht grundsätzlich nicht (s. dazu Rn. VII 120 f.),

167

KG – RE v. 1.9.1988 – NJW-RR 1988, 1420 = WM 1988, 379, KG – Beschl. v. 16.7.1992 – NJW-RR 1992, 1362 = WM 1992, 514.

aaa) Aufwendungsersatz Der Mieter hat einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen in angemessenem Rahmen, mithin für die objektiv erforderlichen Maßnahmen;2 er ist berechtigt, einen Vorschuss zu verlangen (§ 554 Abs. 4 BGB). Weiter gehend als nach bisherigem Recht steht ihm dieser Anspruch auch bei Erhaltungsmaßnahmen zu.

168

Die Angemessenheit richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, aber auch der Wirtschaftlichkeit und den Lebensverhältnissen des Mieters; ferner ist die Pflicht des Mieters zu berücksichtigen, die Kosten entsprechend den Grundsätzen der Schadensminderung gering zu halten. Bei erforderlichen Ersatzbeschaffungen ist ein Abzug „neu für alt“ zu machen.3 Zu den Aufwendungen zählen Renovierungskosten, es sei denn, dass eine Renovierung ohnehin erforderlich wäre,4 LG Aachen WuM 1991, 341; anders LG Dresden ZMR 1996, 267: Dem Mieter steht nur ein Schadensersatzanspruch nach § 536a BGB zu.5

1 S. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 295, 297; Staudinger/Emmerich BGB § 554 Rn. 48, 49. 2 S. Horst NZM 1999, 193, 194. 3 Darlegungspflichtig hierfür ist der Mieter, s. OLG Koblenz – Urt. v. 26.6.2003 – WuM 2003, 445 zum Schadensersatz. 4 S. zu § 554 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 51; Emmerich/Sonnenschein Rn. 33; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 338. 5 Das kann jedoch nur für Beschädigungen gelten, die über den Rahmen der zu duldenden Maßnahme hinausgehen, also nicht notwendig deren Folge sind.

943

169

Rn. VII 170

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Zu ersetzen sind jedoch Mehrkosten, z.B. für die Erstlackierung von Heizkörpern oder Heizungsrohren. Sind Schönheitsreparaturen noch nicht fällig, so braucht sich der Mieter keinen Kostenanteil wegen künftig ersparter Kosten anrechnen zu lassen; eine Quotenhaftungsklausel lässt sich nicht entsprechend anwenden.1 Der angemessene Rahmen für Renovierungskosten wird überschritten, wenn der Mieter geringfügige optische Beeinträchtigungen zum Anlass nimmt, nicht nur diese, sondern den gesamten Raum zu renovieren,2 AG/LG Dortmund NZM 2005, 664 = WuM 2006, 94, 95.

170

Erstattungsfähige Aufwendungen sind auch gegeben, wenn der Mieter Einrichtungen, mit denen er die Mietsache in vertraglich zulässiger Weise versehen hat (z.B. Nachtspeicherheizung), entfernen muss; dabei kommt es nicht darauf an, dass er im Falle einer späteren, aber noch nicht absehbaren Beendigung des Mietverhältnisses diese Gegenstände ohnehin auf seine Kosten hätte entfernen müssen, LG Hamburg WuM 1993, 399.

Ebenso schuldet der Vermieter Aufwendungsersatz, um eine im Zuge der Maßnahmen beseitigte mietereigene Anlage wiederherzustellen, anders noch LG Berlin NZM 1998, 661 für Entfernung einer Balkonverglasung anlässlich einer Fassadensanierung.

Dagegen kann der Mieter nicht Kosten- oder Wertersatz seiner früheren Aufwendungen für Einrichtungen verlangen, deren Entfernung er im Zuge der Fenstermodernisierung dulden muss, sofern der Vermieter keinen gewährleistungsrechtlichen oder sonstigen Haftungsgrund gesetzt hat, LG Berlin GE 1995, 309.

171

Auch die Kosten für eine vorübergehende Unterbringung in einem Pflegeheim (abzüglich ersparter Verpflegungskosten) kommen als Aufwendungen in Betracht, AG Genthin WuM 1995, 534, ebenso AG Hamburg-St. Georg WuM 2007, 262 für Pflegedienstleistungen.

172

Ferner kann Ersatz des eigenen Zeitaufwandes in angemessenem Rahmen verlangt werden (z.B. bei Wohnungsbeaufsichtigung),3 LG Hamburg WuM 1987, 386: 12 DM/h, AG Braunschweig WuM 1990, 340: 20 DM/h, AG Hamburg WuM 2007, 445: 10 Euro/h für Reinigungsarbeiten.

1 So auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 338; anders Lammel BGB § 554 Rn. 90. 2 Zum Fall: Optische Beeinträchtigungen durch ordnungsmäßige Verlegung eines Kabelkanals über der Tapete werden mit 100 Euro entschädigt statt der Renovierungskosten für den Raum in Höhe von 950 Euro. 3 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 336; einschränkend Lammel BGB § 554 Rn. 88.

944

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 175

Dagegen kann der Mieter nicht Ersatz der Umzugskosten oder einen Beitrag hierzu verlangen, wenn er auf Grund der Modernisierungsankündigung von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht gemäß § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB Gebrauch macht; denn die Regelung in § 554 Abs. 4 BGB bedingt schon nach ihrem Wortlaut, dass die Aufwendungen des Mieters eine Folge der durchgeführten Maßnahme sind, anders AG Dresden ZMR 2004, 435.1

Der Anspruch auf Vorschuss setzt nicht voraus, dass ein Aufwand dem Grunde nach schon feststeht; es genügt, dass er nach der Lebenserfahrung wahrscheinlich wird.2 Er wird nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Vermieter zusagt, etwa erforderlich werdende Schönheitsreparaturen selbst auszuführen,

173

LG Hamburg – 316 S 23/88 – Urt. v. 9.8.1988 (nicht veröffentlicht).

Der Vermieter kann den Aufwand, den er dem Mieter erstattet, nicht als Modernisierungsaufwand im Rahmen der Mieterhöhung nach § 559 BGB zugrunde legen (s. Rn. IV 364). Dem Mieter steht gegenüber dem Duldungsanspruch des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Anspruchs auf Vorschuss nach § 554 Abs. 4 BGB zu, LG Berlin MDR 1996, 1008 = WuM 1996, 93.

bbb) Außerordentliches Kündigungsrecht Der Mieter hat, wie nach bisherigem Recht, ein außerordentliches Kündigungsrecht, das er bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Ankündigungserklärung folgt, ausüben kann (§ 554 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Kündigung wirkt auf den Ablauf des nächsten Monats.3 Für die außerordentliche Kündigung gelten bei der Wohnraummiete die allgemeinen Regeln in §§ 568 Abs. 1, 573d BGB; danach bedarf die Kündigung der (gesetzlichen) Schriftform und muss begründet werden. Entgegen dem früheren § 541b Abs. 2 BGB a.F. ist nicht mehr vorgesehen, dass im Falle der Kündigung der Vermieter die bauliche Maßnahme zu unterlassen hat. Einer solchen Regelung bedurfte es auch nicht, weil er infolge der Verlängerung der Ankündigungsfrist die Maßnahmen nach erfolgter Kündigung ohnehin erst ausführen darf, nachdem das Mietverhältnis beendet ist.

174

Das Sonderkündigungsrecht ist dem Mieter auch dann eingeräumt worden, wenn der Vermieter die bauliche Maßnahme nicht angekündigt hat, die An-

175

1 Ablehnend Bedalis ZMR 2004, 435. 2 S. aber auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 347: nicht für völlig unbestimmte, erst in Zukunft und nur möglicherweise eintretende Schäden. 3 Beispiel: Zugang der Modernisierungsankündigung am 16.2., so dass der Duldungsanspruch am 16.5. fällig werden würde. Der Mieter kann – allerdings mit einer Karenzfrist von 3 Tagen – bis zum 31.3. kündigen. Kündigt er am 31.3., so wirkt die Kündigung zum 30.4.

945

Rn. VII 176

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

kündigung fehlerhaft ist oder dem Mieter die Duldung aus materiellen Gründen nicht zuzumuten ist,1 LG Berlin MM 1995, 187 bei Dachgeschossausbau, LG Berlin GE 1999, 573: Die Frist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts beginnt bei unterlassener Modernisierungsankündigung, sobald der Mieter Kenntnis von den Arbeiten hat; anders LG Essen WuM 1990, 513, das jedoch dem Mieter das entsprechende Kündigungsrecht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zubilligt, weil der Vermieter das vorzeitige Kündigungsrecht durch die formwidrige oder sonst fehlerhafte Ankündigung vereitelt habe.

ccc) Sonstige Rechtsfolgen 176

Die Duldungspflicht lässt die Gewährleistungsrechte des Mieters im Wesentlichen unberührt.2 Es verhält sich hier entsprechend wie bei der Duldung von Erhaltungsmaßnahmen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (s. Rn. VII 127). Danach kann der Mieter die Miete nach § 536 BGB mindern. Soweit seine Duldungspflicht reicht, kann er aber wegen der notwendig hierdurch bedingten Eingriffe in seinen Rechtskreis weder Schadensersatz nach § 536a BGB verlangen noch gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB das Mietverhältnis fristlos kündigen, da ein rechtswidriges Verhalten des Vermieters nicht vorliegt.3

177

Überschreitet der Vermieter die Grenze seines Dürfens schuldhaft – etwa bei über die zu duldenden Gebrauchsbeeinträchtigungen hinausgehenden Einwirkungen oder bei verzögerlicher Durchführung der Arbeiten –, so macht er sich schadensersatzpflichtig, sei es nach § 536a BGB bei Gebrauchbeeinträchtigungen, sei es nach §§ 280, 281 BGB bei sonstigen Rechtsverletzungen. In diesen Fällen ist der Mieter auch zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB berechtigt. Hat er im Fall der Veräußerung den Erwerber ermächtigt, die baulichen Maßnahmen durchzuführen, so haftet er für dessen Fehlverhalten nach § 278 BGB, z.B. wenn die Arbeiten nicht zügig durchgeführt werden, BGH – Urt. v. 13.2.2008 – NZM 2008, 283 Tz. 26, 27 = WuM 2008, 219 = ZMR 2008, 519.

178

Ist mit der Modernisierung eine vermeidbare Verschlechterung der Wohnung in Einzelbereichen eingetreten, so ist der Mieter grundsätzlich berechtigt, die Wiederherstellung eines der früheren Gebrauchstauglichkeit entsprechenden Wohnungsstandes zu verlangen,4 1 S. zu § 554 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 49; Lammel Rn. 79; Staudinger/Emmerich Rn. 56. 2 S. zu § 554 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 54 f.; Emmerich/Sonnenschein Rn. 32; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 320. 3 Lammel BGB § 554 Rn. 34, 87; Horst NZM 1999, 193, 194; a.A. zu § 554 BGB: Blank/ Börstinghaus Rn. 55, 56; Emmerich/Sonnenschein Rn. 32; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 49, 51, 325. 4 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn 318 f.; Horst NZM 1999, 193, 194.

946

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 180

LG Bonn WM 1990, 388 für abschließbare Balkontüren, LG Berlin NZM 1998, 432 für Außenjalousien; der Mieter braucht sich nicht auf Innenjalousien verweisen zu lassen.

Anders verhält es sich, wenn der Wiederherstellung öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen, LG Berlin GE 2002, 1567 für Wiederanbringen einer aus Denkmalschutzgründen nicht mehr zugelassenen Balkonverglasung.

Haben die Parteien vereinbart, dass der Mieter für die Dauer der Wohnungssanierung unter Fortsetzung des bisherigen Mietverhältnisses eine Ersatzwohnung bezieht, so muss der Vermieter ihm die frühere Wohnung nach Abschluss der Arbeiten wieder überlassen. Ist ihm dies nicht mehr möglich, weil er die Wohnung verkauft hat und diese anderweitig vermietet worden ist, so soll das Mietverhältnis in der Ersatzwohnung zu erfüllen sein, und zwar unabhängig von den Eigentumsverhältnissen daran. Außerdem macht sich der Vermieter gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig,

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LG Köln WuM 1995, 151, 155.

Zu den Auswirkungen einer unterbliebenen oder fehlerhaften Ankündigung der baulichen Maßnahme auf die spätere Mieterhöhung nach § 559 BGB s. Rn. IV 347 f. Die Vorschrift in § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB regelt nur den Fall, dass der Vermieter dem Mieter die zu erwartende Mieterhöhung entgegen seiner Mitteilungspflicht in § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht mitgeteilt hat oder die spätere Mieterhöhung um mehr als 10% höher als die mitgeteilte ausfällt. Der BGH hält andere Ankündigungsmängel mit Blick auf die spätere Mieterhöhung nach § 559 BGB für unerheblich, BGH – Urt. v. 19.9.2007 – NZM 2007, 882 = WuM 2007, 30 = MietRB 2007, 309 (Kunze) für eine Ankündigung, die weniger als drei Monate vor Beginn der Maßnahme erklärt worden ist. Aus den Gründen: Tz. 12: Hat die gänzlich unterlassene Mitteilung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB nur eine Verzögerung des Eintritts der Mieterhöhung zur Folge, so kann die erfolgte, wenn auch verspätete Mitteilung keine für den Vermieter nachteiligere Folge auslösen.

Nur wenn überhaupt keine Ankündigung erfolgt ist, soll der Wirkungszeitpunkt der Mieterhöhung nach § 559 Abs. 2 Satz 2 BGB um 6 Monate hinausgeschoben werden (BGH a.a.O.). cc) Durchsetzung und Abwehr des Duldungsanspruchs Ist der Mieter nicht bereit, die Maßnahme zu dulden, so muss der Vermieter ihn verklagen;1 das gilt insbesondere für Außenmodernisierungen, denen der Mieter widersprochen hat, LG Berlin NJW-RR 1997, 520.

1 Zur Spezifizierung des Klagantrags s. Blank/Börstinghaus BGB § 554 Rn. 58; Gies NZM 2003, 545, 546.

947

180

Rn. VII 181

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 890 ZPO. Dies gilt auch dann, wenn mit der Duldung – ausnahmsweise – eine Handlung verbunden ist (s. dazu Rn. VII 122),1 BGH – Urt. v. 25.1.2007 – WuM 2007, 209 für nachbarrechtliche Duldungspflicht.

Für eine einstweilige Verfügung fehlt es an der Eilbedürftigkeit, selbst wenn der Vermieter die abgestimmten Arbeiten für die gesamte Wohnanlage projektiert hat und nur ein Mieter sich widersetzt,2 AG Görlitz WuM 1993, 390,

oder der Mieter Terminsabsprachen mit den Handwerkern nicht einhält.3 Auch die drohende Verfristung der Gewährung öffentlicher Fördermittel oder die bevorstehende Beendigung des Mietverhältnisses reichen nicht, LG Frankenthal WuM 1993, 418.

Zudem würde dadurch die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen werden.4 Zur einstweiligen Verfügung bei der Duldung von Erhaltungsmaßnahmen s. Rn. VII 127. 181

Der Mieter kann sich gegen bauliche Maßnahmen, durch die sein Mietgebrauch beeinträchtigt wird, mittels einer einstweiligen Verfügung wehren, wenn er zur Duldung nicht verpflichtet ist. Streitig ist, ob dies auch dann gilt, wenn der Mieter der Maßnahme lediglich widersprochen hat, weil sie nicht ordnungsmäßig angekündigt worden ist oder zu einer Mieterhöhung führen kann,5 dafür wohl KG – Beschl. v. 16.7.1992 – NJW-RR 1992, 1362 = WuM 1992, 514 = ZMR 1992, 486 (zum Begriff des Duldens): Passiv verhält sich ein Mieter z.B. dann, wenn er weder dem Vermieter gegenüber der ihm bekannten Modernisierungsmaßnahme widerspricht noch diesen an der Durchführung hindert (etwa durch Verweigerung des Zutritts oder – bei der sog. Außenmodernisierung – durch gerichtliche Untersagungsverfügung); anders LG Berlin MDR 1996, 839 = WuM 1996, 407.

dd) Abweichende Vereinbarungen 182

Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von Wohnraum von den Regelungen über die Duldungspflicht abweichen, sind unwirksam (§ 554 Abs. 5 BGB), z.B.

1 Beispiel: Vorübergehende Räumung der Wohnung wegen Totalsanierung, so dass die Wohnung zeitweise unbewohnbar wird. 2 Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 1119; Staudinger/Emmerich BGB § 554 Rn. 61; Horst NZM 1999, 193, 195. 3 Lammel BGB § 554 Rn. 94. 4 Ebenso Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 357. 5 Dafür: Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 554 Rn. 361; dagegen: Blank/Börstinghaus BGB § 554 Rn. 60. Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des BGH vom 19.9.2007 – NZM 2007, 882 = WuM 2007, 630; denn jener Entscheidung lag zugrunde, dass der Mieter die Maßnahme (Einbau eines Aufzugs) geduldet hatte; es ging dort nur um die Mieterhöhung nach § 559 BGB.

948

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 184

– dass der Vermieter bauliche Maßnahmen auch ohne Zustimmung des Mieters vornehmen darf bzw. der Mieter zu deren Duldung verpflichtet ist, – dass der Mieter die in Betracht kommenden Räume zugänglich zu halten und Einrichtungen, die die Arbeiten behindern, zu entfernen hat, – dass er zur Mitwirkung verpflichtet ist, z.B. durch vorübergehende Räumung von Möbeln, Entfernen von Einbauten, anderenfalls er sich schadensersatzpflichtig macht. Die Vertragsklausel „Der Mieter ist verpflichtet, auch nach Abschluss des Mietvertrages die Installation einer Gemeinschaftsantenne oder eines Kabelanschlusses zu dulden“,

ist daher unwirksam, BGH – Urt. v. 15.5.1991 – DWW 1991, 212 = WuM 1991, 381 = ZMR 1991, 290,

ebenso wie die Klausel „Der Vermieter ist berechtigt, bei Errichtung einer Gemeinschaftsantenne oder eines Breitbandanschlusses die Entfernung der Einzelantenne oder des Einzelanschlusses des Mieters auf dessen Kosten zu verlangen“, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.12.1991 – WuM 1992, 56, 59.

Das nur für die Wohnraummiete geltende Verbot bezieht sich allein auf generelle Regelungen und schließt Vereinbarungen aus Anlass einer konkreten baulichen Maßnahme nicht aus.1 Diese können zwar auch schlüssig, müssen jedoch eindeutig und zweifelsfrei getroffen werden. Unterschreibt der Mieter die Modernisierungsankündigung und sendet diese oder einen Unterschriftsrevers an den Vermieter zurück, so liegt darin noch keine Zustimmung zu der späteren Mieterhöhung; diese muss vielmehr nach Durchführung der Arbeiten gemäß § 559 BGB angefordert werden,

183

AG Hamburg WuM 1999, 341.

c) Recht zum Betreten und Besichtigen Der Vermieter kann seine Pflicht zur Gebrauchsgewähr nur erfüllen, wenn ihm auch das Recht zusteht, das Mietobjekt regelmäßig auf seinen Zustand zu überprüfen und notwendige Maßnahmen durchzusetzen, die der Mieter nach § 554 Abs. 1 BGB dulden muss. Hierfür bedarf es nicht einmal einer Vereinbarung; denn das Kontrollrecht ist Teil der Instandhaltungspflicht des Vermieters,2

1 S. zu § 554 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 38; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 368; Lützenkirchen/Dickersbach ZMR 2006, 821. 2 Bub/Treier/Kraemer Rn. III 1127; Lützenkirchen AnwHdb Mietrecht G 232; Palandt/ Weidenkaff BGB § 535 Rn. 82; Schlüter NZM 2006, 681; gegen ein Recht des Vermieters auf Routinekontrollen, sofern es nicht (auch formularvertraglich) vereinbart ist: Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 153; s. auch Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 98; Franke DWW 1998, 298: Kein Besichtigungsrecht zur Überwachung der Renovierungspflicht.

949

184

Rn. VII 185

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

s. LG Stuttgart ZMR 1985, 273, LG Berlin MM 2004, 125, LG Tübingen GE 2008, 1056, AG Münster NZM 2001, 1030, AG Saarbrücken ZMR 2005, 373; a.A. AG Bonn NZM 2006, 698: konkreter Anlass erforderlich.

Das Recht des Vermieters, die Mieträume zu besichtigen und zu betreten, kann formularvertraglich geregelt werden, s. dazu Rn. II 120. 185

Von seinem allgemeinen Besichtigungsrecht kann der Vermieter nur in angemessenen Zeitabständen Gebrauch machen, LG Berlin MM 2004, 125: alle ein bis zwei Jahre, AG Münster WuM 2000, 316 = NZM 2001, 1030: alle 2 Jahre, falls kein besonderer Anlass für eine frühere Besichtigung besteht; AG Rosenheim DWW 1994, 360: Der Vermieter ist verpflichtet, im Abstand von 2 Jahren auch die Installationen in der Wohnung des Mieters (WC-Spülkasten wegen zu hohen Wasserverbrauchs) zu überprüfen; AG Saarbrücken WuM 2005, 373: jährliche Besichtigung bei älterer Wohnanlage auch ohne besonderen Anlass zur Untersuchung auf mögliche Gefahren oder verborgene Mängel.

Zum Teil wird ein besonderer Anlass gefordert,1 wie – Untersuchung konkreter Mängel oder eines entsprechenden Verdachts, – Überprüfung konkreter Vertragsverletzungen (nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen, unerlaubte Tierhaltung), – Planung von Modernisierungsmaßnahmen, – Ablesung von Messgeräten, – Begutachtung zum Zwecke der Mieterhöhung, – Vorabnahme bei bevorstehender Beendigung des Mietverhältnisses, – Überprüfung des Vermieterpfandrechts, – beabsichtigte Veräußerung, – Überprüfung, ob der Mieter unerlaubt ein Tier hält (AG Rheine WuM 2003, 315),2 dagegen AG Köln WuM 2000, 209: Der Wechsel des Verwalters begründet noch kein Besichtigungsrecht.

186

Von seinem Recht darf der Vermieter nur schonend Gebrauch machen, AG Hamburg WuM 1999, 456: Der Vermieter kann auch aus konkretem Anlass die Wohnung nur so oft betreten, als es nach dem gegenwärtigen Stand der Technik unbedingt erforderlich ist: Nach zweimaliger Besichtigung aus demselben Anlass muss er das Erfordernis einer weiteren Besichtigung begründen und mit dem Mieter einen Termin abstimmen. Der Mieter ist nicht verpflichtet, von sich aus mit den Handwerkern in Kontakt zu treten. AG Hamburg NZM 2007, 211: Der Vermieter muss verschiedene, ihm bekannte Gründe für eine Besichtigung der Wohnung bündeln und seinen Informationsbedarf 1 S. dazu Schlüter NZM 2006, 681; ferner Worf MietRB 2004, 270, 272; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 178. 2 Zum Fall: Der Mieter hielt in der Wohnung Leguane, ohne die Erlaubnis des Vermieters zur Tierhaltung eingeholt zu haben.

950

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 189

nach Möglichkeit in einem Termin befriedigen. Gegen diese aus § 241 Abs. 2 BGB folgende Verpflichtung verstößt er, wenn er eine Mehrzahl von Besichtigungsterminen in kurzer Zeit geltend macht.

Außerhalb der mietvertraglich vereinbarten Zeiten braucht der Mieter eine Besichtigung nicht zu dulden; ebenso wenig besteht eine Verpflichtung des Mieters, auf eine Terminsbestimmung oder -anfrage, die außerhalb der vereinbarten Zeiten liegt, zu reagieren. Ist ein solcher Termin vereinbart und hält sich der Mieter nicht an die Absprache, so ist das noch kein Grund für eine (fristlose) Kündigung, BVerfG – Beschl. v. 16.1.2004 – NZM 2004, 186 = WuM 2004, 80 = ZMR 2004, 566.

Der Vermieter muss die Besichtigung rechtzeitig anmelden. Die Rechtzeitigkeit hängt vom Anlass, aber auch vom Umfang der Besichtigung ab. Eine Vorlaufzeit von 24 Stunden wird nur bei dringenden Reparaturen – nicht Notreparaturen, die sofort ausgeführt werden müssen – ausreichen. Im Allgemeinen dürfte eine Ankündigungsfrist von einer Woche genügen,1 wobei es sich empfiehlt, dass der Vermieter mehrere Termine zur Auswahl anbietet.

187

Der Vermieter muss auf die zeitlichen Dispositionen des Mieters, die dieser bereits getroffen hat (Arbeit, Urlaub), Rücksicht nehmen, soweit dies nach dem Anlass und der Dringlichkeit möglich ist.

188

Bietet der Mieter zur Überprüfung des Wohnungszustandes einen Samstag als Besichtigungstermin an, so muss sich der Vermieter danach richten, da auch der Samstag zu den Werktagen zählt, AG Köln NZM 2001, 41.

Auch wenn der Mieter grundsätzlich das Recht hat, bei der Besichtigung anwesend zu sein, muss er im Fall längerer Verhinderung – auch krankheitsbedingt – eine Besichtigung im Beisein einer Vertrauensperson ermöglichen (AG Frankfurt a.M. ZMR 2008, 45). Bei der Ausübung des Besichtigungsrechts soll der Vermieter auf die religiösen Belange des Mieters bei der Besichtigung Rücksicht nehmen müssen (AG Waldbröl WuM 1992, 599).2 Anders verhält es sich, wenn so schwerwiegende Belange des Mieters nicht berührt werden, AG München WuM 1994, 425.

Auch ist er verpflichtet, das Betreten der Wohnung durch den Vermieter und einen Mitarbeiter der zuständigen Behörde zu dulden, um eine Bauprüfung zur Erteilung der sog. Abgeschlossenheit der Wohnung durchzuführen, LG Hamburg WuM 1994, 425.

Der Vermieter kann die Mieträume mit Handwerkern betreten, kann aber auch beanspruchen, dass der Mieter das Betreten allein durch Handwerker 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 158: 14 Tage; so auch Worf MietRB 2004, 270, 272; AG Lüdenscheid WuM 1990, 489: 4 Tage bei Besichtigung mit Kaufinteressenten. 2 Z.B. Überziehen von Filzpantoffeln vor Betreten der Wohnung.

951

189

Rn. VII 189a

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

duldet. Andererseits soll der Mieter nicht verpflichtet sein, den Handwerkern Einlass in die Mieträume zu gewähren, wenn der Vermieter sich weigert, die Namen der Handwerker anzugeben, so dass er mit seinen Pflichten nicht in Verzug gerät, LG Berlin MM 1995, 227.

Er kann vielmehr verlangen, dass die Handwerker sich ausweisen. 189a

Hat der Mieter einem Handwerker wegen vorangegangener Auseinandersetzungen Hausverbot für die Wohnung erteilt, so ist der Vermieter, der diesen Handwerker beauftragt hat, hieran gebunden. Das gilt jedenfalls, solange für den Vermieter die Möglichkeit besteht, die Arbeiten durch andere Handwerker ausführen zu lassen, AG Hamburg-Blankenese ZMR 2007, 867.

190

Wird der Mieter trotz Benachrichtigung einer bevorstehenden Zählerablesung aus diesem Anlass wiederholt nicht angetroffen, so darf der Vermieter die Wohnung nicht eigenmächtig öffnen und betreten, auch wenn er einen vertraglichen Anspruch für diesen Anlass hat. Ausnahmsweise soll dies jedoch unter dem Gesichtspunkt des Notstandes (§ 228 BGB) zulässig sein, wenn es sich um einen seelisch labilen Mieter handelt und der Vermieter sich über den Zustand des Mieters Sorgen macht (!). Das Schloss auszuwechseln, geht jedoch zu weit, ThürVerfGH – Beschl. v. 26.2.2004 – NZM 2004, 416, OLG Celle – Beschl. v. 5.10.2006 – WuM 2007, 201: Der Vermieter kann die Mietwohnung eigenmächtig nur betreten, wenn ein zwingender Grund vorliegt und der Mieter nicht zu erreichen ist.

Der Anspruch auf Besichtigung kann nur ausnahmsweise im Wege der einstweiligen Verfügung geregelt werden, wenn der Vermieter so dringend hierauf angewiesen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht abgewartet werden kann,1 LG Duisburg NZM 2006, 897.2

Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 890 ZPO. 191

Auf einer anderen Ebene bewegt sich das Recht des Vermieters, die Wohnung zu besichtigen, wenn er das Mietgebäude veräußern will oder das Mietverhältnis endet und er beabsichtigt, die Wohnung einem Erwerber bzw. Mietinteressenten zu zeigen. Enthält der Mietvertrag hierüber keine wirksamen Abreden, so steht ihm ein Recht zu Besichtigung nur unter Wahrung der Belange des Mieters zu. Der Erwerber des Mietgrundstücks hat vor Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch kein eigenes Besichtigungsrecht, sondern benötigt eine Ermächtigung oder eine Vollmacht des Noch-Vermieters. Eine Besichtigung mit Mietinteressenten braucht der Mieter nur zu dulden, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses, insbesondere die Wirksamkeit einer Kündigung unstreitig ist. 1 Worf MietRB 2004, 270, 272; Schlüter NZM 2006, 681, 682. 2 Verneinend für den Fall, dass der Mieter Mängel rügt und sich eines Minderungsrechts berühmt.

952

Duldungsanspruch des Vermieters

Rn. VII 195

Nach LG Kiel WuM 1993, 52 soll das Recht des Vermieters zur Besichtigung mit Kaufinteressenten nur einmal in der Woche gegeben sein; zu eng erscheint, es nur einmal monatlich zu gewähren (so aber AG Hamburg WuM 1992, 540). Die Ausübung des Besichtigungsrechts zum Zwecke der Veräußerung kann unverhältnismäßig und damit rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Vermieter es über längere Zeit permanent ausübt, ohne dass es zu einem Verkaufsabschluss kommt. Es muss sich dabei allerdings um einen Zeitraum handeln, der die Dauer, während der ein Objekt auf dem Markt angeboten wird, deutlich übersteigt. Dieser Zeitraum kann mehrere Monate andauern, aber kaum über einem halben Jahr liegen und schon gar nicht über mehr als einem Jahr.

192

Die Besichtigung ist grundsätzlich von einer Ankündigung angemessene Zeit zuvor abhängig (AG Lüdenscheid WuM 1990, 489: 4 Tage); auf Verhinderungen des Mieters muss der Vermieter Rücksicht nehmen,

193

LG Frankfurt a.M. NZM 2002, 696: Dem Vermieter, der die Wohnung verkaufen will, steht das Recht zur Besichtigung der Wohnung mit Kaufinteressenten zu, wobei wegen der Berufstätigkeit des Mieters der Zeitraum für die Besichtigung dreimal monatlich nach einer Ankündigungsfrist von 3 Tagen werktags zwischen 19 und 20 Uhr vertretbar ist, sowie deren Dauer von 45 Min. LG Tübingen GE 2008, 1056 für Gewerbemiete: Besichtigung werktags zwischen 9 und 18 Uhr nach schriftlicher Ankündigung zwei Wochen vorher.

Der Mieter eines Einfamilienhauses muss es dulden, dass der Vermieter eine Verkaufs-Hinweistafel auf dem Grundstück anbringt, sofern keine unmittelbaren Störungen durch Kaufinteressenten zu erwarten sind,

194

AG Hamburg WuM 1993, 603.

Ohne Zustimmung des Mieters darf der Vermieter die Wohnung bzw. deren Zustand nicht fotografieren, AG Frankfurt a.M. NZM 1999, 121 = WuM 1998, 343.1

Betritt der Vermieter in Abwesenheit des Mieters mit Hilfe eines eigenen Schlüssels heimlich die Mieträume des Mieters, so kann dieser das Mietverhältnis nach § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 2 BGB (früher § 554a BGB a.F.) fristlos kündigen, OLG Celle – Beschl. v. 5.10.2006 – WuM 2007, 201, LG Berlin NZM 2000, 543.

1 Zum Fall: Schlägt der Mieter dem Vermieter die Polaroidkamera, mit der er den Zustand der Wohnung festhalten will, aus der Hand, so liegt darin kein Grund, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.

953

195

Rn. VII 196

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

4. Einzelne Pflichten des Vermieters a) Versorgung und Entsorgung aa) Heizung und Raumklima 196

Die Pflicht des Vermieters zur Beheizung ergibt sich aus einer schlüssigen Vereinbarung, die aus der vertraglichen Beschaffenheit des Mietobjekts, aber auch aus dem Vertragszweck folgt. Zur Mindestausstattung von Räumen zur dauernden Nutzung, insbesondere zu Wohnzwecken, gehört die Beheizbarkeit. Das gilt bei Vermietung einer Wohnung für die Wohnräume und das Bad,1 setzt jedoch nicht zwingend voraus, dass sich in jedem Raum ein Heizkörper befinden muss. Ist die Wohnung mit Öfen ausgestattet, so schuldet der Vermieter deren Funktionsfähigkeit einschließlich derjenigen des Kamins. Entsprechendes gilt für Außenwandgasheizungen, Nachtspeicherheizungen und Etagenheizungen. Hier liegt die Beheizung in der Hand des Mieters. Ist die Heizung an eine Sammelheizung mit externer Heizquelle angeschlossen, so schuldet der Vermieter die Beheizung oder bei Fremdbezug die Lieferung von Wärme. In welcher Weise er erfüllt, unterliegt grundsätzlich seiner Entscheidungsfreiheit; das betrifft auch die Art der Energiequelle.2 Er ist berechtigt, diese im Laufe der Mietzeit zu ändern, ohne hierfür die Zustimmung des Mieters zu benötigen.

197

Das gilt grundsätzlich auch für die Umstellung einer vom Vermieter betriebenen Zentralheizung auf Fernwärme oder auf Wärmecontracting, es sei denn, dass eine besondere Beheizungsart vereinbart ist. Aus dem bloßen Vorhandensein einer Zentralheizung und deren Erwähnung im Mietvertrag etwa im Rahmen der Betriebskostenregelung folgt noch keine schlüssige Beschaffenheitsvereinbarung. Eine Vereinbarung über die Umstellung der Beheizungsart ist jedoch erforderlich, wenn hieraus über § 7 Abs. 2 HeizkostenV hinausgehende Mehrkosten erwachsen, die der Vermieter auf den Mieter abwälzen will (s. hierzu Rn. V 552 f.). Die erforderliche Zustimmung des Mieters kann schon im Vorwege – auch formularmäßig – im Mietvertrag erteilt werden,3 BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 387 = ZMR 2005, 606, BGH – Urt. v. 1.6.2005 – WuM 2005, 456, Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 256, KG – Beschl. v. 13.2.2007 – WuM 2007, 129.

Die Zustimmung des Mieters zur Umstellung der Beheizungsart ist bereits darin gesehen worden, dass im Mietvertrag die Umlage der hierauf bezogenen Heizkosten (formularmäßig) vorgesehen ist, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 769 = WuM 2007, 571 = ZMR 2007, 851, BGH – Urt. v. 16.4.2008 – WuM 2008, 350: In einer während des laufenden Mietverhältnisses erfolgten Umstellung der Wärmeversorgung liegt keine Änderung des 1 S. dazu Eisenschmid PiG 67 (2003) S. 49, 59. 2 Eisenschmid a.a.O.; zu § 535 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 32; MünchKomm/ Schilling Rn. 149; Staudinger/Emmerich Rn. 60. 3 S. dazu Milger NZM 2008, 1; kritisch Beyer NZM 2008, 12; Lützenkirchen NZM 2008, 160.

954

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 198

Mietvertrages, wenn sich dieser – durch die Bezugnahme auf die Anlage 3 zu § 27 Satz 1 II. BV – von vornherein auf mehrere Arten der Wärmeversorgung bezieht und damit die jeweils entstehenden Kosten als umlagefähig vereinbart sind.

Auch wenn der Vermieter die Umstellung schon vor Abschluss des Mietvertrages vorgenommen hat, ist die Zustimmung des Mieters zur Übernahme der hieraus erwachsenden (Mehr-)Kosten erforderlich, BGH – Urt. v. 20.6.2007 – WuM 2007, 445 = ZMR 2007, 768.

Die Zustimmung des Mieters kann im Vorwege auch formularvertraglich erteilt werden. Eine Zustimmung des Mieters auch zur Art der Beheizung ist erforderlich, wenn der Vermieter die Direkt-Wärmeversorgung (full-contracting) anstrebt. Ohne eine solche Zustimmung hat der Vermieter im bestehenden Mietverhältnis keinen Anspruch darauf, dass der Mieter mit einem Dritten einen Wärmelieferungsvertrag sowie einen Contracting-Vertrag für Wasser und Abwasser abschließt. Auch wenn der Vermieter die Beheizung des Gebäudes auf Wärmecontracting umstellt, bleibt er gegenüber dem Mieter, der den Wärmelieferungsvertrag nicht abschließen will, als Wärmeversorger in der Pflicht. Es ist in diesem Fall seine Sache, mit dem Versorgungsunternehmen die erforderlichen Lieferverträge abzuschließen, um den Mieter mit Wärme zu versorgen,

197a

LG Bonn NZM 2006, 536 = WuM 2006, 563.

Die Zustimmung des Mieters von Wohnraum, entsprechende Vereinbarungen mit Dritten abzuschließen, kann wegen des schwerwiegenden Eingriffs in das Gewährleistungsgefüge nicht formularmäßig sozusagen „für alle Fälle“ im Voraus erteilt werden,1 einschränkend LG Hamburg WuM 2006, 96 für Wasserversorgung.

Arbeitet die Heizungsanlage unwirtschaftlich, so hat der Mieter keinen Anspruch auf Modernisierung der Anlage; der Vermieter schuldet nur den Standard der Technik zur Zeit des Einbaus der Anlage (KG – Urt. v. 28.4.2008 – ZMR 2008, 892).

197b

Enthält der Mietvertrag über eine Wohnung mit Heizung keine Regelung über die Heizperiode, so gilt ergänzend dafür der übliche Zeitraum der Beheizung vom 1.10. bis 30.4. des folgenden Jahres.2 Die vom Vermieter in dieser Zeit geschuldeten Temperaturen betragen

198

– für Wohnzimmer: 6–23 Uhr 20° C, 23–6 Uhr: 18° C, – für Bad und WC: 6–23 Uhr 21° C, 23–6 Uhr: 18° C, – Warmwassertemperaturen ohne zeitlichen Vorlauf: 40° C: LG Berlin NZM 1999, 1039 = ZMR 1998, 634, s. auch AG Hamburg WuM 1996, 469. 1 Derleder NZM 2003, 737, 745. 2 Für eine Heizperiode vom 15.9. bis 15.5.: MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 144; gegen die Festlegung von Heizperioden schlechthin: Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 62; ähnlich Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 345.

955

Rn. VII 199

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Eine Temperatur von 17° C tagsüber ist jedenfalls nicht vertragsgemäß; vielmehr sind (mindestens) 20° C zu fordern,1 LG Landshut WuM 1989, 175.

Eine Nachtabsenkung bis auf 18° C ist dementsprechend für zulässig gehalten worden,2 LG Berlin GE 1998, 905 = NZM 1999, 1039 = ZMR 1998, 634.

Der Vermieter kann auch außerhalb der Heizperiode zum „Zwischenheizen“ verpflichtet sein, wenn im Sommer die Zimmertemperaturen für nicht nur ganz kurze Zeit unter 18° C fallen.3 Die Heizpflicht gegenüber dem Mieter soll unabhängig davon bestehen, wie sich andere Mieter dazu verhalten,4 AG Schöneberg NZM 1998, 476.

Die Temperaturen sind in 1,50 m Höhe in der Mitte des Raumes mit einem geeichten Thermometer zu messen, OVG Berlin – Urt. v. 12.9.1980 – WuM 1981, 68, 69.

199

Sind erhebliche Leerstände vorhanden, so ändert das an der Heizpflicht des Vermieters nichts; vielmehr muss er die erforderliche Wärmeversorgung vorhalten. Soweit hierdurch höhere Kosten wegen der Wärmeverluste infolge der leerstehenden Wohnungen entstehen, soll der Mieter grundsätzlich nicht zur Mietminderung berechtigt sein, AG Frankfurt/Oder ZMR 2005, 131.

Eine Korrektur kann aber im Rahmen der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Heizkosten erfolgen, wenn über die Kosten abgerechnet wird, AG Halle/Saalkreis ZMR 2005, 201.

Anders verhält es sich, wenn der Vermieter den Leerstand zu vertreten hat, indem er das Gebäude „leerzieht“, um es abzureißen und das Grundstück rentabler neu zu bebauen. In diesem Fall schuldet er dem Mieter im Wege des Schadensersatzes nach § 280 BGB die Freistellung von den leerstandsbedingten Mehrkosten. Der selbst verursachte Leerstand und der dadurch bewirkte höhere Anteil des Mieters an den Kosten des Energieverbrauchs sind Folgen eines Verstoßes gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit. 200

Die Heizpflicht besteht entsprechend für Büroräume: Nach der Arbeitsstättenrichtlinie für Raumtemperaturen (Ausgabe April 1976) ist für Büroräume eine Mindesttemperatur von 20° C vorgesehen. Daher ist der Vermieter von Büroräumen ohne besondere Abrede im Vertrag auch nur zur Herstellung einer Raumtemperatur von 20° C verpflichtet; dies gilt auch für Büroräume, in denen überwiegend sitzende, bewegungsarme Tätigkeiten ausgeübt werden, 1 Pfeifer GE 2003, 1310; für 22° C: Lammel BGB § 535 Rn. 214. 2 So auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 348. 3 Eisenschmid PiG 67 (2003) S. 49, 63; Emmerich/Sonnenschein BGB § 535 Rn. 33; Lammel BGB § 535 Rn. 214: bei Absinken der Raumtemperatur auf 17° C; einschränkend: Blank/Börstinghaus BGB § 536 Rn. 31. 4 Gegen Mehrheitsentscheidungen auch jeweils zu § 535 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 144; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 345.

956

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 204

OLG München – Urt. v. 21.11.2000 – NZM 2001, 382 für Anwaltsbüro, AG Neuss DWW 1997, 47 = NZM 1998, 35.

Auch für Läden ist eine Raumtemperatur von jedenfalls 20° C erforderlich, so KG – Urt. v. 11.3.2002 – NZM 2002, 917 = GE 2002, 730: Dem Mieter von Geschäftsräumen zum Betrieb einer Kaffee- und Bierbar in einer Einkaufspassage ist es (aber) wegen des Anziehungseffekts nicht anzulasten, die Tür zur Mall auch im Winter offen stehen zu lassen, sofern die Tür nach ihrer Konstruktion für eine ständige Öffnung nach einer Einkaufsstraße vorgesehen ist.

Nur bei sehr kurzem Heizungsausfall oder vorübergehend geringfügiger Unterschreitung der Heizleistung kann von einem geringfügigen Mangel i.S. von § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB die Rede sein (s. Rn. VIII 256), BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 776 = WuM 2004, 531 = ZMR 2005, 101.

Formularmäßige Regelungen über die Mindesttemperaturen in den zentralbeheizten Räumen sind auch in Wohnraummietverträgen zulässig; dabei darf jedoch der gewöhnliche, am zeitgemäßen Wohnstandard zu bemessende Gebrauch nicht oder allenfalls nur unerheblich eingeschränkt werden. Differenzierungen nach einzelnen Räumen sind zulässig. Es muss aber klargestellt sein, für welche Räume die Heizpflicht in welchem Umfang besteht. Das ist bei einer Formularklausel, die auf die „vom Mieter hauptsächlich benutzten Räume“ abstellt, verneint worden, so dass die Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist (s. auch Rn. II 179),

201

BGH – Urt. v. 15.5.1991 – DWW 1991, 212 = WuM 1991, 381.

Der Vermieter hat auch dann für den Heizungsausfall einzustehen, wenn dieser auf einen Defekt in der Energiezufuhr zurückzuführen und vom kommunalen Lieferanten (Gaswerk) zu vertreten ist,

202

OLG Dresden – Urt. v. 18.6.2002 – WuM 2002, 541.

Er ist zur Beheizung der Wohnung selbst dann verpflichtet, wenn Streit über die Höhe der Miete besteht. Zur Liefer- und Versorgungssperre s. Rn. VII 215. Die Zwangsvollstreckung aus einem Titel wegen Beheizens der Räume erfolgt nach den Regeln einer vertretbaren Handlung gemäß § 887 ZPO, nicht nach § 890 ZPO,1

203

OLG Zweibrücken – Beschl. v. 30.10.1973 – OLGZ 1974, 317, LG Kiel SchlAnz 1987, 155 für die Inbetriebnahme einer Sammelheizung; a.A. OLG Hamm – Beschl. v. 19.6.1987 – NJW-RR 1988, 63: unvertretbare Handlung, s. auch OLG Köln – Beschl. v. 13.4.1994 – ZMR 1994, 325: Die Zwangsvollstreckung erfolgt jedenfalls nicht nach § 890 ZPO, wobei offen bleibt, ob eine vertretbare Handlung oder eine unvertretbare Handlung anzunehmen ist.

Eine Warmwasserversorgung rund um die Uhr gehört im Regelfall zur Gebrauchstauglichkeit einer Mietwohnung, BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 776 = WuM 2004, 531 = ZMR 2005, 101, LG Berlin NZM 1999, 1039 = ZMR 1998, 634, AG Köln WuM 1996, 701,

1 S. auch Zöller/Stöber ZPO § 887 Rn. 3.

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204

Rn. VII 205

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

AG Köln WuM 1996, 701: Eine Formularklausel, die dem Vermieter eine Absenkung der Warmwassertemperaturen in den Nachtstunden gestattet, ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam.

205

Überhitzung Gleichsam als Gegenstück zur Heizpflicht hat der Vermieter dafür zu sorgen, dass die Räume nicht überhitzt werden, etwa durch übermäßige Sonneneinstrahlung oder infolge unzureichender Wärmeisolierung gegenüber Nachbarschaftseinwirkungen. Er ist daher bei ersteren Einwirkungen verpflichtet, einen außenliegenden Sonnenschutz anzubringen, wenn zeitweise, für mehrere Monate wegen zu hoher Innentemperaturen die Nutzung der Mieträume erheblich beeinträchtigt wird oder mit solchen Beeinträchtigungen zu rechnen ist, OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35, OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6.1998 – NZM 1998, 915 = ZMR 1998, 622, OLG Hamm – Urt. v. 28.2.2007 – MietRB 2007, 227 (Pfeifer), AG Hamburg WuM 2006, 609: Ein Aufwand von ca. 9500 Euro für einen Sonnenschutz erreicht nicht die Opfergrenze; anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.1.2007 – NZM 2007, 330: Sommerliche Hitze durch Sonneneinstrahlung in einem nicht baurechtswidrigen Gebäude ist Teil des allgemeinen Lebensrisikos und kein Mangel, soweit der Vermieter nicht erkennbar eine Klimatisierung oder besondere Dämmung des Gebäudes zugesagt hat.

Bei Nachbarschaftseinwirkungen, die rechtmäßig sind, muss er die Mieträume ausreichend gegen Wärme dämmen,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.3.2001 – ZMR 2001, 706.

206

Maßgebend für die vertragsgemäßen Raumtemperaturen, die nicht überschritten werden sollen, können auch in diesem Zusammenhang die Arbeitsschutzrichtlinien 6/1.3 Raumtemperaturen herangezogen werden (OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – NJW-RR 1993, 466 = MDR 1993, 973, OLG Hamm – Urt. v. 18.10.1994 – NJW-RR 1995, 143, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.3.2001 – ZMR 2001, 706, OLG Hamm – Urt. v. 28.2.2007 – MietRB 2007, 227/Pfeifer). Danach sollen Raumtemperaturen in Arbeitsräumen 26° C nicht überschreiten.2 Den ASR entspricht DIN 1946 Teil 2. Danach werden folgende Temperaturen empfohlen: bei Außentemperaturen bis zu 26° C: 22–25° C, bei Außentemperatur bis zu 29° C: 23–26° C, bei Außentemperatur bis zu 32° C: 24–27° C.

Zum Zurückbehaltungsrecht des Vermieters an der Heizleistung s. Rn. VII 215. Gegen diese Auffassung sind Bedenken erhoben worden, da die arbeitsrechtlich orientierten technischen Normen mietrechtlich nicht einschlägig seien und insbesondere die genannten Grenzwerte nicht hergäben.3 Das ist insofern 1 Zum Fall: Der Vermieter hatte gegenüber den Mieträumen benachbarte Räume zum Betrieb eines Sonnenstudios vermietet. 2 S. auch Lames NZM 2007, 465, 467; ferner Börstinghaus WuM 2007, 253. 3 Harms ZMR 2007, 423; Herrlein NZM 2007, 719; Hörndler MietRB 2007, 269.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 207

richtig, dass sie nicht unmittelbar angewendet werden können, sondern in erster Linie auf den Vertragszweck und die konkrete Beeinträchtigung abzustellen ist. Besteht der Vertragszweck in der gewerblichen Nutzung, so lässt sich dieser in der Regel ohne Mitarbeiter des Mieters nicht verwirklichen. Ein ungestörtes Tätigwerden ist bei einer Überhitzung der Räume aber nicht möglich. Ist die Überhitzung auf die Beschaffenheit der Mieträume zurückzuführen, so kann das hieraus folgende Risiko nicht unbesehen dem Mieter auferlegt werden, etwa mit der Begründung, dass es Teil des allgemeinen Lebensrisikos sei.1 Vielmehr wird danach unterschieden werden müssen, ob nach der klar erkennbaren Beschaffenheit der Räume mit einer zeitweisen Überhitzung der Räume zu rechnen war.2 Ist das der Fall, so hat der Mieter Anlass, die Klimatisierung der Mieträume zum Verhandlungsgegenstand bei Abschluss des Mietvertrages zu machen. Unterlässt er dies, so muss er sein Verhalten gegen sich mit dem Inhalt deuten lassen, dass er das Risiko der Überhitzung in Kauf genommen hat, die Beschaffenheit der Räume mithin vertragsgemäß und die Klimatisierung seine Sache ist. Bei Mieträumen in Altbauten wird zudem die typische Beschaffenheit zu berücksichtigen sein. Liegen dagegen Beschaffenheitsmerkmale, die eine saisonale Überhitzung durch Sonneneinstrahlung nahe legen, nicht vor, so geben die technischen Normen Indizien dafür ab, ob ein bestimmter Grad der Überhitzung noch hinnehmbar oder als Mangel zu werten ist. Werden die Grenzwerte überschritten, so spricht eine Vermutung für eine zu starke Aufheizung und damit für einen Mangel. bb) Versorgung mit Energie und Wasser aaa) Stromversorgung Der Mieter kann vom Vermieter grundsätzlich verlangen, dass er eine Anschlussmöglichkeit an die allgemeine elektrische Stromversorgung erhält. Das gilt insbesondere für die Miete von Gewerberäumen.3 Er braucht sich nicht darauf verweisen zu lassen, nur über den Vermieter den Strom zu beziehen, sofern dies nicht vereinbart ist. Vielmehr muss der Vermieter dafür einstehen, dass die Mieträume über einen Stromanschluss an das allgemeine Versorgungsnetz verfügen, BGH – Urt. v. 30.6.1993 – NJW-RR 1993, 1159 = WM 1993, 533. Grundsätzlich trifft den Vermieter die Pflicht, einen Hausanschluss vorzuhalten, der ausreichend dimensioniert ist, um die Stromversorgung des Mieters zu gewährleisten. Entsprechend dem subjektiven Mangelbegriff im Mietrecht ist in erster Linie auf einen nutzerbezogenen (Mindest-)Standard abzustellen;

1 So OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.1.2007 – NZM 2007, 330; dagegen Hörndler MietRB 2007, 269, 271; s. auch Fritz in FS Blank, 2006, S. 153, 165. 2 Zum Beispiel Glasdach, hohe und große, zur Sonnenseite belegene Fenster und ein zur Fensterfront ausgerichteter Raumzuschnitt. 3 Eisenschmid PiG 67 (2003) S. 49 f., 55 f.; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 485 f.; Both NZM 2002, 934.

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Rn. VII 208

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

in diesen ist ein objektbezogener Standard insoweit einzubeziehen, als er vom Mieter erkannt und gebilligt oder in Kauf genommen wird oder mit ihm nach der Verkehrsauffassung gerechnet werden kann.1 Unter dieser Maßgabe kann auch der Mieter einer unsanierten Altbauwohnung erwarten, dass die Elektroinstallation so ausgelegt ist, um zumindest ein größeres Haushaltsgerät und gleichzeitig weitere Haushaltsgeräte wie etwa einen Staubsauger benutzen zu können; auch eine Steckdose im Badezimmer gehört zu diesem Standard, BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807.

Jedoch können die Parteien abweichende Vereinbarungen über die Herrichtungspflicht treffen.2 Auch können sie einen „Substandard“ vereinbaren; ohne eine solche Vereinbarung kann der Vermieter zur Nachrüstung verpflichtet sein (s. Rn. VII 67). Gewährt der Vermieter einer Altbauwohnung eine ausreichende Gasversorgung zum Kochen, so kann der Mieter die elektrische Versorgung nicht deshalb als mangelhaft rügen, weil das Leitungsnetz den Anschluss eines Elektroherdes nicht zulässt, AG Köln WuM 2006, 94.

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Haben die Mietparteien eines Gewerbeobjekts ein Pauschalentgelt für die Energieversorgung vereinbart, so kann der Vermieter keine Änderung des Vertrages verlangen, weil später ein gesonderter Zähler für den Ladenbereich installiert worden ist; vielmehr muss er den Zähler für sich selbst anmelden, LG Leipzig MDR 1994, 1010.

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Der Vermieter kann grundsätzlich frei entscheiden, von welchem Anbieter er Strom bezieht.3 Auch wenn er nicht den billigsten Anbieter auszuwählen braucht, unterliegt er dabei aber dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Auf Grund der Liberalisierung des Strommarkts4 kann auch der Mieter grundsätzlich selbst bestimmen, von welchem Anbieter er den für seine Wohnung benötigten Strom bezieht; den Vermieter trifft nur die Pflicht, dafür zur sorgen, dass der Mieter sicher, dauerhaft und ausreichend auf diese Energiequelle zurückgreifen kann, soweit die Parten nichts anderes vereinbart haben.5 Noch nicht geklärt ist, ob sich der Vermieter ein Bestimmungsrecht hinsichtlich des zu beziehenden Stroms ausbedingen oder selbst als Strom-(weiter-)lieferant tätig werden kann.6

1 S. BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582: Der Mieter konnte bei Abschluss des Mietvertrages im Jahre 1991 über Räume in einem unsanierten Plattenbau aus dem Jahre 1971 nur eine Elektroinstallation erwarten, wie sie für vergleichbare Objekte üblich war. 2 S. dazu Both NZM 2002, 934. 3 Bub NZM 2001, 458 f.; Eisenschmid PiG 67 (2003) S. 49 f., 55, 56. 4 S. dazu Bub a.a.O. 5 S. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 486 f. 6 S. dazu Bub NZM 2001, 458, 461.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 211

bbb) Wasserversorgung Die Pflicht zur Wasserversorgung1 hat zum Inhalt, dass der Vermieter ein funktionierendes hygienisch einwandfreies Leitungs- und Abflussnetz sowie den Abschluss und die Erfüllung eines Liefervertrages mit einem Versorgungsunternehmen schuldet. Dies schließt eine Umrüstung oder Sanierung des Leitungsnetzes ein, wenn dieses den technischen oder medizinischen Standards insbesondere der TrinkwasserV v. 21.5.20012 nicht mehr genügt. Hierbei handelt es sich nicht um eine Modernisierungs-, sondern um eine Instandsetzungsmaßnahme (s. Rn. VII 71). Rüstet der Vermieter die vorhandenen Bleileitungen im Vorgriff auf die künftige Verschärfung der TrinkwasserV von zurzeit 25 mmg/cbm auf 10 mmg/cbm ab 1.12.2013 um, ohne dass hierfür zurzeit eine Notwendigkeit besteht, so handelt es sich um eine vorbeugende Instandsetzungsmaßnahme, die keine Mieterhöhung nach § 559 BGB rechtfertigt.3

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Der Wasserverbrauch des Mieters ist durch den vertraglichen Rahmen begrenzt. In diesen fällt auch häufiges Baden oder Duschen sowie gesteigerter Verbrauch für Aquarien und für das Gießen von Blumen und Pflanzen. Jedoch ergeben sich Schranken aus der Obhutspflicht, überflüssigen Verbrauch zu vermeiden.4 Vertragswidrig ist ein zweckfremder Verbrauch, z.B. durch Wäschewaschen für Dritte gegen Entgelt. Der Vermieter kann den Mieter im laufenden Mietverhältnis nicht verpflichten, mit einem Versorgungsunternehmen einen Vertrag über die Direktbelieferung mit Wasser abzuschließen. Zweifelhaft ist, ob eine Formularklausel, die die Zustimmung des Mieters vorweg nimmt, wirksam ist, bejahend: LG Hamburg WuM 2006, 96.

Derartige Klauseln verstoßen gegen §§ 308 Nr. 5, 309 Nr. 12b BGB. Sie führen überdies zu einem Ausschluss der Minderung etwa bei Lieferausfall oder Schlechtlieferung, die auch dann gegeben wäre, wenn diese Umstände vom Vermieter nicht zu vertreten wären. Das verstieße bei der Wohnraummiete gegen § 536 Abs. 4 BGB. cc) Entsorgung von Müll Zur Gebrauchsgewährpflicht gehört auch, ausreichende Anlagen für die Abfall- und Müllentsorgung vorzuhalten und die Entsorgung sicherzustellen.5 So hat der Vermieter das Volumen bzw. die Anzahl der Müllbehälter am Bedarf 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 536 f.; Eisenschmid PiG 67 (2003) S. 49 f., 53. 2 BGBl. 2001 I 959. 3 Eisenschmid PiG 67 (2003) S. 49 f., 54. 4 Beispiel: Unnötiges Ablaufenlassen von Kaltwasser, Nichtanzeige von defekten Dichtungen. 5 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 410; ausführlich Sternel PiG 67 (2003) S. 67, 76 f.

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Rn. VII 212

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

auszurichten. Ist ein Hausmeister vorhanden, so gehört es zu seinen Pflichten, hierzu gelegentlich Feststellungen zu treffen, OLG Naumburg – Urt. v. 5.11.2002 – ZMR 2003, 260.

Ferner muss er dafür sorgen, dass die Müllgefäße zur Leerung an die Straße geschafft werden, soweit dies die kommunale Müllsatzung vorschreibt, AG Bergisch Gladbach ZMR 1994 S. IX Nr. 4.

Biomüllabfalltonnen hat der Vermieter auf dem Hausgrundstück so abzustellen, dass Geruchsbelästigungen in der Wohnung des Mieters und deren Zugangsbereich ausgeschlossen sind, LG Osnabrück WuM 1997, 431.

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Der Mieter einer Erdgeschosswohnung braucht die Errichtung einer Container-Müllbox im Vorgarten vor seinem Schlafzimmerfenster nicht zu dulden, selbst wenn die Mehrheit der Mieter die zulässige und modernisierende Maßnahme des Vermieters begrüßt, AG Hamburg WuM 2002, 487.

Zur Stilllegung einer Müllabwurfanlage s. Rn. VI 142, VII 98.1 Schreibt eine Müllsatzung der Gemeinde dem Mieter vor, eine Restmülltonne aufzustellen und zu nutzen, so hat der Vermieter eine entsprechende Standfläche auf dem Grundstück zur Verfügung zu stellen, soweit dies objektiv möglich ist, AG Bückeburg DWW 2000, 63.

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Der Vermieter ist ferner verpflichtet, Schutzvorkehrungen dagegen zu treffen, dass das Mietgrundstück nicht „vermüllt“ und dass die Mieter ihren Hausoder Gewerbemüll im üblichen Umfang entsorgen können, ohne durch den Müll Dritter, den diese unbefugt abgelagert haben (Mülltourismus), daran gehindert zu werden.2 Werden hierfür bauliche Maßnahmen erforderlich (z.B. durch Errichtung einer eingezäunten Fläche oder eines abgeschlossenen Raums, zu denen nur befugte Mieter Zutritt haben), so können die Kosten nicht zu einer Mieterhöhung gemäß § 559 BGB führen, da es sich insoweit um eine Instandsetzungsmaßnahme handelt. Der Vermieter kann das Problem des Mülltourismus nicht dadurch lösen, dass er die Anzahl der Gefäße für die Standardmenge des zu entsorgenden Mülls verdoppelt; denn er verstößt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB, s. Rn. V 355), wenn er die anfallenden Mehrkosten auf die Mieter umlegt, AG Dortmund WuM 2002, 55.

Der Mieter einer Gewerbefläche hat gegen den Vermieter keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Beseitigung von Müll, den Dritte unbefugt abgelagert haben, wenn er diesen Mangel nicht rechtzeitig angezeigt hat, KG – Urt. v. 20.9.2001 – NZM 2003, 27. 1 S. dazu auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 411. 2 Sternel PiG 67, 2003, S. 67, 76; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3467.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 216

Füllt ein Mieter die bereitgestellten Müllgefäße anlässlich seines Umzugs mit seinem Restmüll, so dass für 54 weitere Mieter nur noch ein Müllcontainer zur Verfügung steht, so überschreitet er damit sein Gebrauchsrecht und verletzt zudem das Gebot der Rücksichtnahme; denn die Pflicht des Vermieters, Müllgefäße in ausreichender Anzahl und Kapazität vorzuhalten, besteht nur hinsichtlich des üblicherweise anfallenden Hausmülls. Der Mieter schuldet daher die Kosten für eine Sonderleerung,

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anders AG Nürnberg NZM 2002, 655.1

dd) Zurückbehaltung und Liefersperre aaa) Zurückbehaltungsrecht des Vermieters Der Vermieter kann nach h.M. seine Leistungen selbst dann nicht zurückbehalten, wenn der Mieter mit der Zahlung der Betriebskostenvorauszahlungen im Rückstand ist; denn seine Leistung ist nicht nachholbar. Das gilt jedenfalls für die Dauer des Mietverhältnisses,2

215

OLG Hamburg – Beschl. v. 3.11.1977 – WuM 1978, 169, OLG Köln – Beschl. v. 26.4.2004 – NZM 2005, 67 = ZMR 2005, 124 für Stromversorgung trotz Zahlungsverzugs des Mieters, ebenso KG – Urt. v. 29.8.2005 – DWW 2005, 426 = ZMR 2005, 95, LG Göttingen WuM 2003, 626 für Versorgung mit Wasser und Heizung; anders AG Bergheim ZMR 2005, 33, wenn der Mieter über einen Zeitraum von 3 aufeinander folgenden Terminen keinerlei Zahlungen geleistet hat.

Eine verbotene Eigenmacht des Vermieters soll auch darin liegen, dass er es nach einer technischen Störung der Energieversorgung unterlässt, die Leitungen instandzusetzen und dadurch die weitere Unterbrechung der Energieversorgung verursacht, LG Berlin WuM 2003, 508.

Selbst wenn das Mietverhältnis gekündigt worden ist und bereits ein vorläufig vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt, ist in der Unterbrechung der Versorgungsleistung eine verbotene Eigenmacht gesehen worden, OLG Celle – Urt. v. 28.4.2005 – NZM 2005, 741 = ZMR 2005, 615, 616, OLG Rostock – Urt. v. 25.6.2007 – GuT 2007, 372 = MDR 2007, 1249 nach einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs: es liege ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor; a.A. KG – Urt. v. 8.7.2004 – NZM 2005, 65, Urt. v. 6.9.2007 – NZM 2007, 923, LG Berlin GE 2007, 150, AG Hohenschönhausen GE 2007, 1127 jeweils für Wohnraummietverhältnisse, LG Heilbronn ZMR 2008, 717. 1 Ebenso Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 410. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 101. Dagegen für Liefersperre jedenfalls bei erheblichen Mietrückständen: Bub/Treier/v. Martius Rn. III A 1152; MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 153; Herrlein NZM 2006, 527; Scheidacker NZM 2007, 591 für Mietverhältnisse über Gewerberäume; für Liefersperre bei beendetem Mietverhältnis und Nichtzahlung von Nutzungsentschädigung für die Betriebskosten: Streyl WuM 2006, 234; gegen Liefersperre: Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1220; s. auch Scheidacker NZM 2005, 281; NZM 2007, 591.

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Rn. VII 217

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Jedoch wird auch von der überwiegenden Meinung eingeräumt, dass es besonders gelagerte Fälle geben kann, in denen es ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint, dass der Vermieter den Mieter von der Versorgung mit Strom, Wasser und Wärme abschneidet (OLG Celle a.a.O., OLG Köln – Beschl. v. 26.4.2004 – NZM 2005, 67 = ZMR 2005, 124). 217

Gegenüber der h.M. wird zwischen einer Störung des Besitzes und dem Entzug der Möglichkeit, die Mietsache weiter zu nutzen, unterschieden, wenn das Mietverhältnis durch fristlose Kündigung beendet worden ist: Der Entzug der Möglichkeit weiterer Nutzung sei nicht als verbotene Eigenmacht i.S. von § 858 BGB zu werten. Da der Vermieter nach einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses zu einer Gebrauchsgewähr nicht mehr verpflichtet ist, wird ihm ein Zurückbehaltungsrecht zugebilligt. Hierdurch werde der Mieter nicht unangemessen benachteiligt, weil er das Zurückbehaltungsrecht durch Ausgleich der Zahlungsrückstände jederzeit abwenden könne, KG – Urt. v. 8.7.2004 – GE 2004, 1171 = NZM 2005, 65: Durch das Absperren der Wasserzufuhr wird allenfalls die Möglichkeit der weiteren Nutzung der Mieträume durch den Mieter beeinträchtigt, während der Besitz hieran ihm nicht entzogen wird. Er kann die Zurückbehaltung dadurch abwenden, dass er die – hier unstreitigen – Mietrückstände ausgleicht. Er ist also nicht gezwungen, die Mieträume zu räumen. Im Wesen des Zurückbehaltungsrechts liegt es gerade, gegen den Schuldner Druck auszuüben.1 Ebenso KG – Urt. v. 6.9.2007 – GE 2007, 1316 = NZM 2007, 923 = ZMR 2008, 47 = MietRB 2008, 9 (Kern): Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine entsprechende Unterscheidung auch im Zusammenhang mit der Zahlung von Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB vorgenommen wird: Nach h.M. soll ein nach Ende der Mietzeit auftretender Mangel nicht zur Minderung der vom Mieter zu zahlenden Nutzungsentschädigung führen, weil der Vermieter nicht mehr zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs verpflichtet sei. Stimmt man dem zu, ist kein Grund ersichtlich, die Einstellung der Versorgung mit Heizwärme nach beendetem Mietverhältnis anders einzuordnen.

Eine verbotene Eigenmacht ist auch nicht darin gesehen worden, dass der Vermieter nach fristloser Kündigung des Wohnraummietverhältnisses die von ihm geschuldeten Abschlagszahlungen an das Versorgungsunternehmen nicht mehr leistete, so dass dieses darauf die Versorgung einstellte, LG Münster WuM 2007, 274.

Das wird damit begründet, dass bloßes Unterlassen (nämlich der Zahlungen an das Versorgungswerk) nur dann als Besitzstörung anzusehen wäre, wenn dem eine Pflicht zum Handeln gegenüberstünde. Solche Schutzpflichten seien nach Vertragsbeendigung jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der (ehemalige) Mieter seine Zahlungspflichten in krasser Weise verletzt habe, LG Berlin GE 2007, 150 im Anschluss an Streyl WuM 2006, 234, 236.

Hiergegen bestehen Bedenken, da der Begriff der Besitzstörung zu eng gezogen wird. Eingriffe in die Nutzungsmöglichkeit sind jedenfalls dann als Besitzstörung zu werten, wenn sie letztlich darauf hinauslaufen (und auch bezwecken), 1 S. auch Herrlein NZM 2006, 527, 530.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 218

dass der Besitzer mit dem Besitz nichts mehr anfangen kann und ihn aufgeben, d.h. die Sache herausgeben muss. Ebenso wenig kann sich der Vermieter mit einem Versorgungsunternehmen, dem ein Recht zur Liefersperre nach § 33 Abs. 2 Satz 1 AVBEltV zusteht, gleichstellen;1 denn jenes Recht korrespondiert mit dem Abschlusszwang des Versorgungsunternehmens, OLG Köln – Beschl. v. 26.4.2004 – NZM 2005, 67 = ZMR 2005, 124.

Zum Teil wird eine Liefersperre jedenfalls dann zugelassen, wenn der Mieter von Gewerberaum, dem wegen fortbestehender hoher Mietrückstände fristlos gekündigt worden ist, nicht in der Lage ist, wegen der Kosten für die weitere Belieferung mit Wasser und Strom Sicherheit zu leisten, und insolvenzgefährdet ist, LG Heilbronn ZMR 2008, 717 = InfoM 2008, 276.

Grundsätzlich ist der h.M. zu folgen; denn die Einstellung der Zahlungen an das Versorgungsunternehmen durch den Vermieter verstößt grundsätzlich gegen dessen Restpflicht aus dem Abwicklungsverhältnis. Jedoch kann sich bei Mietverhältnissen über Gewerberäume ausnahmsweise aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) etwas anderes ergeben. Das ist insbesondere in Betracht zu ziehen, wenn der wegen Zahlungsverzugs gekündigte und bereits zur Räumung verurteilte Gewerberaummieter den Geschäfts- oder Gewerbebetrieb weiterführt, keinerlei Zahlungen – auch nicht auf die Nebenkosten – leistet und eine Räumungsvollstreckung (z.B. durch Drittüberlassung) hintertreibt. Im Zweifel sind aber Rechtssicherheit und Rechtsfrieden höherrangig als die wirtschaftlichen Individualinteressen des Vermieters, es sei denn, dass dessen Existenz nicht nur unerheblich gefährdet wird. Bei der Wohnraummiete ist der Vermieter stets auf den üblichen Weg der Räumungsvollstreckung zu verweisen (s. Rn. XIV 152). Anders als im Mietrecht werden Versorgungssperren im Wohnungseigentumsrecht von der h.M. zugelassen, BGH – Beschl. v. 10.6.2005 – MDR 2005, 1279: Der nachhaltige Zahlungsrückstand des Mitglieds einer nicht rechtsfähigen Gemeinschaft berechtigt deren Mitglieder zur Verhängung einer Versorgungssperre, OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 21.2.2006 – NZM 2006, 869, 870, wenn die Ansprüche fällig sind und zweifelsfrei bestehen.

Das hat unmittelbare Auswirkungen auf den Besitzstand des Mieters einer Eigentumswohnung, KG – Beschl. v. 26.11.2001 – MDR 2002, 574: Dem Mieter stehen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft keine weiter gehenden Rechte zu als dem vermietenden Wohnungseigentümer, weil der Mieter seine Rechtsstellung von diesem ableitet. Es mag sein, dass gegenüber dem Mieter ein besonderer Vollstreckungstitel erforderlich ist, falls die Wohnung betreten werden muss, um den Versorgungsanschluss zu sperren. Das ändert aber nichts daran, dass gegenüber dem Mieter keine

1 So aber MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 153.

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Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

verbotene Eigenmacht i.S. von §§ 858, 862 BGB vorliegt, wenn das Gesetz die Besitzentziehung oder -störung gestattet; anders OLG Köln – Urt. v. 15.3.2000 – WuM 2000, 488.

Gegen die Entscheidung des KG ergeben sich Bedenken daraus, dass petitorische Einwendungen entgegen § 863 BGB zugelassen werden. Andererseits ist ein Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Mieter einer Eigentumswohnung auf Zutritt zur Wohnung und Duldung, dass die dort befindlichen Versorgungsanlagen abgestellt werden, weil der vermietende Wohnungseigentümer das Wohngeld nicht gezahlt hat, verneint worden, KG – Beschl. v. 26.1.2006 – ZMR 2006, 379.1 bbb) Liefersperre des Versorgungsunternehmens 219

Kommt es zu einer Liefersperre der Versorgungsunternehmen für Fernwärme, Energie oder Wasser, weil der Vermieter als Vertragspartner die laufenden Kosten nicht zahlt, so sind die Versorgungsunternehmen berechtigt, ihre Leistungen zurückzuhalten.2 In einer derartigen Liefersperre liegt nach h.M. keine verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB gegenüber dem Mieter,3 LG Frankfurt a.M. WuM 1998, 495, LG Gera WuM 1998, 496, AG Jena WuM 1998, 675, LG Frankfurt/Oder WuM 2002, 312; anders LG Cottbus WuM 2000, 134, AG Frankfurt a.M. WuM 1998, 42.

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Da der Mieter nicht in einem Vertragsverhältnis zum Versorgungsunternehmen steht, hat er keinen vertraglichen Lieferanspruch. Jedoch lässt sich begründen, dass der Mieter in die Schutzwirkungen des § 33 Abs. 2 Satz 2 der AVB einbezogen wird. Voraussetzung dafür ist, dass er die aufgelaufenen Rückstände übernimmt und die Zahlung der laufenden Kosten sicherstellt, LG Gera WuM 1998, 496, LG Neuruppin NZM 2001, 1028, zumindest Letzteres: AG Leipzig WuM 1998, 673.

221

Der Mieter hat zwar gegenüber dem Vermieter einen Anspruch, dafür zu sorgen, dass durch Bezahlung der Rückstände das Versorgungsunternehmen die Liefersperre nicht vollzieht oder wieder aufhebt, LG Gera WuM 1998, 496, AG Leipzig WuM 1998, 495, AG Ludwigsburg NZM 1999, 122.

Dieser Anspruch, der auch mittels einer einstweiligen Verfügung verfolgt werden kann, wird sich indes wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage des Vermieters kaum realisieren lassen. Soweit der Mieter Zahlungen an das Versorgungsunternehmen leistet, stehen ihm Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter nach § 536a BGB zu,4 mit 1 Kritisch dazu Briesemeister ZMR 2007, 661; Scholz NZM 2008, 387. 2 S. jeweils § 33 AVBEltV, AVBGasV, AVBWasserV, AVBFernwärmeV. 3 Derleder NZM 2000, 1098, 1100; Hempel WuM 1998, 646; grundsätzlich auch Ulrici ZMR 2003, 895; a.A. Schmitz-Justen WuM 1998, 520. 4 Derleder NZM 2000, 1098, 1198.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 224

denen er gegenüber den Mietzinsansprüchen aufrechnen kann. Aufrechnungshindernissen steht bei der Wohnraummiete § 556b Abs. 2 BGB entgegen. b) Verkehrssicherungspflicht aa) Wege, Flure und Treppen Die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters bezieht sich auf alle Gebäudeund Grundstücksteile, die der Benutzung durch den Mieter oder befugte Dritte dienen.1 Das gilt auch für Flächen, die der Mieter nutzt, ohne dass sie ihm vermietet worden sind, wenn der Vermieter die Nutzung duldet,

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OLG Hamm – Beschl. v. 15.1.2004 – ZMR 2004, 511: Gegenüber einem Mieter, der – ohne dass ihm dies untersagt worden ist – auf dem Garagenhof des Mietshauses sein Auto abgestellt hat, besteht die Verkehrssicherungspflicht unabhängig davon, ob ihm ein Abstellplatz ausdrücklich mitvermietet worden ist.

Auch wenn das nicht der Fall ist, haftet der Vermieter für Schäden an Sachen des Mieters, die er durch ein „Räumkommando“ entfernen lässt,2 AG Köln WuM 2004, 618.

Duldet der Vermieter einen Verkehr über einen Trampelpfad, so trifft ihn auch eine Verkehrssicherungspflicht jedenfalls insoweit, als es sich um Gefahren handelt, die für den Nutzer nicht zu erkennen sind, OLG Brandenburg – Urt. v. 23.1.1996 – GE 1996, 733.

Der Vermieter haftet auf Grund seiner Verkehrssicherungspflicht für die Folgen eines Sturzes auf extrem glatten Treppenstufen. Er ist deshalb verpflichtet, bei der Reinigung von Treppen im Treppenhaus die Wahl des Pflegemittels dem Belag anzupassen und auch sonst darauf zu achten, dass keine übermäßige Glätte durch die Bodenpflege auftritt. Der Geschädigte (Mieter) muss den Sturz und die extreme Glätte beweisen; alsdann spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Pflichtverletzung des Vermieters und deren Ursächlichkeit für den Schadensfall,

223

BGH – Urt. v. 14.12.1993 – MDR 1994, 613 = WuM 1994, 218 = ZMR 1994, 149.

Wichtig an dieser Entscheidung ist, dass der BGH den Beweis des ersten Anscheins auch bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zulässt, wenn sich im Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung besonderer Verhaltenspflichten begegnet werden soll. Befindet sich im Hauseingangsbereich ein Schacht, der mit einem Rost abgedeckt ist, so muss der Vermieter dafür sorgen, dass der Rost nicht von Dritten 1 Ausführlich Hoppmann DWW 1995, 243 zur Verkehrssicherungspflicht bezüglich Garagen und Baustellen, Außen- und Innentreppen, Treppenhaus, Fluren, Dach und Dachteilen, Fußböden, Verkaufsräumen, Toiletten, Bädern und Heizung, Gartenteichen und Schwimmbecken, ferner zu § 535 BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 94 ff.; Staudinger/Emmerich Rn. 28 ff. 2 Zum Fall: Der Mieter nutzte eine nicht mitvermietete Dachfläche als Terrasse. Als er der Räumungsaufforderung des Vermieters, der das Dach sanieren wollte, nicht nachkam, ließ der Vermieter die Fläche durch die Handwerker räumen.

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Rn. VII 225

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

unbefugt entfernt werden kann und der Schacht daher insbesondere bei Dunkelheit eine Gefahrenquelle bildet, BGH – Urt. v. 19.12.1989 – WuM 1990, 120 = ZMR 1990, 138.

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Hält der Vermieter bauordnungsrechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Bewohner dienen sollen, nicht ein, so kann schon darin ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht liegen, OLG Dresden – Urt. v. 28.7.2006 – NZM 2006, 865: Stürzt der Mieter bei Benutzung einer vom Vermieter eingebauten „Raumspar“-Treppe (oder „Samba-Treppe“), die vom 1. Obergeschoss zum Wäschetrockenboden führt, ist der Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Treppe nicht den einschlägigen Bauvorschriften entspricht.

Andererseits ist eine Schadensersatzpflicht des Vermieters verneint worden, wenn der Mieter auf einer bauordnungswidrigen Treppe innerhalb der Mieträume zu Fall kommt, die er seit annähernd 2 Jahren täglich mehrmals benutzt, ohne jemals Beanstandungen wegen des bauordnungswidrigen Zustandes erhoben zu haben, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.6.2001 – MDR 2002, 148 = WuM 2001, 446 = ZMR 2001, 962, 963: Es liegt ein überwiegendes Mitverschulden des Mieters vor, soweit es die deliktische Haftung betrifft. Die mietvertragliche Haftung ist entsprechend § 536b BGB (= § 539 BGB a.F.) ausgeschlossen.

Aber selbst wenn die baurechtlichen Vorschriften, die zur Zeit der Errichtung des Gebäudes galten, eingehalten worden sind, es aber in der Vergangenheit zu Unfällen gekommen ist, weil Sicherungsvorkehrungen fehlten, die in späterer Zeit vorgeschrieben waren, kann der Vermieter seine Verkehrssicherungspflicht verletzen, wenn er eine Nachrüstung unterlässt, um die Gefahrenquelle auszuschließen, LG Hamburg DWW 1999, 160 = ZMR 1999, 404: Eine Nachrüstungspflicht kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn der allgemeine Erhaltungszustand des Gebäudeteils oder eine dem Vermieter bekannt gewordene Gefährdungslage ein Tätigwerden erfordert.1

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Auch verstößt er gegen die Verkehrssicherungspflicht, wenn er bei für ihn erkennbarer Gefahrenlage, die sich aus der Verglasung einer Treppenhausaußenwand mit gewöhnlichem Fensterglas ergibt, keine Abhilfe schafft, BGH – Urt. v. 31.5.1994 – WuM 1994, 480.

Ferner ist der Hauseigentümer kraft seiner Verkehrssicherungspflicht gehalten, die teilweise nur mit 3 mm starkem Glas verglaste Hauseingangstür mit weitgehend bruchsicherem, jedenfalls splitterbindendem Glas zu versehen, OLG Koblenz – Urt. v. 10.10.1996 – WuM 1997, 376 = ZMR 1997, 417.

Andererseits verstößt der Vermieter einer Wohnung nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er die mit einem Glasausschnitt versehenen 1 Zum Fall: Fehlender Handlauf bei einer Wendeltreppe, der zwar noch nicht zur Zeit der Errichtung des Gebäudes, jedoch bei Abschluss des Mietvertrages bauordnungsrechtlich vorgeschrieben war.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 228a

Zimmertüren der Wohnung, die insoweit den baurechtlichen Vorschriften entsprechen, bei einer Vermietung an eine Familie mit Kleinkindern nicht mit Sicherheitsglas nachrüsten lässt,1 BGH – Urt. v. 16.5.2006 – NZM 2006, 578 = WuM 2006, 388 = ZMR 2006, 675 = MietRB 2006, 258 (Intveen): Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die im entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise – hier der Wohnungsvermieter – für ausreichend halten darf, um andere Personen – hier: Mieter mit deren Kindern – vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Mieten Eltern mit 3 Kleinkindern eine Wohnung, die den geltenden baurechtlichen Sicherheitsvorschriften im Hinblick auf die Wohnungsinnentüren entsprach, so kann dies nicht dazu führen, dass sich die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters dahingehend erhöht, nunmehr besondere (klein)kindgerechte Sicherungsvorkehrungen einbauen zu müssen. Solange solche Maßnahmen baurechtlich nicht vorgeschrieben sind, treffen den Vermieter in der Regel keine erhöhten Verkehrssicherungspflichten, s. auch KG – Beschl. v. 9.3.2006 – WuM 2006, 390: Der Verkehrssicherungspflichtige kann darauf vertrauen, dass die Eltern ein Mindestmaß an sorgfältiger Beaufsichtigung wahrnehmen.

Leuchtet die Treppenhausbeleuchtung nur 20 Sekunden, so verletzt der Hauseigentümer (Vermieter) die Verkehrssicherungspflicht. Ist kein Aufzug vorhanden, muss die Beleuchtung so eingestellt werden, dass es nach Betätigung der Hausbeleuchtung bei durchschnittlicher Gehgeschwindigkeit möglich ist, jedenfalls zwei Geschosse im Hellen zu überwinden, OLG Koblenz – Urt. v. 12.10.1995 – WuM 1997, 50.

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Der Vermieter ist verpflichtet, an einem Mehrfamilienhaus im Außenbereich einen Schalter für die vorhandene Außenbeleuchtung anzubringen, AG Flensburg WuM 1996, 215.

Zur Pflicht, elektrische Anlagen und Gasrohre zu überprüfen, s. Rn. VII 79 f. Der Vermieter haftet für seine Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB. Ein eigenes Verschulden kann ihn treffen, wenn er bei der Auswahl nicht sorgfältig verfährt oder seiner Überwachungspflicht nicht genügt. Das gilt insbesondere, wenn er seine Pflichten vertraglich einem Mieter überträgt, vgl. Rn. VI 277. Hat er die Verkehrssicherungspflicht einer zuverlässigen Hauswartsfirma übertragen, so hat er seine eigene Pflicht nicht schuldhaft verletzt, wenn über mehrere Jahre hinweg kein Anlass zu Beanstandungen bestand und er die Überwachung deshalb unterlassen hat,

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so BayObLG – Beschl. v. 8.9.2004 – ZMR 2005, 137 für Wohnungseigentumsverwalter.

Die Verkehrssicherungspflicht besteht auch zugunsten derjenigen Personen, die in den Schutzbereich des Mietverhältnisses einbezogen worden sind. Dazu 1 Zur Abgrenzung der Haftung eines Reiseveranstalters bei einem ähnlich gelagerten Unfall s. BGH – Urt. v. 18.7.2006 – NZM 2006, 752 und dazu Schuschke NZM 2006, 733.

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228a

Rn. VII 229

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

zählen die Personen, die – vertraglich zulässig – den Mietgebrauch mit Willen des Mieters ausüben, ohne selbst Vertragspartner des Vermieters zu sein. Dazu zählen bei der Wohnraummiete die Familienangehörigen im Haushalt des Mieters und dessen Haushaltsangehörige, insbesondere der Ehegatte, der Lebenspartner und Lebensgefährte, Kinder, nicht nur kurzzeitiger Besuch, Haushalts- und Pflegekräfte. Bei der Gewerberaummiete zählen zu diesem Kreis Angestellte und Arbeitnehmer des Mieters, nicht jedoch gelegentliche Besucher (Kundenbesuche), OLG Rostock – Beschl. v. 14.12.2006 – NZM 2007, 704.

Achtung! Gegenüber Minderjährigen ist die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters begrenzt durch die Verantwortung der Eltern, KG – Beschl. v. 9.3.2006 – WuM 2006, 390.

Gelegentliche Besucher zählen nicht zum geschützten Personenkreis, OLG Köln – Urt. v. 8.11.2000 – WuM 2001, 447 = ZMR 2001, 273.

Das Gleiche gilt für den Untermieter, der einen eigenständigen Mietbereich hat und sich wegen etwaiger Schäden an den Mieter halten kann, BGH – Urt. v. 15.2.1978 – NJW 1978, 833 = ZMR 1978, 180.

bb) Reinigungs- und Streupflichten 229

Die Pflicht des Vermieters zur Eis- und Schneebeseitigung (soweit er sie nicht auf den Mieter übertragen hat, dazu Rn. VI 277),1 bezieht sich auf alle Teile des Grundstücks, die vom Mieter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs genutzt werden dürfen oder auf denen ein allgemeiner Verkehr eröffnet ist, OLG Saarbrücken – Urt. v. 14.4.1999 – WuM 2000, 126

und ist gegenüber der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gesteigert: Sie orientiert sich am Sicherungsbedürfnis der Mieter zu den Zeiten, zu denen sie üblicherweise morgens das Haus zu verlassen pflegen. Auf die diesbezüglichen wegepolizeilichen Vorschriften soll es dagegen nicht ankommen, OLG Hamburg – Urt. v. 16.7.1990 – HmbGE 1990, 417, auch zum Umfang der Streupflicht bei gefrierendem Regen.

Indes dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. So muss eine Garageneinfahrt nicht mehrmals am Tage auf Verschmutzungen hin kontrolliert werden und – wenn sich keine Auffälligkeiten zeigen – auch nicht täglich gereinigt werden, selbst wenn sie zugleich als Zugangsweg zur Garage dient, KG – Urt. v. 24.10.2006 – NZM 2007, 125.

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Von einem Teil der Rspr. wird ein allgemeinerer Maßstab angelegt, was den zeitlichen Umfang der Streupflicht anbelangt: Sie soll in dieser Hinsicht auf 1 S. dazu Horst MDR 2001, 187; Hitpaß ZMR 2005, 9; Hitpaß ZMR 2008, 935; ferner Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 120.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 231a

den Umfang begrenzt sein, den billige Rücksicht auf die Verkehrsauffassung gebietet (BGH – Urt. v. 2.10.1984 – NJW 1985, 270 = ZMR 1985, 56 II 1). Ein Zeitbeginn soll sich aber nicht generell festlegen lassen, weil die Verkehrsbedürfnisse je nach Einzelfall variieren. Indes könne als Richtlinie am Morgen das Einsetzen des (allgemeinen) Berufsverkehrs genommen werden. Das bedeute eine gewisse Verkehrsverdichtung, üblicherweise ab 7 Uhr. Das soll auch durch eine Ortssatzung indiziert werden, nach der die auf den Anlieger abgewälzte Schneeräum- und Streupflicht erst zu diesem Zeitpunkt einsetze, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.6.2000 – WuM 2002, 89 = ZMR 2001, 107; OLG Koblenz – Beschl. v. 20.2.2008 – GuT 2008, 112 = WuM 2008, 303 = ZMR 2008, 625: Die winterliche Streu- und Räumpflicht des Vermieters ist regelmäßig auf den Zeitraum zwischen dem Einsetzen des allgemeinen Verkehrs am Morgen und dessen Ende in den Abendstunden beschränkt. Wer sich außerhalb dieser Zeiten bewegt, darf eine Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich nicht erwarten. Nur wenn der Vermieter es zu vertreten hat, dass auf seinem Gelände zur Nachtzeit vertragsgemäß erheblicher Publikumsverkehr stattfindet, muss er auch für dessen Sicherheit sorgen; ähnlich: LG Köln WuM 1995, 107: Die Pflicht besteht mangels anderweitiger Vereinbarung nur in den zeitlichen Grenzen der öffentlich-rechtlichen Wegereinigungspflicht.

Andererseits wird dem Vermieter eine Vorsorgepflicht auferlegt: Ist zu einem Zeitpunkt, in dem Glätte noch nicht eingetreten ist, bereits mit hinreichender Sicherheit absehbar, dass es in den folgenden Stunden, in denen eine Räumund Streupflicht nicht besteht, zum Auftreten von Glätte kommen wird, so bestehen bereits zu diesem Zeitpunkt vorbeugende Sicherungspflichten, OLG Brandenburg – Urt. v. 18.1.2007 – NJW-RR 2007, 974 = NZM 2007, 583 (LS) = WuM 2007, 137 (im Anschluss an OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2004, 312 f.): Erforderlich für das Bestehen einer solchen vorbeugenden Sicherungspflicht sind allerdings hinreichend konkrete Umstände, dass an dieser Stelle Glättegefahr besteht; allgemeine Angaben in einem Wetterbericht für ganz Deutschland reichen hierfür allein nicht aus.

Hat der Vermieter die Wegereinigungs- und Streupflicht vertraglich auf die Mieter übertragen, so trifft ihn eine Überwachungspflicht (OLG Köln – Urt. v. 17.11.1995 – WuM 1996, 226, Rn. VI 282). Die Zuverlässigkeit muss zumindest stichprobenweise überprüft werden. In Grenzen kann er darauf vertrauen, dass der Mieter seiner Reinigungspflicht nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte hervortreten, die dieses Vertrauen erschüttern müssen,1

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BGH – Urt. v. 2.10.1984 – ZMR 1985, 56, 57 Sp. 2.

Darüber hinaus haftet der Vermieter einem geschädigten Mieter für ein Verschulden des reinigungspflichtigen Mitmieters aus §§ 536a, 278 BGB, und zwar gemäß § 253 Abs. 2 BGB auch auf Schmerzensgeld, anders noch OLG Dresden – Beschl. v. 20.6.1996 – WuM 1996, 553.

Hat der Vermieter seine Reinigungs- und Streupflicht für ein bestimmtes Grundstück vertraglich einem Dritten übertragen, so sind die dort wohnhaften Mieter in den Schutzbereich des Übertragungsvertrages einbezogen mit 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 123.

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231a

Rn. VII 231b

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

der Folge, dass ihnen unmittelbar vertragliche Ansprüche gegenüber dem Dritten zustehen können, BGH – Urt. v. 22.1.2008 – NZM 2008, 242 = WuM 2008, 235.

Das soll selbst dann gelten, wenn der Übertragungsvertrag nicht rechtswirksam zustande gekommen ist, vielmehr soll entscheidend sein, dass der in die Verkehrssicherungspflicht Eintretende faktisch die Verkehrssicherungspflicht für den Gefahrenbereich übernimmt und im Hinblick hierauf Schutzvorkehrungen durch den primär Verkehrssicherungspflichtigen unterbleiben, weil sich dieser auf das Tätigwerden des Beauftragten verlässt (BGH a.a.O.). 231b

Bei Anmietung eines Stellplatzes auf einem Privatparkplatz hat der Mieter nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Winterdienst (OLG Düsseldorf – Beschl. v. 19.5.2008 – NZM 2008, 928 = ZMR 2008, 950). cc) Sonstige Verkehrssicherungspflichten

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Der Vermieter ist auch für verpflichtet gehalten worden, den Sperrschieber eines Löschwasserrohres in dem jedermann zugänglichen Keller eines Hauses stets darauf zu überprüfen, ob er verschlossen ist, BGH – Urt. v. 15.6.1988 – NJW 1989, 76.

Er haftet dagegen nicht, wenn sich ein Kleinkind des Mieters, das auf einen Heizkörper klettert und dabei mit einem Fuß zwischen die Heizplatten gerät, verletzt, OLG Köln – Urt. v. 19.8.1992 – DWW 1992, 338 = WM 1992, 620.

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Kommt es zu einem Frostschaden in einer Mietwohnung, weil der Mieter der darüber liegenden Wohnung infolge längerer Abwesenheit nicht ausreichend geheizt hatte, so haftet der Vermieter für den Leckageschaden mangels Verschuldens nicht, denn der schädigende Mieter ist in Erfüllung bzw. Nichterfüllung seiner Obhutspflicht nicht Erfüllungsgehilfe des Vermieters,1 OLG Karlsruhe – Urt. v. 10.11.1995 – WuM 1996, 226.

Der Vermieter darf im Rahmen der durchzuführenden Gartenpflegearbeiten auf Gemeinschaftsflächen keine Unkrautvernichtungsmittel einsetzen, durch die Personen, insbesondere spielende Kinder, gesundheitlich gefährdet werden können, LG München I WuM 1989, 500 (VOROX). Grünflächen, die zu Freizeitzwecken, insbesondere zum Spielen von Kindern, genutzt werden dürfen, sind regelmäßig so weit abzumähen, dass bei der damit einhergehenden Kontrolle am Boden liegende Glasscherben entdeckt und unverzüglich beseitigt werden können; das gilt insbesondere im Bereich von Kinderspielgeräten, OLG Hamm – Urt. v. 30.1.1990 – DWW 1990, 203. 1 Unberührt hiervon bleibt die Pflicht des Vermieters, die erforderlichen Schönheitsreparaturen auszuführen, selbst wenn diese wirksam auf den Mieter übertragen worden sind (s. Rn. IX 4).

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 235

Auch macht sich der Vermieter ersatzpflichtig, wenn er Kakerlaken in einer Mietwohnung mit einem für Wohnungen ungeeigneten Gift (Blattanex EC) bekämpft und der Mieter dadurch Gesundheitsschäden erleidet, AG Köln WuM 1999, 339.

c) Schutzpflichten des Vermieters Schutzpflichten des Vermieters lassen sich aus § 241 Abs. 2 BGB ableiten. Sie sind von seinen übrigen Leistungspflichten, die sich auf die Gebrauchsgewährung beziehen, abzugrenzen,1 auch wenn sich vielfach Überschneidungen ergeben.

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Zur (genossenschaftlichen) Gleichbehandlungspflicht s. Rn. I 301, VI 47 f. Der Vermieter ist verpflichtet, bei Störungen des Mietverhältnisses einzuschreiten, soweit ihm dies rechtlich möglich ist, KG – Urt. v. 20.9.2001 – NZM 2003, 27: Der Vermieter hat gegen durch Dritte verursachte Gebrauchsbeeinträchtigungen grundsätzlich in den den Umständen nach erforderlichen und zumutbaren Umfang Schutzvorkehrungen2 zu treffen. Auf die Ausübung von Abwehrrechten, etwa auf Grund des Besitzrechts, kann er den Mieter nicht verweisen.

Die Wahl der Mittel steht in seinem Ermessen. Der Mieter hat also grundsätzlich nur einen Anspruch auf Behebung der Störung – mithin auf den Erfolg –, nicht aber auf eine bestimmte Maßnahme – mithin auf das Mittel.3 Anders kann es sich ausnahmsweise dann verhalten, wenn das Ermessen des Vermieters gleichsam auf null reduziert ist, indem nur ein wirksames Mittel – z.B. eine Kündigung – in Betracht kommt,4 OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 442 Sp. 1, LG Berlin GE 1999, 380 = WuM 1999 329: Wenn andere Abhilfeversuche (einschließlich eines Unterlassungsurteils des Vermieters gegen den Störer) erfolglos geblieben sind, kann der Mieter vom Vermieter ausnahmsweise verlangen, das Mietverhältnis mit dem Störer zu kündigen, auch wenn der Mieter vom Vermieter im Allgemeinen kein bestimmtes Verhalten, sondern nur die Herbeiführung des vertragsgemäßen Zustands verlangen kann;5

1 Blank WuM 2004, 243. 2 Zum Fall: gegen das unbefugte Ablagern von Müll auf dem gewerblichen Grundstück. 3 Börstinghaus, Verwahrlosung, Lärm und Nachbarschaftsstreit im Wohnraummietrecht, PiG 67 (2003) S. 103, 121. 4 Zum Streitwert einer Klage des Mieters, mit der ein Mieter zur Kündigung des Mietverhältnisses mit einem störenden Mitmieter verpflichtet werden soll, s. BGH – Beschl. v. 2.11.2005 – MDR 2006, 657: Der Streitwert bemisst sich nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung nach § 41 Abs. 5 GKG; denn der Anspruch stellt sich als Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes und damit als Beseitigung eines Sachmangels dar. Macht der Mieter wegen des Sachmangels, dessen Beseitigung er verlangt, bereits eine Minderung geltend, so ist in der Regel dieser Betrag maßgebend. 5 Zum Fall: Lärmstörungen während der Ruhezeiten, auch durch Kinder über das hinzunehmende Maß hinaus trotz wiederholter Gespräche mit dem Störer und einer

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Rn. VII 236

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

AG Bad Segeberg WuM 2000, 601: Der Vermieter kann verpflichtet werden, zu Gunsten von Mietern im Haus einer Mietpartei fristlos wegen schwerer Störungen des Hausfriedens1 zu kündigen, nachdem Abmahnungen nicht geholfen haben.

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Entsprechendes gilt bei Vermietung einer Eigentumswohnung im Verhältnis des vermietenden Wohnungseigentümers zu den übrigen Wohnungseigentümern,2 OLG Köln – Beschl. v. 15.1.1997 – ZMR 1997, 253: Der Eigentümer einer vermieteten Wohnung kann durch die übrigen Wohnungseigentümer nicht verpflichtet werden, seinem Mieter, der des öfteren nachhaltig gegen die Hausordnung verstoßen hat, zu kündigen. Der Anspruch kann sich vielmehr nur auf Unterlassung richten, der nach § 890 ZPO zu vollstrecken ist. Es ist dann Sache des Wohnungseigentümers, welche Maßnahmen er ergreift, um die Einhaltung der Hausordnung seinem Mieter gegenüber nachhaltig durchzusetzen. AG Frankfurt a.M. NZM 2003, 447: Der vermietende Wohnungseigentümer kann in Anspruch genommen werden, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um von seinem Mieter gegenüber den Mietern anderer Wohnungseigentümer ausgehende Belästigungen und Störungen zu unterbinden. Die Wahl der geeigneten Mittel ist dem vermietenden Wohnungseigentümer zu überlassen. Verspricht eine Räumungsklage keine rasche Abhilfe, so muss er versuchen, einen freiwilligen Auszug durch das Angebot eines Geldbetrages zu erreichen. Er haftet den betroffenen Wohnungseigentümern auf Ersatz des Mietausfalls, der dadurch entsteht, dass deren Wohnungen infolge der Belästigungen nicht vermietbar sind.

Wird ein Wohnungseigentümer durch den lärmenden Mieter eines anderen Wohnungseigentümers gestört, so hat er gegen diesen einen Abwehranspruch nach § 1004 BGB, AG Frankfurt a.M. NZM 2003, 447.

Er kann sich aber auch an den vermietenden Wohnungseigentümer halten, wenn dieser es unterlässt, seinen Mieter von den nach dem Mietvertrag unzulässigen Störungen abzuhalten, BGH – Urt. v. 27.1.2006 – NZM 2006, 273 = ZMR 2006, 357.

Nicht anders verhält es sich, wenn der Mieter einer Eigentumswohnung durch den Mieter einer anderen Eigentumswohnung gestört wird: Er ist nicht auf Ansprüche gegenüber dem Störer beschränkt, sondern kann sich – unbeschadet seiner Ansprüche aus dem Mietverhältnis – auch an den Eigentümer der vermieteten Wohnung halten. 237

Der Mieter hat gegenüber einem anderen Mieter aus dem gleichen Haus keinen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn dieser einen Schaden verursacht hat,3 BGH – Urt. v. 12.12.2003 – NZM 2004, 193 = WuM 2004, 215 = ZMR 2004, 335.

Abmahnung sowie einem Unterlassungsurteil, das gestörte Mitbewohner gegen den Störer erwirkt hatten, das jedoch nicht fruchtete. 1 Zum Fall: Bedrohung mit Gasrevolver, Pöbeleien. 2 Dazu ausführlich Armbrüster/Müller ZMR 2007, 321, 322 f. 3 Zum Fall: Leckageschaden aus der oberen Wohnung.

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Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 239

Dagegen steht ihm ein solcher Anspruch gegenüber dem Eigentümer des Nachbargrundstücks zu, wenn von diesem Immissionen ausgehen, die den Mieter beeinträchtigen oder schädigen,1 BGH – Urt. v. 1.2.2008 – GuT 2008, 142 = NZM 2008, 256, OLG Stuttgart – Urt. v. 23.2.2007 – NZM 2007, 286 = ZMR 2007, 371: Im Falle von Substanzbeschädigungen oder bei Beeinträchtigung der gewerblichen Nutzung eines Grundstücks orientiert er – wegen der besonderen Nähe zu einem Schadensersatzanspruch – sich regelmäßig an den §§ 249 f. BGB.

aa) Abwehr von Immissionen Der Vermieter ist insbesondere verpflichtet, gegen Lärm und sonstige Immissionen eines Dritten – auch eines Mitmieters – vorzugehen,2

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OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 442: Behinderungen für das Betreten des in den Mieträumen betriebenen Ladengeschäfts oder das Betrachten der Schaufenster des Ladengeschäfts durch abgestellte Fahrzeuge oder herumliegende Gegenstände; notfalls muss der Vermieter behördliche Hilfe in Anspruch nehmen; LG Hamburg WuM 1984, 79 für Ladenbetrieb und Warenanlieferungen eines Mitmieters, LG Hamburg WuM 1987, 218 für Lärm und Gerüche aus einer Gaststätte, LG Köln WuM 1990, 385 für Abluft aus dem Wäschetrockner eines Mitbewohners, LG Offenburg DWW 1990, 273 für störendes Klavierspiel, LG Berlin MM 1995, 353 für Lärm- und Geruchsbelästigung durch eine im Haus befindliche Bäckerei, AG Schöneberg MM 1995, 397 für Kinderlärm, der nicht mehr sozialadäquat ist, wie Fußballspielen auf dem Hof, Spielen mit lärmverursachenden Geräten,3 LG Berlin GE 1999, 380 = WuM 1999, 329: Nachbarschaftslärm, u.a. durch Kinder nach 22 Uhr, AG Berlin-Charlottenburg WuM 2007, 616 für Verschattung der Wohnung durch nicht beschnittene Bäume auf dem Mietgrundstück.

Erst recht darf der Vermieter nicht eigenmächtig den Zugang zu den als Büro genutzten Mieträumen im 10. OG eines Hochhauses erschweren, indem er den Betrieb des Aufzugs einseitig zeitlich beschränkt, OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 7.6.2004 – NZM 2004, 909 = ZMR 2004, 819.

Anders kann es sich bei solchen Immissionen verhalten, mit denen der Mieter schon bei Abschluss des Mietvertrages rechnen muss, LG Hamburg WM 1998, 19 (ZK 33): Mit der Anmietung einer Wohnung in der Nachbarschaft zu einem Schulgelände, das nachträglich mit einem Spiel- und Bolzplatz ausgestattet wurde, ist es dem Mieter verwehrt, vom Vermieter zu fordern, gegen den Schulträger wegen Lärmstörungen vorzugehen. Mit derartigen Veränderungen muss er rechnen. 1 Zum Fall: Eine vom Eigentümer eines Gebäudes selbst genutzte Wohnung geriet infolge eines defekten Küchengeräts in Brand. Dadurch wurde auch das angrenzende Gebäude beschädigt, in dem der Geschädigte in angemieteten Räumen einen Lederwarenhandel betrieb. 2 Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 26; Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103 f. 3 Zum Fall: Herumfahren mit einem sog. Bollerwagen, der mit Leergut beladen ist, auf einem kopfsteinbepflasterten Innenhof.

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Rn. VII 240

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Die Schutzpflicht des Vermieters bezieht sich nicht auf die Abwehr von Belästigungen des Mieters durch andere Mitmieter aus anderen Häusern außerhalb des Mietgrundstücks,1 LG Essen WuM 1998, 278.

Jedoch ist der Vermieter verpflichtet, den Mieter vor Mobbing und Stalking auf dem Grundstück zu schützen, sofern Opfer und Täter seine Mieter sind und auf ein und demselben Grundstück bzw. einer und derselben Wirtschaftseinheit wohnen. Wird eine solche Störung festgestellt, so kann der Vermieter das Mietverhältnis gegenüber dem Störer nach Abmahnung gemäß §§ 569 Abs. 2, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen.2 Insbesondere bei Mieterinnen als Belästigte sollte der Vermieter auf das Gewaltschutzgesetz v. 11.12.2001 (BGBl. I 3513, s. dazu Rn. I 81) hinweisen. Zum Recht des Vermieters, das Mietverhältnis wegen Lärms, Randalierens, Belästigungen und Mobbing unter Mitbewohnern des Mietshauses oder der Wohnanlage fristlos zu kündigen, s. Rn. XII 93 f., 97 f. bb) Sicherheitsgewähr 240

Der Vermieter muss dafür sorgen, dass der Mieter nicht durch „ungebetene Besucher“ in Treppenhaus, Tiefgaragen oder leerstehenden Wohnungen belästigt wird3 und dass sich die Zugänge verschließen lassen, LG Berlin ZMR 1987, 334, LG München I ZMR 1988, 434, LG Göttingen WuM 1990, 75.

Daher soll der Vermieter auf Verlangen einer Mietpartei verpflichtet sein, einen automatischen Schließmechanismus anzubringen (AG Osnabrück WuM 2000, 329), zumindest aber die Hauseingangstür mit einem Schnappschloss zu versehen, wenn die Gefahr besteht, dass sich im Treppenhaus Drogensüchtige und Stadtstreicher aufhalten, AG Hamburg WuM 1994, 676.

Ein Mangel, dessen Abstellen der Mieter verlangen kann, ist auch in der Aufhebung der Zugangskontrolle bei überdurchschnittlich hochpreisigen gewerblich genutzten Mieträumen zu sehen, vgl. OLG Stuttgart – Urt. v. 21.12.2006 – NZM 2007, 163 = ZMR 2007, 272 = MietRB 2007, 85, 86 (Walberg) zur Mietminderung auch wegen Qualität und Quantität des Besucherverkehrs anderer Mieter.

241

Die Pflicht des Vermieters zur Sicherung des Mietobjekts berechtigt den Vermieter aber nicht dazu, eine Videoanlage zu installieren, um die Zuwege zum Haus, den Hauseingangsbereich oder das Treppenhaus zu kontrollieren,4 1 Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 27. 2 Börstinghaus PiG 67 (2003) S. 103 f., 117, 118. 3 S. dazu Sternel, Sicherheit, Sauberkeit, Service als Dienstleistung, in PiG 67 (2003) S. 67, 70; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 489. 4 S. Huff NZM 2004, 535; s. auch die Rspr.-Übersicht bei Hitpaß ZMR 2007, 355, 357; einschränkend Hitpaß ZMR 2006, 247, indem er eine Videoüberwachung für den Hauseingangsbereich, für die Tiefgarage und für Kinderspielplätze unter strengen Auf-

976

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 242

KG – Beschl. v. 26.6.2002 – NZM 2002, 702 für Videoüberwachung im Hauseingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage, ebenso LG Berlin WuM 2005, 663; KG – Beschl. v. 4.8.2008 – WuM 2008, 663 für Videoüberwachung im Aufzug. S. auch OLG Düsseldorf – Beschl. v. 5.1.2007 – NZM 2007, 166: Die über längere Zeiträume, verbunden mit der Möglichkeit dauernder Beobachtung und Weiterverwendung der gespeicherten Bilder, erfolgte zielgerichtete Videoüberwachung eines bestimmten Teils einer gemeinschaftseigenen Hoffläche zum Zwecke der Dokumentation etwaiger Sachbeschädigungen stellt eine zu unterlassende unverhältnismäßige Beeinträchtigung anderer dar.1

Das gilt aber nur, sofern eine Aufzeichnung erfolgt; denn hierdurch würde das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter, seiner Angehörigen, Besucher oder Kunden sowie sonstiger Benutzer der Zugangswege, ferner das Recht am eigenen Bild verletzt, so OLG Karlsruhe – Urt. v. 12.8.1998 – WuM 2000, 128.

Werden lediglich Monitore angebracht (auch in den Wohnungen in Verbindung mit einer Gegensprechanlage), um den Eingangsbereich zu überwachen, so bestehen hiergegen datenschutzrechtlich keine Bedenken.2 Auch das Anbringen einer bloßen Videokameraattrappe im Eingangsbereich des Mehrfamilienwohnhauses verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht und muss daher unterlassen werden, AG Aachen NZM 2004, 339, AG Berlin-Spandau WuM 2004, 214, AG Lichtenberg WuM 2008, 331; zur Kündigungsbefugnis des Mieters s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.2.2006 – ZMR 2006, 855: Wenn der gewerbliche Mieter (hier: Rechtsanwalt) im Zeitpunkt der Kündigung bereits ausgezogen ist und keine ernsthafte Nutzungsabsicht der angemieteten Kanzleiräume mehr besteht, macht die Anbringung einer Videokamera-Attrappe im Treppenhaus die Fortsetzung des Mietverhältnisses für ihn nicht unzumutbar i.S. von § 543 Abs. 1 BGB.

Ob heimliche Videoaufnahmen zulässig sind, um Beschädigungen (z.B. an Waschmaschinen in der Waschküche) aufzuklären, soll von einer Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Beobachteten und dem Aufklärungs- sowie Sicherheitsinteresse des Beobachtenden abhängen. Dabei sei abzuwägen, ob nicht eine offene Videoüberwachung den gleichen Zweck erfüllen würde, OLG Köln – Urt. v. 5.7.2005 – NJW 2005, 2997 = NZM 2005, 758; a.A. OLG Düsseldorf – Beschl. v. 5.1.2007 – NZM 2007, 166, s. auch AG Hamburg-Wandsbek WuM 2008, 22: keine Pflicht des Vermieters, die Überwachungskamera oder eine entsprechende Attrappe des Mieters in einem Mehrfamilienhaus zu dulden. lagen für zulässig hält. Auf § 6b Abs. 1 Nr. 2, 3 Bundesdatenschutzgesetz – Wahrung des Hausrechts oder Wahrnehmung berechtigter Interessen – kann sich der Vermieter schon deshalb nicht berufen, weil das Mietgebäude keinen öffentlich zugänglichen Raum darstellt. 1 Zum Fall: Die unzulässige Videoüberwachung durch einen Wohnungseigentümer betraf dessen Stellplatz, an dem andere Wohnungseigentümer zwangsläufig vorbeigehen mussten und so in den überwachten Teil gerieten. 2 Hitpaß ZMR 2006, 247, 251.

977

242

Rn. VII 243

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Andererseits ist eine verdeckte Videoüberwachung in den Kellerräumen eines Mehrfamilienhauses ausnahmsweise für zulässig gehalten worden, um erhebliche Eigentums- und Vertragsverletzungen („wildes Urinieren“ im Kellergang) aufzudecken, AG Zerbst NZM 2003, 897.

Es handelt sich indes um eine „Ausreißerentscheidung“. Daher ist Zurückhaltung geboten, zumal Bildaufnahmen durch § 201a StGB kriminalisiert sind, wenn sie sich auf Bilder in einer Wohnung oder ähnlich geschützten Räumen beziehen. 243

Unzulässige Videoaufzeichnungen unterliegen im Prozess einem Beweisverbot, dürfen also nicht verwertet werden, OLG Köln – Urt. v. 5.7.2005 – NZM 2005, 758.

244

Der Mieter kann nicht verlangen, dass der Vermieter gegen Dritte einschreitet, deren Verhalten den Mietgebrauch selbst oder den Hausfrieden nicht betrifft.1 Das gilt etwa für die Abwehr von Belästigungen des Mieters auf der (öffentlichen) Straße durch Mitmieter aus einem anderen Haus, LG Essen WuM 1998, 278.

cc) Informationspflichten 245

Allgemein wird angenommen, dass dem Vermieter grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache obliegt, die – für den Vermieter erkennbar – von besonderer Bedeutung für den Entschluss des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben erwartet werden kann (s. Rn. I 291 f.).2 Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Person des Mieters und dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit oder Unerfahrenheit. Stellt der Mieter Fragen oder macht der Vermieter von sich aus Aussagen in Bezug auf das Mietobjekt, so müssen dessen Angaben richtig und vollständig sein, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508 zur Vollvermietung eines Einkaufzentrums, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653 zur Höhe von Betriebskostenvorauszahlungen.

Allerdings wird man vom Mieter kaum erwarten können, dass er Umstände erfragt, die er – für den Vermieter nach der Lebenserfahrung erkennbar – für gegeben hält.3 Ist der Mieter über die Person des Vermieters im Unklaren, z.B. weil es sich um eine Erbengemeinschaft handelt, so kann er von diesem oder vom Woh1 S. dazu Sternel PiG 67, 2003, S. 67, 72. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 135 f.; Blank WuM 2004, 243, 245 f. 3 Z.B. die ungefähre Kostendeckung durch Betriebskostenvorauszahlungen.

978

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 248

nungsverwalter die Auskunft über Namen und Anschriften des/der Vermieter verlangen, wenn er diese Angaben benötigt, etwa um einen Prozess führen zu können, AG Recklinghausen WuM 1997, 485.

Der Vermieter muss den Mieter über alle Umstände informieren, durch die Gefahren für dessen Eigentum bestehen, damit er Vorsorge treffen kann,

246

BGH – Urt. v. 20.6.1990 – MDR 1991, 238 = NJW-RR 1990, 1422 = WuM 1991, 83.1 Zur Beweislast in Fällen, in denen eine Partei ihre Informationspflicht verletzt hat, hat der BGH ausgeführt: Grundsätzlich muss der Kläger die Pflichtverletzung auch dann beweisen, wenn sie in einem Unterlassen besteht. Die Schwierigkeiten des sog. Negativbeweises sind dadurch zu beheben, dass die andere Partei nach Lage des Falles die Behauptung substantiiert bestreiten und der Kläger die Unrichtigkeit der Gegendarstellung beweisen muss (BGH NJW 1987, 1322 f.). Allerdings ist ihm im Schadensfall vielfach nicht zuzumuten, einen Beweis über Dinge zu führen, die seinem Gefahrenbereich und seiner Kenntnis entzogen sind; vielmehr muss sich der Gegner entlasten, wenn sich aus der Sachlage zunächst der Schluss rechtfertigt, dass er die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt hat und die Schadensursache aus seinem Gefahrenbereich hervorgegangen ist, für den er im Zweifel verantwortlich ist.

Der Vermieter ist auch verpflichtet, den Mieter über das Aufstellen eines Baugerüsts am Haus zu informieren, wenn dadurch die Einbruchsgefahr erhöht wird,

247

LG Hamburg HmbGE 1990, 303.

Kommt es zu Einbrüchen in die Wohnung einer Wohnanlage mit Hilfe von manipulierten Schlüsseln, so trifft den Vermieter zumindest eine Warn- und Informationspflicht, OLG Hamburg – Urt. v. 17.8.1988 – NJW-RR 1988, 1481.

Verstärkt wird auf eine Belehrungs- und Informationspflicht des Vermieters abgestellt, wenn dieser – etwa durch Einbau isolierverglaster Fenster – in die raumklimatischen Verhältnisse der Mietwohnung eingegriffen hat und hierdurch ein verändertes Heiz- und Lüftungsverhalten des Mieters erforderlich wird, um Feuchtigkeitsschäden zu verhüten.2 Die Belehrung ist nicht in allgemeiner Form, z.B. anhand einer Broschüre, sondern auf die konkreten Raumverhältnisse hin zu erteilen, LG Neubrandenburg WuM 2002, 309, ebenso LG Hamburg NZM 1998, 571: Der Vermieter kann sich seiner Verantwortung für Feuchtigkeitsschäden nicht dadurch entziehen, dass er dem Mieter ein Merkblatt aushändigt, in dem das notwendig geänderte Wohnverhalten beschrieben wird. LG München I NZM 2007, 642 = MietRB 2008, 56 (Schwartmann): Nach Einbau isolierverglaster Fenster muss der Vermieter den Mieter sachgerecht und präzise auf die neuen Anforderungen an das Heiz- und Lüftungsverhalten im veränderten Raumklima hinweisen; er muss die erforderlichen Verhaltensweisen ermitteln. 1 Zum Fall: Unterlassene Information über eine Erkrankung von Pferden in einem Mietstall und dadurch verursachte Ansteckung der vom Mieter eingestellten Pferde. 2 Blank WuM 2004, 243, 247.

979

248

Rn. VII 249

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Ob der Vermieter seine Informationspflicht erfüllt, indem er dem Mietvertrag ein allgemein gehaltenes Merkblatt „Richtiges Heizen und Lüften“ beifügt, erscheint danach fraglich. 249

Kommt der Vermieter seiner Informationspflicht nicht nach und ist dieser Umstand (mit-)ursächlich dafür, dass Feuchtigkeitsschäden, insbesondere Schimmelpilzerscheinungen auftreten, so wird entweder angenommen, dass der Schaden aus den Gefahrenbereich des Vermieters stammt, LG Gießen ZMR 2000, 537,

oder es wird ein Verschulden des Mieters an den Schäden verneint, LG Berlin ZMR 2002, 48: In einem derartigen Schadensfall ist dem Mieter kein falsches Lüftungsverhalten vorzuwerfen, wenn der Vermieter ihn nicht darauf hinweist, dass er sein bisheriges Lüftungsverhalten ändern muss.

250

Streiten die Parteien über eine Schadstoffbelastung in der Wohnung und verfügt der Vermieter über ein diesbezügliches Gutachten, so ist er für verpflichtet gehalten worden, den Mieter hiervon zu unterrichten. Anderenfalls soll er sich schadensersatzpflichtig machen, wenn der Mieter seinerseits ein Gutachten einholt und ihm dadurch (unnötige) Kosten entstehen, AG Osnabrück WuM 2004, 336.

Dies kann jedoch nur gelten, wenn das Gutachten dem Vermieter günstig ist. Im anderen Fall kommt seine Haftung aus § 536a BGB in Betracht, durch die auch die dem Mieter entstandenen Gutachterkosten abgedeckt werden. 251

Eine Aufklärungspflicht des Vermieters darüber, ob die vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen zur Kostendeckung in etwa ausreichen werden, ist vom BGH verneint worden (s. Rn. I 295 f., V 269), BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 619 = ZMR 2004, 653.

Indes darf dabei entgegen der Auffassung des BGH nicht verkannt werden, dass die Angabe der Vorauszahlungshöhe auch die nach der Verkehrsauffassung zu wertende schlüssige Aussage enthält, die Vorauszahlungen reichten ungefähr – jedenfalls der Größenordnung nach – aus, um die Kosten zu decken. Bei Erstvermietungen mag es sich anders verhalten; indes wird auch hier der Mieter darauf vertrauen dürfen, dass der Vermieter im eigenen Interesse die Vorauszahlungen kostendeckend kalkuliert hat. Mithin wäre es nicht Sache des Mieter zu fragen, sondern Sache des Vermieters, eine Aufklärung oder einen Hinweis zu geben. Daher ist eine Anzeigepflicht des Vermieters zu Recht bejaht worden, wenn ihm aus den Vorjahren bekannt ist, dass die Betriebskostenvorauszahlungen die Kosten bei weitem nicht decken, AG Göttingen WuM 2007, 574 (s. auch Timme NZM 2005, 777).

251a

Der Vermieter ist ferner verpflichtet, den Mieter im Rahmen des Zumutbaren zu unterstützen, soweit dieser Bescheinigungen für Behördenzwecke oder zum Empfang von Sozialleistungen benötigt, LG Lüneburg WuM 1995, 699 für Bescheinigung zum Zwecke des Bezugs von Wohngeld;

980

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 251c

anders LG Köln WuM 1995, 104, WuM 1997, 491: keine Mitwirkung für das Ausfüllen eines Formulars, das zur Mietübernahme durch das Sozialamt führen soll, AG Rheinbach NZM 2000, 42: keine Mitwirkung bei polizeilicher An- und Abmeldung.

Umstritten ist, ob der Mieter einen Anspruch gegen seinen bisherigen Vermieter hat, ihm eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zu erteilen (s. dazu Rn. I 299a),

251b

dafür: AG Hohenschönhausen GE 2006, 974, dagegen: LG Dresden MietRB 2008, 291 (Blank) = InfoM 2008, 371 (Rev. zu BGH – VIII ZR 238/08), AG Schöneberg GE 2006, 975, AG Berlin-Tiergarten GE 2008, 203.

Dagegen wird geltend gemacht, dass für derartige Bescheinigungen kein Bedarf bestehe, da der Mieter die pünktliche Leistung der letzten Mieten durch Quittungen belegen könne, die er nach § 368 BGB von seinem bisherigen Vermieter beanspruchen könne (AG Schöneberg GE 2006, 975). Auch seien Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen rechtspolitisch unerwünscht, da sie den Mieter bei der Wohnungssuche unzumutbar behindern würden und sich daher letztlich gegen ihn richteten (AG Berlin-Tiergarten GE 2008, 203).1 Für einen Anspruch des Mieters soll sprechen, dass der Vermieter wegen seines besonderen Interesses an der Bonität des künftigen Mieters im Rahmen der Selbstauskunft nach Mietschulden fragen darf, LG Itzehoe WuM 2008, 281.

Kann er vom Mieter verlangen, dass dieser von seinem Arbeitgeber eine Verdienstbescheinigung beibringt, s. dazu OLG Koblenz – Beschl. v. 6.5.2008 – WuM 2008, 471,2

so kann für die Mietfreiheitsbescheinigung nichts anderes gelten. Kann der (künftige) Vermieter auf einer derartigen Bescheinigung bestehen, so folgt der Anspruch des Mieters gegen seinen bisherigen Vermieter auf deren Ausstellung aus § 241 Abs. 2 BGB. Er wird nicht dadurch gegenstandslos, dass dem Mieter auch ein Anspruch auf Erteilung von Quittungen zusteht; denn dieser bezieht sich naturgemäß nicht auf Leistungen, die der Mieter nicht erbracht hat (z.B. Betriebskostennachzahlungen). Umstritten ist auch, ob der Mieter, der eine Steuervergünstigung nach § 35a EStG geltend machen will, vom Vermieter eine Bescheinigung über haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen verlangen kann,3 verneinend für den Wohnungseigentümer: AG Bremen WuM 2007, 474. 1 S. Daub GE 2006, 961. 2 Dort auch zum Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Arbeitgeber des Mieters wegen einer Falschauskunft (Verschweigen der Pfändung von Arbeitseinkünften). 3 Dafür: Blümmel GE 2006, 1597; Beuermann GE 2006, 1600; einschränkend: Herrlein WuM 2007, 54, 56; offen gelassen von Ludley ZMR 2007, 331, 335; s. auch Beck GE 2007, 1540, 1542; dagegen: Tank MietRB 2008, 124, 127.

981

251c

Rn. VII 251d

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Zu Recht ist auf die Zumutbarkeit für den Vermieter abgestellt worden, was den Verwaltungsaufwand anbelangt.1 Sie lässt sich für das Jahr 2006 verneinen (so auch AG Neuss ZMR 2007, 898), nicht aber für die Folgejahre; denn der Vermieter besitzt die Information über die in Anspruch genommenen Dienstleistungen und kann von den Handwerkern, die er beauftragt, eine Ausweisung der Lohnkosten innerhalb der Rechnung verlangen. Auch hier folgt der Anspruch des Mieters aus § 241 Abs. 2 BGB. Der Hinweis auf das Einsichtsrecht des Mieters in die Betriebskostenbelege verfängt nicht; denn dort handelt es sich um die bloße Überprüfung von Daten, die der Vermieter im Rahmen der Betriebskostenabrechnung mitgeteilt hat, während es hier um eine „Ausforschung“ auch bezüglich solcher Unterlagen geht, die die Betriebskosten nicht betreffen und von denen der Mieter keine Kenntnis hat. Der Vermieter braucht den Anspruch des Mieters nicht im Rahmen der Betriebskostenabrechnung zu erfüllen; er ist auch nicht an die Fristen des § 556 Abs. 3 BGB oder an die für den Mieter bestehende Frist zur Abgabe der Steuererklärung gebunden. 251d

Eine Hinweispflicht des Vermieters auf Umbauarbeiten, die er nach Beendigung des Mietverhältnisses plant, ist aus § 241 Abs. 2 BGB abgeleitet worden, um dem Mieter etwaigen Aufwand für Renovierungs- oder Rückbaumaßnahmen zu ersparen.2 Zu fragen ist, ob der Vermieter den Mieter, der bei Beendigung des Mietverhältnisses renovieren will, darauf hinweisen muss, dass die entsprechende Vertragsbestimmung unwirksam ist und daher eine Renovierungspflicht nicht besteht. Zwar trifft den Vermieter keine allgemeine Pflicht zur Rechtsberatung oder zu entsprechenden Hinweisen, so dass er sich Renovierungsarbeiten gefallen lassen darf, die der Mieter ohne Rechtsgrund erbringt.3 Jedoch darf er die ihm bekannte Unkenntnis oder auch nur Zweifel des Mieters über die Renovierungspflicht nicht wider besseres Wissen ausnutzen oder ihn gar zu Renovierungsleistungen auf Grund einer als unwirksam erkannten Vertragsbestimmung auffordern. Zur Hinweispflicht des Vermieters, der wegen Eigenbedarfs gekündigt hat, auf den Wegfall oder die Veränderung des Kündigungsgrundes s. Rn. XI 166 f. d) Konkurrenzschutz und Wettbewerbsbeschränkungen aa) Vereinbarung

252

Eine besondere Ausprägung der Schutzpflicht des Vermieters besteht bei Vermietung von gewerblichen Räumen in der Konkurrenzschutzpflicht, die als vertragsimmanent nicht besonders vereinbart zu werden braucht,4 1 So Herrlein WuM 2007, 54, 46. 2 S. Timme NZM 2005, 777, 778 vor dem Hintergrund eines Ausgleichsanspruchs des Vermieters wegen überflüssiger Schönheitsreparaturen, s. dazu Rn. IX 187. 3 Eine andere Sache ist, ob der Vermieter damit riskieren will, sich Bereicherungsansprüchen des Mieters auszusetzen, s. dazu Rn. VIII 332. 4 Kulik NZM 1999, 546; Jendrek NZM 2000, 1116; s. ferner zu § 535 BGB: Blank/ Börstinghaus Rn. 208; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 507; Staudinger/Emmerich

982

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 254

BGH – Urt. v. 7.12.1977 – BGHZ 70, 79 = NJW 1978, 585 = WuM 1978, 187 = ZMR 1978, 211, BGH – Urt. v. 24.1.1979 – NJW 1979, 1404, 1405 = MDR 1979, 665 = WuM 1979, 144, KG – Urt. v. 10.5.1999 – MDR 1999, 1375, KG – Urt. v. 5.9.2005 – GuT 2005, 252 = MietRB 2006, 62 (Hoffmann): auch bei Vermietung Shop-in-shop, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.7.2001 – NZM 2001, 1033 = ZMR 2002, 38.

Sie erhält jedoch nur einen Sinn, wenn ein bestimmter Geschäftszweck ausdrücklich oder schlüssig vereinbart ist (s. Rn. VI 1).1 Auch im Untermietverhältnis kann sich ein Untermieter gegenüber seinem Vermieter auf einen Konkurrenzschutz berufen. Genießt der Untervermieter als Mieter seinerseits einen entsprechenden Konkurrenzschutz gegenüber dem Hauptvermieter, so kann der Untermieter verlangen, dass sein Vermieter den Anspruch gegenüber dem Hauptvermieter geltend macht.2 Der vertragsimmanente Konkurrenzschutz gilt auch zu Gunsten von Mietern, die als Freiberufler wie Rechtsanwälte oder Ärzte tätig sind,

253

BGH – Urt. v. 7.12.1977 – BGHZ 70, 79, 82 = NJW 1978, 585 = WuM 1978, 187 = ZMR 1978, 211 zu Gunsten von Fachärzten für innere Medizin, OLG Hamm – Urt. v. 19.4.1991 – NJW-RR 1991, 1483 zu Gunsten eines chirurgischen Facharztes, OLG Köln – Urt. v. 27.7.2005 – NZM 2005, 866 = ZMR 2005, 861 zu Gunsten von Rechtsanwälten besonderer Fachgebiete.

Dagegen ist ein Konkurrenzschutz bei Vermietung einer Lagerhalle zur Einlagerung von Büro- und Wohnmöbeln an ein konkurrierendes Speditionsunternehmen verneint worden, OLG Karlsruhe – Urt. v. 2.4.1987 – NJW-RR 1987, 848.

Der vertragsimmanente Konkurrenzschutz kann durch Vereinbarungen verstärkt oder abgeschwächt werden,3 BGH – Urt. v. 3.7.1985 – MDR 1986, 46 = ZMR 1985, 374 zur Einbeziehung von Nebenartikeln in den Konkurrenzschutz.

Er ist darüber hinaus – auch formularmäßig – abdingbar: OLG Hamburg – Urt. v. 17.12.1986 – MDR 1987, 321 = NJW-RR 1987, 403 = ZMR 1987, 94, OLG Celle – Urt. v. 13.5.1992 – WuM 1992, 538 = ZMR 1992, 449, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.1992 – DWW 1992, 368 = ZMR 1992, 445, KG – Beschl. v. 18.5.2007 – MDR 2008, 19 = MietRB 2008, 168 (Kurek).

Rn. 23 f.; Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1240; Fritz Rn. 76 f.; Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 109 f. 1 S. dazu Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 117. 2 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 559; Bieber/Ingendoh § 5 Rn. 90; Fritz Rn. 79, 504; Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 125. 3 S. hierzu Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 156 f.

983

254

Rn. VII 255

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Der formularmäßige Ausschluss von Konkurrenzschutz soll auch dann zulässig sein, wenn zugleich eine Betriebspflicht des Mieters und/oder eine Sortimentsbindung zu seinen Lasten (formularmäßig) vereinbart sind,1 OLG Hamburg – Urt. v. 3.4.2002 – ZMR 2003, 254, OLG Rostock – Urt. v. 8.3.2004 – NZM 2004, 461, KG – Beschl. v. 18.10.2004 – NZM 2005, 620, OLG Naumburg – Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772.

Bezweckt werden soll damit, bei leichten Sortimentsüberschreitungen die Diskussion darüber zu vermeiden, was zum Haupt- und was zum Nebensortiment zählt, und ein diesbezügliches Beweisrisiko des Vermieters auszuschließen (OLG Rostock a.a.O.). Dieses Argument käme indes nur zum Tragen, wenn die Konkurrenzschutzpflicht nicht ausgeschlossen wäre; denn nur ein bestehender Konkurrenzschutz und eine Sortimentsbindung lassen sich miteinander verknüpfen.2 Daher bestehen gegen einen derart ausweitenden Ausschluss Bedenken. Eine Sortimentbindung ohne Konkurrenzschutz führt zu einer unzumutbaren Einengung der gewerblichen Betätigungsfreiheit und verwehrt es dem Mieter, sich wirtschaftlichen Trends zu öffnen. Die Kumulation noch dazu mit einer Betriebspflicht des Mieters kann zu erheblichen Ertragsminderungen führen. Dieses an sich vom Mieter zu tragende Risiko wird hierdurch unabsehbar erhöht und geht über dasjenige, das mit der Branche und der Geschäftsführung verbunden ist, hinaus, da es allein mietvertragsbedingt oktroyiert wird. Zu Recht ist daher eine Gefährdung des Vertragszwecks bei einer Kumulation von Konkurrenzschutz, Sortimentsbindung und Betriebspflicht bejaht worden,3 OLG Schleswig – Beschl. v. 2.8.1999 – NZM 2000, 1008.

255

Auch dann, wenn der Wettbewerber ein völlig gleiches Warensortiment anbietet, soll im Ausschluss des Konkurrenzschutzes eine unangemessene Benachteiligung des Mieters liegen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.1992 – DWW 1992, 368 = ZMR 1992, 445.

255a

Die Vereinbarung eines regional zu weitgehenden Konkurrenzschutzes kann gegen das Diskriminierungsverbot in § 20 Abs. 1 GWB verstoßen, so dass es keine Wirkung gegenüber Mitbewerbern entfaltet, so für Schilderprägeunternehmen,4 BGH – Urt. v. 7.11.2006 – NZM 2006, 486, BGH – Beschl. v. 13.11.2007 – NZM 2008, 208, OLG Köln – Beschl. v. 8.6.2007 – MietRB 2008, 10.5 1 So auch Bub/Treier Rn. II 511; Ulmer/Brandner/Hensen Anhang § 310 BGB Rn. 608; Stobbe/Tachezy NZM 2002, 557 mit Formulierungsbeispielen. 2 Zu dieser Verknüpfung s. Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 12142; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 545. Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 168 empfehlen, die Sortimentsbeschränkung nicht von vornherein auszuschließen, sondern von der Zustimmung des Vermieters abhängig zu machen, um flexibel reagieren zu können. 3 So auch Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 216. 4 S. dazu Joachim NZM 2004, 57. 5 Zum Fall: Konkurrenzschutz zugunsten eines Kfz-Schilderprägeunternehmens im Umkreis von 2 km.

984

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 258

bb) Inhalt und Umfang Die Verpflichtung des Vermieters hat zum Inhalt, dafür zu sorgen, dass in anderen Räumen des Hauses oder auf seinen unmittelbar angrenzenden Grundstücken kein Konkurrenzunternehmen zuzulassen ist, und selbstverständlich nicht in Konkurrenz zum Mieter tritt. Das bedeutet jedoch nicht, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umständen des einzelnen Falles abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist,

256

BGH – Urt. v. 7.12.1977 – BGHZ 70, 79 = NJW 1978, 585 = WuM 1978, 187 = ZMR 1978, 211.

Das Ergebnis der danach gebotenen Interessenabwägung hängt u.a. davon ab, in welcher Weise die Gewerberäume und das vom Mieter betriebene Unternehmen in das Gesamtkonzept des Mietgebäudes eingebunden sind. So können die Interessen des Vermieters an einer möglichst kundenorientierten Vermarktung der einzelnen Einheiten des Einkaufszentrums gegenüber denjenigen des Mieters überwiegen,1

257

OLG Dresden – Urt. v. 23.9.1997 – MDR 1998, 211: Wie bei Vertragsabschluss erkennbar war, kann die Attraktivität eines EKZ mit über 80 Anbietern gefördert werden, wenn zumindest in den umsatzstarken Marktbereichen, zu denen auch die Elektrotechnik/Unterhaltungselektronik zählt, nicht nur ein Marktteilnehmer auftritt.

Die Konkurrenzschutzpflicht des Vermieters bezieht sich nur auf die Hauptartikel im Sortiment des Mieters, nicht auf sog. Nebenartikel oder auf den bloßen Nebenherverkauf von Hauptartikeln durch den Mitbewerber. Entscheidend ist, ob dieselbe Verbrauchergruppe beworben wird; dagegen kommt es weniger auf die Vertriebsweise an, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 11.5.2004 – NZM 2004, 706 für Autobahnrestaurant und Tankstellenimbiss.

Hauptartikel sind diejenigen, die den Stil des Geschäfts bestimmen, ihm das Gepräge geben, BGH – Urt. v. 3.7.1985 – NJW-RR 1986, 9 = ZMR 1985, 374, s. auch BGH – Urt. v. 8.1.1957 – ZMR 1957, 192, BGH – Urt. v. 24.4.1968 – ZMR 1968, 248, OLG Hamm – Urt. v. 16.12.1997 – MDR 1998, 587, 588 = NZM 1998, 511.

Indizien hierfür sind der Umsatzanteil im Verhältnis zum Gesamtumsatz, Angebotsvielfalt, Präsentation und Werbung.2 Nebenartikel sind dagegen häufig sog. Zubehörartikel zu den Hauptartikeln.3 Der vertragsimmanente Konkurrenzschutz zu Gunsten eines Supermarkts erstreckt sich auf alle Hauptartikel, die dem Supermarkt das Gepräge geben. Als 1 Zum Fall: Der Mieter hatte in einem großen Einkaufszentrum Geschäftsräume für die Branche Elektrotechnik und Unterhaltungselektronik angemietet. 2 Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1245; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 548; Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 130 f.; Jendrek NZM 2000, 1116, 1117. 3 Beispiel: Bei einem Schuhfachgeschäft: Schnürsenkel, Schuhcreme.

985

258

Rn. VII 259

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Hauptartikel eines Supermarkts ist aber nur das Warensortiment anzusehen, das nach Vielfalt, Auswahlmöglichkeit, Geschlossenheit und Übersichtlichkeit demjenigen eines Fachgeschäftes entspricht, OLG Hamm – Urt. v. 16.12.1997 – MDR 1998, 587, 588 = NZM 1998, 511.

259

Die Klausel „Für das Mietobjekt wird Konkurrenzschutz gewährt“

bezieht sich nicht ohne weiteres auf Nebenartikel, im Gegensatz zu einer Klausel „Der Vermieter verpflichtet sich, während der Mietdauer Verkaufsflächen nicht an ein Unternehmen zu vermieten, das den Vertrieb von Waren zum Gegenstand hat, die vom Mieter geführt werden“, BGH – Urt. v. 3.7.1985 – MDR 1986, 46 = ZMR 1985, 374.

260

Der vertragsimmanente oder der vereinbarte Konkurrenzschutz schützen nicht vor Konkurrenz solcher Mitbewerber, deren Mietverhältnisse bereits bei Abschluss des Mietvertrages mit dem neuen Mieter begründet und in Vollzug gesetzt worden sind. Hier soll es Sache des neuen Mieters sein, vor Abschluss seines Mietvertrages zu erkunden, welche Konkurrenzsituation er bei Anmietung bereits vorfindet; es gilt also der Prioritätsgrundsatz,1 OLG Köln – Urt. v. 16.12.1997 – NZM 1998, 512, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 11.5.2004 – NZM 2004, 706: Der Umfang des Konkurrenzschutzes richtet sich wesentlich danach, welchen Besitzstand der Mieter nach den bei Vertragsschluss ersichtlichen Umständen erwarten konnte bzw. erhalten sollte. Maßgegend sind insoweit Prioritätsgesichtspunkte; OLG Köln – Urt. v. 275.2005 – NZM 2005, 866 = ZMR 2005, 861,2 ebenso LG Köln WM 1990, 379 für eine Abrede, nach der der Vermieter versichert, im selben Gebäudekomplex keinen Laden zum Verkauf des gleichen Warensortiments zu vermieten.

261

In räumlicher Hinsicht erstreckt sich der Konkurrenzschutz nur auf das Grundstück des Vermieters, auf dem sich die Mieträume befinden, sowie auf das unmittelbar benachbarte Grundstück des Vermieters. Er besteht selbst bei einer Belegenheit in einer besonders attraktiven Einkaufsstraße, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 6.11.1987 – NJW-RR 1988, 512.

Soweit es benachbarte Grundstücke anbelangt, muss ein räumlicher Zusammenhang zwischen beiden Geschäften bestehen. Das ist jedenfalls dann nicht mehr der Fall, wenn zwischen beiden Geschäften eine Entfernung von 350 m besteht, selbst wenn die Geschäfte an derselben Einkaufsstraße eines Einkaufszentrums liegen,

1 Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1243; Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 111. 2 Zum Fall: Der zuerst anmietende Rechtsanwalt, der selbst nur Strafrecht bearbeitete, hatte nach Abschluss des Mietvertrages zwischen dem Vermieter und dem Zweitmieter, dem Konkurrenzschutz zugesichert war, seinen Sohn in die Praxis aufgenommen, der in den Fachbereichen wie der Zweitmieter tätig wurde und auch damit auf seinem Praxisschild warb.

986

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 263

BGH – Urt. v. 24.1.1979 – NJW 1979, 1404, 1405 = MDR 1979, 665 = WuM 1979, 144, OLG Rostock – Beschl. v. 10.1.2005 – MDR 2005, 1161: Liegen die Grundstücke 30 m voneinander entfernt und liegt eine Straße dazwischen, so ist eine unmittelbare Nachbarschaft nicht gegeben, OLG Nürnberg – Urt. v. 11.1.2006 – NZM 2008, 843.

Besonderheiten können sich bei der Vermietung von Gewerbe-, insbesondere Ladenräumen in Einkaufszentren ergeben. Da hier der Mieter in der Regel mit Mitbewerbern rechnen muss, wird die Auffassung vertreten, dass der vertragsimmanente Konkurrenzschutz im Zweifel nicht besteht,1

261a

so OLG Dresden – Urt. v. 23.9.1997 – MDR 1998, 211: Der Mieter von Gewerberäumen in einem großen Einkaufszentrum, der dort ein Geschäft für Elektrotechnik/ Unterhaltungselektronik betreibt, hat mangels vertraglicher Vereinbarung keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Konkurrenzschutz innerhalb des EKZ. Aus den Gründen: Wie bei Vertragsabschluss erkennbar war, kann die Attraktivität eines EKZ mit über 80 Anbietern gefördert werden, wenn zumindest in den umsatzstarken Marktbereichen, zu denen auch die Elektrotechnik/Unterhaltungselektronik zählt, nicht nur ein Marktteilnehmer auftritt. Ebenso LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1989, 1246.2

Dagegen für Konkurrenzschutz auch in Einkaufszentren: KG – Beschl. v. 5.9.2005 – GE 2005, 1426 = GuT 2005, 252 = MietRB 2006, 62 (Hoffmann): Auch bei Vermietung von Gewerberäumen in einem Einkaufszentrum gehört es – auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Konkurrenzschutzes – zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs, dass der Vermieter in unmittelbarer Nachbarschaft keinen Konkurrenzbetrieb zulässt oder selbst eröffnet. Ebenso LG Karlsruhe WuM 1991, 83.

Schuldner des Konkurrenzschutzes ist der Vermieter. Umgehungen dadurch, dass die Konkurrenz von einem Dritten ausgeübt wird, der entweder vom Vermieter abhängt oder diesen als Konzernunternehmen beherrscht, sind unzulässig,

262

OLG Karlsruhe – Urt. v. 7.4.1989 – NJW-RR 1990, 1234 = ZMR 1990, 214.

Beispiele:3 Konkurrenzschutz zu Gunsten eines Imbissbetreibers, wenn im selben Einkaufszentrum eine Fleischerei eine „heiße Theke“ einrichtet, KG – Urt. v. 25.2.2002 – GE 2002, 667.

Konkurrenzschutz zu Gunsten des Mieters von Räumen zum Betrieb einer Arztpraxis für Chirurgie/Orthopädie gegenüber dem Betreiber einer Arztpraxis für Mund, Kiefer- und Gesichtschirurgie, OLG Hamm – Urt. v. 19.4.1991 – NJW-RR 1991, 1483 = ZMR 1991, 295.

1 Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 135; Joachim NZM 2000, 785 f.; s. auch Bieber/Ingendoh § 19 Rn. 27 f.; Fritz Rn. 76c. 2 Zum Fall: Konkurrenzläden in einem Geschäftshaus mit Laufkundschaft auf der „Zeil“ in Frankfurt a.M. 3 S. Bieger/Ingendoh § 5 Rn. 92 f.; Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1246; Fritz Rn. 76e; Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 136 f.; Jendrek NZM 2000, 1116, 1118.

987

263

Rn. VII 264

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Konkurrenzschutz zu Gunsten eines Orthopäden mit der Zusatzqualifikation „Sportmedizin“ gegenüber einer Arztpraxis mit der Fachrichtung „Allgemeinmedizin und/oder Sportmedizin“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – DWW 2000, 158 = ZMR 2000, 451.

Konkurrenzschutz zugunsten eines „praktischen Arztes, speziell hausärztlicher Internist“ gegenüber einer „Praktischen Ärztin – Tätigkeitsschwerpunkt: chinesische Heilpraxis“, KG – Urt. v. 25.1.2007 – NZM 2007, 566.

264

Kein Konkurrenzschutz des Mieters von Räumen zum Betrieb einer krankengymnastischen Praxis mit der Arztpraxis für Orthopädie, in der krankengymnastische Behandlungen durch nichtärztliches Personal erfolgen, OLG Hamm – Urt. v. 4.6.1997 – ZMR 1997, 581.

Kein Konkurrenzschutz des Mieters von Räumen zum Betrieb eines Supermarkts, in dem auch Backwaren angeboten werden, gegenüber einem Dritten, dem im gleichen Gebäude Räume zum Betrieb einer Bäckerei vermietet worden sind, OLG Hamm – Urt. v. 16.12.1997 – MDR 1998, 586 = NZM 1998, 511.

Kein Konkurrenzschutz des Mieters von Räumen zum Betrieb eines Backshops gegenüber einem Verbrauchermarkt, der zwei Brötchensorten und verpacktes Brot anbietet, OLG Köln – Urt. v. 16.12.1997 – NZM 1998, 512.

Kein Konkurrenzschutz im Verhältnis eines Mieters, der eine Strumpfboutique betreibt, gegenüber dem Betrieb eines Verkaufsladens für Überschussund Fehlprodukte aller Art bezüglich des Vertriebs von Strümpfen der genannten Art, OLG Köln – Urt. v. 12.1.1998 – WuM 1998, 342 = ZMR 1998, 347.

Kein Konkurrenzschutz des Mieters, der einen „Irischen Pub“ betreibt, gegenüber dem Betreiber einer „Tapas-Taverne“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.10.1999 – ZMR 2000, 171.

Kein Konkurrenzschutz zwischen einem Baumarkt, der u.a. Bodenbeläge führt, gegenüber einem Orientteppich-Fachgeschäft, OLG Nürnberg – Urt. v. 3.11.2006 – MDR 2007, 567 = NZM 2007, 567.

cc) Rechtsfolgen bei Verstößen 265

Dem Mieter steht bei Verstößen des Vermieters gegen die vertragliche Konkurrenzschutzpflicht in erster Linie ein Anspruch auf Erfüllung zu. Sind die Räume dem Konkurrenten noch nicht überlassen worden, so kann er die Unterlassung der Besitzüberlassung verlangen,1 OLG Hamm – Urt. v. 19.4.1991 – ZMR 1991, 295. 1 Jendrek NZM 2000, 1116, 1120.

988

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 268

Auch kann der Anspruch auf Beseitigung der Konkurrenzlage so weit gehen, dass der Vermieter dem Konkurrenten die fristlose Kündigung anzudrohen hat, wenn dieser vertragswidrig handelt,1 LG Mannheim WuM 1972, 123.

Der Vermieter kann sich nicht auf Unmöglichkeit berufen, solange und soweit er rechtlich oder tatsächlich Einfluss auf das Verhalten des Konkurrenten nehmen kann, OLG Hamm – Urt. v. 9.3.1990 – NJW-RR 1990, 1236.

Der Mieter kann seine Ansprüche im Wege der Klage oder der einstweiligen Verfügung verfolgen.2 Mit Letzterer wird die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen, weil nur ein vorläufiges Verhalten geregelt wird, OLG Hamm – Urt. v. 9.3.1990 – NJW-RR 1990, 1236, OLG Hamm – Urt. v. 19.4.1991 – NJW-RR 1991, 1483 = ZMR 1991, 295, KG – Beschl. v. 21.1.2008 – GuT 2008, 111 = ZMR 2008, 616.

Erwirkt der Mieter eine einstweilige Verfügung, nach der es dem Vermieter untersagt wird, an einen Konkurrenten zu vermieten, und erwirkt der Konkurrent seinerseits nach Abschluss eines Mietvertrages mit dem Vermieter gegen diesen eine einstweilige Verfügung auf Überlassung der Räume, so soll der Prioritätsgrundsatz gelten,

266

KG – Beschl. v. 10.2.2003 – NZM 2003, 439: Die zuerst ergangene Entscheidung verhindert die Erfüllung aus dem anderen Vertrag; der dortige Erfüllungsanspruch wandelt sich in einen Schadensersatzanspruch.

Das ist nicht zweifelsfrei. Für die ähnliche Konstellation bei einer Doppelvermietung wird der Prioritätsgrundsatz von der herrschenden Rspr. nicht angewandt. Vielmehr soll es dem Vermieter überlassen bleiben, wem gegenüber er erfüllen und wem er schadensersatzpflichtig werden will (s. Rn. VII 3 f.). Der Mieter muss seinen Erfüllungsanspruch alsbald geltend machen, um eine Verwirkung zu vermeiden,

267

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 11.5.2004 – NZM 2004, 706: Zahlt der Pächter den Pachtzins in Kenntnis der entstandenen Wettbewerbssituation ohne Vorbehalt jahrelang weiter, können Minderungs- und Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Konkurrenzschutzpflicht verwirkt sein. Für die Kenntnis reicht es aus, dass der Berechtigte das vertragswidrige Verhalten in seinem tatsächlichen Ausmaß erkennen konnte.

Die vorbehaltlose Weiterzahlung der Miete in Kenntnis eines Mangels führt seit Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 nicht mehr entsprechend § 539 BGB a.F. zum Verlust von Gewährleistungsrechten (s. Rn. VIII 407). Jedoch kommt unter den strengeren Voraussetzungen der Verwirkung oder des stillschweigenden Verzichts ein Ausschluss in Betracht. Grundsätzlich rechtfertigen Verstöße des Vermieters gegen die Konkurrenzschutzpflicht eine Mietminderung nach § 536 BGB, ohne dass es in diesem 1 Bub/Treier/Kraemer Rn. III B 1249. 2 Zur Formulierung der Klaganträge s. Jendrek/Ricker NZM 2000, 229.

989

268

Rn. VII 269

Gebrauchsgewähr – Rechte und Pflichten des Vermieters

Zusammenhang auf die Feststellung von Umsatzeinbußen des Mieters ankommt,1 OLG Karlsruhe – Urt. v. 7.4.1989 – NJW-RR 1990, 1234 = ZMR 1990, 214, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.5.1997 – MDR 1997, 1115 = NZM 1998, 309, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – DWW 2000, 158 = ZMR 2000, 451, 452, KG – Urt. v. 25.1.2007 – NZM 2007, 566.

Dies rechtfertigt sich aus dem subjektiven Fehlerbegriff (vgl. Rn. VIII 2). Ferner stehen dem Mieter Schadensersatzansprüche aus § 536a BGB zu. Der Mieter muss sich aber ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er der Urheber der Konkurrenzschutzklausel war und die von ihm gewählte Branchenformulierung unklar war, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.1.2000 – DWW 2000, 158 = ZMR 2000, 451 für Arztpraxis für Sportmedizin.

Schließlich kann er gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen (s. Rn. VIII 341). dd) Wettbewerbsbeschränkungen 269

Vom Konkurrenzschutz sind wettbewerbsbeschränkende Abreden zu Lasten des Mieters zu trennen. Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen sind zulässig, wenn sie örtlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß unter Berücksichtigung des schützenswerten Interesses des Vermieters nicht überschreiten.2 Als schutzwürdiges Interesse des Vermieters ist dabei insbesondere der Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass der Vermieter auch nach dem Ende des Mietverhältnisses ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran hat, dass der frühere Mieter in der Nähe keinen Konkurrenzbetrieb eröffnet, OLG Celle – Urt. v. 6.4.2000 – NZM 2000, 550 = ZMR 2000, 447.

270

Eine Formularklausel, nach der sich der Mieter eines Ladens in einem Einkaufszentrum verpflichtet, keine Waren zu führen, die bereits in einem anderen Geschäftslokal des Hauses geführt werden (Sortimentsbindung), ist grundsätzlich zulässig und gilt auch gegen den Mieter/Betreiber eines Supermarktes im Verhältnis zu den im Einkaufszentrum befindlichen Einzelhandelgeschäften. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Artikel des Supermarkts das Angebot eines Fachgeschäfts ganz oder zum Teil mit abdecken. Hierbei ist generell auf die Unterscheidung von Haupt- und Nebenartikeln abzustellen (vgl BGH WPM 1985, 1175 f. für Konkurrenzschutz im Verhältnis eines Groß- und Ein1 Beschränkend auf den vertragsimmanenten Konkurrenzschutz: Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 177; dem ist nicht zu folgen, da der mietrechtliche Mangelbegriff vertragszweckbezogen und nicht objektbezogen ist. Insofern bestehen zwischen dem vertragsimmanenten und einem (weitergehenden) vereinbarten Konkurrenzschutz keine Unterschiede. 2 Jendrek NZM 2000, 1116, 1120; s. auch zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 214; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 561, 567, 568.

990

Einzelne Pflichten des Vermieters

Rn. VII 273

zelhandels mit keramischen Fliesen zu dem Fliesensortiment eines benachbarten Baumarktes), OLG Celle – Urt. v. 13.5.1992 – WM 1992, 538 = ZMR 1992, 449.

Eine Vertragsbestimmung, nach der sich der Mieter von Ladenräumen in einem Einkaufszentrum verpflichtet, während der gesamten Mietzeit (von 10 Jahren) in einem Umkreis von 3 km um das Einkaufszentrum herum kein gleichartiges oder ähnliches Geschäft, so wie er es im Einkaufszentrum führt, neu zu betreiben, schränkt das Recht des Mieters, am freien Wettbewerb teilzunehmen, in unangemessener Weise ein. Sie ist daher wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB unwirksam,

271

LG Berlin GE 2000, 57.

Das Gleiche gilt für eine Vertragsbestimmung, nach der sich der Pächter eines Imbisslokals verpflichtet, während der Pachtzeit von 10 Jahren in der ganzen Stadt kein Imbisslokal zu betreiben. Sie ist wegen des zu weiten örtlichen Geltungsbereichs und des übermäßigen Zeitraums als sittenwidrig gewertet worden; eine Reduktion auf den noch zulässigen Zeitraum scheitert schon an der örtlichen Überdehnung, OLG Hamm – Urt. v. 17.11.1986 – MDR 1987, 320.

Unwirksam ist auch ein nachvertragliches Konkurrenzverbot für einen örtlichen Geltungsbereich von 5 km/Radius und einen Zeitraum von 5 Jahren nach Vertragsende,1

272

OLG Celle – Urt. v. 6.4.2000 – NZM 2000, 550 = ZMR 2000, 447 bei Vermietung zum Betrieb eines Blumengeschäfts.

Dagegen ist eine Wettbewerbsklausel für zulässig gehalten worden, nach der sich der Pächter einer Kfz-Werkstatt mit Tankstelle verpflichtet, für die Dauer von 3 Jahren nach Beendigung des Pachtverhältnisses im Umkreis von 5 km eine entsprechende gewerbliche Betätigung zu unterlassen, OLG Celle – Urt. v. 26.4.1989 – NJW-RR 1990, 974 = ZMR 1990, 414.

Wird die zulässige Höchstdauer überschritten, so ist die Vereinbarung unwirksam. Handelt es sich um eine Formularklausel, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält, so ist eine Reduzierung auf das noch hinnehmbare Maß unzulässig. Eine Individualvereinbarung kann nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein; eine Reduzierung auf die noch zulässige Dauer ist ebenfalls ausgeschlossen.2 Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote bleiben als Bestandteil des Mietvertrages nach Veräußerung des Mietobjekts gegenüber dem Erwerber wirksam, wenn dieser nach § 566 BGB in die Vermieterstellung einrückt, OLG Celle – Urt. v. 26.4.1989 – NJW-RR 1990, 974 = ZMR 1990, 414. 1 Nach Bub/Treier Rn. II 715 liegt die Obergrenze in der Regel für Mietverträge bei 2 Jahren, für Pachtverträge bei 3–5 Jahren; nach Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 561 liegt diese Grenze für Mietverträge bei 3 Jahren. 2 Anders für Ausnahmefälle: Bub/Treier Rn. II 715.

991

273

VIII. Gewährleistung

1. Mängelbegriff im Mietrecht 1

Der Begriff des Mangels hat für das Gewährleistungsrecht zentrale Bedeutung.1 Nach § 536 Abs. 1 BGB ist unter einem Mangel die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mängel in Betracht kommen können. So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände, etwa die Behinderung des beschwerdefreien Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal, einen Fehler des Mietobjekts begründen, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54, KG – Urt. v. 1.3.2004 – MDR 2004, 1110,2 KG – Urt. v. 12.11.2007 – GuT 2007, 436 = NZM 2008, 526 = MietRB 2008, 71 (Kern), OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 442,3 OLG Stuttgart – Urt. v. 21.12.2006 – NZM 2007, 163 = ZMR 2007, 272 = MietRB 2007, 85, 86 (Walburg),4 LG Chemnitz ZMR 2002, 350.5

Zur Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung s. Rn. VIII 9. a) Subjektiver Fehlerbegriff 2

Auszugehen ist davon, dass der Vermieter nicht nur eine mangelfreie Sache, sondern den ungestörten Mietgebrauch schuldet. Der Umfang des Mietgebrauchs bestimmt sich nach dem Inhalt des jeweiligen Mietvertrages. Da die Erfüllung des Vertragszwecks in den Mittelpunkt des Fehlerbegriffs gerückt wird, spricht man vom subjektiven Fehlerbegriff.6 Es kommt also nicht nur auf Mängel an, die dem Mietobjekt selbst anhaften, sondern maßgebend ist, ob der Mietgebrauch beeinträchtigt wird, was auch durch Umstände veranlasst sein kann, die außerhalb des Mietobjekts liegen. 1 Zur veränderten Terminologie und den damit verbundenen Bedeutungswandel von „Fehler“ in § 537 BGB a.F. zu „Mangel“ in § 536 s. Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536 Anm. 5.1. 2 S. dazu Leo MDR 2000, 824; Waas ZMR 2001, 493. 3 Zum Fall: Behinderung der Schaufensterwerbung durch parkende Fahrzeuge. 4 Zum Fall: Aufhebung der Zugangskontrolle sowie dadurch bedingte Quantität und Qualität des Besucherverkehrs von Mitmietern bei einem hochpreisigen Mietobjekt. 5 Zum Fall: Nachträglicher Wegfall einer bei Vertragsabschluss vorausgesetzten und vorhandenen besonders günstigen Belieferungsmöglichkeit über einen Hof für einen in einer Fußgängerzone belegenen Laden. 6 S. zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 6.5.2; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 17; Staudinger/Emmerich Rn. 5.

992

Mängelbegriff im Mietrecht

Rn. VIII 4

Hervorzuheben ist noch immer der Rechtsentscheid des BayObLG v. 4.2.1987, NJW 1987, 1950 = WuM 1987, 112 = ZMR 1987, 174. Danach ist der Mieter zur Minderung wegen Baulärms, der von einem Nachbargrundstück ausgeht, auch dann berechtigt, wenn der Vermieter gegenüber dem Nachbarn die Lärmbeeinträchtigung entschädigungslos hinnehmen muss. Auf das Vorhandensein eines Mangels wirkt sich – als Folge des subjektiven Fehlerbegriffs – aus, dass die Vertragsparteien den vertragsgemäßen Zustand des Mietobjekts vereinbaren können (Beschaffenheitsvereinbarung) und damit einer objektiv negativen Erscheinung nicht nur die Mangeleigenschaft nehmen, sondern die Vertragsgemäßheit geben können (s. dazu Rn. VII 25 f.),

3

BGH – Urt. v. 7.6.2006 – NZM 2006, 626 = ZMR 2006, 678 = MietRB 2006, 264 (Hoffmann): Haben die Parteien einen konkret gegebenen schlechten Bauzustand als vertragsgemäß vereinbart, so sind insoweit Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen.

Der Schluss auf eine solche Vereinbarung wird gerechtfertigt sein, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605.

Beispiele: BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 für renovierungsbedürftigen Zustand einer Wohnung, BGH – Urt. v. 20.1.1993 – WuM 1994, 201 für maroden Bauzustand eines angemieteten Hauses, BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807 für unsanierte Altbauwohnung, knarrendes Parkett, BGH – Urt. v. 10.5.2006 – NZM 2006, 582 für Elektroinstallation eines DDR-Plattenbaus aus 1971, OLG Naumburg – Beschl. v. 28.7.1993 – WuM 1995, 145 für schlechte Bauqualität bei DDR-Plattenbauweise, LG Mannheim ZMR 1990, 220: Die Parteien können einen konkret gegebenen schlechten Zustand des Mietobjekts als vertragsgemäß vereinbaren. Danach liegt ein Mangel vor, wenn das vermietete Haus infolge seines Bauzustandes zu Wohnzwecken nicht geeignet ist und die Eignung auch nicht durch die vereinbarten Mieter-Reparaturen wiederhergestellt werden kann; LG Düsseldorf DWW 2000, 26: Verziehen von Türen und damit einhergehende Zugigkeit als Abnutzungserscheinung und Beeinträchtigungen, die der Typik der Baualtersklasse des Gebäudes entsprechen; LG Karlsruhe DWW 2005, 426 für Zuglufterscheinungen an den Fenstern einer Altbauwohnung.

Das gilt auch für künftige negative Entwicklungen und Einwirkungen, soweit sie bei Vertragsabschluss bereits angelegt sind und vom Mieter erkannt worden sind oder als naheliegend erkannt werden konnten, sich also gleichsam aufdrängten. Hierbei kann es sich jedoch nur um die erwartbaren typischen Erscheinungen handeln, die in die Vertragsgemäßheit einbezogen werden und Erfüllungs- sowie Gewährleistungsansprüche des Mieters ausschließen, Baulärm in der Nachbarschaft: BayObLG – RE v. 4.2.1987 – NJW 1987, 1950 = WuM 1987, 112, 113 Ziff. 3a;

993

4

Rn. VIII 5

Gewährleistung

KG – Urt. v. 3.6.2002 – GE 2003, 115: Ist schon bei Mietvertragsabschluss auch für den Mieter erkennbar, dass mit Bautätigkeit in der weiteren räumlichen Umgebung des Mietobjekts (nämlich auf der anderen Straßenseite) gerechnet werden muss (Sanierungsgebiet, baufällige Gebäude bzw. Baulücken in der Nähe, erneuerungsbedürftige Fassaden), so schuldet der Vermieter dem Mieter nur die um das Risiko derartiger baulicher Maßnahmen verminderte Gebrauchstauglichkeit; LG Berlin GE 2007, 1188: In Wohngebieten mit Altbaubestand ist grundsätzlich regelmäßig mit baulichen Veränderungen zu rechnen mit der Folge, dass bei entsprechenden Arbeiten die Miete nicht gemindert werden kann, anders aber bei Entkernung eines Nachbargebäudes, s. auch Rn. VIII 97; LG Hamburg NZM 2001, 91, LG Berlin MDR 2001, 266: Wachsen eines Baumes vor der mitgemieteten Terrasse und deren allmähliche Verschattung. Der Grund dafür, diesen Umstand nicht als Mangel, sondern als vertragsgemäße Beschaffenheit zu bewerten, ist darin gesehen worden, dass die bei Abschluss des Mietvertrages vorausgesehenen Umstände schon bei der vereinbarten Miete ermäßigend hätten berücksichtigt werden können (s. aber Rn. VIII 94).

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Die billigende Inkaufnahme eines nicht mängelfreien Zustandes, die zur Vertragsgemäßheit und damit zum Ausschluss des Erfüllungsanspruchs führt, und die bloße Kenntnis vom Mangel, die letztlich (nur) zum Ausschluss von Gewährleistungsrechten nach § 536b BGB führt, jedoch Erfüllungsansprüche unberührt lässt, überschneiden sich. Wichtig ist, dass der Vermieter Kenntnis vom billigenden Verhalten des Mieters hat; denn nur dann kann der nicht mangelfreie Zustand schlüssig zum Vertragsbestandteil werden. Problematisch erscheint, über einen Gewährleistungsausschluss hinaus schon aus der grob fahrlässigen Unkenntnis auf eine Beschaffenheitsvereinbarung zu schließen. Zumindest muss das Verhalten des Mieters vom objektiven Empfängerhorizont her so verstanden werden dürfen, als nehme der Mieter die mangelhafte Beschaffenheit zumindest in Kauf.

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Fehlt eine Vereinbarung über die vertragliche Beschaffenheit des Mietobjekts, so wird im Grundsatz die Einhaltung der technischen Normen zur Zeit des Vertragsabschlusses geschuldet (s. Rn. VII 27, VIII 43). Das gilt uneingeschränkt für diejenigen technischen und medizinisch-wissenschaftlichen Normen und Grenzwerte, die dem Schutz von Leben, Gesundheit und Sicherheit der Bewohner/Nutzer dienen; hier gelten stets die aktuellen Standards (s. Rn. VIII 104). Im Übrigen wird der vorgenannte Grundsatz jedoch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte (§§ 157, 242 BGB) praktisch erheblich modifiziert; denn der Mieter von Räumen in einem älteren Gebäude weiß oder kann nicht darauf vertrauen, dass das Gebäude dem Standard eines Neubaus zur Zeit des Vertragsabschlusses entspricht.1 Es sind danach nur die technischen Normen zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geschuldet, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108 für Trittschall; BGH – Urt. v. 10.5.2006 – NZM 2006, 582: Ist keine ausdrückliche Regelung zum „Soll-Zustand“ getroffen, muss anhand von Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 20; Lames NZM 2007, 465, 469 f.

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Mängelbegriff im Mietrecht

Rn. VIII 9

geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter auf Grund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann. Dabei ist die Verkehrsanschauung als Auslegungshilfe heranzuziehen. In der Regel ist auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, wobei Veränderungen der Anschauungen oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Einzelfall zu einer Vertragsanpassung führen können;1 KG – Urt. v. 28.4.2008 – ZMR 2008, 892 für Heizungsanlage.

Eine Einschränkung gilt wiederum nach späteren erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz wie Umbau- oder Ausbaumaßnahmen: Hier kann der Mieter erwarten, dass die technischen Standards zur Zeit der Durchführung der Maßnahme gewahrt sind, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben (s. Rn. VIII 43). Das Vorliegen eines Mangels wird auch verneint, soweit vertragsgemäße Eingriffe des Vermieters – etwa in Folge von zu duldenden Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen – dazu führen, dass das Mietobjekt verändert wird, sofern der Wohnwert davon nicht betroffen wird (s. Rn. VII 58),

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LG Köln WuM 1996, 93: Ersetzung eines abgenutzten PVC-Fußbodenbelags durch einen Teppichboden (zweifelhaft), LG Berlin NZM 2001, 986: Ersatz der defekten Fliesen auf dem Balkon durch einen gestrichenen Estrich.

Das Gleiche gilt für die Umgestaltung oder Stilllegung bzw. Schließung von Gemeinschaftsflächen oder -einrichtungen, sofern der Mietgebrauch hierdurch nicht oder nur unwesentlich eingeschränkt wird (s. auch Rn. VI 140),

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LG Berlin MM 1997, 191: Umgestaltung eines Spielplatzes, AG Hamburg-Blankenese ZMR 2000, 307: Umgestaltung eines Wäschetrockenplatzes, AG Hamburg ZMR 2002, 673: Umwidmung einer Grünfläche in eine Spielwiese, AG Lörrach WuM 1998, 662, AG Spandau ZMR 2003, 121: Entwidmung einer (früheren und nicht mehr genutzten) Waschküche; anders aber bei Wegfall oder Entzug der Nutzung als Fahrradkeller, AG Hamburg NZM 2007, 802 (Minderung um 5%), AG Menden NZM 2007, 803 (Minderung um 2,5%).

Damit der subjektive Fehlerbegriff nicht zu einer Ausuferung der Gewährleistungsrechte führt, wird eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache verlangt. Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, sind mithin nicht als Mängel zu werten, BGH – Urt. v. 23.9.1992 – WuM 1992, 287 = ZMR 1993, 7: Verzögerung der Übergabe eines zu errichtenden Mietgebäudes infolge eines Nachbarwiderspruchs, BGH – Urt. v. 1.7.1981 – MDR 1982, 135 = NJW 1981, 2405 = ZMR 1981, 368, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714 = ZMR 2000, 508 jeweils für den Fall, dass das Publikum den Bereich, in dem sich der gemietete Ladenraum befand, nicht annahm; BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54, 55 = NJW 2006, 899 (Tz. 19) für Vollvermietung eines Einkaufzentrums: Erforderlich ist, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der 1 Zum Fall: veralteter Zustand der Elektroinstallation in einem DDR-Plattenbau aus 1971, wenn der Vertragsabschluss 1991 erfolgte.

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Gewährleistung

Gebrauchstauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, wohingegen Umstände, die die Eignung zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind.

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Das gilt insbesondere für Umfeld- und Umweltwelteinflüsse. Beispiele: BGH – Urt. v. 16.2.2000 – ZMR 2000, 508: Sowohl das Vorhandensein eines überdachten Zuwegs vom Hauptbahnhof zum EKZ als auch der Bestand von Parkplätzen in ausreichender Anzahl in der Nähe des EKZ sind zwar Umstände, die für die Attraktivität des EKZ von erheblicher Bedeutung sein dürften. Ihr Fehlen führt aber nicht zu einer unmittelbaren Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit. Das Gleiche gilt für die nicht vollständige Vermietung und den Umstand, dass entgegen den Planungen kein Lebensmittelmarkt vorhanden war. Es fehlt am notwendigen Bezug zu der Beschaffenheit des Mietobjekts; ebenso BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 618 = ZMR 2004, 664; OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – GE 2002, 1058 = NZM 2002, 737: Eine Einbruchsserie (4 Einbrüche innerhalb von etwa 2 Jahren) begründet keinen Mangel i.S. von § 536 BGB. Hierdurch wird der Mietgebrauch nicht unmittelbar beeinträchtigt, weil die Mieträume zu dem vertraglich vereinbarten Nutzungszweck weiterhin geeignet sind; OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2008 – NZM 2008, 524 bei fehlender Parkmöglichkeit für Kunden, wenn der Vermieter dem Mieter weder eine Bereitstellung noch eine Freihaltung von Kfz-Einstellplätzen schuldet; OLG Hamburg – Urt. v. 6.12.2000 – WuM 2003, 146: Bei negativen Umweltfaktoren einer Mietsache, insbesondere bei Beeinträchtigungen durch öffentliche Straßenbauarbeiten in der näheren Umgebung eines vermieteten Ladens, die zu Immissionen und Zugangsbehinderungen führen, stellt sich zunächst die Frage der Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung. Schon diese ist hier zweifelhaft, da die Straßenbauarbeiten nur die Freiflächen betrafen, die durch den ca. 5 m breiten Arkadengang vom Mietobjekt getrennt sind. Die Nutzung des Arkadenganges ist dem Mieter nicht gestattet; s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.9.2002 – WuM 2003, 138 für Kundenzahl eines Fitness-Studios; OLG Rostock – Urt. v. 3.2.2003 – NZM 2003, 282 für fehlendes Centermanagement in einem Einkaufszentrum und unterlassene Dekoration zu bestimmten Feiertagen. Die Schwierigkeit der Abgrenzung zeigt sich an dieser Entscheidung: So sind das Verkommenlassen der Ein- und Ausgänge zur Straße, die unansehnliche Fassade, der schlechte Pflegezustand der Grünanlagen – zu Unrecht – nicht als Mängel gewertet worden, weil es an der Unmittelbarkeit der Gebrauchsbeeinträchtigung fehle; LG Düsseldorf DWW 2000, 59: fehlender Kundenstrom wegen umfangreicher Bauarbeiten in der Umgebung des Gastronomiebetriebs.

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Bei Vermietung eines erst noch zu errichtenden Mietobjekts (Vermietung vom Reißbrett) wird die Mietsache mangels abweichender Vereinbarungen für die Nutzung in dem Zustand geschuldet, wie er sich aus bei Vertragsschluss – ausdrücklich oder konkludent – einbezogenen Plänen und sonstigen Bauantragsunterlagen ergibt. Das bezieht sich insbesondere auf die Belegenheit, Beschaffenheit und Größe (Fläche) des Mietobjekts, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.12.2000 – ZMR 2001, 346: Der Inhalt dieser Unterlagen war eine zusätzliche Vertragsgrundlage, auch wenn dies im Mietvertrag nicht ausdrücklich erwähnt worden ist.1 Der Vermieter hat selbst hervorgehoben, die Pla-

1 Zum Fall: Hallenboden aus Beton.

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Mängelbegriff im Mietrecht

Rn. VIII 13

nungsunterlagen seien Gegenstand des Gesprächs gewesen, die Parteien hätten „auf dieser Basis“ das Projekt erörtert. Dies reicht zu einer gemeinsamen Vertragsgrundlage der Parteien aus. Denn bei einem Mietvertragsabschluss nach Besichtigung des fertigen Mietobjekts verhält es sich hinsichtlich des Zuschnitts der Räume, der Ausführung der Böden, Wände, Fenster u.s.w. ebenso; ebenso OLG Hamm – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 77 – WM 1998, 151 – ZMR 1998, 90: Werden Mieträume nicht nach Besichtigung, sondern vor ihrer Errichtung angemietet, dienen Angaben im Mietvertrag zu Lage, Größe etc. nicht nur der Beschreibung, sondern der Festlegung dessen, was vom Vermieter vertraglich geschuldet ist. Die Flächenangabe kann hier als Zusicherung (einer Eigenschaft) gewertet werden. Dem steht die „ca.“-Angabe nicht entgegen (s. dazu Rn. VIII 119).

Ist das vermietete Objekt erst noch zu erstellen, so kann eine wesentliche Abweichung zwischen vermieteter und tatsächlich vorhandener Nutzfläche einen Rücktrittsgrund wegen Unmöglichkeit der Vertragserfüllung bieten, wenn das Mietobjekt noch nicht übergeben worden ist. Handelt es sich um einen langfristigen Mietvertrag, der nach § 550 BGB formbedürftig ist, so ist darauf zu achten, dass die Unterlagen, die sich auf die Belegenheit, Beschaffenheit und Größe des Mietobjekts beziehen (z.B. Bauzeichnungen, Grundrisspläne, Flächenberechnungen), Vertragsbestandteil werden, indem in der Hauptvertragsurkunde zumindest auf sie eindeutig und identifizierbar Bezug genommen wird,1

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BGH – Urt. v. 2.11.2005 – NZM 2006, 104 = ZMR 2006, 116 = MietRB 2006, 97 (Bieber), BGH – Urt. v. 15.11.2006 – NZM 2007, 127, 129 = ZMR 2007, 184, KG – Urt. v. 5.7.2007 – NZM 2007, 731 = ZMR 2007, 781, OLG Naumburg – Urt. v. 25.9.2007 – ZMR 2008, 371 = MietRB 2008, 166 (Kurek).

Zur Heilung des Schriftformmangels bei unzureichender Kennzeichnung des Mietobjekts im Ursprungsvertrag durch eine Nachtragsvereinbarung, BGH – Urt. v. 2.5.2007 – GuT 2007, 219 = NZM 2007, 443 = ZMR 2007, 611.

Auch bloße Gefährdungstatbestände können bereits einen Mangel begründen.2 Eine Gefährdung ist aber erst dann ein Mangel, der Gewährleistungsansprüche auslöst, wenn der Mieter die Mietsache auf Grund der Gefahrgeneigtheit nur eingeschränkt nutzen kann, sei es auch bloß in der begründeten Befürchtung der Gefahrverwirklichung, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 304: Nach der Verkehrsanschauung kann bereits die begründete Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume zu Wohnzwecken beeinträchtigen. Das setzt jedoch eine konkrete Gefährdung des Mieters voraus; OLG Hamm – Beschl. v. 25.3.1987 – WuM 1987, 248 = ZMR 1987, 267: Auch die bloße latent befürchtete Gefahr kann die Wertschätzung und den ungestörten Gebrauch beeinträchtigen, sofern es sich um eine begründete Gefahrbesorgnis handelt.3 1 Zur Schriftform bei Vermietung vom Reißbrett s. auch Rn. I 114, 115. 2 S. zu § 535 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 5.1.5; Staudinger/Emmerich Rn. 8; s. auch Bieber NZM 2006, 683. 3 Zum Fall: durch umweltschädliche Rückstände einer früher auf dem Grundstück betriebenen Kokerei kontaminierter Baugrund.

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Rn. VIII 14

Gewährleistung

Dies spielt insbesondere bei der Belastung des Mietobjekts mit Wohngiften eine Rolle, z.B. Asbest in Nachtspeicheröfen, bleihaltige Wasserleitungen, elektromagnetische Strahlungen durch Funkantennen, s. dazu Rn. VIII 103. 14

Gefahrenquellen, die außerhalb des Mietobjekts liegen und gegen die sich der Vermieter nicht schützen kann, sollen nicht als Mängel zu bewerten sein,1 OLG München – Urt. v. 12.7.1991 – WuM 1991, 681.2

Das soll auch dann gelten, wenn sich die Gefahrenquelle zwar im Mietgebäude befindet, aber nicht mitvermietet ist und nicht dem Verantwortungsbereich des Vermieters unterliegt, BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582.3

Gegen diese Auffassung bestehen Bedenken; denn es liegt in der Hand des Vermieters, den Gefahrenbereich innerhalb seines Eigentums zu bestimmen; einen gleichsam exterritorialen Bereich innerhalb des Mietobjekts wird es ohne seine Zustimmung nicht geben. Hinzu kommt, dass – wie im entschiedenen Fall – das Versorgungsunternehmen sein Erfüllungsgehilfe ist, was die Stromversorgung des Mieters anbelangt. Schließlich müssen – das Bestehen eines Mangels, – seine Zurechnung zu einer Vertragspartei und – das Einstehenmüssen für den Mangel unterschieden werden (s. Rn. VIII 38). 15–18 frei. b) Anfängliche Mängel 19

Von Gefährdungstatbeständen sind die sog. anfänglichen Mängel abzugrenzen. Sie sind bereits dann gegeben, wenn bei Mietbeginn nur eine Voraussetzung des späteren Schadenseintritts (Gefahrenquelle) vorliegt, BGH – Urt. v. 27.3.1972 – NJW 1972, 944 = WuM 1972, 92 = ZMR 1972, 214 für Montagefehler eines Stromkabels, der sich erst infolge einer mechanischen Beschädigung des Kabels evtl. durch Zersetzung oder Alterung des Isoliermaterials auswirkte und zu einem Kurzschluss führte, der einen Brand auslöste; OLG Karlsruhe – Urt. v. 27.4.1990 – ZMR 1991, 378 für korrosionsanfällige Wasserleitung bei Vermietung an einen Zahnarzt; OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.5.2005 – ZMR 2006, 923: Hochwassergefährdung;4 1 Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536 Anm. 5.2.3; Staudinger/Emmerich BGB § 536a Rn. 3. 2 Zum Fall: Rückstau im städtischen Kanalisationsnetz. Gegen die Entscheidung bestehen Bedenken, weil der Vermieter sich gegen eine Rückstaugefahr hätte schützen können und die Fallrohre, wie später auch geschehen, besser hätte führen können. 3 Zum Fall: verplombte Zähleranlage des Elektrizitätsversorgungsunternehmens. 4 Dort auch zu den Anforderungen an eine die Gewährleistung ausschließende Aufklärung durch den Vermieter.

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Mängelbegriff im Mietrecht

Rn. VIII 23

OLG München NJW-RR 1990, 1099 für Betonplatte im Acker; OLG München – Urt. v. 1.12.1995 – ZMR 1996, 322 für schadhafte Fassade wegen nicht ordnungsmäßiger Bauausführung, wenn die Nachbesserung die Aufstellung eines Gerüstes erfordert, wodurch die Schaufenster des vermieteten Ladens verdeckt werden, OLG Hamm – Urt. v. 1.12.1987 – NJW-RR 1988, 529:1 Fehlendes Rückstauventil gegen eindringendes Wasser, selbst nach „Jahrhundertregen“, der nur alle 50 Jahre auftritt;2 OLG Dresden – Urt. v. 28.7.2006 – NZM 2006, 865 = ZMR 2006, 922 für bauordnungswidrige „Raumspar“-Treppe (sog. Sambatreppe) zum Trockenboden; LG Köln WM 1990, 836 für frostgefährdete Leitungen, selbst wenn die Leitung jahrzehntelang nicht eingefroren war.

Auch für das Vorliegen eines anfänglichen Mangels kommt es maßgeblich auf den vereinbarten Vertragszweck an; technische Vorschriften treten dahinter zurück,3

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OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.3.1988 – ZMR 1988, 222, 223.

Es ist nicht erforderlich, dass der Mangel zur Zeit der Übergabe sichtbar hervorgetreten ist. Vielmehr genügt es, wenn seine Ursache und damit die Ursache der späteren Schädigung des Mieters bei Übergabe der Mietsache angelegt ist,

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BGH – Urt. v. 27.3.1972 – NJW 1972, 944 = WuM 1972, 92 = ZMR 1972, 214 (s. Rn. VIII 19), OLG München – Urt. v. 1.12.1995 – ZMR 1996, 322.

Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der Mangel sich lange Zeit nicht aktualisiert hat, z.B. eine frostgefährdete Leitung jahrzehntelang nicht eingefroren war, LG Köln WM 1990, 386.

Keinen anfänglichen Mangel bildet der normale und von vornherein gegebene Alterungsprozess oder Verschleiß eines Bauteils oder Materials,

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OLG Hamburg – Urt. v. 9.8.1989 – DWW 1990, 201 = WM 1990, 71, LG Hamburg WuM 1999, 513.

Entsprechendes gilt für negative Erscheinungen, die aber für Gebäude der betreffenden Baualtersklasse typisch sind, z.B. leichte Zugigkeit bei einfach verglasten Fenstern in Altbauten (LG Karlsruhe DWW 2005, 426), knarrendes Parkett in Altbauten, zu Letzterem, BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807,

oder für Rissbildungen im Plattenbau, KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796, 1 Dort auch zu den Anforderungen einer die Gewährleistung ausschließenden Aufklärung durch den Vermieter. 2 Zum Fall: Mietgegenstand war ein Kelleraum zu Lagerzwecken. 3 Ein anfänglicher Mangel ist darin gesehen worden, dass ein zu Lagerzwecken vermieteter Kellerraum nicht ausreichend gegen Überschwemmungen infolge Abwasserrückstaus gesichert war. Zwar hätte für Kellerräume eine 20 cm hohe Schwelle genügt; hier ergab aber der Vertragszweck, dass der Mieter auf „knochentrockene“ Räume angewiesen war.

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Rn. VIII 24

Gewährleistung

oder schlechtere Bausubstanz und Bauausführung bei Plattenbauten in den neuen Bundesländern im Vergleich zu Gebäuden in den alten Bundesländern, s. BGH – Urt. v. 10.5.2006 – NZM 2006, 582 für Elektroinstallation in einem DDRPlattenbau aus 1971, OLG Naumburg – Beschl. v. 28.7.1993 – WuM 1995, 145.

24

Gelegentlich wird die Auffassung vertreten, dass ein anfänglicher Mangel dann nicht vorliegt, wenn der Schaden auf ganz ungewöhnlichen Umständen beruht, deren Eintritt nicht zu erwarten und vorherzusehen war und gegen den sich der Vermieter nicht schützen konnte, OLG München – Urt. v. 12.7.1991 – WM 1991, 681.1

Auch die offene Fuge in einer Trennwand, durch die Schmutzwasser eindrang, ist nicht als Mangel gewertet worden, weil der Vermieter nicht damit habe rechnen können, dass ein anderer Mieter durch Verstopfung des Abwasserrohrs den Schaden hätte verursachen können, es zu einem Schaden nur bei Eintritt ganz außergewöhnlicher und in aller Regel auch nicht zu erwartender und voraussehbarer Ereignisse hätte kommen können, OLG Frankfurt – Urt. v. 1.11.1990 – WuM 1991, 88.

Gegen beide Entscheidungen bestehen Bedenken; denn diese Auffassung verknüpft unzulässig den Mängelbegriff mit der Zurechnung zum Vermieter, welche erst dann zum Tragen kommt, wenn überhaupt das Vorliegen eines Mangels bejaht wird (s. dazu Rn. VIII 38). 25

Abzugrenzen ist der anfängliche Mangel von dem künftigen Mangel. So liegt eine Gebrauchsbeeinträchtigung i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dann noch nicht vor, wenn die Parteien in Kenntnis einer fehlenden behördlichen Genehmigung einen Mietvertrag abschließen und diesen „in Gang setzen“. Erst mit der Versagung der Genehmigung kommt eine Mangelhaftigkeit der Mietsache in Betracht, KG – Urt. v. 15.2.2007 – DWW 2007, 249.

Nicht anders verhält es sich mit einer fehlenden öffentlich-rechtlichen Genehmigung, solange die Behörde nicht einschreitet (s. Rn. VIII 46), oder einer fehlenden Erlaubnis zur Untervermietung, solange der Untermieter nicht im Besitz gestört oder dieser ihm entzogen wird (s. Rn. VIII 144). c) Rechtsmängel 26

Die Unterscheidung zwischen Sachmängeln und Rechtsmängeln ist durch die Neuregelung in § 536 Abs. 3 BGB praktisch aufgehoben.2 Ein Rechtsmangel liegt nur dann vor, wenn gerade infolge des Rechtes eines Dritten der Mietgebrauch aufgehoben oder beeinträchtigt wird. Zu Anwendungsfällen s. Rn. VIII 138 f. Dagegen handelt es sich um einen Sachmangel, wenn sich öffentlich1 Zum Fall: Gefahr des Rückstaus im städtischen Abwasserkanal. 2 S. zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 5.6.1; Staudinger/Emmerich Rn. 40; auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 255.

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rechtliche Gebote oder Verbote einschränkend auf den Mietgebrauch auswirken (s. Rn. VIII 44).1 Beispiel: Kann der Vermieter dem Mieter die Mieträume nicht rechtzeitig übergeben, weil der Vormieter nicht räumt, so liegt ein Rechtsmangel vor, wenn der Vormieter sich auf ein Recht zum Besitz berufen kann (z.B. weil die vom Vermieter ausgesprochene Kündigung formunwirksam ist). Räumt der Vormieter aus anderen tatsächlichen Gründen nicht, weil er z.B. noch keine geeigneten Ersatzräume gefunden hat, so liegt mangels Übergabe auch kein Sachmangel vor; vielmehr haftet der Vermieter wegen anfänglicher (subjektiver) Unmöglichkeit nach § 283 BGB;2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.9.1997 – NZM 1999, 24 = ZMR 1999, 19, s. auch OLG München – Urt. v. 10.5.1996 – ZMR 1996, 493;3 anders OLG Frankfurt – Urt. v. 23.4.1999 – NZM 1999, 966 = ZMR 1999, 814.4

Die bloße Existenz des Rechts eines Dritten bedeutet noch keine Gebrauchsbeeinträchtigung i.S. von § 536 Abs. 3 BGB. Vielmehr muss der Berechtigte sein Recht in einer Weise gegenüber dem Mieter auch geltend machen, die zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung für den Mieter führt,

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BGH – Urt. v. 4.10.1995 – NJW 1996, 46 = WuM 1996, 32 = ZMR 1996, 15 im Anschluss an BGH NJW 1975, 44, 46 = WuM 1975, 204, BGH – Urt. v. 10.7.2008 – NZM 2008, 644 = ZMR 2008, 883 bei Vermietung durch einen Nichtberechtigten, KG – Urt. v. 31.10.2005 – WuM 2005, 796 (LS) = ZMR 2006, 283: Wendet sich der Dritte mangels Kenntnis von Namen und Adressen per Rundbrief an die Untermieter und fordert diese unter Hinweis auf die fehlende Berechtigung ihres Vermieters zur Herausgabe des Grundstücks an ihn auf, liegt noch keine konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung vor.

Die Fassung des § 536 Abs. 3 BGB lässt (ebenso wie die Vorgängervorschrift in § 541 BGB) die Absicht des Gesetzgebers erkennen, rechtliche Verhältnisse der Mietsache nur dann als Mangel zu qualifizieren, wenn sie auch zu einer tatsächlichen Gebrauchsbeeinträchtigung führen. Fremde Rechte können dem Mieter im Allgemeinen gleichgültig sein, solange sie den Mietgebrauch nicht in Frage stellen.

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Ein typischer Fall eines Rechtsmangels liegt in der Doppelvermietung; hierzu und zu weiteren Anwendungsfällen s. Rn. VIII 138.

29

1 Z.B. eine fehlende Zweckentfremdungsgenehmigung. 2 S. Kraemer PiG 70 (2005) S. 249, 259, ferner zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/ Franke Anm. 5.6.3.5 und 5.6.8.7: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 258; Stapel ZMR 1999, 816; auch Staudinger/Emmerich Rn. 4, 12 vor § 536 BGB: schlüssig vereinbarte Garantiehaftung. 3 Zum Fall: Vor- und Nachmieter hatten eine Vereinbarung über die Räumung des Vormieters getroffen, an die sich der Vormieter nicht hielt. Das OLG verneint einen Rechtsmangel und legt zugrunde, dass die (in Betracht kommende) Garantiehaftung des Vermieters schlüssig abbedungen worden sei. 4 Das OLG verneint eine Garantiehaftung des Vermieters, weil ein anfänglicher Mangel noch nicht vorlag, und eine Verschuldenshaftung deshalb, weil ein Vermieter im Allgemeinen davon ausgehen dürfe, dass der Vormieter rechtzeitig räumen werde. Letzteres ist blauäugig und widerspricht der Erfahrung. Kritisch zu dieser Entscheidung Stapel ZMR 1999, 816; Simon WuM 2000, 575.

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d) Zerstörung der Mietsache 30

Die Zerstörung des Mietobjekts selbst ist kein Mangel i.S. von § 536 BGB (s. Rn. VIII 147). Sie führt vielmehr dazu, dass dem Vermieter die Gebrauchsgewähr nicht mehr möglich ist. Dementsprechend führt sie auch nicht zur Beendigung des Vertrages; vielmehr besteht dieser mit allerdings wesentlich verändertem Inhalt fort, BGH – Urt. v. 3.7.1974 – WPM 1974, 908: Abriss des vermieteten Gebäudes, BGH – Urt. v. 14.4.1976 – NJW 1976, 1506 = MDR 1976, 837 = WuM 1977, 5: Zerstörung des Pachtobjekts.

Zu den Einzelheiten und den Rechtsfolgen s. Rn. VIII 147, 203, 205. e) Zugesicherte Eigenschaften 31

Der Vermieter muss dafür einstehen, dass zugesicherte Eigenschaften tatsächlich gegeben sind. Gewährleistungsrechtlich werden Mängel und das Fehlen zugesicherter Eigenschaften gleich behandelt; nur die für die Mietminderung geltende Erheblichkeitsgrenze (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB) entfällt (§ 536 Abs. 2 BGB). Als zugesicherte Eigenschaften kommen zunächst die tatsächliche Beschaffenheit des Mietobjekts in Betracht, daneben aber auch die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen des Mietobjekts zu seiner Umwelt, die für die Brauchbarkeit und den Wert der Mietsache von Bedeutung sind.1 Diese Beziehungen müssen jedoch ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, von ihm ausgehen, ihm auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Mietsache liegen, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – DWW 2001, 238 = MDR 2000, 821 (mit Anm. Leo) = NJW 2000, 1714 = NZM 2000, 492 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.9.2002 – WuM 2003, 138.

32

Keine Eigenschaften sind Ertrag, Rentabilität oder Umsatz, da sie nicht unmittelbar der Mietsache anhaften, sondern deren Nutzwert betreffen. Das Gleiche gilt bei Vermietung eines Ladenraums in einem Einkaufszentrum für die Vollvermietung des Zentrums oder das Vorhandensein von Parkplätzen in dessen Umgebung (BGH a.a.O., BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 618 = ZMR 2004, 664, OLG Düsseldorf a.a.O.2). Einerseits kann die örtliche Lage eines gemieteten Ladenlokals – z.B. in einer Fußgängerzone, einem Innenstadtbereich oder einem außerörtlichen Gewerbegebiet – eine zugesicherte Eigenschaft sein, anderseits ist das jedoch nicht der Fall für die Frage, ob und in welchem Umfang diese Lage vom Publikum angenommen wird; denn dies beurteilt sich auf Grund von Umständen, die 1 S. zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 9.1; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 294; Staudinger/Emmerich Rn. 36. 2 Zum Fall: Kundenzahl im Fitnessstudio.

1002

Mängelbegriff im Mietrecht

Rn. VIII 37

außerhalb des Mietobjekts liegen und ihre Ursache eben nicht in seiner Beschaffenheit haben (BGH a.a.O.). Als Zusicherung ist die Ankündigung des Vermieters während der Vertragsverhandlungen über die Anmietung eines Ladenraums in einem Einkaufsmarkt gewertet worden, das Mietgelände werde innerhalb der nächsten 2 bis 3 Jahre zu einem großen Einkaufszentrum ausgebaut werden,

33

OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 4.3.2005 – NZM 2005, 619 = ZMR 2005, 617.

Sichert der Vermieter andere Umstände zu, die sich nicht auf Eigenschaften i.S. von § 536 Abs. 3 BGB beziehen und nicht gegeben sind (z.B. über den zu erzielenden Umsatz oder die Höhe der Betriebskostenbelastung), so kann er aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (cic) auf Schadensersatz haften (s. Rn. I 279 f., 291 f.; zum Verhältnis von cic zur Gewährleistung s. Rn. VIII 193),

34

BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 618 = ZMR 2004, 664: Die Vertragsverletzung kann zugleich ein Grund für eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB sein; OLG München – Urt. v. 27.4.2001 – ZMR 2001, 708; s. auch OLG München – Urt. v. 26.8.1994 – DWW 1996, 191 = ZMR 1996, 256: Es besteht eine Nebenpflicht des Vermieters, nicht ohne gewichtigen Grund vom Vermieterkonzept abzuweichen; hieraus kann sich seine Pflicht ergeben, einen Mieter für den vorgesehenen Lebensmittelmarkt zu finden.

Eine Zusicherung liegt aber nur vor, wenn über allgemeine Anpreisungen und Beschreibungen der Mietsache hinaus vertragsmäßig bindend erklärt wird, die Gewähr für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zu übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens eintreten zu wollen,1

35

BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.9.2002 – WuM 2003, 138.

Ob in einer Präambel zu einem Mietvertrag eine Zusicherung liegt, ist eine Frage der Auslegung. Jedenfalls sind die in einer Präambel zu einem Mietvertrag über Ladenräume in einem EKZ enthaltenen Angaben zum Umfeld des Mietobjekts und zu vorgesehenen anderen Vermietungen nicht als Zusicherungen, sondern als bloße Objektbeschreibung gewertet worden,

36

BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NJW-RR 2004, 1236 = NZM 2004, 618, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 70 = NZM 2006, 54, OLG Rostock – Urt. v. 3.2.2003 – NZM 2003, 282.

Auch Erklärungen auf „Ehrenwort“ (über zu erwartende Umsätze) sind keine Zusicherungen, sondern spekulative Einschätzungen, OLG Hamburg – Urt. v. 22.10.1997 – NZM 1998, 307 = ZMR 1998, 221.

