Wohnungseigentumsgesetz [4., neu bearbeitete Auflage] 9783504384241

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Wohnungseigentumsgesetz [4., neu bearbeitete Auflage]
 9783504384241

Table of contents :
Vorworte
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Allgemeine Literaturübersicht
I. Teil Wohnungseigentum
§ 1 Begriffsbestimmungen
1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums
§ 2 Arten der Begründung
§ 3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum
§ 4 Formvorschriften
§ 5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums
§ 6 Unselbständigkeit des Sondereigentums
§ 7 Grundbuchvorschriften
§ 8 Teilung durch den Eigentümer
§ 9 Schließung der Wohnungsgrundbücher
2. Abschnitt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
§ 10 Allgemeine Grundsätze
§ 11 Unauflöslichkeit der Gemeinschaft
§ 12 Veräußerungsbeschränkung
§ 13 Rechte des Wohnungseigentümers
§ 14 Pflichten des Wohnungseigentümers
§ 15 Gebrauchsregelung
§ 16 Nutzungen, Lasten und Kosten
§ 17 Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft
§ 18 Entziehung des Wohnungseigentums
§ 19 Wirkung des Urteils
3. Abschnitt Verwaltung
§ 20 Gliederung der Verwaltung
§ 21 Verwaltung durch die Wohnungseigentümer
§ 22 Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau
§ 23 Wohnungseigentümerversammlung
§ 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift
§ 25 Mehrheitsbeschluss
§ 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters
§ 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters
§ 28 Wirtschaftsplan, Rechnungslegung
§ 29 Verwaltungsbeirat
4. Abschnitt Wohnungserbbaurecht
§ 30 Wohnungserbbaurecht
II. Teil Dauerwohnrecht
§ 31 Begriffsbestimmungen
§ 32 Voraussetzungen der Eintragung
§ 33 Inhalt des Dauerwohnrechts
§ 34 Ansprüche des Eigentümers und der Dauerwohnberechtigten
§ 35 Veräußerungsbeschränkung
§ 36 Heimfallanspruch
§ 37 Vermietung
§ 38 Eintritt in das Rechtsverhältnis
§ 39 Zwangsversteigerung
§ 40 Haftung des Entgelts
§ 41 Besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte
§ 42 Belastung eines Erbbaurechts
III. Teil Verfahrensvorschriften
§ 43 Zuständigkeit
§ 44 Bezeichnung der Wohnungseigentümer in der Klageschrift
§ 45 Zustellung
§ 46 Anfechtungsklage
§ 47 Prozessverbindung
§ 48 Beiladung, Wirkung des Urteils
§ 49 Kostenentscheidung
§ 50 Kostenerstattung
§§ 51–58 weggefallen
IV. Teil Ergänzende Bestimmungen
§§ 59, 60 weggefallen
§ 61 Veräußerung ohne Zustimmung
§ 62 Übergangsvorschrift
§ 63 Überleitung bestehender Rechtsverhältnisse
§ 64 Inkrafttreten
Gerichtskostengesetz (Auszug)
§ 49a GKG (Wohnungseigentumssachen)
Stichwortverzeichnis
Wohnungseigentumsgesetz

Citation preview

Jennißen . WEG . Wohnungseigentumsgesetz

WEG

Wohnungseigentumsgesetz herausgegeben von

Rechtsanwalt

Dr. Georg Jennißen Köln bearbeitet von

RiLG Dr. Dr. Andrik Abramenko, Idstein Notar Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Regen Notar Dr. Jörn Heinemann, LL.M., Neumarkt i.d. OPf. VorsRiLG Dr. Johannes Hogenschurz, Köln RA Dr. Georg Jennißen, Köln Notar Thomas Krause, Staßfurt RiLG Dr. Hendrik Schultzky, Fürth VorsRiLG Dr. Martin Suilmann, Berlin Notar Prof. Dr. Maximilian Zimmer, Wernigerode 4. neu bearbeitete Auflage