Handelt es sich um einen längerfristigen Mietvertrag, der der Schriftform nach § 550 BGB bedarf, so bezieht sich das Formerfordernis auch auf die Zusicherung,2 OLG Hamburg – Urt. v. 22.10.1997 – NZM 1998, 307 = ZMR 1998, 221. 1 S. zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 9.1.3; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 292; Staudinger/Emmerich Rn. 34. 2 Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536 Anm. 9.1.6.

1003

37

Rn. VIII 38

Gewährleistung

f) Mangel – Haftung – Zurechnung 38

Die Frage, ob ein Mangel vorliegt, ist davon zu trennen, ob er dem Vermieter zuzurechnen ist und ob dieser auch für ihn haftet. So sind Feuchtigkeitserscheinungen in einer Wohnung stets Mängel (OLG Celle WM 1985, 9 = ZMR 1985, 10, 11). Sind diese jedoch auf das unrichtige Wohnverhalten des Mieters zurückzuführen, sind sie dem Vermieter nicht zuzurechnen. Beruhen sie auf einem unvorhersehbaren Sturmschaden, so sind sie dem Vermieter zwar zuzurechnen, weil sie in seine Risikosphäre fallen, jedoch sind sie von ihm (u.U.) nicht zu vertreten und er haftet dann nicht auf Schadensersatz. Gewährleistungsansprüche werden also erst dann ausgelöst, wenn – Mängel vorliegen, – die dem Vermieter zuzurechnen sind und – durch die der Mietgebrauch beeinträchtigt ist.

39

Nicht jeder Mangel, der dem Vermieter zuzurechnen ist, führt zu Gewährleistungsansprüchen; vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Mietgebrauch beeinträchtigt werden würde. Dies ist etwa bei anfänglichen verborgenen Mängeln nicht ohne weiteres der Fall.1 Entspricht das Mietgebäude nicht den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften oder wird unter Verstoß gegen ein Zweckentfremdungsverbot nach Art. VI MietRVerbG vermietet, so werden keine Gewährleistungsansprüche ausgelöst, solange nicht die Behörde einschreitet (s. Rn. VIII 45 f.). Erhebt z.B. die zuständige Wirtschaftsbehörde wegen des Zustandes der gemieteten (Gaststätten-)Räume Beanstandungen, ohne dass es zu einem Entzug oder einer Einschränkung der Erlaubnis gekommen ist, so liegt kein Mangel vor, der Gewährleistungsansprüche auslöst. Der Vermieter muss allerdings im Rahmen seiner Gebrauchsgewährungs- und Instandhaltungspflicht den behördlichen Auflagen nachkommen, OLG Naumburg – Urt. v. 3.8.1999 – NZM 2001, 100 = WuM 2000, 242.

Der Anspruch des Mieters auf Erfüllung geht also weiter als die Gewährleistungsrechte: Es genügt, dass ein vertragswidriger Zustand vorliegt, der zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung führen kann. Es genügt eine Gefahrgeneigtheit, ohne dass eine Gefährdung vorliegen oder aktuell drohen muss.

2. Beispiele von Mängeln a) Verstöße gegen technische Bauvorschriften 40

Für die Frage, ob ein Mangel vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die entsprechenden technischen Normen eingehalten sind, sondern ob die den 1 Beispiel: BGH – Urt. v. 27.3.1972 – NJW 1972, 944 = WuM 19972, 92 zum anfänglichen Mangel bei Montagefehler von elektrischen Leitungen und dadurch bedingtem Kurzschluss, s. Rn. VIII 19.

1004

Rn. VIII 38

Gewährleistung

f) Mangel – Haftung – Zurechnung 38

Die Frage, ob ein Mangel vorliegt, ist davon zu trennen, ob er dem Vermieter zuzurechnen ist und ob dieser auch für ihn haftet. So sind Feuchtigkeitserscheinungen in einer Wohnung stets Mängel (OLG Celle WM 1985, 9 = ZMR 1985, 10, 11). Sind diese jedoch auf das unrichtige Wohnverhalten des Mieters zurückzuführen, sind sie dem Vermieter nicht zuzurechnen. Beruhen sie auf einem unvorhersehbaren Sturmschaden, so sind sie dem Vermieter zwar zuzurechnen, weil sie in seine Risikosphäre fallen, jedoch sind sie von ihm (u.U.) nicht zu vertreten und er haftet dann nicht auf Schadensersatz. Gewährleistungsansprüche werden also erst dann ausgelöst, wenn – Mängel vorliegen, – die dem Vermieter zuzurechnen sind und – durch die der Mietgebrauch beeinträchtigt ist.

39

Nicht jeder Mangel, der dem Vermieter zuzurechnen ist, führt zu Gewährleistungsansprüchen; vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Mietgebrauch beeinträchtigt werden würde. Dies ist etwa bei anfänglichen verborgenen Mängeln nicht ohne weiteres der Fall.1 Entspricht das Mietgebäude nicht den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften oder wird unter Verstoß gegen ein Zweckentfremdungsverbot nach Art. VI MietRVerbG vermietet, so werden keine Gewährleistungsansprüche ausgelöst, solange nicht die Behörde einschreitet (s. Rn. VIII 45 f.). Erhebt z.B. die zuständige Wirtschaftsbehörde wegen des Zustandes der gemieteten (Gaststätten-)Räume Beanstandungen, ohne dass es zu einem Entzug oder einer Einschränkung der Erlaubnis gekommen ist, so liegt kein Mangel vor, der Gewährleistungsansprüche auslöst. Der Vermieter muss allerdings im Rahmen seiner Gebrauchsgewährungs- und Instandhaltungspflicht den behördlichen Auflagen nachkommen, OLG Naumburg – Urt. v. 3.8.1999 – NZM 2001, 100 = WuM 2000, 242.

Der Anspruch des Mieters auf Erfüllung geht also weiter als die Gewährleistungsrechte: Es genügt, dass ein vertragswidriger Zustand vorliegt, der zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung führen kann. Es genügt eine Gefahrgeneigtheit, ohne dass eine Gefährdung vorliegen oder aktuell drohen muss.

2. Beispiele von Mängeln a) Verstöße gegen technische Bauvorschriften 40

Für die Frage, ob ein Mangel vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die entsprechenden technischen Normen eingehalten sind, sondern ob die den 1 Beispiel: BGH – Urt. v. 27.3.1972 – NJW 1972, 944 = WuM 19972, 92 zum anfänglichen Mangel bei Montagefehler von elektrischen Leitungen und dadurch bedingtem Kurzschluss, s. Rn. VIII 19.

1004

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 41

Erfordernissen des vertragsgemäßen Gebrauchs entsprechende Sollbeschaffenheit der Mietsache gegeben ist (s. Rn. VII 25),1 BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108: Für die Beurteilung der Frage, ob eine Mietwohnung Mängel aufweist, ist in erster Linie die von den Mietvertragsparteien vereinbarte Beschaffenheit der Wohnung, nicht die Einhaltung bestimmter technischer Normen maßgebend; BGH – Urt. v. 15.10.2008 – NZM 2008, 927 = WuM 2008, 719 für Überprüfung elektrischer Anlagen (DIN VDE 0105): Bei den DIN-Normen handelt es sich nicht um Rechtsvorschriften, sondern um private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter; OLG Celle – Beschl. v. 19.7.1984 – WM 1985, 9 = ZMR 1985, 11 für Feuchtigkeitsschäden: DIN-Vorschriften haben ihre Funktion im Baurecht. Für die Beurteilung, ob die vermietete Wohnung mangelhaft ist, kommt es dagegen auf die den Erfordernissen des vertragsgemäßen Gebrauchs entsprechende Sollbeschaffenheit der Mietsache an; LG Hamburg WuM 2006, 109 für Trittschall; LG Berlin GE 2005, 489 für Schimmelbildung; OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.3.1988 – ZMR 1988, 222: Ergibt der Vertragszweck, dass der Mieter auf „knochentrockene“ Räume angewiesen ist, so kommt es bei Überschwemmungsschäden nicht darauf an, dass nach den bautechnischen Vorschriften für Kellerräume eine 20 cm hohe Schwelle genügt hätte.

Gleichwohl haben technische Normen Indizwert. So kann die Nichteinhaltung technischer Normen die Gebrauchsbeeinträchtigung indizieren, z.B. was Schallschutz und Wärmedämmung anbelangt. Beispiele: BayObLG – Beschl. v. 4.2.1993 – WuM 1993, 287: DIN-Normen für Schallschutzvorschriften geben eine Orientierung dafür, ob durch Geräusche ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinausgehender Nachteil erwächst; KG – Urt. v. 9.11.1978 – WuM 1980, 255: Die Nichteinhaltung der im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Baunormen hinsichtlich Schallschutz stellt einen Mangel der Mietsache dar; KG – Urt. v. 7.10.2002 – MDR 2003, 622: Die zum Betrieb einer Gaststätte vermieteten Räume sind mangelhaft, wenn die Erteilung einer Gaststättenerlaubnis wegen der Nichteinhaltung der Schallschutzbestimmungen versagt wird; LG Berlin ZMR 1999, 763: Die Richtlinie über die von Freizeitanlagen verursachten Geräusche (ABl. Berlin 1996, 2803) gilt als Orientierung für die Beurteilung, ob Lärm von Kinderspielplätzen vom Mieter hinzunehmen ist; OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35: Das Entsprechende gilt für die Grenzwerte der DIN-Norm betr. Raumlufttechnik dafür, ob behagliche Arbeitstemperaturen eingehalten werden; ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6.1998 – ZMR 1998, 622: Zur Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, können die Arbeitsschutzrichtlinien 6/1.3 Raumtemperaturen herangezogen werden; OLG Hamm – Urt. v. 28.2.2007 – MietRB 2007, 227 (Pfeifer); KG – Urt. v. 28.4.2008 – DWW 2008, 342, 347 zur ArbeitsstättenVO; anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.1.2007 – NZM 2007, 330 (s. dazu Rn. VII 205, VIII 73); AG Wiesbaden WuM 2006, 220: Überschreitung der Immissionswerte um über 10dB (A) der Richtwerte über den Schallschutz im Hochbau (DIN 4109) und Lärmminderung an Aufzugsanlagen (VDI 2566) als Mangel einer ausgebauten Penthousewohnung, nicht jedoch für ältere Wohnungen. 1 Eingehend dazu Lames, Technische Standards oder Sollbeschaffenheit der Mietsache, NZM 2007, 465.

1005

41

Rn. VIII 42

Gewährleistung

Ein Mangel ist also nicht deshalb ausgeschlossen, weil auf Vermieterseite alle Bauvorschriften eingehalten worden sind, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – WuM 2004, 715 = NZM 2005, 60 = ZMR 2005, 108 für Trittschall nach Dachgeschossausbau; OLG Celle – Beschl. v. 19.7.1984 – WuM 1985, 9 = ZMR 1985, 10 für Wärmeschutzvorschriften nach DIN 4108; LG Hamburg WuM 2006, 109 für Trittschalldämmung; AG Trier WuM 2002, 308 für Schallisolierung.

Die Vorschriften in landesrechtlichen oder kommunalen Bauordnungen können ebenfalls als Maßstab für die an den baulichen Zustand zu stellenden Anforderungen herangezogen werden, LG Marburg NZM 1998, 909: Das Fehlen eines Blitzableiters ist kein Mangel, zumal dessen Vorhandensein in der (hessischen) Bauordnung nicht vorgesehen ist.

42

Entspricht andererseits das Mietobjekt bzw. der gewährte Mietgebrauch den technischen Anforderungen zur Zeit des Vertragsabschlusses bzw. der Errichtung des Gebäudes und ergibt der Vertragszweck nichts anderes, so werden Beeinträchtigungen, die sich im Rahmen der bautypischen Beschaffenheit halten, im Allgemeinen nicht als Mangel gewertet, s. Rn. VIII 6.

43

Grundsätzlich ist auf den technischen Standard abzustellen, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestanden hat, s. Rn. VII 27, VIII 6,1 BGH – Urt. v. 7.6.2006 – NZM 2006, 626 = ZMR 2006, 678 = MietRB 2006, 264 (Hoffmann): In der Regel ist auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, wobei Veränderungen der Anschauungen über den vertragsgemäßen Standard oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Einzelfall zu einer Vertragsanpassung führen können; BayObLG – RE v. 4.8.1989 – MDR 1989, 1314 = WuM 1989, 568 = ZMR 1999, 751, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – NZM 2002, 737 = ZMR 2002, 819 für Sicherheitsstandards.2

Dies wird jedoch unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 157 BGB) dahin verstanden, dass der technische Standard zur Zeit der Errichtung des Gebäudes maßgebend ist, sofern die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben,3 BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108: Fehlt eine Beschaffenheitsvereinbarung, so ist die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen; BGH – Urt. v. 10.5.2006 – NZM 2006, 582: Ist keine ausdrückliche Regelung zum „Soll-Zustand“ getroffen, muss anhand von Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter auf Grund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann. Dabei ist die Verkehrsanschauung als Auslegungshilfe heranzuziehen. In der Regel ist auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, wobei Veränderungen der Anschauungen oder 1 S. dazu auch Lames NZM 2007, 465. 2 Zum Fall: Ladeneingangstüren mit schwachen Metallrahmen und Einfachverglasung. Die Entscheidung ist rechtskräftig, BGH – Beschl. v. 21.1.2004 – ZMR 2004, 632. 3 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 19, 20.

1006

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 44

neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Einzelfall zu einer Vertragsanpassung führen können.1

Diese Aussage findet jedoch ihre Grenze, wenn durch den Standard der Baualtersklasse der Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens nicht mehr gewährleistet ist (s. Rn. VII 67) oder es auf Grund des baualterklassegemäßen Standards in der Vergangenheit zu konkreten Gefährdungslagen gekommen ist.2 Werden Ausbau- oder erhebliche Umbauarbeiten ausgeführt, so sind diejenigen technischen Normen maßgebend, die zur Zeit der Durchführung der Maßnahme galten, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben,

43a

BGH – Urt. v. 6.10.2004 – MDR 2005, 743 = NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108 für Schallschutz bei nachträglichem Dachgeschossausbau, LG Berlin WuM 2008, 482 für Schallschutz bei nachträglichem Einbau von Iso-Fenstern statt bisheriger Kastendoppelfenster, AG Wiesbaden WuM 2006, 220 für störenden Aufzugslärm in einer 2001 in einem Altbau ausgebauten Penthouse-Wohnung.

Umgekehrt schließt die Einhaltung der einschlägigen Bauvorschriften die Mangelhaftigkeit nicht aus (s. Rn. VIII 40). Zum Anspruch des Mieters auf Nachrüstung einer unsanierten Altbauwohnung, die nicht dem Mindestwohnstandard entspricht, s. Rn. VII 64. b) Öffentlich-rechtliche Nutzungshindernisse Zu gewerblichen Zwecken vermietete Räume sind grundsätzlich mangelhaft, wenn der Aufnahme des vertraglich vorgesehenen Gewerbebetriebs öffentlichrechtliche Nutzungshindernisse entgegenstehen, die sich auf die Beschaffenheit der Mieträume beziehen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (z.B. persönliche Konzessionsvoraussetzungen), BGH – Urt. v. 11.12.1991 – NJW-RR 1992, 267 = WuM 1992, 313, BGH – Urt. v. 23.9.1992 – WuM 1992, 687 = ZMR 1993, 7, BGH – Urt. 2.3.1994 – DWW 1994, 248 = ZMR 1994, 253, BGH – Urt. v. 24.10.2007 – ZMR 2008, 274 = MietRB 2008, 193 (Bieber) für fehlende Genehmigung zur Nutzungsänderung, OLG Düsseldorf – Urt. v. Urt. v. 7.2.1991 – DWW 1991, 236, OLG München – Urt. v. 19.5.1995 – ZMR 1995, 401: fehlender Nachweis von Stellplätzen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 21.1.1993 – DWW 1993, 100 = ZMR 1993, 275: brandschutzmäßige Beanstandungen der Behörde, die nicht ohne weiteres behebbar sind und zur Versagung der Gaststättenerlaubnis führen, OLG Hamburg – Urt. v. 26.4.1995 – MDR 1996, 358: baurechtliche Beschränkung der Nutzbarkeit von Dachgeschossräumen zur Büronutzung, OLG Köln – Urt. v. 10.11.1997 – MDR 1998, 709 = WuM 1998, 152: fehlende Genehmigung der Nutzungsänderung, 1 Zum Fall: veralteter Zustand der Elektroinstallation im unsanierten DDR-Plattenbau aus 1971 bei Anmietung der Wohnung in 1991: Einen anderen Zustand konnte der Mieter nicht erwarten. 2 Beispiele: Einfachverglasung statt Sicherheitsverglasung im Treppenhaus; nur ein Handlauf statt zwei Handläufe bei enger Wendeltreppe im Treppenhaus.

1007

44

Rn. VIII 45

Gewährleistung

OLG Nürnberg – Urt. v. 16.7.1998 – NZM 1999, 419: mangelnde baurechtliche Genehmigungsfähigkeit von Gaststättenräumen.

Grundsätzlich ist es Sache des Vermieters, die erforderlichen Genehmigungen einzuholen, soweit sie sich auf die Beschaffenheit des Mietobjekts beziehen. Haben die Parteien vereinbart, dass die Einholung der Genehmigungen Sache des Mieters sein soll, so hat der Vermieter dafür einzustehen, dass die Mietsache genehmigungsfähig ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.3.2006 – MDR 2006, 1277.

Die Parteien können im Rahmen des Gewerbemietverhältnisses weitergehend vereinbaren, dass den Mieter die Herrichtungspflicht trifft. In diesem Fall muss der Vermieter nur dafür einstehen, dass das Objekt mit zumutbarem Aufwand hergerichtet werden kann. Zu diesbezüglichen Freizeichnungsklauseln s. Rn. II 156. 45

Auch bei der Vermietung von Wohnraum liegt ein Mangel vor, wenn öffentlich-rechtliche Nutzungshindernisse bestehen, OLG Köln – Beschl. v. 10.11.1997 – WM 1998, 152 = ZMR 1998, 227: Das Fehlen der erforderlichen behördlichen Genehmigung zur vertragsgemäßen Nutzung von Wohnräumen stellt einen Fehler i.S. von § 537 BGB (jetzt: § 536 BGB) dar.

45a

Die fehlende Zweckentfremdungsgenehmigung nach Art. VI § 1 MietRVerbG führt nicht zur Nichtigkeit des Mietvertrages; denn die Vorschrift sowie die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen enthalten keine Verbotsgesetze i.S. von § 134 BGB, BGH – Urt. v. 10.11.1993 – DWW 1994, 246 = ZMR 1994, 255, KG – Urt. v. 15.1.1996 – ZMR 1996, 263.

Dieser Umstand bildet vielmehr einen Mangel nach § 536 Abs. 1 BGB. Er rechtfertigt aber keine Mietminderung, solange er sich nicht auf den Mietgebrauch auswirkt, etwa indem die Behörde – auch aus Unkenntnis – nicht einschreitet, KG a.a.O., KG – Urt. v. 7.3.2002 – GE 2002, 664, LG Berlin GE 1994, 459.

46

Fehlt eine an sich erforderliche bauordnungsrechtliche Genehmigung, so führt das nicht automatisch zur Annahme eines Mangels. Voraussetzung dafür ist vielmehr, dass die fehlende Genehmigung eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat. Eine solche liegt im Allgemeinen nur vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts zu dem vereinbarten Zweck untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten insoweit zu erwarten ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.5.2005 – DWW 2005, 235, 236 = ZMR 2005, 707, KG – Urt. v. 8.9.2005 – GE 2005, 1426 = MietRB 2006, 64 (Kunze): Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse stellen erst dann einen Mangel, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, dar, wenn sie von der Behörde tatsächlich verfügt oder zumindest so konkret angedroht werden, dass dem Mieter die Vertragsfortsetzung nicht zuzumuten ist.

1008

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 51

Das bedeutet umgekehrt, dass ein Sachmangel zu verneinen ist, solange die Behörde einen ordnungswidrigen Zustand nicht beanstandet, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.3.2006 – MDR 2006, 1277.

Zur Ungewissheit über das Einschreiten der Behörde als Mangel s. Rn. VIII 51. Ist im Hinblick auf baurechtliche Hindernisse zweifelhaft, ob und ggf. wann die vermieteten Räume hergestellt werden können, so ist § 323 Abs. 1 BGB in der Weise analog anzuwenden, dass der Mieter schon vor dem vereinbarten Übergabezeitpunkt unter Ablehnungsandrohung eine angemessene Frist setzen kann, innerhalb der der Vermieter klären muss, ob die Vertragsdurchführung überhaupt noch und ggf. wann möglich ist,

47

OLG Hamm – Urt. v. 23.2.1996 – WuM 1996, 466 zu § 326 Abs. 1 BGB a.F. unter Hinweis auf BGH MDR 1970, 756.

Ein Mangel ist verneint worden, wenn sich die Übergabe eines erst zu errichtenden Mietobjekts infolge eines gegen das Bauvorhaben eingelegten Nachbarwiderspruchs verzögert; denn dieser Umstand hat seine Ursache nicht in der konkreten Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjekts,

48

BGH – Urt. v. 23.9.1992 – MDR 1992, 1147 = WuM 1992, 687 = ZMR 1993, 7.

Es fehlt also schon an der Unmittelbarkeit des Eingriffs. Solange die zuständige Behörde eine unzulässige Nutzung der Mietsache duldet, kann sich der Mieter nicht darauf berufen, ihm wäre der vertragsgemäße Gebrauch der vermieteten Sache nicht gewährt oder entzogen worden,

49

OLG München – Urt. v. 28.6.1996 – ZMR 1996, 496,1 OLG Köln – Beschl. v. 10.11.1997 – MDR 1998, 709 = WuM 1998, 152, OLG Nürnberg – Urt. v. 16.7.1998 – NZM 1999, 419 = ZMR 1999. 255, 256: Die mangelnde baurechtliche Genehmigungsfähigkeit ist grundsätzlich als Fehler der Mietsache anzusehen, wenn sie auf ihrer konkreten Beschaffenheit beruht (hier: Gaststättenräume). Solange die zuständige Behörde trotz eines Verstoßes gegen die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen allerdings den Gebrauch der Pachtsache duldet, ist dieser nicht beeinträchtigt, die Mietsache also nicht fehlerhaft; AG Hamburg-Blankenese ZMR 2007, 789 bei Unterschreitung der bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindesthöhe.

Zur fehlenden Zweckentfremdungsgenehmigung s. Rn. VIII 45a. Ebenso wenig liegt ein Mangel vor, der Gewährleistungsrechte des Mieters auslöst, wenn die zuständige Wirtschaftsbehörde wegen des Zustandes der gemieteten (Gaststätten-)Räume Beanstandungen erhebt, ohne dass es zu einem Entzug oder einer Einschränkung der Erlaubnis gekommen ist. Der Vermieter muss allerdings im Rahmen seiner Instandhaltungspflicht den behördlichen Auflagen nachkommen,

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OLG Naumburg – Urt. v. 3.8.1999 – NZM 2001, 100 = WuM 2000, 242.

Ein Mangel kann auch darin liegen, dass eine auf Jahre hinaus zu erwartende Ungewissheit über die vertragsgemäße Nutzbarkeit besteht, insbesondere, 1 Zum Fall: Die Behörde hatte den Vermieter (nur) aufgefordert, einen Antrag auf Nutzungsänderung zu stellen, ohne die bisherige Nutzung zu untersagen.

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Rn. VIII 52

Gewährleistung

wenn gegenwärtige Interessen des Mieters davon abhängen, dass ihm in Zukunft der Gebrauch der Mietsache verbleibt, z.B. bei einem Bürobetrieb, der nicht von heute auf morgen verlegt werden kann, VerfGH Berlin – Beschl. v. 3.5.2001 – NZM 2001, 746 = ZMR 2001, 695 zum Zweckentfremdungsverbot bei Mischnutzung.

Das Gleiche gilt, wenn dem Mieter auf Grund der bestehenden Behördenpraxis, insbesondere auf Grund des Eindrucks, die Behörde werde die angedrohten Zwangsmaßnahmen durchführen, nicht zugemutet werden kann, die mit einem rechtlichen Vorgehen verbundenen Risiken zu tragen, VerfGH Berlin – Beschl. v. 3.5.2001 – NZM 2001, 746 = ZMR 2001, 695 zum Zweckentfremdungsgebot bei Mischnutzung als Anwaltsbüro und Wohnung.

Dementsprechend kann die Androhung einer ordnungsbehördlichen Maßnahme einen Mangel des Mietobjekts begründen, wenn sie zu einer Ungewissheit über die Möglichkeit des künftigen Gebrauchs führt und hierdurch gegenwärtige Interessen des Mieters beeinträchtigt sind (BGH WPM 1983, 660, 661), OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.3.2002 – ZMR 2002, 739 = GuT 2002, 94 = GE 2002, 1430 = NZM 2003, 556.

Deshalb kann der Mieter bereits dann mindern, wenn er sich durch die Androhung einer Behörde auf die Zwangsräumung einrichten muss. Ihm ist nämlich nicht zuzumuten, einen langfristigen Rechtsstreit wegen solcher Umstände zu führen, die außerhalb seines Einwirkungsbereichs (fehlende Baugenehmigung) liegen, LG Mönchengladbach ZMR 1992, 304, s. auch KG – Urt. v. 7.12.1998 – NZM 1999, 708 für eine Kündigungsbefugnis des Mieters aus § 242 BGB, wenn der befristete Dispens von einer Zweckentfremdung ausläuft und der Vermieter untätig bleibt.

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Fehlt die Nutzungsänderungsgenehmigung für zum Betrieb einer Gaststätte angemietete Räume, ohne dass die Behörde deswegen bislang eingeschritten wäre, so berechtigt dies den Mieter gleichwohl zur Minderung, wenn ihm die Übergabe der Räume in konzessionsfähigem Zustand zugesagt worden ist. Eine derartige Zusicherung ist in einer vertraglichen Vereinbarung zu sehen, in der es heißt, dass dem Mieter die Räume in einem solchen Zustand übergeben würden, dass er die Konzession sofort nach Übergabe erhalten könne. Nimmt der Mieter wegen der fehlenden Nutzungsänderungsgenehmigung den Betrieb nicht auf, darf er den Mietzins in voller Höhe einbehalten, bis die Genehmigung erteilt ist, KG – Urt. v. 7. 6.1999 – NZM 2000, 461.

Andererseits liegt eine Gebrauchsbeeinträchtigung, die Gewährleistungsrechte auslösen könnte, nicht vor, wenn die Parteien in Kenntnis einer fehlenden behördlichen Genehmigung einen Mietvertrag abschließen und diesen „in Gang setzten“; erst mit der Versagung der Genehmigung käme eine Mangelhaftigkeit der Mietsache in Betracht, KG – Urt. v. 15.2.2007 – DWW 2007, 249.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 55

Strengere Maßstäbe gelten, wenn die öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Nutzer dienen: hier wird ein Mangel schon bei einem bloßen Verstoß bejaht, ohne dass es auf das Einschreiten der Behörde ankommt,

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BayObLG – RE v. 4.8.1999 – MDR 1999, 1314 = NZM 1999, 899 = ZMR 1999, 751: Werden die bauordnungsrechtlichen Vorschriften, die zum Gesundheitsschutz der Mieter bestimmte Anforderungen an die Beschaffenheit von Wohnraum stellen, nicht eingehalten, so liegt ein Mangel schon in der fehlenden Eignung zum Wohnen; LG Mannheim NZM 1999, 406: Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Anforderungen, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Sicherheit gestellt werden, bilden – im Gegensatz zu Verstößen gegen formelles Baurecht – einen Mangel schon dann und deshalb, weil die Räume zu Wohnzwecken ungeeignet sind (hier: unzureichende Belichtung und Belüftung von Souterrainräumen). Diese Vorschriften haben mieterschützenden Charakter. Ein Verstoß gegen sie wird nicht dadurch kompensiert, dass der Raum im Übrigen den Anforderungen genügt, die an Wohnräume zu stellen sind.

Im Zusammenhang mit diesem Problemkreis zeigt sich die schon erwähnte Unterscheidung von Mängeln einerseits und deren Folgen (Haftung) andererseits (s. Rn. VIII 38): Erweist sich im Verlaufe der Mietzeit, dass die vermieteten Wohnräume einer baurechtlichen Nutzungsbeschränkung unterliegen (Vermietung von Räumen im Souterrain zu Wohnzwecken, die baurechtlich hierfür nicht zugelassen sind), so mindert sich die Miete erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter Kenntnis von der Beschränkung erhielt und – so ist zu ergänzen – sich danach richten musste,

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LG Lüneburg WuM 1989, 368.

Eine Formularklausel, nach der der Mieter die für den Betrieb des Mietobjekts (z.B. Gaststätte) erforderlichen behördlichen Erlaubnisse auf seine Kosten und sein Risiko beizubringen hat, verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB, weil die Klausel auch Umstände aus dem Risikobereich des Vermieters erfasst (s. Rn. II 155). Ebenso verhält es sich mit entsprechenden Freizeichnungsklauseln, die sich auf das Risiko beziehen, dass die Mieträume den einschlägigen technischen Anforderungen sowie den behördlichen Vorschriften genügen, s. Rn. II 156. Der Haftungsausschluss ist indes wirksam, wenn die Parteien individuell vereinbaren, dass „für die Genehmigung der Konzession der Mieter zuständig ist“, BGH – Urt. v. 2.3.1994 – DWW 1994, 248 = ZMR 1994, 253.

Es wird aber auch in einem solchen Fall vorausgesetzt werden müssen, dass das Grundstück dafür geeignet ist, dass mit zumutbarem Aufwand ein konzessionsfähiger Zustand geschaffen werden kann. Die Abrede, nach der es Sache des Mieters ist, sich die für seine geschäftliche Tätigkeit erforderlichen Genehmigungen zu beschaffen, umfasst nicht eine erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung, KG – Urt. v. 7.12.1998 – NZM 1999, 708.

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Rn. VIII 56 56

Gewährleistung

Ebenso wenig kann sich der Vermieter auf eine Klausel berufen, dass er nur die grundsätzliche Eignung zu gewährleisten habe, etwaige Auflagen aber vom Mieter zu erfüllen seien. Der Begriff „Auflage“ bezieht sich nur auf Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt, KG – Urt. v. 7.10.2002 – MDR 2003, 622 für den Fall, dass keine Erlaubnis mit Auflagen erteilt, sondern die Versagung der Erlaubnis zum Gaststättenbetrieb wegen der Nichteinhaltung der Schallschutzbestimmungen angekündigt worden war.

c) Feuchtigkeitsschäden 57

Allgemein anerkannt ist, dass Feuchtigkeitserscheinungen, insbesondere Schimmel und Spak in der Wohnung einen Mangel bilden, ohne dass es auf die Ursache (zunächst) ankommt und ohne dass sich der Vermieter darauf berufen kann, dass die Anforderungen der DIN-Normen, die bei der Errichtung des Gebäudes galten, erfüllt waren,1 OLG Celle – Beschl. v. 19.7.1984 – WuM 1985, 9 = ZMR 1985, 10: Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung sind ein Fehler der Mietsache. DIN-Vorschriften haben ihre Funktion im Baurecht. Für die Beurteilung, ob die vermietete Wohnung mangelhaft ist, kommt es dagegen auf die den Erfordernissen des vertragsgemäßen Gebrauchs entsprechende Sollbeschaffenheit der Mietsache an; ebenso LG Berlin ZMR 1987, 378 = GE 1999, 380, LG Hamburg WuM 2001, 193.

Gesundheitsgefährdend sollen Schimmelpilze allerdings erst sein, wenn es sich um toxinbildende Stämme handelt, was ohne Laboruntersuchungen nicht festgestellt werden kann,2 BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601, KG – Urt. v. 26.2.2004 – ZMR 2004, 513.

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Auch die bloße konkrete Gefahrbesorgnis, dass es zu Feuchtigkeitserscheinungen kommen kann, begründet einen Mangel, LG Hamburg WuM 2001, 193: Lässt der bauliche Zustand der Wohnung bei üblicher Luftfeuchtigkeit die Bildung von Kondenswasser erwarten, die zu Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbefall führt, liegt ein Mangel vor.3 1 Zu Feuchtigkeitsschäden in der Mietwohnung: Reismann MM 1995, 439; Mathonia WuM 2005, 174, 223; zur Mietminderung wegen Feuchtigkeitsschäden: Isenmann/ Mersson NZM 2005, 881; zur Bewertung von Feuchtigkeitsschäden und deren Folgen: Isenmann WuM 2004, 518; ferner zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 13.1; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 203. Zur Gefährlichkeit von Schimmelpilzen s. Adam/Isenmann WuM 2007, 492; Clemens/Clemens WuM 1999, 667; Clemens/Clemens WuM 2000, 227. 2 S. Selk/Hankammer NZM 2008, 65 gegen die Beschränkung auf medizinische Gutachten und zum Schutz von Allergikern; s. auch Horst MietRB 2007, 322; zu Unrecht bagatellisierend Streyl WuM 2007, 365; differenzierend: Adam/Isenmann WuM 2007, 492. 3 Zum Fall: Es handelte sich um Tauwasserschäden. Die Wärmedämmung des Mauerwerks entsprach nur knapp den technischen Anforderungen zur Zeit der Bauerrichtung, während die heutigen Dämmwerte nicht erreicht werden. Selbst bei Temperaturen von 19° C im Innenbereich und 5° C im Außenbereich und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 64% war in Eckbereichen der Wohnung mit Kondensat zu rechnen.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 61

Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass eine Wohnung in bauphysikalischer Hinsicht so beschaffen sein muss, dass etwa Möbel mit einem Abstand von nur wenigen Zentimetern – im Allgemeinen genügt der Scheuerleistenabstand – auch an die Außenwände gestellt werden können, ohne dass sich Tauwasser bildet,

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LG Hamburg NZM 1998, 571 (ZK 11), LG Mannheim NZM 2007, 682 = ZMR 2007, 971: Ein Abstand von weniger als 5 cm zwischen der Außenwand und den davon stehenden Großmöbeln (z.B. Schrank) muss genügen, um Feuchtigkeitserscheinungen nicht aufkommen zu lassen; ebenso schon LG Berlin ZMR 1987, 378 = ZMR 1988, 464, LG München I WuM 1991, 584, vgl. auch LG Hamburg WuM 1985, 21 und LG Nürnberg-Fürth WuM 1988, 155.

Auch muss ein Bad mit Innen- bzw. Zwangsentlüftung sich in einem baulichen Zustand befinden, dass Feuchtigkeitsschäden durch Duschen ausgeschlossen sind, LG Bochum WuM 1992, 431.

Da Raumfeuchtigkeit zwangsläufig durch das Nutzerverhalten beeinflusst wird, wird dieses und insbesondere ein ausreichendes Heiz- und Lüftungsverhalten (s. dazu Rn. VI 267) in die Wertung, ob ein Mangel vorliegt, einbezogen. Richtigerweise zählt dieser Umstand allerdings zur Frage, wem der Mangel zuzurechnen ist (s. Rn. VIII 38). Voraussetzung ist aber auch in diesem Zusammenhang, dass die Wohnung so beschaffen sein muss, dass durch zumutbare Maßnahmen Feuchtigkeitserscheinungen, insbesondere Schimmelbildung in den Räumen vermieden werden können,1

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LG Aurich WuM 2005, 573, LG Mannheim NZM 2007, 682 = ZMR 2007, 971, weiter gehend LG München I NZM 2007, 642 = MietRB 2008, 5 (Schwartmann), wenn die Schimmelbildung nach Einbau isolierverglaster Fenster auf falschem Lüftungsverhalten des Mieters beruht, der Vermieter ihn jedoch nicht sachgerecht und präzise auf die neuen Anforderungen an das Heiz- und Lüftungsverhalten hingewiesen hat. Zur Hinweispflicht des Vermieters s. Rn. VI 273.

Jedoch soll der Mieter einer Altbauwohnung nicht ohne weiteres erwarten dürfen, dass der zur Wohnung gehörende Keller trocken und zur Lagerung von feuchtigkeitsempfindlichen Gegenständen geeignet ist, LG Mannheim WuM 1998, 663, LG Osnabrück WuM 2004, 233.

Dagegen sind Gewährleistungsansprüche gegeben, wenn der Vermieter zugesichert hat, der Keller sei „knochentrocken“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.3.1988 – ZMR 1988, 222.

Ob die Anforderungen der DIN 4108 zur Zeit der Bauerrichtung erfüllt waren, ist unerheblich. Eine nutzerbedingte Ursache ist zu verneinen, da Bad und Küche Feuchträume mit erhöhter Gefährdung sind und mit Feuchtigkeit schon auf Grund normalen Nutzungsverhaltens zu rechnen ist. 1 Zum Fall: Unzumutbar ist, viermal täglich alle Heizkörper abzustellen, alle Fenster 15 Minuten geöffnet zu halten und danach die Heizkörper wieder anzustellen.

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Rn. VIII 62

Gewährleistung

Auch kann die Aussage nicht akzeptiert werden, dass der Mieter beim Erstbezug einer Wohnung mit einer gewissen Neubaufeuchte zu rechnen habe: Er kann vielmehr eine ausgetrocknete Wohnung erwarten, es sei denn, dass der Vermieter ihn eindeutig und konkret auf Restfeuchte hingewiesen hat. 62

Ein Mangel kann dadurch verursacht werden, dass durch den Einbau isolierverglaster Fenster nunmehr die Außenwände eine schlechtere Wärmedämmung aufweisen,1 LG Berlin ZMR 2002, 48.

Zur Pflicht des Vermieters, den Mieter über ein verändertes Heiz- und Lüftungsverhalten zu unterrichten, wenn er in die raumklimatischen Verhältnisse der Wohnung durch bauliche Maßnahmen eingegriffen hat, s. Rn. VII 248 f. Zur Zurechnung des Mangels zur Vermieter- oder Mietersphäre und in der daran anschließenden Frage der Haftung s. Rn. VIII 168 f. Zur Obhutspflicht des Mieters, ausreichend zu heizen und zu lüften, s. Rn. VI 267 f. d) Heizung und Raumklima 63

Ein Mangel liegt nicht schon darin, dass der Vermieter nicht die am wirtschaftlichsten arbeitende Heizungsanlage gewählt hat; innerhalb der gewählten Art schuldet er aber eine wirtschaftlich arbeitende Anlage, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.2.1985 – MDR 1985, 586.

Nur wenn ungewöhnlich hohe Heizkosten auf einem Fehler der Heizungsanlage beruhen, kann ein Mangel vorliegen. Ob das der Fall ist, ist nach dem Standard zur Zeit des Einbaus der Heizungsanlage zu beurteilen, KG – Urt. v. 28.4.2008 – GE 2008, 950 = ZMR 2008, 892: Der Kostenaspekt ist für den Begriff des Sachmangels irrelevant (s. auch KG WuM 2005, 774).

Ein Mangel ist auch nicht in einem überalterten (15 Jahre alten) Heizkessel gesehen worden, wenn dieser ständig ordnungsmäßig gewartet worden ist, LG Darmstadt NJW-RR 1987, 787,

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Der Vermieter ist nicht verpflichtet, die Anlage ständig auf dem Stand der neuesten Technik zu halten; er schuldet aber einen Mindeststandard, den der Mieter bei Vertragsabschluss erwarten durfte, KG – Urt. v. 28.4.2008 – GE 2008, 950 = ZMR 2008, 892; s. auch BGH – Urt. v. 31.10.2007 – WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39: Aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit lässt sich eine Verpflichtung des Vermieters zur Modernisierung einer vorhandenen alten, die Wärmeerzeugung jedoch sicherstellenden Heizungsanlage nicht ableiten.

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Danach ist wie folgt zu differenzieren: Erzielt die Heizungsanlage nicht die erforderlichen üblichen Temperaturen (s. dazu Rn. VII 198), so liegt ein Man-

1 S. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 205 f.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 69

gel vor. Werden zwar ausreichende Temperaturen erzielt, jedoch nur unter unwirtschaftlichen Bedingungen, so handelt es sich um einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 556 Abs. 3 BGB (s. dazu Rn. V 346, VII 77), dem im Rahmen der Kostenabrechnung Rechnung getragen werden muss. Dementsprechend ist ein Mangel bejaht worden, wenn die Heizkörper unterdimensioniert sind, so dass keine ausreichende Wärmeleistung zu erzielen ist,

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AG Münster WuM 1987, 382, AG Kerpen WuM 1990, 62, AG Bremerhaven WuM 1992, 601,

während bei Überdimensionierung einer Anlage und dadurch bedingtem Mehrverbrauch an Energie ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegt, s. OLG Hamm – Urt. v. 27.1.1987 – MDR 1987, 763, 764 für Lüftungsanlage, das die fehlende Wirtschaftlichkeit als Mangel ansieht.

Im Ergebnis laufen beide Betrachtungsweisen auf eine Kürzung der Nebenkosten hinaus, weil sowohl bei der Mietminderung als auch im Rahmen eines Schadensersatzes die Kostenbelastung des Mieters auf diejenigen Unkosten herabzusetzen ist, die bei einer nicht überdimensioniert ausgestalteten Anlage anfallen würden; wie hier auch KG – Urt. v. 4.7.2005 – WuM 2005, 774: Beanstandet ein Mieter die Isoliereigenschaft einer Fensterfront erstmals nach Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung, weil ihm die verbrauchsabhängig ermittelten Heizkosten zu hoch erscheinen, liegt ein Sachmangel, der die Gebrauchstauglichkeit der vermieteten Sache einschränkt, nicht vor. Der Kostenaspekt ist für den Begriff des Sachmangels irrelevant.

Auch ist die wärmetechnisch ungünstige Beschaffenheit der Wohnung (z.B. Außenwohnung, große Fenster einfacher Bauart) nicht als Mangel gewertet worden,

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LG Hamburg WuM 1988, 350.

Zu den vertragsgemäßen oder üblichen Raumtemperaturen in Wohnungen, die auch für vergleichbare Gewerberäume (z.B. Büros) gelten, s. Rn. VII 198, 206. Gewährleistungsansprüche sind nur bei längerfristigem Überschreiten (bzw. Unterschreiten) der zulässigen Innentemperatur gegeben; kurzzeitige Unzuträglichkeiten reichen nicht,

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BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 776 = WuM 2004, 531 = ZMR 2005, 101: Das Funktionieren der Heizung ist in den Wintermonaten und in der Übergangszeit von erheblicher Bedeutung für die Gebrauchstauglichkeit einer Wohnung. Die Annahme eines geringfügigen Mangels ist nur bei sehr kurzem Heizungsausfall oder bei vorübergehend geringfügiger (1° C) Unterschreitung der erforderlichen Heizleistung möglich. Auch eine Warmwasserversorgung rund um die Uhr gehört im Regelfall zur Gebrauchstauglichkeit einer Mietwohnung; ebenso AG Neuss DWW 1997, 47 = ZMR 1997, 303.

Fällt die Heizungsanlage in den Sommermonaten aus, so ist das kein zur Minderung berechtigender Mangel, LG Wiesbaden WuM 1990, 71.

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Rn. VIII 70

Gewährleistung

Dagegen kann die fehlende Beheizbarkeit der Wohnung während der Heizperiode eine Mietminderung von mindestens 75% rechtfertigen, LG Berlin ZMR 1992, 302, weiter gehend LG Berlin WuM 1993, 185: vollständige Gebrauchsuntauglichkeit, wenn eine Wohnung ab Beginn der Heizperiode ohne nötige Gasversorgung für Heizung, Kochen und Warmwasserversorgung ist.

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Liegen die Raumtemperaturen in einer Kaffee- und Bierbar in den Wintermonaten deutlich unter 20° C, so ist eine Minderung der Bruttomiete von mindestens 36% für gerechtfertigt gehalten worden, KG – Urt. v. 11.3.2002 – NZM 2002, 917 = GE 2002, 730.

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Bei saisonal auftretenden Mängeln wie einem Heizungsausfall im Herbst/ Winter liegt Kenntnis des Mangels durch den Mieter i.S. von § 536b BGB erst dann vor, wenn die Störungen nicht nur vereinzelt, sondern wiederholt und über die gesamte (Heiz-)Saison auftreten, so dass der Mieter erkennen muss, dass an der Heizung ein grundlegender Defekt vorhanden ist. Der Mieter kann daher wegen des gehäuften Auftretens von Störungen der Heizung auch noch im vierten Winter gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen, wenn die Heizung bereits während der vorausgegangenen 3 kalten Jahreszeiten wiederholt ausgefallen ist, die jeweiligen Störungen vom Vermieter unmittelbar behoben wurden und der Mieter die Miete mehr als 3 Jahre ungekürzt gezahlt hat, OLG Dresden – Urt. v. 18.6.2002 – NZM 2002, 662.

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Fällt die Heizungsanlage vorübergehend aus und bietet der Vermieter dem Mieter für diese Zeit unter Übernahme der zusätzlichen Heizkosten Radiatoren an, durch die eine ordnungsmäßige Beheizung sichergestellt ist, so kann ein Mangel verneint und eine Mietminderung ausgeschlossen sein, KG – Urt. v. 21.2.2000 – MDR 2000, 1006.

Fällt die Heizung aus, weil die Versorgungswerke den elektrischen Strom infolge von Zahlungsrückständen des Vermieters abgestellt haben, so kann der Mieter gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen (s. Rn. VIII 341 f.), LG Saarbrücken WM 1995, 159.

Kommt es infolge erheblichen Leerstandes in den an die Mietwohnung angrenzenden Wohnungen zu niedrigeren Temperaturen in der Mietwohnung (oder zu höheren Heizkosten), weil die leer stehenden Wohnungen nicht oder kaum beheizt werden, so soll der Mieter zur Mietminderung nicht berechtigt sein, da er nicht darauf vertrauen kann, dass die angrenzenden Wohnungen beheizt werden, AG Frankfurt/O. ZMR 2005, 131, s. auch AG Halle/Saalkreis ZMR 2005, 201.

Das kann jedoch nur für Regionen gelten, in denen strukturbedingt und allgemein bekannt eine hohe Leerstandsquote besteht. Zur Darlegungslast s. Rn. VIII 159. 1016

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 74

Ein Mangel kann auch in der unzureichenden Klimatisierung liegen,1

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OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – MDR 1993, 973 = WuM 1995, 35: Treten in nach Süden gelegenen Gewerbemieträumen ganzjährig zeitweise derart hohe Temperaturen auf, dass die Nutzung der Mieträume erheblich beeinträchtigt ist, so hat der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch auf Anbringen eines außen liegenden Sonnenschutzes.

Zu dessen Feststellung können die Regeln der DIN 1946 Teil 2 „Raumlufttechnik“ und die ArbeitsstättenVO, Arbeitsschutzrichtlinien 6/1.3 Raumtemperaturen herangezogen werden, die sich auf die zulässigen Raumtemperaturen in Arbeitsräumen beziehen, s. dazu Rn. VII 206,2 OLG Köln a.a.O., OLG Hamm NJW-RR 1995, 143, OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6.1998 – ZMR 1998, 622: Der Mieter eines Ladenlokals (Textilien) ist nach §§ 578 Abs. 2, 569 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn in einem „gewöhnlichen“ Sommer (Standardsommer) für mehrere Monate mit Innentemperaturen von mehr als 35° C gerechnet werden muss; OLG Hamm – Urt. v. 28.2.2007 – MietRB 2007, 227 (Pfeifer); anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.1.2007 – NZM 2007, 330.

Auch wenn die Anwendung der technischen Vorschriften hier umstritten sein mag, ist es konsequent, auf den Nutzungszweck abzustellen. Bringt dieser es mit sich, dass der Mieter Arbeitnehmer beschäftigt, so schuldet er diesen auf Grund seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht eine Soll-Klimatisierung des Arbeitsplatzes nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Hiervon muss auch der Vermieter ausgehen, so dass das Gebäude den entsprechenden Anforderungen genügen muss. Die erforderlichen Maßnahmen schuldet er gemäß seiner Herrichtungspflicht, soweit diese nicht auf den Mieter übertragen worden ist. Dies gilt entsprechend für die Wohnraummiete: Hier ist mangels einschlägiger Normen auf die sog. Wohlbefindlichkeitsschwelle abzustellen, AG Hamburg WuM 2006, 609.3

Zu den zulässigen Raumtemperaturen in Arbeitsräumen s. Rn. VII 206. e) Lärm und Gerüche aa) Lärm Zu Lärm im Rahmen des Mietgebrauchs s. Rn. VI 289 f. Maßgeblich ist die Lästigkeit der Beeinträchtigung.4 Ein Mangel ist bejaht worden, wenn man 1 S. dazu Elshorst NZM 2002, 902: Minderung wegen hoher Raumtemperaturen; ferner zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 14; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 142. 2 Kritisch dazu Harms ZMR 2007, 433; Herrlein NZM 2007, 719; Hörndler MietRB 2007, 269. 3 S. dazu Börstinghaus WuM 2007, 253. Zum Fall: Das AG nimmt eine arbeitsmedizinische Wohlbefindlichkeitsschwelle auch für Wohnraum bei 26° C an. 4 S. zur Lärmbelastung des Mieters: ausführlich Barthelmess, Grenzen zulässiger Lärmerzeugung im häuslichen Wohnbereich, FS Blank, 2006, S. 23 f.; Schmidt-Futterer/ Eisenschmid BGB § 536 Rn. 97 f., 100; ferner Börstinghaus, Verwahrlosung, Lärm und Nachbarstreit im Wohnraummietrecht, NZM 2004, 48; Sternel PiG 31 (1989), S. 71 f.

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Rn. VIII 75

Gewährleistung

wegen des aus den oberen Räumen hörbaren Trittschalls sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren kann, weil man ständig auf das nächste Geräusch wartet und automatisch nach oben schaut, wobei es für das Ausmaß des Lärms nicht so sehr auf objektive Schallpegelwerte als vielmehr auf die Lästigkeit des Lärms ankommt,1 LG Karlsruhe DWW 1987, 234.

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Kommt es während der Arbeitszeit zu 8 Stunden lang andauerndem starken Baulärm, so sind die als Büro gemieteten Räume für den vereinbarten Mietzweck nicht zu gebrauchen und die Miete für den ganzen Tag gemindert, auch wenn in den arbeitsfreien 16 Stunden kein Lärm stattfindet, KG – Urt. v. 7.6.1999 – NZM 2000, 461.

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Die Einhaltung technischer Schallschutzwerte hat nur Indizwirkung (s. Rn. VIII 41). Maßstab für die subjektive Beurteilung von Lärm ist das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, 2 BGH – Urt. v. 5.2.1993 – BGHZ 121, 248, 254 = NJW 1993, 1656, 1658 für Lärm, der von einem Zeltplatz eines Jugendfreizeitlagers ausgeht, OLG Köln – Urt. v. 8.1.1998 – NZM 1998, 122 = WM 1998, 161 bei unartikulierten Geräuschen von Behinderten in der Nachbarschaft.

So ist z.B. ein nicht unerheblicher Mangel angenommen worden, wenn durch Aufzugslärm die Richtwerte in DIN 4109 (Schallschutz für Hochbau) und VDI 2566 (Lärmminderung an Aufzugsanlagen) um mehr als 10% überschritten werden, AG Wiesbaden WuM 2006, 220 für eine im Jahr 2001 errichtete Penthouse-Wohnung, nicht aber für eine Altbauwohnung.

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Wird der Ruhepegel eines Schlafraumes durch Heizungsgeräusche nachts um 10 dB(A) überschritten, wird ein nicht unerheblicher Mangel der Wohnung indiziert. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Geräusche noch unterhalb der Grenze der DIN 4109 von 30 dB(A) liegen. Nach Sachverständigengutachten ist nachts von einem Geräuschpegel unter 20 dB(A) auszugehen, LG Berlin NZM 2000, 490, AG Hamburg WuM 1997, 551,

denn maßgebend ist die Lästigkeit des Lärms, dessen Umfang vom Mieter dargetan werden muss. 78

Auch durch nachträgliche Baumaßnahmen kann es zu einem erhöhten Geräuschpegel kommen, der Gewährleistungsrechte auslöst, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2005, 60 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108 für Trittschall nach Dachgeschossausbau, LG Hamburg WuM 2006, 109: erhöhter Trittschall aus der oberen Wohnung, nachdem dort Laminat verlegt worden ist,

1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 97. 2 Der zur Anwendung des § 906 BGB entwickelte Bewertungsmaßstab kann auch auf das Mietrecht übertragen werden; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 99.

1018

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 81

AG Neuruppin WuM 2005, 653: erhöhter Geräuschpegel nach Austausch von freistehenden Küchen- und Sanitärmöbeln gegen eine Einbauküche und eine eingebaute Badewanne.

Für das Vorliegen eines Mangels ist es unerheblich, ob der Vermieter in der Lage ist, den Lärm zu unterbinden. Baulärm ist daher auch dann ein Mangel, wenn er vom Nachbargrundstück ausgeht,

79

BayObLG – RE v. 4.2.1987 – NJW 1987, 1950 = WuM 1987, 112 = ZMR 1987, 174, s. auch Rn. VIII 96, KG – Urt. v. 12.11.2007 – GuT 2007, 436 = NZM 2008, 526 = MietRB 2008, 71 (Kern),1 LG Frankfurt a.M. WuM 2007, 317 = ZMR 2007, 698 bei Baulärm in der Nachbarschaft, LG Berlin GE 2007, 1188 bei Baulärm durch Entkernung eines Nachbargebäudes, AG Suhl WuM 2005, 656 bei Baulärm durch Autobahnbaustelle.

So darf der Vermieter, der das Gebäude in Wohnungseigentum aufgeteilt und die der vermieteten Wohnung benachbarten Wohnungen veräußert hat, sich den wegen des Baulärms bei Umbauarbeiten in den Nachbarwohnungen geltend gemachten Gewährleistungsrechten des Mieters nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, dass er nicht mehr Eigentümer der Wohnungen sei, LG Hamburg WuM 1988, 262.

Eine Eingrenzung des Mangels kann sich aber aus der fehlenden Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung ergeben (s. dazu Rn. VIII 9).

80

Sozialadäquanz der Lärmursache sowie das Toleranzgebot gegenüber Lebensäußerungen Dritter bilden weitere Schranken für das Recht des Mieters, vor Lärm durch Dritte bewahrt zu werden, s. dazu Rn. VI 289 f., 292. So muss der Mieter in einem Mehrfamilienhaus, vorbehaltlich besonderer Vereinbarungen, die Beeinträchtigungen hinnehmen, die durch die vertragsgemäße Nutzung der anderen Wohnungen durch die Mitmieter entstehen, LG Berlin ZMR 2000, 532, AG Trier WuM 2001, 237: Ein Schallschutz in einem Mehrfamilienhaus, der den Bauvorschriften genügt, schließt nicht aus, dass der Mieter unvermeidlichen Lärm wie Kindergeschrei, Musikausübung, Radioübertragungen, Begehen der Wohnung mit Straßenschuhen, gelegentliches Fallenlassen von Gegenständen hinnehmen muss; ebenso AG München NZM 2004, 499; a.A. AG Hamburg WuM 1996, 760.

Überlaut geführte Streitgespräche können jedoch als nächtliche Lärmbelästigungen der Wohnungsnachbarn die Mietminderung begründen, AG Bergisch Gladbach WuM 2003, 29.

Erforderlich sind aber Auswirkungen auf den Mietgebrauch. Persönliche Auseinandersetzungen zwischen dem Mieter und einem anderen Mitbewohner rechtfertigen daher keine Minderung, sofern keine Außenwirkungen unabhängig vom betroffenen Mieter auftreten, AG Königstein/Ts. NZM 2001, 422. 1 Zum Fall: völlige Zugangsversperrung wegen Baues einer U-Bahntrasse; s. auch schon OLG Köln – Urt. v. 9.5.1972 – NJW 1972, 1814.

1019

81

Rn. VIII 82

Gewährleistung

Indes hat der Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter auf Schutz vor Mobbing, etwa durch ständige unberechtigte Vorwürfe und Anzeigen anderer Mieter (s. Rn. VI 313 f., 338, VII 238). Durch solche Handlungen wird der Mietgebrauch beeinträchtigt, der Gewährleistungsrechte auslöst, wenn der Vermieter nicht Abhilfe schafft,1 LG Berlin MM 2007, 333 zur Kündigungsbefugnis des Mieters bei unzumutbaren Belästigungen durch einen anderen Mieter.

82

Zum Begriff der Zimmerlautstärke sowie zu Parametern für die Lärmbeurteilung s. Rn. VI 299. Typische Lärmbeeinträchtigungen durch Lebensäußerungen von Kindern müssen geduldet werden (Rn. VI 293). Das gilt auch für Lärm, Rufen und Weinen von kleinen Kindern, die in der Wohnung spielen,2 AG Oberhausen WuM 2001, 464, AG Braunschweig WuM 2002, 50, LG Bad Kreuznach WuM 2003, 328 zur fristlosen Kündigung wegen Kinderlärms, LG München I NZM 2005, 339 für häufiges, aber kurzfristiges Geschrei eines Kleinkindes im Treppenhaus in den frühen Morgenstunden.

Das Spielen muss sich aber im sozialadäquaten Rahmen halten, jeweils verneinend OLG Saarbrücken – Beschl. v. 11.6.1996 – ZMR 1996, 566 für Tennis gegen die Hauswand, AG Schöneberg MM 1995, 397 für das Herumfahren von Getränkekisten im Bollerwagen auf einem gepflasterten Innenhof, AG Frankfurt a.M. NZM 2005, 617: Lärm durch Ball spielende Jugendliche auf einer im Eigentum des Vermieters stehenden Freifläche zwischen zwei Wohnblocks.

Für die Beurteilung, ob Lärm von Kinderspielplätzen vom Mieter hinzunehmen ist, ist (in Berlin) die Richtlinie über die von Freizeitanlagen verursachten Geräusche (ABl. Berlin 1996, 2803) heranzuziehen, LG Berlin ZMR 1999, 763.

83

Toleranzgebot und Sozialadäquanz treffen ebenfalls zusammen, wenn es darum geht, ob und in welchem Maße Lärmstörungen alter oder psychisch kranker Menschen von den Mitbewohnern hingenommen werden müssen. Tendenziell werden hohe Maßstäbe angelegt, OLG Karlsruhe – Urt. v. 14.12.1999 – MDR 2000, 578: Mitglieder einer Hausgemeinschaft müssen Belästigungen durch altersbedingt geistig verwirrte Mitbewohner als sozialadäquat hinnehmen, wenn sich die Belästigungen bei zutreffender, an den Wertentscheidungen des Grundgesetzes orientierter Betrachtung lediglich als harmlose Störungen darstellen. Bei der Wertung, ob es sich um hinzunehmende Störungen handelt, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bundesrepublik ein sozialer Rechtsstaat ist (Art. 20 Abs. 1 GG), in dem die Würde des Menschen unantastbar ist (Art. 1 Abs. 1 GG) und in dem niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG); 1 Börstinghaus NZM 2004, 48, 52 f. 2 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 111 f.; Stollenwerk, Kinderlärm im Miet-, Wohnungseigentums- und Nachbarrecht, NZM 2004, 289.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 86

s. auch OLG Köln – Urt. v. 8.1.1998 – ZMR 1998, 161 zum Abwehranspruch nach § 906 Abs. 1 BGB gegen Lautäußerungen behinderter Menschen.

Auch kann der vertragsgemäße Zustand einer Wohnung eine gewisse Lärmbelastung einschließen, etwa bei Anmietung einer Wohnung, die über einer Tiefgarageneinfahrt liegt,

84

AG Bonn WuM 1990, 71, einschränkend AG Köln WuM 1990, 291.

Zu Gebrauchsbeeinträchtigungen durch Lärm beim Einwerfen von Flaschen und Papier in Recyclingcontainer s. Rn. VIII 91. Ist dem Mieter bei Vertragsschluss bekannt, dass sich im Hause eine Gaststätte befindet, so rechtfertigt das aber noch nicht den Schluss auf seine positive Kenntnis, dass der Gaststättenlärm die Lärmschutzwerte überschreitet,1 AG Bonn WuM 1990, 497, vgl. auch OVG Münster DWW 1994, 158 für Gaststättenlärm, AG Köln WuM 1990, 291.

Kommt es zu einer Zunahme von Lärm dadurch, dass die Ladenöffnungszeiten eines Lebensmittelmarktes verlängert werden, so rechtfertigt das keine Minderung, AG Frankfurt a.M. WuM 1999, 718.

Ob allerdings ein Mieter, der Gewerberäume in einem in den 50-er Jahren errichteten größeren Gebäudekomplex im Jahre 1990 angemietet und im Jahre 2001 eine Verlängerungsoption ausgeübt hat, mit Baulärm im Hause wegen Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten rechnen muss, so OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.2.2008 – NZM 2008, 524,

erscheint zweifelhaft. Zu Verkehrslärm s. Rn. VIII 101. Zur Darlegungs- und Beweislast s. Rn. VIII 179 f. bb) Gerüche Störender Heizölgeruch in den Wohn- und Arbeitsräumen (des Einfamilienhauses) kann eine Mietminderung von 15% der Nettomiete begründen,2

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AG Augsburg WuM 2002, 605.

Dringen Essensgerüche und der Geruch von Zigarettenrauch aus der Nachbarwohnung wegen der biophysikalischen Bauweise des Gebäudes unabwendbar in die Mietwohnung, so liegt ein Mangel vor, LG Stuttgart WuM 1998, 724.

Dagegen rechtfertigen Geruchsbelästigungen durch Kochgerüche in einem Mehrfamilienhaus im Hinblick auf die Sozialadäquanz nur dann eine Mietminderung, wenn es sich um eine durchgängige erhebliche Belastung handelt und die Gerüche tatsächlich das Maß des Empfindens eines normalen Durch1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 110. 2 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 94, 96.

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86

Rn. VIII 87

Gewährleistung

schnittsmenschen überschreiten. Dass Nachbarn zu den unterschiedlichsten Zeiten und jeweils nach ihrem Geschmack kochen, ist grundsätzlich zu dulden, auch wenn dies nicht unbedingt den Vorstellungen der anderen entspricht, LG Essen ZMR 2000, 302.

Auch in diesem Zusammenhang ist das Toleranzgebot an die Hausgemeinschaft bei (leichteren) Geruchsbelästigungen durch hochbetagte Mieter zu beachten, s. LG Siegen WuM 2006, 158 zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB.

Zu Gerüchen und Mietgebrauch sowie zu Parametern für die Bewertung von Gerüchen s. Rn. VI 306, 308. f) Umfeldmängel 87

Auch Umstände außerhalb des Mietgrundstücks, die sich aus der Belegenheit ergeben, können zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung führen. Hier wird es insbesondere auf die Unmittelbarkeit der Einwirkung auf das Mietgrundstück und auf den Mietgebrauch ankommen. Die Gruppierungen der Fallgruppen überschneiden sich zum Teil.1 aa) Ein- und Auswirkungen auf Mietgebäude und Mietobjekt

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Hierunter fallen Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs, die das Mietgebäude oder die Mietsache selbst betreffen. Das gilt etwa für die Vermietung an Dritte, durch deren Mietgebrauch zwangsläufig Störungen ausgehen, wie z.B. beim Betrieb einer Drogenberatungsstelle, Ausübung von Prostitution, Betrieb eines Swingerclubs. Beispiele: OLG Hamm – Urt. v. 24.10.1995 – NJWE-MietR 1996, 80: Beeinträchtigungen des Zugangs zu einem vermieteten Geschäftslokal durch Begleiterscheinungen der Drogenszene infolge einer im Nachbarhaus eröffneten Drogenberatungsstelle mit Drogenberatungscafé können ungeachtet der baurechtlichen Zulässigkeit dieser Einrichtung und ohne Verschulden des Vermieters einen Fehler des Mietobjekts begründen; OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.2002 – WuM 2003, 90: Es ist davon auszugehen, dass der Einzug der Drogenberatung in dasselbe Haus zu erhöhten Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs geführt hat und deshalb eine Minderung von 40% der Miete berechtigt ist; OLG Stuttgart – Urt. v. 21.12.2006 – NZM 2007, 163 = ZMR 2007, 272 = MietRB 2007, 85, 86 (Walburg): Quantität und Qualität des Besucherverkehrs anderer Mieter sowie Aufhebung der Zugangskontrolle in einem exklusiven, hochpreisigen Bürogebäude;2 1 S. Fritz, Umweltmängel und Umfeldmängel im Gewerberaummietrecht, FS Blank, 2006, S. 153; Fritz NZM 2008, 825. 2 Zum Fall: Vermietet waren Büroräume in einem „außergewöhnlichen Wohngebäude mit einmaligem Ambiente, in dem sich in angenehmer Atmosphäre arbeiten lasse“ sowie zu überdurchschnittlich hohem Mietpreis. Mangels anderer Mietinteressenten vermietete der Vermieter weitere Räumlichkeiten an die Agentur für Arbeit zum

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 90

KG – Urt. v. 1.9.2003 – ZMR 2004, 261, 262: Lärmbeeinträchtigungen durch Betrieb eines vom Vermieter genehmigten Swingerclubs,1 AG Wiesbaden WuM 1998, 315: bemerkbare und störende Prostitution im Haus als Mangel, ebenso AG Osnabrück WuM 2008, 84 wegen der Gefahr der Belästigung der Mieter durch Freier; anders LG Berlin NZM 2000, 377, wenn keine konkreten Störungen festgestellt werden können; ebenso AG Aachen ZMR 2007, 41.

Zugangsbeeinträchtigungen durch Bauarbeiten,2

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OLG Köln – Urt. v. 9.5.1972 – NJW 1972, 1814 bei erheblicher Erschwerung des Zugangs zu einem gemieteten Kiosk infolge von mehrere Jahre dauernden U-BahnBauarbeiten; ebenso KG – Urt. v. 12.11.2007 – GuT 2007, 436 = NZM 2008, 526 = MietRB 2008, 71 (Kern) bei völliger Zugangsversperrung wegen Baues einer U-Bahntrasse; OLG Dresden – Urt. v. 18.12.1998 – NZM 1999, 317 = ZMR 1999, 241: Wird ein Ladenlokal an einem zentralen Platz einer Großstadt vermietet und ist alsdann über Jahre wegen des Baus einer Tiefgarage auf dem Platz der Zugang nur über Bretterstege möglich, dann begründet dieser Mangel für den Mieter ein Recht zur fristlosen Kündigung; ebenso BGH – Urt. v. 16.2.2000 – ZMR 2000, 508: Die Behinderung des beschwerdefreien Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal kann einen Fehler begründen; LG Hamburg WuM 2001, 444 für Großbaustelle (4. Elbtunnelröhre) in unmittelbarer Nähe der Wohnung.

Zu Beeinträchtigungen durch Straßenbauarbeiten s. Rn. VIII 99. Eine Einbruchsserie in die Mieträume ist noch nicht als Mangel der Mietsache gewertet worden, weil es an der Unmittelbarkeit des Eingriffs fehlt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 6.6.2002 – GE 2002, 1058 = NZM 2002, 737:3 Eine Einbruchsserie (4 Einbrüche zwischen Februar 1997 und April 1999) begründen keinen Mangel i.S. von § 536 BGB. Hierdurch wird der Mietgebrauch nicht unmittelbar beeinträchtigt, weil die Mieträume zu dem vertraglich vereinbarten Nutzungszweck weiterhin geeignet sind (ebenso KG NZM 1998, 437, OLG Rostock OLGR 2002, 34); KG – Urt. v. 29.9.1997 – NZM 1998, 437: Hat der Mieter ein Ladenobjekt mit großflächigen Ladenfenstern gemietet, die keine besonderen Sicherungsvorkehrungen gegen Einbruch aufweisen, so begründet es keinen Mangel, dass der Mieter nach einer Einbruchsserie keinen weiteren Versicherungsschutz erhält, da der Vermieter keinen das übliche Maß übersteigenden Sicherheitsstandard schuldet; anders verhält es sich im Fall des OLG Naumburg – Urt. v. 16.12.1996 – NZM 1998, 438: Dort war in das Sachverständigenbüro des Mieters 6mal (davon 4mal innerhalb von 3 Monaten) eingebrochen worden. Eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs wurde u.a. in der Nichtversicherbarkeit der Mieträume gesehen. Zwecke des Betriebs einer Hartz IV-Abteilung, einer Such- und einer Schuldnerberatungsstelle. 1 Die Entscheidung befasst sich damit, ob der Vermieter zur Kündigung des Clubbetreibers wegen Störung des Hausfriedens berechtigt ist, nachdem er von einem Wohnungsmieter erfolgreich wegen der Störungen des Clubs in Anspruch genommen worden ist und obwohl er – der Vermieter – durch Verlängerung des Mietverhältnisses mit dem Betreiber zu den Störungen beigetragen hat. 2 Dazu Fritz, FS Blank, 2006, S. 153, 165; Fritz NZM 2008, 825, 830. 3 Rechtskräftig: BGH – Beschl. v. 21.1.2004 – ZMR 2004, 632.

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Rn. VIII 91

Gewährleistung

Die Entscheidungen, die das Vorliegen eines Mangels verneinen, wälzen die Herrichtungspflicht auf den Mieter ab, was dessen Sicherheitsbedürfnis anbelangt. Das ist folgerichtig, wenn dieses Bedürfnis betriebsbedingt ist und soweit es über die allgemeinen Sicherheitsstandards, die vom Vermieter einzuhalten sind, hinausgeht. Andererseits ist denkbar, das ein Mangel aus der Belegenheit des Mietobjekts und aus der Beschaffenheit des Mietobjekts herrührt, der die Gebäudesicherheit betrifft, BGH – Urt. v. 7.6.2006 – NZM 2006, 626 = ZMR 2006, 678 = MietRB 2006, 264 (Hoffmann): Eine unzureichend vermauerte Wandöffnung, die den Einbruch in ein vermietetes Ladenlokal erleichtert, stellt einen Mangel der Mieträume dar. Zwar verlangen die üblichen Sicherheitsanforderungen nicht, dass jedweder Einbruch ausgeschlossen ist. Die Vermauerung der früheren Tür- oder Fensteröffnung ohne Verbund mit dem Restmauerwerk war aber nicht fachgerecht und war eine Gefahrenquelle.

Eine Gebrauchsbeeinträchtigung kann sich auch aus lagebedingten Übergriffen Dritter auf die Mietsache ergeben,1 s. dazu BGH – Urt. v. 18.9.1974 – NJW 1974, 2233; anders wohl BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2005, 506 = NZM 2005, 54.2

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Eine Gebrauchsbeeinträchtigung liegt vor, wenn Lärm durch den Einwurf von Glasflaschen in entsprechende Container an Werktagen nach 22 Uhr sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen nach 20 Uhr auf dem Mietgrundstück verursacht wird, LG Berlin GE 1995, 427, AG Rudolstadt WuM 2000, 19: Ruhestörungen durch Papier- und Glaseinwurf in Recycling-Container brauchen vom Wohnungsmieter nicht als ortsüblich hingenommen zu werden.

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Graffiti-Schmierereien an einer zu gewerblichen Zwecken vermieteten Immobilie können den Mieter zur Minderung berechtigen. Dies hängt allerdings von den örtlichen Verhältnissen, etwa dem Stadtteil, in dem sich das Mietgebäude befindet, vom äußeren Erscheinungsbild der Fassade bei der Anmietung, der Sozialstruktur, aber auch von der Branche, in der der Mieter tätig ist, ab, AG Berlin-Charlottenburg NZM 2007, 484, AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg NZM 2008, 481, s. auch LG Berlin GuT 2008, 347: auch mutwillig zerkratzte Scheiben sind zu ersetzen; zu Erfüllungsansprüchen und Gewährleistungsrechten, s. auch Rn. VII 50; einschränkend KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796: Ein unerfreulicher Anblick infolge der Verunstaltung der Fassade durch Bekleben mit Plakaten muss hingenommen werden, wenn derartige Verunstaltungen in der Gegend üblich sind. 1 Zum Fall: Belegenheit des gemieteten Ladenlokals neben einer Gaststätte, in der Alkoholiker, Stadtstreicher und Dirnen verkehrten, die das Mietgrundstück laufend verunreinigten und den Mieter, dessen Personal und Kunden des Geschäfts wiederholt belästigten. 2 Zum Fall: In den in einem Einkaufs- und Erlebniscenter belegenen Mieträumen betrieb der Mieter eine Spielbank. Seine Gäste wurden von Besuchern einer ebenfalls im Center belegenen Diskothek wiederholt angepöbelt; in den Toilettenräumen der Spielbank wurde Drogenbesteck aufgefunden. Der BGH verneint einen Mangel.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 95

Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der Kunde weiß oder wissen kann, dass weder der Vermieter noch der Mieter für diese Schmierereien verantwortlich ist (so aber AG Leipzig NZM 2001, 102). Auch sonst können die Unansehnlichkeit der Fassade oder die mangelnde Pflege des Treppenhauses Mängel bilden, wenn diese Umstände erst nach Vertragsabschluss eingetreten sind oder der Zustand sich seitdem wesentlich verschlechtert hat, LG München I WuM 1993, 736 für den schlechten Zustand des Treppenhauses, AG Köpenick GE 2007, 1321 für Putzabplatzungen von der Gebäudefassade.

Tauscht der Vermieter die gewaltsam aufgebrochene Wohnungseingangstür im Wege der Notmaßnahme aus, um sie wieder verschließbar zu machen, versäumt er es aber, dem Wohnungsmieter einen Schlüssel für die ausgetauschte Tür auszuhändigen, wird diesem die Nutzung der Wohnung nicht gewährt und die Miete ist bis zur Aushändigung der Schlüssel auf 0 gemindert, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.7.2005 – WuM 2005, 655 = ZMR 2005, 710.

Stellt der (katholische) Vermieter im Treppenhaus des Mietgebäudes eine Madonna auf, so ist das kein Mangel, der den (evangelischen) Mieter zur Minderung berechtigen könnte,

93

AG Münster WuM 2003, 537.

Anders könnte es sich bei provozierenden politischen, aber auch religiösen Symbolen handeln, weil hierdurch die von den Mietparteien zu erwartende Neutralität als Grundlage des Hausfriedens gefährdet wäre. Primär käme ein Anspruch auf Entfernung zum Tragen (s. Rn. VI 157). Eine zeitlich begrenzte Mietminderung (von 15%) ist gewährt worden, wenn in der Nachbarwohnung ein Tötungsdelikt mit grausamer Brutalität und anschließend zur Verdeckung der Straftat eine Brandstiftung begangen wurde, AG Berlin-Tiergarten GE 2005, 191.

Auch kann der Mieter einer EG-Wohnung, die an einen mit Bäumen bestandenen Garten grenzt, nicht mindern, weil die Bäume durch ihr Wachstum die zur Wohnung gehörende Terrasse allmählich verschatten,

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LG Hamburg NZM 2001, 91, ebenso LG Berlin MDR 2001, 266; anders AG Köln ZMR 2004, 595: Ein Mangel liegt vor bei eingeschränktem Lichteinfall infolge der Begrünung durch Fassadenbewuchs.

Dagegen ist der Vermieter verpflichtet, die Bäume auf dem Grundstück zu beschneiden, wenn sie durch ihren Wuchs die Mieträume erheblich verdunkeln; anderenfalls liegt ein Mangel vor, AG Berlin-Charlottenburg WuM 2007, 616, s. auch AG Köln ZMR 2004, 595 zu durch starke Begrünung des Fassadenbereichs eingeschränkten Lichteinfall (und Aufkommen von Ratten auf dem Balkon).

Taubenbefall und deren Folgen an Fassaden und auf Balkons sind Mängel, für die der Vermieter einstehen muss, jedenfalls sofern der Befall seine Ursache in der Beschaffenheit der Fassade hat (z.B. Nistplätze), 1025

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Rn. VIII 96

Gewährleistung

BayObLG – Beschl. v. 26.6.1998 – NZM 1998, 713 = WuM 1998, 552, ebenso LG Berlin GE 2001, 346, AG Pforzheim WuM 2000, 302: Vor den Fenstern der Wohnung nistende Tauben mindern den Gebrauchswert der Wohnung (um 30%) wegen der starken Verschmutzungen der Oberlichtfenster, Gerüchen und Gesundheitsgefährdung durch Taubenkot; anders AG Eisleben NZM 2006, 898 für Schwalbenflug und damit einhergehende Verschmutzungen in ländlich-dörflicher Umgebung.

bb) Beeinträchtigungen aus der Nachbarschaft 96

Hierunter fallen Immissionen aus der Nachbarschaft, die sich jedoch auf das Mietgebäude auswirken. Häufig handelt es sich hierbei um bauliche Maßnahmen, die mit Baulärm und Verschmutzungen verbunden sind,1 BayObLG – RE v. 4.2.1987 – NJW 1987, 1950 = WuM 1987, 112 = ZMR 1987, 174: Baulärm auf dem Nachbargrundstück, KG – Urt. v. 3.6.2002 – GE 2003, 115 = NZM 2003, 718: Immissionen durch Entkernung eines Nachbargebäudes, ebenso LG Berlin GE 2007, 1188 und AG Gelsenkirchen WuM 2006, 611.

Baulärm von Fassadenarbeiten eines benachbarten Kaufhauses berechtigt den Mieter von Büroräumen (Anwaltskanzlei) zur Minderung um 20%, wenn Mandantengespräche und Diktate erheblich beeinträchtigt werden, LG Dortmund NZM 1999, 765, LG Wiesbaden WuM 2000, 184: Baulärm durch ICE-Neubaustrecke, selbst wenn der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages (über 5 Jahre vor Beginn der Bauarbeiten) wusste, dass die Neubaustrecke in der Nähe geplant war; denn damit waren ihm die konkreten Auswirkungen der Arbeiten noch nicht bekannt, AG/LG Köln WuM 2001, 78: üblicher Baustellenlärm durch Ausbau einer Eisenbahnstrecke, AG Suhl WuM 2005, 656: Lärm von einer Autobahnbaustelle, die einige 100 m vom Wohngebäude entfernt ist, durch Sprengungen und den Lärm einer Steinzerkleinerungsmaschine (Minderung um 15%), LG Hamburg WuM 2001, 444: erhebliche Störungen durch eine Großbaustelle in unmittelbarer Nähe des Mietgebäudes (4. Elbtunnelröhre).

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Ist die bauliche Veränderung schon bei der Anmietung sozusagen angelegt, so sollen dem Mieter deswegen Gewährleistungsrechte versagt sein (s. Rn. VIII 387, 391), OLG München – Urt. v. 26.3.1993 – NJW-RR 1994, 654 = WuM 1993, 607: Zu prüfen ist, ob die Störung nach den bei Vertragsschluss ersichtlichen Umständen als vertraglich vorausgesetzt werden kann. Auch aus dem Grundgedanken des § 539 BGB (a.F.), dass eine Minderung ausgeschlossen ist, wenn der Mieter den Mangel bei Abschluss des Vertrages kennt, ist der Mieter nicht berechtigt, den Mietzins zu mindern, wenn die Beeinträchtigung zwar erst im Laufe der Mietzeit eintritt, der Mieter jedoch bereits bei Abschluss des Mietvertrages mit dem Eintritt der Störung rechnen musste (vgl. insoweit OLG Frankfurt ZMR 1964, 271 m.w.N.); KG – Urt. v. 3.6.2002 – GE 2003, 115 = NZM 2003, 718: Ist schon bei Mietvertragsabschluss auch für den Mieter erkennbar, dass mit Bautätigkeit in der weiteren räumlichen Umgebung des Mietobjekts (nämlich auf der anderen Straßenseite) gerechnet 1 Fritz, FS Blank, 2006, S. 153, 154 f.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 97a

werden muss (Sanierungsgebiet, baufällige Gebäude bzw. Baulücken in der Nähe, erneuerungsbedürftige Fassaden), so schuldet der Vermieter dem Mieter nur die um das Risiko derartiger baulicher Maßnahmen verminderte Gebrauchstauglichkeit; mit einer Entkernung und den damit verbundenen zusätzlichen Beeinträchtigungen muss er aber regelmäßig nicht rechnen; ebenso LG Berlin GE 2007, 1188.

Darüber hinaus ist angenommen worden, dass ein Mieter im Innenstadtbereich stets mit baulichen Maßnahmen und den damit verbundenen Immissionen rechnen müsse, AG Frankfurt a.M. NZM 2005, 217: Sind große Bauprojekte in der weiteren Umgebung der Mietwohnung seit vielen Jahren ortsüblich, so führen hieraus resultierende Beeinträchtigungen nicht zur Minderung;1 LG Berlin GE 2007, 1188 für bauliche Maßnahmen in der Nachbarschaft, nicht aber bei kompletter Entkernung des Gebäudes, auch AG Münster WuM 2006, 220 für Innenausbau in einem geschlossenen Gebäude im Innenstadtbereich.

Dem ist zu Recht entgegengehalten worden, dass auch Innenstadtlagen grundsätzlich über viele Jahre frei von Großbaustellen sind und es sich bei den baulichen Maßnahmen um vorübergehende Erscheinungen handelt, so dass wegen der baubedingten Beeinträchtigungen gemindert werden kann, LG Frankfurt a.M. WuM 2007, 316 = ZMR 2007, 698.

Weitere Fälle, in denen die Lageveränderung bei der Anmietung sozusagen vorprogrammiert gewesen sein soll und eine Mietminderung verneint worden ist, LG Hamburg WM 1998, 19 (ZK 33): Mit der Anmietung einer Wohnung in der Nachbarschaft zu einem Schulgelände, das nachträglich mit einem Spiel- und Bolzplatz ausgestattet wurde, ist es dem Mieter verwehrt, vom Vermieter zu fordern, gegen den Schulträger wegen Lärmstörungen vorzugehen. Der Mieter kann deswegen nicht mindern. Mit derartigen Veränderungen muss er rechnen. AG Pankow/Weißensee ZMR 2002, 834: Wird die Nutzungsmöglichkeit eines Balkons dadurch eingeschränkt, dass nachträglich an ein Nachbarhaus Balkone angebaut werden, so rechtfertigt dies keine Mietminderung, weil mit derartigen Veränderungen gerechnet werden muss.

Anders verhält es sich bei einer Nachbarbebauung aber dann, wenn der Abstand sehr gering ist,2 AG Potsdam WuM 2004, 233, AG Köpenick NZM 2001, 334.3

Die Meinung, die dem Mieter Gewährleistungsansprüche versagt, knüpft überwiegend an den Gewährleistungsausschluss in § 539 BGB a.F., § 536b BGB an, verschärft diese Regelung jedoch unzulässig in zwei Richtungen: Zum einen handelt es sich im vorliegenden Zusammenhang nicht um bei Vertragsabschluss schon vorhandene, wahrnehmbare Mängel, sondern um

1 Zum Fall: Abriss eines 23-stöckigen Hochhauses in der Innenstadt von Frankfurt a.M. 2 Zum Fall: Der neue Balkon der Nachbarwohnung befindet sich nur wenige Meter vom Schlafzimmer der Mieterwohnung entfernt. 3 Zum Fall: Neubebauung auf dem Nachbargrundstück, wodurch ein Einblick in das Wohnzimmer der Mietwohnung aus 5 m Entfernung möglich ist.

1027

97a

Rn. VIII 98

Gewährleistung

eine bloße künftige Entwicklung, die in ihren Auswirkungen häufig noch nicht überschaubar ist. Zum anderen wird nicht – wie in § 536b BGB – auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters abgestellt, sondern schlicht auf die Vorhersehbarkeit und damit auf das bloße fahrlässige Nichterkennen. 98

Auch laute Geräusche durch den Betrieb des Tores einer Sammelgarage sind als Mängel zu werten, der Gewährleistungsansprüche auslöst, OLG Hamburg – Urt. v. 18.12.1971 – MDR 1972, 953; ebenso Heizungsgeräusche: LG Berlin NZM 2000, 490 für (nächtliche) Heizungsgeräusche: Wird der Ruhepegel eines Schlafraums durch Heizungsgeräusche nachts um 10 db (A) überschritten, so ist von einem Mangel auszugehen. Unerheblich ist, ob die Geräusche noch unterhalb der Grenze der DIN 4109 von 30 db (A) liegen; s. auch AG Hamburg WuM 1997, 551: Misst der Schallpegel der haustechnischen Heizungsanlage gemäß DIN 4109 in der Wohnküche mehr als 30 dB (A), so indiziert dies einen Mangel; ferner: AG Wiesbaden WuM 2006, 220 für Lärm durch einen Aufzug.

Der durch Leuchtreklame verursachte Lichteinfall in eine Wohnung stellt in einer Großstadt dagegen keinen Beschaffenheitsmangel dar, LG Berlin NZM 2004, 548 = ZMR 2004, 583.

cc) Straßenbaumaßnahmen 99

Bei negativen Umweltfaktoren einer Mietsache, insbesondere bei Beeinträchtigungen durch öffentliche Straßenbauarbeiten in der näheren Umgebung eines vermieteten Ladens, die zu Immissionen und Zugangsbehinderungen führen, wird zunächst die Frage der Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung, und sodann diejenige der Vorhersehbarkeit gestellt, da insbesondere im innerstädtischen Bereich immer mit derartigen Maßnahmen zu rechnen sei. OLG Hamburg – Urt. v. 6.12.2000 – WuM 2003, 146 verneinend für Straßenbauarbeiten auf Freiflächen, die durch den ca. 5 m breiten Arkadengang vom Mietobjekt getrennt sind (Colonaden). Die Nutzung des Arkadenganges war dem Mieter nicht gestattet.

Auch in diesem Zusammenhang wird zu Unrecht auf den Grundgedanken des § 536b BGB zurückgegriffen und die Reichweite dieser Vorschrift zum Nachteil des Mieters überdehnt. 100

Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, dass sich der Mieter von Gewerberaum wie ein Anlieger behandeln lassen müsse; denn das Risiko, dass sich auf Grund allgemeiner Attraktivitätsverluste, Ansiedlung marktstarker Konkurrenten, Verkehrsmaßnahmen usw. die Kunden verlaufen, trage allein er,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.11.1997 – DWW 1998, 20: Der Anlieger kann nicht darauf vertrauen, dass die Straße im gleichen Zustand verbleibt, wie er sie vorfindet. Denn so wie er die Chancen nutzen kann, die sich aus der Lage an der Straße bieten, 1 S. dazu Kluth/Böckmann NZM 2003, 882.

1028

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 101

so muss er auch die damit unweigerlich verbundenen Beeinträchtigungen tragen. Im Hinblick auf eine durch Bauarbeiten erheblich eingeschränkte Zugänglichkeit des Ladenlokals fehlt es an einer Erheblichkeit, weil es jeder Anlieger hinnehmen muss, dass die Straße, von der er Nutzen ziehen kann, auf Grund öffentlicher Bedürfnisse erneuert und umgestaltet wird (zu Recht ablehnend Haase ZMR 1999, 448). Ähnlich LG Düsseldorf NZM 2003, 899: Allein eine gewisse Beschwerlichkeit beim Erreichen des Geschäftslokals (Floristikbetrieb) und eine veränderte Anbindung an das öffentliche Personennahverkehrskonzept berechtigen den Mieter noch nicht zur Mietminderung oder fristlosen Kündigung. Solche Arbeiten muss jeder Anlieger hinnehmen, und ein langfristiger Mieter muss hiermit rechnen. Anders kann es sich bei unmittelbaren Zugangsbehinderungen verhalten (Abgrenzung zu OLG Düsseldorf NZM 1998, 481 und im Anschluss an OLG Hamburg WuM 2003, 146).1

Richtig ist zwar, dass die allgemeinen Lageveränderungen – etwa was die Attraktivität einer Wohn- oder Geschäftsgegend anbelangt – keinen Mangel darstellen. Anders verhält es sich jedoch mit zeitbegrenzten Zugangsverhinderungen oder sonstigen baubedingten Immissionen. In diesem Zusammenhang berücksichtigen beide Entscheidungen nicht, dass der Mieter – anders als der „bloße“ Anlieger – in einer vertraglichen Bindung steht und sich hieraus der vertragsbezogene „subjektive“ Fehlerbegriff ergibt. Im Übrigen profitiert nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter über die Mietpreisgestaltung von den Lagevorteilen, und er ist es, der nach § 538 BGB das Risiko der gleichbleibenden Verhältnisse der Mietsache trägt. Daher ist ein Mangel mit Recht bejaht worden, wenn der Zugang zu einem vermieteten Kiosk durch U-Bahn-Bauarbeiten jahrelang erheblich erschwert wurde, OLG Köln – Urt. v. 9.5.1972 – NJW 1972, 1814, KG – Urt. v. 12.11.2007 – GuT 2007, 436 = NZM 2008, 526 = MietRB 2008, 71 (Kern), ebenso LG Berlin GE 2003, 669 für Gehwegarbeiten unmittelbar vor einem vermieteten Laden.

dd) Beeinträchtigungen durch Verkehr und veränderte Verkehrslage Vielfach werden sich (allmähliche) Lageveränderungen gewährleistungsrechtlich nicht auswirken, weil sie entweder üblich (geworden) sind oder der Mieter mit ihnen rechnen musste oder sich mit ihnen abgefunden und deshalb seine Rechte verwirkt hat. Die ortsüblichen Lärmbelästigungen, die aus einer Innenstadtlage des Mietobjekts folgen, sind keine Beschaffenheitsmängel, LG Wiesbaden WM 1994, 430, LG Hannover WM 1994, 463, AG Schöneberg GE 1996, 1499: Die Zunahme des Verkehrs und des damit einhergehenden Lärms ist auch dann kein Mangel der Wohnung im Innenstadtbereich, wenn

1 Zum Fall: umfangreiche Großbaustelle auf der Straße, Sperrung des Straßenverkehrs für ca. 1 Jahr; die bisher vorhandene Busanbindung und ein öffentlicher Parkplatz entfallen. Aber: Das Ladenlokal war fußläufig zu ereichen, da der Bürgersteig nicht beeinträchtigt war. Im Straßenbereich vor dem Laden bestand schon vor den Baumaßnahmen ein Halteverbot.

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101

Rn. VIII 102

Gewährleistung

die konkrete Beeinträchtigung dadurch verstärkt wird, dass bisher abschirmende Gebäude abgerissen wurden und eine stillgelegte U-Bahnstrecke nach der Vereinigung wieder in Betrieb genommen wurde; AG Frankfurt ZMR 1999, 718: Die Ausweitung einer Lärmbelästigung durch veränderte Ladenöffnungszeiten eines Lebensmittelmarkts stellt keinen Mangel dar.

102

Anders soll es sich bei späteren Eingriffen in die Umfeld- bzw. Verkehrslage verhalten, AG Schöneberg ZMR 2000, 308: Wird eine bei Mietbeginn vorhandene Bahnlinie in unmittelbarer Nähe der Wohnung später von einem Gleis auf zwei Gleise erweitert und führt das zu weiterer Lärmbelästigung, so liegt hierin ein Mangel; AG Emmerich NZM 2000, 544: Die nachteilige Veränderung des Wohnumfeldes durch den Bau und die Inbetriebnahme einer Skateranlage kann in den Geräuscheinwirkungen spezifischer Art auf den Wohngebrauch bestehen und eine Mietminderung (5%) begründen; AG Erfurt WuM 2000, 592: Entwickelt sich in der Umgebung der Mietwohnung auf Grund geänderter Verkehrsführung nach Straßenumbau eine erhebliche Lärmbelästigung, die die Wohnung betrifft, so ist ein Mangel gegeben (Umwandlung von einer ruhigen Anliegerstraße zur Stadtumgehungsstraße); AG Köpenick WuM 2006, 145: Nach Öffnung einer Sackgasse für den Durchgangsverkehr kann eine Minderung des Wohnwerts der Wohnungen in dem Gebäude gerechtfertigt sein; abweichend AG Frankfurt/O. ZMR 2003, 268: Kommt es wegen Bauarbeiten zu einer veränderten Verkehrsführung mit erhöhter Lärmbelästigung, so kann deswegen nicht ohne weiteres gemindert werden, sofern es sich um eine sozialadäquate Belastung handelt. Zudem hat der Vermieter die Ausstrahlung einer Baustelle nicht zu verantworten; LG Berlin NZM 2008, 844: keine Mietminderung für einen Gewerberaummieter im Bereich des Bahnhofs Berlin-Zoo wegen Änderung der Fernverkehrsanbindung.

g) Umweltbeeinträchtigungen und Wohngifte 103

Ein Mangel wegen umweltbedingter Schäden (z.B. Bodenkontamination) besteht schon dann, wenn die Mietsache in Bezug zu einer Gefahrenquelle für die Gesundheit und Sicherheit steht und der Mieter sie nur in der Befürchtung der Gefahrverwirklichung benutzen kann.1 Die Gefahrenlage braucht sich noch nicht aktualisiert zu haben. Wichtig ist, dass die befürchtete Gefahr wissenschaftlich verifizierbar ist, was von der Zusammensetzung und Konzentration der Schadstoffe, Dauer der Mietzeit und damit der Einwirkung der Schadstoffe sowie von dem persönlichen Status des Mieters und seiner Familie mitbestimmt wird, OLG Hamm – Beschl. v. 25.3.1987 – WuM 1987, 248 = ZMR 1987, 267.

Die begründete Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung setzt eine konkrete Gefährdung des Mieters voraus, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 504 = WuM 2006, 304 = ZMR 2006, 670. 1 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 148; ferner dazu Sternel, Miete und Umwelt – Wohngifte und Gewährleistung, in Festschrift Derleder, 2005, S. 299 f.; s. auch Schläger ZMR 2002, 85; Schläger ZMR 2007, 830.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 105

Eine bloß allgemeine Angst (Umwelthysterie) vor bestimmten Umweltgiften, die sich in Bezug auf das Mietobjekt oder die unmittelbare Umgebung nicht objektivieren lassen, begründet allerdings keinen Mangel, LG Hamburg – ZMR 2007, 198.

Andererseits ist es nicht erforderlich, dass die objektiv zu befürchtende Gefahr sich letztlich nicht verwirklicht hat. Den gesetzlichen oder amtlichen Grenzwerten kommt Indizwirkung für eine Gefährdung zu (s. auch § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das gilt aber nicht ohne weiteres in umgekehrter Richtung, soweit es sich um sog. Vorsorgewerte handelt,

104

BGH – Urt. v. 13.2.2004 – WuM 2004, 217: Der Einhaltung der in Gesetzen oder Rechtsverordnungen i.S. von § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB festgelegten Grenz- oder Richtwerte kommt Indizwirkung dahin zu, dass eine nur unwesentliche Beeinträchtigung vorliegt. Es ist dann Sache des Beeinträchtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die diese Indizwirkung erschüttern; weiter gehend BGH – Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 304: Fehlt eine Vereinbarung über die Beschaffenheit der Mietwohnung, so ist nur die Einhaltung der einschlägigen technischen Normen geschuldet – hier die Grenzwerte der 26. BImSchV.

Maßgebend sind in diesem Zusammenhang die jeweils aktuellen Grenzwerte, soweit sie wissenschaftlich allgemein anerkannt und bekannt geworden sind, BayObLG – RE v. 4.8.1999 – MDR 1999, 1314 = NZM 1999, 899 = WuM 1999, 568 = ZMR 1999, 751;1 s. auch BVerfG – Beschl. v. 4.8.1998 – NZM 1999, 302 = WuM 1998, 657 = ZMR 1998, 687;2 anders, aber überholt: LG Traunstein NJW-RR 1994, 1423: Maßgebend sind die Richtwerte zur Zeit des Vertragsabschlusses.

Dies rechtfertigt sich aus dem Vertragszweck „Wohnen“; denn die Vertragsparteien werden regelmäßig von der Fortdauer der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Wohnung ausgehen. Der Vermieter hat dann jeweils die Beschaffenheit der Mietsache herbeizuführen, die als Vorsorge gegen Gefahren für die Gesundheit der Bewohner der Mietsache nach dem aktuellen Standard erforderlich ist (BayObLG a.a.O.). Hinter die Grenzwerte tritt die Bedeutung von sog. Vorsorgewerten zurück, die nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der herrschenden Wissenschaftsmeinung unterhalb der konkreten Gefahrengrenze liegen. Nicht auszuschließen ist indes, dass sie bei weiterer Forschung einen anderen Stellenwert erlangen. Das Verhältnis von Grenzwerten und Vorsorgewerten ist daher nicht festgeschrieben, sondern stets neu zu gewichten.3 Die Zurückhaltung gegenüber Vorsorgewerten schlägt sich in der Auffassung nieder, dass erst eine akute Gesundheitsgefährdung die Erheblichkeit eines Mangels i.S. von § 536 Abs. 1 BGB begründet, 1 S. dazu Schläger ZMR 1999, 753. 2 S. dazu Asper NZM 1999, 690. 3 Kritisch auch Eisenschmid, Sind Grenzwerte Vertrauenssache? ..., FS Derleder, 2005, S. 239 f.

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105

Rn. VIII 106

Gewährleistung

LG Berlin GE 2005, 56: Ergibt die Hausstaubuntersuchung eine PAK-Belastung, die Veranlassung gibt, erst mittelfristig Maßnahmen zu ergreifen, liegt noch kein erheblicher Mangel vor. Eine akute Gesundheitsgefährdung ist dann noch nicht gegeben.

Zu den einzelnen Wohngiften sind folgende Entscheidungen hervorzuheben: 106

– Asbest Ein Mangel liegt erst vor, wenn die sorgenfreie Benutzung der Mieträume, in denen asbestbelastete Nachtspeicheröfen installiert sind, nicht mehr möglich ist, weil auf Grund objektiver Umstände bei verständiger Würdigung die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nahe liegt. Diese sind nicht schon bei Nachtspeicheröfen älterer Bauart gegeben, die asbesthaltige Bauteile enthalten.1 Vielmehr sind Umstände nötig, die eine nicht nur unerhebliche Freisetzung von Asbestfasern – etwa infolge von Beschädigung asbesthaltiger Bauteile – wahrscheinlich erscheinen lassen, so dass eine konkrete Gefahrbesorgnis besteht, OLG Hamm – Urt. v. 13.2.2002 – NZM 2003, 395 (LS), LG Kassel ZMR 1996, 90: Ein Mangel liegt erst vor, wenn die sorgenfreie Benutzung der Mieträume, in denen asbestbelastete Nachtspeicheröfen installiert sind, nicht mehr möglich ist, weil auf Grund objektiver Umstände bei verständiger Würdigung die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nahe liegt. Diese sind nicht schon bei Nachtspeicheröfen älterer Bauart gegeben, die asbesthaltige Bauteile enthalten. Vielmehr sind Umstände nötig, die eine Freisetzung von Asbestfasern – etwa infolge von Beschädigung asbesthaltiger Bauteile – wahrscheinlich erscheinen lassen; LG Berlin GE 1999, 47 für Asbestgehalt in Fußbodenplatten.

107

Andererseits muss es ein Wohnungsmieter nicht hinnehmen, einer zusätzlichen Gefährdung durch asbesthaltige Nachtspeicherheizungen ausgesetzt zu werden, selbst wenn Asbest auch von anderen Produkten freigesetzt wird und sich in der normalen Atemluft befindet, LG München I WuM 1998,18 und LG Berlin WuM 1999, 35 für einen Anspruch auf Einbau anderer geeigneter Nachtspeicheröfen.

108

Es ist also nicht erforderlich, dass der Mieter über eine objektivierte konkrete Gefahrbesorgnis – also keine subjektiven Angstvorstellungen – hinaus eine konkrete Gesundheitsgefahr nachweist, sondern es genügt, wenn die Gefahr einer Asbestfaserfreisetzung in die Raumluft nicht auszuschließen ist, LG Mannheim WM 1996, 338, LG Hannover WM 1997, 434: Ein Mangel liegt vor, wenn produktbedingt die ernsthafte Möglichkeit einer Krebserkrankung durch Austritt von Asbest nicht nur unwesentlich erhöht wird, auch wenn eine Asbestkontamination in der Raumluft nicht nachgewiesen ist. Regelmäßige Messungen sind dem Mieter nicht zuzumuten; anders LG Osnabrück WuM 2003, 267 für Glasfasermatten: Von einem Mangel kann nicht ausgegangen werden, wenn krebserregende Stoffe nicht freigesetzt werden. 1 Zu den Gefahren von Asbest in Nachtspeicheröfen älterer Bauart s. OVG Hamburg – Beschl. v. 21.8.1991 – WuM 1991, 540 = ZMR 1991, 408, Halstenberg WuM 1993, 155, Isenmann DWW 1994, 197; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 153.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 111

Es soll ausreichen, das Gefährdungspotential durch eine gemischt abstraktkonkrete Untersuchungsmethode mittels Kriterien wie Zustand und Alter der Geräte sowie den Nutzungsumfang festzustellen.1 Zusätzliche Untersuchungen wie Asbestkonzentrationsmessungen und Staubkontaktprobenuntersuchungen sollen danach nicht erforderlich sein. Messungen der Asbestfaserkonzentration in der Raumluft würden lediglich Momentaufnahmen ergeben, jedoch wenig Aufschluss für die Belastungen in der Vergangenheit und für das künftige Gefährdungspotential,

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LG Dortmund ZMR 1994, 410 für 25 Jahre alte Geräte in häufig genutzten Räumen und mit intensivem Betrieb; asbesthaltige Teile stehen in direktem Luftstromkontakt.

Derartige Umstände mögen gewichtige Indizien für eine Belastung der Raumluft sein; ohne sachverständige Messungen wird sich aber die Erheblichkeit nicht objektivieren lassen. – Blei im Trinkwasser und sonstige Wasserverunreinigungen

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Nach wohl überwiegender Auffassung wird eine Gesundheitsgefährdung durch Blei im Trinkwasser indiziert, wenn der Grenzwert der TrinkwasserV (ab 1.1.2003: statt 0,04 nunmehr 0,025 mg/l) nicht nur ganz unerheblich nach Umfang und Dauer überschritten wird,2 OLG Köln – Urt. v. 30.4.1991 – ZMR 1992, 155 für Büroräume, LG Frankfurt a.M. ZMR 1990, 17, LG Hamburg NJW 1991, 1898 = WuM 1991, 161, AG Hamburg WuM 1993, 736: Eine Ablaufzeit von 30–60 sec. ist erheblich zu lang; einschränkend AG Frankfurt a.M. ZMR 1988, 435: kein erheblicher Mangel, wenn der Bleihaltigkeit durch Filter oder Ablaufenlassen von Wasser begegnet werden kann, dagegen LG Hamburg a.a.O.

Auch ein übermäßiger Nitratgehalt im Trinkwasser stellt einen Mangel dar, LG Köln NJW 1991, 1898,

ebenso die bräunliche Verfärbung des Trinkwassers, die nicht auf die Wasserqualität des Versorgungsunternehmens zurückzuführen und deren Ursache unbekannt ist, LG Braunschweig WM 1990, 144, zur Darlegungslast s. KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796 und Rn. VIII 187.

– Elektrosmog

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Nach ganz überwiegender Meinung wird die Gefahrengrenze anhand der in §§ 2, 3 der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte bestimmt,3 BGH – Urt. v. 13.2.2004 – WuM 2004, 217 = ZMR 2004, 415: Bei einer von einer Mobilfunksendeanlage ausgehenden Beeinträchtigung durch elektromagnetische Felder, die die Grenzwerte der 26. BImSchV einhalten, muss der Beeinträchtigte zur Erschütterung der Indizwirkung darlegen, dass ein wissenschaftlich begründeter 1 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 156. 2 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 158. 3 S. dazu kritisch Kniep WuM 2002, 598 mit Tabellen von Grenz- und Richtwerten; Eisenschmid, Sind Grenzwerte Vertrauenssache? ..., FS Derleder, 2005, S. 239 f.; auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 82; zur Rspr. zu Mobilfunkanlagen s. auch Hitpaß ZMR 2007, 340.

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Rn. VIII 112

Gewährleistung

Zweifel an der Richtigkeit der festgelegten Grenzwerte und ein fundierter Verdacht einer Gesundheitsgefährdung bestehen; weiter gehend BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 505 = WuM 2006, 304 = ZMR 2006, 670: Anerkannt ist, dass eine Mietwohnung keinen Sachmangel aufweist, wenn eine in der Nähe gelegene Mobilfunksendeanlage die in der 26. BImschV festgelegten Grenzwerte für elektromagnetische Felder nicht überschreitet; LG Berlin NZM 2003, 60: Die Errichtung einer Mobilfunkantenne auf dem Dach des Hinterhauses begründet für den Mieter einer Wohnung im Vorderhaus keine Mietminderung, wenn beim Betrieb der Mobilfunkantenne die Richtwerte der 26. BImSchV eingehalten werden; s. auch OVG Koblenz – Beschl. v. 20.8.2001 – WuM 2001, 561: Bei Einhaltung der in der 26. BImSchV festgesetzten Grenzwerte kann derzeit nicht von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Mobilfunksendeanlagen ausgegangen werden; ebenso OVG Lüneburg – Beschl. v. 19.1.2001 – DWW 2002, 128; Beschl. v. 4.2.2005 – ZMR 2006, 83; Nds. OVG – Beschl. v. 4.2.2005 – ZMR 2006, 83 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr.

Gesundheitsängste des Mieters können also nur dann Mängel begründen, wenn nach dem Stand der Wissenschaft Gesundheitsgefährdungen nach den konkreten Umständen auf Grund der Grenzwertüberschreitungen möglich sind. Der Umstand, dass Gefahren nicht völlig ausgeschlossen sind, reicht nicht aus, s. Rn. VIII 103, AG Frankfurt a.M. NZM 2001, 1031, AG Traunstein ZMR 2000, 389; anders AG München MDR 1998, 645 = WuM 1999, 111: Es genügt die Furcht vor Gesundheitsschäden, mag sich diese später auch als unbegründet herausstellen.

112

– Fogging Die Ursachen für die Erscheinung der Wohnungsschwärzung (Fogging) sind vielfältig und noch nicht abschließend geklärt.1 Sie können baubedingt sein oder auf einem Mieterverhalten beruhen. Stets wird von einem Mangel auszugehen sein, womit – ähnlich wie bei Feuchtigkeitsschäden – noch nichts über die Zurechnung zur Vermietersphäre ausgesagt ist. Zur Darlegungslast hinsichtlich der verursachenden Umstände s. Rn. VIII 176. Lässt sich die Ursache für die Schwärzung der Wohnung nicht aufklären, ist ein Mangel gegeben, der jedenfalls dann nicht der Vermietersphäre zuzurechnen ist, wenn der Mieter Schadensersatzansprüche geltend macht, BGH – Beschl. v. 25.1.2006 – WuM 2006, 147; anders AG Schwäbisch-Gmünd/LG Ellwangen WuM 2001, 544.

Anders verhält es sich für den Erfüllungsanspruch des Mieters, selbst wenn dieser im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs eine (Mit-)Ursache für die Schwarzstaubablagerungen gesetzt hat,2 BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 = MietRB 2008, 258 (Horst). 1 S. dazu Hitpaß/Haugg ZMR 2002, 337; Hitpaß/Oventrop ZMR 2005, 598; Szewierski/ Moriske ZMR 2003, 551; ferner Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 216. 2 Zum Fall: Zum vertragsgemäßen Gebrauch zählen: Ausstattung der Wohnung mit einem handelsüblichen Teppichboden, Streichen der Wände mit handelsüblichen Farben, das Reinigen der Fenster im Winter.

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Rn. VIII 116

Beispiele von Mängeln

– Formaldehyd

113

Zur Maßgeblichkeit des Grenzwerts bei Formaldehydausgasungen,

1

s. auch LG München I WuM 1991, 584, ferner OLG Düsseldorf – Urt. v. 26.10.1990 – DWW 1992, 140 = NJW-RR 1991, 1495, OLG Nürnberg – Urt. v. 15.1.1992 – DWW 1992, 143 jeweils für Werkverträge.

– PAK (polycyclisch aromatische Kohlenwasserstoffe)

114

Der Schadstoff kann im Parkettkleber vorhanden sein und bei hoher Konzentration zu Gesundheitsschäden führen. Für dieses Umweltgift bestehen (zur Zeit) noch keine verbindlichen Grenz- oder Vorsorgewerte. Das wirkt sich hinsichtlich der Darlegungslast für die Gesundheitsgefährdung zum Nachteil des Mieters aus, LG Frankfurt a.M. NZM 2001, 522.

Enthält die Innenraumluft einer Wohnung infolge des schadstoffhaltigen Parketts eine gegenüber der Außenluft mehr als doppelt so hohe Konzentration an PAK, so ist die Miete (um 15%) gemindert. Der Mieter kann nicht darauf verwiesen werden, er hätte die gesundheitsgefährdende Wohnung längst verlassen können, sofern er hierzu finanziell nicht in der Lage ist,

115

LG Frankfurt a.M. NZM 2001, 890.

Keineswegs liegt in der Geltendmachung der Minderung ein widersprüchliches Verhalten, wenn der Mieter wohnen bleibt anstatt auszuziehen. Er ist schlechthin nicht verpflichtet, vor dem Mangel zu fliehen, soweit es die Mietminderung anbelangt, so aber LG Frankfurt a.M. NZM 2000, 523.

Allenfalls im Rahmen der Schadensminderungspflicht kann sich diese Frage stellen. Ebenso wenig kann ihm zugemutet werden, das Parkett täglich feucht zu wischen und häufig zu lüften (so auch AG Frankfurt a.M. NZM 2001, 422).2 – Perchlorethylen

116 3

Wurde in einem Textilreinigungsbetrieb im Mietshaus PER freigesetzt, das die Raumluft der Mietwohnung belastete, so ist eine Mietminderung auch dann zugebilligt worden, wenn nur der Vorsorgewert, nicht aber der Grenzwert überschritten worden ist, 1 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 164. 2 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang der Beschluss des BGH v. 22.11.2005 – WuM 2006, 25 zur Pflicht des Mieters einer durch Hochwasser schimmelverseuchten Wohnung, gesundheitlichen Schaden von sich abzuwenden, und zur Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 254 BGB: Der Geschädigte muss zunächst darlegen, was er unternommen hat, um seiner Schadensminderungspflicht zu genügen. Demgegenüber ist es Sache des Schädigers zu behaupten und zu beweisen, dass der Verletzte entgegen seiner Darstellung seine Schadensminderungspflicht hätte erfüllen können. 3 Der Giftstoff ist heute verboten, s. 2. VO zum BImSchG; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 172. Die zu seiner Verwendung und Freisetzung ergangene Rspr. ist gleichwohl im Hinblick auf ähnliche Problemlagen bei anderen Giftstoffen wichtig.

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Rn. VIII 117

Gewährleistung

LG Hannover WuM 1990, 337 bejaht eine begründete Gefahrbesorgnis, wobei auch eine eventuelle psychologische Überlagerung von Gesundheitsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen seien.

Ist die Ursache für die PER-Immission beseitigt worden und die PER-Konzentration in der Raumluft ständig im Abnehmen begriffen, so ist ein Anspruch des Mieters auf Durchführung aufwendiger Maßnahmen, um diesen Vorgang zu beschleunigen, verneint worden, LG Hamburg WuM 1990, 66.

Dieses Ergebnis lässt sich allein unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs halten und kann daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen anerkannt werden. h) Wohn- und Nutzfläche 117

Ein Mangel in Bezug auf die Flächengröße (Minderfläche) kommt nur bei einer Divergenz zwischen der „Soll-“ und der „Ist“-Fläche in Betracht. Das setzt voraus, dass die Sollfläche im Mietvertrag ihren Niederschlag gefunden hat. Nach bisher h.M. bedeutete die Angabe der Wohn- und Nutzfläche im Mietvertrag nur eine Beschaffenheitsangabe und keine Zusicherung, OLG Dresden – RE v. 15.12.1997 – NZM 1998, 184 = WuM 1998, 144, OLG Rostock – Urt. v. 30.7.1998 – MDR 1999, 219, KG – Urt. v. 25.1.2001 – GE 2001, 622.

Demgegenüber sieht der BGH schon in der bloßen Flächenangabe im Mietvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 681, 682: Die Angabe der Wohnfläche in einem Mietvertrag stellt im Allgemeinen keine unverbindliche Objektbeschreibung, sondern eine Beschaffenheitsvereinbarung dar, die im Falle einer Abweichung der tatsächlichen von der vereinbarten Fläche unter bestimmten weiteren Voraussetzungen dazu führen kann, dass ein Mangel der Mietsache vorliegt. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn die angegebene Wohnfläche ausdrücklich als „vereinbart“ bezeichnet wird, sondern auch dann, wenn der Mietvertrag in Verbindung mit einer Aufzählung der vermieteten Räume die Angabe enthält: „Wohnfläche ... qm.“

Ist im Mietvertrag keine Fläche ausdrücklich ausgewiesen, sondern folgt diese nur mittelbar im Wege einer Teilung der Gesamtmiete durch eine im Mietvertrag genannte qm-Miete, und ergibt sich, dass die rechnerisch so ermittelte Fläche größer als die vorhandene ist, so liegt hierin kein Mangel, LG Gießen MDR 2004, 147.

Es genügt auch nicht, dass die Wohnfläche in der Zeitungsannonce oder in einer vom Vermieter ausgestellten Mietbescheinigung angegeben, aber nicht im Mietvertrag ausgewiesen war, LG Mannheim WuM 2007, 561, AG/LG Dortmund WuM 2007, 503, AG Menden WuM 2006, 248.

Das gilt erst recht für Flächenangaben in Maklerexposés oder in einem Bauträgervertrag (zu Letzterem s. AG Berlin-Schöneberg GE 2005, 491), auch 1036

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 118a

nicht bei späterer Abrechnung über die Betriebskosten auf der Grundlage einer nicht im Mietvertrag enthaltenen Flächenangabe (LG Mannheim a.a.O.). Eine Zusicherung i.S. von § 536 Abs. 2 BGB wird in der Flächenangabe nur dann gesehen, wenn der Vermieter durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung zum Ausdruck gebracht hat, für die angegebene Flächengröße und alle Folgen einer dem Mieter nachteiligen Abweichung garantiemäßig – also auch ohne Verschulden – einstehen zu wollen,

117a

BGH – Urt. v. 4.5.2005 – NZM 2005, 500 = ZMR 2005, 612, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.1.2003 – ZMR 2005, 943.

Eine andere Frage ist, wie die (vereinbarte) Fläche zu berechnen ist; auch das unterliegt – bis auf preisgebundenen Wohnraum – der Vereinbarung der Parteien,

118

BGH – Urt. v. 24.3.2004 – DWW 2004, 103 = WuM 2004, 337 = ZMR 2004, 501 für Wohnfläche nach DIN 277 in einer Maisonette-Wohnung mit Dachschrägen; LG Berlin GE 2005, 619: Wird im Mietvertrag die Größe der Wohnung ausdrücklich auf der Basis der Grundfläche vereinbart, ist diese und nicht die nach der WoFlV ermittelte Wohnfläche gewährleistungsrechtlich zugrunde zu legen; LG Krefeld NZM 2008, 800 = WuM 2008, 592 = ZMR 2009, 41: Bei Vereinbarung einer „Mietraumfläche“ ist die Grundfläche ohne Flächenabzug unter Dachschrägen gemeint; LG Berlin GE 2006, 1173: Die Parteien können unabhängig von gesetzlichen Regelungen (WoFlV, II. BV) vereinbaren, was zur Wohnfläche zählen soll (hier: Berücksichtigung von Räumen im Souterrain); ebenso LG Itzehoe WuM 2007, 40; AG Trier WuM 2006, 90 zur Flächenberechnung nach DIN 277, s. auch LG Trier WuM 2006, 376.

Die Parteien sollen auch bewusst eine von der Ist-Fläche abweichende Fläche vereinbaren können, um die wahre Größe ein- für allemal dem Streit zu entziehen. Dafür bedarf es aber besonderer Anhaltspunkte, BGH – Urt. v. 24.3.2004 – WuM 2004, 336 = ZMR 2004, 495: Für eine solche Vereinbarung, die über eine bloße Beschaffenheitsvereinbarung hinausgeht, reicht die Formulierung im Mietvertrag „Die Wohnfläche wird mit ... qm vereinbart“ nicht aus. S. auch KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 35 = ZMR 2006, 284 für die Betriebskostenabrechnung.

Haben sie keine Vereinbarung zur Berechnung der Fläche getroffen, gilt die verkehrs- oder ortsübliche Berechnungsweise. Dabei ist jedenfalls bei der Wohnraummiete im Zweifel davon auszugehen, dass sich die Vertragsparteien stillschweigend bei Vertragsabschlüssen bis zum 31.12.2003 auf die Flächenberechnung nach §§ 42–44 II. BV und bei späteren Vertragsabschlüssen auf die Flächenberechnung nach der WoFlV1 geeinigt haben, nicht dagegen auf die Berechnung nach DIN 283, es sei denn, diese Berechnungsweise sei – wie in Bayern2 – ortsüblich, 1 Zur Flächenberechnung nach WoFlV: Eisenschmid WuM 2004, 3; Langenberg NZM 2004, 41; Schach GE 2003, 1594; Gante WuM 2008, 525. 2 LG München I WuM 2006, 91.

1037

118a

Rn. VIII 118b

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441 = ZMR 2007, 764: (Tz. 13) Der Begriff der Wohnfläche im Wohnraummietrecht ist auch bei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen und dementsprechend auf Grund der bis zum 31.12.2003 anwendbaren §§ 42–44 II. BV bzw. der ab 1.1.2004 geltenden WoFlV zu ermitteln, es sei denn, die Parteien haben dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen oder ein anderer Berechnungsmodus ist ortsüblich oder nach der Art der Wohnung nahe liegender. (Tz. 17) Die Anwendbarkeit der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Berechnungsvorschriften bei frei finanziertem Wohnraum beruht auf der Annahme einer entsprechenden stillschweigenden Vereinbarung. Hier existierte bei Abschluss des Mietvertrages nur die II. BV, so dass die Parteien auch nur diese stillschweigend als Berechnungsmethode vereinbart haben können.

Für die Praxis wichtig ist die Aussage, dass die Grundfläche von sog. Hobbyräumen (in nicht ausreichend belichteten Räumen) voll auf die Wohnfläche anzurechnen ist, wenn es sich um einen von allen Seiten umschlossenen Raum mit einer lichten Höhe von mindestens 2 m handelt, der beheizt werden kann und in die Wohnung integriert ist,1 BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441 = ZMR 2007, 764.

Auch die Flächen von Nebenräumen innerhalb der Wohnung werden mitgezählt, LG Münster ZMR 2008, 630.

118b

Die Flächenberechnung für Gewerbeobjekte erfolgt häufig nach DIN 277 oder den Richtlinien der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (GIF-Richtlinien).2 Die DIN 277 stellen allein auf die Grundfläche ab (Bruttound Nettofläche) und unterscheiden zwischen Nutz-, Verkehrs- und Funktionsfläche. Auch die GIF-Richtlinien basieren auf der Grundfläche, differenzieren jedoch weiter gehend als die DIN 277. S. auch KG – Urt. v. 30.9.2005 – KGOLGReport 2006, 175 = MietRB 2006, 124 (Kurek): Für die Berechnung einer Gewerbefläche können die §§ 42 ff. II. BV nur herangezogen werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Sonst bestimmt sich die Fläche nach DIN 277.3

119

Flächenabweichungen wurden nach früherer Rechtsprechung nur dann als Mangel anerkannt, wenn damit auch eine Gebrauchsbeeinträchtigung verknüpft war (OLG Dresden – Urt. v. 15.12.1997 – NZM 1998, 184 = WuM 1998, 144). Vereinzelt wurden Ausnahmen bei erheblichen Flächendifferenzen zugelassen, OLG Karlsruhe – Urt. v. 28.12.2001 – NZM 2002, 218: Toleranzgrenze von 10%, OLG Frankfurt a.M. – RE v. 4.12.2002 – WuM 2003, 25: jedenfalls bei einer Abweichung von mehr als 25%, 1 Zum Fall: als Schlafzimmer genutzter Raum im Souterrain mit einem Betonlichtschacht vor dem Fenster. 2 S. dazu Schul/Wichert ZMR 2002, 633, 634; Schießer MDR 2003, 1401. 3 Zum Fall: Im Mietvertrag heißt es: „Die vermietete Fläche gilt als mit 228,75 qm vereinbart“. Es ergab sich eine Flächenabweichung nach II. BV von mehr als 10%, während sie nach DIN 277 nur 8,65% betrug.

1038

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 119a

s. auch schon OLG Hamm – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 151: Eine ca.-Angabe lässt nur einen Spielraum für geringfügige Abzüge zu. Dieser Rahmen wird jedenfalls bei einer Abweichung von 13% deutlich überschritten.

Dieser Rspr. hat sich der BGH angeschlossen und bei einer nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlich vorhandenen Fläche von der im Mietvertrag ausgewiesenen einen Mangel bejaht, wobei es auf eine konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung nicht ankommt und die Erheblichkeitsgrenze aus Gründen der Rechtssicherheit auf eine Abweichung von 10% festgelegt worden ist. Das gilt auch, wenn lediglich eine „ca.“-Fläche im Mietvertrag ausgewiesen ist, BGH – Urt. v. 24.3.2004 – DWW 2004, 148 = NZM 2004, 456 = WuM 2004, 268 = ZMR 2004, 500, weist die gemietete Wohnung tatsächlich eine Wohnfläche von mehr als 10% unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche auf, ist ein Mangel der Mietsache gegeben.1 Eine über 10% hinausgehende Maßtoleranz ist im Interesse der Rechtssicherheit nicht anzuerkennen. Mit der Festlegung der Wesentlichkeitsgrenze auf 10% steht einerseits fest, dass geringere Abweichungen eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit darstellen. Andererseits ergibt sich daraus, dass größere Differenzen in jedem Fall als erheblich anzusehen sind. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Zwar lässt die Formulierung im Mietvertrag „ca. 96 qm“ erkennen, dass es den Parteien nicht entscheidend auf die genaue Wohnungsgröße von 96 qm ankam, sondern durchaus Toleranzen hingenommen werden sollten. Auch für solche Toleranzen ist jedoch die Grenze dort zu ziehen, wo die Unerheblichkeit einer Tauglichkeitsminderung i.S. von § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB endet. Diese Grenze ist im Interesse der Praktikabilität und Rechtssicherheit bei 10% zu ziehen. Eine zusätzliche Toleranz ist dann nicht mehr gerechtfertigt. Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es nicht.

Ebenso: BGH – Urt. v. 24.3.2004 – NJW 2004, 1947 = NZM 2004, 543 = WuM 2004, 336 = ZMR 2004, 495,2 wobei ergänzend ausgeführt wird, dass bei einem erheblichen Flächenmangel bereits eine tatsächliche Vermutung für eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit spricht, die der Mieter nicht gesondert belegen muss. Der Höhe nach ist die Minderung entsprechend der prozentualen Flächenabweichung gerechtfertigt (Kraemer NZM 1999, 156, 161). BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 595 = WuM 2007, 441 = ZMR 2007, 764, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 681, 82 für Mieterhöhungen nach § 558 BGB, BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 38, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker) für Betriebskostenabrechnung.

Eine über 10% hinausgehende Toleranzgrenze ist nicht anerkannt worden, LG Münster NZM 2008, 630 bei einer Überschreitung von 0,05%.

1 Zum Fall: Im Mietvertrag war angegeben: „Wohnfläche ca. 96 qm“; die tatsächlich vorhandene Fläche betrug aber nur 85,91 qm. 2 Zum Fall: Im Mietvertrag heißt es: „Die Wohnfläche wird mit 126,45 qm vereinbart“. Die Mietwohnung war dagegen nur 106 qm groß.

1039

119a

Rn. VIII 119b 119b

Gewährleistung

Die für die Wohnraummiete entwickelte Rspr.1 zur Flächenabweichung gilt auch bei Vermietung von Gewerberäumen und -flächen,2 BGH – Urt. v. 4.5.2005 – MDR 2005, 975 = NZM 2005, 500 = ZMR 2005, 612, BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 573 = WuM 2005, 573 = ZMR 2005, 854, OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.12.2004 – NZM 2005, 378, OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.1.2005 – ZMR 2005, 450.

Auch hier kommt es nicht darauf an, ob der Mieter tatsächlich in seinem Gebrauch beeinträchtigt wird. 120

Das Problem der Flächenabweichung ist ferner bei der Anmietung vom Reißbrett bedeutsam,3 OLG Hamm – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 77 = WM 1998, 151 = ZMR 1998, 90: Ist das vermietete Objekt erst noch zu erstellen, so kann eine wesentliche Abweichung zwischen vermieteter und tatsächlich vorhandener Nutzfläche einen Rücktrittsgrund wegen Unmöglichkeit der Vertragserfüllung bieten, wenn das Mietobjekt noch nicht übergeben worden ist.4 Werden Mieträume nicht nach Besichtigung, sondern vor ihrer Errichtung angemietet, dienen Angaben im Mietvertrag zu Lage, Größe etc. nicht nur der Beschreibung, sondern der Festlegung dessen, was vom Vermieter vertraglich geschuldet ist. Die Flächenangabe kann hier als Zusicherung (einer Eigenschaft) gewertet werden.

Wäre das Mietobjekt bereits übergeben, so kämen Gewährleistungsrechte zum Tragen (s. Rn. VIII 190). 121

Eine Flächenabweichung unter 10% kann nur dann als Mangel gewertet werden, wenn hierdurch eine erhebliche Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs verursacht worden ist, was der Mieter darlegen muss,5 KG – Beschl. v. 15.8.2005 – NZM 2005, 865 = WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 950, zu Unrecht einschränkend LG Münster ZMR 2008, 630 für die Erheblichkeitsgrenze.

122

Der Mieter kann wegen einer nicht nur unerheblichen Flächenabweichung auch dann mindern, wenn die Abweichung darauf zurückzuführen ist, dass der Vermieter auf Wunsch des Mieters die Wohnfläche verändert; denn die so umgestaltete Wohnung ist nunmehr Leistungsgegenstand, BGH – Urt. v. 28.9.2005 – GE 2005, 1349 = NZM 2005, 861 = WuM 2005, 712.6

123

Eine Flächenabweichung ist dann kein Mangel, wenn die Parteien sich auf eine bestimmte Anzahl von Räumen zu Wohnzwecken geeinigt haben, aber einer der Räume im Keller gelegen ist und wegen nicht ausreichender Be1 2 3 4

Zu möglichen Auswirkungen s. Schläger ZMR 2005, 678. Kritisch dazu Scheffler NZM 2005, 41. Zur gesetzlichen Schriftform bei Vermietung vom Reißbrett s. Rn. I 117. Zum Fall: Vermietet wurden „ca. 1000 qm“, während die tatsächliche Fläche nur 870 qm groß war. 5 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 51; ablehnend Pauly ZMR 2006, 665. 6 Zum Fall: Der Vermieter vermietete eine 3-Zimmerwohnung, die er auf Wunsch des Mieters aus einer 2-Zimmerwohnung unter Hinzunahme eines weiteren Zimmers gebildet hatte; die Wohnfläche war im Mietvertrag mit ca. 87 qm ausgewiesen, betrug aber nur ca. 73 qm.

1040

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 124

leuchtung bei der Berechnung der Wohnfläche außer Ansatz bleibt (s. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WoFIV), LG Itzehoe ZMR 2007, 40; ebenso LG Berlin GE 2006, 1173: Die Parteien können unabhängig von gesetzlichen Regelungen (II. BV oder WoFlV) vereinbaren, was zur Wohnfläche zählen soll, so auch die Berücksichtigung von Wohnräumen im Souterrain.

Zur Einbeziehung von Hobbyräumen in die Wohnflächenberechnung s. Rn. VIII 118a. Ebenso wenig kann sich der Mieter auf eine Flächendifferenz berufen, wenn es bei Abschluss des Mietvertrages der übereinstimmenden Vorstellung der Vertragsparteien entsprach, dass in der mit einer bestimmten qm-Zahl angegebenen Wohnfläche die Dachterrasse der vermieteten Penthousewohnung zu einem nicht näher bestimmten, nicht unerheblichen Anteil enthalten ist,1 BGH – Urt. v. 22.2.2006 – WuM 2006, 245 = ZMR 2006, 439 mit krit. Anm. Wiek, Vorinstanz: LG Hamburg NZM 2005, 103 = ZMR 2004, 755.

Wollen die Mietvertragsparteien mietvertraglich von einer nicht bindenden Wohnfläche ausgehen, so müssen sie im Mietvertrag entweder keine Größe aufführen oder deutlich machen, dass eine erwähnte Fläche als eine bloße Schätzung oder als Angabe einer unverbindlichen Größenordnung zu verstehen ist. Der Entscheidung des BGH v. 22.2.2006 liegt die Auffassung zugrunde, dass es zulässig sein kann, eine bestimmte Mietfläche zu vereinbaren, um Streit hierüber zu vermeiden. Eine derartige Vereinbarung liegt in der Abrede in einem Gewerberaummietvertrag: „Sollten sich bei einer nachträglichen Vermessung Abweichungen von der obigen Zahl und Größe der Räume ergeben, so ist keine Partei berechtigt, deswegen eine Änderung des Mietpreises zu fordern,“ OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.1.2003 – ZMR 2005, 943: Die Abrede ist dahingehend zu verstehen, dass der vereinbarte Mietzins nicht von der tatsächlichen Größe der vermieteten Fläche abhängig sein soll, sondern dass die angegebene qm-Zahl auch dann maßgeblich sein soll, wenn die tatsächliche Fläche größer oder geringer war als angegeben. Dies schließt zugleich die Annahme eines Fehlers i.S. von § 536 Abs. 1 BGB aus.

Dagegen lässt die Klausel „Das Ladenlokal wird wie besichtigt übernommen“ nicht erkennen, dass die Mietfläche hiervon erfasst werden sollte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.1.2005 – DWW 2005, 67 = ZMR 2005, 450.

1 Zum Fall: Ausweisung im Mietvertrag: „Die Wohnfläche beträgt ca. 149 qm. Wie besehen.“ Die Wohnung besteht aus 3 Wohnräumen und Küche mit einer Fläche von ca. 85 qm, mit Nebenräumen beträgt die Wohnfläche 110,60 qm; die Dachterrasse hat eine Fläche von 64,8 qm. Der Mieter erhielt einen Grundriss über die Wohnung, aus der sich die Fläche von 85 qm ergab, und ein Exposé vor Abschluss des Mietvertrages. Er meint, die Terrassenfläche sei mit maximal 1/4 anzusetzen. Demgegenüber machte der Vermieter geltend, dass die Dachterrasse mit der Hälfte der Fläche anzusetzen sei.

1041

124

Rn. VIII 125 125

Gewährleistung

Vereinbarungen, die dazu führen, dass eine von der tatsächlichen Fläche abweichende Fläche zugrundezulegen ist, haben entgegen der früher h.M. auch Auswirkungen auf Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen; es gilt ebenso in diesem Zusammenhang die Toleranzschwelle von 10%, s. BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NJW 2007, 2626 = NZM 2007, 594 = WuM 2007, 450 = ZMR 2007, 681, 682 zur Mieterhöhung nach § 558 BGB; anders noch BGH – Urt. v. 7.7.2004 – NZM 2004, 699 = WuM 2004, 468, s. Rn. III 107, IV 167; BGH – Urt. v. 31.10.2007 – NZM 2008, 35 = WuM 2007, 700 = ZMR 2008, 39 = MietRB 2008, 33 (Junker) zur Betriebskostenabrechnung, s. Rn. V 183 ff., 186 f., ebenso schon KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 35 = ZMR 2006, 284; anders noch OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762.

Sie schließen mithin nur Gewährleistungsansprüche wegen etwaiger Flächenabweichungen aus. Zu den Auswirkungen der Flächendifferenz auf Miethöhe, Mieterhöhung und Betriebskosten s. Rn III 107, IV 167, V 186, 187. 126

Wird die Toleranzgrenze von 10% überschritten, so wird die Minderung in vollem Umfang prozentual nach der Minderfläche berechnet, also ohne Berücksichtigung einer Toleranzfläche, BGH – Urt. v. 24.3.2004 – NZM 2004, 453 = WuM 2004, 336 = ZMR 2004, 495, LG Köln NZM 2003, 278 = WuM 2003, 265 = ZMR 2003, 429.

Bemessungsgrundlage der Minderung ist auch hier die Bruttomiete (s. Rn. VIII 260), BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 699 = WuM 2005, 573 = ZMR 2005, 854.

i) Gewerberäume und Einkaufszentren aa) Mängel des gemieteten Gewerberaums 127

Wer Mietflächen in einem Kauf- oder Warenhaus mietet, ohne dass die künftige Deckenhöhe festgelegt ist, kann eine Raumhöhe mittlerer Art verlangen. Das ist in einem Kaufhaus eine lichte Höhe von mindestens 2,50 m. Eine Raumhöhe von 2,20–2,30 m ist ein erheblicher Mangel, der sich nicht nur auf das Verkaufspersonal, sondern auch auf das Kaufpublikum negativ auswirkt,1 KG – Urt. v. 26.4.1999 – MDR 1999, 1435.

Auch der nachträgliche Wegfall einer bei Vertragsabschluss vorausgesetzten und vorhandenen besonders günstigen Belieferungsmöglichkeit eines in einer Fußgängerzone belegenen Ladenlokals begründet einen Mangel, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob diese zugesichert war.2 Der Schaden wegen Verschlechterung der Belieferungsmöglichkeit kann in erhöhten Personalkosten bestehen, LG Chemnitz ZMR 2002, 350. 1 Zum Fall: Es wurde für den Teil der Mietfläche mit zu geringer Deckenhöhe eine Minderung von 50% zuerkannt. 2 Zum Fall: Belieferung durch die Tiefgarage anstatt über die Hofeinfahrt.

1042

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 131

Zu Zugangsbeeinträchtigungen durch Bauarbeiten s. Rn. VIII 89. Zu Beeinträchtigungen durch Straßenbauarbeiten s. Rn. VIII 99 f. Zur Raumklimatisierung s. Rn. VIII 70, 73. Zu Beeinträchtigungen durch das Sozialmilieu, u.a. Einbruchserien, Belästigungen von Angestellten und Kunden s. Rn. VIII 90. Ein Umfeldmangel ist darin gesehen worden, dass ein von der Deutschen Bundespost vermieteter Buchladen, der vertragsgemäß in eine Schalterhalle der Post eingebunden war, durch den schrittweisen Abbau des Postbetriebs bis zur Schließung der Schalterhalle bei weitem nicht mehr den ursprünglichen und zu erwartenden Publikumsverkehr aufzuweisen hatte. Die Bezeichnung des Mietobjekts „Laden in der Schalterhalle ...“ ist auch eine Angabe des konkreten Mietzwecks. Denn eine Vertragsauslegung ergibt, dass der Mietzins gemindert werden kann, wenn der Vermieter ein Gemeinschaftsprojekt verlässt und dadurch wesentlichen Publikumsverkehr beendet,

128

OLG München – Urt. v. 2.7.1999 – NZM 2000, 189 = ZMR 1999, 707, ähnlich OLG München – Urt. v. 23.6.1999 – NZM 2000, 89 = ZMR 1999, 634.1

Es stellt dagegen keinen Mangel des Mietobjekts dar, wenn der Blick auf die Schaufensterauslagen für Teilnehmer des fließenden Verkehrs durch parkende Fahrzeuge anderer Mieter des Vermieters verstellt wird,

129

OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.12.1990 – DWW 1991, 50 = MDR 1991, 446.

Anders verhält es sich, wenn der Blick für Passanten des am Schaufenster vorbeiführenden Fußweges versperrt werden würde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 442.

Pachträume, die zum Betrieb einer „gemütlich thematisierten Werkstattkneipe mit Kommunikationsgastronomie“ überlassen werden, sind nicht mangelhaft, wenn die Ordnungsbehörde die Musiklautstärke auf 90 dB(A) begrenzt. Die Verwaltungsbehörde hat nicht den Betrieb der Gaststätte untersagt, sondern lediglich den bei Live-Musikveranstaltungen zulässigen Schallpegel begrenzt. Dies entspricht den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften (s. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1604, 1606). Es kommt nicht darauf an, was nach dem Vorbringen des Mieters bei Live-Musik üblich ist, sondern welche Schallpegelbegrenzung von Rechts wegen beachtet werden muss, um einen Gesundheitsschaden der Zuhörer zu vermeiden,

130

OLG Koblenz – Urt. v. 21.3.2002 – NZM 2002, 918.

Verletzungen des vertragsimmanenten oder des vereinbarten Konkurrenzschutzes (s. Rn. VII 252) beeinträchtigen den Mietgebrauch und lösen daher

1 Zum Fall: Der Vermieter vermietete Ladenflächen einerseits zum Betrieb einer Schlachterei, andererseits an einen Dritten zum Betrieb eines Lebensmittelmarktes, und zwar in der Weise, dass für Kunden der Eindruck einer einheitlichen Verkaufsfläche entstehen sollte. Der Betrieb des Lebensmittelladens wurde eingestellt. Der Vermieter vermietete darauf diese Fläche an ein Sportartikelgeschäft. Der Schlachter kündigte darauf mit Erfolg wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

1043

131

Rn. VIII 132

Gewährleistung

Gewährleistungsrechte für den Mieter aus, ohne dass es auf Umsatzeinbußen ankommt, OLG Karlsruhe – Urt. v. 7.4.1989 – NJW-RR 1990, 1234 = ZMR 1990, 214, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.5.1997 – NZM 1998, 307 = ZMR 1997, 583, Urt. v. 6.7.2001 – NZM 2001, 1033, KG – Urt. v. 25.1.2007 – NZM 2007, 566, Urt. v. 16.4.2007 – MDR 2007, 1250, LG Chemnitz ZMR 2002, 350: Bei der gemäß § 287 ZPO vorzunehmenden richterlichen Schätzung der Minderungshöhe genügt die Feststellung, dass der Vorteil des Konkurrenzschutzes entfallen ist. Im Falle der Verletzung des Konkurrenzschutzes eines Einzelhändlers (Textil) kann daher auch ohne weiteren Sachvortrag des Mieters eine Minderung von 5% der Miete festgestellt werden.

Zum Fehlen öffentlich-rechtlicher Genehmigungen s. Rn. VIII 44. bb) Mängel bei Lage der Mieträume in einem Einkaufszentrum 132

Kündigt der Vermieter während der Vertragsverhandlungen über die Anmietung eines Ladenlokals in einem Einkaufsmarkt an, dass das Mietgelände innerhalb der nächsten 2–3 Jahre zu einem größeren EKZ ausgebaut werde, so ist dies die Zusicherung einer Eigenschaft der Mietsache; deren Nichteinhaltung berechtigt den Mieter zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 4.3.2005 – NZM 2005, 619 = ZMR 2005, 617.

133

Zu niedrigen Raumtemperaturen und unzureichender Klimatisierung s. Rn. VIII 70, 73. Dem Mieter von Geschäftsräumen in einem Einkaufszentrum, der dort eine Kaffee- und Bierbar betreibt, können zu geringe Raumtemperaturen nicht angelastet werden, weil er die Ladentür zur Mall öffenlässt, KG – Urt. v. 11.3.2002 – NZM 2002, 917 = GE 2002, 730.

134

Auswirkungen von Umbaumaßnahmen, durch die der Zugang zu den Ladenräumen unmittelbar erschwert wird, lösen ebenfalls Gewährleistungsrechte aus, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – MDR 2000, 821 = NJW 2000, 1714 = NZM 2000, 492 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54.

Dagegen stehen dem Mieter keine Gewährleistungsrechte zu, wenn der Vermieter Umbauarbeiten im EKZ vornimmt, die zu einer Änderung des Kundenverhaltens führen,1 OLG Dresden – Urt. v. 24.10.2000 – NZM 2001, 336, das die Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung durch die Umbaumaßnahmen verneint und zudem eine Aufklärungspflicht des Vermieters allenfalls bei Abschluss des Mietvertrages annimmt.

Das Gleiche gilt für die enttäuschten Erwartungen des Mieters von Ladenräumen in einem Einkaufszentrum über die Kundenakzeptanz des Einkaufs-

1 Die Kunden passieren den vermieteten Laden im Anschluss an den Einkauf im Supermarkt mit gefüllten Einkaufswagen.

1044

Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 136

zentrums; denn auch sie zählen zum Verwendungsrisiko des Mieters, das dieser nicht auf den Vermieter verlagern kann,1 BGH – Urt. v. 19.7.2000 – NZM 2000, 1005 = ZMR 2000, 814.

Ebenso verhält es sich, wenn Umstände fehlen, die zwar für die Attraktivität eines Einkaufszentrums von erheblicher Bedeutung sind, jedoch nur mittelbar auf die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume einwirken. Daher sind die vollständige Vermietung, der Branchenmix, die Nichtumsetzung eines „Fachmarktkonzepts“, das Fehlen eines Anker-Mieters (etwa eines Lebensmittelsupermarkts), die Verlagerung der Kundenströme, das Fehlen von Parkplätzen in der Umgebung des EKZ keine Mängel,

135

BGH – Urt. v. 16.2.2000 – MDR 2000, 821 = NJW 2000, 1714 = NZM 2000, 492 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 618 = ZMR 2004, 664, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54 für fehlendes Centermanagement und Wegeleitsystem, fortschreitendes Verkommenlassen der Ein- und Ausgänge des Centers, unansehnliche Fassade, Pöbeleien gegenüber Gästen des Mieters, der eine Spielbank betrieb, Auffinden von Drogenbesteck in der Toilette der Mieträume;2 OLG München – Urt. v. 26.8.1994 – DWW 1996, 191 = ZMR 1996, 256, OLG Naumburg – Urt. v. 13.12.1996 – NZM 1998, 373 = WuM 1997, 675, OLG Rostock – Urt. v. 3.2.2003 – NZM 2003, 282 für fehlendes Centermanagement, fehlende Dekoration zu bestimmten Feiertagen, fehlende Werbung, zu Unrecht aber auch für Verkommenlassen der Ein- und Ausgänge zur Straße, schlechten Pflegezustand der Grünanlagen, unansehnliche Fassade; denn diese Umstände haben unmittelbare Auswirkungen auf die vertragsgemäße Nutzung der Mieträume; OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.3.2008 – NZM 2008, 524, 525: durch Fremdparker belegte Einstellplätze, wenn der Vermieter nach dem Mietvertrag nicht verpflichtet ist, für den Mieter Einstellplätze bereitzustellen oder freizuhalten.

Da die oben aufgeführten Umstände nicht ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, sondern nur dadurch in Erscheinung treten, dass Umstände herangezogen werden, die außerhalb der Mietsache liegen, wird auch das Vorliegen einer Eigenschaft i.S. von § 536 Abs. 2 BGB verneint, s. Rn. VIII 32, 36 zu Angaben in einer Vertragspräambel. Die Zusicherung solcher Umstände kann daher nur unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (s. Rn. I 291 f.) zu einer Haftung des Vermieters führen, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – MDR 2000, 821 = NJW 2000, 1714 = NZM 2000, 492 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, s. auch OLG München – Urt. v. 26.8.1994 – DWW 1996, 191 = ZMR 1996, 256: Es besteht eine Nebenpflicht des Vermieters, nicht ohne gewichtigen Grund vom Vermieterkonzept abzuweichen; hieraus kann sich seine Pflicht ergeben, einen Mieter für den vorgesehenen Lebensmittelmarkt zu finden. 1 Kritisch dazu Eusani ZMR 2003, 473: Zweckstörungen bei gewerblichen Mietverhältnissen in Einkaufszentren. 2 Es bestehen Bedenken, dem BGH zu folgen, soweit es sich um Umstände handelt, die dem Center selbst anhaften wie fortschreitendes Verkommenlassen der Ein- und Ausgänge des Centers, unansehnliche Fassade, Pöbeleien gegenüber Gästen des Mieters.

1045

136

Rn. VIII 137

Gewährleistung

Selbst wenn ein Center seinen Charakter als Einkaufs- und Vergnügungszentrum (teilweise) verliert, liegt darin kein Mangel, sondern nur eine (gewährleistungsrechtlich nicht erhebliche) Beeinträchtigung des Mietgebrauchs vor, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54.

Andererseits kann die besondere Lage bzw. ein besonderer Lagevorteil als Eigenschaft des Mietobjekts vereinbart werden, z.B. bei Vermietung eines Ladens zum Betrieb eines Buchhandels in einer Schalterhalle der Post (s. Rn. VIII 128, 226) oder die Belieferungsmöglichkeit eines in einer Fußgängerzone belegenen Ladens (s. Rn. VIII 127). Zur Veränderung bzw. zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Anmietung von Ladenräumen in einem Einkaufszentrum s. Rn. VIII 220. j) Sonstige Gebrauchsbeeinträchtigungen 137

Ein Mangel liegt schließlich vor, wenn der Mieter in der Ausübung des Mietgebrauchs behindert wird. Das ist etwa der Fall, wenn der Vermieter dem Mieter die zuvor generell erteilte Erlaubnis zur Untervermietung streitig macht, indem er einer Untervermietung an einen bestimmten Untermieter ungerechtfertigt widerspricht, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031 = ZMR 1984, 265, 276.

Ebenso verhält es sich, wenn der Vermieter dem Lebensgefährten der Mieterin ohne Rechtsgrund den Zutritt zur Mietwohnung verweigert, LG Gießen NZM 2001, 232 = ZMR 2000, 385: Minderung auf 0.

Eine Beeinträchtigung der Wohnqualität, die eine Mietminderung rechtfertigt, ist auch darin gesehen worden, dass in der Nachbarwohnung ein Tötungsdelikt mit grausamer Brutalität und eine Brandstiftung begangen wurde, AG Berlin-Tiergarten GE 2005, 191.

Kein Mangel liegt darin, dass der (katholische) Vermieter im Treppenhaus (zum Ärger eines evangelischen Mieters) eine Marienfigur aufstellt, AG Münster NZM 2004, 299.

k) Rechtsmängel 138

Die Haftung wegen Rechtsmängeln greift nur ein, wenn dem Dritten ein Recht an der Mietsache zusteht und er dieses geltend macht (s. Rn. VIII 27). Hervorzuheben ist die Doppelvermietung. Auszuklammern ist allerdings der Fall, dass der Erstmieter, dem der Besitz bereits überlassen worden ist, durch den Zweitmieter in seiner Rechtsposition gestört wird.1 Da Letzterer jedoch nur Ansprüche gegenüber dem Vermieter und nicht gegenüber dem Erstmieter hat, handelt es sich bei etwaigen Störungen – z.B. Belästigungen durch Rechtsberühmung – nicht um Rechtsmängel, sondern allenfalls um Sachmängel, wie sie bei Störungen des Mietgebrauchs durch Dritte auch auftreten können. Der 1 Zur Doppelvermietung Kluth/Grün NZM 2002, 473; Ulrici ZMR 2002, 881; Kohler NZM 2008, 545; erwidernd: Streyl NZM 2008, 878.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 140

Zweitmieter, dem wegen des Besitzes des Erstmieters der Besitz nicht überlassen werden kann, vermag sich dagegen gegenüber dem Vermieter auf einen Rechtsmangel nach § 536 Abs. 3 BGB zu berufen, BGH – Urt. v. 5.7.1991 – MDR 1992, 159 = WuM 1991, 545 = ZMR 1991, 418: Ist der Verpächter wegen eines Rechtsmangels nicht in der Lage, dem Pächter die Nutzung der Pachtsache zu gewähren, so richten sich die Schadensersatzansprüche des Pächters nicht nach den Regeln über die Unmöglichkeit, sondern nach § 538 Abs. 1 BGB a.F.

Zum Erfüllungsanspruch bei Doppelvermietung s. Rn. VII 3. Zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung s. Rn. XIV 115. Nach h.M. gilt nicht der Grundsatz der Priorität des Vertragsabschlusses, sondern der Vermieter soll selbst entscheiden können, welchen Vertrag er erfüllen will und welchem Mieter er ggf. Schadensersatz leistet, OLG Hamm – Urt. v. 15.10.2003 – NJW-RR 2004, 521 = NZM 2004, 192, KG – Beschl. v. 25.1.2007 – NZM 2007, 518 = WuM 2007, 207 = ZMR 2007, 614, OLG Koblenz – Urt. v. 25.10.2007 – ZMR 2008, 50.

Der Mieter, dem die Mieträume nicht übergeben worden sind, kann vom Vermieter Herausgabe der durch die weitere Vermietung erzielten Miete nach § 285 BGB jedenfalls dann nicht verlangen, wenn er die Mietsache nicht in der Weise hätte nutzen dürfen wie der Zweitmieter. Insoweit fehlt es an der gemäß § 281 BGB a.F. erforderlichen Identität zwischen geschuldetem Gegenstand und dem, für den Ersatz verlangt worden ist,1

138a

BGH – Urt. v. 10.5.2006 – ZMR 2006, 604, 605 = MietRB 2006, 215 (Lützenkirchen).

Ebenso handelt es sich um einen Rechtsmangel, wenn ein anderer Eigentümer einer Wohnungseigentumsanlage eine Gerichtsentscheidung herbeigeführt hat, wonach die vertraglich vereinbarte Nutzung der Mieträume zum Betrieb einer Kinderarztpraxis wegen Verstoßes gegen die Teilungserklärung nicht durchführbar ist,

139

OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.7.1998 – ZMR 1999, 24.

Ein Rechtsmangel liegt auch vor, wenn Teileigentum entgegen der Gemeinschaftsordnung zu Gastronomiezwecken vermietet wird und sich ein Wohnungseigentümer hierdurch belästigt fühlt, BGH – Urt. v. 29.11.1995 – MDR 1996, 359 = WuM 1996, 105 = ZMR 1996, 147.2

Das Gleiche gilt, wenn ein Wohnungseigentümer Gewerberäume entgegen den Nutzungsangaben im Teilungsplan zu Gaststättenzwecken vermietet hat und die übrigen Wohnungseigentümer dies nicht dulden wollen, BGH – Urt. v. 18.1.1995 – DWW 1995, 279 = ZMR 1995, 480. 1 Zum Fall: Anmietung zum Betrieb eines Parkplatzes, Zweitvermietung von Teilflächen an Markthändler zum Betrieb von Verkaufsständen. 2 Die Räumungsklage des Vermieters, die u.a. auf eine Kündigung aus wichtigem Grund gestützt war, wies der BGH ab, da es zum Risikobereich des Vermieters gehöre, dass die Vermietung von Teileigentum mit der Gemeinschaftsordnung vereinbar sei. Ob die Teil- und Wohnungseigentümer den Mieter unmittelbar nach § 1004 BGB in Anspruch nehmen könnten, war nicht zu entscheiden.

1047

140

Rn. VIII 141 141

Gewährleistung

Das fehlende Eigentum des Vermieters an der Mietsache allein bildet noch keinen Rechtsmangel, solange es sich auf die tatsächliche Gebrauchsgewährung durch den Vermieter nicht auswirkt, BGH – Urt. v. 4.10.1995 – MDR 1996, 252, BGH – Urt. v. 10.7.2008 – NZM 2008, 644 = ZMR 2008, 883 = MietRB 2008, 326 (Kurek).

142

Die Haftung für Rechtsmängel kann insbesondere eingreifen, wenn der Vermieter selbst nur Mieter ist und nunmehr der Eigentümer oder Hauptvermieter vom Unter- bzw. Endmieter Räumung verlangt, weil das Hauptmietverhältnis beendet ist. Sie kommt aber erst dann zum Tragen, wenn das Hauptmietverhältnis beendet ist und der Eigentümer bzw. Hauptvermieter vom Unter- bzw. Endmieter die Herausgabe nach § 546 Abs. 2 BGB verlangt oder zumindest androht, OLG Hamm – RE v. 26.8.1987 – NJW-RR 1987, 1304 = WuM 1987, 346 = ZMR 1987, 462: Dem Untermieter einer Wohnung wird der vertragsmäßige Gebrauch im Sinne von § 541 BGB a.F. (= § 536 Abs. 3 BGB) entzogen, wenn ihn nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses, aber vor Beendigung des Untermietverhältnisses der Hauptvermieter zur Mietzahlung an sich selbst auffordert mit der Drohung, er werde anderenfalls Räumung und Herausgabe der Wohnräume verlangen. Der Untermieter braucht sich nicht zumuten zu lassen, einen Prozess mit dem Hauptvermieter zu riskieren.

143

Für das Vorliegen eines Sachmangels reicht es aus, dass der Rechtsinhaber die Geltendmachung seines Anspruchs androht, BGH – Urt. v. 18.1.1995 – DWW 1995, 279 = ZMR 1995, 480; Beseitigung bzw. Unterlassung der gastronomischen Nutzung von vermietetem Teileigentum; BGH – Urt. v. 10.7.2008 – NZM 2008, 644 = ZMR 2008, 883 = MietRB 2008, 326 (Kurek).1

Dagegen soll die bloße Androhung des Eigentümers, nach Beendigung des – noch bestehenden – Hauptmietverhältnisses gegen den Untermieter vorzugehen, keine Gebrauchsentziehung bedeuten, OLG Hamburg – Urt. v. 27.3.1990 – WuM 1990, 340.

Ebenso wenig liegt ein Rechtsmangel vor, wenn sich der Dritte mangels Kenntnis von Namen und Adressen per Rundbrief an die Untermieter wendet und diese unter Hinweis auf die fehlende Berechtigung ihres Vermieters zur Herausgabe des Grundstücks an ihn auffordert, KG – Urt. v. 31.10.2005 – WuM 2005, 796 (LS) = ZMR 2006, 283.

144

Der Untermieter darf das Untermietverhältnis jedoch nicht schon deshalb nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen, weil der Hauptvermieter die Untermieterlaubnis nicht erteilt hat oder nicht erteilen will. Die bloße Möglichkeit, dass der Hauptvermieter das Hauptmietverhältnis wegen unerlaubter Drittüberlassung kündigen und anschließend Herausgabe des Mietobjekts von

1 Zum Fall: Vermietung durch den nichtberechtigten Nichteigentümer; der Eigentümer bietet dem Mieter einen neuen Mietvertrag zu einer wesentlich höheren Miete an.

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Beispiele von Mängeln

Rn. VIII 146

dem Untermieter aus § 546 Abs. 2 BGB verlangen könnte, bildet noch keinen Rechtsmangel, BGH – Urt. v. 4.10.1995 – MDR 1996, 252.

Dem Untermieter kann aber aus § 543 Abs. 1 BGB (s. § 554a BGB a.F.) ein Recht zur Kündigung zustehen, wenn er für seine Planungen auf einen längerfristig gesicherten Gebrauch der Mietsache angewiesen ist und sein Vermieter die Untermieterlaubnis des Hauptvermieters nicht auf Mahnung innerhalb angemessener Frist beibringt, BGH – Urt. v. 17.12.1986 – WuM 1987, 116 = ZMR 1987, 143.

Gibt ein Vormieter die Mieträume nicht rechtzeitig heraus, so dass der Vermieter sie dem Nachmieter nicht überlassen kann, so haftet dieser nach Gewährleistungsregeln nur dann, wenn der Vormieter noch ein Recht zum Besitz hat. Dagegen haftet er gegenüber dem Nachmieter, dem die Mietsache noch nicht überlassen worden ist, wegen anfänglich subjektiven Unvermögens auf Schadensersatz, wenn der Vormieter kein Recht mehr zum Besitz gehabt hätte, etwa weil sein Mietverhältnis beendet war (s. Rn. VIII 26),

145

OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.9.1997 – NZM 1999, 24 = WuM 1999, 394 = ZMR 1999, 19; anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 23.4.1999 – MDR 1999, 1190 = NZM 1999, 966 = WuM 2000, 116 = ZMR 1999, 814, das eine Garantiehaftung des Vermieters (nach § 536 Abs. 1 = § 538 Abs. 1 BGB a.F.) verneint, weil der Mangel zum Zeitpunkt des vereinbarten Beginns des Mietverhältnisses noch nicht vorlag, und eine Verschuldenshaftung nach § 536a Abs. 1 BGB = § 538 Abs. 1 BGB a.F. ebenso wie nach § 283 Satz 1 BGB = 325 Abs. 1 BGB a.F. mangels Verschuldens des Vermieters ablehnt, weil dieser im Allgemeinen davon habe ausgehen dürfen, dass der Vormieter die Mieträume zu Beginn des neuen Mietverhältnisses rechtzeitig freimachen werde. Kritik: Hiergegen ist zu Recht geltend gemacht worden, dass die mietrechtlichen Gewährleistungsregeln vor Übergabe nicht einschlägig sind, dass hier ein Fall des anfänglichen Unvermögens vorlag, welches eine Haftung auf Grund einer schlüssig übernommenen Leistungsgarantie nach sich zieht, und abgesehen von allem, dass auch ein Verschulden des Vermieters gegeben war, weil das Erfüllungshindernis – nicht unvorhersehbar – allein in seiner Risikosphäre lag und er sich gegen dessen Realisierung hätte absichern können.1

Enthält der Vermieter dem Mieter die Wohnung nach durchgeführter Modernisierung vor, so ist der Schadensersatzanspruch des Mieters auf den Zeitraum beschränkt, für dessen Ablauf der Vermieter das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung beenden konnte. Ist bei Vermietung von Wohnraum nicht ersichtlich, dass und wann der Vermieter ein berechtigtes Freimachungsinteresse i.S. von § 573 Abs. 1 BGB gehabt hätte, so ist von einer Befristung des Schadensersatzanspruchs auf 3 Jahre ausgegangen worden, LG Köln WuM 1992, 14, vgl. auch Rn. XI 193.

1 Simon WuM 2000, 575; Stapel ZMR 1999, 816.

1049

146

Rn. VIII 147

Gewährleistung

l) Zerstörung des Mietobjekts 147

Die Zerstörung des Mietobjekts selbst ist kein Mangel i.S. von § 536 BGB (s. Rn. VIII 30). Sie führt vielmehr dazu, dass dem Vermieter die Gebrauchsgewähr nicht mehr möglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB),1 BGH – Urt. v. 26.9.1990 – MDR 1991, 329 = NJW-RR 1991, 204 = WuM 1990, 546 = ZMR 1991, 19.

Dementsprechend führt sie auch nicht zur Beendigung des Vertrages; vielmehr besteht dieser mit allerdings wesentlich verändertem Inhalt fort, insbesondere besteht keine Wiederaufbaupflicht, BGH – Urt. v. 3.7.1974 – WPM 1974, 908: Abriss des vermieteten Gebäudes, BGH – Urt. v. 14.4.1976 – NJW 1976, 1506 = MDR 1976, 837 = WuM 1977, 5: Zerstörung des Pachtobjekts, BGH – Urt. v. 13.12.1991 – MDR 1992, 371 = WuM 1992, 133 = ZMR 1992, 140, OLG Hamm – Urt. v. 15.1.1981 – WuM 1981, 260.

148

Bei nur teilweiser Zerstörung des Mietobjekts wird der Vermieter von seiner Verpflichtung zur Wiederherstellung nur frei, wenn die Teilzerstörung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung gleichkommt, ferner wenn die zumutbare Opfergrenze überschritten werden würde (s. dazu Rn. VII 92, 95).

149

Ist die Vermieterleistung teilbar, etwa bei Vermietung von Haus und Garage oder Nebengebäuden auf einem Grundstück, und wird nur ein Teil zerstört, so besteht bezüglich dieses Teils ebenfalls keine Wiederaufbaupflicht; der Mietgebrauch beschränkt sich dann auf die unzerstörten Teile, BGH – Urt. v. 13.12.1991 – MDR 1992, 371 = WM 1992, 133 = ZMR 1992, 140 für Zerstörung einer Scheune auf einem landwirtschaftlichen Anwesen.

Von einer Teilbarkeit der Vermieterleistung kann man aber nur ausgehen, wenn die Nutzung auch ohne das zerstörte Gebäude möglich war und ist (BGH a.a.O.). 150

Sind Gaststättenräume durch Brand unbenutzbar geworden, hat der Vermieter die Räume jedoch wieder hergerichtet, so ist der vertragsgemäße Gebrauch gleichwohl insgesamt aufgehoben, solange die Verwaltungsbehörde die erneute Erteilung der Genehmigung für die Wiederbenutzung der Räume versagt, selbst wenn nur noch restliche Wiederherstellungsarbeiten auszuführen sind, BGH – Urt. v. 25.2.1987 – MDR 1987, 752 = ZMR 1987, 257.

Zur Pflicht, die Räume nach Wiederherstellung an die bisherigen Mieter zu vermieten, s. Rn. VII 93, VIII 205.

3. Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln a) Allgemeine Beweislastverteilung bei Mängeln 151

Grundsätzlich trägt derjenige, der aus dem Vorliegen von Mängeln Ansprüche ableitet, hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Macht der Mieter Erfüllungs1 S. zu § 536 BGB: Erman/Jendrek Rn. 9; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 497.

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Rn. VIII 147

Gewährleistung

l) Zerstörung des Mietobjekts 147

Die Zerstörung des Mietobjekts selbst ist kein Mangel i.S. von § 536 BGB (s. Rn. VIII 30). Sie führt vielmehr dazu, dass dem Vermieter die Gebrauchsgewähr nicht mehr möglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB),1 BGH – Urt. v. 26.9.1990 – MDR 1991, 329 = NJW-RR 1991, 204 = WuM 1990, 546 = ZMR 1991, 19.

Dementsprechend führt sie auch nicht zur Beendigung des Vertrages; vielmehr besteht dieser mit allerdings wesentlich verändertem Inhalt fort, insbesondere besteht keine Wiederaufbaupflicht, BGH – Urt. v. 3.7.1974 – WPM 1974, 908: Abriss des vermieteten Gebäudes, BGH – Urt. v. 14.4.1976 – NJW 1976, 1506 = MDR 1976, 837 = WuM 1977, 5: Zerstörung des Pachtobjekts, BGH – Urt. v. 13.12.1991 – MDR 1992, 371 = WuM 1992, 133 = ZMR 1992, 140, OLG Hamm – Urt. v. 15.1.1981 – WuM 1981, 260.

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Bei nur teilweiser Zerstörung des Mietobjekts wird der Vermieter von seiner Verpflichtung zur Wiederherstellung nur frei, wenn die Teilzerstörung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung gleichkommt, ferner wenn die zumutbare Opfergrenze überschritten werden würde (s. dazu Rn. VII 92, 95).

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Ist die Vermieterleistung teilbar, etwa bei Vermietung von Haus und Garage oder Nebengebäuden auf einem Grundstück, und wird nur ein Teil zerstört, so besteht bezüglich dieses Teils ebenfalls keine Wiederaufbaupflicht; der Mietgebrauch beschränkt sich dann auf die unzerstörten Teile, BGH – Urt. v. 13.12.1991 – MDR 1992, 371 = WM 1992, 133 = ZMR 1992, 140 für Zerstörung einer Scheune auf einem landwirtschaftlichen Anwesen.

Von einer Teilbarkeit der Vermieterleistung kann man aber nur ausgehen, wenn die Nutzung auch ohne das zerstörte Gebäude möglich war und ist (BGH a.a.O.). 150

Sind Gaststättenräume durch Brand unbenutzbar geworden, hat der Vermieter die Räume jedoch wieder hergerichtet, so ist der vertragsgemäße Gebrauch gleichwohl insgesamt aufgehoben, solange die Verwaltungsbehörde die erneute Erteilung der Genehmigung für die Wiederbenutzung der Räume versagt, selbst wenn nur noch restliche Wiederherstellungsarbeiten auszuführen sind, BGH – Urt. v. 25.2.1987 – MDR 1987, 752 = ZMR 1987, 257.

Zur Pflicht, die Räume nach Wiederherstellung an die bisherigen Mieter zu vermieten, s. Rn. VII 93, VIII 205.

3. Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln a) Allgemeine Beweislastverteilung bei Mängeln 151

Grundsätzlich trägt derjenige, der aus dem Vorliegen von Mängeln Ansprüche ableitet, hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Macht der Mieter Erfüllungs1 S. zu § 536 BGB: Erman/Jendrek Rn. 9; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 497.

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Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln

Rn. VIII 152

oder Gewährleistungsansprüche geltend, trägt er diese Last. Wird etwa Schadensersatz nach § 536a Abs. 1 BGB verlangt, so muss er alle Tatbestandsvoraussetzungen – also den Mangel, die Kausalität für den Eintritt des Schadens, dessen Höhe sowie das Verschulden bzw. den Verzug des Vermieters – beweisen,1 BGH – Beschl. v. 25.1.2006 – MDR 2006, 983 = WuM 2006, 147 = ZMR 2006, 356, BGH – Urt. v. 7.6.2006 – MDR 2006, 1392 = NZM 2006, 659 = ZMR 2006, 680.

Das gilt auch für das Vorliegen von anfänglichen Mängeln. Eine Beweislastumkehr findet nicht deshalb statt, weil der Mieter nicht in der Lage wäre, die erforderlichen Tatsachen zu ermitteln, OLG Hamburg – Urt. v. 9.8.1989 – WuM 1990, 71.

Nach AG Neuss WM 1994, 382 muss sich der Vermieter aber auf Grund einer Mängelanzeige um die Feststellung der Beanstandungen kümmern, um Beweisnachteile im späteren Zahlungsprozess zu vermeiden. Verhält er sich auf die Anzeige passiv, so soll es ihm versagt sein, die Mängel pauschal zu bestreiten. Steht fest, dass ein Schaden am Mietobjekt eingetreten oder der Mietgebrauch sonst beeinträchtigt ist, ist aber unklar, ob der Schaden oder die Beeinträchtigung vom Mieter oder vom Vermieter zu vertreten sind, insbesondere auch, ob es sich um bloße Spuren der Abnutzung durch vertragsgemäßen Gebrauch handelt, so ist diese Frage nach der sog. Sphärentheorie zu klären. Sie besagt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Zurechnung eines Mangels der Mietsache nach Verantwortungsbereichen verteilt wird: Mindert der Mieter die Miete, so muss er das Vorhandensein eines Mangels beweisen. Der Vermieter muss demgegenüber beweisen, dass die Ursache des Mangels nicht aus seinem Pflichten- und Verantwortungsbereich stammt, sondern aus dem Herrschafts- und Obhutsbereich des Mieters (z.B. als Folge des Mietgebrauchs).2 Hat er diesen Beweis geführt, muss der Mieter wiederum nachweisen, dass er den Mangel nicht zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 1.3.2000 – NZM 2000, 549 im Anschluss an BGH – Urt. v. 18.5.1994 – BGHZ 126, 124 = NJW 1994, 2019 = WuM 1994, 466 = ZMR 1994, 465 (für Brandschaden); BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120 für Feuchtigkeitsschäden, als deren Folge der Mieter u.a. die Miete gemindert hat: Der Mieter trägt nur dann die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die Zerstörung der Mietsache nicht zu vertreten hat, wenn die vermieteten Räume unstreitig infolge des Mietgebrauchs zerstört worden sind (BGHZ 66, 349, 351 f. = WuM 1978, 90). Ist hingegen streitig, ob vermietete Räume infolge des Mietgebrauchs beschädigt worden sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt; eine in seinen eigenen Verantwortungsbereich fallende Schadensursache muss der Vermieter ausräumen (BGHZ 126, 124, 127 f. = WuM 1994, 466). Ist also streitig, ob Feuchtigkeitsschäden ihre Ursache im Verantwortungsbereich des Vermieters oder des Mieters haben, muss der Vermieter zunächst sämtliche Ursachen ausräumen, die aus seinem Gefahrenbereich herrühren 1 S. dazu Fischer-Dieskau/Franke BGB § 536a Anm. 11; § 538 Anm. 12.4; zu § 536a BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 181; Staudinger/Emmerich Rn. 46. 2 Bieber NZM 2006, 683, 684; s. auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536a Rn. 182.

1051

152

Rn. VIII 152a

Gewährleistung

können. Erst dann, wenn ihm dieser Beweis gelungen ist, muss der Mieter beweisen, dass die Feuchtigkeitsschäden nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammen (BGH NJW 1998, 595 = WuM 1998, 104, BGHZ 126, 124, 127 = NJW 1994, 2019, 2020 = WuM 1994, 466); BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 = MietRB 2008, 258 (Horst) für Fogging-Erscheinungen, auch soweit die Ursache hierfür zwar der Sphäre des Mieters zuzuordnen ist, der Mieter die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht überschritten hat (Ausstattung der Wohnung mit handelsüblichem Teppichboden. Streichen der Wände mit handelsüblichen Farben). Anders BGH – Beschl. v. 25.1.2006 – MDR 2006, 983 = WuM 2006, 147 = ZMR 2006, 356 = MietRB 2006, 154 (Krapf) für den Schadensersatzanspruch des Mieters bei Fogging: Die Voraussetzungen hierfür einschließlich des Verschuldens des Vermieters sind vom Mieter darzulegen und zu beweisen.

152a

Verlangt der Vermieter Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache und ist streitig, ob der Schaden eine Folge des Mietgebrauchs oder eine Mangelfolge ist, so trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt,1 BGH – Urt. v. 18.5.1994 – BGHZ 126, 124 = NJW 1994, 2019 = WuM 1994, 466 = ZMR 1994, 465.

Entsprechendes gilt, wenn ein Dritter den Schaden verursacht hat und der Vermieter geltend macht, dieser sei ein Erfüllungsgehilfe des Mieters, BGH – Urt. v. 3.11.2004 – NZM 2005, 100 = WuM 2005, 57 = ZMR 2005, 116: Ist streitig, ob vermietete Räume infolge Mietgebrauchs beschädigt sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache nicht aus dem Verhalten eines Dritten herrührt, für den der Mieter nicht (nach § 278 BGB) haftet.

153

Der Vermieter genügt seiner Pflicht, wenn er Umstände darlegt und beweist, auf Grund derer die Schadensursache selbst hinreichend wahrscheinlich festgestellt werden kann und diese von ihm nicht zu vertreten ist. Es kann von ihm nicht verlangt werden, dass er sein mangelndes Verschulden für bloß abstrakte Möglichkeiten anderer Schadensursachen beweist, BGH – Urt. v. 13.12.1991 – WuM 1992, 133 = ZMR 1992, 140.

154

Indes kann er sich nicht darauf berufen, dass er sich nur von solchen Schadensursachen entlasten müsse, die vernünftigerweise in Betracht kommen und nicht von nur theoretisch denkbaren, OLG München – Urt. v. 15.1.1997 – NJW-RR 1997, 1031 für Kurzschluss im Sicherungskasten innerhalb der Mietwohnung.

155

Der Vermieter braucht also nicht eine bestimmte Schadensursache aus dem Bereich des Mieters nachzuweisen; ist die konkrete Ursache unbekannt, so genügt es, dass auf Grund der Umstände des Einzelfalles nur eine Ursache aus dem Gefahrenbereich des Mieters in Betracht kommen kann, OLG Karlsruhe – RE v. 9.8.1984 – NJW 1985, 142 = WuM 1984, 267 = ZMR 1984, 417 für Leckageschäden aus der Mietwohnung in der darunter liegenden Wohnung. 1 Zum Fall: Brandschaden in den Mieträumen, wobei offen geblieben ist, ob der Brand durch einen vom Mieter aufgestellten Punktstrahler oder durch einen Kabelbrand eines nicht dem Mietgebrauch unterliegenden Kabels verursacht worden ist.

1052

Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln

Rn. VIII 159

Umgekehrt bedeutet dies für die Darlegungs- und Beweislast des Mieters: Ist ein Schaden beim Mietgebrauch entstanden und sind Ursachen, die in den Obhuts- und Verantwortungsbereich des Vermieters fallen, ausgeräumt, trägt der Mieter im Rahmen des § 538 BGB (§ 548 BGB a.F.) die Beweislast dafür, dass er den Schadenseintritt nicht zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 26.11.1997 – GE 1998, 175 = MDR 1998, 207 = NZM 1998, 117 = WuM 1998, 96, für Brandschäden: BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120 (s. Rn. VIII 152).

Behauptet der Mieter, die Mietsache sei nach Reparaturversuchen des Vermieters immer noch mangelhaft, so trägt der Vermieter die Beweislast für den Erfolg seiner Mängelbeseitigungsmaßnahmen,

156

BGH – Urt. v. 1.3.2000 – NZM 2000, 549, OLG Hamm – Urt. v. 28.9.1994 – NJW-RR 1995, 525.

Die Sphärentheorie gilt nicht für den Umfang und die Höhe des Schadens. Insoweit trifft den Geschädigten die volle Beweislast,

157

BGH – Urt. v. 7.6.2006 – NZM 2006, 659 = ZMR 2006, 680: Treten infolge eines Mangels der Mietsache Schäden an Sachen des Mieters ein, muss dieser die Schäden nach Grund und Höhe auch dann beweisen, wenn der Vermieter behauptet, die Sachen seien schon vor Schadenseintritt wertlos gewesen. Eine Umkehr der Beweislast tritt nicht ein.1

b) Anwendungsfälle Die Maßstäbe, die an die Darlegungslast zum Zwecke der Substantiierung der Mängel angelegt werden, sind sehr unterschiedlich. Die an sich strengen Anforderungen werden durch Gesichtspunkte der Zumutbarkeit abgemildert.

158

aa) Beheizung An die Darlegungslast des Mieters sind sehr strenge Anforderungen gestellt worden, so AG Neuss DWW 1997, 47 = ZMR 1997, 303: Rügt der Mieter unzureichende Temperaturen, so muss er über einen längeren Zeitraum Temperaturmessungen durchführen, aus denen hervorgeht, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten die Mindesttemperaturen (von 21° C) nicht erreicht wurden. Rügt er, dass die Heizkörper zu klein sind, so muss er eine Wärmebedarfsrechnung vorlegen, aus der sich der behauptete Mangel ergibt.

1 Zum Fall: Infolge eines Leckageschadens wurden Rohre, die der Mieter in der gemieteten Halle eingelagert hatte, beschädigt. Über diesen Schaden haben sich die Parteien geeinigt. Der Vermieter ließ das Dach reparieren, jedoch kam es zu einer erneuten Leckage, derzufolge erneut Rohre durch Wasser beschädigt wurden. Der Vermieter bestreitet, dass der Mieter einen Schaden erlitten habe, weil die Rohre zum Zeitpunkt des 2. Schadenseintritts wertlos gewesen seien.

1053

159

Rn. VIII 160

Gewährleistung

Die Temperaturen sind in 1,50 m Höhe in der Mitte des Raumes mit einem geeichten Thermometer zu messen (OVG Berlin – Urt. v. 12.9.1980 – WuM 1981, 68, 69). 160

Geringere Anforderungen werden gestellt, wenn die Heizung in der kalten Jahreszeit vollständig ausgefallen ist, BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 776 = WuM 2004, 531 = ZMR 2005, 101. Die Anforderungen an die Darlegungslast sind überspannt, wenn bei einem Totalausfall der Heizung und Warmwasserversorgung im Januar Ausführungen über die Höhe der erreichbaren Raumtemperatur und die Ursache des Heizungsausfalls gefordert werden. Der Mieter kommt seiner Darlegungslast nach, wenn er auf die Funktionsuntüchtigkeit einer Anlage hinweist. Es ist nicht erforderlich, die Ursache der Mängel zu erforschen oder gar Beseitigungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

bb) Beschädigungen 161

Ist streitig, ob vermietete Räume infolge Mietgebrauchs beschädigt sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache nicht aus dem Verhalten eines Dritten herrührt, für den der Mieter nicht (nach § 278 BGB) haftet,1 BGH – Urt. v. 3.11.2004 – NZM 2005, 100 = WuM 2005, 57 = ZMR 2005, 116.

162

Kommt als Ursache für einen Defekt einer Gasheizung sowohl ein unsachgemäßer Gebrauch durch den Mieter als auch der technische Verschleiß des Gerätes in Betracht, so muss sich der Vermieter hinsichtlich der letzteren Ursachenmöglichkeit zunächst entlasten, LG Berlin ZMR 1992, 302.

163

Ferner muss der Vermieter beweisen, dass der Mieter einen Sprung in der Scheibe verursacht hat, weil auch Verursachungsmöglichkeiten außerhalb des Einflussbereichs des Mieters möglich sind, AG Hannover WM 1988, 106.

164

Entsprechend liegt es bei einem Schadensfall durch Rohrverstopfungen: Auch wenn die Verstopfung des Abflussrohrs aus dem Wohnbereich des Mieters herrührt, soll der Vermieter beweispflichtig dafür sein, dass diese nicht auf Schwachpunkte oder Mängel des Baukörpers zurückzuführen ist, LG Kiel WM 1990, 499.

1 Zum Fall: Aus der gerade angemieteten Wohnung war es zu einem Leckageschaden in den darunter liegenden Räumen gekommen. Die vom Vermieter auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Mieter beriefen sich darauf, dass ein ihnen unbekannter Dritter den schadensauslösenden Absperrhahn der Küchenspüle geöffnet haben müsste; außer dem Vermieter habe auch noch der Vormieter Schlüssel zur Wohnung gehabt. Nach Auffassung des BGH habe der Vermieter diese Verursachungsmöglichkeit ausschließen müssen.

1054

Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln

Rn. VIII 166

cc) Bodenverunreinigungen Ist ungeklärt, ob das Grundstück schon zu Beginn des Mietverhältnisses kontaminiert war, so kann sich der Vermieter nicht auf den Beweis des ersten Anscheins dafür berufen, dass der Mieter den Ölschaden verursacht hat, zumal wenn das Grundstück schon zuvor jahrelang als Tanklager genutzt worden war,

165

BGH – Urt. v. 27.4.1994 – MDR 1994, 684 = WuM 1994, 677 = ZMR 1994, 360.

dd) Brandschäden Problematisch ist die Beweislast dann, wenn der Brand in den Mieträumen ausgebrochen ist.1 In diesem Fall kommt es darauf an, in wessen Obhuts- und Gefahrenbereich die Schadensursache lag. Derjenige, aus dessen Bereich sie stammt, muss sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit entlasten,2 BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2009, 29.

Bleibt unaufgeklärt, ob ein Brand in den Mieträumen durch einen Punktstrahler vor einer leicht brennbaren Teppichrolle oder durch einen Kabelbrand eines nicht dem Mietgebrauch unterliegenden Kabels verursacht worden ist, so geht dies zu Lasten des Vermieters, BGH – Urt. v. 18.5.1994 – BGHZ 126, 124 = NJW 1994, 2019 = WuM 1994, 466 = ZMR 1994, 465.

Nur wenn feststeht, dass der Schaden auf einer Benutzung der Mietsache beruht, muss sich der Mieter hinsichtlich der Verursachung und des Verschuldens entlasten, OLG München – Urt. v. 15.1.1997 – NJW-RR 1997, 1031: Aus den Gründen: Eine generelle Beweisbelastung des Mieters für Schäden, die nicht mit Sicherheit auf den Mietgebrauch zurückzuführen sind, führt zumindest im Wohnraummietrecht zu einer Risikoverteilung zu Lasten des Mieters. Dabei würde die Erhaltungspflicht des Vermieters nicht hinreichend berücksichtigt. Anderenfalls müsste sich der Mieter mit den technischen Einrichtungen des Hauses befassen, deren Instandhaltung Sache des Vermieters ist;3 ebenso für Feuchtigkeitsschäden: BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120 (s. Rn. VIII 152).

Steht fest, dass der Brand beim Mietgebrauch entstanden ist, hat der Vermieter die Ursachen, die in seinen Obhuts- und Verantwortungsbereich fallen, auszuräumen. Erst dann trägt der Mieter die Beweislast dafür, dass er den Schadenseintritt nicht zu vertreten hat, 1 S. zu § 538 BGB: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 12.7; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 5. 2 Zum Fall: Der Vermieter führte Reparaturarbeiten an seinem Kfz in einer Scheune durch, in der er Kfz-Stellplätze vermietet hat; ein ausgebrochener Brand hing mit seinem Kfz zusammen. 3 Zum Fall: Wohnungsbrand, dessen Ursache in einem Kurzschluss im elektrischen Sicherungskasten, aber auch im Zündeln der unbeaufsichtigten Kinder der Mieterin liegen konnte.

1055

166

Rn. VIII 167

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 26.11.1997 – GE 1998, 175 = MDR 1998, 207 = NZM 1998, 117, OLG Hamm – Urt. v. 4.10.1996 – ZMR 1997, 21.

ee) Feuchtigkeitsschäden 167

Das Vorliegen von Feuchtigkeitsschäden und die Beeinträchtigung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch muss der Mieter beweisen, OLG Celle – Beschl. v. 19.7.1984 – WuM 1985, 9 = ZMR 1985, 10.

Der Mieter muss Art und Umfang der Schäden hinreichend genau beschreiben; allgemeine Angaben wie „Feuchtigkeitserscheinungen“ ohne Angaben zur Art der Schäden (z.B. Schimmel, Lösen des Putzes), zum bestimmten Ort und zum Ausmaß der Schäden reichen nicht, LG Berlin NZM 1999, 1137.

Stützt der Mieter eine Mietminderung auf behauptete Feuchtigkeitsschäden, so soll der Vermieter diese nicht pauschal bestreiten können, wenn der Mieter die Mängel angezeigt hatte, der Vermieter sich aber nicht alsbald um eine Feststellung gekümmert hatte, AG Neuss WM 1994, 382.

168

Ist streitig, ob die Ursache eines Feuchtigkeitsschadens in der Wohnung aus der Sphäre des Vermieters oder des Mieters stammt, so gilt auch in diesem Zusammenhang die Beweislastverteilung nach der Sphärentheorie (s. Rn. VIII 152),1 BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120: Ist streitig, ob Feuchtigkeitsschäden ihre Ursache im Verantwortungsbereich des Vermieters oder des Mieters haben, muss der Vermieter zunächst sämtliche Ursachen ausräumen, die aus seinem Gefahrenbereich herrühren können. Erst dann, wenn ihm dieser Beweis gelungen ist, muss der Mieter beweisen, dass die Feuchtigkeitsschäden nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammen. So auch schon OLG Karlsruhe – RE v. 9.8.1984 – NJW 1985, 142 = WuM 1984, 267 = ZMR 1984, 417: Ist an der Mietwohnung ein Schaden eingetreten, der nicht allein durch die normale vertragsgemäße Abnutzung entstehen kann, trifft den Mieter die Beweislast, dass die Verschlechterung der Mietsache nicht von ihm verursacht und verschuldet worden ist, wenn nur eine Herkunft der Schadensursache aus dem seiner unmittelbaren Einflussnahme, Herrschaft und Obhut unterliegenden Bereich in Betracht kommt.2

169

Der Vermieter muss also zunächst beweisen, dass die Mietsache frei von Baumängeln ist und der Zustand der Fenster, Türen sowie Heizung keinen Ein1 S. dazu Blank PiG 31 (1989), S. 91 f.: Wärmedämmung und Feuchtigkeitsschäden; zur Beweislast bei Feuchtigkeitsschäden s. auch Lammel ZMR 1990, 41; ferner SchmidtFutterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 454. 2 Zum Fall: Aus der Wohnung des Mieters war es zu einem Leckageschaden in der darunter liegenden Wohnung gekommen – nach Behauptung des Vermieters, weil der Mieter entweder einen Wasserhahn nicht verschlossen oder bei Sanitärarbeiten unsachgemäß gearbeitet habe, nach Behauptung des Mieters, weil ein Rohrbruch hinter der gefliesten Wand vorliege oder ein Wasserdruckminderer defekt sei.

1056

Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln

Rn. VIII 172

fluss auf die Kondensatbildung ausübt. Ist dieser Nachweis geführt, so muss sich der Mieter entlasten und darlegen, wie er geheizt und gelüftet hat und dass die Möblierung nicht ursächlich für die Feuchtigkeitsschäden ist. Bleibt offen, ob nicht auch Einflüsse außerhalb des Mieterverhaltens ursächlich für die Feuchtigkeitsschäden sind, so trägt der Vermieter die Beweislast, LG Mannheim ZMR 1989, 424, ZMR 1991, 481 (LS), LG Freiburg WuM 1989, 559, ebenso LG Braunschweig ZMR 2002, 916: Streiten Vermieter und Mieter über die Ursache aufgetretener Feuchtigkeitserscheinungen, so hat der Vermieter zunächst zu beweisen, dass dafür Baumängel nicht verantwortlich sind. Wenn dieser Beweis geführt ist, muss der Mieter beweisen, dass er dem allgemein zumutbaren Normverhalten entsprochen hat.

Kommt als Ursache der Feuchtigkeit ein baulicher Umstand in Betracht, so sind die Verhältnisse nach den Regeln der Technik zur Zeit der Errichtung des Gebäudes und nicht nach den aktuellen technischen Vorschriften zu beurteilen, LG Berlin GE 1999, 380.

Beweisanzeichen zu Gunsten des Vermieters sind, dass

170

– Außenfeuchte nicht vorliegt, – das Gebäude wärmetechnisch den Anforderungen der Baualtersklasse entspricht, – Schäden beim Vormieter und bei Mietern vergleichbarer Wohnungen nicht aufgetreten sind (LG Göttingen WuM 1986, 308). Eine bauphysikalische Überprüfung wird sich darauf beziehen müssen, ob Wärmebrücken vorhanden sind und die Raumthermik so beschaffen ist, dass jedenfalls eine Gefahrenquelle in Bezug auf Feuchtigkeitsschäden ausscheidet. Eine solche Gefahrenquelle kann durch einen nachträglichen Eingriff in die raumklimatischen Verhältnisse indiziert sein, z.B. Einbau von Isolierglasfenstern oder Abriss einer Nachbarbebauung, LG Gießen ZMR 2000, 537, ferner LG Düsseldorf WuM 1989, 13 = WuM 1992, 187, LG Hamburg WuM 1990, 290, AG Neuss WuM 1994, 382.

Es ist jedenfalls eine unzutreffende Vereinfachung, dem Vermieter nur von außen eindringende Feuchtigkeit anzulasten; auch die Folgen von Wärmebrücken und Eingriffen in die raumklimatischen Verhältnisse fallen in seine Sphäre,

171

AG Köln ZMR 1999, 262: Weist eine Wohnung Feuchtigkeitsschäden auf, so genügt der Vermieter nicht seiner Darlegungslast, wenn er für die Schäden ohne näheren Vortrag ein falsches Lüftungsverhalten des Mieters verantwortlich macht. Er hat vielmehr im Einzelnen darzulegen, wie sich die Wärmedämmung des Objekts darstellt und dass sich bei üblicher Lüftung (2–3 mal täglich für 10 Min.) das Auftreten von Feuchtigkeit vermeiden lässt.

Hat der Vermieter den Entlastungsbeweis geführt, so trifft nunmehr den Mieter die entsprechende Beweisführungslast. Allerdings kann man von ihm nicht den Beweis verlangen, dass die Feuchtigkeitsschäden bei normalem, 1057

172

Rn. VIII 173

Gewährleistung

sachgerechten Wohnverhalten auf spezielle bauliche Mängel zurückzuführen sind (so aber LG Berlin GE 1999, 380, 381). Vielmehr ist auch ihm der Negativbeweis zuzubilligen, dass aus seinem Einfluss- und Verantwortungsbereich herrührende Ursachen ausscheiden. Die Unaufklärbarkeit wirkt sich zu Lasten des Vermieters aus, jedenfalls was den Erfüllungsanspruch, die Mietminderung und die Garantiehaftung anbelangt. 173

Kommt es zu Feuchtigkeitsschäden erst im Zusammenwirken von Mängeln des Mietobjekts und dem vertragsgemäßen Nutzungsverhalten des Mieters, so fallen sie in die Risikosphäre des Vermieters, LG Mannheim ZMR 1989, 424 beim Zusammenwirken von aufsteigender Feuchtigkeit und Raumfeuchte durch einen vertragsgemäß geführten Friseurbetrieb in den Mieträumen; s. auch BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 = MietRB 2008, 258 (Horst) für Foggingschäden.

174

Dass das (Wohn-)Verhalten des Mieters mitursächlich und vielleicht sogar – bei einer Schadensgeneigtheit des Objekts – der auslösende Faktor ist, schließt danach die Zurechnung des Mangels zu Lasten des Vermieters und Gewährleistungsansprüche des Mieters noch nicht aus. Hier sind die Grundsätze über das beiderseitige Verschulden (§ 254 BGB) zu beachten, wenn auch dem Mieter durch unrichtiges Wohnverhalten eine Mitursächlichkeit anzulasten ist, LG Bonn WuM 1991, 300 = ZMR 1991, 300: Beruht die Schimmelpilzbildung sowohl auf Baumängeln als auch auf vermeidbarem Verhalten des Mieters, wäre also bei verändertem zumutbaren Heiz- und Lüftungsverhalten ein feuchtigkeitsbedingter Schaden zum Teil vermeidbar gewesen, so sind die Gewährleistungsfolgen entsprechend § 254 BGB zu kürzen.

Auch eine etwaige Überbelegung der Wohnung muss sich der Mieter in diesem Zusammenhang zurechnen lassen.1 174a

Beruft sich der Mieter darauf, dass ein festgestellter Schimmelbefall gesundheitsschädlich (i.S. von § 569 Abs. 1 BGB) ist, so trifft ihn die Beweislast, dass der vorgefundene Schimmelpilz toxinbindend ist. Dafür reicht eine ärztliche Bescheinigung, die ohne Laboruntersuchung ausgestellt worden ist, nicht aus,2 KG – Urt. v. 26.2.2004 – ZMR 2004, 513, s. auch BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601: Die Frage, ob Schimmelpilz in Mieträumen die Gesundheit der Bewohner gefährdet, lässt sich nicht allgemein beantworten und kann in vielen Fällen nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten geklärt werden.

175

Verlangt der Vermieter Schadensersatz wegen Obhutspflichtverletzungen, so genügt es nicht, dass er sich bezüglich der aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden 1 Vgl. dazu Isenmann WM 1996, 602: Belegungsfaktor als Instrument zur Beurteilung, ob Feuchtigkeitserscheinungen in der Wohnung vom Mieter zu vertreten sind. S. auch Reismann MM 1995, 439: Schimmelpilzproblematik aus mietrechtlicher Sicht. 2 Kritisch dazu Selk/Hankammer NZM 2008, 67 f.

1058

Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln

Rn. VIII 177

entlastet, sondern er muss konkrete Pflichtverletzungen und ein Verschulden des Mieters darlegen. Da Letzteres Kenntnisse über die bauphysikalischen und raumklimatischen Verhältnisse voraussetzt, muss eine ausreichende Belehrung des Vermieters in der Regel vorangegangen sein (s. dazu Rn. VII 248), LG Berlin ZMR 1987, 378, LG Düsseldorf WuM 1989, 13, AG Neuss WuM 1994, 382.

ff) Fogging Verlangt der Mieter Schadensersatz wegen Schäden, die durch das Phänomen der Wohnungsschwärzung (Fogging) eingetreten sind, so hat er nach Auffassung des BGH alle Anspruchsvoraussetzungen einschließlich eines Verschuldens des Vermieters nachzuweisen. Bleibt ungeklärt, in welchem Verantwortungsbereich die Schadensursache gesetzt worden ist, so soll dies zu Lasten des Mieters gehen. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn feststeht, dass die Schadensursache im Herrschafts- und Einflussbereich des Vermieters gesetzt worden ist; in diesem Fall muss sich der Vermieter hinsichtlich des Verschuldens entlasten,

176

BGH – Beschl. v. 25.1.2006 – WuM 2006, 147 = ZMR 2006, 356 = MietRB 2006, 154 (Krapf).

Anders verhält es sich, wenn der Mieter Erfüllung verlangt, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 = MietRB 2008, 258 (Horst): Einen im Laufe des Mietverhältnisses auftretenden Mangel der Mietsache hat der Vermieter auch dann auf seine Kosten zu beseitigen, wenn die Mangelursache zwar der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist, der Mieter den Mangel aber nicht zu vertreten hat, weil er die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht überschritten hat.1

Die entsprechende Beweislastverteilung muss auch im Falle der Minderung gelten. Die Rspr. des BGH geht noch über die Rspr. der Instanzgerichte hinaus, die auf die jeweiligen Risikosphären der Mietparteien abstellt, LG Duisburg – Urt. v. 5.8.2003 – WuM 2003, 494: Die Beweislast verteilt sich bei dem Phänomen der Wohnungsschwärzung in Annlehnung an die Rspr. zur Beweislast beim Auftreten von Feuchtigkeitsschäden nach Gefahrenbereichen; ebenso LG Berlin NZM 2002, 523: Erst wenn hinreichend bewiesen ist, dass die Schadensursache aus dem Obhutsbereich des Mieters hervorgegangen sein muss, muss sich dieser entlasten, dass er nicht schuldhaft gehandelt hat.

Trotz der Komplexität der Ursachen für Fogging2 sind sie zum einen nicht von vornherein nutzerverursacht und zum anderen a limine der Leistungssphäre des Vermieters zuzurechnen, weil die Wohnungsschwärzung dem Mietobjekt

1 Zum Fall: Ausstattung der Wohnung mit einem handelsüblichen Teppichboden, Streichen der Wände mit handelsüblichen Farben, das Reinigen der Fenster im Winter als vertragsgemäßer Gebrauch. 2 Eingehend dazu Szewierski/Morsike ZMR 2003, 550.

1059

177

Rn. VIII 178

Gewährleistung

anhaftet. Es geht hier zunächst nicht um den Nachweis eines pflichtwidrigen Verhaltens, sondern um die Frage der objektiven Zurechnung eines Schadens. Misslingt dem Vermieter dieser Nachweis, so können hieraus zu Gunsten des Mieters nur der Erfüllungsanspruch und die Minderungsbefugnis erwachsen. Hierbei kann entsprechend dem Grundgedanken des § 254 Abs. 1 BGB sowohl eine Kostenbeteiligung des Mieters am Aufwand für die Behebung der Foggingschäden als auch eine Reduzierung der Minderungsquote in Betracht kommen. Im Übrigen wäre es auch nicht – wie der BGH in seiner Entscheidung v. 25.1.2006 (WuM 2006, 147) meint – contra legem, dem Vermieter den Nachweis für ein pflichtgemäßes Verhalten aufzuerlegen. Sofern überhaupt ein derartiges Verhalten postuliert wird, das zudem vom Mieter darzulegen wäre, hätte der Vermieter wie jeder andere Schuldner auch die Erfüllung zu beweisen. 178

Allerdings können dem Vermieter indizielle Beweiserleichterungen zugute kommen: Beweist er, dass die Wohnung frei von Baumängeln zur Verfügung gestellt worden ist und treten Foggingerscheinungen erst nach baulichen Veränderungen durch den Mieter auf, die über den vertragsgemäßen Gebrauch hinausgehen und zumindest als Risikofaktoren für den Fogging-Effekt eingestuft werden können, so kann der Mieter nicht mindern. gg) Frostschäden

179

Ist ein Frostschaden in der Wohnung des Mieters während dessen Abwesenheit eingetreten, so kann nicht von einem ersten Anschein ausgegangen werden, dass der Mieter seine Obhutspflicht verletzt hat. Vielmehr ist es zunächst Sache des Vermieters, alle möglichen gebäudetechnischen Ursachen auszuschließen, die aus seiner Sphäre stammen, wie insbesondere ausreichende Beheizbarkeit der Räume und Wärmedämmung der gefährdeten Rohre oder Leitungen. Die Heizpflicht des Mieters auf Grund seiner Obhutspflicht beschränkt sich im Falle seiner Abwesenheit auf die Frostsicherung. Die bauliche Beschaffenheit der Mieträume muss also derart sein, dass eine solche Sicherung ausreicht, um ein Einfrieren der Leitungen auch bei starkem Frost zu vermeiden. Hat der Vermieter eine derartige Beschaffenheit bewiesen, so mag eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass der Schaden auf dem Unterlassen erforderlicher und zumutbarer Vorkehrungen gegen Frostschäden beruht, OLG Hamm – Urt. v. 9.6.1995 – WuM 1996, 470: Einem solchen Anscheinsbeweis ist aber dann die Grundlage entzogen, wenn als ernstliche und nicht nur vage Schadensursache der primäre Ausfall einer außerhalb der Mietwohnung befindlichen Heizungsanlage (hier in einem vom Vermieter genutzten Erdgeschossraum) und die erst dann daraus resultierende Beschädigung der Heizkörper in der Wohnung des Mieters in Betracht kommt.