2015

4

Vorwort zur 4. Auflage Beim Fußball gilt der Spruch „nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. Nachdem die vorliegende 4. Auflage etwas mehr als zwei Jahre nach ihrer Vorgängerin erschienen ist, wird deutlich, dass diese Erkenntnis für die Autoren des Kommentars ebenfalls einige Bedeutung hat. Sobald eine Auflage im Druck ist, beginnen die Beteiligten bereits mit den Vorbereitungen für die nächste, um die Aktualität des Kommentars zu erhalten. Das Wohnungseigentumsgesetz ist ein relativ kurzes Gesetz und besteht gerade einmal aus 54 Vorschriften. Möglicherweise deshalb ist die Anzahl der dieses Gesetz ausfüllenden Entscheidungen zahlreich. So war seit der dritten Auflage wieder eine Fülle von Judikaten, namentlich des BGH, einzupflegen. Die Abgrenzungsdiskussion zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum scheint immer noch nicht endgültig ausgestanden zu sein. Letztinstanzlich musste geklärt werden, ob Wohnungseingangstüren zwingend Gemeinschaftseigentum darstellen und wie die wasserführenden Leitungen im Gebäude eigentumsrechtlich zu behandeln sind. § 22 WEG enthält ein Stufenverhältnis von der Instandsetzung über Modernisierungen zur baulichen Veränderung. Auch hier hat Karlsruhe gesprochen, die Abgrenzungskriterien verdeutlicht und die Prüfungsreihenfolge vorgegeben. Auch zum wichtigen Thema „Kreditaufnahme“ hat sich das Gericht inzwischen geäußert und – wenn auch noch nicht abschließend – die Möglichkeit der Eigentümergemeinschaft bejaht, Kredite aufnehmen zu können. Schließlich hat der BGH auch noch zu Verwalterfragen Stellung genommen und grundsätzlich bejaht, dass eine Unternehmergesellschaft Verwalterin sein kann und dass eine Verschmelzung von Unternehmen die Organstellung des Verwalters bei der einzelnen Eigentümergemeinschaft nicht zu Fall bringt. Herausgeber und Autoren haben alle neuen Entwicklungen zusammen mit dem Fortgang der wissenschaftlichen Auseinandersetzung in die Neuauflage des Kommentars einfließen lassen, insgesamt konnte die Darstellungstiefe und -dichte über das gesamte Werk hinweg nochmals ausgebaut werden. Um seine physische Handhabbarkeit für die Zukunft zu gewährleisten, wurde die Seitenzahl durch ein etwas kompakteres Druckbild wieder auf ein angemessenes Niveau zurückgeführt. Aus dem Bearbeiterteam sind Herr Weise und Herr Dr. Elzer ausgeschieden, ihnen gebührt großer Dank für ihre Mitarbeit in den ersten drei Auflagen. Die Aufgaben von Herrn Dr. Elzer hat dankenswerterweise Herr Dr. Schultzky übernommen, während Herr Dr. Dr. Abramenko neu hinzugekommen ist und für die vormals von Herrn Weise bearbeiteten Themen nunmehr verantwortlich zeichnet. Köln im Oktober 2014

Dr. Georg Jennißen

V

Vorwort zur 1. Auflage Wer einen Kommentar zu einem Rechtsgebiet herausgibt, das bereits mehrfach kommentiert wurde, riskiert den Vorhalt „dass schon alles gesagt ist – nur nicht von jedem“. Mit diesem Einwand ist hier schon deshalb nicht zu rechnen, weil das Werk anlässlich der WEG-Novelle erstellt wurde und deshalb, zumindest soweit die neuen Vorschriften betroffen sind, auf keine vergleichbaren Ausführungen zurückgegriffen werden konnte. Es mag nicht die erste Kommentierung sein, die auf aktuellem Rechtsstand am Markt verfügbar ist – zum Zeitpunkt des Erscheinens ist es vermutlich aber die umfangreichste. Welchen Stellenwert dieser Kommentar über sein Volumen hinaus erlangen wird, haben Herausgeber und Autoren nicht zu beurteilen. Indes haben wir die einzelnen Vorschriften mit dem erforderlichen Tiefgang bearbeitet, um gerade auch dort, wo neue Argumentationslinien nach der Reform besonders wichtig sind, dem Leser praktikable Lösungen anbieten zu können. Wir hoffen deshalb, dass die Ausführungen gleichermaßen für Verwalter, Rechtsanwälte, Richter und für die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung Bedeutung haben werden. Zum Redaktionsschluss – Herbst 2007 – gab es naturgemäß noch keine Rechtsprechung und noch wenig praktische Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften. Soweit das Gesetz unverändert blieb, wurden Rechtsprechung und Literatur umfangreich ausgewertet. Wenn „alte“ Rechtsprechungslinien auf neue Normen anwendbar oder zumindest argumentativ relevant blieben, haben wir Wert darauf gelegt, dies herauszuarbeiten. Schließlich, in den Bereichen der Terra incognita des neuen Wohnungseigentumsrechts, haben Herausgeber und Autorenteam versucht, sich möglichst deutlich zu positionieren, um auch die weitere Rechtsentwicklung (mit) voranzutreiben. Köln, im Oktober 2007

VI

Georg Jennißen

Inhaltsübersicht Seite

Vorworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

Allgemeine Literaturübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

I. Teil Wohnungseigentum § 1 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums § 2 Arten der Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

§ 3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum . . . . . . . . . . . . . . .

21

§ 4 Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

§ 5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . .

40

§ 6 Unselbständigkeit des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

§ 7 Grundbuchvorschriften

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

§ 8 Teilung durch den Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

102

§ 9 Schließung der Wohnungsgrundbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114

2. Abschnitt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer § 10 Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120

§ 11 Unauflöslichkeit der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173

§ 12 Veräußerungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189

§ 13 Rechte des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207

§ 14 Pflichten des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

241

§ 15 Gebrauchsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

271

§ 16 Nutzungen, Lasten und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

310

§ 17 Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

378

§ 18 Entziehung des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

386

§ 19 Wirkung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

413

3. Abschnitt Verwaltung § 20 Gliederung der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

439

§ 21 Verwaltung durch die Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . .

443

VII

Inhaltsübersicht Seite

§ 22 Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

517

§ 23 Wohnungseigentümerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

595

§ 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

648

§ 25 Mehrheitsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

705

§ 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . .

746

§ 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

806

§ 28 Wirtschaftsplan, Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

893

§ 29 Verwaltungsbeirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

979

4. Abschnitt Wohnungserbbaurecht § 30 Wohnungserbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1002

II. Teil Dauerwohnrecht § 31 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1009

§ 32 Voraussetzungen der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1015

§ 33 Inhalt des Dauerwohnrechts

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1019

§ 34 Ansprüche des Eigentümers und der Dauerwohnberechtigten . . . . . .

1027

§ 35 Veräußerungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1029

§ 36 Heimfallanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1031

§ 37 Vermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1035

§ 38 Eintritt in das Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1037

§ 39 Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1039

§ 40 Haftung des Entgelts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1043

§ 41 Besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte . . . . . . . . .

1045

§ 42 Belastung eines Erbbaurechts

1048

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Teil Verfahrensvorschriften § 43 Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1051

§ 44 Bezeichnung der Wohnungseigentümer in der Klageschrift . . . . . . . .

1069

§ 45 Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1077

§ 46 Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1092

§ 47 Prozessverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1156

§ 48 Beiladung, Wirkung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1161

VIII

Inhaltsübersicht Seite

§ 49 Kostenentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1175

§ 50 Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1188

§§ 51–58

weggefallen

IV. Teil Ergänzende Bestimmungen §§ 59, 60

weggefallen

§ 61 Veräußerung ohne Zustimmung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1197

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1202

§ 63 Überleitung bestehender Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . .

1209

§ 64 Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1212

§ 62 Übergangsvorschrift

Gerichtskostengesetz (Auszug) § 49a GKG (Wohnungseigentumssachen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1213

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1225

Wohnungseigentumsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1279

IX

Abkürzungsverzeichnis (Für hier nicht aufgeführte Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 7. Aufl. 2013) AO

Abgabenordnung

BAnz. BauGB BayObLGZ BB BDSG BeckOK BeurkG BewG BGB BGBl. BGH BlGBW BNotO BWNotZ

Bundesanzeiger Baugesetzbuch Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Betriebs-Berater Bundesdatenschutzgesetz Beck Online-Kommentar Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Bundesnotarordnung Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg

DNotZ DV DWE

Deutsche Notar-Zeitschrift Durchführungsverordnung Zeitschrift „Der Wohnungseigentümer“

EigZulG EStDV EStG EStR

Eigenheimzulagengesetz Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien

FGPrax

Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit

GBO GmbHG GrEStG GVBl.

Grundbuchordnung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Grunderwerbsteuergesetz Gesetz- und Verordnungsblatt

HeizkV h.M.

Heizkosten-Verordnung herrschende Meinung

InsO

Insolvenzordnung

JR Justiz JZ

Juristische Rundschau Die Justiz Juristen-Zeitschrift

KG Komm.

Kammergericht (Oberlandesgericht für Berlin) Kommentar

MaBV MDR MHRG MietRB MittBayNot

Makler- und Bauträgerverordnung Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz zur Regelung der Miethöhe Der Mietrechts-Berater Mitteilungen des Bayer. Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern

XI

Abkürzungsverzeichnis

MittRhNotK MünchKomm

Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Münchener Kommentar zum BGB

NJW NJW-RR NotBZ NZM

Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Neue Zeitschrift für Mietrecht

OLGZ

Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen

PiG PuR

Partner im Gespräch (Schriftenreihe) Zeitschrift „Praxis und Recht“

RG Rpfleger

Reichsgericht Der Deutsche Rechtspfleger

UStG

Umsatzsteuergesetz

VerwG VGH VOB

Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Verdingungsordnung für Bauleistungen

WE WEM WiStG WKSchG WuH WuM

Zeitschrift „Wohnungseigentum“ Zeitschrift „Wohnungseigentümer-Magazin“ Wirtschaftsgesetz Wohnraumkündigungsschutzgesetz Zeitschrift „Wohnung und Haus“ Wohnungswirtschaft und Mietrecht

ZMR ZPO ZRP ZVG ZWE

Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Zeitschrift für Wohnungseigentum