1060

Darlegungs- und Beweislast bei Mängeln

Rn. VIII 184

hh) Lärm Der Mieter muss die Störungen so substantiiert vortragen, dass anhand seines Vortrages das Ausmaß der Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit festgestellt werden kann. Ein Vortrag wie „aus der Nachbarwohnung seien fast rund um die Uhr Geräusche und Unterhaltungen zu hören“, reicht für die erforderliche Darlegung jedenfalls nicht aus,

180

LG Berlin GE 1995, 1211, s. auch LG Berlin GE 1999, 839 zur Kündigung des Mieters wegen Lärms nach § 569 Abs. 1 BGB.

Macht der Mieter Gewährleistungsrechte wegen Hundegebells geltend, so soll er gehalten sein vorzutragen, an welchen Tagen, zu welcher Uhrzeit und in welcher Lautstärke sich die Belästigungen ereignet haben sollen, KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796.

Der Wert von sog. Lärmprotokollen, die der gestörte Mieter erstellt hat, ist umstritten.

181

AG Bergisch Gladbach WuM 2003, 29: Auf die gesamte Richtigkeit eines sog. Lärmprotokolls kann das Gericht auf Grund punktueller Zeugenaussagen schließen; AG Münster WuM 2003, 355: Lärmprotokolle sind nur Hilfsmittel; sie können über die subjektive Einschätzung hinaus keine Erkenntnisse erbringen.

Hat der Mieter ein umfangreiches Lärmprotokoll erstellt, so soll der Vermieter dies nicht mit Nichtwissen bestreiten dürfen; denn er könne durch eigene Wahrnehmungen sich selbst einen Eindruck verschaffen, AG Saarburg WM 1999, 548.

Was Beeinträchtigungen durch Baulärm über einen längeren Zeitraum anbelangt, sind großzügigere Maßstäbe angelegt worden,

182

KG – Urt. v. 8.4.1999 – NZM 2000, 40: Die Behauptung, dass die Klopfgeräusche jeden Tag während des Geschäftsbetriebs des Mieters vorgeherrscht hätten, ist ausreichend substantiiert. Eine nähere zeitliche Konkretisierung hinsichtlich der einzelnen Stunden und Minuten ist nicht erforderlich.

Ebenso kann bei umfangreichen Sanierungsmaßnahmen an der Außenfassade mit Einrüstung und Verhüllung durch Abdeckplane vom Mieter nicht die einzelne Darlegung verlangt werden, wann, an welchem Tag, zu welcher Stunde welches Geräusch aus welcher Richtung in welcher Lautstärke kam und welches Ausmaß die Verschmutzung täglich einnahm. Für einen derartigen Fall kann eine feste Minderungsquote für die Dauer des Bauvorhabens zugesprochen werden,

183

KG – Urt. v. 8.1.2001 – GE 2001, 620, ebenso LG Berlin MM 1994, 396: Vom Mieter kann eine minutiöse Darlegung von Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen über einen Zeitraum von einem Jahr nicht verlangt werden. Dem Mieter ist auch nicht zuzumuten, sich zur Beweisführung ein Lärmmessgerät zu beschaffen oder von seiner Berufstätigkeit abzusehen.

Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, dass für die Beurteilung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, es regelmäßig geboten sein wird, sich durch einen Ortstermin einen eigenen Eindruck zu verschaffen, 1061

184

Rn. VIII 185

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 5.2.1993 – BGHZ 121, 248, 254 = WuM 1993, 277 = ZMR 1993, 269: Maßgebend sind alle Umstände des Einzelfalles, die den Tatrichter in den meisten Fällen dazu zwingen, sich über einen Ortstermin einen persönlichen Eindruck zu verschaffen (Lärm und Geruchsimmissionen, die von einem Jugendzeltplatz ausgehen); OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.1.1997 – WuM 1997, 221 = ZMR 1997, 181 jeweils zu § 906 BGB.

ii) Schutzpflichten des Vermieters 185

Kommt die Verletzung von Schutzpflichten in Betracht, so trägt der Geschädigte grundsätzlich die Beweislast für eine Pflichtverletzung, auch wenn diese in einem Unterlassen (hier: einer gebotenen Aufklärung) besteht. Insofern wird vom Geschädigten ein Negativbeweis erwartet. Die beanspruchte Partei muss aber substantiiert bestreiten und der Geschädigte muss dann die Unrichtigkeit dieser Darstellung beweisen. Handelt es sich um Umstände, die seinem Kenntnis- und Gefahrenbereich entzogen sind, so muss sich der als Schädiger Beanspruchte dann entlasten, wenn sich aus der Sachlage zunächst der Schluss rechtfertigt, dass er die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt hat und die Schadensursache aus einem Gefahrenbereich hervorgegangen ist, für den er im Zweifel verantwortlich ist, BGH – Urt. v. 20.6.1990 – MDR 1991, 238 = NJW-RR 1990, 1422 = WuM 1991, 83.1

Zu einer Beweislastumkehr kommt es, wenn feststeht, dass die Schadensursache im Obhuts- und Gefahrenbereich des Anspruchgegners liegt. Er muss sich dann nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtverletzung entlasten, BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2009, 29: Brandschaden bei Kfz-Reparatur des Vermieters in der als Garage vermieteten Scheune; s. auch BGH – Urt. v. 16.2.2005 – ZMR 2005, 520, 522.

186

Der Beweis des ersten Anscheins ist auch bei einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zulässig, wenn sich im Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung besonderer Verhaltenspflichten begegnet werden soll, BGH DWW 1994, 46 = MDR 1994, 613 = WuM 1994, 218 für Sturz auf zu glatt gebohnerter Treppe im Treppenhaus.

jj) Umweltgifte 187

Der Mieter hat den Tatbestand der Kontamination, insbesondere das Überschreiten etwaiger Grenzwerte, zu beweisen. An die Darlegung der Dauer und des Umfangs einer Kontamination mit Umweltgiften sind jedoch nicht allzu strenge Anforderungen gestellt worden, LG Hannover WM 1997, 434: Behauptet der Mieter eine Asbestkontamination, so sind ihm regelmäßige Raumluftmessungen nicht zuzumuten.

1 Zum Fall: Hinweispflicht des Vermieters auf Erkrankung von Pferden im Mietstall.

1062

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 190

Werden die einschlägigen medizinischen oder technischen Grenzwerte überschritten, so spricht eine Gefahrvermutung dafür, dass ein Mangel vorliegt; anderenfalls besteht ein Indiz dafür, dass nur eine unwesentliche Beeinträchtigung gegeben ist,1

187a

BGH – Urt. v. 13.2.2004 – WuM 2004, 217 für die Einhaltung der Grenzwerte für Elektrosmog nach der 26. BImSchV, s. auch BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 504 = WuM 2006, 304 = ZMR 2006, 670.

Beruft sich der Mieter darauf, dass (bloße) medizinische oder technische Vorsorgewerte, die der Gesundheit oder Sicherheit der Wohnungsnutzer dienen, überschritten worden sind, so muss er die konkrete Gefährdung beweisen.2 Bei Braunverfärbung von Wasser soll dem Mieter die Darlegung obliegen, dass die Verfärbung auf mangelhafte Leitungen im Haus zurückzuführen, und auszuschließen ist, dass sie durch Arbeiten der Stadt an den Grundwasserleitungen aufgetreten sind,

188

KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796.

Dagegen bestehen Bedenken; denn für die Annahme eines Mangels reicht es, dass eine Verfärbung des Wassers vorliegt. Steht diese fest, so wäre es nach der sog. Sphärentheorie (s. Rn. VIII 152) Sache des Vermieters, alle Umstände auszuschließen, die in seine Risikosphäre fallen. Dazu zählt die Mängelfreiheit der Leitungen.

4. Leistungsstörungen und Gewährleistung Die Gewährleistungsansprüche stehen gleichrangig sowohl neben dem Erfüllungsanspruch (und damit der Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 BGB) als auch untereinander. Der Mieter kann also neben dem Erfüllungsverlangen nach § 536 BGB mindern oder Schadensersatzansprüche nach § 536a BGB geltend machen (Rn. VIII 280 f.). Neben Minderung und der Forderung von Schadensersatz kann er nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen,

189

BGH – Urt. v. 18.1.1995 – DWW 1995, 279 für Schadensersatz und fristlose Kündigung, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 für Minderung, s. auch BGH – Urt. v. 7.5.1982 – BGHZ 84, 42.

Gewährleistungsrechte sind grundsätzlich erst dann gegeben, wenn dem Mieter das Mietobjekt überlassen worden ist; vor diesem Zeitpunkt gelten die allgemeinen Vorschriften,3 1 Kritisch dazu Eisenschmid, Sind Grenzwerte Vertrauenssache? – Der Streit um die Elektrosmog-Verordnung, FS Derleder, 2005, S. 239 f. 2 S. dazu Sternel, Miete und Umwelt – Wohngifte und Gewährleistung, FS Derleder, 2005, S. 299, 303. 3 Blank/Börstinghaus BGB § 536a Rn. 3; Erman/Jendrek Rn. 10, 12 vor § 536 BGB; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 437, 473; Staudinger/Emmerich BGB § 536 Rn. 9, § 536a Rn. 2; Gruber WuM 2002, 252, 254; kritisch Herrlein/Kandelhard

1063

190

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 190

Werden die einschlägigen medizinischen oder technischen Grenzwerte überschritten, so spricht eine Gefahrvermutung dafür, dass ein Mangel vorliegt; anderenfalls besteht ein Indiz dafür, dass nur eine unwesentliche Beeinträchtigung gegeben ist,1

187a

BGH – Urt. v. 13.2.2004 – WuM 2004, 217 für die Einhaltung der Grenzwerte für Elektrosmog nach der 26. BImSchV, s. auch BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 504 = WuM 2006, 304 = ZMR 2006, 670.

Beruft sich der Mieter darauf, dass (bloße) medizinische oder technische Vorsorgewerte, die der Gesundheit oder Sicherheit der Wohnungsnutzer dienen, überschritten worden sind, so muss er die konkrete Gefährdung beweisen.2 Bei Braunverfärbung von Wasser soll dem Mieter die Darlegung obliegen, dass die Verfärbung auf mangelhafte Leitungen im Haus zurückzuführen, und auszuschließen ist, dass sie durch Arbeiten der Stadt an den Grundwasserleitungen aufgetreten sind,

188

KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796.

Dagegen bestehen Bedenken; denn für die Annahme eines Mangels reicht es, dass eine Verfärbung des Wassers vorliegt. Steht diese fest, so wäre es nach der sog. Sphärentheorie (s. Rn. VIII 152) Sache des Vermieters, alle Umstände auszuschließen, die in seine Risikosphäre fallen. Dazu zählt die Mängelfreiheit der Leitungen.

4. Leistungsstörungen und Gewährleistung Die Gewährleistungsansprüche stehen gleichrangig sowohl neben dem Erfüllungsanspruch (und damit der Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 BGB) als auch untereinander. Der Mieter kann also neben dem Erfüllungsverlangen nach § 536 BGB mindern oder Schadensersatzansprüche nach § 536a BGB geltend machen (Rn. VIII 280 f.). Neben Minderung und der Forderung von Schadensersatz kann er nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen,

189

BGH – Urt. v. 18.1.1995 – DWW 1995, 279 für Schadensersatz und fristlose Kündigung, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 für Minderung, s. auch BGH – Urt. v. 7.5.1982 – BGHZ 84, 42.

Gewährleistungsrechte sind grundsätzlich erst dann gegeben, wenn dem Mieter das Mietobjekt überlassen worden ist; vor diesem Zeitpunkt gelten die allgemeinen Vorschriften,3 1 Kritisch dazu Eisenschmid, Sind Grenzwerte Vertrauenssache? – Der Streit um die Elektrosmog-Verordnung, FS Derleder, 2005, S. 239 f. 2 S. dazu Sternel, Miete und Umwelt – Wohngifte und Gewährleistung, FS Derleder, 2005, S. 299, 303. 3 Blank/Börstinghaus BGB § 536a Rn. 3; Erman/Jendrek Rn. 10, 12 vor § 536 BGB; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 437, 473; Staudinger/Emmerich BGB § 536 Rn. 9, § 536a Rn. 2; Gruber WuM 2002, 252, 254; kritisch Herrlein/Kandelhard

1063

190

Rn. VIII 190a

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 18.6.1997 – NJW 1997, 2813 = WuM 1997, 617 = ZMR 1997, 565, BGH – Urt. v. 4.5.2005 – MDR 2005, 975 = NZM 2005, 500 = ZMR 2005, 612.

Das gilt nach neuerer Rspr. auch für die sog. Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel (§ 536a Abs. 1 BGB). Der Vermieter haftet wegen solcher Mängel vor der Übergabe nur, wenn er das Erfüllungshindernis zu vertreten hat (§ 311a Abs. 2 BGB), oder nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, wenn er es verschwiegen oder den Mieter sonst darüber hinweg getäuscht hat, BGH – Urt. v. 18.6.1997 – BGHZ 136, 102 = NJW 1997, 2813 = WM 1997, 617.

190a

Das stößt zunehmend auf Kritik, die eine Ausweitung der Garantiehaftung schon vor Übergabe der Mietsache befürwortet.1 Nicht zu verkennen ist, dass die gegenwärtige Gesetzeslage einen Wertungswiderspruch enthält, indem der Vermieter bei Leistungshindernissen vor der Übergabe nur der verschuldensbezogenen Haftung aus § 311a Abs. 2 BGB, nach der Übergabe jedoch der verschuldensunabhängigen Garantiehaftung ausgesetzt ist. Diesen Widerspruch hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, da er auf die mieterschützende Funktion der Garantiehaftung nicht verzichten wollte.2 Mag es auch gute Gründe für die Ausweitung der Garantiehaftung geben, so sprechen der Wortlaut des Gesetzes sowie der Sinn der Regelung, dem Vermieter bis zur Übergabe die Chance zur Erfüllung zu geben, dafür, die bisherige Unterscheidung beizubehalten.

190b

Jedoch sind Ausnahmen von dem Grundsatz, dass das Gewährleistungsrecht erst nach der Übergabe anzuwenden ist, anerkannt. So besteht das Recht zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB nach dem Gesetzeswortlaut schon dann, wenn der Vermieter mit der Übergabe in Verzug geraten ist (s. Rn. VIII 342). Auch wird die Haftung für Rechtsmängel bereits dann bejaht, wenn der Vermieter außerstande ist, den Gebrauch zu gewähren, BGH – Urt. v. 5.7.1991 – NJW 1991, 3277 = WuM 1991, 545 = ZMR 1991, 418.

191

Umstritten ist, ob die Gewährleistungsrechte, insbesondere die Minderungsbefugnis des Mieters, dort ihre Grenze finden, wo der Eigentümer weder Abwehr- noch Entschädigungsansprüche durchsetzen kann. Dafür ist geltend gemacht worden, dass die Rechte des Mieters nicht weitergehen können als diejenigen des vermietenden Eigentümers, so OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.10.1990 – DWW 1991, 50: Kein Mangel, wenn Passanten durch auf der Straße parkende Fahrzeuge anderer Mieter der Blick auf die Schaufensterauslagen des Ladenraummieters verstellt wird, da der Vermieter keine Handhabe besitze, hiergegen vorzugehen;3 Rn. 3 vor § 536 BGB; abweichend Derleder WuM 2002, 407, 411 für die Garantiehaftung nach § 536a Abs. 1 BGB sowie bei vor Übergabe erfolgter endgültiger Weigerung des Vermieters, den Mangel zu beheben; s. auch Emmerich NZM 2002, 362. 1 Kandelhard WuM 2003, 3; Timme NZM 2003, 703; Joussen ZMR 2004, 553; s. auch MünchKomm/Schilling Rn. 9, 10 vor § 536 BGB; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 479; Staudinger/Emmerich Rn. 4 vor § 536 BGB. 2 Schmidt-Räntsch u.a., Das neue Schuldrecht, 2002, S. 628; Staudinger/Emmerich Rn. 2 vor § 536 BGB. 3 Hier wird es schon an der Unmittelbarkeit des Eingriffs fehlen.

1064

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 192

OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.11.1997 – NZM 1998, 481 für erheblich eingeschränkte Zugangsmöglichkeit infolge von Straßenbauarbeiten, die auch jeder Anlieger hinnehmen müsste (gegen OLG Köln NJW 1972, 1842).

Das BayObLG hat es dagegen im Rechtsentscheid v. 4.2.1987 (NJW 1987, 1950) abgelehnt, die nachbarrechtlichen Grundsätze des § 906 Abs. 2 BGB analog auf das Mietverhältnis zu übertragen. Die Interessenlage im Verhältnis des Eigentümers zum Störer sei anders als diejenige der Mietparteien. Ob der Vermieter gegenüber dem Störer Regress nehmen könne, liege in dessen Risikobereich. Ein Zusammenhang zwischen der Mietminderung und § 906 Abs. 2 BGB bestehe nur insofern, als der Vermieter gegenüber dem Störer einen Ausgleichsanspruch habe, sofern der Mieter mit der Mietminderung durchdringe (und darüber hinaus der Ertrag des Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird). Dem ist zu folgen; denn der Unterschied zum Nachbarrecht liegt darin, dass zwischen Vermieter und Mieter ein vertragliches Band besteht.

191a

Mindert der Mieter wegen nachbarlicher Immissionen, die der Vermieter nach § 906 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB dulden muss, so steht Letzterem gegenüber dem Nachbarn ein Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu. Nutzt der Vermieter das Grundstück gewerblich, so kann bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs der Ertragswert zugrunde gelegt werden (s. für vorübergehende Beeinträchtigungen: BGHZ 57, 349: U-Bahnbau; BGHZ 62, 361: zeitweise Sondernutzung eines Gehwegs). Für dauernde Beeinträchtigungen gilt im Grundsatz nichts anderes. Nur ist in diesen Fällen dem Ausgleich der Ertragsminderung mit dem Wert des Objekts eine Grenze gesetzt. Denn der Verkehrswert der entzogenen Substanz, nicht die hypothetische Vermögenslage beim Ausbleiben der Beeinträchtigung, ist für die Obergrenze des Ausgleichsanspruchs bestimmend (BGHZ 57, 359, 368),

191b

BGH – Urt. v. 7.4.2000 – GE 2000, 1098,

zur Berechnung der Entschädigung s. auch OLG München – Urt. v. 18.9.2008 – NZM 2008, 81: Bei der Nutzungsbeeinträchtigung eines Wohngrundstücks kann für die Bemessung eines angemessenen Ausgleichs auf den Maßstab einer fiktiven Mietminderung zurückgegriffen werden. LG Hamburg, MDR 1999, 154 = NZM 1999, 169: Ist ein Wohnungsmieter berechtigt, den Mietzins um 20% für die Zeit lauter Bauarbeiten zu mindern, so kann der Vermieter vom Veranlasser der Bauarbeiten Ersatz verlangen, soweit die Minderung über 6% hinausgeht. Die durchschnittliche Nettorendite liegt bei 6%;1 diesen Verlust muss der Vermieter selbst tragen.

Das Recht der Leistungsstörungen ist durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (SchuldRModG) neu geregelt und geordnet worden. Es ist am 1.1.2002 in Kraft getreten und gilt für Mietverhältnisse, die vor diesem Stichtag bereits begründet waren, erst seit dem 1.1.2003 (s. Art. 229 § 5 EG BGB). Es hat – anders als im Kauf- und Werkvertragsrecht – nichts an der Spezialität 1 Damaliger verkehrsüblicher Zinssatz für 1. Hypotheken als Ansatz für die Eigenkapitalverzinsung.

1065

192

Rn. VIII 192a

Gewährleistung

der Gewährleistungsrechte vor dem allgemeinen Recht der Leistungsstörungen ab dem Zeitpunkt der Übergabe des Mietobjekts geändert.1 192a

Umstritten war, ob es als späteres Gesetz die Übergangsregeln des MRRG in Art. 229 § 3 EGBGB verdrängt. Das ist wegen der Spezialität der letztgenannten Vorschrift zu Recht verneint worden,2 BGH – Urt. v. 6.4.2005 – WuM 2005, 3423 = ZMR 2005, 446, s. bisher schon LG Berlin WuM 2004, 102, LG Duisburg NZM 2004, 778, LG Hamburg WuM 2005, 63; anders LG Leipzig NZM 2005, 178 = ZMR 2005, 195.

Das Verhältnis der einzelnen Institute der Leistungsstörungen zum Gewährleistungsrecht ist noch nicht abschließend geklärt. a) Verschulden bei Vertragsverhandlungen und Mängel 193

Klärt der Vermieter den Mieter über ihm bekannte wesentliche Mängel der Mietsache nicht auf (z.B. über Feuchtigkeitserscheinungen, Schimmelbildung, über besondere Hellhörigkeit), so trifft ihn ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen, für das er dem Mieter auf Schadensersatz nach §§ 311, 280 BGB haftet (s. Rn. I 291). Nach bisheriger Auffassung sollen aber die Gewährleistungsrechte wegen Sachmängeln aus §§ 536 f. BGB, die zum Teil nicht so weit gehen, dann eingreifen, sobald dem Mieter die Sache übergeben worden ist, es sei denn, dass der Vermieter arglistig gehandelt hat, BGH – Urt. v. 18.6.1997 – BGHZ 136, 102 = NJW 1997, 2813 = WuM 1997, 617.

194

Diese Beschränkung ist nach Inkrafttreten des SchuldRModG auf Kritik gestoßen.4 Indes gilt die bisherige Wertung im Hinblick auf die unveränderte Gesetzeslage weiter,5 BGH – Urt. v. 10.7.2008 – NZM 2008, 644 = ZMR 2008, 883 = MietRB 2008, 326 (Kurek).

Die Rechtslage stellt sich danach wie folgt dar: – Bezieht sich das Verschulden des Vermieters bei Vertragsverhandlungen auf Umstände, die seine Hauptpflicht – nämlich die Gebrauchsüberlassung und -gewährung – betreffen, so greift nach der Überlassung der Mietsache das Gewährleistungsrecht ein. – Die Haftung des Vermieters aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist über den Zeitpunkt der Übergabe hinaus gegeben, wenn der Vermieter arglistig gehandelt hat. 1 Zu den Gesetzesmaterialien und der Gesetzesentstehung s. Schmidt-Räntsch u.a., Das neue Schuldrecht, 2002, S. 628; Staudinger/Emmerich Rn. 2 vor § 536 BGB. 2 Fellner MDR 2004, 1389; Hinz WuM 2004, 395; Schimmel/Meyer NJW 2004, 1633; Wiek WuM 2004, 102; anders Schmidt-Kessel NJW 2003, 3748. 3 Mit Anm. Gellwitzki. 4 Blank/Börstinghaus BGB § 536a Rn. 10; MünchKomm/Schilling Rn. 23 vor § 536 BGB; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 554; Staudinger/Emmerich Rn. 62 vor § 535 BGB; Derleder WuM 2002, 407, 411; Emmerich NZM 2002, 369, 373; Kandelhard WuM 2003, 3 f.; s. auch Blank WuM 2004, 243, 246. 5 Horst DWW 2002, 6, 16; v. Westphalen NZM 2002, 368, 374.

1066

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 197

– Bezieht sich das Verschulden des Vermieters bei Vertragsverhandlungen auf andere Umstände als auf seine Hauptpflicht, gilt seine Haftung nach §§ 311, 280 BGB auch nach der Übergabe uneingeschränkt. So greift die Haftung des Vermieters wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ein, wenn der Vermieter Umstände vorspiegelt oder verschweigt, die sich nicht auf Mängel des Mietobjekts beziehen (z.B. Betriebskostenhöhe, s. dazu Rn. I 295).

195

b) Anfängliche Unmöglichkeit der Leistung Werden Räume in einem Wohngebäude entgegen der BaunutzungsV oder einer wohnungseigentumsrechtlichen Bindung zu gewerblichen Zwecken vermietet, so ist dem Vermieter die Leistung – nämlich die Gewährung des Mietgebrauchs zum vereinbarten Zweck – von Anfang an objektiv unmöglich. Dies führte nach bisherigem Recht zur Nichtigkeit des Vertrages (§ 306 BGB a.F.). Das neue Schuldrecht geht von der Wirksamkeit eines solchen Vertrages aus, ohne dass es darauf ankommt, ob der Mangel behebbar ist oder nicht (§ 311a Abs. 1 BGB). Jedoch wird der Schuldner (Vermieter) von der Pflicht zur Erfüllung frei (§ 275 Abs. 1 BGB). Er schuldet aber Schadensersatz oder Aufwendungsersatz,1 es sei denn, dass er die Unmöglichkeit nicht kannte und auch nicht zu kennen brauchte (§ 311a Abs. 2 BGB).

196

Damit scheint unvereinbar, dass der Vermieter nach Übergabe der verschuldensunabhängigen Garantiehaftung gemäß § 536a Abs. 1 BGB unterworfen ist. Das hat der Gesetzgeber jedoch aus Gründen des Mieterschutzes gewollt,2 rechtfertigt es jedoch nicht, die Garantiehaftung auf den Zeitpunkt vor Übergabe vorzuverlegen.3 Zwar schuldet der Vermieter ab Vertragsabschluss eine mangelfreie Sache, und der Mieter ist berechtigt, die mängelbehaftete Sache zurückzuweisen, ohne in Annahmeverzug zu geraten, indes steht es vor Übergabe der Mietsache zur Disposition des Vermieters, ob, wann und wie er seine Vertragspflichten erfüllen will. So mag der Mieter vor Übergabe einen Erfüllungsanspruch auf eine mängelfreie Sache haben; Gewährleistungsansprüche können jedoch vor Übergabe nicht ausgelöst werden, weil Instandhaltungsund Instandsetzungsansprüche noch nicht entstehen.4 Das ergibt sich aus der

197

1 Zum Umfang des Aufwendungsersatzanspruchs s. Blank/Börstinghaus BGB § 536a Rn. 4. 2 Schmidt-Räntsch u.a., Das neue Schuldrecht, 2002, S. 628; Palandt/Weidenkaff BGB § 536 Rn. 8. 3 Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536a Anm. 9.3; Staudinger/Emmerich Rn. 4 vor § 536 BGB; sofern eine (konkludente) Vereinbarung über eine Garantiehaftung nicht zustande kommt, wohl Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 486 für anfängliche unbehebbare Sachmängel; Kandelhard WuM 2003, 3, 7, der auf eine Haftung des Vermieters aus § 276 Abs. 1 BGB verweist; anders Joussen ZMR 2004, 553; s. auch Timme NZM 2003, 703; ferner MünchKomm/Schilling Rn. 10 vor § 536 BGB; Derleder WuM 2002, 407. 4 Anders Herrlein/Kandelhard Rn. 3 vor § 536 BGB.

1067

Rn. VIII 197a

Gewährleistung

Formulierung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, nach der der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand (einerseits „spätestens“, andererseits „erst“) zum Zeitpunkt der Überlassung gegeben sein muss. 197a

Eine Ausnahme gilt, wenn nach dem Mietvertrag das Mietobjekt oder einzelne seiner Teile erst hergestellt werden sollen, also insbesondere bei Vermietung vom Reißbrett. In diesen Fällen kann die Garantiehaftung des Vermieters entsprechend § 536a Abs. 1 BGB auch schon vor der Übergabe eingreifen,1 OLG Karlsruhe – Urt. v. 27.4.1990 – ZMR 1991, 378 (Ablösen von Rostteilchen im Inneren von Wasserleitungsrohren); OLG Naumburg – Urt. v. 30.6.1999 – MDR 1999, 677 = WuM 2000, 246 = ZMR 2000, 38: § 538 Abs. 1 BGB ist im Falle einer noch herzustellenden Mietsache nur analog und nur dann anwendbar, wenn die Sache fertig gestellt und das Mietverhältnis in Vollzug gesetzt worden ist; a.A. OLG Hamm – Urt. v. 1.10.1997 – NZM 1998, 77 = WuM 1998, 151 = ZMR 1998, 90 für Anwendung des § 325 Abs. 1 BGB a.F. bei wesentlicher Abweichung zwischen der im Mietvertrag ausgewiesenen und der tatsächlichen Nutzfläche für ein bei Vertragsabschluss noch nicht bestehendes Objekt.

198

Verpflichtet sich in einem Mietvertrag der Vermieter, die Mietsache in einem Zustand zur Verfügung zu stellen, der nicht herstellbar ist, und scheitert daran die Überlassung der Mietsache, so kommt ein Schadensersatzanspruch des Mieters nach § 311a BGB (bei Annahme einer anfänglichen Unmöglichkeit) in Betracht. Der BGH hat in diesem Fall auf § 325 BGB a.F. zurückgegriffen (BGHZ 136, 102 = NJW 1997, 2813). Der Schuldner hat die Unmöglichkeit der Leistung nicht nur zu vertreten, wenn er das zur Unmöglichkeit führende Ereignis schuldhaft herbeigeführt hat, sondern auch dann, wenn er sich uneingeschränkt zur Leistung verpflichtet hat, obwohl er das Leistungshindernis bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen oder voraussehen können,2 BGH – Beschl. v. 25.11.1998 – NZM 1999, 124 = MDR 1999, 287 = WuM 1999, 324 = ZMR 1999, 305.

Zur Leistungsfreiheit des Mieters s. § 326 Abs. 1 BGB; zu seiner Leistungspflicht, wenn er die Unmöglichkeit allein oder weit überwiegend zu vertreten hat oder sich im Annahmeverzug befindet, s. § 326 Abs. 2 BGB. c) Anfängliches Unvermögen 199

Anfängliches Unvermögen liegt vor, wenn die Leistung zwar objektiv möglich ist, nicht jedoch subjektiv gerade dem Vermieter. Das ist etwa der Fall, wenn ein Vormieter, dem wirksam gekündigt worden ist und der deshalb kein Recht mehr zum Besitz hat, nicht räumt (s. dazu Rn. VIII 26, 145). Ist der Vermieter nicht in der Lage, seine Leistung zu erbringen, so gilt im Ergebnis das Entsprechende wie bei der anfänglichen Unmöglichkeit. Der 1 S. zu § 536a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 8; Erman/Jendrek Rn. 5; Schmidt-Futterer/ Eisenschmid Rn. 18; Bub/Treier/Kraemer Rn. III 1184. 2 Zum Fall: Der Vermieter hatte Arztpraxisräume vermietet und sich zum Umbau verpflichtet. Der Umbau konnte wegen entgegenstehender öffentlich-rechtlicher Vorschriften, insbesondere des Denkmalschutzes, nicht durchgeführt werden.

1068

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 203

Vermieter braucht gemäß § 275 Abs. 1 BGB zwar nicht zu erfüllen, er haftet jedoch dem (neuen) Mieter gemäß § 311a Abs. 2 BGB auf Schadens- oder Aufwendungsersatz, es sei denn, dass er das Leistungshindernis nicht kannte und er seine Unkenntnis nicht zu vertreten hat. Für die Anwendung der Garantiehaftung ist auch hier kein Raum (s. Rn. VIII 196 f.). Statt des Rücktritts kann der Mieter nach Maßgabe des § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen.1 Räumt der Vormieter nicht, weil er sich auf ein Recht zum Besitz beruft, so kann nicht ohne weiteres von einem Unvermögen des Vermieters ausgegangen werden.2 Vielmehr kommt ein Erfüllungsanspruch des Mieters in Betracht, solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Vermieter das Leistungshindernis noch ausräumen kann,

200

BGH – Urt. v. 12.3.2003 – MDR 2003, 865 = ZMR 2003, 647: Solange nicht auszuschließen ist, dass es dem Vermieter, der das Mietgrundstück veräußert hat, möglich ist, das Leistungshindernis durch Vereinbarungen mit dem neuen Eigentümer, der neu vermietet hat, und dessen Mieter zu beheben, kann der Mieter die Einräumung des Besitzes nach wie vor verlangen und muss sich nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung verweisen lassen. Wie im Falle der Doppelvermietung erlangt ein möglicherweise gegebenes Unvermögen des Vermieters dann erst in der Zwangsvollstreckung Bedeutung.

Trotz des fortbestehenden Erfüllungsanspruchs hat der Anspruch auf Schadensersatz Bestand, wie aus § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB folgt; er setzt jedoch ein Verschulden des Vermieters nach Maßgabe des § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB voraus. Hinsichtlich der bereits verstrichenen und nicht nachholbaren Zeit liegt auf jeden Fall eine Teilunmöglichkeit vor.3

201

Auch bei anfänglichem Unvermögen des Vermieters ergibt sich der Wertungskonflikt zu seiner Garantiehaftung infolge eines Rechtsmangels, falls sich der Vormieter auf ein Recht zum Besitz zu berufen vermag. Soweit ein Vormieter nach Ende seines Besitzrechts nicht räumt, liegt kein Rechtsmangel vor. Vielmehr ist hinsichtlich der seit dem vereinbarten Beginn des Mietverhältnisses verstrichenen Zeit eine (teilweise) Unmöglichkeit eingetreten, für deren Folgen der Vermieter nach § 311a Abs. 2 BGB nur bei Verschulden haftet. Allerdings wird er kaum ohne weiteres darauf vertrauen dürfen, dass der Vormieter rechtzeitig räumen werde; er wird dies vielmehr vorher zu erkunden und zu klären haben, s. Rn. VIII 26, 145, s. dazu

202

OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.9.1997 – NZM 1999, 24 = ZMR 1999, 19; anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 23.4.1999 – NZM 1999, 966 = WuM 2000, 116.4

d) Nachträgliche Unmöglichkeit Wurde gemäß der Rechtslage vor Inkrafttreten des SchuldRModG die Mietsache nach Überlassung an den Mieter (z.B. durch Brand, Überschwemmung) 1 MünchKomm/Schilling Rn. 7 vor § 536 BGB; Palandt/Weidenkaff BGB § 536 Rn. 9. 2 So aber wohl Blank/Börstinghaus BGB § 536a Rn. 7; Herrlein/Kandelhard Rn. 32 vor § 536 BGB. 3 S. auch Emmerich/Sonnenschein Rn. 9 vor § 536 BGB. 4 Ablehnende Anmerkungen von Stapel ZMR 1999, 816; Simon WuM 2000, 575.

1069

203

Rn. VIII 204

Gewährleistung

total zerstört und der Mietgebrauch dadurch aufgehoben, so wurde der Vermieter von der Leistung frei, sofern er die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hatte (§ 275 Abs. 1 BGB a.F.). Ihn traf insbesondere keine Wiederherstellungspflicht. Dies wurde daraus abgeleitet, dass mit der Zerstörung die Pflicht zur Gebrauchsüberlassung entfiel, BGH – Urt. v. 14.4.1976 – MDR 1976, 837 = NJW 1976, 1506 = WuM 1977, 5, BGH – Urt. v. 13.12.1991 – MDR 1992, 371 = WM 1992, 133 = ZMR 1992, 140, OLG Karlsruhe – Urt. v. 30.12.1994 – ZMR 1995, 201.

Hatte er die Unmöglichkeit zu vertreten, so haftete er gemäß § 325 BGB a.F. auf Schadensersatz, während der Mieter nach § 542 BGB a.F. kündigen konnte, BGH – Urt. v. 8.10.2003 – ZMR 2004, 248.

204

Nach geltendem Recht bestehen bei nachträglicher vollständiger Unmöglichkeit die gleichen Regeln wie für die anfängliche Unmöglichkeit:1 Der Vermieter wird von der Leistung frei, schuldet aber Schadensersatz, wenn er die Unmöglichkeit zu vertreten hat (§§ 275 Abs. 4, 280 Abs. 1, 283 BGB). Hat der Mieter die Zerstörung nicht zu vertreten, so wird er von der Zahlung des Mietzinses frei (§ 536 BGB) und ist zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB berechtigt. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter die Pflicht zur Instandhaltung und -setzung vertraglich auf den Mieter abgewälzt hat. Will er die Kündigung des Mieters vermeiden, so muss er das Mietobjekt wiederherstellen und dem Mieter überlassen, BGH – Urt. v. 25.2.1987 – MDR 1987, 752 = ZMR 1987, 257 zum früheren Rechtszustand.

205

Der Vermieter wird von seiner Leistungspflicht bei unverschuldeter (vollständiger) Zerstörung des Mietobjekts auch dann frei, wenn er sich zum alsbaldigen Wiederaufbau entschließt und diesen Plan auch in kurzer Frist verwirklicht; ob er verpflichtet ist, mit den bisherigen Mietern einen neuen Mietvertrag abzuschließen, beurteilt sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB); das ist ihm jedenfalls nicht hinsichtlich desjenigen Mieters zuzumuten, in dessen Räumen der Brand ausgebrochen ist, zumindest wenn dieser der Brandstiftung verdächtig ist, s. Rn. VII 93, OLG Hamm – Urt. v. 15.1.1981 – WuM 1981, 260 (LS).

206

Hat der Mieter die Unmöglichkeit zu vertreten, so schuldet er weiter die Miete (§ 326 Abs. 2 BGB), obwohl der Vermieter von seiner Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB frei wird.

207

Trifft beide Parteien ein Verschulden an der Unmöglichkeit der Leistung, so wird der Vermieter ebenfalls von seiner Leistungspflicht frei, jedoch verringert sich sein Anspruch auf Miete entsprechend seinem Verschuldensanteil nach § 254 Abs. 1 BGB.2 1 Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536a Anm. 9.5; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 497; Staudinger/Emmerich Rn. 5 vor § 536 BGB. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 536a Rn. 5.

1070

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 212

Ist die Vermieterleistung teilbar, etwa bei Vermietung von Haus und Garage oder Nebengebäuden auf einem Grundstück, und wird nur ein Teil zerstört, so besteht bezüglich dieses Teils ebenfalls keine Aufbaupflicht; der Mietgebrauch beschränkt sich dann auf die unzerstörten Teile,

208

BGH – Urt. v. 13.12.1991 – MDR 1992, 371 = WuM 1992, 133 = ZMR 1992, 140 für Zerstörung einer Scheune auf einem landwirtschaftlichen Anwesen.

Von einer Teilbarkeit der Vermieterleistung kann man aber nur ausgehen, wenn die Nutzung auch ohne das zerstörte Gebäude möglich war und ist (BGH a.a.O.). Bezieht sich die Unmöglichkeit der Leistung auf einen Mangel, der jedoch nicht zur vollständigen Zerstörung des Mietobjekts geführt hat, so gelten ab der Übergabe des Gebäudes die Gewährleistungsvorschriften.

209

Bei nur teilweiser Zerstörung des Mietobjekts ist zunächst zu prüfen, ob lediglich eine Beschädigung vorliegt, die Gewährleistungsfolgen auslöst.1 Von seiner Verpflichtung zur Wiederherstellung wird der Vermieter nur frei, wenn die Teilzerstörung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung gleichkommt, ferner, wenn ein Fall der sog. wirtschaftlichen Unmöglichkeit vorliegt, bei der die Erfüllung zwar technisch möglich, wirtschaftlich aber wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes dem Vermieter nicht zuzumuten ist. Hier kann der Vermieter ausnahmsweise von seiner Leistungspflicht frei werden, wenn die sog. Opfergrenze (s. dazu Rn. VII 92, 95) überschritten wird.2

210

e) Veränderung der Geschäftsgrundlage aa) Anwendungsbereich Die Regeln über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (s. § 313 BGB) sind im Anwendungsbereich des Gewährleistungsrechts in §§ 536 f. BGB nicht heranzuziehen, wenn sich die Vertragsstörungen auf Mängel der Mietsache beziehen,3

211

BGH – Urt. v. 11.12.1991 – NJW-RR 1992, 267 = WuM 1992, 313 = ZMR 1991, 418, OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.10.1994 – WuM 1995, 392 = ZMR 1995, 303, OLG Dresden – Urt. v. 15.12.1997 – MDR 1998, 643 = WuM 1998, 144, OLG Koblenz – Urt. v. 12.11.1998 – NZM 1999, 1100 (1c), OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 17.6.1999 – ZMR 1999, 700, OLG Stuttgart – Urt. v. 21.12.2006 – NZM 2007, 163 = ZMR 2007, 272.

Das gilt auch, wenn die Störungen des Vertragszwecks außerhalb des Einflussbereichs des Vermieters liegen oder wenn der Mieter seine Gewährleistungsrechte verloren oder verwirkt hat (BGH a.a.O.). 1 S. dazu Emmerich NZM 2002, 362, 365; Horst DWW 2002, 6, 12; Kandelhard WuM 2003, 3, 9; ferner Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536a Anm. 9.6; SchmidtFutterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 502 f. 2 Kandelhard WuM 2003, 3, 9. 3 Hirsch ZMR 2007, 1 f.

1071

212

Rn. VIII 213

Gewährleistung

Das nach § 543 Abs. 1 BGB bestehende Recht der fristlosen Kündigung wegen der Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis fortzusetzen, wird durch die Kündigungsmöglichkeit wegen veränderter Geschäftsgrundlage nicht berührt, OLG Dresden – Urt. v. 3.12.2002 – NZM 2003, 357 = WuM 2003, 32.

213

Geklärt erscheint das Verhältnis zwischen den Regelungsinhalten der §§ 275 Abs. 2 und 313 Abs. 1 BGB, soweit es die vom Schuldner nicht zu vertretende wirtschaftliche Unmöglichkeit wegen Überschreitung der Opfergrenze anbelangt (s. dazu Rn. VII 96). Der Wortlaut, dogmatische Gründe und die Rechtsklarheit sprechen dafür, dass § 275 Abs. 2 BGB vorrangig zu berücksichtigen ist,1 so auch BGH – Urt. v. 20.7.2005 – WuM 2005, 713 = ZMR 2005, 935, 936.

214

Die Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB setzt ein nach Treu und Glauben zu beurteilendes Missverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit des Schuldners und dem Leistungsinteresse des Gläubigers voraus. Bezweckt ist damit, dem aus dem Gleichgewicht geratenen Äquivalenzverhältnis Rechnung zu tragen. Darauf zielt auch die allgemeiner gefasste und umfassendere Regelung in § 313 Abs. 1 BGB ab. Während Letztere primär einen Anspruch auf Vertragsänderung, dessen Rechtsfolgen nicht voraussehbar sind, gewährt und nur subsidiär ein außerordentliches Kündigungsrecht vorsieht (§ 313 Abs. 3 Satz 2 BGB), enthält § 275 Abs. 2 BGB als klare Rechtsfolge ein Leistungsverweigerungsrecht. Der Spezialität des § 275 Abs. 2 BGB im Verhältnis zu § 313 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen, dass die erstere Bestimmung auch den Fall erfasst, dass der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat und insofern der Regelungsgehalt über denjenigen des § 313 Abs. 1 BGB hinausgeht. Auch kann nicht der Argumentation gefolgt werden, § 275 Abs. 2 BGB schütze das Leistungsinteresse des Gläubigers und habe deshalb eine andere Ausrichtung als § 313 BGB.2 Vielmehr bildet dieses Interesse nur ein Abwägungskriterium im Rahmen der nach Treu und Glauben vorzunehmenden Bewertung. Lassen sich Sachverhalte sowohl unter § 275 Abs. 2 BGB als auch unter § 313 Abs. 1, 2 BGB subsumieren, so soll dem Schuldner ein Wahlrecht zustehen, sich entweder auf die Unmöglichkeit der Leistung zu berufen oder eine Vertragsanpassung zu verlangen.3 bb) Begriff der veränderten Geschäftsgrundlage

215

Die Geschäftsgrundlage wird auch im Mietrecht durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, aber bei Vertragsabschluss zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbar von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Ver-

1 Schmidt-Räntsch u.a., Das neue Schuldrecht, 2002, S. 330; einschränkend Hirsch ZMR 2007, 1, 4. 2 Schmidt-Räntsch u.a., Das neue Schuldrecht, 2002, S. 151, aber auch S. 330. 3 S. dazu Hirsch ZMR 2007, 1, 4 mit weiteren Nachweisen.

1072

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 217

tragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt oder dem Fortbestand gewisser Umstände, auf denen sich der Vertragswille aufbaut, gebildet,1 BGH – Urt. v. 8.2.1978 – WPM 1978, 322, BGH – Urt. v. 13.12.2005 – ZMR 1996, 309, 311 Sp. 2.

Das gilt auch dann, wenn die Erwartungen der einen Partei beim Vertragsabschluss von der anderen Partei geteilt werden, BGH – Urt. v. 1.6.1979 – NJW 1979, 1818,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.2.2004 – MDR 2004, 1052.

Zu den gemeinsamen Vorstellungen zählt zwar auch die Vorstellung von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Indes reicht es für eine Veränderung der Geschäftsgrundlage nicht aus, dass der eine Vertragsteil durch eine nachträgliche Veränderung der Verhältnisse wirtschaftlich ungünstiger gestellt wird (s. Rn. VIII 231a).

216

Die Berufung auf die veränderte Geschäftsgrundlage kommt auch nicht infrage, wenn sich ein Risiko nachteilig für eine Partei auswirkt, das sie vertragstypisch zu tragen hat. So rechnet die Vermietbarkeit, die Bewirtschaftung und damit auch das Leerstandsrisiko einschließlich des damit verbundenen möglichen Verlusts der Investitionen zur Sphäre des Vermieters,

217

BGH – Urt. v. 29.11.1995 – WM 1996, 105 = ZMR 1996, 147: Es gehört zum Risikobereich des Vermieters, dass die Vermietung von Teileigentum mit der Gemeinschaftsordnung vereinbar ist. Wurde ihm gemäß § 15 Abs. 3 WEG die Vermietung untersagt, kann er sich in der Regel nicht deswegen durch Kündigung aus wichtigem Grund von dem Mietverhältnis lösen; BGH – Urt. v. 21.9.2005 – NZM 2006, 54, 56: Investitions- und Vermietungsrisiko bei Errichtung eines Einkaufszentrums, BGH – Urt. v. 16.7.2003 – NJW 2003, 2902 = ZMR 2004, 20, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 254 = WuM 2004, 150 = ZMR 2004, 343 jeweils für die Kostenlast bei Grundkosten verbrauchsabhängig abgerechneter Heizkosten, wenn Leerstände vorhanden sind; BGH – Urt. v. 31.5.2006 – NZM 2006, 655 = WuM 2006, 440: Mehrbelastung durch verbrauchsabhängige Betriebskosten, die nach einem verbrauchsunabhängigen (starren) Umlagemaßstab abgerechnet werden, durch Leerstand;3 OLG Dresden – Urt. v. 3.12.2002 – NZM 2003, 357 = WuM 2003, 22 bei unverhältnismäßig hohen Bewirtschaftungskosten infolge von (vom Vermieter veranlasstem) Leerstand.

Ist der Vermieter Verwender eines Vertragsformulars, so trägt er das Risiko der Unwirksamkeit einzelner Klauseln, auch was die wirtschaftlichen Auswirkungen anbelangt. Er kann sich daher auch nicht auf die dadurch bewirkte Störung des Äquivalenzverhältnisses berufen,4 1 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 512 f.; Horst DWW 2002, 6, 16. 2 Zum Fall: Erwartungen über die Bebaubarkeit beim Kauf von Bauerwartungsland. 3 Anm. Kinne GE 2006, 1006; Wall WuM 2006, 443; Besprechung: Sternel NZM 2006, 811. 4 Einschränkend H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 306 Rn. 52 bei einschneidenden Störungen des Äquivalenzverhältnisses.

1073

Rn. VIII 218

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1041 = NZM 2005, 504 = ZMR 2005, 527: Folgen aus der Verwendung unwirksamer AGB (Endrenovierungsklausel im Gewerberaummietvertrag); BGH – Urteile v. 9.7.2008 – WuM 2008, 487 = ZMR 2008, 878; NZM 2208, 641 = WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879: kein Renovierungskostenzuschlag bei unwirksamer formularmäßiger Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter.

218

Die Möglichkeit, in den gemieteten Geschäftsräumen erfolgreich das Gewerbe betreiben zu können, zählt dagegen zum Verwendungsrisiko, das der Mieter trägt, wenn er sich für die Anmietung eines bestimmten Objekts entscheidet. Das gilt auch dann, wenn beide Parteien übereinstimmend davon ausgehen, der Mieter werde in den Mieträumen sein Geschäft gewinnbringend betreiben können, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714 = ZMR 2000, 508 für die Verwirklichung der geschäftsbelebenden Funktion eines Einkaufszentrums, ebenso BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54, 56, OLG München – Urt. v. 28.4.1995 – ZMR 1996, 135,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.2.2004 – MDR 2004, 1052 für die Frequentierung eines Parkhauses, OLG Naumburg – Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772: Betriebspflicht im EKZ trotz Leerstandes von 30–40%.

219

Auch das mit der Gewinnerwartung verbundene Investitionsrisiko hat der Mieter von Gewerberaum zu tragen. Das soll selbst dann gelten, wenn der Mieter seinen Betrieb für die restliche Vertragszeit voraussichtlich nur noch mit Verlust bewirtschaften kann; anders kann es sich verhalten, wenn die dauernde Verlustsituation auf „billigerweise nicht vorauszusehende Umstände“ zurückzuführen ist, BGH – Urt. v. 19.4.1978 – WPM 1978, 760, OLG München – Urt. v. 28.4.1995 – ZMR 1996, 135: Das Festhalten des Verpächters am Vertrag könnte allenfalls als Rechtsmissbrauch bezeichnet werden, wenn er an der Vertragserfüllung kein vernünftiges Interesse hätte oder den Pächter bei Vertragsschluss bewusst getäuscht oder einen bestimmten Ertrag zugesichert hätte.

cc) Sonderfall: Einkaufszentrum 220

Die vorgenannten Grundsätze sind auch zu beachten, wenn es sich um die Vermietung von Läden in Einkaufszentren handelt. Das gilt insbesondere für das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Einkaufszentrum entgegen den Erwartungen vom Publikum nicht angenommen wird oder infolge von Leerständen nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, BGH – Urt. v. 16.2.2000 – NJW 2000, 1714 = WuM 2000, 593 = ZMR 2000, 508, BGH – Urt. v. 19.7.2000 – NZM 2000, 1005 = MDR 2001, 22, 23 = ZMR 2000, 814, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54, 56, OLG München – Urt. v. 26.8.1994 – DWW 1996, 191 = ZMR 1996, 256, 1 Zum Fall: Die vom Pächter zum Betrieb einer Fremdenpension angemieteten Räume lagen über den Räumen einer Massagepraxis, die etwa 70% der Stammgäste der Pension brachte.

1074

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 223

OLG München – Urt. v. 28.4.1995 – ZMR 1996, 135, OLG Rostock – Urt. v. 30.4.1998 – MDR 1999, 477, OLG Naumburg – Urt. v. 13.12.1996 – NZM 1998, 373 = WuM 1997, 675; Urt. v. 15.7.2008 – NZM 2008, 772.

Eine Ausnahme hiervon ist jedoch anerkannt, wenn auch der Vermieter das unternehmerische Risiko für das wirtschaftliche und gewinnbringende Betreiben des Einkaufszentrums (mit) übernommen hat. Dafür sollen

221

– Sortimentsbeschränkungen, – Betriebspflichten, – Pflichtmitgliedschaft in einer Werbegemeinschaft, – Vereinbarung einer Umsatzmiete mit der Pflicht zur Offenlegung der Umsätze, – Pflicht zur Zahlung von Nebenkosten für die Gesamtanlage nicht ausreichen (BGH – Urt. v. 16.2.2000). Ebenso wenig soll ausreichen, dass der Vermieter (in einer Vertragspräambel) den als sicher geplanten Vermietungszustand darstellt und dadurch bei dem Mieter den Eindruck der Attraktivität für dessen künftigen Betrieb erweckt, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – NZM 2006, 54, 56. Entscheidend soll vielmehr sein, ob der Vermieter durch die Begründung eines Gesamtkonzepts, in das die einzelnen Mieter finanziell und mit Betriebspflichten vertraglich eingebunden werden, eine Gesamtverkaufsstrategie entwickelt, mit welcher er über die übliche Verwaltung und Koordinierung eines EKZ hinaus ein eigenes unternehmerisches Risiko für alle Einzelgeschäfte übernimmt. Das könne äußerlich etwa durch einheitliche Gestaltung der Geschäfte und unternehmerisch durch ein Gesamtmanagement der Anlage geschehen,

222

BGH – Urt. v. 19.7.2000 – NZM 2000, 1005 = MDR 2001, 22, 23.

Diese Ausnahme erscheint zu eng und trägt den Besonderheiten bei der Vermietung von Geschäftsräumen in Einkaufszentren nicht hinreichend Rechnung.1 Bei der Anmietung von Gewerberäumen außerhalb von Einkaufszentren oder -passagen kann der Mieter den Beschaffenheits-, Ausstattungsund Lagefaktor durch die Auswahl des konkreten Mietobjekts berücksichtigen. Diese Faktoren stehen im Wesentlichen fest und der Mieter vermag das Verwendungsrisiko hiernach auszurichten. Diesbezügliche (nachteilige) Veränderungen fallen in seine Sphäre, soweit sie nicht vom Vermieter zu vertreten sind. Dagegen wird er bei Anmietung eines Gewerberaums in einem Einkaufszentrum in eine Organisations- und Funktionseinheit gestellt, die sich gänzlich von dem unterscheidet, was den einzelnen Mieter bei Anmietung von Gewerberäumen in einem an mehrere Parteien vermieteten Gebäude erwartet. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter eine Gesamtkonzeption i.S. der Rspr. des BGH nicht vorhält. Die individualvertragliche Betrachtungswei1 S. dazu Eusani ZMR 2003, 473.

1075

223

Rn. VIII 224

Gewährleistung

se vernachlässigt die gemeinsame wirtschaftliche Zielsetzung und das Aufeinander-Angewiesensein der Vertragsparteien, um das Einkaufszentrum betreiben zu können.1 Unberührt davon bleibt, dass jede Partei das von ihr kalkulierbare Betriebsrisiko zu tragen hat. dd) Rechtsfolgen 224

Nach § 313 Abs. 1 BGB besteht bei einer nachhaltigen Störung der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Vertragsanpassung. Beispiel: Bei unverschuldetem erheblichen Leerstand (nicht unter 20%), der auf einer dauerhaften Veränderung der demografischen Verhältnisse in den neuen Bundesländern beruht, kann der Vermieter berechtigt sein, eine Veränderung des Umlagemaßstabes für verbrauchsabhängige Kosten, die nach anteiliger Wohnfläche verteilt werden, dahin zu verlangen, dass nur die vermieteten Flächen zugrunde gelegt werden (s. Rn. V 204 f.).2

225

Der Berechtigte kann dieses Recht dadurch ausüben, dass er eine bestimmte Vertragsänderung verlangt. Er hat mithin nur einen Anspruch auf Mitwirkung der anderen Partei an einer Vertragsumgestaltung. Erst wenn eine Vertragsanpassung nicht möglich oder einem der Vertragspartner nicht zuzumuten ist, kann derjenige, der durch die veränderte Geschäftsgrundlage benachteiligt ist, außerordentlich kündigen (§ 313 Abs. 3 Satz 2 BGB). ee) Aktuelle Beispiele aus der Rspr.

226

Die Berufung auf eine gestörte bzw. veränderte Geschäftsgrundlage ist gerechtfertigt, wenn der vorausgesetzte Zweck des gemeinschaftlichen Zusammenwirkens nicht erreicht werden kann, OLG Dresden – Urt. v. 10.4.2001 – NZM 2002, 292: Betreiben zwei Gewerbetreibende innerhalb eines Gewerberaums jeder für sich sein Gewerbe in der Form, dass der eine Hauptmieter und der andere Untermieter ist und kommt es beiden gerade auf die Kombination der beiden Gewerbe an (Kombiladen Bäcker/Fleischer), so hat der Untermieter ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, wenn der Hauptmieter sein Geschäft aufgibt; OLG München – Urt. v. 23.6.1999 – NZM 2000, 89 = ZMR 1999, 634: Der Betrieb eines Metzgereigeschäfts kann dann unzumutbar werden, wenn den Kunden nach dem Vertragszweck der Eindruck einer einheitlichen Verkaufsfläche mit einem in 1 Zur Funktionsverbindung der Mietparteien s. OLG Celle – Urt. v. 17.3.1978 – NJW 1978, 2510: Wer einen Laden anmietet, dessen kaufmännische Betreibbarkeit von der noch nicht erwiesenen Funktionsfähigkeit eines Einkaufszentrums abhängt, ist bei der Beurteilung des Risikos der Betreibenspflicht nicht auf den eigenen kaufmännischen Weitblick, sondern gleichermaßen auf das angewiesen, was ihm der Vermieter hierzu verspricht. Gibt dieser hierbei zu erkennen, dass er die Funktionsfähigkeit auch zu seinem Risiko macht, weil er erklärtermaßen nur betreibbare Läden zu vermieten beabsichtigt, dann liegen besondere Umstände vor, die von denen abweichen, unter denen üblicherweise ein Laden mit Betreibenspflicht vermietet wird. 2 S. dazu Sternel WuM 2003, 243, 245.

1076

Leistungsstörungen und Gewährleistung

Rn. VIII 229

dem gleichen Objekt betriebenen Lebensmittelmarkt vermittelt werden sollte und dieser Selbstbedienungsmarkt in der Folgezeit eingestellt wurde. Danach war es dem Mieter nicht zuzumuten, am Vertrag länger festzuhalten;1 s. auch OLG München – Urt. v. 2.7.1999 – NZM 2000, 189 = ZMR 1999, 707, das über eine Vertragsauslegung zu Gewährleistungsansprüchen des Mieters gelangt: Ein Umweltmangel kann darin liegen, dass der vermietete Buchladen, der vertragsgemäß in eine Schalterhalle der Post eingebunden war, durch den schrittweisen Abbau des Postbetriebs bis zur Schließung der Schalterhalle auch nicht entfernt den ursprünglichen und zu erwartenden Publikumsverkehr aufzuweisen hat. Die Bezeichnung des Mietobjekts „Laden in der Schalterhalle ...“ ist auch eine Angabe des konkreten Mietzwecks.

Haben die Mietvertragspartner eines schon zuvor in dieser Weise genutzten Tankstellengrundstücks (in den neuen Bundesländern) bei Abschluss des Mietvertrages das Sanierungsrisiko nicht gesehen und ergibt sich bei Beendigung des Mietverhältnisses ein Sanierungsaufwand, der in keinem Verhältnis zur Miete während der gesamten Laufzeit des Vertrages steht, so kann eine Vertragsanpassung in der Weise erfolgen, dass der Schaden von Mieter und Vermieter je zur Hälfte zu tragen ist,2

227

BGH – Urt. v. 10.7.2002 – NZM 2002, 913 = ZMR 2002, 901.

Vermietet der Teileigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses seine Räume langfristig zum Betrieb eines Restaurants und wird ihm wegen der von diesem Betrieb zwangsläufig ausgehenden Immissionen diese gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßende Vermietung untersagt, so kann er das Mietverhältnis nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorzeitig kündigen; denn es gehört zu seinem Risikobereich, dass die Vermietung mit der Gemeinschaftsordnung vereinbar ist,

228

BGH – Urt. v. 29.11.1995 – WuM 1996, 105 = ZMR 1996, 147, der von einem Rechtsmangel gemäß § 541 BGB a.F. ausgeht.

Werden verbrauchsabhängige Betriebskosten flächenanteilig umgelegt, so hat der Vermieter grundsätzlich das Leerstandsrisiko zu tragen. Ein Anspruch auf Abänderung des vertraglichen Flächenmaßstabs (etwa Abrechnung nach vermieteter Fläche) kann aber unter den Voraussetzungen des § 313 BGB bestehen, BGH – Urt. v. 31.5.2006 – NZM 2006, 655 = WuM 2006, 440.3

Unwirtschaftlichkeit der Vermietung infolge von Leerständen gibt dem Vermieter von Gewerberaum jedenfalls dann nicht das Recht, das Mietverhältnis unter Berufung auf die veränderte Geschäftsgrundlage vorzeitig zu kündigen,

1 Zum Fall: Der Vermieter hatte Ladenflächen zum Betrieb einer Metzgerei und eines Lebensmittelselbstbedienungsladens vermietet. Nachdem der Betreiber des Lebensmittelladens den Betrieb eingestellt hatte, vermietete der Vermieter diese Flächen an ein Sportartikelgeschäft. 2 Zum Fall: Die gesamte Miete während der 30-jährigen Vertragslaufzeit betrug 36 000 DM (West), während der Sanierungsaufwand bei 350 000 DM (West) lag. 3 S. dazu Sternel NZM 2006, 811.

1077

229

Rn. VIII 230

Gewährleistung

wenn er den Leerstand selbst herbeigeführt hat, weil er das Gebäude abreißen und durch ein rentierlicheres ersetzen will, ohne dass hierfür äußere Einflüsse maßgebend sind, OLG Dresden – Urt. v. 3.12.2002 – NZM 2003, 357 = WuM 2003, 32.

230

Haben die Parteien eine Staffelmiete vereinbart, so führt eine unvorhergesehene Veränderung des Mietenniveaus nicht dazu, dass die hiervon benachteiligte Partei sich auf eine Veränderung der Geschäftsgrundlage berufen kann, BGH – Urt. v. 8.5.2002 – NZM 2002, 659 = ZMR 2002, 654: Bei Vereinbarung einer Staffelmiete besteht regelmäßig die nicht fernliegende Möglichkeit, dass die vereinbarte Miete im Laufe der Zeit erheblich von der Entwicklung der marktüblichen Miete abweicht. Dieses typische Vertragsrisiko trägt grundsätzlich die jeweils benachteiligte Vertragspartei;1 ebenso BGH – Urt. v. 27.10.2004 – NZM 2005, 63 = ZMR 2005, 112: Unerheblich ist, dass die Äquivalenzstörung durch einen Verfall der Mieten für Gewerbeimmobilien verursacht ist und deshalb nicht auf einer bewussten Risikoübernahme durch den Mieter, sondern auf der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern beruht. Auf eine „bewusste“ Übernahme des Risikos kommt es nicht an.

231

Die mangelnde Funktionsfähigkeit eines Einkaufszentrums dadurch, dass keine Vollvermietung vorliegt oder es nach Eröffnung nicht wie erwartet vom Publikum angenommen wird, führt nicht dazu, dass sich der Ladenmieter auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen und vorzeitig kündigen kann (s. Rn. VIII 220 f.).

231a

Ist eine Renovierungsklausel unwirksam mit der Folge, dass der Vermieter die laufenden Schönheitsreparaturen ausführen muss, so ist die dadurch eingetretene Störung des Äquivalenzverhältnisses sein Risiko, das er nicht auf den Mieter abwälzen kann (s. Rn. IX 45a),2 BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1041 = NZM 2005, 504 = ZMR 2005, 527: Dass die vertragliche Äquivalenz einschneidend gestört werden kann, wenn dem Vermieter zur Abgeltung der Gebrauchsgewährung nur die Mietzahlung verbleibt, hat sich der Vermieter selbst zuzuschreiben. Wenn er dem Mieter ein Übermaß an Renovierungspflichten auferlegt, trägt er das Risiko der Gesamtunwirksamkeit und kann sich nicht darauf berufen, dass dadurch das vertragliche Gleichgewicht gestört wird.

Die Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel rechtfertigt im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558 BGB keinen Renovierungskostenzuschlag (etwa entsprechend § 28 Abs. 4 II. BV), BGH – Urt. v. 9.7.2008 – NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560: Bei der Unwirksamkeit von AGB weist § 306 BGB grundsätzlich dem Verwender das Risiko der Unwirksam1 Zum Fall: Die Ausgangsmiete in 1997 betrug 53,60 DM/qm, die erste Mietstaffel war für 1998 mit 56,30 DM vereinbart; in 1998 betrug die ortsübliche Miete nur (noch) 26,60 DM/qm. 2 Einschränkend H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 306 Rn. 52 bei einschneidenden Störungen des Äquivalenzverhältnisses.

1078

Mietminderung

Rn. VIII 235

keit und der daraus erwachsenden Folgen zu. Denn nach § 306 Abs. 2 BGB richtet sich der Inhalt des Vertrages in diesem Fall nach den sonst zur Anwendung kommenden gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet hier, dass der Vermieter mangels wirksamer Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Instandhaltungslast in vollem Umfang zu tragen hat. Die wirtschaftlichen Nachteile der Klauselunwirksamkeit sind also seiner Risikosphäre zugewiesen.

5. Mietminderung a) Wesen der Minderung Die Mangelhaftigkeit führt automatisch dazu, dass die Miete vom Beginn der Beeinträchtigung an auch ohne ausdrückliche Geltendmachung herabgesetzt ist,

232

BGH – Urt. v. 7.12.1960 – NJW 1961, 916, BGH – Urt. v. 27.2.1991 – NJW-RR 1991, 779 = WuM 1991, 544.

Es kommt nicht darauf an, ob der Vermieter in der Lage ist, den Mangel zu beheben, oder ihn daran ein Verschulden trifft. Das folgt aus der „Waage“Funktion der Mietminderung als Äquivalenzausgleich, BGH – Urt. v. 23.4.2008 – NZM 2008, 609, 610 Tz. 20.

Tritt bei einer Zwischenvermietung i.S. von § 565 BGB ein Mangel im Mietbereich des Endmieters auf, den weder dieser noch der Zwischenmieter zu vertreten hat, so ist der Zwischenmieter gegenüber dem Haupt-Vermieter zur Minderung berechtigt, auch wenn er vom Mangel selbst nicht betroffen ist und unabhängig davon, ob der Endmieter mindert,

233

vgl. BGH – Urt. v. 17.12.2003 – NZM 2004, 222 = WuM 2004, 206 = ZMR 2004, 338 für die fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung gemäß § 569 Abs. 1 BGB.

Gegenüber der Minderung kann der Vermieter nicht einwenden, der Mieter hätte das Mietobjekt auch im vertragsgeeigneten Zustand nicht genutzt,

234

BGH – Urt. v. 29.10.1986 – NJW 1987, 432 = WuM 1987, 53 = ZMR 1987, 51, 52 Ziff. II 1c, BGH – Urt. v. 4.5.2005 – NZM 2005, 500 = ZMR 2005, 612, BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 861 = WuM 2005, 712 jeweils für Flächenabweichungen, LG Köln WM 1993, 670 für Entzug der Waschküche und des Trockenraums, AG Regensburg WuM 1992, 476 für Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen bei tagsüber berufsbedingter Abwesenheit des Mieters.

Andererseits kommt eine Minderung nicht in Betracht, solange sich der Mangel auf den Mietgebrauch nicht auswirkt, OLG München – Urt. v. 28.6.1996 – ZMR 1996, 496, OLG Nürnberg – Urt. v. 16.7.1998 – NZM 1999, 419 jeweils für den Fall, dass die Behörde eine unzulässige Nutzung duldet oder nicht einschreitet, LG Wiesbaden WuM 1990, 71 bei Ausfall der Heizungsanlage in den Sommermonaten,

oder sobald der Mieter den Mangel selbst behoben hat, AG Pankow-Weißensee MM 1995, 397.

1079

235

Mietminderung

Rn. VIII 235

keit und der daraus erwachsenden Folgen zu. Denn nach § 306 Abs. 2 BGB richtet sich der Inhalt des Vertrages in diesem Fall nach den sonst zur Anwendung kommenden gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet hier, dass der Vermieter mangels wirksamer Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Instandhaltungslast in vollem Umfang zu tragen hat. Die wirtschaftlichen Nachteile der Klauselunwirksamkeit sind also seiner Risikosphäre zugewiesen.

5. Mietminderung a) Wesen der Minderung Die Mangelhaftigkeit führt automatisch dazu, dass die Miete vom Beginn der Beeinträchtigung an auch ohne ausdrückliche Geltendmachung herabgesetzt ist,

232

BGH – Urt. v. 7.12.1960 – NJW 1961, 916, BGH – Urt. v. 27.2.1991 – NJW-RR 1991, 779 = WuM 1991, 544.

Es kommt nicht darauf an, ob der Vermieter in der Lage ist, den Mangel zu beheben, oder ihn daran ein Verschulden trifft. Das folgt aus der „Waage“Funktion der Mietminderung als Äquivalenzausgleich, BGH – Urt. v. 23.4.2008 – NZM 2008, 609, 610 Tz. 20.

Tritt bei einer Zwischenvermietung i.S. von § 565 BGB ein Mangel im Mietbereich des Endmieters auf, den weder dieser noch der Zwischenmieter zu vertreten hat, so ist der Zwischenmieter gegenüber dem Haupt-Vermieter zur Minderung berechtigt, auch wenn er vom Mangel selbst nicht betroffen ist und unabhängig davon, ob der Endmieter mindert,

233

vgl. BGH – Urt. v. 17.12.2003 – NZM 2004, 222 = WuM 2004, 206 = ZMR 2004, 338 für die fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung gemäß § 569 Abs. 1 BGB.

Gegenüber der Minderung kann der Vermieter nicht einwenden, der Mieter hätte das Mietobjekt auch im vertragsgeeigneten Zustand nicht genutzt,

234

BGH – Urt. v. 29.10.1986 – NJW 1987, 432 = WuM 1987, 53 = ZMR 1987, 51, 52 Ziff. II 1c, BGH – Urt. v. 4.5.2005 – NZM 2005, 500 = ZMR 2005, 612, BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 861 = WuM 2005, 712 jeweils für Flächenabweichungen, LG Köln WM 1993, 670 für Entzug der Waschküche und des Trockenraums, AG Regensburg WuM 1992, 476 für Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen bei tagsüber berufsbedingter Abwesenheit des Mieters.

Andererseits kommt eine Minderung nicht in Betracht, solange sich der Mangel auf den Mietgebrauch nicht auswirkt, OLG München – Urt. v. 28.6.1996 – ZMR 1996, 496, OLG Nürnberg – Urt. v. 16.7.1998 – NZM 1999, 419 jeweils für den Fall, dass die Behörde eine unzulässige Nutzung duldet oder nicht einschreitet, LG Wiesbaden WuM 1990, 71 bei Ausfall der Heizungsanlage in den Sommermonaten,

oder sobald der Mieter den Mangel selbst behoben hat, AG Pankow-Weißensee MM 1995, 397.

1079

235

Rn. VIII 236

Gewährleistung

236

Eine vor Beendigung des Mietverhältnisses eingetretene Minderung wirkt für die Dauer des Vorenthaltens nach § 546a BGB fort, auch wenn der Mieter sich hierauf während der Vertragszeit nicht berufen hatte. Dagegen kann der Mieter wegen solcher Mängel, die erst nach Vertragsbeendigung eingetreten sind, nicht mindern, weil den Vermieter keine Pflicht zur Gebrauchsgewährung mehr trifft. Solche Mängel können sich jedoch auf die Höhe der Nutzungsentschädigung auswirken, wenn der Vermieter die ortsübliche Miete verlangt (s. Rn. XII 113).

237

Ist die Mietforderung zum Teil abgetreten worden, so bezieht sich die Minderung auf den abgetretenen Teil im Verhältnis zur Gesamthöhe der Forderung,1 BGH – Urt. v. 16.3.1983 – NJW 1983, 1902.

238

Ist unstreitig, dass der Mieter aus bestimmtem Anlass zur Minderung berechtigt war, so ist der Vermieter beweispflichtig dafür, dass die für die Minderung maßgebenden Gründe weggefallen sind, AG Charlottenburg MM 1995, 27.

Das entspricht dem Grundsatz, dass der Vermieter als Schuldner für die Erfüllung seiner Gebrauchspflicht beweisbelastet ist. Zur Beweislast bei Mängeln im Allgemeinen s. Rn. VIII 151. Zur Verwirkung von Mietzinsansprüchen, wenn der Vermieter die Minderung längere Zeit widerspruchslos hingenommen hat, s. Rn. III 156, 158. 239

Der Mieter ist mit der Minderung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil er vom Vermieter eine Veränderung des Mietobjekts verlangt hat; denn damit lässt sich der Vermieter auf eine Änderung des Leistungsgegenstandes ein, für den er verantwortlich ist (s. Rn. VIII 393).

240

Ebenso wie die Pflicht zur Duldung von Instandsetzungsmaßnahmen nach § 554 Abs. 1 BGB lässt die Pflicht zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen nach § 554 Abs. 2 BGB eine Mietminderung für die Dauer der Beeinträchtigung des Mietgebrauchs unberührt, KG – Urt. v. 8.1.2001 – GE 2001, 620.

Das gilt für Beeinträchtigungen des Mietobjekts während der Durchführung der Maßnahmen (z.B. durch Baulärm und Verschmutzungen), AG Hamburg WuM 1996, 30, wenn das Gebäude eingerüstet und mit Planen verhängt wird, s. auch AG Osnabrück WuM 1996, 754,

ebenso wie für Beeinträchtigungen, die sich aus dem neu geschaffenen oder veränderten Zustand ergeben, AG Hamburg NZM 2000, 377: Gebrauchsbeeinträchtigung des Mieters einer EGWohnung durch die nachträgliche Errichtung eines auf 4 Stahlträgern ruhenden Balkons im ersten Obergeschoss; 1 S. zu § 536 BGB: Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 20.3; Staudinger/Emmerich Rn. 53. Beispiel: Teilabtretung der Mietforderung von 3000 Euro in Höhe von 1200 Euro an A und in Höhe von 800 Euro an B; bei einer Minderung von 20% erhält A nur 840 Euro und B nur 560 Euro.

1080

Mietminderung

Rn. VIII 242

AG Neuruppin WuM 2005, 653: Geräuschimmissionen nach Installation einer Einbauküche und einer Einbaubadewanne bei starker Hellhörigkeit des Gebäudes.

b) Bewertungsmaßstab aa) Neuregelung bei teilweiser Gebrauchsuntauglichkeit Die Neuregelung in § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB sieht im Fall einer teilweisen Gebrauchsuntauglichkeit vor, dass der Mieter nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten hat. Damit soll der Rechtspraxis, die den Minderungsbetrag üblicherweise in Prozentsätzen ausweist,1 Rechnung getragen werden. Allerdings legt es der Wortlaut der Bestimmung nahe, dass Kriterien in die Prüfung der Angemessenheit einbezogen werden, die nicht allein auf die objektive Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bezogen sind.2 So könnte das Maß des Verschuldens des Vermieters, die Beeinflussbarkeit oder Vermeidbarkeit des Mangels,3 ebenso in die Angemessenheits-Bewertung einfließen wie die unmittelbare Betroffenheit des Mieters vom Mangel;4 auch die Versicherbarkeit des Risikos könnte eine Rolle spielen.5

241

Gegen die durchaus mögliche weite Gesetzesauslegung ergeben sich allerdings Bedenken, die auf dem Wesen der Minderung fußen. Dieses liegt darin, einen Äquivalenzausgleich zwischen Leistung und Gegenleistung herbeizuführen, wenn es zu einer Störung im Leistungsverhältnis gekommen ist. Setzt man zum einen das Gewicht der Störung ins Verhältnis zum Inhalt der geschuldeten Leistung, so kann es nicht auf die Betroffenheit des Mieters ankommen. Was zum anderen das Ausmaß der Entgeltminderung im Verhältnis zum vereinbarten Entgelt anbelangt, fallen weder äußerer Anlass noch Verschulden des Vermieters ins Gewicht. Daher wird weiter an die bisherigen Bewertungsmaßstäbe anzuknüpfen sein, zumal eine Herabsetzung der Miete, die der objektiven Tauglichkeitsminderung proportional entspricht, ebenfalls den Begriff der Angemessenheit ausfüllt.6

242

1 S. dazu Franke ZMR 1996, 297; Wenger ZMR 1997, 269; Wenger ZMR 2000, 645. 2 Börstinghaus/Eisenschmid Arbeitskommentar Neues Mietrecht, 2001, S. 45 zu § 536 BGB; Hannemann/Wiek Handbuch des Mietrechts, 2001, Teil 1 Rn. 48; Rips/Eisenschmid, Neues Mietrecht, S. 36; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 336; Börstinghaus NZM 2000, 583, 585; Derleder NZM 2002, 676, 677. 3 Z.B. bei baubedingten Lärmstörungen durch Eigen- oder Fremdverursachung. 4 Z.B. bei Ausfall der Beheizung, ob der Mieter in der Wohnung frieren muss oder wegen Urlaubs in der Sonne von der Kälte nicht betroffen wird. 5 Börstinghaus NZM 2000, 583, 585. 6 Ebenso Kraemer WuM 2000, 515; im Ergebnis zu § 536 BGB auch Blank/Börstinghaus Rn. 6; Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 20.1; Herrlein/Kandelhard Rn. 56; Lammel Rn. 56; Palandt/Weidenkaff Rn. 33.

1081

Rn. VIII 243

Gewährleistung

bb) Kriterien der Mängelbewertung 243

Allgemein gültige Kriterien für die Bewertung von Mängeln in Bezug auf den Minderungsgrad gibt es nicht. Gleichwohl werden folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen sein: – Art und Umfang von Funktionseinbußen für den Mietgebrauch, – Dauer und Häufigkeit der Beeinträchtigung, – gesteigerte Qualitätsansprüche des Mieters im Hinblick auf die Miethöhe, – Absinken auf den Mindeststandard oder sogar dessen Unterschreiten, – Berücksichtigung von Jahreszeit (z.B. Heizung) und Wohngegend (Geltungswert), – optische Auffälligkeit des Mangels (für den Geltungswert); Ausmaß der Folgebeeinträchtigung.

244

Verfehlt erscheint indes, die Minderungsquote für gewisse Mängeltypen festzulegen. Ebenso wenig sind Pauschalbewertungen angebracht, z.B. dass bei der Anmietung einer Altbauwohnung in der Regel davon auszugehen sei, dass sie nicht frei von Mängeln sei, z.B. was Feuchtigkeit im Keller anbelange, dass beim Erstbezug von Neubauten mit Neubaufeuchte gerechnet werden müsse, dass bei Sozialwohnungen der Mieter sich mit einer „gewissen Hellhörigkeit“ abfinden müsse. Derartige Pauschalierungen finden im Gesetz keine Stütze; man kann auch nicht unterstellen, der Mieter habe diese Mängel als vertragsgemäß akzeptiert. Anders verhält es sich, wenn es sich um bautypische Eigenschaften der jeweiligen Baualtersklasse handelt, wie bei Altbauten leichte Zugigkeit von einfachverglasten Fenstern oder das Knarren von Parkett (s. dazu BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = ZMR 2004, 807), bei Plattenbauten in den neuen Bundesländern mindere Bauqualität (BGH – Urt. v. 10.5.2006 – NZM 2006, 582, OLG Naumburg – Beschl. v. 28.7.1993 – WuM 1995, 145) oder Neigung zur Rissbildung (KG – Urt. v. 11.3.2002 – GE 2002, 796).

245

Häufig wird die Minderungsquote danach berechnet, dass die Gebrauchsbeeinträchtigung des einzelnen Raums bewertet und dann ins Verhältnis zur Gesamtmiete gesetzt wird. Dabei fallen auch der qualitative und zeitliche Umfang der Beeinträchtigung ins Gewicht,1 KG – Urt. v. 14.12.1998 – WuM 1999, 329.

Dabei darf jedoch nicht aus den Augen verloren werden, dass die Minderung auf die Gesamtleistung des Vermieters zu beziehen ist (s. Rn. VIII 261) und sich ein Mangel auch auf diejenigen Teile des Mietobjekts auswirkt, die nicht unmittelbar betroffen sind.2

1 Kritisch dazu Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536 Anm. 21.1.3. 2 Beispiel: Ist ein Raum infolge von Feuchtigkeit unbenutzbar und müssen deshalb dort befindliche Gegenstände in andere Räume ausgelagert oder Funktionen in anderen Räumen ausgeübt werden, so ist die Minderung von der Gesamtbeeinträchtigung her zu bewerten.

1082

Mietminderung

Rn. VIII 248

Für die Bemessung der Minderungsquote kommt es nicht auf die Höhe des Schadens an, die aus der Mangelhaftigkeit der Mietsache folgt. Ist etwa ein einzelnes Gebäude einer einheitlichen Gebäudeanlage wegen eines Mangels nicht nutzbar, so bestimmt sich die Minderungsquote anhand des Nutzwerts dieses Gebäudes im Verhältnis zum Nutzwert der Anlage und nicht etwa auf der Grundlage der entgangenen Mieteinnahmen,

246

LG Mannheim WuM 1996, 338, 339; anders OLG Köln – Urt. v. 30.4.1991 – ZMR 1992, 155.1

Mindert der Mieter wegen nicht gewährten Konkurrenzschutzes, so kann die Minderungsquote zwar der Umsatzeinbuße entsprechen,

247

so OLG Karlsruhe – Urt. v. 7.4.1989 – ZMR 1990, 214 für Gaststätte.

Jedoch braucht es hierauf nicht anzukommen; vielmehr kann es genügen, dass durch die Konkurrenzsituation der Wert des Mietgegenstandes eingeschränkt ist, was sich etwa im Falle einer Veräußerung oder einer Vermietung in einem niedrigeren Verkaufs- oder Mieterlös niederschlagen würde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.5.1997 – MDR 1997, 1115 für Spielhalle, KG – Urt. v. 25.1.2007 – GE 2008, 541 = NZM 2007, 566, KG – Urt. v. 16.4.2007 – MDR 2007, 1250.

Bei Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen durch Baumaßnahmen auf dem Nachbargrundstück kann sich der Vermieter gegenüber der Mietminderung nicht darauf berufen, dass der Mieter während der Arbeitszeit von der Wohnung abwesend sei, AG Regensburg WuM 1992, 476.

Ebenso verhält es sich, wenn der Mieter einer Wohnung sich während des Heizungsausfalls im Winter auf Urlaub im warmen Süden befindet. Anders dagegen liegt es, wenn sich ein Mangel auf die Gebrauchstauglichkeit nicht auswirkt (s. Rn. VIII 235). Hier hat der Mieter zwar einen Instandsetzungsanspruch, aber keine Befugnis zur Minderung.2 cc) Mängelbewertung nach der Nutzwertanalyse Um den Entscheidungsvorgang zur Mietwertminderung zu objektivieren und durchschaubarer zu machen, kann es angebracht sein, eine Nutzwertanalyse zu erstellen. Diese für das Baurecht entwickelte „Zielbaum“-Methode kann auch auf die mietrechtliche Gewährleistung übertragen werden,3 OLG Oldenburg – Urt. v. 14.6.1999 – WM 2000, 151 (LS): In Anwendung der sog. Zielbaummethode erstellte Sachverständigengutachten können zur richterlichen 1 Zum Fall: Die Höhe der Minderung wegen zu hohen Bleigehalts im Trinkwasser gemieteter Gewerberäume soll durch den Aufwand begrenzt sein, der das Beschaffen von 2 l Mineralwasser pro Mitarbeiter und Tag mit sich bringen würde. 2 Einschränkend Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 325. 3 Ausführlich dazu Aurnhammer BauR 1981, 139; Aurnhammer BauR 1983, 97; Kamphausen WuM 1982, 3; modifiziert auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 370 im Anschluss an Isenmann DWW 1995, 361; kritisch Fischer-Dieskau/Pergande/Franke BGB § 536 Anm. 21.1.

1083

248

Rn. VIII 249

Gewährleistung

Überzeugungsbildung (hier: in einer Geschäftsraummietsache) herangezogen werden; LG Hamburg MDR 1983, 842, WM 1983, 290.

Sie empfiehlt sich insbesondere, wenn das Mietobjekt eine Vielzahl von Mängeln in verschiedenen Räumen aufweist, kann hier aber nur knapp und vereinfachend dargestellt werden. Hierbei sind drei Schritte zu vollziehen: 249

(1) Die einzelnen Teile des Mietobjekts werden nach Wertungskriterien in einen Bezug zueinander gesetzt, so dass sich eine gewisse Rangfolge ergibt. Hauptgruppen der Wertungskriterien sind der Funktionswert einerseits und der Geltungswert andererseits. Der Funktionswert trifft eine Aussage über die Gebrauchs- und Betriebsfähigkeit, -sicherheit und -bereitschaft. Der Geltungswert beruht dagegen auf eher subjektiven Merkmalen der Wertschätzung wie räumlich-optischer Eindruck, Raumaufteilung, Farbe, verarbeitetes Material. Die einzelnen Merkmale sind zwar nicht erforderlich, um die Mieträume technisch funktional nutzen zu können. Jedoch erschöpft sich hierin der Mietgebrauch meist nicht. Mängel des Geltungswertes sind in der Regel durch optische Mängel gekennzeichnet.1 Der Mietwert jedes Raumes ist nach Funktions- und Geltungswert zu gewichten, wobei das Verhältnis zwischen Funktions- und Geltungswert je nach dem Nutzwert des einzelnen Raumes unterschiedlich ist. Als Faustregel lässt sich festhalten, dass einem Raum ein umso höherer Geltungswert zukommt, je mehr er dem kommunikativen Bereich etwa im Hinblick auf das Familienleben zuzuordnen ist. Dagegen werden Räume des haustechnischen Bereichs entsprechend ihrer Zweckbestimmung in der Regel einen überwiegenden Funktionswert haben.

250

Die Funktionszuweisung kann nach folgenden Kriterien vorgenommen werden: Familienleben, Einnahme von Mahlzeiten – Spielen – Schlafen – Körperpflege – Nahrungsmittelzubereitung – Vorratshaltung – Wäschepflege – Wohnungspflege. Es ist also festzulegen, welcher Raum welche Funktion erfüllt, wobei es zu Überschneidungen kommen wird. Aurnhammer (BauR 1978, 356) schlägt folgende Wertigkeitstabelle vor: Wohnzimmer/Esszimmer/Wohndiele: Elternschlafzimmer: Kinderzimmer/Gästezimmer: Küche mit/ohne Essplatz: Flur, Bad, WC, Hausarbeitsraum: Abstellraum, Speisekammer:

10 9 8 7/6 4 2

(80–100) (70– 90) (70– 90) (40– 70) (20– 40) (10– 30).

Die von Kamphausen (Der Sachverständige 1982, 234) angenommenen Wertzahlen ergeben sich aus den Klammerzusätzen. Die Wertzahlen sind variabel, u.a. je nach Geschosslage, Wohnungsschnitt usw. Sie werden mit der qmFlächenzahl der einzelnen Räume multipliziert. 1 S. OLG Celle ZMR 1995, 204, 205 für rein optisch hervortretende Mängel an einem Teppichboden in einem Alten- und Pflegeheim.

1084

Rn. VIII 253

Mietminderung

Die Wertungsfolge der einzelnen Räume kann nicht abstrakt festgelegt werden; insofern ist die obige Wertigkeitstabelle nicht verbindlich. Jedoch wird angenommen, dass Wohn- und Individualräume regelmäßig erheblich höher zu bewerten sind als Räume des haustechnischen Bereichs oder Verkehrsflächen. Unrichtig wäre es jedenfalls, die Rangfolge nur nach der Größe der einzelnen Räume vorzunehmen. (2) Steht das Wertungssystem fest, so sind als nächstes die Wertabweichungen durch einen Soll-Ist-Vergleich zu klären. Die Sollanforderungen ergeben sich aus den Anforderungen des vertragsgemäßen Gebrauchs. Für die Bewertung der Ist-Beschaffenheit kann auf die oben angeführten Kriterien zurückgegriffen werden (s. Rn. VIII 243). Die Beeinträchtigungen sind nach einer Wertminderungsskala zu bemessen.1 Faktor

Beeinträchtigung

0,00 = 0,10 = 0,20 = 0,30 = 0,40 = 0,50 = 0,60 = 0,70 = 0,80 = 0,90 = 1,00 =

keine bzw. unerhebliche fast keine noch leichte, geringe mäßige deutliche, schon etwas stärkere starke sehr starke schwere sehr schwere massive vollständige, führt zur völligen Gebrauchsuntauglichkeit.

251

Der Wertminderungsfaktor, der sich wegen eines Mangels für einen bestimmten Raum ergibt, ist mit dem Wert zu multiplizieren, der dem beeinträchtigten Raum nach der unter Ziff. 1 erörterten Wertskala der Räume untereinander zukommt. Hieraus errechnet sich die auf den Raum entfallende Minderungsquote.

252

(3) Im letzten Abschnitt werden die Teilwertminderungen zur Gesamtwertminderung addiert. Diese wird prozentual ins Verhältnis zur Höhe der Miete gesetzt; das Ergebnis ist der Minderungsbetrag.

253

Das Verfahren ist hier stark vereinfacht dargestellt. Es erscheint auf den ersten Blick kompliziert und schwerfällig gegenüber der herkömmlichen und in der Praxis verbreiteten Methode, die Minderung über den Daumen zu schätzen. Hat man das Denkmodell der Nutzwertanalyse jedoch begriffen, so trägt es dazu bei, den Entscheidungsvorgang zu objektivieren und nachvollziehbar zu machen. Bei häufigerer Anwendung werden die einzelnen Denkschritte so geläufig, dass der Arbeitsaufwand für die Wertberechnung nur noch gering ist.

1 Vgl. Kamphausen, Der Sachverständige, 1983, S. 235.

1085

Rn. VIII 254 254

Gewährleistung

Dem besseren Verständnis soll das folgende Beispiel dienen:1 Es handelt sich um eine Dreizimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 72 qm und einer monatlichen Miete von 600 Euro. Es bestehen folgende Mängel: (1) An der Decke im Wohnzimmer befindet sich ein ca. 1 qm großer abgetrockneter Leckagefleck. Hierdurch wird allein der Geltungswert betroffen. (2) Im Schlafzimmer ist eine Außenwand durchfeuchtet, die Tapeten halten dort kaum; Spak- und Schimmelpilzgefahr besteht. Der Funktionswert, aber auch der Geltungswert sind betroffen. (3) Im Bad ist der Warmwasser-Boiler ausgefallen, was nur den Funktionswert betrifft. Die Mietminderung lässt sich nach folgender Tabelle bewerten: 1 Raumnutzung Wohnzimmer Schlafzimmer Kinderzimmer Küche Bad Flur

2

3

4

5

6

Wohnfläche

Wertzahl*

Wohnwert Produkt 2x3

Minderungsfaktor**

Wohnwertminderung 4x5

24 16 12 8 6 6

10 8 9 8 7 4

240 128 108 64 42 24

0,15 0,4

36 51

0,6

25

72

46

606

112

* nach Aurnhammer BauR 1978, 356 f. ** nach Kamphausen Der Sachverständige 1983 S. 235 f.

Die Wohnwertminderung beträgt damit 112 : 606 = 18,5%, aufgerundet auf 20%. Die Mietminderung beläuft sich auf 120 Euro. 255

Das vorstehende Schema darf nicht überschätzt werden und dazu führen, die Mietminderung auf ein Rechenexempel zurückzuführen. Es enthält Wertungsspielräume für die Bemessung der Wertzahl und des Minderungsfaktors, die in der Praxis kaum weiter eingrenzbar sind. Der Vorteil der beschriebenen Methode liegt zum einen in der systematisierten Mängelanalyse und zum anderen in der Möglichkeit, mehrere – möglicherweise kleinere – Mängel angemessen zu erfassen. Sie kann auch bei sog. Sekundärmängeln2 angewandt werden. Ihr Anwendungsbereich kann auch in Betracht kommen, wenn Grenzwert- bzw. Schrankenprobleme auftreten,3 etwa wenn wegen einzelner Mängel das ge-

1 Nach LG Hamburg WuM 1985, 290. 2 Beispiel: Wegen Feuchtigkeitserscheinungen in einem Wohnraum müssen die Möbel in einen anderen Wohnraum verbracht werden, dessen Nutzung dadurch eingeschränkt wird. 3 Dazu eingehend Kamphausen, Der Sachverständige 1998, Heft 6 S. 14.

1086

Mietminderung

Rn. VIII 257

samte Mietobjekt nicht mehr nutzbar ist.1 In derartigen Fällen lässt sich eine objekt- und aufgabenbezogene Zielhierarchie aufstellen.2 Danach ist zu fragen, ob bestimmte Wertkriterien (z.B. Nutzbarkeit von Bad, Küche, Funktionsfähigkeit der Versorgung mit Energie, Wasser, Heizung) vollständig entfallen sind und, bejahendenfalls, ob sie für den Mieter unverzichtbar sind. Wird auch die letztere Frage bejaht, so kann die Miete um 100% gemindert sein. Werden die erste und/oder die zweite Frage verneint, so kann nach der Zielbaummethode verfahren werden, wobei jedoch die Bewertungsansätze variiert werden können. Durch die Einbeziehung des Lagewertes und dessen Gewichtung in Bezug zu Beschaffenheits- und Ausstattungsmerkmalen der Wohnung ist die Zielbaummethode erweitert, aber auch vereinfacht worden.3 dd) Erheblichkeitsgrenze Wegen unerheblicher Beeinträchtigungen kann nicht gemindert werden (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB). Die Regelung lässt den Erfüllungsanspruch des Mieters unberührt,

256

LG Hamburg NJW 1991, 1898 = ZMR 1991, 179 (mit Anm. Schläger ZMR 1991, 222) für geringfügig über dem Grenzwert liegenden Bleigehalt im Trinkwasser.

Als unerheblich i.S. von § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB ist ein Fehler insbesondere dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell sowie mit geringen Kosten beseitigt werden kann, so dass die Geltendmachung einer Minderung gegen Treu und Glauben verstieße, BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 776 = WuM 2004, 531 = ZMR 2005, 101.

Die Grenze zur Unerheblichkeit ist fallbezogen zu bestimmen. Trotz ihrer Befriedungsfunktion kann die Vorschrift nicht an starren %-Sätzen ausgerichtet werden. Bei hochpreisigen Mietobjekten kann wegen gesteigerter Qualitätserwartungen die Erheblichkeitsschwelle niedriger liegen als bei preisgünstigem Wohnraum. Bei hohen (Gewerberaum-)Mieten führt bereits eine verhältnismäßig niedrige Minderungsquote zu nicht zu vernachlässigenden Einsparbeträgen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass durch Summierung mehrerer unerheblich erscheinender Mängel die Erheblichkeitsgrenze überschritten werden kann,4 Beispiel: LG Berlin WuM 2004, 233 für lose Steckdose in der Küche 0,5%, stark verkalktes WC 1%, Loch im Fußboden des Bades 2%, Verkleinerung des Bades und Geruchsprobleme 7%, Baulärm (Auffräsen von Wänden zur Verlegung von Leitungen) 10%, Bordell im Mehrfamilienwohnhaus 10%.

1 Beispiel: Nichtnutzbarkeit von Bad, Toilette oder Küche, Ausfall der Heizung im kalten Winter. 2 Kamphausen, Der Sachverständige 1998, Heft 6 S. 14, 18. 3 Schulz BauR 1990, 151; abzulehnen ist dagegen die von Mantscheff (BauR 1989, 44 f.) entwickelte Methode, die an (zum Teil überholte) mietpreisrechtliche Ansätze anknüpft. 4 Beispiele zu unerheblichen Mängeln: Fischer-Dieskau/Franke BGB § 536a Anm. 8.6.

1087

257

Rn. VIII 258

Gewährleistung

c) Minderung und Mietstruktur 258

Umstritten war bisher, ob die Minderungsquote von der Bruttomiete (d.h. unter Einschluss der Betriebskostenvorauszahlung) oder der Nettomiete berechnet wird. Der Gesetzgeber hat diese Frage bewusst offen gelassen.1 Die herrschende Meinung geht davon aus, dass bei Vereinbarung einer Bruttomiete diese auch die Grundlage für die Minderung bildet, zumal das Herausrechnen von Betriebskostenanteilen schwierig ist. Der Meinungsstreit bezieht sich wesentlich darauf, ob bei Vereinbarung einer Nettomiete und Betriebskostenvorauszahlungen (oder -pauschalen) Letztere bei der Berechnung der Minderung mit zu berücksichtigen sind. Zum Teil wurde und wird die Frage bejaht,2 OLG Frankfurt – Beschl. v. 26.9.1985 – WuM 1986, 19, OLG Hamm NJWE-MietR 1996, 80, KG (8. Zivilsenat) – Beschl. v. 23.5.2002 – GE 2002, 930, KG (12. Zivilsenat) – Urt. v. 13.10.2003 – NZM 2004, 70 = WuM 2004, 17 = ZMR 2004, 112.3

259

Zum Teil wurde und wird sie verneint,4 KG (12. Zivilsenat) – Urt. v. 12.3.2001 – NZM 2002, 387 = GuT 2002, 77, OLG Koblenz – Urt. v. 16.5.2002 – ZMR 2002, 744: Anknüpfungspunkt für eine Mietminderung ist die vertraglich vereinbarte Nettomiete. Betriebs- und sonstige Nebenkosten bleiben unberücksichtigt. Die monatlichen Vorauszahlungen für weitgehend verbrauchsabhängige Nebenkosten können jedenfalls dann nicht Anknüpfungspunkt für eine Minderung sein, wenn diese auf eine Beeinträchtigung des vertraglichen Gebrauchs gestützt wird, den die Nettomiete abgelten soll; LG Berlin WuM 1998, 28: Der Vermieter erhält die Betriebskosten nur als durchlaufende Posten gleichsam als Treuhänder für den Mieter.

Zum Teil wurde und wird eine vermittelnde Lösung vertreten:5 LG Berlin GE 1994, 1381: Die Minderung bezieht sich nur dann auf solche Nebenkosten, denen Leistungen zugrunde liegen, die vom Mangel betroffen werden; ebenso LG München I NZM 2000, 87: Nur der Nettokalt-Mietanteil unterliegt der Minderung; anders kann es sich verhalten, wenn der Mangel Leistungen betrifft, die gerade durch die Betriebskosten abgedeckt werden; LG Hamburg ZMR 2004, 41: Der Minderung wird die Bruttokaltmiete – also ohne die Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser – zugrunde gelegt.

260

Der BGH ist mit Recht der erstgenannten Meinung gefolgt, BGH (XII. Zivilsenat) – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 455 = WuM 2005, 384 = ZMR 2005, 524: Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist die Bruttomiete (Mietzins einschließlich aller Nebenkosten). Dabei ist unerheblich, ob die Nebenkosten als Pauschale oder Vorauszahlung geschuldet werden;

1 Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. 14/5663 S. 79. 2 Sternel MietR Rn. II 556; ferner zu § 536a BGB: Erman/Jendrek Rn. 24; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 324; s. auch Keppler ZMR 2003, 885, 889. 3 S. dazu Wüstefeld WuM 2004, 197. 4 Lammel BGB § 536 Rn. 58. 5 S. zu § 536 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 67; Herrlein/Kandelhard Rn. 58; Bub-Treier Rn. III 1362; Franke ZMR 1996, 297.

1088

Mietminderung

Rn. VIII 261

BGH – (VIII. Zivilsenat) – Urt. v. 20.7.2005 – DWW 2005, 371 = NZM 2005, 699 = WuM 2005, 573 = ZMR 2005, 854: Bemessungsgrundlage der Minderung ist die Bruttomiete einschließlich einer Nebenkostenpauschale oder einer Vorauszahlung auf die Nebenkosten. Dies gilt auch, wenn der zur Minderung führende Mangel auf einer Anweichung der Wohnfläche von der im Mietvertrag angegebenen Fläche um mehr als 10% beruht.

Dem ist das OLG Dresden – Urt. v. 31.7.2007 – GuT 2008, 35 = ZMR 2008, 531

bezüglich der Heizkosten für den Fall entgegengetreten, dass die Mängel die Heizleistung nicht beträfen und sich auch nicht auf die Höhe der Heizkosten auswirkten. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: S. 532: Es lässt sich unschwer zwischen den Mängeln, die Auswirkung auf die Höhe der Heizkostenabrechnung haben können, und solchen, die diese Unkosten nicht betreffen, unterscheiden. Allein die nicht ausreichend arbeitende Heizung hat Auswirkungen auf die abgerechneten Heiz- und Warmwasserkosten. Dagegen beeinträchtigen die übrigen Mängel1 zwar auch die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache insgesamt, sie haben aber im Ergebnis keine Bedeutung für den sich in der Heizkostenabrechnung widerspiegelnden Gebrauchswert der Mietsache. Betrachtet man die jeweilige Abrechnung mit der sich daraus ergebenden Forderung als einen Aufwendungsersatz, der dem Vermieter auf Grund des zwischen ihm und dem Mieter bestehenden Abrechnungsverhältnisses nach § 259 BGB zusteht, kann es ohnehin nur um einen Anspruch nach § 670 BGB gehen. S. 533: Nur die unzureichende Beheizung der Mieträume kann bei der Minderung in Bezug auf die Abrechnung (der Heizkosten) berücksichtigt werden.

Für die Meinung des BGH sprechen systematische, teleologische und praktische Gründe. Die Vorschriften über die Betriebskosten in §§ 556, 556a BGB sind im Unterkapitel „Vereinbarungen über die Miete“ enthalten. Das weist ihren systematischen Zusammenhang mit dem Mietzins aus. Sie können nicht als Entgelt für Leistungen des Vermieters verstanden werden, die isoliert neben der Gewährung des Mietgebrauchs stehen. Ohne derartige Leistungen ist der vereinbarte Mietzweck, soweit er sich auf das Wohnen oder auf Gewerbetätigkeiten, die einen Aufenthalt von Menschen in den Mieträumen erfordern, nicht zu erreichen, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 455 = WuM 2005, 384 = ZMR 2005, 524: Neben der bloßen Überlassung der Mietsache gehören dazu Nebenleistungen, ohne deren Erfüllung ein vertragsgemäßer Gebrauch nicht denkbar ist. Dazu zählen mangels abweichender Vereinbarung u.a. auch die Versorgung mit Energie, Wasser und Heizung sowie die Entsorgung etwa von Müll. Die Vermieterleistung lässt sich nicht in eine Fülle von isolierten Einzelleistungen zerlegen, die gleichsam um die Raumüberlassung (Überlassung der Mietsache) herumgruppiert sind. Vielmehr sind sie mit dieser unlösbar vernetzt; es handelt sich um eine komplexe Leistung (Sternel WuM 2002, 246). KG – Urt. v. 13.10.2003 – NZM 2004, 70 = WuM 2004, 17 = ZMR 2004, 112: Bei der dem § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB zu Grunde liegenden Äquivalenzbetrachtung lässt sich die Nettomiete für Räume nicht sinnvoll von den Nebenkosten trennen. Der Mieter

1 Mängel: unzureichende Klingelanlage, zerkratzte Fensterrahmen, fehlende Schließanlage, Stolperschwelle am Eingang der Mieträume (Kanzlei), „unschöne“ Paneeldecke im Flur.

1089

261

Rn. VIII 262

Gewährleistung

von Räumen zahlt Miete, um diese Räume im Rahmen des vertraglich gestatteten Gebrauchs entsprechend ihrer Ausstattung zu nutzen. Die an den Vermieter zu zahlenden Nebenkosten (z.B. für Heizung, Wasser, Müllabfuhr, Straßenreinigung) dienen diesem Zweck: sie ermöglichen oder erleichtern die Raumnutzung. Ohne die gleichzeitige Bereitstellung der Räume wäre die Zahlung von Nebenkosten für den Mieter zwecklos. Damit bewirkt eine beschränkte Nutzungsmöglichkeit, dass auch die auf volle Funktionsfähigkeit der Räume gerichteten Nebenkostenzahlungen ihren Zweck nicht voll erreichen können, sondern ihn in dem Maße verfehlen, wie die Nutzungsfähigkeit der Räume eingeschränkt ist.

262

Hinzu kommen gesetzessystematische Gründe: Nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Mieter im Fall einer vollständigen Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit von der Entrichtung der Miete befreit. Er braucht dann auch keine Nebenkosten zu entrichten, wie selbst von denjenigen eingeräumt wird, die sich gegen die Einbeziehung der Vorauszahlungen in die Mietminderung aussprechen. Es wäre ein System-Bruch, wenn der Begriff der Miete in § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB anders als im darauf folgenden Satz 2, der sich auf eine verminderte Tauglichkeit der Mietsache bezieht, verstanden werden müsste. Das findet seine Entsprechung beim Kündigungsgrund wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB; auch dort zählen die Nebenkostenvorauszahlungen zur laufenden Miete, s. BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 455 = WuM 2005, 384 = ZMR 2005, 524, KG – Urt. v. 13.10.2003 – NZM 2004, 70 = WuM 2004, 17 = ZMR 2004, 112.

263

Auch kann es aus Gründen der Gleichbewertung nicht auf die jeweils vereinbarte Mietstruktur ankommen; denn dies würde dazu führen, dass bei identischen Beeinträchtigungen bei zwei Mietverhältnissen mit unterschiedlichen Mietstrukturen unterschiedliche Minderungsquoten gelten würden. Wer dies befürwortet,1 blendet aus, dass es sich bei den von den Betriebskosten abgegoltenen Leistungen um solche handelt, die ebenfalls den Mietgebrauch betreffen.

264

Schließlich ist eine nach einzelnen Nebenkostenpositionen differenzierende Sichtweise nicht überzeugend (BGH a.a.O.). Zum einen sind vielfach sämtliche Aufwendungen für die Raumnutzung betroffen. Zum anderen wäre eine Differenzierung zwischen einzelnen vom Mangel betroffenen Nebenkostenpositionen hochgradig unpraktikabel, weil sie dem Mieter einen kaum zu leistenden Darlegungs- und Berechnungsaufwand zur Rechtfertigung der Minderung auferlegen würde (BGH a.a.O., KG a.a.O.). Der Auffassung des OLG Dresden GuT 2008, 35 = ZMR 2008, 531 (s. Rn. VIII 259) kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist es unrichtig, dass es bei der Heizkostenabrechnung letztlich (nur) um einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB geht; vielmehr handelt es sich um ein kostengebundenes Entgelt für einen Teil der Vermieterleistung. Vor allem ist es unrichtig, aber auch unerheblich, dass bzw. ob Mängel bestimmte Teile der Vermieterleistung berühren oder nicht. 1 So offenbar Lammel BGB § 536 Rn. 58.

1090

Rn. VIII 264a

Mietminderung

Mit der gleichen Begründung, wie sie das OLG Dresden a.a.O. gibt, ließen sich alle verbrauchs- oder dienstleistungsbezogenen Teile der Miete aus der Minderung eliminieren, wenn sich der Mangel auf diese Teile und ihre Kosten nicht auswirkt.1 Beispiel: Wird der Mieter durch erheblichen Baulärm gestört, nützt es ihm wenig, wenn es in der Wohnung wohlig warm ist.

Die Argumentation des OLG Dresden a.a.O. würde dazu führen, die einheitliche Vermieterleistung „Gebrauchsgewähr“ unzulässig in Teilleistungen zu zerlegen. Schließlich ist es nicht haltbar, darauf abzustellen, ob die Auswirkungen eines Mangels auf bestimmte Teile der Vermieterleistung unstreitig oder streitig sind. Werden bestimmte Bereiche der Vermieterleistung von einem Mangel nicht berührt, so kann sich dies über den Umfang der Gesamtbeeinträchtigung auf die Höhe der Minderungsquote auswirken. Der Einbeziehung der Betriebskostenvorauszahlungen in die Minderung kann ferner nicht entgegengehalten werden, dass eine Schieflage dadurch entstehen kann, dass die Mieter vermehrt unmittelbar mit dem jeweiligen Leistungsanbieter abrechnen.2 In derartigen Fällen sind die drittbezogenen Fremdleistungen aus dem Leistungskatalog des Vermieters ausgesondert, so dass sich Mängel der Mietsache oder des Mietgebrauchs hierauf nicht beziehen können. Für die Gewerberaummiete gilt nichts anderes.3 Jedoch können die Parteien vereinbaren, dass die Minderungsquote von der Nettokaltmiete zu berechnen ist, sofern die Minderungsquote nicht so hoch ist, dass die Betriebskostenvorauszahlungen hiervon betroffen wären, z.B. bei vollständiger Gebrauchsuntauglichkeit.4 Das soll an folgendem Berechnungsbeispiel verdeutlicht werden: vereinbarte Grundmiete: Betriebskostenvorauszahlungen: gesamte Miete:

1000,– Euro 400,– Euro 1400,– Euro

angenommene Gebrauchsbeeinträchtigung: 80% Berechnung der Minderung ohne Beschränkung 80% von 1400,– Euro: 1120,– Euro zu zahlen: 280,– Euro

mit Beschränkung auf die Nettokaltmiete 800,– Euro Vorauszahlungen:

200,– Euro 400,– Euro 600,– Euro

1 Werden die Hausmeisterleistungen, die Treppenreinigung oder die Gartenpflege ordnungsmäßig erbracht und das Wasser in bester Qualität geliefert, so wird die Beeinträchtigung des Mietgebrauchs infolge von Feuchtigkeit oder Lärm nicht geringer. Würde der Vermieter für gewisse Betriebskostenarten gesonderte Vorauszahlungen vereinbaren (z.B. für Wasser/Abwasser oder für die Gartenpflege oder gar für jede Betriebskostenart eine gesonderte Vorauszahlung erheben), was zulässig ist, und hierüber abrechnen, was ebenfalls zulässig ist, wie ein Umkehrschluss aus § 556 Abs. 3 Satz 4 BGB ergibt, so würden auch diese Entgelte nach der Logik der Entscheidung des OLG Dresden von der Mietminderung nicht erfasst werden, da weder ihre Entstehung noch ihre Höhe von den genannten Mängeln betroffen wären. 2 So aber Herrlein/Kandelhard BGB § 536 Rn. 59. 3 Bieber/Ingendoh § 5 Rn. 139 f.; Lindner-Figura u.a. Kap. 14 Rn. 296; Bieber NZM 2006, 683, 687; Leo/Schmitz NZM 2005, 858. 4 Bieber NZM 2006, 683, 688.

1091

264a

Rn. VIII 265

Gewährleistung

Das bedeutet, dass die Minderung bezüglich eines Teils des geschuldeten Entgelts ausgeschlossen ist, ohne dass dieser Anteil von vornherein feststeht. Dadurch wird das Äquivalenzprinzip verletzt. Entsprechende Formularklauseln sind daher unwirksam. 265

Praktische Auswirkungen der Einbeziehung von Betriebskostenvorauszahlungen in die Mietminderung ergeben sich bei der Betriebskostenabrechnung. Ausgangspunkt ist, dass die Minderung, die sich auf die Vorauszahlungen bezieht, nicht dazu führen darf, dass diese Mietkürzung durch eine höhere Nachzahlung kompensiert wird. Deshalb wird nach überwiegender Meinung der Minderungsbetrag unter Einbeziehung des Abrechnungsergebnisses ermittelt.1 Danach ist eine doppelte Berechnung der Minderung zum einen von der Nettokaltmiete zuzüglich der Vorauszahlungen und zum anderen vom Abrechnungsergebnis erforderlich. Dies soll an folgenden Beispielen verdeutlicht werden: Im ersten Beispiel A soll aus Gründen der Vereinfachung vom Fortbestand eines Mangels während des gesamten Wirtschaftsjahres ausgegangen werden. Die Gegebenheiten sind: monatliche Nettokaltmiete: monatliche Betriebskostenvorauszahlungen: monatliche Bruttomiete: Minderungsquote: 20% – der monatlichen Nettokaltmiete: – der monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen: geminderter Betrag (Minderungshöhe): zu zahlende geminderte Miete:

600,– Euro 120,– Euro 720,– Euro 120,– Euro 24,– Euro

Einbeziehung der Betriebskostenberechnung in die Mietminderung: jährliche Betriebskostenbelastung des Mieters auf Grund der Abrechnung vor Abzug der Vorauszahlungen: abzüglich Minderungsquote: 20% geminderte Betriebskostenbelastung: abzüglich geminderter Vorauszahlungen: (12 x 96,– Euro) (geminderter) Nachzahlungsbetrag:

266

144,– Euro 576,– Euro

2200,– Euro – 440,– Euro 1760,– Euro – 1152,– Euro 608,– Euro.

Eine entsprechende Berechnung kann auch bei kürzeren Minderungszeiträumen vorgenommen werden, anteilig nach Monaten (12), Wochen (52) oder Tagen (365), wie das folgende Beispiel A1 bei einer Minderung für 2 Monate zeigt: Die Gegebenheiten entsprechen dem obigen Beispiel, was die vereinbarte Miete und die Minderungsquote anbelangt. Die zu zahlende geminderte Miete beträgt für beide Monate also jeweils Einbeziehung der Betriebskostenberechnung in die Mietminderung: jährliche Betriebskostenbelastung des Mieters auf Grund der Abrechnung: abzüglich Minderungsquote: 20% (440 : 12 =) 36,67 Euro x 2 = geminderte Betriebskostenbelastung: abzüglich ungeminderter Vorauszahlungen: (10 x 120 Euro –) abzüglich geminderter Vorauszahlungen: (2 x 96,– Euro) (geminderter) Nachzahlungsbetrag:

576,– Euro.

2200,00 Euro 73,34 Euro 2126,66 Euro – 1200,00 Euro – 192,00 Euro 734,66 Euro. –

1 Bieber NZM 2006, 683, 685; Eisenschmid WuM 2005, 491; Lützenkirchen MietRB 2006, 174; Leo/Schmitz NZM 2005, 858 (für Gewerbeobjekte); Schmid ZMR 2005, 836.

1092

Mietminderung

Rn. VIII 268

Die Methode ist dogmatisch folgerichtig und führt materiell zu gerechten Ergebnissen. Auch kann sie selbst bei der Minderung wegen Flächenabweichungen angewandt werden, ohne dass dies zu einer doppelten Anrechnung der abweichenden geringeren Fläche führt (so aber LG Berlin WuM 2005, 53 mit Anm. Eisenschmid). Wird bei der Betriebskostenabrechnung nur die (zutreffende) geringere Fläche angesetzt, so wird bereits hierdurch der Flächenabweichung Rechnung getragen und ein Abzug von der jährlichen Betriebskostenbelastung des Mieters scheidet aus diesem Grunde aus,

267

s. auch BGH – Urt. v. 20.7.2005 – NZM 2005, 699 = WuM 2005, 573 = ZMR 2005, 854.

Sie ist jedoch nicht praxisfreundlich, weil sich der Minderungsbetrag letztlich erst bei der Betriebskostenabrechnung und damit erheblich später als nach Mängeleintritt bestimmen lässt. Auch führt sie bei nur zeitlich begrenzter Minderung zu bloßer Scheinexaktheit, da die verbrauchsabhängigen Betriebskosten in den einzelnen Monaten unterschiedlich anfallen (z.B. Heizung im Winter, Wasser/Abwasser im Sommer). Praktikabler erscheint, die vom Mieter zu zahlende geminderte Miete unter Heranziehung des Grundgedankens in § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf die Betriebskostenvorauszahlungen zu verrechnen, sofern der Mieter nichts anderes bestimmt (s. zur entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift Rn. III 103).1 Da beide Forderungsteile – nämlich Nettokaltmiete und Betriebskostenvorauszahlung – gleichermaßen fällig sind, ist auf den Gesichtspunkt der für den Gläubiger geringeren Sicherheit abzustellen. Dies betrifft die Betriebskostenvorauszahlungen; denn der Anspruch auf sie erlischt bereits mit Eintritt der Abrechnungsreife (Rn. V 273). Das bedeutet, dass der Vermieter die Betriebsmittel in der Regel ungekürzt erhält, während die Nettokaltmiete überproportional gemindert erscheint. Dogmatisch orientiert sich diese Methode am Grundgedanken des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB: Auch dort wird der verzugsbegründende Rückstand zwar unter Einbeziehung der Betriebskostenvorauszahlungen, jedoch unter Ausklammerung des Abrechnungsergebnisses ermittelt,2 s. KG – Urt. v. 13.10.2003 – NZM 2004, 70 = WuM 2004, 17 = ZMR 2004, 112: Es spricht – auch unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung – nichts dafür, die Nebenkosten unterschiedlich zu berücksichtigen, je nachdem, ob Mieter oder Vermieter ihren Leistungspflichten unzureichend nachkommen.

1 Dagegen Bieber NZM 2006, 683, 686. Die entsprechende Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB im Verhältnis von Nettokaltmiete und Betriebskostenvorauszahlungen rechtfertigt sich daraus, dass die Vorauszahlungen ein Sonderschicksal haben, wie aus §§ 556 Abs. 2 Satz 2, 560 Abs. 4 BGB und dem Umstand folgt, dass dieser Mietbestandteil nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr geltend gemacht werden kann. 2 S. auch Kinne GE 2005, 1160, 1161; ähnlich Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 354 f.

1093

268

Rn. VIII 269 269

Gewährleistung

Berechnungsbeispiel B für eine monatliche Mietminderung von 20%: vereinbarte Miete Nettomiete Betriebskostenvorauszahlung Heizkostenvorauszahlung Gesamtmiete angenommene Minderungsquote 20% geminderte Miete

600,– Euro 60,– Euro 60,– Euro 720,– Euro 144,– Euro 576,– Euro

geminderte Miete (600 – 144 =)

456,– Euro 60,– Euro 60,– Euro

576,– Euro

Diese Berechnungsweise deckt die meisten Minderungsfälle ab. Sie führt dazu, dass die Betriebskostenabrechnung vereinfacht wird, indem der Vermieter von den geleisteten Sollvorauszahlungen ausgehen kann. Hinzu kommt, dass nach dieser Methode der Minderungsbetrag sofort ermittelt werden kann und nicht letztlich von der Betriebskostenabrechnung abhängt. Beläuft sich bei Vereinbarung einer Netto-Kaltmiete die Wohnwertminderung auf einen Betrag, der die Netto-Kaltmiete übersteigt – im obigen Beispiel also über 200 Euro liegt –, so ist der Mieter auch zur Leistung von Nebenkostenvorauszahlungen nicht verpflichtet. Damit die berechtigte Minderung von ihm nicht über den infolge der geringeren Vorauszahlungen höheren Nachzahlungsbetrag zurückgezahlt zu werden braucht, sind ihm die geminderten Vorauszahlungen bei der Nebenkostenabrechnung gutzubringen. Dies kann allerdings nur insoweit gelten, als der Mieter mit Betriebskosten belastet werden würde; damit wird ausgeschlossen, dass der mindernde Mieter noch einen Bonus über eine Betriebskostenerstattung erhält.1 Berechnungsbeispiel B 1 für eine monatliche Mietminderung von 90%:

Nettomiete Betriebskostenvorauszahlung Heizkostenvorauszahlung Gesamtmiete angenommene Minderung 90% geminderte Miete

vereinbarte Miete

geminderte Miete

600,– Euro 60,– Euro 60,– Euro 720,– Euro 648,– Euro 72,– Euro

–,– Euro 36,– Euro 36,– Euro

72,– Euro

Der Vermieter muss dem Mieter den geminderten Vorauszahlungsbetrag von insgesamt monatlich (120 – 72 =) 48 Euro in der Nebenkostenabrechnung gutbringen. An der Betriebskostenbelastung des Mieters selbst ändert sich hierdurch nichts. Auch der Mieter, der wegen Ausfalls der Warmwasserversorgung nicht baden kann, trägt den vollen Teil der auf ihn entfallenden Kosten für Beheizung, Kaltwasserversorgung, Müllentsorgung u.s.w. Es tritt keine Kostenkürzung zum Nachteil des Vermieters ein, sondern nur eine Kostenverlagerung in Höhe des geminderten Betriebskostenanteils.2 1 So zu Recht Becker GE 2005, 1335, 1336, der allerdings für eine Vorab-Kürzung der Brutto-Betriebskostenbelastung eintritt. 2 Dies wird von Herrlein/Kandelhard BGB § 536 Rn. 59 unzutreffend gewürdigt.

1094

Rn. VIII 271

Mietminderung

Bei der hier bevorzugten Berechnungsmethode fällt der Minderungsbetrag nicht unerheblich niedriger aus als bei Einbeziehung des Abrechnungsergebnisses. Das zeigt folgende Gegenüberstellung (Beispiel C): Ausgangsfall: Nettokaltmiete: Betriebskostenvorauszahlung: Bruttomiete: Minderungsquote 20% p.a.: geminderte Miete:

270

600,– Euro 120,– Euro 720,– Euro 144,– Euro 576,– Euro

Ermittlung des Zahlungssolls p.a. Betriebskostenbelastung: Minderung 20%: um 20% geminderte Nettokaltmiete = 480 Euro x 12: um 20% geminderte Bruttomiete (144,– Euro), subtrahiert nur von der Nettokaltmiete = 456 Euro x 12: Zahlungssoll: gezahlt: 576,– Euro x 12: Nachzuzahlen sind:

Fall A1

Fall B

2200,– Euro 440,– Euro 1760,– Euro 5760,– Euro

2200,– Euro

7520,– Euro 6912,– Euro 608,– Euro

5472,– Euro 7672,– Euro 6912,– Euro 760,– Euro2

Die Nichtberücksichtigung des Abrechnungsergebnisses kann als Folge daraus abgeleitet werden, dass der Mieter bei vorbehaltloser Minderung um einen bestimmten Betrag einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Vermieters schafft, an den er entsprechend dem Rechtsgedanken aus § 814 BGB gebunden bleibt; will er dies vermeiden, so muss er die geminderte Miete unter Vorbehalt zahlen.3 Er kann auf diese Weise erreichen, dass das Abrechnungsergebnis in die Bewertung der Minderung nach Maßgabe des Beispiels A einbezogen wird. d) Geltendmachung der Minderung und Darlegungslast Auch wenn die Minderung kraft Gesetzes wirkt, muss sich der Mieter (deklaratorisch) auf sie berufen. Hat er dies in bestimmter Höhe getan, so ist das Gericht im späteren Zahlungsrechtsstreit nicht gehindert, ihm einen höheren Minderungsbetrag zuzubilligen, ohne dass sich der Vermieter auf einen Vertrauensschutz berufen kann,4 OLG Köln – Urt. v. 11.12.2001 – GuT 2002, 45. 1 Berechnung im Anschluss an Bieber NZM 2006, 683, 685. 2 Die Differenz von 152 Euro beruht auf dem unterschiedlichen Ansatz von geminderter Nettokaltmiete (480 Euro) im Fall A und der überproportional geminderten Nettokaltmiete (456 Euro) im Fall B sowie der Minderung der Betriebskostenbelastung um 440 Euro im Fall A. Rechnerisch: (480 – 456 =) 24 x 12 = 288 – 440 = – 152. 3 Schmidt-Futter/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 356. 4 Blank/Börstinghaus BGB § 536 Rn. 72; a.A. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 365.

1095

271

Rn. VIII 272

Gewährleistung

Das gilt auch dann, wenn er sich eine weiter gehende Minderung nicht vorbehalten hat. Anders kann es sich verhalten, wenn er zu erkennen gibt, die Minderung auf einen bestimmten Betrag begrenzen zu wollen. 272

Hat der Mieter die Minderungsquote zu hoch gegriffen, so gerät er mit dem nachzuentrichtenden Betrag nicht in Verzug, wenn er sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen kann.1 An diesen werden jedoch strenge Anforderungen gestellt, LG Hannover WuM 1994, 463, LG Aachen ZMR 1997, 25, 27, LG München I NZM 2000, 87: kein Ausschluss des Verschuldens, wenn der Mieter sich neben der Minderung auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft und sich über dessen Höhe geirrt hat.

273

Beruft sich der Mieter auf eine Mietminderung, so braucht er nur darzulegen, dass ein Mangel vorliegt, der die Tauglichkeit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Dagegen soll es ihm nicht obliegen, das Maß der Beeinträchtigung darzulegen; dies zu ermitteln, sei Sache des Gerichts, ggf. unter Heranziehung eines Sachverständigen. Der BGH hat damit die Darlegungslast des Mieters zur Bewertung der Minderung erheblich erleichtert, BGH – Urt. v. 27.2.1991 – NJW-RR 1991, 779 = WuM 1991, 544: War die Zuluftanlage in der gemieteten Gaststätte außer Betrieb, so brauchte der Mieter nur noch darzulegen, dass die Tauglichkeit nicht nur unerheblich beeinträchtigt wurde. Hingegen obliegt es ihm nicht, das Maß der Beeinträchtigung durch den Mangel darzutun. Dies zu ermitteln, ist Aufgabe des Gerichts, ggf. unter Heranziehung eines Sachverständigen; BGH – Urt. v. 11.6.1997 – WuM 1997, 488 = ZMR 1997, 567: Für die Minderung des Mietzinses muss der Mieter nur einen konkreten Sachmangel darlegen; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung und damit die Höhe der Minderung ist vom Gericht festzusetzen.

274

Man wird diese Aussage präzisierend dahin verstehen müssen, dass es Sache des Mieters ist, die erforderlichen Anknüpfungstatsachen darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört insbesondere auch die Darlegung, wann der Mangel aufgetreten ist, wie lange er gedauert hat und in welcher Weise er sich auf den Mietgebrauch ausgewirkt hat, anders BVerfG – Beschl. v. 29.5.2007 – NZM 2007, 678 = WuM 2007, 565 = ZMR 2007, 761, das aber wohl die Auffassung des BGH fehlinterpretiert.2

Zur Darlegung der Anknüpfungstatsachen s. Rn. VIII 158. Die Feststellung von Mängeln, des Umfangs der Gebrauchsbeeinträchtigung und der zur Behebung erforderlichen Kosten kann einem Sachverständigen übertragen werden; dagegen obliegt die Beurteilung der Mietminderung dem Gericht, OLG Celle – Urt. v. 19.10.1994 – WuM 1995, 584 = ZMR 1995, 204: Es ist zu beanstanden, dass das erstinstanzliche Gericht wegen der Höhe der Minderung ohne 1 Emmerich/Sonnenschein BGB § 536 Rn. 31; ferner zu § 543 BGB: MünchKomm/ Schilling Rn. 49; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 101; Staudinger/Emmerich Rn. 56. 2 Zutreffend Meinken ZMR 2007, 763; Streyl WuM 2008, 7, 8.

1096

Mietminderung

Rn. VIII 277

eigene Begründung der Schätzung des Sachverständigen gefolgt ist und dabei insbesondere nicht auf die gesamten Umstände abgestellt hat; LG Saarbrücken WuM 1992, 144.

Die Höhe der Mietminderung kann demnach auch nicht Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein, wohl aber die diesbezüglichen Anknüpfungstatsachen,

275

LG Berlin MDR 1991, 444 = WuM 1991, 163, s. auch KG – Beschl. v. 15.2.1999 – GE 1999, 643: Im selbständigen Beweisverfahren kann ein Sachverständigengutachten über die Höhe von Mietminderung beantragt werden. Die Feststellung der Höhe der Mietminderung ist keine bloße Rechtsfrage. Das Maß der Beeinträchtigung durch einen Mangel der Mietsache zu ermitteln, ist zwar Aufgabe des Gerichts. Dieses darf hierzu aber ggf. einen Sachverständigen heranziehen (BGH NJW-RR 1991, 779). Die Entscheidung des KG muss dahin verstanden werden, dass sie sich auf die Bewertungstatsachen bezieht; die eigentliche Bestimmung der Minderungsquote bleibt hingegen Rechtsanwendung.

Die Berechtigung zur Minderung kann Gegenstand einer negativen Feststellungsklage des Vermieters oder einer bezifferten Feststellungsklage des Mieters sein,

276

BGH – Urt. v. 12.6.1985 – ZMR 1985, 403: Es besteht ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass der Mieter wegen des Vorhandenseins von Sachmängeln berechtigt ist, einen Teil der monatlich geschuldeten Miete einzubehalten, wenn der Vermieter diese Befugnis bestreitet.

Ob auch eine unbezifferte Feststellungsklage des Mieters zulässig ist, ist noch nicht geklärt.1 Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Mieter sowohl eine Minderungsquote als auch die Mietstruktur, die er der Minderung zugrunde legt, angibt.2 Das schlichte Feststellungsbegehren, zur Minderung (wegen eines bestimmten Mangels) berechtigt zu sein, ist dagegen zu unbestimmt und nicht zulässig, KG – Urt. v. 14.2.2002 – GE 2002, 666.

e) Minderung und Zurückbehaltungsrecht Neben der Mietminderung steht dem Mieter wegen seines Erfüllungsanspruchs auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes die Einrede aus § 320 BGB zu. Das folgt aus der unterschiedlichen Zielrichtung und Wirkung der beiden Institute, BGH – Urt. v. 7.5.1982 – BGHZ 84, 42 = MDR 1982, 836 = NJW 1982, 2242, BayObLG – RE v. 10.5.1999 – NZM 1999, 660.

Zur Geltendmachung der Einrede s. BGH – Urt. v. 12.3.2008 – NZM 2008, 522 = ZMR 2008, 683. 1 Dafür: Blank/Börstinghaus BGB § 536 Rn. 93 (die dort in Bezug genommene Entscheidung BGH WuM 1997, 488 ist jedoch nicht einschlägig); Börstinghaus NZM 1998, 656, 657; zu den Streitwerten der Feststellungsklagen s. Herrlein/Kandelhard/Schneider BGB § 536 Rn. 72, 74. 2 Beierlein in: Mietprozess, 6. Kap. Rn. 44, 46.

1097

277

Rn. VIII 278

Gewährleistung

Wegen seiner gesetzlich geregelten Vorleistungspflicht (§ 556b Abs. 1 BGB) steht dem Mieter – anders als nach bisherigem Recht – ein Zurückbehaltungsrecht nicht für den Monat zu, in dem der Grund hierfür (z.B. ein vom Vermieter zu beseitigender Mangel) entstanden ist. S. im Einzelnen Rn. III 118. 278

Das Zurückbehaltungsrecht besteht wegen seiner Ausrichtung auf den Erfüllungsanspruch auch dann, wenn der Mieter seine Gewährleistungsansprüche (nach §§ 536b, c BGB oder nach § 242 BGB infolge Verwirkung) verloren hat, BGH – Urt. v. 18.6.1997 – WM 1997, 488 = ZMR 1997, 505: Der Ausschluss der Gewährleistungsrechte lässt nicht ohne weiteres auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Erfüllungsanspruchs entfallen (BGHZ 84, 42, 45, NJW 1982, 874, 875 = WM 1982, 296, NJW 1989, 3222, 3224); BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen): Tz. 24: Der Anspruch des Mieters auf Erfüllung besteht neben der Minderung und kann dem Vermieter nach § 320 BGB entgegengehalten werden (BGH – Urt. v. 26.2.2003 – NZM 2003, 355 = NJW-RR 2003, 727 = ZMR 2003, 341). Tz. 28: Der Mieter kann den Erfüllungsanspruch auch dann noch geltend machen, wenn die Minderung nach § 536b BGB ausgeschlossen ist; BayObLG – Beschl. v. 10.5.1999 – NZM 1999, 660 = WuM 1999, 392: Der Mieter kann gegen den Mietzinsanspruch des Vermieters die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erheben, auch wenn die durch den Mangel verursachte Mietminderung im Hinblick auf § 539 BGB a.F. (= § 536b BGB) nicht mehr geltend gemacht werden kann.

In jedem Fall ist zu prüfen, ob überhaupt ein Erfüllungsanspruch gegeben oder auf Grund einer Beschaffenheitsvereinbarung ausgeschlossen ist, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen) Tz. 28: Der Schluss auf eine solche Vereinbarung wird häufig gerechtfertigt sein, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt. S. auch Rn. VIII 387, 388.

279

Im Allgemeinen beläuft sich das Zurückbehaltungsrecht auf den 3- bis 5-fachen Betrag der Minderungsquote für einen zu behebenden Mangel; es wird aber gelegentlich auch auf das Vielfache des Aufwandes für die Mängelbeseitigung abgestellt (s. Rn. III 124). Zum Ausschluss der Einrede des nichterfüllten Vertrages und des Zurückbehaltungsrechts wegen unterbliebener Anzeige des Mangels, eigener Vertragsuntreue oder Interessewegfalls s. Rn. III 127. Zur Verwirkung des Zurückbehaltungsrechts s. Rn. III 128. Zum vertraglichen Ausschluss oder zur Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts s. Rn. III 132.

6. Schadensersatz 280

Die Bestimmung des § 536a Abs. 1 BGB regelt die Schadensersatzpflicht des Vermieters in 3 Tatbeständen: 1098

Rn. VIII 278

Gewährleistung

Wegen seiner gesetzlich geregelten Vorleistungspflicht (§ 556b Abs. 1 BGB) steht dem Mieter – anders als nach bisherigem Recht – ein Zurückbehaltungsrecht nicht für den Monat zu, in dem der Grund hierfür (z.B. ein vom Vermieter zu beseitigender Mangel) entstanden ist. S. im Einzelnen Rn. III 118. 278

Das Zurückbehaltungsrecht besteht wegen seiner Ausrichtung auf den Erfüllungsanspruch auch dann, wenn der Mieter seine Gewährleistungsansprüche (nach §§ 536b, c BGB oder nach § 242 BGB infolge Verwirkung) verloren hat, BGH – Urt. v. 18.6.1997 – WM 1997, 488 = ZMR 1997, 505: Der Ausschluss der Gewährleistungsrechte lässt nicht ohne weiteres auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Erfüllungsanspruchs entfallen (BGHZ 84, 42, 45, NJW 1982, 874, 875 = WM 1982, 296, NJW 1989, 3222, 3224); BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen): Tz. 24: Der Anspruch des Mieters auf Erfüllung besteht neben der Minderung und kann dem Vermieter nach § 320 BGB entgegengehalten werden (BGH – Urt. v. 26.2.2003 – NZM 2003, 355 = NJW-RR 2003, 727 = ZMR 2003, 341). Tz. 28: Der Mieter kann den Erfüllungsanspruch auch dann noch geltend machen, wenn die Minderung nach § 536b BGB ausgeschlossen ist; BayObLG – Beschl. v. 10.5.1999 – NZM 1999, 660 = WuM 1999, 392: Der Mieter kann gegen den Mietzinsanspruch des Vermieters die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erheben, auch wenn die durch den Mangel verursachte Mietminderung im Hinblick auf § 539 BGB a.F. (= § 536b BGB) nicht mehr geltend gemacht werden kann.

In jedem Fall ist zu prüfen, ob überhaupt ein Erfüllungsanspruch gegeben oder auf Grund einer Beschaffenheitsvereinbarung ausgeschlossen ist, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen) Tz. 28: Der Schluss auf eine solche Vereinbarung wird häufig gerechtfertigt sein, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt. S. auch Rn. VIII 387, 388.

279

Im Allgemeinen beläuft sich das Zurückbehaltungsrecht auf den 3- bis 5-fachen Betrag der Minderungsquote für einen zu behebenden Mangel; es wird aber gelegentlich auch auf das Vielfache des Aufwandes für die Mängelbeseitigung abgestellt (s. Rn. III 124). Zum Ausschluss der Einrede des nichterfüllten Vertrages und des Zurückbehaltungsrechts wegen unterbliebener Anzeige des Mangels, eigener Vertragsuntreue oder Interessewegfalls s. Rn. III 127. Zur Verwirkung des Zurückbehaltungsrechts s. Rn. III 128. Zum vertraglichen Ausschluss oder zur Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts s. Rn. III 132.

6. Schadensersatz 280

Die Bestimmung des § 536a Abs. 1 BGB regelt die Schadensersatzpflicht des Vermieters in 3 Tatbeständen: 1098

Schadensersatz

Rn. VIII 282

– Es liegt ein anfänglicher Mangel schon bei Beginn des Mietverhältnisses vor. Hierfür haftet der Vermieter auch ohne Verschulden (Garantiehaftung). – Der Mangel ist nach Abschluss des Mietvertrages entstanden und der Vermieter hat den Mangel zu vertreten (Verschuldenshaftung). – Der Vermieter befindet sich mit der Behebung des Mangels im Verzug. Schadensersatzansprüche aus § 536a Abs. 1 BGB können auch von Dritten geltend gemacht werden, die in den Schutzbereich des Mietverhältnisses einbezogen sind,

280a

s. BGH – Urt. v. 16.2.2005 – ZMR 2005, 520 (Campingwagenstellplatz), BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2009, 29 (Kfz-Stellplatz).

Hierzu zählen bei Mietverhältnissen über Gewerberäume die Mitarbeiter des Mieters, nicht jedoch gelegentliche (Kunden-)Besucher, OLG Rostock – Urt. v. 14.12.2006 – NZM 2007, 704, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.3.2008 – ZMR 2008, 787 für Arbeitnehmer des Mieters.

Bei Wohnraummietverhältnissen sind diejenigen Personen in den Schutzbereich einbezogen, die der Mieter befugt in seinen Haushalt aufgenommen hat; dazu zählt aber nicht der Untermieter, der ggf. eigene Ansprüche gegen den Mieter als Untervermieter hat, BGH – Urt. v. 23.5.2006 – NZM 2006, 624 (Tz. 13) = WuM 2006, 437 = ZMR 2006, 754 für zum Hausstand des Mieters gehörende Personen, insbesondere Familienangehörige.

a) Garantiehaftung Die Garantiehaftung des Vermieters greift nach § 536a Abs. 1 1. Alt. BGB bei Mängeln ein, die bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorlagen (zum Begriff s. Rn. VIII S. 19, zur Abgrenzung von der Haftung des Vermieters wegen anfänglicher Unmöglichkeit der Leistung oder seines Unvermögens, die Leistung zu erbringen, s. Rn VIII 202). Es genügt, dass die Mängelursache und damit die Ursache der späteren Schädigung des Mieters schon bei Vertragsschluss vorhanden waren (zu Rspr.-Nachweisen s. Rn. VIII 21).

281

Auch die Garantiehaftung kommt erst zum Tragen, nachdem die Mietsache dem Mieter übergeben worden ist (Rn. VIII 190),

282

BGH – Urt. v. 18.6.1997 – BGHZ 136, 102 = NJW 1997, 2813 = ZMR 1997, 565, BGH – Beschl. v. 25.11.1998 – NZM 1999, 124 = WuM 1999, 324 = ZMR 1999, 305.

Sie besteht aber auch dann, wenn die Mietsache bei Vertragsabschluss noch nicht fertiggestellt war und im Zeitpunkt der Übergabe oder der Fertigstellung der Mangel vorhanden ist,1 OLG Naumburg – Urt. v. 30.6.1999 – MDR 1999, 677 = WuM 2000, 246 = ZMR 2000, 381, OLG Dresden – Urt. v. 28.7.2006 – NZM 2006, 865 = ZMR 2006, 922. 1 S. zu § 536a BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 8; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 18.

1099

Rn. VIII 283

Gewährleistung

Auch hier ist nicht erforderlich, dass der Mangel in diesem Zeitpunkt bereits sichtbar hervorgetreten ist. Es genügt, wenn seine Ursache und damit die Ursache der späteren Schädigung des Mieters bei Vertragsabschluss oder Übergabe angelegt sind (s. die Rspr.-Nachweise Rn. VIII 19). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Baumängel unmittelbar den Mieträumen anhaften,1 OLG München – Urt. v. 1.12.1995 – ZMR 1996, 322.

283

Liegt ein anfänglicher Mangel bei Vertragsabschluss vor und wird das Mietgrundstück verkauft, nachdem es dem Mieter überlassen worden ist, so haftet der Erwerber, der nach § 566a BGB in das Mietverhältnis eingetreten ist, für einen nach diesem Zeitpunkt eingetretenen Schaden auf Grund der Garantiehaftung, BGH – Urt. v. 22.1.1968 – BGHZ 49, 350 = NJW 1968, 885 = ZMR 1968, 168, s. ebenso zur Verzugshaftung Rn. VIII 311.

War der Schaden schon vor dem Eigentumswechsel eingetreten, so haftet der Veräußerer weiter; der Erwerber haftet nur, wenn er mit der Beseitigung der Schadensursache in Verzug geraten und hierdurch ein neuer (weiterer) Schaden eingetreten ist (§ 536a Abs. 1, 3. Alt. BGB, s. Rn. VIII 311). Im Falle eines Mieterwechsels ist maßgeblicher Zeitpunkt derjenige, zu dem die Mietsache dem Erstmieter übergeben wurde, sofern das Mietverhältnis im Übrigen identisch bleibt.2 Haben die Partein formlos ein Mietverhältnis begründet und dieses später durch einen schriftlichen Mietvertrag ersetzt, so haftet der Vermieter wegen eines während des ersten Mietverhältnisses aufgetretenen Mangels gemäß seiner Garantiehaftung auf Grund des zweiten Mietverhältnisses, wenn der Schaden erst während des zweiten Mietverhältnisses eingetreten ist; er haftet nur dann nicht, wenn er erkennbar diese Garantie nicht hat übernehmen wollen, BGH – Urt. v. 22.1.1968 – BGHZ 49, 350 = NJW 1968, 885 = ZMR 1968, 168.

284

Die Garantiehaftung des Vermieters greift nicht Platz, wenn ein Schaden daraus entsteht, dass der Mieter von der Mietsache oder Teilen davon keinen vertragsgemäßen Gebrauch macht,3 LG Marburg NZM 2000, 616.

Auch bei der Garantiehaftung kann ein Mitverschulden des Mieters nach § 254 BGB zum Tragen kommen, BGH – Urt. v. 4.4.1977 – NJW 1977, 1236 = MDR 1977, 743 Nr. 30 = WuM 1978, 88.4 1 Zum Fall: Aufstellung eines Gerüsts zur Beseitigung von Putzschäden an der Fassade eines Hauses, dessen Erdgeschoss an einen Ladenmieter vermietet war. 2 S. zu § 536a BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 7; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 15; Staudinger/Emmerich Rn. 5. 3 Zum Fall: Der Mieter hatte in dem als Schlafzimmer der Mietwohnung vorgesehenen Raum eine Küche eingerichtet, und es war zu einem Brand gekommen, weil die Elektrik dieses Raumes für einen derartigen Gebrauch nicht geeignet war. 4 Zum Fall: Verschulden des Kranführers bei Anmietung eines Krans.

1100

Schadensersatz

Rn. VIII 288

Allein deswegen, weil es sich bei dem schadensstiftenden Ereignis um besonders schwere, äußerst selten auftretende Regenfälle (sog. Jahrhundertregen) gehandelt hat, ist die Haftung des Vermieters nicht etwa wegen höherer Gewalt ausgeschlossen,

285

OLG Hamm – Urt. v. 1.12.1987 – NJW-RR 1988, 529,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.3.1988 – ZMR 1988, 222; anders BGH – Urt. v. 22.4.2004 – WuM 2004, 410 bei einem ungewöhnlichen und seltenen Starkregen mit einer Wiederkehrzeit von mehr als 100 Jahren.

Anders kann es sich bei der Verschuldenshaftung des Mieters verhalten (s. Rn. VIII 289). Beruft sich der Mieter auf die Garantiehaftung des Vermieters, so muss er nicht nur den Mangel, sondern sein Vorhandensein schon bei Vertragsabschluss, zumindest aber das Vorhandensein der Schadensursache, beweisen (s. Rn. VIII 151),

286

OLG Hamburg – Urt. v. 9.8.1989 – WuM 1990, 71 = ZMR 1990, 11, LG Mannheim WM 1998, 663.

Eine Beweislastumkehr etwa deshalb, weil der Mieter keinen Einblick in die Verhältnisse hat, wird abgelehnt. Entsteht ein Schaden, weil ein Bauteil durch Verschleiß funktionsuntüchtig geworden ist, so wird nicht vermutet, dass dieses Bauteil schon bei Vertragsabschluss mit einem verborgenen Mangel behaftet war (OLG Hamburg a.a.O.). Zur Abdingbarkeit der Garantiehaftung s. Rn. II 160, VIII 438. b) Verschuldenshaftung aa) Anspruchsgrundlage Der Vermieter hat einen Mangel zu vertreten, wenn die Ursache in seinen Verantwortungsbereich fällt und ihn ein Verschulden trifft (§§ 276, 278 BGB). Das gilt auch dann, wenn er einen Mangel nicht beseitigt, den er erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat. Selbst wenn sich die Gefahrenquelle im Mietgebäude befindet, jedoch nicht dem Verantwortungsbereich des Vermieters unterliegt und der Vermieter zu ihr auch keinen Zugang hat, ist er von hiervon ausgehenden Schäden nicht verantwortlich,2

287

BGH – Urt. v. 10.5.2006 – MDR 2007, 25 = NZM 2006, 582.

Ein Verschulden kommt insbesondere im Rahmen der Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung und Überwachung in Betracht (BGH NJW 1967, 154, BGH MDR 1994, 613 = ZMR 1994, 149 zur Treppenreinigung und zum Anscheinsbeweis), kann sich aber auch aus dem Zustand des Mietobjekts und einer hieraus folgenden Verkehrssicherungspflicht ergeben, 1 Zum Fall: Überschwemmung der als Lagerraum angemieteten Kellerräume durch außergewöhnlich starke Regenfälle (Jahrhundertregen, der nur alle 50 Jahre auftritt); Ursache: fehlendes Rückstauventil. S. auch Eisenschmid NZM 2002, 889: Mietrechtsverhältnisse nach der „Jahrhundertflut“ im Osten. 2 Zum Fall: Kurzschluss in der verplombten Zähleranlage des Stromversorgers.

1101

288

Rn. VIII 289

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 31.5.1994 – WM 1994, 480: Der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses verstößt gegen die Verkehrssicherungspflicht, wenn er bei für ihn erkennbarer Gefahrenlage, die sich aus der Verglasung einer Treppenhausaußenwand mit gewöhnlichem Fensterglas ergibt, keine Abhilfe schafft.1 OLG Koblenz – Urt. v. 10.10.1996 – WM 1997, 376 = ZMR 1997, 417: Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet den Hauseigentümer, seine teilweise aus Glas bestehende Haustür mit weitgehend bruchsicherem, jedenfalls splitterbindenden Glas zu versehen. OLG Koblenz – Urt. v. 12.10.1995 – DWW 1997, 25 = WuM 1997, 50: Leuchtet die Treppenhausbeleuchtung nur 20 Sekunden, so verletzt der Hauseigentümer (Vermieter) die Verkehrssicherungspflicht. Da kein Aufzug vorhanden war, musste die Beleuchtung so eingestellt werden, dass es nach Betätigung der Hausbeleuchtung bei durchschnittlicher Gehgeschwindigkeit möglich ist, jedenfalls zwei Geschosse im Hellen zu überwinden.

Schuldhaft handelt der Vermieter auch dann, wenn er einen ihm angezeigten gesundheitsgefährdenden Schimmelbefall nicht überprüft und ggf. beseitigt, KG – Beschl. v. 9.3.2006 – WuM 2006, 390.

Bezieht sich die Pflichtverletzung des Vermieters nicht auf die Beschaffenheit der Mietsache, so haftet er nicht nach § 536a BGB, sondern nach § 280 Abs. 1 BGB, BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2009, 29.2

289

Der Vermieter braucht keine Vorkehrungen für zwar denkbare, aber höchst unwahrscheinliche Vorkommnisse zu treffen. Es beruht daher nicht auf seinem Verschulden, wenn er es unterlassen hat, die Mieträume gegen eindringendes Regenwasser abzusichern, sofern es zu einem Wassereinbruch nur bei einem solchen Platzregen gekommen ist, wie er in mehreren Jahrzehnten nur einmal aufgetreten ist,3 LG Berlin GE 1999, 1497.

Jedoch zählt das Vorhandensein einer Rückstausicherung zum Sicherheitsstandard, so dass deren Fehlen ein (verschuldeter) anfänglicher Mangel ist, auch wenn es zu Wassereinbrüchen infolge ungewöhnlicher Regenmengen kommt (Rn. VIII 285), OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.3.1988 – ZMR 1988, 222 (Vertragszweck: trockener Lagerraum), s. auch OLG Hamm – Urt. v. 1.12.1987 – NJW-RR 1988, 529.

290

Schuldhaft handelt auch derjenige Vermieter, der wissenschaftlich-technischen oder medizinischen Standards, die der Gesundheit oder Sicherheit der 1 Anders BGH – Urt. v. 16.5.2006 – WuM 2006, 388: Der Vermieter einer Wohnung verstößt nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er die mit einem Glasausschnitt versehenen Zimmertüren der Wohnung, die insoweit den baurechtlichen Vorschriften entsprechen, bei einer Vermietung an eine Familie mit Kleinkindern nicht mit Sicherheitsglas nachrüsten lässt. 2 Zum Fall: Der Vermieter verursachte bei der Reparatur seines Kfz in der als Garage vermieteten Scheune einen Brand, durch den u.a. das Fahrzeug eines Stellplatzmieters beschädigt wurde. 3 Zu Fällen höherer Gewalt bei ungewöhnlichem und seltenem Starkregen s. auch BGH – Urt. v. 2.4.2004 – WuM 2004, 410.

1102

Schadensersatz

Rn. VIII 292

Bewohner dienen und die nach Abschluss des Mietvertrages verschärft worden sind, nicht Rechnung trägt, obwohl er die Veränderung kennt oder kennen muss (§ 276 BGB), BayObLG – RE v. 4.8.1999 – NZM 1999, 899 = WuM 1999, 568 = ZMR 1999, 751 für Umweltgift (PCB) in Holzschutzmitteln.

Der Vermieter haftet auch dann, wenn er nicht gegen einen störenden Mitmieter vorgeht (LG Hamburg WM 1987, 218). Das Gleiche gilt für die Abwehr von Immissionen, z.B. die Beseitigung von Müll, den Dritte auf dem Grundstück unbefugt ablagern (Mülltourismus); der Vermieter kann den Mieter nicht darauf verweisen, dass diesem seinerseits Abwehransprüche gegenüber dem Störer zustehen, KG – Urt. v. 20.9.2001 – NZM 2003, 27.1

Für seine Erfüllungsgehilfen haftet der Vermieter wie bei eigenem Verschulden (§ 278 BGB). Erfüllungsgehilfen sind alle Personen, die von ihm zu Verrichtungen bei, in oder an der Mietsache bestellt werden,

291

OLG Karlsruhe – Urt. v. 18.9.1987 – NJW-RR 1988, 528 = ZMR 1988, 52.2

Ob jemand als Erfüllungsgehilfe eines anderen anzusehen ist, bestimmt sich allein danach, ob er nach den rein tatsächlichen Vorgängen des gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als Hilfsperson tätig wird (BGHZ 13, 111, 113; BGHZ 50, 32, 35; BGHZ 98, 330, 334), OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.12.2003 – WuM 2004, 18 = ZMR 2004, 669.

Hierzu zählen insbesondere Verwalter, Hauswart oder beauftragte Handwerker im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit, grundsätzlich aber nicht andere Mitmieter, es sei denn, dass sie mit Aufgaben des Vermieters betraut sind (z.B. Treppenhausreinigung, Winterdienst). Erleidet ein Mieter einen Schaden, weil ein anderer Mieter (desselben Vermieters) seine vertragliche Obhutspflicht verletzt hat, so hat der Vermieter hierfür im Allgemeinen nicht einzustehen. Ihn treffen Kontrollpflichten nur insoweit, als die vermietete Sache in einem gebrauchsfähigen, mängelfreien Zustand erhalten werden soll. Liegen die Installationsfehler im Verantwortungsbereich von anderen Mietern, dürfen die Kontrollpflichten des Vermieters nicht so verdichtet werden, dass sie zu einer Gefährdungshaftung führen würden,3 OLG Köln – Urt. v. 23.3.2004 – NZM 2005, 179 = ZMR 2004, 819. 1 Ein Anspruch des Mieters auf Kostenersatz wurde allerdings verneint, weil er den Mangel nicht rechtzeitig angezeigt hatte. 2 Zum Fall: Im Zuge von Abrissarbeiten auf dem Nachbargrundstück wurden das Dach der vermieteten Halle und Sachen des Mieters beschädigt; der Vermieter hatte den Nachbarn, der die Arbeiten veranlasste, als seinen Interessenvertreter bezüglich der Abrissarbeiten gegenüber dem Mieter bezeichnet. 3 Zum Fall: Ein Mieter hatte den Wasserschlauch zum Betrieb eines Aquariums nur mangelhaft gesichert; dadurch entstand einem anderen Mieter ein Leckageschaden.

1103

292

Rn. VIII 293 293

Gewährleistung

Es ist nicht erforderlich, dass die Hilfspersonen, derer sich der Vermieter bedient hat, gerade in Bezug auf das Mietobjekt tätig geworden sind, OLG Hamm – Urt. v. 10.10.1995 – MDR 1996, 256: Der Vermieter haftet, wenn auf Grund von Planungsfehlern oder fehlerhafter Ausführung der Arbeiten bei der Aufstockung des Gebäudes Wasser in die Mieträume eindringt; OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – NZM 2002, 21 = ZMR 2002, 41: Der Vermieter haftet, wenn durch unsachgemäße Bauarbeiten eines Erfüllungsgehilfen (hier: Schweißarbeiten an der Gebäudetrennfuge) an einem aus mehreren Teilen bestehenden räumlich zusammenhängenden Gebäudekomplex, in dem die Mietsache gelegen ist, ein Brand entsteht und die Mietsache hierdurch unbenutzbar wird;1 s. auch BGH – Urt. v. 26.9.1961 – ZMR 1962, 41.2

Hat der Vermieter einer Hauswartsfirma die Verkehrssicherungspflicht übertragen und hat sich über mehrere Jahre hinweg kein Anlass zu Beanstandungen ergeben, so ist der Vermieter zu einer laufenden Überwachung nicht verpflichtet (s. Rn. VII 231), BGH – Urt. v. 2.10.1984 – ZMR 1985, 56, 57 Sp. 2, BayObLG – Beschl. v. 8.9.2004 – ZMR 2005, 137 zur Haftung des Wohnungseigentumsverwalters.

294

Kündigt der Vermieter das Hauptmietverhältnis gegenüber dem Hauptmieter wegen Zahlungsverzugs fristlos und verlangt vom Unter-Untermieter (Untermieter II) die Herausgabe der Räume, so hat der Untermieter II gegenüber seinem Untervermieter – dem Untermieter I – nur dann einen Schadensersatzanspruch wegen eines Rechtsmangels, wenn der Untermieter I diesen Mangel zu vertreten hat. Der Hauptmieter ist in Bezug auf die Gebrauchsgewährpflicht des Untermieters I , die dieser dem Untermieter II schuldet, nicht Erfüllungsgehilfe des Untermieters I, OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.12.2003 – WuM 2004, 18.

295

Der Vermieter ist auch während der Ausführung von Bauarbeiten verpflichtet, die mietvertraglich geschuldete Beschaffenheit der Mietsache grundsätzlich sicherzustellen (OLG Düsseldorf a.a.O.). Das gilt auch für Sanierungsmaßnahmen, OLG Hamm – Urt. v. 17.2.1999 – NZM 1999, 804: Angesichts des Umstandes, dass von einer umbaubedingten, großflächigen Dachöffnung für größere Warenbestände und wertvolle Einrichtungen des Mieters erkennbar erhebliche Gefahren ausgehen, muss die provisorische Dachabdichtung auch ungewöhnlichen Wetterverhältnissen standhalten.

296

Allein der Umstand, dass der Vermieter sich nach den einschlägigen technischen Vorschriften gerichtet hat, schließt sein Verschulden noch nicht stets aus; vielmehr kommt es auf die Umstände an, OLG Hamm – Urt. v. 17.2.1999 – NZM 1999, 804: Zur Ermittlung der erforderlichen Pflichten ist nicht allein darauf abzustellen, ob die provisorische Dachabdeckung 1 Zum Fall: Es handelte sich um Reparaturarbeiten an Hallen des Düsseldorfer Flughafens, die nicht Gegenstand des Mietvertrages waren. 2 Zum Haftungsausschluss bei Aufzugsunfällen, wenn den Mitarbeiter des TÜV ein Verschulden trifft.

1104

Schadensersatz

Rn. VIII 298

DIN-Normen entsprach. Durch die Einhaltung solcher technischen Regelwerke wird ein Verschulden nicht immer ausgeschlossen (BGH NJW 1985, 620 [621]). Vielmehr orientiert sich der Maßstab der erforderlichen Sorgfalt daran, dass auch während der Bauarbeiten die mietvertraglich geschuldete Beschaffenheit der Mietsache grundsätzlich sicherzustellen war.

Der Mieter verliert seinen Schadensersatzanspruch wegen eines Mangels nicht schon, wenn er von seinem Recht zur Ersatzvornahme keinen Gebrauch macht. Ihn kann allerdings ein Mitverschulden treffen, wenn die Mangelbeseitigung einfach und ihm deshalb zuzumuten ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Abhilfe riskant, insbesondere ihr Erfolg ungewiss und ihr Aufwand nicht nur unbedeutend ist,

297

OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.2.2003 – WuM 2003, 386.

bb) Schaden Der Anspruch ist auf Ersatz des positiven Interesses gerichtet. Er bezieht sich auch auf Mangelfolgeschäden, etwa wenn der Mieter nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos gekündigt hat und er Aufwendungen für ein anderes Mietobjekt machen muss (z.B. Makler- und Umzugskosten, Mehrkosten infolge eines Zwischenumzugs), s. dazu OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.12.2003 – NZM 2004, 502 = WuM 2004, 86, LG Zwickau WuM 2002, 543, 544 f.

Auf Grund der durch die Schuldrechtsreform veränderten Fassung des § 536a Abs. 1 BGB (Streichung der Worte „wegen Nichterfüllung“) ist sichergestellt, dass der Mieter auch Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen verlangen kann (s. Rn. VIII 301). Entstehen dem Mieter höhere Mietkosten für ein Mietobjekt, das mit dem bisherigen vergleichbar ist, so sind diese Kosten grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt zu ersetzen, zu dem das Mietverhältnis fristgemäß endet oder es vom Vermieter ordentlich gekündigt werden kann.1 Genießt das Mietverhältnis Kündigungsschutz, so kann ein Zeitraum von dreieinhalb Jahren zugrunde gelegt werden. Dies entspricht dem Streitwert für den Instandsetzungsanspruch des Mieters und für den Zuständigkeitswert für eine Räumungsklage bei kündigungsgeschützten Mietverhältnissen (s. dazu Rn. XIV 17, 21). Der Mieter kann Schadensersatz wegen Schäden an Tapeten und Anstrichen verlangen, die im Zuge von Umbau- oder Modernisierungsarbeiten entstanden sind. Der Anspruch ist jedoch nicht gegeben, wenn der Mieter seiner vertraglichen Renovierungspflicht nicht nachgekommen ist und die Wohnung ohnehin renovieren muss, LG Aachen ZMR 1991, 145.

Das kann jedoch nicht für etwaige Mehrkosten gelten, die infolge der Maßnahmen des Vermieters angefallen sind. 1 S. zu § 536a BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 88; Staudinger/Emmerich Rn. 21.

1105

298

Rn. VIII 299

Gewährleistung

299

Tritt infolge des schadensstiftenden Ereignisses eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsbeschädigung ein, so kann der Mieter nach § 253 Abs. 2 BGB auch dann Schmerzensgeld verlangen, wenn es sich um eine bloße Vertragsverletzung des Vermieters handelt, ohne dass die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung vorzuliegen brauchen; auch die sog. Garantiehaftung gemäß § 536a Abs. 1 BGB löst diesen Anspruch aus.1

300

Kommt es durch den Mangel zu einer Verzögerung der Geschäftsaufnahme in den Mieträumen, kann dem Mieter ein Ersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns aus § 252 BGB nicht mit der Begründung versagt werden, dass mangels Vorliegens von Umsatzzahlen aus der Vergangenheit eine Schadenshöhe nicht geschätzt werden könne. Gleichwohl hat der Mieter die erforderlichen Anknüpfungstatsachen vorzutragen. Erscheinen sie nicht ausreichend, um den gesamten geltend gemachten Schaden durch Schätzung nach § 287 ZPO zu ermitteln, so kann das Schadensbegehren nicht in vollem Umfang abgewiesen werden. Dies wäre nur möglich, wenn eine Schadensschätzung mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde. Vielmehr ist zu prüfen, ob wenigstens ein Mindestschaden geschätzt werden kann, BGH – VU v. 17.6.1998 – NZM 1998, 666 m.w.Nachw.

301

Nach § 284 BGB kann an Stelle des Schadensersatzes Ersatz der Aufwendungen verlangt werden, die der Mieter im Vertrauen auf den Bestand des Mietverhältnisses und seine Erfüllung gemacht hat sowie billigerweise machen durfte. Diese Regelung gilt neben dem Schadensersatzanspruch aus § 536a BGB.2 Zwar geht § 284 BGB nach seinem Wortlaut davon aus, dass die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung und auf Aufwendungsersatz nur alternativ gegeben sind; das würde bedeuten, dass der Mieter, der einen Anspruch auf Mängelbeseitigung hat, auf § 284 BGB nicht zurückgreifen könnte. Indes soll die Gesetzesformulierung nur sicherstellen, dass der Gläubiger für denselben Schadenskomplex nicht gleichzeitig Schadensersatz und Aufwendungsersatz verlangen kann.3 Infolge der durch das SchuldRModG bewirkten Neuregelung kommt es auf die nach früherem Recht geforderte Rentabilitätsvermutung (s. dazu noch BGH – Urt. v. 15.3.2000 – MDR 2000, 875 = NZM 2000, 496 = WuM 2000, 598 = ZMR 2000, 590) nicht mehr an. Demzufolge kann nicht nur der Mieter von Gewerberaum, sondern auch der Wohnraummieter Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen fordern (z.B. Kosten für Sonderanfertigungen für das Mietobjekt, die für ein Ersatzobjekt nicht mehr verwendbar sind, wie Gardinen, Teppichauslegeware).

302

Hat der Mieter von Gewerberäumen das Mietverhältnis wegen eines Mangels nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos gekündigt, so kann er statt Ersatz seiner 1 S. Herrlein/Kandelhard BGB § 536a Rn. 10 f.; ausführlich Horst NZM 2003, 537, 538, 540. 2 So die allgemeine Meinung, s. zu § 536a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 28; Emmerich/ Sonnenschein Rn. 14; Herrlein/Kandelhard Rn. 8, 12; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 94; Staudinger/Emmerich Rn. 24; Derleder WuM 2002, 4107, 410. 3 Emmerich, Aufwendungsersatz im Mietrecht, FS Blank, 2006, S. 145, 149.

1106

Schadensersatz

Rn. VIII 306

vergeblichen Aufwendungen auch Ersatz der Aufwendungen verlangen, die für die Anmietung und Einrichtung der neuen Räume an einem vergleichbaren Standort erforderlich waren; er kann jedoch nicht beides zugleich verlangen, BGH – Urt. v. 15.3.2000 – MDR 2000, 875 = NZM 2000, 496 = WuM 2000, 598 = ZMR 2000, 590.

Diese Folge ergibt sich nunmehr unmittelbar aus dem Gesetz. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz besteht jedoch nicht, wenn die Aufwendungen auch ohne den Mangel vergeblich gewesen wären (§ 284 2. Halbsatz BGB). Hat der Mieter wegen Schäden an seinem eingebrachten Eigentum, die durch einen Baumangel verursacht worden sind, Ansprüche gegen den Vermieter und den Bauunternehmer, so haften ihm beide als Gesamtschuldner,

303

BGH – Urt. v. 28.4.1994 – ZMR 1994, 400, auch zum Ausgleichsanspruch der Gesamtschuldner.

Für Vorteile, die den Schaden mindern (Vorteilsausgleich), ist grundsätzlich der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig,

304

BGH – Urt. v. 17.10.2003 – NZM 2004, 100, 101: Deshalb muss zunächst der Schädiger i.S. der Darlegungslast geltend machen, dass ein Vorteil (hier: Steuervorteil aus – überteuertem – Grundstückserwerb) anzurechnen ist, wobei er zugleich in Rechnung stellen muss, dass ein etwaiger Steuervorteil des Geschädigten dadurch wieder ausgeglichen sein kann, dass ein zugesprochener Schadensersatzbetrag seinerseits zu versteuern ist.

Es ist nicht Sache des Geschädigten darzulegen, dass der Schaden bei vertragsgemäßem Verhalten vermieden worden wäre, BGH – Urt. v. 17.10.2003 – NZM 2004, 100, 101: Vielmehr muss der Schädiger darlegen und beweisen, dass der Investor auch dann, wenn er (Schädiger) sich um eine rechtzeitige Bebauung gekümmert hätte, wegen Liquiditätsschwierigkeiten des Investors dieser außer Stande gewesen wäre, das Gebäude vertragsgemäß zu erstellen.

Bei einem gebotenen Abzug „neu für alt“ gehen Zweifel über die Höhe des Abzuges zu Lasten des Geschädigten; denn da es sich hierbei um eine besondere Art der Vorteilsausgleichung handelt, ist der Geschädigte beweispflichtig dafür, dass die Voraussetzungen für einen solchen Abzug nicht vorliegen,

305

OLG Koblenz – Urt. v. 26.6.2003 – WuM 2003, 445.

Im Übrigen erstreckt sich der Abzug auch auf die Arbeiten und Zusatzleistungen, die erforderlich sind, um die Verwendungsfähigkeit der beschädigten Sache wieder herzustellen (OLG Koblenz a.a.O.). c) Verzugshaftung und Aufwendungsersatz aa) Verzugsfolgen Ein Schadensersatz wegen Verzugs mit der Mängelbeseitigung (§ 536a Abs. 1 Fall 3 BGB) kommt auch bezüglich solcher Mängel in Betracht, deren Entstehung der Vermieter nicht zu vertreten hat. Vorauszusetzen ist nur, dass der Mieter einen Erfüllungsanspruch besitzt und den Vermieter deswegen in Verzug gesetzt hat. Hierfür wird regelmäßig eine Mahnung erforderlich sein 1107

306

Rn. VIII 306a

Gewährleistung

(§ 286 Abs. 1 BGB). Die darin enthaltene nötige Beseitigungsaufforderung muss sich eindeutig von der bloßen Mängelanzeige abheben, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.12.1991 – NJW-RR 1992, 716 = WuM 1993, 271 = ZMR 1993, 115: Die Mahnung muss die Aufforderung enthalten, innerhalb einer genau bezeichneten Frist den Schaden zu beheben, wobei die Mängel im Einzelnen zu konkretisieren sind; eine Mängelanzeige, zu der der Mieter nach § 545 Abs. 1 BGB ohnehin verpflichtet ist, ersetzt die Mahnung nicht; AG Neuss WM 1989, 565: Hinweise auf vorhandene Mängel reichen grundsätzlich nicht.

Sie muss insbesondere klar erkennen lassen, welche Mängel abgestellt werden sollen, LG Duisburg WuM 1999, 112: Eine wirksame Mahnung des Vermieters setzt voraus, dass deutlich wird, dass und welche Leistung der Mieter verlangt. Unklarheiten gehen zu seinen Lasten, so dass kein Verzug des Vermieters eintritt.

306a

Macht der Mieter außerprozessual ein unberechtigtes Verlangen nach Mängelbeseitigung geltend, so kann er zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er schuldhaft nicht erkannt hat, dass ein Mangel nicht vorliegt, sondern die Ursache für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt, BGH – Urt. v. 23.1.2008 – WuM 2008, 145, 146 = ZMR 2008, 285: für Kaufvertrag: Der Käufer ist nach dem Gebot der Rücksichtnahme verpflichtet, vor Inanspruchnahme des Verkäufers im Rahmen seiner Möglichkeiten sorgfältig zu überprüfen, ob die in Betracht kommenden Ursachen für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seiner eigenen Sphäre liegen. Tz. 13: Diese Pflicht hat nicht zur Folge, dass Käufer ihr Recht, Mangelbeseitigung zu verlangen, so vorsichtig ausüben müssten, dass ihre Mängelrechte dadurch entwertet würden. Der Käufer braucht nicht vorab zu klären, ob die von ihm beanstandete Erscheinung Symptom eines Sachmangels ist. Er muss lediglich im Rahmen seiner Möglichkeiten sorgfältig überprüfen, ob sie auf eine Ursache zurückzuführen ist, die nicht dem Verantwortungsbereich des Verkäufers zuzuordnen ist. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, darf der Käufer Mängelrechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten befürchten zu müssen, selbst wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt.

Die Entscheidung kann auf das Mietrecht übertragen werden und dort etwa im Hinblick auf Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden Bedeutung erlangen. 307

Gesetzlich zwar nicht vorgeschrieben, jedoch regelmäßig geboten ist, dass der Mieter dem Vermieter eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel gesetzt hat.1 Für die Angemessenheit der Frist sind maßgeblich der Schadensumfang, der Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung, die Gefahr eines weiter gehenden Schadenseintritts und die Umstände, die die Dauer der Schadensbeseitigung beeinflussen,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.7.1998 – ZMR 1999, 26. 1 S. zu § 536a BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 24; Herrlein/Kandelhard Rn. 7. 2 Zum Fall: Infolge einer Dachundichtigkeit war Niederschlagswasser in die Mieträume eingedrungen. Der Vermieter wollte die Reparatur zeitlich verschieben, da er ohnehin vorhatte, das Dach in absehbarer Zeit zu erneuern.

1108

Schadensersatz

Rn. VIII 310

Wird dem Vermieter der Mangel angezeigt und ihm damit deutlich erkennbar, dass der Mieter eine rasche Abhilfe entsprechend der Art des Mangels (Ausfall der Warmwasserversorgung) erwartet, und bleibt er trotzdem untätig, so kann der Mieter Ersatz der verauslagten Reparaturkosten verlangen, ohne eine Abhilfefrist zu setzen, sofern man bereits von einem Verzug des Vermieters ausgeht oder die Reparatur des Mieters als Notmaßnahme nach § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB bewertet, so LG Heidelberg WuM 1997, 42.

Insbesondere ist eine Mahnung entbehrlich, wenn der Vermieter nach Anzeige des Mangels durch den Mieter oder dessen Bitte um Abhilfe es strikt ablehnt, den Mangel zu beseitigen,1

308

BGH – Urt. v. 14.4.1999 – WuM 1999, 518, 520 unter 2. a.E.

Eine Mahnung ist auch dann entbehrlich, wenn die Parteien einen Termin vereinbart haben, zu dem die Mängel behoben werden sollen. Jedoch kommt der Vermieter mit der Beseitigung von Mängeln nicht in Verzug, wenn der Mieter einen mit Handwerkern verabredeten Termin absagt, eine neue Terminsabsprache in Aussicht stellt, zu dieser aber keine Anstalten macht, LG Berlin NZM 1998, 119.

Zum Ausschluss des Anspruchs auf Mängelbeseitigung, wenn der Mieter die erforderliche Mitwirkung, insbesondere eine Besichtigung verweigert, s. Rn. VII 91a. Ebenso wenig gerät der Vermieter in Verzug, wenn der Mieter den vom Vermieter angekündigten Reparaturarbeiten dadurch zuvorkommt, dass er eine ihm geeignet erscheinende Firma beauftragt,2 KG – Urt. v. 15.5.2000 – MDR 2000, 1240.

Ist der Versuch des Vermieters zur Mängelbeseitigung fehlgeschlagen, nachdem er in Verzug gesetzt worden ist, so bedarf es grundsätzlich keiner erneuten Mahnung; denn der Schuldner trägt das Risiko seiner Abhilfebemühungen,

309

so OLG Düsseldorf – Beschl. v. 4.4.2006 – MDR 2006, 1276 für die Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB vor der fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB; anders LG Hamburg ZMR 2006, 695: Ist die Heizung nach der Reparatur durch den Vermieter erneut ausgefallen, muss der Mieter (vor der Kündigung) erneut die Mängelbeseitigung verlangen – jedenfalls wenn die Heizung außerhalb der üblichen Heizperiode ausfällt.

Etwas anderes kann sich aber aus Treu und Glauben ergeben. Entsteht Streit, ob der Vermieter einen gegebenen Mangel behoben hat, so trägt dieser hierfür die Beweislast, da er wie jeder Schuldner die Erfüllung zu beweisen hat, 1 S. jetzt § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Zur Entbehrlichkeit der Mahnung im Übrigen s. § 286 Abs. 2 Nr. 1–4 BGB. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte am 26.9. den Vermieter gemahnt; dieser hatte am 29.9. die Reparaturarbeiten angekündigt. Der Mieter hatte aber bereits Handwerker mit der Mängelbeseitigung beauftragt.

1109

310

Rn. VIII 311

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 1.3.2000 – NZM 2000, 549, OLG Hamm – Urt. v. 28.9.1994 – NJW-RR 1995, 525.

311

Befindet sich der Vermieter von Wohnraum dem Mieter gegenüber mit der Beseitigung des Mangels im Verzug, so wirkt im Fall der Grundstücksübereignung die einmal eingetretene Verzugslage nach dem Eigentumsübergang in der Person des Erwerbers fort. Tritt der Schaden in diesem Fall nach dem Eigentumsübergang ein, so richten sich die Ansprüche des Mieters nicht gegen den Veräußerer, sondern gegen den Erwerber, BGH – Urt. v. 9.2.2005 – NZM 2005, 253 = WuM 2005, 201 = ZMR 2005, 354, ebenso zur Garantiehaftung s. Rn. VIII 283.

Zum Schadens- und Aufwendungsersatz s. Rn. VIII 298 f. bb) Aufwendungsersatz bei Selbsthilfe 312

Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn entweder der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels im Verzug ist (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder ein Eilfall i.S. von § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB vorliegt.1 Es handelt sich hierbei um ein Recht, nicht um eine Pflicht des Mieters zum Tätigwerden. Gleichwohl können sich für ihn Rechtsnachteile unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens ergeben, wenn die Mangelbeseitigung einfach und ihm deshalb zuzumuten ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Abhilfe riskant, insbesondere ihr Erfolg ungewiss und ihr Aufwand nicht nur unbedeutend ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.2.2003 – WuM 2003, 386.

312a

Hat der Mieter die Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB nicht gewahrt, so kann er nicht auf einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 539 BGB ausweichen, BGH – Urt. v. 16.1.2008 – NZM 2008, 279 = WuM 2008, 147 = MietRB 2008, 97 (Dötsch): Nach dem Zweck des § 536 Abs. 2 Nr. 2 BGB soll dem Vermieter der Vorrang bei der Beseitigung eines Mangels zukommen, um dadurch Gewährleistungsansprüche des Mieters abwenden zu können; a.A.: OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.9.2007 – MietRB 2008, 72, 73 (Eupen), das einen Anspruch aus § 539 BGB bejaht, selbst wenn die Voraussetzungen des § 536 Abs. 2 BGB nicht vorlägen. Der Mieter könne nicht schlechter gestellt werden als jeder Dritte, der Leistungen für eine Mietsache erbringt.

Den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Selbstbeseitigung eines Mangels kann der Mieter im Falle eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels von demjenigen Vermieter erlangen, der bei Beendigung der Mangelbeseitigungsmaßnahmen als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war. Selbst wenn der Veräußerer mit der Beseitigung der Mängel in Verzug geraten war, richtet sich der Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Erwerber,

1 S. Dauner-Lieb/Dötsch NZM 2004, 641.

1110

Schadensersatz

Rn. VIII 315

OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909 im Anschluss an BGH – Urt. v. 19.3.1965 – NJW 1965, 1225, ebenso BGH – Urt. v. 9.2.2005 – NZM 2005, 253 = WuM 2005, 201 = ZMR 2005, 354.

Zum Verzug des Vermieters s. Rn VIII 306. Wartet der Mieter nach der Mahnung nicht eine angemessene Frist ab, binnen der der Vermieter den Mangel beheben kann, sondern kommt er dessen Arbeiten zuvor, so hat er keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz, weil ein Verzug des Vermieters nicht vorliegt,

313

KG – Urt. v. 15.5.2000 – MDR 2000, 1240.

Ist die dem Vermieter gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung indes abgelaufen, so hat der Mieter einen Aufwendungsersatzanspruch auch dann, wenn der Vermieter den Mieter eine Woche vor der Ersatzvornahme darüber informiert, den Mangel selbst beheben zu wollen; eine solche Information nach Fristablauf reicht nicht, LG Berlin ZMR 2003, 189.

Ob der Mieter es dulden müsste, dass der Vermieter nach Fristablauf die Arbeiten zur Mängelbeseitigung ausführt, richtet sich nach Treu und Glauben. Die Frage ist zu verneinen, wenn er seinerseits die Arbeiten bereits in Gang gesetzt hat. Allerdings könnte auch in diesem Zusammenhang der Rechtsgrundsatz in § 254 Abs. 2 BGB zum Tragen kommen. Umstritten ist, ob der Mieter an Stelle einer (angekündigten bzw. angemahnten) Reparatur eine Neubeschaffung veranlassen darf, sofern sich nachträglich herausstellt, dass die Reparatur nicht mehr lohnt, oder ob im Hinblick auf die Neuanschaffung eine erneute Abmahnung geboten ist,

314

einerseits LG Itzehoe WM 1988, 87: Erweist sich die angemahnte Reparatur eines Boilers als unzweckmäßig, so bedarf es vor Austausch des defekten Geräts keiner weiteren Mahnung des Vermieters;1 andererseits LG Hamburg WM 1988, 87: Es bedarf im vorgenannten Fall einer weiteren Mahnung des Vermieters, wenn der Mieter die Kosten der Erneuerung erstattet verlangt. Die Mahnung war nicht entbehrlich, da kein Notfall vorlag; ebenso LG Gießen NJW-RR 1995, 462 = ZMR 1995 S. IV Nr. 20.

Da sich der Vermieter schon auf Grund der ersten Mahnung in Verzug befunden hat, erscheint eine erneute Mahnung nicht erforderlich. Sie kann allenfalls unter dem Gesichtspunkt, dass mit besonders hohem Aufwand zu rechnen ist, unter entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB in Betracht kommen. Einer Nachfristsetzung bedarf es nicht.2 Das folgt zum einen daraus, dass der Vermieter durch die verzugsbegründende Mahnung Gelegenheit zur Nacherfüllung hatte, und zum anderen daraus, dass sich eine solche Fristsetzung mit dem Begriff der Notreparatur nicht vereinbaren lässt.

1 So auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536a Rn. 138. 2 Anders Herrlein/Kandelhard BGB § 536a Rn. 19.

1111

315

Rn. VIII 316

Gewährleistung

Zur Entbehrlichkeit einer erneuten Abmahnung nach einem fehlgeschlagenen Versuch des Vermieters zur Mängelbeseitigung s. Rn. VIII 309. 316

Ließe sich der ursprüngliche Zustand nur durch Maßnahmen wiederherstellen, die gegen die Regeln der Technik verstießen und wirtschaftlich unvertretbar wären, so ist der Mieter ausnahmsweise berechtigt, den Schaden abweichend vom ursprünglichen Zustand in der Weise zu beheben, der den Mindestanforderungen der Technik entspricht,1 LG Köln WuM 1994, 73.

317

Zur Selbsthilfe in sog. Eilfällen ist der Mieter auf Grund des durch das MRRG eingefügten Tatbestandes in § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB auch dann befugt, wenn die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Mietsache notwendig ist (Notreparaturen). Dabei ist nicht entscheidend, ob der Vermieter den Mangel verschuldet hat oder mit dessen Behebung in Verzug geraten ist. Maßgeblich sind nur die Kriterien „umgehend“ und „notwendig“, die beide vorliegen müssen. Ersteres setzt voraus, dass der Mieter nicht mehr in der Lage war, vom Vermieter Abhilfe zu verlangen. Das kann auch dann der Fall sein, wenn der Vermieter die Mängelbehebung zu Unrecht verweigert hat. Die Maßnahmen des Mieters sind nicht auf das Nötigste beschränkt; vielmehr kommt es darauf an, ob die von ihm veranlasste Maßnahme selbst notwendig ist, um den Schaden auf Dauer zu beheben. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Gebot der Schadensminderung sind allerdings zu beachten. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes muss die Maßnahme nicht ausschließlich der Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache dienen, sondern auch der Erhaltung des ungestörten Mietgebrauchs; das folgt aus dem subjektiven Mangelbegriff, der dem § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zugrunde liegt.2

318

Der Ersatzanspruch des Mieters ist auf die Kosten der handwerksgerechten Mängelbeseitigung, die auch der Vermieter hätte aufwenden müssen, begrenzt, LG Köln WuM 1994, 73.

Hierbei kann er sich auf das Urteil eines Fachmannes verlassen; er ist nicht auf das billigste Angebot beschränkt.3 1 Zum Fall: Der Mieter sanierte das durch einen unverschuldeten Wasserschaden beschädigte Bad, nachdem der Vermieter die Instandsetzung abgelehnt hatte. Die bloße Wiederherstellung des früheren Zustandes hätte nicht den geltenden Regeln der Technik entsprochen und das erneute Auftreten von Durchfeuchtungen nicht ausgeschlossen. 2 Beispiele: Fällt in der kalten, aber frostfreien Jahreszeit an einem Samstag die Heizung aus, so droht der Mietsache selbst kein unmittelbarer Schaden; mithin wäre die Behebung dieses Mangels nicht „notwendig“, selbst wenn der Mieter darüber erkranken würde. Ebenso verhält es sich mit dem Ausfall von Wasser und u.U. auch von Energie. Was für den Mieter unter Umständen lebenswichtig sein kann, ist für die Mietsache nicht bedrohlich. Anders Herrlein/Kandelhard BGB § 536a Rn. 16, die jedoch einen Erstattungsanspruch gemäß § 539 Abs. 1 BGB in Betracht ziehen. 3 Kinne GE 2001, 1235, 1238.

1112

Schadensersatz

Rn. VIII 320

Lässt der Mieter Baumaßnahmen, die er nach sorgfältiger Prüfung zur Mängelbeseitigung für erforderlich halten durfte, von einem Fachbetrieb ausführen, erweisen sie sich jedoch später selbst als nicht mangelfrei, so soll der Vermieter die Aufwendungen dafür gleichwohl in vollem Umfang zu ersetzen haben, allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung eventueller Gewährleistungsrechte, die dem Mieter aus den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmen zustehen, OLG Brandenburg – Urt. v. 13.11.2002 – ZMR 2003, 909: Ob die Reparaturmaßnahmen erfolgreich sind, spielt für die Ersatzfähigkeit der Aufwendungen keine Rolle, solange den Mieter kein Verschulden trifft. Schlagen die Aufwendungen ganz oder z.T. fehl (z.B. weil sie mangelhaft ausgeführt wurden), muss sich der Mieter nicht ein Verschulden der beauftragten Handwerker zurechnen lassen. Diese sind nicht seine Erfüllungsgehilfen i.S. von § 278 BGB.1 Der Mieter wird bei der Beauftragung eines Unternehmens zwar im eigenen Namen, aber – ähnlich wie bei der Geschäftsführung ohne Auftrag – im Interesse und auf Risiko des Vermieters tätig. Im Rahmen des § 536b Abs. 2 BGB geht auch der Mieter keine Verpflichtung zur Herstellung einer mangelfreien Sache ein. Er macht vielmehr von seinem Recht Gebrauch, wegen der Untätigkeit des Vermieters an dessen Stelle etwas zu veranlassen; anders AG Osnabrück WuM 2005, 48: Die Kosten einer vom Mieter beauftragten fehlgeschlagenen Mängelbeseitigung hat der Vermieter dem Mieter nicht zu ersetzen.

Der Mieter, der nach § 536a Abs. 2 BGB berechtigt ist, den Mangel der Mietsache selbst zu beseitigen, kann vom Vermieter regelmäßig einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlich zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten verlangen,2

319

KG – RE v. 29.2.1988 – DWW 1988, 140 = NJW-RR 1988, 1039 = WM 1988, 142 = ZMR 1988, 219, s. auch BGHZ 56, 136.

Dies ist mit dem Argument in Frage gestellt worden, dass der Mieter über die Zwangsvollstreckung aus einem auf Erfüllung gerichteten Titel ebenfalls einen Anspruch auf Vorschuss – und zwar in einem einfacheren Verfahren – erlangen könne. Dem Argument, dass der Vermieter einem Verzug schon durch ein wörtliches Angebot zur Mängelbeseitigung entgehen könne, hält das KG a.a.O. entgegen, dass der Verzug erst durch die Leistungsvornahme beendet werde. Ein Anspruch auf Vorschuss wird jedoch zu verneinen sein, wenn die Arbeiten zur Beseitigung der Mängel in überschaubarer Zeit nicht ausgeführt werden können. Diese für das Werkvertragsrecht bestehende Rspr. (OLG Nürnberg – Urt. v. 27.6.2003 – MDR 2003, 1222) kann auch für das Mietrecht übernommen werden, da die Interessenlage vergleichbar ist. Bei einem auslaufenden Mietverhältnis hat der Mieter dagegen keinen Vorschussanspruch mehr, LG Berlin GE 1998, 618.

1 S. Feuerlein WuM 1998, 74 f.; auch Staudinger/Emmerich BGB § 536a Rn. 32. 2 Dazu ausführlich Kinne GE 2001, 1235, 1238.

1113

320

Rn. VIII 321 321

Gewährleistung

Besteht eine Personenmehrheit auf Mieterseite, so kann auch der einzelne Mieter den Anspruch auf Vorschuss durch Klage auf Leistung an alle Mitmieter jedenfalls dann geltend machen, wenn er hierzu von den Übrigen ermächtigt worden ist, LG Berlin ZMR 1999, 712.

Unabhängig von dem Erfordernis einer Ermächtigung dürfte die Berechtigung des einzelnen Mieters aber schon aus § 432 Abs. 1 Satz 2 BGB zu folgern sein, sofern auf Mieterseite keine GbR besteht, LG Berlin GE 1994, 997, s. auch LG Hamburg WuM 1999, 415 für Zwangsvollstreckung des Anspruchs auf Beseitigung von Mängeln durch Ersatzvornahme.

322

Dem Vermieter ist es wegen der Zweckgebundenheit des Vorschussanspruchs versagt, hiergegen mit eigenen Forderungen aufzurechnen,1 LG Kleve WuM 1989, 14.

323

War zur Zeit der Schadensentstehung das Mietverhältnis bereits beendet, so hat der Mieter keinen (mietrechtlichen) Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für die Behebung eines Wasserrohrbruchs; in Betracht kommen Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, die der Mieter jedoch darlegen muss, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.12.2000 – WuM 2001, 121 = ZMR 2001, 447: Den Vermieter trifft keine Pflicht zur Gebrauchsgewährung mehr. Ebenso wenig wie der Mieter noch mindern kann, kann er sich beim Vermieter schadlos halten.

7. Ersatz sonstiger Aufwendungen a) Gesetzliche Neuerungen und Anwendungsbereich 324

Die bisherige Regelung über den Verwendungsersatz in § 547 BGB a.F. ist durch das MRRG vereinfacht worden, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden.2 Das gilt für den Bereich der notwendigen Verwendungen, deren Ersatz nunmehr im Rahmen des § 536a Abs. 2 BGB verlangt werden kann. Damit umfasst der Geltungsbereich der neuen Reglung in § 539 Abs. 1 BGB nur noch die im Rahmen des § 547 Abs. 2 BGB a.F. erfassten Verwendungen. Demgegenüber bezieht sich § 536a Abs. 2 BGB auf mängelbeseitigende Verwendungen, für die schon nach bisherigem Recht die Spezialität des § 538 Abs. 2 BGB a.F. gegenüber § 547 Abs. 1 BGB a.F. bestand (OLG Hamm – Beschl. v. 18.7.1984 – NJW 1985, 1847, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.12.1991 – NJW-RR 1992, 716 = WuM 1993, 271). Zu prüfen ist deshalb zunächst, ob ein Anspruch nach § 536a Abs. 2 BGB in Betracht kommt, ehe auf die Anspruchsgrundlage in § 539 BGB zurückgegriffen wird. Sie wird durch die Gewährleistungsregelungen auch dann verdrängt, wenn im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des 1 So auch zu § 536a BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 147; Staudinger/Emmerich Rn. 34; Beuermann GE 1994, 252; Kinne GE 2001, 1235, 1239. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 42.

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Rn. VIII 321 321

Gewährleistung

Besteht eine Personenmehrheit auf Mieterseite, so kann auch der einzelne Mieter den Anspruch auf Vorschuss durch Klage auf Leistung an alle Mitmieter jedenfalls dann geltend machen, wenn er hierzu von den Übrigen ermächtigt worden ist, LG Berlin ZMR 1999, 712.

Unabhängig von dem Erfordernis einer Ermächtigung dürfte die Berechtigung des einzelnen Mieters aber schon aus § 432 Abs. 1 Satz 2 BGB zu folgern sein, sofern auf Mieterseite keine GbR besteht, LG Berlin GE 1994, 997, s. auch LG Hamburg WuM 1999, 415 für Zwangsvollstreckung des Anspruchs auf Beseitigung von Mängeln durch Ersatzvornahme.

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Dem Vermieter ist es wegen der Zweckgebundenheit des Vorschussanspruchs versagt, hiergegen mit eigenen Forderungen aufzurechnen,1 LG Kleve WuM 1989, 14.

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War zur Zeit der Schadensentstehung das Mietverhältnis bereits beendet, so hat der Mieter keinen (mietrechtlichen) Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für die Behebung eines Wasserrohrbruchs; in Betracht kommen Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, die der Mieter jedoch darlegen muss, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.12.2000 – WuM 2001, 121 = ZMR 2001, 447: Den Vermieter trifft keine Pflicht zur Gebrauchsgewährung mehr. Ebenso wenig wie der Mieter noch mindern kann, kann er sich beim Vermieter schadlos halten.

7. Ersatz sonstiger Aufwendungen a) Gesetzliche Neuerungen und Anwendungsbereich 324

Die bisherige Regelung über den Verwendungsersatz in § 547 BGB a.F. ist durch das MRRG vereinfacht worden, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden.2 Das gilt für den Bereich der notwendigen Verwendungen, deren Ersatz nunmehr im Rahmen des § 536a Abs. 2 BGB verlangt werden kann. Damit umfasst der Geltungsbereich der neuen Reglung in § 539 Abs. 1 BGB nur noch die im Rahmen des § 547 Abs. 2 BGB a.F. erfassten Verwendungen. Demgegenüber bezieht sich § 536a Abs. 2 BGB auf mängelbeseitigende Verwendungen, für die schon nach bisherigem Recht die Spezialität des § 538 Abs. 2 BGB a.F. gegenüber § 547 Abs. 1 BGB a.F. bestand (OLG Hamm – Beschl. v. 18.7.1984 – NJW 1985, 1847, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.12.1991 – NJW-RR 1992, 716 = WuM 1993, 271). Zu prüfen ist deshalb zunächst, ob ein Anspruch nach § 536a Abs. 2 BGB in Betracht kommt, ehe auf die Anspruchsgrundlage in § 539 BGB zurückgegriffen wird. Sie wird durch die Gewährleistungsregelungen auch dann verdrängt, wenn im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des 1 So auch zu § 536a BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 147; Staudinger/Emmerich Rn. 34; Beuermann GE 1994, 252; Kinne GE 2001, 1235, 1239. 2 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 42.

1114

Ersatz sonstiger Aufwendungen

Rn. VIII 326

§ 536 Abs. 2 BGB nicht gegeben sind, z.B. es an der Inverzugsetzung des Vermieters fehlt oder keine Notgeschäftsführung vorliegt,1 BGH – Urt. v. 16.1.2008 – NZM 2008, 279 = WuM 2008, 147 = MietRB 2008, 97 (Dötsch).

Die Abgrenzung, ob sich die Maßnahme auf eine Mängelbeseitigung bezieht oder auf ein sonstiges Ziel wie Ausbau des Mietobjekts oder Verbesserung des Mietgebrauchs richtet, hängt von den Abreden der Parteien ab. Das gilt z.B., wenn der Mieter ein sanierungsbedürftiges Gebäude anmietet, das er nach seinen Bedürfnissen herrichten darf, und er Mängel beseitigt,2 s. dazu BGH – Urt. v. 20.1.1993 – NJW-RR 1993, 522 = WuM 1994, 201.

Terminologisch verwendet der Gesetzgeber nunmehr den Ausdruck „Aufwendungen“ an Stelle von „Verwendungen“. Damit soll allerdings keine inhaltliche Änderung bewirkt werden.3 b) Anspruchsvoraussetzungen Der Mieter erhält Ersatz seiner Aufwendungen auf die Mietsache gemäß § 539 Abs. 1 BGB, wenn die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen (§§ 677 f. BGB). Bei der Bezugnahme auf diese Vorschriften handelt es sich nicht um eine bloße Rechtsfolgenverweisung, sondern um eine Rechtsgrundverweisung,4

325

OLG Köln – Urt. v. 23.2.1996 – WuM 1996, 269, LG Mannheim WuM 1996, 143, 144 jeweils zu § 547 Abs. 2 BGB a.F.

Daher müssen für den Anspruch auf Aufwendungsersatz sowohl die Voraussetzungen des § 683 BGB als auch der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Vermieters i.S. von § 684 Satz 2 BGB festgestellt werden. Der Gesetzgeber hat insbesondere daran festgehalten, dass der Mieter mit dem Willen gehandelt haben muss, ein fremdes Geschäft zu besorgen;5 es könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein solcher Wille regelmäßig vorliege, zumal Mieter häufig auch Einbauten im eigenen Interesse vornähmen (z.B. bei der Ausstattung von Küchen und Bädern). Der Begriff der Aufwendungen bezieht sich auf alle vermögenswerten Verwendungen für alle Maßnahmen, die die Mietsache betreffen und diese erhalten und verbessern sollen, BGH – Urt. v. 3.11.1989 – NJW 1990, 447. 1 S. zu § 539 BGB: Lammel Rn. 9; MünchKomm/Schilling Rn. 5; Staudinger/Emmerich Rn. 3; Dauner-Lieb/Dötsch NZM 2004, 641; einschränkend Derleder WuM 2006, 175, 179: Ausschließlichkeit nur für § 536 Abs. 2 Nr. 1 BGB; anders zu § 539 BGB: FischerDieskau/Pergande/Franke Anm. 2.3; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 3. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 536a Rn. 11. 3 Begründung zum Regierungsentwurf a.a.O. 4 S. zu § 539 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 3; Erman/Jendrek Rn. 5; Herrlein/Kandelhard Rn. 10; Lammel Rn. 12; Schmidt-Futterer/Langenberg Rn. 25; Derleder WuM 2006, 175, 180. 5 Begründung zum Regierungsentwurf a.a.O.; dazu Herrlein/Kandelhard BGB § 539 Rn. 12.

1115

326

Rn. VIII 327

Gewährleistung

Hierzu zählen wertverbessernde Renovierungsmaßnahmen, BGH – Urt. v. 20.1.1993 – NJW-RR 1993, 522 = WuM 1994, 201,

Um- und Ausbauten, BGH – Urt. v. 16.9.1998 – NZM 1999, 19 = ZMR 1999, 93: Umbau einer gemieteten Scheune zur Lagerhalle mit Büro und Ausstellungsraum; OLG Hamburg – Urt. v. 6.2.1985 – WuM 1985, 82, 84 (3c) für Ausbau von Gewerberäumen und Maßnahmen zur Versorgung mit Energie und Wasser; OLG Köln – Urt. v. 23.2.1996 – WuM 1996, 269 für Anbau; s. auch BGH – Beschl. v. 27.5.1998 – NZM 1998, 713: Übernimmt es einer von mehreren Mietern eines Grundstücks, für alle Mieter den Anschluss für Fernwärme, Strom und Wasser legen zu lassen, und schließt er die Verträge mit den verschiedenen Versorgungsunternehmen ab, dann hat er einen Anspruch gegen den Vermieter auf Ersatz der Aufwendungen, die den anderen Mietern zugute kamen, nicht aus Bereicherungsrecht, sondern aus Geschäftsführung ohne Auftrag.

327

Unter den Begriff der Aufwendungen fallen auch der Einbau eines Bades, die Verlegung eines Fußbodens oder Schönheitsreparaturen, die der Mieter durchführt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.1 Umstritten ist, ob ihm in solchen Fällen der Wille zur Fremdgeschäftsführung fehlte, insbesondere bei einer freiwilligen Anfangsrenovierung oder bei laufender Renovierung auf Grund einer unwirksamen Formularklausel, ohne dass der Mieter die Unwirksamkeit erkennt (s. hierzu Rn. VIII 332, IX 44). Maßnahmen der Instandsetzung fallen hierunter nicht; vielmehr gilt für sie die speziellere Regelung des § 536a Abs. 2 BGB. Liegen deren Voraussetzungen nicht vor, so kann nicht ohne weiteres auf § 539 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden (s. Rn. VIII 324).

328

Der Mieter muss den Willen zur Fremdgeschäftsführung zu Gunsten des Vermieters bzw. der Mietsache haben. Er kann noch nicht aus der Art der Aufwendungen gefolgert werden, insbesondere ob die Maßnahme auf eine Verbesserung des Mietobjekts nach den Bedürfnissen des Mieters ausgerichtet ist, LG Mannheim WuM 1996, 143, 144, s. auch LG Dortmund ZMR 2008, 377,

oder – unabhängig hiervon – der Mietsache zugute kommt. Auch ist ein Fremdgeschäftsführungswille des Mieters regelmäßig zu verneínen, wenn dieser mit den Maßnahmen eine eigene vertragliche Pflicht erfüllt. Das kann auch dann der Fall sein, wenn er lediglich meint, eine eigene vertragliche Pflicht zu erfüllen (§ 687 Abs. 1 BGB). Andererseits kann ein Fremdgeschäftsführungswille auch dann bejaht werden, wenn der Geschäftsführer mit seiner eigenen Angelegenheit zugleich auch das Geschäft zugunsten eines anderen wahrnimmt. Dafür kann ausreichen, dass der Erfolg des Geschäfts nach seinem äußeren Erscheinungsbild nicht nur dem Geschäftsführer, sondern auch dem anderen zugute kommt. Das kann auch dann der Fall sein, wenn die Pflicht des Geschäftsführers gegenüber dem anderen gar nicht besteht,

1 S. zu § 539 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 11; Herrlein/Kandelhard Rn. 15; SchmidtFutterer/Langenberg Rn. 30.

1116

Ersatz sonstiger Aufwendungen

Rn. VIII 329

BGH – Urt. v. 25.6.1962 – BGHZ 37, 258 = NJW 1962, 2010: Die Voraussetzungen der GoA können auch dann gegeben sein, wenn sich der Geschäftsführende zur Übernahme der von ihm erbrachten Leistungen für verpflichtet gehalten hat; BGH – Urt. v. 28.10.1992 – NJW-RR 1993, 200: In der Rspr. des BGH ist anerkannt, dass auf die Vorschriften über die GoA zurückgegriffen werden kann, wenn das Geschäft auf Grund eines sich später als nichtig erweisenden Auftrags geführt worden ist; dabei kann die Nichtigkeit des Auftrags auf einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder auf einem Verstoß gegen die guten Sitten beruhen; s. auch OLG Hamm – Urt. v. 28.5.1991 – NJW-RR 1991, 1303.

Eine solche Fallkonstellation kann in Betracht kommen, wenn der Mieter Schönheitsreparaturen auf Grund einer unwirksamen Renovierungsklausel bei Beendigung des Mietverhältnisses ausgeführt hat. In diesem Fall lässt sich ein Fremdgeschäftsführungswille daraus ableiten, dass aus der Sicht des Mieters der Erfolg seiner Renovierungsleistung allein dem Vermieter zugute kommt (s. Rn. IX 44),1 LG Karlsruhe DWW 2007, 68 = NZM 2006, 508, LG Landshut WuM 2008, 335; LG Wuppertal WuM 2007, 567 = MietRB 2008, 37 (Monschau); a.A. LG Berlin GE 2005, 517: Dem Mieter fehlt der Fremdgeschäftsführungswille, wenn er nach Aufforderung durch den Vermieter Schönheitsreparaturen durchgeführt hat.

Erforderlich ist ferner, dass die Aufwendungen dem Interesse oder dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Vermieters entsprechen (§ 683 Satz 1 BGB). Für das Vorliegen dieser Voraussetzung spricht noch nicht, dass der Vermieter der Maßnahme zustimmt (LG Dortmund ZMR 2008, 377), Kenntnis von ihr hat oder sie duldet; vielmehr muss sich das Einverständnis des Vermieters auf den Umfang und die Finanzierung der Kosten der beabsichtigten Maßnahme (durch den Mieter) beziehen, BGH – Urt. v. 16.9.1998 – NZM 1999, 19 = ZMR 1999, 93.

Gegen den mutmaßlichen Willen des Vermieters kann sprechen, dass dieser bei noch nicht fälligen Schönheitsreparaturen, die objektiv noch nicht erforderlich sind, keinen Anlass haben könnte zu renovieren.2 Er lässt sich jedenfalls nicht daraus folgern, dass der Vermieter dem Mieter die Renovierungspflicht – wenn auch unwirksam – auferlegt hat,3 denn damit hat der Vermieter sich gerade von dieser Verpflichtung sozusagen „freizeichnen“ wollen. Er mag zwar das wirtschaftliche Ergebnis der Renovierung erstrebt haben, jedoch nicht als sein eigenes Geschäft. Sollten dagegen Schönheitsreparaturen fällig geworden sein, so kann der schlechte dekorative Zustand der Wohnung einen Mangel des Mietobjekts i.S. von § 536 Abs. 1 BGB abgeben, den der Mieter nur 1 Langenberg, Schönheitsreparaturen, Rn. I 271 f.; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 539 Rn. 30; Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653, 655; Lehmann-Richter WuM 2005, 747; s. auch Dötsch NZM 2008, 108; a.A. Staudinger/Emmerich BGB § 539 Rn. 6; Blank in FS Derleder, 2005, S. 189, 197; Börstinghaus WuM 2005, 675, 677; Horst DWW 2007, 48, 52; Klepper DWW 2007, 68; eingehend Lange NZM 2007, 785, 787; Paschke WuM 2008, 647, 648. 2 Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653, 655. 3 So aber Langenberg, Schönheitsreparaturen, Rn. I 273.

1117

329

Rn. VIII 330

Gewährleistung

bei Verzug des Vermieters unter den Voraussetzungen des § 536 Abs. 2 Nr. 1 BGB beseitigen durfte. 330

Insbesondere kann aus Klauseln, nach denen bestimmte bauliche Maßnahmen von der Zustimmung des Vermieters abhängig gemacht werden, nicht der mutmaßliche Wille des Vermieters i.S. von § 683 BGB oder dessen Zustimmung i.S. von § 684 Satz 2 BGB abgeleitet werden. Hat der Mieter eine mietvertraglich erforderliche Zustimmung für bauliche Maßnahmen nicht eingeholt, so kann er sich wegen der gleichwohl durchgeführten Maßnahmen nicht auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 539 Abs. 1 BGB (= § 547 Abs. 2 BGB a.F.) berufen, LG Berlin GE 1994, 403.

Abreden, die dem Mieter Kontrollpflichten oder Wartungsmaßnahmen auferlegen („Heizung muss dringend kontrolliert werden“), berechtigen ihn noch nicht, ohne Absprache mit dem Vermieter Reparaturaufträge zu dessen Lasten zu erteilen, BGH – Urt. v. 16.1.2008 – NZM 2008, 279 = WuM 2008, 147 = MietRB 2008, 97 (Dötsch).

331

Ausnahmsweise kommt es auf einen entgegenstehenden Willen des Vermieters nicht an, wenn die Maßnahme des Mieters im öffentlichen Interesse liegt. Das ist für die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden in einer Wohnung verneint worden, LG Duisburg WuM 1999, 112.

c) Ansprüche des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung 332

Die Praxis ist gegenüber Ansprüchen des Mieters aus Geschäftsführung ohne Auftrag zurückhaltend, um einen Riegel davor zu setzen, dass der Mieter vollendete Tatsachen schafft.1 Vielmehr wird ihm eher zuzumuten sein, die Entscheidung des Vermieters einzuholen und abzuwarten (s. § 681 BGB). Daher hat die Bereicherungshaftung des Vermieters nach § 684 Satz 1 BGB erheblich größere Bedeutung als der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen nach § 683 BGB. Das gilt insbesondere für den Anspruch auf Wertersatz an Stelle der Herausgabe der Bereicherung. Derartige Ansprüche kommen etwa in Betracht, wenn ein Mieter bauliche Maßnahmen im eigenen Interesse vornimmt, die zu einer Wertsteigerung des Grundstücks führen,2 BGH – Urt. v. 8.11.1995 – NJWE-MietR 1996, 33 = ZMR 1996, 122; s. auch Rn. VIII 337, BGH – Urt. v. 22.6.2001 – ZMR 2001, 881.

1 S. zu § 539 BGB: Herrlein/Kandelhard BGB § 539 Rn. 21; MünchKomm/Schilling Rn. 11; ausführlich Derleder WuM 2006, 175, 180. 2 Zum Fall: Der Mieter bebaute das Mietgrundstück in der berechtigten, auch vom Vermieter geteilten Erwartung des späteren Erwerbs; in diesem Fall wird der Bereicherungsanspruch nicht durch §§ 994 f. BGB ausgeschlossen.

1118

Ersatz sonstiger Aufwendungen

Rn. VIII 336

Das Gleiche gilt für Schönheitsreparaturen, zu deren Durchführung der Mieter sich in Unkenntnis der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel verpflichtet fühlt, wenn man Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (s. Rn. VIII 328, IX 44) verneint, LG Stuttgart WuM 2004, 665, LG Freiburg WuM 2005, 383, 384, AG Karlsruhe DWW 2005, 374; anders LG Karlsruhe DWW 2007, 68 = NZM 2006, 508, das einen Anspruch aus § 539 Abs. 1 BGB bejaht.

Die Höhe dieses Anspruchs bestimmt sich grundsätzlich nicht nach dem Umfang der Aufwendungen des Mieters, sondern nach dem Wertzuwachs im Vermögen des Vermieters. Dafür ist nicht die objektive Steigerung des Verkehrswertes, sondern die Verbesserung des Ertragswerts ausschlaggebend,1

333

BGH – Urt. v. 16.9.1998 – NZM 1999, 19 = ZMR 1999, 93: Dem Umfang nach bemisst sich die Bereicherung nicht nach den Kosten der getätigten Verwendungen oder der dadurch geschaffenen objektiven Wertsteigerung des Bauwerks, sondern nach den Vorteilen, die der Vermieter aus dem erhöhten objektiven Ertragswert der Mietsache tatsächlich erzielen kann oder hätte erzielen können. Anhaltspunkt dafür ist in erster Linie die Zahlung eines höheren Mietzinses durch einen Nachmieter; BGH – Urt. v. 5.10.2005 – GuT 2006, 32 (Tz. 25) = NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185, LG Mannheim WuM 1996, 143 f., 144, LG Dortmund ZMR 2008, 377.

Der Vermieter muss es sich aber als Bereicherung zurechnen lassen, wenn eine Weitervermietung zu einer höheren Miete daran scheitert, dass er Mängel nicht beseitigt, die er zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 5.10.2005 – GE 2006, 380 = NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185.

Im Fall einer Veräußerung können die wirtschaftlichen Vorteile im gestiegenen Verkehrswert oder im Fall der Wiedervermietung in der Erzielung einer höheren Miete liegen (BGH – Urt. v. 16.9.1998 – NZM 1999, 19 = ZMR 1999, 93). Im letzteren Fall wird der Anspruch nicht kapitalisiert, sondern entsteht ratenweise entsprechend der Fälligkeit der höheren Mieten.2

334

Abweichend von dem zuvor Ausgeführten (Rn. VIII 333) wird die Bereicherung des Vermieters auch in dem ersparten Aufwand gesehen, insbesondere für die Durchführung von Schönheitsreparaturen,3

335

LG Stuttgart WuM 2004, 665, LG Freiburg WuM 2005, 383, 384, AG Nürtingen WuM 2007, 316; anders AG Karlsruhe DWW 2005, 374.

Hat die Maßnahme für den Vermieter kein Interesse, so kann ein Wertausgleich wegen aufgedrängter Bereicherung entfallen.4 Das bedeutet aber, dass der Vermieter den Mieter analog § 1001 Satz 1 BGB auffordert, die Maßnahme

1 Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653, 655; Paschke WuM 2008, 647, 651. 2 Herrlein/Kandelhard BGB § 539 Rn. 28. 3 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 206; Goch WuM 2004, 513, 517; anders Staudinger/Emmerich BGB § 539 Rn. 6. 4 Herrlein/Kandelhard a.a.O.

1119

336

Rn. VIII 337

Gewährleistung

zu beseitigen1 und den früheren Zustand wieder herzustellen, oder zumindest eindeutig erklärt, die Maßnahmen nicht zu wollen, LG Mannheim NJW-RR 1996, 1357, 1358 = WuM 1996, 143, 144.

Unterlässt der Mieter die Beseitigung, so entfällt sein Bereicherungsanspruch. 337

Hat sich der Mieter von Gewerberäumen gegenüber dem Vermieter zur Vornahme bestimmter Ausbaumaßnahmen verpflichtet, so hat er grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz; denn in einem solchen Fall gilt seine Leistung im Zweifel als Teil des Mietentgelts. Ausnahmsweise kommt ein Bereicherungsanspruch in Betracht, wenn ein auf längere Zeit begründetes Mietverhältnis vorzeitig endet. Auch dieser Anspruch bemisst sich danach, ob der Vermieter durch die Investition des Mieters in die Lage versetzt wird, bei einer anderweitigen Vermietung eine höhere Miete oder einen anderen Vermögensvorteil (z.B. einen verlorenen Zuschuss) zu erlangen; keineswegs richtet er sich nach den vom Mieter aufgewendeten Kosten, BGH – Urt. v. 8.11.1995 – NJWE-MietR 1996, 33 = ZMR 1996, 122. Zum Umfang der Bereicherung s. auch BGH – Urt. v. 5.10.2005 – GE 2006, 380 = NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185.

d) Geltendmachung des Anspruchs 338

Der Anspruch des Mieters aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 539 Abs. 1 BGB wird zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem der Mieter seine Maßnahmen abgeschlossen hat, sofern vertraglich nichts anderes geregelt ist. Er richtet sich gegen denjenigen, der zur Zeit der Fälligkeit Vermieter gewesen ist. Im Falle einer Veräußerung richtet sich der Anspruch also nicht gegen den Erwerber, sondern gegen den veräußernden bisherigen Vermieter, BGH – Urt. v. 12.6.1991 – NJW 1991, 3031 = ZMR 1991, 369, 372, BGH – Urt. v. 5.10.2005 – GE 2006, 380 = NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185.

Anders verhält es sich, wenn vereinbart ist, dass Ansprüche des Mieters auf Aufwendungsersatz erst bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig werden, BGH – Urt. v. 14.10.1987 – WuM 1988, 16.

339

Der Anspruch verjährt während der Mietzeit gemäß § 195 BGB in der Regelfrist von 3 Jahren und nach Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 548 Abs. 2 BGB binnen 6 Monaten, gerechnet ab Vertragsende.2 In diesem Zusammenhang wirkt sich für den Mieter nachteilig aus, dass die Rechtsfolge aus § 566 BGB als Abschluss eines neuen Mietvertrages zu den bisherigen Bedingungen verstanden wird. Das führt in der Regel dazu, dass im Falle eines Vermieterwechsels durch Veräußerung die Ansprüche des Mieters gegen den bisherigen Vermieter innerhalb von 6 Monaten seit dem Eigentümer-/Vermieterwechsel verjährt sein werden,3 vgl. BGH – Urt. v. 12.6.1991 – NJW 1991, 3031 = ZMR 1991, 369, 372. 1 Bub/Treier/Scheuer Rn. V B 407. 2 S. dazu Eckert NZM 2008, 313. 3 Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653, 655; a.A. Eckert NZM 2008, 313, 315.

1120

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 342

Der Anspruch des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung richtet sich gegen denjenigen, dem der Vermögenszuwachs zugute kommt. Bei einem Vermieterwechsel ist nicht derjenige Bereicherungsschuldner, der im Zeitpunkt der Vornahme der Investitionen Vermieter war, sondern der neue Vermieter, der die Mietsache vorzeitig zurückerhält. Dies gilt bei einer Grundstücksveräußerung auch dann, wenn der ursprüngliche Vermieter mit Rücksicht auf die wertsteigernden Investitionen des Mieters einen höheren Verkaufspreis erzielt hat,

340

BGH – Urt. v. 5.10.2005 – GE 2006, 380 = NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185.

Der Anspruch unterliegt der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB; die allgemeinen Vorschriften nach §§ 195, 199 BGB gelten hier nicht.

8. Kündigungsbefugnisse a) Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs Die Befugnis zur Kündigung setzt voraus:

341

1) Vertragsverstoß des Vermieters 1) a) Nichtgewährung des Gebrauchs, entweder ganz oder teilweise oder nicht rechtzeitig 1) b) Entzug des Gebrauchs, entweder ganz oder teilweise (z.B. bei Mängeln) 2) angemessene Abhilfefrist – außer bei Interessenwegfall 3) fruchtloser Fristablauf. Die Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis fortzusetzen, ist dagegen keine weitere Kündigungsvoraussetzung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439.

Entgegen § 542 Abs. 2 BGB a.F. fehlt in § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Regelung, dass wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs die Kündigung nur zulässig sein soll, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird. Damit wollte der Gesetzgeber aber keine Veränderung der Rechtslage herbeiführen, da sich diese Folge ohnehin aus Treu und Glauben und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Rechtsausübung (§ 242 BGB) ergibt,1 OLG Hamburg – Beschl. v. 12.4.2005 – ZMR 2005, 855, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439.

Das Kündigungsrecht und die Gewährleistungsrechte im Übrigen schließen sich nicht aus, sondern bestehen nebeneinander. So kann der Mieter sowohl nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen als auch nach § 536 BGB mindern und/ oder nach § 536a BGB Schadensersatz verlangen, BGH – Urt. v. 18.1.1995 – DWW 1995, 279 f., OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 23.4.1999 – WuM 2000, 116 = ZMR 1999, 814. 1 S. zu § 543 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 19; Herrlein/Kandelhard Rn. 42; Lammel Rn. 75; MünchKomm/Schilling Rn. 23; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 40.

1121

342

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 342

Der Anspruch des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung richtet sich gegen denjenigen, dem der Vermögenszuwachs zugute kommt. Bei einem Vermieterwechsel ist nicht derjenige Bereicherungsschuldner, der im Zeitpunkt der Vornahme der Investitionen Vermieter war, sondern der neue Vermieter, der die Mietsache vorzeitig zurückerhält. Dies gilt bei einer Grundstücksveräußerung auch dann, wenn der ursprüngliche Vermieter mit Rücksicht auf die wertsteigernden Investitionen des Mieters einen höheren Verkaufspreis erzielt hat,

340

BGH – Urt. v. 5.10.2005 – GE 2006, 380 = NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185.

Der Anspruch unterliegt der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB; die allgemeinen Vorschriften nach §§ 195, 199 BGB gelten hier nicht.

8. Kündigungsbefugnisse a) Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs Die Befugnis zur Kündigung setzt voraus:

341

1) Vertragsverstoß des Vermieters 1) a) Nichtgewährung des Gebrauchs, entweder ganz oder teilweise oder nicht rechtzeitig 1) b) Entzug des Gebrauchs, entweder ganz oder teilweise (z.B. bei Mängeln) 2) angemessene Abhilfefrist – außer bei Interessenwegfall 3) fruchtloser Fristablauf. Die Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis fortzusetzen, ist dagegen keine weitere Kündigungsvoraussetzung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439.

Entgegen § 542 Abs. 2 BGB a.F. fehlt in § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Regelung, dass wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs die Kündigung nur zulässig sein soll, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird. Damit wollte der Gesetzgeber aber keine Veränderung der Rechtslage herbeiführen, da sich diese Folge ohnehin aus Treu und Glauben und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Rechtsausübung (§ 242 BGB) ergibt,1 OLG Hamburg – Beschl. v. 12.4.2005 – ZMR 2005, 855, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439.

Das Kündigungsrecht und die Gewährleistungsrechte im Übrigen schließen sich nicht aus, sondern bestehen nebeneinander. So kann der Mieter sowohl nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen als auch nach § 536 BGB mindern und/ oder nach § 536a BGB Schadensersatz verlangen, BGH – Urt. v. 18.1.1995 – DWW 1995, 279 f., OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 23.4.1999 – WuM 2000, 116 = ZMR 1999, 814. 1 S. zu § 543 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 19; Herrlein/Kandelhard Rn. 42; Lammel Rn. 75; MünchKomm/Schilling Rn. 23; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 40.

1121

342

Rn. VIII 343

Gewährleistung

Obwohl Gewährleistungsrechte grundsätzlich erst zum Zuge kommen, wenn dem Mieter die Mietsache übergeben worden ist, kann nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB schon vor Überlassung gekündigt werden,1 z. B. bei nicht rechtzeitiger Übergabe (BGH – Urt. v. 18.9.1974 – NJW 1974, 2233 = WuM 1975, 48) oder wenn der Vermieter dem Mieter das Mietobjekt in nicht vertragsgemäßem Zustand anbietet und dieser es zurückweist, BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 401 = ZMR 2007, 444 = MietRB 2007, 169 (Kurek), OLG Köln – Urt. v. 18.12.1997 – ZMR 1997, 230.

343

Unter Umständen können sich die Kündigungsbefugnisse von Vermieter und Mieter gegenseitig blockieren. Ist etwa der Vermieter auf Grund des Mietvertrages verpflichtet, das Mietobjekt vor Bezug durch den Mieter auszubauen, und der Mieter verpflichtet, eine Mietsicherheit zu leisten, kann der Vermieter vor Ausführung der Ausbauarbeiten keinen Mietzins verlangen, so dass seine Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) unwirksam ist. Die Nichtzahlung der Kaution durch den Mieter gibt ihm lediglich ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich seiner Ausbaupflichten. Der Mieter hingegen kann nach Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechts die Fertigstellung der Ausbauarbeiten nur Zug um Zug gegen Leistung der Kaution verlangen. Dies muss er spätestens bei der nach § 543 Abs. 3 BGB (§ 542 BGB a.F.) BGB vorgesehenen Fristsetzung berücksichtigen, sonst ist seine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= 542 BGB a.F.) unwirksam, BGH – Beschl. v. 8.7.1998 – NZM 1998, 766.

aa) Gebrauchsbeeinträchtigung 344

Die Kündigungsbefugnis des Mieters nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB reicht weiter als die Gewährleistungsrechte gemäß §§ 536, 536a BGB; sie bezieht sich auch auf den Fall der Unmöglichkeit der Vermieterleistung, den Verzug des Vermieters sowie seine Erfüllungsverweigerung.2 Der Mieter kann fristlos kündigen, wenn sich die Übergabe verzögert, selbst wenn der Vermieter die Gründe hierfür nicht zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 18.9.1974 – NJW 1974, 2233.

Bei Vermietung „vom Reißbrett“ ist der Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn der Vermieter dem Mieter ein Mietobjekt andient, das von den zur Vertragsgrundlage gewordenen Plänen und sonstigen Bauunterlagen abweicht,3 OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.12.2000 – ZMR 2001, 346. 1 S. zu § 543 BGB: Staudinger/Emmerich Rn. 16; Herrlein/Kandelhard Rn. 34, die daneben auch ein Rücktrittsrecht gemäß § 326 BGB zulassen. 2 Emmerich/Sonnenschein BGB § 543 Rn. 15; MünchKomm/Schilling Rn. 7 vor § 536 BGB. 3 Zum Fall: Nach den Bauunterlagen sollte der Hallenboden des gemieteten Objekts aus Beton gefertigt werden; stattdessen stellte der Vermieter den Hallenboden aus Verbundpflaster her.

1122

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 348

Es genügt eine Gebrauchsbeeinträchtigung jeder Art, so etwa auch, dass der Vermieter die Gebrauchsüberlassung verweigert,

345

BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 401 = ZMR 2007, 444 = MietRB 2007, 169 (Kurek),

oder den Gebrauch entzieht. Das Gleiche gilt, wenn er es dem Mieter untersagt, ein vertragliches Gebrauchsrecht auszuüben, etwa von einer gesetzlichen (s. § 553 BGB) oder vertraglichen Untervermietungsbefugnis Gebrauch zu machen; der Mieter ist in diesen Fällen nicht auf sein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.4.1994 – WuM 1995, 585.

Eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kommt insbesondere in Betracht, wenn ein Mangel vorliegt, den der Mieter nicht hinzunehmen braucht (s. dazu Rn. VIII 347). Wesentliche Bedeutung hat (auch) in diesem Zusammenhang das Übergabeprotokoll: Nimmt der Mieter vorbehaltlos das Mietobjekt entgegen, so kann er wegen Mängeln, die in dem Übernahmeprotokoll keine Erwähnung gefunden haben, die er aber kannte, kein Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 beanspruchen,

346

OLG Hamburg – Hinweisbeschl. v. 12.4.2005 – ZMR 2005, 855.1

Handelt es sich um Erhaltungsmaßnahmen, die der Mieter nach § 554 Abs. 1 BGB zu dulden hat, so kann er nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur kündigen, wenn dem Vermieter eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, etwa wenn er seiner regelmäßigen Instandsetzungspflicht nicht nachgekommen ist und der Instandhaltungsaufwand sich hierdurch erheblich vergrößert hat oder er nachhaltige Verzögerungen bei der Durchführung von Sanierungsarbeiten selbst verursacht bzw. zu vertreten hat,2

347

KG – Urt. v. 26.8.2002 – GE 2002, 1561: Die Duldungspflicht im Übrigen steht einer Mietminderung nicht entgegen.

Entsprechendes gilt bei Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters nach § 554 Abs. 2 BGB, anders AG Ahrensburg ZMR 2005, 197 für den Fall, dass auf Grund lärmintensiver Modernisierungsmaßnahmen gemietete Praxisräume vom Mieter nicht mehr benutzt werden können. Kritik: Hier wird jedoch zu fragen sein, ob die Zumutbarkeitsgrenze noch gewahrt ist und eine Duldungspflicht des Mieters besteht. Nur wenn diese Frage zu verneinen ist, könnte die Kündigung des Mieters zulässig sein.

Hat der Mieter von seinem Sonderkündigungsrecht gemäß § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht oder verspätet Gebrauch gemacht oder ist dieses Recht – wie bei 1 Zum Fall: Der Akzent des Kündigungsausschlusses lag hier auf der Kenntnis des Mieters nach § 536b BGB. Dagegen hätte die bloße Unterzeichnung des Übergabeprotokolls nur die Bedeutung einer Quittung, so dass der Gegenbeweis der Unrichtigkeit zulässig bliebe, s. Rn. VII 7. 2 Anders zu § 543 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 58; Lammel Rn. 64, 72.

1123

348

Rn. VIII 349

Gewährleistung

der Gewerberaummiete zulässig – vertraglich ausgeschlossen, so kann er wegen solcher Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs, die sich aus seiner Duldungspflicht ergeben, nicht nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristlos kündigen. Seine Befugnis zur Mietminderung bleibt jedoch auch in diesem Fall erhalten, KG – Urt. v. 26.8.2002 – GE 2002, 1561.

349

Unerheblich ist, ob der Vermieter den Mangel verschuldet hat. So kann der Mieter auch dann kündigen, wenn die Straße, an der der gemietete Laden liegt, zur Durchführung von mehrere Jahre dauernden U-Bahn-Bauarbeiten aufgebrochen und dadurch der Zugang zum Laden erheblich erschwert wird, OLG Köln – Urt. v. 9.5.1972 – NJW 1972, 1814,

oder wenn die Wohnung etwa durch ungewöhnlichen Starkregen oder Überschwemmungen unbewohnbar geworden ist, AG Döbeln NZM 2004, 499 für die „Jahrhundertflut“ im Jahr 2002.

350

Die bloße Ungewissheit darüber, ob ein Mangel eintreten werde, reicht für eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht aus, BGH – Urt. v. 17.12.1986 – NJW-RR 1987, 526 = WuM 1987, 116 = ZMR 1987, 143; OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.7.1991 – DWW 1992, 15 für den Fall, dass der Vermieter das Sicherungseigentum an mitvermieteten Gegenständen verschwiegen hat, solange der Sicherungseigentümer seine Rechte nicht ausübt.

Jedoch liegt eine erhebliche Störung schon darin, dass die Mieträume behördlichen Anforderungen nicht genügen und der Mieter daher konkret mit einem Verbot der vertragsgemäßen Nutzung jederzeit rechnen muss (Rn. VIII 46), BGH – Urt. v. 22.10.1975 – NJW 1976, 796,1 OLG Rostock – Urt. v. 29.4.2002 – NZM 2002, 701, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.5.2005 – DWW 2005, 236 = ZMR 2005, 707.

351

Auch kann eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB in Betracht kommen, wenn es dem Mieter nicht zuzumuten ist, die Ungewissheit über den Bestand des Mietverhältnisses hinzunehmen (BGH a.a.O.).2 Von der Ungewissheit, ob ein Mangel vorliegt, ist die Gefahrenlage abzugrenzen, die ihrerseits schon zu einer Beeinträchtigung des Mietgebrauchs führt, z.B. ausgelöst durch Umweltgifte (s. OLG Hamm – RE v. 25.3.1987 – WuM 1987, 248 = ZMR 1987, 267) oder durch eine aktuelle Einsturzgefahr des Mietgebäudes.

351a

Ist das Hauptmietverhältnis fristlos gekündigt worden, so steht dem Untermieter ein Recht zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu, weil der Untervermieter ihm den tatsächlichen Besitz nicht mehr verschaffen 1 Zum Fall: Ein von einem Arbeitgeber zur Unterbringung von Gastarbeitern gemietetes Wohnheim ist mangelhaft, wenn die Unterbringung der Gastarbeiter in ihm nicht mehr den entsprechend der gewandelten Verkehrsanschauung in behördlichen Richtlinien festgelegten Mindestanforderungen genügt. 2 So auch Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 145; zu § 543 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 44; Herrlein/Kandelhard Rn. 37.

1124

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 354

kann; die Fortsetzung des Untermietverhältnisses ist ihm nicht zuzumuten, da er jederzeit mit der Durchsetzung des Herausgabeanspruchs rechnen muss, OLG München – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2006, 378 (LS) = MietRB 2006, 7 (Loscha).

Ist das Untermietverhältnis gekündigt und verlangt der Untervermieter die Räumung und Herausgabe, hat aber der Untermieter mit dem Hauptvermieter einen Hauptmietvertrag abgeschlossen und behauptet er, das bisherige Hauptmietverhältnis sei aufgelöst, so muss er beweisen, dass die Besitzberechtigung seines Untervermieters durch eine Kündigung des Hauptvermieters beendet ist, OLG Stuttgart – Urt. v. 15.9.2005 – ZMR 2005, 953.

Allein der Umstand, dass der Mieter das Mietobjekt nicht (mehr) nutzt, schließt eine Kündigung ebenso wenig wie eine Minderung der Miete aus, wenn ein Mangel oder eine Gebrauchsstörung vorliegt,1

352

LG Hamburg ZMR 1998, 560.

Anders soll es sich jedoch verhalten, wenn der Mieter aus Gründen, die in seiner Person liegen, an der Ausübung des Gebrauchs gehindert ist. In diesem Fall liegt nämlich nicht eine solche Erschütterung des Vertrauensverhältnisses vor, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Zwar setzt sich der Vermieter außerstande, dem Mieter seine Leistung anzubieten, der sie aber gar nicht beansprucht, BGH – Urt. v. 28.11.1962 – BGHZ 38, 295 = MDR 1963, 211 = NJW 1963, 341.

Auf einen Nutzungswillen des Mieters kommt es nicht an. Fehlt er, so kann jedoch die Ausübung des Kündigungsrechts missbräuchlich sein, wenn es dem Mieter ersichtlich allein darum geht, sich aus einem langfristigen Mietverhältnis vorzeitig zu lösen (s. auch Rn. VIII 361, 364). Die Kündigungsbefugnis entfällt regelmäßig nicht dadurch, dass der Vermieter anstelle der mangelhaften eine mangelfreie Sache anbietet und der Mieter diese ablehnt; etwas anderes kann aber gelten, wenn eine Ersatzmöglichkeit vereinbart ist oder die Zurückweisung der anderen mangelfreien Sache gegen Treu und Glauben verstößt,2

353

BGH – Urt. v. 2.12.1981 – NJW 1982, 873 für Leasing eines Computers.

Letzteres kommt insbesondere bei Vermietung von (Messe- oder Pkw-)Stellplätzen in Betracht. Ist streitig, ob der Vermieter die Mietsache rechtzeitig überlassen oder Mängel, deren Vorliegen der Mieter zu beweisen hat, innerhalb der ihm gesetzten Frist beseitigt hat, so trifft ihn die Beweislast (§ 543 Abs. 4 Satz 2 BGB).3 Das entspricht der allgemeinen Beweislastregel, nach der ein Schuldner die Erfül1 S. zu § 543 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 45; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 11; anders Lammel Rn. 74. 2 S. zu § 543 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 18; Staudinger/Emmerich Rn. 26. 3 S. zu § 543 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 140;, Emmerich/Sonnenschein Rn. 66; Herrlein/Kandelhard Rn. 44; MünchKomm/Schilling Rn. 32.

1125

354

Rn. VIII 355

Gewährleistung

lung beweisen muss. Auch trifft ihn die Beweislast dafür, dass es sich um einen unerheblichen Mangel handelt, der eine Kündigung nicht rechtfertigt, OLG Rostock – Urt. v. 29.4.2002 – NZM 2002, 701, BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120 (für Leckageschäden): Ist die Schadensursache zwischen den Vertragsparteien streitig, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass sie dem Obhutsbereich des Mieters entstammt. Sind sämtliche Ursachen, die in den Obhuts- und Verantwortungsbereich des Vermieters fallen, ausgeräumt, trägt der Mieter die Beweislast dafür, dass er den Schadenseintritt nicht zu vertreten hat.

bb) Abmahnung und Fristsetzung 355

Die Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt – wie sich aus § 543 Abs. 3 BGB ergibt – grundsätzlich eine Abmahnung mit Fristsetzung voraus. Sie muss erkennen lassen, dass der Mieter die Beseitigung des Mangels erwartet; eine bloße Mängelanzeige genügt nicht, KG – Urt. v. 9.2.2004 – GE 2004, 478, LG Berlin GE 1999, 45.

Die Mängel bzw. die Gebrauchsbeeinträchtigungen müssen in der Abmahnung bestimmt sein und genau bezeichnet werden, damit der Vermieter Gelegenheit erhält, Abhilfe zu leisten, OLG Naumburg – Urt. v. 30.6.1999 – WuM 2000, 246 = ZMR 2000, 381, LG Berlin ZMR 1999, 27 für Schimmelbefall in der Wohnung.

Auf Mängel, die in der Abmahnung nicht enthalten sind, kann eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht gestützt werden,1 OLG Naumburg – Urt. v. 30.6.1999 – WuM 2000, 216 = ZMR 2000, 381.

356

Die vom Mieter zu setzende Frist muss so ausreichend sein, dass der Vermieter Abhilfe schaffen kann.2 Bei Mängeln, deren Beseitigung einen bestimmten Zeitraum in Anspruch nimmt, genügt es nicht, dass der Mieter „unverzügliche Abhilfe“ verlangt,3 KG – Urt. v. 9.2.2004 – GE 2004, 478.

Für die Angemessenheit der Abhilfefrist sind maßgeblich der Schadensumfang, der Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung, die Gefahr weiter gehenden Schadenseintritts und die Umstände, die die Dauer der Schadensbeseitigung beeinflussen,4 OLG Düsseldorf – Urt. v. 28.7.1998 – ZMR 1999, 26: Im Falle einer aufgetretenen Dachundichtigkeit muss ein Vermieter unverzüglich Abhilfe schaffen, er darf nicht den Eintritt einer Trockenperiode abwarten.5 1 S. zu § 543 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 123; Erman/Jendrek BGB Rn. 32. 2 S. Blank/Börstinghaus BGB § 543 Rn. 123. 3 Zum Fall: Die zum Betrieb einer Gaststätte vermieteten Räume wiesen nicht die erforderliche Luft- und Trittschalldämmung auf. 4 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 543 Rn. 30. 5 Zum Fall: Da weitere Wassereinbrüche nicht nur drohten, sondern schon eingetreten waren, und die in der gemieteten Halle gelagerte Ware Schaden zu nehmen drohte, erschien eine Frist von 2 Wochen zur Durchführung von Abdichtungsmaßnahmen schon sehr großzügig bemessen.

1126

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 357

Für die Bemessung der Frist kann ferner bedeutsam sein, dass dem Vermieter der Mangel und das Erfordernis, Abhilfe zu schaffen, schon zuvor bekannt waren, LG Frankfurt a.M. WuM 1987, 55.

Eine zu kurz bemessene Frist setzt eine angemessene in Lauf, was nur möglich ist, solange die Kündigung noch nicht ausgesprochen ist. Ist die Mängelbeseitigung fehlgeschlagen, so soll der Mieter nicht verpflichtet sein, dies dem Vermieter anzuzeigen oder ihm gar eine neue Frist zu setzen; denn das Risiko unzureichender und aus diesem Grund erfolgloser Abhilfebemühungen bürdet § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB grundsätzlich demjenigen auf, der seiner Pflicht aus dem Mietverhältnis nicht nachgekommen ist, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 4.4.2006 – MDR 2006, 1276; anders LG Hamburg ZMR 2006, 695: bei Heizungsausfall jedenfalls außerhalb der üblichen Heizperiode.

Etwas anderes kann sich aus Treu und Glauben ergeben; dafür ist jedoch kein Raum, wenn die Maßnahmen von vorneherein unzureichend waren,1 OLG Düsseldorf – Beschl. v. 4.4.2006 – MDR 2006, 1276.

Die Abmahnung braucht keine Androhung der Kündigung zu enthalten, BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 561 = WuM 2007, 570 = ZMR 2007, 686.

Grundsätzlich genügt es nicht, dass der Vermieter binnen der gesetzten Frist das Erforderliche getan hat, um Abhilfe zu schaffen, ohne dass der Erfolg eingetreten ist. Allerdings können sich Ausnahmen ergeben, wenn der Vermieter gezwungen ist, zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Störer des Mietgebrauchs Klage zu erheben, AG Lübeck DWW 1988, 180 für Lärmstörungen durch Mitbewohner: Der Vermieter hatte binnen der ihm gesetzten Frist von 6 Wochen abgemahnt und danach den Störern fristlos gekündigt, aber noch nicht Räumungsklage erhoben.

In diesem Zusammenhang sind die Intensität der Gebrauchsbeeinträchtigung und die Zumutbarkeit für den Mieter, noch länger am Mietverhältnis festgehalten zu werden, mit zu berücksichtigen. Das folgt aus der systematischen Stellung der Regelung in § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB als Anwendungsfall der Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB. Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn der Vermieter die Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigert hat (s. §§ 543 Abs. 3 Nr. 1, 281 Abs. 2 BGB, s. Rn. XII 7). Sie ist ebenfalls entbehrlich, wenn die lärmintensiven Bauarbeiten ohnehin nicht hätten abgebrochen werden können, AG Ahrensburg ZMR 2005, 197.

1 Zum Fall: Dachundichtigkeiten und Feuchtigkeit; der Vermieter ließ nur das Dach neu eindecken anstatt die Unterkonstruktion des Dachs zu sanieren und die Mauerfugen in der Außenwand abzudichten.

1127

357

Rn. VIII 358

Gewährleistung

cc) Kündigung 358

Zu beachten sind die allgemeinen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung, insbesondere bei Mietverhältnissen für Wohnraum die Wahrung der gesetzlichen Schriftform (§ 569 Abs. 1 BGB, Rn. X 36 f.) und die auch für den Mieter geltende Pflicht, die Kündigung zu begründen (§ 569 Abs. 4 BGB, Rn. X 54 f.). Eine vor Ablauf der Abmahnfrist erklärte Kündigung ist unwirksam. Ausnahmsweise kann es sich anders verhalten, wenn kurz vor Fristablauf zu erkennen ist, dass der Vermieter den Mangel nicht innerhalb der Frist beseitigen wird, OLG Celle – Urt. v. 31.10.2001 – ZMR 2002, 187.

359

Der Mieter kann die fristlose Kündigung auch mit einer Frist („Auslaufzeit“) aussprechen, wenn er Zeit benötigt, um sich ein Ersatzobjekt zu suchen und den Umzug zu organisieren (RG HRR 1934 Nr. 317). Er kann eine solche Kündigung jedoch nicht ohne Angabe eines Endtermins aussprechen; sie wäre aus Gründen der Klarheit und Sicherheit im Rechtsverkehr unwirksam,1 BGH – Urt. v. 22.10.2003 – NZM 2004, 66 = WuM 2004, 271 = ZMR 2004, 172.

Eine derart unbestimmte Kündigung liegt aber nicht vor, wenn der Mieter mit der fristlosen Kündigung keinen konkreten Auszugstermin nennt, sondern mitteilt, dass er neue Räumlichkeiten suche und in Kürze den Auszugstermin mitteilen werde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.9.2007 – MietRB 2008, 72, 73 (Eupen).

Ferner kann er die Fristsetzung und die Kündigung in einer Erklärung miteinander verbinden (Kündigung für den Fall, dass keine Abhilfe innerhalb der gesetzten Frist geschaffen wird); denn eine bedingte Kündigung ist dann zulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Eintritt der Bedingung allein in der Hand hat, OLG Hamburg – Urt. v. 21.7.2000 – NZM 2001, 131 = ZMR 2001, 25.

360

Die Kündigung kann auch schon vor Überlassung des Mietobjekts ausgesprochen werden, sofern feststeht, dass der Mangel bis zum vertraglichen Übergabezeitpunkt nicht behoben sein wird, insbesondere der Vermieter die Gebrauchsüberlassung verweigert (s. Rn. VIII 342, 345). Das kann etwa der Fall sein, wenn die Vertragsparteien darüber streiten, ob die Mieträume den vertraglichen Anforderungen entsprechen. Hier trägt der Vermieter die Beweislast für die vertragsgemäße Herrichtung, weil er die Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB zu beweisen hat, OLG Köln – Urt. v. 18.12.1996 – ZMR 1997, 320. 1 Zum Fall: Die Kündigung lautete: „Nach § 542 Abs. 1 BGB (a.F.) kündigen wir hiermit den Mietvertrag außerordentlich. Die Kündigung wird nicht mit sofortiger Wirkung ausgesprochen, sondern zu dem Zeitpunkt, zu dem wir andere Geschäftsräume beziehen können.“

1128

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 364

Schließlich kann der Mieter auch dann noch von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen, wenn er die Nutzung der Mieträume freiwillig unterlässt (s. Rn. VIII 352),

361

LG Hamburg ZMR 1998, 560.

In diesem Fall kann die Kündigung rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn der Mieter den Vermieter zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes auffordert, obwohl er nicht bereit ist, trotz vereinbarter Betriebspflicht das in den Mieträumen betriebene Geschäft fortzuführen, OLG Celle – Urt. v. 31.10.2001 – ZMR 2002, 187, 188.

Die Kündigung muss nach Kenntnis des Kündigungsgrundes in angemessener Zeit ausgesprochen werden (s. § 314 Abs. 3 BGB),1

362

OLG Zweibrücken – Urt. v. 23.9.1998 – MDR 1999, 86: Ist die Abhilfefrist verstrichen, so muss der Mieter alsbald von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen; anderenfalls verliert er es; OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439; s. auch OLG Celle – Urt. v. 26.10.1994 – ZMR 1995, 298: keine Kündigungsbefugnis mehr, wenn die Kündigungsvoraussetzungen seit 3 Jahren bestehen, wobei zwischenzeitliche Mängelrügen in diesem Zusammenhang unerheblich sind.

Im Allgemeinen wird dem Mieter nur eine relativ kurze Dispositionsfrist von einem bis zwei Monaten eingeräumt,

363

OLG Saarbrücken – Urt. v. 23.9.1998 – MDR 1999, 86: Eine Überlegungsfrist von einem Monat ist angemessen; OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.6.1988 – NJW-RR 1988, 1424: Eine Verwirkung tritt noch nicht nach 3 Wochen ein; OLG Zweibrücken – Urt. v. 23.9.1998 – MDR 1999, 86: Das Kündigungsrecht ist verwirkt, wenn der Mieter nach Verstreichen der Abhilfefrist noch 3 Monate mit der Kündigungserklärung wartet. Ein Überlegungszeitraum von etwa einem Monat ist angemessen; LG Berlin GE 1997, 553: Nach 41/2 Monaten ist das Kündigungsrecht verwirkt; LG Berlin NZM 2002, 214: Erfolgt der Ausspruch der fristlosen Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs erst 2 Monate nach Ablauf der gesetzten Frist zur Behebung der Durchfeuchtungsmängel, so ist das Kündigungsrecht verwirkt; LG Saarbrücken MDR 1999, 86: Das Kündigungsrecht ist verwirkt, wenn der Mieter nach fruchtlosem Ablauf der Abhilfefrist länger als 3 Monate mit der Kündigung wartet.

Entscheidend ist, ob die Kündigung bei Würdigung aller Umstände gegen Treu und Glauben verstößt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Mieter am Vertrag deshalb zunächst festhält, um hohe Investitionen nicht einzubüßen und den Versuch zu unternehmen, die Zustände zu verbessern (s. BGH WPM 1967, 515), OLG Karlsruhe – Urt. v. 28.1.1999 – DWW 2002, 34 = ZMR 2001, 799.

Auch ist das Kündigungsrecht nicht schon deshalb verwirkt, weil der Mieter zunächst nur mindert und die Vertragsparteien über eine Abhilfe der Mängel verhandeln (OLG Karlsruhe a.a.O.).2 1 S. zu § 543 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 35; Staudinger/Emmerich Rn. 89. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte von Dezember 1991 bis November 1994 gemindert und sich vorbehalten, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen. Nach weiteren Verhandlun-

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364

Rn. VIII 365 365

Gewährleistung

Handelt es sich nur um einen saisonal auftretenden Mangel wie bei einem Heizungsausfall im Winter, so ist der Mieter selbst dann noch für berechtigt gehalten worden zu kündigen, wenn in den 3 vorausgegangenen Jahren die Heizung ebenfalls ausgefallen, vom Vermieter aber repariert worden war und der Mieter die Miete vorbehaltlos gezahlt hatte, OLG Dresden – Urt. v. 18.6.2002 – NZM 2002, 662 = WuM 2002, 541 = ZMR 2003, 346.

366

Streitig ist, ob der Mieter noch kündigen kann, wenn der Vermieter zwar nach Ablauf der ihm gesetzten Frist, aber vor Ausspruch der Kündigung Abhilfe geschaffen hat. Die Frage ist bejaht worden von OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.5.1988 – MDR 1988, 866.

Hier wird auf die Umstände abgestellt werden müssen und unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu fragen sein, – wie schwer der Mangel wog, – wie groß die Fristüberschreitung für die Beseitigung war, – welcher Zeitraum zwischen dem Fristablauf für die Mängelbeseitigung und dem Ausspruch der Kündigung lag, – ob und wann der Mieter nach Fristablauf bereits Dispositionen für eine Vertragsänderung getroffen hat. 367

Hat der Vermieter ihm vom Mieter gesetzte Fristen zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands wiederholt ungenutzt verstreichen lassen, so steht der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung nicht entgegen, dass der Vermieter am Tag des Ablaufs einer ihm neuerlich gesetzten Frist mit den Instandsetzungsarbeiten beginnt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.2.1995 – WM 1995, 393 = ZMR 1995, 351.

Erst recht ändert sich an der Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung nichts, wenn der Vermieter auch nur einen Tag nach Zugang der Kündigung den Mangel behebt, OLG Hamburg – Urt. v. 21.7.2000 – NZM 2001, 131 = ZMR 2001, 25.

Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter den Mangel nach Ausspruch der Kündigung, aber vor Auszug des Mieters behebt, KG – Urt. v. 7.12.1998 – NZM 1999, 708 = GE 1999, 187 für Zweckentfremdung.

368

Hat der Mieter durch sein eigenes Verhalten maßgeblich die Fertigstellung des Mietobjekts verzögert, so steht ihm die Kündigungsbefugnis wegen nicht rechtzeitiger Gewährung des Mietgebrauchs nicht zu, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.7.1993 – ZMR 1993, 522.

Ebenso verhält es sich, wenn der Mangel auf ein Verschulden oder (überwiegendes) Mitverschulden des Mieters zurückzuführen ist, gen über die Behebung der Mängel durch Umgestaltung des Mietobjekts und über die Höhe der Minderung kündigte der Mieter schließlich im Januar 1996.

1130

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 370

BGH – Urt. v. 26.11.1997 – MDR 1998, 207 = NZM 1998, 117 = WuM 1998, 96: die Kündigung des Mieters gem. § 542 BGB a.F. ist ausgeschlossen, wenn er die Störung des vertragsgemäßen Gebrauchs, hier infolge eines Brandes, selbst zu vertreten hat; BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120 bei einem vom Mieter zu verantwortenden Wasserschaden; OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.2.1994 – ZMR 1994, 402.

Anspruchsgrundlage für den Kündigungsfolgeschaden ist § 536a Abs. 1 BGB (s. Rn. VIII 287 f., 302). Der Schadensersatzanspruch des Mieters setzt außer bei anfänglichen Mängeln ein Verschulden des Vermieters auch dann voraus, wenn – wie hier – der gesetzliche Kündigungstatbestand ein derartiges Verschulden nicht erfordert,1

369

OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.12.2003 – NZM 2004, 502 = WuM 2004, 86.

Zu ersetzen sind u.a. die Kosten für den Umzug und die Herrichtung der Ersatzräume, BGH – Urt. v. 6.2.1974 – WuM 1974, 213 = ZMR 1974, 375.

b) Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung Der BGH hat den Zweck und die Reichweite dieses Kündigungstatbestandes2 wie folgt umrissen, BGH – Urt. v. 17.12.2003 – BGHZ 157, 233 = MDR 2004, 500 = NJW 2004, 848 = NZM 2004, 222 = WuM 2004, 206 = ZMR 2004, 338: Die Vorschrift bezweckt, im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung wirtschaftlichen Druck auf den Vermieter auszuüben, Wohnungen gesundheitsgerecht zu gestalten. Die Vorschrift nennt als Voraussetzung des außerordentlichen Kündigungsrechts allein den Umstand, dass die Wohnung oder ein anderen zum Aufenthalt von Menschen bestimmter Raum so beschaffen ist, dass die Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Für welchen Personenkreis diese Gefährdung bestehen muss, sagt das Gesetz nicht, und es differenziert insbesondere nicht zwischen gewerblichen und nichtgewerblichen Mietverhältnissen. S. auch BGH – Urt. v. 12.2.1959 – BGHZ 29, 289, 294 = NJW 1959, 1425.

Gerade vom gegenwärtigen Zustand der Mieträume muss eine Gesundheitsgefahr ausgehen, die konkret droht und erheblich ist, KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259, LG Berlin ZMR 2002, 752.

Folgende Tatbestandsvoraussetzungen müssen gegeben sein, – das Mietverhältnis bezieht sich auf eine Wohnung oder auf andere, zum (überwiegenden) Aufenthalt von Menschen bestimmte Räume (Büro, Laden, Werkstatt),

1 Zum Fall: Der Mieter hatte fristlos gekündigt, weil im Haus ein Stundenhotel betrieben wurde. Als der Vermieter hiervon erfuhr, kündigte er das Mietverhältnis mit dem Betreiber fristlos und erhob umgehend Räumungsklage, über die noch nicht entschieden war. Die fristlose Kündigung des Mieters war zwar rechtens; seine Klage auf Schadensersatz wurde jedoch mangels Verschuldens des Vermieters abgewiesen. 2 Vgl. dazu Schumacher WuM 2004, 311; praxisorientiert: Horst MietRB 2007, 322; ferner Harsch WM 1989, 162; Franke ZMR 1999, 83, 87.

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370

Rn. VIII 371

Gewährleistung

– es liegt ein Mangel vor, der mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung des vertragsgemäßen Nutzers verbunden ist, – der Mieter hat eine angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt (§ 543 Abs. 3 BGB). 371

Das Erfordernis, eine Frist zu setzen, ist durch die Mietrechtsreform eingefügt worden (s. dazu Rn. VIII 382). Auch muss der Mieter die Kündigung nunmehr begründen, damit sie formal wirksam wird (§ 569 Abs. 4 BGB, s. dazu Rn. VIII 382, X 54 f.), BGH – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601 zum Abmahnerfordernis, BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 584 zum Begründungserfordernis.

Einer Fristsetzung oder Abmahnung bedarf es in den Fällen des § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 BGB nicht (s. dazu Rn. XII 7). Sie ist aber nicht schon deshalb entbehrlich, weil der gesundheitsgefährdende Zustand nicht leicht hätte behoben werden können oder eine Wiederholung dieses Zustandes durch zumutbares Wohnverhalten (Lüften) vermieden werden könnte, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – DWW 2007, 239 = MDR 2007, 1064 = NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601 Tz. 15, 16.

372

Das Kündigungsrecht lässt die übrigen Gewährleistungsrechte des Mieters unberührt, jedoch werden diese allein durch die gesundheitsgefährdende Beschaffenheit nicht stets ausgelöst,1 KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259.

Es ist unverzichtbar und kann insbesondere nicht zum Nachteil des Mieters abweichend vom Gesetz vereinbart werden (§ 569 Abs. 5 Satz 1 BGB). Jedoch soll es nicht gegeben sein, wenn der Mieter den gesundheitsgefährdenden Zustand selbst herbeigeführt hat (s. Rn. VIII 383). aa) Gesundheitsgefährdung 373

Die Kündigungsbefugnis nach § 569 Abs. 1 BGB ist als Anwendungsfall des § 543 Abs. 1 BGB formuliert. Das wirkt sich auf das Ausmaß der Gesundheitsgefährdung aus. Diese muss erheblich sein, d.h. es muss die Gefahr einer deutlichen und nachhaltigen Gesundheitsbeschädigung bestehen. Für sie kommt es auf einen objektiv-typisierenden Maßstab, dagegen nicht auf die subjektive Befindlichkeit des Mieters an; nicht erforderlich ist, dass die Erkrankung oder Gesundheitsschädigung schon eingetreten sein muss,2 KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259, KG – Urt. v. 26.2.2004 – ZMR 2004, 513, s. auch LG Mainz DWW 1999, 295.

1 Zum Fall: Funktionslose Brandschutzeinrichtungen in einem Gewerbeobjekt rechtfertigen zwar die Kündigung nach § 569 Abs. 1 BGB, lösen aber keine Minderungsbefugnis aus, wenn der tatsächliche Geschäftsbetrieb des Mieters nicht beeinträchtigt wird. 2 Zu einzelnen Fällen aus der Rspr. s. Franke ZMR 1999, 83, 88 f.

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Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 376

Besondere Anfälligkeiten einzelner Personen haben unberücksichtigt zu bleiben,

374

LG Berlin ZMR 1999, 27: Können Schimmelpilzsporen nur bei einer besonderen subjektiven Empfindlichkeit des Bewohners Allergien bewirken, so ist die Kündigungsbefugnis wegen Gesundheitsgefährdung nicht gegeben;1 s. auch OLG Koblenz – Urt. v. 19.5.1989 – ZMR 1989, 376, 377: Ebenso wie bei der Beurteilung einer von der Wohnung ausgehenden Gesundheitsgefährdung objektive Maßstäbe anzulegen sind und subjektive Empfindlichkeiten des Mieters außer Betracht zu bleiben haben, müssen auch solche Beeinträchtigungen unberücksichtigt bleiben, die auf die Wohnung nur deshalb einwirken, weil sie von einem bestimmten Bewohner oder Benutzer innegehalten wird;2 LG Mainz DWW 1999, 295, LG Berlin ZMR 2002, 752, AG Köngstein/Ts. NZM 2000, 822.

Andererseits reicht es aus, dass die Gesundheitsgefährdung nur für besondere Personenkreise – z.B. Kleinkinder – besteht, LG Lübeck NZM 2002, 431, LG Mannheim ZMR 1977, 154: Eine feuchte Wohnung mit ungenügenden Beheizungs- und Wasserzapfmöglichkeiten ist für ein Kleinkind gesundheitsgefährdend und berechtigt die Mieter (Eltern) auch dann zur Kündigung, wenn sie den Zustand der Wohnung vor der Geburt ihres Kindes als vertragsgemäß hingenommen haben.

Maßgebend ist der jeweils aktuelle Erkenntnisstand, also nicht derjenige bei Vertragsabschluss, KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259.

Auch kann die Gesundheitsgefährdung durch eine spätere Entwicklung oder Änderung in den Verhältnissen des Mieters bedingt sein, LG Mannheim ZMR 1977, 154 (Geburt eines Kindes).

Es genügt, dass die Gesundheitsgefährdung saisonal bedingt ist, z.B. Hitzeentwicklung durch Sonneneinstrahlung über 35° C über mehrere Sommermonate infolge der Bauart des Gebäudes,

375

OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6.1998 – MDR 1998, 1217.

Gesundheitsgefährdende Umstände liegen im Zweifel bei Verstößen gegen solche baupolizeilichen Vorschriften vor, die über die Sicherheit des Gebäudes hinaus dem gesundheitlichen Schutz von Menschen dienen sollen, KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259 für Brandschutzeinrichtungen.

Ob eine bloße Anscheinsgefahr zur Kündigung ausreicht, ist umstritten.3 Dafür haben sich ausgesprochen, wenn ein begründeter Verdacht vorgelegen hat, der sich später als unbegründet erweist, 1 Dagegen für Einbeziehung von Allergikern und Menschen mit geschwächtem Immunsystem in den Schutzbereich der Norm: Selk/Hankammer NZM 2008, 65, 68. 2 Zum Fall: Gefährdungen von Mitarbeitern eines Ladenlokals zum Betrieb eines Lebensmittel-Supermarkts durch rechtswidrige Übergriffe und Ausschreitungen wie Bedrohungen, tätliche Angriffe sowie Beleidigungen, ferner Beschädigungen der Geschäftseinrichtung durch Kunden und Bewohner aus der Nachbarschaft. 3 Dafür: Schmidt-Futterer/Blank BGB § 569 Rn. 11; Schumacher WuM 2004, 311, 315; Selk/Hankammer NZM 2008, 65, 66 für ex-ante-Betrachtung; unklar AnwKomm/ Hinz BGB § 569 Rn. 12.

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376

Rn. VIII 377

Gewährleistung

LG Lübeck ZMR 2002, 431: wenn sich später herausstellt, dass negative gesundheitliche Auswirkungen einer Schimmelpilzbildung nicht festgestellt werden können; AG Saarlouis WM 1990, 389: wenn der Mieter wegen fehlender Standsicherheit des Gebäudes vernünftigerweise vom Bestehen einer erheblichen Gefahr ausgehen konnte, die aber tatsächlich nicht gegeben war; anders LG Mainz DWW 1999, 295 für die Befürchtung des Mieters, der stellenweise Befall der Wohnungsaußenwände mit Schimmel könne Krankheiten vorwiegend aus dem allergischen Formenkreis hervorrufen.

Das Risiko einer Fehleinschätzung wird man indes dem Mieter aufbürden müssen. Die bloße Anscheinsgefahr ist von dem Fall abzugrenzen, dass eine konkrete Gefahrenlage gegeben ist; denn sie stellt einen Mangel dar, auch wenn die Gefahr sich noch nicht verwirklicht hat (s. Rn. VIII 13, 103). Deshalb wird auch eine nicht unvernünftige, nachvollziehbare Angstsituation des Mieters zur Kündigung nicht ausreichen (a.A. LG Lübeck ZMR 1998, 433, 434).1 377

Die Gefahr von Erkrankungen durch Schimmelpilzbefall wird allerdings oft verkannt oder bagatellisiert.2 Jedenfalls werden zum Teil strenge Anforderungen an die Feststellung einer schimmelbedingten Gesundheitsgefährdung gestellt, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – DWW 2007, 239 = MDR 2007, 1064 = NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601: Die Frage, ob Schimmelpilz in Mieträumen die Gesundheit der Bewohner gefährdet, lässt sich nicht allgemein beantworten und kann in vielen Fällen nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten geklärt werden.3 KG – Urt. v. 26.2.2004 – ZMR 2004, 513: Ob Schimmelpilzbildung in Mieträumen eine Gesundheitsgefährdung i.S. von § 569 Abs. 1 BGB darstellt, ist nicht allgemein zu beantworten, sondern eine Frage des Einzelfalles; erforderlich ist eine erhebliche Gesundheitsgefahr für alle Bewohner oder Benutzer bzw. einzelne Gruppen von ihnen durch toxinbildende Pilzstämme. Der Mieter führt den Beweis dafür, dass festgestellte Schimmelpilze tatsächlich toxinbildend sind und zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung seiner Mitarbeiter geführt haben, nicht schon durch Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen, die ohne Laboruntersuchungen erstellt wurden. S. aber auch LG Duisburg NZM 2002, 214: Da Schimmel zu den cancerogenen Stoffen zu rechnen ist und Allergien und Asthma hervorrufen oder auslösen kann, berechtigt ein in nennenswertem Umfang auftretender Schimmelbefall grundsätzlich zur fristlosen Kündigung; LG Bremen WuM 2006, 621 für bauwerksbedingte Feuchtigkeit mit Schimmelpilzbildung (schlecht beheizbare Wohnung, undichte Fenster).4

1 Wie hier: Franke ZMR 1999, 83, 89; Schläger ZMR 1998, 435, 436 Sp. 2; anders Selk/ Hankammer NZM 2008, 65, 68. 2 S. dazu – auch aus medizinischer Sicht – Clemens/Clemens WuM 1999, 667: Erkrankung durch Wohnungs-Schimmelpilze; Adam/Isenmann WuM 2007, 492: Die Gefährlichkeit von Schimmelpilzen. 3 Dagegen Selk/Hankammer NZM 2008, 65. 4 Das Gericht nimmt zu Unrecht an, dass der Vermieter ein fehlerhaftes Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter hätte beweisen müssen. Richtigerweise hätte er nur die Ursächlichkeit der Gebäudemängel für die Feuchtigkeit und Schimmelbildung ausschließen müssen.

1134

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 380a

Auf ein Verschulden des Vermieters kommt es nicht an; zum Verschulden des Mieters s. Rn. VIII 383.

378

Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so besteht das Kündigungsrecht auch bei Vermietung von anderen als Wohnräumen (§§ 578 Abs. 2, 569 Abs. 1 BGB). Es ist nicht gewährt worden bei erheblicher Feuchtigkeit und Ungezieferbefall in einem Vorratslager, das nur vorübergehend von Menschen aufgesucht wird,

379

OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.3.1987 – ZMR 1987, 263.

Es steht auch dem gewerblichen Zwischenmieter im Verhältnis zum Vermieter zu, obwohl er selbst von der gesundheitsgefährdenden Beschaffenheit der Mieträume nicht betroffen ist, BGH – Urt. v. 17.12.2003 – BGHZ 157, 233 = NJW 2004, 848 = WuM 2004, 206:1 Dem Zweck des Gesetzes widerspräche es, wenn der Vermieter dem wirtschaftlichen Druck, Wohnungen gesundheitsgerecht zu gestalten, durch Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters ausweichen bzw. ihn auf den Zwischenmieter abwälzen könnte; anders OLG Köln – Urt. v. 25.9.2000 – DWW 2001, 166 = NZM 2001, 195.

Geht die Gesundheitsgefährdung nicht von den Räumen, sondern von Umständen des sozialen Umfeldes aus, so ist die Kündigungsbefugnis aus § 569 Abs. 1 BGB nicht gegeben,

380

so OLG Koblenz NJW-RR 1989, 1247 für Gefährdungen des Personals eines Lebensmittel-SB-Markts, die durch wiederholte widerrechtliche Übergriffe und Ausschreitungen von Kunden und Bewonern aus der Nachbarschaft verursacht worden sind; LG Berlin GE 1999, 1426: wiederholte Bedrohungen durch Kriminelle wegen der Weigerung des Mieters, sich am Drogenhandel zu beteiligen.

Andererseits kann die Gesundheitsgefährdung auch darauf beruhen, dass Einwirkungen, deren Ursache innerhalb des Mietgebäudes liegen, zu einer unmittelbaren Gefährdung führen, wie etwa unerträglicher Nachbarschaftslärm und nächtlichen Ruhestörungen im Haus, AG Köln WuM 1998, 21, s. BGH – Urt. v. 12.2.1959 – BGHZ 29, 289, 294 = NJW 1959, 1425 bei Lärm durch Gäste eines im gleichen Haus betriebenen Hotels,

unerträgliche Gerüche oder Ungezieferbefall, LG Saarbrücken WuM 1991, 91: Kellerasseln, AG Brandenburg a.d.H. WuM 2001, 605: Mäuse.

Schließlich kann sich eine Gesundheitsgefährdung auch aus solchen Einwirkungen ergeben, die mit der Lage des Mietobjekts unmittelbar zusammenhängen, etwa die Belegenheit zu einem Flughafen (Einflugschneise) für Fluglärm, die Belegenheit an einer verkehrsreichen Straße für Verkehrslärm und -abgase. Hier besteht, wie in anderen Fällen der gesundheitsgefährdenden Beschaffen-

1 S. dazu aber die kritische Anm. von Blank NZM 2004, 249.

1135

380a

Rn. VIII 381

Gewährleistung

heit des Mietobjekts, eine Konkurrenz zu Umwelt- und Umfeldmängeln, die eine Kündigung aus § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB unter den dortigen Voraussetzungen (Rn. VIII 341 f.) rechtfertigen können.1 bb) Kündigung und Kündigungsausschlüsse 381

Für die Kündigung gelten die allgemeinen Vorschriften, insbesondere bei der Wohnraummiete das Schriftformerfordernis (§ 568 Abs. 1 BGB, s. Rn. X 36 f.) und die Begründungspflicht (§ 569 Abs. 4 BGB, s. Rn. VIII 371, X 54 f.). Umstritten war bislang, ob der Kündigung eine Abmahnung vorauszugehen hat. Ein solches Erfordernis ist vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform von der h.M. verneint, jedoch ausnahmsweise aus Treu und Glauben für den Fall bejaht worden, dass die Gesundheitsgefährdung durch verhältnismäßig leicht und kurzfristig zu beseitigende Missstände verursacht worden ist und der Vermieter zur sofortigen Abhilfe bereit ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.12.2001 – WuM 2002, 267, OLG Naumburg – Urt. v. 24.9.2002 – WuM 2003, 144, 145, weitergehend LG Mainz DWW 1999, 295: Die Kündigungsbefugnis besteht, wenn der Mieter den Vermieter zuvor vergeblich unter Fristsetzung aufgefordert hat, den Mangel zu beheben. Gegen das Erfordernis einer Abmahnung, wenn eine Schimmelpilzbildung nicht leicht behoben werden kann: LG Oldenburg ZMR 2000, 100.

382

Das Erfordernis der vorherigen Abmahnung folgt nunmehr aus § 543 Abs. 3 BGB, da der Kündigungsgrund der Gesundheitsgefährdung lediglich ein Anwendungsfall der Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB ist, wie die Bezugnahme auf diese Vorschrift in § 569 Abs. 1 BGB zeigt,2 BGH – Urt. v. 18.4.2007 – DWW 2007, 239 = MDR 2007, 1064 = NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601, s. auch LG Stendal NZM 2005, 783 = ZMR 2005, 624.

Die Gründe, die eine Mahnung entbehrlich machen (§ 543 Abs. 3 BGB), gelten auch hier, insbesondere wenn eine erfolgreiche Abhilfe nicht zu erwarten ist (s. BGH a.a.O. Tz. 13 und Rn. XII 7). 383

Ob der Mieter mit der Kündigung wegen einer Gesundheitsgefährdung dann ausgeschlossen ist, wenn er die Ursache der Gefährdung zu vertreten hat – bei Schimmelbildung etwa durch unzureichendes Lüften und/oder Heizen oder unsachgemäße Möblierung3 –, ist umstritten, 1 S. zu § 569 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 22; Fischer-Dieskau/Franke Anm. 2.5; MünchKomm/Schilling Rn. 5; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 6. 2 Ebenso zu § 569 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 17; Emmerich/Sonnenschein Rn. 9; Erman/Jendrek Rn. 9; Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 5.1; MünchKomm/Schilling Rn. 12; Palandt/Weidenkaff Rn. 9; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 13; dagegen: Blank/Börstinghaus Rn. 6; Lammel Rn. 12; Schumacher WuM 2004, 311, 312; differenzierend Staudinger/Emmerich Rn. 18 je nachdem, ob der Mangel plötzlich und unerwartet eintritt oder sich erst langsam entwickelt. 3 S. dazu Horst MietRB 2007, 324; Selk ZMR 2008, 942.

1136

Kündigungsbefugnisse

Rn. VIII 385

bejahend:1 BGH – Urt. v. 17.12.2003 – NZM 2004, 222 = WuM 2004, 206 = ZMR 2004, 338, LG Mannheim DWW 1978, 72, LG Ellwangen WuM 2001, 544, 545 Sp. 2.

Legt man den Akzent auf den Zweck der Vorschrift (s. Rn. VIII 370), so wird man einerseits dem Mieter das Kündigungsrecht nicht schlechthin versagen, andererseits seine Pflicht zum Schadensersatz nicht ausschließen können.2 In diesem Zusammenhang wird es auf das Ausmaß des Verschuldens ankommen. So wird ein unrichtiges Wohnverhalten, das für die Gesundheitsgefährdung (mit-)ursächlich ist, nur dann das Kündigungsrecht ausschließen, wenn es trotz Hinweises und Abmahnung durch den Vermieter hartnäckig fortgesetzt wird.3 Das Gleiche gilt, wenn der Mieter den Kündigungsgrund provoziert,4 LG Mannheim DWW 1978, 72.

Ebenso wenig kann das Kündigungsrecht nach § 569 Abs. 1 BGB verwirkt werden;5 das ist bereits für die frühere Regelung in § 544 BGB anerkannt worden,

384

KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259.

Die Regelung in § 536b BGB ist in diesem Zusammenhang nicht anzuwenden, wie in Übereinstimmung mit der bisherigen Praxis (s. LG Mannheim ZMR 1977, 154, LG Paderborn WuM 1998, 21, LG Saarbrücken NZM 1999, 411) durch § 569 Abs. 1 Satz 2 BGB klargestellt ist. cc) Schadensersatz Der Mieter kann Schadensersatz nach § 536a BGB verlangen, sofern die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift gegeben sind. Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen kommt nur ausnahmsweise in Betracht (s. Rn. VIII 193). Zum Schaden s. Rn. VIII 298. Hat der Mieter einer Wohnung berechtigt gekündigt, so kann nunmehr auch er ebenso wie schon bisher der Mieter von Gewerberaum Ersatz der nutzlos gewordenen Aufwendungen (z.B. Maklerprovision, Renovierungskosten für die bisherige Wohnung) verlangen; dies folgt aus der durch das SchuldRModG 1 Ebenso zu § 569 BGB: Erman/Jendrek Rn. 8; Fischer-Dieskau/Pergande/Franke Anm. 5.4; Lammel Rn. 7; MünchKomm/Schilling Rn. 14; Palandt/Weidenkaff Rn. 8; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 12; Franke ZMR 1999, 83, 89. 2 Ebenso zu § 569 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 10; Herrlein/Kandelhard Rn. 3; Staudinger/Emmerich Rn. 18; Langenberg PiG 35 (1992) S. 95, 100; Schumacher WuM 2004, 311, 313. 3 Zur Kündigungsbefugnis des Vermieters, wenn durch ein unrichtiges Wohnverhalten des Mieters die Gebäudesubstanz gefährdet wird: AG Hannover WuM 2005, 767. 4 Zum Fall: Die Gesundheitsgefährdung durch Kälte wurde dadurch verursacht, dass der Mieter die Gebühren der Stadtwerke nicht bezahlte und die Stadtwerke darauf die Energiezufuhr abstellten. 5 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 569 Rn. 14; anders MünchKomm/Schilling BGB § 569 Rn. 15; s. dazu auch Horst MietRB 2007, 322, 325.

1137

385

Rn. VIII 386

Gewährleistung

geänderten Fassung des § 284 BGB, s. dazu Rn. VIII 301. Dadurch ist der früheren gegenteiligen Rspr. (z.B. LG Saarbrücken WuM 1991, 91 f.) der Boden entzogen. Kündigt der Mieter nicht alsbald und versucht, eine nicht gesundheitsgefährdende Wohnung anzumieten, so kann sich dies über § 254 BGB mindernd auf seinen Schadensersatzanspruch auswirken, BGH – Beschl. v. 22.11.2005 – WuM 2006, 25: Der Mieter einer durch Hochwasser schimmelpilzverseuchten Wohnung ist im Rahmen seiner Pflicht zur Schadensminderung gehalten, eine nicht gesundheitsgefährdende andere Wohnung anzumieten.

9. Gewährleistungsausschlüsse 386

Die Tatbestände, nach denen die Gewährleistungsrechte des Mieters ausgeschlossen sind, sind durch die Mietrechtsreform inhaltlich im Wesentlichen unverändert geblieben (§§ 536b, 536c BGB, bisher: §§ 539, 545 BGB a.F.), nämlich: – Kenntnis des Mieters vom Mangel bei Vertragsabschluss, – grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel bei Vertragsabschluss, wenn der Vermieter den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat, – Kenntnis des Mieters vom Mangel jedenfalls bei der Übernahme, sofern er sich seine Rechte bei der Annahme nicht vorbehält, – unterlassene Anzeige eines Mangels, der während der Mietzeit aufgetreten ist, soweit der Vermieter bei rechtzeitiger Anzeige hätte Abhilfe schaffen können. Hinzu kommen wie bisher: – Vereinbarung eines an sich mangelhaften Zustandes als vertragsgemäß (Beschaffenheitsvereinbarung), – Verwirkung von Gewährleistungsrechten bei Mängeln, die nach Übergabe des Mietobjekts an den Mieter aufgetreten sind, – Verursachung des Mangels durch den Mieter. a) Vereinbarter Zustand

387

Haben die Parteien einen konkret gegebenen schlechten Bauzustand als vertragsgemäß vereinbart (Beschaffenheitsvereinbarung1), so sind Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche des Mieters ausgeschlossen (s. Rn. VII 85), BGH – Urt. v. 7.6.2006 – NZM 2006, 626 Tz. 12 = ZMR 2006, 678 = MietRB 2006, 264 (Hoffmann), BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1065 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605 = MietRB 2007, 195 (Eupen), 1 S. zu § 536b BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 2; Staudinger/Emmerich Rn. 4; Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536 Rn. 411.

1138

e Betriebskostenarten

Rn. V 118

egelmäßig anfallende Kosten für Überprüfung und Nachschau sind als fähige Betriebskosten anerkannt worden. Selbst wenn der Vermieter solche Maßnahmen auch seiner Verkehrssicherungspflicht nach, stehen die Kosten in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der schaftung des Grundstücks:

en zur Überprüfung der elektrischen Anlage (BGH – Urt. v. 14.2.2007 – M 2007, 282 = WuM 2007, 198 = ZMR 2007, 361 = MietRB 2007, 137 schau]);

en der regelmäßigen Druck- und Dichtigkeitsprüfung der Gasleitungen Hannover ZMR 2007, 865, AG Bad Wildungen WuM 2004, 669; Königstein/Ts. WuM 1997, 684, AG Kassel WuM 2006, 149);

en der jährlichen Funktionsprüfung von Rauchmeldern: AG Lübeck M 2008, 929 = ZMR 2008, 302;

en für vorbeugende Maßnahmen zum Korrosionsschutz der Wasserleien ( AG Lörrach WuM 1995, 593, AG Regensburg WuM 1995, 319).

der Beseitigung von Graffitis gehören dagegen nicht zu den umlagefäKosten, sondern sind Kosten der Instandsetzung,1

öln WuM 2001, 515, AG Berlin-Mitte GE 2007, 1259: Hausreinigungskosten, sofern es nur um die tigung von Verschmutzungen geht und die Kosten regelmäßig anfallen.

cherungskosten

tten ist, ob Kosten für Wachdienste, Pförtner oder doorman-Leistungen riebskosten angesetzt werden können.2 Dies wird in Zweifel gezogen, sich hierbei ganz oder teilweise um Kosten der Verwaltung3 oder der setzung4 handele oder diese Kosten nicht objekt-, sondern personenbeseien. Gegen den Ansatz der Kosten für Bewachung und für Sicherenste,

117

Düsseldorf – Urt. v. 23.5.1991 – MDR 1991, 964, amburg ZMR 1997, 358, wenn die Sicherheitsprobleme schon bei Abschluss des vertrages offenkundig bestanden und die Bewachung nicht zwingend erforderlich

öln WuM 2002, 337, 615, da es sich um Verwaltungskosten handele.

em Zusammenhang kommt es indes nicht darauf an, ob die Kosten cherungsbedürfnis des Gebäudes oder seiner Nutzer dienen. Soweit es m gebäudebezogene Kostenanteile handelt, entstehen sie durch das um oder den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Grundstücks.6 Aber

Begründung zur BetrKV, abgedruckt in WuM 2003, 679, 682 Nr. 9; Derckx 2005, 690, 695. ausführlich Schmid ZMR 2008, 98. id Rn. 5439. alls teilweise: Eisenschmid in Betriebskosten-Komm. Rn. 3968. nberg Betriebskostenrecht A 142 S. 56, 57. ch Langenberg a.a.O.; s. dazu auch Drasdo NJW-Spezial 2006, 339.

543

118

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 35

Zur Nachbelastung mit Grundsteuer für zurückliegende Zeiträume s. Rn. V 149 f. b) Kosten der Wasserversorgung und der Entwässerung (§ 2 Nr. 2, 3 BetrKV) Zu den Kosten des Wasserverbrauchs gehören auch die Kosten für das Nacheichen und Warten von vermietereigenen Zählern. Stattdessen kann der Vermieter die Kosten der Anschaffung der Zähler ansetzen, wenn diese niedriger sind,

33

AG Neuss DWW 1988, 284, AG Koblenz DWW 1996, 252.

Entsprechendes muss für Wassermengenregler gelten, da die Wartungskosten in der Regel die Anschaffungskosten übersteigen werden.1 Ob die Kosten für Maßnahmen des Korrosionsschutzes der Wasserleitungen als Kosten der Wasseraufbereitung umgelegt werden können, ist noch offen, verneinend, da sie die Instandhaltung betreffen, AG Lörrach WuM 1995, 593.

Da diese Kosten jedoch dem Funktionserhalt der Wasserleitung dienen, lässt sich im Anschluss an die Rspr. des BGH zur Umlage von Wartungskosten (s. Rn. V 11 f.) die Umlagefähigkeit begründen. Die Kosten für die Beseitigung einer Verstopfung der Abflussleitungen sind solche der Instandsetzung und schon deshalb nicht umlagefähig. Entsprechende Formularklauseln verstoßen gegen § 307 BGB (§ 9 AGBG), OLG Hamm – RE v. 19.5.1982 – NJW 1982, 2005 = WuM 1982, 201.

Der Vermieter soll nicht verpflichtet sein, im Rahmen der Position „Wasserkosten“ die Kosten für Be- und Entwässerung aufzuteilen (LG Berlin GE 2003, 121). Das wird aber dann nicht gelten können, wenn die Kosten nach unterschiedlichen Maßstäben vom Versorgungsunternehmen erhoben werden. Zu den Kosten der Entwässerung zählen auch die Aufwendungen des Vermieters für das Abführen von Oberflächenwasser, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben,

34

OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.2.2000 – WuM 2000, 591 = ZMR 2000, 604 f.

Dagegen können die Kaltwasserkosten, die für die Aufnahme von Fernwärme am Wärmetauscher anfallen, zu den Heizkosten gerechnet werden, LG Berlin GE 2006, 1041.

aa) Kostenabgrenzung und Umlagemodalitäten Grundsätzlich sind nur die Kosten des tatsächlichen Verbrauchs im Verbrauchszeitraum anzusetzen; die vorläufige Rechnungserteilung des Versorgungsunternehmens noch während der Abrechnungsperiode ist nicht maßgebend, sondern es kommt auf die Endabrechnung an, 1 So auch Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 2761.

513

35

Rn. V 43

Betriebskosten und ihre Abrechnung

sen hat, nach Treu und Glauben im Allgemeinen dahin auszulegen, dass der erhöhte Wasserabfluss, der durch einen Rohrbruch in der Kundenanlage (also hinter der Wasseruhr) verursacht ist, nicht als vergütungspflichtiger Wasserverbrauch anzusehen ist. Der Vermieter muss daher in solchen Fällen versuchen, mit dem Versorgungsunternehmen zu einem Ausgleich zu kommen. Unterlässt er solche kostenmindernden Versuche, so kann hierin ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit liegen. 43

Ist infolge eines Wasserschadens der im Haus umzulegende Wasserverbrauch nicht zu ermitteln, so kann ein Mindestwasserverbrauch pro Person/Haushalt geschätzt werden (AG München WuM 1990, 85). Plausibler erscheint, einen Durchschnittsverbrauch analog § 9a HeizkostenV zu schätzen, AG Hohenschönhausen ZMR 2003, 934 für analoge Anwendung des § 9a HeizkostenV, wenn der Mieter die Verbrauchsablesung nicht ermöglicht hat; ferner AG Bergisch Gladbach WM 1998, 109: Ist der für die Bemessung der Wasserund Abwasserkosten maßgebliche Frischwasserverbrauch nicht mehr aufklärbar, so berechnet sich die abzurechnende Verbrauchsmenge sachgerecht nach den Durchschnittswerten zweier (hier: nachfolgender) Abrechnungsperioden.

44

Der Vermieter kann die Kosten für Wasser nicht umlegen, wenn der Verbrauch nicht plausibel ist. Erhöht sich der Verbrauch sprunghaft und sinkt er in den folgenden Verbrauchsperioden wieder auf den früheren Umfang, so trifft den Vermieter die Beweislast, wie es zu dem Mehrverbrauch gekommen ist. Gibt es hierfür keinen plausiblen Grund, so kann der Mieter mit den Mehrkosten nicht belastet werden, LG Düsseldorf DWW 1995, 286 zur Plausibilität von Heizkosten, AG Düsseldorf ZMR 1994 S. V Nr. 4 Eine ordnungsmäßige Abrechnung ist dann nicht mehr möglich, wenn in einer Abrechnungsperiode der Wasserverbrauch aus ungeklärter Ursache im Vergleich zu den Vorjahren um das Doppelte angestiegen ist. Dabei soll unerheblich sein, ob einzelne Mieter einen unverhältnismäßig hohen Verbrauch hatten.

Zur Plausibilität s. Rn. V 355b; zum Umlagemaßstab s. Rn. V 174, 191. 45

Kaltwasserzähler, deren Eichzeitraum abgelaufen ist, stehen ungeeichten Zählereinrichtungen gleich mit der Folge, dass sie im geschäftlichen Verkehr nicht – und damit auch nicht zur Verteilung des Wasserverbrauchs in der Wohnanlage – verwendet werden dürfen. Auf die Funktionsfähigkeit der Zähler kommt es nicht an, BayObLG – Beschl. v. 23.3.2005 – NZM 2005, 509, KG – Beschl. v. 21.2.2008 – ZMR 2008, 620, auch zur Schätzung des Wasserverbrauchs, LG Saarbrücken GE 2006, 1557 = WuM 2005, 606: Der Vermieter muss in diesem Fall flächenabhängig abrechnen. Die Kosten für das Ablesen sind nicht umlagefähig; LG Kleve ZMR 2007, 620: Sind die Eichfristen abgelaufen und will der Vermieter nach Personenzahl abrechnen, so bedarf es hierfür einer Vereinbarung; anders LG Berlin GE 2003, 121: Sind die Eichfristen überschritten, so soll es nicht gerechtfertigt sein, die Messergebnisse zu verwerfen, da bei der Betriebskostenabrechnung keine „Pfenniggerechtigkeit“ erwartet werden könne.

516

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 54

Häufig wurden hierfür prozentuale Anteile angesetzt. Sie schwankten von 20% (LG Düsseldorf DWW 1999, 354) bis 50% (LG Essen WuM 1991, 702, WuM 2004, 717), s. insbesondere

52

LG Hamburg NZM 2001, 806 = ZMR 2001, 970, 971: Im Streit ist nur (noch), ob über den Reparaturkostenanteil von 22% hinaus auch die Anteile für Störungsbeseitigung (10%) und Lieferung von kleineren Ersatzteilen (5%) abzusetzen sind. Das ist zu bejahen; denn hierbei handelt es sich nicht um Wartungskosten (wird ausgeführt); LG Duisburg WuM 2004, 717: Besteht für den Aufzug ein Vollwartungsvertrag, in dessen Rahmen auch Reparaturen erbracht werden, ist ein Abzug für den Instandsetzungsanteil geboten, der mangels gegenteiliger Angaben mit 40–50% der Gesamtkosten zu schätzen ist. Der in der Vergütung für die Vollwartung enthaltene Anteil für die Behebung von Ausfällen, die durch den täglichen Gebrauch der Anlage entstehen und ohne Ersatzteile bzw. mit kleinen Ersatzteilen behoben werden können, zählt zu den Instandsetzungskosten.

Einen pauschalen Abzug sollte der Vermieter spätestens im Prozess begründen müssen, andernfalls wurde der gesamte Kostenansatz in der Abrechnung nicht berücksichtigt, LG Berlin GE 2003, 257, MM 2003, 192.

Eine derartige Pauschalisierung in der Betriebskostenabrechnung ist nach der neueren Rspr. des BGH zur Kostenspezifizierung nicht mehr zulässig, sondern als formeller Abrechnungsfehler zu werten (s. dazu Rn. V 314 f.), s. BGH – Urt. v. 14.2.2007 – NZM 2007, 244 = WuM 2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MietRB 2007, 109 (Lützenkirchen), BGH – Beschl. v. 11.9.2007 – NZM 2007, 770 = WuM 2007, 575 zu Verwaltungskosten im Rahmen der Hausmeisterkosten.

Die Betriebskosten für eine Notrufanlage sind grundsätzlich ansetzbar,

53

LG Jena WuM 2001, 615, AG Frankfurt-Hoechst WuM 2001, 615.

Die Grenze bildet das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Sie ist überschritten, wenn der Einsatz des Hausmeisters als Aufzugführer kostengünstiger wäre. Nicht anzusetzen sind aber die Leasingkosten für eine solche Notrufanlage (s. Rn. V 25). Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit kann auch verletzt sein, wenn der Wartungsturnus übermäßig verkürzt wird und hierdurch überdurchschnittliche Kosten entstehen, LG Duisburg WuM 2004, 717.

bb) Umlage Ob der Erdgeschossmieter an den Aufzugskosten beteiligt werden kann, war bisher streitig.1 Die Frage wird bejaht, wenn dies – sei es auch formularmäßig (s. Rn. II 114) – vereinbart ist, 1 Zum Meinungsstand, aber verneinend s. Langenberg Betriebskostenrecht F 86 S. 197; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3352.

519

54

Rn. V 59 59

Betriebskosten und ihre Abrechnung

Mehrkosten, die dadurch anfallen, dass Fremde ihren Müll in der Hausanlage entsorgen („Mülltourismus“), darf der Vermieter nicht auf die Mieter umlegen. Er ist im Gegenteil verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um den „Mülltourismus“ zu unterbinden.1 Er kann das Problem nicht dadurch lösen, dass er unter Berufung darauf, dass in einem Mehrfamilienhaus anonym Müll entsorgt wird, die Anzahl der Gefäße für Standardmengen des zu entsorgenden Mülls verdoppelt; denn damit verstößt er gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit, AG Dortmund WuM 2002, 55, s. auch AG Dannenberg WuM 2000, 381: Die Kosten für überflüssige Müllgefäße hat der Vermieter selbst zu tragen. Maßstab dafür, ob der Vermieter zu viele Müllgefäße geordert hat, ist die behördliche Disposition, nach der z.B. bis zu 6 Personen mit einem Müllgefäß von 120 l auskommen.

60

Der Pflicht zum wirtschaftlichen Verhalten entspricht es auch, dass der Vermieter eine Gebührenfreistellung für die Entsorgung von Bio-Müll zugunsten seiner Mieter beantragt, sofern die kommunale Ortssatzung eine solche Freistellung vom Anschluss- und Benutzungszwang vorsieht. Der Vermieter soll sich nicht darauf berufen können, dass er selbst dem Anschlusszwang unterliegt und die ordnungsmäßige Müllentsorgung durch die Mieter nicht kontrollieren kann, LG Neubrandenburg WuM 2001, 130 für Bio-Abfalltonne.

aa) Umlagemaßstab und Mischnutzung 61

Die Umlage erfolgt nach dem vereinbarten Umlagemaßstab. Eine Umstellung der Abrechnung nach Personenzahl je Haushalt muss nicht deswegen erfolgen, weil die Gebühren von dem Entsorgungsunternehmen in Abhängigkeit von der Wohnungsbelegung erhoben werden, AG Siegburg WuM 1995, 120.

Werden von der Gemeinde die Kosten der Müllentsorgung nach dem jeweiligen Müllaufkommen berechnet (Scanner-System), so ist der Vermieter nunmehr gemäß § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, den bisher flächenabhängigen Umlagemaßstab auf einen verursachungsabhängigen Maßstab zu ändern, s. auch AG Moers WuM 1996, 96 zum früheren Recht.

Ist ein Umlagemaßstab nach dem Mietvertrag vom Vermieter nach billigem Ermessen zu bestimmen, so soll nicht der Wohnflächenmaßstab, sondern die kopfanteilige Umlage der Billigkeit entsprechen (s. dazu Rn. V 189), AG Halle/Saalkreis ZMR 2006, 212.

Das ist abzulehnen. Zum einen ist letzterer Maßstab kein Indikator für das Müllaufkommen; zum anderen wird die Transparenz der Abrechnung betroffen – abgesehen von den Erschwernissen für den Vermieter bei der Feststellung der Personenzahl und dem sich daraus ergebenden Streitpotential. 1 S. dazu Langenberg Betriebskostenrecht A 76 S. 28; Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3467.

522

Einzelne Betriebskostenarten

Rn. V 70

Wird der Verursacher ermittelt, ist nur er mit den Kosten zu belasten. Anderenfalls sind die Kosten unter den oben genannten Voraussetzungen umlegbar, da es zu den (leider) sozialtypischen Erscheinungsformen zählt, sich anonym seines Sperrmülls zu Lasten der Umwelt zu entledigen,1 LG Berlin MM 1996, 327.

Sperrmüllkosten sollen jedenfalls dann nicht auf alle Mieter gleichmäßig nach anteiliger Wohnfläche umgelegt werden dürfen, wenn der Vermieter allen Mietern unterschiedslos anbietet, Müll an bestimmten Tagen auf dem Hof abzustellen, wo er dann abgeholt wird. Vielmehr sollen nur solche Mietereinheiten mit diesen Kosten belastet werden dürfen, die von dem Service des Vermieters auch Gebrauch machen,

68

LG Berlin GE 2000, 126, NZM 2002, 65 (ZK 64).

Ebenso wenig sind die Kosten für die Entrümpelung (eines Schuppens) als Kosten der Müllentsorgung oder der Gebäudereinigung umlegbar,

69

anders AG Düsseldorf ZMR 1993 S. XII Nr. 29, da die Mieter hierfür ohne Rücksicht auf Verursachung und Verschulden als „Gefahrengemeinschaft“ nach §§ 830, 840 BGB hafteten. Das ist abzulehnen, da es zum einen an der Regelmäßigkeit des Kostenanfalls fehlt und zum anderen die Mieter keine Gefahrengemeinschaft bilden (vgl. OLG Hamm – RE v. 19.5.1982 – NJW 1982, 2005 für Haftung bei Rohrverstopfung).

Umlegbar sind die Kosten der Entfernung von Sondermüll unbekannter Verursacher nur dann, wenn derartige Maßnahmen wiederholt erforderlich werden und durchgeführt werden müssen, AG Neukölln GE 2000, 415.

Zur Wirtschaftlichkeit der Kosten der Müllbeseitigung s. Rn. V 355. e) Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung (§ 2 Nr. 9 BetrKV) aa) Gebäudereinigung Die Kosten für die Reinigung von Stellplätzen, die nicht allgemein zur Verfügung stehen, können nicht auf alle Mieter umgelegt werden (LG Hamburg WuM 1989, 640). Das Gleiche gilt für Kosten, die eindeutig Folge des vertragswidrigen Verhaltens einzelner Mietparteien sind (LG Siegen WuM 1992, 630). Kosten der Fassadenreinigung und der PVC-Beschichtung am Treppenhausfußboden betreffen Instandsetzungsmaßnahmen und sind daher als Betriebskosten nicht umlagefähig (AG Hamburg WM 1995, 652). Das gilt insbesondere für die Kosten, die für die Beseitigung von sog. Graffitis aufgewendet werden müssen:2 Letztere Kosten können daher auch nicht zu den „sonstigen Betriebskosten“ gerechnet werden (s. Rn. V 121a), 1 Anders Wall in Betriebskosten-Komm. Rn. 3451. 2 S. Amtl. Begründung zu § 2 Nr. 9 BetrKV, wiedergegeben in WuM 2003, 675, 682.

525

70

Rn. V 79

Betriebskosten und ihre Abrechnung

AG Köln WuM 1992, 630, AG Hamburg WuM 1999, 485; vgl. auch LG Siegen WuM 1992, 630.

Ob die Kosten für eine einmalige akute Ungezieferbekämpfung umlagefähig sind (so LG Köln ZMR 1995 S. XII Nr. 22), ist umstritten, AG Freiburg WuM 1997, 471: Die Kosten für die Beseitigung eines Bienennestes sind nicht umlagefähig, da sie eine einmalige Maßnahme betreffen; ebenso AG Schöneberg MM 1998, 354 für Kosten der Beseitigung eines Wespennestes.

79

Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass nur die Kosten für prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung von Befall umlagefähig sind; ist ein Befall eingetreten, so soll ein Mangel vorliegen, den der Vermieter auf eigene Kosten beheben muss, AG Oberhausen WuM 1996, 714, AG Hamburg WuM 2002, 265 für Bekämpfung von Kakerlaken.

Dem ist nicht zu folgen; denn in der Anlage 3 zu § 27 II. BV, § 2 Nr. 9 BetrKV ist von „Ungeziefer “ die Rede. Damit handelt es sich um einen Fall, in dem (ausnahmsweise) Kosten der Instandsetzung als umlagefähig anerkannt sind. Die amtliche Begründung der Vorschrift besagt, dass die Kosten der vorbeugenden Bekämpfung umlagefähig sind.1 Holzbockbekämpfung ist Instandhaltung, ebenso die Nachschau, so dass die Kosten nicht umlagefähig sind.2 f) Kosten der Gartenpflege (§ 2 Nr. 10 BetrKV) aa) Ansatzfähige Kosten3 80

Die Kosten für die Neuanlage eines Gartens sind nicht umlagefähig, LG Berlin GE 1999, 1129.

Das Gleiche gilt für die Kosten der Erstanschaffung von Pflanzen und Gehölzen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.6.2000 – DWW 2000, 193 = NZM 2000, 762.

Nicht umlagefähig sind ferner die Mehrkosten für Arbeiten infolge eines Wartungsstaues wegen unterbliebener Pflege in den Vorjahren, LG Hamburg WuM 1994, 695, LG Hannover HmbGE 1984, 157, AG Münster WuM 1992, 258.

81

Kosten für die Pflege einer Dachbegrünung sind nicht umlagefähig; sie sind eher als Instandhaltungskosten des Dachs zu verstehen, KG – Urt. v. 28.11.2005 – WuM 2006, 57, s. auch LG Karlsruhe WuM 1996, 230.

Ausnahmsweise dürfen im Rahmen der Gartenpflegekosten auch Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen angesetzt werden, soweit sie nicht unmittelbar 1 Abgedruckt in WuM 2003, 675, 682. 2 Langenberg Betriebskostenrecht A 82 S. 30. 3 Ausführlich dazu Schmid ZMR 2004, 793.

528

Rn. VIII 430

Gewährleistung

den Dritte unbefugt abgelagert haben, wenn er diesen Mangel nicht rechtzeitig angezeigt hat.1

430

Als weiteres Tatbestandsmerkmal für den Rechtsverlust muss hinzutreten, dass die Mängelbeseitigung rechtzeitig möglich gewesen wäre und infolge der Unterlassung des Mieters unmöglich geworden ist. Dies hat der Vermieter darzulegen und ggf. zu beweisen, BGH – Urt. v. 17.12.1986 – WuM 1987, 215 für Leasing, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.4.2002 – GE 2002, 1261 = ZMR 2003, 21.

Der Vermieter muss also auch vortragen, dass er im Falle der rechtzeitigen Anzeige Abhilfe geschaffen hätte, LG Kiel WuM 1998, 282.

431

Der Rechtsverlust tritt nur in dem Umfang ein, in dem infolge der unterlassenen oder verspäteten Anzeige der Vermieter außer Stande war, Abhilfe zu leisten.2 Holt der Mieter die Anzeige nach und gibt dem Vermieter damit Gelegenheit, den Mangel zu beseitigen, so kann er ab diesem Zeitpunkt mindern und Ersatz eines nunmehr eingetretenen Schadens verlangen. Der Mieter verliert seine Gewährleistungsrechte auch dann nicht, wenn dem Vermieter der Mangel bekannt ist, OLG Saarbrücken – Urt. v. 25.11.1987 – WuM 1989, 133.

10. Abdingbarkeit von Gewährleistungsrechten a) Übergabeklauseln 432

Formularklauseln, nach denen der Mieter den mangelfreien Zustand der Mietsache bei Mietbeginn bestätigt, sind im Hinblick auf § 309 Nr. 12b BGB (s. früher § 11 Nr. 15b AGBG) unwirksam (s. Rn. II 117 f., 255 f.), LG Mannheim ZMR 1989, 338, ebenso LG Berlin Grundeigentum 1996, 1377 für: „Der Mieter hat die Wohnung in ordnungsmäßigem Zustand übernommen“; LG Berlin ZMR 1996 S. V Nr. 2 für: „Die Wohnung befindet sich in einem zum Wohnen geeigneten Zustand; das Zubehör und die Ausstattung sind unbeschädigt und gebrauchsfähig“; LG Hildesheim WuM 2008, 334 für die Formularklausel Übernahme der Wohnung fachgerecht modernisiert gemäß Übergabeprotokoll, wenn im Übergabeprotokoll lediglich vermerkt ist Der Zustand ist vertragsgemäß; es liegen keine Beanstandungen vor.

Heißt es in einem Übergabeprotokoll, dass die Mieträume „wie gesehen“ übergeben worden sind, so schließt diese Formulierung „allenfalls die Gewährleistungsansprüche, aber nicht den Erfüllungsanspruch aus“, BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 887. 1 Es ging bei dieser Entscheidung nur um einen Schadensersatzanspruch nach § 538 Abs. 1 BGB a.F., nicht um einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 538 Abs. 2 BGB a.F. (s. nunmehr § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB). 2 S. zu § 536c BGB: Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 35; Staudinger/Emmerich Rn. 22.

1158

Abdingbarkeit von Gewährleistungsrechten

Rn. VIII 435

Das Gleiche gilt für die Formularerklärung, dass der Mieter mit der Übernahme der Mietsache anerkennt, diese befinde sich in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand. Damit soll lediglich ausgedrückt werden, dass die Rechtsfolgen eintreten sollen, die das Gesetz an eine Kenntnis des Mieters von einem Mangel der Mietsache knüpft, OLG Köln – Urt. v. 28.10.1991 – WuM 1995, 35, 36.

Die Klausel „Das Ladenlokal wird wie besichtigt übernommen“ lässt nicht erkennen, dass die Mietfläche nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien hiervon erfasst werden sollte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 13.1.2005 – ZMR 2005, 450.

b) Mietminderung Bei der Wohnraummiete kann die Mietminderung nicht einmal durch eine Individualvereinbarung abbedungen oder zum Nachteil des Mieters eingeschränkt werden, z.B. durch Ankündigungs- oder Formvorschriften (§ 536 Abs. 4 BGB, s. Rn. II 221). Anders verhält es sich, wenn die Rechtspositionen des Mieters bereits entstanden sind. Alsdann können sich die Parteien darüber einigen, dass wegen bestimmter Mängel die Miete um eine bestimmte Quote (oder gar nicht) gemindert wird.

433

Wird vereinbart, dass die Minderung wegen bestimmter, bei Vertragsabschluss bereits vorhandener Mängel ausgeschlossen sein soll, so kann darin eine zulässige Beschaffenheitsvereinbarung gesehen werden, s. Rn. VII 85, VIII 3 f., 387 f.1 Entsprechende Formularklauseln sind jedoch unzulässig; denn die formularmäßige Festlegung von Mängeln, die den Minderungsausschluss nach sich ziehen sollen, „als gegeben“, verstößt gegen § 309 Nr. 12b BGB. Außerdem wäre – zumindest bei der Wohnraummiete – das Übermaßverbot zu beachten, das bei Verstößen zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 BGB führt. Die Unabdingbarkeit der Minderung bei der Wohnraummiete (§ 536 Abs. 4 BGB) darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass dem Mieter Pflichten des Vermieters vertraglich überbürdet werden, bei deren Verletzung er sonst mindern könnte. Allein schon deshalb ist die Übertragung von Instandsetzungspflichten wie Kleinreparaturen (s. Rn. VII 100) unzulässig.2

434

Bei der Geschäftsraummiete kann zwar nicht die Mietminderung selbst, wohl aber deren automatische Wirkung abbedungen und der Mieter auf Rückforderungsansprüche (wegen überzahlten Mietzinses) verwiesen werden (s. Rn. II 222),3

435

1 S. dazu auch Blank/Börstinghaus BGB § 536 Rn. 90. 2 S. dazu und weitere Folgerungen aus § 536 Abs. 4 BGB: Sternel, Gedächtnisschrift Sonnenschein, 2003, S. 293, 298. 3 Zu sog. Abkoppelungsklauseln s. ausführlich Horst DWW 2006, 48.

1159

Rn. VIII 435a

Gewährleistung

BGH – Urt. v. 20.6.1984 – BGHZ 91, 375 = NJW 1984, 2404 = ZMR 1984, 370, 372,1 BGH – Urt. v. 12.3.2008 – NZM 2008, 522 = ZMR 2008, 693 = MietRB 2008, 232 (Lützenkirchen), BGH – Urt. v. 23.4.2008 – NZM 2008, 609 Tz. 18, s. dazu Rn. VIII 436; KG – Urt. v. 14.2.2002 – NZM 2002, 526 = ZMR 2002, 823: Der Ausschluss des Minderungsrechts wird jedenfalls für den Fall für wirksam erachtet, dass dem Mieter ein Rückforderungsanspruch wegen der zu viel gezahlten Miete nach Bereicherungsrecht verbleibt, weil das Äquivalenzgefüge in derartigen Fällen nicht zerstört wird, sondern lediglich dem rechtlich nicht zu beanstandenden Interesse des Vermieters an der zügigen Durchsetzung seiner Mietzinsforderung ohne Beweisaufnahme der Vorrang eingeräumt wird. Dem Mieter ist bei dieser Klauselgestaltung2 die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nicht verschlossen. OLG Düsseldorf – Beschl. v. 31.5.2005 – MDR 2005, 1045: Die Klausel „Der Mieter kann die Miete nicht mindern“ stellt keinen dauerhaften Ausschluss der Gewährleistungsrechte des Mieters dar, sondern verpflichtet ihn nur, vorläufig den vollen Mietzins zu zahlen. Sie nimmt ihm aber nicht das Recht, überzahlte Miete nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückzufordern. OLG Karlsruhe – Urt. v. 20.9.2005 – MDR 2006, 745: Bleibt dem Mieter die Möglichkeit, die zuviel gezahlte Miete im Wege des Bereicherungsausgleichs zurückzufordern, so ist der Minderungsausschluss nicht deswegen unwirksam, weil der Fall des unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Minderungsrechts nicht ausdrücklich in der Klausel geregelt ist.

435a

Die Minderung kann jedoch wie folgt eingeschränkt werden: – Sie kann von formellen Voraussetzungen, etwa einer befristeten Ankündigung, abhängig gemacht werden. – Sie kann auf bestimmte Mietanteile (etwa auf die Grundmiete) beschränkt werden. – Sie kann bezüglich bestimmter Mängel, die vom Vermieter nicht zu vertreten sind, gänzlich ausgeschlossen werden (streitig, s. Rn. VIII 436). Die Klausel „Das Recht zur Minderung ist von einer vorherigen Feststellung durch einen von der IHK zu benennenden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen abhängig, es sei denn, die Vermieterin stimmt der geltend gemachten Minderung zu“ ist dahin auszulegen, dass der die Gebrauchstauglichkeit mindernde Mangel gutachterlich bestätigt sein muss. Den Parteien bleibt es nicht unbenommen, noch weitere Mängel vorzutragen, die mit den im Gutachten behandelten Komplexen zusammenhängen. Die Klausel hat nämlich auch den Sinn, weiteren Streit zwischen den Parteien über die vom Gutachter nicht geklärten Punkte zu vermeiden, BGH – Urt. v. 21.9.2005 – MDR 2006, 506 = NZM 2006, 54.

1 Die Klausel lautete: „Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins ... nicht aufrechnen und auch kein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen.“ 2 Die Klausel in einem Mietvertrag über Gewerberaum lautet: „Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins oder sonstigen Forderungen des Vermieters aus diesem Vertrag weder ein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrechtrecht ausüben noch mit einer bestrittenen oder nicht rechtskräftig festgestellten Gegenforderung aufrechnen.“

1160

Abdingbarkeit von Gewährleistungsrechten

Rn. VIII 436a

Allerdings soll bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum die Minderung auf solche Mängel beschränkt werden können, an deren Entstehen und Fortdauer den Vermieter ein Verschulden trifft,1

436

KG – Urt. v. 29.11.2000 – GE 2001, 345, OLG Hamburg – Urt. v. 2.4.2003 – ZMR 2004, 432 für den Ausschluss der Minderung durch Bauarbeiten in der Nachbarschaft, Verkehrsumleitungen, Straßensperrungen u.Ä.; anders LG Hamburg NZM 2004, 948 = WuM 2004, 601 = ZMR 2005, 50.

Gegen derartige – auch nur teilweise – formularmäßige Beschränkungen bestehen selbst bei Mietverhältnissen über Gewerberäume Bedenken.2 Das Institut der Minderung ist nämlich Ausdruck des Äquivalenzprinzips – des „do ut des“ –, das das Vertragsrecht beherrscht. Dem hat sich der BGH angeschlossen, BGH – Urt. v. 23.4.2008 – NZM 2008, 609: Eine vom Vermieter in einem Gewerbemietvertrag verwendete Formularklausel, nach der eine Minderung der Miete ausgeschlossen ist, wenn die Nutzung der Räume durch Umstände beeinträchtigt wird, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, ist im Zweifel dahin auszulegen, dass sie die Minderung insoweit vollständig ausschließt und dem Mieter nicht die Möglichkeit der Rückforderung der Miete nach § 812 BGB belässt. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deswegen unwirksam.3 BGH – Urt. v. 12.3.2008 – MDR 2008, 909 = NZM 2008, 522: Eine vom Vermieter von Gewerberaum verwendete Formularklausel, nach der der Mieter gegenüber den Ansprüchen des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses kein Minderungsrecht wegen Mängeln der Mietsache geltend machen kann, es sei denn, der Vermieter hat die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten, ist im Zweifel dahin auszulegen, dass sie die Minderung wegen sonstiger Mängel vollständig ausschließt und dem Mieter auch nicht die Möglichkeit der Rückforderung der Miete nach § 812 BGB verbleibt. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deswegen unwirksam.

Fraglich ist, ob die Beschränkung der Minderungsbefugnis auf die Nettokaltmiete zulässig ist; denn eine derartige Klausel schließt die Mietminderung wegen eines Teils der Miete aus, was unzulässig sein dürfte (s. Rn. VIII 264a). Dafür kann auch nicht sprechen, dass lange Zeit überwiegend die Auffassung vertreten wurde, dass die Minderung von der Nettokaltmiete zu berechnen sei; denn das hieße, sich einer besseren Erkenntnis für die Klauselbewertung zu verschließen. Zulässig soll ferner sein, die Minderung formularmäßig an eine Ankündigungsfrist und an die Zustimmung des Vermieters zu knüpfen, KG – Urt. v. 29.11.2000 – GE 2001, 345. 1 Woitkewitsch ZMR 2004, 401; a.A. Langenberg ZMR 2005, 52. 2 So auch Herrlein/Kandelhard BGB § 536 Rn. 63. 3 Die Klausel lautet: „Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Bauarbeiten in der Nachbarschaft usw.), die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird (z.B. Umsatz- und Geschäftsrückgang).“

1161

436a

Rn. VIII 437

Gewährleistung

Das Zustimmungserfordernis benachteiligt den Mieter schon deshalb unangemessen, weil es an keine rechtlichen Grenzen gebunden ist und bei kundenfeindlichster Auslegung den Mieter der Willkür des Vermieters aussetzt. Ähnlich ist für eine Aufrechnungsklausel entschieden worden, s. Rn. II 110. 437

Die Beschränkung der Mietminderung im Mietvertrag über Gewerberaum auf den Fall des vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verzuges des Vermieters mit der Mängelbeseitigung soll gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) verstoßen, wenn sie sich im Einzelfall auf Mängel erstreckt, deren Vermeidung nach dem Vertragszweck unbedingt geboten ist (Kardinalpflicht), so OLG Naumburg – Urt. v. 12.8.1999 – WuM 2000, 241 = ZMR 2000, 383 für Dichtigkeit des Daches und Beheizbarkeit des Mietobjekts.

Zur weiteren Wirksamkeit eines Minderungsausschlusses bei Vermögensverfall des Vermieters s. OLG Stuttgart – Urt. v. 22.9.2008 – NZM 2009, 32.

c) Garantiehaftung 438

Die Garantiehaftung des Vermieters ist auch bei der Wohnraummiete abdingbar, s. Rn. II 160. Ein Ausschluss bezieht sich auch auf Ansprüche aus Gesundheitsgefährdungen des Mieters, z.B. bei einer Schadstoffbelastung der Mieträume, BGH – Urt. v. 3.7.2002 – NZM 2002, 784 = ZMR 2002, 899.

Zur Auslegung einer Ausschlussklausel s. OLG Karlsruhe – Urt. v. 31.5.2006 – ZMR 2009, 33. d) Verschuldenshaftung 439

Problematisch ist die Freizeichnung bzw. der Haftungsausschluss/die Haftungsbeschränkung für schuldhaft verursachte Schäden, soweit es sich nicht um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Vermieters handelt und der Haftungsausschluss/die Haftungsbeschränkung die Erreichung des Vertragszwecks gefährden würde (s. Rn. II 154, 167 f.).1 Sie sind grundsätzlich unzulässig, – wenn es sich um sog. Kardinalpflichten des Vermieters handelt: BGH – Urt. v. 11.11.1992 – NJW 1993, 335 = MDR 1993, 212, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.1993 – DWW 1993, 197,

– wenn es um den Ausschluss oder die Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit wegen (auch nur fahrlässiger) Pflichtverletzungen geht (§ 309 Nr. 7a BGB). 440

Zur ersteren Fallgruppe zählt etwa der Haftungsausschluss bei – nicht rechtzeitiger Übergabe der Mieträume, OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.1993 – DWW 1993, 197, 1 Kritisch und differenzierend zu § 536a BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 25; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Rn. 176; Formulierungsvorschläge bei Joachim NZM 2003, 387, 391.

1162

Abdingbarkeit von Gewährleistungsrechten

Rn. VIII 443

– Übertragung der Pflicht auf den Mieter, die für den Betrieb des Mietobjekts erforderlichen behördlichen Erlaubnisse auf seine Kosten und sein Risiko beizubringen, BGH – Urt. v. 22.6.1988 – NJW 1988, 2664, BGH – Urt. v. 27.1.1993 – ZMR 1993, 320, LG Düsseldorf NZM 2002, 787, LG Berlin NZM 2002, 787 = ZMR 2002, 271,

– Freizeichnung des Vermieters von Wohnraum von der Pflicht zum Schadensersatz für Schäden an Sachen des Mieters,1 BGH – RE v. 24.10.2001 – NZM 2002, 116 = WuM 2002, 141 = ZMR 2002, 184: Der formularvertragliche Ausschluss von Schadensersatzansprüchen des Mieters gegen den Vermieter wegen Sachschäden, welche durch Mängel der Mietsache verursacht sind, für die der Vermieter auf Grund leichter Fahrlässigkeit einzustehen hat, ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB) unwirksam.2

Typisch für diese Fälle ist, dass es sich um Umstände aus dem Verantwortungs- und Risikobereich des Vermieters handelt, die der Mieter nicht beeinflussen und gegen deren Gefahren er sich auch nicht versichern kann. Die zweite Fallgruppe ist durch die Neufassung des Gesetzes geregelt (§ 309 Nr. 7 BGB). Nicht zwingend erforderlich ist, dass sich die Klausel ausdrücklich auf den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung für Körper- oder Gesundheitsschäden bezieht. Vielmehr genügt es, wenn solche Schäden von der Klausel mit erfasst werden, insbesondere wenn sie typischerweise mit dem Risiko, von dem sich der Vermieter freizeichnen will, verbunden sind.

441

Das betrifft etwa die Freizeichnung für Schäden durch Feuchtigkeit, Schwamm und Feuer (zur sog. Sottklausel s. Rn. II 170). e) Verzugshaftung Auch für die Haftung wegen Verzuges mit der Mängelbeseitigung kann sich der Vermieter formularmäßig nicht generell freizeichnen (§ 309 Nr. 7b BGB).3 Das betrifft auch dessen Pflicht zur rechtzeitigen Übergabe, bei der es sich um eine Kardinalpflicht handelt (s. Rn. II 255),

442

OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.3.1993 – DWW 1993, 197.

f) Aufwendungsersatz Der Anspruch des Mieters auf Aufwendungsersatz nach § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB ist in dem Umfang abdingbar, in dem dies für die Verzugshaftung möglich ist. Auch in diesem Zusammenhang geht es um den Haftungsausschluss wegen fahrlässigen Verhaltens. Hier gilt Entsprechendes wie für die Verschul-

1 S. dazu Joachim NZM 2003, 387, 389. 2 Die Klausel lautet: „Führt ein Mangel des Mietobjekts zu Sach- oder Vermögensschäden, so haftet der Vermieter gegenüber dem Mieter ... für diese Schäden – auch aus unerlaubter Handlung – nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.“ 3 Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536a Rn. 177.

1163

443

Rn. VIII 444

Gewährleistung

denshaftung.1 Dagegen kann der Anspruch auf Aufwendungsersatz bei Notreparaturen (§ 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB) formularmäßig nicht abbedungen werden; denn es wäre grob unbillig, den Mieter auch dann die Kosten einer Notreparatur tragen zu lassen, wenn er diese nicht verschuldet hat. Das liefe auf eine unzulässige Gefährdungshaftung hinaus,2 s. auch LG Karlsruhe WuM 1984, 214 zur Unzulässigkeit des Ausschlusses des Aufwendungsersatzanspruchs des Mieters im Fall einer Selbstbeseitigung des Mangels; ferner AG Dortmund WuM 1993, 606 zur Formularklausel, nach der der Mieter nicht berechtigt ist, Mängel auf Kosten des Vermieters zu beseitigen, wenn sich die Ausführung der Reparaturarbeiten verzögerten.

Da die Klauseln auch Notvornahmen i.S. von § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB erfassen und eine geltungserhaltende Reduktion bis auf den Fall einer unverschuldeten Verhinderung des Vermieters oder auf dessen Verzug ohne inhaltliche Veränderung der Klauseln nicht möglich ist, sind sie nach § 307 Abs. 1 BGB insgesamt unwirksam. g) Kündigung 444

Die Kündigungsbefugnis nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kann bei der Wohnraummiete nicht – auch nicht durch eine Individualvereinbarung – abbedungen werden (§ 569 Abs. 5 BGB). Bei der Gewerberaummiete kann die Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Mängeln, die der Vermieter zu vertreten hat oder mit deren Beseitigung er in Verzug ist, nicht formularmäßig ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 8a BGB). Im kaufmännischen Verkehr gilt diese Regelung über § 307 BGB,3 BGH – Urt. v. 24.10.2007 – ZMR 2008, 274 = MietRB 2008, 103 (Bieber): Eine Klausel im Mietvertrag über Gewerberäume, nach der der Mieter zur Einholung einer bauaufsichtsamtlichen Genehmigung für den Fall von baulichen Änderungen verantwortlich ist, ist unwirksam, da im Falle der Verweigerung der Genehmigung nicht nur die Gewährleistungsansprüche, sondern auch das Kündigungsrecht des Mieters ausgeschlossen sei.4

Das Kündigungsrecht wegen Gesundheitsgefährdung ist bei der Wohnraummiete schlechthin nicht abdingbar (s. § 569 Abs. 1 S. 2, 5 BGB). Bei der Gewerberaummiete verstößt jedenfalls ein formularmäßiger Ausschluss wegen der sozialpolitischen Bedeutung der Vorschrift gegen § 307 BGB.

1 So auch Staudinger/Emmerich BGB § 536a Rn. 45; für Unabdingbarkeit: Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536a Rn. 178. 2 S. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 536a Rn. 178; auch Erman/Jendrek BGB § 536b Rn. 26. 3 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 543 Rn. 208; s. auch Staudinger/Emmerich BGB § 543 Rn. 100. 4 Die Klausel lautet: „Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, dass die gemieteten Räume den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat die behördlichen Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen.“

1164

Abdingbarkeit von Gewährleistungsrechten

Rn. VIII 445

h) Gewährleistungsausschluss Auch die Verwirkung von Gewährleistungsrechten kann formularmäßig beschränkt werden. Die Formularklausel „Auch wiederholt geübte Nachsicht gilt nicht als stillschweigende Duldung von Vertragsverstößen und Versäumnissen; irgendwelche Rechte können daraus nicht hergeleitet werden.“ wird sich zwar in erster Linie auf Vertragsverstöße des Mieters beziehen. Sie betrifft aber auch gleichermaßen den Fall, dass der Mieter bei Vertragsverstößen oder Versäumnissen des Vermieters Nachsicht übt, etwa weil dieser den vertraglich geschuldeten Gebrauch ganz oder teilweise nicht mehr gewährt,1 BGH – Urt. v. 22.10.2003 – NZM 2004, 27 zum Ausschluss der analogen Anwendung des § 539 BGB a.F. bei vorbehaltloser Mietzahlung.

1 Zum Fall: Dem Mieter war die zu Gastronomiezwecken mitvermietete Innenhoffläche entzogen worden; trotzdem zahlte er die Miete noch 10 Monate vorbehaltlos weiter. Im Gegensatz zur Vorinstanz hielt der BGH die vom Mieter dann vorgenommene Minderung nicht (analog § 539 BGB a.F.) für verwirkt.

1165

445

IX. Schönheitsreparaturen

1

Die am 1.9.2001 in Kraft getretene Mietrechtsreform hat das Rechtsgebiet der Schönheitsreparaturen nicht geregelt. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, für die Vielzahl der in der Praxis vorkommenden unterschiedlichen Sachverhalte eine interessengerechte und ausgewogene Lösung für beide Vertragspartner zu finden.1 Von besonderer Bedeutung war aber auch, dass jede Regelung den gegenwärtigen gesetzlichen Status, der ein mieterfreundliches Leitbild abgibt, zum Nachteil des Mieters geändert hätte.2 Die Änderungen durch die Schuldrechtsmodernisierung wirken sich vor allem auf den Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen aus.

1. Begriff der Schönheitsreparaturen a) Beseitigung von Abnutzungserscheinungen durch vertragsgemäßen Gebrauch 2

Schönheitsreparaturen zählen zur Instandhaltungspflicht des Vermieters nach § 535 BGB; sie beschränken sich darauf, Abnutzungserscheinungen zu beseitigen, die den optischen Eindruck der Mieträume beeinträchtigen; sie dienen der Erhaltung der Wohnlichkeit, BGH – Urt. v. 15.11.1967 – BGHZ 49, 56, 58 = NJW 1968, 491 = WuM 1968, 76, BGH – Urt. v. 8.10.2008 – GuT 2008, 484 = GE 2009, 111: „... Maßnahmen zur Erhaltung eines ansprechenden äußeren Erscheinungsbildes der Mieträume durch Beseitigung der Spuren des vertragsgemäßen Gebrauchs.“

3

Mit der Erhaltungspflicht des Vermieters korrespondiert, dass sich Schönheitsreparaturen nur auf die Beseitigung von Abnutzungsschäden durch vertragsgemäßen Gebrauch oder durch solche Umstände beziehen, die der Mieter nicht zu vertreten hat, BGH – Urt. v. 5.10.1994 – WM 1996, 91 = ZMR 1995, 577, BGH – Urt. v. 8.10.2008 – GuT 2008, 484 = GE 2009, 111, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – MDR 2003, 23 = WuM 2002, 545: Unter Schönheitsreparaturen sind die Dekorationsmaßnahmen zu verstehen, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, also ihren Verschleiß, erforderlich werden.

4

Dementsprechend ist es Sache des Vermieters, Renovierungsschäden zu beseitigen, die durch Umweltereignisse verursacht worden sind.3 Ebenso verhält es sich mit Gebäudeschäden, die der Mieter, der die Schönheitsreparaturen vertraglich übernommen hat, nicht zu vertreten hat,

1 Langenberg NZM 2005, 801: Zur Kodifizierung des Rechts der Schönheitsreparaturen. 2 Rechtsausschuss Bundestags-Drucks. 14/5663 S. 75, 76. 3 S. Sternel WuM 2002, 589: Schönheitsreparaturen nach Hochwasserschäden.

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Begriff der Schönheitsreparaturen

Rn. IX 6

BGH – Urt. v. 25.2.1987 – ZMR 1987, 257 für unverschuldeten Brandschaden, BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 für die Folgen von Fogging, selbst wenn ein im Rahmen des vertragsmäßigen Gebrauchs liegendes Verhalten des Mieters hierfür ursächlich war;1 LG Mannheim ZMR 1993 S. XIV Nr. 8: Wird die Wohnung durch einen Wassereinbruch geschädigt, so ist der Vermieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auch dann verpflichtet, wenn diese nach dem Vertrag dem Mieter obliegen und die Arbeiten zum Schadenszeitpunkt fällig waren; LG Duisburg ZMR 2003, 739 = WuM 2003, 494: Der Vermieter kann nicht geltend machen, der Mieter sei im Rahmen seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen für die Beseitigung von Wohnungsschwärzungen verantwortlich. Schönheitsreparaturen umfassen (nur) die Beseitigung der auf dem normalen Abwohnen beruhenden Dekorationsmängel. Bei dem Phänomen der Wohnungsschwärzung liegt ein solcher Abnutzungsschaden nicht vor.

Das Gleiche gilt für Renovierungsmängel, die auf vorangegangene Sanierungsmaßnahmen des Vermieters zurückzuführen sind, LG/OLG Nürnberg – Urt. v. 14.7.1992 – WuM 1993, 121, 122.

Für sonstige Schäden, die auf übermäßiger Abnutzung oder sonst schuldhaftem Verhalten des Mieters beruhen, haftet dieser auf Grund einer Pflichtverletzung nach § 280 BGB,

5

BGH – Urt. v. 5.10.1994 – WuM 1996, 91 = ZMR 1995, 577: Schadensersatzansprüche des Vermieters aus sog. positiver Vertragsverletzung kommen in Betracht, wenn der Mieter die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs überschreitet und dadurch die Mietsache beschädigt.

Andere Abnutzungserscheinungen, die auf vertragsgemäßen Gebrauch zurückzuführen sind, braucht der Mieter nicht zu beseitigen. Das folgt aus § 538 BGB (s. § 548 BGB a.F.), KG – Urt. v. 29.3.2004 – NZM 2005, 181 = ZMR 2004, 578: Die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen kann entfallen, weil deren Notwendigkeit durch den Vermieter oder ihm zurechenbares Verhalten Dritter verursacht worden ist.

Beispiele aus der Rspr.: OLG Köln – Urt. v. 29.4.1994 – WuM 1995, 582: Ränder von Blumentöpfen auf der Fensterbank, Löcher für Dübel zum Anbringen von Hängeschränken und Gardinenstangen, OLG Karlsruhe – Urt. v. 26.9.1996 – WuM 1997, 211 für Parkettabnutzung durch Pfennigabsätze bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921 für Kratzer und Schrammen auf dem Parkett im Eingangsbereich der Wohnung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.5.2008 – GuT 2008, 204: Verschmutzungen und mechanische Beschädigungen in einer Lagerhalle, die zum Betrieb einer Kfz-Instandsetzungswerkstatt vermietet worden war; ebenso schon OLG Saarbrücken – Urt. v. 25.11.1987 – NJW-RR 1988, 652 = WuM 1989, 133, LG Köln WuM 1999. 234, AG Neustadt a. Rbge. WuM 2002, 233 für kleine, stecknadelkopfgroße Emailleabplatzungen, 1 Zum Fall: Ausstattung der Wohnung mit handelsüblichem Teppichboden, Streichen der Wände mit handelsüblichen Farben, Reinigen der Fenster im Winter.

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6

Rn. IX 7

Schönheitsreparaturen

s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.4.2004 – NZM 2004, 584 = ZMR 2004, 573, 574 für Ausdünstungen durch vertragsgemäße Lagerung von Tee in Gewerberäumen.

7

Auch Nikotinablagerungen oder -verfärbungen rechnen zu den Spuren vertragsgemäßer Abnutzung, da Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch zählt (s. dazu Rn. VI 263).1 Das soll selbst bei starkem und exzessivem Rauchen gelten, sofern keine abweichenden Vereinbarungen über das Rauchen in der Wohnung getroffen worden sind und die Spuren durch Schönheitsreparaturen wie Tapezieren, Streichen von Wänden und Lackieren der Holzteile beseitigt werden können, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513 = ZMR 2006, 843, BGH – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 318 = WuM 2008, 213 = ZMR 2008, 524 = MietRB 2008, 161 (Dötsch); so bisher schon LG Saarbrücken WuM 1998, 689, LG Köln NZM 1999, 456, LG Hamburg WuM 2001, 469, LG Karlsruhe WuM 2002, 50, AG Esslingen ZMR 2005, 199.

Der Mieter, der die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam übernommen hat, muss deshalb die durch Rauchen verursachten Ablagerungen und Verfärbungen im Rahmen seiner Renovierungspflicht beseitigen und trägt für darüber hinausgehende Abnutzungsschäden die Kosten,2 s. auch LG Koblenz ZMR 2006, 288, AG Bremerhaven WuM 2006, 219.

Je nach Stärke der Ablagerungen und Verfärbungen können Schönheitsreparaturen schon vor Ablauf der allgemeinen Renovierungsfristen fällig werden.3 Darüber hinaus ist der Mieter verpflichtet, die Mehrkosten zu tragen, die durch starke Nikotinvergilbungen eingetreten sind, selbst wenn er im Übrigen zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet ist, AG Bremerhaven WuM 2006, 219.

8

Von den Schönheitsreparaturen werden weiter gehende Instandsetzungsarbeiten, z.B. Putz- und Isolier- oder Maurerarbeiten, Ausbesserungsarbeiten am Parkett, nicht erfasst, KG – Urt. v. 8.1.1981 – GE 1981, 1065, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56 für Behebung an Feuchtigkeits- und Putzschäden, ferner Holzschäden an der Außenseite der Fenster, LG Berlin NZM 2002, 909 für Behebung von sog. Untergrundschäden an Holz, Putz und Mauerwerk.

Es werden aber die Kleinarbeiten mit erfasst, die üblicherweise vom Malerhandwerk miterledigt werden, KG – Urt. v. 8.1.1981 – GE 1981, 1065 für durch Alterung entstandene Risse an der Decke.

Andererseits hat der Mieter grundsätzlich auch dekorative Vorschäden mit zu beheben (s. Rn. IX 51). 1 Ausführlich dazu: Stapel NZM 2000, 595; Stangl ZMR 2002, 734. 2 Beispiel: Kosten für das Abwaschen der Wände mit Lösungsmitteln, Isolierung der Wände gegen das Durchschlagen der Nikotinablagerungen. S. dazu auch Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I 25. 3 So wohl auch Pfeilschifter WuM 2003, 543.

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Begriff der Schönheitsreparaturen

Rn. IX 10

Ist nichts vereinbart und bestehen keine abweichenden örtlichen Gepflogenheiten, so richtet sich der Inhalt der Schönheitsreparaturen an der Begriffsbestimmung in § 28 Abs. 4 Satz 5 II. BV aus,1 BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = WuM 1985, 46, KG – Urt. v. 12.11.1973 – MDR 1974, 319, OLG Hamm – RE v. 22.3.1991 – WuM 1991, 248.

Das gilt im Zweifel auch für Mietverhältnisse über Gewerberäume, wenn die Parteien keine abweichenden Regelungen getroffen haben, BGH – Urt. v. 8.10.2008 – GuT 2008, 484 = GR 2009, 111, KG – Urt. v. 29.3.2004 – NZM 2005, 181 = ZMR 2004, 578.

Ohne ausdrückliche Vereinbarung gehören daher nicht zu den Schönheitsreparaturen: Streichen der Fenster von außen sowie der Balkongitter, Abschleifen des Parketts, Schamponieren von Teppichböden oder deren Erneuerung,

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KG – Urt. v. 8.1.1981 – GE 1981, 1065 für Instandhaltungsarbeiten am Parkett, KG – Urt. v. 17.9.2007 – GE 2008, 987: Streichen der Fenster von außen, AG Brühl, LG Köln WM 1994, 200, LG Osnabrück WuM 2001, 438 f. für Abschleifen von Parkett, AG/LG Marburg ZMR 2000, 539 für Anschleifen, Grundieren und Lasieren einer Holzvertäfelung, LG Bautzen WuM 2001, 279 für Wiederherstellung der Fensterdichtungen oder Glasverkittung, LG Nürnberg ZMR 2005, 622: Lackieren von Wandschränken (aber fraglich), AG Hannover WuM 2007, 406: Streichen der Falze an der Fensterinnenseite (aber fraglich), OLG Hamm – RE v. 22.3.1991 – WuM 1991, 248 = ZMR 1991, 219 für Erneuerung eines verschlissenen Teppichbodens bei der Wohnraummiete, OLG Stuttgart – Urt. v. 6.3.1995 – NJW-RR 1995, 1101 und OLG Celle – Urt. v. 20.11.1996 – NZM 1998, 158 für Erneuerung eines Teppichbodens bei Vermietung von Gewerberaum, gegen OLG Düsseldorf – Urt. v. 9.2.1989 – WuM 1989, 508, OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.5.2008 – GuT 2008, 204 = ZMR 2008, 890 für den Austausch eines PVC-Bodenbelages, sofern der Mietvertrag hierüber keine Regelung enthält.

Statt des Streichens von Fußböden kommt die (chemische) Reinigung von Teppichböden in Betracht,2 BGH – Urt. v. 8.10.2008 – GuT 2008, 484 = GR 2009, 111: Staubsaugen reicht nicht,3 s. auch LG Görlitz WuM 2000, 570 für Wohnraummiete: Vereinbarung erforderlich.

1 Die Bestimmung lautet: „Schönheitsreparaturen umfassen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.“ S. dazu ausführlich Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I 2 f.; Staudinger/ Emmerich BGB § 535 Rn. 102; Goch WuM 2004, 513, 515 m.w.N.; ferner Kinne ZMR 2003, 8, 9; Kraemer NZM 2003, 417, 418. 2 Kraemer WuM 1991, 237; Wolf WPM 1990, 1769. 3 Anders Kinne ZMR 2003, 8, 9: Es genügt die Reinigung mit einem handelsüblichen Staubsauger.

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Rn. IX 11

Schönheitsreparaturen

Statt des Kalkens ist ein Anstrich in der gegenwärtig üblichen wischfesten Farbqualität geschuldet, s. AG/LG Köln WuM 2007, 125 bei Verwendung von Leimfarbe, was nicht vertragsgerecht ist.

11

Der in Mietverträgen, die in den neuen Bundesländern vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden sind, verwendete Begriff der „malermäßigen Instandsetzung“ ist mit dem Begriff „Schönheitsreparaturen“ identisch, LG Berlin GE 1997, 807, GE 1998, 247, LG Bautzen WuM 2001, 279.

Das besagt aber noch nichts über den Umfang der Renovierungspflicht bei Vertragsende, wenn ein sog. Altvertrag vorliegt (s. dazu Rn. IX 125). b) Vertragliche Erweiterung 12

Der Umfang der Schönheitsreparaturen kann individualvertraglich erweitert werden, für preisgebundenen Wohnraum aber nicht über die Übernahme laufender Schönheitsreparaturen in § 28 Abs. 4 II. BV hinaus. Für Formularklauseln in Mietverträgen über preisfreien Wohnraum gilt die Regelung in § 28 Abs. 4 II. BV als Leitlinie zur Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480.

Ob darüber hinaus eine Erweiterung zulässig ist, ist zweifelhaft; verneinend: KG – Beschl. v. 17.9.2007 – GE 2008, 987: Bei Wohnraummietverhältnissen ist die (formularvertragliche) Erweiterung der vom Mieter als Schönheitsreparaturen auszuführenden Arbeiten über den Katalog des § 28 Abs. 4 II. BV hinaus gemäß § 307 BGB unzulässig. So auch LG Berlin WuM 1994, 497, GE 1998, 478; LG Regensburg ZMR 2003, 933; bejahend: OLG Celle – Urt. v. 21.6.2001 – NZM 2001, 850 = WuM 2001, 393, 395 = ZMR 2001, 612 für Teppichreinigung.

Formularklauseln, die nicht nur ganz unerheblich darüber hinausgehende Renovierungspflichten dem Mieter aufbürden, sind wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot unwirksam und führen zugleich zur Unwirksamkeit der Klausel über die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter (s. Rn. IX 37). 13

Zu erwägen ist, ob einzelne Teile der Renovierungspflicht gemäß dem bluepencil-Test herausgelöst werden können (Rn. II 53), ohne die Renovierungspflicht im Kern zu verändern. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die die Gesamtbelastung des Mieters im Auge behält, liegt es indes näher, auf der Grundlage des Summierungseffekts von einer Gesamt-Unwirksamkeit der Klausel auszugehen.

2. Schönheitsreparaturen durch den Vermieter 14

Die Schönheitsreparaturen obliegen als Teil der Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Vermieter. Der gesetzliche Grundsatz ist aber durch die Vertragspraxis in sein Gegenteil verkehrt (s. Rn. IX 24, 29). Jedoch kann sich 1170

Rn. IX 11

Schönheitsreparaturen

Statt des Kalkens ist ein Anstrich in der gegenwärtig üblichen wischfesten Farbqualität geschuldet, s. AG/LG Köln WuM 2007, 125 bei Verwendung von Leimfarbe, was nicht vertragsgerecht ist.

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Der in Mietverträgen, die in den neuen Bundesländern vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden sind, verwendete Begriff der „malermäßigen Instandsetzung“ ist mit dem Begriff „Schönheitsreparaturen“ identisch, LG Berlin GE 1997, 807, GE 1998, 247, LG Bautzen WuM 2001, 279.

Das besagt aber noch nichts über den Umfang der Renovierungspflicht bei Vertragsende, wenn ein sog. Altvertrag vorliegt (s. dazu Rn. IX 125). b) Vertragliche Erweiterung 12

Der Umfang der Schönheitsreparaturen kann individualvertraglich erweitert werden, für preisgebundenen Wohnraum aber nicht über die Übernahme laufender Schönheitsreparaturen in § 28 Abs. 4 II. BV hinaus. Für Formularklauseln in Mietverträgen über preisfreien Wohnraum gilt die Regelung in § 28 Abs. 4 II. BV als Leitlinie zur Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480.

Ob darüber hinaus eine Erweiterung zulässig ist, ist zweifelhaft; verneinend: KG – Beschl. v. 17.9.2007 – GE 2008, 987: Bei Wohnraummietverhältnissen ist die (formularvertragliche) Erweiterung der vom Mieter als Schönheitsreparaturen auszuführenden Arbeiten über den Katalog des § 28 Abs. 4 II. BV hinaus gemäß § 307 BGB unzulässig. So auch LG Berlin WuM 1994, 497, GE 1998, 478; LG Regensburg ZMR 2003, 933; bejahend: OLG Celle – Urt. v. 21.6.2001 – NZM 2001, 850 = WuM 2001, 393, 395 = ZMR 2001, 612 für Teppichreinigung.

Formularklauseln, die nicht nur ganz unerheblich darüber hinausgehende Renovierungspflichten dem Mieter aufbürden, sind wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot unwirksam und führen zugleich zur Unwirksamkeit der Klausel über die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter (s. Rn. IX 37). 13

Zu erwägen ist, ob einzelne Teile der Renovierungspflicht gemäß dem bluepencil-Test herausgelöst werden können (Rn. II 53), ohne die Renovierungspflicht im Kern zu verändern. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die die Gesamtbelastung des Mieters im Auge behält, liegt es indes näher, auf der Grundlage des Summierungseffekts von einer Gesamt-Unwirksamkeit der Klausel auszugehen.

2. Schönheitsreparaturen durch den Vermieter 14

Die Schönheitsreparaturen obliegen als Teil der Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Vermieter. Der gesetzliche Grundsatz ist aber durch die Vertragspraxis in sein Gegenteil verkehrt (s. Rn. IX 24, 29). Jedoch kann sich 1170

Schönheitsreparaturen durch den Vermieter

Rn. IX 16

die Verpflichtung des Vermieters sekundär aus Anlass von Instandsetzungsoder Modernisierungsmaßnahmen ergeben, insbesondere wenn es sich um einen Haftungsfall nach § 536a BGB handelt. Aber auch in den Fällen, in denen Dekorationsschäden eintreten, die nicht auf vertragsgemäßer Abnutzung beruhen und die der Mieter nicht zu vertreten hat – z.B. durch Brand oder Hochwasser –, greift die Renovierungspflicht des Vermieters ein. Von besonderer Aktualität sind diejenigen Fälle, in denen dem Mieter zwar die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen worden sind, die hierauf bezogene Vereinbarung oder Formularklausel jedoch unwirksam ist, so dass der Vermieter alsdann renovierungspflichtig ist (zu den Rechtsfolgen s. Rn. IX 43 f.). a) Ausführung Der Vermieter muss neutrale Tapeten verwenden, die generell jedem Mieter zugemutet werden können. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Anbringung von Textiltapeten, insbesondere nicht auf solche, die möglicherweise auf umweltschädlichem Polyvinylchlorid basieren,

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AG Schöneberg WuM 1989, 560.

Im Rahmen der Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) ist er gehalten, die Wünsche des Mieters zu berücksichtigen, sofern diese nicht zu Mehrkosten führen und eine spätere Neuvermietung erschweren. Werden nur Teile des Mietobjekts beschädigt, so kann fraglich sein, ob der Vermieter lediglich diese oder aus Gründen der Ansehnlichkeit den gesamten Raum renovieren muss. Hier sind zunächst die Haftungsgrundlagen zu klären. Hat der Mieter renoviert und fällt der Schaden an der Dekoration in den Verantwortungsbereich des Vermieters, so schuldet er Schadensersatz; hat der Vermieter den Schaden nicht zu vertreten, so schuldet er nur die Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes.1 Ob der Vermieter eine Vollrenovierung oder eine Teilrenovierung schuldet, beurteilt sich letztlich nach Treu und Glauben und hängt von einer Reihe von Faktoren ab wie Ausmaß und optische Auswirkung des Schadens, Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Erfolg, Verschulden, einfache oder luxuriöse Wohnung, Höhe der Miete, Alter der Dekoration u.a. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Vermieter dem Mieter kein Flickwerk anbieten darf, ebenso wenig wie er sich damit zufrieden zu geben braucht. Es lässt sich die Parallele zu anderen Fällen der Instandsetzungspflicht des Vermieters ziehen, AG Köln WM 1997, 41: Sind nach einem Wasserrohrbruch im Bad einzelne Fliesen zu ersetzen, die farblich identisch im Handel nicht mehr erhältlich sind, so kann sich 1 Beispiel: Der Mieter hat die Wohnung raufasertapeziert hell gestrichen übernommen, jedoch aus Gründen eigenen Geschmacks eine wertvolle Seidentapete angebracht. Wird die Tapete infolge eines Wassereinbruchs verdorben und hat der Vermieter den Schaden zu vertreten, so schuldet er im Wege des Schadensersatzes die Wiederherrichtung mit Seidentapete. Hat er den Schaden nicht zu vertreten, so schuldet er nur die Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustandes, nämlich eine Tapezierung mit Raufaser.

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16

Rn. IX 17

Schönheitsreparaturen

der Vermieter darauf beschränken, die eine betroffene Wand vollständig neu zu verfliesen, s. dazu LG München I NZM 2005, 912. AG Hamburg-Altona NZM 2007, 515: Auch bei Instandsetzungsarbeiten (am PVCBoden) muss der Vermieter einen gewissen optischen Eindruck wahren und möglichst eine Anpassung an Farbe und Struktur der vorhandenen Fliesen anstreben. Der Mieter hat aber keinen Anspruch auf das Auswechseln des gesamten Fußbodens. Anders aber AG Neukölln GE 1998, 360: Der Vermieter erfüllt seine Instandsetzungspflicht nicht dadurch, dass er nach Sanierungsarbeiten nur eine Wand des Bades andersfarbig neu verfliest (grau/türkis); jedoch schränkt die Opfergrenze seine Verpflichtung ein.

Der Vermieter ist zur Renovierung nicht verpflichtet, wenn der Mieter ohnehin Schönheitsreparaturen hätte ausführen müssen, LG Aachen WuM 1991, 341: Schäden an der Dekoration der Wohnung infolge vom Vermieter durchgeführter baulicher Maßnahmen muss der Mieter im Zuge bereits fälliger, ihm obliegender Schönheitsreparaturen beseitigen.

Das gilt jedoch nicht für einen infolge der Vermieter-Maßnahmen entstandenen Mehraufwand. So bleibt etwa der Vermieter verpflichtet, die zur Durchführung von Schönheitsreparaturen geeignete Fläche herzustellen, AG Pinneberg ZMR 2004, 199: Waren die Flächen mit Raufasertapete versehen, die ohne weiteres hätte überstrichen werden können und durch bauseitige Schäden zerstört oder beschädigt worden ist, so schuldet der Vermieter zunächst eine Neutapezierung; der Neuanstrich ist dann Pflicht des Mieters.

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Erfüllt der Vermieter seine Pflicht zur Renovierung trotz Abmahnung nicht oder schlecht, so hat der Mieter einen Ersatzanspruch nach § 536a BGB, ohne das Verfahren nach § 281 BGB einhalten zu müssen, LG Berlin ZMR 2002, 825.

Aufwendungsersatz kann er nach § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB verlangen, wenn er den Vermieter zuvor wegen der Durchführung bestimmter Schönheitsreparaturen in Verzug gesetzt hat, was die Fälligkeit dieser Maßnahmen voraussetzt (s. dazu Rn. IX 73). b) Einfluss auf Mietänderungen 18

Hat der Vermieter vertraglich die Schönheitsreparaturen übernommen und macht er eine Mieterhöhung nach § 558 BGB (früher § 2 MHG) geltend, indem er sich auf einen Mietspiegel stützt, dem Mietwerte aus Mietverträgen zugrunde liegen, nach denen der Mieter die Schönheitsreparaturen ausführen muss, so soll zu den nach dem Mietspiegel ermittelten Mietwerten ein Zuschlag gemacht werden dürfen, der sich an den Ansätzen in § 28 Abs. 4 II. BV ausrichtet, OLG Koblenz – RE v. 8.11.1984 – WuM 1985, 15, LG München I – NZM 2002, 945.

Als Begründung wird die Parallele zur Mieterhöhung nach § 558 BGB (= § 2 MHG) gezogen, wenn einerseits eine Inklusivmiete vereinbart ist und andererseits ein Mietspiegel verwendet wird, der Nettokaltmieten ausweist: Auch hier werde ein Zuschlag zum – erhöhten – Nettokaltmietanteil zugelassen. 1172

Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 22

Diese Begründung überzeugt nicht; denn bei der Aufspaltung der Inklusivmiete in einen Nettokalt- und einen Betriebskostenanteil geht es darum, die Mietstruktur kompatibel zu machen, während der Renovierungskostenzuschlag die materielle Höhe der Vergleichsmiete beeinflusst und in keinem Kontext zum Vergleichsmaßstab (Mietspiegel) steht. Gleichwohl kann sich die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Vermieter auf das allgemeine Mietenniveau und über dieses wiederum auf die konkrete Vergleichsmiete auswirken. Das bedarf allerdings einer empirischen Überprüfung. Nicht systemkonform erscheint jedoch, die starren Kostenansätze des § 28 Abs. 4 II. BV auf die marktorientierte Vergleichsmiete aufzupfropfen (s. Rn. IV 186). Allein der Umstand, dass der Renovierungsaufwand Kalkulationsbestandteil der Renditeberechnung des Vermieters ist, sagt noch nichts darüber aus, ob und in welchem Umfang sich dieser Bestandteil am Mietenmarkt realisiert hat oder realisiert werden kann.1

19

Ein Renovierungskostenzuschlag wird sich künftig nicht mehr begründen lassen, nachdem der BGH dessen Berechtigung für den Fall verneint hat, dass eine Renovierungsklausel nach § 307 BGB unwirksam ist und die Renovierungslast vom Vermieter zu tragen ist (BGH – Urteile v. 9.7.2008 – DWW 2008, 256 = WuM 2008, 487; GE 2008, 1117 = NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560); denn dieser Zuschlag ist im Rahmen der Vergleichsmietenregelung systemfremd, wobei nicht erheblich ist, ob den Vermieter gewollt oder nicht die Renovierungspflicht trifft (s. Rn. IX 48 f.). Ob dies auch für Mietwohnraum mit Kostenmietbindung gilt, ist noch nicht abschließend geklärt,2

20

verneinend AG Schöneberg GE 2008, 1495 für Mieterhöhung.

Führt der Vermieter von preisgebundenem Wohnraum keine Schönheitsreparaturen durch, obwohl er hierzu verpflichtet wäre, so steht dem Mieter kein Anspruch auf Rückzahlung des für die Leistung des Vermieters ausgewiesenen Mietzinsanteils (Schönheitsreparaturzuschlag) zu, wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen selbst ausführt; denn die Rechtsfolgen sind allein gewährleistungsrechtlicher Art,

21

a.A. LG Nürnberg-Fürth WuM 1989, 169, vgl. auch LG Ravensburg WuM 1992, 128.

3. Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter a) Allgemeine rechtsgeschäftliche Voraussetzungen Die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist zwar verkehrsüblich; trotzdem ist eine eindeutige Vereinbarung erforderlich,

1 S. Hannemann, FS Blank, 2006, S. 189, 197; Emmerich NZM 2006, 761, 763, 764; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I 43. 2 Dagegen Wüstefeld WuM 2008, 697 insbesondere unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 Satz 1 NMV.

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Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 22

Diese Begründung überzeugt nicht; denn bei der Aufspaltung der Inklusivmiete in einen Nettokalt- und einen Betriebskostenanteil geht es darum, die Mietstruktur kompatibel zu machen, während der Renovierungskostenzuschlag die materielle Höhe der Vergleichsmiete beeinflusst und in keinem Kontext zum Vergleichsmaßstab (Mietspiegel) steht. Gleichwohl kann sich die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Vermieter auf das allgemeine Mietenniveau und über dieses wiederum auf die konkrete Vergleichsmiete auswirken. Das bedarf allerdings einer empirischen Überprüfung. Nicht systemkonform erscheint jedoch, die starren Kostenansätze des § 28 Abs. 4 II. BV auf die marktorientierte Vergleichsmiete aufzupfropfen (s. Rn. IV 186). Allein der Umstand, dass der Renovierungsaufwand Kalkulationsbestandteil der Renditeberechnung des Vermieters ist, sagt noch nichts darüber aus, ob und in welchem Umfang sich dieser Bestandteil am Mietenmarkt realisiert hat oder realisiert werden kann.1

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Ein Renovierungskostenzuschlag wird sich künftig nicht mehr begründen lassen, nachdem der BGH dessen Berechtigung für den Fall verneint hat, dass eine Renovierungsklausel nach § 307 BGB unwirksam ist und die Renovierungslast vom Vermieter zu tragen ist (BGH – Urteile v. 9.7.2008 – DWW 2008, 256 = WuM 2008, 487; GE 2008, 1117 = NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560); denn dieser Zuschlag ist im Rahmen der Vergleichsmietenregelung systemfremd, wobei nicht erheblich ist, ob den Vermieter gewollt oder nicht die Renovierungspflicht trifft (s. Rn. IX 48 f.). Ob dies auch für Mietwohnraum mit Kostenmietbindung gilt, ist noch nicht abschließend geklärt,2

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verneinend AG Schöneberg GE 2008, 1495 für Mieterhöhung.

Führt der Vermieter von preisgebundenem Wohnraum keine Schönheitsreparaturen durch, obwohl er hierzu verpflichtet wäre, so steht dem Mieter kein Anspruch auf Rückzahlung des für die Leistung des Vermieters ausgewiesenen Mietzinsanteils (Schönheitsreparaturzuschlag) zu, wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen selbst ausführt; denn die Rechtsfolgen sind allein gewährleistungsrechtlicher Art,

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a.A. LG Nürnberg-Fürth WuM 1989, 169, vgl. auch LG Ravensburg WuM 1992, 128.

3. Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter a) Allgemeine rechtsgeschäftliche Voraussetzungen Die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist zwar verkehrsüblich; trotzdem ist eine eindeutige Vereinbarung erforderlich,

1 S. Hannemann, FS Blank, 2006, S. 189, 197; Emmerich NZM 2006, 761, 763, 764; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I 43. 2 Dagegen Wüstefeld WuM 2008, 697 insbesondere unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 Satz 1 NMV.

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Rn. IX 23

Schönheitsreparaturen

BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = WuM 1987, 306, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 734 = WuM 2004, 529: Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist, wenn dies auch weiterhin der Vereinbarung bedarf, Verkehrssitte geworden, und die Vertragsparteien eines Wohnraummietvertrages sehen es als selbstverständlich an, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen zu tragen hat.

Die Vereinbarung muss in der Regel ausdrücklich getroffen sein, OLG Nürnberg – Urt. v. 6.3.1991 – ZMR 1991, 217.

Zur Auslegung und Bewertung von Formularklauseln s. Rn. IX 31 ff. 23

Fehlt eine klare Vereinbarung, führt der Mieter aber jahrelang Schönheitsreparaturen aus, so soll darin die Übernahme einer Verpflichtung liegen können, OLG Hamm DWW 1968, 115,1 OLG Frankfurt – Urt. v. 4.2.1981 – MDR 1981, 498.2

Eher ist darin eine bloße Freistellung des Vermieters zu sehen, LG Berlin MDR 1984, 316, WuM 1989, 232, AG Baden-Baden DWW 1988, 52.

Es bleibt nämlich offen, ob der Mieter – mehr oder weniger den Marktverhältnissen gehorchend – den Vermieter lediglich von dessen Renovierungspflicht freistellt oder eine Verpflichtung mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen eingehen will, was im Zweifel zu verneinen sein wird.3 Hat der Mieter während der Mietzeit zwei- bis dreimal renoviert, so sind damit seine Ansprüche gegenüber dem Vermieter, gerichtet auf künftige Renovierung, nicht verwirkt, LG Berlin NZM 2002, 946.

b) Zulässigkeit der formularmäßigen Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter 24

Die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist auch bei preisgebundenem Wohnraum sowie formularmäßig zulässig, BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = WM 1985, 46, BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 623 Tz. 11 = WuM 2006, 306 = ZMR 2006, 913, BGH – Urt. v. 16.9.2007 – NZM 2007, 921 Tz. 16 = WuM 2007, 682, BGH – Beschl. v. 18.11.2008 – WuM 2009, 36.

1 Zum Fall: Der Mieter war während der 12-jährigen Vertragszeit nie an den Vermieter wegen Schönheitsreparaturen herangetreten. Daraus ist auf eine Vermutung geschlossen worden, dass er die Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchführen lassen muss. 2 Zum Fall: Bei einem Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen auf Grund eines mündlichen Vertrages hatte der Vermieter während der 42-jährigen Vertragszeit niemals Schönheitsreparaturen durchgeführt; vielmehr waren diese von der Mieterin auf eigene Kosten vorgenommen worden. 3 S. dazu Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 121; Goch WuM 2004, 513.

1174

Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 26

Die Zulässigkeit1 wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Renovierungspflicht Kalkulationsbestandteil der Miete sei, BGH – RE v. 6.7.1988 – BGHZ 105, 71 f. III 1d, aa = NJW 1988, 2790 = WuM 1988, 294 = ZMR 1988, 455: Es widerspräche jeder ökonomischen Vernunft und Erfahrung, wollte man annehmen, dass ein Vermieter bei Vertragsabschluss auf diesen Teil des Mietentgelts (scil.: Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter) ersatzlos verzichten würde, wenn er die Schönheitsreparaturen nicht auf den Mieter abwälzen könnte, sondern selbst tragen müsste.

Die Übertragung dieser Pflicht auf den Mieter habe Entgeltcharakter. Würde der Vermieter die Schönheitsreparaturen ausführen, wäre die Miete entsprechend höher, wie auch aus § 28 Abs. 4 II. BV folge.2 Überdies entspreche die Übertragung der Verkehrsübung.3 Der Gefahr mangelnder Bestimmtheit der überbürdeten Leistung begegnet der BGH damit, dass zum Umfang der Schönheitsreparaturen auf § 28 Abs. 4 Satz 5 II. BV und zur Fälligkeit auf den Fristenplan im Mustermietvertrag 1976, herausgegeben vom BMJ, im Wege der Auslegung zurückgegriffen werden kann. Die Auffassung, nach der die Übernahme der laufenden Schönheitsreparaturen einen Teil des Mietentgelts darstellt, trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass bei einer bloß teilweisen Gebrauchsbeeinträchtigung lediglich der in Geld zu entrichtende Teil der Miete gemindert wird, nicht aber derjenige, der in einer Werkleistung besteht. Es wäre daher grundsätzlich zu fordern, dass bei vereinbarter Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ein Umrechnungsschlüssel vereinbart wird, der eine Berechnung der Minderungsquote wegen etwaiger Mängel unter Einbeziehung von Dienst-, Werk- und sonstigen Sachleistungen ermöglicht. Hinzu kommt, dass die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen zu einer Einschränkung der Gewährleistungsrechte führt, die bei der Wohnraummiete mit § 536 Abs. 4 BGB kaum zu vereinbaren ist.4

25

Auch bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung ist die formularmäßige Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter von Wohnraum zulässig;5 jedoch unterliegt seine Renovierungspflicht folgenden Schranken:

26

– Zwischen den Parteien gilt ein Fristenplan für Schönheitsreparaturen, – der Fristenlauf beginnt mit dem Mietverhältnis, – die Renovierungsfristen sind bei Mietende mindestens einmal abgelaufen, – der Anspruch des Mieters auf eine Anfangsrenovierung ist vertraglich ausgeschlossen oder verwirkt, 1 Zur Prüfungsreihenfolge und Auslegung s. Pfeilschifter WuM 2003, 543, 544, 547. 2 Das Argument trifft für die Kostenmiete zu, nicht jedoch für die Mieten für preisfreien Wohnraum. Dort mögen die Kosten der Schönheitsreparaturen Kalkulationsbestandteil der Renditeberechnung sein. Ob und in welchem Umfang sie sich als Miete am Mietenmarkt durchsetzen lässt, hängt von dessen Entwicklung ab; s. Hemming WuM 1987, 110; Hemming WuM 2005, 165, 166. 3 Kritisch zu dieser Argumentation: Hensen NZM 1999, 151 f. 4 Kraemer NZM 2003, 417, 419; kritisch auch Häublein ZMR 2009, 1, 5 Sp. 1. 5 Zu Recht ablehnend Lehmann-Richter NZM 2005, 691.

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Rn. IX 27

Schönheitsreparaturen

BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306, BGH – Urt. v. 20.10.2004 – NZM 2005, 58 = WuM 2005, 50 = ZMR 2005, 109, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NZM 2005, 376 = WuM 2005, 243 = ZMR 2005, 437, BGH – Beschl. v. 18.11.2008 – WuM 2009, 36.

27

Der Anspruch des Vermieters auf Durchführung von Schönheitsreparaturen bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung besteht insbesondere auch dann, wenn er bereits von dem Vormieter Schadensersatz wegen der Nichtdurchführung von Schönheitsreparaturen verlangt und erhalten hat, ohne den Schadensbetrag zweckentsprechend verwendet zu haben, KG – Urt. v. 29.3.2004 – NZM 2005, 181 = ZMR 2004, 578.

Ebenso wenig soll dem Erfüllungsanspruch entgegenstehen, dass der Vermieter die Mieträume nach Auszug des Mieters derart umgestalten will, dass Schönheitsreparaturen sinnlos wären,1 KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724.

28

Andererseits braucht der Mieter nicht zu renovieren, wenn das Mietverhältnis vor Ablauf der üblichen Renovierungsfristen endet, LG und OLG Köln – Urt. v. 23.5.1989 – WuM 1989, 502, vgl. auch BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 – NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306, 310: Bei Überlassung einer unrenovierten Wohnung muss der Mieter bei Auszug vor Ablauf der vereinbarten Fristen keine Leistungen für die Renovierung der Räume erbringen.

29

Lehnt der Mieter laufende Schönheitsreparaturen mit der Begründung ab, ihm sei eine unrenovierte Wohnung übergeben worden, so kommt es hierauf grundsätzlich nicht an, wenn die Renovierungsfristen wenigstens einmal abgelaufen sind. Im Übrigen trifft den Vermieter die Beweislast für die Übergabe in renoviertem Zustand, LG Berlin ZMR 1987, 270, ebenso OLG Stuttgart – Urt. v. 22.9.1986 – WuM 1987, 250, 251 dafür, ob Schäden schon bei Übergabe vorhanden waren.

30

Das Gleiche gilt, wenn der Mieter bei nur kurzer Mietzeit zur Renovierung verpflichtet ist: Er kann den schlechten Anfangszustand der Mieträume bei Vertragsbeginn dem Anspruch des Vermieters auf Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht entgegenhalten, KG – Urt. v. 8.1.1981 – GE 1981, 1065: Renovierungspflicht nach einer Vertragszeit von einem Jahr.

Diese Auffassung kann sich aber nur auf Mietverhältnisse über Gewerberäume beziehen (a.A. KG a.a.O.); denn bei der Wohnraummiete wäre eine derartige Vertragsgestaltung unwirksam, weil sie auf eine unzulässige Anfangsrenovierung hinausliefe (s. dazu Rn. IX 104).

1 Zum Ausgleichsanspruch s. Rn. IX 187.

1176

Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 36

aa) Kriterien der Klauselbewertung Bei der Auslegung einer Klausel, ob sie eine Pflichtenüberbürdung enthält, werden großzügige Maßstäbe zugunsten des Vermieters als Verwender angelegt. So ist die Vereinbarung „Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter“ als Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen und nicht als bloße Freizeichnung des Vermieters verstanden worden,

31

BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 734 = WuM 2004, 529 = ZMR 2005, 105, 106; ebenso OLG Karlsruhe – RE v. 16.4.1992 – NJW-RR 1992, 696 = WuM 1992, 349, OLG Nürnberg – Urt. v. 6.3.1991 – ZMR 1991, 217, OLG Köln – Urt. v. 27.1.2006 – ZMR 2006, 859.

Auch durch die Verpflichtung, die Wohnräume „in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten“, könne ihm die Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen auferlegt werden. Denn unter die Erhaltung der Mietsache falle auch die Vornahme der Schönheitsreparaturen, BGH – Urt. v. 14.7.2004 – NZM 2004, 734 = WuM 2004, 529 = ZMR 2005, 105, 106.

Diese Bewertung wird aus der Verkehrssitte gefolgert, Schönheitsreparaturen auf den Mieter zu übertragen. Das präge auch den Empfängerhorizont des durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Mieters.

32

Dagegen bestehen Bedenken im Hinblick auf das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.1 Das gilt ebenso für die Klausel, die Mietsache in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten (BGH – Urt. v. 14.7.2004 – a.a.O.). Sie beschränkt sich nach dem Verständnis der Verkehrskreise auf die Obhutspflicht, nicht aber auf die Überbürdung einer Hauptpflicht mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen.2

33

Aus der Klausel, der Mieter habe die gemieteten Räumlichkeiten ordnungsmäßig und schonend zu behandeln und in dem aus einer ordnungsmäßigen Benutzung sich ergebenden Zustand zurückzugeben, lässt sich keine Renovierungspflicht des Mieters ableiten; die Klausel drückt vielmehr nur die allgemeine Obhutspflicht des Mieters aus,

34

OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6.1992 – DWW 1992, 365.

Haben sich die Parteien auf keine der im Formularvertrag vorgegebenen verschiedenen Wahlmöglichkeiten für die Durchführung von Schönheitsreparaturen festgelegt, so ist keine Verpflichtung des Mieters begründet worden. Dies rechtfertigt nämlich nicht den Schluss, dass hierüber nach dem Willen der Parteien eine Einigung getroffen werden sollte,

35

OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.7.1992 – DWW 1992, 339 = MDR 1993, 44.

Die formularmäßige Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter von Wohnraum ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (s. Rn. II 44) unwirksam, wenn die Pflichten des Mieters an verschiedenen 1 Goch WuM 2003, 368; Hinz ZMR 2003, 77, 79 f. 2 Kritisch dazu auch Langenberg NZM 2005, 51, 55.

1177

36

Rn. IX 37

Schönheitsreparaturen

Stellen des Vertragswerks aufgeführt sind und der Umfang des den Mieter treffenden Pflichtenkreises aus der Gesamtregelung nicht mit hinreichender Sicherheit zu erkennen ist,1 LG Mannheim WuM 2000, 485: Zwar darf gerade im Bereich der Schönheitsreparaturen das Transparenzgebot nicht überspannt werden (BGH NZM 1998, 710 = WuM 1998, 592).2 Jedoch muss der juristisch nicht vorgebildete Mieter der Klausel insgesamt mit hinreichender Sicherheit entnehmen können, in welchem Umfang er bei Vertragsende renovieren muss oder zur Kostentragung verpflichtet ist.

Dies ist auch für den Fall anerkannt, dass die (wirksame) Verpflichtung des Mieters zur Durchführung laufender Schönheitsreparaturen und ein starrer (und daher unwirksamer) Fristenplan in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind (s. Rn. IX 89), BGH – Urt. v. 22.9.2004 – NZM 2004, 901 = WuM 2004, 660.

37

Die formularmäßige Übertragung ist auch dann unwirksam, wenn die üblichen Pflichteninhalte überzogen werden oder die Verpflichtung des Mieters mit anderen Pflichten zu einem einheitlichen Komplex verbunden wird (Summierungseffekt, s. Rn. II 50). Unzulässig ist eine Klausel, die den Mieter von Wohnraum verpflichtet, das Parkett abzuschleifen und zu versiegeln, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921, ebenso LG Köln WuM 1989, 70, 506, WuM 1991, 342 für die Pflicht zum Abschleifen von Parkett, Ausbessern von Putzschäden und Schäden am Bodenbelag, zu knapp bemessenem Fristenplan und Fachhandwerkerklausel, LG Regensburg ZMR 2003, 933 für Abschleifen und Versiegeln von Fußböden sowie Erneuerung der Teppichauslegeware, KG – Beschl. v. 17.9.2007 – GE 2008, 987 für Streichen der Fenster von außen, ebenso LG Berlin WuM 2004, 497, GE 2008, 478 = MietRB 2008, 260 (Pfeifer).

Das gilt auch für die Vermietung/Verpachtung von Gewerberäumen, OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524: In einem Pachtvertrag benachteiligt folgende Klausel den Pächter unangemessen: „Die Instandhaltung des gesamten Pachtobjekts einschließlich der Schönheitsreparaturen obliegt dem Pächter.“3

38

Das Übermaß der dem Mieter übertragenen Arbeiten führt zur Unwirksamkeit der Renovierungsklausel insgesamt; die Formularvereinbarung kann also nicht auf das noch zulässige Maß zurückgeführt werden.

1 Zum Fall: Der Komplex „Schönheitsreparaturen“ war an drei verschiedenen Stellen mit einer Textlänge von mehr als drei DIN-A4-Seiten (einzeilig) geregelt und vom Inhalt her unklar, insbesondere soweit es die Vornahme oder die Abgeltung von Schönheitsreparaturen bei Vertragsbeendigung anbelangt. 2 Ebenso BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2004, 903 = WuM 2004, 663 = ZMR 2005, 518 zum Transparenzgebot bei einer Abgeltungsklausel, zu dieser s. Rn. IX 212. 3 Allerdings kann die Klausel nicht dahin ausgelegt und dann für wirksam erachtet werden, dass der einwandfreie Zustand des Objekts bei Vertragsbeginn vorauszusetzen ist und dass die Klausel nur durch den Gebrauch veranlasste Instandsetzungen betrifft; denn eine solche Auslegung läuft auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinaus.

1178

Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 40

Auch die Vereinbarung von starren oder unüblich kurzen Renovierungsfristen führt zur Unwirksamkeit der formularmäßigen Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter (s. dazu Rn. IX 83, 88). Zur „Infektionswirkung“ s. BGH – Urt. v. 23.6.2004 – NZM 2004, 653 = WuM 2004, 463, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513.

Eine solche Wirkung lösen auch Farbwahlklauseln aus, die den Mieter zu einer bestimmten Farbgebung oder Ausführungsart während der Mietzeit verpflichten (s. Rn. IX 69), BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472, anders BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2008, 926 = WuM 2008, 722 = MietRB 2009, 1 (Specht) für Schönheitsreparaturen an Holzteilen bei Vertragsende,

oder dekorative Änderungen des Mietgegenstandes von der Zustimmung des Vermieters abhängig machen (s. Rn. IX 68), BGH – Urt. v. 28.3.2007 – NZM 2007, 398 = WuM 2007, 259 = ZMR 2007, 528 = MietRB 2007, 167 (Zich).

Die Überbürdung der Anfangs- oder der Schlussrenovierung (s. dazu Rn. IX 104, 112) bewirkt wegen des Summierungseffekts ebenfalls die Unwirksamkeit einer Klausel, nach der der Wohnraummieter zur Durchführung laufender Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Tragender Grund dafür ist ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip; denn weder der Anfangs- noch der Endrenovierung stehen gleichwertige Pflichten des Vermieters zur Gebrauchsgewähr gegenüber. Während es bei der Anfangsrenovierung darum geht, dass der Mieter die durch Vormieter verursachten Dekorationsmängel beheben muss, wird ihm durch die Schlussrenovierung ein Teil des Neuvermietungsrisikos des Vermieters überbürdet (s. dazu Rn. IX 102, 112),

39

BGH – Beschl. v. 2.12.1992 – NJW 1993, 532 = WuM 1993, 175 = ZMR 1993, 216, OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 470 jeweils für Anfangsrenovierung, BGH – Urt. v. 14.5.2003 – NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436 = ZMR 2003, 653 für Schlussrenovierung, auch wenn eine der Klauseln unwirksam ist und die Klauseln nicht in textlicher Verbindung stehen,1 s. auch BGH – Urt. v. 3.6.1998 – NZM 1998, 710 = WuM 1998, 592 = ZMR 1998, 752, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.7.2005 – WuM 2005, 655 = ZMR 2005, 710: Die Klausel „Der Mieter verpflichtet sich, die Wohnung bei Auszug malermäßig instandzusetzen“ ist jedenfalls in Verbindung mit den dem Mieter auferlegten laufenden Schönheitsreparaturen unwirksam. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine AGB oder eine Individualvereinbarung handelt; ebenso LG Frankfurt a.M. WuM 2000, 545, LG Hamburg NZM 2000, 541 = WuM 2000, 544, LG Köln NZM 2003, 278.

Diese Rspr. hat der BGH auch auf Mietverhältnisse über Gewerberäume ausgeweitet, 1 Wortlaut der Klauseln: „§ 8: Der Mieter hat insbesondere die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheitsreparaturen ... fachmännisch auszuführen. § 12: Die Mieträume sind bei Auszug sauber und ohne Rücksicht auf den für Schönheitsreparaturen in § 8 vereinbarten Zeitablauf in fachmännisch renoviertem Zustand zurückzugeben.“ S. dazu Kinne ZMR 2004, 245.

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40

Rn. IX 41

Schönheitsreparaturen

für Endrenovierungsklausel: BGH – Urt. v. 6.4.2005 – MDR 2005, 1041 = NZM 2005, 504 = ZMR 2005, 527: Wie im Wohnraummietrecht führt auch in Formularverträgen über Geschäftsräume die Kombination einer Endrenovierungsklausel mit einer solchen über turnusmäßig vorzunehmende Schönheitsreparaturen wegen des dabei auftretenden Summierungseffekts zur Unwirksamkeit beider Klauseln, für starren Fristenplan: BGH – Urt. v. 8.10.2008 – NZM 2008, 890 = ZMR 2009, 110.

41

Anders verhält es sich mit inhaltlich selbständigen und lediglich in einer Klausel zusammengefassten, jedoch trennbaren Verpflichtungen, BayObLG – Beschl. v. 12.5.1997 – NJW-RR 1997, 1371 = WuM 1997, 362 = ZMR 1997, 405 für die Übertragung laufender Schönheitsreparaturen und Kleinreparaturen auf den Mieter.

bb) Folgen bei unwirksamen Renovierungsklauseln 42

Die Unwirksamkeit von Renovierungsklauseln, insbesondere solchen, durch die dem Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen werden, führt nicht zur Unwirksamkeit des Mietvertrages im Übrigen (§ 306 Abs. 1 BGB). Die Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB, die denjenigen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entsprechen, liegen nicht vor. Zwar kann die Unzumutbarkeit, am Vertrag festgehalten zu werden, bei einer grundlegenden Äquivalenzstörung gegeben sein. Dafür genügt jedoch nicht jeder wirtschaftliche Nachteil, wenn dieser nicht einschneidend ist (s. Rn. IX 45).1 Die Unwirksamkeit bezieht sich auch auf Klauseln in Mietverträgen, die lange Zeit vor der Rspr. des BGH zur Unwirksamkeit von Klauseln über die Übertragung laufender Schönheitsreparaturen2 abgeschlossen worden sind. Auf einen Vertrauensschutz kann sich der Vermieter nicht berufen, BGH – Urt. v. 5.3.2008 – MDR 2008, 678 = NZM 2008, 363 = WuM 2008, 278 = ZMR 2008, 527: Dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die sich auf Grund einer Änderung der höchstrichterlichen Rspr. als unwirksam erweisen, ist nach der Rspr. des BGH im Allgemeinen kein Vertrauensschutz zuzubilligen. Das Risiko, dass eine zunächst unbeanstandet gebliebene Klausel in späteren höchstrichterlichen Entscheidungen als unwirksam beurteilt wird, trägt grundsätzlich der Verwender der Klausel. Ein Vertragspartner, der sich nicht mit der gesetzlichen Regelung begnügt und zur Erweiterung seiner Rechte den Weg der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wählt, wird in der Regel nicht dadurch in seinem schutzwürdigen Vertrauen beeinträchtigt, dass eine Klausel geraume Zeit unbeanstandet geblieben ist und erst nach Jahren gerichtlich für unwirksam erachtet wird. S. auch BGH – Urteile v. 9.7.2008 – NZM 2008, 641 = ZMR 2008, 879; WuM 2008, 487 (Tz. 23).

1 H. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen BGB § 306 Rn. 52. 2 Unwirksam infolge Infektion durch „Starre-Fristen“-Klausel: BGH – Urt. v. 23.6.2004 – NZM 2004, 653 = WuM 2004, 463; durch Zustimmungsvorbehalt bei Abweichungen vom übergebenen Zustand: BGH – Urt. v. 28.3.2007 – NZM 2007, 398 = WuM 2007, 259; unwirksam infolge Summierungseffekt der Schlussrenovierungsklausel: BGH – Urt. v. 14.5.2003 – NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436, infolge der „Tapetenklausel“: BGH – Urt. v. 5.4.2006 – WuM 2006, 310 = ZMR 2006, 599.

1180

Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 44

Eine teleologische Reduktion des § 306 Abs. 2 BGB auf Neuabschlüsse ist also in diesem Zusammenhang nicht zulässig.1 Anderenfalls würden Rechtsfrieden und Rechtssicherheit empfindlich gestört, weil es gleichsam zwei parallele Rechtssysteme gäbe. Auch würde der Vertragspartner des Verwenders weitgehend schutzlos gestellt. Sind die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter nicht wirksam übertragen worden, so bleibt der Vermieter auf Grund seiner Instandsetzungspflicht renovierungspflichtig.2

43

Er schuldet eine Renovierung „mittlerer Art und Güte“ unter Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange des Mieters (§ 241 Abs. 2 BGB, s. dazu Rn. IX 15). Die Fälligkeit richtet sich mangels eines vereinbarten Fristenplanes nach dem jeweiligen Grad der vertragsgemäßen Abnutzung (s. Rn. IX 73). Zu Lasten des Vermieters gilt nicht etwa der vereinbarte (unwirksame) Fristenplan. Der Grundsatz, dass sich der Verwender nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen AGB berufen kann, kommt nicht zum Tragen; denn die unwirksame Renovierungsklausel sieht gerade nicht vor, dass der Vermieter Schönheitsreparaturen durchführen müsste. Ist dem Mieter eine unrenovierte Wohnung vermietet worden, so kann der Vermieter dem Erfüllungsanspruch nicht entgegenhalten, dass dies der vertraglich vereinbarte Zustand sei.3 Vielmehr liegt hierin nur ein Verzicht des Mieters auf eine Anfangsrenovierung.4 Zwar ist denkbar, dass die Parteien einen unzureichenden, schlechten dekorativen Zustand des Mietobjekts als „vertragsgemäß“ vereinbaren können; dies muss jedoch eindeutig erfolgen (s. Rn. VIII 3, 387).5 Erfüllt der Vermieter nicht, schlecht oder gerät er in Verzug, so kann der Mieter Schadensersatz nach § 536a Abs. 1 BGB oder Aufwendungsersatz nach § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB – auch einen Vorschuss (s. Rn. VIII 319) – verlangen. Außerdem ist er zur Mietminderung berechtigt, sobald Schönheitsreparaturen fällig geworden sind und der Geltungswert der Wohnung nicht nur unerheblich beeinträchtigt ist. Hat der Mieter auf Grund einer unwirksamen Renovierungsklausel fällige Schönheitsreparaturen ausgeführt, so kommt ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 536a Abs. 2 Nr. 1, 539 BGB in Betracht (s. Rn. VIII 328). Bei Renovierungsmaßnahmen während der Mietzeit wird nicht von einem Fremd1 Dafür: Bub/von der Osten NZM 2007, 76, 78; eingehend Horst NZM 2007, 185, 188. 2 S. dazu Sternel NZM 2007, 545, 547. 3 Zutreffend Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I D 244 S. 94; a.A. Horst DWW 2007, 48; s. dazu auch Hannemann FS Blank, 2006, S. 189, 194. 4 BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306 = ZMR 1987, 415. 5 Das ergibt sich daraus, dass der Mieter bei (zulässiger) Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen den vertragsgemäßen Zustand nach Ablauf der jeweiligen Renovierungsfristen erhalten soll. Der vertragsgemäße Zustand ist aber derjenige einer renovierten Wohnung. Wäre der unrenovierte Zustand der vertragsgemäße, so würde die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen sich mutieren in die unzulässige Übertragung einer Anfangs- und einer Schlussrenovierung.

1181

44

Rn. IX 44

Schönheitsreparaturen

geschäftsführungswillen des Mieters zugunsten des Vermieters ausgegangen werden können, weil der Mieter im eigenen Interesse zur Verbesserung der Wohnqualität „seiner“ Wohnung und in Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt. Letzteres ist zwar auch bei einer Renovierung anlässlich der Beendigung des Mietverhältnisses der Fall. Jedoch kommt ihm die Maßnahme nicht mehr zugute; auch ist er gehalten, das Interesse des Vermieters an einer Wiedervermietung zu beachten, etwa bei der Farbwahl. Demzufolge lässt sich hier ein Fremdgeschäftsführungswille annehmen (s. Rn. VIII 328), dafür:1 LG Karlsruhe NZM 2006, 508, LG Wuppertal NZM 2007, 567, LG Landshut WuM 2008, 335; dagegen:2 LG Berlin GE 2007, 517, 518, AG München NZM 2001, 1030.

Die Höhe des Anspruchs ist beschränkt auf die Kosten für das erforderliche Maß an Schönheitsreparaturen. An einem Fremdgeschäftsführungswillen des Mieters fehlt es, wenn der Mieter Schönheitsreparaturen vor deren Fälligkeit ausgeführt hat, etwa um eine Geldzahlung nach einer Abgeltungsklausel zu vermeiden.3 Renoviert der Mieter, ohne dass die Voraussetzungen für eine Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen, so kommt ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 f. BGB in Betracht. Die Bereicherung des Vermieters ist jedoch nicht identisch mit dem Renovierungsaufwand des Mieters, so aber LG Stuttgart WuM 2004, 665, LG Freiburg WuM 2005, 383, AG Nürtingen WuM 2007, 316.

Sie kann möglicherweise in der Ersparnis der Kosten gesehen werden, die der Vermieter für die Renovierung hätte aufwenden müssen, wenn und sobald diese fällig geworden wäre.4 Eine Ersparnis liegt aber nicht vor, wenn er das Objekt auch in unrenoviertem Zustand wieder vermietet hat oder vermieten kann. Im Anschluss an die Rspr. des BGH zur Erstattung von Aufwendungen oder Investitionen des Mieters bei vorzeitiger Vertragsbeendigung5 ist eher anzunehmen, dass die Bereicherung des Vermieters in der Erhöhung des Ertragswerts liegt, soweit der Vermieter diesen realisieren kann.6 Dies gilt, wenn der Vermieter keinen konkreten Renovierungsaufwand gespart hat. Daran ändert nichts, dass der Mieter diesen Umstand kaum darlegen kann, da er kei1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 539 Rn. 30; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. D 272; Dötsch NZM 2008, 108; Lehmann-Richter WuM 2005, 747, 749. 2 Blank FS Derleder, 2005, S. 189, 197; Both WuM 2007, 3, 6; Horst DWW 2007, 48; eingehend: Lange NZM 2007, 785, 787. 3 S. Lehmann-Richter WuM 2005, 747, 752; Klimke/Lehmann-Richter NZM 2006, 653, 655. 4 Börstinghaus WuM 2005, 675, 677; Lehmann-Richter ZMR 2005, 747, 750; Rave GE 2005, 221, 222; s. auch Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. D 265. 5 BGH NJW 1968, 888; BGH NZM 2006, 15 = ZMR 2006, 185. 6 LG Berlin GE 2007, 517, 518; AG Karlsruhe DWW 2005, 374; Blank FS Derleder, 2005, S. 189, 198; Blank PiG 75, 2006, S. 17, 25; Börstinghaus WuM 2005, 677; Both WuM 2007, 3, 6; Hannemann FS Blank, 2006, S. 189, 202.

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Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 45

nen Einblick in die Vermietungspraxis hat. Hier könnte man dem Vermieter jedoch die sekundäre Behauptungslast zuschieben. Aufwendungsersatz- oder Bereicherungsansprüche des Mieters verjähren während der Mietzeit nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 BGB und nach Vertragsende innerhalb der kurzen Fristen des § 548 Abs. 2 BGB.1

44a

Schadensersatzansprüche können sich zugunsten des Mieters daraus ergeben, dass der Vermieter schuldhaft eine unwirksame Renovierungsklausel verwendet, indem er – gestützt hierauf – vom Mieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangt.2 Anspruchsgrundlage ist § 280 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB. Ersatzpflichtig macht sich der Vermieter auch dann, wenn er sich trotz eigener besserer Erkenntnis einen Irrtum des Mieters, der meint, renovierungspflichtig zu sein, zu nutze macht. An einen entschuldbaren Rechtsirrtum des Vermieters sind strenge Anforderungen zu stellen, sowohl was die Kenntnis der einschlägigen Rspr. als auch die Unsicherheit der Rechtslage anbelangt. Die Maßstäbe, die der BGH an die Zurechnung eines Rechtsirrtums zum Mieterrisiko angelegt hat,3 gelten gleichermaßen für den Vermieter, zumal die Medien schon seit längerer Zeit über die einschlägige Rspr. des BGH berichten.4 Die Folgen einer schuldhaft unrichtigen Beratung muss er sich nach § 278 BGB zurechnen lassen.

44b

Der Vermieter kann die Belastung mit Schönheitsreparaturen, die ihn bei Unwirksamkeit der Überbürdung auf den Mieter trifft, nicht durch einen Anspruch auf einen Renovierungskostenzuschlag kompensieren, s. Rn. IX 49,

45

so jetzt auch BGH – Urteile v. 9.7.2008 – WuM 2008, 487; GE 2008, 1117 = NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879.

Die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen einer veränderten Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB sind nicht gegeben.5 Zwar ist eine Änderung des Äquivalenzverhältnisses eingetreten. Jedoch liegt die Verwendung einer unwirksamen Vertragsklausel allein im Risikobereich des Vermieters (s. Rn. II 63), BGH – Urt. v. 6.4.2005 – DWW 2005, 289 = MDR 2005, 1041 = NZM 2005, 504 = ZMR 2005, 527: Dass die vertragliche Äquivalenz einschneidend gestört werden kann, wenn dem Vermieter zur Abgeltung der Gebrauchsgewährung nur die Mietzahlung verbleibt, hat sich der Vermieter selbst zuzuschreiben. Wenn er dem Mieter ein Übermaß an Renovierungspflichten auferlegt, trägt er das Risiko der Gesamtunwirksamkeit und kann sich nicht darauf berufen, dass dadurch das vertragliche Gleichgewicht gestört wird; 1 Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653, 655; Paschke WuM 2008, 647, 652. 2 Artz NZM 2007, 265, 271 f.; s. auch Hannemann FS Blank, 2006, S. 189, 204; Harsch MDR 2004, 785, 787; Pfeilschifter WuM 2003, 543 Sp. 2; Klimke ZMR 2005, 161; ferner Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 208. 3 BGH – Urt. v. 25.10.2006 – NZM 2007, 35 = WuM 2007, 24 = ZMR 2007, 103, 104. 4 S. Börstinghaus WuM 2005, 675, 677; einschränkend Roth NZM 2007, 825, 827. 5 Ebenso Börstinghaus WuM 2005, 675; Emmerich NZM 2006, 761; Lehmann-Richter ZMR 2005, 170, 173; Schläger ZMR 2006, 515, 516; Hannemann FS Blank, 2006, S. 189, 191; ausführlich auch Sternel ZMR 2008, 501, 504; a.A. Horst DWW 2007, 48, 51.

1183

Rn. IX 46

Schönheitsreparaturen

ebenso BGH – Urt. v. 9.7.2008 – WuM 2008, 487; GE 2008, 1117 = NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879.

Außerdem fehlt ein schwerer wirtschaftlicher Nachteil, der zu einer einschneidenden, mit Recht und Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Härte führt, BGH – Urt. v. 21.12.1960 – BGH LM BGB § 242 (Bb) Nr. 39, BGH – Urt. v. 21.11.1968 – Betrieb 1969, 169.

Hierfür reicht nicht, dass der eine Vertragsteil durch die Veränderung der Verhältnisse wirtschaftlich ungünstiger gestellt wird, als er nach den getroffenen Vereinbarungen erwarten durfte. Legt man die Kostenansätze des § 28 Abs. 4 II. BV zugrunde, so ergibt sich unter Berücksichtigung der Indexierung nach § 28 Abs. 5a II. BV und großzügiger Aufrundung ein jährlicher Ansatz von 9 Euro/qm. Das entspricht einem monatlichen Ansatz von 0,75 Euro/qm. Dieser Betrag dürfte erheblich unter der 20%-Grenze einer durchschnittlichen Nettokaltmiete für eine normal ausgestattete Wohnung mittlerer Größe in normaler Wohnlage liegen. 46

Die strengen Voraussetzungen, unter denen die Veränderung der Geschäftsgrundlage eine Änderung des Vertragsinhalts bewirken kann, können nicht durch einen Rückgriff auf Treu und Glauben ausgehebelt werden, BGH – Urt. v. 21.12.1960 – LM § 242 (Bb) BGB Nr. 39: Wollte man schon den Umstand, dass jemand sich durch eine nachträgliche Veränderung der Verhältnisse wirtschaftlich ungünstiger gestellt sieht, als er nach den getroffenen Vereinbarungen erwarten durfte, genügen lassen, um ihm aus Billigkeitsgründen ein Abgehen vom Vertrag zu gestatten, dann würde das eine für das Rechtsleben nicht erträgliche allgemeine Unsicherheit zur Folge haben.

Das gilt insbesondere für den Hinweis, dass der Vermieter von Wohnraum durch den Kündigungsschutz an einer Änderungskündigung gehindert sei und der Renovierungskostenzuschlag dazu diene, dieses Hindernis zu kompensieren.1 Abgesehen davon, dass mit diesem Argument der Kündigungsschutz ausgehebelt werden könnte, ist die Funktion des § 558 BGB darauf beschränkt, dem Vermieter anstelle einer Änderungskündigung die Möglichkeit zu geben, die vereinbarte Miete dem Marktniveau anzupassen. Dagegen dient diese Bestimmung nicht dazu, einen Äquivalenzausgleich für marktfremde Umstände zu gewähren. 47

Auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung lässt sich eine Verpflichtung des Mieters zur Durchführung laufender Schönheitsreparaturen in noch zulässigem Umfang oder zur Zahlung eines Mietzuschlags nicht begründen;2 denn es fehlt bereits an einer gesetzlichen Regelungslücke. Vielmehr trifft im Falle der Unwirksamkeit der vertraglichen Renovierungsregelung den Vermieter die gesetzliche Renovierungspflicht nach § 535 BGB, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513 = ZMR 2006, 843: Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung liegen nicht etwa deshalb vor, 1 So Börstinghaus WuM 2005, 675, 682. 2 Emmerich NZM 2006, 761; Hannemann FS Blank, 2006, S. 189, 190; Sternel ZMR 2008, 501, 504 Sp. 1, 505 Sp. 2.

1184

Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter

Rn. IX 48

weil die Übernahme der Renovierungspflicht ein Teil der Gegenleistung des Mieters ist und die Kosten der Ausführung von Schönheitsreparaturen daher bei der Kalkulation der Miete nicht erhöhend berücksichtigt worden sind. Eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung einer durch die Unwirksamkeit einer Formularklausel entstandenen Lücke setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der Lücke einer Vervollständigung bedarf; das ist nur dann anzunehmen, wenn dispositives Gesetzesrecht zur Füllung der Lücke nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet. Hier fehlt es bereits an der ersteren Voraussetzung. Ebenso BGH – Urt. v. 9.7.2008 – WuM 2008, 487; GE 2008, 1117 = NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879.

Ein Renovierungskostenzuschlag lässt sich auch nicht aus § 558 BGB begründen. Er wird daraus abgeleitet, dass er im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558 BGB (§ 2 MHG) gewährt wird, wenn der Vermieter die Schönheitsreparaturen trägt, der verwendete Mietspiegel dies jedoch nicht berücksichtigt,1 und es keinen Unterschied machen kann, ob der Vermieter die Schönheitsreparaturen freiwillig bei Vertragsabschluss übernommen hat oder er hiermit später belastet wird, weil die Überbürdung auf den Mieter nicht wirksam war. Die Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter habe Entgeltcharakter. Müsste der Vermieter die Schönheitsreparaturen tragen, so wäre die Miete entsprechend höher, da die Kosten hierfür in die Miete einzukalkulieren seien,2 OLG Karlsruhe – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 481 = WuM 2007, 454, OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 28.11.2007 – WuM 2008, 82, s. auch LG Wiesbaden NZM 2008, 125.

Einschränkend zu dieser Auffassung wird aus der Sanktionswirkung des § 307 BGB abgeleitet, dass der Vermieter aus der Unwirksamkeit der von ihm verwendeten Klausel keine Vorteile erzielen dürfe, mithin der Mieter nicht ungünstiger als unter der Geltung der Klausel gestellt werden dürfe. Daher sei er auf Grund des Gebots der Rücksichtnahme in § 241 Abs. 2 BGB gehalten, dem Mieter eine Vereinbarung zur Übernahme der laufenden Schönheitsreparaturen mit dem Standardinhalt des § 7 des vom BMJ im Jahre 1976 herausgegebenen Mustermietvertrages3 anzubieten, wenn er die Miete nach § 558 BGB erhöhen wolle. Nur wenn der Mieter den Abschluss einer solchen Vereinbarung ablehne, sei der Vermieter berechtigt, einen Renovierungskostenzuschlag zur ortsüblichen Miete zu erheben,4 LG Düsseldorf NZM 2006, 657 = WuM 2006, 387 = ZMR 2006, 694.5

1 OLG Koblenz – RE v. 8.11.1984 – WuM 1985, 15 = ZMR 1985, 58; LG München I NZM 2002, 945, LG Frankfurt a.M. NJW-RR 2003, 1522; s. Rn. IV 186. 2 Stürzer WuM 2004, 512, Krapf MietRB 2005, 274, 275, Horst DWW 2007, 48, 51. 3 Abgedruckt in Mietrecht, Beck-Texte im dtv, 44. Aufl. 2008. 4 Vor allem Börstinghaus WuM 2005, 675, 682; ferner Artz NZM 2007, 265, 273; Bub/ von der Osten NZM 2007, 76, 79; Flatow WuM 2007, 551; Horst DWW 2007, 48, 51; s. auch Blank PiG 75, 2006, S. 17, 32. 5 Abgeändert durch BGH – Urt. v. 9.7.2008 – NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879.

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48

Rn. IX 49

Schönheitsreparaturen

Was die Höhe des Zuschlags betrifft, wird zum Teil an die Sätze in § 28 Abs. 4 II. BV angeknüpft, OLG Karlsruhe – Urt. v. 18.4.2007 – NZM 2007, 481 = WuM 2007, 454, LG Wiesbaden NZM 2008, 125,

zum Teil sollen die vom Mieter aufzuwendenden Renovierungskosten zur Grundlage gemacht werden,1 OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 28.11.2007 – WuM 2008, 82, LG Düsseldorf NZM 2006, 657 = WuM 2006, 387 = ZMR 2006, 694.

Für die letztere Auffassung könnte ins Feld geführt werden, dass auch der BGH bei seiner Rspr. zum Ausgleichsbetrag bei überflüssigen Schönheitsreparaturen (s. Rn. IX 187) auf die vom Mieter aufzuwendenden Renovierungskosten abgestellt hat. 49

Ein kostenorientierter Renovierungskostenzuschlag ist für preisfreien Wohnraum nicht gerechtfertigt. In wirtschaftlicher Hinsicht sind die Renovierungskosten für den Vermieter zwar Kalkulationsbestandteil der Miete, jedoch kein Mietbestandteil; denn ob er die von ihm zur Kostendeckung kalkulierte Miete auf dem Markt durchsetzen kann, ist ungewiss. Es ist daher nicht zwangsläufig, dass er dann, wenn er die Schönheitsreparaturen zu tragen hat, einen kostenorientierten Zuschlag erzielen könnte. Soweit die Parallele zur Inklusivmiete gezogen wird, die die Betriebskosten einschließt, wird verkannt, dass es hierbei um die Mietstruktur geht, die gegenüber dem Vergleichsmaßstab, der auf Nettokaltmieten beruht, stimmig gemacht werden muss. Dagegen soll der Renovierungskostenzuschlag materiell zur Bildung der Vergleichsmiete mit herangezogen werden. Ein solcher kostenorientierter Zuschlag ist dem Vergleichsmietensystem fremd.2 In rechtlicher Hinsicht ist nämlich hervorzuheben, dass der in § 558 Abs. 2 BGB aufgeführte Katalog der Wohnwertmerkmale abschließend ist.3 Soweit noch andere Faktoren mietwertbestimmend sind, mögen sie in das allgemeine Mietenniveau einfließen, aus dem die Daten für einen Mietspiegel oder eine Datenbank gespeist werden. In die Bildung der konkreten Vergleichsmiete für ein bestimmtes Mietobjekt fließen sie isoliert nicht ein. Der Vermieter, der die Schönheitsreparaturen zu tragen hat, kann mithin hieraus nur dann eine höhere Miete ableiten, soweit der Markt sie hergibt. Das erfordert eine wissenschaftliche Marktanalyse. Diese Argumentation entspricht auch der Auffassung des BGH – Urt. v. 9.7.2008 – NZM 2008, 614 = WuM 2008, 560 = ZMR 2008, 879: Der Vermieter ist nicht berechtigt, im Falle der Unwirksamkeit einer Klausel zur Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter von diesem eine Mieterhöhung in Form eines Zuschlags zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen. Aus den Gründen: Tz. 10: Einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete sieht das Gesetz nicht vor. Nach § 558 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter eine Mieterhöhung nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete und nicht darüber hinaus verlangen. 1 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558a Rn. 53; Eisenhard WuM 2008, 63, 64; Lehmann-Richter WuM 2006, 449. 2 Emmerich NZM 2006, 761; Sternel ZMR 2008, 501, 506. 3 Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 558 Rn. 96; Blank NZM 2007, 472.