XII

Allgemeine Literaturübersicht Abramenko, Handbuch WEG, 2. Aufl., Bonn 2013 Abramenko, Das neue WEG in der anwaltlichen Praxis, Bonn 2007 Bärmann/Pick, Wohnungseigentumsgesetz, 19. Aufl., München 2010 Bärmann, Kommentar zum WEG, 12. Aufl., München 2013 Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums mit Mustern und Formularen, 6. Aufl., München 2013 Belz, Handbuch des Wohnungseigentums, 3. Aufl., Stuttgart 1996 Becker/Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, Grundlagen – Systematik – Praxis, 2. Aufl., Köln 2010 Bub, Das Finanz- und Rechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft, 3. Aufl., München 2002 Deckert, Die Eigentumswohnung, Loseblattsammlung, Freiburg Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach WEG, 4. Aufl., München 2009 Drasdo, Der Verwaltungsbeirat nach dem WEG, Köln 2011 Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Bonn 2014 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, 1. Aufl., München 2007 Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl., Münster 2011 Jennißen, Die Verwalterabrechung nach dem WEG, 7. Aufl., München 2013 Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, 2. Aufl., München 2010 Köhler, Das neue WEG, Köln 2007 Köhler (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Köln 2013, zit. Bearbeiter in Köhler Lützenkirchen (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Mietrecht, 4. Aufl., Köln 2010 Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Kommentar, 18. Aufl., Köln 2012 Merle, Bestellung und Abberufung des Verwalters nach § 26 des Wohnungseigentumsgesetzes, Berlin 1977 Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 5. Aufl., München 2010 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Handbuch und Kommentar zum WEG, 10. Aufl., Bonn 2010 Röll, Teilungserklärung und Entstehung des Wohnungseigentums, Köln 1975 Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Köln 2010 Röll/Sauren, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, 9. Aufl., Köln 2008 Sauren, Wohnungseigentumsgesetz, Textausgabe mit Erläuterungen, 5. Aufl., München 2008 Sauren, WEG-Verwalter, 4. Aufl., München 2009 Seuß/Jennißen, Die Eigentumswohnung, 12. Aufl. 2008 (dtv-Taschenbuch) Staudinger, BGB, Band 1 und 2 zum WEG, 2005 Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl. Berlin 2012 Timme, Wohnungseigentumsgesetz, Kommentar, München 2010 Weitnauer, Wohnungseigentumsgesetz, Kommentar, 9. Aufl., München 2004 Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl., Köln 2014

XIII

I. Teil Wohnungseigentum

1

Begriffsbestimmungen (1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden. (2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. (5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. (6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wohnungs- und Teileigentum . . . . a) Wohnungs- und Teileigentum als Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . b) Miteigentum, Sondereigentum und Gemeinschaft . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur des Wohnungseigentums a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Folgen für die Praxis . . . . . . . . 3. Das gesellschaftsrechtliche Element beim Wohnungs- und Teileigentum 4. Untrennbarkeit von Sondereigentum, Miteigentumsanteil und Verwaltungsvermögen . . . . . . . . . . . II. Begriffe 1. Wohnungseigentum (Abs. 2) . . . . 2. Teileigentum (Abs. 3) . . . . . . . . .

1 2

3. Gemischtes Wohnungs- und Teileigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3

4. Zweckbestimmungswidriger Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

7 8 10 16 18 19 22

5. Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 6. Gemeinschaftliches Eigentum a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . b) Gemeinschaftlicher Gebrauch aa) Das Grundstück . . . . . bb) Überbau . . . . . . . . . . cc) Veräußerung von realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums . . . . .

. . . . . . .

26 27 28 29

. . 31

7. Verwaltungsvermögen, sonstiges Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Schrifttum: Armbrüster, Änderungsvorbehalte und -vollmachten zugunsten des aufteilenden Bauträgers, ZMR 2005, 244; H. Blank, Tierhaltung in Eigentums- und Mietwohnungen, NJW 2007, 729; Basty, Erwerb von Wohnungseigentum durch die Gemeinschaft, ZWE 2009, 253; Böhringer, Der WEG-Personenverband als Teilnehmer am Grundstücksverkehr, NotBZ 2008, 179; Bub, Das Verwaltungsvermögen, ZWE 2007, 15; Bub, Rechtsfähigkeit und Vermögenszuordnung, ZWE 2006, 253; Derleder, Gemeinschaftsnutzung in Mietshäusern und Wohnungseigentumsanlagen, NJW 2007, 812; Einhorn, Sondereigentum und/oder Gemeinschaftseigentum?, WE 2004, 58; Gröhn/Hellmann-Stieg, Der Wohnungseigentümer als Nachbar im Sinne des öffentlichen Baurechts, BauR 2010, 400; Hügel, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Folgen für die notarielle Praxis, DNotZ 2005, 753; Hügel, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und deren Auswirkungen auf die Gestaltung von Gemeinschaftsordnung im Bauträgervertrag, BTR 2005, 229; Hügel, Zuordnung eines Sondernutzungsrechts zum Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung, NZM 2004, 766; Hügel, Die Umwandlung von Teileigentum zu Wohnungseigentum und umgekehrt, ZWE 2008, 120;Klühs, Dingliche und grundbuchverfahrensrechtliche Auswirkungen der Nichterrichtung von Wohnungsbzw. Teileigentum, NZM 2010, 730; Köster/Sankol, Die Insolvenzfähigkeit der Eigentümergemein-

Zimmer

|

1

§1

Begriffsbestimmungen

schaft, ZfIR 2006, 741; Rapp, Abnahme und Gewährleistung des Gemeinschaftseigentums, MittBayNot 2012, 169; Riecke, Die Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum im Wohnungseigentumsrecht, BTR 2003, 11; F. Schmidt, Roma locuta – Gedanken über die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Beschluss des BGH v. 2.6.2005, NotBZ 2005, 309; F. Schmidt, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche beim Wohnungseigentum: wer gegen wen?, WE 2009, 78; W. Schneider, Die sachenrechtliche Zuordnung von Rauchwarnmeldern in Eigentumswohnungsanlagen, ZMR 2010, 822; F. Schmidt, Erläuterungen zum Begriff des Sondereigentums, ZWE 2007, 206; W. Schneider, Das neue WEG-Handlungsbedarf für Erbbaurechtsausgeber, ZfIR 2007, 168; W. Schneider, Das vernachlässigte Wohnungserbbaurecht, ZMR 2006, 660; D. Schultz, Zur Anbringung von Rauchwarnmeldern im Wohnungseigentum, ZW 2009, 383; Wenzel, Die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Durchsetzung von Mängelrechten beim Ersterwerber, NJW 2007, 1905; Wicke, Das WEG-Verwaltungsvermögen: Bruchteilseigentum, Gesamthandsvermögen, Gemeinschaftseigentum, ZfIR 2005, 301.