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Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 50

Tz. 11: Einem weitergehenden Anspruch durch Gewährung eines Zuschlags steht auch der Sinn und Zweck des § 558 BGB entgegen. Dieser geht dahin, es dem Vermieter zu ermöglichen, im Rahmen des Vergleichsmietensystems eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Tz. 12: Der geltend gemachte Zuschlag orientiert sich dagegen an den Kosten für die Vornahme der Schönheits- und Kleinreparaturen. Auf diese Weise würde bei der nicht preisgebundenen Wohnraummiete ein Kostenelement ohne Rücksicht auf seine Durchsetzbarkeit am Markt zur Begründung einer Mieterhöhung herangezogen. Ebenso BGH – Urt. v. 9.7.2008 – GE 2008, 1117 = NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560.

Aus der Sanktionswirkung des § 307 BGB lässt sich zwar keine Pflicht des Vermieters ableiten, dem Mieter eine Renovierungsvereinbarung anzubieten; denn diese Wirkung dient dem Schutz des Vertragsgegners des Verwenders – hier des Mieters – und steht deshalb zu seiner Disposition. Dem entspricht, dass er gegenüber einem Mieterhöhungsverlangen die Einrede des Rechtsmissbrauchs erheben kann, soweit der Vermieter eine höhere Miete wegen der ihm „aufgedrängten“ Renovierungspflicht fordert; diese Einrede muss er allerdings mit einem Vertragsangebot verknüpfen, die Schönheitsreparaturen mit dem üblichen Inhalt zu den üblichen Fälligkeitsterminen zu übernehmen. Lehnt der Vermieter ab, so würde er sich zu seinem früheren Verhalten unzulässig in Widerspruch setzen. Er könnte allerdings dem Einwand des Mieters durch ein eigenes Angebot zum Abschluss einer entsprechenden Renovierungsvereinbarung zuvorkommen. Nicht ausreichend wäre in diesem Zusammenhang, wollte der Mieter lediglich darauf verzichten, sich auf die Unwirksamkeit der Formularklausel über die Überbürdung der Schönheitsreparaturen zu berufen (s. dazu LG Nürnberg-Fürth NZM 2006, 53 = WuM 2006, 38).

49a

4. Laufende Schönheitsreparaturen Die Renovierungspflicht bezieht sich ihrem Wesen nach nur darauf, die Abnutzung durch eigenen Gebrauch zu beheben, nicht auf die Beseitigung von Schäden infolge anderer Umstände außerhalb des Verantwortungsbereichs des Mieters, z.B. infolge von Witterungseinflüssen oder baulicher Maßnahmen des Vermieters (s. Rn. IX 3). Jedoch soll der Mieter verpflichtet sein, durch bauliche Maßnahmen des Vermieters verursachte Schäden im Rahmen der Schönheitsreparaturen mit zu beseitigen, wenn die Schönheitsreparaturen bei Durchführung der baulichen Maßnahmen des Vermieters ohnehin fällig waren; ein Schadensersatzanspruch ist ihm daher versagt worden, LG Aachen WuM 1991, 341.

Das kann aber nicht für Mehrarbeiten bzw. Mehrkosten gelten, die durch die Maßnahmen des Vermieters verursacht worden sind. Überdies wird zu prüfen sein, ob die Maßnahmen des Vermieters sich auf die Behebung von Untergrundschäden bezogen, vor deren Beseitigung Schönheitsreparaturen ohnehin nicht fällig geworden wären (s. Rn. IX 78), KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56: Solange Schönheitsreparaturen wegen bauseitiger Schäden nicht sinnvoll und fachgerecht ausgeführt werden können, tritt deren Fälligkeit nicht ein, ebenso KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724.

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Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 50

Tz. 11: Einem weitergehenden Anspruch durch Gewährung eines Zuschlags steht auch der Sinn und Zweck des § 558 BGB entgegen. Dieser geht dahin, es dem Vermieter zu ermöglichen, im Rahmen des Vergleichsmietensystems eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Tz. 12: Der geltend gemachte Zuschlag orientiert sich dagegen an den Kosten für die Vornahme der Schönheits- und Kleinreparaturen. Auf diese Weise würde bei der nicht preisgebundenen Wohnraummiete ein Kostenelement ohne Rücksicht auf seine Durchsetzbarkeit am Markt zur Begründung einer Mieterhöhung herangezogen. Ebenso BGH – Urt. v. 9.7.2008 – GE 2008, 1117 = NZM 2008, 641 = WuM 2008, 560.

Aus der Sanktionswirkung des § 307 BGB lässt sich zwar keine Pflicht des Vermieters ableiten, dem Mieter eine Renovierungsvereinbarung anzubieten; denn diese Wirkung dient dem Schutz des Vertragsgegners des Verwenders – hier des Mieters – und steht deshalb zu seiner Disposition. Dem entspricht, dass er gegenüber einem Mieterhöhungsverlangen die Einrede des Rechtsmissbrauchs erheben kann, soweit der Vermieter eine höhere Miete wegen der ihm „aufgedrängten“ Renovierungspflicht fordert; diese Einrede muss er allerdings mit einem Vertragsangebot verknüpfen, die Schönheitsreparaturen mit dem üblichen Inhalt zu den üblichen Fälligkeitsterminen zu übernehmen. Lehnt der Vermieter ab, so würde er sich zu seinem früheren Verhalten unzulässig in Widerspruch setzen. Er könnte allerdings dem Einwand des Mieters durch ein eigenes Angebot zum Abschluss einer entsprechenden Renovierungsvereinbarung zuvorkommen. Nicht ausreichend wäre in diesem Zusammenhang, wollte der Mieter lediglich darauf verzichten, sich auf die Unwirksamkeit der Formularklausel über die Überbürdung der Schönheitsreparaturen zu berufen (s. dazu LG Nürnberg-Fürth NZM 2006, 53 = WuM 2006, 38).

49a

4. Laufende Schönheitsreparaturen Die Renovierungspflicht bezieht sich ihrem Wesen nach nur darauf, die Abnutzung durch eigenen Gebrauch zu beheben, nicht auf die Beseitigung von Schäden infolge anderer Umstände außerhalb des Verantwortungsbereichs des Mieters, z.B. infolge von Witterungseinflüssen oder baulicher Maßnahmen des Vermieters (s. Rn. IX 3). Jedoch soll der Mieter verpflichtet sein, durch bauliche Maßnahmen des Vermieters verursachte Schäden im Rahmen der Schönheitsreparaturen mit zu beseitigen, wenn die Schönheitsreparaturen bei Durchführung der baulichen Maßnahmen des Vermieters ohnehin fällig waren; ein Schadensersatzanspruch ist ihm daher versagt worden, LG Aachen WuM 1991, 341.

Das kann aber nicht für Mehrarbeiten bzw. Mehrkosten gelten, die durch die Maßnahmen des Vermieters verursacht worden sind. Überdies wird zu prüfen sein, ob die Maßnahmen des Vermieters sich auf die Behebung von Untergrundschäden bezogen, vor deren Beseitigung Schönheitsreparaturen ohnehin nicht fällig geworden wären (s. Rn. IX 78), KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56: Solange Schönheitsreparaturen wegen bauseitiger Schäden nicht sinnvoll und fachgerecht ausgeführt werden können, tritt deren Fälligkeit nicht ein, ebenso KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724.

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Rn. IX 51

Schönheitsreparaturen

LG Berlin WuM 1987, 147: Muss der Vermieter Leckageschäden beheben und in diesem Zusammenhang auch renovieren, so ist der Mieter nicht verpflichtet, ersparte Kosten für an sich fällige Schönheitsreparaturen zu erstatten; denn vor der Schadensbehebung hätte der Mieter nicht zu renovieren brauchen. AG Pinneberg ZMR 2003, 199: Befindet sich bei Eintritt eines bauseitigen Schadens die Dekoration in einem renovierungsbedürftigen Zustand, so ist zunächst der Vermieter verpflichtet, zur Renovierung geeignete Flächen herzustellen, selbst dann, wenn dies nach dem Mietvertrag Sache des Mieters ist.1

Eine Formularklausel, die dem Mieter von Wohnraum Schönheitsreparaturen auferlegt, die durch Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters veranlasst sind, ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, LG Berlin NZM 2002, 121.

Die Formularklausel „Verlangt es der Zustand der Räume und trifft nicht den Vermieter ... Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit daran, sind die laufenden Schönheitsreparaturen wie folgt auszuführen: ...“ bürdet dem Mieter Schönheitsreparaturen selbst dann auf, wenn sie vom Vermieter nur fahrlässig verursacht oder veranlasst sind,2 und jedenfalls dann, wenn ihre Erforderlichkeit weder vom Vermieter noch vom Mieter zu vertreten ist.3 Sie geht erheblich über das Risiko der Abnutzung durch eigenen Gebrauch hinaus, das mit der Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter verknüpft ist, und ist daher unwirksam.4 Nach hier vertretener Auffassung ist die Klausel trennbar, da die Worte ... und trifft nicht den Vermieter ... Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit daran gestrichen werden können, ohne dass damit der Kerngehalt der Klausel – nämlich die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter – berührt wird. 51

Anders als sog. Untergrundschäden (s. Rn. IX 78) muss der Mieter auch sog. Vorschäden beseitigen, LG Berlin GE 1994, 543, 544, LG Münster WuM 2005, 605 für Entfernung der früheren Tapete sowie der in diesem Zusammenhang aufgetretenen Risse.

Hierbei handelt es sich um Renovierungsmängel, die schon vor Beginn des Mietverhältnisses vorhanden waren, etwa weil Vormieter nicht ordnungsmäßig renoviert haben (z.B. zu häufiges Überstreichen von Raufasertapeten). Legt man zugrunde, dass der BGH die Übertragung laufender Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch zulässt, wenn dem Mieter eine unrenovierte Woh-

1 Zum Fall: Waren die Flächen mit Raufasertapeten versehen, die ohne weiteres gestrichen werden können und durch den bauseitigen Schaden zerstört wurden, schuldet der Vermieter zunächst eine Neutapezierung. Der Neuanstrich ist dann Sache des Mieters. 2 Z.B. im Zusammenhang mit Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen. 3 Z.B. durch Drittschädiger infolge von Brand, Hochwasser. 4 Der BGH – Urt. v. 26.9.2007 – NZM 2007, 879 = ZMR 2008, 30, 31 hat dagegen die Klausel „passieren“ lassen, ohne allerdings auf sie einzugehen, da sie nicht zur Entscheidung anstand.

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Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 52

nung überlassen worden ist (BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253, s. Rn. IX 26), so wird man den Mieter auch für verpflichtet halten müssen, sonstige Renovierungsdefizite mit zu beseitigen.1 Eine Ausnahme ist bei der Berechnung der Renovierungskosten im Rahmen der Anwendung der Quotenbzw. Abgeltungsklausel zu machen (s. Rn. IX 212). Ein gerechter Kostenausgleich zwischen Vor- und Nachmietern lässt sich nicht durch die Vereinbarung einer „Tapetenabnutzgebühr“ erreichen,2 AG Neuss WuM 1990, 144, AG Köln WuM 1991, 579.

Diese läuft auf eine verdeckte Schlussrenovierungsklausel hinaus, weil sie den Mieter zur Zahlung eines Kostenanteils für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen verpflichtet. Ist ein fester Betrag hierfür vereinbart, so handelt es sich um einen Bestandteil der Nettokaltmiete. Dieser Charakter wird jedoch durch eine Formularklausel verschleiert, so dass sie wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Bei einem rechtsgeschäftlichen Mieterwechsel soll der neue Mieter regelmäßig nicht für die vor seinem Eintritt in das Mietverhältnis entstandenen und fällig gewordenen Schönheitsreparaturen haften, wenn nichts anderes vereinbart ist; ebenso wenig muss der Nachmieter sich die für den Vorgänger schon abgelaufenen Renovierungsfristen anrechnen lassen, wenn dies nicht eindeutig vereinbart ist,

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OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.12.1991 – DWW 1992, 114.

Letzteres wird im Zweifel aber nur gelten können, wenn ein „Anschlussmietverhältnis“ begründet wird, dagegen nicht für den Fall, dass ein Dritter in ein fortbestehendes Mietverhältnis als Mieter eintritt. a) Art der Renovierung Schönheitsreparaturen sind stets fachgerecht in mittlerer Art und Güte (§ 243 BGB) auszuführen, BGH – RE v. 6.7.1988 – BGHZ 105, 71, 78 = NJW 1988, 2790 = WuM 1988, 294, 295, OLG Celle – Urt. v. 21.6.2001 – NZM 2001, 850 = WuM 2001, 393, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56,

was eine Eigenleistung nicht ausschließt.3 Es besteht keine Vermutung dafür, dass die Ausführung durch den Mieter selbst nicht fachgerecht ist, LG Düsseldorf DWW 1979, 238, LG Osnabrück WuM 1988, 107.

1 So auch Kinne ZMR 2003, 8, 11; anders Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 210: Kostenverteilung nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung; ebenso Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I B 115; Harsch WuM 2006, 651; ferner Goch WuM 2003, 368, 370. 2 S. dazu Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 211. 3 S. dazu ausführlich Goch WuM 2004, 513, 515; Neuhaus NZM 2000, 220.

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Rn. IX 53

Schönheitsreparaturen

Der Mieter hat einerseits die Arbeiten auf fachhandwerklichem Niveau durchzuführen; Hobbymaler-Qualität reicht nicht,1 LG Berlin GE 2000, 677, einschränkend LG Wiesbaden WuM 1992, 602: Es genügt ein insgesamt ordnungsmäßiger Standard, ohne dass ein Maßstab für Fachhandwerker angelegt werden kann.2

Andererseits schuldet der Mieter nicht Schönheitsreparaturen nach einem DIN-Maßstab, jedoch können ein scheckiger Anstrich, „Läufer“, Tropfen und Schmutzpartikel in der Farbe bzw. im Lack nicht akzeptiert werden, LG Berlin GE 2000, 1255.

53

Geringere Anforderungen werden aber an die Verpflichtung während der Dauer des Mietverhältnisses gestellt, LG Düsseldorf WM 1996, 90, ähnlich OLG Köln – Urt. v. 29.4.1994 – WM 1995, 582, wenn der Mieter es gegenüber dem Vermieter übernommen hatte, auf den vorhandenen Estrich Fliesen „in eigener Regie“ zu verlegen: Der Vermieter kann keine Ausführung nach Art eines Fachbetriebes verlangen.

Dagegen bestehen Bedenken. Die dem Mieter vertraglich übertragene Renovierungspflicht ist deckungsgleich mit derjenigen, die dem Vermieter kraft Gesetzes obliegt. Erfüllt der Mieter seine Pflicht während der Mietzeit nicht, so steht dem Vermieter ein Anspruch auf Vorschuss zur Durchführung der fachgerechten Arbeiten zu und nicht etwa für Arbeiten geringerer Qualität. Hinzu kommt, dass bei einem Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit nicht absehbar ist, ob nicht die gerade durchgeführten Schönheitsreparaturen die letzten während der Mietzeit sind. Für den Vermieter wäre es nicht hinzunehmen, sich in solchen Fällen mit der minderen Arbeitsqualität eines Hobbymalers zufrieden zu geben. Einschränkungen können sich aber aus Treu und Glauben ergeben, etwa bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung. 54

Nicht fachmännisch ausgeführte, vertraglich geschuldete Schönheitsreparaturen sind als Pflichtverletzung gewertet worden, die zur Ersatzpflicht des Mieters nach § 281 BGB führen, BGH – Beschl. v. 21.10.2008 – WuM 2009, 36, LG Düsseldorf DWW 1996, 280, LG Berlin GE 1998, 247.

Das gilt auch, wenn der Mieter an sich gar keine Schönheitsreparaturen hätte durchzuführen brauchen, etwa weil diese vom Vermieter geschuldet gewesen wären. Der Ersatzanspruch folgt hier aus § 280 BGB, ohne dass eine Fristsetzung erforderlich ist, KG – Urt. v. 9.6.2005 – NZM 2005, 663 = GE 2005, 917: Wer Arbeiten außerhalb seines Pflichtenkreises wahrnimmt, hat sie als Nebenpflicht so zu erledigen, dass der Vertragspartner keinen Schaden erleidet (§ 241 Abs. 2 BGB). Gegen diese Neben-

1 So auch Goch WuM 2004, 513, 515; Kinne ZMR 2003, 8, 10; a.A. Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 270. 2 Ähnlich Harsch MDR 1999, 325: Es genügt eine Laienarbeit mit üblicher Sorgfalt.

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Rn. IX 56

pflicht verstößt der Mieter, wenn seine Arbeiten zu einer „Verschlimmbesserung“ geführt haben. Handelt er schuldhaft, was regelmäßig der Fall ist, steht dem Vermieter ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu.1 LG Hamburg ZMR 2004, 37, 38, AG/LG Köln WuM 2007, 125: Der Mieter schuldet in diesem Fall nur die durch seine „Verschlimmbesserung“ verursachten Mehrkosten, die der Vermieter darlegen muss.

Fachhandwerkerklauseln sind in Wohnraummietverträgen unwirksam, wenn sie eine dem Mieter billigere Eigenleistung verbieten,

55

OLG Stuttgart – RE v. 19.8.1993 – NJW-RR 1993, 1422 = WuM 1993, 528, LG Stuttgart ZMR 1991, 301.

Das gilt erst recht, wenn dem Mieter vertraglich vorgeschrieben wird, welcher Handwerksbetrieb zu beauftragen ist, LG Koblenz WuM 1992, 431 für Sittenwidrigkeit einer solchen Vereinbarung.

Die Unwirksamkeit beschränkt sich aber auf die Pflicht zur Beauftragung von Fachhandwerkern und lässt die Pflicht zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen unberührt.2 Sieht die Klausel die Beauftragung von (bestimmten) Handwerksfirmen vor, so ist sie schlechthin unwirksam (Verbot von Koppelungsverträgen in AGB), LG Köln WuM 1991, 87.

Unwirksam ist eine Formularklausel, die den Mieter verpflichtet, die zur Durchführung von Schönheitsreparaturen notwendige Farbe sich vom Vermieter vorgeben zu lassen und die Farbe in einem Malerfachgeschäft zu kaufen; sie ist mit der Renovierungsverpflichtung derart verknüpft, dass sie zur Unwirksamkeit der Renovierungsklausel führt, AG/LG Köln WuM 2007, 125.

Ob für Mietverhältnisse über Gewerberäume etwas anderes gilt,3 erscheint fraglich; denn geschuldet wird lediglich der Leistungserfolg, und es ist grundsätzlich Sache des Schuldners, wie er diesen effizient bewirkt. Die Beschränkung der Unwirksamkeit der Fachhandwerkerklausel auf Mietverhältnisse über Wohnraum hängt mit der sozialen Schutzbedürftigkeit des Wohnraummieters nicht zusammen. Einzelfälle:

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Das Überstreichen von Struktur- oder Papiertapeten ist nicht fachgerecht, KG – Urt. v. 8.1.1981 – GE 1981, 1065.

Eine Schlechtausführung ist auch angenommen worden, wenn die Dispersionsfarbe übermäßig stark aufgetragen worden ist, so dass die Struktur der

1 Zum Fall: Der Mieter hatte ohne rechtliche Verpflichtung renoviert und die Wohnung farblich verunstaltet. 2 Anders Kinne ZMR 2003, 8 für die Formularklausel „Schönheitsreparaturen sind ausschließlich durch Fachkräfte nach VOB/B auszuführen.“ 3 So Heinrichs WuM 2005, 155, 163; ferner Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 88.

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Rn. IX 57

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Raufasertapete verschlämmt ist, wenn die Tapeten sich an mehreren Stellen lösen und die Anstriche ungleichmäßig („wolkig“) sind, LG Düsseldorf DWW 1996, 280.

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Das Bekleben des gesamten Holzwerks in der Wohnung (Fenster, Türen, Türzargen, Einbauschrank) sowie der Küchenwände mit Kunststoff-Folie und Anbringen von Schaumstoffplatten an der Küchendecke ist keine ordnungsmäßige Renovierung, sondern führt zwangsläufig zur Sachbeschädigung. Der Mieter ist bei Vertragsende zur Entfernung und u.U. zum Schadensersatz verpflichtet, LG Köln WuM 1989, 137, LG Berlin NZM 2001, 1075: Hat der Mieter während der Mietzeit Zimmertüren mit Folien beklebt, die ohne Beschädigung der darunter befindlichen Farbschichten nicht abgezogen werden können, so schuldet er auch dann den Neuanstrich der Türen, wenn sich diese in einem schlechten Allgemeinzustand befunden haben, der ohnehin eine Renovierung erfordert hätte.

Unsachgemäß ist auch die Verwendung von Leimfarbe für den Innenanstrich, AG/LG Köln WuM 2007, 125.

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Der Mieter darf von der vorgegebenen Renovierungsart grundsätzlich nicht abweichen. So darf er statt der vorhandenen Tapeten keinen Rauputz anbringen, AG Kerpen WuM 1990, 198.

Ist ihm ein Bad mit Feinputz vermietet, darf er es nicht tapezieren; vielmehr muss er die Tapeten bei Mietende entfernen, AG Münster WuM 2000, 693.

Das Gleiche gilt für die Entfernung von Korkbelägen an den Wänden, AG Esslingen ZMR 2005, 199,

oder von Styroporteilen, mit denen Zimmerdecken oder Wände versehen sind, AG Tempelhof/Kreuzberg NZM 2002, 734,

sofern man nicht schon einen Entfernungsanspruch des Vermieters während der Mietzeit bejaht, LG Braunschweig NJW 1986, 322 im Hinblick auf die Brandgefahr.

Mit der Entfernung der Styroporteile ist es nicht getan; vielmehr müssen auch die Klebereste entfernt und die durch die Anbringung, Verklebung sowie deren Entfernung entstandenen Putzschäden fachgerecht ausgebessert werden. 59

Fraglich ist, ob eine Entfernungspflicht (bei Vertragsende) auch dann besteht, wenn der Mieter eine an sich nicht unübliche malermäßige Gestaltung wählt, durch die jedoch Folgerenovierungen erschwert werden,1 verneinend LG Mannheim NZM 2003, 511: Wird eine nicht renovierte Wohnung vermietet, so kann der Mieter die Räume mangels einer abweichenden Vereinbarung nach seinem Belieben gestalten. Entscheidet er sich für die Bearbeitung der Wände 1 Z.B. Lasur- oder Wischtechnik, Verwendung von Glasfasertapeten, Anstriche mit Acrylfarben.

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Rn. IX 60

mittels einer „Lasurtechnik“, so ist er nicht verpflichtet, bei Vertragsende die Räume in einen tapezierfähigen Zustand zu versetzen.

In diese Richtung geht auch die Auffassung des BGH, dass der Mieter zustandsverändernde Maßnahmen jedenfalls dann nicht beseitigen muss, wenn er sie im Rahmen seiner Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durchführt, BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 621 = WuM 2006, 308.

Noch nicht abschließend geklärt ist, wie weit der Rahmen zu ziehen ist, innerhalb dessen der Mieter bei vertragsgemäßen Renovierungsmaßnahmen (auch) den Zustand der Mieträume verändern darf. Jedenfalls dürfen durch seine Maßnahmen weder dem Vermieter noch einem Nachmieter bei späteren Schönheitsreparaturen zusätzliche Kosten entstehen.1 Auch wird die Grenze dort zu ziehen sein, wo die Maßnahmen des Mieters zu einem Substanzeingriff führen, der durch bloße Schönheitsreparaturen nicht oder nur mit erheblichem Kostenaufwand rückgängig gemacht werden kann, z.B. bei farbiger Lackierung von naturbelassenen Holzteilen, BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2008, 926 = WuM 2008, 722 Tz. 19.

b) Farbliche Gestaltung Die farbliche Gestaltung bei laufenden Schönheitsreparaturen während der Mietzeit ist grundsätzlich Sache des Mieters, KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = NZM 2005, 663, LG Hamburg DWW 1999, 152 = ZMR 1999, 405: Der Wohnungsmieter kann während der Mietzeit die Wohnung farblich so gestalten, wie es seinen Vorstellungen entspricht. LG Berlin NZM 2007, 801: Grundsätzlich besteht keine Pflicht des Mieters, bei Durchführung von Schönheitsreparaturen neutral zu tapezieren und zu streichen. Er kann vielmehr auch Tapeten mit floralem Muster verwenden (wenn diese farblich unauffällig und vom Muster her zurückhaltend gestaltet sind, s. dazu Rn. IX 64).

Der Vermieter kann sich weder durch einen Zustimmungsvorbehalt noch durch sog. Farbwahlklauseln gegen eigenwillige Dekorationsmaßnahmen des Mieters absichern (s. Rn. IX 68a, 69b), wohl aber durch eine „dekorationsbezogene Rückbauklausel“ (s. Rn. IX 118). Auch der BGH bejaht ein berechtigtes Interesse des Mieters, sich in der Wohnung nach seinem Geschmack einzurichten, BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472 (Tz. 17).

Dies wird mit dem verfassungsrechtlich geschützten häuslichen Bereich, der den Lebensmittelpunkt des Mieters bildet, begründet; anders soll es sich aber bei der Miete von Gewerberaum verhalten, KG – Urt. v. 3.7.1995 – GE 1995, 1011.

Das kann aber nicht bedeuten, dass der Mieter aufs Geratewohl losrenoviert;2 „verschlimmbessern“ darf er die Wohnung nicht, 1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I D 255, E 372. 2 So aber wohl Goch WuM 2004, 513, 516.

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KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = NZM 2005, 663: Hat der Mieter die Wohnung renoviert, obwohl er auf Grund der vertraglichen Vereinbarung hierzu nicht verpflichtet gewesen wäre, so hat er die Arbeiten als Nebenpflicht so zu erledigen, dass der Vertragspartner keinen Schaden erleidet (§ 241 Abs. 2 BGB). Gegen diese Nebenpflicht verstößt der Mieter, wenn seine Arbeiten zu einer „Verschlimmbesserung“ (hinsichtlich der Farbwahl) geführt haben.

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In der Praxis stellt sich regelmäßig erst anlässlich der Rückgabe der Mieträume die Frage, ob die Räume von der Farbgestaltung her in einem vermietbaren, d.h. einem Nachmieter zumutbaren Zustand zurückzugeben sind. Diese Frage wird von der Rspr. bejaht, wobei auf den „normalen Geschmack“ abgestellt wird, s. auch BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472 (Tz. 18): Dem Vermieter ist vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Weitervermietung ein Interesse daran nicht abzusprechen, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird; ebenso BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2008, 926 Tz. 17 = WuM 2008, 722 = MietRB 2009, 1.

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Die Wiedervermietbarkeit steht auch im Blickpunkt, soweit auf geschmackliche Aspekte abgestellt wird. In diesem Zusammenhang ist ein generalisierender Maßstab anzulegen, KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = NZM 2005, 663: Grundsätzlich ist der Mieter in der geschmacklichen Ausgestaltung der Mieträume zwar weitgehend frei; er darf dabei aber nicht die Grenzen des normalen Geschmacks in einer Weise überschreiten, dass eine Neuvermietung der Räume praktisch unmöglich ist. LG Itzehoe WuM 1980, 63 für Schönheitsreparaturen, die bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig werden: Danach muss die Wohnung farblich so neutral gestaltet sein, dass sie eine konventionelle Wohnungseinrichtung aufnehmen kann, ohne ein durchschnittliches Geschmacksempfinden zu stören. LG Aachen WuM 1998, 596: Das Gebrauchsrecht des Mieters schließt eine farbliche Umgestaltung, die das äußerliche Erscheinungsbild der Wohnung wesentlich verändert, nicht ein. Bei Vornahme von Schönheitsreparaturen darf die Grenze des Geschmacks nicht in untragbarer Weise überschritten werden. LG Hamburg DWW 1999, 152 = ZMR 1999, 405: Bei Beendigung des Mietverhältnisses muss der Mieter die Wohnung in üblichen Farbtönen entsprechend herkömmlichen Geschmacksvorstellungen zurückgegeben.

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Auf den Geschmack des jeweiligen konkreten Vermieters oder Nachmieters kommt es dagegen nicht an, LG Lübeck WuM 2001, 261: Der Mieter braucht bei Rückgabe die Räume nicht schon deswegen nach dem Farbwunsch des Vermieters umzustreichen, weil diesem die Farbgestaltung nicht zusagt. Etwas anderes gilt nur in extremen Fällen der Farbgebung. Sie ist verneint worden bei einer hellblau marmorierten Tapete im Flur. Im Ergebnis auch KG – Urt. v. 3.7.1995 – GE 1995, 1011 für die Wohnraummiete.

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Beispiele für die Grenzen des Farbwahlermessens anlässlich der Rückgabe der Mieträume, LG Aachen DWW 1988, 46 = WM 1988, 300: Der Mieter darf die ursprünglich weiß lackierten Fenster- und Türrahmen nicht schwarz lackieren;

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Rn. IX 65

LG Berlin GE 1995, 249: Der Anstrich auch nur einzelner Teile der Mietsache mit Farben, die weder als neutral noch als hell beschrieben werden können (türkis, lila, schwarz, rot) stellt eine positive Vertragsverletzung dar; LG Aachen WuM 1998, 596: Eine vertragsgemäße Umgestaltung der Wohnung liegt nicht vor, wenn der Mieter die naturlasierten Holzteile der Wohnung grau/blau lackiert; anders verhält es sich, wenn er die zuvor weiß lackierten Rollläden grau lackiert; LG Hamburg DWW 1999, 152 = ZMR 405: Der Mieter gibt die Wohnung nicht ordnungsmäßig renoviert zurück, wenn die Wände und Decken im Wohnzimmer gelb, im Schlafzimmer rosa und im Bad/WC hellgrün gestrichen sind; LG Berlin GE 2001, 1604: Ein dunkelblau gestrichener Fußboden und ein teils weißer, teils gelber Wandanstrich sind nicht ordnungsmäßig; LG Berlin NZM 2002, 120: Lindgrüner Anstrich ist keine ordnungsmäßige Renovierung; LG Berlin NZM 2007, 801: Eine altrosa-farbene intensiv gestaltete Mustertapete mit unterschiedlich glänzender Oberfläche entspricht keiner dem allgemeinen Geschmacksempfinden entsprechenden Gestaltung mehr; KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917: Nicht vertragsgemäß sind ein gelber Anstrich des Zimmers mit einem großflächigen zweifarbigen braunen Muster, weitere Zimmer in blauer und roter Farbe, die Küche moosgrün, der Flur rot, gelb und grün gestrichen; AG Esslingen ZMR 2005, 199: Ein dunkelbrauner Anstrich mit nicht wasserdurchlässiger Farbe ist nicht ordnungsmäßig; BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472 (Tz. 16): Ein zartes Lindgrün oder Hellblau mögen zwar hell sein, passen aber zu vielen Einrichtungen nicht und können deshalb nicht als neutral angesehen werden.

Dagegen soll ein fachgerecht ausgeführter gelber Anstrich im Flur noch tragbar sein, AG Königstein NZM 2000, 1181, ebenso AG Münster WuM 1988, 110 für braunlackierte Türrahmen und Türen, s. auch LG Berlin GE 2005, 867; NZM 2007, 801 für Harry-Potter-Bordüre im Kinderzimmer.

Erst recht darf der Mieter bei der Gewerberaummiete die Räume nicht mit tiefblauem Farbanstrich zurückgeben, KG – Urt. v. 3.7.1995 – GE 1995, 1011.

Bei der Übernahme der laufenden Schönheitsreparaturen besteht der Wertungskonflikt, dass einerseits der Mieter während der Mietzeit grundsätzlich – wenn auch fachgerecht – nach eigenem Geschmack renovieren darf und bei Mietende nicht zu renovieren braucht, wenn er seiner laufenden Renovierungspflicht nachgekommen ist, während andererseits der Vermieter ein Interesse an der Rückgabe der Räume in einer bestimmten Farbgebung aus Gründen der Wiedervermietbarkeit hat, auch wenn die Räume sich ansonsten in einem fachgerecht renovierten Zustand befinden. Abzulehnen ist, allein aus der Farbgebung eine Pflichtverletzung des Mieters abzuleiten. Zwei Kriterien bieten sich zur Lösung des Konflikts an: Zum einen dürfen die Dekorationsmaßnahmen des Mieters weder den Vermieter noch den Mieter mit Folgekosten belasten, die über die Vornahme von noch nicht notwendigen Renovierungsmaßnahmen hinausgehen. Zum anderen muss der Mieter Dekorationsmaßnahmen, die zu einem Eingriff in die Substanz geführt haben, für den Vermieter folgenlos beseitigen. Ob eine Umgestaltung vorliegt, hängt vom vertragsgemäßen Zustand der Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses ab. Er lässt dem 1195

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Rn. IX 66

Schönheitsreparaturen

Mieter immer noch einen Gestaltungsrahmen. Dabei werden die Grenzen zur Umgestaltung fließend sein, indes nicht mehr einseitig vom Interesse des Vermieters an der Wiedervermietung bestimmt werden können.1 66

Der „vertragsgemäße Zustand“ lässt sich im Übergabeprotokoll festhalten. Wird dem Mieter eine unrenovierte Wohnung vermietet, so ist dies im Hinblick auf die Farbgebung und dekorative Gestaltung der „vertragsgemäße Zustand“, AG Burgwedel – WuM 2005, 771: Zur Rückgabe der Wohnung in vertragsgemäßem Zustand muss der Mieter die Wohnung in einen Zustand versetzen, der demjenigen bei der Anmietung entspricht, abgesehen von Änderungen infolge vertragsgemäßen Gebrauchs. Einem ursprünglich hellen, neutralen Anstrich der Räume entspricht nicht ein Anstrich mit grüner, roter oder blauer Farbe. (Es muss aber auch nicht gerade weiß sein.) Das gilt auch, wenn die Renovierungsklausel unwirksam sein sollte.

Er entbindet zwar den Mieter nicht von der Verpflichtung, bei Fälligkeit (s. Rn. IX 72, 80) Schönheitsreparaturen auszuführen, grenzt aber sein Farbwahl- und Gestaltungsermessen – von Extremfällen abgesehen2 – nicht ein. In eine ähnliche Richtung geht die Annahme, dass dem Mietverhältnis eine Pflicht innewohne, die Wohnung in einem Zustand zurückzugeben, der es ermöglicht, mit den üblichen Vorarbeiten die Dekoration zu erneuern, so dass weder dem Vermieter noch dem Nachmieter ein Sonderaufwand entsteht,3 AG Esslingen ZMR 2005, 199.

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Dahin scheint auch die Rspr. des BGH zu tendieren. Danach ist der Mieter von Wohnraum nicht verpflichtet, zustandsverändernde Maßnahmen zu beseitigen, wenn er sie im Rahmen seiner Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen durchgeführt hat und kein Sonderaufwand für Beseitigungsmaßnahmen erforderlich ist, BGH – Urt. v. 5.4.2006 – MDR 2006, 1215 = NZM 2006, 621 = WuM 2006, 308.

Allerdings lässt er abweichende (auch formularmäßige) Vereinbarungen, die auf den Zustand bei Beendigung des Mietverhältnisses abstellen, zu,4 BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2008, 926 = WuM 2008, 722 („Holzklausel“).

Ist der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet, hat er die Wohnung jedoch nach seinem Geschmack umgestaltet,5 so ist er jedenfalls dann zur Beseitigung verpflichtet, wenn er unfachmännisch re1 Beispiel: Ist die Mietwohnung raufasertapeziert und weiß gestrichen, so liegt es im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, wenn der Mieter den Anstrich abtönt oder bei späterer Renovierung eine dezent gemusterte Tapete verwendet. Von einer Umgestaltung könnte gesprochen werden, wenn er eine Fototapete, eine auffällige Mustertapete oder einen kräftigen Farbanstrich wählt. 2 Beispiel nach LG Berlin GE 1995, 249: Anstrich in den Farben türkis, lila, schwarz, rot. 3 Langenberg Schönheitsreparaturen, Rn. I D 255, E 372. 4 Zu den grundsätzlichen Bedenken s. Rn. IX 65. 5 Zum Fall: Der Mieter hatte nicht überstreichbare Wasserschutz- oder Schaumtapeten angebracht, nur von der Decke bis zur Mitte der Wand tapeziert oder die Tapete mit nicht entfernbaren PVC-Belägen beklebt.

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Rn. IX 69a

noviert hat und hierdurch ein Mehraufwand gegenüber sonst durchzuführenden Schönheitsreparaturen entstanden ist (BGH a.a.O.; KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = NZM 2005, 663 zur „Verschlimmbesserung“ der Wohnung durch Farbanstriche). Der Vermieter kann sein Interesse an der Rückgabe in einem Zustand „wie übernommen“ nicht durch einen Zustimmungsvorbehalt bei vom Mieter beabsichtigten Renovierungsabweichungen wahren; denn Formularklauseln bezüglich eines solchen Vorbehalts1 sind unwirksam,

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BGH – Urt. v. 28.3.2007 – NZM 2007, 398 = WuM 2007, 259 = ZMR 2007, 528 = MietRB 2007, 167 (Zich): Verstoß gegen das Transparenzgebot: Die Klausel ist deshalb unklar, weil nicht eindeutig ist, was unter „Ausführungsart“ zu verstehen ist. Dieser Begriff kann sich entweder auf die Grundausstattung beziehen, auf die Ausgestaltung im Einzelnen oder auf beides. Ein Zustimmungsvorbehalt für jegliche Abweichung von der bisherigen „Ausführungsart“ – beispielsweise die Wahl eines abweichenden Farbtons des Wand- oder Deckenanstrichs oder einer anderen Tapetenart – würde den Mieter unangemessen in der Möglichkeit beschränken, sich in der Mietwohnung nach seinem Geschmack einzurichten, ohne dass für eine so weitgehende Beschränkung ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters zu erkennen ist. LG Berlin MM 2006, 297: Die Klausel läuft auf eine unzulässige Endrenovierungsverpflichtung des Mieters hinaus; ebenso LG Hamburg WuM 2007, 194.

Formularklauseln, die den Mieter verpflichten, die Räume bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem bestimmten Farbton oder einer bestimmten Renovierungsart (z.B. raufasertapeziert) zurückzugeben (Farbwahlklauseln), sind ebenfalls unzulässig, da sie auf eine verdeckte unzulässige Schlussrenovierungspflicht hinauslaufen,

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LG Lübeck WuM 2001, 261: Dem Mieter einer Wohnung kann formularmäßig nicht aufgegeben werden, alle Räume bei Mietende weiß gestrichen zurückzugeben. LG Düsseldorf NZM 2002, 779: Der im Formularmietvertrag handschriftlich eingefügte Zusatz, die Wohnung sei bei Bezug in den Holzteilen weiß lackiert und an Wänden und Decken in Makulatur übergeben worden und sei bei Auszug wieder in diesem Zustand zurückzugeben, ist unwirksam.

Demgegenüber hält der BGH derartige Klauseln dann für wirksam, wenn sie sich auf den Zustand bei Rückgabe der Mietsache beziehen und dem Mieter noch einen gewissen Gestaltungsspielraum belassen, BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472 Tz. 18: Die Klausel2 setzt dem Mieter zwar mit der Beschränkung auf helle, neutrale und deckende Farben

1 Die Klauseln lauten: „Der Mieter darf nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart abweichen, bzw. Der Mieter ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart erheblich abzuweichen.“ 2 Die Klausel lautet: „Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren innen. Die Schönheitsreparaturen sind in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten auszuführen.“

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Rn. IX 70

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vielleicht einen etwas engeren Rahmen, legt ihn aber nicht auf eine spezielle Dekorationsweise fest. Sie stellt auf eine Bandbreite ab, die zu den unterschiedlichsten Einrichtungsstilen passt und deshalb für weite Mieterkreise annehmbar ist. Bezöge sie sich nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung, läge eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nicht vor. Denn dieser könnte während der Mietzeit nach Belieben dekorieren und selbst entscheiden, ob er z.B. mit einem farbigen Anstrich in Kauf nehmen will, dass er am Ende des Mietverhältnisses einen Neuanstrich in neutralen Farben anbringen muss, obwohl die Dekoration noch nicht abgenutzt ist. Ebenso BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2008, 926 = WuM 2008, 722 Tz. 18 (Holzklausel): Eine unangemessene Benachteiligung ... ist nicht schon deswegen anzunehmen, weil die Klausel die Grenze des Erlaubten enger zieht und damit Gestaltungsmöglichkeiten ausschließt, die dem Mieter ohne die Klausel erlaubt wären.

Dagegen bestehen Bedenken; denn die Einschränkung des Gestaltungsermessens des Mieters wirkt sich erheblich stärker aus, als vom BGH angenommen. Zum einen sind die Grenzen dessen, mit welcher Farbgebung der Mieter noch renovieren darf, ohne eine Schlussrenovierung befürchten zu müssen, nämlich nicht transparent. Dafür liefert der BGH ein Beispiel: Welche Farben und welche Schattierungen können noch als „hell, neutral und deckend“ bezeichnet werden? „Hell“ allein genügt nicht, ebenso wenig „neutral“; Hellblau oder zartes Lindgrün sollen die Kriterienkombination noch nicht erfüllen.1 Will der Mieter „auf der sicheren Seite“ stehen, so verbliebe nur ein „gebrochenes Weiß“. Damit ist das Erfordernis einer Schlussrenovierung als Regelfall vorprogrammiert. Zum anderen kann der Mieter bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit dessen Ende in der Regel noch nicht absehen, so dass er bei jeder Renovierungsmaßnahme „das Ende bedenken“ muss. Eine individualvertraglich ausgehandelte Farbwahlklausel ist zwar für sich betrachtet wirksam (LG Hamburg HmbGE 1990, 457); jedoch bringt ihr Charakter als Schlussrenovierungsklausel es mit sich, dass wegen des Summierungseffekts (s. dazu Rn. II 50) eine Klausel, durch die dem Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen worden sind, unwirksam ist. 70

Unwirksam sind auch Formularklauseln, die den Mieter verpflichten, bei Mietende einen bestimmten Zustand herzustellen, der auf eine Teilrenovierung hinausläuft, obwohl Schönheitsreparaturen noch nicht fällig sind (Rückgabe in tapezierfähigem Zustand), BGH – Urt. v. 5.4.2006 – WuM 2006, 310 = ZMR 2006, 599: Die in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltene Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Ebenso BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 620 = WuM 2006, 377 = ZMR 2006, 597 = MietRB 2006, 257 (Zich), Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 621 = WuM 2006, 308 = MietRB 2006, 229 (Ott);

1 Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, weitere negative Beispiele zu finden, wobei die Tapetenauswahl noch einzubeziehen wäre. Selbst ein dezentes florales Muster könnte sich für den Mieter negativ auswirken.

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Rn. IX 73

LG Saarbrücken NZM 2000, 1179: Eine Formularklausel, nach der der Mieter einer Wohnung bei Auszug zum Entfernen der Tapeten (und des Klebers an Wand und Boden) verpflichtet ist, verstößt jedenfalls dann gegen § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB), wenn dem Mieter bereits die Durchführung von Schönheitsreparaturen in bestimmten Zeitabständen auferlegt worden ist.

Eine entsprechende Individualvereinbarung ist dagegen bei isolierter Betrachtung unbedenklich. Sie löst jedoch einen Summierungseffekt aus, wenn sie mit einer (wirksamen) Formularklausel zusammentrifft, durch die dem Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen werden,

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BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 623 = WuM 2006, 306, 307 = ZMR 2006, 913.

Das führt zur Unwirksamkeit der Renovierungsklausel gemäß § 307 BGB, während die individuell vereinbarte „Makulaturklausel“ wegen ihres sachlichen Zusammenhanges mit der Renovierungspflicht von der Nichtigkeit nach Maßgabe des § 139 BGB mit erfasst wird. Vermag der Vermieter die Vermutung der Gesamtnichtigkeit zu widerlegen, so kann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verpflichtung aus der „Makulaturklausel“ nur unter den Voraussetzungen des § 281 BGB verlangen (BGH a.a.O.) c) Fälligkeit und Fristenplan Der Anspruch des Vermieters auf Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen besteht bereits während der Mietzeit (s. dazu Rn. IX 126). Das folgt aus dem Entgeltcharakter dieser Verpflichtung.

72

aa) Allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen Schönheitsreparaturen werden auch während der Mietzeit fällig, wenn nicht nur unwesentliche Abnutzungsspuren, wie etwa durch leichtere Lichtverfärbungen, aufgetreten sind. So wird die Fälligkeit zu bejahen sein, wenn sich die Mietsache in einem so abgenutzten Zustand befindet, dass aus der Sicht eines objektiven Betrachters unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte ein Renovierungsbedarf besteht; auf eine Substanzgefährdung kommt es nicht an, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 383 = ZMR 2005, 523, enger: OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – MDR 2003, 23 = WuM 2002, 545: Wenn es nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte unzumutbar ist, die Räume in unrenoviertem Zustand zu belassen.

Das kann etwa der Fall sein, wenn die Farbe schwindet, die Tapeten unansehnlich und schadhaft werden, wenn die Decke Risse bekommt und verschmutzt, KG – Urt. v. 24.11.1955 – ZMR 1963, 138,

wenn die Dekoration verbraucht bzw. abgenutzt ist, sich die Räume in einem nicht mehr zur Weitervermietung geeigneten Zustand befinden, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56, KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724.

1199

73

Rn. IX 74 74

Schönheitsreparaturen

Ob während der Mietzeit großzügigere Maßstäbe anzulegen sind, ist zweifelhaft (zur Qualität s. Rn. IX 53).1 Was den zeitlichen Rahmen anbelangt, wird man dem Mieter allerdings zugute halten können, dass er während dieser Zeit in gewissem Maße selbst bestimmen können muss, wie lange er den Anblick mehr oder weniger verwohnter Räume hinnehmen will, OLG Hamm – Urt. v. 14.7.1964 – MDR 1965, 48.

Aus dem bloßen Zeitablauf zwischen letzter Renovierung und Rückgabe lässt sich also noch nichts zu Gunsten des Vermieters herleiten, wenn kein Fristenplan vereinbart ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – MDR 2003, 23 = WuM 2002, 545: Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass Räumlichkeiten, die für einen Friseursalon gemietet sind, so verschlissen sind, dass sie renoviert werden müssten.2

75

Enthält ein Mietvertrag über Gewerberaum die Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ohne Angabe eines Fristenplanes, obliegt es dem Vermieter, substantiiert darzutun, in welchen Zeiträumen üblicherweise bei derartigen Räumen Schönheitsreparaturen zu erfolgen haben, dass diese nicht fristgerecht erfolgt sind und inwiefern die Räumlichkeiten überobligationsmäßig abgenutzt sind,3 OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524 = WuM 1994, 274.

76

Die Fälligkeit von Schönheitsreparaturen ist nicht notwendig an einen Fristenplan gekoppelt. Werden die laufenden Schönheitsreparaturen dem Mieter jedoch formularmäßig übertragen, ohne dass ein Fristenplan vereinbart worden ist, so wird eine Vertragslücke angenommen, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen wird, indem auf die üblich gewordenen Fristen im Mustermietvertrag 1976, herausgegeben vom BMJ,4 zurückgegriffen wird (s. Rn. IX 85). Das gilt für Mietverhältnisse über Wohnraum wie über Gewerberaum (s. Rn. IX 86). Eine solche Lücke besteht jedoch nicht, wenn ein formularmäßiger Fristenplan sich als unwirksam erweist; denn davon wird auch die Wirksamkeit der Renovierungsklausel betroffen und die so entstandene Lücke wird nach § 306 Abs. 2 BGB durch die gesetzliche Regelung ersetzt (s. Rn. IX 47, 89).

77

Bei Beendigung des Mietverhältnisses soll die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen spätestens am Tage der ordentlichen Beendigung fällig werden, sofern nichts anderes vereinbart ist,5 BGH – Urt. v. 19.10.1988 – NJW 1989, 451 = ZMR 1989, 57.

Das kann allerdings nur zum Tragen kommen, wenn kein Fristenplan vereinbart ist und wenn zu diesem Zeitpunkt erhebliche Abnutzungserscheinungen 1 Herrlein NZM 2003, 941, 942: Der Mieterschutz schließt überzogene Vorstellungen des Vermieters aus. 2 Zum Fall: Die letzte Renovierung erfolgte im April 1997; die Rückgabe erfolgte im Mai 2000. 3 Zur ergänzenden Vertragsauslegung auch bei Mietverhältnissen über Gewerberaum s. Rn. IX 96. 4 Wiedergegeben in der Textausgabe Mietrecht, Beck-Texte im dtv, 44. Aufl. Nr. 29. 5 S. dazu Kraemer NZM 2003, 417, 422.

1200

Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 79

vorliegen, die die Durchführung von Schönheitsreparaturen erforderlich machen (s. dazu Rn. IX 73, 130). Schönheitsreparaturen werden aber nicht fällig, wenn ohne die vorherige Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen, insbesondere die Behebung sog. Untergrundschäden, eine Renovierung unzweckmäßig oder unwirtschaftlich wäre,

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KG – Urt. v. 12.11.1973 – MDR 1974, 319 für Behebung von Feuchtigkeitsschäden,1 KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724, LG Berlin NZM 2002, 909.

Sind z.B. Feuchtigkeitsschäden vorhanden, ist Putz oder Mauerwerk abgeschlagen, ist das Holz der Fenster wegen abgängiger Außenanstriche nass, muss der Vermieter diese Mängel erst beheben, bevor er den Mieter auf seine Renovierungspflicht verweisen darf, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56, s. auch LG Augsburg WuM 1983, 22, LG Berlin WuM 1987, 147.

Jedoch sollen an diese Umstände, die der Fälligkeit von Renovierungsmaßnahmen entgegenstehen, hohe Anforderungen gestellt werden. Sie sollen ein solches Gewicht haben, dass die Ausführung von Schönheitsreparaturen wirtschaftlich sinnlos wäre und dem Verlangen des Vermieters, Schönheitsreparaturen auszuführen, der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden könnte, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56, Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724.

Dem kann nicht ohne weiteres gefolgt werden. Vielmehr wird die Grenze dort zu ziehen sein, wo es sich nicht mehr um Ausbesserungen handelt, die typischerweise von einem Maler mit erledigt werden, LG Berlin NZM 2002, 909.

Hat der Vermieter bauseitige Mängel beseitigt, so ist er auch verpflichtet, die zur Renovierung geeignete Fläche herzustellen, AG Pinneberg ZMR 2004, 199.2

Die Pflicht, für einen baulichen Zustand zu sorgen, der eine Renovierung technisch ermöglicht und sinnvoll macht, ist also eine Fälligkeitsvoraussetzung für den Erfüllungsanspruch und einen etwaigen Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Beendigung des Mietverhältnisses. Es kommt nicht darauf an, ob der Mieter auf derartige Instandsetzungsmaßnahmen nach Vertragsende noch einen Anspruch hat, da es sich um eine vom Vermieter zu erfüllende Voraussetzung für seine Ansprüche handelt, anders LG Hannover WuM 2002, 214. 1 Die Entscheidung befasst sich allerdings mit dem Verzug des Mieters, der im Hinblick auf die bestehende Einrede aus § 320 BGB verneint wird. 2 Beispiel: Waren die Flächen mit Raufasertapete versehen, die ohne weiteres hätte überstrichen werden können und durch bauseitige Schäden zerstört oder beschädigt worden ist, so schuldet der Vermieter zunächst eine Neutapezierung; der Neuanstrich ist dann Pflicht des Mieters.

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Rn. IX 80

Schönheitsreparaturen

Von den Untergrundschäden sind die Vorschäden abzugrenzen, die häufig auf unsachgemäßen oder gänzlich unterbliebenen Renovierungsmaßnahmen von Vormietern beruhen; deren Behebung fällt in den Pflichtenkreis des Mieters (s. Rn. IX 51). bb) Fristenpläne 80

Bei der Wohnraummiete werden im Zusammenhang mit der Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter üblicherweise Fristenpläne vereinbart. Die bisher üblichen Renovierungsfristen betragen,1 – für Feuchträume wie Küchen, Bäder, Duschen: alle 3 Jahre, – für Wohn- und Schlafräume sowie Wohnungsflure, Toilettenräume: alle 5 Jahre, – für Nebenräume: alle 7 Jahre. Keller- und Wirtschaftsräume unterliegen nicht den üblichen Fristen für Wohnräume, LG Darmstadt WuM 1987, 315.

Mit Recht ist jedoch darauf hingewiesen worden, dass die gängigen Fristen angesichts der geänderten Wohngewohnheiten, der bautechnischen Weiterentwicklung und der Verbesserung der Dekorationsmaterialien nicht mehr zeitgemäß sind und erheblich verlängert werden müssen, wenn sie noch der Inhaltskontrolle standhalten sollen,2 LG Kiel WuM 2006, 312, 314 Sp. 2.

Der BGH hat es offen gelassen, ob er sich dem anschließen wird; jedenfalls für die Zeit vor seiner Entscheidung vom 26.9.2007 bleibt er dabei, dass der Fristenplan im Mustermietvertrag des BMJ von 1976 auch formularmäßig wirksam vereinbart werden kann (s. Rn. IX 85), BGH – Urt. v. 26.9.2007 – NZM 2007, 879 = WuM 2007, 684 = ZMR 2008, 30, 31.

Erwogen werden folgende Fristen:3 – für Feuchträume: alle 5 Jahre, – für Wohn- und Schlafräume: alle 8 Jahre, – für alle übrigen Räume, insbesondere Nebenräume: alle 10 Jahre. 81

Für die Vereinbarung von Fristenplänen sind folgende Kriterien zu beachten: – Fristenpläne geben nur allgemeine Richtwerte wieder, bilden dagegen keine starren Renovierungsvorgaben. 1 Mustermietvertrag 1976, herausgegeben vom BMJ, § 7 Fn. 1; s. dazu Langenberg Schönheitsreparaturen, Rn. F 3. 2 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I E 311 f. ausführlich zu den Kriterien Dekorationsmaterial, Wohnungsausstattung und Wohnungsbelegung, ferner informativ Langenberg WuM 2006, 122, 123; s. auch Blank FS Derleder, 2005, S. 189, 193. 3 S. Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I E 335; Beyer NZM 2008, 465, 466.

1202

Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 83

– Fristenpläne enthalten nur eine widerlegbare Vermutung für den Renovierungsbedarf. Mieter und Vermieter müssen daher berechtigt sein, den Beweis zu führen, dass entweder Schönheitsreparaturen trotz Fristablaufs noch nicht erforderlich sind bzw. die Erforderlichkeit gegeben ist, obwohl die Fristen noch nicht verstrichen sind. – Fristenpläne müssen dem üblichen Renovierungsturnus entsprechen. Vorformulierte Fristenpläne müssen also derart abgefasst sein, dass der Fristenplan nur den Charakter einer Richtlinie hat, von der im Einzelfall bei gutem Erhaltungszustand der Mieträume auch nach oben abgewichen werden kann; dies muss für den durchschnittlichen, verständigen Mieter erkennbar sein (BGH NJW 2004, 2087 = WuM 2004, 333, NJW 2004, 2586 = WuM 2004, 463, NJW 2005, 3416 = WuM 2005, 716, NJW 2006, 2113 = WuM 2006, 377), KG – Urt. v. 6.12.2007 – MM 2008, 38 = WuM 2008, 474.1

Die Vereinbarung von Fristenplänen ist auch formularmäßig zulässig,

82

BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333, OLG Koblenz – Urt. v. 11.3.1999 – MDR 1999, 1499 für den Fristenplan im Mustervertrag 1976 des BMJ, s. auch BayObLG – RE v. 9.7.1987 – NJW-RR 1987, 1298 = WuM 1987, 344.

Es soll hierfür genügen, dass im Text des Mietvertrages auf eine Fußnote verwiesen wird, die die Fristen wiedergibt,2 BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333.

Dagegen bestehen im Hinblick auf das Transparenzgebot Bedenken, weil in Fußnoten allenfalls ein erläuternder Text vermutet wird, der allzu leicht überlesen wird.3 Unwirksam sind Klauseln, die die üblichen Regelfristen erheblich unterschreiten, LG Berlin WuM 2002, 668 (ZK 62), ZMR 2003, 487 (ZK 64): Ein Fristenplan, der die Fristen unangemessen verkürzt (für Wohnräume alle 3 Jahre, für Feuchträume alle 2 Jahre), macht die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam;4 ebenso LG Frankfurt a.M. NZM 2004, 62 = WuM 2004, 88, LG Hamburg ZMR 2004, 37, 196 bei 4-Jahresturnus für Anstrich der Fensterrahmen von innen, s. auch LG Berlin WuM 2000, 183.

1 Zum Fall: Die für unwirksam erachtete Klausel lautet: „Nach dem jeweiligen Grad der Abnutzung hat der Mieter die Schönheitsreparaturen regelmäßig nach Maßgabe folgenden Fristenplans durchzuführen: in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre, in allen sonstigen Nebenräumen alle 7 Jahre.“ 2 So z.B. in § 7 (1) des Mustermietvertrages 1976, der AGB-rechtlich jedoch zum Teil überholt ist. 3 S. auch Wiek WuM 2004, 334. 4 Heinrichs WuM 2005, 155, 161; Pfeilschifter WuM 2003, 543, 551; Harsch MDR 2004, 601, 604; nach Blank FS Derleder, 2005, S. 189 f., 193 liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) vor.

1203

83

Rn. IX 84

Schönheitsreparaturen

Dies führt dazu, dass auch die Klauseln über die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter im Allgemeinen unwirksam sind (s. Rn. IX 38, 89). Unwirksam soll die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch dann sein, wenn der in der Klausel geregelte Fristenplan nicht vorsieht, dass die Fristen erst ab Beginn des Mietverhältnisses laufen; denn anderenfalls laufe der Mieter Gefahr, mit vorvertraglichen Abnutzungen belastet zu werden, AG Pankow-Weißensee WuM 2007, 192.

Das überzeugt nicht; denn die Behebung etwaiger Vorschäden zählt ohnehin zum Risikobereich des Mieters (s. Rn. IX 51). 84

Denkbar ist, dass sich die Unwirksamkeit nur auf einzelne, besonders ausgewiesene Fristen bezieht, die besondere Teile des Mietobjekts – wie z.B. Lackierarbeiten an Holzteilen oder Heizkörpern – betreffen, LG München I WM 1997, 549: Eine Klausel, nach der der Mieter ohne Rücksicht auf den Zustand der Gegenstände alle 5 Jahre Lackierungsarbeiten und alle 3 Jahre Lasierungsarbeiten ausführen muss, ist wegen zu kurzer Fristen unwirksam.

Zum Teil ist angenommen worden, dass sich die Unwirksamkeit auf die Klauseln mit übermäßig kurzen Fristen beschränkt, BGH – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 363 = WuM 2008, 278 = ZMR 2008, 527: Ist nur die (weiche) Frist für die Renovierung von Nebenräumen zu kurz bemessen, so hat das keine Auswirkungen auf die Klausel über die Durchführung von laufenden Schönheitsreparaturen. LG Köln WuM 1997, 434: Eine Klausel, die für Lackierarbeiten an Holzwerk und Heizkörpern ausdrücklich die gleichen Fristen wie für Schönheitsreparaturen im Übrigen festlegt, ohne die Erforderlichkeit der Renovierung zu berücksichtigen, ist (nur!) im Hinblick auf das (besonders genannte) Lackieren der Holzteile und Heizkörper unwirksam. LG Köln WM 1999, 36: Die Klausel über die Übertragung laufender Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist insoweit unwirksam, als dem Mieter der Anstrich bzw. die Lackierung von Holzteilen, Wasserrohren und Heizkörpern nicht im üblichen angemessenen Umfang auferlegt wird. Eine 3-Jahresfrist für das Lackieren von Holzteilen in Küche und Bad ist grundsätzlich zu kurz; so auch LG Köln WuM 1997, 434.

Hier kommt es darauf an, ob die Klausel, die die Fristen regelt, in sich trennbar ist. Für die Trennbarkeit spricht, wenn Fristen für bestimmte Teile des Mietobjekts gelten. In einem solchen Fall bezieht sich die Unwirksamkeit nur auf diesen Teil der Klausel. 85

Ist in einem Formularmietvertrag über Wohnraum kein Fristenplan vereinbart, so sollen die Fristen im Mustermietvertrag 1976 im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung herangezogen werden und als Auslegungsrichtlinie gelten, BGH – Urt. v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = WuM 1985, 46, BayObLG – Beschl. v. 12.5.1997 – WuM 1997, 362 = ZMR 1997, 405.

Das gilt jedenfalls für Mietverhältnisse, die bis Ende September 2007 abgeschlossen worden sind, BGH – Urt. v. 26.9.2007 – NZM 2007, 879 = WuM 2007, 684 = ZMR 2008, 30, 31: Jedenfalls für in der Vergangenheit abgeschlossene Mietverträge bleibt der Senat bei

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Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 88

seiner Rspr. (NJW 2005, 1188 = NZM 2005, 299; NJW 2006, 3778 = NZM 2006, 924), dass der Fristenplan des Mustermietvertrages des BMJ 1976 auch kraft AGB wirksam vereinbart werden konnte.

Eine ergänzende Vertragsauslegung ist indes nicht möglich, wenn ein vereinbarter Fristenplan unwirksam ist; an dessen Stelle tritt nicht etwa der verkehrsübliche. Vielmehr erstreckt sich die Unwirksamkeit auf die gesamte Renovierungsklausel (s. Rn. IX 38, 89). Eine ergänzende Vertragsauslegung auf der Grundlage des Fristenplanes in § 7 des Mustermietvertrages 1976 kommt auch bei der Vermietung von Gewerberäumen in Betracht (s. Rn. IX 96),

86

Gilt ein Fristenplan und sind die Fristen noch nicht abgelaufen, so schuldet der Mieter keine laufenden Schönheitsreparaturen auf Grund vertragsmäßiger Abnutzung,

87

BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480 = WuM 1985, 46, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 302 = ZMR 1987, 415.

Daraus wird für den Vermieter die Zweckmäßigkeit gefolgert, Abgeltungsoder Quotenhaftungsklauseln zu vereinbaren (s. dazu Rn. IX 212). Zur Vermutungswirkung von Fristenplänen s. Rn. IX 97. Unzulässigkeit starrer Fristenpläne

88

Fristenpläne müssen sowohl dem Vermieter als auch (insbesondere) dem Mieter den Nachweis ermöglichen, dass ausnahmsweise Schönheitsreparaturen vorzeitig bzw. noch nicht fällig sind; anderenfalls sind diesbezügliche Klauseln unwirksam, selbst wenn ihre Dauer dem Üblichen entspricht, BayObLG – RE v. 9.7.1987 – NJW-RR 1987, 1298 = WuM 1987, 344, BGH – Urt. v. 23.6.2004 – WuM 2004, 463 = NZM 2004, 653: Die Klausel1 kann aus der Sicht eines verständigen Mieters nur die Bedeutung haben, dass er zur Ausführung der Renovierungsarbeiten in Küche, Bad und Toilette spätestens nach 2 Jahren und in allen übrigen Räumen spätestens nach 5 Jahren verpflichtet ist, auch wenn die gemieteten Räume nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild noch nicht renovierungsbedürftig sind. Eine Formularbestimmung, die den Mieter mit Renovierungspflichten belastet, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, ist mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Sie würde dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegen, als der Vermieter dem Mieter ohne vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 BGB schulden würde. BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 2006, 248 = ZMR 2006, 513: Ein formularmäßiger Fristenplan für die vom Mieter vorzunehmenden Schönheitsreparaturen ist auch dann starr und benachteiligt den Mieter unangemessen i.S. des § 307 BGB, wenn die Fristen allein durch die Angabe eines nach Jahren bemessenen Zeitraums ohne jeden Zusatz bezeichnet sind.

1 Die Klausel lautet: „Der Mieter ist verpflichtet, auf seine Kosten die Schönheitsreparaturen in den Mieträumen, wenn erforderlich, mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge fachgerecht auszuführen. Die Zeitfolge beträgt: bei Küche, Bad und Toilette – 2 Jahre, bei allen übrigen Räumen – 5 Jahre.“

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Rn. IX 89

Schönheitsreparaturen

BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 621 = WuM 2006, 308 = MietRB 2006, 229 (Ott): Die in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltene Klausel: „Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses notwendig werdenden Schönheitsreparaturen ordnungsmäßig auszuführen. Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen (z.B. Küchen/Bäder: 3 Jahre, Wohn- und Schlafräume: 4–5 Jahre, Fenster/Türen/Heizkörper: 6 Jahre)“ enthält einen starren Fristenplan und ist deshalb unwirksam; ebenso BGH – VU v. 5.4.2006 – NZM 2006, 620 = WuM 2006, 377 = ZMR 2006, 597 = MietRB 2006, 257 (Zich), anders BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2008, 926 = WuM 2008, 722 für die Klausel „Üblicherweise werden Schönheitsreparaturen in folgenden Zeiträumen erforderlich sein: ...“, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NJW 2006, 2915 = NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513 zur Klausel „Der Mieter verpflichtet sich, die Schönheitsreparaturen innerhalb folgender Fristen auszuführen: ...“ KG – Urt. v. 6.12.2007 – MM 2008, 38 = WuM 2008, 474 = ZMR 2008, 789 zur Klausel „Nach dem jeweiligen Grad der Abnutzung hat der Mieter die Schönheitsreparaturen regelmäßig nach Maßgabe des folgenden Fristenplans durchzuführen: ...“, KG – Urt. v. 22.5.2008 – WuM 2008, 398 = ZMR 2008, 893 zur Klausel „Die Schönheitsreparaturen werden regelmäßig in folgenden Zeiträumen erforderlich ...“; anders für „in der Regel“ oder „im Allgemeinen“.

Zu „weichen“ Fristenplänen s. Rn. IX 92 f. 89

Sind Klauseln, die Fristenpläne betreffen, wegen ihrer Starre oder unangemessenen Kürze unwirksam, so führt dies zur Unwirksamkeit auch derjenigen Klauseln, durch die dem Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen werden,1 BGH – Urt. v. 23.6.2004 – WuM 2004, 463 = NZM 2004, 653: Die Unwirksamkeit der Fristenregelung hat die Unwirksamkeit auch der Schönheitsreparaturverpflichtung zur Folge. Die in der Klausel enthaltene Schönheitsreparaturverpflichtung ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn sich die Formularklausel aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil trennen ließe. Hieran fehlt es. Ebenso BGH – Urt. v. 22.9.2004 – WuM 2004, 660 = ZMR 2005, 34, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NJW 2006, 2915 = NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.10.2004 – WuM 2004, 603, LG Duisburg NZM 2004, 63, LG Hamburg (ZK 7) ZMR 2004, 37, 196, LG Hamburg (ZK 11) NZM 2004, 295 = WuM 2004, 194.

Würde die Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen ohne den Fristenplan bestehen bleiben, müssten die Zeiträume, nach deren Ablauf die Schönheitsreparaturen auszuführen sind, durch Auslegung unter Zugrundelegung zulässiger Renovierungsintervalle bestimmt werden (BGHZ 92, 363, 368 = WuM 1985, 46). Hierdurch würde der Umfang der auf den Mieter übertragenen Renovierungsverpflichtung jedoch auf das in zeitlicher Hinsicht (gerade noch) zulässige geltungserhaltende Maß zurückgeführt. Dies wäre eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion, BGH – Urt. v. 28.6.2006 – NJW 2006, 2915 = NZM 2006, 691 = WuM 2006, 513.2 1 Kritisch dazu Häublein ZMR 2005, 94. 2 S. dazu Emmerich NZM 2006, 761.

1206

Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 92

Die Unwirksamkeit ist auch dann zu bejahen, wenn die Verpflichtung als solche und die für ihre Erfüllung maßgebenden starren Fristen zwar in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind, zwischen diesen Klauseln jedoch ein innerer Zusammenhang besteht, so dass sie als einheitliche Regelung erscheinen,

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BGH – Urt. v. 22.9.2004 – WuM 2004, 660 = ZMR 2005, 34.1

Eine Auslegung der vorformulierten Fristenpläne dahin, dass redliche Parteien die starren Fristen nicht als solche behandeln, sondern das Erfordernis einer Renovierung am Zustand der Wohnung festmachen würden (so LG Gießen WuM 2004, 197), läuft auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinaus. Bedarfsklauseln, nach denen der Mieter die Wohnung bei Bedarf zu renovieren hat, wobei ein Bedarf mindestens dann als gegeben gilt, wenn die im Fristenplan festgelegten Zeiträume verstrichen sind, sind grundsätzlich unzulässig. Das würde nämlich bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung darauf hinauslaufen, dass der Mieter schon zu Beginn des Mietverhältnisses zu renovieren hätte,

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OLG Stuttgart – RE v. 17.2.1989 – WuM 1989, 121 = ZMR 1989, 176, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333, verneinend für den Fristenplan im Mustermietvertrag 1976.

Die Formularklausel, nach der der Mieter die Schönheitsreparaturen „je nach Grad der Abnutzung“ (in Verbindung mit einem Fristenplan) durchzuführen hat, ist nicht als unzulässige „Bedarfsklausel“ angesehen worden, da sie den Umfang, nicht aber den Zeitpunkt der Schönheitsreparaturen festlegt, OLG Celle – Beschl. v. 30.1.1996 – WM 1996, 202 = ZMR 1996, 269, LG Duisburg DWW 1998, 379.

Wirksam ist auch eine Klausel, wenn ihre Auslegung der Klausel ergibt, dass der Mieter trotz einer Bedarfs- und Fristenregelung weder eine Anfangsrenovierung schuldet noch ein bereits bei Mietbeginn bestehender Renovierungsbedarf zu seinen Lasten gehen soll, BGH – Beschl. v. 11.7.1990 – WuM 1990, 415 = ZMR 1990, 449, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333 für den Fristenplan im Mustermietvertrag '76, s. auch OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 16.2.1990 – DWW 1990, 116 = WuM 1990, 136.

Nicht zu beanstanden sind formularmäßige Fristenpläne, die zugunsten des Mieters, aber auch zugunsten des Vermieters den Nachweis eröffnen, dass Schönheitsreparaturen noch nicht bzw. wegen übermäßiger Abnutzung vorzeitig fällig werden. Das ist bei Formularklauseln der Fall, nach denen Schönheitsreparaturen „im Allgemeinen in folgenden Zeitabständen erforderlich sind“,2 BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333, BGH – Urt. v. 9.3.2005 – NZM 2005, 376 = WuM 2005, 243 = ZMR 2005, 437, 1 S. dazu Emmert WuM 2005, 314. 2 S. dazu Wiek WuM 2005, 283; ferner Kappus NZM 2006, 6.

1207

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Rn. IX 93

Schönheitsreparaturen

oder „in den üblichen Zeitabständen je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung“ durchzuführen sind; in diesem Falle gelten kraft Auslegung die üblichen Fristen, OLG Hamburg – RE v. 13.9.1991 – NJW-RR 1992, 10 = WM 1991, 523.

93

Auch der Hinweis in der Fristenplanregelung, dass Schönheitsreparaturen „im Allgemeinen“ oder „in der Regel“ in den folgenden Zeitabschnitten auszuführen sind, reicht aus, um die unzulässige Starre eines Fristenplans aufzuheben, BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333, ebenso BGH – Urt. v. 13.7.2005 – NZM 2005, 860 = WuM 2005, 716 = ZMR 2005, 934: Die in einem Wohnraummietvertrag enthaltene Klausel, nach der Schönheitsreparaturen „in der Regel in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach 3 Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen ... spätestens nach 5 Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten ... spätestens nach 7 Jahren“ durchzuführen sind, enthält keinen starren Fristenplan und ist deshalb nicht unwirksam. Anders OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.10.2004 – WuM 2004, 603 für die Formularklausel „Schönheitsreparaturen sind ab Mietbeginn in der Regel ... auszuführen.“ Die letztere Entscheidung steht mit der neueren Rspr. des BGH nicht im Einklang.

Das Gleiche gilt für die Formulierung „üblicherweise werden Schönheitsreparaturen in folgenden Zeiträumen erforderlich sein: ...“ 94

Um einen starren Fristenplan handelt es sich auch dann nicht, wenn der Vermieter verpflichtet ist, bei einem entsprechenden Zustand der Wohnung die Fristen zu verlängern,1 BGH – Urt. v. 20.10.2004 – NZM 2005, 58 = WuM 2005, 50.

Das Gleiche soll gelten, wenn der Vermieter die Fristen „nach billigem Ermessen verlängern oder verkürzen kann“; das Ermessen des Vermieters soll sich auf Null reduzieren, soweit kein Renovierungsbedarf besteht,2 BGH – Urt. v. 16.2.2005 – NZM 2005, 299 = WuM 2005, 241 = ZMR 2005, 768.

Entgegen der Auffassung des BGH kann diese Regelung nicht derjenigen gleichgesetzt werden, nach der dem Mieter ein Anspruch auf Verlängerung der Fristen eingeräumt wird.3 Der Anspruch auf Ausübung billigen Ermessens bleibt dahinter zurück, zumal der Mieter zunächst substantiiert die Billigkeit der vom Vermieter getroffenen Entscheidung bestreiten muss, ehe der Vermie1 Diese Pflicht kann sich aus folgender Klausel ergeben: „Lässt in besonderen Ausnahmefällen der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zu oder erfordert der Grad der Abnutzung eine Verkürzung, so ist die Genossenschaft auf Antrag des Mitglieds verpflichtet, im anderen Fall aber berechtigt, nach billigem Ermessen die Fristen des Planes bezüglich der Durchführung einzelner Schönheitsreparaturen zu verlängern oder zu verkürzen.“ 2 Die Klausel lautet: „Lässt in besonderen Ausnahmefällen während der Mietzeit der Zustand einzelner Räume der Wohnung eine Verlängerung der Fristen zu oder erfordert er eine Verkürzung, so kann der Vermieter nach billigem Ermessen die Fristen des Planes bezüglich der Durchführung einzelner Schönheitsreparaturen verlängern oder verkürzen.“ 3 Kritisch auch Heinrichs WuM 2005, 155, 157; Wiek WuM 2005, 243.

1208

Laufende Schönheitsreparaturen

Rn. IX 96

ter die Billigkeit der Ermessensausübung zu rechtfertigen hat (s. dazu OLG Düsseldorf – Beschl. v. 3.2.2000 – NZM 2001, 383 = WuM 2001, 133). Bei Vermietung von Gewerberaum können andere Maßstäbe als bei der Wohnraummiete gelten.1 Sie richten sich nach der branchenbedingt unterschiedlichen Abnutzung. Danach kann die (individuelle) Vereinbarung eines Renovierungsturnus von 12 Monaten (für Gaststättenräume) zulässig sein,

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BGH – Urt. v. 10.11.1982 – ZMR 1983, 93, 95 (dort auch zur ergänzenden Vertragsauslegung bei Beendigung des Mietverhältnisses zwischen zwei Renovierungsperioden und dem Ausgleichsanspruch des Vermieters). S. auch OLG Koblenz – Urt. v. 11.3.1999 – MDR 1999, 1499: Nutzt ein Mieter Räume zum Betrieb einer Massagepraxis, so ist für die Zeitabfolge von Schönheitsreparaturen diese Nutzung dem Gebrauch von Küchen, Bädern und Duschen (Renovierungsfrist lt. Vertrag: 3 Jahre) gleich zu achten.

Enthält ein Mietvertrag über Gewerberaum die Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ohne Angabe eines Fristenplanes, so obliegt es dem Vermieter, substantiiert darzulegen, in welchen Zeiträumen üblicherweise bei derartigen Räumlichkeiten Schönheitsreparaturen zu erfolgen haben, dass diese nicht fristgerecht erfolgt sind und inwiefern die Räume übermäßig abgenutzt sind, OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524 = WM 1994, 274 = ZMR 2005, 109.

Der Fristenplan im Mustermietvertrag '76 kann selbst bei der Gewerberaummiete zur ergänzenden Vertragsauslegung sowie zur Prüfung der Angemessenheit formularmäßig geregelter Fristen herangezogen werden, KG – Urt. v. 29.3.2004 – GuT 2004, 173 = NZM 2005, 181 = ZMR 2004, 578: Eine Schönheitsreparaturklausel in einem Geschäftsraummietvertrag ist entsprechend der Rspr. des BGH zum Wohnraummietrecht auszulegen. Es gilt daher auch ohne Angaben im Mietvertrag die Fristenregelung in § 7 Mustermietvertrag 1976 und wegen des Umfangs der Arbeiten § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV; OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.5.2006 – NZM 2006, 462.

Das ist jedoch auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen der Inhalt der vertraglichen Nutzung einer Wohnungsnutzung entspricht (z.B. Nutzung als Büro oder psychotherapeutische Praxis). Starre Fristenpläne führen auch bei der Gewerberaummiete zur Unwirksamkeit der gesamten Renovierungsklausel; denn sie können bewirken, dass der Mieter häufiger Schönheitsreparaturen durchführen muss, als es geboten ist; das widerspricht dem Äquivalenzprinzip. Hinzukommt, dass die zur Wohnraummiete ergangene Rspr. des BGH – Urt. v. 23.6.2004 – NJW 2004, 2586 = WuM 2004, 463 auf allgemeinen Erwägungen und nicht auf sozialen Aspekten beruht, so dass an sie angeknüpft werden kann, BGH – Urt. v. 8.10.2008 – NZM 2008, 890 = ZMR 2009, 110 = MietRB 2008, 354;2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.5.2006 – NZM 2006, 462 = ZMR 2006, 521; 1 S. dazu Heinrichs WuM 2005, 155, 163; ferner Harsch MDR 2004, 601, 604; s. auch Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I E 338 f.; Lindner-Figura u.a. Kap. 13 Rn. 205. 2 Dazu Emmerich NZM 2009, 16.

1209

96

Rn. IX 97

Schönheitsreparaturen

OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.1.2007 – NZM 2007, 215: Die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel entzieht (auch) der vertraglichen Pflicht des Mieters zur Rückgabe der Mieträume in bezugsfertigem Zustand die Grundlage; OLG München – Urt. v. 22.9.2006 – NZM 2007, 215.

97

Die Wirkung von Fristenplänen – auch von sog. weichen1 – liegt in ihrer Vermutungskraft. Ist ein Fristenplan vereinbart und hat der Mieter gemäß den vereinbarten Fristen renoviert, so schuldet er grundsätzlich keine Renovierung, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 (III 2d, e) = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306 = ZMR 1987, 415, OLG Bremen – RE v. 30.8.1982 – DWW 1982, 335 = WuM 1982, 317, OLG Karlsruhe – RE v. 24.8.1982 – NJW 1982, 2829 = WuM 1982, 291.

Vor Ablauf der vereinbarten Fristen kann der Vermieter grundsätzlich keine Renovierung verlangen (s. Rn. IX 87). Fordert er gleichwohl die Durchführung von Schönheitsreparaturen vor Ablauf der vorgesehenen Fristen, so muss er im Einzelnen darlegen, inwiefern die Räume übermäßig abgenutzt sind, OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524 = WuM 1994, 274.

98

Sind dagegen die üblichen Renovierungsfristen abgelaufen, so muss der Mieter die sich daraus ergebende Vermutung, dass Schönheitsreparaturen notwendig sind, entkräften,2 LG Berlin ZMR 1996 S. V Nr. 2, ZMR 1996 S. XIII Nr. 3, LG Berlin NZM 2000, 862, NZM 2002, 118: Sind die üblicherweise für Trocken- und Nassräume vereinbarten Fristen während des Mietverhältnisses abgelaufen, so spricht eine tatsächliche Vermutung für die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung. Der Mieter muss daher im Einzelnen vortragen, welche Schönheitsreparaturen wann in welchen Räumen in welcher Art und Weise ausgeführt worden sind; s. auch BGH – Beschl. v. 21.10.2008 – WuM 2009, 36: Nach einer Mietdauer von 7 Jahren waren die vereinbarten Renovierungsfristen verstrichen. Dass der Zustand der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Verlängerung der Fristen zugelassen habe, ist weder festgestellt noch (von den beklagten Mietern) vorgetragen.

99

Der Mieter ist ohne eine entsprechende Vereinbarung nicht zu einer anteiligen Renovierung oder Kostentragung verpflichtet, KG OLGZ 1967, 398, LG Saarbrücken WM 1979, 140, zur ergänzenden Vertragsauslegung auf Zahlung eines anteiligen Betrages für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen s. BGH – Urt. v. 10.11.1982 – ZMR 1983, 93, 95 (IV 3).

5. Anfangsrenovierung a) Vom Vermieter geschuldeter Anfangszustand 100

Der Vermieter schuldet dem Mieter, auch wenn dieser die laufenden Schönheitsreparaturen übernommen hat, die Übergabe einer bezugs- und gebrauchsfertigen Wohnung. Sie braucht nicht frisch renoviert zu sein, 1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I E 287. 2 Kritisch dazu Harsch MDR 2004, 601, 604.

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Rn. IX 97

Schönheitsreparaturen

OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.1.2007 – NZM 2007, 215: Die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel entzieht (auch) der vertraglichen Pflicht des Mieters zur Rückgabe der Mieträume in bezugsfertigem Zustand die Grundlage; OLG München – Urt. v. 22.9.2006 – NZM 2007, 215.

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Die Wirkung von Fristenplänen – auch von sog. weichen1 – liegt in ihrer Vermutungskraft. Ist ein Fristenplan vereinbart und hat der Mieter gemäß den vereinbarten Fristen renoviert, so schuldet er grundsätzlich keine Renovierung, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 (III 2d, e) = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306 = ZMR 1987, 415, OLG Bremen – RE v. 30.8.1982 – DWW 1982, 335 = WuM 1982, 317, OLG Karlsruhe – RE v. 24.8.1982 – NJW 1982, 2829 = WuM 1982, 291.

Vor Ablauf der vereinbarten Fristen kann der Vermieter grundsätzlich keine Renovierung verlangen (s. Rn. IX 87). Fordert er gleichwohl die Durchführung von Schönheitsreparaturen vor Ablauf der vorgesehenen Fristen, so muss er im Einzelnen darlegen, inwiefern die Räume übermäßig abgenutzt sind, OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524 = WuM 1994, 274.

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Sind dagegen die üblichen Renovierungsfristen abgelaufen, so muss der Mieter die sich daraus ergebende Vermutung, dass Schönheitsreparaturen notwendig sind, entkräften,2 LG Berlin ZMR 1996 S. V Nr. 2, ZMR 1996 S. XIII Nr. 3, LG Berlin NZM 2000, 862, NZM 2002, 118: Sind die üblicherweise für Trocken- und Nassräume vereinbarten Fristen während des Mietverhältnisses abgelaufen, so spricht eine tatsächliche Vermutung für die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung. Der Mieter muss daher im Einzelnen vortragen, welche Schönheitsreparaturen wann in welchen Räumen in welcher Art und Weise ausgeführt worden sind; s. auch BGH – Beschl. v. 21.10.2008 – WuM 2009, 36: Nach einer Mietdauer von 7 Jahren waren die vereinbarten Renovierungsfristen verstrichen. Dass der Zustand der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Verlängerung der Fristen zugelassen habe, ist weder festgestellt noch (von den beklagten Mietern) vorgetragen.

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Der Mieter ist ohne eine entsprechende Vereinbarung nicht zu einer anteiligen Renovierung oder Kostentragung verpflichtet, KG OLGZ 1967, 398, LG Saarbrücken WM 1979, 140, zur ergänzenden Vertragsauslegung auf Zahlung eines anteiligen Betrages für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen s. BGH – Urt. v. 10.11.1982 – ZMR 1983, 93, 95 (IV 3).

5. Anfangsrenovierung a) Vom Vermieter geschuldeter Anfangszustand 100

Der Vermieter schuldet dem Mieter, auch wenn dieser die laufenden Schönheitsreparaturen übernommen hat, die Übergabe einer bezugs- und gebrauchsfertigen Wohnung. Sie braucht nicht frisch renoviert zu sein, 1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I E 287. 2 Kritisch dazu Harsch MDR 2004, 601, 604.

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Anfangsrenovierung

Rn. IX 103

BGH – Urt. v. 13.1.1982 – ZMR 1982, 180 Ziff. II 2b = WuM 1982, 296, KG – Beschl. v. 4.3.1987 – DWW 1987, 156: Der Vermieter ist mangels entgegenstehender Vereinbarung lediglich verpflichtet, die Wohnung in einem vertragsgemäßen Zustand zu überlassen, der sie also ohne die Durchführung weiterer Schönheitsreparaturen als bewohnbar erscheinen lässt; LG Hamburg MDR 1986, 938: ..., so dass der Mieter die Wohnung beziehen kann, ohne alsbald Schönheitsreparaturen durchführen zu müssen.

Strengere Maßstäbe werden angelegt, wenn die Wohnung „frisch renoviert“ vermietet werden soll,

101

OLG Stuttgart – RE v. 17.2.1989 – NJW-RR 1989, 520 = WuM 1989, 121 = ZMR 1989, 176: Die Wohnung braucht zwar nicht zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert zu sein, muss aber immerhin „kurz zuvor“ gerichtet worden sein, um als „frisch renoviert“ zu gelten; LG Karlsruhe WuM 1990, 201: Eine Wohnung, die ein viertel Jahr vor Einzug des Mieters renoviert, dann aber noch einem Vormieter überlassen worden ist, ist nicht mehr als „frisch renoviert“ zu werten.

Dem Mieter steht ein entsprechender Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter zu.

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Mietet er aber eine unrenovierte Wohnung an, ohne wegen der Renovierungsbedürftigkeit einen Vorbehalt zu machen, so verliert er seinen Erfüllungsanspruch bezüglich einer Anfangsrenovierung und kann aus dem schlechten Zustand keine Rechte ableiten, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306, 310, KG – Urt. v. 8.1.1981 – GE 1981, 1065, OLG Hamburg – Urt. v. 20.7.1983 – ZMR 1984, 342.

Darin wird nämlich der Verzicht des Mieters auf einen Anspruch gegenüber dem Vermieter gesehen, ihm eine vertragsgemäß renovierte Wohnung zur Verfügung zu stellen, so dass er später den unrenovierten Zustand dem Vermieter nicht entgegenhalten kann, BGH a.a.O., KG – Urt. v. 29.3.2004 – NZM 2005, 181 = ZMR 2004, 578: Dass die von ihm übernommenen Räume vertragsgemäß unrenoviert waren und der Mieter gleichwohl die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen übernommen hat, ist damit lediglich Ausdruck der gemeinsamen Bewertung des Wertes der Räume und kann dem Anspruch des Vermieters nach § 242 BGB nicht entgegengehalten werden; LG Essen ZMR 1991, 70, LG Berlin ZMR 1990, 420.

Andererseits kann aus einem solchen Verzicht nicht auf die Übernahme der Pflicht zur Anfangsrenovierung geschlossen werden, LG/OLG Köln – Urt. v. 23.5.1989 – WuM 1989, 502.

Durch die Anmietung einer unrenovierten Wohnung wird die Pflicht des Mieters zur Durchführung laufender Schönheitsreparaturen grundsätzlich nicht berührt. Er schuldet auch bei Übernahme laufender Schönheitsreparaturen keine Anfangsrenovierung. Renoviert er trotzdem, so handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die er bei Vertragsende dem Vermieter nicht entgegenhalten kann, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WM 1987, 306, 310 = ZMR 1987, 415.

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103

Rn. IX 104

Schönheitsreparaturen

Zum Erfordernis fachgerechter Renovierung auch bei freiwilliger Durchführung der Arbeiten s. KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = NZM 2005, 663. Erweist sich die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter als unwirksam, so berührt die Anmietung einer unrenovierten Wohnung nicht seinen Anspruch gegen den Vermieter auf Durchführung der erforderlichen Schönheitsreparaturen, sofern keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden ist (s. Rn. IX 43). b) Übertragung auf den Mieter 104

Die Verpflichtung zur Durchführung der Anfangsrenovierung kann bei der Wohnraummiete formularmäßig nicht auf den Mieter übertragen werden,1 OLG Hamburg – RE v. 13.9.1991 – WM 1991, 523 = NJW-RR 1992, 10, KG – Urt. v. 10.1.2005 – DWW 2005, 69 = MM 2005, 111.

Hierdurch würde ihm nämlich auferlegt werden, Renovierungsleistungen zu erbringen, die entweder der Vermieter oder der Vormieter unterlassen haben, nicht auf seiner Abnutzung beruhen und denen keine Gegenleistung des Vermieters gegenübersteht. Eine unzulässige Verpflichtung zur Anfangsrenovierung ist schon darin gesehen worden, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen „je nach dem Grad der Abnutzung und Beschädigung unverzüglich auszuführen“ hat; der im Vertrag vorgesehene Fristenplan könne nicht dahin verstanden werden, dass die Fristen erst ab Mietbeginn liefen, KG – Urt. v. 10.1.2005 – DWW 2005, 69 = MM 2005, 111.

105

Für die Gewerberaummiete ist dagegen die Übertragung der Anfangsrenovierung für zulässig gehalten worden,2 KG – Urt. v. 3.7.1995 – GE 1995, 1011, OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 470.

Ob diese Auffassung aufrechterhalten werden kann, nachdem der BGH die formularmäßige Übertragung der Schlussrenovierung auf den Gewerberaummieter für unzulässig erachtet hat (BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 504 = ZMR 2005, 527), ist offen. Dafür kann sprechen, dass hier die Interessenlage anders als bei der Wohnraummiete ist, da der Gewerberaummieter typischerweise die Räume entsprechend seinem Geschäftszweck kundenattraktiv gestalten will.3 106

Wird dem Mieter von preisfreiem Wohnraum die Anfangsrenovierung formularmäßig oder durch Individualabrede übertragen4 und hat er formularmäßig die Pflicht zur Durchführung laufender Schönheitsreparaturen übernommen, 1 2 3 4

Heinrichs WuM 2005, 155, 161. Zweifelnd Heinrichs WuM 2005, 155, 163; s. dazu auch Harsch MDR 2004, 601, 602. S. auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 123. Die Übertragung der Anfangsrenovierung durch Individualvereinbarung bei preisgebundenem Wohnraum verstößt gegen §§ 8, 9 WoBindG und ist schon deshalb nach § 134 BGB nichtig.

1212

Anfangsrenovierung

Rn. IX 108

so wird hierdurch ein Summierungseffekt ausgelöst, der zur Unwirksamkeit der Überbürdung der laufenden Schönheitsreparaturen führt, BGH – Beschl. v. 2.12.1992 – NJW 1993, 532 = WuM 1993, 175 = ZMR 1993, 216, OLG Celle – Urt. v. 3.3.1999 – ZMR 1999, 470, KG – Urt. v. 10.1.2005 – DWW 2005, 69 = MM 2005, 111: Die Unwirksamkeit der Regelung, wonach der Mieter zur Anfangsrenovierung verpflichtet ist, hat die Unwirksamkeit auch der übrigen die Renovierungspflicht des Mieters betreffenden Klauseln, insbesondere der Quotenklausel, zur Folge. Ebenso LG Hamburg WuM 2004, 88, AG Dortmund WuM 2004, 87; anders OLG Hamburg – RE v. 13.9.1991 – NJW-RR 1992, 10 = WuM 1991, 523 = ZMR 1993, 469.1

Anders soll es sich verhalten, wenn die Übertragung der Anfangsrenovierung nach Abschluss des Mietvertrages und getrennt hiervon (z.B. in einem Übergabeprotokoll) individuell vereinbart wird, BGH – Urt. v. 14.1.2009 – VIII ZR 71/08 für die Vereinbarung einer Schlussrenovierung: Es fehle an der für § 139 BGB erforderlichen Einheitlichkeit des Rechtsgeschäfts.

Aus der Anmietung und Übernahme unrenovierter Gewerberäume folgt noch nicht die schlüssig begründete Verpflichtung des Mieters, eine Anfangsrenovierung durchzuführen, selbst wenn bei Übergabe renovierter Mieträume eine höhere Miete zu erzielen gewesen wäre,

107

LG/OLG Köln – Urt. v. 23.5.1989 – WuM 1989, 502, 503.

Fraglich ist, ob die Übertragung der Pflicht zur Anfangsrenovierung auf den Mieter dann wirksam ist, wenn ihm ein angemessener Kostenausgleich – z.B. nach den Ansätzen in § 28 Abs. 4 II. BV oder reziprok einer Quotenhaftungsklausel unter Berücksichtigung der Abnutzungsdauer durch den Vormieter – gewährt wird.2 Zu bejahen wäre die Frage nur dann, wenn dem Mieter im Wesentlichen ein voller Kostenausgleich gewährt werden würde; anderenfalls bleibt er verpflichtet, eine Leistung zu erbringen, die nicht seinem Pflichtenkreis entspricht und für die er keinen (vollen) Gegenwert erlangt,3

1 Die Klausel lautete: „Die erstmaligen Renovierungsarbeiten sind innerhalb von drei Monaten nach Vertragsbeginn durchzuführen.“ 2 S. Harsch MDR 2004, 601, 602; Kinne ZMR 2003, 8, 9; Langenberg Schönheitsreparaturen, Rn. I C 168; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 154; ablehnend Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 107, 109; s. auch Börstinghaus DWW 2005, 92. 3 Zum Fall: Vermietet war eine unrenovierte Altbauwohnung zu einer monatlichen Miete von 600 Euro. Der Mieter verpflichtete sich zu einer Anfangsrenovierung; dafür brauchte er für 3 Monate keine Miete zu zahlen. Das AG verneinte die Angemessenheit der Gegenleistung und legte zugrunde, dass der Mieter während der Renovierungszeit von einem Monat die Wohnung ohnehin nicht hätte bewohnen können, so dass für diesen Monat die Miete auf 0 gemindert war und als Entschädigung nur noch 2 Monatsmieten zu je 600 Euro verblieben. Der Mieter wies nach, dass vier Leute je 60 Stunden in der Wohnung gearbeitet hätten. Das AG rechnete 60 (Stunden) x 4 (Leute) x 7,50 (Stundensatz in Euro) = 1800 Euro zzgl. Materialaufwand. Der Mietverzicht des Vermieters blieb danach deutlich hinter dem Renovierungsaufwand des Mieters zurück.

1213

108

Rn. IX 108a

Schönheitsreparaturen

AG Berlin-Mitte MM 2003, 384, LG Berlin ZMR 2006, 936.1

Ein solcher Gegenwert liegt nicht darin, dass ihm nur die Anfangsrenovierung übertragen wird und er von der Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen freigestellt wird; denn laufende Schönheitsreparaturen schuldet er nach der gesetzlichen Pflichtenverteilung ohnehin nicht, so dass in Wahrheit auch keine Entlastung erfolgt.2 Unbedenklich ist es dagegen, nach dem „Belohnungsprinzip“ zu verfahren, d.h. dem Mieter einen Vermögensvorteil in Aussicht zu stellen, falls er – freiwillig – eine Anfangsrenovierung durchführt. 108a

Eine Anfangsrenovierung kann dem Mieter in wirtschaftlicher Hinsicht dadurch obliegen, dass er noch ausstehende Renovierungsleistungen des Vormieters durch Schuldübernahme übernimmt (§ 414 BGB). Erhält er hierfür keinen angemessenen Ausgleich, so liegt eine nach § 4a Abs. 1 WoVermittG unzulässige Abstandsvereinbarung vor (s. dazu Rn. XIII 176). Zu beachten ist, dass der Mieter dem Vermieter alle Einwendungen aus dem Mietverhältnis des Vormieters entgegenhalten kann, soweit es die übernommene Verpflichtung betrifft (§ 417 BGB). Das gilt auch für die Unwirksamkeit der Klausel, auf der die übernommene Verpflichtung beruht. Die Schuldübernahme beinhaltet nicht etwa ein neben der übernommenen Pflicht bestehendes konstitutives Schuldanerkenntnis. Der Bereicherungsausgleich hat bei Unwirksamkeit der Renovierungspflicht im Verhältnis zu demjenigen zu erfolgen, der dem Mieter den Ausgleich gewährt hat; das wird in der Regel der Vormieter sein.

6. Schlussrenovierung 109

Zu unterscheiden sind die Fälle, in denen – der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig gewordene laufende Schönheitsreparaturen nachzuholen hat, – der Mieter die Verpflichtung zur Rückgabe der Mieträume in einem bestimmten Zustand unabhängig von der Durchführung laufender Schönheitsreparaturen vertraglich übernommen hat. Nur in letzterem Fall handelt es sich um eine Schlussrenovierung im eigentlichen Sinne. Die Abgrenzung ist nicht immer eindeutig (s. Rn. IX 114). a) Vom Mieter geschuldeter Zustand der Räume bei Übernahme laufender Schönheitsreparaturen

110

Hat der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen übernommen, so richtet sich der von ihm geschuldete Zustand der Wohnung bei Rückgabe danach, ob 1 Zum Fall: Ein Monat mietfrei und ein Betrag von 150 Euro für Materialien und Arbeitsaufwand sind für angemessen gehalten worden. 2 So auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 156; entsprechend BGH – VU v. 12.9.2007 – NZM 2007, 921 = WuM 2007, 682 für die Übertragung der Schlussrenovierung.

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Rn. IX 108a

Schönheitsreparaturen

AG Berlin-Mitte MM 2003, 384, LG Berlin ZMR 2006, 936.1

Ein solcher Gegenwert liegt nicht darin, dass ihm nur die Anfangsrenovierung übertragen wird und er von der Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen freigestellt wird; denn laufende Schönheitsreparaturen schuldet er nach der gesetzlichen Pflichtenverteilung ohnehin nicht, so dass in Wahrheit auch keine Entlastung erfolgt.2 Unbedenklich ist es dagegen, nach dem „Belohnungsprinzip“ zu verfahren, d.h. dem Mieter einen Vermögensvorteil in Aussicht zu stellen, falls er – freiwillig – eine Anfangsrenovierung durchführt. 108a

Eine Anfangsrenovierung kann dem Mieter in wirtschaftlicher Hinsicht dadurch obliegen, dass er noch ausstehende Renovierungsleistungen des Vormieters durch Schuldübernahme übernimmt (§ 414 BGB). Erhält er hierfür keinen angemessenen Ausgleich, so liegt eine nach § 4a Abs. 1 WoVermittG unzulässige Abstandsvereinbarung vor (s. dazu Rn. XIII 176). Zu beachten ist, dass der Mieter dem Vermieter alle Einwendungen aus dem Mietverhältnis des Vormieters entgegenhalten kann, soweit es die übernommene Verpflichtung betrifft (§ 417 BGB). Das gilt auch für die Unwirksamkeit der Klausel, auf der die übernommene Verpflichtung beruht. Die Schuldübernahme beinhaltet nicht etwa ein neben der übernommenen Pflicht bestehendes konstitutives Schuldanerkenntnis. Der Bereicherungsausgleich hat bei Unwirksamkeit der Renovierungspflicht im Verhältnis zu demjenigen zu erfolgen, der dem Mieter den Ausgleich gewährt hat; das wird in der Regel der Vormieter sein.

6. Schlussrenovierung 109

Zu unterscheiden sind die Fälle, in denen – der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig gewordene laufende Schönheitsreparaturen nachzuholen hat, – der Mieter die Verpflichtung zur Rückgabe der Mieträume in einem bestimmten Zustand unabhängig von der Durchführung laufender Schönheitsreparaturen vertraglich übernommen hat. Nur in letzterem Fall handelt es sich um eine Schlussrenovierung im eigentlichen Sinne. Die Abgrenzung ist nicht immer eindeutig (s. Rn. IX 114). a) Vom Mieter geschuldeter Zustand der Räume bei Übernahme laufender Schönheitsreparaturen

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Hat der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen übernommen, so richtet sich der von ihm geschuldete Zustand der Wohnung bei Rückgabe danach, ob 1 Zum Fall: Ein Monat mietfrei und ein Betrag von 150 Euro für Materialien und Arbeitsaufwand sind für angemessen gehalten worden. 2 So auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 156; entsprechend BGH – VU v. 12.9.2007 – NZM 2007, 921 = WuM 2007, 682 für die Übertragung der Schlussrenovierung.

1214

Schlussrenovierung

Rn. IX 112

er renovieren müsste, wenn das Mietverhältnis fortbestünde und er die Wohnung weiter bewohnen bzw. die Gewerberäume weiter nutzen würde,1 KG – Urt. v. 24.11.1955 – ZMR 1963, 138, OLG Hamm – Urt. v. 14.7.1964 – MDR 1965, 48, OLG Bremen – RE v. 30.8.1982 – WuM 1982, 317, s. auch BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 (III 2d a.E.) = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306.

Das gilt bei übermäßiger Abnutzung auch, wenn ein Fristenplan vereinbart ist (s. Rn. IX 87), ebenso bei wesentlichen dekorativen Abweichungen gegenüber dem vertragsgemäß überlassenen Zustand, jedenfalls dann, wenn für den Rückbau ein Sonderaufwand erforderlich wäre, der über die Kosten einer üblichen Renovierung hinausginge (s. Rn. IX 65, 67),2 ferner nach überwiegender Meinung bei einer extremen Farbgebung, die eine Neuvermietung erheblich erschweren, wenn nicht praktisch unmöglich machen würde (s. Rn. IX 61). Insbesondere bei der Vermietung von Gewerberaum wird nach der bisherigen Rspr. darauf abgestellt, ob sich die Räume in einem zur Weitervermietung geeigneten Zustand befinden,

111

BGH – Urt. v. 15.11.1967 – BGHZ 49, 56, 58 = NJW 1968, 491 = WuM 1968, 76, BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480 = WuM 1985, 46, BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.1.1988 – ZMR 1988, 174.

Damit wird die Verpflichtung zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen mit der Verpflichtung zur Rückgabe der Mieträume in einem bestimmten Zustand verknüpft, was systemfremd ist und auf eine (unzulässige formularmäßige) Verpflichtung zur Schlussrenovierung hinauslaufen kann.3 Eine Ausnahme besteht aber auch hier bei Veränderung der vertragsmäßig übernommenen Renovierungsart (z.B. durch eine andere, krass abweichende Farbgestaltung) sowie bei nicht fachgerechter Durchführung von Schönheitsreparaturen (s. dazu Rn. IX 58, 64). b) Vertraglich übernommene Schlussrenovierung Klauseln, die den Mieter verpflichten, eine Schlussrenovierung durchzuführen, und zwar unabhängig vom Erfordernis, laufend zu renovieren, und ohne Rücksicht auf den dekorativen Zustand der Mieträume, sind unwirksam.4 Tragender Gesichtspunkt hierfür ist, dass dem Mieter eine Renovierungsleistung abverlangt wird, die nicht auf eigener Abnutzung beruht, sondern einseitig zu Gunsten des Vermieters das Neuvermietungsrisiko betrifft; eine Gegenleistung des Vermieters steht dem nicht gegenüber.

1 2 3 4

Langenberg WuM 2006, 122, 125 Sp. 2. Z.B. bei Verwendung einer Wisch- oder Lasurtechnik, von Kork- oder Vinyltapeten. So auch Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 114. S. Heinrichs WuM 2005, 155, 161.

1215

112

Rn. IX 113

Schönheitsreparaturen

So ist eine Klausel, nach der der Mieter von Wohnraum die Rückgabe der Räume in „frisch renoviertem Zustand“ schuldet, ohne dass es auf den Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen ankommt, unwirksam, BGH – Urt. v. 3.6.1998 – NZM 1998, 710 = WM 1998, 592 = ZMR 1998, 752.1

Das gilt auch für die Formularklausel „Die Mieträume sind bei Auszug sauber und ohne Rücksicht auf den für Schönheitsreparaturen in § 8 vereinbarten Zeitablauf in fachmännisch renoviertem Zustand zurückzugeben,“ BGH – Urt. v. 14.5.2003 – DWW 2003, 226 = MDR 2003, 1041 = NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436 = ZMR 2003, 653. S. auch OLG Hamm – RE v. 27.2.1981 – NJW 1981, 1049 = WM 1981, 77, OLG Frankfurt – RE v. 22.9.1981 – NJW 1982, 453 = WM 1981, 272, LG Hamburg NZM 2000, 541, LG Gießen ZMR 2002, 426, LG Landau ZMR 2002, 429, LG Düsseldorf MDR 2003, 213 = NZM 2003, 278.

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Heißt es in einer Klausel, dass die Räume in „gut dekoriertem Zustand“ zurückzugeben sind, so soll darin nicht die Überbürdung einer Schlussrenovierung liegen. Vielmehr besagt die Klausel nur, dass die Ausführung der Renovierung von annehmbarer Qualität sein muss und unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Renovierung keine starken Beschädigungen vorliegen dürfen, LG Hamburg WuM 1989, 283; a.A. zu Recht AG Hamburg-Altona ZMR 2003, 502 auf Grund kundenfeindlichster Auslegung der Klausel. Sie verstößt überdies gegen das Transparenzgebot.

Die Klausel „Der Mieter ist verpflichtet, zum Ende der Mietzeit die erforderlichen Schönheitsreparaturen ... durchzuführen“ soll bei Fehlen eines Fristenplanes dahin zu verstehen sein, dass nur zu prüfen ist, ob bei Mietende Schönheitsreparaturen erforderlich sind, LG Hamburg ZMR 2008, 295.

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Eine Schlussrenovierungsklausel soll auf Grund restriktiver Auslegung auch bei folgendem Text nicht gegeben sein: „Bei Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Wohnung in fachgerecht renoviertem Zustand zu übergeben“ (im Zusammenhang mit einer Quotenhaftungsklausel), BGH – Urt. v. 3.6.1998 – NZM 1998, 710 = WM 1998, 592: Die Klausel bezieht sich nur auf den Fall, dass der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen nicht oder nicht ordnungsmäßig ausgeführt hat. Ebenso BGH – Urt. v. 28.4.2004 – NZM 2004, 497 = WuM 2004, 333 zu § 7 Mustermietvertrag '76: Aus dem Zusammenhang mit dem Fristenplan und der Formulierung in § 7 Abs. 3 „spätestens bei Ende des Mietverhältnisses“ folgt, dass die Verpflichtung zur Endrenovierung nur dann eingreifen soll, wenn zuvor die Fristen für die turnusmäßigen Schönheitsreparaturen „unerledigt“ abgelaufen sind.

115

Auch die üblichen Rückgabeklauseln begründen nicht die Pflicht des Mieters, eine Schlussrenovierung bei Beendigung des Mietverhältnisses vorzunehmen, z.B. „Rückgabe in vertragsgemäßem Zustand“, „Rückgabe wie übernommen“, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – MDR 2003, 23 = WuM 2002, 545: Die Klausel: „Die Räume sind in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben“ ist synonym für 1 S. dazu Hensen NZM 1998, 937.

1216

Schlussrenovierung

Rn. IX 118

vertragsgemäßen Zustand, ohne selbst zu definieren, was vertragsgemäß ist. Die Klausel „Rückgabe in bezugsfertigem Zustand“ verpflichtet nicht zur Endrenovierung; denn auch ohne eine solche können Räume von einem Nachfolger bezogen und genutzt werden; LG Kassel WuM 1974, 235, LG Köln MDR 1974, 583, LG Koblenz MDR 1976, 143, LG Mannheim WuM 1977, 202.

Die Klausel „Rückgabe in bezugsgeeignetem Zustand“ verpflichtet nicht zur Neurenovierung, sondern zur Rückgabe in einem solchen Zustand, dass der Vermieter dem neuen Mieter die Räume als vertragsgemäß überlassen kann, ohne selbst renovieren zu müssen,

116

BGH – Urt. v. 13.1.1982 – WuM 1982, 296 = ZMR 1982, 180, ferner OLG Düsseldorf WuM 1994, 323 für die gleiche Klausel: Es ist auf die konkreten Umstände abzustellen, ebenso BGH – Urt. v. 10.7.1991 – NJW 1991, 2416 = WM 1991, 550 für „Rückgabe in bezugsfertigem Zustand“.

Da dieser Zustand besser als derjenige sein kann, der sich aus der vertragsgemäßen Abnutzung ergibt, ohne dass laufende Schönheitsreparaturen schon fällig wären, enthält die Klausel eine verdeckte Pflicht zur Schlussrenovierung. Jedenfalls ist sie für den Mieter nicht klar und verstößt daher gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).1 Hat der Mieter formularmäßig die laufenden Schönheitsreparaturen und die Schlussrenovierung übernommen, so sind wegen des Summierungseffekts (s. Rn. II 50) beide Klauseln unwirksam, selbst wenn sie im Mietvertrag getrennt voneinander und sogar in zwei verschiedenen AGB's des Vermieters niedergelegt sind,2

117

BGH – Urt. v. 14.5.2003 – DWW 2003, 226 = MDR 2003, 1041 = NZM 2003, 594 = WuM 2003, 436 = ZMR 2003, 653: Eine unangemessene Benachteiligung einer Vertragspartei – und damit eine Unwirksamkeit der Gesamtregelung – kann sich aus dem Zusammenwirken zweier Formularklauseln auch dann ergeben, wenn eine dieser Klauseln schon für sich gesehen unwirksam ist (Bestätigung von BGHZ 127, 245, 253 = NJW 1995, 254). Ebenso LG Berlin ZMR 1999, 557, LG Hamburg NZM 2000, 541, LG Köln NZM 2003, 278, LG Düsseldorf MDR 2003, 213 = NZM 2003, 278; anders – nämlich für Unwirksamkeit nur der Schlussrenovierungsklausel: LG Köln WuM 1999, 720, LG München I NZM 2003, 512.

Bei der Wohnraummiete sind zudem Klauseln, die den Mieter verpflichten, bei Mietende Renovierungsarbeiten durchzuführen, die als Ganzes oder als Teil der laufenden Schönheitsreparaturen (noch) nicht geschuldet werden, unwirksam; denn auch sie laufen auf eine unzulässige Überbürdung der Schlussrenovierung hinaus.3 Das gilt etwa für Farbwahlklauseln, LG Lübeck WuM 2001, 261: Dem Mieter einer Wohnung kann formularmäßig nicht aufgegeben werden, alle Räume bis Mietende gestrichen zurückzugeben; 1 So im Ergebnis auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 127; Staudinger/ Emmerich BGB § 535 Rn. 114. 2 S. Kinne ZMR 2004, 245. 3 Ebenso Lützenkirchen NZM 1998, 942; anders Blank NZM 1998, 705.

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118

Rn. IX 119

Schönheitsreparaturen

LG Hamburg ZMR 2007, 967, ZMR 2008, 296 zur unwirksamen Verpflichtung des Mieters, lackierte Holzteile im Farbton wie bei Vertragsbeginn zurückzugeben;1 streitig ist, ob diese Klausel auch die formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter infiziert – bejahend: LG Hamburg ZMR 2007, 967, verneinend: ZMR 2008, 295, 296.

Demgegenüber neigt der BGH dazu, solche Farbwahlklauseln als zulässig anzusehen, die sich allein auf den Zustand der Mieträume bei deren Rückgabe beziehen, sofern dem Mieter noch ein – wenn auch begrenztes – Gestaltungsermessen verbleibt, BGH – Urt. v. 22.10.2008 – NZM 2008, 926 = WuM 2008, 722,2 s. auch BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472.

Dagegen bestehen Bedenken, weil die dem Mieter gezogenen Grenzen nicht transparent sind, s. Rn. IX 69. 119

Unwirksam sind auch Klauseln, nach denen dem Mieter eine Wohnung in tapezierfähigem Zustand überlassen wird und er sie im gleichen Zustand zurückzugeben hat, so dass er bei Beendigung des Mietverhältnisses einen Zustand hinterlässt, der es dem Vermieter oder dem Nachmieter ohne weitere Vorarbeiten erlaubt, die Räume zu renovieren („Makulaturklausel“),3 BGH – Urt. v. 5.4.2006 – WuM 2006, 310 = ZMR 2006, 599: Die in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltene Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Ebenso BGH – Urt. v. 5.4.2006 – WuM 2006, 308 = ZMR 2006, 601 (LS).

Treffen eine wirksame Formularklausel, nach der der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen zu tragen hat, und eine individuell vereinbarte Makulaturklausel zusammen, so ist erstere Klausel im Hinblick auf den Summierungseffekt und letztere Klausel im Zweifel im Hinblick auf § 139 BGB unwirksam, BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 623 = WuM 2006, 306,

der Vermieter muss die Vermutung der Gesamtunwirksamkeit nach § 139 BGB entkräften. 120

Selbst wenn der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen nicht zu tragen braucht, kann ihm die Pflicht zur Schlussrenovierung nicht formularmäßig überbürdet werden; denn auch in diesem Zusammenhang übernimmt er eine 1 Die Klausel lautet: „Lackierte Holzteile sind in dem Farbton zurückzugeben, wie er bei Vertragsbeginn vorgegeben war, farbig gestrichene Holzteile können auch in weiß oder in hellen Farbtönen gestrichen zurückgegeben werden.“ S. dazu auch Hinz ZMR 2007, 969, der sich mit Recht gegen die Erstreckung der Unwirksamkeit auch auf die allgemeine Renovierungsklausel wendet. 2 Die Klausel lautet: „Lackierte Holzteile sind in dem Farbton zurückzugeben, wie er bei Vertragsbeginn vorgegeben war; farbig gestrichene Holzteile können auch in Weiß oder hellen Farbtönen gestrichen zurückgegeben werden.“ 3 Die Klausel lautet: „Insbesondere hat der Mieter bei seinem Auszug die Räume zu reinigen, die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Bodenbeläge sowie Wand- und Deckentapeten zu beseitigen und die durch die Anbringung oder Beseitigung verursachten Schäden an Unterböden sowie Wand- oder Deckenputz zu beheben.“

1218

Schlussrenovierung

Rn. IX 122

Verpflichtung, der eine Gegenleistung des Vermieters nicht gegenübersteht. Diese Pflichtenüberbürdung wird nicht etwa dadurch kompensiert, dass er keine laufenden Schönheitsreparaturen zu tragen braucht; denn dies muss er nach dem Gesetz ohnehin nicht. Unzulässig ist danach eine Formularklausel, nach der dem Mieter eine frisch renovierte Wohnung übergeben wird und er diese im gleichen Zustand zurückzugeben hat, ohne dass ihm die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen worden sind, BGH – VU v. 12.9.2007 – NZM 2007, 921 = WuM 2007, 682 = ZMR 2008, 112: Die Endrenovierungspflicht wird in diesen Fällen nicht durch eine entsprechende Abnutzung der Wohnung durch den Mieter selbst aufgewogen. Sie dient vielmehr allein den Interessen des Vermieters, der in die Lage versetzt wird, bei einer Neuvermietung jeweils auf Kosten des Vormieters eine frisch renovierte Wohnung zur Miete anzubieten. Diese Möglichkeit stünde dem Vermieter auch dann nicht zur Verfügung, wenn er seine Schönheitsreparaturpflicht nicht abbedungen, sondern stattdessen die für deren Erfüllung erforderlichen Aufwendungen – ausgehend von den üblichen Renovierungszeiträumen – in die Miete einkalkuliert hätte.1

Zulässig ist die Überbürdung einer Schlussrenovierung bei Mietverhältnissen über preisfreien Wohnraum dann, wenn sie individuell vereinbart worden ist und der Mieter keine laufende Renovierung auf Grund einer formularmäßigen Vereinbarung schuldet. Hat er die laufenden Schönheitsreparaturen im Mietvertrag formularmäßig übernommen, so soll die individuell vereinbarte Pflicht zur Schlussrenovierung dann nicht über den Summierungseffekt zur Unwirksamkeit der Renovierungsklausel führen, wenn die Individualvereinbarung in einem später gefertigten Übergabeprotokoll getroffen worden ist, da es an der für die Gesamtnichtigkeit nach § 139 BGB vorausgesetzten Einheitlichkeit des Rechtsgeschäfts fehlt,

121

BGH – Urt. v. 14.1.2009 – VIII ZR 71/08.

Auch für Mietverhältnisse über Gewerberäume gilt, dass dem Mieter eine Schlussrenovierung formularvertraglich nicht wirksam auferlegt werden kann, ohne dass es darauf ankommt, ob die Räume dem Mieter renoviert oder unrenoviert überlassen worden sind, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – ZMR 2005, 527: Es ist auch nicht von der Zulässigkeit der Renovierungsklausel auszugehen und im Einzelfall die Berufung auf eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 242 BGB zuzulassen, wenn die letzte Schönheitsreparatur erst kurz vor dem Auszug des Mieters liegt. Das schließt nicht aus, dass die Berufung auf eine (wirksame) Klausel im Einzelfall treuwidrig sein kann; ebenso: OLG Hamm – Urt. v. 5.7.2001 – NZM 2002, 988 = ZMR 2002, 822 für die Klausel „Rückgabe in voll renoviertem Zustand“ bei Vermietung von unrenovierten Räumen;2 die Klausel soll aber als Individualabrede wirksam sein. Anders noch KG – Urt. v. 3.7.1995 – GE 1995, 1011, OLG Celle – Urt. v. 7.5.2003 – NZM 2003, 599 = ZMR 2003, 914: Der Mieter von Gewerberaum ist nicht sozial schutzbedürftig; er kann sich – jedenfalls bei langfristigen Mietverträgen – durch entsprechende Kalkulation seiner Einkünfte auf die Schlussrenovierung einstellen. 1 Die Klausel lautet: „Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert gem. Anlage zurückzugeben.“ 2 So auch Heinrichs WuM 2005, 155, 163.

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122

Rn. IX 123 123

Schönheitsreparaturen

Die Berufung des Vermieters auf eine zulässig vereinbarte Schlussrenovierung kann jedoch nach nur kurzer Mietzeit rechtsmissbräuchlich sein, LG Lübeck WuM 1972, 90, LG Hamburg WuM 1978, 208, LG Berlin MDR 1987, 673 auch bei Überlassung einer unrenovierten Wohnung, s. bei formularmäßiger Überbürdung auch OLG Celle – Urt. v. 7.5.2003 – NZM 2003, 599 = ZMR 2003, 914.

7. Schönheitsreparaturen in Altverträgen der ehemaligen DDR 124

Die in § 104 Abs. 1 Satz 2 ZGB geregelte Pflicht zur malermäßigen Instandsetzung der Wohnung in Altverträgen, die vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden sind, ist identisch mit dem, was nach heutigem Verständnis unter Schönheitsreparaturen des Mieters zu verstehen ist. Zu diesen soll aber nicht die Glasverkittung von Fenstern zählen, da es sich insoweit um dem Vermieter obliegende Instandhaltungen handelt (s. auch Rn. IX 8, 9), LG Bautzen NZM 2002, 121.

Enthielt ein Mietvertrag über eine Wohnung in der ehemaligen DDR, der vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden war, keine Regelung über Schönheitsreparaturen, so galten die Vorschriften über die malermäßige Instandsetzung in §§ 104, 107 Abs. 2 ZGB. Mit Wirkung ab dem 3.10.1990 galt die Vorschrift des § 536 BGB a.F. (= § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), gemäß der der Vermieter renovierungspflichtig ist. Diese Rechtsfolge ist weder durch einen Rückgriff auf die Grundsätze über die veränderte Geschäftsgrundlage (s. § 313 BGB) noch durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu korrigieren.1 Enthält der „Altvertrag“ eine Regelung über die Schönheitsreparaturen nach § 104 Abs. 2 ZGB oder eine solche, die sich am Wortlaut der gesetzlichen Verpflichtung nach § 104 Abs. 1 ZGB orientiert, so gilt die Pflicht weiter. Sie bezieht sich nunmehr inhaltlich auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach heutigem Verständnis. 125

Ihrem Inhalt nach besteht diese Pflicht in den vor dem 3.10.1990 abgeschlossenen Mietverträgen hinsichtlich Grund und Umfang gemäß den Regeln in §§ 104, 107 Abs. 2 ZGB, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Das wirkt sich bei der Beendigung des Mietverhältnisses aus. Eine Renovierungspflicht besteht nach § 107 Abs. 2 ZGB nämlich nur, wenn infolge unterlassener Schönheitsreparaturen Schäden an der Gebäudesubstanz eingetreten sind. Normale Abnutzungserscheinungen braucht der Mieter dagegen nicht zu beseitigen, s. KG – RE v. 16.10.2000 – NZM 2000, 1174 = WuM 2000, 590 = ZMR 2001, 26. Die Klausel „Für die malermäßige Instandhaltung während der Dauer des Mietverhältnisses ist der Mieter verantwortlich“ in einem zum Zeitpunkt der Geltung des 1 S. Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 263; MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 129; Sternel Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rn. A 255; Sonnenschein PiG 38 (1993) S. 23, 40; a.A. Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 138; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I B 121: Renovierungspflicht des Mieters nur im Rahmen der §§ 104 Abs. 1, 107 Abs. 2 ZGB.

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Rn. IX 123 123

Schönheitsreparaturen

Die Berufung des Vermieters auf eine zulässig vereinbarte Schlussrenovierung kann jedoch nach nur kurzer Mietzeit rechtsmissbräuchlich sein, LG Lübeck WuM 1972, 90, LG Hamburg WuM 1978, 208, LG Berlin MDR 1987, 673 auch bei Überlassung einer unrenovierten Wohnung, s. bei formularmäßiger Überbürdung auch OLG Celle – Urt. v. 7.5.2003 – NZM 2003, 599 = ZMR 2003, 914.

7. Schönheitsreparaturen in Altverträgen der ehemaligen DDR 124

Die in § 104 Abs. 1 Satz 2 ZGB geregelte Pflicht zur malermäßigen Instandsetzung der Wohnung in Altverträgen, die vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden sind, ist identisch mit dem, was nach heutigem Verständnis unter Schönheitsreparaturen des Mieters zu verstehen ist. Zu diesen soll aber nicht die Glasverkittung von Fenstern zählen, da es sich insoweit um dem Vermieter obliegende Instandhaltungen handelt (s. auch Rn. IX 8, 9), LG Bautzen NZM 2002, 121.

Enthielt ein Mietvertrag über eine Wohnung in der ehemaligen DDR, der vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden war, keine Regelung über Schönheitsreparaturen, so galten die Vorschriften über die malermäßige Instandsetzung in §§ 104, 107 Abs. 2 ZGB. Mit Wirkung ab dem 3.10.1990 galt die Vorschrift des § 536 BGB a.F. (= § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), gemäß der der Vermieter renovierungspflichtig ist. Diese Rechtsfolge ist weder durch einen Rückgriff auf die Grundsätze über die veränderte Geschäftsgrundlage (s. § 313 BGB) noch durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu korrigieren.1 Enthält der „Altvertrag“ eine Regelung über die Schönheitsreparaturen nach § 104 Abs. 2 ZGB oder eine solche, die sich am Wortlaut der gesetzlichen Verpflichtung nach § 104 Abs. 1 ZGB orientiert, so gilt die Pflicht weiter. Sie bezieht sich nunmehr inhaltlich auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach heutigem Verständnis. 125

Ihrem Inhalt nach besteht diese Pflicht in den vor dem 3.10.1990 abgeschlossenen Mietverträgen hinsichtlich Grund und Umfang gemäß den Regeln in §§ 104, 107 Abs. 2 ZGB, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Das wirkt sich bei der Beendigung des Mietverhältnisses aus. Eine Renovierungspflicht besteht nach § 107 Abs. 2 ZGB nämlich nur, wenn infolge unterlassener Schönheitsreparaturen Schäden an der Gebäudesubstanz eingetreten sind. Normale Abnutzungserscheinungen braucht der Mieter dagegen nicht zu beseitigen, s. KG – RE v. 16.10.2000 – NZM 2000, 1174 = WuM 2000, 590 = ZMR 2001, 26. Die Klausel „Für die malermäßige Instandhaltung während der Dauer des Mietverhältnisses ist der Mieter verantwortlich“ in einem zum Zeitpunkt der Geltung des 1 S. Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 263; MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 129; Sternel Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rn. A 255; Sonnenschein PiG 38 (1993) S. 23, 40; a.A. Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 138; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I B 121: Renovierungspflicht des Mieters nur im Rahmen der §§ 104 Abs. 1, 107 Abs. 2 ZGB.

1220

Erfüllungsanspruch bei unterlassenen Schönheitsreparaturen

Rn. IX 126

ZGB geschlossenen Mietvertrag über eine im ehemaligen Ost-Berlin gelegene Wohnung verpflichtet den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen. Hat der Mieter während der Mietzeit keine oder nur unzureichende Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, so ist er bei Beendigung des Mietverhältnisses zum Schadensersatz nur insoweit verpflichtet, als hierdurch Mängel an der Substanz des Wohnraums verursacht worden sind oder ein erhöhter Aufwand an Arbeit, Anstrich und Kosten wegen übermäßiger Abnutzung bei der Renovierung erforderlich werden, wobei sich der Ersatzanspruch des Vermieters nur auf die insoweit notwendigen Mehrkosten erstreckt. LG Rostock WuM 2000, 414: Die Formularklauseln in DDR-Mietverträgen „Der Mieter hat die Mietsache in einem vertragsgemäßen Gebrauchszustand unter Berücksichtigung des normalen Verschleißes zurückzugeben“ und „Der Mieter ist für die malermäßige Instandhaltung verantwortlich“ begründen keine Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bei Vertragsende, soweit es nur darum geht, Spuren der vertragsgemäßen Abnutzung zu beseitigen. Ebenso LG Potsdam WuM 2001, 279: Die Pflicht zur malermäßigen Instandsetzung der Wohnung richtet sich nach Grund und Umfang nach der Vereinbarung im Mietvertrag und dem Recht des ZGB, AG Gotha WuM 2000, 415, s. auch AG Köpenick MM 1999, 263.

Diese Rechtslage gilt auch, wenn Mietverträge vor Inkrafttreten des ZGB am 1.1.1976 abgeschlossen worden sind, die dem Mieter die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf der Grundlage des bis dahin geltenden BGB auferlegten, LG Neuruppin WuM 2001, 21, 22.

8. Erfüllungsanspruch des Vermieters bei unterlassenen Schönheitsreparaturen Der Erfüllungsanspruch besteht schon während der Mietzeit,

126

BGH – Urt. v. 30.5.1990 – NJW 1990, 2376 = WuM 1990, 494 = ZMR 1990, 450, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 383 = ZMR 2005, 523, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 503 = WuM 2006, 319 = ZMR 2006, 319 = MietRB 2006, 231 (Specht), LG Berlin GE 2002, 1198, NZM 2004, 655 = ZMR 2004, 755.

Es kommt nicht darauf an, ob infolge der unterlassenen Schönheitsreparaturen bereits die Substanz der Wohnung gefährdet wird, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 383 = ZMR 2005, 523, LG Hamburg WuM 2007, 69.

Damit ist die gegenteilige Instanzrechtsprechung überholt, s. dazu noch LG Berlin NJW-RR 1997, 968 = WuM 1997, 210: Im fortbestehenden Mietverhältnis werden Schönheitsreparaturen erst fällig, wenn ohne deren Ausführung oder bei schlechter Ausführung die Mietsache in der Substanz gefährdet wäre; ebenso LG München I WuM 2004, 602, auch für den Fall, dass die Räume nicht völlig verwohnt sind. Der Mieter könne sich in seiner Wohnung selbst verwirklichen; s. auch LG Düsseldorf WuM 1996, 90, s. auch LG München I WuM 1997, 616.

1221

Erfüllungsanspruch bei unterlassenen Schönheitsreparaturen

Rn. IX 126

ZGB geschlossenen Mietvertrag über eine im ehemaligen Ost-Berlin gelegene Wohnung verpflichtet den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen. Hat der Mieter während der Mietzeit keine oder nur unzureichende Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, so ist er bei Beendigung des Mietverhältnisses zum Schadensersatz nur insoweit verpflichtet, als hierdurch Mängel an der Substanz des Wohnraums verursacht worden sind oder ein erhöhter Aufwand an Arbeit, Anstrich und Kosten wegen übermäßiger Abnutzung bei der Renovierung erforderlich werden, wobei sich der Ersatzanspruch des Vermieters nur auf die insoweit notwendigen Mehrkosten erstreckt. LG Rostock WuM 2000, 414: Die Formularklauseln in DDR-Mietverträgen „Der Mieter hat die Mietsache in einem vertragsgemäßen Gebrauchszustand unter Berücksichtigung des normalen Verschleißes zurückzugeben“ und „Der Mieter ist für die malermäßige Instandhaltung verantwortlich“ begründen keine Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bei Vertragsende, soweit es nur darum geht, Spuren der vertragsgemäßen Abnutzung zu beseitigen. Ebenso LG Potsdam WuM 2001, 279: Die Pflicht zur malermäßigen Instandsetzung der Wohnung richtet sich nach Grund und Umfang nach der Vereinbarung im Mietvertrag und dem Recht des ZGB, AG Gotha WuM 2000, 415, s. auch AG Köpenick MM 1999, 263.

Diese Rechtslage gilt auch, wenn Mietverträge vor Inkrafttreten des ZGB am 1.1.1976 abgeschlossen worden sind, die dem Mieter die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf der Grundlage des bis dahin geltenden BGB auferlegten, LG Neuruppin WuM 2001, 21, 22.

8. Erfüllungsanspruch des Vermieters bei unterlassenen Schönheitsreparaturen Der Erfüllungsanspruch besteht schon während der Mietzeit,

126

BGH – Urt. v. 30.5.1990 – NJW 1990, 2376 = WuM 1990, 494 = ZMR 1990, 450, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 383 = ZMR 2005, 523, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 503 = WuM 2006, 319 = ZMR 2006, 319 = MietRB 2006, 231 (Specht), LG Berlin GE 2002, 1198, NZM 2004, 655 = ZMR 2004, 755.

Es kommt nicht darauf an, ob infolge der unterlassenen Schönheitsreparaturen bereits die Substanz der Wohnung gefährdet wird, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 383 = ZMR 2005, 523, LG Hamburg WuM 2007, 69.

Damit ist die gegenteilige Instanzrechtsprechung überholt, s. dazu noch LG Berlin NJW-RR 1997, 968 = WuM 1997, 210: Im fortbestehenden Mietverhältnis werden Schönheitsreparaturen erst fällig, wenn ohne deren Ausführung oder bei schlechter Ausführung die Mietsache in der Substanz gefährdet wäre; ebenso LG München I WuM 2004, 602, auch für den Fall, dass die Räume nicht völlig verwohnt sind. Der Mieter könne sich in seiner Wohnung selbst verwirklichen; s. auch LG Düsseldorf WuM 1996, 90, s. auch LG München I WuM 1997, 616.

1221

Rn. IX 127

Schönheitsreparaturen

Der Auffassung des BGH ist schon deshalb zu folgen, weil die Leistungspflicht des Mieters ein Teil des von ihm zu erbringenden Entgelts ist.1 127

Der Vermieter verliert seinen Erfüllungsanspruch nicht mit Vertragsende, OLG München – Urt. v. 17.1.1986 – DWW 1987, 125,

auch nicht dadurch, dass er die Mieträume nach Vertragsende umbauen will und Dekorationsmaßnahmen des Mieters dadurch sinnlos würden (zum Ausgleichsanspruch s. Rn. IX 127), KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724,

wohl aber bei Veräußerung mit dem Eigentümerwechsel, LG Lübeck WuM 1989, 562.

Zum Schadensersatzanspruch des veräußernden Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und zum Übergang dieses Anspruchs auf einen Erwerber des Mietgrundstücks s. Rn. IX 139 f. 128

Andererseits ist der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses und Räumung nicht mehr berechtigt, Zutritt zum Mietobjekt zu verlangen, um zu renovieren, BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480 = WM 1985, 46, OLG München – Urt. v. 28.6.1985 – DWW 1986, 16.

Will der Vermieter allerdings Schadensersatz wegen unterlassener oder mangelhaft durchgeführter Schönheitsreparaturen fordern, so muss er dem Mieter auch nach Vertragsende noch Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Vereinbaren die Vertragsparteien im Rahmen eines Mietaufhebungsvertrages, dass der Mieter die Mieträume gegen Zahlung einer Abfindung durch den Vermieter räumt, so ist es eine Frage der Auslegung, ob der Mieter damit von seiner Pflicht zur Durchführung noch nicht erfüllter laufender Schönheitsreparaturen befreit wird, bejahend: LG Stuttgart WuM 1995, 392. 129

Vereinbaren Vor- und Nachmieter, dass Letzterer die Schönheitsreparaturen ausführt, so wird der Erfüllungsanspruch des Vermieters gegenüber dem Vormieter nicht berührt. Die Vereinbarung wirkt ihm gegenüber nur, wenn er ihr zugestimmt hat (§ 415 Abs. 1 BGB), LG Berlin GE 1998, 183.

130

Zur Fälligkeit, insbesondere bei Vereinbarung eines Fristenplans, s. Rn. IX 73, 80. Die Aussage, dass laufende Schönheitsreparaturen (spätestens) am Tag der Beendigung des Mietverhältnisses fällig werden und der Mieter erst mit diesem Tag in Verzug gerät, BGH – Urt. v. 19.10.1988 – WM 1989, 141, 142 = ZMR 1989, 57,2 vgl. aber auch OLG Düsseldorf MDR 1988, 497: Nachholung unterlassener Schönheitsreparaturen spätestens bei Auszug, 1 S. auch Goch WuM 2004, 513; Herrlein NZM 2003, 941; Kraemer NZM 2003, 417, 419 f. 2 Eine Begründung für diese Auffassung lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen.

1222

Erfüllungsanspruch bei unterlassenen Schönheitsreparaturen

Rn. IX 135

kann nur gelten, wenn sich dies aus der Vertragsgestaltung ergibt und nicht auf Grund des allgemeinen dekorativen Zustandes der Mieträume oder des Ablaufs von Fristen in einem vereinbarten Fristenplan ein früherer Fälligkeitstermin eingreift. Der Vermieter kann wegen seines Erfüllungsanspruchs kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Kautionsrückgewähranspruch des Mieters geltend machen; denn dies widerspräche der Natur der Mietkaution als eines bloßen Sicherungsmittels,

131

LG Mannheim WuM 1988, 362, LG Hamburg WuM 1991, 95.

Der Erfüllungsanspruch ist im wirtschaftlichen Ergebnis mit dem Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands deckungsgleich; er verjährt daher wie der auf Geld gerichtete Schadensersatzanspruch nach § 548 Abs. 1 BGB,

132

BGH – Urt. v. 17.3.1999 – GE 1999, 711 = WuM 1999, 334, BGHZ 107, 179, 182, BGHZ 128, 74, 79.

Der Titel auf Erfüllung ist im Wege der Ersatzvornahme nach § 887 ZPO zu vollstrecken, LG Hamburg WuM 1990, 65.

Gerät der Mieter während eines bestehenden Mietverhältnisses mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verzug, kann der Vermieter von ihm einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Renovierungskosten verlangen,

133

BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 383 = ZMR 2005, 523 (Anschluss an BGHZ 111, 301 = WuM 1990, 494 = ZMR 1990, 450), BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 503 = WuM 2006, 319 = ZMR 2006, 319 = MietRB 2006, 231 (Specht), ebenso LG Berlin NZM 2004, 655 = WuM 2004, 465.

Zum Schadensersatz während der Mietzeit s. Rn. IX 160. Der Vermieter kann aber nicht im Vorwege die Zahlung eines Vorschusses in Form eines auf ein Sparbuch geleisteten Betrages für möglicherweise künftig notwendig werdende Schönheitsreparaturen verlangen, wenn und soweit er den Kautionsrahmen von drei Monatsmieten (netto-kalt) bereits ausgeschöpft hat, s. LG Hannover NZM 2002, 1210.

Macht der Mieter substantiiert geltend, Schönheitsreparaturen ausgeführt zu haben, so kann der Vermieter ein solches Vorbringen nicht mit Nichtwissen bestreiten, da ihm das Recht zusteht, die Wohnung zu betreten, um einmal „nach dem Rechten zu schauen“ (Rn. VII 184),

134

LG Hannover NZM 2002, 120.

Weigert sich der Mieter beharrlich, Schönheitsreparaturen während der Mietzeit auszuführen, und leistet er einen Kostenvorschuss, zu dessen Zahlung er verurteilt worden ist, an den Vermieter nicht, so soll dieser berechtigt sein, das Mietverhältnis nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ordentlich zu kündigen, 1223

135

Rn. IX 136

Schönheitsreparaturen

LG Berlin GE 1999, 1052, AG Hamburg NZM 2002, 735: Das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung wird bejaht, wenn der Mieter über 10 Jahre lang nicht renoviert hat und sich nicht bemüht, das Sozialamt um Hilfe zu bitten; anders AG Hamburg-Altona WuM 2000, 418: Der Vermieter kann aus einem Vornahmetitel die Zwangsvollstreckung betreiben.

Abgesehen von diesen Fällen wird ein Kündigungsrecht des Vermieters allein wegen unterlassener Schönheitsreparaturen während der Mietzeit zu verneinen sein,1 LG Itzehoe WuM 1989, 76, LG Münster WuM 1991, 33.

9. Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen 136

Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener oder schlecht ausgeführter Schönheitsreparaturen sind §§ 280, 281 BGB. Danach kann Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen (Nichterfüllung, Schlechterfüllung, Verzug) – abgesehen vom Verzögerungsschaden – erst verlangt werden, wenn der Gläubiger dem Schuldner eine angemessene Frist zur Leistung oder Nachholung gesetzt hat und die Frist wirkungslos abgelaufen ist. Eine Ablehnungsandrohung ist nicht mehr vorgesehen. Nach Ablauf der Frist wandelt sich der Erfüllungsanspruch nicht – wie nach früherer Rechtslage (§ 326 Abs. 1 BGB a.F.) – automatisch in einen Schadensersatzanspruch um. Vielmehr kann der Vermieter nach Fristablauf immer noch entscheiden, ob er Erfüllung oder Schadensersatz fordern will. Verlangt er Schadensersatz, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen (§ 281 Abs. 4 BGB), zur bisherigen, auf § 326 Abs. 1 BGB a.F. gestützten Rechtslage s. KG – Urt. v. 29.8.2002 – GE 2002, 1330: Der Anspruch des Vermieters auf Vornahme von Schönheitsreparaturen vermag sich erst bei Beendigung des Mietverhältnisses in einen Schadensersatzanspruch umzuwandeln. Dies gilt auch im Falle einer vorzeitigen, treuwidrigen Rückgabe der Mietsache durch den Mieter. Der Senat folgt der Rspr. des BGH – Urt. v. 30.5.1990 – NJW 1990, 2376 = MDR 1991, 142 = BGHZ 111, 301 f.

137

Zu beachten ist: – Es ist kein Verzug des Mieters mehr vorausgesetzt; die bloße Nicht- oder Schlechterfüllung reicht aus. Damit kann Schadensersatz schon vor Beendigung des Mietverhältnisses gefordert werden.2 – Mit der Fristsetzung braucht keine Ablehnungsandrohung verbunden zu werden. – Mit Fristablauf wandelt sich der Erfüllungsanspruch nicht automatisch in einen Schadensersatzanspruch um. Der Vermieter kann sich noch entschei-

1 Pfeilschifter WuM 2003, 543, 552. 2 S. Kraemer NZM 2003, 417, 420; ferner Emmerich NZM 2002, 302, 306; Goch WuM 2003, 368, 369; Gruber WuM 2002, 252 Ziff. 2b; Langenberg NZM 2002, 972, 974.

1224

Rn. IX 136

Schönheitsreparaturen

LG Berlin GE 1999, 1052, AG Hamburg NZM 2002, 735: Das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung wird bejaht, wenn der Mieter über 10 Jahre lang nicht renoviert hat und sich nicht bemüht, das Sozialamt um Hilfe zu bitten; anders AG Hamburg-Altona WuM 2000, 418: Der Vermieter kann aus einem Vornahmetitel die Zwangsvollstreckung betreiben.

Abgesehen von diesen Fällen wird ein Kündigungsrecht des Vermieters allein wegen unterlassener Schönheitsreparaturen während der Mietzeit zu verneinen sein,1 LG Itzehoe WuM 1989, 76, LG Münster WuM 1991, 33.

9. Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen 136

Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener oder schlecht ausgeführter Schönheitsreparaturen sind §§ 280, 281 BGB. Danach kann Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen (Nichterfüllung, Schlechterfüllung, Verzug) – abgesehen vom Verzögerungsschaden – erst verlangt werden, wenn der Gläubiger dem Schuldner eine angemessene Frist zur Leistung oder Nachholung gesetzt hat und die Frist wirkungslos abgelaufen ist. Eine Ablehnungsandrohung ist nicht mehr vorgesehen. Nach Ablauf der Frist wandelt sich der Erfüllungsanspruch nicht – wie nach früherer Rechtslage (§ 326 Abs. 1 BGB a.F.) – automatisch in einen Schadensersatzanspruch um. Vielmehr kann der Vermieter nach Fristablauf immer noch entscheiden, ob er Erfüllung oder Schadensersatz fordern will. Verlangt er Schadensersatz, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen (§ 281 Abs. 4 BGB), zur bisherigen, auf § 326 Abs. 1 BGB a.F. gestützten Rechtslage s. KG – Urt. v. 29.8.2002 – GE 2002, 1330: Der Anspruch des Vermieters auf Vornahme von Schönheitsreparaturen vermag sich erst bei Beendigung des Mietverhältnisses in einen Schadensersatzanspruch umzuwandeln. Dies gilt auch im Falle einer vorzeitigen, treuwidrigen Rückgabe der Mietsache durch den Mieter. Der Senat folgt der Rspr. des BGH – Urt. v. 30.5.1990 – NJW 1990, 2376 = MDR 1991, 142 = BGHZ 111, 301 f.

137

Zu beachten ist: – Es ist kein Verzug des Mieters mehr vorausgesetzt; die bloße Nicht- oder Schlechterfüllung reicht aus. Damit kann Schadensersatz schon vor Beendigung des Mietverhältnisses gefordert werden.2 – Mit der Fristsetzung braucht keine Ablehnungsandrohung verbunden zu werden. – Mit Fristablauf wandelt sich der Erfüllungsanspruch nicht automatisch in einen Schadensersatzanspruch um. Der Vermieter kann sich noch entschei-

1 Pfeilschifter WuM 2003, 543, 552. 2 S. Kraemer NZM 2003, 417, 420; ferner Emmerich NZM 2002, 302, 306; Goch WuM 2003, 368, 369; Gruber WuM 2002, 252 Ziff. 2b; Langenberg NZM 2002, 972, 974.

1224

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 139

den, ob er die Durchführung von Restarbeiten verlangen oder Schadensersatz fordern will. Um Schadensersatz zu fordern, muss er eine sog. Umwandlungserklärung abgeben. Eine Besonderheit gilt, wenn die Schönheitsreparaturen nach dem Mietvertrag „spätestens am Ende des Mietverhältnisses auszuführen“ sind. Hat der Mieter daneben die laufenden Schönheitsreparaturen gemäß einem Fristenplan zu tragen, so hat die Klausel nur deklaratorische Bedeutung; der Vermieter kann den Erfüllungs- oder den Schadensersatzanspruch noch während der Mietzeit bei Fälligkeit der Renovierungspflicht – also in der Regel nach Ablauf der Fristen im Fristenplan – geltend machen. Sind die laufenden Schönheitsreparaturen dem Mieter nicht übertragen, sondern hat er auf Grund einer Individualvereinbarung bei Vertragsende nur renovierte Räume zurückzugeben, so steht ihm die volle Vertragszeit zur Durchführung von Schönheitsreparaturen zu. Sind ihm die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen worden, so gilt das Gleiche, wenn nicht schon vorher der Zustand des Mietobjekts eine Renovierung erfordert (s. dazu Rn. IX 73). Nur in diesen Fällen kann der Vermieter das Verfahren nach § 281 BGB erst nach Beendigung des Mietverhältnisses betreiben.1

137a

Auf die Unterscheidung zwischen Nichterfüllung und Schlechterfüllung der Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen kommt es nicht an, wohl aber darauf, ob es sich um bloße (dekorative) Abnutzungserscheinungen oder um Beschädigungen handelt. Hat der Mieter renoviert, ohne hierzu verpflichtet zu sein, die Schönheitsreparaturen jedoch nicht fachgerecht oder mit nicht zumutbarer Farbgebung (s. Rn. IX 64) durchgeführt, so haftet er wegen Pflichtverletzung aus § 280 Abs. 1 BGB (früher aus positiver Vertragsverletzung), dagegen nicht aus § 281 BGB, weil der Vermieter keinen Erfüllungsanspruch hat,

138

KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = MDR 2006, 440 = NZM 2005, 663.2

Es bedarf also keiner Fristsetzung. Das Gleiche gilt für sonstige Beschädigungen der Mietsache, die mit der Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht unmittelbar zusammenhängen.3 Da die Abgrenzung zwischen Nicht- bzw. Schlechterfüllung der Renovierungspflicht einerseits und Beschädigungen der Mietsache andererseits nicht immer eindeutig ist – z.B. wenn der Mieter Untergrundschäden verursacht hat –, empfiehlt es sich, im Zweifel eine Frist nach § 281 Abs. 1 BGB zu setzen. Im Falle einer Veräußerung des Mietgrundstücks stehen Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen dem Vermieter und nicht 1 So auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 265. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte ohne Rechtspflicht renoviert und ein Zimmer gelb mit zweifarbig braunem Muster gestrichen. 3 Kraemer NZM 2003, 417, 422 Sp. 1; Langenberg NZM 2002, 972.

1225

139

Rn. IX 139a

Schönheitsreparaturen

dem Erwerber zu, wenn sie bereits beim Eigentumswechsel entstanden und fällig geworden sind, mithin alle Tatbestandsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt erfüllt sind, BGH – Urt. v. 19.10.1988 – NJW 1989, 451 = WuM 1989, 141 = ZMR 1989, 57, LG Lübeck WuM 1989, 56.

Allerdings muss besonders geprüft werden, ob dem bisherigen Vermieter ein Schaden entstanden ist und wie dieser zu bemessen ist. In diesem Zusammenhang ist zwischen dem Schadensersatzanspruch wegen Beschädigungen der Mietsache, der gemäß § 249 Satz 2 BGB auf Ersatz des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages gerichtet ist, und solchen Ansprüchen, die auf der Verletzung vertraglicher Pflichten beruhen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung gewähren, zu unterscheiden. Erstere Ansprüche gehen mit der Veräußerung der Mietsache unter, es sei denn, dass der veräußernde Vermieter sie vor dem Eigentumsübergang an den Erwerber abgetreten hat, BGH – Urt. v. 22.9.2004 – NZM 2004, 901 = WuM 2004, 660, 662 = ZMR 2005, 34, OLG Brandenburg – Urt. v. 16.7.2007 – GE 2007, 1251; s. auch LG Kiel WuM 1998, 215; a.A. AG Hamburg WuM 2006, 140 (Bespr. Gies) im Anschluss an BGH – Urt. v. 22.7.2004 – MDR 2005, 86, das zu § 635 BGB ergangen ist.1

139a

Der Schadensersatzanspruch des veräußernden Vermieters wegen Nichterfüllung der Renovierungspflicht bleibt dagegen erhalten, soweit es den sonstigen Vermögensschaden anbelangt (§ 251 Abs. 1 BGB). Er umfasst zunächst einen etwaigen konkreten Mindererlös, BGH – Urt. v. 22.9.2004 – NZM 2004, 901 = WuM 2004, 660, 662 = ZMR 2005, 34.

Darüber hinaus soll sich der Ersatzanspruch nach § 251 Abs. 1 BGB auch auf die Vermögenseinbußen beziehen, die dem Vermieter dadurch entstanden sind, dass er zwar seine Leistung erbracht hat, während der Mieter die Gegenleistung in Gestalt der Schönheitsreparaturen schuldig geblieben ist. Hierdurch würde der vertragsungetreue Mieter unbillig entlastet werden. Die Höhe des Anspruchs sei zu schätzen, wobei die fiktiven Kosten für die Renovierungsmaßnahmen mit zu berücksichtigen seien, OLG Düsseldorf – Urt. v. 1.12.1988 – MDR 1989, 262.

Diese Auffassung ist abzulehnen, da sie auf eine bloße Schadensfiktion hinausläuft, soweit der Vermieter nicht darlegt, dass ohne das schädigende Ereignis ein Mehrerlös erzielt worden wäre.2 140

Werden die Tatbestandsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs erst nach dem Eigentumswechsel erfüllt, so steht der Schadensersatzanspruch ausschließlich dem Erwerber zu.

1 Der BGH betont, dass sich die zitierte Entscheidung auf das Werkvertragsrecht beschränke und nicht mit der abweichenden mietrechtlichen Rspr. in Widerspruch stehe. 2 S. Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 534.

1226

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 144

a) Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs Der Schadensersatzanspruch wegen unterlassener oder schlecht ausgeführter Schönheitsreparaturen ist nach § 281 BGB an folgende Voraussetzungen geknüpft: – Der Mieter hat Schönheitsreparaturen nicht oder schlecht ausgeführt, oder er befindet sich mit der Durchführung im Verzug. – Der Vermieter hat das Abmahnverfahren eingeleitet: – Aufforderung zur Behebung konkret benannter Renovierungsmängel, – Setzen einer angemessenen Frist. – Die Frist verstreicht fruchtlos. – Wahlerklärung des Vermieters, dass Schadensersatz verlangt wird.

141

Ist das Abmahnverfahren nicht gewahrt, so kann der Erfüllungsanspruch nicht in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt werden; der Vermieter kann nicht auf andere Anspruchsgrundlagen ausweichen,

142

LG Köln NZM 1999, 456 zu § 326 Abs. 1 BGB a.F.; anders OLG Koblenz NZM 2000, 234, ZMR 2000, 219 zu § 326 Abs. 1 BGB: Der Vermieter hat bei tatsächlich durchgeführten Renovierungsmaßnahmen einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag auf Zahlung der ungerechtfertigten Bereicherung des Mieters.1

Erhebt der Vermieter gleichwohl Zahlungsklage, so hemmt diese gemäß §§ 204 Nr. 1, 213 BGB die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Erfüllung (anders zum früheren Recht: BGH – Urt. v. 16.3.1988 – BGHZ 104, 6, 10 = NJW 1988, 1778). Ist der Erfüllungsanspruch verjährt, so ist der Vermieter nicht mehr in der Lage, diesen Anspruch gemäß § 281 BGB in einen Schadensersatzanspruch umzuwandeln.2 Das gilt insbesondere, wenn der Vermieter den Anspruch auf Verzug mit der Durchführung von Schönheitsreparaturen stützt,

143

BGH – Urt. v. 16.3.1988 – BGHZ 104, 6 = NJW 1988, 1778 = WuM 1988, 272 zur Umwandlung des Erfüllungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch nach § 326 Abs. 1 BGB a.F.

aa) Abmahnung Die nach § 281 Abs. 1 BGB gebotene Abmahnung ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Sie unterliegt nach ihrer rechtlichen Struktur im Wesentlichen denselben Regeln wie Willenserklärungen, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2004, 903 = WuM 2004, 663, BGH – Urt. v. 20.2.2008 – NZM 2008, 277 = WuM 2008, 217 = ZMR 2008, 446. 1 Die Entscheidung ist in der Fachliteratur auf Widerspruch gestoßen: Kraemer NZM 2003, 417, 426 Sp. 2; Langenberg NZM 2002, 972, 973; Riecker MDR 2000, 446; Weyhe MDR 2000, 742, 744; Wíchert ZMR 2000, 200; Wiek WuM 2000, 11; ebenso Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 293; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 253; a.A. Lützenkirchen MDR 2002, 12, 13. 2 S. dazu Langenberg NZM 2002, 972, 975.

1227

144

Rn. IX 145

Schönheitsreparaturen

Hierauf ist besonders zu achten, wenn auf Mieter- oder Vermieterseite eine Personenmehrheit besteht.1 Die Zugangsprobleme sind hier nicht anders als bei Mieterhöhungen oder Kündigungen (s. Rn. IV 86, X 45). Zu beachten ist, dass etwaige Vollmachtsklauseln mit Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr wirken, soweit nicht eindeutig etwas anderes vereinbart ist oder sich die Vollmacht aus sonstigen Umständen ergibt. Die Abmahnung bedarf zwar keiner Form, sollte aber aus Beweisgründen schriftlich erfolgen. Sie kann bereits im Abnahmeprotokoll – dort auch formularmäßig in Verbindung mit den im Protokoll festgehaltenen Mängeln – ausgesprochen werden. 145

In der Abmahnung müssen die Mängel so spezifiziert werden, dass der Mieter erkennt, was von ihm verlangt wird. Die Angabe der einzelnen Beanstandungen muss schon bei der Fristsetzung erfolgen, um den Schuldner in die Lage zu versetzen, Art und Umfang seiner Leistungspflicht und insbesondere die Berechtigung der verlangten Arbeit zu überprüfen, OLG Hamburg – Urt. v. 20.2.1991 – WuM 1992, 70 zu § 326 Abs. 1 BGB a.F., KG – Urt. v. 24.4.2003 – ZMR 2003, 676: Hat der Mieter vor seinem Auszug Schönheitsreparaturen vorgenommen und erhebt der Vermieter Beanstandungen, so muss er konkrete Mängel darlegen und den beanstandeten Zustand beschreiben, damit der Mieter erkennen kann, inwieweit der Vermieter den Vertrag als nicht erfüllt ansieht. Besteht die Mietsache aus mehreren Räumen, muss genau angegeben werden, in welchen Räumen an welcher Stelle bestimmte Arbeiten auszuführen sind; KG – Urt. v. 22.1.2007 – MDR 2007, 880, 881 = ZMR 2007, 450, 451: Erst die verständliche Beschreibung der Mängel gibt dem Mieter die Möglichkeit, sich darüber klar zu werden, warum der Vermieter bestimmte Arbeiten verlangt, und zu prüfen, ob das Begehren tatsächlich oder rechtlich berechtigt ist. Der Zustandsbeschreibung kommt darüber hinaus streitvermeidende Bedeutung zu. Sie zwingt den Vermieter, sich darüber schlüssig zu werden, ob z.B. auch geringfügige Mängel zu beseitigen sind oder ob sie noch akzeptabel erscheinen. Auch zwingt sie den Mieter, sich genauer mit den Forderungen des Vermieters auseinanderzusetzen; vgl. auch OLG Hamburg – Urt. v. 8.2.1973 – NJW 1973, 2211, LG Karlsruhe WuM 1991, 88.

146

An die Substantiierung werden zum Teil strenge Anforderungen gestellt. So reicht der Vortrag nicht aus, die Tapeten der Wohnung seien stark beschädigt und verschmutzt gewesen, ebenso der Farbanstrich der Türen und Fensterrahmen, LG Berlin GE 1994, 1119.

Das Gleiche gilt für die Beschreibung, alle Räume befänden sich in einem schlechten dekorativen Zustand; keine Wand sei neu tapeziert oder gestrichen worden, LG Itzehoe WuM 1997, 175.

Erst recht reicht nicht die inhaltsleere Aufforderung, die vertraglich vereinbarten Schönheitsreparaturen vorzunehmen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.7.2005 – WuM 2005, 655 = ZMR 2005, 710,

1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 286.

1228

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 148

bzw. „hinsichtlich der Schönheitsreparaturen die erforderlichen/notwendigen Arbeiten durchzuführen“, LG Berlin ZMR 1988,177.

Zum Teil wird gefordert, dass nicht in erster Linie die beanstandeten Mängel, sondern die vorzunehmende Leistung beschrieben werden muss,1

147

KG – Urt. v. 24.4.2003 – ZMR 2003, 676: Das Setzen einer Nachfrist als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F. ist unzureichend, wenn sich der Umfang der nach Ansicht des Vermieters vom Mieter noch auszuführenden Arbeiten weder aus dem Schreiben selbst noch aus dem Abnahmeprotokoll entnehmen lässt, auf das das Schreiben Bezug nimmt. KG – Urt. v. 22.1.2007 – MDR 2007, 880, 881 = ZMR 2007, 450, 451: Jedenfalls dann, wenn der Mieter vor seinem Auszug Schönheitsreparaturen vorgenommen hat und der Vermieter Beanstandungen erhebt, muss die Leistungsaufforderung auch in Bezug auf die auszuführenden Arbeiten spezifiziert abgefasst sein. Es muss für den Mieter deutlich werden, was er im Einzelnen zu erledigen hat. Es entspricht einer nebenvertraglichen Pflicht, den Vertragspartner nicht durch unklare Angaben zu Mehrarbeit und damit höheren Kosten zu veranlassen. Es genügt daher nicht, die Erledigung der „notwendigen“ Arbeiten bzw. eine „vollständige und fachgerechte“ Renovierung zu verlangen. Die Leistungsaufforderung braucht dagegen keine Angaben darüber zu enthalten, auf welche genaue Weise und mit welchen Materialien der Mieter die Schönheitsreparaturen durchzuführen hat.

Dagegen bestehen Bedenken; denn im Allgemeinen kann der Schuldner den Weg der Erfüllung selbst bestimmen; er haftet nur für den Erfüllungserfolg. Wegen der noch nicht gesicherten, zum Teil widersprüchlich erscheinenden Rspr. empfiehlt es sich, sowohl die Renovierungsmängel als auch die zur Behebung erforderlichen Maßnahmen aufzuführen und den Mieter aufzufordern, díese Arbeiten durchzuführen.2 Der Schwerpunkt sollte jedoch auf der Darstellung der Renovierungsmängel liegen. Die Übersendung des Wohnungsabnahmeprotokolls reicht in der Regel zur Spezifizierung der Mängel. An sie werden geringere Anforderungen gestellt, wenn dem Abmahnschreiben eine Zusammenstellung der gerügten Mängel nebst Fotodokumentation beigefügt ist, KG – Urt. v. 3.7.1995 – GE 1995, 1011: Ein Aufforderungsschreiben an den Mieter, dass „die Renovierung der Räume einschließlich Fenster, Türen und Böden erfolgt, Heizkörper und Rohre gestrichen werden“, ist hinreichend konkretisiert. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Schreiben die Zusammenstellung der gerügten Mängel nebst Fotodokumentation beigefügt ist. LG Berlin ZMR 1998, 703: Die Aufforderung des Vermieters an den Mieter, die „erforderlichen Arbeiten“ auszuführen, reicht als Abmahnung aus, wenn diese in einem Wohnungsabnahmeprotokoll im Einzelnen bezeichnet worden sind und der Mieter sich zu deren Ausführung verpflichtet hat. Das gilt aber nicht für Schönheitsrepara-

1 Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 281. 2 So wohl auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 292 f. unter Betonung der Leistungsbeschreibung, während die Leistungsaufforderung bezüglich der Art und Weise der auszuführenden Arbeiten den Mieter nicht binden soll (Rn. 302).

1229

148

Rn. IX 149

Schönheitsreparaturen

turen, deren Ausführung nach dem Abnahmeprotokoll durch den Nachmieter erfolgen sollte.

149

Die Aufforderung an den Mieter muss sich auf die Behebung der Mängel beziehen; nicht ausreichend ist die Anfrage, sich zu erklären, ob Erfüllungsbereitschaft besteht, der Mieter renovieren oder die Kosten hierfür tragen werde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.7.1992 – DWW 1992, 339, OLG München – Urt. v. 11.11.1994 – ZMR 1997, 178, vgl. dazu LG Berlin WuM 1985, 259, MDR 1983, 319, LG Wiesbaden WuM 1987, 18.

bb) Fristsetzung 150

Das Verfahren nach § 281 Abs. 1 BGB erfordert das Setzen einer angemessenen Frist. Sie ist nur angemessen, wenn dem Mieter hierdurch die Möglichkeit eröffnet wird, Schönheitsreparaturen durchzuführen, LG Berlin GE 1988, 411 zu § 326 BGB a.F.

Die Frist muss so bemessen sein, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen abschließen kann; es reicht für ihre Bemessung nicht, dass der Mieter innerhalb der Frist wenigstens mit den Arbeiten hätte beginnen und seine Bereitschaft zur vollständigen Erfüllung hätte erklären können. Ist die Frist zu kurz bemessen, so ist in der Regel die angemessene Frist maßgebend (LG Berlin GE 1999, 1497). Ist der Erfüllungsanspruch schon vor deren Ablauf verjährt, so gelangt der Schadensersatzanspruch nicht mehr zur Entstehung, OLG Hamburg – Urt. v. 29.10.1997 – WM 1998, 17.1

Im Allgemeinen soll eine Frist von zwei Wochen ausreichen, um eine Wohnung komplett zu renovieren,2 KG – Urt v. 30.10.2006 – NZM 2007, 356 = WuM 2007, 71 = ZMR 2007, 112.

Indes ist entscheidend auf Art, Beschaffenheit und Größe der Wohnung abzustellen, so dass die Frist auch erheblich länger sein kann. So kann es geboten sein, in die Frist einzubeziehen, dass der Mieter zunächst Kostenvoranschläge einholt. Andererseits ist zu berücksichtigen, ob er Anlass hatte, selbst Vorsorge zu treffen. 151

Führt der Vermieter die Schönheitsreparaturen vor Fristablauf aus, so hat er keinen Anspruch auf Kostenersatz, LG Berlin GE 1988, 411, ebenso LG Berlin GE 1999, 1497, wenn die vermieterseits gesetzte Frist zu kurz bemessen ist und der Vermieter vor Ablauf einer angemessenen Frist renoviert. 1 Zum Fall: Die Räumung erfolgte am 31.5.1995, die Nachfrist wurde am 13.11.1995 bis 27.11.1995 gesetzt; nach Auffassung des OLG wäre eine Frist von 3 Wochen angemessen gewesen, d.h. bis 4.12.1995; zu diesem Zeitpunkt war der Erfüllungsanspruch aber schon verjährt, nämlich am 30.11.1995. 2 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 277; Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 121.

1230

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 153

Auch wandelt eine Fristsetzung den Erfüllungsanspruch nicht in einen Schadensersatzanspruch um und ist unwirksam, wenn der Vermieter die Wohnung schon weitervermietet hat und es nicht mehr in der Hand hat, dem Mieter die Wohnung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen zur Verfügung zu stellen, LG Braunschweig WuM 1999, 547; s. auch LG Wiesbaden WuM 1987, 214.

Ist das Abmahnverfahren nicht gewahrt, so kann der Vermieter nicht auf andere Anspruchsgrundlagen ausweichen (s. Rn. IX 142). cc) Entbehrlichkeit von Abmahnung und Fristsetzung Das Verfahren nach § 281 Abs. 1 BGB ist insbesondere entbehrlich, wenn der Mieter die Erfüllung endgültig verweigert (§ 281 Abs. 2 BGB). Hieran sind nach bisheriger Rspr. wegen der weitreichenden Folgen für den Schuldner strenge Anforderungen gestellt worden,

152

BGH – Urt. v. 21.10.1992 – NJW-RR 1993, 139 = ZMR 1993, 55, 57: Im Hinblick auf die schwerwiegenden Rechtsfolgen muss außer Zweifel stehen, dass sich der Schuldner über das auf die vertragliche Leistung gerichtete Erfüllungsverlangen des Gläubigers klar ist und ohne Rücksicht auf die möglichen Folgen – gewissermaßen als sein letztes Wort – seine Weigerung zum Ausdruck bringt (s. auch BGH – Urt. v. 18.9.1985 – NJW 1986, 661).

Es muss ausgeschlossen erscheinen, dass sich der Mieter durch eine (Nach-) Fristsetzung noch umstimmen ließe, BGH – Urt. v. 16.3.1988 – BGHZ 104, 6 = NJW 1988, 1778 = WuM 1988, 272, 273, KG – Urt. v. 28.12.2006 – NJW-RR 2007, 1602 = NZM 2008, 167 = ZMR 2007, 533: Die erfüllungsverweigernde Erklärung des Mieters muss als sein letztes Wort aufzufassen und ein Sinneswandel nicht zu erwarten sein.

Solange mithin die Möglichkeit besteht, dass der Schuldner noch umgestimmt werden kann, muss ein solcher Versuch unternommen werden, BGH – Urt. v. 20.9.1996 – MDR 1997, 129.

Diese strengen Anforderungen gelten auch nach der Schuldrechtsmodernisierung für das Verständnis des § 281 Abs. 2 BGB fort.1 Eine endgültige Erfüllungsverweigerung kann im Auszug des Mieters liegen, ohne renoviert zu haben, BGH – Urt. v. 14.7.1971 – MDR 1971, 1002, BGH – Urt. v. 16.3.1988 – BGHZ 104, 6 = NJW 1988, 1778 = WuM 1988, 272, 273, OLG Hamburg – Urt. v. 25.1.1973 – MDR 1973, 587.

Das ist aber nicht zwingend; denn der Mieter kann je nach den Umständen guten Glaubens sein, seiner Renovierungspflicht genügt zu haben. Vielmehr muss noch ein Element hinzutreten, aus dem gefolgert werden kann, dass der Mieter 1 So zu § 281 BGB: Erman/H. P. Westermann Rn. 16; Palandt/Heinrichs Rn. 14; Blank/ Börstinghaus BGB § 535 Rn. 283; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 314; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 483; einschränkend MünchKomm/Schilling BGB § 535 Rn. 124.

1231

153

Rn. IX 154

Schönheitsreparaturen

eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, und eine Änderung seines Entschlusses ausgeschlossen erscheint, OLG Hamburg – Urt. v. 29.10.1997 – WuM 1998, 17,1 LG Berlin GE 1998, 245: Hat der Mieter vor rechtlicher Beendigung des Mietverhältnisses die Schlüssel zur Wohnung zurückgegeben und diese geräumt, so kann darin grundsätzlich noch keine Erfüllungsverweigerung gesehen werden. Das gilt zumindest dann, wenn der Vermieter nach Schlüsselrückgabe zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auffordert, sich aber weigert, ihm die Schlüssel wieder auszuhändigen.

Ob grundsätzlich vorauszusetzen ist, dass der Vermieter dem Mieter zuvor konkret mitteilt, welche Schönheitsreparaturen auszuführen sind, so KG – Urt. v. 30.10.2006 – NZM 2007, 356 = WuM 2007, 71 = ZMR 2007, 112,

erscheint zweifelhaft. Zweckmäßig ist eine solche Mitteilung (mit Fristsetzung), weil es im Einzelfall streitig werden kann, ob ein Verhalten als endgültige Erfüllungsverweigerung zu werten ist. 154

Eine endgültige Erfüllungsverweigerung ist in folgenden Fällen angenommen worden: – wenn der Mieter die Wohnung in einem offensichtlich renovierungsbedürftigen Zustand zurücklässt, so dass er nicht annehmen kann, der Vermieter werde diesen Zustand als Erfüllung akzeptieren, OLG München – Urt. v. 28.6.1985 – DWW 1986, 16, KG – Beschl. v. 9.6.2008 – WuM 2008, 592 = ZMR 2008, 956: ..., wenn der Mieter ohne jegliche Renovierungsarbeiten auszieht, obwohl das Mietobjekt derart offensichtlich abgewohnt und in einem abgewirtschafteten katastrophalen Zustand ist, dass sich der Auszug ohne die Vornahme irgendwelcher Arbeiten nur als Erfüllungsverweigerung darstellen kann, LG Berlin ZMR 1988, 464,

– wenn der Mieter bei der Abnahmebesichtigung erklärt hat, keine der vom Vermieter geforderten Arbeiten auszuführen, BGH – Urt. v. 19.19.1988 – ZMR 1989, 57, 58,2 KG – Urt. v. 28.12.2006 – NZM 2008, 167 = ZMR 2007, 533 für Rückbau, OLG Köln – Urt. v. 17.11.1986 – ZMR 1987, 461 = WuM 1988, 22 (LS),

– wenn der Mieter ankündigt, er werde die Arbeiten zu einem Zeitpunkt ausführen, der nach Ablauf einer zu setzenden angemessenen Nachfrist liege, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 19.9.1996 – ZMR 1997, 522, 525,

– wenn der Mieter auszieht, ohne renoviert zu haben, obwohl der Vermieter ihn auf die Notwendigkeit zur Durchführung von Schönheitsreparaturen zweimal hingewiesen hat, BGH – Urt. v. 10.7.1991 – NJW 1991, 2416 = WuM 1991, 550, 551,

– wenn der Mieter zwar verspricht, Schönheitsreparaturen auszuführen, jedoch keine Anstalten trifft und es sich um „leere Worte“ handelt, BGH – Urt. v. 8.4.1981 – WuM 1981, 260, 1 Zum Fall: Der Mieter hatte geräumt und lediglich die Unangemessenheit der ihm gesetzten Frist gerügt. 2 Der BGH hat diesen Fall als positive Vertragsverletzung gewertet.

1232

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 156

– wenn der Mieter trotz Streits über die Schönheitsreparaturen die Schlüssel zurückgibt, LG Köln WuM 1979, 212 (str.). Dagegen reicht nicht,

155

– wenn der Mieter auszieht, ohne von sich aus seine neue Anschrift mitzuteilen, KG – Urt. v. 30.10.2006 – NZM 2007, 356 = WuM 2007, 71 = ZMR 2007, 112, LG Itzehoe WuM 1989, 508, LG Hamburg WuM 1997, 616; anders LG Frankfurt ZMR 1971, 88, ferner LG Berlin ZMR 1988, 464 bei offensichtlicher Renovierungsbedürftigkeit,

– wenn der Mieter auf Grund eines Schreibens des Vermieters davon ausgehen darf, dass der Vermieter nach vollständiger Räumung an ihn herantreten werde, wenn Schönheitsreparaturen auszuführen sein sollten, KG – Beschl. v. 9.6.2008 – WuM 2008, 592 = ZMR 2008, 956.

– wenn der Mieter, sei es auch nicht ganz ausreichend, renoviert hat, LG Aachen ZMR 1988, 60,

– wenn sich der Mieter mit der Begründung weigert, die vorgenommenen Arbeiten seien ordnungsmäßig ausgeführt, oder rechtliche Zweifel an der Verpflichtung, noch renovieren zu müssen, äußert, LG München I WuM 1993, 346, ebenso für ausweichende Äußerungen und Anmelden rechtlicher Zweifel an der Renovierungspflicht: LG Berlin NZM 2000, 1178, s. auch LG Wuppertal WuM 1996, 614,

– wenn er sich gegen die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens wendet, LG Hamburg WuM 1990, 66, – wenn er sich weigert, das Wohnungsabnahmeprotokoll zu unterschreiben, LG Wuppertal WuM 1996, 614 = NJWE-MietR 1997, 53,

– wenn der Mieter die ihm gesetzte Nachfrist als unangemessen kurz rügt, OLG Hamburg – Urt. v. 29.10.1997 – WuM 1998, 17.

Ist dem Vermieter der Aufenthalt des Mieters unbekannt, so muss er von den einfachen Möglichkeiten der Nachforschung Gebrauch machen (z.B. EMAoder Postanschriftsanfrage), AG Bremerhaven WuM 1987, 250.

Er muss in Betracht ziehen, dass der Mieter einen Nachsendeantrag gestellt haben kann. Zu weit geht allerdings, vom Vermieter zu fordern, sich an den früheren Prozessbevollmächtigten des Mieters zu wenden, solange eine Empfangsvollmacht für Abmahnerklärungen des Vermieters nicht abgestritten werde (so aber AG Hamburg-Blankenese/LG Hamburg WuM 1997, 616). Der Mieter kann sich jedoch schadensersatzpflichtig machen, wenn er entgegen einer Verpflichtung, seine neue Anschrift mitzuteilen, gleichsam untertaucht. Die Verpflichtung kann bereits im Mietvertrag geregelt sein oder sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergeben, wenn der Vermieter bei Vertragsende oder Rückgabe des Mietobjekts deutlich zu erkennen gegeben hat, noch Ansprüche 1233

156

Rn. IX 157

Schönheitsreparaturen

zu haben, deretwegen er mit dem Mieter in Verbindung bleiben will. Jedenfalls verstößt der Mieter gegen Treu und Glauben, wenn er sich auf die Folgen einer fehlgeschlagenen Abmahnung beruft, sofern der Fehlschlag auf seinem eigenen zurechenbaren Verhalten beruht. dd) Wahlerklärung des Vermieters 157

Der Fristablauf, eine endgültige Erfüllungsverweigerung oder der Interessewegfall führen nicht automatisch dazu, dass sich der Erfüllungsanspruch in einen Schadensersatzanspruch umwandelt. Der Gläubiger kann vielmehr wählen, ob er weiterhin Erfüllung verlangen oder zum Schadensersatz übergehen will.1 Will er Letzteres, so muss er durch eine gestaltende Erklärung die Umwandlung des Erfüllungs- in einen Schadensersatzanspruch herbeiführen (§ 281 Abs. 1 BGB, ebenso schon zum bisherigen Recht: BGH – Urt. v. 17.3.1999 – NZM 1999, 478 = WuM 1999, 334, OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.6.2000 – ZMR 2001, 267). Der Anspruch auf Erfüllung ist dann ausgeschlossen (§ 281 Abs. 4 BGB). Ob der Vermieter diese Erklärung zugleich mit der Fristsetzung abgeben kann, ist umstritten.2 Dagegen spricht, dass sie tatbestandlich voraussetzt, dass der Schadensersatzanspruch schon entstanden ist. Gibt der Vermieter sie zugleich mit der Fristsetzung ab, so ist sie unter die Potestativbedingung des Mieters als des Schuldners gestellt. In diesem Fall würde sich der Erfüllungsanspruch mit Fristablauf in einen Schadensersatzanspruch umwandeln. Dadurch würde sich der Vermieter der rechtlichen Möglichkeit begeben, restliche Erfüllungsarbeiten verlangen zu können.3 Jedenfalls ist es für beide Parteien von Vorteil, wenn der Vermieter die Wahlerklärung nicht mit der Fristsetzung verbindet, sondern abwartet, wie sich der Mieter auf die Erfüllungsaufforderung verhält.4

158

Die Erklärung des Vermieters, Schadensersatz zu verlangen, ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. An sie werden die gleichen Anforderungen wie an andere einseitige Erklärungen (z.B. Mieterhöhungsverlangen, Kündigung) gestellt. Das gilt insbesondere bei Personenmehrheit auf Vermieter- oder Mieterseite: Die Erklärung muss von allen gegenüber allen abgegeben werden, jedoch ist Vollmachterteilung – auch formularvertraglich – zulässig, auch durch mietvertragliche Vollmachtsklauseln.

1 S. dazu Langenberg NZM 2002, 972, 974. 2 Für vorzeitige Erklärung zu § 281 BGB: MünchKomm/Ernst Rn. 96; Palandt/Heinrichs Rn. 50; ebenso Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 283; Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 260; gegen eine Erklärung vor Fristablauf: Derleder/Zänker NJW 2003, 2777, 2782; ferner Bamberg/Roth/Grüneberg BGB § 281 Rn. 48. 3 S. auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 155. 4 So zutreffend Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 431.

1234

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 161

b) Schaden Der Vermieter kann im Allgemeinen zwischen abstrakter und konkreter Schadensberechnung wählen, etwa wenn er die Renovierung nicht oder zu geringeren Kosten als üblich ausführt,

159

OLG Hamburg – Urt. v. 20.7.1983 – ZMR 1984, 342, OLG Köln – Urt. v. 9.3.1987 – ZMR 1987, 375.

Zum Schaden im Fall der Veräußerung des Mietobjekts s. Rn. IX 139. aa) Schadensersatz während der Mietzeit Der Vermieter kann Schadensersatz nach § 281 BGB bereits während der laufenden Mietzeit geltend machen, wenn der Mieter seiner Renovierungspflicht nicht oder schlecht nachgekommen ist oder wenn er die ohne Verpflichtung vorgenommene Renovierung schlecht ausgeführt hat (s. Rn. IX 54). Soweit es das reine Erfüllungsinteresse auf Durchführung von Schönheitsreparaturen anbelangt, beschränkt sich der Anspruch des Vermieters auf die tatsächlich anfallenden Kosten einer Ersatzvornahme und damit zunächst auf einen Vorschuss in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten,1

160

BGH – Urt. v. 30.5.1990 – BGHZ 111, 301 f. = NJW 1990, 2376 = WuM 1990, 494:2 Auch wenn die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter überwälzt wird, ändert dies nichts daran, dass ihre Erfüllung während des Mietverhältnisses nicht dem Vermieter, sondern dem Mieter als demjenigen zugute kommt, dem der Gebrauch der Mietsache zusteht. Damit erschöpfen sich Sinn und Zweck der vom Mieter übernommenen Schönheitsreparaturverpflichtung bei fortbestehendem Mietverhältnis in der tatsächlichen Erbringung der geschuldeten Leistung. Dieser Besonderheit würde die (gemäß § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. eintretende) Umwandlung des Erfüllungsanspruchs in einen auf Geldzahlung gerichteten Schadensersatzanspruch, in dessen Verwendung der Vermieter frei wäre, nicht gerecht, in denen es um die bloße Nichterfüllung der Schönheitsreparaturverpflichtung geht. S. auch LG Berlin GE 2002, 1198, NZM 2004, 655 = WuM 2004, 465.

Das Gleiche gilt, wenn der Mieter mit der Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen in Verzug geraten ist, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 450 = WuM 2005, 383 = ZMR 2005, 523:3 Gerät der Mieter während eines bestehenden Mietverhältnisses mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verzug, kann der Vermieter von ihm einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Renovierungskosten verlangen (Anschluss an BGHZ 111, 301 = WuM 1990, 494). Ebenso BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 503 = WuM 2006, 319 = ZMR 2006, 507 = MietRB 2006, 231 (Specht). 1 Für einen „echten“ Schadensersatzanspruch: Kraemer NZM 2003, 417, 420; s. auch Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I E 364 S. 133; gegen einen Schadensersatzanspruch während der Mietzeit: Kinne ZMR 2003, 8, 10. 2 Besprechung von Weitemeyer NZM 2005, 646, die als Anspruchsgrundlage § 242 BGB i.V. mit einer analogen Anwendung des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB sieht. Ein solcher Umweg ist m.E. entbehrlich, wenn man den reinen Dekorationsschaden auf die (künftigen) Renovierungskosten reduziert. 3 Dazu Weitemeyer NZM 2005, 646.

1235

161

Rn. IX 162

Schönheitsreparaturen

162

In Verzug gerät der Mieter nicht schon, wenn die Renovierungsfristen laut vereinbartem Fristenplan (s. Rn. IX 80) abgelaufen sind, sondern erst auf Grund einer Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB).

163

Der Anspruch auf Vorschuss wird sofort fällig, ohne dass es über den Verzug des Mieters hinaus noch einer weiteren Fristsetzung bedarf, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 503 = WuM 2006, 319 = ZMR 2006, 507 = MietRB 2006, 231 (Specht).

164

Die bloße Möglichkeit, dass der Mieter später keine Schönheitsreparaturen ausführt, begründet aber noch nicht den Anspruch auf Vorschuss zum Zwecke der Ersatzvornahme, LG Hannover WuM 2001, 444.

Dies liefe nämlich auf eine Umgehung der Schutzregelungen zu Gunsten des Mieters in § 551 BGB hinaus. 165

Macht der Mieter im Rechtsstreit wegen Zahlung eines Vorschusses geltend, er habe renoviert, so kann der Vermieter dies nicht mit Nichtwissen bestreiten; denn ihm steht ein Recht zu, die Wohnung zu betreten und sich Gewissheit zu verschaffen, LG Hannover NZM 2002, 120.

165a

Mit dem Erhalt des Vorschusses entsteht die Obliegenheit des Vermieters, die erforderlichen Schönheitsreparaturen auszuführen; denn der Vorschuss ist keine „erweiterte Mietsicherheit“, über die (spätestens) nach Beendigung des Mietverhältnisses abzurechnen wäre (so aber LG Berlin ZMR 1996 S. XI Nr. 11). Der Mieter hat zwar keinen Erfüllungsanspruch dahingehend, dass der Vermieter renoviert; ihm ist gleichwohl nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete bis maximal zur Höhe des Vorschusses zuzubilligen. Ein solches Recht steht ihm aber wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens dann nicht zu, wenn er sich weigert, die Schönheitsreparaturen zu dulden, oder sie sonst schuldhaft verzögert. Hat der Vermieter bis zum Ende der Mietzeit die Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt, ohne vom Mieter hieran gehindert worden zu sein, so kann dieser den Vorschuss zurückfordern. Da es sich indes um eine einfache Geldforderung handelt, kann der Vermieter hiergegen mit Gegenforderungen aus dem Mietverhältnis aufrechnen. Hat der Mieter den Vorschuss geleistet, so ist er zur Durchführung von Schönheitsreparaturen erst wieder verpflichtet, nachdem der Vermieter renoviert hat und erneut Schönheitsreparaturen fällig geworden sind.

166

Hat der Vermieter Schönheitsreparaturen an Stelle des Mieters ausgeführt oder einen Schaden erlitten, der über das reine Erfüllungsinteresse hinausgeht, kann er – auch während der Mietzeit – Ersatz der Kosten bzw. seines Schadens verlangen,1 1 Beispiel: Schäden an der Substanz des Mietobjekts; auch kann ein Mietausfallschaden entstehen, wenn eine Umsatzmiete vereinbart ist und es wegen des schlechten optischen Zustandes der Mieträume zu Umsatz- und damit Mieteinbußen kommt.

1236

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 170

BGH – Urt. v. 30.5.1990 – BGHZ 111, 301 = NJW 1990, 2376 = WuM 1990, 494, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 503 = WuM 2006, 319 = ZMR 2006, 319 = MietRB 2006, 231 (Specht).

bb) Schadensersatz nach Beendigung der Mietzeit Der Schaden des Vermieters liegt weniger in der Minderung des Mietwerts und in den Kosten, um diese auszugleichen (so aber BGH – Urt. v. 15.11.1967 – BGHZ 49, 56), als vielmehr in der Substanzwertminderung ohne Rücksicht auf die spätere Vermietbarkeit,

167

s. auch OLG Hamburg – Urt. v. 20.7.1983 – ZMR 1984, 342.

Entsteht kein Mietausfall, etwa weil der Vermieter ohnehin hohe Leerstände hat oder nicht mehr vermieten will, so müsste gemäß der Auffassung des BGH ein Schaden verneint werden, vgl. LG Berlin ZMR 1969, 276 bei preisgebundenem Wohnraum, AG Hanau WuM 1987, 149.

Ist der Schadensersatzanspruch des Vermieters bereits entstanden, so wird er nach h.M. durch spätere Renovierungsmaßnahmen des Nachmieters nicht berührt; das Institut der Vorteilsausgleichung oder eine Gesamtschuldnerschaft zwischen Vor- und Nachmieter werden in diesem Zusammenhang nicht anerkannt,1

168

BGH – Urt. v. 15.11.1967 – BGHZ 49, 56, 60 = NJW 1968, 491 = WuM 1986, 76 = ZMR 1968, 40, OLG Hamburg – Urt. v. 20.7.1983 – ZMR 1984, 342, OLG München – Urt. v. 28.6.1985 – DWW 1986, 16; a.A.: LG Mannheim WuM 1976, 202, WuM 1977, 253 (Vorteilsausgleichung), LG Kassel NJW 1975, 1842 (Gesamtschuldnerschaft), LG Hamburg HmbGE 1983, 31, LG Nürnberg-Fürth WuM 1984, 244.

Gegen die h.M. sind immer wieder Bedenken erhoben worden, wenn der neue Mieter die Wohnung auf eigene Kosten und ohne Kostenausgleich renoviert hat.2 Angesichts einer bestehenden Wohnungsknappheit und der allgemein üblichen formularmäßigen Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine unrenovierte Wohnung nicht zum Marktpreis angeboten werden könne und ein besonderer Verhandlungsaufwand des Vermieters erforderlich sei, um den Nachmieter zur Übernahme von Schönheitsreparaturen zu veranlassen,

169

LG Itzehoe WuM 1991, 242, AG Tiergarten GE 1995, 501.

Diese wohnungsmarktbezogene Argumentation ist vor dem Hintergrund der konkreten Schadensermittlung stimmig; sie erfordert jedoch die Prüfung der entsprechenden Marktverhältnisse, die sich auf den jeweils in Betracht kommenden Teilmarkt bezieht. Die Darlegungslast trägt insoweit der Vermieter, der den Schadensersatz geltend macht, da auf den ersten Blick eine Vermö1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 519. 2 Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 126 für Gesamtschuldner von Vor- und Nachmieter.

1237

170

Rn. IX 171

Schönheitsreparaturen

genseinbuße nicht erkennbar ist. Es handelt sich hier nicht um einen Fall des Vorteilsausgleichs. Billigkeitsgesichtspunkte, die aus dem Entgeltcharakter der Übernahme der laufenden Schönheitsreparaturen abgeleitet werden – etwa derart, dass der Mieter es nicht verdiene, besser als ein vertragstreuer Mieter gestellt zu werden, oder dem Vermieter einen Teil des Mietentgelts zu entziehen, obwohl dieser seine Leistung erbracht habe –, sind im Rahmen des Schadensersatzrechts systemfremd. 171

Ein Abzug „neu für alt“ erfolgt bei Renovierungsarbeiten nicht; denn er ist nur gerechtfertigt, wenn Altteile durch neuwertige Teile ersetzt werden, wobei sich die nach der Verkehrsanschauung begrenzte Lebensdauer der Gegenstände verlängert, KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724, s. auch BGH – Urt. v. 23.3.2006 – NZM 2006, 624 (Tz. 29) = WuM 2006, 437 = ZMR 2008, 754.

aaa) Malerkosten 172

Der zu ersetzende Schaden bezieht sich vor allem auf die erforderlichen Kosten, um einen vertragsgemäßen Renovierungszustand herzustellen. Verlangt der Vermieter Ersatz von Malerkosten anhand eines Kostenvoranschlags, so kann er für Ansprüche, die nach dem 31.7.2002 entstanden sind, die darauf entfallende MWSt. nur fordern, wenn er die Kosten aufgewendet hat (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB).1 Führt er sie selbst aus oder lässt er sie durch eigene Leute ausführen, so kann er ebenfalls keine MWSt. ansetzen, weil es sich nicht um einen steuerbaren Umsatz, sondern um Schadensersatz handelt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vermieter einen Fachbetrieb unterhält und sich sozusagen selbst beauftragt. Der Vermieter braucht sich nicht auf Flickarbeit verweisen zu lassen,2 BGH – Urt. v. 5.7.1965 – BBauBl. 1968, 361 = ZMR 1968, 302.

173

Hat der Mieter Schönheitsreparaturen nicht fachgerecht ausgeführt, obwohl er zur Durchführung nicht verpflichtet war, so kann der Schaden des Vermieters nur darin bestehen, dass die Kosten für die Schönheitsreparaturen wegen der vom Mieter vorgenommenen Arbeiten höher sind, als sie bei einem Auszug ohne Vornahme von Schönheitsreparaturen gewesen wären,3 LG Hamburg ZMR 2004, 37, 38, AG Hamburg-St. Georg WuM 2008, 48: Hat der Mieter ohne rechtliche Verpflichtung nicht fachgerecht renoviert, so hat der Vermieter keinen Schadensersatzanspruch, soweit die erforderlichen Reparaturen durch bloße Malerarbeiten (ohne Mehrkostenaufwand) behoben werden können. AG Köln WuM 2008, 215: Sind Schönheitsreparaturen durch den Mieter nicht wirksam vereinbart, reißt der Mieter jedoch bei Vertragsende die Raufasertapete von den 1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 328; Langenberg NZM 2002, 972, 976; Schach GE 2002, 781; abweichend Wüstefeld WuM 2003, 15. 2 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 495. 3 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 334 f.

1238

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 175

Wänden, so kann ein Schadensersatzanspruch des Vermieters ausgeschlossen sein, wenn er ohnehin die Tapete im Zuge notwendiger Renovierungsarbeiten hätte erneuern müssen.

Das Gleiche gilt, wenn die unsachgemäßen Maßnahmen zu keinem messbaren Schaden geführt haben, etwa weil dem Vermieter ohnehin noch die Beseitigung der Untergrundschäden obliegt (hier: unsachgemäße Lackierarbeiten an beschädigten Türen), LG Berlin WuM 2002, 214. Ebenso verhält es sich, wenn der Mieter, dem eine unrenovierte Wohnung vermietet worden ist, die er nicht fachgerecht renoviert hat, vor Ablauf des Fristenplans auszieht. Dem Vermieter steht in diesem Fall ein Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäß ausgeführter Schönheitsreparaturen nicht zu, wenn zum Zwecke der Neuvermietung Schönheitsreparaturen ohnehin hätten durchgeführt werden müssen und die fachwidrigen Arbeiten des Mieters nicht zu einem Renovierungsmehraufwand geführt haben,

174

LG Braunschweig WuM 1999, 547, LG Frankfurt a.M. NZM 2001, 191: Renoviert der Mieter, obwohl er hierzu nicht verpflichtet ist, bei Auszug nicht ordentlich, so steht dem Vermieter insoweit ein Schadensersatzanspruch zu, als die von ihm zu tragenden Kosten der Renovierung auf Grund der vom Mieter vorgenommenen Arbeiten höher sind, als sie bei einem Auszug ohne Vornahme von jeglichen Arbeiten gewesen wären.

Sind die Schönheitsreparaturen auf den Mieter nicht wirksam übertragen worden und ist es zu Nikotinablagerungen durch Rauchen – selbst extensivem Rauchen – gekommen, so ist ein Schadensersatzanspruch nicht gegeben, wenn die Beschädigungen durch bloße Schönheitsreparaturen – d.h. durch Tapezieren und Streichen der Wände und Decken, Lackieren der Holzteile – beseitigt werden können (s. Rn. IX 7),1 BGH – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 318 = WuM 2008, 213 = ZMR 2008, 524: Der Vermieter wird hierdurch nicht unbillig benachteiligt, weil er die Möglichkeit hat, die Renovierungspflicht (auch formularvertraglich) auf den Mieter abzuwälzen.

Das bedeutet umgekehrt, dass der Mieter, dem die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam übertragen worden sind, Nikotinablagerungen im Zuge der Renovierung beseitigen muss. Hat der Mieter eine unrenoviert angemietete Wohnung ohne rechtliche Verpflichtung mit unzumutbaren Farben renoviert und zieht er vor Ablauf einer üblichen Renovierungsphase aus, so soll es zu einer Vorteilsausgleichung entsprechend dem Abzug „neu für alt“ kommen.2 Diese orientiert sich (ebenfalls) an den üblichen Renovierungsfristen, bezieht aber hierbei den zu Lasten des Vormieters verstrichenen Zeitraum ein, KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = MDR 2006, 440 = NZM 2005, 663: Für den Umfang der Vorteilsausgleichung ist maßgeblich, welche Nutzungsdauer im Zeitpunkt der Schadensverursachung bereits erreicht war. Dabei kommt es nicht auf die eigene Mietzeit des Mieters an. Vielmehr sind auch die Gebrauchszeiten des Vormie-

1 S. dazu Horst MietRB 2008, 188; Paschke NZM 2008, 265. 2 S. auch Kraemer NZM 2003, 417, 421 Sp. 1 a.E.

1239

175

Rn. IX 175a

Schönheitsreparaturen

ters anzurechnen. Unter Berücksichtigung einer Nutzungsdauer von 3 Jahren durch den Vormieter und einer durchschnittlichen Nutzungsmöglichkeit von 5 Jahren bis zur nächsten erforderlichen Renovierung ist ein Abzug von 60% vorzunehmen.

175a

Fallen hohe Renovierungskosten an, weil in erheblichem Umfang Vorschäden zu beseitigen sind, so soll der Schaden ebenfalls nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung reduziert werden.1 Das lässt sich nur rechtfertigen, wenn man den Mieter nicht für verpflichtet hält, die Vorschäden im Rahmen seiner Renovierungspflicht zu beheben (s. dazu Rn. IX 51). Anderenfalls bleibt nur ein Abschlag nach Treu und Glauben. Anders verhält es sich bei der Abgeltungs- bzw. Quotenhaftungsklausel (s. Rn. IX 228).

176

Hat der Mieter Wandfliesen im Bad gänzlich mit Farbe übergestrichen, so kann der Vermieter nach Vertragsende die Verfliesung erneuern und Kostenersatz verlangen, sofern er nicht nachweist, dass die Farbe hätte entfernt werden können; der Vermieter muss sich für die 30 Jahre alte Verfliesung einen Abzug von 50% „neu für alt“ anrechnen lassen, LG Köln WuM 1997, 41.

Zweifel über die Höhe des Abzugs gehen zu Lasten des Geschädigten. Da es sich um eine besondere Art der Vorteilsausgleichung handelt, ist der Geschädigte für ihr Fehlen beweispflichtig, OLG Koblenz – Urt. v. 26.6.2003 – WuM 2003, 445.

Der Vermieter kann auch keinen Schadensersatz wegen Farbverunreinigungen des Teppichbodens verlangen, wenn dieser so alt ist, dass er sowieso hätte ausgetauscht werden müssen, LG Köln NZM 1999, 456.

Steht dem Vermieter dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen Verschlechterung der Mietsache zu, so kann ein Abzug „neu für alt“ nur zu dessen (zeitanteiliger) Kürzung, nicht aber zur vollen Abweisung der Klage „dem Grunde nach“ führen, BGH – Beschl. v. 18.10.2006 – WuM 2006, 696.

Zum Abzug „neu für alt“ s. Rn. IX 171, XIII 47. Zur Beseitigung von Verschmutzungen des Teppichbodens, Entfernung von Haken und Dübeln sowie zum Ersatz von angebohrten Fliesen s. Rn. XIII 46, 47, 49, 50. bbb) Sachverständigenkosten 177

Der bisherigen Praxis entsprach es, dass Sachverständigenkosten nur ersetzt wurden, wenn kein einfacheres und billigeres Beweismittel ausgereicht hätte, OLG Hamburg – Urt. v. 6.12.1989 – WuM 1990, 75, 76: Die erforderlichen Feststellungen hätten auch durch einen Laien getroffen werden können; LG Mannheim MDR 1974, 232, LG Darmstadt WuM 1987, 315. 1 S. Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 341; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I B 115, F 514.

1240

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 180

Danach musste der Vermieter versuchen, aus Gründen der Schadensminderung die erforderlichen Feststellungen gemeinsam mit dem Mieter zu treffen, LG Mannheim MDR 1974, 404.

Erheblich großzügigere Maßstäbe legt der BGH an. Zutreffend ist er der Auffassung, dass der Vermieter in der Regel ein dringendes und berechtigtes Interesse hat, vorhandene Mängel alsbald beseitigen zu lassen. Ein Beweis durch Augenschein könnte im Falle der Neuvermietung nicht mehr geführt werden. Zur Beweissicherung sei das Gutachten eines Sachverständigen ein objektives und geeignetes Beweismittel. Der Vermieter müsse sich zur Rechtsdurchsetzung grundsätzlich nicht aus Kostengründen auf andere, im konkreten Fall ggf. weniger geeignete Beweismittel, etwa Zeugen mit nicht zu prognostizierendem Erinnerungsvermögen oder die Vorlage von Lichtbildern, verweisen lassen,

178

BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 615 = WuM 2004, 466 = ZMR 2004, 659.

Das kann aber nicht dahin verstanden werden, dass die Pflicht, den Schaden so gering wie möglich zu halten (§ 254 Abs. 2 BGB), aufgehoben wird.1 Zwar braucht der Vermieter sein Interesse an der Aufklärung einer Schadensminderung zu Gunsten des Mieters nicht nachzuordnen. Er wird aber abzuwägen haben, ob es nach dem Schadensbild erforderlich ist, einen Sachverständigen einzuschalten, wodurch in der Regel Mietausfallschäden verursacht werden. Ein wirtschaftlich denkender Vermieter wird in eigenem Interesse Zurückhaltung bei der Einschaltung eines Sachverständigen üben.2 So sollen einerseits dessen Kosten nicht ersatzfähig sein, wenn der Vermieter ein umfangreiches Besichtigungsprotokoll erstellt hat (LG Berlin GE 2001, 97), während andererseits die Pflicht, den Schaden möglichst gering zu halten, nicht verletzt sein soll, wenn die Gutachterkosten den Schadensbetrag um ca. 10% übersteigen (LG Berlin GE 2000, 811).

179

Die Kosten eines Gutachtens sind auch dann nicht vom Mieter zu tragen, wenn es sich ganz überwiegend mit Mängeln der Bausubstanz befasst, die der Mieter nicht zu vertreten hat, und zu den unterlassenen Schönheitsreparaturen nur beiläufig pauschale Angaben gemacht werden, OLG Köln – Urt. v. 17.12.1993 – NJW-RR 1994, 524 = WuM 1994, 274.

Der Vermieter kann wegen der Sachverständigenkosten nicht auf das Kostenfestsetzungsverfahren verwiesen werden, KG – Urt. v. 3.7.1995 – GE 1995, 1011, LG Berlin ZMR 1996 S. V Nr. 2; anders LG Braunschweig WuM 1986, 274, LG Berlin GE 1995, 115.

1 Zutreffend Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 330; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 501. 2 S. dazu Kinne ZMR 2003, 8, 11.

1241

180

Rn. IX 181

Schönheitsreparaturen

ccc) Mietausfall 181

Ist dem Vermieter dadurch, dass der Mieter seine Pflicht zur Renovierung nicht oder schlecht erfüllt hat, eine sofortige Anschlussvermietung nicht möglich, so kann er Ersatz des Mietausfalls verlangen, LG Berlin ZMR 2000, 535.

Dafür muss er substantiiert vortragen, dass die Wohnung hätte weiter vermietet werden können, wenn der Mieter die erforderlichen Schönheitsreparaturen rechtzeitig ausgeführt hätte, KG – Urt. v. 6.4.2006 – GE 2006, 1230 = WuM 2006, 436.

Für die Darlegung des Schadens genügt es nicht, dass in der Wohnung nach deren Rückgabe noch Mängel beseitigt werden müssen; vielmehr muss der Vermieter Umstände darlegen, nach denen eine frühere Anschlussvermietung (zumindest) wahrscheinlich gewesen wäre, LG Berlin GE 2000, 677.

182

Für die abstrakte Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB reicht aus, dass der Vermieter solche Umstände vorträgt, die für gewöhnlich oder nach den Umständen des Falles die gewinnbringende Wiedervermietung wahrscheinlich machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Räume hätten wieder vermietet werden können, wird aus dem kurze Zeit später abgeschlossenen Mietvertrag mit einem Mietnachfolger indiziert; denn daraus kann geschlossen werden, dass Interessenten für die Räume vorhanden waren, OLG Frankfurt – Urt. v. 11.5.1992 – DWW 1992, 336, einschränkend LG Siegen WuM 2000,18, wenn eine Neuvermietung auf Grund der Wohnungsmarktlage nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspricht.

183

Die neuere Rspr. rückt jedoch die konkrete Schadensberechnung in den Vordergrund:1 Danach setzt der Schadensersatzanspruch wegen Mietausfalls auch unter Beachtung der Beweiserleichterung in § 252 BGB die Darlegung des Vermieters voraus, dass ein bestimmter Mietinteressent zu bestimmten Bedingungen bereit gewesen wäre, die Räume zu einem vor der verspäteten Rückgabe liegenden Zeitpunkt anzumieten, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.9.2002 – DWW 2002, 329, LG Landau ZMR 2002, 429: Mietausfallschaden wegen unterlassener Schönheitsreparaturen kann nur dann geltend gemacht werden, wenn der Vermieter substantiiert vortragen kann, dass die Wohnung anderweitig hätte vermietet werden können. LG Berlin NZM 2002, 909: Der Vermieter muss darlegen, dass er die Mieträume bei ordnungsmäßiger Ausführung von Schönheitsreparaturen direkt an einen bereits vorhandenen Mietinteressenten hätte weiter vermieten können.

184

Abzulehnen ist die Auffassung, dass bei Leerstand ein Schadensersatzanspruch nicht deshalb entfällt, weil der Vermieter die Wohnung wegen der Wohnungsmarktlage ohnehin nicht hätte vermieten können (so aber LG Ber-

1 S. auch Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 125; Kraemer NZM 2003, 417, 423.

1242

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 185a

lin NZM 2000, 1178, das zu Unrecht von einem Fall der Doppelkausalität ausgeht). Ist der Mieter wegen unterlassener Schönheitsreparaturen schadensersatzpflichtig, so schuldet er den Mietausfall selbst dann, wenn der Nachfolgemieter die Renovierungsarbeiten ausgeführt hat, s. Rn. IX 168, LG Duisburg DWW 1998, 379.

Einerseits muss der Vermieter dafür sorgen, dass die Räume alsbald in bezugsfertigen Zustand versetzt werden, wenn er nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen will,1

185

BGH – Urt. v. 13.1.1982 – WuM 1982, 297, LG Frankfurt a.M. WuM 1977, 95, LG Mannheim WuM 1977, 96, LG Berlin GE 1999, 1131: Der Mieter haftet nicht für den Mietausfall, der dadurch entsteht, dass der Vermieter nach Ablauf der Nachfrist die Renovierungsarbeiten verspätet ausführt.

Bei Berechnung des Zeitraums, der dem Vermieter bis zur Neuvermietung zuzubilligen ist, ist die Dauer der angemessenen Frist nach § 281 Abs. 1 BGB sowie die Zeit für eine etwaige Ausschreibung der Arbeiten und deren Durchführung zu berücksichtigen. Die Bemessung hängt von der Größe des Mietobjekts und vom Umfang der Schäden ab. Eine Frist von 2 bis 3 Monaten kann in den meisten Fällen durchaus ausreichen, s. LG Berlin NZM 2000, 1178.

Als Bewertungsmerkmal für die angemessene Frist kann längstens diejenige Frist dienen, die der Vermieter dem Mieter gesetzt hat, um erforderliche Schönheitsreparaturen nachzuholen; er macht sich unglaubwürdig, wenn er für sich eine erheblich längere Frist beansprucht. Einerseits lassen sich die erforderlichen Arbeiten durch einen Fachbetrieb in der Regel schneller ausführen als durch Laienmaler; andererseits ist ein einsatzfähiger Fachbetrieb nicht immer sofort bei der Hand und in umfangreichen Schadensfällen bedarf es gelegentlich einer Ausschreibung, die Zeit kostet. Die Schadensminderungspflicht geht nicht so weit, dass der Vermieter gehalten wäre, eine unrenovierte Wohnung auf dem Markt anzubieten, da er hierdurch Nachteile befürchten müsste, LG Frankfurt a.M. NZM 2000, 1172,2 s. auch BGH – Urt. v. 16.2.2005 – NZM 2005, 340, 341 Sp. 2 zum Kündigungsfolgeschaden: Aus der Schadensminderungspflicht des Vermieters folgt nicht die Verpflichtung, sofort um jeden Preis zu vermieten.

Der Schadensersatzanspruch wegen Mietausfalls wird sukzessiv zu den Zeitpunkten fällig, zu denen die ausgefallenen Mieten bzw. die Mietdifferenzen zu leisten gewesen wären.3 1 Ausführlich dazu Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 363. 2 S. auch Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 536, 546. 3 So zum Kündigungsfolgeschaden Staudinger/Emmerich BGB § 543 Rn. 108; a.A. Kluth/Böckmann/Freigang NZM 2004, 446.

1243

185a

Rn. IX 186 186

Schönheitsreparaturen

Zum Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB für die Zeit, während der der Mieter auf Aufforderung oder Bitte des Vermieters oder gemäß einer Absprache mit diesem renoviert, s. Rn. XIII 90. ddd) Überflüssige Renovierung und Ausgleichsanspruch

187

Dem Erfüllungsanspruch des Vermieters steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen, wenn der Vermieter die Räume nach Vertragsbeendigung derart umgestalten will, dass Renovierungsmaßnahmen des Mieters sinnlos wären,1 LG Kassel WuM 1971, 181, LG Düsseldorf WuM 1973, 160, LG Köln WuM 1977, 253, LG Mannheim WuM 1978, 85, vgl. auch OLG Hamburg – Urt. v. 20.7.1983 – ZMR 1984, 342, 345 Sp. 1 oben, AG Augsburg WuM 2001, 335 bei Abriss des Gebäudes.

Dieser Gesichtspunkt soll aber dann nicht zum Tragen kommen, wenn der Schadensersatzanspruch schon entstanden ist und erst danach das Mietobjekt umgestaltet wird, OLG Düsseldorf – Urt. v. 3.3.1994 – ZMR 1994, 259.

Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung wird von der herrschenden Meinung allerdings durch eine ergänzende Vertragsauslegung konterkariert, gemäß der in den Fällen der überflüssig werdenden Schönheitsreparaturen der Mieter zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages verpflichtet sein soll, der sich nach dessen ersparten Kosten richtet; dabei sind nicht die üblichen Handwerkerpreise, sondern die Kosten bei Selbstvornahme zuzüglich der Materialkosten anzusetzen,2 BGH – Urt. v. 25.6.1980 – BGHZ 77, 301 = NJW 1980, 2347 = WuM 1980, 241, BGH – RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480 = WuM 1985, 46 = ZMR 1985, 84, BGH – Urt. v. 20.10.2004 – NZM 2005, 58 = WuM 2005, 50 = ZMR 2005, 109,3 BGH – Urt. v. 8.10.2008 – GuT 2008, 484 = GE 2009, 111, OLG Schleswig – RE v. 17.1.1983 – WuM 1983, 75, OLG Oldenburg – RE v. 21.2.1991 – WuM 1992, 229, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.12.1987 – ZMR 1988, 96, – Urt. v. 3.3.1994 – ZMR 1994, 259, KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724.

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Der Anspruch setzt voraus: – die wirksame Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter, – Nichtausführung der fälligen Schönheitsreparaturen bei Vertragsbeendigung,

1 Blank/Börstinghaus BGB § 535 Rn. 287. 2 S. dazu Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 521 f.; ablehnend zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 287; Herrlein/Kandelhard/Knops Rn. 59; Staudinger/Emmerich Rn. 116; zweifelnd auch Lammel Rn. 180. 3 S. Anmerkungen hierzu: Klimke NZM 2005, 134; Timme NZM 2005, 132, 133; Wiek WuM 2005, 10, 12.

1244

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 190

– bauliche Maßnahmen des Vermieters, durch die Renovierungsleistungen des Mieters zerstört würden und daher nutzlos wären, – keine endgültige Erfüllungsverweigerung durch den Mieter. Der Anspruch ist der Höhe nach durch die Ersatzvornahmekosten begrenzt, die der Mieter ohne die Umbaumaßnahmen hätte leisten müssen, LG Berlin ZMR 1999, 485 hat den Stundenansatz für Eigenleistungen auf 20 DM taxiert.

Hat der Mieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen abgelehnt, so soll der Vermieter berechtigt sein, den Betrag zu verlangen, den er zur Ersatzvornahme der Schönheitsreparaturen hätte aufwenden müssen. Er ist jedoch insoweit zu kürzen, als durch den Umbau Renovierungsaufwand entfallen ist, etwa infolge einer umbaubedingten Verkleinerung der Wohnfläche,

189

BGH – Urt. v. 20.10.2004 – NZM 2005, 58 = WuM 2005, 50 = ZMR 2005, 109, s. auch KG – Urt. v. 28.4.2008 – WuM 2008, 724.

Hiergegen bestehen Bedenken; denn dem Mieter soll es in den hier einschlägigen Fällen versagt sein, die Pflicht zur Ausgleichszahlung durch Ausführen von Schönheitsreparaturleistungen abzuwenden, OLG Oldenburg – Urt. v. 14.1.2000 – NZM 2000, 828 = WuM 2000, 301 = ZMR 2000, 528.

Danach erscheint es widersprüchlich, vom Mieter Erfüllungsbereitschaft zu erwarten, damit er in den „Vorteil“ der ergänzenden Vertragsauslegung kommen kann, ihm jedoch zu versagen, diese Bereitschaft in die Tat umzusetzen. Darüber hinaus bestehen Bedenken gegen die ergänzende Vertragsauslegung als Grundlage für den Ausgleichsanspruch. Die h.M. verdrängt den Ausgangspunkt, dass dem Vermieter kein Erfüllungsanspruch zusteht, wenn seine eigenen Umbauarbeiten die Renovierungsmaßnahmen des Mieters wirtschaftlich sinnlos erscheinen lassen würden.1 Das folgt aus dem Grundgedanken des § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB. Auch das Entgeltargument, gemäß dem der Vermieter seine Leistung durch eine (unterstellte) Mietreduzierung erbracht habe, ist bei nicht preisgebundenem Mietwohnraum fragwürdig. Ob er nämlich seine kostenkalkulierten Mietvorstellungen auf dem Markt über die ortsübliche Miete durchsetzen kann, hängt von der jeweiligen Marktsituation ab. Ferner überzeugt das vom BGH (RE v. 30.10.1984 – BGHZ 92, 363) verwendete Argument, die Übernahme von Schönheitsreparaturen diene auch dazu, den Vermieter bei der Begründung eines neuen Mietverhältnisses mit einem nachfolgenden Mieter der Notwendigkeit zu entheben, Schönheitsreparaturen auf seine – des Vermieters – Kosten vornehmen zu lassen, nicht. Es geht über den Äquivalenzgrundsatz hinaus, indem das Neuvermietungsrisiko in die Wertung einbezogen wird. Dieses ist indes nicht Gegenstand des aus § 28 Abs. 4 II. BV abgeleiteten Entgeltcharakters der vom Mieter übernommenen Schönheitsreparaturen. Vielmehr gerät die Verpflichtung zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen durch die Einbeziehung des Wiedervermie1 S. auch Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 116.

1245

190

Rn. IX 191

Schönheitsreparaturen

tungsrisikos in die Nähe einer unzulässigen Verpflichtung zur Schlussrenovierung. Weder Treu und Glauben noch ein Schutzbedürfnis des Vermieters rechtfertigen die Ausgleichsabgabe mittels ergänzender Vertragsauslegung. Dem Argument, den vertragsbrüchigen Mieter nicht begünstigen zu wollen, steht die gesetzliche Interessenabwägung in § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB entgegen. Schutzwürdige Interessen des Vermieters werden durch einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 281 BGB gewahrt. Dass er auf Grund seines eigenen Verhaltens damit scheitern kann, ist sein Risiko. 191

Gegenüber dem von der h.M. bejahten Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehen zahlreiche Einschränkungen: Voraussetzung für diesen Anspruch ist zunächst, dass der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet gewesen wäre. Eine solche Pflicht besteht indes nicht, wenn die Pflicht zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen nicht wirksam vereinbart ist (s. Rn. IX 36), und wird nicht fällig, wenn die Bausubstanz der Wohnung die vom Mieter an sich geschuldeten Schönheitsreparaturen sinnlos sein ließen (s. dazu Rn. IX 78), LG Frankfurt a.M. WuM 1998, 31, s. auch AG Frankfurt a.M. WuM 1996, 332.

192

Ebenso wenig wird der Ausgleichsanspruch gewährt, wenn der Vermieter das Gebäude, in dem sich die Mietwohnung des renovierungspflichtigen Mieters befindet, abreißen lässt; denn der Ausgleichsanspruch wird nur gewährt, wenn die Wohnung noch vorhanden ist, LG Berlin ZMR 1998, 428, AG Augsburg WuM 2001, 335.1

193

Ein Ausgleichsanspruch wird auch dann nicht gewährt, wenn es sich um einen Anspruch des Vermieters auf Wiederherstellung des früheren Zustandes oder Ersatz für eine beschädigte Anlage (BGH – Urt. v. 23.10.1985 – NJW 1986, 309; Urt. v. 25.5.1985 – NJW 1985, 2413) oder um den Rückbauanspruch des Vermieters handelt (KG – Urt. v. 9.2.1998 – GE 1998, 354); denn diese Ansprüche sind nicht auf eine Gegenleistung des Mieters für die Gebrauchsgewähr gerichtet. Anders verhält es sich, wenn sich der Mieter von Gewerberaum zur Vornahme von Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen verpflichtet hat, sofern diese Abrede Entgeltcharakter hat, weil sie bei der Bemessung der Miethöhe berücksichtigt worden ist. Dem Vermieter ist in diesem Fall ein Ausgleichsanspruch zugebilligt worden, wenn er bei Beendigung des Mietverhältnisses die Mieträume umbauen will und deshalb die Leistung des Mieters für ihn nutzlos wäre, BGH – Urt. v. 5.6.2002 – NZM 2002, 655 = WuM 2002, 484. 1 Ebenso zu § 535 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 288; Emmerich/Sonnenschein Rn. 67; anders Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 535 Rn. 349; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 522, der jedoch nicht berücksichtigt, dass im Falle des Abrisses des Gebäudes ein Anspruch auf Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht gegeben wäre, so dass für eine ergänzende Vertragsauslegung von vornherein kein Raum ist; ferner Eckert ZMR 1998, 428.

1246

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 197

Diese Rspr. kommt aber bei Vermietung von Wohnraum nicht zum Tragen, weil die Überbürdung von Instandsetzungsmaßnahmen auf den Wohnraummieter letztlich an der Unabdingbarkeit der Minderung (§ 536 Abs. 4 BGB) scheitert, s. Rn. II 185, VII 100. Der Vermieter hat ferner keinen Ausgleichsanspruch, wenn seine nachfolgenden Umbaumaßnahmen etwaige Schönheitsreparaturen des Mieters nicht zunichte gemacht hätten,

194

LG Berlin WuM 1986, 112, ZMR 1998, 428, s. auch AG Augsburg WuM 2001, 335.

Das gilt auch dann, wenn nicht die gesamte Wohnung von den Umbaumaßnahmen betroffen ist und somit die Durchführung von Schönheitsreparaturen in einzelnen Raumteilen nicht sinnlos wäre, LG Hannover WuM 1994, 428.

Der Ausgleichsanspruch soll sich in einem solchen Fall auf die von den Umbaumaßnahmen des Vermieters betroffenen Räume beschränken.1 Schließlich hat der Vermieter keinen Ausgleichsanspruch für vom Mieter ersparte Renovierungskosten, wenn er vor Beendigung des Mietverhältnisses Umbaumaßnahmen in der Wohnung vornimmt und infolgedessen auch Schönheitsreparaturen ausführt,

195

LG München I WuM 1985, 288.

Die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs verstößt gegen Treu und Glauben, wenn es sich um ein nach § 575 Abs. 1 BGB befristetes Mietverhältnis handelt und die Befristung mit Umbaumaßnahmen begründet worden ist,

196

LG Hamburg WuM 1998, 663.

In diesem Fall fehlt schon die vertragliche Regelungslücke, die erst die ergänzende Vertragsauslegung eröffnet. c) Beweislast Die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Umstände trägt der Vermieter,2 so auch dafür, dass dem Mieter die Wohnung in vertragsmäßig renoviertem Zustand übergeben worden ist, wenn dieser seine Renovierungspflicht mit der Begründung bestreitet, ihm sei eine unrenovierte Wohnung überlassen worden, LG Berlin ZMR 1987, 270.

Verlangt der Vermieter Schadensersatz wegen unterlassener oder schlecht ausgeführter Schönheitsreparaturen, so muss er im Einzelnen darlegen und beweisen, welche Dekorationsschäden bestehen. Es genügt nicht, dass er vorträgt, die Wohnung habe sich bei Rückgabe in einem „katastrophalen Zustand“ befunden, LG Köln WuM 1988, 107. 1 Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 350; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 523. 2 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. IV B 39, 41, 50.

1247

197

Rn. IX 198

Schönheitsreparaturen

Das Gleiche gilt für das Vorbringen, die Tapeten seien stark beschädigt und verschmutzt gewesen, ebenso der Farbanstrich der Türen und Türrahmen, ferner – wenn die Renovierungsfristen noch nicht abgelaufen waren – es habe sich um übermäßige Abnutzungserscheinungen gehandelt, LG Berlin GE 1994, 1119.

Zugrunde zu legen ist nicht, ob aus fachhandwerklicher Sicht eine Renovierung geboten erschiene, sondern ob der Mieter bei Fortsetzung des Mietverhältnisses hätte renovieren müssen. Daher bedingen nicht jegliche Abnutzungserscheinungen, wie sie schon nach kürzerer Mietzeit durch Lichtverfärbungen und Staubablagerungen auftreten, eine Renovierungsbedürftigkeit. 198

Sind allerdings die üblicherweise für Trocken- und Nassräume vereinbarten Fristen während des Mietverhältnisses abgelaufen, so spricht eine tatsächliche Vermutung für die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung (s. Rn. IX 97). Diese Beweislastverteilung gilt auch bei Vereinbarung eines sog. weichen Fristenplans.1 Der Mieter muss daher entsprechend dem für die Erfüllung geltenden Beweislastgrundsatz (s. § 362 BGB) im Einzelnen vortragen, welche Schönheitsreparaturen wann in welchen Räumen in welcher Art und Weise ausgeführt worden sind,2 LG Berlin NZM 2000, 862, s. auch LG Berlin ZMR 1996 S. V Nr. 2.

199

Entsprechend verhält es sich bei sonstigen Schäden in den Mieträumen: Der Vermieter trägt die Beweislast auch dafür, dass dem Mieter das Mietobjekt in vertragsgemäßem (d.h. in der Regel: im mängelfreiem) Zustand überlassen worden und ein Schaden am Mietobjekt erst nach Übergabe eingetreten ist. Das gilt etwa, wenn der Mieter behauptet, ein Schaden sei schon bei Übergabe der Mieträume vorhanden gewesen, OLG Stuttgart – Urt. v. 22.9.1986 – WuM 1987, 251 Sp. 2, OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.3.2003 – GE 2003, 1080.

200

Anders verhält es sich, wenn die Parteien bei Beginn des Mietverhältnisses ein Übergabeprotokoll angefertigt haben und darin Schäden nicht vermerkt sind. Dann ist es Sache des Mieters zu beweisen, dass die Schäden entgegen dem Protokollinhalt schon bei Beginn des Mietverhältnisses vorhanden waren. Das Protokoll hat die Bedeutung einer Quittung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 27.3.2003 – GE 2003, 1080: Haben die Parteien eine gemeinsame Wohnungsübergabe durchgeführt und den Zustand der Räume in einem von ihnen gemeinsam unterzeichneten Begehungsprotokoll dokumentiert, so muss der Mieter darlegen und beweisen, dass ein in dem Protokoll nicht aufgeführter Mangel (hier: Haarriss des Waschbeckens) bereits im Zeitpunkt der Übergabe der Räume vorhanden war. Für den Vermieter spricht auf Grund des Protokolls eine tatsächliche Vermutung (ebenso schon OLG Düsseldorf – Urt. v. 23.3.1989 – ZMR 1989, 300).

1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I E 287 f. 2 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. IV B 47.

1248

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 203a

Enthält das Übergabeprotokoll den Hinweis, dass die Räume „wie gesehen“ übergeben worden sind, so schließt das Erfüllungsansprüche des Mieters nicht aus, sondern berührt allenfalls seine Gewährleistungsrechte,

201

BGH – Urt. v. 26.7.2004 – NZM 2004, 736 = WuM 2004, 527 = ZMR 2004, 807.

Durch Besichtigungs- oder Übergabeklauseln, in denen der Mieter den ordnungsmäßigen Zustand der Mietsache bestätigt, kann sich der Vermieter von seiner Beweislast für den vertragsgemäßen Anfangszustand nicht befreien; denn derartige Formularklauseln sind nach § 309 Nr. 12b BGB unwirksam (s. hierzu auch Rn. II 117, 256 f.),

202

OLG Stuttgart – Urt. v. 22.9.1986 – WuM 1987, 250.1

Im Übrigen bedeutet die Anmietung „wie besichtigt“ ohnehin nur, dass der bei Besichtigung der Räume ohne sachkundige Nachforschungen feststellbare Zustand als vertragsgemäß gilt und deshalb der Erfüllungsanspruch des Mieters auf Beseitigung sichtbarer Mängel jedenfalls so lange ausgeschlossen sein soll, als keine wesentliche Verschlechterung eintritt, KG – Urt. v. 8.12.2003 – DWW 2004, 56.

Auch das Abnahmeprotokoll wirkt sich auf die materielle Rechtslage sowie auf die Beweislast aus. Das gilt zum Nachteil des Vermieters für solche Mängel, die im Abnahmeprotokoll keinen Niederschlag gefunden haben, durch die Ausschluss- oder Präklusionswirkung (s. Rn. XIII 33). Es gilt aber auch zum Nachteil des Mieters, wenn er das Abnahmeprotokoll unterschrieben hat. Selbst wenn darin kein deklaratorisches Anerkenntnis der im Protokoll festgehaltenen Mängel zu sehen ist, obliegt es ihm, die Unrichtigkeit der im Abnahmeprotokoll getroffenen Feststellungen zu beweisen (s. Rn. XIII 31).

203

Sind die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter nicht wirksam übertragen, weil die entsprechenden Formularklauseln einer Inhaltskontrolle nicht standhalten, so enthält der Passus am Ende des von beiden Parteien unterschriebenen umfangreichen Abnahmeprotokolls „Der Mieter verpflichtet sich, nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung ordnungsgemäß und mangelfrei an den Vermieter zu übergeben“ kein konstitutives Schuldanerkenntnis,

203a

BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 623 = WuM 2006, 306; anders KG – Urt. v. 6.4.2006 – WuM 2006, 436.

Voraussetzung für ein solches Anerkenntnis ist, dass über die entsprechende Verpflichtung Streit besteht, dem der Boden durch das Anerkenntnis entzogen werden soll, LG Lüneburg NZM 2007, 770: Bestand im Zeitpunkt der nach Kündigung des Mietverhältnisses beim Vermieter eingehenden Mitteilung des Mieters, dass die Kaution mit den Renovierungskosten verrechnet werden könne, (noch) kein Streit über die

1 Die Klausel lautet: „Der Mieter kann sich auf etwaige Mängel zum Zeitpunkt der Überlassung nur berufen, wenn er diese innerhalb eines Monats nach Einzug schriftlich angezeigt hat.“

1249

Rn. IX 203b

Schönheitsreparaturen

(unwirksame) Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen, der erst später entbrennt, so liegt in der Mitteilung des Mieters kein konstitutives Schuldanerkenntnis.

203b

Heißt es im Abnahmeprotokoll, dass der Mieter die noch erforderlichen (konkretisierten) Schönheitsreparaturen bis zum Ende der Mietzeit durchzuführen hat, so liegt darin keine Stundungsvereinbarung, auf Grund derer die Verjährungsfrist nach §§ 205, 209 BGB gehemmt wird, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 505 = WuM 2006, 319 = ZMR 2006, 507.

204

Häufig wird streitig sein, ob Abnutzungserscheinungen auf vertragsgemäßem Gebrauch oder vertragswidriger Nutzung beruhen. Kann eine während der Dauer des Mietverhältnisses eingetretene Veränderung der Mietsache von ihrem objektiven Erscheinungsbild her ihren Grund sowohl in einem vertragswidrigen Verhalten des Mieters als auch in einem vertragsgemäßen Gebrauch haben, so ist der Vermieter für Ersteres beweispflichtig, wenn er Schadensersatz verlangt, OLG Saarbrücken – Urt. v. 25.11.1987 – NJW-RR 1988, 652 = WuM 1989, 133,1 ebenso OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.5.2008 – GuT 2008, 204 = ZMR 2008, 890.

Auch kann streitig werden, ob Schäden baubedingt sind oder durch eine Pflichtverletzung des Mieters verursacht worden sind. Das gilt insbesondere für Schäden durch Feuchtigkeit oder Frost (s. dazu Rn. VIII 167, 179). 205

Streiten die Parteien also darüber, wer von ihnen für die Verschlechterung der Mietsache verantwortlich ist und kommen Ursachen aus der Verantwortungssphäre beider Seiten ernsthaft in Betracht, obliegt es zunächst dem anspruchstellenden Vermieter, sich von seiner Verantwortlichkeit zu entlasten,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.2002 – MDR 2003, 23 = WuM 2002, 545.

Dafür muss er darlegen und beweisen, dass die Schadensursache nicht aus seinem Pflichten- und Verantwortungsbereich stammt, sondern aus dem Herrschafts- und Obhutsbereich des Mieters. Hat er diesen Beweis geführt, muss der Mieter nachweisen, dass er den Mangel nicht zu vertreten hat,3 BGH – Urt. v. 1.3.2000 – NZM 2000, 549, BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120: Ist streitig, ob vermietete Räume infolge des Mietgebrauchs beschädigt worden sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt; eine in seinen eigenen Verantwortungsbereich fallende Schadensursache muss der Vermieter ausräumen (BGHZ 126, 124, 127 f. = WuM 1994, 466).

1 Zum Fall: Die Wände und Decken einer zur Nutzung als Kfz-Reparaturwerkstatt vermieteten Halle waren durch Schmierfette, Dreck und Ruß verschmutzt, ohne dass eine Renovierungspflicht des Mieters vereinbart war. Diese Erscheinungen wurden als vertragsgemäße Abnutzung gewertet. 2 Zum Fall: Es ging um die Frage, ob Verschmutzungen die Folge eines Brandschadens oder einer übermäßigen Abnutzung waren. 3 S. dazu Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. 5 D 229, S. 235.

1250

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 208

Steht allerdings fest, dass der Schaden im Nutzungs- und Risikobereich des Mieters eingetreten ist – diesbezügliche Zweifel gehen zu Lasten des Vermieters –, so muss sich der Mieter entlasten, wie aus § 538 BGB folgt,

206

BGH – Urt. v. 10.11.2004 – NZM 2005, 17 = WuM 2005, 54 = ZMR 2005, 120: Der Mieter trägt nur dann die Darlegungs- und Beweislast dafür, das er die Zerstörung der Mietsache nicht zu vertreten hat, wenn die vermieteten Räume unstreitig infolge des Mietgebrauchs zerstört worden sind; s. auch BGH – Urt. v. 26.11.1997 – MDR 1998, 207 = NZM 1998, 117. OLG Hamm – Urt. v. 4.10.1996 – ZMR 1997, 21: Ist die Schadensursache unstreitig in einem Bereich gesetzt worden, der der unmittelbaren Einflussnahme des Mieters unterliegt, hat dies nach den Rechtsgedanken der §§ 282, 548 BGB a.F. zur Folge, dass der Mieter sich gegenüber mietvertraglichen Ansprüchen umfassend hinsichtlich Verursachung und Verschulden zu entlasten hat. Diese Beweisverteilung gilt auch im Falle eines Brandes.1 LG Berlin NZM 2002, 523: Erst wenn hinreichend bewiesen ist, dass die Schadensursache aus dem Obhutsbereich des Mieters hervorgegangen sein muss, muss sich dieser entlasten, dass er nicht schuldhaft gehandelt hat. Nach LG Mannheim DWW 1995, 286 zählt bereits der Aufenthalt in den Mieträumen zum Mietgebrauch, so dass Schäden, die während des Aufenthalts des Mieters in den Räumen entstanden sind, bis zum Beweis des Gegenteils als durch den Gebrauch verursacht gelten. Anders: OLG München – Urt. v. 15.1.1997 – NJW-RR 1997, 1031 bei Wohnungsbrand, während der Mieter sich in der Wohnung aufhielt:2 Eine generelle Beweisbelastung des Mieters für Schäden, die nicht mit Sicherheit auf den Mietgebrauch zurückzuführen sind, führt zumindest im Wohnraummietrecht zu einer Risikoverteilung zu Lasten des Mieters. Dabei würde die Erhaltungspflicht des Vermieters nicht hinreichend berücksichtigt. Anderenfalls müsste sich der Mieter mit den technischen Einrichtungen des Hauses befassen, deren Instandhaltung Sache des Vermieters ist.

Der eben erörterten Beweislastverteilung trägt auch die Klausel Rechnung: „Der Mieter hat zu beweisen, dass Schäden in seinem ausschließlichen Gefahrenbereich nicht auf seinem Verschulden oder derjenigen Personen, für die er einzustehen hat, beruhen“; denn sie lässt die Beweislast des Vermieters, dass die Schadensursache nicht in seinem Bereich liegt, unberührt,

207

BGH – Urt. v. 26.11.1997 – MDR 1998, 207 = NZM 1998, 117.

Aus der Art des Schadens lassen sich häufig Beweisanzeichen ableiten. Kommt nach den Umständen nur eine Schadensursache aus dem Gefahrenbereich des Mieters in Betracht, so muss sich der Mieter entlasten, ohne dass der Vermieter beweisen muss, dass die Schadensursache nicht in seiner Risiko1 Zum Fall: Der Brandherd lag im Kinderzimmer im Bereich eines Tischventilators, der in der Nähe des Kinderbettes auf dem Fußboden stand. Der Mieter konnte die Möglichkeit, dass der Ventilator überhitzt war und den Brand verursachte, nicht ausschließen. 2 Zum Fall: Es bestand der Verdacht, dass die kleinen Kinder der Mieterin den Brand durch Spielen mit Zündhölzern verursacht hatten, während die Mieterin geltend machte, dass der Brand durch einen Kurzschluss im Sicherungsverteilerkasten, der sich innerhalb der Wohnung befand, ausgelöst sein konnte. Die Brandursache war nicht mehr festzustellen. Da der Vermieter den Sicherungskasten nicht gewartet hatte (s. Rn. VII 80), vermochte er sich nicht zu entlasten.

1251

208

Rn. IX 208a

Schönheitsreparaturen

und Einflusssphäre liegt.1 Kann der Schaden auf normalem Verschleiß beruhen, so kann der Vermieter für die unsachgemäße Behandlung durch den Mieter beweispflichtig sein (s.o. OLG Saarbrücken – Urt. v. 25.11.1987 – NJW-RR 1988, 652). So haftet der Mieter zum Beispiel für die Zerstörung einer Türglasscheibe in der Wohnung infolge Durchzugs, AG Mannheim DWW 1995, 320, LG Hildesheim WuM 2005, 717: Ist die Brüstungsscheibe des Balkons der Wohnung zu Bruch gegangen, so trägt der Mieter die Beweislast, dass er den Bruch nicht zu verantworten hat.

208a

Wirken sowohl Vermieter- als auch Mieterverhalten bei der Schadensentstehung mitverursachend, so ist der jeweilige Anteil am Schaden entsprechend § 254 Abs. 1 BGB zu schätzen,2 OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.3.1987 – ZMR 1987, 460, 461,3 ähnlich LG Braunschweig ZMR 1988, 142, LG Bonn ZMR 1991, 300 jeweils für Minderung bei Feuchtigkeitsschäden.

Treten Schäden im Risikobereich des Mieters auf, sind sie jedoch Folgen vertragsgemäßen Gebrauchs, so hat der Mieter hierfür nicht einzustehen, wie aus § 538 Abs. 1 BGB folgt, s. BGH – Urt. v. 28.5.2008 – NZM 2008, 607 = WuM 2008, 476 zum Anspruch des Mieters auf Beseitigung von Schäden infolge von Foggingeinwirkungen.4

d) Formularklauseln auf Geldleistung aa) Aufwendungsersatzklauseln 209

Klauseln, nach denen der Mieter ohne Nachfristsetzung verpflichtet ist, Renovierungskosten an den Vermieter zu zahlen, verstoßen gegen § 309 Nr. 4 BGB (s. § 11 Nr. 4 AGBG), da durch sie das Abmahnerfordernis gemäß § 281 Abs. 1 BGB abbedungen wird, OLG Karlsruhe – RE v. 24.8.1982 – NJW 1982, 2829.

Davon werden alle Klauseln betroffen, die den Vermieter zur Selbstvornahme ohne Nachfristsetzung berechtigen. Das gilt auch für sog. Barabgeltungsklauseln („Kostenersatz für Vollrenovierung zum Tagespreis“), LG Karlsruhe WuM 1984, 126,

ebenso Klauseln in Wohnungsabnahmeprotokollen, in denen der Mieter den Vermieter ermächtigt, die im Protokoll festgestellten Renovierungsmängel auf 1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. IV B 68 m.w.N. 2 Bub/Treier/Kraemer Rn. III A 961a, 962; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. IV B 74. 3 Zum Fall: Brandschaden, verursacht durch einen Materialfehler in der Produktionsanlage des Mieters, vergrößert durch Fehlen eines feuerhemmenden Anstrichs einer Holzwand, was vom Vermieter zu veranlassen gewesen wäre. 4 Zum Fall: Zum vertragsgemäßen Gebrauch zählen u.a. Ausstattung der Wohnung mit einem handelsüblichen Teppichboden, Streichen der Wände mit handelsüblichen Farben, das Reinigen der Fenster im Winter.

1252

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 212

Kosten des Mieters zu beseitigen; denn hierdurch wird das Abmahnerfordernis in § 281 Abs. 1 BGB unzulässig umgangen (§ 309 Abs. 1 Nr. 4 BGB).1 Ist formularmäßig bestimmt, dass der Vermieter für den Fall, dass der Mieter seiner Pflicht, Schönheitsreparaturen durchzuführen, trotz schriftlicher Mahnung nicht nachkommt, die erforderlichen Arbeiten auf Kosten des Mieters vornehmen darf, so sind allein durch diese Klausel Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen der Nichtausführung von Schönheitsreparaturen nicht ausgeschlossen. Die Klausel enthält also keine Selbstbeschränkung auf die Kosten einer Ersatzvornahme,

210

OLG Hamm – RE v. 3.2.1983 – MDR 1983, 491 = WuM 1983, 76 = ZMR 1983, 349; a.A. LG Hamburg MDR 1973, 854.

Eine Formularklausel, die dem zur Renovierung bei Auszug verpflichteten Mieter auferlegt, bei möglichem Überstreichen von Raufasertapeten einen anteiligen Betrag für eine später durchzuführende Neutapezierung zu zahlen, soll zumindest dann unwirksam sein, wenn im Mietvertrag gleichzeitig vereinbart ist, dass sich die Verpflichtung des Mieters zur Renovierung auch auf ein Tapezieren erstreckt,

211

AG Neuss WM 1990, 144, AG Bielefeld WuM 1990, 497 hält eine entsprechende Formularklausel sogar für sittenwidrig. Nach AG Köln WuM 1991, 579 ist eine derartige „Tapetenabwohnpauschale“ als Formularklausel stets unwirksam, wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen auch für diese tapezierten Wände übernommen hat.

Die Klausel zielt darauf ab, einen künftigen Renovierungsbedarf nach Mietende und damit das Neuvermietungsrisiko jedenfalls zum Teil abzudecken. Sie entspricht im wirtschaftlichen Ergebnis einer Schlussrenovierungsklausel und ist daher nach § 307 BGB unwirksam, s. Rn. IX 52.2 bb) Abgeltungs- oder Quotenhaftungsklauseln Eine Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, sich an künftig fällig werdenden Renovierungskosten im Verhältnis seiner Wohnzeit zum Renovierungsturnus zu beteiligen, wird unter folgenden Voraussetzungen für zulässig gehalten:3 – Dem Mieter sind die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam übertragen worden (s. Rn. IX 219). 1 Es ist jedoch nichts dagegen einzuwenden, dass der Mieter im konkreten Fall den Vermieter ermächtigt, für ihn und auf seine Kosten die festgestellten Renovierungsmängel zu beheben. In diesem Zusammenhang sollte ein Kostenrahmen vereinbart werden, zumindest aber, dass der Vermieter die Zustimmung des Mieters dann einzuholen hat, wenn ein bestimmter Betrag überschritten werden sollte. 2 So auch Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I B 117. 3 S. dazu Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 185 ff.; Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 108; Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 1 ff.; Goch WuM 2004, 133; Steenbuck WuM 2005, 220; kritisch dazu Hensen NZM 1999, 151, 155 f.; Sternel NZM 1998, 833, 843.

1253

212

Rn. IX 213

Schönheitsreparaturen

– Der vom Vermieter einzuholende Kostenvoranschlag eines Malerfachgeschäfts, nach dem sich die Kosten richten, wird nicht ausdrücklich für verbindlich erklärt. – Die Fristen für den Renovierungsturnus und die %-Sätze für die Quotenberechnung sind am Verhältnis zu den üblichen Renovierungsfristen ausgerichtet. – Dem Mieter ist nicht untersagt, seiner anteiligen Zahlungspflicht dadurch zuvorzukommen, dass er vor Mietende Schönheitsreparaturen in kostensparender Eigenarbeit ausführt. BGH – RE v. 6.7.1988 – BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790 = WuM 1988, 294, BGH – Urt. v. 3.6.1998 – NZM 1998, 710 = WuM 1998, 592 = ZMR 1998, 752, BGH – Urt. v. 26.5.2004 – NZM 2004, 615 = WuM 2004, 466 = ZMR 2004, 659, BGH – Urt. v. 6.10.2004 – NZM 2004, 903 = WuM 2004, 663 = ZMR 2005, 518, OLG Hamm – RE v. 14.7.1981 – WuM 1981, 196 = ZMR 1981, 342, OLG Stuttgart – RE v. 10.3.1982 – WuM 1982, 124.

213

Als weiteres Erfordernis kommt hinzu, dass die Renovierungsfristen, die der Berechnung der Quoten zugrunde liegen, flexibel sein müssen, d.h. dem jeweiligen konkreten Renovierungsbedarf Rechnung tragen, BGH – Urt. v. 18.10.2006 – NZM 2006, 924 = WuM 2006, 677 = ZMR 2007, 28, BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NZM 2007, 355 = WuM 2007, 260, BGH – Urt. v. 26.9.2007 – NZM 2007, 879 = WuM 2007, 684 = ZMR 2008, 30, 31.

Um dem Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu genügen, muss die Klausel erkennen lassen, dass die Abgeltungsquote dem hypothetischen Abnutzungsgrad bei gedachter Fortsetzung des Mietverhältnisses Rechnung zu tragen hat, und dem Mieter ermöglichen nachzuvollziehen, wie die Quote berechnet wird (BGH – Urt. v. 26.9.2007 – a.a.O. Tz. 28). Dafür reicht die schlichte Verweisung auf den „weichen“ Fristenplan in einer Klausel, die dem Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen auferlegt, nicht aus. Verständlich wird eine solche Regelung vielmehr erst durch ein Berechnungsbestandteil, weil sie mehrere Varianten zulässt (BGH – Urt. v. 26.9.2007 – a.a.O. Tz. 28). Ob damit dem Transparenzgebot genügt wird, erscheint allerdings fraglich (s. dazu Rn. IX 218). Die Verschärfung der Rspr. des BGH verstößt nicht gegen den Vertrauensgrundsatz,1 da das Vertrauen desjenigen nicht schutzwürdig ist, der sich die Vertragsfreiheit durch Verwendung von AGB's einseitig zunutze macht und dadurch die Grenzen des rechtlichen Dürfens überschreitet, BGH – Urt. v. 5.3.2008 – MDR 2008, 678 = NZM 2008, 363 (Tz. 20) = WuM 2008, 268 = ZMR 2008, 527.

214

Die Abgeltungsklausel soll auch dann gelten, wenn dem Mieter eine unrenovierte oder renovierungsbedürftige Wohnung überlassen worden ist, sofern die für die Durchführung wie für die anteilige Abgeltung der Schönheitsreparatu1 Artz NZM 2007, 265, 268; dagegen eingehend Horst NZM 2007, 185, 188; ferner Bub/ von der Osten NZM 2007, 76, 78.

1254

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 216

ren maßgeblichen Fristen nicht vor dem Anfang des Mietverhältnisses zu laufen beginnen, BGH – RE v. 6.7.1988 – BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, gegen OLG Stuttgart – RE v. 28.8.1984 – WuM 1984, 266 = ZMR 1984, 406, BGH – Urt. v. 26.9.2007 – NZM 2007, 879 (Tz. 20) = WuM 2007, 684 = ZMR 2008, 30, 31.

Dagegen bestehen Bedenken,1 denn in diesem Fall besteht die Gefahr, dass der Mieter jedenfalls zum Teil mit dem Kostenaufwand für die Behebung von Vorschäden belastet wird, die im einzuholenden Voranschlag eines Malerfachbetriebs ihren Niederschlag finden dürfte. Das lässt sich mit dem Äquivalenzgrundsatz nicht vereinbaren, gemäß dem das vom Mieter in Gestalt von Schönheitsreparaturen zu leistende Entgelt nur der Abnutzung durch eigenen vertragsgemäßen Gebrauch dient. Bei der Abgeltungsklausel handelt es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen unmittelbaren Erfüllungsanspruch, der letztlich aus der Entgeltpflicht des Mieters abgeleitet wird (BGH – RE v. 6.7.1988 – BGHZ 105, 71). Daran ändert die Besonderheit nichts, dass der Anspruch in der kurzen Frist des § 548 BGB verjährt (s. dazu Rn. IX 231).

215

Gegen die Angemessenheit von Abgeltungs- bzw. Quotenhaftungsklauseln bestehen Bedenken. Sie beruhen darauf, dass sie dem Mieter den Vorteil nehmen, bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht renovieren zu müssen, wenn er während der Mietzeit seiner Leistungspflicht nachgekommen ist. Dies folgt aus der Perspektive, dass der Mieter, der renoviert hat, seine Entgeltleistung sozusagen „abwohnen“ darf, was ihm indes durch die Quotenhaftungsklausel verwehrt wird. Diese beruht nach h.M. auf der Betrachtungsweise, dass der Mieter bis zur Fälligkeit der Schönheitsreparaturen, d.h. während des Fristenlaufs, die erforderlichen Beträge zur Renovierung „anspart“ und dementsprechend an den Vermieter auskehren muss, wenn er wegen zwischenzeitlicher Beendigung des Mietverhältnisses nicht (mehr) zu renovieren braucht. Die Rechtfertigung hierfür wird darin gesehen, dass der Vermieter hypothetisch auf einen Teil der Miete verzichtet, den er bei Übernahme der Schönheitsreparaturen erhalten würde, und der Mieter von diesem Verzicht profitiert, jedoch die Gegenleistung in Gestalt der Renovierung noch nicht zu erbringen braucht. Die sog. Anspartheorie berücksichtigt nicht, dass bei Überlassung einer renovierten Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses der Vermieter lediglich eine eigene Vertragspflicht erfüllt, jedoch nicht etwa dem Mieter etwas „gutbringt“, was eigentlich zu dessen Leistungssphäre zählen würde.

216

Geht man davon aus, dass der Vermieter nach dem gesetzlichen Leitbild die Übergabe einer vertragsgemäß renovierten Wohnung schuldet (s. Rn. IX 100), so ist der Mieter auch bei Übernahme der Pflicht zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen zunächst berechtigt, diesen Zustand „abzuwohnen“. Seine Leistungspflicht setzt erst nach Ablauf der ersten Renovierungs1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I C 217; Staudinger/Emmerich BGB § 535 Rn. 108.

1255

Rn. IX 216a

Schönheitsreparaturen

phase ein; er schuldet lediglich, den vertragsgemäßen Dekorationszustand wiederherzustellen, wenn er verbraucht ist, ohne real oder gedanklich etwas angespart haben zu müssen. Endet das Mietverhältnis vor diesem Zeitpunkt, ohne dass der Mieter den dekorativen Zustand „abgewohnt“ hat, so würde eine Zahlung des Mieters kein Entgelt für „gehabten Verbrauch“, sondern eine Leistung für künftige Investitionen außerhalb seiner eigenen Mietzeit darstellen und damit die Abgeltungsklausel als verkappte Schlussrenovierungsklausel zu werten sein. Das ergibt auch eine Gegenprobe: Dem Mieter, der seine Zahlungspflicht durch Renovierung abgelten will, werden damit Pflichten auferlegt, die den Vermieter nicht einmal dann träfen, wenn es bei der gesetzlichen Pflichtenverteilung bliebe.1 Denn hätte der Vermieter die laufenden Schönheitsreparaturen übernommen, ohne sie jedoch ausführen zu müssen, weil die üblichen Fristen noch nicht abgelaufen sind, so hätte er zwar das Entgelt für die (künftig fällig werdenden) Schönheitsreparaturen erhalten, das er ja – ebenso wie vom Mieter verlangt – nach h.M. ansparen müsste, ohne aber eine Gegenleistung erbracht zu haben oder noch erbringen zu müssen. Niemand käme bei preisfreiem Wohnraum auf den Gedanken, in diesem Fall dem Mieter einen anteiligen Ausgleichsanspruch in Höhe des vom Vermieter „angesparten“ Betrages zu gewähren. Dass der Vermieter diese Beträge nach Beendigung möglicherweise zur Renovierung verwendet, betrifft sein Neuvermietungsrisiko, das er ohnehin zu tragen hat und dem Mieter jedenfalls nicht formularvertraglich aufbürden kann. Die Gegenmeinung blendet mithin die Leistung des Vermieters, die dieser zu Beginn des Mietverhältnisses schuldet und die der Mieter zunächst einmal „abnutzen“ darf, bei ihrer Betrachtungsweise aus bzw. reduziert sie auf null. 216a

Das wird besonders deutlich, wenn dem Mieter eine unrenovierte Wohnung überlassen wird. Renoviert er alsbald, so mag man seine Erstrenovierung nach Bezug der Wohnung mit dem BGH als „freiwillig“ bezeichnen, weil ihr kein Erfüllungsanspruch gegenübersteht.2 Indes ist der Mieter nicht in der Lage, diese wirtschaftliche Leistung mit seiner Pflicht zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen zu kompensieren, so dass er bei Geltung der Quotenhaftungsklausel wirtschaftlich betrachtet dreimal renovieren muss: zu Beginn, während und zum Ende des Mietverhältnisses (Letzteres zumindest in Gestalt einer Zahlungspflicht).3 Ihm trotz seiner Anfangsleistung auch noch zuzumuten, gleichzeitig Beträge für die künftig fällig werdenden laufenden Schönheitsreparaturen anzusparen, verdeutlicht die Unangemessenheit der Ergebnisse der sog. „Anspartheorie“, der der BGH anhängt.

217

Auch wird die Unbilligkeit der Abgeltungsklausel durch die Möglichkeit der Eigenleistung nicht kompensiert. Zum einen ist es technisch nahezu un1 Diesen Gesichtspunkt hat der BGH in seiner Entscheidung v. 12.9.2007 (NZM 2007, 921 = WuM 2007, 682) über die Unzulässigkeit einer isolierten Schlussrenovierungsklausel hervorgehoben. 2 BGH – RE v. 1.7.1987 – BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306. 3 S. dazu Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 393.

1256

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 218

durchführbar, eine Wohnung nur „quotenmäßig“ fachgerecht zu renovieren. Rückt man – der Handhabung der Klausel durch die Praxis folgend – die Eigenleistung an die Spitze, indem man den Inhalt der Klausel auf den Kopf stellt, so wird zum anderen deutlich, dass der Mieter sich von der Möglichkeit der Eigenleistung nur durch Zahlung der Quote „freikaufen“ kann. Auch das zeigt die Nähe der Abgeltungsklausel zur unzulässigen Schlussrenovierungsklausel auf;1 der Vermieter erhält entweder durch die Eigenleistung des Mieters eine besser renovierte Wohnung, als er sie bei Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen erwarten könnte, oder durch Zahlung des Kostenanteils einen entsprechenden Geldbetrag, in dessen Verwendung er frei ist. Dieses Ergebnis ist auch nicht durch die Entgeltthese zu rechtfertigen. Von einem (fingierten) Mietverzicht, von dem der Mieter profitieren würde, könnte allenfalls die Rede sein, wenn und soweit sich die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter auf die Marktmiete auswirken würde. Allein daraus, dass die Kostenlast der Renovierung in die Kalkulation des Vermieters eingehen würde, folgt nicht, dass dann die Miete – um welchen Betrag? – höher wäre. Die Annahme eines Mietverzichts ist daher spekulativ, s. dazu Rn. IV 186, IX 49.2

217a

Die Folgen der Abgeltungsklauseln werden nicht wesentlich dadurch abgemildert, dass nach neuerer Rspr. eine Abgeltungsklausel nur wirksam ist, wenn die vom Mieter zu zahlenden Quoten flexibel ermittelt werden, d.h. unter Berücksichtigung der Umstände, die für die Ermittlung des konkreten Renovierungsturnus erheblich sind,

218

BGH – Urt. v. 18.10.2006 – WuM 2006, 677: Auch eine „starre“ Abgeltungsregelung führt bei einem überdurchschnittlichen Erhaltungszustand der Wohnung dazu, dass der Mieter mit höheren zeitanteiligen Renovierungskosten belastet wird, als es dem tatsächlichen Abnutzungsgrad der Wohnung entspricht. Hierdurch wird dem Mieter eine übermäßige, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässige Verpflichtung zur zeitanteiligen Abgeltung zukünftiger Instandhaltungskosten auferlegt, BGH – Urt. v. 7.3.2007 – NZM 2007, 355 = WuM 2007, 260, BGH – Urt. v. 26.9.2007 – NZM 2007, 879 = WuM 2007, 684 = ZMR 2008, 30, 31, BGH – Urt. v. 5.3.2008 – NZM 2008, 363, Tz. 18 = WuM 2008, 278 = ZMR 2008, 527, s. auch LG Hamburg NZM 2005, 537 = WuM 2005, 453 = ZMR 2005, 791.

Danach genügt es nicht, wenn in der Abgeltungsklausel lediglich auf den „weichen“ Fristenplan zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verwiesen wird; denn damit ist der Mieter noch nicht in die Lage versetzt, die Quote für seine Zahlungspflicht nachzuvollziehen. Verständlich wird eine solche Regelung vielmehr erst durch einen Berechnungsbestandteil, weil sie mehrere Varianten zulässt (BGH – Urt. v. 26.9.2007 – a.a.O. Tz. 28; s. auch BGH – Urt. v. 5.3.2008 – a.a.O. Tz. 18). Ein solches Beispiel muss Vertragsbestandteil werden, um verbindlich zu sein. Angesichts der bisherigen Versuche, plau1 So auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 186. 2 Emmerich NZM 2006, 761, 764; Sternel NZM 2007, 545, 551; Sternel ZMR 2008, 501, 506.

1257

Rn. IX 219

Schönheitsreparaturen

sible Beispiele zu formulieren,1 erscheint es fraglich, ob damit noch dem Transparenzgebot genügt wird (s. Rn. IX 218). Ein Grund dafür ist in der gebotenen doppelten hypothetischen Sichtweise zu sehen. Der Klausel ist von vornherein eine erste hypothetische Sichtweise immanent, nach der zu bewerten ist, ob (und ggf. in welchem Umfang) Schönheitsreparaturen bei Ablauf der Regelfristen fällig werden würden. Darauf aufgepfropft ist die zweite hypothetische Betrachtung, wie es sich verhielte, wenn die bei Beendigung des Mietverhältnisses gegebenen tatsächlichen Umstände – insbesondere das Nutzerverhalten – künftig fortbestünden und zu welchem Zeitpunkt dann Schönheitsreparaturen durchzuführen wären. Hier wären hellseherische Fähigkeiten gefragt, die sich einer Berechnungsformel entziehen,2 im Ergebnis ebenso LG Mannheim NZM 2006, 223 = WuM 2006, 190.

219

Die Wirksamkeit der Quotenhaftungsklausel hängt davon ab, dass dem Mieter die Pflicht zur Durchführung laufender Schönheitsreparaturen wirksam übertragen worden ist. Ist nämlich schon die Überbürdung der entsprechenden Arbeiten unwirksam, so fehlt einer hieran anknüpfenden Klausel über eine Kostenbeteiligung die rechtliche Grundlage,3 BGH – Urt. v. 5.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 2006, 248 = ZMR 2006, 513 bei Vereinbarung eines starren Fristenplans, OLG Stuttgart – RE v. 17.2.1989 – NJW-RR 1989, 520 = ZMR 1989, 177 bei Geltung einer Bedarfsklausel (s. Rn. IX 91), wobei ein Bedarf mindestens dann als gegeben gelten soll, wenn die Fristen nach einem (ebenfalls vorformulierten) Fristenplan abgelaufen sind, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921 für die Pflicht zum Abschleifen und Versiegeln von Parkett sowie einer hierauf fußenden Anteilshaftungsklausel, KG – Urt. v. 10.1.2005 – MM 2005, 111, wenn die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter mit einer Pflicht zur Anfangsrenovierung verbunden ist, LG Berlin WuM 1996, 758 bei zu kurzen Renovierungsfristen und demgemäß zu hoher Quote,4 LG Regensburg ZMR 2003, 933 bei Übertragung der Pflicht zum Versiegeln der Fußböden und Erneuern der Teppichauslegeware.

Seit der Entscheidung des BGH v. 26.9.2007 (NZM 2007, 879 = WuM 2007, 684 = ZMR 2008, 30, 31) ist es zudem bedenklich, bei Neuabschlüssen seit Ende 2007 für die Abgeltungsklauseln die bisher üblichen Renovierungsfristen (Rn. IX 80) zugrunde zu legen; denn die Quoten müssen sich nach den bei Vertragsabschluss üblichen Fristen berechnen.5 1 S. Langenberg Schönheitsreparaturen, Anhang 1 Nr. 3 S. 306; Dickersbach MietRB 2007, 21, 24; Riecke ZMR 2005, 792, 794; Klauselvorschlag des Bundesverbandes für Wohnungseigentum und Stadtentwicklung e.V. (vhw), Stand Mai 2008; NZM 2008, 474 und dazu Beyer NZM 2008, 465, 467. 2 Die Klausel lautet: „Der Kostenanteil des Mieters wird hierbei monatsgenau ermittelt.“ 3 Im Ergebnis auch Harsch WuM 2004, 706, 707. 4 Zum Fall: Nassräume alle 2 Jahre, Wohnräume alle 3 Jahre. 5 S. Beyer NZM 2008, 465, 467.

1258

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 223

Der Zusatz „Der Vermieter kann im Übrigen bei übermäßiger Abnutzung Ersatz in Geld verlangen“ verstößt zwar gegen § 309 Nr. 4 BGB, weil das Abmahngebot des § 281 BGB übergangen wird, lässt jedoch die Wirksamkeit der Quotenhaftungsklausel unberührt, da sie von dieser inhaltlich getrennt werden kann, LG Berlin NZM 2002, 118. Die Unwirksamkeit allein einer Abgeltungsklausel lässt andererseits die Wirksamkeit der Klausel, durch die dem Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen worden sind, unberührt; denn die Grundverpflichtung kann von der Kostenklausel ohne inhaltliche Veränderung nach der „bluepencil-Methode“ getrennt werden,1

220

BGH – Urt. v. 18.6.2008 – NZM 2008, 605 = WuM 2008, 472, BGH – Beschl. v. 18.11.2008 – WuM 2009, 36.

Die Abgeltungsklausel soll auch dann wirksam sein, wenn der Mieter nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass er die Inanspruchnahme durch Selbstvornahme abwenden kann und der Kostenvoranschlag des Vermieters nicht verbindlich ist,

221

BGH – Urt. v. 6.10.2004 – WuM 2004, 663, 664: Es genügt, dass die Klausel die Möglichkeit einer kostengünstigeren Endrenovierung in Eigenarbeit nicht ausschließt; LG Berlin ZMR 1998, 777.

Das erscheint zweifelhaft; denn im Regelfall täuscht die Formulierung den Mieter über seine Befugnis zur Abwendung der Zahlungspflicht durch Selbstvornahme hinweg und verstößt damit gegen das Transparenzgebot,2 AG Lörrach WuM 1996, 613, WuM 1998, 216, AG Neukölln MM 1998, 443, AG Remscheid NZM 2000, 89 für die Klausel „Soweit der Mieter Schönheitsreparaturen nach den Regeln der VOB durchführt, ist er von der Zahlung eines Kostenanteils befreit“, weil durch Verweis auf ein dem Mieter meist unbekanntes Regelwerk die Pflicht, Schönheitsreparaturen in „mittlerer Art und Güte“ auszuführen, unzulässig erweitert wird; weiter gehend LG Kiel WuM 2006, 312, 315, wonach die anteiligen Kosten nach denjenigen einer Eigenleistung zu berechnen wären.

Durch das Erfordernis eines solchen Hinweises ist der Vermieter als Verwender nicht überfordert (s. aber BGH – Urt. v. 6.10.2004 – WuM 2004, 663, 665 und zum Transparenzgebot Rn. II 44). Der vom Vermieter eingeholte Kostenvoranschlag ist entgegen dem Wortlaut einer entsprechenden Formularklausel nicht verbindlich, wenn der Mieter einen für ihn günstigeren Kostenvoranschlag nachweist, LG Stuttgart WuM 1989, 70.

222

Sieht die Klausel vor, dass der Mieter für den Fall, dass die letzten Schönheitsreparaturen länger als 5 Jahre zurückliegen, 100% der Renovierungskosten zu

223

1 Artz NZM 2007, 265, 271; Lützenkirchen WuM 2008, 119, 128; a.A. Klimke/Lehmann-Richter WuM 2007, 688, 689 (III 3). 2 So auch Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 538 Rn. 196; Goch WuM 2004, 133, 134.

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Rn. IX 224

Schönheitsreparaturen

tragen hat, so ist die Klausel wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 4 BGB insgesamt unwirksam,1 LG Berlin ZMR 1992, 450, ZMR 1996 S. V Nr. 2, AG Leipzig WuM 2003, 563, AG Esslingen ZMR 2005, 199, s. auch schon OLG Karlsruhe – RE v. 24.8.1982 – NJW 1982, 2829; anders LG Stuttgart WuM 1994, 462, das von einer Teilunwirksamkeit ausgeht.

224

Die Abgeltungsklausel kommt nur dann zum Tragen, wenn die Renovierungsfristen bei Mietende noch nicht vollständig abgelaufen sind. Anderenfalls würde durch die Klausel das Abmahnverfahren nach § 281 BGB entgegen § 309 Nr. 4 BGB unterlaufen werden, AG Schönau WuM 2001, 334.

Andererseits soll der Vermieter berechtigt sein, die Ansprüche aus der Abgeltungsklausel mit der jeweiligen Höchstquote auch dann geltend zu machen, wenn der Mieter während der Mietzeit überhaupt nicht renoviert hat, LG Gießen NZM 2004, 258.

Das erscheint ökonomisch und einleuchtend, ist jedoch nicht richtig. Die Abgeltungsklausel beruht auf Vertrag und ist an bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft. Eine von ihnen ist, dass laufende Schönheitsreparaturen noch nicht fällig sind. Wollte man dieses Tatbestandmerkmal im Sinne einer „Erst-recht-Logik“ auf die Nichtdurchführung von Schönheitsreparaturen ausdehnen, so erhielte die Klausel die Funktion einer unzulässigen Schadenspauschalierung, bei der zudem das Abmahnerfordernis nach § 281 BGB unzulässig abbedungen werden würde. Damit verstieße eine Klausel mit derartigem Bedeutungsgehalt gegen § 309 Nr. 4, 5 BGB.2 Den Parteien bleibt es allerdings unbenommen, sich auf eine solche Lösung im konkreten Fall bei Beendigung des Mietverhältnisses zu verständigen. 225

Wendet der Mieter die ihn bei Vertragsende auf Grund einer Formularklausel treffende anteilige Kostenbelastung an zukünftigen Schönheitsreparaturen mit nur mangelhafter Eigenleistung ab, so bleibt der Erfüllungsanspruch des Vermieters aus der Abgeltungsklausel bestehen. Daneben kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht – „Verschlimmbesserung der Wohnung“3 – in Betracht (Rn. IX 54).

226

Der Vermieter soll in diesem Fall nicht verpflichtet sein, den Mieter durch Mahnung und Fristsetzung anzuhalten, Schönheitsreparaturen ordnungsmäßig durchzuführen. Vielmehr obliegt dem Mieter die Beweislast dafür, dass er die Schönheitsreparaturen fachgerecht durchgeführt hat, so dass die Abgeltungsklausel nicht zur Anwendung gelangt, OLG Celle – Urt. v. 21.6.2001 – NZM 2001, 850 = WuM 2001, 393 = ZMR 2001, 612.

1 Goch WuM 2004, 133, 138. 2 Zur Unwirksamkeit einer Abgeltungsklausel für fällige Schönheitsreparaturen: LG Berlin NZM 2001, 231. 3 S. dazu KG – Urt. v. 9.6.2005 – GE 2005, 917 = NZM 2005, 663.

1260

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Rn. IX 229

Der Vermieter kann auch dann auf die Ansprüche aus einer Abgeltungsklausel übergehen, wenn er zuvor schon das Abmahnverfahren betrieben hatte, LG Berlin ZMR 1998, 777.

Die veranschlagten Kosten sind nach überwiegender Rspr. vom Zustand der betreffenden Wohnung und einem hierauf basierenden konkreten Kostenvoranschlag abhängig. Eine im Kostenvoranschlag angesetzte MWSt. ist nicht zu berücksichtigen. Da es sich um einen Erfüllungsanspruch handelt,1 fällt nach § 4 Nr. 12a UStG keine Umsatzsteuer an.

227

Von der ermittelten Quote sollen Abzüge in Betracht kommen können; denn die Berufung des Vermieters auf die Abgeltungsklausel kann insoweit treuwidrig sein, als sich im Einzelfall der erforderliche Renovierungsaufwand durch die Abnutzung des Vormieters wesentlich erhöht. Dem soll durch § 242 BGB dadurch Rechnung getragen werden können, dass dem Mieter der Mehraufwand nur nach dem Verhältnis seiner Mietzeit zur gesamten Abnutzdauer anzulasten ist,

228

BGH – RE v. 6.7.1988 – BGHZ 105, 71 = DWW 1988, 314 = MDR 1988, 1051 = NJW 1988, 2790 = WuM 1988, 294 = ZMR 1988, 455: Nach allgemeinen Grundsätzen ist es nicht ausgeschlossen, dass die Berufung des Verwenders von AGB auf eine an sich wirksame Klausel unter besonderen Umständen des Einzelfalles gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen kann ... So kann die Berufung des Vermieters auf die Klausel insoweit treuwidrig sein, als sich im Einzelfall der erforderliche Renovierungsaufwand infolge Abnutzung der Räume durch den oder die Vormieter wesentlich erhöht. In einem solchen Fall kann über § 242 BGB ein angemessener Ausgleich dahin gefunden werden, dass dem Mieter der Mehraufwand nur nach dem Verhältnis seiner Mietzeit zur gesamten Abnutzungsdauer angelastet wird. Die Wirksamkeit der Klausel als solche bleibt davon unberührt.

Stellt man sich auf den Boden der herrschenden Meinung, dass die Abgeltungsleistung Teil der Miete ist, so ergibt sich die Rechtfertigung für einen Abzug schon daraus, dass Mietzahlungen die Gegenleistung für die laufende Gebrauchsüberlassung sind, die Abgeltungsleistung sich also nur auf die Abnutzung durch den eigenen Gebrauch bezieht. Darüber hinaus wird deutlich, dass für die Anwendung der Abgeltungsklausel – sofern man sie überhaupt für wirksam hält – nur dann Raum ist, wenn dem Mieter eine vertragsgemäß renovierte Wohnung (s. dazu Rn. IX 100) überlassen worden ist.2 Das Vorhandensein von Vorschäden (s. Rn. IX 51) ist kein atypischer Sachverhalt, der zu einer Korrektur der Klausel über Treu und Glauben (§ 242 BGB) führen könnte, sondern eine häufigere Erscheinung, der bereits durch die Klausel Rechnung getragen werden muss. Ein Abzug vom Kostenvoranschlag soll ferner geboten sein, wenn etwa durch Behebung von Untergrundschäden besonders hohe Renovierungskosten entstehen würden, 1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 402; a.A. Horst NZM 2003, 537, 541 Sp. 2. 2 S. dazu Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 397.

1261

229

Rn. IX 230

Schönheitsreparaturen

LG Berlin NZM 2002, 909: Wies die Wohnung schon bei Beginn des Mietverhältnisses derartige „Untergrundschäden“ an Holz, Putz und Mauerwerk auf, so kann auf Grund der Quotenklausel dem Vermieter nur ein anteiliger Betrag zugesprochen werden, der sich nach dem Verhältnis der Mietdauer zur Gesamtdauer der zurückliegenden letztmals ausgeführten Schönheitsreparaturen oder dem entsprechenden Anteil der üblicherweise (ohne Beseitigung der Substanzschäden) anfallenden Arbeiten bestimmt. Diese Voraussetzungen muss der Vermieter darlegen. LG Flensburg NZM 2003, 433: Bei Anwendung der Quotenhaftungsklausel kann die Quote für eine Grundrenovierung, d.h. für ein neues Tapezieren, nicht nach der Frist für laufende Schönheitsreparaturen bemessen werden; vielmehr gilt ein doppelt so langer Zeitraum bzw. eine Halbierung des Quotenbetrages als Maßstab.

Hier gilt das zu Vorschäden Gesagte (s. Rn. IX 228) entsprechend, zumal der Mieter in diesem Fall keine Schönheitsreparaturen mangels Fälligkeit schuldet und der Vermieter vorleistungspflichtig ist (s. Rn. IX 50, 78). Eine Leistungspflicht des Mieters kann in diesem Fall nicht über den Umweg einer Abgeltungsklausel begründet werden. 230

Schließlich wird die Auffassung vertreten, dass die Abgeltungsklausel an den fiktiven Renovierungsaufwand anknüpft, der erforderlich ist, um nach Ablauf der vereinbarten Mindestfrist von 5 Jahren die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Der Abgeltungsbetrag ist dann lediglich als %-Satz des Gesamtaufwandes definiert, OLG Celle – Urt. v. 21.6.2001 – NZM 2001, 850 = WuM 2001, 393 = ZMR 2001, 612: 1. Für den Anspruch auf anteilige Abgeltung der Schönheitsreparaturen kann die Vorlage eines Kostenanschlages für eine baugleiche Wohnung genügen, wenn darin die für die fiktiven Renovierungskosten maßgeblichen Parameter (Flächenmaße für die einzelnen Räume, Einheitspreise) so nachvollziehbar ausgewiesen sind, dass der Mieter die Baugleichheit überprüfen kann. 2. Die veranschlagten Kosten sind nicht vom Zustand der betreffenden Wohnung abhängig. Die Abgeltungsklausel knüpft an den fiktiven Renovierungsaufwand an, der erforderlich ist, um nach Ablauf der vereinbarten Mindestfrist von 5 Jahren die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Der Abgeltungsbetrag ist dann lediglich als %-Satz des Gesamtaufwandes definiert.

Diese Methode ist abzulehnen; sie ist unzulässig.1 Da nämlich dem Mieter die Möglichkeit erhalten bleiben muss nachzuweisen, dass die erforderliche Renovierung geringere Kosten wegen besonders schonender Behandlung der Mieträume oder höherer Qualität der letzten Schönheitsreparaturen nach sich ziehen würde und ein solcher Nachweis nur anhand eines Kostenvoranschlags erfolgt, der auf dem konkreten Renovierungsbedarf für die Mietwohnung beruht, sind die Werte des Vermieters und diejenigen des Mieters nicht untereinander vergleichbar.

1 So auch Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. I F 388.

1262

Verjährung

Rn. IX 232

10. Verjährung a) Ansprüche des Vermieters Sowohl der Erfüllungs- als auch der Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen verjähren gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB nach 6 Monaten (s. im Einzelnen Rn. XIII 184 f., 187),1

231

BGH – Urt. v. 7.11.1979 – NJW 1980, 389 = WuM 1980, 106, BGH – Urt. v. 17.3.1999 – NZM 1999, 478 = WM 1999, 334 = ZMR 1999, 467: Der Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB (= § 558 BGB a.F.) unterfallen sowohl der Wiederherstellungsanspruch als auch der wegen Nichterfüllung entstehende Schadensersatzanspruch nach § 326 BGB a.F. (BGHZ 107, 179, 182, BGHZ 128, 74, 79).

Während des laufenden Mietverhältnisses verjähren Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche dagegen erst in der Regelfrist gemäß § 195 BGB von 3 Jahren und unter den Voraussetzungen des § 199 BGB.2 Der kurzen Verjährung unterliegen auch die Zahlungsansprüche des Vermieters auf Grund einer Abgeltungsklausel, LG Stuttgart WuM 1989, 505, LG Lüneburg ZMR 2001, 713, LG Berlin NZM 2002, 121,

oder des Ausgleichanspruchs gemäß einer vertraglichen Vereinbarung oder einer ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick auf Umbaumaßnahmen des Vermieters (s. dazu Rn. IX 187), OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.2.1994 – ZMR 1994, 402, LG Duisburg NJW-RR 1997, 1231 = ZMR 1997, 82.

Die kurze Verjährungsfrist beginnt mit der Rückgabe der Mietsache (s. dazu Rn. XIII 196 f.). Das gilt sowohl für den Erfüllungs- als auch für den Schadensersatzanspruch, selbst wenn dieser wegen noch nicht erfolgter Fristsetzung gemäß § 281 BGB sich in einem „wachsenden Stadium“ befindet, BGH – Urt. v. 19.1.2005 – WuM 2005, 126 = ZMR 2005, 291: Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters beginnt gemäß §§ 548 Abs. 1 Satz 2, 200 Satz 1 BGB auch dann mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält, wenn die Ansprüche erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen.3 Aus den Gründen: § 200 Satz 1 BGB enthält anders als § 198 BGB a.F. einen Vorbehalt zu Gunsten abweichender gesetzlicher Bestimmungen und hat damit lediglich die Wirkung eines Auffangtatbestandes, dem anderweitige gesetzliche Bestimmungen vorgehen. § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB trifft, da er die Verjährungsfrist nicht mit der Anspruchsentstehung, sondern mit dem Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache beginnen lässt, eine von § 200 Satz 1 BGB abweichende Bestimmung. Ebenso BGH – Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 319.

1 S. Franke DWW 2002, 86, 87; Langenberg WuM 2002, 71. 2 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. IV A 4; Feuerlein WuM 2008, 385; Skrobek ZMR 2007, 664. 3 Zum Fall: Vertragsende 28.2.; Rückgabe: 1.3.; Fristsetzung: 4.3. bis zum 15.3.; Klageeinreichung: 10.9., Zustellung: 17.9. – Verjährungseintritt: Montag 2.9.

1263

232

Rn. IX 232a

Schönheitsreparaturen

Dieser Begriff ist nicht mit dem der Rückgabe gleichzusetzen, OLG Bamberg – Urt. v. 1.2.2000 – ZMR 2000, 282, OLG München – Urt. v. 22.9.2006 – MDR 2007, 514.

Vereinbaren die Mietvertragsparteien, dass vom Mieter geschuldete Renovierungsarbeiten erst (einige Zeit) nach Beendigung des Mietverhältnisses zu erbringen sind, so beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 558 BGB nicht vor Ablauf der Renovierungsfrist, OLG München – Urt. v. 11.11.1994 – ZMR 1997, 178.

Zur Stundung s. Rn. IX 234. 232a

Besonderheiten gelten für den Schadensersatz wegen Mietausfalls (Rn. IX 181). Es handelt sich hierbei um eine im Verhältnis zum Anspruch auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen abhängige Nebenleistung i.S. von § 217 BGB (= § 224 BGB a.F.). Daher verjährt der Schadensersatz wegen Mietausfalls mit dem Hauptanspruch, auch wenn für ihn die Voraussetzungen für die Verjährung noch nicht gegeben sind.1 Etwas anderes gilt, wenn dieser Anspruch vor der Verjährung des Hauptanspruchs eingeklagt worden ist, BGH – Urt. v. 23.11.1994 – BGHZ 128, 74 = NJW 1995, 252 = WuM 1995, 149.

Klagt der Vermieter auf Ersatz des Mietausfallschadens, so wird die Verjährungsfrist nur für diesen Teil, nicht aber auch für den weiteren, künftig entstehenden Mietausfall gehemmt, BGH – Urt. v. 19.11.1997 – MDR 1998, 2712 = NZM 1998, 147 = WuM 1998, 155 = ZMR 1998, 208: Will der Vermieter die Verjährung auch für die künftigen, zeitlich noch nicht überschaubaren Mietausfälle unterbrechen, muss er insoweit gesonderte Feststellungsklage erheben, da die Reichweite der Ursprungsklage nicht auch diese Schäden abdeckt. Eine Teilklage hemmt (unterbricht i.S. von § 209 BGB a.F.) die Verjährung nur in Höhe des eingeklagten Betrages.

Zur rechtsmissbräuchlichen Einrede der Verjährung s. Rn. XIII 184. b) Ansprüche des Mieters 233

Der Anspruch des Mieters gegenüber dem Vermieter auf Durchführung von Schönheitsreparaturen, insbesondere infolge unwirksamer Übertragung (s. Rn. IX 43), verjährt während des Laufs des Mietverhältnisses innerhalb der Regelvoraussetzungen in §§ 195, 199 BGB nach 3 Jahren.3 Das Gleiche gilt für den Schadensersatzanspruch, der daraus abgeleitet wird, dass der Vermieter von einer unwirksamen Formularklausel Gebrauch gemacht hat (s. Rn. IX 44b).

234

Der Anspruch des Mieters auf Aufwendungsersatz oder aus ungerechtfertigter Bereicherung, weil er Schönheitsreparaturen ohne Rechtsgrund ausgeführt hat 1 Beispiel: Die Parteien verhandeln (nur) über den Anspruch wegen Mietausfalls infolge unterlassener Schönheitsreparaturen, so dass nur insoweit die Verjährung nach § 203 BGB gehemmt wird. 2 Zustimmende Anmerkung von Börstinghaus MDR 1998, 271. 3 Feuerlein WuM 2008, 385.

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Verjährung

Rn. IX 236

(s. Rn. IX 44), unterliegt nach Beendigung des Mietverhältnisses der kurzen Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB (s. dazu Rn. XIII 213, 221).1 Das Gleiche gilt für den Schadensersatzanspruch nach § 536a BGB, der daraus abgeleitet wird, dass das Mietobjekt mangelhaft ist, weil der Vermieter die fällige Renovierung unterlassen hat (Rn. IX 45). Die genannten Ansprüche verjähren während des Laufs des Mietverhältnisses aber erst nach Ablauf von 3 Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB. Hat der Mieter eine Leistung auf Grund einer unwirksamen Abgeltungsklausel erbracht, so steht ihm ein Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB zu; dieser verjährt unter den Regelvoraussetzungen der §§ 195, 199 BGB.2 Zum Verjährungsbeginn s. Rn. XIII 213, bei Veräußerung Rn. XIII 214. c) Hemmung der Verjährung Zu Hemmung und Neubeginn der Verjährung s. auch Rn. XIII 223 f., 238 f. Eine vom Vermieter und Mieter getroffene Vereinbarung über die Einholung eines verbindlichen Schiedsgutachtens bei Streitigkeiten über die Notwendigkeit von Schönheitsreparaturen hat die Wirkung eines „pactum de non petendo“. Wegen der Verbindlichkeit der von einem Sachverständigen zu treffenden Feststellungen ist der Vermieter gehindert, vor Einholung des Schiedsgutachtens mit Erfolg gegen den Mieter vorzugehen. Im Hinblick hierauf hat die Schiedsgutachterabrede gemäß § 205 Abs. 1 BGB eine verjährungshemmende Wirkung,

235

OLG Hamm – Beschl. v. 11.9.1996 – ZMR 1996, 660.

Soll der Mieter bei vorzeitiger Rückgabe der Wohnung nach dem Abnahmeprotokoll die noch erforderlichen Schönheitsreparaturen bis zum Ende der Mietzeit durchführen, so liegt darin keine Stundungsvereinbarung, auf Grund derer die Verjährungsfrist gehemmt wird, BGH – Urt. v. 15.3.2006 – WuM 2006, 319.

Es bedarf also einer eindeutigen Vereinbarung, die die Fälligkeit hinausschiebt oder sonst zu einer befristeten Hemmung führt, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 6.2.2007 – DWW 2007, 246: Erhält der Mieter zur Durchführung der Renovierung Schlüssel zurück, wird dadurch die kurze Verjährung nicht gehemmt. Hierin liegt nicht ohne weiteres eine Stundung.

Zur Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen gemäß § 203 BGB s. Rn. XIII 233. Zur Hemmung durch Klageerhebung oder Zustellung eines Mahnbescheids s. Rn. XIII 226, 230. Wichtig ist die Spezifizierung des Klageanspruchs, so dass Rechtshängigkeit und Rechtskraft später eindeutig bestimmt werden können. Hierfür soll der im Mahnbescheid vorgedruckte Text „Mietnebenkosten – 1 Langenberg Schönheitsreparaturen Rn. IV A 38; Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653, 655. 2 Klimke/Lehmann-Richter WuM 2006, 653, 655.

1265

236

Rn. IX 236

Schönheitsreparaturen

auch Renovierungskosten“ ausreichen, wenn der Antragsteller zugleich auf ein vorprozessuales Anspruchsschreiben Bezug nimmt, welches dem Antragsgegner vermittelt, dass und wofür der Antragsteller Schadensersatz verlangt, BGH – Urt. v. 23.1.2008 – NJW 2008, 1220 = NZM 2008, 202 = WuM 2008, 238; anders noch die Vorinstanz: LG Düsseldorf NZM 2007, 500 = ZMR 2008, 966.

Die Streitfrage, ob durch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt wird, ist durch die Neuregelung in § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB in bejahendem Sinne geklärt (s. dazu Rn. XIII 232).

1266

X. Ordentliche Vertragsbeendigung

1. Kündigung a) Abtretung und vertraglicher Ausschluss des Kündigungsrechts Das Recht zur Kündigung hängt als Gestaltungsrecht mit dem Bestand des Mietverhältnisses derart eng zusammen, dass es isoliert nicht abgetreten werden kann. Während dies in der Instanzrechtsprechung,

1

LG Osnabrück WuM 1990, 81, LG Kiel WuM 1992, 128, LG Augsburg NJW-RR 1992, 520, LG Berlin ZMR 1996, 325, 326,

und Literatur der vorherrschenden Meinung entspricht,1 hat der BGH die Frage offen gelassen, allerdings die Ermächtigung des noch nicht eingetragenen Erwerbers durch den Veräußerer für zulässig erachtet (s. Rn. X 32), BGH – Urt. v. 10.12.1997 – NJW 1998, 896 = WuM 1998, 99 = ZMR 1998, 214, BGH – Urt. v. 11.9.2002 – NZM 2002, 951 = WuM 2001, 601 = ZMR 2002, 907, KG – Urt. v. 4.2.2008 – WuM 2008, 153 = ZMR 2008, 365 = MietRB 2008, 163 (Eupen).

Die Abtretung von Mietzinsansprüchen führt nicht dazu, dass der Zessionar bei Zahlungsverzug des Mieters zur fristlosen Kündigung nach § 554 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigt ist; denn die Kündigungsbefugnis ist nicht Annex der Mietzinsforderung, sondern ist mit dem Mietverhältnis als dem Stammrecht untrennbar verknüpft. Abtretbar ist allerdings der Räumungsanspruch. Bei Mietverhältnissen, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sind, kann das Recht zur ordentlichen Kündigung befristet ausgeschlossen werden. An einen Verzicht auf dieses Recht durch schlüssiges Verhalten sind strenge Anforderungen zu stellen,

2

OLG Köln – Beschl. v. 17.1.1996 – DWW 1996, 190 = WuM 1966, 266.

Ebenso wenig kann ein fehlerhafter Zeitmietvertrag in ein unbefristetes Mietverhältnis mit befristetem Kündigungsausschluss umgedeutet werden (s. Rn. X 135). Zu beachten ist, dass eine Vereinbarung über den Ausschluss der ordentlichen Kündigung, der über ein Jahr hinausgeht, der Schriftform nach § 550 BGB bedarf, BGH – Beschl. v. 9.7.2008 – NZM 2008, 687.

Auch bei Mietverhältnissen über Wohnraum kann ein befristeter Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung vereinbart werden. Gegen deren Zulässigkeit wird geltend gemacht, dass dies im Ergebnis auf den Abschluss eines befristeten Mietverhältnisses hinauslaufen würde, den der Gesetzgeber – mit Ausnahme des Zeitmietvertrages nach § 575 BGB – bei der Wohnraum1 Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 3; zu § 542 BGB: Erman/Jendrek Rn. 8; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 35; Staudinger/Rolfs Rn. 18.

1267

3

Rn. X 4

Ordentliche Vertragsbeendigung

miete gerade nicht zulassen wollte. Zugleich liege darin eine Umgehung des § 573c Abs. 4 BGB,1 LG Krefeld NZM 2003, 487 = WuM 2003, 2112.

Dafür kann indes sprechen, dass der befristete Ausschluss der ordentlichen Kündigung einen anderen Regelungsgehalt als die Veränderung der Kündigungsfristen hat und deren Dauer unberührt lässt.2 Aus den Gesetzesmaterialien folgt zudem, dass der Gesetzgeber von der Zulässigkeit eines befristeten Ausschlusses der ordentlichen Kündigung ausgegangen ist.3 4

Der BGH hat sich der letzteren Auffassung angeschlossen, BGH – Urt. v. 22.12.2003 – NJW 2004, 1448 = WuM 2004, 157 = ZMR 2004, 251:4 Durch einen Kündigungsverzicht werden die einzuhaltenden Kündigungsfristen nicht verändert. Die Frage, mit welcher Frist das Mietverhältnis gekündigt werden könne, stellt sich vielmehr erst, wenn dem Kündigenden ein Kündigungsrecht zusteht. Zwar ist durch das MRRG der bisherige „einfache“ Zeitmietvertrag i.S. von § 564c Abs. 1 BGB a.F. abgeschafft und § 565 Abs. 2 BGB a.F. durch § 573c Abs. 4 BGB ersetzt worden. Jedoch ist in der Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass bei Fehlen eines Befristungsgrundes auf Vermieterseite „dem Interesse des Mieters an einer langfristigen Bindung des Mietverhältnisses vertraglich dadurch Rechnung getragen werden könne, dass die Parteien einen unbefristeten Mietvertrag schließen und für einen vertraglich festgelegten Zeitraum das ordentliche Kündigungsrecht beiderseits ausschließen (Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 69). Hieraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den bisherigen Rechtszustand nicht ändern wollte. Auch der Schutzzweck des § 573c Abs. 4 BGB gebietet keine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts. Immerhin hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Kündigungsverzichts anerkannt. Dementsprechend kann gemäß § 557a Abs. 3 BGB bei einem Staffelmietvertrag das Kündigungsrecht des Mieters bis zu 4 Jahren ausgeschlossen werden. Auch § 575 BGB lässt einen Zeitmietvertrag – nunmehr ohne zeitliche Beschränkung – zu. Durch Weitervermietung – auch nach Stellung eines Nachmieters durch den Mieter – können die finanziellen Folgen für den Mieter im Falle einer vorzeitigen Aufgabe der Mietwohnung im Regelfall abgemildert werden. Die Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses stellt auch keinen Verstoß gegen § 575 Abs. 4 BGB dar. Durch sie soll eine automatische Beendigung des Wohnraummietverhältnisses allein durch Zeitablauf verhindert werden. Sie soll den Mieter vor dem Verlust der Wohnung, nicht aber vor einer längern Bindung an den Vertrag schützen. S. auch BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 419 = WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443.

Es ist nicht zu verkennen, dass ein Bedürfnis beider Vertragsparteien besteht, eine befristete Bindung zu vereinbaren, der Vermieter wegen einer Mieterbin1 Börstinghaus WuM 2003, 487; Derleder NZM 2004, 247; Hinz NZM 2003, 639; Lammel WuM 2003, 123; Wiek WuM 2001, 442. 2 Blank ZMR 2002, 797; Derckx NZM 2001, 826; Lützenkirchen ZMR 2001, 769; Eisenhardt WuM 2002, 412. 3 Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 69 Sp. 2 a.E. 4 Zum Fall: Der nach dem 1.9.2001 auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag enthielt den handschriftlichen Zusatz: „Der Mieter verzichtet für die Dauer von 60 Monaten auf sein gesetzliches Kündigungsrecht.“

1268

Kündigung

Rn. X 7

dung, der Mieter wegen einer Bestandssicherung. Eine solche Bindung wollte der Gesetzgeber nicht ausschließen, sondern nur die ihm kompliziert erscheinende Rechtslage über den Schutz des Mieters bei befristeten Mietverträgen (s. § 564c Abs. 1 BGB a.F.) vereinfachen. Eine generelle Obergrenze für die individuell vereinbarte Dauer des Kündigungsausschlusses besteht nicht; als Korrektur dient § 138 Abs. 1 BGB. Eine übermäßig lange Bindungsfrist kann auf das angemessene Maß zurückgeführt werden; denn das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion gilt nicht für Individualvereinbarungen, s. z.B. BGH – Urt. v. 21.3.1990 – WPM 1990, 1392 für Bezugsbindung eines Bierlieferungsvertrages.

Auch der formularmäßig befristete Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung ist für zulässig gehalten worden, wenn er für beide Vertragsseiten gilt und nicht unangemessen lang ist,

5

BGH – Urt. v. 30.6.2004 – NZM 2004, 733 = WuM 2004, 542 = ZMR 2004, 802: Eine Bestimmung in einem Formularmietvertrag über Wohnraum, wonach die ordentliche Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre nach Vertragsabschluss für beide Seiten ausgeschlossen ist, ist nicht nach § 307 BGB unwirksam (Fortführung von BGH NJW 2004, 1448).

Dagegen ist ein einseitiger, befristeter Kündigungsausschluss – hier für ein Jahr – in einem Formularmietvertrag unwirksam; denn der Wohnungsmieter wird unangemessen benachteiligt, wenn kein Staffelmietvertrag oder wirksamer Zeitmietvertrag vereinbart ist oder für den Mieter kein ausgleichender Vorteil gewährt wird, BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 47.

Die Höchstdauer des formularmäßigen beiderseitigen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung hat der BGH mit Blick auf § 557a Abs. 3 BGB auf 4 Jahre festgesetzt,

6

BGH – Urt. v. 6.4.2005 – NZM 2005, 419 = WuM 2005, 346 = ZMR 2005, 443: In einem Mietvertrag über Wohnraum ist ein – auch beiderseitiger – formularmäßiger Kündigungsverzicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters in der Regel unwirksam, wenn seine Dauer mehr als 4 Jahre beträgt. Die gesetzliche Regelung in § 557a Abs. 3 BGB gibt einen Hinweis darauf, wo nach Auffassung des Gesetzgebers allgemein die zeitliche Grenze eines Kündigungsverzichts des Mieters zu ziehen ist. Der formularmäßige Kündigungsverzicht von 5 Jahren ist hier insgesamt unwirksam. Eine Aufrechterhaltung der Klausel mit einer verkürzten Dauer des Kündigungsverzichts kommt wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht in Betracht. Ebenso BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 254 = WuM 2006, 152.

Zur personellen Teilunwirksamkeit zu Lasten des Vermieters s. Rn. X 8. Haben die Vertragsparteien eine Staffelmiete vereinbart, so ist der formularmäßige Kündigungsausschluss mit einer Höchstdauer von 4 Jahren auch dann zulässig, wenn nur der Mieter gebunden ist; das folgt aus dem Wortlaut des § 557a Abs. 3 BGB und entspricht dem Sinn und dem Zweck der Norm, BGH – Urt. v. 23.11.2005 – NZM 2006, 256 = WuM 2006, 97.

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7

Rn. X 8

Ordentliche Vertragsbeendigung

Wird die Höchstdauer überschritten, so führt das zur Unwirksamkeit der gesamten Formularklausel, also der Staffelmietvereinbarung und nicht nur der Mieterbindung; denn auch in diesem Zusammenhang ist eine geltungserhaltende Reduktion unzulässig, BGH – Urt. v. 25.1.2006 – NZM 2006, 254 = WuM 2006, 152, BGH – Urt. v. 3.5.2006 – WuM 2006, 385.

8

Zu beachten ist, dass die Frist von 4 Jahren ab Vereinbarung der Staffelmiete und nicht erst ab Beginn des Mietverhältnisses zu berechnen ist,1 BGH – Urt. v. 3.5.2006 – WuM 2006, 385.

Ist dagegen in einer Staffelmietvereinbarung der einseitige befristete Kündigungsausschluss zu Lasten des Mieters individuell vereinbart, so führt eine Überschreitung der Höchstdauer von 4 Jahren nur zu einer Herabsetzung der Ausschlussdauer auf die gesetzlich zulässige Länge nach § 557a Abs. 3 BGB. Das wird aus dem Gesetzeszweck gefolgert, der demjenigen der Vorgängernorm in § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG entspricht, BGH – Urt. v. 14.6.2006 – WuM 2006, 445 mit Anm. Wiek WuM 2006, 448.

Zu beachten ist, dass bei einem formularmäßigen beiderseitigen überlangen Kündigungsverzicht die Unwirksamkeit sich nur zu Gunsten des Mieters auswirkt, während der Vermieter als Verwender an den befristeten Kündigungsverzicht gebunden bleibt (personelle Teilunwirksamkeit), LG Berlin GE 2006, 257 für einen Kündigungsverzicht auf 25 Jahre, AG Frankfurt a.M. ZMR 2007, 622: Die personelle Teilunwirksamkeit gilt auch dann, wenn nicht der Vermieter, sondern dessen Rechtsvorgänger das Formular gestellt hat, und ferner unabhängig davon, ob die Vertragsbindung im vorformulierten Text enthalten ist oder durch die Ausfüllung von Wahlmöglichkeiten vereinfacht worden ist.

Die vorerwähnten Grundsätze gelten auch für befristete Kündigungsausschlüsse, die vor Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 vereinbart worden sind; diesbezügliche Formularklauseln, die die Höchstdauer von 4 Jahren überschreiten, sind unwirksam, AG Gießen WuM 2006, 196. Kündigt der Mieter trotz wirksamen Kündigungsausschlusses, so hat der Vermieter ein Feststellungsinteresse i.S. von § 256 ZPO, dass die Kündigung unwirksam ist, LG Braunschweig ZMR 2009, 124. 9

Ein Anspruch des Mieters gegenüber dem Vermieter, einer bestimmten anderen Mietpartei etwa wegen Störung des Hausfriedens zu kündigen, besteht nicht; vielmehr hat der Mieter nur einen Anspruch auf Abhilfe, und es ist Sache des Vermieters, mit welchen Mitteln er diesen Anspruch erfüllt.2 Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn die Kündigung das einzige Mittel ist, um die Störungen zu beseitigen, 1 Zum Fall: Der Mietvertrag wurde am 6.9.2003 abgeschlossen; § 2 des Staffelmietvertrages lautete: „Das Mietverhältnis beginnt am 1.10.2003. Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und kann unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß § 573c BGB gekündigt werden, jedoch erstmals zum 30.9.2007.“ Der Mieter kündigte am 1.7.2004 zum 20.9.2004 – mit Erfolg. 2 Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 70.

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Kündigung

Rn. X 10

OLG Köln – Beschl. v. 15.1.1997 – DWW 1998, 343 = ZMR 1997, 253 für Verpflichtung des Vermieters gegenüber Wohnungseigentümern; LG Berlin GE 1999, 380 = WuM 1999, 329: Wenn andere Abhilfeversuche erfolglos geblieben sind, kann der Mieter vom Vermieter die fristlose Kündigung eines Mitmieters wegen ständiger Lärmbelästigung verlangen. Grundsätzlich kann er allerdings kein bestimmtes Verhalten verlangen, sondern nur das Ziel – den Zustand des vertragsgemäßen Gebrauchs – bezeichnen. Sache des Vermieters ist es, dieses Ziel durch geeignete Maßnahmen zu erreichen;1 s. auch KG WuM 1986, 286: Der Vermieter ist (gegenüber den anderen Wohnungseigentümern) verpflichtet, dem Mieter zu untersagen, in den Mieträumen ein Bordell zu unterhalten, sowie ihm fristlos zu kündigen, falls er der Untersagung nicht nachkommt.

Der Streitwert einer Klage des Mieters, mit der der Vermieter zur Kündigung gegenüber einem störenden Mitmieter verpflichtet werden soll, ist gemäß § 41 Abs. 5 GKG nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung bemessen worden, KG – Beschl. v. 2.11.2005 – MDR 2006, 657.

b) Kündigungserklärung Eine Kündigung kann schon vor Beginn des Mietverhältnisses erklärt werden. Das gilt nicht nur für die außerordentliche fristlose, sondern auch für die ordentliche Kündigung, BGH – Urt. v. 10.10.2001 – NZM 2001, 1077.2

Zum Ablauf der Kündigungsfrist s. Rn. X 92. Handelt es sich um einen Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen ist, ohne dass die nach § 550 BGB erforderliche Schriftform gewahrt ist, so kann sowohl nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes als auch nach dem Willen des Gesetzgebers3 die Kündigung erst zum Ablauf des ersten Jahres nach der Überlassung der Mietsache wirken. Damit ist die früher zu § 566 BGB vertretene gegenteilige Auffassung (s. BGH – Urt. v. 10.10.2001 – NZM 2001, 1077) überholt. Das kann zu unpraktischen Ergebnissen bei Mietverträgen „vom Reißbrett“ führen.4 Kommt es hier zu Leistungshindernissen (z.B. verspätete Fertigstellung, Planänderungen, durch die vorgenannten Umstände bedingte Umdispositionen auf Mieterseite), so ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift angebracht, nach der auf den Abschluss des Mietvertrages abzustellen ist. Verneint man dies, wird ein außerordentliches Kündigungsrecht insbesondere des Mieters in Betracht zu ziehen sein. 1 Zum Fall: Der Vermieter hatte bereits ein Unterlassungsurteil gegen den Störer erwirkt, ohne dass hierdurch Abhilfe geschaffen werden konnte. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte schon vor Bezug der Mieträume erklärt, dass er diese wegen Kündigung seines Vertragshändlervertrages nicht beziehen werde. 3 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 47; s. auch Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 550 Rn. 20. 4 S. zu § 550 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 28; Erman/Jendrek Rn. 14; Palandt/ Weidenkaff Rn. 13; Schmidt-Futterer/Lammel Rn. 59.

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Rn. X 11

Ordentliche Vertragsbeendigung

aa) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen 11

Die Kündigungserklärung muss in ihrer rechtsgestaltenden Wirkung eindeutig gewollt sein und erklärt werden.1 Erforderlich ist nicht nur das Bewusstsein des Erklärenden, überhaupt eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, sondern auch, dass der Erklärungsempfänger die Äußerung als Kündigung verstehen muss. Hieran sind im Interesse der Rechtssicherheit und des Verkehrsinteresses strenge Anforderungen zu stellen. Der Ausdruck „Kündigung“ muss nicht verwendet werden, wenn nur der Wille des Erklärenden eindeutig erkennbar ist, sich durch seine einseitige Erklärung vom Vertrag zu lösen, BGH – Urt. v. 10.10.2001 – NZM 2001, 1077 für Anzeige des Mieters, das Mietobjekt nicht zu beziehen, OLG Rostock – Urt. v. 3.12.2001 – NZM 2003, 25 für eine Räumungsklage, LG Itzehoe WuM 1999, 41 für Erklärung des Mieters, er trete vom Mietvertrag zurück.

Dagegen lässt ein Schreiben „Aus diesen Gründen bleibt die Kündigung aufrechterhalten“ keinen Schluss auf den Ausspruch einer erneuten Kündigung zu, LG Münster WuM 1992, 372, 373, WuM 1993, 541.

12

Hat der Vermieter einer Wohnung unwirksam gekündigt, so soll in dem Schreiben des Mieters, in dem er die Rückgabe der Mietsache ankündigt, eine konkludente Kündigung gesehen werden können; jedenfalls verstoße der Vermieter gegen Treu und Glauben, wenn er dies anders sehen wolle, LG Hamburg ZMR 2004, 37.

Allenfalls unter dem zuletzt genannten Aspekt lässt sich die Beendigung des Mietverhältnisses begründen. 13

Eine Kündigung kann auch schlüssig erklärt werden, sofern sie nicht – wie etwa bei der Wohnraummiete nach § 568 BGB – formgebunden ist. Hieran sind jedoch im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit strenge Anforderungen zu stellen.2 Auch eine Kündigung durch schlüssiges Verhalten setzt ein Erklärungsbewusstsein des Kündigenden voraus und ferner, dass dem Verhalten der objektive Erklärungswert einer Kündigung zukommt. Letzteres bedeutet, dass der Wille zur einseitigen Vertragsbeendigung hinreichend klar zum Ausdruck kommt, KG – Urt. v. 16.1.2006 – WuM 2006, 193.

Zu weit geht es, die schlüssige Kündigung eines Mietverhältnisses über Gewerberaum durch einen Mieter darin zu sehen, dass dieser räumt und gleichzeitig seine Mietzahlungen einstellt, wenn der Vermieter hiervon alsbald Kenntnis erlangt, so aber OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 4.3.2005 – GuT 2005, 167, 169 = NZM 2005, 619 = ZMR 2005, 617; einschränkend dagegen KG – Urt. v. 16.1.2006 – WuM 2006, 193.

1 S. dazu Flatow NZM 2004, 281: Typische Fehler bei der Kündigungserklärung. 2 S. zu § 542 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 13; Staudinger/Rolfs Rn. 73.

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Kündigung

Rn. X 15

Eine Kündigung kann auch im Rahmen einer Prozesshandlung erklärt werden. Aus dieser muss aber für den Erklärungsgegner eindeutig erkennbar sein, dass neben der Prozesshandlung auch eine materiell-rechtliche Erklärung abgegeben wird und nicht die Rechtfertigung für eine schon ausgesprochene Kündigung,1

14

BGH – Urt. v. 9.7.2003 – WuM 2003, 569: In der Erhebung einer Räumungsklage und in weiteren Prozesshandlungen eines Räumungsrechtsstreits kann eine schlüssige Kündigungserklärung liegen. Das setzt jedoch voraus, dass mit hinreichender Deutlichkeit der Wille des Klägers erkennbar ist, die Prozesshandlung solle nicht nur der Durchsetzung einer bereits außerprozessual erklärten Kündigung dienen, sondern daneben auch eine materiell-rechtliche Willenserklärung enthalten. Auf einen solchen Willen des Vermieters kann, wenn bereits vorprozessual gekündigt worden ist, in der Regel nur dann geschlossen werden, wenn er sich bei der Klageerhebung oder einer weiteren prozessualen Erklärung für seinen Räumungsanspruch auf neue Kündigungsgründe oder auf andere Umstände stützt, die die erneute Kündigung für den Fall, dass die erste Kündigung unwirksam gewesen sein sollte, von seinem Standpunkt aus als aussichtsreich erscheinen lassen; s. auch BayObLG – RE v. 14.7.1981 – NJW 1981, 2197 = WuM 1981, 200, 202 = ZMR 1981, 333, OLG Zweibrücken – RE v. 17.2.1981 – MDR 1981, 585 = WuM 1981, 177, 178 = ZMR 1982, 112; großzügiger allerdings OLG Rostock – Urt. v. 3.12.2001 – NZM 2003, 25: Eine Kündigung kann in der Erhebung einer Räumungsklage liegen. Dabei sind an die Kündigung keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Es muss sich aus ihr ausreichend klar ergeben, dass es sich um eine vertragsbeendende Willenserklärung und nicht nur um prozessualen Vortrag handelt.

Zum Teil wird schlicht in der Klageerhebung eine (neue) schlüssig erklärte Kündigung gesehen, ohne dass auf rechtsgeschäftliche Erfordernisse eingegangen wird, so OLG Köln – Urt. v. 12.7.1995 – WuM 1996, 270 = ZMR 1996, 24.

Ebenso wenig kann dann, wenn auf Räumung und auf Zahlung geklagt wird, in der Erhöhung der Zahlungsklage eine Kündigung gesehen werden, anders OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.2.1995 – WuM 1995, 434 = ZMR 1995, 203.

Zur Wahrung der Schriftform bei einer Kündigung durch einen Prozessschriftsatz s. Rn. X 37. Eine schlüssig erklärte Kündigung kann insbesondere dann nicht angenommen werden, wenn sich die klagende Partei in ihrem Prozessvorbringen auf eine bestimmte vorprozessual erklärte Kündigung bezieht; denn damit gibt sie zu erkennen, dass sie gerade keine neue Kündigung aussprechen will, ihr jedenfalls das entsprechende Erklärungsbewusstsein fehlt. Für die Annahme, eine (erneute) Kündigung sei im Prozessvorbringen ausgesprochen, genügt also nicht das Vorbringen, die (früher einmal ausgesprochene) Kündigung werde auch auf diese oder jene Umstände gestützt. Für die rechtsgeschäftlich zu stellenden Anforderungen kommt es auch auf den Status des Erklärenden an; so sind an die Erklärungen eines Rechts1 Flatow NZM 2004, 281, 285; s. auch Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 19.

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Rn. X 16

Ordentliche Vertragsbeendigung

anwalts strengere Maßstäbe anzulegen als an eine juristisch nicht gebildete Privatperson, das Gleiche gilt für ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung im Verhältnis zu einem Kleingewerbetreibenden. 16

Die Angabe eines unrichtigen Kündigungstermins hat nicht die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge, LG Köln ZMR 1992, 343.

Ebenso wenig muss überhaupt ein Kündigungstermin angegeben werden, BGH – Beschl. v. 25.10.1995 – NJW-RR 1996, 144 für die außerordentliche Kündigung nach § 57a ZVG.

Andererseits kann der Kündigende es nicht bewusst offen lassen, zu welchem Zeitpunkt er das Mietverhältnis zu beenden gedenkt; eine derartige Kündigung wäre unwirksam,1 BGH – Urt. v. 22.10.2003 – NZM 2004, 66 = WuM 2004, 271 = ZMR 2004, 172.

Eine derart unbestimmte (fristlose) Kündigung soll dagegen nicht vorliegen, wenn der Mieter zwar keinen konkreten Auszugstermin genannt, sondern nur mitgeteilt hat, dass er neue Räumlichkeiten suche und in Kürze den Auszugstermin mitteilen werde, OLG Düsseldorf – Urt. v. 20.9.2007 – MietRB 2008, 72, 73 (Eupen).

Wird die gekündigte Wohnung nicht richtig bezeichnet, so wird das im Regelfall als unschädliche Falschbezeichnung zu werten sein, sofern der Kündigungsempfänger erkennt oder nach Treu und Glauben erkennen muss, welches Mietverhältnis von der Kündigung betroffen wird, anders LG Berlin ZMR 1992, 346: Die Kündigung ist unwirksam.

17

Die Kündigung ist bedingungsfeindlich. Eine Ausnahme wird für den Fall zugelassen, dass der Eintritt allein vom Willen des Erklärungsempfängers abhängt.2 Aus diesem Grund wird z.B. eine Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung zugelassen, soweit diese nicht – wie bei der Wohnraummiete (s. § 573 Abs. 1 Satz 2 BGB) – ausgeschlossen ist. Das Gleiche gilt für die fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB, die unter der Bedingung erklärt wird, dass der Vermieter bestimmte Mängel binnen einer gleichzeitig gesetzten Frist nicht beseitigt, OLG Hamburg – Urt. v. 21.7.2000 – NZM 2001, 131 = ZMR 2001, 25.

Um eine unzulässige Bedingung handelt es sich, wenn der Kündigende die Wirkungen der Kündigung von einem zwar gewissen, zeitlich aber unbestimmten Ereignis – z.B. Bezug erst anzumietender Ersatzräume – abhängig macht, BGH – Urt. v. 22.10.2003 – MDR 2004, 269 = NZM 2004, 66 = WuM 2004, 271 = ZMR 2004, 172. 1 Zum Fall: Die Kündigung lautete: „Nach § 542 Abs. 1 BGB (a.F.) kündigen wir hiermit den Mietvertrag außerordentlich. Die Kündigung wird nicht mit sofortiger Wirkung ausgesprochen, sondern zu dem Zeitpunkt, zu dem wir andere Geschäftsräume beziehen können.“ 2 S. auch die Beispiele bei Flatow NZM 2004, 281, 284.

1274

Kündigung

Rn. X 19

Um eine Bedingung handelt es sich nicht, wenn der Vermieter wegen schuldhafter Pflichtverletzungen neben einer fristlosen Kündigung aus §§ 543, 569 Abs. 2 BGB eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausspricht. Eine derartige Kündigung ist vielmehr unbedingt, jedoch mit der Einschränkung erklärt, dass ihre Wirksamkeit erst nachrangig nach der fristlosen Kündigung zu prüfen ist,

18

BGH – Urt. v. 16.2.2005 – NZM 2005, 534 = WuM 2005, 250 = ZMR 2005, 356 zur fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs, s. dazu auch Rn. XII 138, 165.

Eine derartige Staffelung wird in der Regel zweckmäßig sein, da bei der ordentlichen Kündigung das Maß des schuldhaften Vertragsverstoßes hinter dem für eine fristlose Kündigung Erforderlichen zurückbleiben kann. Werden mehrere Kündigungen nebeneinander ausgesprochen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten wirken, so muss der Kündigende die Rangfolge der Kündigungen angeben, damit klargestellt ist, zu welchem Termin das Mietverhältnis enden soll, s. LG Mannheim NZM 2004, 256 = WuM 2004, 99, 100 zur Rangfolge einer Sonderkündigung einer Einliegerwohnung und einer Verwertungskündigung des Mietverhältnisses über dieselbe Wohnung.

Geschieht dies nicht und ergibt sich die Rangfolge auch nicht schlüssig, so sind die Kündigungen unwirksam,1 LG Wiesbaden WuM 1998, 284, 285.

Eine Kündigung, die von einem Nichtberechtigten erklärt wird, ist unwirksam; die Gestaltungswirkung der Kündigung verträgt aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keinen Schwebezustand, so dass eine Genehmigung nach § 185 Abs. 2 BGB nicht zulässig ist (s. auch Rn. X 23).2 Ein Sonderfall ist zu beachten, wenn die Verfügungsbefugnis des Vermieters auf eine dritte Person übergeht, etwa auf den Zwangsverwalter oder den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Vermieters. Mit der Beschlagnahme kann nur noch der Zwangsverwalter kündigen und Kündigungen rechtswirksam empfangen (§§ 148 Abs. 2, 152 ZVG). Im Falle der Vermieterinsolvenz kommt es im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens für die Kündigungsbefugnis darauf an, ob ein „starker“ oder ein „schwacher“ Insolvenzverwalter bestellt worden ist (s. § 22 InsO): Nur im letzteren Fall behält der Vermieter die Verwaltungs- und Kündigungsbefugnis.3

1 Anders Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 16 a.E.: Im Zweifel hat die außerordentliche fristlose Kündigung den Vorrang. 2 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 41 a.E. 3 S. dazu Flatow NZM 2004, 281, 283.

1275

19

Rn. X 20

Ordentliche Vertragsbeendigung

bb) Personenmehrheit 20

Bei einer Personenmehrheit auf der einen oder anderen Vertragsseite muss eine Kündigung von allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gegenüber den auf der anderen Vertragsseite Beteiligten erklärt werden,1 OLG Frankfurt a.M. – Beschl. v. 13.12.1990 – WM 1991, 96 = ZMR 1991, 103, LG Limburg WuM 1993, 47, LG Mannheim WuM 1994, 539, s. auch BGH – RE v. 10.9.1997 – NJW 1997, 3437, 3439 = ZMR 1998, 17, 20 zur Passivvertretung.

20a

Eine Ausnahme gilt für gewerbliche Mietverhältnisse bei Insolvenz eines Mitmieters nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO: Der Insolvenzverwalter kann auch ohne Zustimmung der übrigen Mieter das Mietverhältnis kündigen.2 Eine weitere Ausnahme gilt, wenn ein neuer Mieter unter Verstoß gegen das Schriftformerfordernis nach § 550 BGB einem wirksamen langfristigen Mietvertrag beigetreten ist. In diesem Fall kann nach Maßgabe des § 550 BGB nur er kündigen und nur ihm gegenüber gekündigt werden, BGH – Urt. v. 2.7.1975 – BGHZ 65, 49, 52 = NJW 1975, 1653 = WuM 1976, 26.

20b

Unschädlich soll sein, dass bei einer Kündigung durch eine Erbengemeinschaft außer allen Erben ein Dritter, der weder Erbe noch Vermieter ist, an der Kündigung mitwirkt, LG Düsseldorf DWW 1993, 103, LG Berlin ZMR 2004, 192.

21

Ist gegenüber einer Mehrheit von Personen zu kündigen, die nicht am gleichen Ort wohnen, so dass es mehrerer Kündigungserklärungen bedarf, so ist die Kündigung nur wirksam, wenn die Gesamtheit der Erklärungen gegenüber den mehreren Personen in einem unmittelbaren engen zeitlichen Zusammenhang steht, LG Cottbus NJW-RR 1995, 524 = WuM 1995, 38 im Anschluss an OLG Düsseldorf – Urt. v. 2.7.1987 – NJW-RR 1987, 1369.

Die Rechtswirkungen treten mit dem Zugang bei dem letzten Empfänger ein; ein Zeitunterschied zwischen dem ersten und dem letzten Zugang bis zu einem Monat ist unschädlich,3 LG München I WuM 1999, 218. Bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft als Vermieter kann der einzelne Miterbe das Mietverhältnis über eine Wohnung auch dann nicht allein kündigen, wenn er testamentarisch als „Erbe“ des Wohnhauses bestimmt worden ist, AG Rheine WM 1992, 372. 22

Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Mieter- oder Vermieterseite Vertragspartei, so ist danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Außengesellschaft mit Rechtsfähigkeit oder um eine sonstige BGB-Gesellschaft handelt (s. dazu Rn. I 92, 99). Im ersteren Fall ist die GbR als solche zur Kündigung berechtigt und Kündigungsadressat. Kündigt die GbR, so muss sich aus der 1 S. dazu Flatow NZM 2004, 281, 282; Dötsch MietRB 2008, 344. 2 Lindner-Figura/Hörndler Kap. 20 Rn. 61 f. 3 S. dazu auch Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 15.6; einschränkend Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 13.

1276

Kündigung

Rn. X 25

Kündigungserklärung die Vertretungsberechtigung der kündigenden Gesellschafter ergeben, sofern die Kündung nicht von allen Gesellschaftern erklärt wird. Zum Vollmachtsnachweis s. BGH – Urt. v. 9.11.2001 – NZM 2002, 163. Besteht entsprechend dem gesetzlichen Leitbild (§§ 709, 714 BGB) eine Gesamtvertretung, so reicht der Zugang der Kündigung bei nur einem der Gesamtvertreter aus.1 Gleichwohl muss aus der Kündigung für den Empfänger erkennbar hervorgehen, dass sie an die GbR als solche oder an alle Gesellschafter gerichtet ist, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.11.1995 – WuM 1996, 706 = ZMR 1996, 324.

Bei einer „einfachen“ BGB-Gesellschaft muss eine Kündigung von allen Gesellschaftern erklärt werden, sofern hierfür nicht eine Einzelvollmacht zugunsten eines Gesellschafters besteht. Aus der Kündigungserklärung muss sich die Vertretungsberechtigung ergeben. Wird die Kündigung nur von einem der an einer Personenmehrheit Beteiligten im eigenen Namen ausgesprochen, so ist sie grundsätzlich unwirksam. Eine Genehmigung durch die übrigen Beteiligten nach § 185 Abs. 2 BGB scheidet aus. Diese Vorschrift ist nämlich auf Gestaltungserklärungen, die im Hinblick auf Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keinen Schwebezustand vertragen, nicht anwendbar,

23

LG Hamburg NZM 2000, 656.

Der gleiche Gesichtspunkt gilt, wenn einer der Beteiligten die Kündigung zugleich im Namen der übrigen Beteiligten erklärt, ohne bevollmächtigt zu sein; auch in diesem Zusammenhang kann die Kündigung nicht durch nachträgliche Genehmigung gemäß § 180 Satz 2 BGB geheilt werden, OLG Celle – Urt. v. 2.12.1998 – MDR 1999, 799 = ZMR 1999, 237; anders OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.9.2006 – ZMR 2006, 927.2

Für den Zugang der Kündigung bei einer „einfachen“ BGB-Gesellschaft ist zu beachten: Besteht eine Gesamtvertretung nach §§ 709 Abs. 1, 714 BGB, so genügt auch hier, dass die Kündigung einem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht. Jedoch muss aus der Kündigung hervorgehen, dass sie an alle Gesellschafter gerichtet ist (s. Rn. X 22). Besteht keine Gesamtvertretung (s. § 710 BGB), so kann die Kündigung nur gegenüber den vertretungsberechtigten Gesellschaftern erklärt werden. Jedoch ist es unschädlich, die Kündigung allen Gesellschaftern gegenüber zu erklären. Dies ist insbesondere zu empfehlen, wenn dem Kündigenden die Vertretungsverhältnisse nicht bekannt sind.

24

Ist die Kündigung an sich mehreren Personen gegenüber zu erklären, so kann die Berufung des Kündigungsempfängers, dass die Kündigung nicht gegenüber allen Vertragspartnern zugegangen ist, im Einzelfall treuwidrig sein. Das kommt etwa in Betracht, wenn einer der Mitmieter die Wohnung verlässt, keine neue Anschrift angibt und für den Vermieter nicht mehr erreichbar ist.

25

1 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 24; Kraemer WuM 2002, 459, 464; Weitemeyer ZMR 2004, 153, 165. 2 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 41.

1277

Rn. X 26

Ordentliche Vertragsbeendigung

Hier kann es genügen, die Kündigung nur gegenüber den dem Vermieter bekannten Personen zu erklären,1 OLG Frankfurt – Beschl. v. 13.12.1990 – WuM 1991, 76 = ZMR 1991, 103, LG Stuttgart WuM 1996, 94: Die Kündigung des Mietvertrages allein gegenüber dem in der Wohnung verbliebenen Mitmieter ist dann wirksam, wenn der Aufenthalt des vor mehreren Jahren ausgezogenen Mitmieters dem Vermieter unbekannt geblieben ist. Vgl. auch LG Frankfurt WuM 1992,128, LG Limburg WuM 1993, 47; a.A. OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.9.2005 – GE 2006, 325: Dem Vermieter ist zuzumuten, die fristlose Kündigung öffentlich zustellen zu lassen.

26

Haben sich Mitmieter als Partner einer Lebens- oder Wohngemeinschaft getrennt und ist einer von ihnen aus der gemeinsam angemieteten Wohnung endgültig ausgezogen, so verstößt der in der Wohnung verbliebene Mieter gegen Treu und Glauben, wenn er sich darauf beruft, eine Kündigung hätte auch gegenüber dem aus der Wohnung ausgezogenen Mitmieter erklärt werden müssen. Vielmehr muss er sich so behandeln lassen, als sei er jetzt der alleinige Mieter, BGH – Urt. v. 16.3.2005 – NZM 2005, 452 = WuM 2005, 341 = ZMR 2005, 522: Haben mehrere Mieter als Partner einer Lebens- oder Wohngemeinschaft gemeinsam eine Wohnung gemietet und zieht einer der Mieter aus, so wird diesem ein Anspruch eingeräumt, an der – für eine Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich erforderlichen – gemeinsamen Kündigung mitzuwirken, sofern nicht berechtigte Interessen des anderen Mieters dem entgegenstehen (OLG Köln WuM 1999, 521). Dem Mieter, der die Wohnung nicht kündigen, sondern allein weiter nutzen will, bleibt es unbenommen, dieses mit dem Vermieter zu vereinbaren. Daraus folgt, dass der Mieter, der die Wohnung im Einverständnis des Vermieters allein weiter nutzt und deshalb an einer Kündigung nicht mitwirkt, gegenüber dem ausziehenden Mieter und dem Vermieter nach § 242 BGB verpflichtet ist, an einer der tatsächlichen Nutzung entsprechenden Vertragsänderung – nämlich der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit ihm allein – mitzuwirken und dadurch der Entlassung des ausziehenden Mieters aus dem Mietverhältnis zuzustimmen. Der Mieter verhält sich widersprüchlich, der einerseits das Mietverhältnis nicht gemeinsam mit dem ausziehenden Mieter kündigt, sondern die Wohnung weiter nutzt, und der andererseits seine Zustimmung zur Entlassung des Mitmieters verweigert, ohne dass dies durch schutzwürdige Interessen gerechtfertigt wäre.

Gegen sein eigenes früheres Verhalten und damit gegen Treu und Glauben kann auch derjenige Mieter verstoßen, der in einem wie zuvor gelagerten Fall dem Vermieter gegenüber zunächst erklärt, es genüge, dass eine Kündigung allein ihm gegenüber ausgesprochen werde, sich später aber auf den Formmangel beruft, LG Mannheim WuM 1994, 539, Der Auszug eines Mitmieters ohne Mitteilung der neuen Anschrift genügt aber noch nicht, um von der Kündigung auch gegenüber dem Ausgezogenen abzusehen. In diesem Falle muss der Vermieter einerseits die Kündigung an beide Mieter richten, kann aber andererseits die bisherige Anschrift des ausgezogenen Mitmieters verwenden (s. Rn. X 48), s. LG Mannheim DWW 1997, 190.

1 S. dazu Dötsch MietRB 2008, 344, 345.

1278

Kündigung

Rn. X 28

cc) Stellvertretung und Vollmacht Bei einer Kündigung ist eine Vertretung ohne Vertretungsmacht grundsätzlich ausgeschlossen (§ 180 Satz 1 BGB, s. auch Rn. X 31). Individuelle Vollmachten zum Ausspruch oder zur Empfangnahme von Kündigungen unterliegen keinen besonderen Schranken. Zum Umfang einer Prozessvollmacht s. Rn. X 28.

27

Eine im Mietvertrag erteilte wechselseitige Vollmacht der Mieter zur Abgabe und Empfangnahme von Erklärungen ist im Zweifel dahin auszulegen, dass sie sich nur auf Erklärungen bezieht, die im Rahmen des bestehenden Mietverhältnisses abzugeben sind (s. Rn. II 277). Andere Maßstäbe gelten für formularmäßige Vollmachtsklauseln: Während auch in Bezug auf Kündigungserklärungen Empfangsklauseln (Passivvertretung) unbedenklich sind, sind Erklärungsklauseln (Aktivvertretung) unwirksam (s. Rn. II 277). Entsprechend verhält es sich mit einer Formularklausel, nach den Rechtshandlungen und Willenserklärungen eines Mieters auch für die anderen Mitmieter verbindlich sein sollen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 17.10.2006 – ZMR 2008, 44.

Zur Vollmacht, wenn eine GbR kündigt oder Kündigungsempfänger ist, s. BGH – Urt. v. 9.11.2001 – NZM 2002, 162 = ZMR 2002, 893 und Rn. X 22. Wird die Kündigung nur einem bevollmächtigten Mieter gegenüber erklärt und soll dieser zugleich als Empfangsbevollmächtigter des anderen Mieters angesprochen werden, so muss das in der Kündigung zum Ausdruck kommen.1 Das ist nicht der Fall, wenn das Kündigungsschreiben den Eindruck erweckt, es werde nur der eine Mieter als Vertragspartei angesprochen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 30.11.1995 – WuM 1996, 706 = ZMR 1996, 324.

Ob eine Prozessvollmacht auch den Ausspruch oder die Empfangnahme einer Kündigung mit umfasst, ist eine Frage der Auslegung. Sie wird im Zweifel zu bejahen sein, soweit es den Ausspruch einer Kündigung anbelangt; denn die Prozessvollmacht umfasst regelmäßig auch die Befugnis, diejenigen materiellen Rechte auszuüben, die zur Durchsetzung des Prozessziels geboten sind, LG Berlin GE 1994, 1315: Die Erteilung einer Prozessvollmacht für die Erhebung einer Räumungsklage umfasst im Zweifel auch die Vollmacht, eine weitere Kündigung auszusprechen.

Aber auch die Empfangnahme einer Kündigung soll von einer Prozessvollmacht, die zur Abwehr einer Räumungsklage erteilt worden ist, regelmäßig gedeckt sein. Wird die Vollmacht im Innenverhältnis beschränkt, so wirkt die Beschränkung im Außenverhältnis nicht, wenn sie nicht offen gelegt worden ist, BGH – Beschl. v. 23.2.2000 – NZM 2000, 382, ebenso die Vorinstanz OLG Brandenburg – Urt. v. 18.2.1998 – ZMR 2000, 373, im Ergebnis auch BGH – Urt. v. 13.2.1980 – MDR 1980, 573 nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht, soweit der zum Empfang der Kündigung nicht bevollmächtigte Rechtsanwalt den Auftrag der Partei annimmt, gegen die Kündigung nicht nur wegen Fehlens der Prozessvollmacht, sondern auch materiell vorzugehen; 1 Flatow NZM 2004, 281, 282.

1279

28

Rn. X 29

Ordentliche Vertragsbeendigung

auch LG Hamburg MDR 1996, 145 für Empfangsvollmacht, soweit die Erklärungen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Rechtsstreit und dem bisherigen Streitstoff stehen; anders LG Berlin WuM 1987, 25.1

Diese Auffassung entspricht dem Verkehrsinteresse sowie der Prozesswirtschaftlichkeit. 29

Die Kündigung kann nach § 174 BGB (nur unverzüglich) zurückgewiesen werden, wenn ihr eine Originalvollmacht nicht beilag, BGH – Urt. v. 4.2.1981 – WuM 1981, 258: Eine beglaubigte Abschrift der Vollmachtsurkunde reicht nicht; ebenso OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 17.3.1995 – NJW-RR 1996, 10.

Die Zurückweisung ist jedoch dann nicht zulässig, wenn eine Prozessvollmacht vorgelegt worden ist; denn diese umfasst regelmäßig auch die Vollmacht zur Kündigung (s. Rn. X 28) und auf sie ist § 174 BGB jedenfalls nicht anzuwenden, wenn sie auf einen Rechtsanwalt lautet,2 BGH – Urt. v. 18.12.2002 – MDR 2003, 451 = NZM 2003, 229 = WuM 2003, 149 = ZMR 2003, 406: § 174 BGB findet auf eine von einem Rechtsanwalt im Rahmen des gesetzlichen Umfangs seiner Prozessvollmacht abgegebene materiell-rechtliche Erklärung3 keine Anwendung. Aus den Gründen: Die Vorschriften der §§ 78 f. ZPO a.F. bilden für die Prozessvollmacht ein Sonderrecht. Die allgemeinen Regeln der §§ 164 f. BGB finden auf die Prozessvollmacht nur insoweit Anwendung, als die ZPO auf sie verweist oder in ihnen allgemeine Rechtsgedanken der Stellvertretung zum Ausdruck kommen. Das ist beim Zurückweisungsrecht jedenfalls gegenüber einem Rechtsanwalt nicht der Fall. Das Zurückweisungsrecht des § 174 BGB dient dem Schutz desjenigen, dem gegenüber im Namen eines anderen ein einseitiges Rechtsgeschäft vorgenommen wird, weil dieser einerseits keine Gewissheit darüber hat, ob der als Bevollmächtigter Auftretende über eine entsprechende Vollmacht verfügt und andererseits eine Genehmigung durch den Vertretenen bei einseitigen Rechtsgeschäften nach § 180 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. Die Regelung ist danach auf die bürgerlich-rechtliche Vollmacht zugeschnitten, die formfrei erteilt und willkürlich beschränkt werden kann. Demgegenüber ist für die Prozessvollmacht in § 88 Abs. 1, 2 (2. Halbsatz) ZPO bestimmt, dass beim Auftreten eines Rechtsanwalts als Bevollmächtigter der Mangel der Vollmacht vom Gericht nur bei einer – in jeder Lage des Verfahrens zulässigen – Rüge vom Amts wegen zu berücksichtigen ist. Im Ergebnis ebenso LG Berlin GE 2003, 1081.

Anders verhält es sich, wenn eine Prozessvollmacht nicht vorgelegt und dies auch nicht gerügt worden ist; die unterbliebene Rüge der Prozessvollmacht schließt die Zurückweisung einer Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB nicht aus, LG Berlin GE 1994, 1315.

Die Gefahr der Zurückweisung einer Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB besteht insbesondere dann, wenn es sich um eine Vollmachtskette handelt.4 1 2 3 4

Anders auch Sonnenschein NJW 1990, 17, 24. Einschränkend Flatow NZM 2004, 281, 284. Zum Fall: Erhöhungsverlangen nach § 558 BGB. Z.B. Kündigung des vom Hausverwalter beauftragten Anwalts für den Grundeigentümer/Vermieter.

1280

Kündigung

Rn. X 32

Wird die Kündigung zurückgewiesen, so genügt es nicht, die Vollmachtsurkunde nachzureichen. Vielmehr muss die Kündigung – diesmal unter Beifügung der Vollmacht – wiederholt werden. Schuldhaftes Zögern bei Zurückweisung einer Kündigung mangels Vorlage einer Vollmacht setzt neben einem nicht mehr hinnehmbaren Zeitablauf ein vorwerfbares Verhalten voraus. Auch ist die Zurückweisung einer Kündigung nach § 174 BGB nicht schon deshalb treuwidrig, weil der Kündigungsempfänger mit einer Kündigung rechnen konnte,

30

OLG München – Urt. v. 4.8.1994 – ZMR 1997, 285.

Eine Frist von 14 Tagen ist nicht mehr „unverzüglich“, KG – Urt. v. 22.5.2008 – WuM 2008, 398.

Nach § 174 Satz 2 BGB ist die Zurückweisung ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung des Erklärenden kennt. Es genügt, dass der Empfänger schlüssig von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden ist, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 17.3.1995 – NJW-RR 1996, 10 durch Abschluss des Mietvertrages mit dem Hausverwalter für den Eigentümer.

Wird in einem solchen Fall lediglich die Kopie einer Vollmacht der Kündigung beigefügt, so ist dies unschädlich und schließt etwaige Zweifel am Fortbestand der Vollmacht aus (OLG Frankfurt a.M. a.a.O.). Die Zurückweisung einer Kündigung nach § 174 BGB kann auch dann unzulässig sein, wenn die Vollmachtsurkunde früher einmal vorgelegt worden ist, sofern die Vollmacht auch die weiteren Geschäfte – hier Kündigung – abdeckt, LG Freiburg WuM 1991, 689, LG Bonn ZMR 1992, 18, LG Bremen WuM 1993, 605 für Verwaltervollmacht.

Hat ein Vertreter die Kündigung ohne Vertretungsmacht erklärt, so kann die Kündigung nicht durch nachträgliche Genehmigung gemäß §§ 180 Satz 2, 177 Abs. 1 BGB geheilt werden; dem steht entgegen, dass die Wirkung der Kündigung aus Gründen der Rechtssicherheit keinen Schwebezustand verträgt,

31

OLG Celle – Urt. v. 2.12.1998 – MDR 1999, 799 = ZMR 1999, 237.

Ausnahmsweise soll jedoch gemäß § 180 Satz 2 BGB die Vorschrift des § 177 BGB auf empfangsbedürftige einseitige Willenserklärungen entsprechende Anwendung finden, wenn der Erklärungsempfänger die vom Vertreter durch die Unterzeichnung des Schriftstücks behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 7.9.2006 – ZMR 2006, 927 zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs; a.A. OLG Celle – Urt. v. 2.12.1998 – MDR 1999, 799 = ZMR 1999, 237.

Eine verdeckte Stellvertretung ist bei Erklärung der Kündigung nicht zugelassen worden,2 LG Augsburg NJW-RR 1992, 520, LG Hamburg ZMR 1993, 167, LG Köln WuM 1997, 219. 1 So auch zu § 542 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 54; Staudinger/Rolfs Rn. 28. 2 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 44.

1281

32

Rn. X 33

Ordentliche Vertragsbeendigung

Jedoch hält es der BGH für zulässig, dass der Veräußerer den noch nicht eingetragenen Erwerber ermächtigt, eine Kündigung im eigenen Namen auszusprechen. Der Unterschied zur Stellvertretung liege im Wesentlichen darin, dass der Stellvertreter die Erklärung im fremden Namen abgebe, der Ermächtigte dagegen im eigenen Namen. Der Ermächtigte könne ebenso wenig wie der Stellvertreter frei entscheiden, ob er kündigen wolle; vielmehr führe er seine Befugnis auf die Erlaubnis des materiell Berechtigten zurück, der diese bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts nach § 183 BGB widerrufen könne, BGH – Urt. v. 10.12.1997 – MDR 1998, 271 = NJW 1998, 896 = NZM 1998, 146 = WuM 1998, 99 = ZMR 1998, 214, BGH – Urt. v. 11.9.2002 – NZM 2002, 951 = WuM 2001, 601 = ZMR 2002, 907,1 KG – Urt. v. 4.2.2008 – WuM 2008, 153 = ZMR 2008, 365 = MietRB 2008, 163 (Eupen), ebenso BGH – Urt. v. 13.2.2008 – WuM 2008, 219 für die Ankündigung und Durchführung einer Modernisierung.

33

Der Mieter ist dadurch geschützt, dass er die Kündigung unverzüglich zurückweisen kann, wenn die Ermächtigung nicht in schriftlicher Form vorgelegt wird. Die Zurückweisung ist aber ausgeschlossen, wenn der Vermieter den Mieter von der Ermächtigung in Kenntnis gesetzt hatte (§§ 182 Abs. 3, 111 Sätze 2, 3 BGB). Die für die Gewerberaummiete ergangene Entscheidung des BGH ist grundsätzlich auch für die Wohnraummiete zu beachten. Soweit es sich allerdings um personenbezogene Kündigungsgründe handelt, wie etwa Eigenbedarf oder persönliche Angriffe auf den Vermieter, wird eine Ermächtigung nicht zuzulassen sein, weil hier die Kündigungsbefugnis mit den persönlichen Verhältnisses des Veräußerers als „Noch-Vermieter“ verknüpft ist. Eine Ermächtigung des Erwerbers zur Kündigung liegt nicht schon in der in Grundstückskaufverträgen enthaltenen Klausel, dass der Käufer ab einem bestimmten Zeitpunkt oder ab Vertragsschluss auf Vermieterseite in das Mietverhältnis des Verkäufers mit dem Mieter des verkauften Grundstücks eintritt, OLG Celle – Urt. v. 9.6.1999 – NZM 2000, 93 = ZMR 1999, 618.

Anders verhält es sich, wenn der Vermieter dem Erwerber eine „Vollmacht“ erteilt, die Rechte aus dem Mietvertrag im eigenen Namen auszuüben, und der Erwerber eine Freihalteverpflichtung gegenüber dem (Noch-)Vermieter übernimmt, KG – Urt. v. 4.2.2008 – WuM 2008, 153 = ZMR 2008, 365 = MietRB 2008, 163 (Eupen).

34

Besteht eine Betreuung, so ist die Kündigung an den Betreuer zu richten, LG Dresden WuM 1994, 377, AG Hamburg ZMR 2001, 898.

Sie wird nicht dadurch wirksam, dass der Pfleger/Betreuer in die Prozessakte Einsicht und Kenntnis von der Kündigung nimmt; denn eine nicht wirksam 1 Zustimmend Bub/Treier/Heile Rn. II 865; zu § 542 BGB: Erman/Jendrek Rn. 8; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 36; Staudinger/Rolfs Rn. 19; kritisch: Fischer-Dieskau/ Franke Anm. 16.1.3; Herrlein/Kandelhard Rn. 20.

1282

Kündigung

Rn. X 37

zugegangene Kündigung kann nur durch Neuvornahme „geheilt“ werden, nicht aber durch Kenntnisnahme seitens des gesetzlichen Vertreters, a.A. LG Frankfurt a.M. WuM 1993, 487.

Zu beachten ist, dass die Kündigung des Betreuers der vormundschaftsrichterlichen Genehmigung bedarf. Kündigt der Pfleger (Betreuer) namens des Pfleglings (Betreuten) als Vermieter, so liegt nämlich eine nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812, 1815 BGB genehmigungsbedürftige Verfügung vor, OLG Hamm – Beschl. v. 24.10.1990 – MDR 1991, 251.

Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist auch erforderlich, wenn der Betreuer das Wohnraummietverhältnis des Betreuten kündigen oder durch Aufhebungsvereinbarung beenden will (§ 1907 Abs. 1 BGB ). Sie darf nur erteilt werden, wenn endgültig feststeht, dass eine Rückkehr des Mieters in die eigene Wohnung auf Dauer auszuschließen ist, OLG Oldenburg – Beschl. v. 5.7.2002 – NZM 2003, 232.

Wird eine Kündigung gegenüber dem Prozesspfleger ausgesprochen, so ist sie nicht wirksam zugegangen, wenn sich die Pflegschaft ausweislich der Bestellungsurkunde nur auf Vornahme von Prozesshandlungen bezieht, nicht jedoch allgemein auf Mietangelegenheiten (s. §§ 1896 Abs. 2 Satz 1, 1902 BGB). Erforderlich ist demnach, den Wirkungskreis des Pflegers/Betreuers auf den Empfang von Kündigungserklärungen zu erstrecken,

35

LG Hamburg MDR 1993, 44 = WuM 1993, 60, weiter gehend LG Frankfurt a. M. WuM 1993, 60 für Gebrechlichkeitspfleger.

dd) Schriftform Die Wahrung der gesetzlichen Schriftform (§ 126 BGB) für die Kündigung ist nur bei Mietverhältnissen über Wohnraum Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 568 Abs. 1 BGB). Das gilt auch für Mietverhältnisse, die im Übrigen keinen Bestandsschutz genießen (§ 549 Abs. 2 BGB). Die Schriftform erfordert die eigenhändige Unterschrift.1 Die Form ist nicht gewahrt, wenn die Unterschrift eine wellenförmige Linie bildet, aus der der Name des Unterzeichnenden nicht identifiziert werden kann; das gilt jedenfalls dann, wenn eine maschinenschriftliche Namenszufügung fehlt,

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AG Dortmund NZM 2000, 32; abweichend OLG Köln – Urt. v. 28.6.2005 – NZM 2005, 705: Die Unterschrift unter einen Mietvertrag nach Art einer „Wellenlinie“ ist wirksam, wenn die ersten beiden „Wellen“ den Buchstaben „W“ ergeben und damit den Anfangsbuchstaben des Namens W... ergeben und wenn die weiteren „Wellen“ ersichtlich für den Rest des Namens stehen.

Es entspricht allgemeiner Meinung, dass die gesetzliche Schriftform der Kündigung durch einen Prozessschriftsatz nur dann gewahrt ist, wenn auf der für den Empfänger bestimmten Kopie des Schriftsatzes diejenigen Personen iden1 S. Schmidt-Futterer/Blank BGB § 568 Rn. 10.

1283

37

Rn. X 38

Ordentliche Vertragsbeendigung

tisch sind, die für den Schriftsatz verantwortlich zeichnen und die ihn beglaubigt haben, BGH – Beschl. v. 4.7.1986 – NJW-RR 1987, 395 = WuM 1987, 209 = ZMR 1987, 56, grundsätzlich OLG Zweibrücken – RE v. 17.2.1981 – WuM 1981, 177 = ZMR 1982, 112.

Dagegen ist die Kündigung zu gerichtlichem Protokoll formnichtig,1 LG Berlin GE 1989, 17, AG Münster WuM 1987, 273, AG Braunschweig WuM 1990, 153.

38

Für die Wahrung der gesetzlichen Schriftform bei Abschluss und Änderung längerfristiger Mietverträge nach § 550 BGB hat der BGH die Anforderungen erheblich gesenkt, soweit es das Erfordernis der Urkundeneinheit anbelangt. Das gilt insbesondere für die Bezugnahme auf Anlagen (s. Rn. I 126). Dies wird auch für die Formwahrung bei der Kündigung zu beachten sein, so dass die Bezugnahme auf frühere Schreiben – etwa Abmahnungen oder frühere Kündigungen – zulässig ist.2 Voraussetzung ist allerdings, dass das frühere Schreiben dem Mieter unstreitig oder nachweisbar zugegangen ist. Eine andere Frage ist, ob durch die bloße Bezugnahme auch der Begründungspflicht nach §§ 569 Abs. 4, 573 Abs. 3 BGB genügt wird. Diese Möglichkeit wird nicht auszuschließen sein, BVerfG – Beschl. v. 31.3.1992 – ZMR 1992, 288,3 BVerfG – Beschl. v. 10.7.1992 – NJW 1992, 2752 = WuM 1993, 234 = ZMR 1992, 430: Die Anforderungen an die Begründung einer erneuten Kündigung, in der Bezug genommen wird auf die Gründe einer früheren Kündigung, sind unzumutbar streng und mit der Eigentumsgarantie nicht vereinbar, wenn es nicht für ausreichend gehalten wird, dass sich die Kündigung ausdrücklich auf die im früheren Kündigungsschreiben genannten Gründe bezieht und seitdem hinsichtlich der darin genannten Gründe keine Änderungen eingetreten sind. Werden diese Maßstäbe vom Gericht verkannt, verletzen die Urteile den Vermieter in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

Hier stehen die Eigentumsgarantie zu Gunsten des Vermieters und das Informationsinteresse des Mieters von Wohnraum im Widerstreit. Dabei geht es um die Anforderungen, die an das Transparenzgebot der Kündigungsbegründung zu stellen sind (s. dazu Rn. X 56, 58). Die Bezugnahme auf eine nicht unterschriebene Anlage soll dann nicht die Schriftform für eine (fristlose) Kündigung wahren, wenn die Kündigung selbst keine ausreichende Begründung enthält, AG Dortmund GE 2004, 52. 1 S. zu § 568 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 16; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 17. 2 Beispiel: „Hiermit kündige ich das Mietverhältnis ... fristlos. Zur Begründung beziehe ich mich auf das Abmahnschreiben vom ... und die vorausgegangene Kündigung vom ...“. 3 Zum Fall: Nach einer vorausgegangenen (formal unwirksamen) Kündigung wegen Eigenbedarfs kündigte der Vermieter erneut: „Hiermit wiederhole ich vorsorglich die erklärte Kündigung ... und stütze diese auf die bereits bekannt gegebenen Gründe“. Das BVerfG hob die klagabweisenden Urteile des AG und LG, die auf die fehlende Begründung der Kündigung gestützt waren, auf.

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Kündigung

Rn. X 40

Dem ist nicht zu folgen, denn die Entscheidung verwechselt Form- und Begründungserfordernis. Bei anderen Mietverhältnissen als über Wohnraum bedarf die Kündigung keiner Form; diese kann jedoch vereinbart werden. Für die gewillkürte Form genügt nach § 127 BGB die Textform gemäß § 126b BGB. Diese wird auch durch Telefax gewahrt.1

38a

Ist in einer Vertragsklausel für die Kündigung die Schriftform und für den Zugang die Versendung als Einschreibebrief vorgesehen, so handelt es sich bei Ersterer um ein Wirksamkeitserfordernis der Kündigung und bei Letzterer nur um einen Zugangsnachweis, der auch in anderer Weise erfolgen kann, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 258 = WuM 2004, 269 = ZMR 2004, 344, OLG Frankfurt – Urt. v. 21.1.1999 – NZM 1999, 419, 420; anders OLG Naumburg – Urt. v. 15.4.1999 – NZM 2000, 90 = ZMR 1999, 709 zur Klausel: „Kündigung/Widerspruch haben – um wirksam zu sein – mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen.“

Formularvertraglich kann allerdings eine strengere Form als die Schriftform nicht vereinbart werden (§ 309 Nr. 13 BGB). Dies gilt jedoch nicht für den kaufmännischen Verkehr (§ 310 Abs. 1 BGB), OLG Naumburg – Urt. v. 15.4.1999 – NZM 2000, 90 = ZMR 1999, 709.2

Zur schlüssig erklärten Kündigung s. Rn. X 13. Nur ausnahmsweise wird die Berufung auf die fehlende Schriftform als unzulässige Rechtsausübung zu werten sein. Voraussetzung dafür ist zumindest, dass die Schutzfunktion des Formzwangs nicht berührt wird,

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s. LG Wuppertal WuM 2005, 585: Trotz des Schriftformgebots für die Kündigung können es Treu und Glauben gebieten, den Mieter, der nach der Räumung den Wohnungsschlüssel zurückgibt, so zu stellen, als wenn mit der Schlüsselübergabe die Kündigungsfrist zu laufen beginnt. Anmerkung: Tatsächlich liegt ein Fall des widersprüchlichen Verhaltens des Vermieters vor, wenn er die Wohnungsschlüssel vorbehalt- und widerspruchslos entgegennimmt und den Eindruck erweckt, (ebenfalls) von einer Beendigung des Mietverhältnisses auszugehen. Zu bedenken ist auch das Zustandekommen einer Mietaufhebungsvereinbarung (s. dazu Rn. X 144, 149).

Eine Klausel, nach der sich die Parteien wechselseitig verpflichten, eine mangelnde Schriftform nachzuholen, ist nicht einschlägig. ee) Umdeutung der Kündigung Eine unwirksame fristlose Kündigung kann nur dann in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn der Wille des Kündigenden, den Vertrag auf 1 Zu § 542 BGB: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 10.3; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 65; Staudinger/Rolfs Rn. 103. 2 Jedoch unterliegt eine Klausel, die den Zugang an besondere Voraussetzungen knüpft, auch im kaufmännischen Verkehr der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und kann insbesondere gegen das Transparenzgebot verstoßen.

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Rn. X 41

Ordentliche Vertragsbeendigung

jeden Fall – notfalls zum nächstmöglichen Termin – zu beenden, für den Empfänger der Kündigungserklärung bei deren Zugang zweifelsfrei erkennbar war, was sich – ausnahmsweise – auch aus den Umständen schlüssig ergeben kann,1 BGH – Urt. v. 12.1.1981 – NJW 1981, 977 = WuM 1981, 106, BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 584, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.7.1990 – DWW 1990, 304, OLG Hamburg – Urt. v. 23.6.1997 – NZM 1998, 333 = WuM 1997, 160, 161.

Maßgebend sind also nicht allein die subjektiven Vorstellungen des Kündigenden, sondern es kommt auf den objektiven Empfängerhorizont an, nämlich ob der Wille, das Mietverhältnis auf jeden Fall – unabhängig vom Vorliegen eines Grundes zur fristlosen Kündigung – beenden zu wollen, dem Kündigungsempfänger erkennbar wird, LG Osnabrück WuM 1990, 81, 82.

Auch ist der Status des Kündigenden mit zu berücksichtigen. So kann der Umdeutung einer fristgemäßen Kündigung in eine fristlose Kündigung entgegenstehen, dass dem kündigenden Mieter (einem Rechtsanwalt) die unterschiedliche Bedeutung der Kündigungserklärungen bekannt ist oder sein muss und er eine fristlose Kündigung – hätte er eine solche gewollt – auch formuliert hätte, OLG Köln – Urt. v. 9.7.1997 – ZMR 1998, 91, ebenso LG Heilbronn WuM 1991, 388, 390, s. auch OLG Celle – Urt. v. 26.10.1994 – ZMR 1995, 298, 299: gegen Umdeutung einer ordentlichen Kündigung durch einen Rechtsanwalt in eine unbefristete außerordentliche Kündigung.

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Noch stärkere Zurückhaltung besteht, bei Wohnraummietverhältnissen die Umdeutung einer fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung zuzulassen (LG Hamburg WuM 1989, 385, WuM 1990, 19); denn hier hängt auch die ordentliche Kündigung davon ab, dass der Vermieter ein gesetzlich anerkanntes und gebilligtes Freimachungsinteresse (§ 573 BGB) hat. Schon gar nicht kann eine nichtige Kündigung in eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin umgedeutet werden, LG Osnabrück WuM 1990, 81, 82.

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Bei Mietverhältnissen über Wohnraum kann in Betracht kommen, eine wegen Nichtwahrung der Kündigungsfrist verfrühte ordentliche Kündigung in eine außerordentliche Kündigung umzudeuten. Das setzt aber zumindest voraus, dass in der Kündigung einschlägige Kündigungsgründe2 genannt sind. Ist nämlich für die außerordentliche Kündigung eine besondere Form vorgesehen (hier: die Beigabe von Kündigungsgründen gemäß § 569 Abs. 4 BGB), so schei-

1 S. zu § 542 BGB: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 8; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 23; Staudinger/Rolfs Rn. 119. 2 Z.B. wegen Nichtgewährung des Gebrauchs, Gesundheitsgefährdung für die Mieterkündigung, Zahlungsverzug oder -säumigkeit für die Vermieterkündigung.

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Kündigung

Rn. X 44

tert eine Umdeutung bei fehlender oder unzureichender Begründung schon an der fehlenden Form, BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 584.

Zurückhaltung ist auch geboten, eine unwirksame (fristlose) Kündigung in ein Angebot auf Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages umzudeuten, welches der Mieter schlüssig durch seinen Auszug annimmt (s. Rn. X 146, 149). Vorauszusetzen ist nämlich, dass sich der Erklärende bei Ausspruch der Kündigung bewusst gewesen ist, dass die Erklärung für den Fall, dass sie nicht wirksam ist, von der Zustimmung des Empfängers abhängt, um eine Beendigung des Mietverhältnisses herbeizuführen,

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BGH – Urt. v. 24.9.1980 – MDR 1981, 135 = NJW 1981, 43 = ZMR 1981, 84: Die Feststellung, der Kündigende habe unter allen Umständen vom Mietvertrag loskommen wollen, reicht nicht;1 BGH – Urt. v. 11.1.1984 – ZMR 1984, 163, 164 a.E., OLG Köln – Urt. v. 2.8.2001 – MDR 2002, 390 = ZMR 2001, 967.

Fehlt es an diesem Bewusstsein, so scheitert die Umdeutung einer unwirksamen oder zur Unzeit ausgesprochenen Kündigung in ein Angebot auf Vertragsaufhebung. Nimmt der Erklärungsgegner (hier: der Vermieter) die unwirksame Kündigung (hier: des Mieters) jedoch ausdrücklich an, so ist darin ein Angebot auf Vertragsaufhebung gesehen worden, das der Erklärende (hier: der Mieter) stillschweigend (durch Auszug) angenommen haben kann, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – DWW 2004, 19 = WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

Damit scheinen die Grenzen rechtsgeschäftlicher Interpretation erreicht. Sie werden gelegentlich überschritten, um zu billig erscheinenden Ergebnissen zu gelangen, KG – Urt. v. 10.9.1998 – NZM 1999, 462: Haben nur drei von vier Mitmietern den Mietvertrag gekündigt und kündigt der Vermieter auch nur diesen drei Mietern gegenüber fristlos wegen Zahlungsverzugs, räumen darauf die Mieter und geben die Räume zurück, so liegt darin eine einverständliche Aufhebung des Vertragsverhältnisses. Ähnlich LG Aachen ZMR 1997, 25: Entspricht es offensichtlich dem objektiven Willen beider Parteien, das Mietverhältnis zu einem sofortigen Abschluss zu bringen, so können die beiderseitigen unwirksamen fristlosen Kündigungen gemäß §§ 133, 157 BGB als einverständliche Vertragsaufhebung auszulegen sein.2

Derartige Ergebnisse lassen sich allenfalls mit einem Rückgriff auf Treu und Glauben begründen. Zieht der Mieter auf Grund einer unwirksamen Kündigung des Vermieters aus, so verstößt dieser gegen Treu und Glauben, wenn er sich darauf beruft, dass seine Kündigung unwirksam sei, LG Hamburg ZMR 2004, 37. 1 Zum Fall: Der Mieter hatte unwirksam fristlos gekündigt und nach Räumung dem Vermieter die Schlüssel zugesandt, der sie ohne Gegenäußerung entgegennahm. 2 Zum Fall: Der Mieter kündigte fristlos wegen Gesundheitsgefährdung zum 31.7.1992, der Vermieter wegen Zahlungsverzugs unter dem 7.8.1992.

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Rn. X 45

Ordentliche Vertragsbeendigung

Anders kann es sich aber verhalten, wenn der Mieter ohnehin ausziehen wollte, LG Hamburg ZMR 2002, 669.

Zu Fällen der schlüssigen Mietaufhebungsvereinbarung s. auch Rn. X 149, 152. ff) Zugang der Kündigung 45

Für den Zugang der Kündigung gelten die allgemein zu § 130 BGB entwickelten Grundsätze. Zugegangen ist eine Willenserklärung danach dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Erreicht eine Willenserklärung den Briefkasten des Empfängers zu einer Tageszeit, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressaten nicht mehr erwartet werden kann, so ist sie an diesem Tag nicht mehr zugegangen, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 258 = WuM 2004, 269 = ZMR 2004, 344, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 18.11.2003 – WuM 2004, 270.

Auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers kommt es nicht an, BGH – Urt. v. 5.12.2007 – GuT 2008, 28 = NZM 2008, 167 = ZMR 2008, 275.

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Verfügt ein Haus mit mehreren Mietparteien über keine Briefkästen und erfolgt die Postzustellung üblicherweise durch Einwurf in den dafür vorgesehenen Briefschlitz der Haustür, ist ein auf diesem Weg per Boten zugestelltes Kündigungsschreiben in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Empfängers kommt es nicht an, so LAG Düsseldorf – Urt. v. 19.9.2000 – MDR 2001, 145.

Ob ein Dritter, der ein Schreiben für den Empfänger entgegennimmt, als dessen Empfangsbote anzusehen ist, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 18.1.2006 – MDR 2006, 866.1

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Willenserklärungen, die durch Fernschreiben oder Telefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluss des Druckvorganges am Empfangsgerät des Adressaten diesem zu.2 Allerdings ist der Zugang erst dann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Daher ist auch bei einer Übermittlung durch Telefax auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Empfänger nach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung verschaffen konnte, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 258 = WuM 2004, 269 = ZMR 2004, 344.

1 Zum Fall: Bejahend für die Schwägerin des Mieters, die zwar in demselben Mehrfamilienhaus, aber in einer anderen Wohnung lebt. Hat sie vergessen, die Erklärung weiterzuleiten, so soll das für den Zeitpunkt des Zugangs unerheblich sein. 2 S. Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 73; ferner Ernst MDR 2003, 1091: Beweisprobleme bei E-Mail und anderen online-Willenserklärungen.

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Kündigung

Rn. X 49

Indes besteht kein allgemeiner Erfahrungsgrundsatz, dass Telefaxsendungen den Empfänger vollständig und richtig ereichen. Einem Sendebericht mit „OK-Vermerk“ kommt nicht der Wert eines Anscheinsbeweises zu (s. auch BGH MDR 1995, 952, MDR 1996, 99), BAG – Urt. v. 14.8.2002 – MDR 2003, 91.

Auf die für Prozessschriftsätze geltende Rspr., nach der es bereits auf den Zeitpunkt der Speicherung ankommen soll,1 ist nicht abzustellen. Der Vermieter kann die Kündigung auch dann an die Adresse des Mietobjekts richten, wenn der Mieter bei fortbestehendem Mietverhältnis geräumt hat oder sonst ausgezogen ist, ohne seine neue Anschrift dem Vermieter mitgeteilt zu haben,

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LG Berlin GE 1995, 569: Der Mieter, der ohne Mitteilung der neuen Anschrift gegenüber dem Vermieter den Wohnsitz für längere Zeit wechselt und für diese Zeit die Wohnung einem Dritten überlässt, muss eine unter der bisherigen Anschrift zugesandte Erklärung (hier: Abmahnung) als zugegangen hinnehmen.

Hat er allerdings seine neue Anschrift dem Vermieter mitgeteilt, so muss dieser sie beachten, LG Berlin GE 1997, 1531. Ist einer von mehreren Mietern ausgezogen, ohne seine Anschrift dem Vermieter mitzuteilen, so kann er sich auf den fehlenden Zugang nicht berufen, wenn die Zusendung noch unter der bisherigen Anschrift erfolgt ist, LG Mannheim DWW 1997, 190.

Muss die Kündigung gegenüber einer Mehrheit von Personen erklärt werden, die unterschiedliche Wohnsitze oder Aufenthalte haben, so wird die Erklärung erst mit dem Zugang beim letzten Empfänger wirksam (s. Rn. X 20), LG Cottbus NJW-RR 1995, 524 = WuM 1995, 38, LG München I WuM 1999, 218.

Zur Erklärung nur gegenüber einem Mieter, wenn der andere verschwunden ist, s. Rn. X 25. Für die Wirksamkeit des Zugangs ist es unbeachtlich, dass der Adressat im Zeitpunkt des Auszuges wegen Urlaubs oder Erkrankung nicht anwesend war. Der Empfänger hat schließlich das Risiko seines räumlichen Machtbereichs zu tragen, wobei auf die Gepflogenheiten des Verkehrs und nicht auf die individuellen Verhältnisse des Erklärungsempfängers abzustellen ist, BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 258 = WuM 2004, 269 = ZMR 2004, 344,2 BGH – Urt. v. 5.12.2007 – GuT 2008, 28 = NZM 2008, 167 = ZMR 2008, 275.

Danach trifft grundsätzlich jede Mietvertragspartei die Obliegenheit, dafür zu sorgen, dass ihr Erklärungen der anderen Partei zugehen können,3 1 BGH – Beschl. v. 25.4.2006 – IV ZB 20/05 – InfoM 2007, 46. 2 Zum Fall: Das Kündigungsschreiben des Mieters ging dem Vermieter um 10 Uhr innerhalb der üblichen Postzustellzeit zwischen 8.30 – 10.30 Uhr zu; der Vermieter hatte jedoch mit dem Postzusteller vereinbart, dass ihm die Post zwischen 8.30 – 9.00 Uhr zugestellt werden sollte; danach befand er sich im Urlaub. 3 So zu § 542 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 76; einschränkend Fischer-Dieskau/ Franke Anm. 6.

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Rn. X 50

Ordentliche Vertragsbeendigung

BGH – Urt. v. 21.1.2004 – NZM 2004, 258 = WuM 2004, 269 = ZMR 2004, 344 bei Urlaub oder Erkrankung. Unterlässt der Empfänger die notwendigen Vorkehrungen, so wird der Zugang durch solche – allein in seiner Person liegenden – Gründe nicht ausgeschlossen. LG Göttingen WuM 1989, 183: Gerade von einem Großvermieter ist zu verlangen, dass er geeignete Vorkehrungen für den Zugang trifft, damit ihn Kündigungserklärungen per Einschreiben erreichen können. LG Berlin NZM 2003, 21: Den Mieter trifft die Obliegenheit, Vorkehrungen für den Zugang mietvertraglich relevanter Erklärungen zu unterhalten (Fehlen eines beschrifteten Briefkastens). Anderenfalls muss er sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als wäre ihm die Erklärung des Vermieters termingerecht zugegangen.

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Das gilt insbesondere, wenn eine Partei mit dem Zugang einer Kündigung rechnen muss, OLG Düsseldorf – Beschl. v. 18.11.2003 – WuM 2004, 270: wenn der Vermieter mit dem Zugang einer Kündigung durch postalische Sendung zu rechnen hat;1 LG Berlin ZMR 2000, 533, LG Osnabrück WuM 2001, 196 jeweils für Kündigungen des Mieters gegenüber dem Vermieter. LG Köln WuM 1997, 46 für den Fall, dass der Mieter die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs geschaffen hat.

So muss der Mieter den Einwurf eines Kündigungsschreibens in den nach außen nicht sichtbar beschädigten Hausbriefkasten gegen sich gelten lassen, wenn er trotz Kenntnis von der Beschädigung diesen Mangel längere Zeit hingenommen hat, ohne ihn dem Vermieter anzuzeigen, LG Berlin ZMR 1995 S. III Nr. 14.

Wird der Mieter von der Veräußerung des Mietgrundstücks nicht unterrichtet, so ist seine noch an den Veräußerer gerichtete Kündigung in Analogie zu § 574 BGB a.F. (s. § 566c BGB) wirksam, LG Duisburg ZMR 1997, 357.

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Ein Beweis des ersten Anscheins für den Zugang eines Briefs oder Einschreibens besteht nicht,2 AG Frankfurt a.M. DWW 1989, 87 im Anschluss an BGHZ 24, 308, 312 = NJW 1957, 1230.

Ob das auch für Einwurfeinschreiben gilt, ist umstritten,3 bejahend LG Potsdam NJW 2000, 3722, AG Köln WuM 2008, 483.

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Verweigert der Empfänger unberechtigt die Annahme des die Kündigung enthaltenden Briefs, so ist die Kündigung zum Zeitpunkt des Angebots der Aushändigung zugegangen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 19.4.1994 – WuM 1995, 585. 1 Zum Fall: Der Vermieter ist für verpflichtet gehalten worden, seine Büroorganisation so einzurichten, dass Einschreibsendungen unverzüglich vom Postamt abgeholt werden; auf Erkrankung von Mitarbeitern oder seines Verwalters kann er sich nicht berufen. 2 Zum Zugangsnachweis mietrechtlicher Erklärungen s. Hosenfeld NZM 2002, 93; Flatow NZM 2004, 281, 289. 3 S. dazu Hosenfeld NZM 2002, 93, 95 m.w.N.; ferner Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 19.1.

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Kündigung

Rn. X 53

Fordert der Mieter eine Einschreibesendung bei der Post nicht ab, gilt sie damit nicht automatisch mit der Hinterlegung des Benachrichtigungsscheines der Post als zugegangen.1 Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, etwa wenn der Empfänger mit dem Zugang rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechnen muss. Alsdann muss er auch bei nur vorübergehender Abwesenheit – etwa infolge Urlaubs – für Zugangsmöglichkeiten sorgen, LG Saarbrücken WM 1993, 339, s. auch OLG Düsseldorf – Beschl. v. 18.11.2003 – WuM 2004, 270 bei Erkrankung von Mitarbeitern des Empfängers.

Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, dass der Mieter, der eine Einschreibesendung nicht abgefordert hat, sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen muss, als sei ihm die Sendung zugegangen; Zugangszeitpunkt ist dann derjenige Zeitpunkt, zu dem die Einlösung des Benachrichtigungszettels möglich und zumutbar war, LG Berlin ZMR 1995 S. III Nr. 14, LG Freiburg NZM 2004, 617 = WuM 2004, 490: Erhält der Vermieter (an einem Sonnabend) einen Benachrichtigungszettel des Postbeamten über ein Einschreiben, so ist dessen fingierter Zugang für den Zeitpunkt anzunehmen, zu dem die Abholung bei der Poststelle regelmäßig möglich und zumutbar erscheint, also am nächstfolgenden, spätestens am darauf folgenden Werktag (an einem Dienstag); s. auch LG Aachen WuM 1989, 250.

Ausnahmsweise soll es aber dem Kündigenden versagt sein, sich darauf zu berufen, dass der Kündigungsadressat den Zugang vereitelt habe, wenn er lange vor Ablauf der Kündigungsfrist von der Nichtzustellung erfahren und Gelegenheit hatte, die Kündigung nochmals fristgerecht vorzunehmen sowie die Zustellung sicherzustellen,2 AG Hamburg WuM 1989, 80, s. auch BGH – Urt. v. 26.11.1997 – NJW 1998, 976.

Auch kann die Berufung auf den fehlenden Zugang der Kündigung treuwidrig sein, wenn sich die Parteien über die Wirksamkeit der Kündigung streiten und der Zugang erst später zu einem Zeitpunkt bestritten wird, zu dem die Kündigung infolge veränderter Umstände nicht mehr nachgeholt werden kann, LG Hamburg ZMR 1998, 560.

1 S. dazu Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 69. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte am 25.6. zum 15.10. bei einer Kündigungsfrist von 3 Monaten per Einschreiben gekündigt; der Vermieter hatte das Einschreiben nicht abgefordert, obwohl ihm der Benachrichtigungszettel zugegangen war. Das nicht abgeforderte Kündigungsschreiben ging an den Mieter so rechtzeitig zurück, dass er noch fristgemäß hätte kündigen können.

1291

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Rn. X 54

Ordentliche Vertragsbeendigung

c) Begründung der Kündigung aa) Inhalt der Begründung 54

Die Kündigung muss zu ihrer Wirksamkeit im Allgemeinen nicht mit Gründen versehen werden. Das gilt ohne Einschränkung für Mietverhältnisse über Gewerberäume, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist.

55

Anders verhält es sich bei der Wohnraummiete. Hier muss die fristlose Kündigung des Vermieters, aber auch diejenige des Mieters stets begründet werden (§ 569 Abs. 4 BGB). Darüber hinaus bedürfen die ordentliche sowie die außerordentliche befristete Kündigung des Vermieters zu ihrer Wirksamkeit der Begründung (s. §§ 573 Abs. 3, 573d BGB), sofern das Mietverhältnis Kündigungsschutz genießt (§ 549 Abs. 1 BGB). Ausgenommen von der Begründungspflicht ist die Kündigung bei ungeschützten Mietverhältnissen nach § 549 Abs. 2 BGB, s. Rn. XI 366. Bei der gesetzlich geforderten Begründung handelt es sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung,1 BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 584 für die Kündigung des Mieters gemäß § 569 Abs. 1 BGB, s. auch BGH – Beschl. v. 28.10.2004 – NZM 2005, 74 = WuM 2004, 723 zur Kündigung nach § 8 Abs. 5 HeimG; AG Dortmund WuM 2003, 273, 275 für die Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB.

Bei einem Verstoß gegen die Begründungspflicht ist die Kündigung formnichtig. Das gilt auch dann, wenn die Gründe dem Mieter bekannt sind. Zum Umfang der Begründungspflicht, auch durch Bezugnahme auf andere Urkunden, s. Rn. X 58, 63. Die Kenntnis des Mieters kann sich jedoch auf den Umfang der Substantiierungspflicht des Vermieters auswirken, sofern es sich um einen eindeutigen und nicht komplexen Sachverhalt handelt (s. Rn. X 58, 60). 56

Die Begründungspflicht des Vermieters hat für die ordentliche Kündigung in § 564b Abs. 3 BGB a.F. ihren Vorläufer. Zu dieser Vorschrift ergeben sich aus der Rspr. des BVerfG folgende Leitlinien, die auch für die Begründungspflicht nach neuem Recht maßgebend sind. Inhalt und Umfang der Begründungspflicht richten sich nach deren Zweck. Er besteht u.a. darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen. Er soll damit in die Lage versetzt werden, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen; denn für ihn ist die gemietete Wohnung Mittelpunkt seines persönlichen Lebenskreises; er hat daher ein besonders Interesse daran, nicht schon dann weichen zu müssen, wenn der Vermieter lediglich ein Räumungsbegehren an ihn richtet, 1 So zu § 569 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 35; Lammel Rn. 56; Palandt/Weidenkaff Rn. 23; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 76; Staudinger/Rolfs BGB § 569 Rn. 64, § 573 Rn. 191.

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Kündigung

Rn. X 58

BVerfG – Beschl. v. 15.6.1992 – ZMR 1992, 429 für Verwertungskündigung, BVerfG – Beschl. v. 31.3.1992 – WuM 1993, 233 = ZMR 1992, 288, BVerfG – Beschl. v. 9.2.2000 – NZM 2000, 456 = WuM 2000, 232, jeweils für eine Eigenbedarfskündigung.

Einerseits darf sich der Vermieter nicht nur auf pauschale Darlegungen beschränken, insbesondere genügt nicht die Wiederholung oder Paraphrasierung des Gesetzeswortlauts. Vielmehr muss er die in seiner Sphäre liegenden Gründe konkret und für den Mieter nachvollziehbar darlegen. So weit also das Informationsinteresse des Mieters reicht, müssen Gesichtspunkte des Datenschutzes zurückstehen, BVerfG – Beschl. v. 29.5.1991 – ZMR 1991, 418 für Verwertungskündigung.

Andererseits dürfen mietrechtliche Formvorschriften, die dem Vermieter im Mieterinteresse auferlegt werden, nicht in einer Weise ausgelegt werden, die die Verfolgung der Vermieterinteressen unzumutbar erschwert, BVerfG – Beschl. v. 31.3.1992 – WuM 1993, 233 = ZMR 1992, 288 für Bezugnahme auf die Gründe einer früheren Kündigung, ebenso BVerfG – Beschl. v. 10.7.1992 – NJW 1992, 2752 = WuM 1993, 234.

Die Kündigungsgründe brauchen daher keinen einer Klagebegründung entsprechenden schlüssigen Vortrag zu enthalten. Ist dem Informationsbedürfnis des Mieters im Kündigungsschreiben genügt, so braucht der Vermieter vielmehr die Kündigungsvoraussetzungen im Einzelnen erst im Prozess und im Falle des Bestreitens durch den Mieter nachzuholen,

57

BVerfG – Beschl. v. 4.6.1998 – GE 1998, 852 = NZM 1998, 618 f. = WuM 1998, 463 f.

Auch ist eine nachträgliche Präzisierung der Kündigungsgründe gegenüber dem Kenntnis- und Wissensstand des Vermieters zum Zeitpunkt der Kündigung nicht von vornherein unzulässig,1 BVerfG – Beschl. v. 9.2.2000 – NZM 2000, 456 = WuM 2000, 232.

Anlass, unterschiedliche Maßstäbe an die Begründungspflicht für die ordentliche Kündigung einerseits und die fristlose Kündigung andererseits anzulegen, besteht nicht,2 insbesondere nicht in der Richtung, die Anforderungen an die Begründung für die fristlose Kündigung abzusenken (s. Rn. XII 9).3 Maßstab für Umfang und Inhalt der Begründungspflicht ist mithin das Informationsbedürfnis des Kündigungsgegners, soweit dieses schutzbedürftig ist. Die Schutzbedürftigkeit des Kündigungsgegners wird entscheidend von dessen eigenem Kenntnisstand abhängen.4 Sie ist stärker zu betonen, wenn es sich um Umstände handelt, die allein oder vorwiegend im Wahrnehmungsbereich 1 Zum Fall: Der Vermieter hatte das Mietverhältnis zum Zwecke der Unterbringung einer Pflegeperson gekündigt, weil der Pflegebedarf „bei Tag und Nacht“ bestehe; ein Sachverständigengutachten hatte hingegen nur einen Pflegebedarf tagsüber bestätigt, worauf die Räumungsklage abgewiesen wurde. Dies hat das BVerfG beanstandet. 2 S. zu § 569 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 72; Staudinger/Emmerich Rn. 59; Flatow NZM 2004, 281, 286. 3 So aber MünchKomm/Schilling BGB § 569 Rn. 36. 4 S. auch Flatow NZM 2004, 281, 286.

1293

58

Rn. X 59

Ordentliche Vertragsbeendigung

des Kündigenden liegen.1 Schwächer zu bewerten ist das Informations- und damit das Schutzbedürfnis des Kündigungsgegners, wenn die die Kündigung begründenden Umstände in seinem Wahrnehmungsbereich liegen. Symptomatisch hierfür sind die Anforderungen, die der BGH an die fristlose Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs oder Zahlungssäumigkeit des Mieters bei klarer und einfacher Sachlage gestellt hat (s. dazu Rn. XII 144, 174, aber auch Rn. X 59). Entsprechend verhält es sich mit einer Kündigung des Vermieters wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung an Dritte nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB, mithin dann, wenn der Kündigungstatbestand klar umrissen und möglichst frei von Wertungen ist. 59

Bei der Beurteilung des schützenswerten Informationsbedürfnisses des Kündigungsgegners ist vor allem die Möglichkeit einzubeziehen, sich gegen die Kündigung wirksam zu verteidigen. Das gilt insbesondere, soweit der Kündigungsgrund in einer Vertragswidrigkeit liegt und der Kündigungsgrund wertungsbezogen ist, wie dies etwa bei der Kündigung wegen Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis fortzusetzen (§ 543 Abs. 1 BGB), oder wegen Hausfriedensstörungen (§ 569 Abs. 2 BGB) der Fall ist,2 AG Wedding WuM 2002, 379, bestätigt von LG Berlin WuM 2003, 208, LG Stuttgart WuM 2006, 523 jeweils für Angaben zur Häufigkeit und zeitlichen Einordnung von Lärmstörungen.

60

Kenntnisstand und Wahrnehmungsbereich des Kündigungsgegners dürfen gerade bei wertungsbezogenen „mehrgliedrigen“ Kündigungen (z.B. wegen Lärms, Belästigungen, Verletzung von Sorgfaltspflichten u.Ä.) nicht überbewertet werden.3 Das Argument, der Mieter werde schon wissen, was er getan habe,4 verfängt hier nicht, weil der Kündigungsgrund, anders als bei klar umrissenen Tatbeständen wie Zahlungsverzug oder unerlaubte Untervermietung, sich erst aus Umständen erschließt, die aus der Wahrnehmung objektiver 1 Beispiel: Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs oder Hinderung wirtschaftlicher Verwertung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2, 3 BGB; Kündigung des Mieters wegen Mängeln oder Gesundheitsgefährdung gemäß §§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 569 Abs. 1 BGB. 2 S. zu § 569 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 35; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 72; Flatow NZM 2004, 281, 287 Sp. 2. 3 S. aber MünchKomm/Schilling BGB § 569 Rn. 36. 4 OLG Karlsruhe – RE v. 8.6.1982 – NJW 1982, 2004 = WuM 1982, 242, 243 Ziff. IIIa: Einer fristlosen Kündigung wird ... in aller Regel eine Auseinandersetzung der Vertragsparteien, ob und in welchem Umfang der Mieter seine Pflichten verletzt hat, vorausgehen. Die fristlose Kündigung trifft den Mieter somit gewöhnlich nicht unvorbereitet, und da zu ihrer Begründung immer nur vertragswidriges Verhalten herangezogen werden kann, weiß er in aller Regel selbst dann, worauf der Vermieter die Kündigung stützen will, wenn dies in der schriftlichen Erklärung nicht ausdrücklich dargelegt wird. Der Mieter ist zudem, weil es hier um sein eigenes Verhalten geht, viel leichter als in den Fällen der Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 2, 3 BGB a.F. in der Lage, sich sachgerecht zu verteidigen, und daher nicht in gleicher Weise schutzwürdig. Kritik: Mit dieser Begründung wird unterstellt, dass an den Vorwürfen schon irgendetwas „dran sein“ wird.

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Kündigung

Rn. X 63

Dritter zu folgern sind. Mit dieser Aussage wird nicht übersehen, dass es auch wertungsbezogene Kündigungstatbestände gibt, die auf einfachen und klaren – „eingliedrigen“ – Sachverhalten beruhen (z.B. Tätlichkeit, schwere Beleidigung) und eine andere Wertung in Bezug auf das schutzwürdige Informationsinteresse des Kündigungsgegners zulassen. Anerkannt ist, dass der Vermieter der Begründungspflicht genügt, wenn er in dem Kündigungsschreiben einen konkreten Lebenssachverhalt (Lebensvorgang) darlegt, auf den er das Interesse an der Erlangung der Wohnung stützt. Ein nach §§ 569 Abs. 4, 573 Abs. 3 BGB zu berücksichtigender Kündigungsgrund braucht im Kündigungsschreiben nur so ausführlich bezeichnet zu sein, dass er identifiziert und von anderen Gründen (Sachverhalten, Lebensvorgängen) unterschieden werden kann,

61

BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 679 (Tz. 23) = WuM 2007, 515 = ZMR 2007, 772, BayObLG – RE v. 14.7.1981 – NJW 1981, 2197 = WuM 1981, 200, BayObLG – RE v. 17.12.1984 – WuM 1985, 50, OLG Karlsruhe – Beschl. v. 8.2.1989 – WuM 1989, 124 = ZMR 1989, 144 jeweils für Eigenbedarfskündigung.

Die für die ordentliche Kündigung entwickelten Maßstäbe gelten erst recht für die fristlose Kündigung; denn nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist bei ihr die informationsbedingte Schutzbedürftigkeit des Kündigungsgegners wegen der einschneidenden Folgen noch stärker ausgeprägt als bei der ordentlichen Kündigung.1

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Ist der Kündigung eine Abmahnung vorausgegangen (s. dazu Rn. XII 6 f.), so muss sich aus dem Kündigungsschreiben ergeben, welche Vertragsverletzung der Mieter nach Zugang der Abmahnung begangen haben soll. Eine Bezugnahme auf das Abmahnschreiben reicht nicht, weil es darauf ankommt, ob der Mieter nach der Abmahnung die gleichen Vertragsverletzungen begangen hat, LG Mosbach WuM 1992, 18, LG Berlin WuM 2003, 208.

Verlangt wird, dass im Kündigungsschreiben sämtliche Gründe, die als berechtigtes Interesse des Vermieters für die ausgesprochene Kündigung berücksichtigt werden sollen, grundsätzlich auch dann nochmals anzugeben sind, wenn sie dem Mieter bereits zuvor mündlich oder schriftlich mitgeteilt oder in einem Vorprozess geltend gemacht worden waren, BayObLG – RE v. 14.7.1981 – NJW 1981, 2197 = WuM 1981, 200, LG Freiburg WuM 1990, 300, LG Gießen und LG Detmold WuM 1990, 301, LG Hamburg WuM 1993, 48, 49, LG Stuttgart WuM 2006, 523.

Dem ist ohne weiteres zu folgen, soweit es sich um nur mündlich mitgeteilte Umstände handelt; denn hier ist schon die Schriftform nach § 568 Abs. 1 BGB 1 Stellungnahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf des MRRG BundesratsDrucks. 439/00 S. 22; Bericht des Rechtsausschusses Bundestags-Drucks. 14/5663 S. 82.

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Rn. X 64

Ordentliche Vertragsbeendigung

nicht gewahrt. Anders verhält es sich bei der Bezugnahme auf Schriftstücke/ Urkunden, die Kündigungsgründe wiedergeben, BVerfG – Beschl. v. 31.3.1992 – WuM 1993, 233 = ZMR 1992, 288, BVerfG – Beschl. v. 10.7.1992 – NJW 1992, 2752 = WuM 1993, 234.

Hierdurch ist die Schriftform gewahrt (s. Rn. I 126, X 38); auch ihre Warnfunktion wird durch die Bezugnahme nicht beeinträchtigt. Allerdings unterliegt das gesetzliche Begründungserfordernis dem Transparenzgebot. Es erfordert formell, dass der Kündigungsempfänger jedenfalls in den Besitz der in Bezug genommenen Schriftstücke/Urkunden gekommen ist. Materiell ist erforderlich, dass der Kündigungsempfänger sich in noch zumutbarer Weise im Besitz der Urkunden befindet oder die darin wiedergegebenen Umstände so zeitnah sind, dass sie für gewöhnlich noch der Erinnerung unterliegen. Hierfür wird ein länger als 3 Monate zurückliegender Zeitraum nicht mehr infrage kommen. Vor allem erfordert die Transparenz, dass der Kündigungstatbestand sich einheitlich aus der in Bezug genommenen Urkunde ergibt und nicht aus mehreren Schriftstücken zusammengesucht zu werden braucht, LG Mannheim ZMR 1994, 67, 68: Der Vermieter kann im Kündigungsschreiben auf andere Schriftstücke Bezug nehmen. Die Bezugnahme muss allerdings klar und eindeutig sein. Der pauschale Hinweis auf den in einem anderen Gerichtsverfahren dargelegten Sachvortrag ist ungenügend.1 Der Mieter ist nicht gehalten, sich die Kündigungstatsachen aus den Unterlagen eines Vorprozesses zusammenzusuchen.

64

Ist der Vermieter mit den geltend gemachten Kündigungsgründen in einem Räumungsprozess rechtskräftig abgewiesen worden, so kann er eine Kündigungsbefugnis nicht mehr allein auf Tatsachen gründen, die er in dem früheren Rechtsstreit geltend gemacht hat, LG Hamburg MDR 1978, 847.2

Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich, setzt aber voraus, dass diese Gründe im Vorprozess unter allen rechtlichen Gesichtspunkten geprüft worden sind, wobei die Gerichte sich nicht auf die vom Vermieter vorgegebene rechtliche Bewertung beschränken dürfen, BVerfG – Beschl. v. 8.10.1991 – WuM 1991, 661 = ZMR 1992, 10.

64a

Anders zu bewerten ist, wenn der Mieter das beanstandete Verhalten nach Abweisung einer Räumungsklage, die auf eine Kündigung eben wegen dieses Verhaltens gestützt war, fortsetzt. In diesem Fall ist der Vermieter zur erneuten Kündigung berechtigt und soll nicht gehindert sein, diese Kündigung auf solche Umstände zu stützen, die zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung zwar schon vorlagen, ihm aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden sind. Auch können die Gründe aus einer früheren Kündigung unterstützend für eine neue Kündigung herangezogen werden, selbst wenn sie – für

1 Zum Fall: „Wie Ihnen aus dem Vorprozess bekannt ist, benötigt der Enkel meiner Mandantin die Wohnung für sich und seine Verlobte.“ 2 S. dazu Stadie MDR 1978, 798.

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Kündigung

Rn. X 68

sich genommen – die frühere Kündigung nicht rechtfertigten und die hierauf gestützte Kündigung abgewiesen worden war,1 BGH – Urt. v. 10.9.1997 – MDR 1998, 148 = NZM 1998, 33 = WuM 1998, 97.

Wird das gekündigte Mietverhältnis widerspruchslos nach § 545 BGB fortgesetzt, so führt auch das zu einer Präklusion der bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Kündigungsgründe, es sei denn, dass sie entweder fortbestehen oder fortwirken,2

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AG Tempelhof-Kreuzberg MDR 1988, 146 im Anschluss an LG Bochum MDR 1971, 56.

Die Pflicht zur Begründung besteht auch für die außerordentliche fristlose Kündigung des Mieters von Wohnraum nach §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 569 Abs. 1, 2 BGB,

66

BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 584 für die Kündigung nach § 569 Abs. 1, 2 BGB,

dagegen nicht für seine ordentliche oder außerordentliche befristete Kündigung, wie aus §§ 573 Abs. 3, 573d Abs. 1 BGB folgt. bb) Nachschieben von Kündigungsgründen Benötigt eine Kündigung zu ihrer Wirksamkeit nicht, dass Kündigungsgründe angegeben werden, so genügt es, dass die Gründe bei Ausspruch der Kündigung vorliegen. Sind sie nicht oder nicht vollständig angegeben, so können sie nachgeschoben werden,

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BGH – Urt. v. 29.10.1986 – ZMR 1987, 51, 53: Die Angabe eines bestimmten Kündigungsgrundes schließt das Nachschieben von Kündigungsgründen von zur Zeit der Kündigung vorliegenden Gründen nicht aus; es reicht, dass der Kündigungsgrund bei der Kündigung vorlag.

Später entstandene Gründe können unterstützend zu einer wirksamen Kündigung herangezogen werden. Lagen bei Ausspruch einer Kündigung keine Kündigungsgründe vor, obwohl sie für die Berechtigung der Kündigung erforderlich gewesen wären, so wird die Kündigung durch das Nachschieben von später entstandenen Kündigungsgründen nicht geheilt. Hier hilft nur, dass eine erneute Kündigung ausgesprochen wird. Muss eine Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum zu ihrer Wirksamkeit begründet werden (s. Rn. X 54, 66), so bedeutet dies, dass Kündigungsgründe nicht nachgeschoben werden können; denn damit würde eine unwirksame (= „tote“) Kündigung nicht wieder wirksam (= „lebendig“) gemacht. 1 Zum Fall: Erster Kündigungsgrund: Umwandlung einer Diskothek in eine ErotikNachtbar; zweiter Kündigungsgrund: Fortsetzung dieses Betriebes in den Mieträumen sowie Förderung der Prostitution. Die Frage der Präklusion einer Räumungsklage bei gleichbleibender Begründung hat der BGH offen gelassen. 2 Beispiel: Der Mieter befindet sich weiterhin im Zahlungsverzug, er untervermietet weiterhin unerlaubt; mit diesen Kündigungsgründen ist der Vermieter nicht präkludiert.

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Rn. X 69

Ordentliche Vertragsbeendigung

OLG Zweibrücken – RE v. 17.2.1981 – MDR 1981, 585 = WuM 1981, 177, 178 = ZMR 1982, 112: Die unwirksame Kündigung kann nicht durch Nachschieben von Gründen „geheilt“ werden. LG Bochum ZMR 2007, 452, 455: Genügt ein Grund nicht zur Kündigung und ist diese daher unwirksam, so können nachträglich entstandene Kündigungsgründe – hier: Eigenbedarf – nicht berücksichtigt werden. Vielmehr bedarf es einer neuen Kündigung.

Dies gilt für die Wohnraummiete in zweierlei Hinsicht: – Gründe, die bei Ausspruch der Kündigung zwar vorlagen, aber im Kündigungsschreiben nicht genannt worden sind, können wegen der Beschränkung auf die im Kündigungsschreiben angegebenen Gründe nicht berücksichtigt werden. – Gründe, die nach Ausspruch der Kündigung entstanden sind, können eine nicht ausreichend begründete und damit unwirksame Kündigung nicht heilen. Sie können nur unterstützend für eine wirksame Kündigung berücksichtigt werden. 69

In beiden zuvor genannten Fällen bleibt dem Vermieter nur die Möglichkeit einer erneuten Kündigung. Ein Nachschieben von Gründen kommt also nur in Betracht, wenn die Kündigung wirksam ist. Das gilt auch für die ordentliche Kündigung des Vermieters von Wohnraum, BVerfG – Beschl. v. 22.9.1992 – GE 1993, 36 = WuM 1993, 235, 236 zu § 564b Abs. 3 BGB a.F., LG Köln WuM 1990,155, LG Düsseldorf WuM 1990, 505, LG Koblenz WuM 1990, 509, 510, LG Essen WuM 1995, 142 jeweils zur ordentlichen Kündigung.

Die Bedeutung der Regelung in § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB erschöpft sich positiv mithin in Folgendem:1 – Der Vermieter kann eine wirksame Kündigung um nachträglich entstandene Gründe ergänzen. – Ist der (wirksame) Kündigungsgrund nach Ausspruch der Kündigung entfallen, so kann der ordentlichen Kündigung ein neuer Kündigungsgrund unterschoben werden. 69a

Ein neuer Grund liegt nicht vor, wenn er zwar vor dem Ausspruch der Kündigung entstanden, dem Vermieter jedoch erst später bekannt geworden ist.2 Das gilt auch für Kündigungsgründe aus der Sphäre des Mieters.3 Für diesen Fall über Treu und Glauben eine allgemeine Ausnahme entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes zu machen,4 widerspricht dem Gebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit; zudem würde dadurch ein Schlupfloch für den Vermieter geschaffen, „vergessene“ Kündigungsgründe nachzuschie-

1 2 3 4

Emmerich/Sonnenschein/Haug BGB § 573 Rn. 90, 91. S. zu § 573 BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 97; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 268. Anders Fischer-Dieskau/Franke BGB § 573 Anm. 46. So zu § 573 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 93; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 268.

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Kündigung

Rn. X 72

ben. Das schließt nicht aus, dass ausnahmsweise im Einzelfall die Berufung des Mieters auf die Regelung in § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB arglistig sein kann.1 Umstritten ist, ob die entfallenen und die neuen Gründe gleichartig sein müssen,

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verneinend LG Hamburg WM 1989, 256 für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigung,2 bejahend LG Heidelberg WuM 1992, 30, LG Düsseldorf WuM 1992, 130.

Die Frage wird zu verneinen sein. Der Gesetzeswortlaut stützt eine derart einengende Auslegung nicht. Auch besteht kein schutzwürdiges Interesse des Mieters. War die Kündigung zunächst ausreichend begründet, so ist der Mieter durch Einhaltung der hierdurch ausgelösten Kündigungsfrist geschützt. Auch sein Widerspruchsrecht in § 574 BGB wird jedenfalls formell nicht angetastet; materiell kann sich allerdings als Folge des neuen Kündigungsgrundes das Ergebnis der Interessenabwägung ändern. Der nachgeschobene Grund muss in der nach § 568 BGB geforderten Schriftform eingeführt werden. Das gebieten die Rechtssicherheit und das Schutzbedürfnis des Mieters gleichermaßen. Die Regelung in § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB gilt nicht für die fristlose Kündigung. Das bedeutet, dass der Vermieter auf solche Gründe (unterstützend) zurückgreifen kann, die bereits bei Ausspruch der Kündigung gegeben waren,

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AG Lichtenberg ZMR 2003, 506,

darf aber nicht zu der Annahme verleiten, dass ein Nachschieben auch dann möglich wäre, wenn die Kündigung nicht ausreichend begründet worden und damit unwirksam ist. Der Vermieter läuft bei zulässigem Nachschieben jedoch Gefahr, dass ein Grund, den er zunächst nicht für die fristlose Kündigung verwertet hat, unberücksichtigt bleibt, weil er entweder verwirkt ist (s. Rn. X 73) oder ihm die Erheblichkeit abzusprechen ist, BGH – Urt. v. 23.9.1987 – NJW-RR 1988, 77 = MDR 1988, 225 = WuM 1988, 125, 126 = ZMR 1988, 16: Wird die Kündigung aus § 554a BGB a.F. nach Vorliegen des Kündigungsgrundes zu lange verzögert, so rechtfertigt das den Schluss, dass dem Kündigenden trotz der Vertragsstörung die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht unzumutbar ist (BGH WPM 1983, 660; WPM 1984, 1537). OLG Celle – Urt. v. 26.10.1994 – ZMR 1995, 298, 300 Sp. 2: Wartet der zur Kündigung Berechtigte längere Zeit mit seiner Erklärung, dann kann dieser Umstand im Einzelfall ihm nachteilige Schlüsse auf die Erheblichkeit der behaupteten Vertragsverletzung oder auf die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung dahin zulassen, dass das Kündigungsrecht verwirkt ist.3

1 Beispiel: Der Mieter verheimlicht den Kündigungsgrund oder hindert den Vermieter an der Geltendmachung des Grundes. 2 Ebenso zu § 573 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 93; Emmerich/Sonnenschein Rn. 91; Palandt/Weidenkaff Rn. 51; Staudinger/Rolfs Rn. 214. 3 Zum Fall: Kündigung wegen eines Mangels (Raumklima) erst ca. 2 Jahre nach der Mängelrüge.

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Rn. X 73

Ordentliche Vertragsbeendigung

Für Mietverhältnisse über Gewerberaum gelten nur die unter Rn. X 67 dargestellten Grundsätze. cc) Verwirkung und Wegfall von Kündigungsgründen aaa) Verwirkung 73

Liegt ein Kündigungsgrund vor, so entsprach es schon der bisherigen Rspr., dass der Vermieter alsbald davon Gebrauch zu machen hatte, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.9.2002 – ZMR 2003, 177: Macht der Berechtigte erst längere Zeit nach einer Vertragsverletzung von seinem Recht zur fristlosen Kündigung Gebrauch, gibt er damit zu erkennen, dass er diese Vertragsverletzung nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass ihm die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden könnte (BGH WuM 1983, 661, ZMR 1988, 16);1 OLG München – Urt. v. 28.2.2001 – ZMR 2001, 535: Eine außerordentliche Kündigung kann nicht auf Vorfälle gestützt werden, die zur Zeit der Kündigung mehr als ein halbes Jahr zurückliegen; s. auch OLG Celle – Urt. v. 26.10.1994 – ZMR 1995, 298, 300, OLG Karlsruhe – Urt. v. 28.1.1999 – ZMR 2001, 799 zu § 542 BGB a.F.

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Nunmehr ist in § 314 Abs. 3 BGB geregelt, dass die Kündigung aus wichtigem Grund bei allen Dauerschuldverhältnissen nur innerhalb einer „angemessenen Frist“ ausgesprochen werden kann, nachdem der Berechtigte von dem Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Diese Regelung ist auch für das Mietrecht einschlägig und kommt bei der außerordentlichen befristeten sowie der außerordentlichen unbefristeten Kündigung zum Tragen.2 Sie gilt für alle einschlägigen Kündigungstatbestände, so für die Kündigung, – wegen unpünktlicher Mietzahlungen: BGH – Urt. v. 23.9.1987 – WuM 1988, 125, 126 = ZMR 1988, 16 oder wegen jahrelangen Einbehalts von Teilen der Miete: OLG Köln – Urt. v. 4.2.2000 – ZMR 2000, 459, 461, – wegen Lärms aus einer Gaststätte: OLG München – Urt. v. 9.2.1996 – ZMR 1996, 487, – wegen Nichtgewährung des Mietgebrauchs: BGH – Urt. v. 31.5.2000 – NZM 2000, 825, 826, – wegen Nichtleistung der Kaution bei Gewerbemietverhältnissen: BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 400 = ZMR 2007, 525, – wegen vertragswidriger Nutzung eines „Freizeitgrundstücks“ als Wohnsitz: BGH – Urt. v. 17.9.2008 – NZM 2009, 30 = ZMR 2009, 106, – wegen Mängeln der Mietsache (Dachundichtigkeit): OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 438, 439.

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Eine starre zeitliche Obergrenze besteht nicht. Einerseits gilt die kurze (arbeitsrechtliche) Frist in § 626 Abs. 2 BGB von 2 Wochen nicht entsprechend, BGH – Urt. v. 27.1.1982 – NJW 1982, 2432, OLG Köln – Urt. v. 3.8.1994 – ZMR 1995, 469; anders OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 24.6.1991 – WuM 1991, 475, 477. 1 Zum Fall: Der Vermieter hatte mit der Kündigung 15 Monate gewartet. 2 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 569 Rn. 28; Flatow ZMR 2004, 281, 282.

1300

Kündigung

Rn. X 76

Andererseits wird eine Obergrenze von 2 bis 4 Monaten ab Erlangung der Kenntnis vom Kündigungsgrund gezogen, BGH – Urt. v. 21.3.2007 – NZM 2007, 400 = ZMR 2007, 525, OLG München – Urt. v. 28.2.2001 – MDR 2001, 745 = ZMR 2001, 535 für obere Grenze von 6 Monaten. LG Berlin ZMR 2000, 529: Die fristlose Kündigung nach § 554a BGB a.F. muss zeitnah zu der Vertragsverletzung des Mieters erfolgen. Eine Kündigung erst 4 Monate nach dem Vorfall (Diebstahl innerhalb der Hausgemeinschaft) ist verspätet; LG Lübeck ZMR 2001, 282 für die Kündigung des Mieters wegen Gesundheitsgefährdung nach § 544 BGB a.F.; dagegen OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.11.2007 – GuT 2007, 439: Eine fristlose Kündigung, die erst 11 Monate nach dem erstmaligen Auftreten des Mangels ausgesprochen worden ist, ist nicht mehr in angemessener Frist erklärt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Vermieter eine Prüfungsfrist zuzubilligen ist, etwa um die Intensität und eine Wiederholungsgefahr der Leistungsstörung (Lärm, verspätete Mietzahlungen) festzustellen. Das Gleiche gilt erst recht für den Mieter zur Prüfung der Erheblichkeit des Mangels oder der Gesundheitsgefährdung sowie zur Beschaffung von Ersatzraum. Auch wenn eine Kündigung mit länger zurückliegenden Vorfälle nicht mehr begründet werden kann, können diese unterstützend zu neueren Vorfällen herangezogen werden, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.12.1998 – NZM 1999, 970 = ZMR 1999, 243.