I. Allgemeines 1

Die Überschrift des I. Teils („Wohnungseigentum“) ist insoweit missverständlich, als dieser Teil nicht nur das Wohnungseigentum, sondern auch das Teileigentum, das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht umfasst. Die Vorschrift des § 1 bietet neben der (überflüssigen) Anordnung der Zulässigkeit in Abs. 1 eine Reihe von Begriffsbestimmungen, die für das Wohnungs- und Teileigentum von zentraler Bedeutung sind. 1. Wohnungs- und Teileigentum

2

Wohnungseigentum einerseits und Teileigentum andererseits unterscheiden sich nur in der Zwecksetzung (näher unter Rz. 22), sodass die nachfolgenden Ausführungen über Wohnungseigentum auch für das Teileigentum gelten, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt ist. Wohnungseigentum einerseits und Teileigentum andererseits unterscheiden sich lediglich in der vom teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung bzw. dieser angeschlossenen Gemeinschaftsordnung oder von den Miteigentümern durch Vereinbarung getroffenen Zweckbestimmung und meist in der baulichen Ausgestaltung der betroffenen Räume.1 Bei einer gemischten Nutzung für Wohnzwecke und andere Zwecke hat das Grundbuchamt unter Berücksichtigung der überwiegenden Nutzung zu entscheiden, ob Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbücher angelegt werden.2 Zur zweckwidrigen Nutzung vgl. Rz. 24; zur Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum vgl. Rz. 25. a) Wohnungs- und Teileigentum als Eigentum

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Das Wohnungs- und Teileigentum ist dem Eigentum an einem Grundstück grundsätzlich gleichgestellt. Es besteht aus dem Sondereigentum und dem Miteigentum an einem Grundstück. Das Sondereigentum ist als Alleineigentum ausgestaltet, das aus der gemeinschaftlichen Berechtigung der Miteigentümer des Grundstücks gelöst ist. Zu dessen Abgrenzung tritt der Aufteilungsplan an die Stelle der Vermessung und katastermäßigen Erfassung.3Wohnungs- und Teileigentum ist dabei zunächst echtes – wenn auch durch die erforderliche Rücksichtnahme der Wohnungseigentümer aufeinander eingegrenztes – Eigentum i.S.d. BGB4 und nicht etwa, wie das Erbbaurecht (vgl. § 1 Abs. 1 ErbbauG), ein grundstücksgleiches Recht5 an einem Grundstück. Auch handelt es sich nicht um ein bloßes Recht an einem Grundstück, wie etwa das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) oder das Dauerwohnrecht (§ 31 Abs. 1). An der Einordnung als Eigentum hat auch die Stärkung des gesellschaftsrechtlichen Elements durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den BGH in der Entscheidung vom 2.6.20056 und nunmehr die 1 2 3 4

KG v. 3.12.2007 – 24 U 71/07, MietRB 2008, 109; vgl. MittBayNot 2008, 209. KG v. 3.12.2007 – 24 U 71/07, MietRB 2008, 109; vgl. MittBayNot 2008, 209. BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 395 = MDR 1992, 484; Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 15 (dort auch zu abweichenden Auffassungen). 5 Abweichend etwa Grziwotz in Erman, BGB, § 1 WEG Rz. 3. 6 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = MDR 2005, 1156.

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§1

Begriffsbestimmungen

Anerkennung durch den Gesetzgeber mit der WEG-Novelle nichts geändert1 (im Einzelnen § 10 Rz. 56 ff.). Wohnungseigentum umfasst nicht nur das Alleineigentum des Wohnungseigentümers an bestimmten Räumen, sondern (zwingend) auch einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück und den Gebäudeteilen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen (nachf. Rz. 26).

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Es treffen beim Wohnungseigentum also das Alleineigentum des einzelnen Wohnungseigentümers an den ihm gehörigen Räumen und sein Bruchteilseigentum an dem im Miteigentum aller Wohnungseigentümer stehenden Grundstück und den Gebäudeteilen zusammen.