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Regelung in § 314 Abs. 3 BGB auch für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs gilt.1 Das lässt sich nicht schon dadurch ausschließen, dass § 543 Abs. 3 Nr. 3 BGB für das Abmahnerfordernis eine Spezialregelung enthält. Vielmehr folgt aus § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass ein einmal gegebenes Kündigungsrecht selbst dann erhalten bleibt, wenn seine Voraussetzungen bei Ausspruch der Kündigung nicht mehr vollständig gegeben sind. Insofern ist § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB die speziellere Regelung gegenüber § 314 Abs. 3 BGB. Dies ist auch sachlich gerechtfertigt, weil die Vertragswidrigkeit – nämlich der Zahlungsverzug zumindest mit einem Teil der Miete – fortbesteht. Allerdings gebieten Treu und Glauben, dass der Vermieter den Mieter vor Ausspruch der Kündigung (entgegen § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BGB) abmahnt, wenn er von seinem Kündigungsrecht nicht alsbald Gebrauch macht (s. Rn. XII 133, 134). Dies wird auch für andere länger zurückliegende Kündigungsgründe zu gelten haben, wenn diese fortbestehen (z.B. bei fortgesetzten Störungen des Hausfriedens etwa durch Lärm). Jedoch wird dort zu fragen sein, ob angesichts längeren Zuwartens durch den Vermieter die Schwelle der Erheblichkeit überschritten ist (s. Rn. X 73). Indes scheint der BGH eine Verwirkung der Kündigungsbefugnis wegen Zahlungsverzugs nicht auszuschließen, wenn die erforderlichen Tatbestsandsmerkmale, insbesondere das Umstandsmoment, vorliegen, 1 So Beuermann GE 2002, 787; ferner Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 115.

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Rn. X 77

Ordentliche Vertragsbeendigung

BGH – Urt. v. 15.6.2005 – NZM 2005, 703 = ZMR 2005, 776: Ist ein zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs aufgelaufener Mietrückstand dadurch entstanden, dass der Mieter von Gewerberäumen die auf die Miete zu entrichtende Mehrwertsteuer nicht gezahlt hat und haben die Parteien darüber korrespondiert, so ist das Recht zur fristlosen Kündigung nicht deshalb verwirkt, weil der Vermieter eine 1997 angedrohte Zahlungsklage nicht erhoben hat, entgegen seinem Schreiben vom November 1998 das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Finanzamt nicht mitgeteilt hat und im Schreiben vom Juli 1999 lediglich die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung angedeutet hat („Unser Anwalt hat die Kündigung angeraten, wenn der Anspruch nicht bis Ende September 1999 anerkannt wird“), ohne die Kündigung, die dann am 17.9.1999 erfolgte, konkret anzudrohen.

77

Auch Abmahnung und Kündigung müssen in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, LG Halle NZM 2003, 309 für eine Kündigung wegen Kinderlärms im Mai 2002, wenn die Abmahnungen schon im Dezember 1998 und Februar 1999 erfolgten.

bbb) Wegfall von Kündigungsgründen 78

Fallen die Kündigungsgründe nach Ausspruch der Kündigung weg, so wird die Kündigung nach h.M. deswegen noch nicht unwirksam. Das gilt für die ordentliche Kündigung, soweit ihre Wirksamkeit vom Vorliegen von Gründen abhängt. Entfällt etwa der Eigenbedarf nach Ablauf der Kündigungsfrist, so soll das an der Gestaltungswirkung der Kündigung nichts ändern, s. aber Rn. X 58, 60,1 BGH – Urt. v. 9.11.2005 – BGHZ 165, 75 = NZM 2006, 50 = WuM 2005, 782 = ZMR 2006, 119,2 BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 679 = WuM 2007, 515 = ZMR 2007, 772 jeweils für Wegfall des Eigenbedarfs nach Ablauf der Kündigungsfrist.

79

Das Gleiche gilt für die fristlose Kündigung auch im Falle nachträglichen Wohlverhaltens, BGH – Urt. v. 23.9.1987 – NJW-RR 1988, 77 = WuM 1988, 125, 126 = ZMR 1988, 16: Die fristlose Kündigung wegen Zahlungssäumigkeit verliert ihre Wirkung nicht deshalb, weil sich das Verhalten des Mieters nach der Kündigung bis zur Einreichung der Räumungsklage grundlegend geändert hat. Das gilt auch für Nebenkosten oder sonstige Zahlungspflichten, insbesondere dann, wenn es der Mieter zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen lässt. Nachträgliches Wohlverhalten des Mieters ändert an der Gestaltungswirkung der Kündigung nichts. OLG Düsseldorf – Urt. v. 8.7.2008 – MietRB 2009, 33 (Eupen), OLG Düsseldorf – Beschl. v. 8.3.2005 – NZM 2006, 295 nach einer Kündigung wegen Bedrohung des Vermieters durch den Mieter.

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Jedoch kann die Berufung auf die Wirkungen der Kündigung rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Grund nachträglich entfallen ist, etwa weil sich der Eigenbedarf oder die Verwertungsabsicht erledigt hat3 oder mit weiteren Stö1 S. zu § 573 BGB: Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 55; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 71. 2 Verfassungsrechtlich bestätigt durch BVerfG – Kammerbeschl. v. 18.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 2006, 300; dagegen Timme NZM 2006, 249. 3 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 71 für den nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs.

1302

Kündigung

Rn. X 81

rungen durch den Mieter nicht zu rechnen ist oder die Störquelle endgültig beseitigt ist,1 z.B. – wenn der Eigenbedarf nachträglich wegfällt (OLG Karlsruhe – RE v. 7.10.1981 – NJW 1982, 11 = WuM 1982, 11 = ZMR 1982, 50, Urt. v. 22.4.1993 – NJW-RR 1994, 80 = WuM 1993, 405 = ZMR 1993, 335, LG Hannover WuM 1990, 305, 306, LG Hamburg WuM 1997, 680, WuM 2005, 1342), – wenn der störende Mieter ausgezogen ist und dies schon vor der Kündigung angekündigt worden war (LG Frankfurt WuM 1987, 21), – wenn die Lärmstörungen durch das heranwachsende Kind infolge besserer Einsicht entfallen (AG Wiesbaden WuM 1995, 706), – wenn der hochbetagte Mieter das vertragswidrige unhygienische Verhalten während des Prozesses abgestellt und bewiesen hat, dass es zu weiteren Störungen nicht kommen werde, und die Nachbarn ein weiteres Zusammenleben mit diesem Mieter für möglich halten (AG Görlitz WuM 1998, 155), – wenn sich der den Hausfrieden störende Mieter nach Ausspruch der Kündigung einer Therapie erfolgreich unterzogen hat und sein Verhalten nunmehr störungsfrei ist (AG Hamburg WuM 2001, 25). Dagegen ist das Festhalten am Räumungsverlangen nicht für rechtsmissbräuchlich gehalten worden, – wenn nach fristloser Kündigung wegen Zahlungssäumigkeit sich das Zahlungsverhalten des Mieters grundlegend geändert hat, BGH – Urt. v. 23.9.1987 – NJW-RR 1988 = WuM 1988, 125, 126 = ZMR 1988, 16,

– wenn der Eigenbedarf nach Ablauf der Kündigungsfrist wegfällt: BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NJW 2006, 220 = WuM 2005, 782 = ZMR 2006, 119,3 – wenn absehbar unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist eine Alternativwohnung frei wird,4 BGH – Urt. v. 4.6.2008 – NZM 2008, 662 = WuM 2008, 497 = MietRB 2008, 258 (Dötsch),

– wenn der Mieter von Gewerberaum einen vertraglich geschuldeten Beitrag zu dem Trinkwasseranschluss von ca. 725 Euro erst nach der fristlosen Kündigung zahlt, OLG Brandenburg – Urt. v. 14.11.2007 – ZMR 2008, 116, 117, 1 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 569 Rn. 30 für die Fälle der fristlosen Kündigung. 2 Diese Entscheidung ist vom BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NZM 2006, 50 = WuM 2005, 782 = ZMR 2006, 119 aufgehoben worden. 3 Gemäß BVerfG – Beschl. v. 18.4.2006 – NZM 2006, 459 ist die Wertung des BGH verfassungsrechtlich unbedenklich; denn darin liege keine grundsätzliche Verletzung von Bedeutung und Reichweite der auch das Besitzrecht des Mieters schützenden Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Dagegen Timme NZM 2006, 249. Zur Anbietpflicht des Vermieters s. Rn. XI 129 f. 4 Zum Fall: Die Kündigung wegen Eigenbedarfs erfolgte zum 28.2.2006. Eine Alternativwohnung in demselben Haus wurde von deren Mieter zum 31.3.2006 gekündigt. S. dagegen Timme NZM 2006, 249.

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Rn. X 82

Ordentliche Vertragsbeendigung

– wenn der störende Mitmieter nach der Kündigung verstorben ist (LG Berlin GE 1995, 943), – wenn der Mieter, dem wegen übermäßiger Tierhaltung gekündigt worden ist, nach der Kündigung die Tiere abschafft (AG Neustadt/Rbge. NZM 2000, 308), – wenn der Mieter, dem wegen ruhestörenden Lärms gekündigt worden ist, durch eine medikamentöse Behandlung von weiteren Störungen abgehalten werden könnte, die Behandlung jedoch nicht sichergestellt ist (LG Hamburg ZMR 2006, 448). 82

Der letzteren Auffassung kann nicht gefolgt werden, wenn sich der Kündigungsgrund nicht realisiert oder später endgültig wegfällt. Das gilt insbesondere für Kündigungsgründe, die zukunftsbezogen sind, wie insbesondere der Eigenbedarf oder die Hinderung der wirtschaftlichen Verwertung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2, 3 BGB). Im Gegensatz zu den vergangenheitsbezogenen Kündigungsgründen – insbesondere soweit sie auf Vertragsverletzungen beruhen – realisieren sich diese Gründe überhaupt erst nach Ablauf der Kündigungsfrist. Nicht der beabsichtigte Einzug oder die beabsichtigte Verwertung bilden die Rechtfertigung für die Kündigung, sondern die Hinderung, diese Absichten umsetzen zu können. Deshalb erscheint auch das Argument verfehlt, dass bei Befolgung der hier vertretenen Auffassung eine Besserstellung des „vertragsuntreuen“ Mieters eintrete, der nach Ablauf der Kündigungsfrist ausziehe (so BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NJW 2006, 220 Tz. 23, 24). Eine solche Besserstellung käme nur in Betracht, wenn schon der prospektive Eigenbedarf einen Kündigungsgrund bilden würde. Das ist indes nicht der Fall (s. Rn. XI 58, 60), LG Kiel WuM 1991, 108.

Die hier vertretene Auffassung entspricht einer dogmatischen Bewertung zukunftsbezogener Kündigungsgründe, und zwar über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus. Zumindest käme in letzterem Fall der Einwand des Rechtsmissbrauchs zum Tragen. Entsprechend verhält es sich mit dem Kündigungsgrund der Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis fortzusetzen (§ 543 Abs. 1 BGB): Die Unzumutbarkeit wird im Allgemeinen entfallen, wenn der Kündigungsgrund endgültig nicht mehr gegeben ist. Eine andere Wertung ließe den Kündigungstatbestand als unzulässige Privatstrafe erscheinen.

dd) Vertraglicher Ausschluss der Begründungspflicht 83

Die Pflicht des Vermieters von Wohnraum, die ordentliche oder außerordentlich befristete Kündigung zu begründen, kann nicht zum Nachteil des Mieters ausgeschlossen oder erleichtert werden (§ 573 Abs. 4 BGB). Unklar ist aber, ob es sich für die Pflicht der Vertragsparteien, die fristlose Kündigung zu begründen, anders verhält. Dafür kann der Wortlaut des Gesetzes sprechen; denn in § 569 Abs. 5 BGB, der die Unabdingbarkeit der einzelnen Kündigungsregelungen enthält, fehlt die Bezugnahme auf § 569 Abs. 4 BGB. Die überwiegende Meinung schiebt dies auf einen bloßen Redaktionsfehler des Gesetzgebers, da der Absatz 4 erst kurz vor Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt wor1304

Kündigung

Rn. X 84

den ist.1 Für ein Redaktionsversehen kann sprechen, dass der Gesetzgeber auf die Wichtigkeit der Begründungspflicht hingewiesen hat, die mindestens die gleiche Bedeutung wie bei der ordentlichen Kündigung habe.2 Dagegen lässt sich anführen, dass der Gesetzgeber seit Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 verschiedene (kleinere) Änderungen durchgeführt hat, ohne dies zum Anlass zu nehmen, den (vermeintlichen) Redaktionsfehler zu beheben. Aus der Unabdingbarkeitsregel für die ordentliche Kündigung lässt sich allerdings schließen, dass diese erst recht für die fristlose Kündigung als die gravierendere Maßnahme zu gelten hat. Bedenken bestehen jedenfalls gegen einen Ausschluss durch Formular- oder Verbraucherverträge zum Nachteil des Mieters; denn die Begründung der Kündigung hat für die Rechtsverteidigung des Mieters erhebliche Bedeutung. Ein Ausschluss wäre mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 569 Abs. 4 BGB nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). d) Kündigungsfrist aa) Dauer der Kündigungsfristen Die nach der Wohndauer gestaffelten Kündigungsfristen (§ 573c BGB, früher: § 565 Abs. 2 BGB a.F.) sind durch die Mietrechtsreform asymmetrisch gestaltet. Sie betragen – wie bisher – für Vermieter und Mieter einheitlich 3 Monate bei einer Wohnzeit bis zu 5 Jahren. Bei längerer Wohndauer verlängern sie sich nur zu Lasten des Vermieters um jeweils weitere 3 Monate, nämlich bei einer Wohndauer von über 5 Jahren auf 6 Monate und von über 8 Jahren auf 9 Monate. Nach wie vor ist als Wohnzeit zumindest derjenige Zeitraum anzusetzen, während dessen der Vermieter die Wohnung dem Mieter überlassen hat, ohne dass es auf den konkreten Vertragsabschluss ankommt (so. z.B. bei Folge- oder Kettenmietverträgen).3 Das gilt auch, wenn die Vertragsparteien einen neuen Mietvertrag unter Aufhebung des bisherigen abschließen, LG Zwickau WuM 1998, 158.

Als Wohnzeit ist auch die Zeit anzurechnen, während der ein naher Angehöriger, der später (Mit-)Mieter wird, in der Wohnung lebt, d.h. dort seinen Lebensmittelpunkt hat, OLG Stuttgart – RE v. 30.12.1983 – WuM 1984, 45 = ZMR 1984, 136.

1 S. zu § 569 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 69; Erman/Jendrek Rn. 1; Fischer-Dieskau/Franke Anm. 10.5; Schmidt-Futterer/Blank § 569 Rn. 78; Palandt/Weidenkaff Rn. 4; Lützenkirchen MDR 2001, 1385; für Unabdingbarkeit zu Gunsten des Mieters auch Emmerich/Sonnenschein Rn. 36; Staudinger/Emmerich Rn. 67; anders Lammel Rn. 56; MünchKomm/Schilling Rn. 39. 2 Börstinghaus/Eisenschmid, Arbeitskommentar Neues Mietrecht S. 477, 478 zu den Gesetzesmaterialien. 3 S. zu § 573c BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 12 f., 14; Erman/Jendrek Rn. 4; Lammel Rn. 24 f., 30; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 12.

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Rn. X 85

Ordentliche Vertragsbeendigung

Ob auch die Wohnzeit des Mieters als früherer Untermieter einzubeziehen ist, ist umstritten, wird jedoch mit Blick auf den Schutzzweck der Norm, die sozialen Folgen eines unfreiwilligen Wohnungswechsels abzufedern, zu bejahen sein.1 Zieht der Mieter innerhalb des Hauses des Vermieters „unter Mitnahme“ des bisherigen Mietvertrages in eine andere Wohnung um, so wird in seine Wohnzeit die Wohndauer in der früheren Wohnung einbezogen,2 BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 584.

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Die Kündigungsfristen für Mietverhältnisse über andere Sachen (§ 580a BGB) entsprechen der früheren Rechtslage (s. § 565 Abs. 1, 1a, 4, 5 BGB). Hervorzuheben ist, dass Mietverhältnisse über Geschäftsräume ordentlich oder außerordentlich befristet nur zum übernächsten Quartalsende gekündigt werden können (§ 580a Abs. 2, 4 BGB). Das bedeutet, dass hier die Kündigungsfrist 6 Monate abzüglich einer Karenzzeit von 3 Tagen beträgt. Diese Kündigungsfristen sind jedoch dispositiv. Bei einer Kündigung, die auf § 550 Satz 2 BGB beruht, ist eine vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist jedenfalls dann nicht maßgebend, wenn sie länger als die gesetzliche Kündigungsfrist ist,3 BGH – Urt. v. 29.3.2000 – NZM 2000, 545, 547 = ZMR 2000, 593 zur Vorgängervorschrift in § 566 Satz 2 BGB a.F.

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Bei der Wohnraummiete können dagegen die Kündigungsfristen zum Nachteil des Mieters nicht abweichend vom Gesetz vertraglich verändert werden (§ 573c Abs. 4 BGB), so dass es nunmehr unzulässig ist, für die ordentliche Kündigung des Mieters längere als die gesetzlichen Fristen zu vereinbaren. Zu Vereinbarungen vor Inkrafttreten des MRRG s. Rn. X 88. Unwirksam sind danach auch Vereinbarungen, gemäß denen nur zum Schluss bestimmter Monate gekündigt werden kann, z.B. zum Quartalsende.4 Das gilt ebenso für Vereinbarungen von Verlängerungsklauseln im Anschluss an befristete Mietverhältnisse (s. dazu Rn. X 114). Wirksam sind dagegen Vereinbarungen, die dem Mieter kürzere Kündigungsfristen als die gesetzlichen einräumen, so etwa die dem § 120 Abs. 2 ZGB entsprechende Frist von 2 Wochen in Mietverträgen, die vor dem 3.10.1990 im Beitrittsgebiet abgeschlossen worden sind, 1 Ebenso zu § 573c BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 14; Erman/Jendrek Rn. 4; Lammel Rn. 30; a.A. Schmidt-Futterer/Blank Rn. 13. 2 Zum Fall: Das ursprüngliche Mietverhältnis begann am 1.2.1983; am 1.1.1995 bezog der Mieter eine andere Wohnung in demselben Haus des Vermieters. In dem neu abgeschlossenen Mietvertrag hieß es „Das Mietverhältnis beginnt am 1.1.1995“. Daneben war vermerkt: „Ergänzung zum Mietvertrag vom 1.2.1983“. 3 Zum Fall: Die Vertragsparteien hatten einen längerfristigen Mietvertrag abgeschlossen, der nach Ablauf der festen Mietzeit mit einer Frist von 12 Monaten kündbar sein sollte. Der Mietvertrag entsprach nicht der Schriftform gemäß § 566 Satz 1 BGB a.F. und wurde vom Mieter gekündigt. Die Parteien stritten darüber, ob für diese Kündigung die vertragliche oder die gesetzliche Kündigungsfrist maßgebend sei. 4 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573c Rn. 24.

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Kündigung

Rn. X 88

KG – RE v. 22.1.1998 – MDR 1998, 395 = NZM 1998, 299 = WuM 1998, 149 = ZMR 1998, 221, LG Zwickau WuM 1996, 40, LG Chemnitz WuM 1996, 475.

Wichtig ist die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 3 Abs.10 EGBGB: Danach gelten vor dem 1.9.2001 vereinbarte Kündigungsfristen fort. Diesbezügliche Vereinbarungen sind häufig in Formularverträgen zu finden, indem dort die bisherigen gesetzlichen Fristen des § 565 Abs. 2 BGB a.F. wiederholt worden sind. Ob es infolgedessen für viele Altverträge bei den bisherigen Kündigungsfristen bleiben wird, war früher umstritten.

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Der BGH hat die Frage in mehreren gleich lautenden Entscheidungen vom 18.6.2003 für die Fälle bejaht, in denen die Klausel die früheren gesetzlichen Kündigungsfristen wörtlich oder sinngemäß wiederholt, BGH – Urt. v. 18.6.2003 – WuM 2003, 505 = ZMR 2003, 655: § 573c Abs. 4 BGB ist auf Formularklauseln in einem vor dem 1.9.2001 abgeschlossenen Mietvertrag, die hinsichtlich der Kündigungsfristen die damalige gesetzliche Regelung wörtlich oder sinngemäß wiedergeben, nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB nicht anzuwenden; ebenso BGH – Urt. v. 12.11.2003 – WuM 2004, 101.

Der BGH hat seine Rspr. noch erweitert und auf Formularklauseln erstreckt, in denen nur in einer Fußnote die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB a.F. sinngemäß wiedergegeben worden sind, ohne allerdings auf die AGB-rechtliche Problematik der Einbeziehung oder der Auslegung als bloßen Gesetzesverweis bzw. dynamischer Verweisungen einzugehen,1 BGH – Urt. v. 10.3.2004 – NZM 2004, 336 = WuM 2004, 273, 275 = ZMR 2004, 427.

Konnten vor Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 auch längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen zum Nachteil des Mieters vereinbart werden, OLG Zweibrücken – RE v. 23.11.1989 – NJW-RR 1990, 148 = WuM 1990, 8 = ZMR 1990, 106,

so gelten diese Klauseln über den 1.9.2001 hinaus fort. Der Gesetzgeber hat sich nunmehr dieses Problems angenommen und die Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB mit Wirkung ab 1.6.2005 wie folgt ergänzt: § 573c Abs. 4 des BGB ist nicht anzuwenden, wenn die Kündigungsfristen vor dem 1.9.2001 durch Vertrag vereinbart worden sind. Für Kündigungen, die ab dem 1.6.2005 zugehen, gilt dies nicht, wenn die Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB in der bis zum 1.9.2001 geltenden Fassung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart worden sind.

Im Ergebnis werden nur solche Formularklauseln mit Wirkung ab 1.6.2005 erfasst, die die frühere gesetzliche Regelung wiederholen,2 BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 583: Die Änderung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB durch das Gesetz zur Änderung des EGBGB v. 26.5.2005 (BGBl. I 1425), durch die der in dieser Vorschrift geregelte Bestandsschutz auf individualvertragliche Vereinbarungen beschränkt wird, betrifft lediglich Kündigungen, die ab 1.6.2005 zugehen. 1 S. dazu Tiefenbacher WuM 2004, 274; Wiek WuM 2004, 276. 2 Dazu ausführlich Barthelmess ZMR 2005, 913; Rolfs/Barg NZM 2006, 83; Wiek WuM 2007, 51.

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Rn. X 89

Ordentliche Vertragsbeendigung

Kennzeichnend dafür, ob die (früheren) gesetzlichen Kündigungsfristen vertraglich vereinbart sind oder es sich lediglich um einen Hinweis auf die Gesetzeslage handelt, ist, ob sie nach dem Parteiwillen im Falle einer etwaigen Gesetzesänderung gleichwohl fortgelten sollten,1 für bloß informativen Gehalt der Klausel: BGH – Urt. v. 15.3.2006 – NZM 2006, 460 = WuM 2006, 258 = ZMR 2006, 509 = MietRB 2006, 221 (Walburg).

Tritt ein weiterer Mieter einem vor dem 1.9.2001 abgeschlossenen Mietvertrag über Wohnraum erst nach dem genannten Termin bei, so gelten die zulässigerweise vereinbarten längeren Kündigungsfristen auch zu seinen Lasten, BGH – Urt. v. 7.2.2007 – NZM 2007, 327 = WuM 2007, 202, 203 = ZMR 2007, 358 = MietRB 2007, 109, 110 (Eupen): Es ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, dass ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht untersteht, das zur Zeit der Verwirklichung des Entstehungstatbestandes galt, sofern es sich nicht um späteres zwingendes Recht handelt. Tritt jemand einem vor der Rechtsänderung geschlossenen Vertrag bei, so ist auch für ihn das ursprünglich geltende Recht maßgeblich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Änderung den Vertrag in seinem sachlichen Kern zu einem neuen Geschäft macht. Das ist beim Beitritt eines weiteren Mieters nicht der Fall.

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Umstritten war, ob durch das Inkrafttreten des neuen Schuldrechts am 1.1.2002 (bzw. für Bestandsmietverhältnisse am 1.1.2003) eine Änderung eingetreten war, weil in der Übergangsvorschrift Art 229 § 5 EGBGB vorgesehen ist, dass auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, das neue Recht anzuwenden ist. Das würde nach dem Wortlaut bedeuten, dass auch für Altverträge die neuen kurzen Kündigungsfristen zu Gunsten des Mieters anzuwenden sind.2 Der BGH hat die Frage im Sinne der Fortgeltung der älteren Vereinbarungen geklärt, da die mietrechtliche Übergangsregelung in Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB zwar die ältere, jedoch die speziellere Regelung darstellt, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – DWW 2005, 197 = NJW 2005, 1572 = WuM 2005, 342:3 Gemäß Art. 229 § 3 Abs. 10 EG BGB ist § 573c Abs. 4 BGB auf vor dem 1.9.2001 geschlossene Mietverträge auch dann nicht anzuwenden, wenn die Kündigung nach dem 31.12.2002 erklärt worden ist. Diese Übergangsregelung zum MRRG wird nicht mit Wirkung ab 1.1.2003 durch die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB verdrängt. Ebenso BGH – Beschl. v. 21.6.2005 – WuM 2005, 520, BGH – VU v. 22.6.2005 – WuM 2005, 583, BGH – Urt. v. 22.6.2005 – WuM 2005, 584, BGH – Urt. v. 7.2.2007 – NZM 2007, 327 = WuM 2007, 203 = ZMR 2007, 358 = MietRB 2007, 109, 110 (Eupen).

1 Zum Fall: Im Mietvertrag heißt es: „Der Mietvertrag ... kann beiderseits unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen* (* = Fußnote), die für beide Teile verbindlich sind, zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.“ Die Fußnote lautet: „Die gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfristen für Wohnraum betragen zzt. ...:“. 2 Dafür: Schmidt-Kessel NJW 2003, 3748; dagegen: Fellner MDR 2004, 1389. 3 Kritisch dazu Blank NZM 2005, 401; Eisenhardt WuM 2005, 487; Gellwizki WuM 2005, 345.

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Kündigung

Rn. X 91

bb) Berechnung der Kündigungsfristen Umstritten ist, ob für die Berechnung der Karenzzeit von 3 Werktagen der Samstag als Werktag mitzählt. Das wird zum Teil entsprechend einer heute noch gängigen Verkehrsauffassung gänzlich verneint,1

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LG Berlin GE 1989, 509,

zum Teil jedenfalls dann verneint, wenn der 3. Werktag auf einen Samstag fällt. Zum Teil bejaht, wenn der Samstag der 1. oder 2. Werktag ist,2 LG Wuppertal NJW-RR 1993, 1232 = WuM 1993, 450, LG Kiel WuM 1994, 543, LG Aachen WuM 2004, 22: Der Samstag wird als Werktag bei der Kündigungsfristberechnung zum 3. Werktag im Monat mitgezählt, wenn er am Anfang oder innerhalb der Frist liegt, nicht aber, wenn er der letzte Tag der Frist ist.

Der BGH (VIII. Zivilsenat) hat sich der letzteren Meinung angeschlossen, es jedoch offen gelassen, ob dies auch dann gilt, wenn der letzte Tag der Karenzfrist auf einen Samstag fällt,3 BGH – Urt. v. 27.4.2005 – MDR 2005, 1100 = NZM 2005, 532 = WuM 2005, 465.

Die Regelung des § 193 BGB soll weder unmittelbar noch entsprechend auf Kündigungsfristen anzuwenden sein, BGH (III. Zivilsenat) – Urt. v. 17.2.2005 – MDR 2005, 798 = NZM 2005, 247 = WuM 2005, 247: Die Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Kündigungsfristen dient stets dem Schutz des Kündigungsgegners. Dieser soll sich rechtzeitig auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses einstellen können; insofern sind alle zu seinen Gunsten bestehenden Fristen – auch soweit es sich um vertraglich vereinbarte Fristen handelt – Mindestfristen, die ihm ungekürzt zur Verfügung stehen. Das entspricht auch der Rechtssicherheit (Anschluss an die arbeitsgerichtliche Rspr. – BAGE 22, 304, 305 f. – und Fortführung von BGHZ 59, 265).

Das kann dafür sprechen, den Samstag als Werktag stets mitzuzählen, was auch dem Schutz des Gekündigten entspricht.4 Eine vertragliche Vereinbarung, wonach das Mietverhältnis mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden kann, ist im Zusammenhang mit den übrigen Vertragsbestimmungen dahin auszulegen, dass das Mietverhältnis nur zum Monatsende gekündigt werden darf,5 BGH – Urt. v. 11.9.2002 – GE 2002, 1490, AG Essen-Steele WuM 2002, 268.

Zur Berechnung der Wohndauer als Maßstab für die Dauer der Kündigungsfrist nach § 573c Abs. 1 BGB s. Rn. X 84. 1 S. zu § 573c BGB: Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 5; MünchKomm/Häublein Rn. 12. 2 S. zu § 573c BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 5; Palandt/Weidenkaff Rn. 10; Staudinger/ Rolfs Rn. 18. 3 Kritisch dazu Eisenhardt WuM 2005, 487. 4 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573c Rn. 8. 5 Zum Fall: Der Mietvertrag war am 8. März abgeschlossen worden und am 8. März zum 8. Juni gekündigt worden. Der BGH hielt die Kündigung erst zum Monatsletzten für zulässig.

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Rn. X 92 92

Ordentliche Vertragsbeendigung

Ein Mietverhältnis kann zwar nach Abschluss des Vertrages und vor seinem Beginn gekündigt werden (s. Rn. X 10). Umstritten ist jedoch, ob die Kündigungsfrist mit Zugang der Kündigung oder erst ab Beginn des Mietverhältnisses läuft. Nach überwiegender Meinung kommt es zunächst auf den Inhalt des Vertrages an; ergibt sich hieraus keine Klärung, so soll die Frist bereits mit dem Zugang der Kündigung beginnen,1 BGH – Urt. v. 21.2.1979 – BGHZ 73, 350, 352 = NJW 1979, 1288 = WuM 1979, 139, ebenso OLG Düsseldorf WuM 1995, 439 = ZMR 1995, 465 für die fristlose Kündigung, OLG Celle – Urt. v. 20.2.2002 – NZM 2003, 64 = ZMR 2002, 505 für fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses über Geschäftsraum wegen Nichtleistung der Kaution.

Die Frage hat praktische Bedeutung bei Vermietung eines Objekts „vom Reißbrett“. Wird mit einer kürzeren als der gesetzlichen Frist gekündigt, so ist die Kündigung deshalb nicht unwirksam, sondern es wird die gesetzliche Frist in Lauf gesetzt, LG Köln ZMR 1992, 343; a.A. LG Osnabrück WuM 1990, 81, 82.

e) Teilkündigung aa) Unzulässigkeit der Teilkündigung 93

Eine Teilkündigung, die sich auf einzelne Vertragspunkte oder Teile der Mietsache bezieht, ist unzulässig,2 BGH – Urt. v. 28.4.1972 – MDR 1972, 861, OLG Dresden – Urt. v. 12.12.2002 – ZMR 2003, 832 grundsätzlich für Pachtverträge, KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259 für einen Teil der Mieträume, LG Aachen ZMR 1989, 227 zur Unzulässigkeit der Teilkündigung einer Abrede über Hausmeisterleistungen des Mieters, AG Hannover WM 1994, 426 zur Unzulässigkeit der Teilkündigung eines Gartens.

Das gilt auch dann, wenn zu den Mieträumen später weitere wirtschaftlich dazugehörige Räume hinzugemietet werden, KG – Urt. v. 22.9.2003 – ZMR 2004, 259.

94

Ebenso verhält es sich, wenn einheitlich eine Wohnung und eine Garage vermietet sind, darauf das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum umgewandelt wird und der Erwerber der Garage das Mietverhältnis insoweit kündigen will, BayObLG – RE v. 12.12.1990 – WM 1991, 78 = ZMR 1991, 174, LG Wuppertal WuM 1996, 621, s. auch BGH – Urt. v. 28.9.2005 – NZM 2005, 941 = WuM 2005, 790 = ZMR 2006, 30 und Rn. I 187. 1 Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 47; Staudinger/Rolfs BGB § 573c Rn. 7; Wegner WuM 1989, 405. Dagegen stellen auf den Beginn des Mietverhältnisses ab: MünchKomm/ Voelskow BGB § 564 Rn. 10; Soergel/Heintzmann BGB § 564 Rn. 11; Sternel Rn. IV 4. 2 S. zu § 542 BGB: Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 85; Staudinger/Rolfs Rn. 90 f.

1310

Kündigung

Rn. X 96

In einem solchen Fall müssen die Eigentümer der verschiedenen Teile des Mietobjekts gemeinschaftlich kündigen. Das Gleiche gilt, wenn das Gebäude nach Abschluss des Mietvertrages in Wohnungseigentum umgewandelt wird und an Teilen des einheitlich vermieteten Objekts Sondereigentum gebildet und veräußert wird. Hier bilden die Erwerber des Sondereigentums eine Vermietergemeinschaft, ohne dass das Mietverhältnis aufgespalten und eine Teilkündigung zulässig wird,1 s. OLG Celle – Urt. v. 11.10.1995 – WuM 1996, 222.2

Hat der Vermieter einer Wohnung nur Bedarf an einem Teil der Mieträume, so kann er das Mietverhältnis weder insgesamt noch hinsichtlich des benötigten Teils wegen Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kündigen. Eine Ausnahme ist nur zugelassen worden, wenn im Einzelfall die Interessen des Mieters nicht oder nicht unzumutbar beeinträchtigt werden und keine ernsthaften und damit schützenswerten Belange des Mieters bestehen, insbesondere er die vom Vermieter benötigten Räume nicht braucht. In derartigen Fällen kann ausnahmsweise die Zulässigkeit einer Teilkündigung aus dem Schikaneverbot und einer verfassungskonformen Auslegung des § 573 Abs. 1 BGB (= § 564b Abs. 1 BGB a.F.) abgeleitet werden,3

95

OLG Karlsruhe – RE v. 3.3.1997 – NJW-RR 1997, 711 = WuM 1997, 202 = ZMR 1997, 283,4 LG Duisburg NJW-RR 1996, 718.

Bei Mietverhältnissen, die nicht Wohnraum betreffen, ist eine Teilkündigung zulässig, wenn die Parteien dies vereinbart haben. Sie ist außerdem ausnahmsweise dann zugelassen worden, wenn die Kündigung einzelne von mehreren in einem Pachtvertrag zusammengefassten Gegenstände betrifft, die 1 Anders verhält es sich, wenn nach Umwandlung in Wohnungseigentum Teile des einheitlich vermieteten Objekts (nämlich die Mietwohnung) Sondereigentum und andere Teile (nämlich der Mieterkeller) in Gemeinschaftseigentum stehen: Hier wird der Erwerber der Wohnung alleiniger Vermieter: BGH – Beschl. v. 28.4.1999 – NZM 1999, 553 = WuM 1999, 390 = ZMR 1999, 546 gegen KG – Beschl. v. 14.4.1993 – WM 1993, 423 = ZMR 1993, 380. 2 Zum Fall: Mehrere Mieter verschiedener Wohnungen (A, B, C) hatten ein vertragliches Nutzungsrecht am Dachboden. Nach Umwandlung in Wohnungseigentum erwarb ein Wohnungseigentümer (E) das Sondereigentum am Dachboden, während die Wohnungen an andere Erwerber (X, Y, Z) veräußert waren. E kündigte gegenüber A, B, C das Nutzungsrecht – zu Unrecht; denn E hätte nur zusammen mit X gegenüber Mieter A, mit Y gegenüber Mieter B und mit Z gegenüber Mieter C kündigen können. 3 Zum Fall: Der Beklagte mietete eine 2-Zimmerwohnung und später durch Erweiterung des Mietvertrages dazu eine 1-Zimmerwohnung in demselben Haus. Nach Aufteilung in Wohnungseigentum erwarben der Kläger zu 1 die 1-Zimmerwohnung und der Kläger zu 2 die 2-Zimmerwohnung. Die Kläger kündigten das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs des Klägers zu 1 an der 1-Zimmerwohnung. Die Vorlagefrage des Landgerichts lautete: Kann ein Mietverhältnis über eine Wohnung nach § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB gekündigt werden, obwohl der Vermieter lediglich Eigenbedarf an einem Teil der Räume hat? 4 S. dazu Wiek WuM 1997, 654.

1311

96

Rn. X 96a

Ordentliche Vertragsbeendigung

ohne wesentliche Nachteile für den Pächter aus dem Gesamtpachtverhältnis herausgelöst werden können, OLG Dresden – Urt. v. 12.12.2002 – ZMR 2003, 832.

96a

Eine Teilkündigung liegt nicht vor, wenn dem Mieter nur die Benutzung von Gemeinschaftsflächen gestattet worden ist und der Vermieter die Gestattung widerruft (Rn. VI 30, 67a). bb) Teilkündigung von Nebenflächen bei der Wohnraummiete

97

Bei Mietverhältnissen über Wohnraum – und zwar auch für solchen, der keinen Bestandsschutz genießt – wird eine Teilkündigung durch § 573b BGB für mitvermietete nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume oder Grundstücksteile zugelassen, wenn der Vermieter die herausverlangten Nebenräume oder Grundstücksteile dazu verwenden will, Mietwohnraum zu schaffen oder den neu zu schaffenden und den vorhandenen Wohnraum mit Nebenräumen oder Grundstücksteilen auszustatten. Die Vorschrift geht auf § 564b Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F. zurück. Sie bezweckt, Reserven für den Wohnungsbau zu erschließen. Die Regelung gilt nach dem Willen des Gesetzgebers nicht für befristete Mietverhältnisse; vielmehr soll es dem Vermieter zuzumuten sein, das vereinbarte Ende des Mietverhältnisses abzuwarten.1 Das betrifft befristete Mietverhältnisse, die vor dem 1.9.2001 begründet worden sind (s. zur Fortgeltung des § 564c Abs. 1 BGB a.F.: Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB), sowie Zeitmietverträge i.S. von § 575 BGB; das Gleiche muss aber auch gelten, wenn bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit das Recht der ordentlichen Kündigung zulässig für bestimmte Zeit ausgeschlossen ist (s. dazu Rn. X 2), solange die Bindung andauert.2

98

Die Teilkündigung nach § 573b BGB bedarf der Schriftform (§ 568 Abs. 1 BGB). Umstritten ist, ob sie begründet werden muss. Die Frage wurde für die Rechtslage vor Inkrafttreten des MRRG bejaht, da § 564b Abs. 4 BGB a.F. in systematischem Zusammenhang mit § 564b Abs. 3 BGB a.F. stand. Ein solcher Zusammenhang ist nun nicht mehr gegeben. Indes spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber die Rechtsstellung des Mieters gegenüber der früheren Rechtslage verschlechtern wollte, zumal er ihm auch das Widerspruchsrecht nach der Sozialklausel zubilligt,3 obwohl dies im Gesetzestext nicht zum Ausdruck kommt. Die Regelung des § 573 Abs. 3 BGB ist deshalb jedenfalls entsprechend anzuwenden,4 AG Frankfurt a.M. ZMR 2005, 794, 795.

1 2 3 4

Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 66. S. zu § 573b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 3; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 4. Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 66. S. zu § 573b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 17; Erman/Jendrek Rn. 4; MünchKomm/ Häublein Rn. 14; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 17; Sonnentag ZMR 2006, 19; einschränkend AnwKomm/Hinz Rn. 12; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 12; Palandt/ Weidenkaff Rn. 7; Staudinger/Rolfs Rn. 22, 23.

1312

Kündigung

Rn. X 101

Der Vermieter benötigt allerdings kein berechtigtes Freimachungsinteresse nach § 573 Abs. 1, 2 BGB. Geboten ist jedoch darzulegen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 573b Abs. 1 BGB vorliegen. Demnach genügt es wie nach bisherigem Recht, dass die herausverlangten Teile des Mietobjekts genau bezeichnet sowie die konkreten Ausbaupläne und die baurechtliche Zulässigkeit der Maßnahme dargelegt werden, LG Berlin GE 1997, 859 = NZM 1998, 328, AG Hamburg WuM 1994, 433.

Dagegen ist es nicht erforderlich, dass die erforderlichen behördlichen Genehmigungen bei Ausspruch der Kündigung bereits vorliegen oder auch nur beantragt worden sind.1 Das ändert nichts daran, dass die Genehmigungsfähigkeit des konkreten Vorhabens bei Ausspruch der Kündigung gegeben und im Streitfall nachgewiesen werden muss. Im Ergebnis wird der Vermieter einen Bau-Vorbescheid vorlegen müssen. Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate; der Mieter kann der Kündigung nach der Sozialklausel gemäß § 574 BGB widersprechen. Unabhängig davon kann er eine Verlängerung verlangen, wenn sich der Beginn der Bauarbeiten verzögert (§ 573b Abs. 3 BGB). Hat die Teilkündigung Erfolg, so kann der Mieter im Gegenzug eine angemessene Senkung der Miete verlangen (§ 573b Abs. 4 BGB, s. Rn. X 102). Zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen sind unzulässig (§ 573b Abs. 5 BGB).

99

Die Bauabsicht des Vermieters muss sich auf Wohnraum, der vermietet werden soll, beziehen. Nicht geschützt ist die Absicht, Wohnungseigentum oder Geschäftsraum zu errichten. Das Gleiche gilt für Wohnraum, den der Vermieter selbst nutzen will. Ob dies auch dann gilt, wenn der Vermieter dafür Mietwohnraum freimacht, ist umstritten,

100

bejahend: LG Marburg ZMR 1992, 304, LG Duisburg NJW-RR 1996, 718; verneinend: LG Stuttgart WuM 1992, 24.

Sowohl die eine wie die andere Auffassung ist verfassungsrechtlich vertretbar, BVerfG – Beschl. v. 11.3.1992 – NJW 1992, 494, 498 = WuM 1992, 228.

Der am Wortlaut des Gesetzes orientierten Auffassung ist der Vorzug zu geben; denn sie entspricht eher der Absicht des Gesetzgebers, Mietwohnraum dauerhaft zu schaffen.2 Das ist bei bloßer Freimachung einer Wohnung nicht der Fall. Die Teilkündigung nach § 573b BGB ist auch zulässig, wenn der Vermieter den neu zu schaffenden oder den vorhandenen Wohnraum mit Nebenräumen und Grundstücksteilen ausstatten will. Ein solcher Fall ist etwa gegeben, 1 Einschränkend Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573b Rn. 12: Es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Genehmigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist erteilt sein wird; noch enger AnwKomm/Hinz BGB § 573b Rn. 8: Der Bauantrag müsse auf den Weg gebracht worden sein. 2 S. zu § 573b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 9; Blank/Börstinghaus Rn. 13; Emmerich/ Sonnenschein/Haug Rn. 6; MünchKomm/Häublein Rn. 10; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 13.

1313

101

Rn. X 102

Ordentliche Vertragsbeendigung

wenn die Fläche des herausverlangten Nebenraums einem Schacht für einen Fahrstuhl dienen soll, der mit dem künftigen Ausbau des Dachgeschosses installiert werden soll, (anders noch AG München WM 1995, 112 auf Grund der früheren Gesetzesfassung).1 102

Die angemessene Herabsetzung der Miete wegen des gekündigten Nebenraums erfolgt – anders als die Mietminderung nach § 536 BGB – nicht automatisch, sondern erfordert ein „Verlangen“ des Mieters. Es handelt sich also nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Dem Mieter ist nur ein Anspruch auf Vertragsänderung, nicht ein einseitiges Kürzungsrecht, was sachgerecht wäre, eingeräumt. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass dem Mieter das Kürzungsrecht erst ab dem Zeitpunkt zusteht, zu dem er das Verlangen stellt; denn der Anspruch auf Vertragsänderung bezieht sich auf den Zeitraum ab Entzug der Mietsache.2 Anderenfalls wäre der Mieter ab Entzug der Teilfläche zur Minderung nach § 536 BGB berechtigt. Der Umfang der Herabsetzung bemisst sich nach dem Funktionswert, den der Nebenraum für die Wohnung hat, mithin nach den für eine Mietminderung geltenden Maßstäben.3 Zu schematisch ist, den flächenanteiligen Mietwert für einen solchen Raum als Maßstab für die Herabsetzung anzuwenden (so aber AG Hamburg WuM 1993, 616). Da infolge einer wirksamen Teilkündigung der Vertragsgegenstand reduziert wird, entfallen Gewährleistungsansprüche des Mieters allein wegen der Einschränkung des Mietgebrauchs. Fortan gilt der reduzierte Zustand als vertragsgemäß, so dass er auch die Grundlage einer späteren Mieterhöhung (z.B. gemäß § 558 BGB) bildet. Das bringt es mit sich, dass die Herabsetzung der Miete durch spätere Mietsteigerungen kompensiert werden kann. Eine Teilkündigung nach § 573b BGB ist bei Mietverhältnissen über Gewerberaum nicht zulässig. Abgesehen davon, dass § 573b BGB über die Schaltnorm in § 578 BGB – da dort nicht genannt – nicht anzuwenden ist, spricht der Zweck des § 573b BGB, Wohnraumreserven zu erschließen, gegen eine Analogie.4

2. Befristung und Bedingungseintritt a) Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit aa) Rechtslage nach der Mietrechtsreform 103

Ein Mietverhältnis, das auf bestimmte Zeit begründet worden ist, endet automatisch mit Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist (§ 542 Abs. 2 BGB). Für

1 S. zu § 573b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 15; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 7. 2 S. zu § 573b BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 17; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 20; Staudinger/Rolfs Rn. 21; a.A. AnwKomm/Hinz Rn. 16. 3 Zu § 573b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 17; Blank/Börstinghaus Rn. 19; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 10; Herrlein/Kandelhard Rn. 7; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 19. 4 S. zu § 573b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 3; MünchKomm/Häublein Rn. 4; SchmidtFutterer/Blank Rn. 1; a.A. Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 99.

1314

Rn. X 102

Ordentliche Vertragsbeendigung

wenn die Fläche des herausverlangten Nebenraums einem Schacht für einen Fahrstuhl dienen soll, der mit dem künftigen Ausbau des Dachgeschosses installiert werden soll, (anders noch AG München WM 1995, 112 auf Grund der früheren Gesetzesfassung).1 102

Die angemessene Herabsetzung der Miete wegen des gekündigten Nebenraums erfolgt – anders als die Mietminderung nach § 536 BGB – nicht automatisch, sondern erfordert ein „Verlangen“ des Mieters. Es handelt sich also nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Dem Mieter ist nur ein Anspruch auf Vertragsänderung, nicht ein einseitiges Kürzungsrecht, was sachgerecht wäre, eingeräumt. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass dem Mieter das Kürzungsrecht erst ab dem Zeitpunkt zusteht, zu dem er das Verlangen stellt; denn der Anspruch auf Vertragsänderung bezieht sich auf den Zeitraum ab Entzug der Mietsache.2 Anderenfalls wäre der Mieter ab Entzug der Teilfläche zur Minderung nach § 536 BGB berechtigt. Der Umfang der Herabsetzung bemisst sich nach dem Funktionswert, den der Nebenraum für die Wohnung hat, mithin nach den für eine Mietminderung geltenden Maßstäben.3 Zu schematisch ist, den flächenanteiligen Mietwert für einen solchen Raum als Maßstab für die Herabsetzung anzuwenden (so aber AG Hamburg WuM 1993, 616). Da infolge einer wirksamen Teilkündigung der Vertragsgegenstand reduziert wird, entfallen Gewährleistungsansprüche des Mieters allein wegen der Einschränkung des Mietgebrauchs. Fortan gilt der reduzierte Zustand als vertragsgemäß, so dass er auch die Grundlage einer späteren Mieterhöhung (z.B. gemäß § 558 BGB) bildet. Das bringt es mit sich, dass die Herabsetzung der Miete durch spätere Mietsteigerungen kompensiert werden kann. Eine Teilkündigung nach § 573b BGB ist bei Mietverhältnissen über Gewerberaum nicht zulässig. Abgesehen davon, dass § 573b BGB über die Schaltnorm in § 578 BGB – da dort nicht genannt – nicht anzuwenden ist, spricht der Zweck des § 573b BGB, Wohnraumreserven zu erschließen, gegen eine Analogie.4

2. Befristung und Bedingungseintritt a) Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit aa) Rechtslage nach der Mietrechtsreform 103

Ein Mietverhältnis, das auf bestimmte Zeit begründet worden ist, endet automatisch mit Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist (§ 542 Abs. 2 BGB). Für

1 S. zu § 573b BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 15; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 7. 2 S. zu § 573b BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 17; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 20; Staudinger/Rolfs Rn. 21; a.A. AnwKomm/Hinz Rn. 16. 3 Zu § 573b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 17; Blank/Börstinghaus Rn. 19; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 10; Herrlein/Kandelhard Rn. 7; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 19. 4 S. zu § 573b BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 3; MünchKomm/Häublein Rn. 4; SchmidtFutterer/Blank Rn. 1; a.A. Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 99.

1314

Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 106

Mietverhältnisse über Wohnraum, die Kündigungsschutz genießen (s. § 549 Abs. 1 BGB), können derartige Befristungen seit Inkrafttreten des MRRG nicht mehr vereinbart werden, da hierdurch der Kündigungsschutz unterlaufen werden könnte. Zulässig sind nur sog. Zeitmietverträge nach §§ 575 f. BGB (s. Rn. X 127). Soweit befristete Mietverträge über Wohnraum vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind, genießen sie für die Dauer ihrer Laufzeit Bestandsschutz gemäß Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB, § 564c Abs. 1 BGB a.F. (s. Rn. X 108, 110). Als Ausweichmöglichkeit bietet sich an, das Recht der ordentlichen Kündigung für bestimmte Zeit auszuschließen (s. Rn. X 3). Soweit bei nicht bestandsgeschützten Wohnraummietverhältnissen (s. Rn. XI 366) und insbesondere bei Mietverhältnissen über andere als Wohnräume Befristungen vereinbart werden können, braucht die Befristung nicht kalendermäßig bestimmt zu sein. Es genügt ein nach der Verkehrssitte bestimmbarer Zeitraum, z.B. für die Dauer einer Saison, eines Semesters oder eines befristeten Arbeitsverhältnisses.1 Heißt es in einem Mietvertrag, dass das Mietverhältnis (voraussichtlich) zu einem bestimmten Termin beginnt und – ohne dass es einer Kündigung bedarf – nach 10 Jahren endet, so ist damit auch seine Laufzeit und nicht nur die Art der Beendigung festgelegt,

104

OLG Dresden – Urt. v. 24.9.1998 – ZMR 1999, 104, 105.

Auch ein auf Lebenszeit eines der Vertragspartner abgeschlossener Mietvertrag (Rn. X 120) ist nicht etwa auflösend bedingt, sondern befristet und endet automatisch mit dem Tod des Vertragspartners, BayObLG – RE v. 2.7.1993 – MDR 1993, 972 = NJW-RR 1993, 1164 = WuM 1993, 523.

Ist in einem schriftlichen Mietvertrag die Frage, ob das Mietverhältnis unbefristet oder befristet begründet worden ist, bei objektiver Auslegung widersprüchlich, so muss (auf Grund des Schriftformerfordernisses in § 550 BGB) von einem unbefristeten Mietverhältnis ausgegangen werden (s. auch Rn. II 35),2 OLG Köln – Urt. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 1142.

Wird ein Ferienhaus langfristig vermietet, so handelt es sich nicht um ein Mietverhältnis zu nur vorübergehendem Gebrauch, sondern es kann als Zweitwohnung auch Lebensmittelpunkt sein, so dass der Mieter (entgegen § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB) Kündigungsschutz wie im Rahmen eines zulässig befristeten Mietverhältnisses genießt,

105

OLG Hamburg – Urt. v. 30.9.1992 – MDR 1993, 43 = WuM 1992, 634 = ZMR 1992, 538.

Zum Kündigungsschutz auch für Zweitwohnungen: KG – Urt. v. 9.6.2008 – GE 2008, 925 = WuM 2008, 411. Eine nach dem 1.9.2001 individuell vereinbarte Befristung eines Mietverhältnisses über Wohnraum kann in einen beiderseitigen entsprechend befristeten 1 S. Hannemann NZM 1999, 585, 586. 2 Zum Fall: Während in einer Klausel eine Befristung mit Verlängerungsklausel um jeweils 2 Jahre geregelt war, hieß es in einer anderen, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit laufe und mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden könne.

1315

106

Rn. X 107

Ordentliche Vertragsbeendigung

Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung umgedeutet werden, wenn die Befristung mindestens gleichrangig auch dem Nutzen und den Zwecken des Mieters dienen soll.1 Dient die Befristung dagegen allein oder überwiegend den Interessen des Vermieters, so handelt es sich um einen fehlgeschlagenen Zeitmietvertrag i.S. von § 575 BGB, der unwirksam ist und sich der Umdeutung entzieht, weil sich die Rechtsfolge aus § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt, AG Augsburg WuM 2004, 541: Ein fehlerhafter Zeitmietvertrag kann nicht in einen unbefristeten Mietvertrag mit befristetem Kündigungsausschluss umgedeutet werden; AG Schwabach/LG Nürnberg-Fürth WuM 2005, 789: Die Umdeutung des fehlgeschlagenen Zeitmietvertrages in einen unbefristeten Mietvertrag unter beiderseitigem Kündigungsverzicht setzt voraus, dass auch der Mieter die Befristung gewünscht hatte.

Ist in einem Formularmietvertrag, der nach Inkrafttreten des MRRG abgeschlossen worden ist, geregelt, dass der Mietvertrag auf bestimmte Zeit geschlossen wird, so kann sich zwar der Mieter, nicht aber der Vermieter auf die Unwirksamkeit dieser Vertragsbindung berufen. Diese personelle Teilunwirksamkeit gilt auch dann, wenn der Vertrag vorformulierte Wahlmöglichkeiten enthält, AG Frankfurt a.M. ZMR 2007, 622.

Eine Umdeutung kommt in gleicher Weise in Betracht, wenn es sich um Formularklauseln oder Verbraucherverträge i.S. von § 310 Abs. 3 BGB handelt.2 Sie ist dagegen nicht möglich, wenn in einem nicht wirksam befristeten Mietvertrag das Mietende nicht hinreichend bestimmt ist, AG Böblingen/LG Stuttgart WuM 2007, 582.

107

Ist streitig, ob ein Mietverhältnis befristet ist, trägt derjenige die Beweislast, der aus der Befristung Rechte für sich herleitet. Anders verhält es sich, wenn der Vermieter das Mietverhältnis ordentlich kündigt, weil er es für unbefristet hält, der Mieter sich dagegen damit verteidigt, es sei befristet abgeschlossen; denn damit bestreitet er die Anspruchsgrundlage, für die der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig ist,3 LG Aachen NJW-RR 1990, 1163.

Zur mittelbaren Befristung durch vereinbarten zeitweisen Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung s. Rn. X 3 f.

1 S. zu § 575 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 50; Blank/Börstinghaus Rn. 24; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 29; Blank ZMR 2002, 797, 802, anders Gellwitzki WuM 2004, 575, 577 für Zeitmietverträge mit Verlängerungsklauseln. 2 Zur Abgrenzung von Individualvereinbarungen, Formular- und Verbraucherverträgen im vorliegenden Zusammenhang s. Hinz NZM 2003, 659, 661. 3 Anders zu § 542 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 126; Fischer-Dieskau/Franke Anm. 23.11; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 158.

1316

Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 110

bb) Befristete Altverträge über Wohnraum Nach dem bis zum Inkrafttreten des MRRG am 1.9.2001 geltenden Rechtszustand konnten befristete Mietverträge auch über Wohnraum abgeschlossen werden.1 Der Bestandsschutz wurde gemäß § 564c Abs. 1 BGB a.F. in der Weise gewährleistet, dass der Mieter 2 Monate vor Beendigung der Mietzeit vom Vermieter durch schriftliche Erklärung verlangen konnte, das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Gründe brauchte er hierfür weder zu haben noch anzugeben. Im Räumungsprozess musste dieses Recht widerklagend und nicht nur einredeweise geltend gemacht werden,

108

LG Berlin GE 1999, 649 = ZMR 1999, 486.

Der Vermieter konnte dem Fortsetzungsverlangen widersprechen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S. von § 564b Abs. 1, 2 BGB a.F. (jetzt § 573 Abs. 1, 2 BGB) hatte. Der Widerspruch musste nach Form und Inhalt in einer der Kündigung entsprechenden Weise geltend gemacht werden, also in gesetzlicher Schriftform (§ 126 BGB) und unter spezifizierter Angabe der Gründe (s. dazu Rn. X 56, 58), LG Hamburg WuM 1992, 252.

Der Mieter war dann wiederum berechtigt, die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach der Sozialklausel in §§ 556a, b BGB a.F. (jetzt §§ 574 ff. BGB) zu verlangen, sofern die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn oder seine Familie eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Der Vermieter war nicht verpflichtet, den Mieter über sein Recht auf Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 564c Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. zu belehren (anders als über das Widerspruchsrecht nach der Sozialklausel, s. § 564a Abs. 2 BGB a.F. = § 568 Abs. 2 BGB). Machte der Mieter hiervon keinen oder keinen wirksamen Gebrauch, so endete das Mietverhältnis durch Zeitablauf. Widersprach der Vermieter der Gebrauchsfortsetzung durch den Mieter nicht binnen 2 Wochen nach Mietende trotz Kenntnis von der Weiternutzung, so setzte sich das Mietverhältnis gemäß § 568 BGB a.F. (s. jetzt § 545 BGB) auf unbestimmte Zeit fort.

109

Diese Rechtslage gilt gemäß Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB weiterhin für befristete Mietverhältnisse über Wohnraum, die dem Kündigungsschutz unterliegen und die vor dem 1.9.2001 begründet worden sind. Seit dem 1.9.2001 können befristete Mietverträge über Wohnraum nur abgeschlossen werden, wenn die Mietverhältnisse keinen Kündigungsschutz genießen (s. § 549 Abs. 2, 3 BGB, s. hierzu Rn. XI 366). Im Übrigen können Zeitmietverträge nur unter den Voraussetzungen des § 575 BGB abgeschlossen werden (s. Rn. X 127).

110

Zu Mietverhältnissen auf Lebenszeit und unter einer auflösenden Bedingung s. Rn. X 120, 123, zu Kettenmietverträgen s. Rn. X 116.

1 S. dazu Schmidt-Futterer/Blank Anhang zu § 575 BGB Rn. 2 f.

1317

Rn. X 111

Ordentliche Vertragsbeendigung

b) Befristetes Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel 111

Häufig werden befristete Mietverhältnisse mit Verlängerungsklauseln verbunden. Sie sind gleichsam das Gegenstück zur Verlängerungsoption (s. Rn. I 126, 170). Während dort sich der Berechtigte durch die Ausübung eines Gestaltungsrechts für eine Vertragsverlängerung entscheidet, liegt nach h.M. bereits in der Verlängerungsklausel das befristete Angebot zum Abschluss eines inhaltsgleichen Mietvertrages, dessen Abschluss durch eine befristete Erklärung abgelehnt werden kann, OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.7.1996 – ZMR 1998, 25: Ein Mietvertrag mit einer Verlängerungsklausel ist ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag, der sich auf bestimmte Zeit verlängert, wenn nicht ein Vertragsteil innerhalb einer bestimmten Frist vor Ablauf des Mietvertrages die weitere Fortsetzung ablehnt. Ein derartiger Widerspruch beinhaltet keine Kündigung, sondern eine Willenserklärung des Inhalts, dass das in der Verlängerungsklausel enthaltene befristete Angebot, für einen bestimmten weiteren Zeitraum einen inhaltsgleichen neuen Mietvertrag abzuschließen, abgelehnt werde.

Die Ablehnungserklärung wird also nicht als Kündigungserklärung verstanden, obwohl sie zu einer Beendigung des Vertrages führt. Unschädlich ist jedoch, wenn eine Partei die Ablehnung in Gestalt einer Kündigung erklärt, denn hierdurch bringt sie eindeutig ihren Willen zur Vertragsbeendigung zum Ausdruck, OLG Düsseldorf – Urt. v. 14.5.2002 – NZM 2003, 852 = WuM 2002, 606 = ZMR 2002, 910.

112

Die Ablehnungserklärung kann nur zu dem im Mietvertrag vorgesehenen Termin abgegeben werden, wenn die Verlängerung jeweils um eine bestimmte Dauer vorgesehen ist. Eine Kündigung, mit der eine Vertragspartei die Beendigung des Vertrages zu einem anderen Zeitpunkt als zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer anstrebt, ist unwirksam, OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.2.1993 – DWW 1993, 101 = MDR 1993, 441.

Wird die Ablehnungserklärung rechtzeitig abgegeben, so endet das Mietverhältnis automatisch durch Zeitablauf, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.7.1993 – WuM 1993, 673 = ZMR 1993, 521.

113

Gibt keine der Vertragsparteien eine Ablehnungserklärung ab oder erfolgt diese verspätet oder nicht wirksam, so ist noch nicht abschließend geklärt, ob damit ein neues Mietverhältnis begründet wird, das mit dem bisherigen inhaltsgleich ist, so BGH – Urt. v. 16.10.1974 – NJW 1975, 40, = ZMR 1975, 140, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.7.1993 – WuM 1993, 673 = ZMR 1993, 521,

oder sich das ursprüngliche Mietverhältnis fortsetzt,1 BGH – Urt. v. 29.4.2002 – BGHZ 150, 373, 375 = NZM 2002, 605 = ZMR 2002, 582. 1 Zum Fall: Die Klausel lautete: „Das Mietverhältnis endet am 31.3.1996. Es verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn eine der Parteien nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widerspricht.“

1318

Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 114

Die letztere Auffassung entspricht einer natürlichen Betrachtungsweise. Sie stimmt zudem mit der Auffassung überein, dass das Mietverhältnis identisch bleibt, wenn sich die Vertragsparteien nach befristeter Kündigung, aber vor Ablauf der Kündigungsfrist darauf verständigen, das Mietverhältnis fortzusetzen (s. dazu Rn. X 168). Bei Mietverhältnissen über Wohnraum, die unter Kündigungsschutz stehen, können Verlängerungsklauseln nur vereinbart werden, wenn ein qualifiziertes Zeitmietverhältnis i.S. von § 575 BGB begründet wird. Soweit Mietverhältnisse befristet begründet werden können oder Bestandsschutz nach Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB genießen (s. Rn. X 108, 110), können sie mit Verlängerungsklauseln verknüpft werden, nach denen das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit abgeschlossen wird und sich um jeweils eine bestimmte Zeit verlängert, wenn es nicht mit der ordentlichen Frist gekündigt wird (s. auch Rn. I 175).1 Letztere stehen zwar nicht im Einklang mit § 573c Abs. 4 BGB, weil sie eine Kündigung nicht zum Ende eines beliebigen Monats, sondern nur zu bestimmten Terminen zulassen. Jedoch gelten sie in Verträgen weiter, die vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 abgeschlossen worden sind; denn derartige Beschränkungen des Kündigungsrechts fielen nicht in den Anwendungsbereich des § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB a.F. und genießen Bestandsschutz nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB, BGH – Urt. v. 6.4.2005 – DWW 2005, 197 = NJW 2005, 1572 = WuM 2005, 342, BGH – Urt. v. 27.4.2005 – MDR 2005, 1100 = NZM 2005, 532 = WuM 2005, 465,2 BGH – Beschl. v. 21.6.2005 – WuM 2005, 520, BGH – Urt. v. 11.7.2007 – NZM 2007, 728 = WuM 2007, 513 = ZMR 2007, 856.

Das gilt nicht nur für die erste Verlängerung seit Inkrafttreten des MRRG, sondern auch für danach wiederholte Vertragsverlängerungen, so dass auch in diesen Fällen das Mietverhältnis nur zu dem jeweils vereinbarten Ablauftermin gekündigt werden kann,3 BGH – Urt. v. 20.6.2007 – NZM 2007, 728 = WuM 2007, 463 = ZMR 2007, 848 = MietRB 2007, 309 (Lützenkirchen).

1 S. dazu Gellwitzki WuM 2004, 575. 2 Die Klausel lautet: „Das Mietverhältnis beginnt am 1.9.2000 und endet am 31.8.2001. Es verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten spätestens am 3. Werktag des ersten Monats der Frist schriftlich gekündigt wird.“ 3 Zum Fall: In dem 1991 abgeschlossenen Mietvertrag heißt es: „Der Mietvertrag wird auf die Dauer von 7 Jahren geschlossen und läuft am 31.7.1998 ab. Er verlängert sich jeweils um ein Jahr, falls er nicht mit der gesetzlichen Frist zu seinem Ablauftermin gekündigt wird.“ Der Mieter kündigte unter dem 27.9.2004. Nach Auffassung des BGH konnte die Kündigung nicht vor dem 31.7.2005 wirken, da sich das Mietverhältnis mit Ablauf des 31.7.2004 bis zum 31.7.2005 verlängert hatte. Da der Vermieter Mietzins nur für die Zeit vor diesem Termin forderte, brauchte der BGH über die Länge der Kündigungsfrist nicht zu entscheiden. S. auch die zust. Anm. von Blank WuM 2007, 514.

1319

114

Rn. X 115

Ordentliche Vertragsbeendigung

Die Kündigung kann stets nur zu den im Vertrag festgelegten Terminen erklärt werden,1 BGH – Urt. v. 11.7.2007 – NZM 2007, 728 = WuM 2007, 513 = ZMR 2007, 856.

Demgegenüber wird geltend gemacht, dass sich der Anwendungsbereich der Übergangsregelungen in Art. 229 § 3 EGBGB auf Anschlussverlängerungen beschränkt, die vor dem 1.9.2001 in Kraft gesetzt worden sind, während für nach diesem Zeitpunkt mögliche weitere Anschlussverlängerungen im Hinblick auf § 573c Abs. 4 BGB kein Raum mehr sei.2 Die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB könne als Ausnahmeregelung nicht extensiv interpretiert werden, zumal die in Bezug genommene Regelung des § 565a Abs. 1 BGB a.F. nur vorsehe, wie Verträge mit Verlängerungsklauseln zu kündigen seien, nicht aber, wie sie sich mangels Kündigung verlängerten. Die Übergangsregelung in Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB sei nicht einschlägig, da die Verlängerungsklausel lediglich eine Terminklausel enthalte. Dem ist der BGH (Urt. v. 20.6.2007 a.a.O.) nicht gefolgt. Verlängerungsklauseln fallen nach dem klaren Wortlaut des Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB unter den Bestandsschutz; denn § 565a BGB a.F. ist dort ausdrücklich genannt. 115

Enthalten Verlängerungsklauseln zugleich Regelungen über die Länge von Kündigungsfristen, so beurteilt sich deren Weitergeltung nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB. Sind sie nach Satz 2 dieser Bestimmung nicht wirksam, so richtet sich die Frist zugunsten des Mieters nach § 573c Abs. 1 BGB, ohne dass damit die Wirksamkeit der Verlängerungsklausel als solche berührt wird. Dagegen bleibt der Vermieter an die im Mietvertrag vereinbarten längeren Kündigungsfristen gebunden, da gemäß § 573c Abs. 4 BGB eine von den Fristen des § 573c Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung nur zum Nachteil des Mieters unwirksam ist, BGH – Urt. v. 12.3.2008 – NZM 2008, 362 = WuM 2008, 290 = ZMR 2008, 608.

c) Kettenmietverträge 116

Kettenmietverträge sind befristete Verträge, die voneinander unabhängig sind und über bestimmte Zeiträume mehrmals hintereinander abgeschlossen werden. Sie wurden vor Inkrafttreten des MRRG auch für die Wohnraummiete für zulässig gehalten, da der Mieter durch das Fortsetzungsverlangen nach § 564c

1 Zum Fall: Im Mietvertrag von 1982 hieß es: „Das Mietverhältnis beginnt am 1.2.1984 und endet am 31.1.1985. Es verlängert sich jeweils um 12 Monate, wenn es nicht gekündigt ist. Die Kündigungsfristen betragen: ... (Regelung entsprechend den Fristen in § 565 Abs. 2 BGB a.F.).“ Der Mieter kündigte mit Schreiben v. 1.6.2005 zum 31.8.2005. Der Vermieter meint, die Kündigung wirke erst auf den 31.1.2007. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Kündigung auf den 31.1.2006 wirke. Der BGH lässt offen, ob der Mieter mit der 3-monatigen Frist zum 31.1.2006 hat kündigen können, da der Vermieter nicht in die Revision gegangen ist. 2 S. vor allem Gellwitzki WuM 2004, 575, WuM 2005, 345; ferner Blank NZM 2005, 401; Eisenhardt WuM 2005, 487; s. auch Schmidt-Futterer/Blank BGB § 575 Rn. 78.

1320

Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 118

Abs. 1 BGB hinreichend vor dem Abschluss von Anschlussverträgen sowie vor dem Verlust seiner Wohnung geschützt sei,1 OLG Frankfurt a.M. – RE v. 19.11.1990 – NJW-RR 1991, 268 = WuM 1991, 17 = ZMR 1991, 46.

Nach neuem Recht können Kettenmietverträge über kündigungsgeschützten Wohnraum nur begründet werden, wenn ein Zeitmietvertrag i.S. von § 575 f. BGB abgeschlossen wird; auch die Anschlussverträge müssen diesem Vertragstyp genügen. Entsprechen die in einem Kettenmietvertrag vorgesehenen weiteren Ketten nicht den Anforderungen der in § 575 Abs. 1 Satz 1 vorgesehenen Voraussetzungen (s. Rn. X 127, 131), so gilt für die Anschlussverträge § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Mietverhältnis wird also unbefristet fortgesetzt, wenn es nicht auf Grund des Befristungsgrundes mit Ablauf der zunächst vereinbarten Zeit endet.

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Kettenmietverträge, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind, bleiben für die zu jenem Zeitpunkt noch andauernde Mietzeit wirksam; sie genießen wie befristete Mietverträge Bestandsschutz nach Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB.2 Anders verhält es sich mit Anschlussverträgen, die nach dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind. Sie sind unzulässig, sofern nicht die Voraussetzungen des § 575 BGB vorliegen.3 Durch den Abschluss von Kettenmietverträgen kann die Höchstdauer eines Mietverhältnisses von 30 Jahren in § 544 BGB unterlaufen werden; denn die jeweiligen Laufzeiten werden nicht zusammengerechnet. d) Mietverhältnisse über mehr als 30 Jahre Die Regelung, dass Mietverträge, die für eine längere Zeit als 30 Jahre abgeschlossen worden sind, von jeder Vertragspartei nach Ablauf dieser Zeit – gerechnet ab Überlassung der Mietsache – außerordentlich gekündigt werden können (s. § 544 Satz 1 BGB), entspricht der bisherigen Rechtslage zu § 567 BGB a.F. Sie gilt für Mietverhältnisse über Wohnraum nur unter den Voraussetzungen des § 575 BGB.4 Für den Beginn der 30-Jahre-Frist ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und nicht derjenige der Überlassung des Mietobjekts oder der vereinbarte Beginn des Mietverhältnisses maßgebend, OLG Hamm – Urt. v. 21.9.2001 – NZM 2002, 218, 219 = ZMR 2003, 196.

1 S. dazu Hannemann NZM 1999, 585, 588 f.; zur Unwirksamkeit bei Neuabschlüssen: Blank ZMR 2002, 797, 799. 2 S. für diesen Fall Schmidt-Futterer/Blank BGB § 542 Rn. 181. 3 S. zu § 575 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 48; Lammel Rn. 9; MünchKomm/Häublein Rn. 11; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 77. 4 Kritisch dazu bei Zeitmietverträgen: Derleder NZM 2001, 649, 655; Hinz NZM 2003, 659, 660.

1321

118

Rn. X 119

Ordentliche Vertragsbeendigung

Die Vorschrift ist nur anzuwenden, wenn sich bei Abschluss des Vertrages eine Bindung von wenigstens 30 Jahren ergibt. Das ist der Fall, wenn das Mietverhältnis frühestens nach 30 Jahren gekündigt werden kann, OLG Frankfurt a.M. – Urt. v. 21.1.1999 – NZM 1999, 419,

aber auch dann, wenn das Mietverhältnis bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses enden soll, das Ereignis aber später als 30 Jahre eintreten kann, OLG Hamburg – Urt. v. 29.5.1996 – WuM 1997, 233 = ZMR 1998, 28 für die Nichtausübung eines dem Pächter eingeräumten Vorkaufsrechts.

Das Gleiche gilt, wenn der Mietvertrag zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden ist, die ordentliche Kündigung aber für mehr als 30 Jahre ausgeschlossen ist, OLG Hamm – Urt. v. 11.6.1999 – NZM 1999, 753,

oder nur möglich ist bei Eintritt eines Ereignisses, das auch erst nach mehr als 30 Jahren eintreten kann,1 OLG Hamburg – Urt. v. 29.5.1996 – WuM 1997, 233 = ZMR 1998, 28.

Legt man zugrunde, dass durch einen Vermieterwechsel gemäß § 566 BGB ein neues Mietverhältnis begründet wird (s. dazu Rn. I 180), so beeinflusst das den Lauf der in § 544 BGB geregelten Frist nicht, OLG Karlsruhe – Urt. v. 21.12.2007 – WuM 2008, 552 = ZMR 2008, 533 = MietRB 2008, 165 (Lützenkirchen).

119

Dagegen besteht die Kündigungsmöglichkeit nach § 544 Satz 1 BGB nicht, wenn das auf unbestimmte Zeit begründete Mietverhältnis, das jederzeit ordentlich kündbar ist, schon über 30 Jahre lang besteht oder die Vertragsparteien eines befristeten Mietverhältnisses verschiedene Verlängerungsvereinbarungen treffen, so dass die gesamte Vertragszeit mehr als 30 Jahre beträgt. Ist vorgesehen, dass zumindest eine Vertragspartei mehr als 30 Jahre lang an den Vertrag gebunden sein soll, und schließen die Vertragsparteien darauf unter Aufhebung des bisherigen Vertrages einen neuen Mietvertrag, der die gleiche Bindung enthält, so läuft die 30-Jahre-Frist erst mit Abschluss des neuen Vertrages. Das Gleiche gilt, wenn der bisherige Vertrag verlängert wird, BGH – Urt. v. 17.4.1996 – MDR 1996, 784 = WuM 1996, 476 = ZMR 1996, 424, OLG Hamm – Urt. v. 21.9.2001 – NZM 2002, 218, 219: Wird eine über 30 Jahre hinausgehende Vertragslaufzeit erst durch eine nachträgliche Vertragsergänzung/-änderung erreicht, so bleibt die Zeit vor der Vertragsänderung bei der Berechnung der 30-Jahre-Frist unberücksichtigt.

Ebenso verhält es sich bei Abschluss eines Kettenmietvertrages, soweit dieser – etwa über Gewerberäume – zulässig ist: Auch hier läuft die Frist von 30 Jahren bei Abschluss des letzten Anschlussvertrages jeweils neu.

1 Zum Fall: Den Mietern/Pächtern war ein Vorkaufsrecht eingeräumt, bei dessen Nichtausübung der Vermieter/Verpächter zur fristgemäßen Kündigung berechtigt sein sollte. Der Vorkaufsfall war auch nach 30 Jahren noch nicht eingetreten.

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Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 121

Vor Ablauf von 30 Jahren kann von dem außerordentlichen Kündigungsrecht nach § 544 BGB kein Gebrauch gemacht werden, OLG Hamm – Urt. v. 29.11.1996 – NJW-RR 1997, 779 = ZMR 1997, 182, 184.

Sie ist aber nicht an den ersten Termin gebunden, zu dem sie zulässig ist, kann also auch später erklärt werden, BGH – Urt. v. 20.2.1992 – NJW-RR 1992, 780 = WuM 1992, 318 = ZMR 1992, 291, OLG Hamm – Urt. v. 21.9.2001 – NZM 2002, 218, 219 = ZMR 2002, 196.

Entsprechend ihrem Zweck, eine „Erbmiete“ zu verhindern, ist die Regelung nicht abdingbar, OLG Hamm – Urt. v. 11.6.1999 – NZM 1999, 753: Die Unabdingbarkeit kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Parteien einen besonderen Vertragszweck festlegen.1

e) Mietvertrag auf Lebenszeit einer der Vertragsparteien Ein auf Lebenszeit einer der Vertragsparteien abgeschlossener Mietvertrag begründet ein befristetes, auf bestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis. Handelt es sich bei der Vertragspartei, für deren Lebenszeit der Mietvertrag abgeschlossen worden ist, um eine Personenmehrheit, so ist im Zweifel auf den Tod des Längstlebenden abzustellen.2 Es liegt also weder ein unbefristetes noch ein auflösend bedingtes Mietverhältnis vor. Es endet automatisch mit dem Tod der Vertragspartei,

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BayObLG – RE v. 2.7.1993 – MDR 1993, 972 = NJW-RR 1993, 1164 = WuM 1993, 523.

Bei Wohnraummietverhältnissen, die Kündigungsschutz genießen, können Mietverträge auf Lebenszeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 575 BGB abgeschlossen werden, weil allgemeine Zeitmietverträge, wie sie sonst nach § 542 Abs. 2 BGB geschlossen werden können, nicht mehr zulässig sind.3 Zulässig ist jedoch eine Vereinbarung, nach der der Vermieter „auf Lebzeiten des Mieters“ auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses verzichtet, OLG Bremen – Urt. v. 5.4.2007 – ZMR 2007, 688.

Damit reduziert sich der Anwendungsbereich der Norm bei der Wohnraummiete auf Verträge, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind. Da eine Übergangsregelung fehlt, wird vertreten, dass die für befristete Mietverträge geltende Vorschrift in Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB analog anzuwenden ist.4 Dies hat zwei wesentliche Auswirkungen: Hat zum einen der Mieter mit

1 Zum Fall: Das Mietverhältnis sollte so lange nicht gekündigt werden können, als ein Bedarf der ausländischen Streitkräfte an dem Wohnraum bestehe. 2 S. zu § 544 BGB: Schmidt-Futterer/Lammel Rn. 19; Staudinger/Emmerich Rn. 10. 3 S. zu § 544 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 6; Palandt/Weidenkaff Rn. 3; Schmidt-Futterer/Lammel Rn. 3; Hinz NZM 2003, 659, 662; anders Staudinger/Rolfs Rn. 10. 4 Schmidt-Futterer/Lammel BGB § 544 Rn. 22.

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121

Rn. X 122

Ordentliche Vertragsbeendigung

Personen, die nach § 563 BGB, § 569 BGB a.F.1 zum Eintritt berechtigt sind, einen gemeinsamen Haushalt geführt, so setzt sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fort, wenn von dem Eintrittsrecht Gebrauch gemacht wird,2 so schon BayObLG – RE v. 2.7.1993 – MDR 1993, 972 = NJW-RR 1993, 1164 = WM 1993, 523, LG Frankfurt a.M. WuM 1990, 82 für die Formularklausel, dass das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters und Ablauf des nächsten Monats aufgelöst ist, ohne dass es einer Kündigung bedarf – jeweils zu § 569a BGB a.F.

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Ist zum anderen das Mietverhältnis auf Lebenszeit des Vermieters oder einer dritten Person abgeschlossen, so kann der Erbe die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 564c Abs. 1 BGB a.F. verlangen und es kommt in Betracht, dass die dort geregelte Erklärungsfrist erst mit dem Tod der betreffenden Person zu laufen beginnt, BayObLG a.a.O.

Soweit ein wirksamer Mietvertrag auf Lebenszeit mit der Vereinbarung einer Staffelmiete verknüpft ist, steht dem Mieter das Kündigungsrecht nach § 557a Abs. 3 BGB zu, da es sich hierbei im Verhältnis zu § 544 BGB um eine Spezialität der Wohnraummiete handelt.3 Sowohl bei einem Mietverhältnis auf Lebenszeit des Mieters als auch bei einem entsprechenden Kündigungsverzicht des Vermieters zugunsten des Mieters bleibt das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung unberührt, OLG Bremen – Urt. v. 5.4.2007 – ZMR 2007, 688 für die fristlose Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs des Mieters, selbst wenn dieser als Gegenleistung für den Kündigungsverzicht seinerseits bestimmte Vermögensgegenstände endgültig aufgegeben hat.

f) Mietverhältnis unter auflösender Bedingung 123

Mietverhältnisse, die unter einer auflösenden Bedingung begründet werden, enden automatisch mit dem Eintritt der Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt sind sie als unbefristet anzusehen, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben. Jedoch wird im Zweifel anzunehmen sein, dass bis zum Bedingungseintritt ein beiderseitiger Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung vorliegt.4

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Eine Sonderregelung besteht für Mietverhältnisse über Wohnraum, soweit sie Kündigungsschutz genießen (s. § 549 BGB, Rn. XI 3). Während nach bisheri1 In der Fassung des Gesetzes vom 16.2.2001, BGBl. I 266, 269. 2 So zu § 563 BGB: Lammel Rn. 31; MünchKomm/Häublein Rn. 31; Schmidt-Futterer/ Gather Rn. 44; Staudinger/Rolfs Rn. 57; ablehnend: Emmerich/Sonnenschein Rn. 8. 3 Hinz NZM 2003, 659, 663; anders Herrlein/Kandelhard/Both BGB § 570 Rn. 22. 4 S. zu § 572 BGB: Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 3; zum Meinungsstand: SchmidtFutterer/Blank Rn. 13.

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Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 126

gem Recht bis zum Inkrafttreten des MRRG das Mietverhältnis nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert galt und somit für beide Vertragsteile nur durch eine ordentliche Kündigung aufgelöst werden konnte (§ 565a Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.), ist in § 572 Abs. 2 BGB geregelt, dass sich der Vermieter nicht auf die Wirkung der auflösenden Bedingung berufen kann, die zum Nachteil des Mieters vereinbart ist, z.B. LG Berlin MM 1992, 354 zur Vereinbarung „Das Nutzungsverhältnis endet, wenn das Mitglied aus der Genossenschaft ausscheidet“.

Das bedeutet, dass er bei Bedingungseintritt das Mietverhältnis nur durch eine ordentliche Kündigung (s. § 573 BGB) zu beenden vermag. Dagegen kann sich der Wohnungsmieter auf den Bedingungseintritt berufen und sich aus dem Mietverhältnis lösen. Der Gesetzgeber hat bewusst von einer Nichtigkeitsfolge abgesehen, um keinen Konflikt mit § 139 BGB aufkommen zu lassen.1 Beruft sich der Mieter nicht auf den Eintritt der Bedingung, so setzt sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fort. Ist die Bedingung zu Gunsten des Wohnungsmieters formuliert,2 so wird das Mietverhältnis mit Eintritt der Bedingung aufgelöst. Hierauf kann sich auch der Vermieter berufen. Darin liegt eine Verschlechterung der Stellung des Mieters gegenüber der früheren Rechtslage, die vom Gesetzgeber gewollt war.3

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Gereicht die auflösende Bedingung dem Vermieter und dem Mieter gleichermaßen zum Vorteil oder ist ein solcher nicht festzustellen, z.B. LG Osnabrück WuM 1994, 24: Das Untermietverhältnis endet, wenn das Hauptmietverhältnis beendet ist,

so kann sich der Vermieter nicht, wohl aber der Mieter auf den Eintritt der Bedingung berufen. Das folgt aus dem vom Gesetzgeber im Zweifel umfassend gewollten Bestandsschutz. Noch nicht geklärt ist, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vor Eintritt der Bedingung ordentlich gekündigt werden kann.4 Dies ist für die Vermieterkündigung zu verneinen, wenn es sich um eine Bedingung zu Gunsten des Mieters handelt. In diesem Fall gilt das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung bis zum Bedingungseintritt als ausgeschlossen. Ist die Bedingung zu Gunsten des Vermieters vereinbart, so kann es sich im Ergebnis um einen fehlgeschlagenen Zeitmietvertrag handeln. Dieser kann nach Maßgabe des § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB ordentlich gekündigt werden. In Betracht zu ziehen ist aber auch eine Vertragsauslegung, nach der das Mietverhältnis wie ein 1 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 65. 2 Z.B. „Das Mietverhältnis endet, wenn der Mieter die Eigentumswohnung XY erwirbt“, wenn ungewiss ist, ob der Mieter die Wohnung überhaupt erwerben wird. 3 Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 65: Eine auflösende Bedingung zu Gunsten des Mieters ist zukünftig anders als bisher zulässig. 4 S. zu § 572 BGB bejahend: AnwKomm/Hinz Rn. 11; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 3; MünchKomm/Schilling Rn. 6; Palandt/Weidenkaff Rn. 5; verneinend: Lammel Rn. 13; differenzierend: Blank/Börstinghaus Rn. 13; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 13; Staudinger/Rolfs Rn. 12.

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126

Rn. X 127

Ordentliche Vertragsbeendigung

unbefristetes ordentlich kündbares behandelt werden, jedoch spätestens mit Bedingungseintritt enden soll.1 g) Zeitmietverträge bei der Wohnraummiete aa) Voraussetzungen 127

Nach neuem Recht sind Zeitmietverträge über kündigungsgeschützten Wohnraum (s. § 549 Abs. 1 BGB, Rn. XI 3) wie bisher nur dann zulässig, wenn ein Erlangungsinteresse nach § 575 Abs. 1 BGB besteht, also – wegen des Wunsches zur Eigennutzung, auch durch eine Bedarfsperson, – wegen Beseitigung, wesentlicher Veränderung oder Instandsetzung der Räume, – wegen Vermietung an eine zur Dienstleistung verpflichtete Person. Es handelt sich hierbei um einen abschließenden Katalog, der nicht durch entsprechende Anwendung auf ähnliche Sachverhalte erweitert werden kann,2 wie z.B. die Absicht, die Wohnung/das Grundstück zu verkaufen oder zu Geschäftszwecken zu nutzen. Zur mittelbaren Befristung von Wohnraummietverträgen durch zeitweisen Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung s. Rn. X 3 f.

128

An den Tatbestand der Eigennutzung sind erheblich geringere Anforderungen als an einen Eigenbedarf zu stellen. Daher wird die Nutzung als Zweit- oder als Ferienwohnung für ausreichend gehalten.3 Der Kreis der Bedarfspersonen entspricht demjenigen für den Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Nicht erforderlich ist, dass die Bedarfsperson bei Vertragsabschluss schon Haushaltsangehöriger des Vermieters ist; es genügt, wenn sie es durch die Aufnahme in der Wohnung erst werden soll.4 Zu diesem Personenkreis gehört daher auch der nicht eheliche Lebensgefährte des Vermieters, der bei Vertragsabschluss noch nicht in dessen Haushalt lebt, aber konkret benannt werden muss. Bei einer Personenmehrheit auf Vermieterseite genügt es, wenn einer der Vermieter die Absicht zur Eigennutzung hat.

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Die baulichen Maßnahmen können sich auf Instandsetzungen oder Abriss und Neubebauung ebenso wie auf Zweckänderungen beziehen, z.B. künftige Nutzung zu Gewerbezwecken. Das Korrektiv liegt im Tatbestandsmerkmal „in zulässiger Weise“. Ein Fall der Beseitigung liegt auch in der Zusammen1 Sternel Rn. IV 224 Fn. 9 zu folgender Vertragsgestaltung: Das Mietverhältnis endet (spätestens), wenn die Tochter (des Vermieters) heiratet und die Wohnung als Ehewohnung benötigt, sofern eine Heirat noch gar nicht absehbar ist. 2 Zum Analogieverbot s. Blank/Börstinghaus BGB § 575 Rn. 4; Derleder NZM 2001, 649, 656. 3 Zu § 575 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 7; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 11; Hannemann NZM 1999, 585, 595; zu Recht kritisch: Herrlein/Kandelhard BGB § 575 Rn. 12. 4 So auch Blank/Börstinghaus BGB § 575 Rn. 8.

1326

Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 132

legung von Wohnungen, wobei die eine gänzlich wegfällt. Maßgebend ist die bauordnungsrechtliche materielle Zulässigkeit der Maßnahme. Die formelle Genehmigung braucht erst spätestens bei der Beendigung des Mietverhältnisses vorzuliegen. Nach wie vor ist vorausgesetzt, dass durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses die Durchführung der beabsichtigten baulichen Maßnahmen erschwert werden würde. Maßnahmen, die der Vermieter kraft seines Duldungsanspruchs nach § 554 BGB durchsetzen könnte, werden in der Regel als Beendigungsgrund nicht ausreichen; denn sie erschweren nicht den Fortbestand des Mietverhältnisses. Anders soll es sich verhalten, wenn die Duldungspflicht des Mieters nicht ohne weiteres gewährleistet ist.1 Gegen diese Einschränkung bestehen Bedenken; denn im Hinblick auf die Zumutbarkeitsprüfung gemäß § 554 Abs. 2 BGB wird es kaum jemals vorauszusehen sein, ob der Mieter zur Duldung verpflichtet ist. Der Abschluss von Zeitmietverträgen könnte also dazu führen, das mildere Mittel der Duldungspflicht auszuhebeln. Der Tatbestand des Betriebsbedarfs erfasst auch den Fall, dass die Wohnung gegenwärtig noch nicht an Betriebsangehörige überlassen ist, jedoch nach Ablauf der Mietzeit als Werkwohnung genutzt werden soll.

130

Die Mitteilung der Bedarfsgründe muss der gesetzlichen Schriftform nach § 126 BGB genügen. Sie muss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss, spätestens also mit diesem erfolgen.2 Auch muss sie jedenfalls dann Vertragsbestandteil werden, wenn der Mietvertrag wie in der Regel langfristig abgeschlossen wird und daher nach § 550 BGB formbedürftig ist. Die Bezugnahme auf eine schriftliche Mitteilung genügt (zur Wahrung der Schriftform s. Rn. I 126).

131

Die gesetzliche Schriftform ist auch dann zu wahren, wenn der Vermieter dem Mieter seine Absicht mündlich mitgeteilt hat,3 AG Freiburg WuM 1992, 193.

Der Grund für die Befristung nach § 575 Abs. 1 BGB muss so ausreichend bezeichnet werden, dass der Mieter seine Situation einschätzen kann. Dafür müssen die Angaben des Vermieters derart umfassend sein, dass geprüft werden kann, ob die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen. Das bedeutet, dass die Bedarfsperson identifizierbar – wenn auch nicht unbedingt namentlich – genannt oder die baulichen Maßnahmen derart umschrieben werden, dass der Mieter weiß, um was es geht und ob die Maßnahmen wesentlich sind. Leerformeln oder schlagwortartige Angaben wie „Das Haus soll saniert werden“, „grundlegender Umbau“ oder „Eigenbedarf“ reichen nicht, 1 Zu § 575 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 12; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 14; Herrlein/Kandelhard Rn. 36; einschränkend MünchKomm/Häublein Rn. 21. 2 Zu § 575 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 19; Herrlein/Kandelhard Rn. 21. 3 Zum Erfordernis der gesetzlichen Schriftform gemäß § 126 BGB s. Emmerich/Sonnenschein/Haug BGB § 575 Rn. 22.

1327

132

Rn. X 133

Ordentliche Vertragsbeendigung

LG Hamburg NJW-RR 1993, 201 = WuM 1992, 374, 375, LG München I WuM 1994, 543: Der Kreis der Bedarfspersonen muss identifizierbar abgegrenzt sein.

Die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts genügt nicht, AG Düsseldorf NZM 2005, 702.1

Andererseits dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden, wie der BGH wiederholt betont hat. So reicht bei beabsichtigter Selbstnutzung der Hinweis im Mietvertrag, dass der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für sich nutzen will, BGH – Urt. v. 19.11.2008 – WuM 2009, 47.

Auch genügt die Angabe im Mietvertrag, dass das bestehende Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll, BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1064 = NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601: Die Wirksamkeit der Befristung setzt nicht voraus, dass der Vermieter das genau bezeichnete Abrissdatum und die genau geplante Baumaßnahme auf der Grundlage einer konkreten und genehmigungsfähigen Bauplanung angibt.

Die Beendigungsgründe können alternativ oder kumulativ geltend gemacht werden, dies jedoch nur insoweit, als sie sich nicht widersprechen; denn sonst sind sie nicht plausibel.2 Die Kumulation darf insbesondere nicht dazu führen, dass sich die Gründe gegenseitig ausschließen. Das ist bei dem Wunsch zur Selbstnutzung einerseits und der Sanierungsabsicht andererseits nicht ohne weiteres der Fall. 133

Umstritten ist bisher, ob und inwieweit der Vermieter den Befristungsgrund auswechseln darf. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung die Frage im Grundsatz verneint, will es jedoch nicht als ein Auswechseln verstanden wissen, wenn der gleich bleibende Befristungsgrund durch einen anderen Sachverhalt ersetzt wird, z.B. statt Modernisierung nunmehr Abbruch des Gebäudes.3 Dagegen bestehen Bedenken, weil der Vermieter in einem solchen Fall Befristungsgründe „auf Vorrat“ einführen könnte.4

134

Eine Höchstdauer der Vertragslaufzeit – wie bisher von 5 Jahren – ist nicht vorgesehen. Fraglich ist, welche Höchstdauer – insbesondere durch Formularoder Verbraucherverträge – vereinbart werden kann.5 Berücksichtigt man, dass die Regelung an einen konkreten Nutzungswunsch anknüpft, dem eine ge1 Der Hinweis darauf, dass das Mietverhältnis über den vereinbarten Zeitraum hinaus „ggf. wegen Eigennutzung nicht fortgesetzt werden kann und die Räume in zulässiger Weise beseitigt werden“ genügt nicht. 2 Lammel BGB § 575 Rn. 29, 30. 3 Begründung zum Regierungsentwurf Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 71; s. auch zu § 575 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 31: MünchKomm/Häublein Rn. 25. 4 Börstinghaus/Eisenschmid S. 560 zu § 575 BGB; Herrlein/Kandelhard BGB § 575 Rn. 10; Derleder NZM 2001, 649, 656; Sternel ZMR 2002, 1. 5 S. dazu Derleder NZM 2001, 649, 655; Hinz NZM 2003, 659, 660; Bedenken auch bei Herrlein/Kandelhard BGB § 575 Rn. 2, 9: Ein konkreter Beendigungstermin muss absehbar sein.

1328

Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 136a

wisse Vorausschau zugrunde liegen wird, um ernst genommen zu werden, so kann bei Formular- und Verbraucherverträgen in Anlehnung an die Rspr. des BGH zum zeitweisen Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung (s. Rn. X 4) eine Grenze von 4 Jahren gezogen werden. Individuell können dagegen erheblich längere Fristen bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) vereinbart werden.1 Sind die materiellen oder formellen Voraussetzungen für den Abschluss eines Zeitmietvertrages nach § 575 BGB nicht erfüllt, so wird – anders als nach bisherigem Recht – kein befristetes Mietverhältnis, sondern ein solches auf unbestimmte Zeit begründet (§ 575 Abs. 1 Satz 2 BGB).2 Eine Umdeutung mit dem Ergebnis, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer der vorgesehenen Befristung für beide Vertragsteile ausgeschlossen ist, ist im Allgemeinen nicht möglich, da anderenfalls die Rechtsfolge des § 573 Abs. 1 Satz 2 BGB unterlaufen werden würde (s. Rn. X 106),3

135

AG Düsseldorf ZMR 2008, 538; s. auch LG Stuttgart WuM 2007, 582.

bb) Rechtsfolgen Liegt der Grund für die Befristung bei Ende der Mietzeit vor, so endet das Mietverhältnis nach § 542 Abs. 2 BGB automatisch und der Vermieter kann Räumung verlangen. Wie schon nach der bisherigen Rechtslage benötigt er kein darüber hinausgehendes Freimachungsinteresse; ebenso wenig kann der Mieter der Vertragsbeendigung wegen einer sozialen Härte auf Grund der Sozialklausel (§§ 574–574b BGB, s. Rn. XI 310) widersprechen oder im Falle einer Verurteilung zur Räumung eine Räumungsfrist beanspruchen (§ 721 Abs. 7 ZPO, s. Rn. XIV 176, 178).

136

Nach § 575 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter frühestens 4 Monate vor Ablauf der Mietzeit verlangen, dass dieser ihm binnen eines Monats mitteilt, ob der Grund für den Abschluss des Zeitmietvertrages noch besteht. Die Mitteilung des Vermieters ist an keine Form gebunden. Sie muss so konkret sein, dass der Mieter sich Gewissheit darüber verschaffen kann, ob das Mietverhältnis endet. In diesem Zusammenhang kann der Vermieter also keine Gründe alternativ oder kumulativ angeben, sondern muss sich für einen Beendigungsgrund entscheiden,

136a

LG Hamburg WuM 1992, 374,4 AG München ZMR 1994 S. XV Nr. 19 (LS).

1 Lammel BGB § 575 Rn. 22 hält einen Zeitraum von über 5 Jahren nicht mehr für überschaubar und eine Obergrenze von 8 Jahren für angebracht. 2 Fällt das Erlangungsinteresse dagegen nachträglich weg, so hat der Mieter nur einen Anspruch auf Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit (§ 575 Abs. 3 Satz 2 BGB). 3 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 575 Rn. 29. 4 Zum Fall: Die Anfangsmitteilung lautete: „Die Wohnung soll grundlegend umgebaut werden, z.B. Badezimmereinbau, Zentralheizung u.s.w.“ Die Schlussmitteilung lautete: „Wir beabsichtigen, die Wohnung umzubauen und zu renovieren.“

1329

Rn. X 137

Ordentliche Vertragsbeendigung

Zum Teil wird gefordert, dem Mieter schon während des laufenden Mietverhältnisses einen Auskunftsanspruch zu gewähren, um den Wegfall des Bedarfsgrundes ggf. erhebliche Zeit vor dem Ende der Mietzeit zu erfahren.1 137

Macht der Mieter von seinem Auskunftsrecht bis zum Ende der Mietzeit keinen Gebrauch, so hat das auf seinen Verlängerungsanspruch keinen Einfluss.2 Nach dem Ende der Mietzeit besteht der Auskunftsanspruch zwar nicht mehr. Der Mieter kann jedoch noch im Räumungsprozess den Anspruch auf Verlängerung des Mietverhältnisses geltend machen, etwa indem er sich darauf beruft, dass die Beendigungsgründe entfallen sind. Auch bleibt die Rechtsfolge unberührt, dass sich das Mietverhältnis nach § 545 BGB auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern diese Bestimmung nicht vertraglich ausgeschlossen ist.

138

Überschreitet der Vermieter die Mitteilungsfrist, so kann der Mieter eine entsprechende Verlängerung des Mietverhältnisses verlangen (§ 575 Abs. 2 BGB). Das Gleiche gilt, wenn der Grund für die Befristung des Mietverhältnisses erst später eintritt (§ 575 Abs. 3 BGB), BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1064 = NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601.

Auf ein Verschulden des Vermieters kommt es nicht an. Die Beweislast dafür, dass der Befristungsgrund eingetreten ist, und dafür, dass sich der Eintritt ggf. verzögert, trägt der Vermieter (§ 575 Abs. 3 Satz 3 BGB). 139

Entfällt die Verwendungsabsicht bzw. das Erlangungsinteresse des Vermieters nach Abschluss des Mietvertrages, so führt das nicht zur Unwirksamkeit der Befristung, sondern nur dazu, dass der Mieter die Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit beanspruchen kann (§ 575 Abs. 3 Satz 2 BGB), BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1064 = NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601.

Die gleiche Rechtsfolge wird angenommen, wenn der Vermieter die Auskunft nicht erteilt oder die Auskunft unzureichend ist.3 Jedoch kann er diese ergänzen oder nachholen, so dass der Mieter nur die Verlängerung des Mietverhältnisses um den Zeitraum der verspäteten Auskunft beanspruchen kann. 140

Unerheblich ist, ob das Erlangungsinteresse vor oder nach Ablauf der vereinbarten Frist entfallen ist. Im ersteren Fall genießt der Mieter Vertrauensschutz mit der Folge, dass das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung vor Ablauf der vereinbarten Frist nicht ausgeübt werden darf.4 Das rechtfertigt sich daraus, dass die durch den Wegfall der Verwendungsabsicht veränderte Situation in die Risikosphäre des Vermieters fällt. Im letzteren Fall tritt die Rechtsfolge aus § 575 Abs. 3 Satz 2 BGB ein. 1 2 3 4

S. zu § 575 BGB: Herrlein/Kandelhard Rn. 27, 32; anders Lammel Rn. 55. Ebenso Blank/Börstinghaus BGB § 575 Rn. 28. S. dazu Blank/Börstinghaus BGB § 575 Rn. 39, 40. Anders Herrlein/Kandelhard BGB § 575 Rn. 28.

1330

Befristung und Bedingungseintritt

Rn. X 143

Entsprechendes soll bei einem Vermieterwechsel während der Mietzeit gelten.1 Dies kommt indes nur in Betracht, wenn es sich um personenbezogene Bedarfsgründe wie Eigennutzung handelt, nicht dagegen, wenn der neue Vermieter identische Bedarfsgründe hat, wie z.B. Abbruch des Gebäudes, künftige Nutzung als Werkwohnung. Anders als in § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB wandelt sich bei einem Wegfall (oder einer Verzögerung) des Beendigungsgrundes das Mietverhältnis nicht von selbst in ein solches auf unbestimmte Zeit (oder auf befristete weitere Zeit). Vielmehr hat der Mieter die Wahl, ob er das Mietverhältnis beenden und räumen oder die Fortsetzung des Mietverhältnisses beanspruchen will. In einem Räumungsrechtsstreit muss er den Anspruch auf Fortsetzung widerklagend und nicht nur einredeweise geltend machen,2

141

vgl. BGH – Urt. v. 18.4.2007 – MDR 2007, 1064 = NZM 2007, 439 = WuM 2007, 319 = ZMR 2007, 601, LG Berlin NZM 2000, 333 = ZMR 1999, 486 zu § 564c Abs. 1 BGB a.F.

Dogmatisch einleuchtender und praktikabler ist es allerdings, an Stelle eines Anspruchs des Mieters gegenüber dem Vermieter auf Änderung des Mietvertrages ein Gestaltungsrecht anzunehmen.3 Dieses Recht könnte der Mieter – einer Option ähnlich – allein ausüben, ohne bei einer Weigerung des Vermieters klagen oder bei einer Räumungsklage Widerklage erheben zu müssen. Vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit kann keine Partei das Mietverhältnis ordentlich kündigen, sofern bei Wegfall der Bedarfsgründe kein Fall des § 575 Abs. 3 Satz 2 BGB vorliegt.4 Diese Rechtsfolge ist aus § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB abzuleiten. Sie wird jedoch von einer Mindermeinung infrage gestellt, was das Recht des Mieters zur ordentlichen Kündigung anbelangt.5 Ist der Zeitmietvertrag jedoch mit einer Staffelmietvereinbarung verbunden, so ist der Mieter unter den Voraussetzungen des § 557a Abs. 3 BGB berechtigt, zum Ablauf einer Vertragszeit von 4 Jahren – gerechnet seit Abschluss der Vereinbarung der Staffelmiete – vorzeitig zu kündigen.6

142

Das Recht zur fristlosen Kündigung oder zur außerordentlichen befristeten Kündigung bleibt unberührt. Kündigt der Vermieter außerordentlich befristet mit der gesetzlichen Frist, so kann der Mieter der Kündigung nach der Sozialklausel in § 574 BGB widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses längstens bis zum vertraglichen Zeitpunkt der Beendigung verlangen (§ 575a Abs. 2 BGB).

143

1 So zu BGB § 575: AnwKomm/Hinz Rn. 38 (nur bei Vermieterwechsel nach § 566 BGB); Herrlein/Kandelhard Rn. 29; anders Lammel Rn. 23 f., 25. 2 Zu § 575 BGB: AnwKomm/Hinz Rn. 56; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 48. 3 So Lammel BGB § 575 Rn. 69. 4 Emmerich/Sonnenschein/Haug BGB § 575 Rn. 23. 5 So MünchKomm/Häublein BGB § 575 Rn. 5–8; Häublein ZMR 2004, 1 f.; kritisch dazu auch AnwKomm/Hinz BGB § 575 Rn. 26. 6 S. dazu Gellwitzki WuM 2005, 575, 579.

1331

Rn. X 144

Ordentliche Vertragsbeendigung

Zur Kündigungsbefugnis des Mieters, wenn das Erlangungsinteresse des Vermieters vor Fristablauf wegfällt, s. Rn. X 139 f.

3. Mietaufhebungsvertrag a) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen 144

Mietaufhebungsverträge unterliegen den allgemeinen rechtsgeschäftlichen Anforderungen, auch was die Willensbildung und Willensäußerung anbelangt.1 Besteht auf der einen oder anderen Vertragsseite eine Personenmehrheit, so müssen wie bei der Kündigung (s. Rn. X 20) alle Beteiligten mitwirken,2 LG München I WuM 1990, 335.

Vor Eintragung ins Grundbuch kann der Erwerber eines Mietgrundstücks ohne Mitwirkung des (Noch-)Vermieters keinen Mietaufhebungsvertrag mit dem Mieter abschließen,3 LG Ellwangen WuM 1991, 489.

144a

Der Aufhebungsvertrag bedarf grundsätzlich keiner Form, LG Aachen WuM 1993, 734,

insbesondere nicht derjenigen, die für den Abschluss des Vertrages erforderlich ist.4 Auch wenn die Parteien die Schriftform hierfür vereinbart haben, können sie dieses Erfordernis – auch schlüssig (s. dazu Rn. X 149) – aufheben, sofern sie nur das Vereinbarte wollen. Das gilt erst recht für Schriftformklauseln, soweit sie sich auf die Aufhebung des Vertragsverhältnisses beziehen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.4.2001 – DWW 2001, 248 = NZM 2001, 591, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.11.1990 – DWW 1990, 363 = MDR 1991, 349, LG Köln ZMR 1993, 166.

Schriftformklauseln, die Änderungen oder Ergänzungen des Mietvertrages betreffen, sind ohnehin nicht einschlägig, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – DWW 2004, 19 = WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

Die Schriftform des § 550 BGB ist dagegen zu wahren, wenn es sich im Rahmen eines noch langfristigen Mietvertrages um einen Mieterwechsel handelt (s. Rn. I 221). 1 S. dazu Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 286 f.; Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 26 f.; Schmidt-Futterer/Blank BGB Rn. 1 ff. nach § 542 BGB; Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 157 f.; Lützenkirchen/Eisenhardt AHB MietR J Rn. 492. 2 S. Wiek WuM 2003, 448 m.w.N. 3 S. zu § 542 BGB: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 27.6; Staudinger/Rolfs Rn. 157; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 5 nach § 542 BGB. 4 Bub/Treier/Heile Rn. II 738; zu § 542 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 151; Emmerich/ Sonnenschein/Rolfs Rn. 67; Fischer-Dieskau/Franke Anm. 29.1; Staudinger/Rolfs Rn. 163.

1332

Rn. X 144

Ordentliche Vertragsbeendigung

Zur Kündigungsbefugnis des Mieters, wenn das Erlangungsinteresse des Vermieters vor Fristablauf wegfällt, s. Rn. X 139 f.

3. Mietaufhebungsvertrag a) Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen 144

Mietaufhebungsverträge unterliegen den allgemeinen rechtsgeschäftlichen Anforderungen, auch was die Willensbildung und Willensäußerung anbelangt.1 Besteht auf der einen oder anderen Vertragsseite eine Personenmehrheit, so müssen wie bei der Kündigung (s. Rn. X 20) alle Beteiligten mitwirken,2 LG München I WuM 1990, 335.

Vor Eintragung ins Grundbuch kann der Erwerber eines Mietgrundstücks ohne Mitwirkung des (Noch-)Vermieters keinen Mietaufhebungsvertrag mit dem Mieter abschließen,3 LG Ellwangen WuM 1991, 489.

144a

Der Aufhebungsvertrag bedarf grundsätzlich keiner Form, LG Aachen WuM 1993, 734,

insbesondere nicht derjenigen, die für den Abschluss des Vertrages erforderlich ist.4 Auch wenn die Parteien die Schriftform hierfür vereinbart haben, können sie dieses Erfordernis – auch schlüssig (s. dazu Rn. X 149) – aufheben, sofern sie nur das Vereinbarte wollen. Das gilt erst recht für Schriftformklauseln, soweit sie sich auf die Aufhebung des Vertragsverhältnisses beziehen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 5.4.2001 – DWW 2001, 248 = NZM 2001, 591, s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 15.11.1990 – DWW 1990, 363 = MDR 1991, 349, LG Köln ZMR 1993, 166.

Schriftformklauseln, die Änderungen oder Ergänzungen des Mietvertrages betreffen, sind ohnehin nicht einschlägig, OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – DWW 2004, 19 = WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

Die Schriftform des § 550 BGB ist dagegen zu wahren, wenn es sich im Rahmen eines noch langfristigen Mietvertrages um einen Mieterwechsel handelt (s. Rn. I 221). 1 S. dazu Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 286 f.; Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 26 f.; Schmidt-Futterer/Blank BGB Rn. 1 ff. nach § 542 BGB; Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 157 f.; Lützenkirchen/Eisenhardt AHB MietR J Rn. 492. 2 S. Wiek WuM 2003, 448 m.w.N. 3 S. zu § 542 BGB: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 27.6; Staudinger/Rolfs Rn. 157; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 5 nach § 542 BGB. 4 Bub/Treier/Heile Rn. II 738; zu § 542 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 151; Emmerich/ Sonnenschein/Rolfs Rn. 67; Fischer-Dieskau/Franke Anm. 29.1; Staudinger/Rolfs Rn. 163.

1332

Mietaufhebungsvertrag

Rn. X 147

Vollmachtsklauseln, in denen sich die Mieter wechselseitig bevollmächtigen, auch Mietaufhebungsverträge abzuschließen, sind unwirksam (s. Rn. II 278).1 Das Gleiche gilt für sog. Rechtsgeltungsklauseln, nach denen Rechtshandlungen und Willenserklärungen eines Vermieters für die anderen Vermieter sowie eines Mieters für die anderen Mieter verbindlich sein sollen.

145

Mietaufhebungsverträge können Gegenstand von Haustürgeschäften i.S. von § 312 BGB sein, die dem Mieter ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 355 f. BGB gewähren,2 LG Heidelberg WuM 1993, 397, AG Waiblingen WuM 1996, 137.

aa) Umdeutung einer Kündigung Die Umdeutung einer unwirksamen Kündigung in ein Angebot zum Abschluss einer Mietaufhebungsvereinbarung ist nur möglich, wenn die entsprechenden rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen wenigstens im Ansatz erkennbar sind. Maßgebend hierfür sind die Willensrichtung und das Erklärungsbewusstsein sowohl des Kündigenden als auch des Kündigungsempfängers, das Mietverhältnis einverständlich aufzulösen. Räumt der Mieter auf Grund einer Kündigung des Vermieters und stellt sich später heraus, dass diese unwirksam war, so kann weder die Kündigung als Angebot noch die Räumung als Annahme des Angebots auf Abschluss einer Mietaufhebungsvereinbarung gewertet werden,3

146

BGH – Urt. v. 26.6.1963 – ZMR 1963, 274.

Ebenso wenig kann eine – noch dazu von einem Rechtsanwalt mit eingehender Begründung – ausgesprochene außerordentliche Kündigung in ein annahmebedürftiges Angebot zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung umgedeutet werden, es sei denn, dass sich der Erklärende bei Abgabe der Erklärung bewusst gewesen ist, dass sie als einseitige Erklärung nicht wirksam werden könnte, und es für diesen Fall zur Herbeiführung des rechtlichen und wirtschaftlichen Erfolges der Vertragsbeendigung, gewissermaßen hilfsweise, der Zustimmung des Erklärungsempfängers bedürfte, BGH – Urt. v. 24.9.1980 – NJW 1981, 43 = WuM 1981, 57,4 OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921: Eine (verfrühte) Kündigung kann nicht in ein Angebot auf Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages umgedeutet werden; denn sie bringt gerade nicht den Willen zu einer Aufhebung des Mietvertrages durch Vertrag zum Ausdruck. Außerdem setzt eine Umdeutung nach § 140 BGB voraus, dass sich der Erklärende bei Abgabe der Kündigung bewusst gewesen ist, dass sie als einseitige Erklärung nicht die von ihm gewünschte Rechtsfolge auslösen kann und in diesem Fall die vorzeitige Vertragsbeendigung von der Zustimmung des Erklärungsempfängers abhängt. 1 2 3 4

S. auch Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 27.6. Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 289. Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 286. Diese Willensrichtung muss indes für den Erklärungsempfänger objektiv erkennbar hervorgetreten sein.

1333

147

Rn. X 148

Ordentliche Vertragsbeendigung

Nimmt der Vermieter die nicht wirksame Kündigung jedoch ausdrücklich an, so ist darin das Angebot auf Aufhebung des Vertrages gesehen worden, das der Mieter stillschweigend – z.B. durch Auszug – seinerseits annimmt, OLG Düsseldorf – Urt. 16.10.2003 – WuM 2003, 621 = ZMR 2003, 921.

148

Zu einer Mietaufhebungsvereinbarung kommt es dagegen nicht, wenn der Mieter das Mietverhältnis über Gewerberäume wegen behaupteter Mängel fristlos kündigt und Schadensersatz fordert, der Vermieter zwar die Kündigung akzeptiert, jedoch den Kündigungsgrund bestreitet und Schadensersatz ablehnt, OLG Köln – Urt. v. 2.8.2001 – MDR 202, 390 = ZMR 2001, 967.

Zur Umdeutung einer Kündigung in ein Angebot auf Aufhebung des Mietvertrages s. auch Rn. X 43 f.

bb) Schlüssige Mietaufhebungsvereinbarung 149

Die rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen sind insbesondere zu beachten, soweit ein Verhalten darauf geprüft wird, ob es als schlüssige Aufhebungsvereinbarung zu werten ist. Auch im Mietrecht gilt, dass Schweigen keine Zustimmung bedeutet; das gilt grundsätzlich auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr, BGH – Urt. v. 24.9.1980 – NJW 1981, 43 = WuM 1981, 57, OLG Naumburg – Urt. v. 25.11.1997 – WuM 1998, 283 = ZMR 1998, 425.

Im Allgemeinen ist bei der Annahme von schlüssigen Mietaufhebungsvereinbarungen Zurückhaltung geboten. So soll vom Vorliegen einer stillschweigend vereinbarten Vertragsaufhebung dann nicht ausgegangen werden können, wenn in ihrem Rahmen Fragen offen bleiben würden, die die Vertragsparteien bei einer vorzeitigen einvernehmlichen Vertragsaufhebung vernünftigerweise regeln. Hierzu soll insbesondere auch die Frage gehören, ob der Mieter – aus welchem Rechtsgrund auch immer – zur Zahlung der Mietdifferenz, die durch die Weitervermietung zu einem geringeren Mietzins entsteht, verpflichtet sein soll, KG – Urt. v. 12.5.2005 – NZM 2005, 946.

Dagegen bestehen Bedenken; denn die (schlüssige) Vereinbarung der Parteien kann und wird sich häufig darauf beschränken, dass das Mietverhältnis zu einem bestimmten Termin beendet ist oder wird und der Mieter sich zur Räumung verpflichtet, während alle übrigen Punkte zwischen den Parteien noch streitig sein können. Anders verhält es sich, wenn zwischen der Räumungspflicht und den noch streitigen Punkten ein gewollter inhaltlicher Zusammenhang besteht. 150

Gibt der Mieter vor Beendigung des Mietverhältnisses unverlangt die Schlüssel zurück und zieht aus, so kann in der Entgegennahme der Schlüssel nicht die Annahme eines etwaigen (konkludenten) Angebots auf Aufhebung des Mietverhältnisses gesehen werden, 1334

Mietaufhebungsvertrag

Rn. X 152

BGH – Urt. v. 24.9.1980 – NJW 1981, 43 = WuM 1981, 57 = ZMR 1981, 84, 86: Der Entgegennahme der unverlangt zugesandten Schlüssel kann ein Erklärungsinhalt nicht beigemessen werden. Besteht beim Zugang einer unbegründeten Kündigung für den Vermieter keine Pflicht zur Gegenäußerung, so kann dies auch nicht bei der unaufgeforderten Übersendung der Schlüssel angenommen werden. Dem Vermieter bleibt nämlich nichts anderes übrig, als sie anzunehmen. Ebenso OLG Köln – Urt. v. 9.7.1997 – ZMR 1998, 91, OLG Naumburg – Urt. v. 25.11.1997 – WuM 1998, 283 = ZMR 1998, 425, KG – Urt. v. 13.11.2006 – ZMR 2007, 271, 272, LG Düsseldorf DWW 1996, 280: keine Mietaufhebungsvereinbarung, wenn der Mieter auf Grund einer Kündigung des Vermieters vor Ablauf der Kündigungsfrist auszieht und dem Vermieter die Schlüssel übersendet; LG Gera WuM 2005, 647.

Ebenso wenig ist eine Mietaufhebungsvereinbarung daraus abgeleitet worden, dass der Mieter auf eine Kündigungserklärung des Vermieters mitteilt, er habe eine neue Wohnung gefunden, LG Düsseldorf WuM 1991, 673.

Ist der Mieter ausgezogen und hat die Schlüssel zurückgegeben und vermietet der Vermieter die Mieträume anderweitig, so ist damit das frühere Mietverhältnis nicht ohne weiteres einverständlich aufgehoben,1 LG München I NJWE-MietR 1997, 25.

Das wird insbesondere nicht angenommen werden können, wenn der Vermieter bei der Neuvermietung nur eine niedrigere Miete als bisher hat erzielen können. Wird die Wohnung vor Ablauf der Mietzeit bzw. der Kündigungsfrist vom Hausmeister unter Ausfertigung eines Wohnungsübergabeprotokolls und Empfang der Wohnungsschlüssel abgenommen, so soll dadurch noch keine Vereinbarung über die vorzeitige Aufhebung des Mietverhältnisses zustande kommen, jedenfalls wenn der Hausmeister keine Vollmacht zum Abschluss einer solchen Vereinbarung hatte und die Voraussetzungen für eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht vom Mieter nicht dargetan worden sind, AG Hamburg-Barmbek WuM 2006, 90.

Unmutsäußerungen wird häufig der rechtsgeschäftliche Wille fehlen, so

151

LG Köln WuM 2001, 604: Die Äußerung „Verschwindet sofort. Ich will euch hier nicht mehr sehen. Bis Freitag muss hier alles raus sein“ ist kein Angebot des Vermieters, das der Mieter durch Auszug annehmen könnte; anders AG Bergheim WuM 1999, 218 für die Äußerung: „Dann zieh' doch endlich aus“; s. auch LG Koblenz NZM 1998, 859: Befinden sich Mieter und Vermieter in andauernden Auseinandersetzungen, ist in dem Anerbieten des Vermieters, „dem Mieter stehe es selbstverständlich frei, sich ungeachtet des befristeten Mietverhältnisses kurzfristig nach einer Ersatzwohnung umzusehen“, der Verzicht zu sehen, sich bei einer Kündigung des Mieters auf die Befristung des Mietverhältnisses zu berufen.

Das Zustandekommen einer schlüssigen Mietaufhebungsvereinbarung ist jedoch bejaht worden, wenn der Vermieter den Mieter mehrfach auffordert, die 1 Staudinger/Rolfs BGB § 542 Rn. 160.

1335

152

Rn. X 153

Ordentliche Vertragsbeendigung

Mieträume zu einem bestimmten Termin zu räumen, weil er sie selbst benötige, und der Mieter darauf auszieht, LG Braunschweig WuM 1983, 138 für Verzicht auf Einhaltung der Kündigungsfrist,

ferner wenn der Mieter die Mieträume mit Einverständnis des Vermieters einem Nachfolgemieter übergibt, LG Berlin WuM 1988, 271, ähnlich AG Nordhorn WuM 1997, 36, wenn der Vermieter die Wohnung im Beisein des auszugswilligen Mieters an einen Dritten neu vermietet.

153

Will der Mieter aus dem Mietverhältnis vorzeitig ausscheiden und erklärt sich der Vermieter damit einverstanden, falls ein geeigneter und zumutbarer Nachfolger gestellt wird, so liegt darin im Zweifel noch nicht das Angebot auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung und erst recht noch keine solche Vereinbarung, sondern eine bloße Absichts- und Bereitschaftserklärung des Vermieters,1 OLG Hamburg – Urt. v. 4.12.1996 – WM 1997, 214 = ZMR 1997, 351: Die gegenüber dem auszugswilligen Mieter geäußerte Bereitschaft des Vermieters, vom Mieter vorgeschlagene Mietinteressenten als Mietnachfolger in Betracht zu ziehen, hat in der Regel nicht die Bindungswirkung einer mietvertraglich vereinbarten (unechten) Ersatzmieterklausel;2 s. auch OLG Düsseldorf – Urt. v. 10.12.1998 – NZM 1999, 970 = ZMR 1999, 243.

In derartigen Fällen kann zudem zweifelhaft sein, ob das bisherige Mietverhältnis schon mit dem Abschluss des Mietvertrages mit dem Ersatzmieter oder erst mit dem Vollzug des neuen Mietverhältnisses aufgelöst sein soll, für Letzteres: LG Gießen WUM 1997, 370.

Diese Unklarheit sollte in einer Mietaufhebungsvereinbarung behoben werden. cc) Entlassung einer Mietpartei aus dem Mietverhältnis 154

Einigen sich bei Vermietung an eine Personenmehrheit der Vermieter und einer von mehreren Mietern über dessen Entlassung aus dem Mietverhältnis, so ist dessen Ausscheiden wirksam, wenn die anderen Mieter zustimmen (s. Rn. I 219, 221). Die Zustimmung ist auch dann wirksam, wenn sie nur gegenüber dem Ausscheidenden erklärt wird. Stimmen die übrigen Mieter nicht zu, so kann die Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Ausscheidenden als Abrede angesehen werden, sich wechselseitig nicht mehr auf Erfüllung aus dem Mietverhältnis in Anspruch zu nehmen, LG Berlin GE 1995, 113 = WuM 1995, 105.

Das Innenverhältnis der Mieter bleibt allerdings von dieser Abrede unberührt; das betrifft insbesondere etwaige Ausgleichsansprüche der übrigen Mieter gegenüber dem Ausscheidungswilligen. 3

1 So auch Schmidt-Futterer/Blank Rn. 7 nach § 542 BGB. 2 S. auch Schmidt-Futterer/Blank Rn. 7 nach § 542 BGB. 3 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 4 nach § 542 BGB.

1336

Mietaufhebungsvertrag

Rn. X 155

Vollzieht sich das Ausscheiden eines Mitmieters durch einen dreiseitigen Vertrag, so bedarf dieser der Schriftform des § 550 BGB, wenn es sich um ein Mietverhältnis mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr handelt. Vollzieht sich das Ausscheiden durch einen zweiseitigen Vertrag,1 dem der hieran nicht beteiligte Dritte zustimmt, so bedarf die Zustimmung nicht der Schriftform (§ 182 Abs. 2 BGB). Das ist im Falle eines Mieterwechsels allgemein anerkannt, BGH – Urt. v. 20.4.2005 – MDR 2005, 920 = NZM 2005, 584 = ZMR 2005, 610, OLG Celle – Beschl. v. 27.11.2007 – NZM 2008, 488,

und kann im Fall des Ausscheidens eines von mehreren Mitmietern nicht anders gewertet werden. Entsprechend verhält es sich, wenn einer von mehreren Vermietern aus dem Mietverhältnis ausscheidet. Insbesondere muss hieran der Mieter mitwirken. Besteht ein längerfristiges Mietverhältnis, so ist bei einem Vermieterwechsel im Wege einer Dreiecksvereinbarung die Schriftform nach § 550 BGB zu beachten, während die Zustimmung des Mieters formfrei ist (§ 182 Abs. 2 BGB),

154a

BGH – Urt. v. 21.11.2007 – GE 2008, 195 = MietRB 2008, 102 (Bittner) für Dreiecksvereinbarung, BGH – Urt. v. 12.3.2003 – MDR 2003, 865 = NZM 2003, 476 = ZMR 2003, 647 für Zustimmung.

Auch hier kann es sich bei einem bloßen Ausscheiden eines Vermieters nicht anders verhalten. Ist eine GbR mit Außenwirkung im Rechtsverkehr auf Vermieter- oder Mieterseite Vertragspartei (s. Rn. I 92), so ist für das Ausscheiden eines Gesellschafters ebenso wie für einen Gesellschafterwechsel die Mitwirkung der anderen Mietvertragspartei nicht erforderlich (s. Rn. I 96).

154b

Eine einverständliche Entlassung eines Ehegatten-Mitmieters ist unter folgenden Voraussetzungen bejaht worden:

155

– Der Auszug hat endgültigen Charakter, – der Vermieter hat hiervon Kenntnis erlangt und dem Auszug z.B. bei der Abrechnung personenabhängig umzulegender Betriebskosten Rechnung getragen, – der verbleibende Mitmieter ist mit der Entlassung des anderen einverstanden und gibt dies z.B. durch Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten schlüssig kund, LG Köln NJW-RR 1993, 1096 = ZMR 1993, 166.2 1 Der zweiseitige Vertrag ist nach § 550 BGB formbedürftig, wenn der Mietvertrag eine längere Laufzeit als ein Jahr hat. 2 Zum Fall: Der Vermieter nahm die Anfang 1987 aus der Mietwohnung ausgezogene Mitmieterin auf Zahlung von Nebenkosten für den Zeitraum 1990/91 und auf Miete für März 1992 in Anspruch; die Mitmieterin berief sich auf eine schlüssig zu Stande gekommene Vereinbarung über ihre Entlassung aus dem Mietverhältnis auf Grund der oben genannten Umstände und der jahrelangen Kenntnis des Vermieters von ihrem Auszug.

1337

Rn. X 156

Ordentliche Vertragsbeendigung

Die Entlassung kann mithin auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Ob dies schon angenommen werden kann, wenn der Vermieter die Auszugsbestätigung für die Meldebehörde unterzeichnet und gegen den Auszug des Mitmieters nichts einzuwenden hat (so AG Meschede ZMR 1997, 307), erscheint indes fraglich. 156

Besteht auf Mieterseite eine Personenmehrheit, so liegt im Auszug eines Mitmieters grundsätzlich noch nicht dessen Entlassung aus dem Mietverhältnis, selbst wenn der Vermieter hiermit einverstanden ist; vielmehr muss auch der im Mietobjekt verbleibende Mieter zustimmen, BayObLG – Beschl. v. 21.2.1983 – DWW 1983, 71 = WM 1983, 107, vgl. auch LG Mannheim WuM 1994, 539; anders, aber ohne Begründung KG – Urt. v. 10.9.1998 – NZM 1999, 462, wenn nur drei von vier Mietern der Vertragsaufhebung (durch unwirksame Kündigung und darauf erfolgten Auszug!) zugestimmt haben, die Vertragsbeendigung jedoch von allen Mietern nicht in Abrede gestellt wird. Anzumerken hierzu ist, dass diese Entscheidung nur unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben als pragmatische Lösung zu rechtfertigen ist.

157

Die fehlende Zustimmung oder Mitwirkung des Mieters zu bzw. an der Entlassung eines Mitmieters aus dem Mietverhältnis soll sich aber dann nicht auswirken, wenn die Berufung hierauf eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Das soll der Fall sein, wenn der sich weigernde Mieter im Innenverhältnis verpflichtet ist, an der Entlassung mitzuwirken,1 er jedoch stattdessen die Mieträume weiter nutzt, und wenn er materiell-rechtlich selbst keinen weiteren Vorteil davon hat, dass der Mitmieter in den Konflikt mit dem Vermieter einbezogen wird, BGH – Urt. v. 3.3.2004 – NZM 2004, 419 = WuM 2004, 280 = ZMR 2004, 492 für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB, BGH – Urt. v. 16.3.2005 – NZM 2005, 452 = WuM 2005, 341 = ZMR 2005, 522 für eine fristlose Kündigung;2 LG Krefeld WuM 2003, 447.

Der BGH hat sich mit dem Rückgriff auf Treu und Glauben ohne Not über rechtsgeschäftliche Erfordernisse hinweggesetzt und damit nicht nur die zivilrechtliche Dogmatik, sondern auch die Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr geschwächt; denn damit ist die Berechenbarkeit der Rechtsfolgen erschwert.3

1 S. dazu OLG Köln – Urt. v. 11.4.2006 – WuM 2006, 511 = ZMR 2006, 770, 771 bei endgültiger Trennung der Ehegatten-Mieter; OLG Düsseldorf – Beschl. v. 2.5.2007 – WuM 2007, 567 = ZMR 2007, 960 bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft von Mietern, ebenso LG Berlin ZMR 2002, 751; s. ferner Engel MietRB 2007, 326; Paschke WuM 2008, 59, 61. 2 Den beiden vorgenannten Entscheidungen lag zugrunde, dass der Vermieter den ausgezogenen Mitmieter ohne Mitwirkung des in der Wohnung verbliebenen Mieters aus dem Mietverhältnis „entlassen“ hatte, später gegenüber dem in der Wohnung verbliebenen Mieter ein Mieterhöhungsverlangen gestellt bzw. eine fristlose Kündigung ausgesprochen hatte. 3 S. auch Wiek WuM 2003, 448: Anm. zu LG Krefeld WuM 2003, 447.

1338

Mietaufhebungsvertrag

Rn. X 160

b) Inhaltliche Gestaltung – Abgeltungszahlungen Die Vertragspartein können im Rahmen der Aufhebungsvereinbarung Fragen der Vertragsabwicklung regeln.1

158

Braucht der Mieter nicht sofort zu räumen, so sollte geklärt werden, ob das Mietverhältnis bis zum Räumungstermin fortbesteht oder vorzeitig endet und eine Räumungsfrist gewährt wird. Ersteres ist für den Mieter günstiger, weil ihm die Vertragsrechte verbleiben. Ist die Vertragsaufhebung an die Bedingung geknüpft, dass der Mieter einen Mietnachfolger stellt, so ist zu regeln, ob die Bedingung schon eintritt, wenn der Mietvertrag mit diesem abgeschlossen wird, oder erst, wenn das Mietverhältnis beginnt, LG Saarbrücken WuM 1997, 37: Ist der Vermieter mit einem Mietaufhebungsvertrag unter der Bedingung einer Neuvermietung einverstanden, so erlischt der bisherige Mietvertrag erst mit dem Abschluss des Folgemietvertrages; das Risiko eines erfolgreichen Verlaufs jenes Vertrages trägt der Vermieter; ebenso LG Gießen WuM 1997, 370.

Eine klärende Vereinbarung sollte auch darüber getroffen werden, ob die Benennung eines abschlussbereiten Mietnachfolgers lediglich Voraussetzung dafür ist, dass der Mieter vorzeitig aus dem Mietverhältnis entlassen wird, oder der Vermieter verpflichtet sein soll, einen vom Mieter gestellten Nachfolger zu akzeptieren (s. auch Rn. I 228). Nur in letzterem Fall kann sich aus der grundlosen Ablehnung des Mietinteressenten durch den Vermieter dessen Schadensersatzpflicht gegenüber dem Mieter ergeben. Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter anschließend den Vertragsabschluss mit dem Nachmieter durch absprachewidrige Vertragsbedingungen (z.B. überhöhtes Mietzinsbegehren) vereitelt,

159

OLG Koblenz – Urt. v. 27.9.2001 – DWW 2002, 127 = NZM 2002, 344.

Bei Klauseln, durch die sich der Vermieter eine Pauschalabgeltung seines Verwaltungsaufwandes für die Vertragsauflösung und Neuvermietung versprechen lässt, ist danach zu unterscheiden, ob die Vereinbarung bereits im Mietvertrag enthalten oder erst aus Anlass der Verhandlungen über die Mietaufhebung getroffen worden ist.2 Die im Mietvertrag enthaltene Klausel ist als überraschend i.S. von § 305c Abs. 1 BGB (s. § 3 AGBG) gewertet und darüber hinaus für unwirksam nach §§ 307 Abs. 1, 309 Nr. 5 BGB (= §§ 9, 11 Nr. 5 AGBG) gehalten worden, weil sie dem Mieter den Nachweis abschneidet, dass dem Vermieter Kosten infolge der vorzeitigen Vertragsbeendigung überhaupt nicht oder nur in wesentlich geringerer Höhe entstanden sind (s. Rn. II 282), OLG Karlsruhe – RE v. 15.2.2000 – MDR 2000, 877 = WuM 2000, 236. 1 Lützenkirchen/Eisenhardt Anwalts-Handbuch Mietrecht J Rn. 497 f., ferner J Rn. 105– 107, K Rn. 62 (jeweils Muster), Hinz/Junker u.a. Text- und Diktathandbuch Mietrecht Rn. 11.1–11.4. 2 Emmerich/Sonnenschein/Rolfs BGB § 542 Rn. 70; Herrlein/Kandelhard BGB § 537 Rn. 31; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 29 nach § 542 BGB.

1339

160

Rn. X 161

Ordentliche Vertragsbeendigung

Dagegen ist die Formularklausel in einer Mietaufhebungsvereinbarung für wirksam gehalten worden, in der sich der Mieter verpflichtet, eine Nettomiete ohne Nachweis als Pauschalabgeltung zu zahlen, da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handele und die Höhe der Pauschale nicht als unangemessen erscheine (s. Rn. II 283), OLG Hamburg – RE v. 17.4.1990 – WuM 19900, 244 = ZMR 1990, 270.

161

Liegt die vorzeitige Vertragsbeendigung im Interesse des Vermieters, so kommt in Betracht, dass sich der Vermieter verpflichtet, an den Mieter eine Abstandszahlung zu leisten. In einem solchen Fall soll der Vermieter nicht berechtigt sein, die Vereinbarung wegen arglistiger Täuschung anzufechten, weil der Mieter bei Abschluss der Vereinbarung nicht offenbart hat, eine Ersatzwohnung in Aussicht oder bereits angemietet zu haben; es bestehe keine diesbezügliche Offenbarungspflicht des Mieters, sondern sein Verhalten liege noch im Bereich „geschickten Taktierens“, LG Braunschweig WuM 1995, 184.

Dieser Bewertung kann dann gefolgt werden, wenn der Vermieter zunächst gekündigt hat, ohne dass ein Grund in der Sphäre des Mieters vorlag, und diesen dadurch veranlasst hat, sich um eine Ersatzwohnung zu bemühen. 162

Im Zweifel gilt mit der Vereinbarung einer vom Vermieter zu leistenden Zahlung ein Aufrechnungsverbot als vereinbart, da nach den Vorstellungen der Vertragsparteien davon ausgegangen werden kann, dass der Mieter die Zahlung im Zusammenhang für seine neue Wohnung verwenden wird; ausgenommen hiervon sind aber Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen unerlaubter Handlung, LG Braunschweig WuM 1991, 674 für Räumungsvergleich, s. auch LG München I WuM 1985, 114.

Es empfiehlt sich daher, diesen Punkt ausdrücklich zu klären. Um den Mieter zu einem beschleunigten Auszug zu motivieren, ist es zweckmäßig und zulässig, den vom Vermieter zu zahlenden Abstand in zeitlicher Hinsicht abzustaffeln. 163

Haben die Parteien einen bestimmten Räumungstermin vereinbart und räumt der Mieter nicht termingemäß, so kommt es auf der Grundlage der Vereinbarung darauf an, ob der Vermieter von der Zahlungspflicht frei wird oder nicht.1 Eine Befreiung wird angenommen, wenn die Zahlung gerade für den pünktlichen Auszug vereinbart worden ist, LG Frankfurt a.M. WuM 1990, 196, LG Kassel NJW-RR 1994, 446; a.A. LG Mannheim WuM 1988, 87, 88 unter Hinweis auf § 360 BGB a.F. (= § 354 BGB).

War dagegen die Räumungspflicht des Mieters streitig und dient der Räumungsvergleich insbesondere der Erledigung dieses Streitpunktes, so bleibt der Vermieter trotz verspäteter Räumung zur Zahlung verpflichtet, LG Nürnberg-Fürth WuM 1995, 181, 182, 1 Schmidt-Futterer/Blank Rn. 31 nach § 542 BGB.

1340

Mietaufhebungsvertrag

Rn. X 166

hat jedoch ggf. einen Anspruch auf Ersatz des Verspätungsschadens. Dieser kommt bei der Wohnraummiete nur eingeschränkt zum Tragen, da § 571 Abs. 1 Satz 3 BGB auf Mietaufhebungsvereinbarungen nicht anzuwenden ist (s. Rn. XIII 133 Abs. 2). Durch den Mietaufhebungsvertrag werden bereits fällige Ansprüche oder Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht berührt. Das gilt nicht nur für Mietzahlungsansprüche, sondern auch für Schadens- oder Verwendungsersatzansprüche des Mieters oder Vermieters etwa wegen unterlassener Schönheitsreparaturen,1

164

KG – Urt. v. 10.9.1998 – NZM 1999, 462: Bei einer einvernehmlichen Mietaufhebung ist die Partei, die schuldhaft durch Zahlungsverzug dazu Anlass gegeben hat, zum Ersatz des Verzugsschadens verpflichtet.

Der Aufhebungsvereinbarung kann aber auch novierende Wirkung beigelegt werden: Vereinbaren die Parteien im Rahmen eines solchen Vertrages die vorzeitige Rückgabe der Wohnung gegen eine Abfindungszahlung des Vermieters, so soll diese Regelung beinhalten, dass der Mieter das Mietobjekt ohne Durchführung weiterer Schönheitsreparaturen zurückgeben darf, wenn die Vertragsparteien über den Zustand bei Rückgabe nichts vereinbart haben, LG Stuttgart WuM 1995, 392, s. auch LG Nürnberg-Fürth WuM 1981, 159.

Hier wird es auf die Umstände des Einzelfalls ankommen, ob aus dem Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung auf einen Anspruchsverzicht geschlossen werden kann. Dieser wird nahe liegen, wenn eine Abstandsvereinbarung nach Besichtigung der Wohnung oder gar deren Abnahme getroffen worden ist. Im Zweifel wird es Sache des Vermieters sein, sich etwaige Ansprüche vorzubehalten, wenn er sich über den Zustand der Wohnung bei Rückgabe im Unklaren ist. Der Anspruch des Mieters auf Rückgewähr der Mietkaution (s. Rn. III 190 f.) bleibt grundsätzlich von einer Aufhebungsvereinbarung und einer vereinbarten Abstandszahlung des Vermieters unberührt. In einem solchen Fall kann aber auch nicht von einem Verzicht des Vermieters auf Ansprüche, deretwegen er sich aus der Kaution hätte befriedigen können, ausgegangen werden. Es empfiehlt sich jedenfalls ein klarstellender Zusatz im Aufhebungsvertrag, etwa dass es im Übrigen bei den Rechten und Pflichten aus dem Mietverhältnis bleibt. Auch wenn der Vermieter berechtigt ist, einen angemessenen Teil der Kaution zur Sicherung etwaiger Nachzahlungsansprüche aus einer noch nicht fälligen Betriebskostenabrechnung zurückzubehalten (Rn. III 196), empfiehlt es sich, diesen Punkt klarstellend zu vereinbaren.

165

Räumt der Mieter nicht, so ist fraglich, ob durch die widerspruchslose Gebrauchsfortsetzung die Mietaufhebungsvereinbarung außer Kraft gesetzt und das Mietverhältnis gemäß § 545 BGB auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird,

166

1 Bub/Treier/Grapentin Rn. IV 287; Fischer-Dieskau/Franke BGB § 542 Anm. 27.2; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 29 nach § 542 BGB.

1341

Rn. X 167

Ordentliche Vertragsbeendigung

sofern diese Regelung nicht vertraglich ausgeschlossen ist (s. Rn. II 153). Ist Letzteres nicht schon im Mietvertrag geschehen, so wird ein stillschweigender Ausschluss aus der Aufhebungsvereinbarung geschlossen werden können. Auch wird ein treuwidriges, da widersprüchliches Verhalten vorliegen, wenn sich eine Partei auf die Rechtsfolge aus § 545 BGB beruft. Um einen Konflikt zu vermeiden, kann sich eine klarstellende Regelung empfehlen, dass bei widerspruchsloser Gebrauchsfortsetzung ein neues Mietverhältnis nicht begründet wird.1

4. Aufhebung der Beendigungstatbestände a) Rechtsgeschäftliche Aufhebung 167

Ist die Kündigung dem Empfänger wirksam zugegangen, kann sie nicht einseitig widerrufen oder zurückgenommen werden (Folge aus § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Jedoch kann in einem Widderruf oder einer Rücknahme das Angebot gesehen werden, den Vertrag fortzusetzen; der Kündigungsempfänger kann ein solches Angebot auch stillschweigend annehmen,2 LG Mannheim WuM 1978, 139.

Auf beiden Seiten ist jedoch ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein zu fordern, um eine Fortsetzungsvereinbarung anzunehmen. Der seine Kündigung Widerrufende muss das Bewusstsein haben, dass es der Zustimmung des Kündigungsempfängers bedarf, die er anstrebt. Dieser wiederum muss das Bewusstsein haben, dass durch sein als Zustimmung zu wertendes Verhalten die Kündigungswirkungen beseitigt werden sollen. 168

Ob das bisherige Vertragsverhältnis fortgesetzt oder ein neues begründet wird, hängt von folgenden Umständen ab, sofern die Vertragsparteien nichts anderes eindeutig vereinbaren: Ist das Mietverhältnis mit einer Frist gekündigt worden und einigen sie sich vor Fristablauf, so führt dies im Zweifel zu einer Fortsetzung des bisherigen Mietverhältnisses. Die Vereinbarung bedarf nicht der Form des § 550 BGB, selbst wenn die restliche Vertragszeit ein Jahr übersteigt, BGH – Urt. v. 24.6.1998 – BGHZ 139, 123 = NZM 1998, 628 = WuM 1998, 599 = ZMR 1998, 612.

Einem konkludenten Neuabschluss des Mietverhältnisses nach fristloser Kündigung durch den Mieter durch monatelange beiderseitige Erfüllung steht nicht ohne weiteres eine Klausel entgegen, wonach für die Erneuerung und Fortsetzung des Mietverhältnisses eine schriftliche Vereinbarung gefordert 1 Handelt es sich um eine Formularklausel, so schließt diese nicht aus, dass es gleichwohl infolge des Vorrangs individueller (auch schlüssiger) Vereinbarungen vor Formularregelungen zu einem neuen Mietverhältnis kommen kann, ohne dass allerdings die Automatik des § 545 BGB eingreift. 2 S. zu § 542 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 16; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 86; Staudinger/Rolfs Rn. 122.

1342

Rn. X 167

Ordentliche Vertragsbeendigung

sofern diese Regelung nicht vertraglich ausgeschlossen ist (s. Rn. II 153). Ist Letzteres nicht schon im Mietvertrag geschehen, so wird ein stillschweigender Ausschluss aus der Aufhebungsvereinbarung geschlossen werden können. Auch wird ein treuwidriges, da widersprüchliches Verhalten vorliegen, wenn sich eine Partei auf die Rechtsfolge aus § 545 BGB beruft. Um einen Konflikt zu vermeiden, kann sich eine klarstellende Regelung empfehlen, dass bei widerspruchsloser Gebrauchsfortsetzung ein neues Mietverhältnis nicht begründet wird.1

4. Aufhebung der Beendigungstatbestände a) Rechtsgeschäftliche Aufhebung 167

Ist die Kündigung dem Empfänger wirksam zugegangen, kann sie nicht einseitig widerrufen oder zurückgenommen werden (Folge aus § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Jedoch kann in einem Widderruf oder einer Rücknahme das Angebot gesehen werden, den Vertrag fortzusetzen; der Kündigungsempfänger kann ein solches Angebot auch stillschweigend annehmen,2 LG Mannheim WuM 1978, 139.

Auf beiden Seiten ist jedoch ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein zu fordern, um eine Fortsetzungsvereinbarung anzunehmen. Der seine Kündigung Widerrufende muss das Bewusstsein haben, dass es der Zustimmung des Kündigungsempfängers bedarf, die er anstrebt. Dieser wiederum muss das Bewusstsein haben, dass durch sein als Zustimmung zu wertendes Verhalten die Kündigungswirkungen beseitigt werden sollen. 168

Ob das bisherige Vertragsverhältnis fortgesetzt oder ein neues begründet wird, hängt von folgenden Umständen ab, sofern die Vertragsparteien nichts anderes eindeutig vereinbaren: Ist das Mietverhältnis mit einer Frist gekündigt worden und einigen sie sich vor Fristablauf, so führt dies im Zweifel zu einer Fortsetzung des bisherigen Mietverhältnisses. Die Vereinbarung bedarf nicht der Form des § 550 BGB, selbst wenn die restliche Vertragszeit ein Jahr übersteigt, BGH – Urt. v. 24.6.1998 – BGHZ 139, 123 = NZM 1998, 628 = WuM 1998, 599 = ZMR 1998, 612.

Einem konkludenten Neuabschluss des Mietverhältnisses nach fristloser Kündigung durch den Mieter durch monatelange beiderseitige Erfüllung steht nicht ohne weiteres eine Klausel entgegen, wonach für die Erneuerung und Fortsetzung des Mietverhältnisses eine schriftliche Vereinbarung gefordert 1 Handelt es sich um eine Formularklausel, so schließt diese nicht aus, dass es gleichwohl infolge des Vorrangs individueller (auch schlüssiger) Vereinbarungen vor Formularregelungen zu einem neuen Mietverhältnis kommen kann, ohne dass allerdings die Automatik des § 545 BGB eingreift. 2 S. zu § 542 BGB: MünchKomm/Schilling Rn. 16; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 86; Staudinger/Rolfs Rn. 122.

1342

Aufhebung der Beendigungstatbestände

Rn. X 170

wird; denn die Parteien können das Schriftformerfordernis – auch schlüssig – abbedingen, OLG Düsseldorf – Urt. v. 25.10.2001 – DWW 2001, 1125 = NZM 2001, 1125 = ZMR 2002, 46.

Einigen sich die Parteien erst nach Ablauf der Kündigungsfrist oder nach Ausspruch einer fristlosen Kündigung darauf, das Mietverhältnis fortzusetzen, so handelt es sich um einen Neuabschluss, für den die Schriftform gemäß § 550 BGB gewahrt werden muss, wenn er noch für eine längere Zeit als ein Jahr laufen soll, BGH – Urt. v. 24.6.1998 – BGHZ 139, 123 = NZM 1998, 628 = WuM 1998, 599 = ZMR 1998, 612.

b) Widerspruchslose Gebrauchsfortsetzung Die Regelung in § 545 BGB entspricht derjenigen in § 568 BGB. Eine inhaltliche Veränderung hat der Reformgesetzgeber nicht beabsichtigt.1 Daher kann auf die bisherige Rspr. zurückgegriffen werden. Die Regelung ist für alle in Betracht kommenden Beendigungstatbestände zu beachten, auch für Mietaufhebungsvereinbarungen (s. aber Rn. II 153)2 oder Kündigungen des Mieters. Das Mietverhältnis wird auch i.S. von § 545 fortgesetzt, wenn der Untermieter des (selbst kündigenden) Mieters das Mietobjekt auch noch nach Ende der Laufzeit des Hauptmietverhältnisses nutzt,

169

OLG Köln – Urt. v. 23.9.2005 – OLGReport Düsseldorf 2005, 697 = MietRB 2006, 96 (Leo).

Dagegen kommt die Regelung nicht zum Tragen, wenn ein Räumungstitel vorliegt, ein gerichtlicher Räumungsvergleich abgeschlossen worden ist oder dem Mieter eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO oder Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gewährt wird.3 Das schließt nicht aus, dass es auf Grund längerer Nutzzeit und weiterer Umstände zur schlüssigen Neubegründung eines Mietverhältnisses kommen kann (s. Rn. XIV 157).4 aa) Widerspruchserklärung und Widerspruchsfrist Der Fortsetzungswiderspruch ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die bedingungsfeindlich ist, BayObLG – RE v. 1.9.1981 – NJW 1981, 2759 = WuM 1981, 253 = ZMR 1982, 16.

Des ungeachtet soll es nach h.M. genügen, wenn bei einer Personenmehrheit auf Mieter- oder Vermieterseite der Fortsetzungswiderspruch nur von einem 1 Begründung des Regierungsentwurfs Bundestags-Drucks. 14/4553 S. 44; s. dazu Haase ZMR 2002, 557. 2 S. zu § 545 BGB: Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 16; differenzierend MünchKomm/ Schilling Rn. 11; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 8; a.A. Fischer-Dieskau/Franke Anm. 4.1. 3 S. zu § 545 BGB: Fischer-Dieskau/Franke Anm. 4.2; Herrlein/Kandelhard/Both Rn. 9; MünchKomm/Schilling Rn. 7. 4 S. die Rspr.-Nachweise bei Haase ZMR 2002, 557, 563 a.E., 564 f.

1343

170

Rn. X 171

Ordentliche Vertragsbeendigung

der Mieter oder Vermieter erklärt wird, während auf Empfängerseite der Zugang bei allen Mitgliedern der Vertragspartei für erforderlich gehalten wird,1 OLG Rostock – Beschl. v. 23.3.2004 – NZM 2004, 423 = WuM 2004, 470: Bei Vermietermehrheit genügt der Widerspruch eines der mehreren Vermieter zur Abwendung der stillschweigenden Vertragsverlängerung.

Zur Begründung wird angeführt, dass das Mietverhältnis nur mit allen Mietern bzw. Vermietern fortgesetzt werden könne und diese Rechtsfolge bereits durch die Erklärung nur eines Mitglieds auf Mieter- oder Vermieterseite verhindert werden könne. Das steht allerdings in Widerspruch zur Rechtsgeschäftslehre, nach der eine von einer Willenserklärung ausgelösten Rechtsfolge nur dann eintreten kann, wenn die Erklärung wirksam abgegeben wird. Betrifft die Rechtsfolge das Mietverhältnis insgesamt, so müssen nicht nur auf der Passivseite, sondern auch auf der Aktivseite alle an einer Vertragspartei Beteiligten mitwirken (s. auch Rn. X 172).2 Die Gegenmeinung kehrt demgegenüber das Verhältnis von Rechtsvoraussetzungen und Rechtsfolgen um. Bevollmächtigung ist möglich und jedenfalls auf der Empfängerseite als Passivvertretung auch formularmäßig zulässig (s. Rn. II 277), LG Aschaffenburg WuM 1994, 691.

171

Der Fortsetzungswiderspruch kann auch in einem Schriftsatz erklärt werden; zu beachten ist allerdings, dass es für die Fristwahrung auf die Zustellung beim Gegner ankommt. Die rechtzeitige Einreichung (vgl. § 167 ZPO) genügt nicht, weil die widersprechende Prozesspartei für ihre Erklärung nicht auf die Hilfe des Gerichts angewiesen ist, OLG Stuttgart – RE v. 9.3.1987 – NJW-RR 1987, 788.

Gewährt der Vermieter dem Mieter bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses eine Räumungsfrist oder eine Ziehfrist, so beginnt abweichend von § 545 Satz 2 Nr. 2 BGB die Zweiwochenfrist, binnen der der Vermieter der Gebrauchsfortsetzung widersprechen kann, erst nach Ablauf der Räumungsoder Ziehfrist, OLG Hamm – Urt. v. 12.12.1995 – DWW 1996, 162.

172

Bei einer Personenmehrheit auf Vermieterseite müssen alle Vermieter Kenntnis von der Gebrauchsfortsetzung haben, damit die Rechtsfolge der Gebrauchsfortsetzung nach § 545 BGB eintritt, BayObLG – RE v. 1.9.1981 – NJW 1981, 2759 = WuM 1981, 253 = ZMR 1982, 16.

173

Behauptet der Mieter, der Fortsetzungswiderspruch des Vermieters sei verspätet, weil dieser früher Kenntnis von der Gebrauchsfortsetzung erlangt habe, so trägt der Mieter die Beweislast für den Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Vermieters, BGH – Urt. v. 8.7.1998 – GE 1998, 1021 = WuM 1998, 549. 1 S. zu § 545 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 6; Herrlein/Kandelhard Rn. 29 f.; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 19, 20. 2 So auch Pütz WuM 2004, 531.

1344

Aufhebung der Beendigungstatbestände

Rn. X 177

In dem Bestreben, einem Beendigungstatbestand Wirkung zu verleihen, hat die Rspr. den Regelungsgehalt des § 545 BGB (§ 568 BGB a.F.) mit dem Ziel verkürzt, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses möglichst auszuschließen.

174

Daher wird der Rahmen des schlüssigen Verhaltens, das noch als Fortsetzungswiderspruch gewertet werden kann, weit gezogen. So kann der Fortsetzungswiderspruch schon darin liegen, dass der Vermieter mit der fristlosen Kündigung eine Räumungsfrist gewährt,

175

OLG München – Urt. v. 26.1.2001 – ZMR 2001, 347,

oder aber nach erfolgter Kündigung später die Räumung verlangt oder mit der Kündigung zum Ausdruck bringt, zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses nur bei der von ihm vorgeschlagenen Mieterhöhung bereit zu sein, BGH – Urt. v. 12.7.2006 – GuT 2006, 241 = NZM 2006, 699 = ZMR 2006, 763,

oder bei einem Zeitmietvertrag in der Schlusserklärung nach § 575 Abs. 2 BGB mitteilt, dass der Befristungsgrund noch fortbesteht.1 Auch ist ein konkludent erklärter Widerspruch schon dann angenommen worden, wenn der Vermieter mit der Kündigung, insbesondere in deren Begründung, erkennen lässt, das Mietverhältnis unter allen Umständen beenden zu wollen,

176

BGH – Urt. v. 16.9.1987 – MDR 1988, 225 = NJW-RR 1988, 76 = WuM 1988, 59 = ZMR 1988, 18: Der Zweck der Vorschrift (§ 568 BGB a.F. = § 545 BGB) besteht darin, Rechtsklarheit zwischen den Vertragsteilen darüber zu schaffen, ob der Vertrag fortbesteht oder nicht. Rechtsklarheit kann der Vermieter auch dadurch schaffen, dass er bereits in der Kündigungserklärung den Willen zum Ausdruck bringt, die Fortsetzung des Mietvertrages endgültig abzulehnen. Allerdings kann nicht in jeder außerordentlichen Kündigung eine Widerspruchserklärung gesehen werden. Maßgebend sind das Gewicht der Kündigungsgründe und die Bedeutung, welche der Vermieter ihnen nach dem Inhalt der Erklärung beigemessen hat. Besonders nahe liegt es, in einer auf schuldhafte Vertragsverstöße gestützten Kündigung die Ablehnung der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu sehen. Hier liegt es von vornherein fern, dass die kündigende Partei gleichwohl mit einer Verlängerung des Mietverhältnisses einverstanden sein könnte. Daher bedarf es jedenfalls dann, wenn in der Kündigung die Gründe genannt sind, aus denen die Unzumutbarkeit, den Vertrag fortzusetzen, hergeleitet wird, besonders sorgfältiger Prüfung, ob nicht bereits in der Kündigungserklärung schlüssig der Fortsetzungswiderspruch zum Ausdruck kommt.2 Ebenso OLG Rostock – Beschl. v. 23.3.2004 – NZM 2004, 423 = WuM 2004, 470; OLG Brandenburg – Urt. v. 14.11.2007 – ZMR 2008, 116, 117: Einer fristlosen Kündigung wohnt ein Fortsetzungswiderspruch zumindest dann inne, wenn darin explizit Gründe genannt werden, aus denen sich nach Auffassung des Kündigenden die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ergibt.

Zu betonen ist jedoch, dass nicht jede außerordentliche Kündigung gleichzeitig als Fortsetzungswiderspruch gewertet werden kann (BGH a.a.O.). Allen1 MünchKomm/Schilling BGB § 545 Rn. 17. 2 Zum Fall: Der Mieter war ohne Hinterlassung einer Anschrift verschwunden und hatte das Mietobjekt unerlaubt einem Dritten überlassen. Diesen wollte er dem Vermieter als neuen Vertragspartner „aufdrängen“, was Letzterer ablehnte.

1345

177

Rn. X 178

Ordentliche Vertragsbeendigung

falls aus der der Kündigung beigegebenen Begründung lässt sich der Wille, einer Fortsetzung von vornherein zu widersprechen, folgern. Hieran sind in diesem Zusammenhang strenge Anforderungen zu stellen;1 denn zum einen ist in materiell-rechtlicher Hinsicht ein rechtsgeschäftliches Erklärungsbewusstsein erforderlich, zum anderen ist in prozessualer Hinsicht zu bedenken, dass der Fortsetzungswiderspruch bzw. dessen Abbedingung zur Schlüssigkeit der Räumungsklage gehört. 178

Ferner ist in der Erhebung einer Räumungsklage ein Fortsetzungswiderspruch gesehen worden, OLG Köln – Urt. v. 12.7.1995 – DWW 1997, 120 = WM 1996, 270 = ZMR 1996, 24: Derjenige, der auf Räumung klagt, bringt damit eindeutig zum Ausdruck, dass er nunmehr auch bei Fortdauer des Gebrauchs des Mietobjekts durch den Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr hinzunehmen bereit ist.

Ist bei Ablauf der Miet- oder Pachtzeit ein Rechtsstreit auf Feststellung anhängig, dass das Miet- oder Pachtverhältnis fortbesteht, so soll im Klagabweisungsantrag der einer Verlängerung entgegenstehende Wille zum Ausdruck kommen, BGH – Urt. v. 25.1.1991 – MDR 1991, 517 = WuM 1991, 267 = ZMR 1991, 213.

179

Beiden Entscheidungen kann nicht zugestimmt werden, weil der Widerspruch eine Willenserklärung ist, die ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein voraussetzt. Insbesondere wenn die widersprechende Partei anwaltlich vertreten ist, kann vorausgesetzt werden, dass der anwaltliche Vertreter die Unterscheidung von materiell-rechtlicher und prozessualer Erklärung beachtet.

180

Während ein Widerspruch gegen die Fortsetzung des Mietverhältnisses vor Ausspruch einer Kündigung unbeachtlich ist, OLG Köln – Urt. v. 23.9.2005 – OLGReport Düsseldorf 2005, 697 = MietRB 2006, 96 (Leo),

wird – entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut – der Fortsetzungswiderspruch schon vor Beendigung des Mietverhältnisses zugelassen. Das lässt sich für die Fälle begründen, in denen der Widerspruch zur bloßen Förmelei werden würde oder die Berufung des Erklärungsempfängers auf die Unzulässigkeit einer vorfristigen Erklärung treuwidrig erschiene. Unter diesem Gesichtspunkt ist es gerechtfertigt, dass der Vermieter der Fortsetzung gleichzeitig mit der fristlosen Kündigung widersprechen kann, OLG Hamburg – RE v. 27.7.1981 – NJW 1981, 2258 = WuM 1981, 205 = ZMR 1981, 339, OLG Schleswig – RE v. 23.11.1981 – NJW 1982, 449 = WuM 1982, 65 = ZMR 1982, 144. 1 Bedenken bestehen, für die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung auf die subjektive Sicht des Kündigenden abzustellen; denn dieser wird stets von der Unzumutbarkeit überzeugt sein, da er anderenfalls nicht fristlos gekündigt hätte. Das zeigt die Entscheidung des OLG Brandenburg v. 14.11.2007 a.a.O.: Hier löste schon die Weigerung des Gewerberaummieters, einen Betrag von ca. 725 Euro an Trinkwasseranschlusskosten zu zahlen, die fristlose Kündigung aus.

1346

Aufhebung der Beendigungstatbestände

Rn. X 184

Auch lässt sich noch begründen, dass bei der ordentlichen Kündigung der Widerspruch vor Ablauf der Kündigungsfrist dann erklärt werden kann, wenn er in einem nicht nur losen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende der Mietzeit steht,

181

BayObLG – RE v. 1.9.1981 – NJW 1981, 2759 = WuM 1981, 253 = ZMR 1982, 16, ebenso BGH – Urt. v. 8.1.1969 – ZMR 1969, 124, Beschl. v. 9.4.1986 – ZMR 1986, 274, BGH – Urt. v. 16.9.1987 – MDR 1988, 225 = NJW-RR 1988, 76 = WuM 1988, 59 = ZMR 1988, 18.

Die Rspr. hat den zeitlichen Zusammenhang zunächst eng gesehen und nicht einmal dann für gegeben erachtet, wenn der Widerspruch zusammen mit einer Kündigung mit drei- oder mehrmonatiger Kündigungsfrist ausgesprochen war, LG Kassel WuM 1989, 518 (3 Monate), LG Bonn WuM 1992, 617 (6 Monate).

Der zeitliche Zusammenhang erscheint jedoch überdehnt, wenn zwischen Fortsetzungswiderspruch und Beendigung des Mietverhältnisses ein Zeitraum von 10 oder 12 Monaten liegt, so aber

182

BGH – Urt. v. 12.7.2006 – GuT 2006, 241 = NZM 2006, 699 = ZMR 2006, 763: Widerspruch zusammen mit der Kündigung und einer Kündigungsfrist von 12 Monaten (ohne Problemerörterung), OLG Düsseldorf – Urt. v. 16.4.2002 – NZM 2002, 739 = WuM 2002, 481: Widerspruch 10 Monate vor Mietende, OLG Köln – Urt. v. 10.3.2003 – WuM 2003, 465: Widerspruch zusammen mit der ordentlichen Kündigung bei 12-monatiger Kündigungsfrist.

Die Begründung für diese Auffassung ist im Wesentlichen, dass eine fristgebundene Erklärung schon vor Fristbeginn erklärt werden könne. Dies trifft in dieser Allgemeinheit nicht den Kern. Vielmehr wird es stets auf den Zweck ankommen, der mit der Fristbindung verfolgt wird, hier einen vertragslosen Zustand zu vermeiden. Dies lässt sich – vorbehaltlich der oben gemachten Einschränkungen (Rn. X 180, 181) – in der Regel erst anhand der Reaktion des Mieters auf das Räumungsverlangen beurteilen.

183

bb) Wirkungen des Widerspruchs Die widerspruchslose Gebrauchsfortsetzung nach § 545 BGB führt zur Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit. Das gilt aber nur, wenn der Mieter das Mietobjekt auf der bisherigen Vertragsgrundlage, d.h. entsprechend dem bisherigen Mietvertrag nutzt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 12.7.1990 – DWW 1990, 272.

Das ist im Verhältnis von Mieter und Untermieter (nach gekündigtem Untermietverhältnis) nicht der Fall, wenn der bisherige Untermieter das Mietobjekt nunmehr auf Grund eines Vertrages mit dem Eigentümer als neuer Hauptmieter nutzt, OLG Düsseldorf – Urt. v. 29.7.1993 – ZMR 1993, 521.

1347

184

Rn. X 185

Ordentliche Vertragsbeendigung

Der Untermieter soll diesen Umstand allerdings gegenüber seinem (bisherigen Unter-)Vermieter erklären müssen; anderenfalls soll die Fortsetzungsfiktion des § 545 BGB eingreifen und der bisherige Untermieter zur Zahlung von Nutzungsentschädigung verpflichtet bleiben, OLG Düsseldorf – Urt. v. 4.6.1992 – DWW 1992, 366 = MDR 1993, 45.1

Die letztere Entscheidung steht zu den vorher zitierten im Widerspruch; sie berücksichtigt nicht, dass es schon objektiv an einer Gebrauchsfortsetzung i.S. von § 545 BGB fehlt. 185

Dem unterbliebenen Fortsetzungswiderspruch und der sich daran anknüpfenden Vertragsfortsetzung kommt eine gewisse Ausschlusswirkung zu: Wird eine fristlose Kündigung hierdurch unwirksam, so soll es dem Vermieter versagt sein, eine neue Kündigung wegen desselben Grundes auszusprechen, AG Tempelhof-Kreuzberg MDR 1988, 146 im Anschluss an LG Bochum MDR 1971, 56.

Das kann aber nur gelten, wenn es sich um Gründe handelt, die sich auf abgeschlossene Sachverhalte beziehen (z.B. Lärmstörungen in der Vergangenheit), nicht dagegen um fortwirkende Sachverhalte (z.B. fortbestehender Zahlungsverzug, s. § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB, Lärmstörungen bis in die Gegenwart).2 cc) Abdingbarkeit 186

Die Regelung des § 545 BGB kann – und wird – häufig formularmäßig abbedungen werden (s. Rn. II 153). Die wirksame Abbedingung schließt aber die Annahme, dass es stillschweigend zum Abschluss eines neuen Mietvertrages gekommen ist, nicht aus,3 AG Regensburg WuM 1990, 514 nach fast eineinhalbjähriger widerspruchsloser Nutzungsdauer, AG Brühl ZMR 1994 S. III Nr. 16, wenn der Vermieter erst ein Jahr nach Ablauf der Kündigungsfrist Räumungsklage erhebt.

Hierbei ist jedoch Zurückhaltung geboten, OLG Rostock – Urt. v. 29.5.2006 – NZM 2006, 584 = ZMR 2006, 692 = MietRB 2006, 289 (Hoffmann): Haben die Parteien § 545 BGB wirksam abbedungen, sind an eine stillschweigende Fortsetzung des Vertrages erhöhte Anforderungen zu stellen; denn die Parteien haben die Fiktion durch diese Norm gerade nicht in Anspruch nehmen wollen. Die Abbuchung von 3 Monatsmieten reicht für eine schlüssige Neuvereinbarung nicht aus, zumal der Mieter im Falle der Weiternutzung nach Vertragsende ohnehin Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB hätte zahlen müssen.

1 Daher soll der Untermieter seinem Untervermieter (= Hauptmieter) weiterhin den Untermietzins schulden. 2 S. zu § 545 BGB: Emmerich/Sonnenschein Rn. 10; Lammel Rn. 23; Schmidt-Futterer/ Blank Rn. 30. 3 S. dazu Haase ZMR 2002, 557, 562 f.

1348

Aufhebung der Beendigungstatbestände

Rn. X 186

Andererseits steht die mit der Abbedingung der Rechtsfolge aus § 545 BGB häufig verbundene Klausel, nach der eine Verlängerung des Mietvertrages ausdrücklich schriftlich vereinbart werden muss, einem konkludenten Neuabschluss nicht entgegen; vielmehr kann das Schriftformerfordernis auch formfrei aufgehoben werden, OLG Bremen – Urt. v. 23.8.2006 – MDR 2007, 515.

Zur konkludenten Abbedingung, wenn eine Mietaufhebungs- oder Räumungsvereinbarung geschlossen wird, s. Rn. II 166.

1349

XI. Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

1. Übersicht über den Kündigungsschutz 1

Der Gesetzgeber der Mietrechtsreform hat das bisherige System des Kündigungsschutzes für Mietverhältnisse, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sind, beibehalten. Danach benötigt der Vermieter für die ordentliche Kündigung ein berechtigtes Freimachungsinteresse (§ 573 Abs. 1 BGB, s. Rn. XI 287). Der Kündigungsschutz für Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit (s. § 564c Abs. 1 BGB a.F.) ist obsolet geworden, weil derartige Mietverhältnisse für die Wohnraummiete nicht mehr vorgesehen sind, wenn man von den Zeitmietverhältnissen i.S. von § 575 BGB (= § 564c Abs. 2 BGB a.F.) einmal absieht. Für bereits vor dem 1.9.2001 abgeschlossene Mietverträge auf bestimmte Zeit gilt die bisherige Bestandsschutzbestimmung fort (s. Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB und dazu Rn. X 108 f.).

2

Klargestellt ist, dass ein Freimachungsinteresse auch bei der außerordentlichen befristeten Kündigung des Vermieters gegeben sein muss (§ 573d Abs. 1 BGB, s. dazu Rn. XII 224, 225).1 Der Mieter kann einer ordentlichen oder außerordentlichen befristeten Kündigung nach der Sozialklausel widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen (§§ 574 f. BGB, s. Rn. XI 310). Geändert und vereinfacht wurde der Kündigungsschutz in den Fällen der Umwandlung einer Mietwohnung in Wohnungseigentum (§ 577a BGB, s. Rn. XI 247).

3

Der Kündigungsschutz gilt grundsätzlich für alle Miet- und Untermietverhältnisse über Wohnraum, für Leerwohnungen ebenso wie für möblierten Wohnraum. Für Mischmietverhältnisse gilt er jedenfalls dann, wenn der Mietzweck „Wohnen“ gegenüber der gewerblichen Nutzung zumindest gleichwertig ist (s. Rn. VI 12). Keinen Kündigungsschutz genießen die in § 549 Abs. 2 Nr. 1–3 BGB aufgeführten Mietverhältnisse (s. Rn. XI 366). Das Gleiche gilt, wenn ein Zeitmietvertrag nach § 575 BGB abgeschlossen worden ist (s. Rn. X 136). Für eine Übergangszeit bis zum 31.8.2006 war der Kündigungsschutz für Wohnraum in Ferienhäusern und Ferienwohnungen in Ferienhausgebieten (s. § 564b Abs. 7 Nr. 4 BGB a.F.) ausgeschlossen, Art. 229 § 3 Abs. 2 EGBGB. Ein geminderter Bestandsschutz dergestalt, dass der Vermieter zur Kündigung kein berechtigtes Freimachungsinteresse benötigt, der Mieter aber einer Kündigung nach der Sozialklausel widersprechen kann, besteht für sog. Einliegerwohnungen oder gleichgestellten Wohnraum nach § 573a BGB (s. Rn. XI 389) und für Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim (§ 549 Abs. 3 BGB, s. Rn. XI 384). Funktionsbedingt besteht ferner nur ein geminderter Bestands-

1 Ausgenommen ist die Kündigung des Vermieters gegenüber dem Erben nach § 564 Satz 2 BGB.

1350

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 5

schutz bei Mietverhältnissen über Werkmiet- und Werkdienstwohnungen nach §§ 576 f. BGB (s. Rn. XI 408). Der Kündigungsschutz im oben skizzierten Umfang bezieht sich auf alle Wohnungen im Anwendungsbereich des BGB. Das gilt auch für Zweitwohnungen des Mieters,

4

KG – Urt. v. 9.6.2008 – GE 2008, 925 = WuM 2008, 411 = InfoM 2008, 317.

Die früheren Beschränkungen hinsichtlich einer Eigenbedarfs- und einer Verwertungskündigung für Wohnraum, der vor dem 3.10.1990 in den neuen Bundesländern vermietet worden ist (s. § 564b Abs. 2 Nr. 2, 3 BGB a.F., § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, Art. 232 § 2 EGBGB a.F.1), sind zwischenzeitlich aufgehoben worden.2

2. Kündigungsgründe bei ordentlicher und außerordentlicher befristeter Kündigung des Vermieters Die bisherigen Kündigungsgründe, nämlich

5

– schuldhafte nicht unerhebliche Vertragsverletzung, – Eigenbedarf, – Erleiden erheblicher Nachteile infolge der Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung, – jedes andere berechtigte Freimachungsinteresse, dessen Gewicht den vorgenannten Gründen entspricht, sind in das neue Mietrecht übernommen worden. Auch die Systematik ist beibehalten worden. § 573 BGB ist dergestalt aufgebaut, dass Absatz 1 die Generalklausel und Absatz 2 die Anwendungsfälle enthält, die aber nicht abschließend sind. Die dort aufgezählten Beispiele entfalten eine Negativwirkung: Fehlt ein Tatbestandsmerkmal in einem der Beispielsfälle, so kann der restliche Tatbestand ohne Hinzutreten eines weiteren Umstandes gleichsam als Substitut kein Freimachungsinteresse gemäß der Generalklausel in Absatz 1 begründen.3 Die Kündigungsgründe in § 573 BGB können nicht über § 543 Abs. 1 BGB auf befristete Mietverhältnisse über Gewerberäume übertragen werden, OLG Dresden – Urt. v. 3.12.2002 – NZM 2003, 357 = WuM 2003, 32. 1 S. dazu die Vorauflage Rn. A 268 ff. S. 102. 2 Aufhebung der Beschränkung der Eigenbedarfskündigung durch Art. 2 Nr. 2 des MRRG v. 19.6.2001 (BGBl. I 1149, 1166), Aufhebung des Verbots der Verwertungskündigung durch Gesetz v. 31.3.2004 (BGBl. I 478). 3 Beispiel: Wertet man den beabsichtigten Abriss des Mietgebäudes nicht als wirtschaftliche Verwertung i.S. von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB (s. dazu Rn. XI 230, 305), so kann er für sich genommen auch kein Freimachungsinteresse nach § 573 Abs. 1 BGB begründen. Vielmehr muss ein weiterer Umstand hinzutreten, z.B. eine öffentliche Sanierungsplanung oder ein unverschuldeter Leerstand, der auf demografischen und sozialen Veränderungen beruht, s. hierzu Sternel WuM 2003, 243.

1351

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 5

schutz bei Mietverhältnissen über Werkmiet- und Werkdienstwohnungen nach §§ 576 f. BGB (s. Rn. XI 408). Der Kündigungsschutz im oben skizzierten Umfang bezieht sich auf alle Wohnungen im Anwendungsbereich des BGB. Das gilt auch für Zweitwohnungen des Mieters,

4

KG – Urt. v. 9.6.2008 – GE 2008, 925 = WuM 2008, 411 = InfoM 2008, 317.

Die früheren Beschränkungen hinsichtlich einer Eigenbedarfs- und einer Verwertungskündigung für Wohnraum, der vor dem 3.10.1990 in den neuen Bundesländern vermietet worden ist (s. § 564b Abs. 2 Nr. 2, 3 BGB a.F., § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, Art. 232 § 2 EGBGB a.F.1), sind zwischenzeitlich aufgehoben worden.2

2. Kündigungsgründe bei ordentlicher und außerordentlicher befristeter Kündigung des Vermieters Die bisherigen Kündigungsgründe, nämlich

5

– schuldhafte nicht unerhebliche Vertragsverletzung, – Eigenbedarf, – Erleiden erheblicher Nachteile infolge der Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung, – jedes andere berechtigte Freimachungsinteresse, dessen Gewicht den vorgenannten Gründen entspricht, sind in das neue Mietrecht übernommen worden. Auch die Systematik ist beibehalten worden. § 573 BGB ist dergestalt aufgebaut, dass Absatz 1 die Generalklausel und Absatz 2 die Anwendungsfälle enthält, die aber nicht abschließend sind. Die dort aufgezählten Beispiele entfalten eine Negativwirkung: Fehlt ein Tatbestandsmerkmal in einem der Beispielsfälle, so kann der restliche Tatbestand ohne Hinzutreten eines weiteren Umstandes gleichsam als Substitut kein Freimachungsinteresse gemäß der Generalklausel in Absatz 1 begründen.3 Die Kündigungsgründe in § 573 BGB können nicht über § 543 Abs. 1 BGB auf befristete Mietverhältnisse über Gewerberäume übertragen werden, OLG Dresden – Urt. v. 3.12.2002 – NZM 2003, 357 = WuM 2003, 32. 1 S. dazu die Vorauflage Rn. A 268 ff. S. 102. 2 Aufhebung der Beschränkung der Eigenbedarfskündigung durch Art. 2 Nr. 2 des MRRG v. 19.6.2001 (BGBl. I 1149, 1166), Aufhebung des Verbots der Verwertungskündigung durch Gesetz v. 31.3.2004 (BGBl. I 478). 3 Beispiel: Wertet man den beabsichtigten Abriss des Mietgebäudes nicht als wirtschaftliche Verwertung i.S. von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB (s. dazu Rn. XI 230, 305), so kann er für sich genommen auch kein Freimachungsinteresse nach § 573 Abs. 1 BGB begründen. Vielmehr muss ein weiterer Umstand hinzutreten, z.B. eine öffentliche Sanierungsplanung oder ein unverschuldeter Leerstand, der auf demografischen und sozialen Veränderungen beruht, s. hierzu Sternel WuM 2003, 243.

1351

Rn. XI 6 6

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Das Verständnis der Kündigungsgründe und ihre Auslegung sind durch die Rspr. des BVerfG geprägt. Infolge der Normenkontinuität ist diese Rspr. nach wie vor maßgeblich. Danach ist anerkannt, dass das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung Eigentum i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG ist, BVerfG – Beschl. v. 26.5.1993 – BVerfGE 89, 1, 5 ff. = NJW 1993, 2035 = WuM 1993, 377, BVerfG – Beschl. v. 18.10.1993 – WuM 1994, 119 = ZMR 1994, 10, BVerfG – Beschl. v. 16.1.2004 – MDR 2004, 266 = NZM 2004, 186.

7

7a

Dies erfordert im Rahmen der Kündigungsgründe eine Interessenabwägung, die zunächst dem Gesetzgeber, im konkreten Fall aber den Gerichten obliegt. Das kann dahin verstanden werden, dass diese Abwägung getrennt nach den jeweiligen Zuordnungsnormen zu erfolgen habe: nämlich das Interesse des Vermieters nach § 564b BGB a.F. (= § 573 BGB) dem Interesse des Mieters nach der Sozialklausel in § 556a BGB a.F. (= § 574 BGB) gegenüberzustellen sei. Ausgeschlossen ist aber nicht, dass bei der Bewertung des Kündigungsgrundes Umstände aus der Mietersphäre einbezogen werden können, etwa für die Frage nach der Schwere und Schuldhaftigkeit einer Pflichtverletzung des Mieters1 oder nach den Folgen einer Eigenbedarfskündigung.2 Jedenfalls ist ein vom Vermieter vorgetragener Kündigungsgrund nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darauf zu prüfen, ob er so schwer wiegt, einem Mieter die Wohnung als Mittelpunkt seiner Lebensgestaltung zu entziehen. In diesem Zusammenhang geht es nicht um das Interesse des konkreten Mieters, seine Wohnung zu behalten, sondern um das generelle Bestandsinteresse eines gedachten Mieters, an dem sich der vom Vermieter vorgetragene Kündigungsgrund messen lassen muss. Dies gilt nicht nur bei der fristlosen Kündigung, dazu BVerfG – Beschl. v. 18.10.1993 – WuM 1994, 119 = ZMR 1994, 10 für eine Kündigung nach § 553 BGB a.F., BGH – RE v. 14.7.1993 – WuM 1993, 529 = ZMR 1993, 508 für eine Kündigung wegen Überbelegung der Wohnung,

sondern in gleicher Weise für die ordentliche Kündigung, OLG Karlsruhe – RE v. 26.10.1982 – NJW 1983, 579 = WuM 1983, 9, 10 (zum Eigenbedarf): Aus dem Sinn und Zweck des § 564b BGB a.F. sowie insbesondere dem Inhalt des Begriffs des berechtigten Interesses folgt, dass das Gesetz die Kündigung nur dann gestatten will, wenn die vom Vermieter geltend gemachten Gründe hinreichend gewichtig und damit sozial vertretbar erscheinen, so dass auch unter Beachtung des generellen Mieterinteresses, von den mit einem Wohnungswechsel verbundenen Belastungen verschont zu bleiben, ein anerkennenswertes Bedürfnis an der Eigennutzung der vermieteten Wohnung zu bejahen ist. OLG Stuttgart – RE v. 24.4.1991 – WuM 1991, 330 = ZMR 1991, 260 (zum Betriebsbedarf): Bei der Prüfung des berechtigten Interesses des Vermieters an der Kündigung ist

1 So BVerfG – Beschl. v. 16.1.2004 – MDR 2004, 266 = NZM 2004, 186 zur Pflicht des Mieters, das Betreten der Wohnung durch den Vermieter oder Kaufinteressenten zu dulden (s. Rn. VII 184, 191). 2 BGH – Urt. v. 9.11.2005 – WuM 2005, 782 zur Informationspflicht des Vermieters bei Wegfall des Eigenbedarfs vor Ablauf der Kündigungsfrist (s. Rn. XI 57, 168).

1352

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 9

das gesetzgeberische Ziel der Bestandssicherung von Mietverhältnissen, d.h. das widerstreitende Interesse des Mieters an der Beibehaltung der Wohnung als Mittelpunkt seiner privaten Existenz mit zu berücksichtigen; das konkrete Interesse des Mieters kann erst im Rahmen des § 556a BGB a.F. Beachtung finden. Nach allgemeiner Ansicht muss das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ein solches Gewicht haben, dass es das generelle Interesse des Mieters an der Beibehaltung der Wohnung überwiegt. OLG Stuttgart – RE v. 11.6.1991 – MDR 1991, 1061 = WuM 1991, 379, 380 = ZMR 1991, 297 (zur Kündigung einer Genossenschaftswohnung): Es muss sich um Fälle handeln, in denen das Freimachungsinteresse des Vermieters ein so erhebliches Gewicht hat, dass es das allgemeine Interesse des Mieters an der Beibehaltung der Wohnung als Mittelpunkt der Lebensführung überwiegt.

Die gebotene Abwägung kann innerhalb der offenen Tatbestandsmerkmale wie „Erheblichkeit“ der schuldhaften Vertragsverletzung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), „Benötigen“ innerhalb des Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) oder „Angemessenheit“ innerhalb der Verwertung bzw. „Erheblichkeit“ der Nachteile (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) vorgenommen werden. Im Räumungsrechtsstreit ist das Vorbringen des Eigentümers unter jedem einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkt zu würdigen. Insbesondere darf sich bei einer Kündigung, die sowohl unter dem Aspekt des Eigenbedarfs als auch der Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung zu sehen ist, die Subsumtion nicht lediglich auf § 573 Abs. 2 BGB (§ 564b Abs.2 BGB a.F.) beschränken; vielmehr hat sich die Prüfung auch auf den generalklauselartigen Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 1 BGB (§ 564b Abs. 1 BGB a.F.) zu erstrecken,

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BVerfG – Beschl. v. 8.10.1991 – DWW 1991, 363 = WM 1991, 661 = ZMR 1992, 10.

Dafür ist allerdings kein Raum, wenn einer der Kündigungsgründe in § 573 Abs. 2 BGB deshalb nicht zum Tragen kommt, weil ein Tatbestandsmerkmal nicht verwirklicht worden ist (Rn. XI 5). a) Schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzungen des Mieters aa) Allgemeine Grundsätze Das Gewicht der Pflichtverletzung kann hinter demjenigen, das eine fristlose Kündigung rechtfertigt, zurückbleiben, BGH – Urt. v. 11.1.2006 – NZM 2006, 338 (Tz. 19) = WuM 2006, 193 = ZMR 2006, 425: Auch Pflichtverstöße von geringerem Gewicht kommen in Betracht, als dies im Rahmen des § 543 Abs. 1 BGB erforderlich ist. Es ist insbesondere nicht zu verlangen, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Umgekehrt bedeutet dies, dass der Grund für eine fristlose Kündigung auch einen Grund für eine ordentliche Kündigung abgibt, wenn es sich um eine schuldhafte Pflichtverletzung handelt. In einer neben der fristlosen Kündigung vorsorglich hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung liegt keine unzulässige bedingte Kündigung, sondern nur die Einschränkung, dass die ordentliche Kündigung erst nachrangig geprüft werden soll (s. Rn. X 18), BGH – Urt. v. 16.2.2005 – NZM 2005, 334 = WuM 2005, 250 = ZMR 2005, 356.

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Rn. XI 10 10

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Es muss sich um eine schuldhafte Pflichtverletzung handeln, an die die Maßstäbe in §§ 276, 278 BGB anzulegen sind. Insbesondere kommt es nicht nur auf ein eigenes Verschulden des Mieters an; vielmehr muss er auch im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB für das Verschulden von Erfüllungsgehilfen einstehen,1 BGH – Urt. v. 25.10.2006 – NZM 2007, 35 = WuM 2007, 24 = ZMR 2007, 103, 104 = MietRB 2007, 59, 60 (Lützenkirchen): Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf ein eigenes schuldhaftes Verhalten des Mieters ist nicht mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der Regelung wegen des in Absatz 1 geforderten berechtigten Interesses des Vermieters an der Kündigung veranlasst. Ein solches kann sich z.B. auch aus einem schuldhaften erheblichen Fehlverhalten eines in der Wohnung lebenden – und im Hinblick auf den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache als Erfüllungsgehilfen anzusehenden – Familienangehörigen des Mieters ergeben, selbst wenn den Mieter persönlich daran kein Verschulden trifft. BGH – Urt. v. 28.11.2007 – WuM 2008, 31 = ZMR 2008, 196, 198,2 s. auch OLG Köln – Urt. v. 30.10.1997 – WuM 1998, 23, 24 = ZMR 1998, 763, 766,

gegen KG – RE v. 15.6.2000 – NZM 2000, 905 = WuM 2000, 481 = ZMR 2000, 822:3 Bereits der Wortlaut des § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. (= § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) setzt voraus, dass der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt. § 278 BGB knüpft dagegen nach seinem Wortlaut daran an, dass der Schuldner nicht nur eigenes Verschulden, sondern auch das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen zu vertreten hat. Stellt das Gesetz auf ein schuldhaftes Verhalten einer bestimmten Person ab, so schließt das im Zweifel die Anwendung des § 278 BGB aus.

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Ist nur einem von mehreren Mitmietern eine nicht nur unerhebliche schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen, so müssen sich die übrigen Mitmieter dies nur im Rahmen der Zumutbarkeit für den Vermieter, das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit fortzusetzen, zurechnen lassen (s. Rn. I 75, XII 25 für die fristlose Kündigung). Eine undifferenzierte Zurechnung lässt sich noch nicht aus § 425 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB aus dem Wesen des Mietverhältnisses als eines personalbezogenen Schuldverhältnisses ableiten. Den Mieter kann allerdings der Vorwurf eigenen Verschuldens treffen, den Dritten nicht gehörig ausgewählt oder beaufsichtigt zu haben (s. Rn. XII 24). Nahe liegt, in derartigen Fällen auf den Generaltatbestand des § 573 Abs. 1 BGB (s. dazu Rn. XI 287) auszuweichen.4 Zu bedenken ist jedoch, dass auf ihn

1 Zum Fall: Fehlerhafte Rechtsberatung durch den Mieterverein. 2 Zum Fall: Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges auf Grund fehlerhafter Rechtsberatung. 3 Zum Fall: Der 17-jährige Sohn der allein erziehenden Mieterin hatte Strom gestohlen und war in fremde Keller des Mietshauses eingebrochen. Das KG verneinte einen Kündigungsgrund aus § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F., ließ den Kündigungsgrund nach § 564b Abs. 1 BGB a.F. aber ungeprüft. 4 So kommt in dem vom KG NZM 2000, 905 entschiedenen Fall infrage, auf die Unzumutbarkeit abzustellen, das Mietverhältnis fortzusetzen, weil der Hausfrieden nachhaltig gestört worden ist, ohne dass es hierbei auf ein Verschulden des Mieters ankommt.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 13

nicht zurückgegriffen werden kann, um ein fehlendes Tatbestandsmerkmal der normierten Kündigungsgründe zu kompensieren (s. Rn. XI 5). Folgende Problemfälle sind zu erwähnen:

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Einerseits ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der jeder Sanktionsausübung als Grenze innewohnt, zu beachten. Dies kommt im Gesetz dadurch zum Ausdruck, dass die Vertragsverletzung „nicht unerheblich“ sein muss, ohne dass aber die Zumutbarkeitsgrenze (s. § 543 Abs. 1 BGB) erreicht zu werden braucht. Andererseits darf der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht schematisch in der Weise angewendet werden, dass der Vermieter regelmäßig gehalten wäre, vor der Kündigung eine Leistungsklage zu erheben und ein entsprechendes Urteil durchzusetzen, BVerfG – Beschl. v. 15.3.1989 – WuM 1989, 278 = ZMR 1989, 255: Es verstößt gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot, dem wegen Zahlungsverzugs kündigenden Vermieter den Räumungsanspruch mit der Begründung zu versagen, er müsse den rückständigen Mietzins zuvor in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren gegen den Mieter geltend machen.

Die für die fristlose Kündigung ergangene Entscheidung ist auch für die ordentliche Kündigung wegen schuldhafter Pflichtverletzung zu beachten. Es müssen vielmehr alle Umstände des Einzelfalles abgewogen werden, bevor der Vermieter vorrangig auf den Weg der Leistungsklage verwiesen werden kann. Hierbei kommt es maßgeblich auf die Schwere des Vertragsverstoßes an. Das Gebot der Abmahnung ist für die fristlose Kündigung in § 543 Abs. 3 BGB enthalten, s. dazu Rn. VI 319 f. Daraus ließe sich der Umkehrschluss ziehen, dass eine Abmahnung im Falle der ordentlichen Kündigung bei schuldhafter Pflichtverletzung nicht zwingend geboten ist. Dies trifft von vornherein auf alle Fälle zu, in denen eine Abmahnung auch bei fristloser Kündigung entbehrlich ist (s. § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB). Im Übrigen wird es auf die Art der Pflichtverletzung durch den Mieter ankommen. Bei einem Dauerverhalten – z.B. einer ständig verspäteten Zahlungsweise – wird eine Abmahnung regelmäßig erforderlich sein. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit dem Gerechtigkeitsgebot entspricht es nämlich, dem Vertragsgegner die Möglichkeit einzuräumen, durch vertragsgemäßes Verhalten die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses abzuwenden.1 Der Abmahnung kommt danach Warnfunktion zu. Ist sie bei schweren Vertragsverstößen nach § 543 Abs. 3 BGB, die sogar zur fristlosen Kündigung führen, grundsätzlich geboten, so muss dies erst recht bei leichteren der Fall sein. Ihre grundsätzliche Erforderlichkeit wird nicht dadurch ausgeglichen, dass dem Kündigungsgegner immerhin eine Kündigungsfrist bleibt. Zudem spricht für das Abmahngebot der Vertrauensschutz infolge des längere Zeit passiven Verhaltens des Vermieters. Nur ausnahmsweise kann es sich auf Grund besonderer Umstände anders verhalten. Der BGH verneint das Erfordernis einer Abmahnung und leitet dies insbesondere aus dem Wortlaut der Bestimmung und den Gesetzesmaterialien sowie 1 S. Häublein ZMR 2005, 1, 6 m.w.N. in Fn. 56.

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Rn. XI 14

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

der Gesetzessystematik (Umkehrschluss aus § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB) ab; ferner verneint er hierfür im Hinblick auf das Verschuldenserfordernis einen Bedarf, und zwar auch unter praktischen Gesichtspunkten,1 BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 121 (Tz. 22 f.) = WuM 2008, 31 = ZMR 2008, 196, 197 in Anknüpfung an OLG Oldenburg – RE v. 18.7.1991 – MDR 1991, 863 = WuM 1991, 467 = ZMR 1991, 427, offen gelassen von BGH – Urt. v. 11.1.2006 – NZM 2006, 38 = WuM 2006, 193 = ZMR 2006, 425.

Gleichwohl kann die Abmahnung bedeutsam sein, wenn erst durch ihre Missachtung die Pflichtverletzung ein erhöhtes Gewicht erhält (BGH a.a.O.); das gilt erst recht, wenn sie mit einer Kündigungsandrohung versehen ist, BGH – Urt. v. 13.6.2007 – NZM 2007, 561 = WuM 2007, 570 = ZMR 2007, 686 für die fristlose Kündigung.

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Die in § 314 Abs. 3 BGB geregelte Beschränkung, dass der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat, enthält einen Anwendungsfall der Verwirkung, der auch für die Kündigung wegen schuldhafter Pflichtverletzung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gilt. Vorauszusetzen ist, dass es sich um einen abgeschlossenen Tatbestand handelt und der Kündigungsgrund nicht – auch nicht teilweise – fortbesteht oder fortwirkt (s. Rn. X 73).

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Verstöße gegen Verbote mit Erlaubnisvorbehalt sollen jedenfalls eine ordentliche Kündigung auch dann rechtfertigen, wenn der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat, diese jedoch nicht eingeholt hat, BayObLG – RE v. 26.4.1995 – WuM 1995, 378 = ZMR 1995, 301: Unterlässt es der Mieter von Wohnraum, vor der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten die Erlaubnis des Vermieters einzuholen, so verletzt er seine mietvertraglichen Pflichten. Diese Pflichtverletzung kann ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung gemäß § 564b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. (= § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) begründen, auch wenn dem Mieter gemäß § 549 Abs. 2 BGB a.F. (= § 553 Abs. 1 BGB) ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis des Vermieters zusteht. Das Bestehen eines solchen Anspruchs ist im Rahmen der Prüfung zu würdigen, ob im Einzelfall eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung vorliegt und ob der Mieter schuldhaft gehandelt hat. OLG Hamm – Beschl. v. 11.4.1997 – NJW-RR 1997, 1370 = WM 1997, 364 für fristlose Kündigung nach § 553 BGB a.F.): Steht dem Mieter gegen den Vermieter ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zu, so ändert das bis zu deren Zugang nach wohl h.M. nichts an der Vertragswidrigkeit. Eine Kündigung kann lediglich nach § 242 BGB ausgeschlossen sein.

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Hiergegen bestehen Bedenken; denn allein der Umstand, nicht gefragt worden zu sein, kann nicht mit einer Kündigung beantwortet werden, weil dies den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit außer Acht lässt. Für die fristlose Kündigung verhält es sich ohnehin anders, BayObLG – RE v. 26.10.1990 – MDR 1991, 253 = NJW-RR 1991, 461 = WuM 1991, 18 = ZMR 1991, 64 zur Aufnahme Dritter in die Wohnung, 1 Zustimmend Fischer WuM 2008, 251; dagegen kritisch Blank WuM 2008, 91; Lammel WuM 2008, 210; s. auch Looff ZMR 2008, 680.

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Rn. XI 18

s. auch BGH – Urt. v. 16.10.2005 – NZM 2006, 98 = WuM 2006, 28, 29 = ZMR 2006, 195 für den Anspruch des Vermieters auf Entfernung einer Parabolantenne.

bb) Anwendungsfälle Wie erwähnt, kann der Vermieter einen Vertragsverstoß, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde, zum Anlass nehmen, das Mietverhältnis mit ordentlicher Frist zu kündigen. Zu Vertragsverletzungen, die die fristlose Kündigung rechtfertigen können, s. Rn. XII 43 f., 74 f.

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Für den Mieter von Wohnraum besteht keine Nutzungspflicht. Der Vermieter ist daher weder zur ordentlichen noch zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn der Mieter die Räume längerfristig nicht nutzt, solange er seine Obhutspflicht nicht verletzt. Darauf, dass die Wohnung dem Markt entzogen wird, kommt es nicht an, AG Hamburg NZM 1998, 477.