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Das gemeinschaftliche Eigentum ist dabei eine besonders ausgestaltete Form des Bruchteilseigentums (§§ 1008 ff. BGB).2 Ebenso wie der Miteigentümer für das Bruchteilseigentum nicht isoliert auf sein Eigentum verzichten kann3 (vgl. § 928 BGB), kann auch der Wohnungseigentümer nicht auf das Wohnungseigentum verzichten,4 zumal § 11 WEG die Möglichkeit der Aufhebung der Gemeinschaft noch weiter einschränkt als bei der Bruchteilsgemeinschaft (vgl. § 11 WEG). Eine Dereliktion würde schließlich auch eine einseitige und unzulässige Verfügung über das Gesamthandvermögen darstellen.5

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b) Miteigentum, Sondereigentum und Gemeinschaft Während in der Vergangenheit Wohnungseigentum in der Regel in erster Linie, wenn auch nicht ausschließlich, als eine besonders ausgestaltete Form des Miteigentums (Bruchteilseigentum) aufgefasst wurde,6 muss nunmehr davon ausgegangen werden, dass das Rechtsinstitut des Wohnungseigentums dreigliedrig aufzufassen ist, nämlich bestehend aus der unauflöslichen Verbindung von Bruchteilsmiteigentum am Gemeinschaftseigentum (nachf. Rz. 26), dem Sondereigentum an Räumen (nachf. Rz. 19) und der Teilhabe an der Gemeinschaft (gesellschaftsrechtliches Element)7 (nachf. Rz. 17). Diese Bestandteile sind dabei akzessorisch und untrennbar miteinander verbunden.8

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2. Rechtsnatur des Wohnungseigentums a) Grundsatz Trotz der Bezeichnung „Wohnungseigentum“ oder „Teileigentum“ in § 1 Abs. 2 und 3 als erstes Glied der Verbindung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum, steht bei juristischer Betrachtung der Miteigentumsanteil im Vordergrund. Das Wohnungseigentum zeichnet sich durch die Möglichkeit aus, das Miteigentum mehrerer Personen am Grundstück in der Weise zu beschränken, dass jedem Miteigentümer abweichend von § 93 BGB das Sondereigentum an bestimmten Räumen eines auf dem Grundstück errichteten (oder zu errichtenden) Gebäudes eingeräumt wird (§ 3 Abs. 1). Folgerichtig bezeichnet § 6 Abs. 1 das Sondereigentum als zu dem Miteigentum gehörend. Werden die Sondereigentumsrechte aufgehoben, ver1 Wie hier Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 1. 2 BGH v. 23.6.1989 – V ZR 40/88, MDR 1989, 1088 = NJW 1989, 2354 (2355); BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647 (1648), zu abweichenden Theorien, etwa Bärmann, NJW 1989, 1057; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 5 ff., einen gesellschaftsrechtlichen Ansatz wählt Junker, Die Gesellschaft nach dem WEG, 1993; zu den verschiedenen Auffassungen ausführlich Rapp in Staudinger, BGB, Einl. zum WEG, Rz. 5 ff.; zuletzt BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547. 3 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, MDR 2007, 1125 = NJW 2007, 2254. 4 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = DNotZ 2007, 845; vgl. auch Zimmer, NotBZ 2009, 397; ein solches Bedürfnis besteht mitunter bei sogen. „Schrottimmobilien“, vgl. etwa Rapp in Becksches Notarhandbuch, A III 1. 5 Im Einzelnen Zimmer, NotBZ 2009, 398. 6 Etwa Augustin in RGRK/BGB, § 1 WEG Rz. 8. 7 So bereits Bärmann, NJW 1989, 1057; Röll in MünchKomm/BGB, Vor § 1 WEG Rz. 21. 8 Bärmann/Pick, Einl. WEG Rz. 8.

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§1

Begriffsbestimmungen

bleibt es beim Miteigentum i.S.d. §§ 1008 ff. BGB (vgl. § 4 Rz. 23). Die Verbindung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum bedeutet mithin die Stärkung des Miteigentums am (eigenen) Sondereigentum und die Schwächung des Miteigentums an dem Sondereigentum der anderen Miteigentümer.1 9

Wohnungs- und Teileigentum ist danach zunächst als modifiziertes Miteigentum aufzufassen. Modifiziert deshalb, weil bei Wohnungseigentum die Vorschriften des WEG Anwendung finden und nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WEG erst bei Fehlen einer Regelung im WEG die Vorschriften über die Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) greifen. b) Folgen für die Praxis

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Aus der oben genannten Bewertung des Wohnungs- und Teileigentums als echtes Eigentum ergibt sich Folgendes:

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Der Wohnungseigentümer hat im Hinblick auf sein Sondereigentum Alleinbesitz, ihm stehen Besitzschutzansprüche (vgl. Rz. 27c) und, im Hinblick auf seine Eigentümerstellung, auch die Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB zu. Hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums bestehen die Ansprüche aus § 1011 BGB. Für Beseitigungsund Unterlassungsansprüche gegenüber Nichtwohnungseigentümer auf Aktiv- und Passivseite kann sowohl die Zuständigkeit des einzelnen Wohnungseigentümers bestehen, nicht selten aber auch die Eigentümergemeinschaft als solche in Betracht kommen.