Anders kann es sich auf Grund der Generalklausel in § 573 Abs. 1 BGB bei einer erheblich unterbelegten Genossenschaftswohnung verhalten, die die Genossenschaft an eine größere Familie vermieten will (s. Rn. XI 298, 299). Zur (fristlosen) Kündigung von Mietverhältnissen über Ladenräume in Einkaufszentren wegen Verletzung der Betriebspflicht s. Rn. XII 82. Überschreitungen des vertraglichen Gebrauchsrechts trotz Abmahnungen können bei erheblichem Gewicht die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ebenfalls rechtfertigen,

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LG München II ZMR 2007, 279 für unzulässige gewerbliche Nutzung der Wohnung, die über bloß gelegentliche Wohnungsnutzung hinausging.1

Schuldhafte Beschädigungen oder Gefährdungen, insbesondere auch infolge grober Verletzung von Obhutspflichten, können einen Grund für die Kündigung abgeben, LG Berlin GE 1993, 917: Verursachung von Verstopfungen der Abflussleitung durch Katzenstreu, AG Charlottenburg GE 2004, 353: Fahrlässige Verursachung von zwei Wohnungsbränden innerhalb kurzer Zeit rechtfertigen sogar die fristlose Kündigung selbst bei einem langfristigen Mietvertrag. LG Hagen DWW 2008, 180 = InfoM 2008, 316: Die Nichtbeheizung einer vom Mieter nicht mehr bewohnten Wohnung über nahezu anderthalb Jahre auch während der kalten Jahreszeit berechtigt den Vermieter wegen der Gefahr von Frostschäden, Feuchtigkeit und Schimmelbildung zur fristgemäßen Kündigung. AG Hannover WuM 2005, 767: trotz Abmahnung fortgesetztes unzureichendes Lüftungsverhalten, das zur Schimmelbildung geführt hat.

Auch das Verkommenlassen der Wohnung ist eine Vertragsverletzung, die jedenfalls eine ordentliche Kündigung rechtfertigen kann, LG Braunschweig ZMR 2007, 536: unzumutbare Geruchsbelästigungen, indem der Mieter mehrfach durch die offene Wohnungstür zum Hausflur hin lüftet; 1 Zum Fall: Der Vertragsverstoß erhielt sein besonderes Gewicht dadurch, dass der Mieter die Abmahnung durchgestrichen an den Vermieter zurücksandte.

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AG Rheine WuM 2008, 218: Verwahrlosung der Wohnung und Gestank aus derselben, obwohl der Mieter in einem Vorprozess versprochen hatte, sein Wohnverhalten zu ändern; anders LG Siegen WuM 2006, 158: schlechte Gerüche aus der Wohnung einer betagten, langjährigen Mieterin unter Hinweis auf das Toleranzgebot der Hausgemeinschaft, s. auch AG München NZM 2003, 425: keine (fristlose) Kündigung, wenn der Mieter (Messi) seine Wohnung „vermüllt“, ohne dass eine Substanzgefährdung vorliegt.

Andererseits soll die Durchführung modernisierender baulicher Maßnahmen durch den Mieter (Badumbau) selbst dann keine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung sein, wenn sie gegen den erklärten Willen des Vermieters durchgeführt worden ist und zur Beschädigung der bisher vorhandenen Einrichtung (Fliesen) geführt hat, VerfGH Berlin – Beschl. v. 13.12.2001 – GE 2003, 452: Das Eigentumsrecht des Vermieters ist nicht erheblich verletzt, wenn der Mieter eigenmächtig das Bad umbaut, so dass allein damit eine fristlose oder eine fristgerechte Kündigung nicht begründet werden kann. Die Maßnahmen haben das Bad in seiner Struktur nicht verändert und sind bei Mietende rückbaubar. Die Auffassung, eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung müsse immer schon dann bejaht werden, wenn der Mieter unberechtigt dem Vermieter gehörende Bestandteile der Mietwohnung zerstört habe, ist mit der Sozialbindung des Eigentums nicht zu vereinbaren.

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Verstöße gegen die Hausordnung (Rn. VI 286) sowie die Verletzung von Nebenpflichten werden in der Regel nicht das Gewicht haben, um eine Kündigung zu rechtfertigen, LG Mannheim WuM 1987, 320: keine Kündigung wegen Verweigerung des Zutritts von Handwerkern zur Wohnung zum vereinbarten Termin, um Reparaturen auszuführen; BVerfG – Beschl. v. 16.1.2004 – NZM 2004, 186 = MDR 2004, 266: Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis wegen angeblicher Zutrittsvereitelung, so kann er hierfür weder anführen, dass der außerhalb der mietvertraglich vereinbarten Zeiten liegende Termin (Samstag 14 Uhr) nicht eingehalten wurde, noch dass der Mieter auf die schriftliche Ankündigung eines neuen Termins nicht weiter reagiert habe. Im ersteren Fall streitet nämlich der besondere Schutz von Art. 13 I, 14 I GG gegen die Zulässigkeit einer einseitigen Terminsbestimmung außerhalb des vereinbarten Zeitraums, und im zweiten Fall ist eine Reaktionspflicht des Mieters nicht erkennbar. Schließlich ist es verfassungsrechtlich bedenklich, dass dem ungepflegten Zustand der Wohnung, der nach Ansicht des AG „für sich nicht eine Kündigung gerechtfertigt hat“, gleichwohl für die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Nichteinhaltung von Besichtigungsterminen Bedeutung beigemessen worden ist. Gänzlich unberücksichtigt ist insoweit geblieben, dass der Mieter die Wohnung 1989 in unrenoviertem Zustand übernommen hatte, in der Wohnung im Jahre 2002 schon rund 13 Jahre gelebt hat und der Vermieter noch im März 2002 bereit war, selbst Renovierungsmaßnahmen durchzuführen. LG Trier WuM 1993, 192: Auch das Nichtabschließen der Hauseingangstür zu den in der Hausordnung angegebenen Zeiten reicht jedenfalls nicht zur fristlosen Kündigung.

Bei Lärmstörungen sind Anlass, Sozialadäquanz und Toleranzgerenze zu beachten (s. Rn. VI 293). Das gilt insbesondere für Lärm durch spielende Kinder (Rn. VI 293), 1358

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 23

LG Wuppertal MietRB 2009, 34, AG Frankfurt a.M. WuM 2005, 764, AG Wiesbaden NZM 2001, 334: keine Kündigung wegen Verletzung der Treppenreinigungspflicht in einem Mehrfamilienhaus, da der Vermieter im Wege der Ersatzvornahme gegen den Mieter vorgehen könne.

Anders verhält es sich aber, wenn der Erfüllungsanspruch des Vermieters tituliert ist und eine Vollstreckung entweder scheitert oder auf Schwierigkeiten stößt,

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LG Düsseldorf ZMR 1993 S. II Nr. 9 für das Füttern von Tauben trotz Unterlassungsurteil, AG Hamburg-Blankenese WuM 1998, 286 für die Verpflichtung zur Treppenhausreinigung, s. auch LG Wiesbaden NZM 2003, 713 bei Nichtzahlung (nur) einer titulierten Miete (s. Rn. XI 29).

Hält der Mieter unerlaubt ein Tier in einem Mehrfamilienhaus, so soll eine ordentliche Kündigung auf Grund bloßer Abmahnung gerechtfertigt sein, ohne dass der Vermieter zuvor auf Unterlassung klagen müsste,

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LG Berlin ZMR 1999, 28 für unerlaubtes Halten einer Katze; anders KG – Urt. v. 18.11.2004 – WuM 2004, 721, da die Haltung von ein bis zwei Katzen heutzutage zum vertragsgemäßen Gebrauch zählt (s. Rn. VI 222), LG Hildesheim WuM 2006, 525 für unerlaubte Hundehaltung ohne Rücksicht darauf, ob vom Hund Störungen ausgehen, AG Spandau GE 2002, 670 für fristlose Kündigung, wenn der Mieter einen Kampfhund (Pitbull) hält; anders AG Frankfurt a.M. NZM 1998, 759, wenn kein Unterlassungsurteil vorausgegangen ist.

Eine Auflockerung dieser Rspr. ist jedoch auf Grund der neueren Rspr. des BGH zur Tierhaltung (s. Rn. VI 221, 223 f.) zu erwarten. Die übermäßige oder nicht artgerechte Haltung von Tieren kann ebenfalls die Kündigung begründen (s. Rn. XII 50),

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KG – Urt. v. 3.6.1991 – NJW-RR 1991, 1116 bei 14 Katzen in einer 42 qm großen Einzimmerwohnung, LG Karlsruhe NZM 2001, 891: Halten von etwa 100 frei fliegenden Vögeln in einer Zweizimmerwohnung, AG München NZM 1999, 616: Halten von 3 Schweinen, Kaninchen, Meerschweinchen, Schildkröten und Vögel auf dem Grundstück, AG Neustadt/Rbge. NZM 1999, 308 = ZMR 1998, 785: Halten von 2 Hunden, 20 Katzen, 4 Kaninchen, 2 Nymphensittichen auf dem Grundstück.

Der Anbau von Canabis in den Mieträumen rechtfertigt eine Kündigung jedenfalls dann, wenn er in einem Umfang erfolgt, der über den Eigenkonsum hinausgeht (s. Rn. XII 66),

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AG Köln WuM 2008, 595: 17 Pflanzen, 43 Blumentöpfe; anders für bloßen Eigenkonsum: AG Köln WuM 2006, 220.

Verweigert der Mieter schuldhaft die erforderliche Kooperation mit dem Vermieter, indem er den Heizkostenverteiler nicht ablesen lässt oder den Zutritt zum Zwecke des Einbaus von Kaltwasserzählern behindert und deswegen wiederholt Rechtsstreitigkeiten geführt werden mussten, wobei die Zwangs1359

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Rn. XI 24

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

vollstreckung sich als schwierig erwies, so kann der Vermieter ordentlich kündigen, AG Hamburg ZMR 2001, 625, weiter gehend AG Berlin-Mitte GE 2000, 1259: Ist der Mieter nicht bereit, ein Mindestmaß an Zusammenarbeit mit der Hausverwaltung einzuhalten, sondern ist uneinsichtig, ignoriert rechtskräftige Urteile und stellt in unangemessenem Ton Forderungen auf, so soll sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein; AG/LG Bielefeld WuM 2001, 553: bei fortgesetzter Querulanz;1 anders AG Hamburg-Blankenese/LG Hamburg ZMR 2005, 867 u.a. bei Verzögerung der Mängelbeseitigung, überhöhter Mietminderung und einer Vielzahl lästiger Prozesse.

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Unter Umständen können auch unterlassene Schönheitsreparaturen zu einer ordentlichen Kündigung führen, LG Berlin GE 1999, 1052: Eine ordentliche Kündigung ist gerechtfertigt, wenn der Mieter sich beharrlich weigert, fällige Schönheitsreparaturen auszuführen oder einen Vorschuss, zu dessen Leistung er verurteilt worden ist, zu zahlen; AG Hamburg NZM 2002, 735: Eine schuldhafte nicht unerhebliche Vertragsverletzung i.S. von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt vor, wenn der Mieter seit mehr als einem Jahrzehnt keine Schönheitsreparaturen vornehmen ließ und sich auch nicht bemüht, hierfür das Sozialamt um Hilfe zu bitten, und wenn ferner auf Grund der finanziellen Lage des Mieters bei seinem Tod nicht damit gerechnet werden kann, dass noch auf seine Kosten Schönheitsreparaturen vorgenommen werden können. Für die Kündigung ist eine Substanzverletzung nicht erforderlich; AG Münster WuM 2007, 70: Wenn der Mieter trotz Verurteilung Schönheitsreparaturen unterlässt und einen Wohnraum als Lagerraum zweckentfremdet; anders AG Hamburg Altona WuM 2000, 418: Führt der Mieter trotz Verurteilung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen während der Mietzeit diese nicht aus, so verbleibt dem Vermieter die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung. Daneben besteht nicht das Recht, das Mietverhältnis wegen Vertragsverletzungen (fristlos) zu kündigen, insbesondere wenn keine Substanzverletzung vorliegt.

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Strafanzeigen oder Beleidigungen gegenüber dem Vermieter können je nach Schwere einen Grund für eine fristlose, jedenfalls aber einen solchen für eine ordentliche Kündigung abgeben (s. auch Rn. XII 62), BVerfG – Beschl. v. 2.10.2001 – WuM 2002, 22 = NZM 2002, 61 = ZMR 2002, 255: Verfassungsrechtlich nicht bedenklich ist das Räumungsurteil auf Grund einer fristlosen Kündigung, wenn der Mieter im Streit um die Berechnung der Kostenmiete leichtfertig dem Vermieter eine Betrugsabsicht unterstellt und Strafanzeige erstattet hat, anstatt zunächst auf dem Zivilrechtsweg eine Klärung zu versuchen. LG Mannheim NZM 2000, 543: Die Kündigung des Vermieters ist begründet, sofern die unrichtige Anzeige des Mieters nur bezweckt, den Vermieter anzuschwärzen; anders verhält es sich, wenn der Mieter ein eigenes Interesse an der Aufklärung hat und objektive Verdachtsgründe bestehen.2

1 Zum Fall: Der Mieter „bombardierte“ den Vermieter mit 174 Schreiben über Mängelrügen innerhalb von 14 Wochen. 2 Zum Fall: Der Mieter hatte Anzeige wegen Verdachts der Schwarzarbeit von baulichen Maßnahmen in seiner Wohnung erstattet; sein Interesse an der Aufklärung begründete er mit der Befürchtung haftungsrechtlich bedeutsamer Vorkommnisse der u.U. nicht mehr greifbaren Schwarzarbeiter.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 28

Grobe Beleidigungen können selbst dann eine Kündigung rechtfertigen, wenn sie auf ein Fehlverhalten des Vermieters zurückzuführen sind (s. dazu auch Rn. XII 37, 38),

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LG Hamburg NZM 1999, 304.1

Auch wenn der Mieter den Vermieter angelogen hat, kann dies zu einer ordentlichen Kündigung führen, LG Berlin NZM 1999, 71.2

Im Gegensatz zu einer herabwürdigenden sog. Schmähkritik ergibt eine sachliche Information an Dritte, sei sie auch in einem scharfen Ton gehalten, keinen Grund zu einer (fristlosen) Kündigung, da sie vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist,3 VerfGH Berlin – Beschl. v. 22.1.2008 – NZM 2008, 517 = ZMR 2008, 605; dagegen LG Berlin GE 2004, 236.

Kündigt der Vermieter wegen Zahlungsverzugs nicht (nur) fristlos gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB, sondern auch (hilfsweise) ordentlich nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, so soll der Mieter nicht berechtigt sein, (auch) die ordentliche Kündigung durch Zahlung innerhalb der Schonfrist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam zu machen; die nachträgliche Zahlung ist nur im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob die Pflichtverletzung schuldhaft nicht unerheblich war,

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BGH – Urt. v. 16.2.2005 – NZM 2005, 334 = WuM 2005, 250 = ZMR 2005, 3564 im Anschluss an OLG Stuttgart – RE v. 28.8.1991 – WM 1991, 256 = NJW-RR 1991, 1487, OLG Karlsruhe – RE v. 19.8.1992 – WM 1992, 517 = ZMR 1992, 488.

Zur fehlenden Erheblichkeit des Verschuldens: LG Hamburg WuM 2007, 74, 709.5 Einerseits sprechen gute Gründe für die Entscheidung des BGH.6 Andererseits wäre mit nicht weniger guten Gründen eine andere Wertung möglich gewesen, die dem Paradigmenwechsel im Recht der Kündigung eher entsprochen hätte und sozial verträglicher gewesen wäre. Das MRRG hat den Tatbestand der Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis bis zur ordentlichen Beendigung fortzusetzen, an die Spitze der Kündigungsgründe gestellt (§ 543 Abs. 1 BGB). Dies erfordert eine im Gegensatz zu der weit verbreiteten und auch vom BGH vertretenen retrospektiven Wertung eine prospektive Wertung. Sie ist auch für 1 Zum Fall: Da der Vermieter doppelt gezahlte Miete nicht sogleich zurückzahlte, bezeichnete der Mieter diesen als „raffgierig, unverschämt, kriminell, dummdreist“. 2 Zum Fall: Der Mieter, der die Wohnung für ein Jahr untervermietet hat, hatte gegenüber dem Vermieter angegeben, dass es sich nur um eine kurzfristige Überlassung an einen Freund handele. 3 Zum Fall: Abwerfen von Zetteln im Treppenhaus und im Hof mit Aufschriften wie „Mieter wehren sich erfolgreich“ (gegen die Umwandlung ihrer Wohnungen in Wohnungseigentum), wodurch Kaufinteressenten über den Konflikt zwischen den Mietparteien informiert und von einem Wohnungskauf abgehalten werden sollen. 4 S. dazu die kritischen Anmerkungen von Blank WuM 2005, 252; Schläger ZMR 2005, 359. 5 S. dazu Wüstefeld WuM 2007, 313. 6 S. Börstinghaus WuM 2005, 446; Hinz JR 2006, 29, 30.

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28

Rn. XI 29

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

die ordentliche Kündigung angebracht, jedenfalls dann, wenn es um den Kündigungsgrund der nicht unerheblichen Pflichtverletzung durch den Mieter geht. Diesem Gedanken trägt der BGH insoweit Rechnung, als er – aus seiner Argumentationslinie allerdings nicht folgerichtig – ein nachträgliches Wohlverhalten in die Tatbestandswertung einbezieht. Dieses Wohlverhalten (nachträglicher alsbaldiger Zahlungsausgleich nach Ausspruch der Kündigung) ist indes weniger ein Anzeichen geringerer Schuld als vielmehr ein Umstand, der in die Zumutbarkeitsabwägung einfließen muss. Wenn schon der Mieter die fristlose Kündigung durch nachträgliches Wohlverhalten unwirksam machen kann, so muss ihm dies bei der ordentlichen Kündigung erst recht möglich gemacht werden. Es handelt sich schließlich um einen identischen Lebenssachverhalt, und es erscheint – losgelöst von dogmatischen Fragen – nicht gerechtfertigt, dem Vermieter die Möglichkeit zu eröffnen, die Schonfristregelung um den Preis einer etwas längeren Kündigungsfrist1 zu unterlaufen. Die sozialen Auswirkungen der von der Rspr. eröffneten Möglichkeit liegen nahe: Öffentliche Stellen werden weniger bereit sein, Mietrückstände zu übernehmen, wenn nicht mehr die Gewähr gegeben ist, hierdurch dem Mieter die Wohnung zu erhalten und Obdachlosigkeit zu vermeiden.2 Die analoge Anwendung der Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB würde auch ausschließen, dass sich der Kündigungsgrund perpetuiert. 29

Selbst ein Verzug mit Mietzahlungen, die unterhalb der in § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB geregelten Schwelle liegen, soll zur fristlosen Kündigung jedenfalls dann ausreichen, wenn der Rückstand tituliert ist, ohne dass der Mieter befugt sein soll, die Kündigung durch sofortige Zahlung unwirksam zu machen, LG Wiesbaden NZM 2003, 713.

Liegt ein besonderer Grund wie eine Titulierung oder ein sonstiger Umstand, der befürchten lässt, der Mieter werde sich weiterhin um seine Pflichten „herumdrücken“, nicht vor, so wird zugrunde zu legen sein, dass der Gesetzgeber den Interessen des Vermieters durch den Kündigungstatbestand in § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB hinreichend Rechnung getragen hat und allein ein Verzug mit einem geringeren Betrag, als dort geregelt, jedenfalls bei der Wohnraummiete zur ordentlichen Kündigung nicht ausreicht.3 30

Zahlungssäumigkeit bildet nicht nur einen Grund für die fristlose Kündigung (s. Rn. XII 174 f.), sondern erst recht für die ordentliche Kündigung, BGH – Urt. v. 11.1.2006 – NZM 2006, 338 = WuM 2006, 193 = ZMR 2006, 425 = MietRB 2006, 211 (Junker), ferner BGH – Urt. v. 23.9.1987 – NJW-RR 1988, 77 = WuM 1988, 125 (II 2).

Wie dort kommt es auch hier auf ein Verschulden des Mieters an. Der für die verzugsbedingte Kündigung geltende Grundsatz „Geld muss man haben“ kommt in diesem Zusammenhang nicht zum Tragen. So kann eine wirtschaftliche Notlage des Mieters ein Verschulden ausschließen, 1 Der Anwendung der Sozialklausel stünde § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen. 2 Darauf weisen zutreffend Blank WuM 2005, 253 und Schläger ZMR 2005, 359 Sp. 2 hin. 3 Ebenso Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 23.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 31a

BGH – Urt. v. 16.2.2005 – WuM 2005, 250, 251 = ZMR 2005, 356 (II 2d, cc), BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 121 = WuM 2008, 31 = ZMR 2008, 196, 197 Tz. 18.

Andererseits kann sich der Mieter nicht darauf berufen, dass er regelmäßig erst zur Monatsmitte seine Bezüge erhält; hierauf muss er sich – abgesehen von einer Übergangszeit – einstellen, BGH – Urt. v. 11.1.2006 – NZM 2006, 425 = WuM 2006, 193 = ZMR 2006, 525 = MietRB 2006, 211 (Junker).

Zwar wird auch hier § 278 BGB anzuwenden sein, wenn man der Auffassung des BGH folgt (s. Rn. XI 10). Liegt der Zahlungsverzug allein im Verantwortungsbereich des Sozialamts, so ist zu berücksichtigen, dass der Mieter regelmäßig keinen Einfluss auf den Behördenbetrieb hat, so dass ihm ein Verschulden der Behörde nicht anzulasten ist, KG – RE v. 11.12.1997 – NZM 1998, 110 = WuM 1998, 85 = ZMR 1998, 159.

Jedenfalls wird bei einem Fehler der öffentlichen Stelle (Sozialamt oder Agentur) die Erheblichkeit der Pflichtverletzung zu verneinen sein, wenn der Mieter alles Zumutbare getan hat, um die pünktlichen Zahlungen durch die Behörde zu bewirken. Das wird voraussetzen, dass ihm deren Säumigkeit bekannt ist. Die Nichtzahlung von (titulierten) Nebenkosten – sei es als Vorauszahlung, sei es als Nachzahlung – kann ebenfalls als Kündigungsgrund gewertet werden,

31

BGH – Urt. v. 25.10.2006 – NZM 2007, 35 = WuM 2007, 24 = ZMR 2007, 103, 104 für Betriebskostenvorauszahlungen, wenn die Höhe der Rückstände auch eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs rechtfertigen würde; BGH – Urt. v. 28.11.2007 – NZM 2008, 121 = WuM 2008, 31 = ZMR 2008, 196, 197 Tz. 18 u.a. für erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen, OLG Koblenz – RE v. 26.7.1984 – WuM 1984, 269, 271 = ZMR 1984, 351 für titulierte Betriebskostennachzahlungen, die den Betrag von zwei Monatsmieten überstiegen; s. auch LG Karlsruhe NZM 2004, 137: wenn der Mieter mit mehreren Abrechnungssalden im Verzug ist, deren Höhe insgesamt etwa 10 Monatsmieten entspricht; AG Geldern/LG Kleve WuM 1996, 37: wenn der Mieter entgegen der vertraglichen Verpflichtung nicht die anteiligen Kosten für Heizung von insgesamt zwei Monatsmieten entrichtet und der Vermieter deshalb dreimal das Mahnverfahren bis zum Vollstreckungsbescheid betreiben muss.

Dabei kommt es auf die Höhe des geschuldeten Betrages und den Anlass der Nichtzahlung an. In diesem Zusammenhang soll auch zu berücksichtigen sein, dass es der Vermieter in der Hand hatte, sich durch Vereinbarung höherer Vorauszahlungen zu schützen (OLG Koblenz a.a.O.). Entsprechend verhält es sich bei der Nichtleistung der Mietsicherheit auch bei Wohnraummietverhältnissen,1 1 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 29; zur (fristlosen) Kündigung von Mietverhältnissen über Gewerberäume bei Nichtleistung der Kaution s. Rn. XII 80.

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31a

Rn. XI 32

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

vgl. LG Itzehoe WuM 1992, 608, LG Bielefeld WuM 1992, 124, 125 bei besonderem Sicherungsbedürfnis des Vermieters, LG Köln WuM 1993, 605: kein Grund zur (fristlosen) Kündigung.

32

Zur Darlegungslast gilt: Im Kündigungsschreiben muss der Vermieter die Kündigungsgründe grundsätzlich nach Ort, Zeit und Umständen präzisieren (LG Berlin WuM 2003, 208, s. Rn. X 56 f.). Handelt es sich um mehrfache gleichartige Pflichtverstöße, so soll es ausreichen, dass der Vermieter die Umstände – nicht die Zeitangaben – mit der bloßen Wendung „erneutes Fehlverhalten“ umreißt, LG Leipzig NZM 2004, 138 bei Zutrittsverweigerungen.

Das wird allenfalls bei Tatbeständen ausreichen, die weitgehend frei von subjektiven Wertungen sind (also nicht bei behaupteten Störungen wegen Lärms oder Gerüchen). Die prozessuale Darlegungslast bleibt hiervon ohnehin unberührt. Für die (fristlose) Kündigung wegen Zahlungssäumigkeit muss der Vermieter die Zahlungseingänge der maßgeblichen vergangenen Monate aufführen, damit der Mieter weiß, von welchem Sachverhalt der Vermieter ausgeht. Das ist aber bei einfacher Sachlage nicht geboten, insbesondere wenn die Zahlungseingänge nicht im Streit sind, BGH – VIII ZR 364/04 – Urt. v. 11.1.2006 – NZM 2006, 338 = WuM 2006, 193 = ZMR 2006, 425 = MietRB 2006, 211 (Junker).

b) Eigenbedarf aa) Leitlinien der Rspr. des BVerfG und des BGH zum Begriff des Eigenbedarfs 33

Die Rspr. des BVerfG zeigt den verfassungsrechtlichen Rahmen auf, innerhalb dessen der Begriff „Eigenbedarf“ interpretiert werden darf.1 Sie bezieht sich auf die Prüfung, ob die im Gesetz auf verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollzogen worden ist, die den beiderseitigen Eigentumsschutz von Vermieter und Mieter in Art. 14 Abs. 1 GG beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet. Dagegen ist sie nicht auf die einfachrechtliche Auslegung des Begriffs „Eigenbedarf“ ausgerichtet. Zu jener Auslegung grenzt sie sich vielmehr durch bloße Willkürkontrolle ab, die gemäß Art. 3 Abs. 1 GG geboten ist. Das bedeutet, dass nur überprüft wird, ob die Rechtsanwendung durch die Fachgerichte unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr rechtlich vertretbar ist, so dass sich der Schluss aufdrängt, die gerichtliche Entscheidung beruhe auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen; dafür reicht eine bloße (mögliche) fehlerhafte Rechtsanwendung nicht aus – selbst wenn eine andere Entscheidung näher gelegen hätte, 1 S. auch Roellecke NJW 1992, 1649: Das Mietrecht des BVerfG; Sonnenschein NJW 1993, 161: Die Rspr. des BVerfG zum Mietrecht; Gather DWW 1994, 97: Das Mietrecht im Spiegel der jüngsten höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rspr.; Lammel NJW 1994, 3320: Die Rspr. des BVerfG zur Eigenbedarfskündigung.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 35

BVerfG – Beschl. v. 7.4.1992 – MDR 1992, 870 = WuM 1992, 416 = ZMR 1992, 287,1 BVerfG – Beschl. v. 26.5.1993 – BVerfGE 89, 1, 5 f. = MDR 1993, 728 = NJW 1993, 2035 = WuM 1993, 377 = ZMR 1993, 405,2 BVerfG – Beschl. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 659 = WuM 1999, 449 = ZMR 1999, 531, BVerfG – Beschl. v. 18.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 2006, 300 zur Rspr. des BGH, den nach Ablauf der Kündigungsfrist weggefallenen Eigenbedarf nicht zugunsten des Mieters zu berücksichtigen (s. Rn. XI 57, 168): Eine grundsätzliche Verkennung von Bedeutung und Reichweite der auch das Besitzrecht des Mieters schützenden Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 89, 1 [5 ff., 9] kann darin nicht gesehen werden; s. auch BVerfG – Beschl. v. 7.5.2001 – NZM 2001, 706.

Demgegenüber ist die Rspr. des BGH für die einfachrechtliche Auslegung des Begriffs „Eigenbedarf“ maßgebend. Auch wenn die Rechtsentscheid-Bindung des § 541 ZPO a.F. nicht mehr besteht, ergibt sich die Bindung der unteren Gerichte aus der Pflicht, im Falle einer abweichenden Auffassung die Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, um eine einheitliche Rspr. zu sichern.

34

aaa) Zur Rspr. des BVerfG Zum Begriff „Eigenbedarf“ hat das BVerfG ausgeführt, dass zur Substanz des Eigentums die Selbstnutzung durch den Eigentümer nach dessen Willen und Lebensplanung gehört. Eine Gesetzesauslegung, die diesen Willen des Vermieters nicht respektiert, ist mit Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Der Entschluss bzw. Wunsch des Vermieters ist nicht unbeschränkt nachzuprüfen. In die Lebensplanung des Vermieters dürfen die Gerichte nicht eingreifen, so dass sie den Entschluss, die vermietete Wohnung selbst zu nutzen, grundsätzlich zu akzeptieren haben. Wohl aber sind die Gerichte befugt zu prüfen, ob die Durchsetzung des Wunsches im Einzelfall gerechtfertigt ist. Dies soll nach objektiven Kriterien erfolgen. Maßstab ist dabei der Missbrauch, dessen Grenzen das BVerfG weit zieht, wie etwa – bei Vorhandensein einer Alternativwohnung, sofern nicht der Vermieter trotzdem wichtige Gründe für die Herausgabe der gekündigten Wohnung hat, – wesentlich überhöhter Eigenbedarf oder – mangelnde Eignung der Wohnung für das Vermieterinteresse, BVerfG – Urt. v. 14.2.1989 – BVerfGE 79, 292 = NJW 1989, 970 = WuM 1989, 114. 1 Zum Fall: Der Vermieter begründete den Eigenbedarf damit, die Wohnung des Mieters zu beziehen und sie mit einer anderen freien Wohnung zu verbinden. Das LG Frankfurt a.M. (DWW 1992, 116) verneinte den Eigenbedarf, weil keine Zweckentfremdungsgenehmigung vorliege. Dieser bedurfte es aber gar nicht, weil sich die Nutzung zu Wohnzwecken nicht änderte. 2 Zum Fall: Das Fachgericht hatte einen Eigenbedarf der pflegebedürftigen Vermieterin bejaht, da die einen Stock höher liegende Wohnung der Mieterin für die Pflegeperson besser geeignet sei als die von der Pflegeperson nebenan bewohnte Wohnung, auch wenn der Wegeunterschied zeitlich kaum ins Gewicht falle. Das BVerfG hielt die Verfassungsbeschwerde der Mieterin für unbegründet.

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35

Rn. XI 36 36

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Die vom Vermieter vorgetragenen Umstände für sein Freimachungsinteresse sind von den Gerichten unter allen einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen; das Gericht darf sich nicht auf den vom Vermieter eingenommenen rechtlichen Blickwinkel beschränken. Wird z.B. wegen einer Eigenbedarfskündigung geklagt, so muss der Kündigungsgrund auch nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB (= § 564b Abs.1 BGB a.F.) geprüft werden, BVerfG – Beschl. v. 8.10.1991 – BVerfGE 84, 366 = NJW 1992, 105 = WuM 1991, 661.

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Dem Selbstnutzungswunsch auf Grund eigener Lebensplanung kommt danach tragende Bedeutung zu. Wiederholt hat das BVerfG hervorgehoben, dass es den Fachgerichten versagt ist, in die Lebensplanung des Vermieters einzugreifen, sondern sie diese respektieren müssen. So darf der Vermieter nicht darauf verwiesen werden, dass er seinen Raumbedarf durch Umbaumaßnahmen in seinem Haus decken könnte, BVerfG – Beschl. v. 31.1.1994 – WuM 1994, 183, s. auch BVerfG – Beschl. v. 28.5.1993 – NJW 1993, 2166 = WuM 1993, 134, BVerfG – Beschl. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 659 = WuM 1999, 449 = ZMR 1999, 531.

38

Dabei verwischen sich „Bedarf“ und „Wunsch“, die herausverlangte Wohnung zu beziehen: So hat es das BVerfG im Einzelfall ausreichen lassen, dass der Vermieter, der mit seinem Ersparten Eigentum erworben hat, deshalb kündigt, „weil er Herr seiner eigenen vier Wände“ und „nicht mehr Mieter“ sein will,1 BVerfG – Beschl. v. 11.11.1993 – WuM 1993, 729 = ZMR 1994, 208, BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – NJW 1994, 310 = ZMR 1994, 59,

oder weil er Wohn- und Arbeitsstätte im selben Haus haben will, um dort auch Geschäftspartner in wohnlicher Atmosphäre bewirten zu können und seiner Nichte Wohnraum zu überlassen, BVerfG – Beschl. v. 30.6.1994 – WuM 1994, 450,

oder er einen Raum für das Sammeln antiker Möbel sowie einen Arbeitsraum beansprucht, BVerfG – Kammerbeschl. v. 4.8.1993 – NJW 1993, 1358 = WuM 1994, 126 = ZMR 1993, 507.

39

Das BVerfG hat klargestellt, dass das vom Vermieter beanspruchte Selbstnutzungsinteresse „notwendigerweise“ auf seine Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen ist. Gegen die für die einfachrechtliche Anwendung des Gesetzes maßgebende Formel des BGH (RE v. 20.1.1988 – BGHZ 103, 91 = NJW 1988, 904), der Vermieter müsse vernünftige und nachvollziehbare Gründe für seinen Nutzungswunsch anführen können, bestünden keine verfas1 Dieser Selbstnutzungswunsch kommt aber nur zum Tragen, wenn der Vermieter das Mietobjekt zum Zwecke des Bewohnens erworben hat. Hat er dagegen vermietet oder ist er in ein Mietverhältnis nach § 566 BGB eingetreten, ohne den Eigenbedarf alsbald angemeldet zu haben, so genügt es für die Kündigung nicht, „in seinem Eigentum wohnen zu wollen“, BGH – RE v. 20.1.1988 – BGHZ 103, 91 = NJW 1988, 904 = WM 1988, 47.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 45

sungsrechtlichen Vorbehalte. Beide Entscheidungen müssten von den Fachgerichten nebeneinander beachtet werden, BVerfG – Beschl. v. 14.9.1989 – MDR 1989, 1074 = WuM 1989, 481 = ZMR 1989, 408.

Daher müssen die Fachgerichte den vom Mieter dargelegten Umständen, die gegen die Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches sprechen, nachgehen und über das Bestehen des Nutzungswillens ggf. Beweis erheben; anderenfalls wird der Justizgewährungsanspruch des Mieters (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt,

40

BVerfG – Beschl. v. 18.1.1991 – WuM 1991, 146, 147, BVerfG – Beschl. v. 30.6.1993 – NJW 1993, 2165 = WuM 1993, 380 = ZMR 1993, 409, BVerfG – Beschl. v. 13.1.1995 – WuM 1995, 140 = ZMR 1995, 150.

Wird ein Mietverhältnis gekündigt, in der eine Familie lebt, so stellt Art. 6 Abs. 1 GG keine zusätzlichen Anforderungen an die Konkretisierung des Eigenbedarfs; dem (individuellen) Interesse der Mieterfamilie ist vielmehr durch die Sozialklausel des § 556a BGB a.F. (= § 574 BGB) Rechnung zu tragen,

41

BVerfG – Beschl. v. 20.2.1995 – GE 1995, 418 = WuM 1995, 260 = ZMR 1995, 198.

Jedoch wird in derartigen Fällen dem allgemeinen Bestandsinteresse eines Mieters mit Familie besondere Beachtung zukommen (s. dazu Rn. XI 7). Kommt es bei der Abwägung der Vermieter- und Mieterinteressen im Rahmen der §§ 573 Abs. 2 Nr. 2, 574 BGB (§§ 556a, 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) darauf an, dass die eine oder die andere Mietpartei ihre Lebensplanung ändern müsste, so räumt das BVerfG dem Vermieterinteresse den Vorrang ein,

42

BVerfG – Beschl. v. 4.8.1993 – WuM 1994, 126.1

Benötigt der Vermieter nur einen Teil der Mietwohnung, so kann er sowohl mit einer Teilkündigung der Wohnung als auch mit einer Kündigung der gesamten Wohnung zur Deckung eines Teilbedarfs ausgeschlossen werden (s. dazu Rn. XI 108),

43

BVerfG – Beschl. v. 19.10.1993 – WuM 1994, 127 = ZMR 1994, 207.

Bisherige Wohnsituation des Vermieters

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Für den Eigenbedarf des Vermieters oder einer Bedarfsperson ist es nicht erforderlich, dass die bisherige Unterbringung unzureichend war (s. Rn. XI 114), BVerfG – Beschl. v. 19.3.1993 – WuM 1994, 130 = ZMR 1993, 315, BVerfG – Beschl. v. 11.11.1993 – WuM 1993, 729 = ZMR 1994, 208,2 ebenso BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – ZMR 1994, 59.

Überhöhter Bedarf

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Ein weit überhöhter Bedarf ist nur anhand objektiver Kriterien auf Grund tatsächlicher Feststellungen und einer Würdigung im Einzelfall nachprüfbar. 1 Zum Fall: Der Bedarf des Vermieters an einem Arbeitsraum und einem Raum zum Sammeln von antiken Möbeln soll Vorrang gegenüber dem Raumbedarf des Mieters als Stadtlandschaftsmaler haben. 2 Zum Fall: Erwerb einer Eigentumswohnung, um „Herr seiner eigenen vier Wände“ zu sein, s. dazu Rn. XI 38.

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Rn. XI 46

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Hierbei sind auch die Haushaltsgröße des Mieters gegenüber der Wohnungsgröße und eine künftige Bedarfsentwicklung des Vermieters – z.B. (späterer) Kinderwunsch – mit zu berücksichtigen, s. Rn. XI 152 f., BVerfG – Beschl. v. 19.3.1993 – WuM 1994, 130 = ZMR 1993, 315, BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – WuM 1994, 184 = ZMR 1994, 145.

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Künftiger Bedarf Zu beachten sind nur die gegenwärtig absehbaren Nutzungswünsche; eine Vorratskündigung braucht hingegen nicht berücksichtigt zu werden (z.B. der Fall einer künftigen, noch nicht absehbaren Familiengründung, s. Rn. XI 163, 165), BVerfG – Beschl. v. 23.8.1990 – NJW 1990, 3259 = ZMR 1990, 448.

Eine unzulässige Vorratskündigung ist aber nicht gegeben, wenn die mit der Kündigung vom Vermieter angestrebte deutliche Verbesserung der Wohnverhältnisse auch die Möglichkeit einer späteren, weiter gehenden Wohnungsnutzung als künftiges Kinderzimmer einschließt, BVerfG – Beschl. v. 19.3.1993 – WuM 1994, 130 = ZMR 1993, 315, BVerfG – Beschl. v. 20.2.1995 – WuM 1995, 260 = ZMR 1995, 198.

47

Ebenso wenig kann dem Vermieter ein überhöhter Bedarf entgegengehalten werden, wenn er den Eigenbedarf mit der beabsichtigten Eheschließung und der Verwirklichung des Kinderwunsches begründet, BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – WuM 1994, 184 = ZMR 1994, 145.

Auf eine Eheschließung kommt es allerdings nicht an; eine Konkretisierung des Kinderwunsches durch eine zur Zeit der Kündigung bereits vorliegende oder während des Räumungsrechtsstreits eintretende Schwangerschaft kann ebenfalls nicht vorausgesetzt werden, BVerfG – Beschl. v. 20.2.1995 – GE 1995, 418 = WuM 1995, 260 = ZMR 1995, 198.

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Vorhersehbarer Bedarf Grundsätzlich ist auf die Bedarfslage zum Zeitpunkt der Kündigung abzustellen. Dem kündigenden Eigentümer kann daher nicht entgegengehalten werden, dass er sich – Jahre vor der Kündigung – mit einer für ihn jetzt als unzureichend erkannten Wohnsituation abgefunden hatte (s. Rn. XI 158, 159). Dies gilt erst recht, wenn sich die Lebenssituation des Eigentümers gravierend verändert hat, BVerfG – Beschl. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 659 = WuM 1999, 449 = ZMR 1999, 531.

Verfassungsrechtlich ist es aber nicht zu beanstanden, dem Vermieter eine Berufung auf Eigenbedarf, der auf schon bei Vertragsabschluss vorliegende Umstände gestützt wird, zu versagen, BVerfG – Beschl. v. 19.7.1993 – WuM 1994, 132 = ZMR 1993, 505, vgl. auch BVerfG – Beschl. v. 19.10.1993 – WuM 1994, 127 = ZMR 1994, 207.

49

Geht es allerdings darum, ob der Vermieter einen absehbaren Bedarf schon bei Abschluss des Mietvertrages hätte berücksichtigen können, so darf von ihm nicht eine Lebensplanung verlangt werden, die er bei Vermietung der Woh1368

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 52

nung an den Mieter noch nicht hätte vorzunehmen brauchen. Der Abschluss eines Zeitmietvertrages kann ihm nicht angesonnen werden, wenn der Begründung der Befristung entgegengehalten werden könnte, sie beruhe auf bloßer Spekulation, BVerfG – Beschl. v. 19.7.1993 – WuM 1994, 132 = ZMR 1993, 505.

Änderung der Bedarfslage

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Hat der Vermieter die Eigenbedarfskündigung damit begründet, die herausverlangte Wohnung zusammen mit seiner Lebensgefährtin beziehen zu wollen und fällt diese als Bedarfsperson weg, so darf das Fachgericht bei Wegfall dieser Person nicht zugrunde legen, dass ein Alleinbedarf des Vermieters zur Kündigung ausreicht. Vielmehr wäre zu prüfen, ob der verbleibende Wohnbedarf des Vermieters auch ohne Räumung der Mietwohnung befriedigt werden kann, BVerfG – Beschl. v. 30.6.1993 – NJW 1993, 2165 = WuM 1993, 380 = ZMR 1993, 409.

Die einfachrechtliche Wertung, dass der nachträgliche Wegfall des Eigenbedarfs nicht zugunsten des Mieters zu berücksichtigen ist, wenn er erst nach Ablauf der Kündigungsfrist eingetreten ist, soll verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein, BVerfG – Kammerbeschl. v. 18.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 300.

Dem kann nicht gefolgt werden; denn die zugrunde liegende materiell-rechtliche Wertung beruht auf einer grundsätzlichen Verkennung des EigenbedarfsTatbestandes (s. Rn. XI 58, 59) und verletzt damit die den Mietbesitz schützende Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Alternativwohnung

51

Der Vermieter kann auf ein Alternativobjekt nur verwiesen werden, wenn der von ihm selbst bestimmte Wohnbedarf darin ohne wesentliche Abstriche verwirklicht werden kann (s. auch Rn. XI 124 f.). Die Räume des Alternativobjekts müssen nach Größe, Lage und Zuschnitt geeignet sein, die vom Vermieter bestimmten Funktionen zu erfüllen. Sein Festhalten am Nutzungswunsch für die gekündigte Wohnung ist nicht missbräuchlich, wenn er hierfür vernünftige und nachvollziehbare Gründe anführen kann, insbesondere sein Wohnbedarf nicht weit überhöht ist (s. Rn. XI 115), BVerfG – Beschl. v. 7.11.1990 – NJW 1991, 158 = MDR 1991, 317 = WuM 1991, 145.

So bleibt eine im Hause leer stehende Alternativwohnung unberücksichtigt, wenn sie tatsächlich zum Bezug durch einen anderen Miteigentümer vorgesehen ist, BVerfG – Beschl. v. 7.5.2001 – NZM 2001, 706.

Das Freiwerden einer Alternativwohnung muss andererseits aber auch in einer Weise berücksichtigt werden, welche den Belangen des Mieters Rechnung trägt. Allerdings kann von Bedeutung sein, ob der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe hat, am Bezug gerade der gekündigten Wohnung festzuhalten, BVerfG – Beschl. v. 1.3.1991 – WuM 1991, 247 = ZMR 1991, 212.

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Rn. XI 53

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Ihm ist es jedenfalls verwehrt, sich allein darauf zu berufen, die an sich geeignete Alternativwohnung sei anderweitig vermietet worden, BVerfG – Beschl. v. 13.11.1990 – WuM 1990, 535 = ZMR 1991, 54.

Jedoch steht es in seiner Entscheidung, ob er eine Wohnung überhaupt dem Wohnungsmarkt zuführen will. So hat das BVerfG beanstandet, dass der Vermieter auf ein nicht geeignetes Alternativobjekt verwiesen worden sei,1 BVerfG – Beschl. v. 3.10.1989 – BVerfGE 81, 29, 343 = DWW 1990, 16 = NJW 1990, 309 = WuM 1989, 607 = ZMR 1990, 48.

53

Die Verweisung auf eine freistehende Wohnung, die er sonst gewerblich als Ferienwohnung vermiete, verletze seine Entscheidung, weitere Immobilien nicht dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen. Die Gerichte dürften sich nicht in den Entscheidungsprozess des Vermieters hineinbegeben. Daher kann er auch nicht auf eine leer stehende Wohnung verwiesen werden, die er aber nicht vermieten, sondern als Übergangswohnung seiner Ehefrau überlassen will, BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – DWW 1994, 44 = WuM 1994, 13.

Die einschränkende Auffassung des BGH, eine freiwerdende Alternativwohnung sei nur anzubieten, wenn sie sich in demselben Gebäude oder derselben Wohnanlage befinde (s. dazu Rn. XI 57), ist bisher verfassungsrechtlich noch nicht überprüft worden. 54

Nichtverwirklichung und Wegfall des Eigenbedarfs Realisiert der Vermieter den Selbstnutzungswunsch nicht innerhalb angemessener Zeit, nachdem er die Wohnung zurückerhalten hat, so indiziert das die fehlende Ernsthaftigkeit dieses Wunsches. In diesem Fall erweist sich die Eigenbedarfskündigung als unbegründet und macht den Vermieter gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig, s. Rn. XI 182, BVerfG – Beschl. v. 26.9.2001 – WuM 2002, 21 = ZMR 2002, 181.2

Die Nichtberücksichtigung des Umstandes, dass der Eigenbedarf nachträglich nach Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist, soll verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein, BVerfG – Beschl. v. 18.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 2006, 300.

Ebenso wird es sich mit der Anbietpflicht des Vermieters verhalten (s. dazu Rn. XI 57, 129, 134). Damit ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, ob die Auslegungsergebnisse des BGH zu diesen Problemkreisen zwingend sind.

1 Zum Fall: Die gekündigte Wohnung befand sich in einem Gebäude, in dem sich außerdem noch drei gewerblich vermietete Ferienwohnungen befanden, die der Vermieter jedoch nicht zur Deckung des Eigenbedarfs in Anspruch nehmen wollte. S. hierzu auch das abweichende Minderheitsvotum. 2 Zum Fall: Zwischen der Geltendmachung des Eigenbedarfs und dem Einzug des Vermieters lag ein Zeitraum von nahezu 6 Jahren. Auch unter Zubilligung einer angemessenen Frist zur Renovierung in Eigenleistung sprach diese lange Dauer gegen die Ernsthaftigkeit des Selbstnutzungswunsches.

1370

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 56

Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen bei der Begründung des Eigenbedarfs in der Kündigung s. Rn. XI 64. bbb) Zur Rspr. des BGH Nach dem Rechtsentscheid des BGH v. 20.1.1988

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BGHZ 103, 91 = NJW 1988, 904 = WM 1988, 47

reicht zur Annahme eines Eigenbedarfs die Absicht des Vermieters, in den vermieteten Räumen zu wohnen oder eine Bedarfsperson im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (= § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) wohnen zu lassen, nur aus, wenn er hierfür vernünftige Gründe hat; eine unzureichende Unterbringung des Vermieters ist nicht erforderlich. Für die Auslegung des Begriffs „berechtigtes Interesse“ knüpft der BGH an § 549 Abs. 2 BGB a.F. (jetzt § 553 Abs. 1 BGB) an. Zu dieser Bestimmung hatte der BGH zuvor schon die Auffassung vertreten, dass es nur „vernünftige“ Gründe zu sein brauchen, die einen Anspruch des Mieters auf Erlaubnis zur Drittüberlassung begründen (BGH – RE v. 3.10.1984 – BGHZ 92, 213).1 Er hat sich damit in Übereinstimmung mit dem Gesetzgeber gesehen, der eine Not- oder Zwangslage oder einen Wohnraummangel des Vermieters nicht zur Voraussetzung der Eigenbedarfskündigung gemacht habe. Die Belange des Mieters seien in diesem Zusammenhang nicht zu beachten, sondern erst im Rahmen des § 556a BGB a.F. (jetzt §§ 574 f. BGB) zu prüfen. Der BGH hat drei Beispielsfälle genannt, die einen solchen vernünftigen Grund abgeben sollen, nämlich – wenn der Vermieter sich eine Wohnung kauft, um dort seinen Altersruhesitz zu begründen, – wenn die vermietenden Eltern kündigen, um die Wohnung ihrem Kind zu überlassen, das sich sonst vom Elternhaus lösen würde, – wenn der Vermieter im eigenen Haus wohnen will, um die Heizung zu warten und das Haus verwalten zu können. Bedenken bestehen dagegen, die Parallele zu § 549 Abs. 2 BGB a.F. (= § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu ziehen. Der Begriff des berechtigten Interesses kann nicht losgelöst von der Zielrichtung, die mit diesem Interesse verfolgt wird, gesehen werden. Je einschneidender diese Zielrichtung die Sphäre des Vertragsgegners berührt, desto enger werden die Grenzen des Interesses zu definieren sein. So mag einem Interesse, das sich wie dasjenige in § 549 Abs. 2 BGB a.F. (= § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB) nur auf die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses bezieht, durchaus ein weiter gehender Raum gewährt werden als es bei einem Interesse, das auf eine Vertragsbeendigung abzielt, der Fall sein darf. Damit sind die Weichen für ein extensives Verständnis des Begriffs „Eigenbedarf“ gestellt worden. Es verwischt die Grenze zum bloßen Nutzungswunsch in § 575 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (= § 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB a.F.). 1 S. auch BGH – Urt. v. 5.11.2003 – NZM 2004, 22 = WuM 2003, 688 = ZMR 2004, 100: Aufnahme eines Lebensgefährten, BGH – Urt. v. 23.11.2005 – NZM 2006, 220 = WuM 2006, 147: wirtschaftliche Gründe.

1371

56

Rn. XI 56a 56a

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Die beabsichtigte überwiegende Nutzung einer Mietwohnung für eigene berufliche Zwecke stellt zwar keinen Eigenbedarf zu Wohnzwecken i.S. von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB dar, ist aber im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Vermieters nicht geringer zu bewerten als ein solcher und rechtfertigt die Kündigung deshalb aus § 573 Abs. 1 BGB,1 BGH – Beschl. v. 5.10.2005 – NZM 2005, 943 = WuM 2005, 779 = MietRB 2006, 92 (Krapf).

Eine sog. Vorratskündigung, der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Nutzungswunsch zugrunde liegt, ist auch nach Auffassung des BGH unzulässig, BGH – Urt. v. 18.5.2005 – NZM 2005, 580 = WuM 2005, 521 = ZMR 2005, 702.

56b

Eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft kann Wohnräume weder als „Wohnung für sich“ noch für Familien- oder Haushaltsangehörige benötigen. Eigenbedarf i.S. von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kommt bereits begrifflich nicht in Betracht, BGH – Urt. v. 23.5.2007 – MDR 2007, 1304 = NZM 2007, 639 = WuM 2007, 457 = ZMR 2007, 767.

Jedoch ist eine Kündigung wegen eines Betriebsbedarfs zu erwägen (s. dazu Rn. XI 289, 290). Andererseits kann eine GbR wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters kündigen, sofern dieser bereits bei Abschluss des Mietvertrages Gesellschafter war. Ein solcher Eigenbedarf ist der GbR nicht nur dann zuzurechnen, wenn der Gesellschafterbestand überschaubar und dem Mieter namentlich bekannt ist, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 679 = WuM 2007, 515 = ZMR 2007, 772.

57

Die neuere Rspr. vermittelt den Eindruck, dass der BGH die dogmatische Begrifflichkeit über den materiellen Kerngehalt des Kündigungsgrundes stellt. Das kommt in seiner Entscheidung zum Wegfall des Eigenbedarfs nach Ablauf der Kündigungsfrist und Anbiet- sowie Hinweispflicht des Vermieters aus diesem Anlass zum Ausdruck. So stellt er die Rechtswirkungen einseitiger Gestaltungserklärungen über den Gehalt des Eigenbedarfs. S. zur Anbietpflicht: BGH – Urt. v. 9.7.2003 – MDR 2003, 1104 = NZM 2003, 682 = WuM 2003, 463 = ZMR 2003, 665:2 Kündigt der Vermieter eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs, so hat er dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage ihm zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehende Wohnung, die vermietet werden soll, zur Anmietung anzubieten. Kommt der Vermieter dieser Anbietpflicht nicht nach, so ist die Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Nachvertragliche Treuepflichten des Vermieters gegenüber dem Mieter des Inhalts, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses noch die Anbietpflicht bestände, sind 1 Zum Fall: V. kündigte das Mietverhältnis über ein Einfamilienhaus auf Rügen, um dort sein Architektenbüro auszudehnen, durch das er zunehmend Baumaßnahmen auf Rügen betreue und wo er auch wohnen wolle. 2 Besprechungen Häublein NZM 2003, 970; Kappus NZM 2003, 657; Schumacher WuM 2004, 508; Wiek DWW 2003, 297.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 58

nicht anzuerkennen. Anderenfalls würde derjenige Mieter privilegiert, der sich bei wirksamer Kündigung trotz Ablaufs der Kündigungsfrist zu Unrecht nach wie vor in der gekündigten Wohnung aufhält. Ebenso BGH – Urt. v. 9.7.2003 – MDR 2003, 1105 = DWW 2003, 258 = NZM 2003, 681 = WuM 2003, 464 = ZMR 2003, 664. BGH – Urt. v. 4.6.2008 – NZM 2008, 642 = WuM 2008, 497 = MietRB 2008, 258. S. zur Hinweispflicht: BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NJW 2006, 220 = NZM 2006, 50 = WuM 2005, 782 = ZMR 2006, 119:1 Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, so ist dies nur dann zu berücksichtigen, wenn der Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist; in diesem Fall ist der Vermieter zu einer entsprechenden Mitteilung an den Mieter verpflichtet.

Die Anbiet- und Informationspflicht vor Ablauf der Kündigungsfrist leitet er aus einer Pflicht zur gesteigerten Rücksichtnahme auf das Besitzrecht des Mieters ab, die auf der besonderen Bedeutung der Wohnung als existentiellem Mittelpunkt des Mieters beruht. Insofern zieht er die Parallele zu der aus der gleichen Wurzel abgeleiteten Pflicht des Vermieters, dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine freiwerdende Wohnung im gleichen Haus oder in der gleichen Wohnanlage anzubieten. Eine solche Pflicht sei jedoch nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht anzuerkennen. Sie würde den allgemeinen Prinzipien des Privatrechts von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zuwiderlaufen und zu einer systemwidrigen Durchbrechung der Grundsätze über die rechtsgestaltende Wirkung von Kündigungserklärungen führen. Schließlich würde das berechtigte Interesse des Vermieters, auf die Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung vertrauen und seine Planungen danach einrichten zu können, erheblich eingeschränkt. Die Wertung des BGH erscheint auf den ersten Blick dogmatisch überzeugend: Liegt ein Kündigungsgrund vor und bleibt er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehen, so tritt die Gestaltungswirkung der Kündigung ein. Auch wenn dieses Ergebnis verfassungsrechtlich nicht beanstandet worden ist, BVerfG – Beschl. v. 18.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 2006, 306,

bestehen hiergegen Bedenken. Der Tatbestand des Eigenbedarfs ist zukunftsgerichtet: Er dient dazu, einen gegenwärtigen Bedarf künftig – d.h. nach Beendigung des Mietverhältnisses und Räumung der Wohnung – zu decken. Der Kündigungsgrund liegt nicht im bloßen Behaupten eines Eigenbedarfs, sondern in dessen Verwirklichung. Fällt er vor Ablauf der Kündigungsfrist weg, so ist die Kündigung materiell unbegründet, ohne dass man auf eine Pflicht zur Rücksichtnahme zurückgreifen muss.2 Wird eine dem Vermieter zur Verfügung stehende Wohnung während des Laufs der Kündigungsfrist frei, so wird zuerst zu prüfen sein, ob die freigewordene Wohnung geeignet ist, den

1 Zustimmend Hinz JR 2007, 473; ablehnend Timme NZM 2006, 249; s. auch Gütgemann MietRB 2006, 93. 2 Anders AG Hamburg WuM 2006, 160 für die Pflicht des Vermieters, einen Vertrag über die Aufhebung der Kündigungswirkungen anzubieten, wenn der Eigenbedarf vor Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist.

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58

Rn. XI 59

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Bedarf des Vermieters zu decken (s. Rn. XI 125). Bejaht man dies, so entfällt ebenfalls ein Tatbestandsmerkmal des Eigenbedarfs. Erst wenn die Eignung verneint wird, ist nach der Angebots- und Informationspflicht des Vermieters zu fragen. Dies lässt sich indes mit der Situation, dass der Eigenbedarf tatbestandlich vor Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist, nicht vergleichen. 59

Entfällt der Eigenbedarf erst nach Ablauf der Kündigungsfrist, so stellt sich heraus, dass die Kündigung ihren Zweck verfehlt hat. Damit ist gleichsam ihre Geschäftsgrundlage entfallen. Angesichts des auch vom BGH anerkannten hohen Stellenwerts der Wohnung läuft es dem Zweck des grundrechtlich gesicherten Bestandsschutzes zuwider, ein materiell nicht mehr begründetes Herausgabeverlangen, das ja nicht um seiner selbst willen, sondern zweckgebunden gewährt wird, weiterzuverfolgen und rechtlich zu schützen; weiter gehend ließe sich sagen: ihm überhaupt Rechtswirkungen beizumessen. Das Dilemma zukunftsorientierter Kündigungstatbestände besteht zwar darin, dass sie sich – anders als z.B. auf einen in der Vergangenheit liegenden, sanktionsbezogenen Kündigungsgrund wie eine Vertragsverletzung – erst nach der Räumung verwirklichen lassen. Das schließt jedoch eine dogmatische Aufarbeitung für den Fall des nachträglichen Wegfalls des Kündigungsgrundes (hier: des Eigenbedarfs) nicht aus.

60

So ist das vom BGH betonte Dogma, dass eine wirksame Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist das Mietverhältnis beendet, zu relativieren. Es hat seine Berechtigung dort, wo die ordentliche Kündigung von materiell-rechtlichen Gründen losgelöst erklärt werden kann oder die Kündigungsgründe sich bereits in der Vergangenheit verwirklicht haben (z.B. Pflichtverletzungen). Anders verhält es sich, wenn die Wirksamkeit der Kündigung vom Vorliegen bestimmter Gründe abhängt, deren Realisierung in der Zukunft liegt. Hier führt der Wegfall des Grundes vor Ablauf der Kündigungsfrist dazu, dass die Kündigung schlechthin keine Rechtswirkungen zu entfalten vermag, wie oben erwähnt. Fällt dagegen der Kündigungsgrund erst nach Ablauf der Kündigungsfrist weg, so erweist sich die Kündigung im Nachhinein als unbegründet und das Mietverhältnis setzt sich ebenso wie bei einer unzulässigen Kündigung nahtlos fort. Hält man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Kündigung für zunächst – d.h. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – für begründet, so kann eine aus § 241 Abs. 2 BGB abzuleitende Pflicht des Vermieters zum Angebot auf Abschluss eines Mietvertrages zu den bisherigen Bedingungen ebenso angenommen werden1 wie die aus § 242 BGB zu folgernde Rechtsmissbräuchlichkeit, den Räumungsanspruch weiter zu verfolgen.2 Dem können nicht die Prinzipien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit entgegengestellt werden. Seit jeher werden diese Prinzipien in den Fällen durchbrochen, in denen es gilt, einem Rechtsmissbrauch zu begegnen. Sie würden 1 Zu § 573 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 69, 70; Staudinger/Rolfs Rn. 112, s. auch Blank WuM 2004, 243, 245; Timme NZM 2006, 249, 251; AG Hamburg WuM 2006, 160. 2 Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 61.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 62

nur dann gefährdet, wenn es sich für den vorliegenden Fall als typische Rechtsfolge darstellen würde, dass ein Kündigungsgrund – hier der Eigenbedarf – nach Beendigung des Mietverhältnisses entfällt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall; denn der nachträgliche Wegfall des Eigenbedarfs ist – soweit forensisch feststellbar – die Ausnahme. Schon gar nicht kann von einem Rechtsmissbrauch gesprochen werden, wenn der Mieter der Kündigung nach § 574 BGB mit guten Gründen widersprochen hat.1 Umgekehrt lässt sich durch den Hinweis auf mögliche Missbrauchsfälle auf Seiten der Wohnungsmieter nahezu jede Rechtsfolge – sei es zur Rechtsverfolgung, sei es zu Rechtsverteidigung – ad absurdum führen und damit diskreditieren.2 Zu fragen bleibt auch in diesem Zusammenhang, ob ein genereller Rückgriff auf das Argument eines Rechtsmissbrauchs geboten ist, um typischen Rechtsfolgen – sei es zur Rechtsverfolgung, sei es zu Rechtsverteidigung – zu begegnen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Mieter typischerweise den berechtigten Eigenbedarf des Vermieters bestreiten und mit allen Mitteln den Räumungsrechtsstreit suchen und verzögern würden, um auf diese Weise ihren (unabweisbaren) Auszug hinauszuzögern. Diese Befürchtung, die im Einzelfall begründet sein mag, ist indes nicht typisch für das Mieterverhalten und kann daher nicht Grundlage für eine dogmatische Aussage sein.3 Vielmehr wird hierdurch die Rechtsverteidigung des Mieters diskreditiert. Bestreitet er – vielleicht mit guten Gründen – den Eigenbedarf, so wird er in die Ecke des vertragsuntreuen Mieters gestellt und soll dort bleiben, selbst wenn der Eigenbedarf sich eben nicht realisiert.

61

Schließlich überzeugt der Hinweis auf einen Vertrauensschutz zugunsten des Vermieters nicht; denn die Realisierung seines Eigenbedarfs liegt allein in seiner Sphäre. Das betrifft zunächst den Wegfall des Eigenbedarfs. Für eine andere Disposition als durch die dem Mieter angezeigte eigenbedarfsbedingte Nutzung der (geräumten) Wohnung besteht kein Vertrauensschutz. Wird eine andere geeignete Ersatzwohnung in seinem Wohnbestand frei, so wird die Entscheidungsfreiheit des Vermieters nicht berührt, in dieser Wohnung seinen Bedarf zu decken oder sie künftig nicht mehr auf dem Wohnungsmarkt zu präsentieren oder aber sie dem gekündigten Mieter anzubieten. Seine Bedarfsdeckung wird also weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht infrage gestellt. Gleichwohl legt das Gebot nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit es nahe, die Anbiet- und Informationspflicht des Vermieters zeitlich zu begrenzen. 1 So auch AnwKomm/Hinz BGB § 573 Rn. 49. 2 BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NJW 2006, 220 (II 2d) = NZM 2006, 50 = WuM 2005, 782, 785 = ZMR 2006, 119 (II 2d) = MietRB 2006, 93 (Gütgemann): Dürfte der Mieter damit rechnen, dass derartige nachträgliche Ereignisse zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären, so könnte er dazu verleitet werden, die Räumung der Wohnung mit allen Mitteln zu verzögern. 3 So auch Blank WuM 2004, 243, 245.

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62

Rn. XI 63

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Hierfür kann nicht ohne weiteres auf das Ende des Mietvertrages abgestellt werden, zumal dem Schuldrecht – insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen – nachvertragliche Pflichten nicht fremd sind.1 Die Grenze ist vielmehr anhand einer Interessenabwägung zu bestimmen. Hierfür bietet sich der Auszug des Mieters – im Falle eines Rechtsstreits erst nach Rechtskraft des Räumungsurteils und Ablauf einer Räumungsfrist – an,2 LG Hamburg WuM 2005, 134 = ZMR 2005, 127.

Dem Vermieter ist es zuzumuten, bis zu diesem Zeitpunkt die veränderte Sachlage zu offenbaren, wenn er – wie beim Wegfall des Eigenbedarfs3 – sein Ziel nicht mehr erreichen kann oder wenn ihm – wie beim Vorhandensein einer für den Mieter geeigneten Alternativwohnung – mildere Mittel zur Durchsetzung seines Ziels zu Gebote stehen. Der Mieter muss gegen sich gelten lassen, dass er durch den Auszug den Rechtsschein gesetzt hat, sich der Kündigung beugen zu wollen.4 63

Die zeitliche Begrenzung betrifft allerdings nur die Fälle, in denen der Eigenbedarf bei Ausspruch der Kündigung gegeben war und jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortbestand. War er von vornherein nur vorgeschoben oder entfiel er noch vor Ablauf der Kündigungsfrist, so lag bereits in der Kündigung bzw. im Verschweigen des Wegfalls des Bedarfs eine Vertragsverletzung, die allein schon zum Schadensersatz verpflichtet, ohne dass auf eine (nachvertragliche) Anbiet- oder Informationspflicht abzustellen ist. Hier sorgen erst die Verjährungsbestimmungen in §§ 194 f. BGB für die gebotene Rechtssicherheit.

63a

Ein Verzicht des Vermieters auf das Recht, das Wohnraummietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen (s. hierzu Rn. XI 165), bedarf – wie der gesamte Mietvertrag – gemäß § 550 Satz 1 BGB der Schriftform, wenn der Verzicht für mehr als ein Jahr gelten soll,5 BGH – Urt. v. 4.4.2007 – NZM 2007, 399 = WuM 2007, 272 = ZMR 2007, 531, ebenso LG Hamburg ZMR 2001, 895; anders LG Mannheim WuM 1977, 258 = ZMR 1978, 54.

1 Palandt/Heinrichs BGB § 241 Rn. 7; s. auch Blank WuM 2004, 243. 2 Timme NZM 2006, 249, 251; s. auch Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 62 zur Informationspflicht des Vermieters. 3 Dem steht das Vorhandensein einer zur Bedarfsdeckung geeigneten Alternativwohnung gleich. 4 Im Falle einer Räumungsvollstreckung wird er gleichsam „overruled“. 5 Ein Verstoß gegen die Form des § 550 Satz 1 BGB führt nicht zur Unwirksamkeit der formwidrigen Vereinbarung, sondern nur zur ordentlichen Kündbarkeit des Mietverhältnisses zum Ablauf des ersten Mietjahrs. Werden bestimmte Kündigungsgründe vertraglich ausgeschlossen, ohne dass die Schriftform gewahrt worden ist, so kann das mittelbar wie eine Kündigungssperre wirken. Nur im Wege der analogen Anwendung des § 550 Satz 2 BGB gelangt man dahin, dass der Erwerber an die Kündigungssperre – und damit den Ausschluss der Eigenbedarfskündigung – nicht gebunden ist.

1376

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 66

bb) Eigenbedarfsgründe in der Kündigung Zur Angabe von Gründen s. allgemein Rn. X 54 f. aaa) Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte1 Grundsätzlich ist zu beachten, dass das Begründungserfordernis einerseits dem berechtigten Informationsinteresse des Mieters dient; andererseits erfordert dies nicht eine substantiierte Darlegung der Kündigungsvoraussetzungen schon im Kündigungsschreiben. Diese muss der Vermieter erst auf Bestreiten des Mieters im Prozess nachholen. Dementsprechend ist die Feststellung, ob die Kündigung gerechtfertigt ist, nicht auf der Grundlage des Kündigungsschreibens, sondern des Prozessvorbringens zu treffen,

64

BVerfG – Kammerbeschl. v. 4.6.1998 – GE 1998, 852 = NZM 1998, 618 = WuM 1998, 463.

Danach ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nur geboten, dass die Begründung der Eigenbedarfskündigung dem Mieter die Überprüfbarkeit des Kündigungsgrundes ermöglicht. Dazu ist es ausreichend, dass sich für ihn das Vermieterinteresse an der Kündigung aus dem Schreiben erschließt und somit der in einem eventuellen Räumungsprozess zu beurteilende Sachverhalt beschränkt wird. Seine sachverhaltsrelevanten Vorkenntnisse muss der Mieter zur formellen Wirksamkeit der Kündigung gegen sich ergänzend gelten lassen, BVerfG – Beschl. v. 3.2.2003 – NZM 2003, 592 = WuM 2003, 435, BVerfG – Beschl. v. 29.5.1991 – ZMR 1991, 418: Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Fachgericht den Vermieter für verpflichtet hält, sich im Kündigungsschreiben nicht nur auf pauschale Darlegungen zu beschränken, sondern die in seiner Sphäre liegenden Gründe konkret und für den Mieter nachvollziehbar darzulegen.

Werden Anforderungen gestellt, die durch Sinn und Zweck der Begründungspflicht (s. Rn. X 56, 58) nicht gerechtfertigt, insbesondere zum Schutz des Mieters nicht erforderlich sind, so wird dadurch die Rechtsdurchsetzung des Vermieters unzumutbar erschwert. Darin liegt eine Verletzung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG,

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BVerfG – Beschl. v. 28.1.1992 – WuM 1992, 178 = ZMR 1992, 232.

Daher genügt die ausdrückliche Bezugnahme auf die Gründe in einem früheren Kündigungsschreiben, wenn sich die Sachlage seitdem nicht verändert hat, BVerfG – Beschl. v. 31.3.1992 – WuM 1993, 233 = ZMR 1992, 288, BVerfG – Beschl. v. 10.7.1992 – ZMR 1992, 430.

Zur Wahrung der nach § 568 Abs. 1 BGB gebotenen Schriftform s. Rn. X 36 f. Ferner ist das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Vermieters zu berücksichtigen, das allerdings hinter dem berechtigten Informationsbedürfnis 1 S. dazu auch Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 41.

1377

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Rn. XI 67

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

des Mieters, soweit es durch § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB gedeckt ist, zurücksteht. Letzteres rechtfertigt sich schon daraus, dass der Vermieter in einem etwaigen Räumungsrechtsstreit ohnehin alle Tatsachen, die seinen Eigenbedarf rechtfertigen, angeben muss. Das bedeutet zwar nicht, dass er die Gründe der Kündigung in einem späteren gerichtlichen Verfahren nicht mehr ergänzen dürfte, besagt jedoch, dass er sich hinsichtlich der Mitteilung von Kerntatsachen, die sein Freimachungsinteresse vernünftig und nachvollziehbar erscheinen lassen, nicht auf den Schutz seiner Privatsphäre berufen kann, s. BVerfG – Beschl. v. 28.1.1992 – WuM 1992, 178 = ZMR 1992, 232 für Angaben zu den Wohnverhältnissen des Vermieters bei Ausspruch der Kündigung.

67

Der Umfang der Begründungspflicht ergibt sich danach aus einer Interessenabwägung. Bei dieser geht es einerseits um das Eigentum des Vermieters und sein informationelles Selbstbestimmungsrecht, andererseits um das Informationsinteresse des Mieters, das zu dem ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten mietrechtlichen Besitzstand in Bezug steht. bbb) Inhalt der Begründungspflicht

68

Die Gründe müssen so konkret und ausführlich angegeben werden, dass sie auch auf ihre „Vernünftigkeit“ und „Nachvollziehbarkeit“ hin überprüft werden können und eine gerichtliche Auseinandersetzung möglichst vermieden wird,1 BayObLG – RE v. 14.7.1981 – NJW 1981, 2197 = WuM 1981, 200 = ZMR 1981, 333: Der Vermieter genügt der Begründung einer Kündigung wegen „Eigenbedarfs“, wenn er im Kündigungsschreiben die Personen angibt, für die die Wohnung benötigt wird, und einen konkreten Sachverhalt (Lebensvorgang) darlegt, auf den er das Interesse dieser Person an der Erlangung der Wohnung stützt (Kündigungsgrund). Ein nach § 564b Abs. 3 BGB a.F. zu berücksichtigender Kündigungsgrund braucht im Kündigungsschreiben nur so ausführlich bezeichnet zu sein, dass er identifiziert und von anderen Gründen (Sachverhalten, Lebensvorgängen) unterschieden werden kann. Ebenso BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 679 = WuM 2007, 515 = ZMR 2007, 772: Dem Zweck der Begründung wird im Allgemeinen genügt, wenn der Kündigungsgrund so bezeichnet wird, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Bedarfsperson und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend. BayObLG – Beschl. v. 17.12.1984 – WuM 1985, 50 = ZMR 1985, 96, s. auch LG Koblenz WuM 1990, 509, LG Köln WuM 1990, 155.

Das bezieht sich auch auf den Eigennutzungswillen des Vermieters. Selbst wenn es sich um eine innere Tatsache handelt, ist diese im Kündigungsschreiben mitzuteilen (und im Prozess darzulegen sowie zu beweisen), LG Hamburg ZMR 2004, 39.

1 Zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 161; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 321 f.; Staudinger/Rolfs Rn. 198 f.; ausführlich auch Eisenhardt MDR 2002, 1416, 1417.

1378

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 72

In diesem Zusammenhang kann differenziert werden, ob der Vermieter die Kündigung als Privatperson und juristischer Laie selbst begründet oder sich anwaltlich begründen lässt. Im ersteren Fall dürfen die Anforderungen nicht so hoch gesteckt werden,

69

AG Pinneberg ZMR 2003, 199.

Nimmt der Vermieter zur Begründung auf die Gründe in einer früheren Kündigung Bezug (vgl. Rn. X 38, XI 65), so müssen sich aus jenen eindeutig die Gründe für die neue Kündigung entnehmen lassen,

70

LG Hamburg NJW-RR 1993, 49, s. auch BVerfG – Beschl. v. 3.13.1992 – WuM 1993, 233 = ZMR 1992, 288, BVerfG – Beschl. v. 10.7.1992 – ZMR 1992, 430.

Dagegen ersetzt der Hinweis auf einen schriftsätzlichen Vortrag in einem vorangegangenen Prozess die fehlende Begründung nicht, LG Mannheim ZMR 1994, 67.

Grundsätzlich müssen die Angaben im Kündigungsschreiben mit dem späteren Prozessvortrag übereinstimmen,

71

LG Hamburg WuM 1993, 679.1

Andererseits dürfen die Anforderungen hieran nicht überspannt werden, vgl. BVerfG – Beschl. v. 15.6.1992 – NJW 1992, 2411 = WuM 1992, 417 für die Verwertungskündigung.2

Entscheidend ist, dass die sog. Kerntatsachen identisch bleiben. Wird etwa der Eigenbedarf für die gesamte Familie des Vermieters geltend gemacht, die in das Mietshaus mit sämtlichen Wohnungen einziehen soll und wird im Kündigungsschreiben die Zuteilung der Wohnungen auf die einzelnen Familienmitglieder angegeben, so ist es unschädlich, wenn sich in Bezug auf die Zuteilung später Verschiebungen ergeben, OLG Köln – Urt. v. 10.3.2003 – WuM 2003, 465 = ZMR 2004, 33.

Insbesondere kann der Vermieter den Eigenbedarf im Verlaufe des Rechtsstreits präzisieren, wenn sich der Kenntnis- und Wissenstand gegenüber demjenigen zum Zeitpunkt der Kündigung verbessert hat, BVerfG – Beschl. v. 9.2.2000 – NZM 2000, 456 = WuM 2000, 232.3 1 Zum Fall: Gekündigt worden war, weil die Tochter des Vermieters die Wohnung (allein) beziehen solle; die Tochter wollte die Wohnung jedoch nur zusammen mit einer dritten Person beziehen. Das LG verneinte die Identität der Lebenssachverhalte. Ähnlich zum umgekehrten Fall, dass der Vermieter gemäß der Kündigung die Wohnung zusammen mit seiner Lebensgefährtin, dann jedoch – nach Scheitern der Beziehung – allein bewohnen will: BVerfG – Beschl. v. 30.6.1993 – NJW 1993, 2165 = WuM 1993, 380, 381 = ZMR 1993, 409 (IV 5). 2 Unzumutbar ist die Anforderung, dass die Einschätzung des wirtschaftlichen Nachteils im Kündigungsschreiben und im Prozessvortrag übereinstimmen müssten. 3 Zum Fall: Gekündigt worden war wegen Pflegebedarf „Tag und Nacht“; im Rechtsstreit wurde sachverständig ein Pflegebedarf an mindestens 3 Stunden täglich zu verschiedenen Zeiten festgestellt. Diese Änderung ist als „Präzisierung“ unschädlich.

1379

72

Rn. XI 73 73

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Der Vermieter muss grundsätzlich seine eigene Wohnsituation im Kündigungsschreiben darstellen, BVerfG – Beschl. v. 28.1.1992 – WuM 1992, 178 = ZMR 1992, 232.

Dafür genügt nicht die Angabe, dass er zurzeit eine „wesentlich kleinere Wohnung“ als diejenige des Mieters bewohnt, LG Mannheim WuM 1996, 707.

Es sind konkrete Angaben erforderlich, die sich auf seine Wohnsituation beziehen, ohne dass aber eine besondere Beengtheit oder gar Zwangslage vorliegen müsste, LG Hamburg ZMR 2004, 39.

74

Angaben zu seiner Wohnsituation braucht der Vermieter jedoch dann nicht zu machen, wenn er den Eigenbedarf nicht auf die bisher unzureichende Unterbringung stützt, sondern die Kündigungsgründe mit seinen gegenwärtigen Wohnverhältnissen in keinem Bezug stehen, BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – ZMR 1994, 59: Kündigung, weil der Vermieter in die eigenen vier Wände einziehen und seinerseits nicht mehr Mieter sein will.

75

Beruht die Eigenbedarfskündigung auf dem mit einem Ortswechsel verbundenen Wunsch nach einem neuen Arbeitsplatz, so muss in den Kündigungsgründen substantiiert und konkret der bestehende Wunsch nach einem (neuen) Arbeitsplatz vorgetragen werden, LG Bremen WuM 1994, 209.

76

Setzt die Verwirklichung des Eigenbedarfs Umbaumaßnahmen voraus, die eine Baugenehmigung erfordern, so braucht diese bei der Kündigung noch nicht vorzuliegen, also auch nicht beigefügt zu werden, s. dazu Rn. XI 84. Das Bauvorhaben muss aber bei Ausspruch der Kündigung realisierbar sein. Um dies nachzuweisen, wird der Vermieter im Streitfall einen Bauvorbescheid beibringen müssen.

77

Entsprechend verhält es sich mit der Freistellung einer belegungsgebundenen Sozialwohnung von den Bindungen nach § 4 WoBindG, LG München II NZM 2004, 907: Ist die herausverlangte Wohnung mit öffentlichen Mitteln gefördert worden und bedarf der Bezug durch den Eigentümer der Genehmigung der zuständigen Stelle, so braucht der Freistellungsbescheid bei Ausspruch der Kündigung noch nicht vorzuliegen. Vielmehr genügt, dass eine behördliche Zusage vorliegt, nach der die Wohnung freigestellt werden wird.

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Hat der Vermieter noch weiteren Grundbesitz, so braucht er diesen in der Kündigung nur insoweit offen zu legen, als dort freie oder in absehbarer Zeit freiwerdende Alternativwohnungen vorhanden sind, durch die er seinen Bedarf decken oder die er dem Mieter zum Tausch anbieten könnte. Angesichts der eingeschränkten Anbietpflicht des Vermieters (s. Rn. XI 57, 134) werden in der Regel solche Angaben nicht verlangt werden können. Jedenfalls ist der Vermieter nicht gehalten, im Kündigungsschreiben seinen weiteren Grundbe1380

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 81

sitz offen zu legen und darzulegen, weshalb der Eigenbedarf dort nicht befriedigt werden kann,1 LG München I WuM 1996, 38, AG Pinneberg ZMR 2003, 199: Dem Vermieter ist nicht zuzumuten, schon in der Kündigungserklärung Umstände mitzuteilen, die gegen die Kündigung sprechen; anders noch LG Bielefeld WM 1993, 539; zu weitgehend auch LG München I NZM 2003, 20: Wenn schon der Vermieter in der Kündigung auf seinen weiteren Grundbesitz verweise, dann müsse er seinen gesamten Grundbesitz offen legen. Anderenfalls sei die Kündigung nicht ordnungsmäßig begründet, da der Mieter durch die unvollständigen Angaben „auf eine falsche Fährte geführt“ werde.

Soll für eine sog. Bedarfsperson gekündigt werden, so muss auch deren Bedarfslage, insbesondere deren gegenwärtige Wohnsituation in der Kündigung dargelegt werden,

79

LG Gießen WuM 1991, 39, LG Berlin GE 1995, 315 bei einer Kündigung zugunsten einer Mehrheit von Personen, LG Hamburg WuM 2007, 457.

Will der Vermieter die Wohnung einem Familienangehörigen überlassen, so muss er schon im Kündigungsschreiben das Verwandtschaftsverhältnis und die bisherigen Wohnverhältnisse der Bedarfsperson offenbaren, LG Bochum WuM 1993, 540, LG Mannheim NJW-RR 1994, 656 = ZMR 1994, 67.

Will der Vermieter einem Kind und dessen Partner die gekündigte Wohnung zur Verfügung stellen, so soll es andererseits nicht erforderlich sein, Namen und Wohnverhältnisse des Partners im Kündigungsschreiben anzugeben, LG Gießen ZMR 1994, 565; a.A. LG Hamburg NJW-RR 1992, 1364 = WuM 1993, 50.

Wird der Eigenbedarf auf eine Krankheit der Bedarfsperson gestützt, so muss deren Art angegeben werden,

80

LG Berlin MM 1995, 225.

Zur ausreichenden Begründung genügen nach bisheriger Rspr. folgende Angaben nicht, wobei allerdings der Rspr. des BVerfG nicht immer Rechnung getragen wird:2 – „Der Vermieter will die Wohnung für sich nutzen“ (LG Köln NJW-RR 1990, 250), – „Die Wohnung wird für S oder N benötigt“ (AG Frankfurt WuM 1991, 39), – „Die Wohnung wird für die 24-jährige Tochter benötigt“ (LG Göttingen NJW-RR 1990, 592), – „Wegen Eigenbedarfs der Wohnung für eine Pflegeperson“ (AG Frankfurt NJW-RR 1990, 591), – „Die Tochter ist verlobt, die Verlobten wollen zusammenziehen“ (LG Aachen WuM 1990, 302), 1 Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 163. 2 Weitere Beispiele bei Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 162.

1381

81

Rn. XI 82

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

– „Die Tochter des Vermieters will mit ihrem Partner die Wohnung beziehen“ (LG Gießen WuM 1991, 39), – die Mietwohnung des Vermieters sei diesem gekündigt worden (LG Stuttgart WuM 1995, 472), – „Die Wohnung ist erworben worden, damit der Vermieter dort einzieht“ (LG Mannheim ZMR 1990, 19, abweichend aber LG Gießen WuM 1989, 289, s. insbesondere BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – ZMR 1994, 59), – „Dringender Eigenbedarf für den Enkel“ (LG Karlsruhe WuM 1989, 384), – „Die Wohnung wird dringend für die eigene Nutzung benötigt“ (LG Berlin WuM 1988, 401), – der Vermieter bewohne eine wesentlich kleinere Wohnung als der Mieter (LG Mannheim WuM 1996, 707), – „Die Tochter des Vermieters will mit ihrem Partner die Wohnung beziehen“ (LG Gießen WM 1991, 39), – die Tochter des Vermieters bedürfe für ihre Persönlichkeitsentwicklung einer eigenen Wohnung (LG Hamburg WuM 2007, 457), – die bisherige Wohnung des Vermieters sei durch die „vielköpfige Familie völlig überbelegt“ und es herrschten „unzumutbare“ Wohnverhältnisse (LG Gießen NJW-RR 1994, 1290 = WuM 1994, 684).

cc) Anwendungsfälle 82

Die Rspr. zum Eigenbedarf ist in besonderem Maße wertungsabhängig, da der Kündigungsgrund erheblich von subjektiven Faktoren mitbestimmt wird. Hierbei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass der Kündigungsgrund nicht die bedarfsbedingte Nutzungsentscheidung des Vermieters, sondern die (künftige) Nutzungsverwirklichung ist (s. Rn. XI 60). Die Gerichte haben die Grenzen des Erlangungsinteresses des Vermieters unter den Gesichtspunkten zu prüfen, – ob der Erlangungswunsch ernsthaft verfolgt wird, – ob der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht ist, – ob die herausverlangte Wohnung geeignet ist, den Nutzungswunsch des Vermieters zu erfüllen, – ob der Wohnbedarf in einer anderen freien oder freiwerdenden Wohnung ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden kann, BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – NJW 1994, 310 = ZMR 1994, 59.

83

Angesichts der Bandbreite der hierzu vertretenen Meinungen darf nicht außer Betracht gelassen werden, dass auch im Rahmen des Eigenbedarfs eine Interessenabwägung im Rahmen der beiderseits durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Rechtsgüter vorzunehmen ist, nämlich dem Nutzungswunsch des Vermieters und dem allgemeinen Bestandsinteresse des Mieters. Das 1382

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 84

BVerfG hat wiederholt auf die Notwendigkeit dieser Abwägung hingewiesen (s. auch Rn. XI 7).1 Anschaulich hierzu sind die Ausführungen von OLG Karlsruhe – RE v. 26.10.1982 – NJW 1983, 579 = WM 1983, 9, 10: Die auf Seiten des Vermieters gegebenen Gründe müssen so erheblich sein, dass es vertretbar erscheint, das generelle Interesse des Mieters an der Erhaltung seiner Wohnung dahinter zurücktreten zu lassen. OLG Stuttgart – RE v. 24.4.1991 – WM 1991, 330 = ZMR 1991, 260: Bei der Prüfung des berechtigten Interesses des Vermieters an der Kündigung ist das gesetzgeberische Ziel der Bestandssicherung von Mietverhältnissen, d.h. das widerstreitende Interesse des Mieters an der Beibehaltung der Wohnung als Mittelpunkt seiner privaten Existenz mit zu berücksichtigen; das konkrete Interesse des Mieters kann erst im Rahmen des § 574 BGB (= § 556a BGB a.F.) Beachtung finden. Nach allgemeiner Ansicht genügt nicht jedes verständliche Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, es muss vielmehr ein solches Gewicht haben, dass es das „generelle Interesse des Mieters an der Beibehaltung der Wohnung“ (allgemeines Bestandsinteresse) überwiegt.

Es handelt sich hierbei um einen grundlegenden Wertungskonflikt, neben dem aber auch die allgemeine Wohnungsmarktsituation am Ort der Mietwohnung zu berücksichtigen ist, um die Erheblichkeit des Selbstnutzungswunsches des Vermieters zu beurteilen (LG Hamburg HmbGE 1992, 253). Ein Eigenbedarf ist zu verneinen, wenn das Nutzungsinteresse nur ein unerhebliches Gewicht hat (LG Mannheim WM 1991, 692). Andererseits kann der Bedarf zeitlich begrenzt sein (BayObLG – RE v. 23.3.1993 – NJW-RR 1993, 979 = WM 1993, 253). Das kann etwa in Betracht kommen, wenn der Vermieter die herausverlangte Wohnung nur als Zweitwohnung nutzen will, ohne hierfür einen plausiblen Grund zu haben (s. Rn. XI 98). Die nachfolgende Übersicht erstrebt keine Vollständigkeit in der Darstellung der Rspr.,2 sondern beschränkt sich auf einzelne (alphabetisch geordnete) Problemkreise.

. Bauliche Maßnahmen

84

Dem Eigenbedarf steht nicht entgegen, dass vor seiner Realisierung zunächst bauliche Maßnahmen durchgeführt werden müssen, z.B. die Zusammenlegung eines Teils der Wohnung des Vermieters mit der Mietwohnung, damit

1 BVerfG – Beschl. v. 18.1.1988 – WuM 1988, 46 = ZMR 1988, 129: Die Fachgerichte müssen bei Auslegung und Anwendung des § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB die widerstreitenden Belange (Erlangungsinteresse und Bestandsinteresse) unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu einem Ausgleich bringen. Das kann nur dadurch geschehen, dass die widerstreitenden Interessen konkret gegeneinander abgewogen werden. Eine isolierte Würdigung nur einer der beiden Seiten ist unzulässig. S. auch BVerfG – Beschl. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 659 = WuM 1999, 449 = ZMR 1999, 531. 2 S. hierzu die Übersichten bei Eisenschmid WuM 1990, 129; Harke ZMR 1991, 81; Wolf WPM 1990, 1565: Das Recht des Vermieters von Wohnraum zur Kündigung wegen Eigenbedarfs in der Rspr. des BGH und des BVerfG; Eisenhardt MDR 2002, 1416: Der Tatsachenvortrag bei Eigenbedarfskündigungen.

1383

Rn. XI 85

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

der Vermieter die von ihm genutzten Räume erreichen kann, ohne des wegen das öffentliche Treppenhaus benutzen zu müssen, BVerfG – Beschl. v. 23.12.1993 – NJW-RR 1994, 333 = WM 1994, 129 = ZMR 1994, 101.

Setzt der Selbstnutzungswunsch des Vermieters Umbaumaßnahmen voraus, für die er eine Baugenehmigung benötigt, so braucht diese bei Ausspruch der Kündigung noch nicht vorzuliegen; jedoch muss im Rahmen der Begründetheit der Kündigung geprüft werden, ob die Baumaßnahme baurechtlich verwirklicht werden kann,1 OLG Frankfurt a.M. – RE v. 25.6.1992 – NJW 1992, 2300 = WuM 1992, 421.

Ebenso wenig muss der Vermieter in der Kündigung darlegen, dass bis zum Ablauf der Kündigungsfrist das Bauvorhaben bauplanerisch umgesetzt werden kann, die behördlichen Genehmigungen vorliegen und die u.U. erforderliche Zustimmung Dritter erteilt werden wird; diese Angaben können vielmehr nachgeholt werden (anders LG Kiel WM 1992, 691). 85

Führt der Vermieter die baulichen Maßnahmen oder eine Renovierung, die im Zusammenhang mit der Deckung des Eigenbedarfs stehen sollen, nicht alsbald nach der Räumung der Wohnung aus, so kann dies gegen die Ernsthaftigkeit seines Selbstnutzungswillens zur Zeit der Kündigung führen. Maßstab für die Bemessung dieses Zeitraums kann sein, welcher Zeitaufwand objektiv erforderlich ist, um die geplanten Maßnahmen durchzuführen, BVerfG – Beschl. v. 26.9.2001 – WuM 2002, 51 = ZMR 2002, 181, großzügiger BGH – Urt. v. 18.5.2005 – NZM 2005, 580 = WuM 2005, 521 = ZMR 2005, 702: Eine berechtigte Eigenbedarfskündigung wird nicht schon dadurch unzulässig, dass die im Anschluss an die Räumung der Wohnung ausgeführten Renovierungsarbeiten sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, der die dafür normalerweise erforderliche Dauer überschreitet.2

86

Der Wunsch des Vermieters, eine Wohnung mit der darüber liegenden zusammenzulegen, kann nicht deswegen als unzureichender Grund für eine Kündigung angesehen werden, weil der hinsichtlich dieser anderen Wohnung anhängige Räumungsrechtsstreit noch nicht zu seinen Gunsten entschieden worden ist und er deshalb seinen Nutzungswunsch „derzeit“ nicht verwirklichen kann. Darin läge eine nicht mehr hinnehmbare Beschränkung des Eigentumsrechts des Vermieters nach Art. 14 Abs. 1 GG, BVerfG – Beschl. der 3. Kammer v. 26.11.1998 – WM 1999, 381.

Will der Vermieter zwei Wohnungen zu einer Wohnung zusammenlegen, um diese zu beziehen, so benötigt er zum Ausspruch der Eigenbedarfskündigung keine Zweckentfremdungsgenehmigung, weil der Wohnraum erhalten bleibt, BVerfG DWW 1992, 175 = ZMR 1992, 287 unter Aufhebung von LG Frankfurt a.M. DWW 1992, 116.

1 S. zu § 573 BGB: Schmidt-Futterer/Blank Rn. 60; Staudinger/Rolfs Rn. 102. 2 Zum Fall: Der Vermieter, der die Souterrainwohnung bewohnte, kündigte wegen Selbstnutzungswunsches die Erdgeschosswohnung, die er etwa 21/2 Jahre sanierte (bevor er sie dann anderweitig vermietete).

1384

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 89

Ob es sich anders verhält, wenn der Vermieter eine Zweckentfremdungsgenehmigung nach Art. 6 MietRVerbG benötigt, weil er das Wohngebäude abreißen und durch ein neues ersetzen will, ist umstritten (s. dazu Rn. XI 239),

87

OLG Hamburg – RE v. 25.3.1981 – NJW 1981, 2308 = WuM 1981, 155 für Verwertungskündigung: Das Vorliegen der Zweckentfremdungsgenehmigung muss bereits in der Kündigung dargelegt werden; anderenfalls ist diese wegen eines Begründungsmangels unwirksam; ebenso LG München II WuM 1997, 115; anders LG Mannheim NZM 2004, 256 = WuM 2004, 99.

Das gilt jedoch nicht für eine für den Abriss etwa erforderliche Baugenehmigung, BayObLG – RE v. 31.8.1993 – WuM 1993, 660 zur Verwertungskündigung.

. Bedarfspersonen

88

Der Kreis der Bedarfspersonen findet seine Entsprechung in dem Personenkreis, den der Mieter von Wohnraum entweder kraft seines Mietgebrauchs (s. Rn. VI 160 f.) oder auf Grund einer Erlaubnis des Vermieters nach § 553 Abs. 1 BGB (s. Rn. VI 166 f.) aufnehmen darf. Für die Familienangehörigkeit kommt es auf den verwandtschaftlichen Bezug nach §§ 1589 ff. BGB an, erst recht nicht auf den Verwandtschaftsbegriff in § 8 Abs. 2 II. WoBauG. Der Begriff der Familienangehörigkeit wird mietrechtlich jedoch durch den sozialen Kontakt zwischen der Bedarfsperson und dem Vermieter verändert, so dass man eher von Familienzugehörigkeit sprechen kann. Das besagt, dass sich der Vermieter für den Wohnbedarf der aufzunehmenden Person verantwortlich fühlt, auch wenn es nicht auf den Bestand einer Unterhaltspflicht ankommt. Hierdurch wird der Kreis der Bedarfspersonen einerseits eingeschränkt, andererseits ausgedehnt. So scheiden entfernte Verwandte oder Verschwägerte, zu denen der Vermieter keinen oder nur einen sporadischen Kontakt unterhält, als Bedarfspersonen aus.1 Der Vermieter muss ein besonderes Interesse an der Überlassung gerade an diese Person haben, soweit sie nicht zur Kernfamilie zählt, LG Frankfurt a.M. WuM 2004, 209.

Bei einem engen Verwandtschaftsverhältnis kann vom Erfordernis sozialer Bindungen abgesehen werden, so BGH – Urt. v. 9.7.2003 – NZM 2003, 681 = WuM 2003, 464 = ZMR 2003, 664 für Geschwister des Vermieters.

Andererseits kann durch eine enge persönliche Bindung die verwandtschaftliche Grenze überschritten werden, z.B. für das Patenkind, das Enkelkind oder das in die Ehe „eingebrachte“ Kind der Schwiegertochter des Vermieters, das von diesem wie ein Enkelkind behandelt wird, LG Stuttgart WuM 1993, 352; anders LG Weiden/Obf. WuM 2003, 210. 1 S. die Beispiele bei Eisenhardt MDR 2002, 1016, 1018; ferner zu § 573 BGB: SchmidtFutterer/Blank Rn. 51 f.; Staudinger/Rolfs Rn. 75 f.

1385

89

Rn. XI 90

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Geklärt ist, dass der Kreis der Bedarfspersonen sich nicht nach § 8 II. WoBauG richtet, sondern enger zu ziehen ist, OLG Oldenburg – RE v. 16.12.1992 – DWW 1993, 171 = WuM 1993, 386.

90

Zu den Bedarfspersonen zählen – die Geschwister des Vermieters (BGH – Urt. v. 9.7.2003 – NZM 2003, 681 = WuM 2003, 464 = ZMR 2003, 664, OLG Oldenburg – RE v. 16.12.1992 – DWW 1993, 171 = WuM 1993, 386), – Abkömmlinge einer Schwester der Mutter des Vermieters: OLG Braunschweig – RE v. 1.11.1993 – WuM 1993, 731, – Nichten, Neffen, Cousinen und Cousins des Vermieters: LG Wiesbaden WuM 1991, 491, LG Ravensburg WuM 1993, 51, LG Braunschweig WuM 1994, 210, LG Frankfurt a.M. WuM 1996, 622, WuM 2004, 209, AG Nürtingen WuM 2007, 578 jeweils bei besonderem Näheverhältnis, – Schwager: LG Mainz WuM 1991, 544, LG Freiburg WuM 1993, 126, offen gelassen von OLG Oldenburg a.a.O., – Schwiegermutter: LG Köln WuM 1994, 541, – die Eltern des Lebenspartners des Vermieters und Großeltern des gemeinsamen Kindes: LG Lübeck WuM 1999, 336, anders die Großnichte des Vermieters: AG Warstein WuM 1996, 39. Der geschiedene Ehegatte des Vermieters zählt jedenfalls dann nicht zu den Bedarfspersonen, wenn die geschiedenen Ehegatten getrennt leben. Solange das nicht der Fall ist, lässt sich die Familienzugehörigkeit über den fortbestehenden sozialen Kontakt begründen.1

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Juristische Personen oder Vereine können keinen Eigenbedarf geltend machen, da sie nicht „wohnen“ können. Es genügt nicht, dass ein Organ – etwa der Geschäftsführer einer GmbH – oder ein Arbeitnehmer die Wohnung nutzen will; denn diese Personen zählen nicht zu den Bedarfspersonen nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, LG Wuppertal WuM 1994, 686, s. auch LG Karlsruhe WuM 1985, 148.

Das Gleiche gilt für Personalhandelsgesellschaften,2 BGH – Urt. v. 23.5.2007 – NZM 2007, 639 = WuM 2007, 457 = ZMR 2007, 767 für KG.

Jedoch kann ein Betriebsbedarf in Betracht kommen, der einen Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 1 BGB abgibt (s. Rn. XI 289, 290). Dagegen wird die Eigenbedarfskündigung zugunsten eines Gesellschafters einer GbR für zulässig gehalten, weil es sich bei diesen Gesellschaften „nur“ um einen Zusammenschluss natürlicher Personen handele,3 1 S. dazu Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 47. 2 S. dazu Lammel WuM 2007, 562. 3 S. zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 37; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 37; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 46; Staudinger/Rolfs Rn. 70; anders Harke ZMR 2002, 404.

1386

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 96

OLG Karlsruhe – RE v. 22.5.1990 – NJW 1990, 3278 = WuM 1990, 330, OLG Köln – Urt. v. 10.3.2003 – WuM 2003, 465, 466.

Dem hat sich der BGH unter der Voraussetzung angeschlossen, dass der eigenbedürftige Gesellschafter schon bei Abschluss des Mietvertrages der GbR angehörte, BGH – Urt. v. 27.6.2007 – NZM 2007, 679 = WuM 2007, 515 = ZMR 2007, 772, LG München I WuM 2008, 731: kein Eigenbedarf für den Gesellschafter einer GbR, die das Mietshaus erst nach Abschluss des Mietvertrages erworben hat.

Handelt es sich um eine Außengesellschaft, der Rechtsfähigkeit zukommt, und tritt diese als Vermieter auf, so ergibt sich kein Unterschied zu juristischen Personen, hinter denen schließlich auch natürliche Personen stehen (s. AG Rendsburg WuM 1996, 544). Sind mehrere Personen Vermieter, so genügt es, dass der Eigenbedarf in der Person eines der Vermieter gegeben ist oder die Bedarfsperson nur Familienangehöriger eines der Vermieter ist.1

92

Für den Begriff des Haushaltsangehörigen gilt Entsprechendes wie für die Zugehörigkeit zum Haushalt des Mieters (s. Rn. I 269 f., 271). Soll die aufzunehmende Person erst künftig in den Haushalt des Vermieters integriert werden, so handelt es sich um einen eigenen Wohnbedarf des Vermieters aus Anlass seiner Lebensgestaltung.2

93

Unerheblich ist, ob die Bedarfsperson die Miete für die freizumachende Wohnung wird tragen können; denn dem Vermieter steht es frei, die Wohnung unentgeltlich oder gegen ein geringes Entgelt der Bedarfsperson zu überlassen, LG Köln WuM 1995, 110.

Wird ein Mietverhältnis über eine preisgebundene Wohnung gekündigt, so muss die Bedarfsperson im Besitz einer Wohnberechtigung i.S. von § 4 WoBindG, § 27 WoFG sein. Ist das nicht der Fall, so wird gefordert, dass der Vermieter entweder einen Freistellungsbescheid nach § 7 WoBindG (§ 30 WoFG) besitzt oder eine entsprechende Zusage der zuständigen Behörde vorweisen kann,

94

LG Essen WuM 1993, 676 mit ablehnender Anm. Rankenhorn WuM 1993, 656, LG München II NZM 2004, 907.

Handelt es sich um eine ausländische Bedarfsperson, so ist vorauszusetzen, dass diese ein ausländerpolizeiliches Aufenthaltsrecht am Ort der Mietwohnung hat, LG Hamburg WuM 1994, 210.

95

Hat der Vermieter für einen Angehörigen wegen dessen Wohnbedarfs gekündigt, so wirkt die Kündigung zu dessen Gunsten fort, wenn der Angehörige die

96

1 S. zu § 573 BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 82; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 43. 2 Z.B. bei Aufnahme eines Lebensgefährten oder einer Pflegeperson, s. auch zu § 573 BGB: Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 42; Lammel Rn. 71; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 48; Staudinger/Rolfs Rn. 89 f.

1387

Rn. XI 97

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Wohnung anschließend erwirbt. Das gilt auch dann, wenn der Angehörige wegen der Sperrfrist nach § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB noch nicht hätte kündigen können, OLG Hamm – RE v. 21.7.1992 – WuM 1992, 460 = ZMR 1992, 438.

Zur Aufnahme einer Pflegeperson s. Rn. XI 103. 97

. Befristeter Bedarf Ein Eigenbedarf kann auch dann gegeben sein, wenn der Vermieter die Räume nur für begrenzte Zeit nutzen will.1 Ob ihm in einem solchen Fall vernünftige, nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme der Räume zur Seite stehen, kann nur auf Grund einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, BayObLG – RE v. 23.3.1993 – NJW-RR 1993, 979 = WuM 1993, 253 = ZMR 1993, 328.

Der Eigenbedarf lässt sich also nicht generell schon wegen der Kürze der erstrebten Nutzungsdauer verneinen. Jedoch sollen bei einer angestrebten Nutzungsdauer von bis zu drei Jahren strengere Anforderungen an die Bedarfssituation und an die Unzumutbarkeit von Belastungen des Vermieters gestellt werden, LG München I WuM 1993, 677 im Anschluss an BayObLG a.a.O.

So ist ein ausbildungsbedingter befristeter Bedarf für die Dauer von nur 2 Jahren nicht als Eigenbedarf (für eine Bedarfsperson) anerkannt worden, AG Köln WuM 1992, 250.

Auch bei einer Nutzungsdauer von weniger als einem Jahr kann nicht mehr die Rede davon sein, dass der Vermieter (oder die Bedarfsperson) die Wohnung für „einige Dauer“ nutzen will, LG Landau ZMR 1992, 296. 98

Es ist nicht erforderlich, dass der Vermieter in der herausverlangten Wohnung seinen Lebensmittelpunkt begründen will. Es genügt, dass sie als Zweitwohnung dienen soll,2 anders AG München ZMR 2004, 44.

Dafür reicht ebenfalls ein nur zeitweiser Wohnbedarf, sofern hierfür plausible Gründe festgestellt werden können, LG Hamburg WuM 1994, 431: Nutzung an 8 bis 10 Tagen im Monat,3 anders LG Berlin WuM 1990, 23 wegen überhöhten Bedarfs; LG Berlin NJW-RR 1997, 74 bei wöchentlich einmaliger Nutzung, LG Hamburg WuM 1991, 491: bei regelmäßig längerem Aufenthalt des ausländischen Vermieters in Deutschland.

1 S. zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 87; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 51. 2 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 100; anders Weßel WuM 2004, 58; s. auch Fischer-Dieskau/Franke BGB § 573 Anm. 17.3. 3 Zum Fall: Der Vermieter hatte seinen 1. Wohnsitz in München und war mit einer in Hamburg ansässigen Firma durch einen Beratervertrag verbunden.

1388

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 102

. Berufs- und betriebsbedingter Bedarf

99

Muss der Vermieter erwarten, dass sein berufliches Arbeitsverhältnis altersbedingt kurzfristig durch Entlassung beendet werden kann, so kann er Vorsorge für seinen zukünftigen Wohnsitz dadurch treffen, dass er mit der Eigenbedarfskündigung eine geeignete, vermietete Wohnung beansprucht,1 OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.1992 – WuM 1993, 49 = ZMR 1992, 386.

Ein Betriebsbedarf fällt nicht unter den Begriff des Eigenbedarfs, da er nicht aus dem Wohnbedarf des Vermieters, sondern seinen betrieblichen Belangen abgeleitet wird (vgl. Rn. XI 289). Daher kann eine Eigenbedarfskündigung auch nicht allein auf einen Bedarf an Arbeitsraum gestützt werden, sondern allenfalls ein berechtigtes Interesse nach § 573 Abs.1 BGB begründen, LG Wiesbaden WuM 1990, 510.

Das Gleiche ist für beabsichtigte Nutzung einer Mietwohnung zu überwiegenden beruflichen Zwecken angenommen worden. Das hierdurch begründete Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ist indes schon im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken,

100

BGH – Beschl. v. 5.10.2005 – NZM 2005, 943 = WuM 2005, 779, 781 für Nutzung eines Einfamilienhauses als Wohnung und überwiegend als Architekturbüro;2 s. auch BVerfG – Beschl. v. 4.8.1993 – NJW 1993, 1358 = WuM 1994, 126 = ZMR 1994, 51 bejaht den Eigenbedarf u.a. für einen Arbeitsraum und einen Raum für das Sammeln antiker Möbel; BVerfG – Beschl. v. 30.6.1994 – NJW 1994, 2605 = WuM 1994, 450 = ZMR 1994, 453 bejaht den Eigenbedarf u.a., weil der Vermieter Geschäftspartner „in wohnlicher Atmosphäre“ bewirten will.

Einerseits kann eine erhebliche Verkürzung des Arbeitsweges einen Eigenbedarf rechtfertigen. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter den langen Arbeitsweg zuvor jahrelang in Kauf genommen hat,

101

BVerfG – Beschl. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 659 = WuM 1999, 499 = ZMR 1999, 531,3 LG Stuttgart WuM 1991, 106.

Andererseits ist dieser Umstand bei einem täglichen Arbeitsweg von 37 km trotz eines Arbeitstages von 12 Stunden nicht als Kündigungsgrund anerkannt worden (LG Hamburg NJW-RR 1992, 1365 = WuM 1993, 351), ebenso wenig eine mögliche Verkürzung der täglichen Fahrzeit zwischen bisheriger Wohnung und Arbeitsplatz um jeweils 30 Minuten (LG Mannheim ZMR 1992 1 Zum berufsbedingten Wohnbedarf auch Emmerich/Sonnenschein/Haug BGB § 573 Rn. 48. 2 Kritisch hierzu Wiek WuM 2005, 781: Bei überwiegend gewerblicher Nutzung wäre der Kündigungsgrund aus § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu prüfen gewesen. 3 Zum Fall: Der Vermieter hatte 1989 ein Einfamilienhaus, das in der Nähe seiner Betriebsstätte lag, gekauft. In diesem blieb der Mieter als früherer Eigentümer wohnen. 1996 kündigte der Vermieter, da die Fahrzeit von seiner im Jahre 1992 bezogenen Wohnung bis zur Betriebsstätte sich um 40 Min. verkürzen würde.

1389

102

Rn. XI 103

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

S. XIV Nr. 13). Zur Vorhersehbarkeit des Bedarfs: LG Frankfurt a.M. ZMR 2008, 626 (s. Rn. XI 160). Hier müssen Vernünftigkeit und Plausibilität des Selbstnutzungswunsches sowie die vom Gericht inhaltlich nicht zu überprüfende Lebensgestaltung des Vermieters gegeneinander abgewogen werden. Gemessen an den Maßstäben der Rspr. des BVerfG werden die Belange des Vermieters in der Regel zu beachten sein, insbesondere wenn er für die Änderung seiner Lebensgestaltung noch besondere Gründe anführen kann (z.B. mehr Zeit für die Familie). 103

. Pflegebedarf Die Kündigung mit dem Ziel, eine Pflegeperson aufzunehmen, kommt als Eigenbedarf i.S. von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB begrifflich nicht nur dann zum Tragen, wenn der pflegebedürftige Vermieter die herausverlangte Wohnung selbst beziehen will, um seine bisherige Wohnung einer noch einzustellenden Pflegeperson zu überlassen (so aber LG Karlsruhe DWW 1990, 238). Sie kann vielmehr auch dann gerechtfertigt sein, wenn die herausverlangte Wohnung der Pflegekraft überlassen werden soll, damit der Vermieter besser betreut werden kann, BayObLG – RE v. 2.3.1982 – NJW 1982, 1159 = WuM 1982, 125, LG Potsdam WuM 2006, 44.

104

Soweit der Kündigungsgrund nicht primär darauf abzielt, einen bestehenden Wohnbedarf des Vermieters zu decken, wäre er eher unter die Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB zu subsumieren, LG Koblenz WuM 2007, 637.1 Indes kommt es hierauf nicht entscheidend an, weil die Gewichtigkeit des Freimachungsinteresses in beiden Vorschriften gleich ist (s. dazu OLG Hamm – RE v. 24.7.1986 – WuM 1986, 269, 270). Für die Anerkennung eines Pflegebedarfs reicht aus, dass auf Grund äußerer Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden kann, dass der Vermieter die Dienste einer Hilfsperson in naher Zukunft für Pflege und Wartung benötigt; der Pflegebedarf braucht also noch nicht aktuell zu sein. Es handelt sich nicht etwa um eine unzulässige Vorratskündigung (s. dazu Rn. XI 163), BayObLG – RE v. 2.3.1982 – WuM 1982, 125, OLG Hamm – RE v. 24.7.1986 – WuM 1986, 269, 271, LG Saarbrücken WuM 1992, 690, LG Potsdam WuM 2006, 44: Es genügt, dass mit der Pflegebedürftigkeit mit einiger Sicherheit zu rechnen ist.

Auch soll der Vermieter gehalten sein, sein persönliches Erkrankungsrisiko (oder wo möglich dasjenige von Bedarfspersonen) schon bei der Vermietung in Erwägung zu ziehen und ggf. den Mieter auf einen vorzeitigen Eigenbedarf bei der Anmietung hinzuweisen (zum vorhersehbaren Bedarf s. Rn. XI 158), AG/LG Gießen WuM 2004, 490 = WuM 2004, 490 = ZMR 2004, 823, AG Bremen WuM 2008, 730. 1 S. dazu Winning WuM 2007, 608; ferner zu § 573 BGB: Emmerich/Sonnenschein/ Haug Rn. 43; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 50.

1390

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 108

Ein berechtigtes Interesse ist verneint worden, wenn die akute Hilfeleistung durch Angehörige gesichert ist,

105

AG Stuttgart WM 1990, 350.

Dagegen bestehen Bedenken; denn auch in diesem Zusammenhang wird stärker auf die vom Vermieter beabsichtigte Lebensgestaltung abzustellen sein, soweit sie vernünftig und nachvollziehbar ist. Umgekehrt kann nämlich ein Eigenbedarf mit dem Ziel, eine eigene Wohnung zu bewohnen und eine Pflegekraft aufzunehmen, nicht mit der Begründung verneint werden, der Vermieter sei in einem Seniorenheim „angemessen und würdig“ untergebracht, weil hierdurch sein Freiraum zur eigenen Lebensgestaltung unangemessen beschnitten werden würde, BVerfG – Beschl. v. 8.1.1985 – BVerfGE 68, 361 = WuM 1985, 75, 77.

Der Vermieter braucht in der Kündigung noch nicht die Pflegeperson zu benennen. Im Hinblick auf Dauer und Unwägbarkeiten des Räumungsrechtsstreits wird man ihm nicht zumuten können, sich schon bei Ausspruch der Kündigung auf eine Pflegeperson festzulegen,

106

OLG Hamm – RE v. 24.7.1986 – WuM 1986, 269, 271, LG Hamburg WuM 1990, 302, 303, LG Potsdam WuM 2006, 44.

Allenfalls wird man von ihm verlangen können, dass er ab Ausspruch der Kündigung in dieser Richtung sondiert und hierzu im Räumungsprozess vorträgt, zumal sich hieraus die Ernsthaftigkeit seines Erlangungsinteresses ergeben kann, LG Hamburg a.a.O., LG Lübeck ZMR 1999, 830, weiter gehend LG Kiel WuM 1990, 22, LG Trier WuM 1990, 349.

Der Vermieter muss in der Kündigung den Grund und die Notwendigkeit der Pflegebedürftigkeit angeben; denn auch dieser ist auf seine Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen.

107

Eine nachträgliche Präzisierung des Kündigungsgrundes gegenüber dem Kenntnis- und Wissensstand des Vermieters zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung ist aber nicht in jedem Fall unzulässig: Ergibt eine ärztliche Stellungnahme einen Pflegebedarf der Mutter des Vermieters bei „Tag und Nacht“ und stützt sich hierauf die Kündigung zu Gunsten einer ständig wohnenden Pflegekraft, während sich später herausstellt, dass Pflegebedarf im Wesentlichen nur tagsüber besteht, so kann der Vermieter seinen Eigenbedarfswunsch auch für diesen Fall aufrechterhalten, BVerfG – Beschl. v. 9.2.2000 – NZM 2000, 456 = WuM 2000, 232.

. Teilbedarf

108

Hat der Vermieter nur hinsichtlich eines Teils des Mietobjekts einen Eigenbedarf, so ist grundsätzlich weder eine Teilkündigung (zu deren Unzulässigkeit s. Rn. X 93) noch eine Kündigung des gesamten Mietverhältnisses zulässig,1 1 S. zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 57; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 44.

1391

Rn. XI 109

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

OLG Karlsruhe – RE v. 3.3.1997 – NJW-RR 1997, 711 = WuM 1997, 202 = ZMR 1997, 283, s. BVerfG – Beschl. v. 19.10.1993 – BVerfGE 89, 237 = NJW 1994, 308 = WuM 1994, 127 = ZMR 1994, 207.

109

Das gilt auch dann, wenn der Vermieter eine Großwohnung in mehrere Teilwohnungen aufteilen oder zwei zu einer einheitlichen Wohnung zusammengefasste Wohnungen wieder zurückbauen will, BVerfG – Beschl. v. 19.10.1993 – BVerfGE 89, 237 = NJW 1994, 308 = WuM 1994, 127 = ZMR 1994, 207: Bietet sich das Mietobjekt objektiv für eine Aufteilung in mehrere Wohnungen an, so lässt sich das regelmäßig schon bei der Vermietung übersehen. Vermietet der Eigentümer gleichwohl einheitlich, kann er daran festgehalten werden. Die Verfügungsbefugnis über sein Eigentum gibt ihm nicht die Freiheit, sich über besondere vertragliche Bindungen hinwegzusetzen, sobald er deren Auswirkungen als nachteilig empfindet. ... Infolgedessen dürfen die Fachgerichte nicht nur die Teilkündigung einer Wohnung für ausgeschlossen halten, sondern auch die Kündigung der ganzen Wohnung für einen Teilbedarf.

110

Nur ausnahmsweise kann der Teilbedarf gewichtiger sein als das Interesse des Mieters an einem Erhalt der Wohnung (BVerfG a.a.O.). Dies kann insbesondere aus dem Schikaneverbot abgeleitet werden: Hat sich der Wohnraumbedarf des Mieters durch nachträgliche Entwicklung deutlich eingeschränkt und ist der vom Vermieter beanspruchte Teil der Mieträume so von dem dem Mieter verbleibenden Teil abgetrennt oder abtrennbar, dass der Mieter dort ohne Einschränkungen weiterhin den räumlichen Mittelpunkt seiner eigenverantwortlichen Lebensführung und -gestaltung findet, und behauptet der Vermieter substantiiert einen solchen Sachverhalt, so soll es Sache des Mieters sein, vernünftige und nachvollziehbare Gründe für den Fortbestand seines bisherigen Wohnraumbedarfs trotz geänderter Verhältnisse vorzutragen, und zwar in ähnlicher Weise, wie es sonst dem Vermieter bei der Darlegung eines Eigenbedarfs obliegt, OLG Karlsruhe – RE v. 3.3.1997 – NJW-RR 1997, 711 = WuM 1997, 202 = ZMR 1997, 283.

111

Mit einem besonderen Fall hatte sich das LG München I WM 1990, 211 zu befassen: Vermietet waren zwei Eigentumswohnungen, die mittels eines Durchbruchs miteinander verbunden waren. Der Vermieter hatte eine der Eigentumswohnungen verkauft, die der Erwerber beziehen wollte. Vermieter und Erwerber kündigten das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs des Erwerbers. Das Gericht hat sowohl den Teilbedarf bejaht als auch die Teilkündigung zugelassen, da anderenfalls eine Kündigung nahezu ausgeschlossen sei. Diese Auffassung dürfte schon einfachrechtlich nicht haltbar sein, weil eine Teilkündigung außerhalb der Grenzen des § 573b BGB unzulässig ist. Verfassungsrechtlich entspricht sie nicht dem Beschluss des BVerfG v. 19.10.1993 a.a.O., BVerfGE 89, 237.

112

. Wirtschaftliche Gründe Ein Eigenbedarf ist zu bejahen, wenn der Vermieter durch den Bezug der herausverlangten Wohnung eigene Wohnkosten oder Mietausgaben ersparen will,1 1 S. zu § 573 BGB Blank/Börstinghaus Rn. 34; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 49.

1392

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 115

LG Berlin MM 1994, 325 bejahend bei einer monatlichen Differenz zwischen eingenommener Miete und eigener Miete von 242 DM; anders LG Mannheim WuM 1991, 693 bei einer zu erwartenden Steigerung der Mieteinnahmen um monatlich 260 DM, es sei denn, dass der Vermieter in bescheidenen finanziellen Verhältnissen lebt und auf die Mehrmiete in dieser Größenordnung angewiesen ist.

Das Gleiche kommt in Betracht, wenn der Vermieter verpflichtet ist, für die eigene Wohnung eine Fehlbelegungsabgabe zu zahlen, die für ihn wirtschaftlich nicht tragbar ist; das muss er indes im Kündigungsschreiben darlegen,

113

LG Wiesbaden WuM 1997, 48.

Macht der Vermieter geltend, die Mietwohnung selbst beziehen zu wollen, um seine eigene Wohnung teuerer als die Mietwohnung zu vermieten, damit er die Lasten des Grundstücks bezahlen kann, muss er im Kündigungsschreiben die Lasten und Einkünfte des Grundstücks nachvollziehbar darlegen,1 BVerfG – Beschl. v. 17.7.1992 – WuM 1993, 231.

Zur berufsbedingten Teilnutzung der herausverlangten Wohnung s. Rn. XI 100, 289.

. Wohnbedarf

114

Unter verfassungsrechtlichem Gesichtspunkt ist es grundsätzlich Sache des Vermieters zu bestimmen, welchen Wohnbedarf er für sich und seine Angehörigen als angemessen ansieht. Es ist nicht Sache des Gerichts, den vom Vermieter geltend gemachten Wohnbedarf darauf zu überprüfen, ob dieser aus Gründen der Wohnungsbewirtschaftung gerechtfertigt ist, etwa weil der Vermieter in einer Zweizimmerwohnung, die geeignet ist, um den Wohnbedarf für zwei Personen zu decken, ausreichend untergebracht ist (s. Rn. XI 35, 45 f.). Das schließt nicht aus, den Selbstnutzungswunsch darauf zu prüfen, ob seine Geltendmachung missbräuchlich ist, etwa weil der Vermieter einen weit überhöhten Wohnbedarf (s. Rn. XI 46, 152) geltend macht, BVerfG – Beschl. v. 19.3.1993 – NJW 1993, 1637 = WuM 1994, 130 = ZMR 1993, 315, OLG Köln – Urt. v. 10.3.2003 – WuM 2003, 465 = ZMR 2004, 33: Als Voraussetzung einer Eigenbedarfskündigung darf nicht verlangt werden, dass einer unzureichenden Unterkunft abgeholfen werden soll; damit kann der Eigenbedarfskündigung nicht entgegengehalten werden, dass die bisherige Wohnung zur Deckung des Wohnbedarfs generell geeignet ist.

Ob ein weit überhöhter Wohnbedarf vorliegt, ist anhand objektiver Kriterien je nach dem Einzelfall zu würdigen; dabei spielt die Haushaltsgröße des Mie-

1 Zum Fall: Die folgende Angabe im Kündigungsschreiben reicht nicht aus: „Das Anwesen ist derzeit mit ca. 2,2 Mio. DM belastet. Zur Abtragung der vom Vermieter übernommenen Verbindlichkeit ist es unbedingt notwendig, dass die große (von ihm) bewohnte Wohnung vermietet wird und der Vermieter die Dachgeschosswohnung selbst nutzen kann.“

1393

115

Rn. XI 116

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

ters im Verhältnis zur Wohnungsgröße und der beabsichtigten Selbstnutzung durch den Vermieter eine Rolle,1 BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – WuM 1994, 184 = ZMR 1994, 145, 146.

Auch genügt es zur Begründung des Eigenbedarfs, dass die herausverlangte Wohnung besser geschnitten und etwas größer ist sowie einen höheren Wohnwert hat, LG Landau ZMR 1992, 396.

116

Bewohnt der Vermieter die Obergeschosswohnung und kündigt er die nahezu gleich große Wohnung im Erdgeschoss, so soll er allerdings gehalten sein, im Kündigungsschreiben anzugeben, wegen welcher Wohnwertvorteile er jene Wohnung beansprucht, z.B. wegen des unmittelbaren Zugangs zum Garten, LG Essen ZMR 1994, 262.

Die deswegen erfolgte Abweisung der Räumungsklage aus formellen Gründen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, BVerfG – Beschl. v. 8.4.1994 – ZMR 1994, 252.

117

Nach der Rspr. des BVerfG reicht es aus, dass der Vermieter eine erworbene Wohnung beziehen will, weil er „schlichtweg Herr seiner eigenen vier Wände“ sein will bzw. nicht mehr zur Miete, sondern im eigenen Haus leben will (s. Rn. XI 38), BVerfG – Beschl. v. 11.11.1993 – NJW 1994, 309 = WM 1993, 729 = ZMR 1994, 208, BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – NJW 1994, 310 = ZMR 1994, 59.

Die Entscheidungen sind aber nicht für die Fälle einschlägig, in denen der Vermieter, der den Mietvertrag abgeschlossen hat, sich nachträglich entscheidet, nunmehr in seinem Eigentum wohnen zu wollen. Hier bleibt es bei der vertraglichen Selbstbindung des Vermieters, sofern sich nicht die Verhältnisse nach Abschluss des Mietvertrages ändern. 118

Zum Wohnbedarf rechnet der gesamte Bereich der Lebensführung und -gestaltung, so etwa auch, dass der Vermieter ein (häusliches) Arbeitszimmer und/ oder einen Raum für das Sammeln antiker Möbel benötigt, BVerfG – Beschl. v. 4.8.1993 – NJW 1993, 1358 = WuM 1994, 126 = ZMR 1993, 507.

Das Gleiche gilt für den Wunsch des Vermieters, Wohn- und Arbeitsstätte im selben Haus zu haben, Geschäftspartner dort in wohnlicher Atmosphäre bewirten zu können u.Ä., BVerfG – Beschl. v. 30.6.1994 – NJW 1994, 2605 = WuM 1994, 450 = ZMR 1994, 453.

1 Zum Fall: Die ca. 150 qm große Wohnung wurde von einem Mieterehepaar bewohnt; die Eigenbedarfskündigung wurde auf den Bedarf des Sohnes des Vermieters und seiner Freundin im Hinblick auf eine beabsichtigte Eheschließung und Kinderwunsch gestützt. Das LG hielt eine vorhandene Alternativwohnung von 100 qm für ausreichend groß. Dies hat das BVerfG beanstandet, weil eine solche Wertung dem Fachgericht nicht zustehe. Ob ein überhöhter Wohnbedarf vorliege, sei auch daran zu messen, dass die Wohnung bislang nur von 2 Personen bewohnt werde.

1394

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 122

Zum Wohnbedarf rechnet auch, dass der Vermieter in der herausverlangten Wohnung längerfristigen Besuch von Kindern und Enkelkindern ohne größere Umstände beherbergen kann, LG Hamburg WuM 1994, 683.

Der Wohnbedarf kann ferner einen künftigen Bedarf einschließen, ohne dass die hierauf gestützte Kündigung deshalb als unzulässige Vorratskündigung (s. Rn. XI 163) gewertet werden dürfte. Das gilt insbesondere, wenn der Vermieter oder eine Bedarfsperson mit einem (künftigen) Ehegatten oder Lebenspartner zusammenziehen möchte und ein Kinderwunsch besteht,

119

BVerfG – Beschl. v. 19.3.1993 – NJW 1993, 1637 = WuM 1993, 130 = ZMR 1993, 315, BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – NJW 1994, 925 = WuM 1994, 184 = ZMR 1994, 145.

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob das Paar heiraten will oder eine Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung schon besteht, BVerfG – Beschl. v. 20.2.1995 – DWW 1995, 185 = WuM 1995, 260 = ZMR 1995, 198.

Sind Kellerräume als Wohnung vermietet worden, die baupolizeilich als Aufenthaltsräume nicht zugelassen sind, so berührt das zwar nicht die Wirksamkeit des Mietvertrages; der Vermieter soll aber nicht wegen Eigenbedarfs kündigen können, um in den Räumen den Bedarf eines Angehörigen zu decken, weil dies keine rechtlich zulässige Nutzung und daher nicht schützenswert sei,

120

LG Hamburg WuM 1994, 432.

Wird der Selbstnutzungswunsch bestritten, muss der Vermieter diesen darlegen und ggf. beweisen,

121

BVerfG – Beschl. v. 13.1.1995 – WuM 1995, 140 = ZMR 1995, 150, LG Hamburg ZMR 2004, 39.

Das Bestreiten des Mieters ist auch dann beachtlich und muss vom Gericht berücksichtigt werden, wenn es auf bloßen Vermutungen des Mieters beruht; das schließt allerdings nicht aus, dass es als offensichtlich unsubstantiiert gewertet werden kann, BVerfG a.a.O.

Macht der Vermieter geltend, sich von seinem Ehegatten, Partner oder Lebensgefährten trennen zu wollen und in die Mietwohnung zu ziehen, so muss er die Trennungsabsicht konkret darlegen. Sein Vorbringen, er trage sich mit Trennungsgedanken, reicht jedenfalls dann nicht, wenn er die gemeinsame Wohnung noch bewohnt, LG Köln WuM 1997, 48.

Hat der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt, weil er die Mietwohnung für sich und seinen Lebensgefährten benötigt und ändert sich danach die Sachlage, weil der Vermieter und der Lebensgefährte sich getrennt haben, so kann nicht ohne weiteres der Alleinbedarf des Vermieters für die fortbestehende Berechtigung der Kündigung zugrunde gelegt werden; vielmehr muss geprüft werden, ob der verbleibende Wohnbedarf des Vermieters auch ohne Räumung der Mietwohnung befriedigt werden kann, BVerfG – Beschl. v. 30.6.1993 – NJW 1993, 2165 = WuM 1993, 380 = ZMR 1993, 409.

1395

122

Rn. XI 123

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Darin könnte ein Widerspruch zu der Aussage des BVerfG gesehen werden, dass die Gerichte den Wohnbedarf des Vermieters grundsätzlich nicht nachzuprüfen haben. War jedoch der Bedarf des Vermieters begründet und entfällt der ursprüngliche Grund, so kann der Vermieter, ohne erneut kündigen zu müssen, einen anderen Bedarfsgrund nachschieben (§ 573 Abs. 3 Satz 2 BGB). Er könnte sich mithin darauf berufen, dass er die herausverlangte Wohnung auch für sich allein aus bestimmten Gründen benötigt, sofern darin nicht ein überhöhter Wohnbedarf liegt. 123

Wird der Eigenbedarf für die gesamte Familie geltend gemacht, die in das Mietshaus mit sämtlichen Wohnungen einziehen soll, bedarf es keiner starren Zuteilung der gesamten einzelnen Personen auf jeweilige Wohnungen, sondern innerhalb der sämtlichen Wohnungen können Verschiebungen stattfinden, ohne dass die Begründung der Eigenbedarfskündigung sich im Rechtssinne ändert, OLG Köln – Urt. v. 10.3.2003 – WuM 2003, 465 = ZMR 2004, 33.

123a

Ein Wohnbedarf kann auch dann gegeben sein, wenn der Vermieter die herausverlangte Wohnung nur als Zweitwohnung nutzen will (s. Rn. XI 98). dd) Kündigungsausschlüsse und Missbrauchsfälle1 aaa) Alternativwohnung

124

Das Vorhandensein einer anderen freien Wohnung im Bestand des Vermieters ist in zweierlei Hinsicht erheblich: Zum einen ist zu prüfen, ob diese Wohnung geeignet ist, den Wohnbedarf des Vermieters, der grundsätzlich nach seinen Vorstellungen zu bestimmen ist, zu decken. Zum anderen ist zu fragen, ob der Vermieter verpflichtet ist, eine freie Wohnung dem Mieter gleichsam als Ersatz anzubieten.

125

Die Eignung der Alternativwohnung zur Deckung des eigenen Wohnbedarfs2 richtet sich nach den Bedürfnissen des Vermieters, die seiner Lebensplanung entsprechen. Er darf auf eine Alternativwohnung nur verwiesen werden, wenn der von ihm selbst bestimmte Wohnbedarf dort ohne wesentliche Abstriche verwirklicht werden kann. Das setzt zunächst voraus, dass sie – auch nach Größe, Lage und Zuschnitt – den vom Vermieter erstrebten Zweck im Wesentlichen in gleicher Weise wie die herausverlangte Wohnung erfüllt. Darüber hinaus ist das Festhalten am Nutzungswunsch nicht missbräuchlich, wenn hierfür trotz Vorhandenseins einer anderen freien Wohnung vernünftige, nachvollziehbare Gründe vorliegen. Der auf seiner Lebensplanung beruhende Entschluss des Vermieters kann bis auf Fälle des Missbrauchs von den

1 S. Fischer-Dieskau/Franke BGB § 573 Anm. 21; Schumacher, Verteidigungsmöglichkeiten des Mieters nach Eigenbedarfskündigungen, WuM 2007, 664, 666 f. 2 S. zu § 573 BGB: Lammel Rn. 92–94; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 107–109; Staudinger/Rolfs Rn. 116 f.

1396

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 127

Gerichten nicht auf seine Zweckmäßigkeit, sondern nur unter Missbrauchsgesichtspunkten geprüft werden,1 BVerfG – Urt. v. 14.2.1989 – BVerfGE 79, 283 f. (C I 2c) = NJW 1989, 972 = WuM 1989, 114, 117, BVerfG – Beschl. v. 7.11.1990 – NJW 1991, 158 = WuM 1991, 145 = ZMR 1991, 56.

So ist die Eignung als Ersatzwohnung für den Vermieter verneint worden, wenn die herausverlangte Wohnung 11 qm größer ist und ein Zimmer mehr aufweist (OLG Düsseldorf WM 1993, 49 = ZMR 1992, 386) bzw. 40 qm größer ist (LG Hamburg ZMR 2003, 265) oder die für den Bedarf von 2 Personen herausverlangte Wohnung ca. 150 qm groß ist, während die Eratzwohnung nur eine Wohnfläche von ca. 100 qm hat (BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – ZMR 1994, 145) oder es sich um ein Zimmer in einer studentischen WG an Stelle einer abgeschlossenen Wohnung handelt (LG Potsdam GE 1999, 647). Dabei kommt es – was von den Instanzgerichten gelegentlich nicht beachtet wird2 – nicht auf eine wohnungswirtschaftliche Betrachtungsweise an, die auf eine objektiv angemessene Unterbringung des Vermieters oder der Bedarfsperson abzielt, sondern auf die Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit der Gründe, die den Vermieter veranlassen, die Ersatzwohnung gemäß seiner Lebensplanung nicht als geeignet anzusehen. Diese Gründe können darin liegen,

126

– dass ein späterer Familienzuwachs eingeplant wird (BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – ZMR 194, 145), – dass die freie Wohnung nicht dem Wohnungsmarkt zugeführt, sondern der Ehefrau des Vermieters während einer Umbauphase als Übergangswohnung dienen und später grundlegend renoviert werden soll (BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – WuM 1994, 13 = ZMR 1994, 61), – dass die freie Wohnung zum Bezug durch einen anderen Miteigentümer vorgesehen ist (BVerfG – Beschl. v. 7.5.2001 – NZM 2001, 706), – dass die freie Wohnung entsprechend der bisherigen Nutzung saisonal als Ferienwohnung gewerblich vermietet wird (BVerfG – Beschl. v. 3.10.1989 – NJW 1990, 309 = ZMR 1990, 48), – dass der Vermieter gerade in der herausverlangten Wohnung – seinem früheren Elternhaus – seinen Altersruhesitz einrichten will (LG Kiel WuM 1998, 572). Ebenso wenig kann der Vermieter auf eine freie Alternativwohnung verwiesen werden, wenn 1 Insbesondere darauf, ob ein weit überhöhter Wohnbedarf geltend gemacht wird oder der Selbstnutzungswunsch ernsthaft ist. 2 Beispiel: LG Hannover WuM 1990, 305: Die Alternativwohnung sei zwar kleiner als die herausverlangte Wohnung, aber generell geeignet, den Wohnbedarf von 2 Personen zu decken. Ähnlich LG Trier WuM 1989, 390, auch wenn es sich bei der Alternativwohnung nur um eine Dachgeschosswohnung mit schrägen und kleineren Fenstern handelt. LG Berlin WuM 1990, 25, wenn die Alternativwohnung sogar günstiger liegt, nur geringfügig kleiner sei und über ein Duschbad anstatt über ein Vollbad verfüge.

1397

127

Rn. XI 128

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

– er aus ihr wesentlich höhere Mieteinnahmen als aus der gekündigten Wohnung erzielt, LG Düsseldorf WuM 1989, 248, – er die Räume als Geschäftsräume vermieten will, LG Hannover WuM 1989, 302 einschränkend: LG Frankfurt a.M. WuM 1987, 224, LG Stuttgart NJWRR 1991, 77, – er einen jährlichen Mietverlust von etwa 2000 DM erleiden würde, LG Mannheim DWW 1993, 140, LG Heidelberg WuM 1992, 612, – er sie mit Rücksicht auf jahrelange geschäftliche Beziehungen anderweitig vermieten will, LG Karlsruhe DWW 1990, 274, LG Regensburg WuM 1991, 109, – die Alternativwohnung weniger günstig als die herausverlangte zum Arbeitsplatz des Vermieters liegt, LG Duisburg WuM 1990, 512, – oder weniger günstig zur Vermieterwohnung liegt, sofern sie für eine Pflegekraft benötigt wird, LG Frankfurt WuM 1990, 79, LG Hamburg WuM 1990, 302. 128

Wird eine Ersatzwohnung frei, so müssen die Gerichte diesen Umstand in einer Weise berücksichtigen, der die Mieterbelange ernst nimmt; das ist nicht der Fall, wenn das Gericht eine Überprüfung unter Hinweis darauf unterlässt, die Alternativwohnung sei zwischenzeitlich anderweitig vermietet worden, BVerfG – Beschl. v. 13.11.1990 – WuM 1990, 535 = ZMR 1991, 54, s. auch BVerfG – Beschl. v. 1.3.1991 – WuM 1991, 247 = ZMR 1991, 212.

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Aus diesem verfassungsrechtlich begründeten Gebot resultiert eine Anbietpflicht des Vermieters. Sie wird in den Fällen bejaht, in denen die Alternativwohnung für seine Bedürfnisse nicht geeignet ist oder gemäß seiner Lebensplanung nicht in Anspruch genommen zu werden braucht. Sie ist aus der Treuepflicht des Vermieters abgeleitet worden, die aus dem Verlust der Wohnung resultierenden negativen Folgen, soweit es ihm möglich ist, zu mindern,1 OLG Karlsruhe – RE v. 27.1.1993 – DWW 1993, 40 = NJW-RR 1993, 660 = WuM 1993, 105 = ZMR 1993, 159: Dem wegen Eigenbedarfs berechtigt kündigenden Vermieter obliegt es, dem gekündigten Mieter eine nach Zugang der Kündigung frei gewordene andere Wohnung im selben Hauswesen zur Anmietung anzubieten; widrigenfalls ist sein Räumungsbegehren rechtsmissbräuchlich, sofern nicht Umstände hinzutreten, die die Neubegründung eines Mietverhältnisses mit diesem Mieter als unzumutbar erscheinen lassen. Das Angebot muss zu angemessenen Bedingungen erfolgen. Überzogene Forderungen darf der Vermieter mit seinem Angebot nicht stellen. Andererseits wird er im Hinblick auf Treu und Glauben nicht gehindert sein, dem Mieter einen Vertragsschluss zu den bisher für die Vermietung der Alternativwohnung geltenden Bedingungen anzubieten. Gleiches wird im Regelfall gelten für das Begehren der ortsüblichen oder der im betreffenden Wohnanwesen üblichen Miete. S. auch LG Hamburg WuM 1990, 302, 304 Sp. 1, WuM 1992, 192, 1 S. zu § 573 BGB: MünchKomm/Häublein Rn. 73; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 115; Staudinger/Rolfs Rn. 122.

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Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 132

LG Bochum WuM 1994, 473, LG Mannheim NJW-RR 1997, 332 = WuM 1996, 475, LG Osnabrück WuM 1998, 318, ferner LG Stuttgart WuM 1988, 276 für Tauschangebot des Mieters bezüglich der Vermieterwohnung.

Ebenso im Grundsatz, jedoch einschränkend in zeitlicher und räumlich/örtlicher Hinsicht, BGH – Urt. v. 9.7.2003 – DWW 2003, 358 = NZM 2003, 681, 682 = WuM 2003, 463, 464 = ZMR 2003, 664, 665 (s. dazu Rn. XI 57, 134).

Die Anbietpflicht des Vermieters bezieht sich nur auf solche Wohnungen, die er ohnehin zu vermieten beabsichtigt, nicht jedoch auf solche, die er dem allgemeinen Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stellen will, BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – NJW 1994, 435 = WuM 1994, 13 = ZMR 1994, 61,1 s. auch BVerfG – Beschl. v. 13.11.1990 – BVerfGE 83, 82 = NJW 1991, 157 = WuM 1990, 535 = ZMR 1991, 54.2

Nach der Schuldrechtsreform wird man diese Verpflichtung aus dem Gebot der Rücksichtnahme und dem Pflichtenkreis gemäß §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB ableiten können.3

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Der Vermieter soll sich nicht darauf berufen können, dass das Angebot nicht mehr möglich gewesen sei, nachdem er die Wohnung anderweitig vermietet habe. Es verhalte sich hier ebenso wie bei der Selbstnutzung, LG Hamburg WuM 1992, 192; s. auch Rn. XI 128.

Ebenso wenig kann die Verpflichtung des Vermieters mit der Begründung verneint werden, die freigewordene Wohnung sei für den Mieter ungeeignet; denn dies zu entscheiden, ist Sache des Mieters. Eine objektive Grenze ergibt sich allerdings, wenn die Alternativwohnung überbelegt werden würde, BVerfG – Beschl. v. 28.1.1992 – WuM 1992, 180 = ZMR 1992, 230, AG Mainz WuM 2007, 74.

Ein Angebot gilt als nicht erfolgt, wenn der Vermieter unzumutbare Mietbedingungen stellt (OLG Karlsruhe – RE v. 27.1.1993 – NJW-RR 1993, 660 = WuM 1993, 105 = ZMR 1993, 159). Was die Miethöhe anbelangt, bietet ein örtlicher Mietspiegel Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Bedingungen,

131

AG Hamburg-Wandsbek WuM 1996, 622 bei nicht gerechtfertigtem erheblichen Überschreiten des Oberwertes des für die Alternativwohnung einschlägigen Mietspiegelfeldes.

Eine Anbietpflicht kommt unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nur für solche Wohnungen in Betracht, die der Vermieter dem allgemeinen 1 Zum Fall: Der Vermieter will die freie Wohnung als Übergangswohnung für seine Ehefrau nutzen, bis die neue eheliche Wohnung modernisiert und saniert ist. 2 Zum Fall: Die gekündigte Wohnung befand sich in einem Gebäude, in dem sich noch drei gewerblich vermietete Ferienwohnungen befanden, die der Vermieter weiterhin gewerblich nutzen und nicht zur Deckung seines Bedarfs beanspruchen wollte. 3 Blank WuM 2004, 243, 245; Timme NZM 2006, 249, 251.

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132

Rn. XI 133

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Mietwohnungsmarkt zur Verfügung stellen will. Will er dies auf Grund seiner Lebensplanung nicht, so scheidet die freie Wohnung als Alternativobjekt aus, BVerfG – Beschl. v. 3.10.1989 – NJW 1990, 309 = WuM 1989, 607,1 BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – WM 1994, 13.2

133

Die Anbietpflicht ist ferner verneint worden, wenn der Mieter durch sein Verhalten das Vertrauensverhältnis erschüttert hat, LG Karlsruhe WuM 1991, 41, LG Regenburg WuM 1991, 109,

insbesondere Vertragsverstöße begangen hat, die eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung rechtfertigen würden, während unterhalb dieser Schwelle liegende Spannungen zwischen den Mietparteien die Anbietpflicht nicht berühren sollen, LG Mannheim WuM 1996, 475,

oder es sich bei der leer stehenden Wohnung um die Hausmeisterwohnung handelt und der Mieter aus der Sicht des Vermieters als Hausmeister nicht in Betracht kommt, AG Hamburg WuM 1992, 373.

134

Die Anbietpflicht ist durch die neuere Rspr. des BGH erheblich eingeschränkt worden. Sie soll sich in räumlicher Hinsicht nur auf vergleichbare Wohnungen im selben Haus oder in derselben Wohnanlage beziehen und in zeitlicher Hinsicht nur bis zum Ende der Kündigungsfrist bestehen, BGH – Urt. v. 9.7.2003 – NZM 2003, 681 = WuM 2003, 464 = ZMR 2003, 664:3 Die Anbietpflicht des Vermieters erstreckt sich nicht auf jede andere, dem Vermieter zur Verfügung stehende Wohnung. Sie dient dem Ziel, dem Mieter zu ermöglichen, eine Wohnung in seiner vertrauten häuslichen Umgebung zu beziehen. Dagegen besteht ihr Zweck nicht darin, dem Mieter nach einer berechtigten Kündigung die ihn belastende Wohnungssuche abzunehmen. Ähnlich auch LG Berlin ZMR 1999, 825, BGH – Urt. v. 9.7.2003 – NZM 2003, 682 = WuM 2003, 463 = ZMR 2003, 665: Nachvertragliche Treuepflichten des Vermieters gegenüber dem Mieter des Inhalts, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses noch die Anbietpflicht bestände, sind nicht anzuerkennen. Anderenfalls würde derjenige Mieter privilegiert, der sich bei wirksamer Kündigung trotz Ablaufs der Kündigungsfrist zu Unrecht nach wie vor in der gekündigten Wohnung aufhält. BGH – Urt. v. 4.6.2008 – NZM 2008, 642 = WuM 2008, 497: Die Pflicht des wegen Eigenbedarfs kündigenden Vermieters, dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare im selben Haus oder in derselben Wohnanlage liegende Wohnung, die vermietet werden soll, anzubieten, beschränkt sich auf Wohnungen, die dem Vermieter zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehen; eine Wohnung, die zwar

1 Zum Fall: gewerbliche Vermietung als Ferienwohnung. 2 Zum Fall: Überlassung der Wohnung an die Ehefrau des Vermieters als Übergangswohnung während eines längeren Sanierungszeitraums der Ehewohnung und der Absicht, anschließend die Übergangswohnung zu sanieren. 3 Besprechungen von Häublein NZM 2003, 970; Kappus NZM 2003, 657; Wiek DWW 2003, 297.

1400

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 137

vor Ablauf der Kündigungsfrist für die wegen Eigenbedarfs gekündigte Wohnung gekündigt worden ist, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt frei werden soll, wird von dieser Anbietpflicht nicht erfasst.1

Diese Auffassung ist auf berechtigte Kritik gestoßen2 und beruht letztlich auf einer Fehldeutung des Kündigungsgrundes „Eigenbedarf“ (s. dazu Rn. XI 58). Grundsätzlich berührt das Freiwerden einer Alternativwohnung vor Ablauf der Kündigungsfrist den Tatbestand des Eigenbedarfs unmittelbar, sofern die freigewordene Wohnung geeignet ist, den Bedarf des Vermieters zu decken (s. Rn. XI 125). Ist das nicht der Fall, so besteht eine Anbietpflicht, bei deren Verletzung das Festhalten am Bezugswunsch gerade für die gekündigte Wohnung regelmäßig missbräuchlich ist, sofern nicht die Belange des Vermieters am Bezug der gekündigten Wohnung das allgemeine Bestandsinteresse des Mieters (s. hierzu Rn. XI 129) überragen,

135

OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.1992 – WuM 1993, 49 = ZMR 1992, 386.

Die zeitliche und inhaltliche Beschränkung der Anbietpflicht durch die Rspr. des BGH erscheint auch nach hier vertretener Ansicht bedenklich. Die Beschränkung auf die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist nicht gerechtfertigt, wie oben ausgeführt worden ist (s. Rn. XI 58, 59). Sie beruht auf einer dogmatischen Fehlentwicklung, die auf der Gestaltungswirkung einer Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist beharrt. Ein solcher Standpunkt trifft auf Kündigungen zu, die materiell keiner Kündigungsgründe bedürfen oder deren Gründe in abgeschlossenen Tatbeständen vor Ausspruch der Kündigung liegen. Etwas anderes gilt für Kündigungen, deren Grund sich erst in der Zukunft – d.h. nach Ablauf der Kündigungsfrist – verwirklichen kann. Der Kündigungsgrund „Eigenbedarf“ erschöpft sich nicht in der Bedarfsbehauptung, die möglicherweise bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zutrifft, sondern findet ihre Rechtfertigung in der Bedarfsverwirklichung. Über die aus § 241 Abs. 2 BGB abzuleitende Anbietpflicht – zu deren zeitlicher Beschränkung s. Rn. XI 62 – wird ein Schwebezustand vermieden.

136

Die Beschränkung der Anbietpflicht auf den Kreis der freien bzw. frei gewordenen Wohnungen im Hause oder in der Wohnanlage des Vermieters ist nicht damit zu vereinbaren, dass es Sache des Mieters ist zu entscheiden, ob die Wohnung für ihn geeignet ist oder nicht (BVerfG – Beschl. v. 28.1.1992 – WuM 192, 180).3 Wenn schon keine Wohnung in der unmittelbaren Umgebung der bisherigen Wohnung frei geworden ist, so kann es die „zweitbeste Lösung“ sein, dem Mieter die Lasten und Mühen einer Wohnungssuche abzunehmen. Die gegenteilige Auffassung des BGH scheint auf einem grundlegend anderen Verständnis des Kündigungsschutzes zu beruhen. Es handelt sich nicht um Ausnahmetatbestände vom Grundsatz der Kündbarkeit eines Miet-

137

1 Zum Fall: Die Kündigung wegen Eigenbedarfs erfolgte zum 28. Februar. Eine Alternativwohnung war von deren Mieter zuvor zum 31. März gekündigt worden. 2 Schumacher WuM 2004, 508; Timme NZM 2006, 249; kritisch auch Kappus NZM 2003, 657; Wiek DWW 2003, 297; befürwortend dagegen Häublein NZM 2003, 970. 3 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 118.

1401

Rn. XI 138

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

verhältnisses, sondern der Grundsatz besteht in der Unkündbarkeit geschützter Wohnraummietverhältnisse, es sei denn, dass Kündigungstatbestände i.S. von § 573 BGB vorliegen. Daraus ist zu schließen, dass die Pflicht des Vermieters, die Folgen einer Kündigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten, bei solchen Kündigungstatbeständen, die allein in seiner Sphäre angesiedelt sind, sich auf die Abfederung der Unbillen eines unfreiwilligen Auszuges schlechthin bezieht. Die Grenzen hierfür ergeben sich aus einer Interessenabwägung. Für den Vermieter kann es gleichgültig sein, ob er die freigewordene Wohnung an den bisherigen Mieter oder an einen Dritten vermietet, sofern er sie nicht selbst benötigt. Der Mieter mag hingegen selbst entscheiden, ob er die frei gewordene Wohnung beziehen will oder nicht; unter Umständen ist er wegen eigener Handicaps auf dem Wohnungsmarkt auf die Hilfe des Vermieters angewiesen.1 Den Umzug kann dieser ihm – so oder so – ohnehin nicht abnehmen. 138

Dem wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieter ist bislang ein berechtigtes Interesse an einer Grundbucheinsicht (§ 12 GBO) zugebilligt worden, wenn er geltend macht, prüfen zu wollen, ob der Vermieter noch anderen Grundbesitz hat, in dem sich möglicherweise freistehende oder freiwerdende Wohnungen befinden. Die Einsicht soll sich auf Abteilung I des Grundbuchs und das dort in Bezug genommene Bestandsverzeichnis beschränken, BayObLG – Beschl. v. 9.12.1992 – WM 1993, 135, LG Mannheim WuM 1992, 130; a.A. LG Hamburg WuM 1993, 136.

Folgt man der Rspr. des BGH zur räumlichen Begrenzung der Anbietpflicht, so kommt dem Einsichtsrecht kaum noch praktische Bedeutung zu. 139

Das Gleiche gilt für den dem Mieter zugebilligten Auskunftsanspruch gegen den Vermieter über den zu dessen Verfügung stehenden Grundbesitz sowie darüber, welche Wohnungen innerhalb dieses Grundbesitzes frei sind und frei geworden bzw. gekündigt worden sind, LG Berlin MM 1994, 21 = NJW-RR 1994, 850 = WuM 1994, 75.

Allerdings bestehen Bedenken, dem Mieter einen solchen Anspruch einzuräumen, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Alternativwohnung vorhanden ist. 140

Andererseits kann der Vermieter durch das Angebot einer Ersatzwohnung ein fehlendes Freimachungsinteresse, insbesondere fehlende Voraussetzungen für einen Eigenbedarf, nicht kompensieren, LG Mannheim WuM 1991, 692.

141

Das Gegenstück zur Anbietpflicht des Vermieters ist die Pflicht des Mieters, sich binnen der Annahmefrist (s. § 147 BGB) für oder gegen die ihm angebotene Alternativwohnung zu entscheiden.2 Bei der Bemessung der Frist wird die 1 Beispiele: Der Mieter zählt zu einer gesellschaftlichen Randgruppe, er hat nur ein geringes Einkommen, ist arbeitslos, hat viele Kinder usw. 2 S. dazu Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 121 f.; Wiek DWW 2003, 297, 298.

1402

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 144

Gelegenheit, die Wohnung vor der Anmietung zu besichtigen, einzubeziehen sein. bbb) Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches Kern des Eigenbedarfs ist der Selbstnutzungswunsch des Vermieters bzw. sein Wunsch, eine Bedarfsperson die Wohnung nutzen zu lassen. Da es sich hierbei um einen sowohl im subjektiven Bereich angesiedelten als auch in die Zukunft gerichteten Umstand handelt, ist die Gefahr des Missbrauchs nicht von der Hand zu weisen.1 Deshalb haben die Gerichte sämtlichen vom Mieter vorgetragenen Gesichtspunkten nachzugehen, welche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Selbstnutzungswunsches begründen,

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BVerfG – Urt. v. 14.2.1989 – BVerfGE 79, 292, 305 = NJW 1989, 970 = WuM 1989, 114, 117, BVerfG – Beschl. v. 29.11.1990 – DWW 1991, 77 = WuM 1991, 147.

So hat das Gericht auch Beweisanträgen des Mieters nachzugehen, die die Glaubwürdigkeit der vom Vermieter benannten Bedarfsperson infrage stellen oder herabsetzen, BVerfG – Beschl. v. 14.9.1989 – NJW 1989, 3007 = WuM 1989, 481.

Die Ernsthaftigkeit des Erlangungsinteresses ist zu verneinen, wenn der Entschluss zur Selbstnutzung noch nicht über das Stadium einer allgemeinen Absicht (z.B. des späteren Zusammenlebens mit einem Partner) hinausgekommen ist,2

143

LG Aachen WuM 1990, 301.

Auch kann sie auf Grund der Lebensführung des Vermieters als widerlegt angesehen werden,3 AG Köln WuM 1989, 245.

Zweifel an der Ernsthaftigkeit können sich ergeben aus einem früher vorgetäuschten Eigenbedarf, LG Karlsruhe ZMR 1989, 427,

oder dem Umstand, dass der Vermieter einen unliebsamen Mieter loswerden will, LG Lübeck WuM 1989, 516,4 1 Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 48 f. 2 S. dazu Blank/Börstinghaus BGB § 573 Rn. 51. 3 Zum Fall: Kündigt der Vermieter, weil die Mietwohnung wesentlich näher zum Arbeitsplatz liegt und er aus Gesundheitsgründen den weiten Weg nicht mehr verkraftet, so ist dem entgegenzuhalten, dass er den Weg jahrelang auf sich genommen hat, ohne auf zwischenzeitlich freigewordene Wohnungen im Hause zurückzugreifen. S. jedoch BVerfG – Beschl. v. 20.5.1999 – NZM 1999, 659 = ZMR 1999, 531: Dem Vermieter kann nicht entgegengehalten werden, dass er sich – Jahre vor der Kündigung – mit einer für ihn jetzt als unzureichend erkannten Wohnsituation abgefunden hat. 4 Zum Fall: In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärte der klagende Vermieter u.a. „Es sind 5 Leute im Haus, die ich lieber heute als morgen los

1403

144

Rn. XI 145

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

oder aus den wechselnden Einlassungen des Vermieters im Prozess, LG Frankfurt a.M. WuM 1989, 517, LG München I WuM 1990, 346,

oder aus einem kurz zuvor misslungenen Versuch, den Mietzins zu erhöhen, LG Limburg WuM 1991, 111, LG Köln WuM 1995, 109,

oder wenn die gekündigte Wohnung für den geltend gemachten Bedarf objektiv ungeeignet ist, LG München I WuM 1990, 346.

Die Plausibilität des Eigenbedarfs ist verneint worden, wenn der Vermieter die Wohnung einem Makler vorübergehend zum Verkauf an die Hand gibt, der die Wohnung dann auch als kurzfristig freistehend anbietet, LG Kleve WM 1991, 271.

145

Ebenso wenig ist die Ernsthaftigkeit der Absicht zur Eigennutzung gegeben, wenn der Vermieter die Wohnung zunächst Dritten und auch dem Mieter zum Kauf anbietet und erst nach Ablehnung seines Angebots durch den Mieter diesen wegen Eigenbedarfs kündigt, LG Hamburg WuM 2008, 92, 93, AG München ZMR 2004, 44.

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Dem Vermieter wird eine angemessene Zeit zugebilligt, um nach Erlangung des Besitzes an der Wohnung seinen Eigenbedarf zu verwirklichen (s. z.B. Rn. XI 85). Überzieht er diese Frist wesentlich, so indiziert dies, dass seinem Selbstnutzungswunsch zum Zeitpunkt der Kündigung die Ernsthaftigkeit fehlte. Damit ist die Eigenbedarfskündigung unbegründet und kann dazu führen, dass sich der Vermieter gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig macht (s. Rn. XI 173), BVerfG – Beschl. v. 26.9.2001 – WuM 2001, 21 = ZMR 2002, 181.1

Ein Zeitraum, der die normalerweise erforderliche Dauer überschreitet, reicht dafür nicht aus,2 BGH – Urt. v. 18.5.2005 – MDR 2005, 1218 = NZM 2005, 580 = WuM 2005, 521.

147

Die Ernsthaftigkeit des Erlangungsinteresses ist im Prozess vom Vermieter darzulegen und ggf. zu beweisen. Das Bestreiten des Mieters ist in diesem sein möchte. Zu denen gehören die Beklagten. Diese Leute nenne ich Querulantenverein. ... Für mich sind Scherereien mit den Mietern genügend Grund, ihnen zu kündigen.“ 1 Zum Fall: Zwischen der Geltendmachung des Eigenbedarfs und dem Einzug des Vermieters lag ein Zeitraum von nahezu 6 Jahren. Auch unter Zubilligung einer angemessenen Frist zur Renovierung in Eigenleistung sprach diese lange Dauer gegen die Ernsthaftigkeit des Selbstnutzungswunsches. 2 Zum Fall: Der Vermieter, der eine Souterrainwohnung bewohnte, kündigte das Mietverhältnis über die im selben Haus belegene Erdgeschosswohnung, weil er in die größere, hellere und trockene Wohnung einziehen wolle. Der Mieter zog zum 1.9.1999 aus der Wohnung aus. Der Vermieter nahm Sanierungsarbeiten in dieser Wohnung vor, die sich bis in das Jahr 2002 hinzogen. Die Wohnung vermietete er darauf und blieb in der Souterrainwohnung, die er ausgebaut und vergrößert hatte, wohnen.

1404

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 150

Zusammenhang auch dann beachtlich, wenn es auf bloßen Vermutungen zu den vom Vermieter vorgetragenen inneren Umständen beruht, BVerfG – Beschl. v. 30.6.1993 – NJW 1993, 2165 = WuM 1993, 380, BVerfG – Beschl. v. 13.1.1995 – WuM 1995, 140 = ZMR 1995, 150.

Anders verhält es sich, wenn der Mieter Schadensersatz wegen einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung verlangt und die mangelnde Ernsthaftigkeit des Nutzungswillens als anspruchsbegründende Tatsache behauptet (s. dazu Rn. XI 182). ccc) Missbräuchlicher Eigenbedarf Die missbräuchliche Eigenbedarfskündigung entfaltet keine Rechtswirkungen. Als Missbrauch ist die Eigenbedarfskündigung bewertet worden, wenn sie schon einen Monat nach Abschluss des Mietvertrages bzw. 11 Monate nach Verlängerung des Mietvertrages auf unbestimmte Zeit ausgesprochen wurde,

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LG Heidelberg WuM 1991, 270, LG Trier NJW-RR 1992, 718; anders AG Detmold DWW 1988, 216 nach einer Mietzeit von 61/2 Monaten, wenn es zu Unzuträglichkeiten und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mietparteien gekommen ist.

Das Gleiche gilt, wenn die Eigenbedarfskündigung auf Gründe gestützt wird, die schon bei Abschluss des Mietvertrages vorlagen,1

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BVerfG – Beschl. v. 19.7.1993 – NJW-RR 1993, 1357 = ZMR 1993, 505: Die Auffassung, dass eine Eigenbedarfskündigung nicht aus Gründen ausgesprochen werden darf, die bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorgelegen haben, ist einfachrechtlich durch den Vertrauensgrundsatz (§ 242 BGB) gerechtfertigt.

In diesem Zusammenhang kann es zu einer Überschneidung mit der Vorhersehbarkeit des Eigenbedarfs kommen, z.B. was einen (künftigen) Pflegebedarf betrifft (s. Rn. XI 103, 158, 161). Ein Missbrauch des Kündigungsrechts ist auch für den Fall bejaht worden, dass der Vermieter einen rechtskräftigen Räumungstitel bezüglich einer anderen Wohnung hat, die seinen Wohnbedarf decken würde, LG Berlin NJW-RR 1992, 336.

Hat die Bedarfsperson den Wohnbedarf dadurch herbeigeführt, dass sie eine zum Selbstbezug geeignete Wohnung vermietet hat, so ist die Geltendmachung des Eigenbedarfs treuwidrig, LG Hannover WuM 1992, 488.

Etwas anderes kann aber gelten, wenn vernünftige und nachvollziehbare Gründe bestehen, die Alternativwohnung nicht zu beziehen.

1 S. zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 109; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 53; zu weiteren Indizien für einen missbräuchlichen Eigenbedarf s. Schmidt-Futterer/ Blank BGB § 573 Rn. 59.

1405

150

Rn. XI 151 151

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Eine missbräuchliche Kündigung wegen Eigenbedarfs liegt auch vor, wenn der Eigenbedarf durch eine freie Alternativwohnung (s. dazu Rn. XI 124, 125 f.) hätte gedeckt werden können, LG Lübeck WuM 1989, 516.

Das ist z.B. zu verneinen, wenn die freigewordene Wohnung nicht mehr dem Wohungsmarkt zugeführt werden, sondern anderweitig genutzt werden soll, etwa für eine andere Person oder zu gewerblichen Zwecken, BVerfG – Beschl. v. 23.11.1993 – NJW 1994, 435 = WuM 1994, 13 = ZMR 1994, 61: Der Vermieter ist nicht verpflichtet, unvermietete ihm gehörende Wohnungen dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen, sofern er für diese keinen Eigenbedarf geltend machen kann. Steht eine Wohnung leer, ist also nicht ein Mietverhältnis über sie zu kündigen, so kann der Vermieter sie nach seinen eigenen Vorstellungen nutzen.

Ein Missbrauch der Eigenbedarfskündigung ist dagegen verneint worden, wenn der Vermieter in der Lage wäre, mit mehr oder weniger großem finanziellen Aufwand seine bisherige Wohnung so zu verändern, dass sie zumindest durchschnittlichen Wohnbedürfnissen genügen würde, LG Berlin MM 1994, 327 (Installation von Bad und Warmwasserbereiter).

ddd) Überhöhter Bedarf 152

Der Vermieter kann den Umfang seines Wohnbedarfs grundsätzlich selbst bestimmen, ohne dass in diesen Bereich der Lebensplanung eingegriffen werden darf (s. Rn. XI 35, 45, 114). Insbesondere ist es den Gerichten versagt, den geltend gemachten Wohnbedarf darauf zu überprüfen, ob er aus Gründen der Wohnraumbewirtschaftung gerechtfertigt ist, ob der Vermieter in seiner jetzigen Wohnung angemessen untergebracht ist oder eine vorhandene Alternativwohnung objektiv und generell geeignet ist, seinen Wohnbedarf zu decken, BVerfG – Beschl. v. 19.3.1993 – NJW 1993, 1637 = ZMR 1993, 315.

153

Erst die Geltendmachung eines weit überhöhten Wohnbedarfs kann rechtsmissbräuchlich sein.1 Er ist zunächst anhand objektiver Kriterien auf Grund tatsächlicher Feststellungen und einer Würdigung im Einzelfall nachprüfbar. In diesem Zusammenhang kann auch die langfristige Lebensplanung des Vermieters oder der Bedarfsperson erheblich sein. Ferner ist die Haushaltsgröße des Mieters (hier: Ehepaar) gegenüber der Wohnungsgröße und der beabsichtigten Selbstnutzung und Bedarfsentwicklung seitens des Vermieters (hier Familiengründung mit Kindern) zu berücksichtigen,2

1 S. dazu zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 82, 112; Emmerich/Sonnenschein/ Haug Rn. 54; Lammel Rn. 81; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 141. 2 Beispiel: Bewohnt der Mieter mit seiner Ehefrau eine 150 qm große Wohnung, so kann er keinen überhöhten Wohnbedarf reklamieren, wenn die Wohnung ebenfalls nur von zwei Personen bezogen werden soll.

1406

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 156

BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – WM 1994, 184 = ZMR 1994, 145, LG Potsdam GE 1999, 647.1

Deshalb kann der alleinstehende Vermieter in jedem Fall den Wohnflächenbedarf geltend machen, den der allein stehende Mieter vertraglich beanspruchen konnte, ohne dass ihm entgegengehalten werden kann, er beanspruche eine zu große Wohnung, OLG Düsseldorf – Urt. v. 11.6.1992 – WuM 1993, 49 = ZMR 1992, 386, LG Hamburg WuM 1990, 23.

Ein weit überhöhter Bedarf ist bejaht worden, wenn eine 3-Zimmer-Wohnung oder ein Einfamilienhaus für das alleinstehende Kind herausverlangt wird,

154

LG München I WuM 1990, 346, vgl. auch LG Köln WuM 1990, 119, AG Bonn WuM 1990, 214.

Das Gleiche ist für die Kündigung eines Mietverhältnisses über eine 4-Zimmer-Wohnung zu Gunsten einer 22-jährigen Studentin angenommen worden, LG Frankfurt WuM 1990, 479, das BVerfG – Beschl. v. 23.8.1990 – WuM 1990, 480 hat die Verfassungsbeschwerde des Vermieters zurückgewiesen,

ebenso – eine 3-Zimmerwohnung mit 105 qm und einer Miete von 950 DM für eine 18-jährige Schülerin: LG Bremen WuM 1992, 20, – eine Wohnung mit 150 qm für einen Studenten: AG Schöneberg WuM 1992, 19, – eine 134 qm große und 2030 DM teure Wohnung für eine Studentin: AG Bonn WuM 1992, 613, – eine 100 qm große Wohnung für einen Alleinstehenden, der bisher in einer 50 qm großen Wohnung lebte: LG Münster WuM 1992, 372, – eine 84 qm große Penthouse-Wohnung bei einer Miete von 700 DM für einen 19-jährigen Auszubildenden. Das kann jedoch nur unter der Voraussetzung gelten, dass keine vernünftigen Gründe nachvollziehbar dargelegt werden, aus denen sich der Bezug der objektiv übermäßig großen Wohnung rechtfertigt.

155

Demgegenüber ist ein überhöhter Bedarf verneint worden, wenn der Vermieter eine 4-Zimmer-Wohnung für seinen Sohn und dessen Gefährtin kündigt,

156

LG Kassel WuM 1989, 416, LG Hannover WuM 1989, 418,

ebenso, wenn sich das Herausgabeverlangen des Vermieters auf eine Wohnfläche von 432 qm für eine vierköpfige Familie bezieht, wenn der Vermieter bisher mit einer Wohnfläche von 85 qm auskommen musste, LG Hamburg ZMR 2004, 39.

1 Zum Fall: Kündigung einer 80 qm großen Wohnung zu Gunsten der 23-jährigen studierenden Tochter des Vermieters, die beabsichtigt, ihren Verlobten in die Wohnung aufzunehmen.

1407

Rn. XI 157 157

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Indizielle Bedeutung für die Ernsthaftigkeit des Nutzungswillens kommt in diesem Zusammenhang dem Umstand zu, ob der Vermieter bzw. die Bedarfsperson bereits eine selbständige Lebensstellung erlangt hat, um die herausverlangte Wohnung sich leisten zu können, LG Berlin NJW-RR 1994, 850 für eine berufstätige Einzelperson eine Wohnfläche von 150 qm bei Bedarf auch eines Arbeitszimmers.

eee) Vorhersehbarer Bedarf 158

Die Auffassung, dass eine Eigenbedarfskündigung nicht aus Gründen ausgesprochen werden darf, die bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorgelegen haben (vgl. LG Karlsruhe WuM 1988, 276, AG Köln WuM 1988, 90), ist durch den Vertrauensgrundsatz gerechtfertigt und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden,1 BVerfG – Urt. v. 14.2.1988 – BVerfGE 79, 292, 305 = NJW 1989, 970 = WuM 1989, 114, BVerfG – Beschl. v. 19.7.1993 – NJW-RR 1993, 1357 = WM 1994, 132 = ZMR 1993, 305, BVerfG – Beschl. v. 19.10.1993 – BVerfGE 889, 237 = NJW 1994, 308 = WuM 1994, 127: Der Vermieter hat es in der Hand, sich den späteren Zugriff auf sein Eigentum über die gesetzlichen Kündigungsvorschriften hinaus zu erschweren. Bietet sich das Mietobjekt objektiv für eine Aufteilung in mehrere Wohnungen an, so lässt sich das regelmäßig schon bei der Vermietung übersehen. Vermietet der Eigentümer das Objekt gleichwohl einheitlich, kann er daran festgehalten werden.

Dagegen kann aus der Vereinbarung einer Staffelmiete kein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Mieters gefolgert werden, dass der Vermieter sich langfristig habe binden wollen (anders AG Hamburg-Bergedorf NJW-RR 1993, 1292). 159

In der bisherigen Rspr. ist für die Vorhersehbarkeit darauf abgestellt, ob dem Vermieter zuzumuten war, einen Zeitmietvertrag nach § 564c Abs. 2 BGB a.F. über die gekündigte Wohnung abzuschließen, um auf diese Weise seinen absehbaren Bedarf leichter und für den Mieter vorhersehbar zu decken. Daraus resultiert die Anknüpfung an die frühere zeitliche Höchstbegrenzung von 5 Jahren als Frist für eine Vorausdisposition.2 Die Zumutbarkeit, einen Zeitmietvertrag abzuschließen, ist jedoch zu verneinen, wenn der Befristungsgrund (s. nunmehr § 575 BGB und dazu Rn. X 127 f.) auf eine bloße Spekulation hinausliefe; denn dem vermietenden Eigentümer kann keine Lebensplanung abverlangt werden, die er bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht vorzunehmen brauchte,3 1 S. zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 109; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 53; Fischer-Dieskau/Franke Anm. 21.5; Lammel Rn. 86; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 133. 2 S. Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 159. 3 Zum Fall: Der Vermieter hatte 1988 eine Wohnung vermietet und war in das Anwesen seines Bruders gezogen, wo er seinerseits Wohnraum für sich anmietete. Der Bruder kündigte ihm 1991 wegen Familienzuwachses. Darauf kündigte der Vermieter die 1988 vermietete Wohnung, um sie selbst zu beziehen. Seine Räumungsklage wurde u.a. mit der Begründung abgewiesen, er habe ein Zusammenleben im Anwesen

1408

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 161

BVerfG – Beschl. v. 19.7.1993 – NJW-RR 1993, 1357 = WuM 1994, 132 = ZMR 1993, 505.

Die Vorhersehbarkeit ist daher situationsbedingt im Einzelfall zu bestimmen. Der Vermieter, der die bisher selbst genutzte Wohnung vermietet, obgleich er zunächst nur wegen einer 6-monatigen Probezeit für ein neues Beschäftigungsverhältnis die Wohnung wechselt, kann nicht kündigen, wenn die Anstellung fehlschlägt und er zum alten Wohnort zurückkehrt,

160

LG Berlin NJW-RR 1993, 661.

Ebenso wenig kann der Vermieter das Mietverhältnis nach nur einem halben Jahr seit Vertragsabschluss wegen Eigenbedarfs kündigen, weil die Wohngemeinschaft mit einem Partner gescheitert ist, sofern er den Mieter bei Vertragsabschluss nicht auf die Möglichkeit des Scheiterns und seinen daraus folgenden Wohnbedarf hingewiesen hat, AG Winsen WuM 2006, 622.

Auch kann der Vermieter nicht wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er seine bisherige Wohnung in der Nähe seines Arbeitsplatzes aufgegeben hat, um anderen Orts zu wohnen, in der Folge aber die räumliche Nähe zum Arbeitsplatz wieder herstellen will, um die Erschwernisse der täglichen Fahrt zum Arbeitsplatz zu verringern, ohne dass sich sein ursprünglich schon belasteter Gesundheitszustand verschlechtert hätte, LG Frankfurt a.M. WuM 2007, 635 = ZMR 2008, 626.

An die Vorhersehbarkeit des Bedarfs werden unterschiedliche Anforderungen gestellt. Für den künftigen Wohnbedarf eines heranwachsenden Kindes ist eine planende Vorausschau für mehrere Jahre verlangt worden, häufig – überzogen – für einen Zeitraum von 5 Jahren,1 LG Wuppertal WuM 1991, 691, LG Hamburg WuM 1993, 667: Der Vermieter hatte bei Abschluss des Mietvertrages einen Sohn von 16 Jahren – Vorausschau von 5 Jahren; LG Hamburg WuM 1993, 50 = ZMR 1993, 79, 667 = NJW-RR 1994, 465: Der Vermieter hatte eine Tochter von 18 Jahren – Vorausschau von etwa 5 Jahren; LG Paderborn WuM 1994, 33: bei heranwachsenden Kindern – Vorausschau von 5 Jahren.

Entsprechendes gilt für einen Pflegebedarf eines alten, gebrechlichen Menschen, LG Ravensburg WuM 2003, 332.

Vermietet der Vermieter eine Wohnung, die er im Falle seiner Erkrankung selbst beziehen will, so muss er bei Abschluss des Mietvertrages sein Erkranseines Bruders nur für ca. 3 Jahre planen und die Familienvergrößerung voraussehen müssen. Daher hätte er 1988 nur einen Zeitmietvertrag nach § 564c Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. auf ca. 3 Jahre abschließen dürfen. Das BVerfG hat diese Auffassung als verfassungswidrig missbilligt. 1 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 137.

1409

161

Rn. XI 162

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

kungsrisiko (oder dasjenige einer Bedarfsperson) in Erwägung ziehen. Er ist insoweit vor Vertragsabschluss offenbarungspflichtig, AG und LG Gießen WuM 2004, 470, 723 = ZMR 2004, 823.1

Fraglich ist, ob die Vorhersehbarkeit auch dann anzunehmen ist, wenn die Erkrankung bei Vertragsabschluss bekannt war und eine weitere Verschlechterung, die den späteren Bedarf begründete, nicht ausgeschlossen werden konnte, so AG Bremen WuM 2008, 730. 162

Allerdings setzt die Offenbarungspflicht voraus, dass für die künftige Entstehung des Eigenbedarfs greifbare Anhaltspunkte bei Vertragsabschluss vorliegen. Bloße Spekulationen reichen nicht aus, ohne dass aber eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des späteren Bedarfs gegeben sein muss, LG Ravensburg WuM 2003, 332. Andererseits sind großzügigere Maßstäbe verwendet worden. So muss der Vermieter den späteren Eigenbedarf eines 16-jährigen Kindes im Vorgriff auf 6 Jahre nicht berücksichtigen, LG Stuttgart WuM 1989, 249. Das Gleiche ist für den Fall angenommen worden, dass zur Familie des Vermieters heranwachsende Kinder gehören, von denen er nicht weiß, wann sie sich vom elterlichen Haus lösen und an welchem Ort sie selbständig leben wollen, LG Mannheim DWW 1990, 309. fff) Vorratskündigung

163

Eine Vorratskündigung liegt vor, wenn sie das Mietverhältnis zu einem Zeitpunkt beenden soll, zu dem der Bedarf des Vermieters vorhersehbar nicht gegeben sein wird.2 Derartige Vorratskündigungen sind unzulässig, BVerfG – Beschl. v. 26.9.2001 – WuM 2002, 21, 22 Sp. 1 a.E., BGH – Urt. v. 18.5.2005 – NZM 2005, 580 = WuM 2005, 521 = ZMR 2005, 702.

Sie sind jedoch von solchen Kündigungen abzugrenzen, denen auf Grund der Lebensplanung des Vermieters ein künftiger Bedarf zugrunde liegt. Unterscheidungsmerkmal ist, ob der Selbstnutzungswunsch des Vermieters durch gegenwärtige beachtliche Gründe motiviert ist, BVerfG – Beschl. v. 23.8.1990 – NJW 1990, 3259 = WuM 1990, 479, 480.

164

Eine unzulässige Vorratskündigung ist angenommen worden, wenn der Vermieter vorsorglich mehrere Wohnungen wegen Eigenbedarfs kündigt; daran soll auch nichts ändern, wenn er die anderen Kündigungen später „zurücknimmt“; denn die Rechtmäßigkeit der Kündigung richtet sich nach den Verhältnissen zur Zeit ihres Ausspruchs,

1 Zum Fall: Der im Ausland lebende Vermieter hatte bei Vertragsabschluss geäußert, er plane keine Rückkehr nach Deutschland. Später behauptete er im Rahmen der Eigenbedarfskündigung, sein (bei Vertragsabschluss verschwiegener) Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. 2 S. dazu Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 62.

1410

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 166

LG Köln WuM 1991, 590, ebenso LG München I WuM 1992, 612 für Kündigung wegen Abbruchs des Hauses und Neubau eines Eigenheims, wenn die Abbruch- und die Baugenehmigung erst erheblich längere Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist erteilt wurden.

Dagegen liegt keine unzulässige Vorratskündigung vor, wenn die mit der Kündigung vom Vermieter angestrebte deutliche Verbesserung der Wohnverhältnisse auch die Möglichkeit einer späteren, weiter gehenden Wohnnutzung (hier: Räume als Kinderzimmer) einschließt,

164a

BVerfG – Beschl. v. 19.3.1993 – WuM 1994, 130 = ZMR 1993, 315, ebenso BVerfG – Beschl. v. 2.2.1994 – WuM 1994, 184 = ZMR 1994, 145.

Das soll allgemein gelten, wenn in einer Partnerschaft ein Wunsch nach Kindern und Familiengründung besteht (s. Rn. XI 119), BVerfG – Beschl. v. 20.2.1995 – GE 1995, 418 = WuM 1995, 260 = ZMR 1995, 198.

Entsprechendes gilt für einen künftigen Pflegebedarf (s. Rn. XI 103), auch wenn die Pflegeperson noch nicht feststeht, LG Hamburg WuM 1990, 302, 303, LG Saarbrücken WuM 1992, 690.

ggg) Verzicht auf Eigenbedarfskündigung Der Vermieter kann auf die Möglichkeit, das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, verzichten. Erfolgt der Verzicht im Wege der Vereinbarung, so ist er für ihn bindend. Soll er für mehr als ein Jahr gelten, so wird hierfür die Wahrung der Schriftform nach § 550 S. 1 BGB gefordert,

165

BGH – Urt. v. 4.4.2007 – NZM 2007, 399 = WuM 2007, 272 = ZMR 2007, 531, LG Hamburg ZMR 2001, 895.

Das rechtfertigt sich aus dem Schutz des Informationsinteresses eines künftigen Grundstückserwerbers. Ist die Schriftform nicht gewahrt, so beschränkt sich der Verzicht auf den verzichtenden Vermieter, während ein späterer Erwerber hieran nicht gebunden ist. Handelt es sich nur um eine einseitige Erklärung des Vermieters, so liegt ein Verzicht im Rechtssinne nicht vor. Gleichwohl muss sich der Vermieter an die Erklärung nach Treu und Glauben festhalten lassen; anderenfalls würde er unzulässig gegen sein eigenes vorangegangenes Verhalten verstoßen.1 Auch ist in Betracht zu ziehen, die einseitige Zusage des Vermieters im Rahmen der Sozialklausel nach § 574 BGB zu werten, wenn die Eigenbedarfskündigung innerhalb eines vorausschaubaren Zeitraums – in der Regel fünf Jahre – erklärt wird. Das kann jedoch nicht für den in das Mietverhältnis eintretenden Grundstückserwerber gelten, AG Steinfurt WuM 2006, 43.

hhh) Wegfall des Eigenbedarfs Wegen der in die Zukunft gerichteten Wirkung des Kündigungsgrundes „Eigenbedarf“ genügt es nicht, dass dieser Grund bei Ausspruch der Kündigung 1 Anders Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 40.

1411

166

Rn. XI 167

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

vorlag. Vielmehr muss er – zumindest – bis zur Beendigung des Mietverhältnisses, d.h. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gegeben sein, nach hier vertretener Auffassung darüber hinaus bis zu seiner Realisierung (s. Rn. XI 58, 136). Demzufolge ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, dem Mieter den Wegfall des Eigenbedarfs anzuzeigen, BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NJW 2006, 220 = NZM 2006, 50 = WuM 2005, 782 = ZMR 2006, 119, OLG Karlsruhe – RE v. 7.10.1981 – NJW 1982, 54 = WuM 1982, 11 = ZMR 1982, 50.

Diese zunächst aus Treu und Glauben abgeleitete Pflicht folgt nunmehr aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB.1 Eine entsprechende Mitteilungspflicht besteht, wenn nach Ausspruch der Kündigung eine Alternativwohnung frei wird, die der Vermieter aber selbst nicht nutzen will (s. Rn. XI 129), OLG Karlsruhe – RE v. 27.1.1993 – NJW-RR 1993, 660 = WuM 1993, 105 = ZMR 1993, 159.

Unterlässt der Vermieter die gebotene Mitteilung, so kann dies strafrechtlich als Prozessbetrug zu werten sein, OLG Zweibrücken – Beschl. v. 15.7.1982 – NJW 1983, 694 = WuM 1983, 209, AG Wittlich, OLG Koblenz – Beschl. v. 22.7.1988 – WuM 1989, 253, 254.

167

Unterschiedlich ist bisher beantwortet worden, bis zu welchem Zeitpunkt eine Benachrichtigungspflicht besteht: – bis zum Ablauf der Kündigungsfrist: LG Köln WuM 1993, 195, LG Stuttgart WuM 1991, 41 (selbst wenn der Mieter während des Laufs der Kündigungsfrist ausgezogen ist), – bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, längstens jedoch bis zur Räumung: OLG Karlsruhe – RE v. 7.10.1981 – NJW 1982, 54 = WuM 1982, 11 = ZMR 1982, 50, – bis zur Räumung: BayObLG WuM 1987, 129 = ZMR 1987, 222, LG Berlin ZMR 1994, 18, LG Hamburg WuM 2005, 134 = ZMR 2005, 127,2 – während des Räumungsrechtsstreits: OLG Zweibrücken – Beschl. v. 15.7.1982 – WuM 1983, 209 = ZMR 1983, 237, LG Lübeck WuM 1999, 336, so dass der Vermieter den Räumungsrechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären muss, – bis zum Abschluss des Räumungsrechtsstreits: AG Wittlich, OLG Koblenz – Beschl. v. 22.7.1988 – WuM 1989, 253, – noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung: LG Braunschweig WuM 1989, 573, – bis zur Realisierung des Eigenbedarfs: LG Siegen WuM 1992, 147, 148. Die Informationspflicht wird verneint, wenn der Vermieter einen Räumungstitel erwirkt hat und der Eigenbedarf erst nach Rechtskraft weggefallen ist, LG Köln WuM 1994, 212. 1 S. hierzu Blank WuM 2004, 243; Timme NZM 2006, 249, 251. 2 Aufgehoben von BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NJW 2006, 220 = WuM 2005, 782 = ZMR 2006, 119.

1412

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 171

Nach der Rspr. des BGH bestehen Treupflichten des Vermieters nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, weil dann das Mietverhältnis erlischt und der Mieter, der nicht geräumt hat, sich vertragswidrig verhält. Diese für die Anbietpflicht begründete Rspr. (s. Rn. XI 57, 134) hat der BGH auf die Informationspflicht übertragen,1

168

BGH – Urt. v. 9.11.2005 – NJW 2006, 220 = NZM 2006, 50 = WuM 2005, 782 = ZMR 2006, 119: Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, so ist dies nur dann zu berücksichtigen, wenn der Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist; in diesem Fall ist der Vermieter zu einer entsprechenden Mitteilung an den Mieter verpflichtet. Aus den Gründen: Solange die Rechtswirkungen der Kündigung noch nicht eingetreten sind, sprechen keine zwingenden Gründe dagegen, vielmehr erfordert es der Schutz des Mieters, einer zunächst wirksamen Kündigung nachträglich ihre Wirksamkeit abzusprechen, wenn dies aus überwiegenden Gesichtspunkten, etwa dem Verbot des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB), geboten erscheint. Mit dem rechtlichen Ende des Mietverhältnisses erlischt das Besitzrecht des Mieters. Auf den eigentumsgleichen Rang seines auf dem Mietvertrag beruhenden Rechts zum Besitz an der Wohnung kann er sich nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr berufen. Aus diesen Gründen versagt hier auch das Gebot der Schonung des vertragstreuen Mieters. Ein Mieter, der die gemietete Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, verhält sich nicht mehr vertragstreu; auf ein Verschulden kommt es insoweit nicht an.

Die Auffassung des BGH soll zwar verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein, weil sie nicht auf einer grundsätzlichen Verkennung von Bedeutung und Reichweite der auch das Besitzrecht des Mieters schützenden Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG beruht,

169

BVerfG – Beschl. v. 18.4.2006 – NZM 2006, 459 = WuM 2006, 300.

Schon dagegen bestehen Bedenken (s. Rn. XI 51); abgesehen davon ist damit über die materiell-rechtliche Bewertung noch nichts Abschließendes ausgesagt. Der Auffassung des BGH kann nicht gefolgt werden; denn sie wird dem Kündigungstatbestand „Eigenbedarf“ nicht gerecht (s. dazu Rn. XI 58, 60). Nach hier vertretener Auffassung besteht die Mitteilungspflicht auch nach Beendigung des Mietverhältnisses und über die Räumung der Wohnung durch den Mieter hinaus (s. Rn. XI 62). Verfassungsrechtlich soll es aber nicht zu beanstanden sein, dass das Fachgericht die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung des Mieters, eine freistehende Wohnung sei an einen Dritten vermietet worden, unberücksichtigt lässt,

170

BVerfG – Beschl. v. 7.6.1991 – WuM 1991, 465, 466.

Bejaht man eine Informations- und Anbietpflicht des Vermieters über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus, so kann der Mieter den nachträglichen Wegfall des Erlangungsinteresses nach Titulierung des Räumungsanspruchs im Wege der Zwangsvollstreckungsgegenklage geltend machen,2 1 Dagegen Timme NZM 2006, 249. 2 Schmidt-Futterer/Blank BGB § 573 Rn. 72.

1413

171

Rn. XI 172

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

LG Heidelberg WuM 1992, 30, LG Siegen WuM 1992, 147, AG Bonn WuM 1991, 495, s. zum rechtlichen Gehör in einem derartigen Verfahren BVerfG – Beschl. v. 25.10.1990 – NJW 1990, 3259 = WuM 1990, 536.

172

Die Vollstreckungsgegenklage soll dagegen nicht begründet sein, wenn der Eigenbedarf wieder auflebt oder durch einen anderen Eigenbedarf ersetzt wird, LG Heidelberg WuM 1992, 30, weiter gehend LG Siegen WuM 1992, 147: Es genügt jeder Nutzungswunsch auch unterhalb der Schwelle des Eigenbedarfs.

ee) Schadensersatz wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung aaa) Ungerechtfertigte Kündigung 173

Eine schuldhaft unberechtigte Kündigung bedeutet eine Vertragsverletzung, die zum Schadensersatz nach § 280 BGB verpflichtet. Das gilt auch für Mietverhältnisse über Gewerberaum. Dabei ist unerheblich, ob sich das Verschulden des Kündigenden auf eine unrichtige Tatsachengrundlage oder auf eine unrichtige rechtliche Bewertung bezieht, BGH – Urt. v. 11.1.1984 – BGHZ 89, 296, 302 = MDR 1984, 571 = ZMR 1984, 163, 164, BGH – Urt. v. 14.1.1988 – NJW 1988, 1268, 1269 = ZMR 1988, 170, 172, BGH – Urt. v. 8.7.1998 – NZM 1998, 718, BGH – Urt. v. 18.5.2005 – NZM 2005, 580 = WuM 2005, 521 = ZMR 2005, 702.

174

Für die unberechtigte Kündigung wegen Eigenbedarfs gilt nichts anderes, BGH – Urt. v. 18.5.2005 – NZM 2005, 580 = WuM 2005, 521 = ZMR 2005, 702, OLG Karlsruhe – RE v. 7.10.1981 – NJW 1982, 54, BayObLG – RE v. 25.5.1982 – NJW 1982, 2003, ebenso BVerfG – Beschl. v. 30.5.1997 – WuM 1997, 361, Beschl. v. 26.9.1991 – WuM 2002, 21, 22; a.A. OLG Hamm – RE v. 31.1.1984 – WuM 1984, 95 = ZMR 1984, 129 bei lediglich unrichtiger Subsumption durch den Vermieter (s. Rn. XI 180 f.).

Hinsichtlich der Pflichtverletzung sind folgende Haupttatbestände zu unterscheiden:1 – Der Eigenbedarf besteht von Anfang an nicht, sondern wurde vorgespiegelt, – die Geltendmachung des Eigenbedarfs beruht auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung, – der Eigenbedarf ist nachträglich weggefallen, der Vermieter offenbart dies aber nicht (vgl. dazu Rn. XI 166 f.). Beschränkt man die Offenbarungspflicht des Vermieters zeitlich auf den Ablauf der Kündigungsfrist (s. Rn. XI 168), so hat die zuletzt genannte Fallgruppe nur noch geringe praktische Bedeutung. 175

Eine Schadensersatzpflicht infolge einer unberechtigten Kündigung kommt auch dann in Betracht, wenn die Kündigung formunwirksam ist, der Mieter 1 S. zu § 573 BGB: Blank/Börstinghaus Rn. 66; Emmerich/Sonnenschein/Haug Rn. 93; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 75.

1414

Kündigungsgründe bei befristeter Kündigung

Rn. XI 178

die formelle Unwirksamkeit der Kündigung erkannt, auf Grund mündlich dargelegter schlüssiger Eigenbedarfsgründe das Mietverhältnis dann jedoch einvernehmlich mit dem Vermieter beendet hat, obwohl tatsächlich kein Eigenbedarf bestand, BayObLG – RE v. 25.5.1982 – NJW 1982, 2003 = ZMR 1982, 277, OLG Karlruhe – RE v. 7.10.1981 – NJW 1982, 54 = ZMR 1982, 50: Ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung steht dem Mieter, der auf eine nicht ordnungsmäßig begründete Kündigung hin ausgezogen ist, jedenfalls dann zu, wenn ihm der Vermieter die Bedarfsgründe mündlich schlüssig dargelegt und der Mieter keine Veranlassung hatte, diesen Angaben zu misstrauen. Ebenso LG Mannheim WuM 1991, 693, LG Saarbrücken WuM 1992, 20, LG Mosbach WuM 1992, 192, LG Stuttgart WuM 1998, 30, LG Landau WuM 2004, 492.

Entscheidend ist der Vertrauenstatbestand, den der Vermieter durch seine unrichtigen Angaben erzeugt hat. Deshalb kann es dem Mieter auch nicht als Mitverschulden angerechnet werden, wenn er die Angaben des Vermieters nicht überprüft, sondern sich auf eine Mietaufhebungsvereinbarung eingelassen hat,

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OLG Karlruhe – RE v. 7.10.1981 – NJW 1982, 54 = ZMR 1982, 50: Der Schadensersatzanspruch wird in der Regel nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter infolge der scheinbar gerechtfertigten Kündigung den Mietvertrag mit dem Vermieter einvernehmlich vorzeitig beendet hat. LG Mannheim WuM 1991, 693: Ein Mitverschulden des Mieters liegt nicht vor, wenn er die Angaben des Vermieters zum Eigenbedarf nicht überprüft; es reicht, dass er keinen Anlass hat, den Angaben des Vermieters zu misstrauen. LG Stuttgart WuM 1998, 30: Das Erkennen der formellen Unwirksamkeit der Kündigung führt nicht zu einem Mitverschulden, wenn der Mieter auf Grund der behaupteten tatsächlichen Umstände davon ausgehen musste, dass diese die Geltendmachung des Eigenbedarfs gerechtfertigt hätten und die Berufung auf den Formmangel nur einen Aufschub der Räumungspflicht bewirkt hätte (so auch LG Saarbrücken WuM 1995, 173, LG Mannheim WuM 1995, 711). Anders LG Kassel WuM 1989, 392: Wenn das Fehlen eines Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben auf der Hand liege, sei dem Mieter eine Rechtsverteidigung zuzumuten. LG Mannheim WuM 1995, 711: wenn die Angaben des Vermieters die Beendigung des Mietverhältnisses – auch für den Laien erkennbar – nicht rechtfertigen würden.

Folgerichtig ist ein Schadensersatzanspruch des Mieters auch bejaht worden, wenn der Vermieter gegenüber dem Mieter schlüssig erklärt hat, dass er Eigenbedarf an der Wohnung habe, obwohl sein Entschluss zum Umzug in Wahrheit noch nicht sicher feststand, und der Mieter darauf freiwillig ausgezogen ist,

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LG Mannheim WuM 1991, 693.

Ein Mitverschulden des Mieters ist indes bejaht worden, wenn er die materielle Unbegründetheit der Kündigung erkannt hat, die Kündigung aber gleichwohl zum Anlass nimmt, auszuziehen, LG Berlin ZMR 1994, 330, LG Stuttgart WuM 1998, 30.

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178

Rn. XI 179

Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse

Näher liegt, in einem solchen Fall bereits die Kausalität zwischen Kündigung und Räumung zu verneinen. 179

Ist die Kündigung lediglich wegen eines formalen Begründungsmangels unwirksam (s. § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB), obwohl ein Kündigungsgrund gegeben ist, und zieht der Mieter darauf hin aus, so soll es entgegen hier vertretener Auffassung an der Kausalität zwischen der Kündigung und dem Schadenseintritt fehlen, LG Kiel WuM 1995, 169, 170.

Ebenso ist ein Schadensersatzanspruch des Mieters verneint worden, wenn der Mieter auf Grund einer Eigenbedarfskündigung zu Gunsten einer bestimmten Person geräumt hat, die Wohnung alsdann aber von einer anderen Person bezogen wird, zu deren Gunsten ebenfalls wegen Eigenbedarfs hätte gekündigt werden können, LG Münster WuM 1995, 171.

Das Gleiche gilt, – wenn der Mieter auf Grund einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs ohnehin zur Räumung verpflichtet gewesen wäre, LG Gießen WuM 1995, 163, – oder der Mieter weiß, dass der angegebene Kündigungsgrund nicht zutrifft, jedoch trotzdem räumt, LG Kiel WuM 1995, 169, 170 Sp. 2, – oder die fehlende Begründung so evident ist, dass den Mieter ein überwiegendes Mitverschulden trifft, wenn er trotzdem auszieht, LG Berlin ZMR 1994, 330, 331, s. auch Rn. XI 176, – oder der Mieter seinen freiwilligen Auszug anbietet und räumt, nachdem er eine Ersatzwohnung gefunden hat, LG Osnabrück WuM 1990, 435, ähnlich auch LG Arnsberg DWW 1990, 308. 180

Beruht die ungerechtfertigte Kündigung nicht auf der Vorspiegelung unrichtiger Tatsachen, sondern auf einer unrichtigen rechtlichen Wertung des Vermieters, so ist ein Schadensersatzanspruch ebenfalls verneint worden,1 OLG Hamm – RE v. 31.1.1984 – NJW 1984, 1044 = WM 1984, 94 = ZMR 1984, 129: Eine auf § 564b Abs. 2 Nr. BGB a.F. gestützte Kündigung – hier wegen geplanten Abbruchs des Gebäudes –, die nur deshalb unwirksam ist, weil die vom Vermieter angegebenen und dem Mieter mitgeteilten Kündigungsgründe nach richterlicher Beurteilung kein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ergeb