11a

Der Wohnungseigentümer hat die öffentlich-rechtlichen Befugnisse des Eigentümers, er ist also (ohne Ermächtigung der weiteren Wohnungseigentümer) befugt, gegen nachbarrechtliche Bauvorhaben vorzugehen.2

12

Wohnungseigentum ist veräußerlich.3 Mit der Veräußerung gehen die Anteile am Gemeinschaftsvermögen auf den Erwerber über, ohne dass dies einer gesonderten Erklärung bedarf oder abweichende Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber möglich wären. Der schuldrechtliche Veräußerungs- und Erwerbsvertrag muss notariell beurkundet werden (§ 311b BGB). Der dingliche Vollzug bedarf der Auflassung nach § 925 BGB und der Eintragung im Grundbuch nach § 873 BGB.

12a

Besonderheiten sind dort zu beachten, wo die Veräußerung auf noch zu errichtendes Wohnungseigentum gerichtet ist. Neben dem eigentlichen Kaufvertrag unterliegt auch die Baubeschreibung dem Beurkundungserfordernis des § 311b BGB.4 Insoweit wird nicht selten von der Erleichterung des § 13a BeurkG Gebrauch gemacht, dh der Kaufvertrag verweist auf eine bereits anderweitig beurkundete Urkunde, die die Baubeschreibung zum Inhalt hat. In diesem Fall können die Beteiligten auf ein erneutes Verlesen und Beifügen der Baubeschreibung verzichten.

12b

Bei noch zu errichtendem Wohnungseigentum bedarf neben der Baubeschreibung auch die Gemeinschaftsordnung der notariellen Beurkundung, soweit sie noch nicht im Grundbuch vollzogen ist und weitere im Kaufvertrag selbst nicht genannte Pflichten enthält und die über die gesetzlichen Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander hinausgeht5 oder von dem gesetzlichen Inhalt abweicht.

12c

Soll Wohnungseigentum zu einem Zeitpunkt veräußert werden, in dem noch keine Teilungserklärung in notarieller Form vorliegt und die auch nicht mit der Veräußerung beurkundet werden soll, ist darauf zu achten, dass der Gegenstand der Veräußerung hinreichend bestimmt ist.6 1 Augustin in RGRK/BGB, § 1 WEG Rz. 9. 2 OVG Hamburg v. 29.4.2004 – 2 Bf 132/00, NVwZ-RR 2005, 707; im Einzelnen Gröhn/HellmannSieg, BauR 2010, 400. 3 Zur unentgeltlichen Überlassung von Wohnungseigentum an einen Minderjährigen vgl. etwa BGH v. 9.7.1980 – V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 = MDR 1981, 37 = NJW 1981, 109. 4 BGH v. 23.9.1977 – V ZR 90/75, MDR 1978, 214 f. = NJW 1978, 102. 5 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 79. 6 Zum Vorkaufsrecht des Mieters bei Verkauf des Grundstücks vor der bereits beabsichtigten Bildung des Wohnungseigentums vgl. BGH v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MietRB 2014, 67 f. = MDR 2014, 206 f.

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§1

Begriffsbestimmungen

Bei der Veräußerung und Belastung von Wohnungs- und Teileigentum in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet bedarf es der sanierungsrechtlichen Genehmigung nach § 144 BauGB, auch wenn das Wohnungseigentum in diesem Zusammenhang nicht gesondert erwähnt ist.1 Der Erwerb von Wohnungseigentum stellt ferner einen Eigentumserwerb an einem „Grundstück“ i.S.v. § 1 Abs. 1 und § 2 GrEStG dar. Dass der Erwerb des Wohnungseigentums auch zugleich die Mitgliedschaft an einer Personenvereinigung vermittelt (Rz. 17), ändert daran nichts. Der Nießbrauch an Wohnungseigentum ist der Nießbrauch an einer Sache und nicht etwa, wie der Nießbrauch an einer Gesellschaftsbeteiligung, ein Nießbrauch an einem Recht.2 Besonderheiten gelten beim Erwerb von Wohnungseigentum durch einen Minderjährigen. Auch bei einer Schenkung an einen Minderjährigen bedarf es der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach §§ 107, 108 BGB. Zwar sind die gesetzlichen Verpflichtungen, etwa zur Tragung der Grundsteuer nicht rechtlich nachteilig, allerdings übernimmt der Minderjährige mit dem Erwerb des Wohnungseigentums auch die Verpflichtungen im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft, was im Hinblick auf die damit einhergehenden Pflichten bereits als rechtlich nachteilig anzusehen ist.3

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Wohnungseigentum ist in gleicher Weise wie ein Grundstück belastbar, etwa mit Grundpfandrechten (vgl. § 1114 BGB) und Vormerkungen (aber nicht hinsichtlich des Anspruchs auf Einräumung von Gemeinschaftseigentum an einer einzelnen Wohnung)4; bei Dienstbarkeiten gilt Folgendes: Wohnungs- und Teileigentum kann herrschendes Grundstück (§ 1018 BGB), aber auch dienendes Grundstück einer Grunddienstbarkeit sein.5 Als dienendes Grundstück kommt ein einzelnes Wohnungseigentum aber nur dann in Betracht, wenn die Belastung sich auf die rechtlichen und tatsächlichen Befugnisse beschränkt, die dem jeweiligen Sondereigentümer allein zustehen.6 War das Grundstück vor Aufteilung in Wohnungs- oder Teileigentum bereits mit Dienstbarkeiten oder Grundpfandrechten belastet, werden diese mit Aufteilung zu Gesamtrechten;7 im Grundbuch sind diese mit einem Mithaftvermerk (§ 48 GBO) einzutragen.8 Aber auch nach Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum kann das Grundstück mit Gesamtrechten belastet werden, dies ist insbesondere von Bedeutung für Dienstbarkeiten, die zu ihrer Wirksamkeit der Gesamtbelastung des Grundstücks bedürfen. Die Gesamtbelastung muss dabei nach § 4 Abs 2 WGV in der Weise eingetragen werden, dass sie als Gesamtbelastung erkennbar ist.9 Zur Begründung der Dienstbarkeit ist die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich.10 Für die rechtsgeschäftliche Löschung der Dienstbarkeit bedarf es ebenfalls der Zustimmung aller Wohnungs- und Teileigentümer, der einzelne Wohnungseigentümer verliert insoweit seine alleinige Verfügungsbefugnis.11 Das Erlöschen einer Dienstbarkeit, die zu ihrer Wirksamkeit die Bestellung an allen Wohn- und Teileigentumsrechten bedarf, etwa bei Belastung aller Wohnungseigentumseinheiten mit einem Wegerecht zugunsten eines Dritten, im Rahmen der Zwangsvollstreckung führt aber zugleich zum Erlöschen des Rechts an allen Wohnungseigentumseinheiten.

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1 LG Berlin v. 9.6.1995 – 85 T 136/95, Rpfleger 1996, 342; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 3890; das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde nach § 24 BauGB gilt zwar auch für den Verkauf von Miteigentumsanteilen, dagegen aufgrund ausdrücklicher Anordnung in § 24 Abs. 2 BauGB nicht für den „Kauf von Rechten nach dem WEG“. 2 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647. 3 BGH v. 30.9.2010 – V ZB 206/10, MDR 2011, 25 = MietRB 2011, 16 = NJW 2010, 3643. 4 BayObLG v. 7.2.2002 – 2Z BR 166/01, MittBayNot 2002, 189. 5 BGH v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, MDR 1989, 896 = NJW 1989, 2391 (auch zugunsten einer anderen Wohnung derselben Anlage); OLG Hamm v. 7.10.1980 – 15 W 187/80, MDR 1981, 142 = Rpfleger 1980, 469. 6 OLG Hamm v. 10.1.2006 – 15 W 437/04. 7 BGH v. 24.1.1992 – V ZR 274/90, MDR 1992, 482 f. = NJW 1992, 1390. 8 BayObLG v. 27.4.1995 – 2Z BR 31/95, Rpfleger 1995, 455. 9 Vgl. Elzer, ZWE 2011, 19. 10 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 151. 11 BayObLG v. 30.6.1983 – BReg.2 Z 47/83, MDR 1983, 935 = Rpfleger 1983, 434; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 150.

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§1

Begriffsbestimmungen

15

Das Wohnungseigentum kann Gegenstand der Immobiliarvollstreckung (Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung und Zwangshypothek) sein. An die Stelle des Grundstücks (vgl. § 1113 BGB) tritt bei Wohnungs- und Teileigentum der dem Wohnungs- oder Teileigentum unterliegende Raum und seine Bestandteile (vgl. § 5). Hinzu kommt als Grundstück im Sinne des § 1113 BGB die anteilige Mitberechtigung am Grundstück. Für die im Rahmen der Zwangsvollstreckung bedeutsame Frage der Zubehöreigenschaft (§ 1120 ff. BGB) können neben den Erzeugnissen des Gemeinschaftseigentums die § 1120 ff. BGB für die dem Wohnungseigentum unterliegenden Räume entsprechend gelten. Für die zum Haftungsverband des Grundpfandrechts zählenden Ansprüche gehören auch auf das Wohnungseigentum entfallende Abrechnungsguthaben des einzelnen Wohnungseigentümers nach dem Vorliegen eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer. Ebenfalls zum Zubehör des Sondereigentums zählen die nach zahlreichen Landesbauordnungen anzubringenden Rauchwarnmelder, soweit diese jedoch in den Gemeinschaftseigentum unterliegenden Flächen angebracht sind, handelt es sich um Zubehör des Gemeinschaftseigentums.1 Gemeinschaftseigentum liegt aber auch dort vor, wo Rauchmelder auf Beschluss der Wohnungseigentümer im Bereich des Sondereigentums angebracht sind.2

15a

Eine Vollstreckung in das Verwaltungsvermögen wegen Forderungen gegen den einzelnen Wohnungseigentümer ist nicht zulässig.3 Zur Frage der Pfändung des Verwaltungsvermögens wegen Forderungen gegen den Wohnungseigentümer oder die Gemeinschaft, vgl. § 10 Rz. 107 ff., § 11 Rz. 16 ff. Zur Unzulässigkeit der Aufhebungsklage und der Pfändung des Aufhebungsanspruchs, § 11 Rz. 3 ff. 3. Das gesellschaftsrechtliche Element beim Wohnungs- und Teileigentum

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Mit § 10 Abs. 6 Satz 1 und 2 WEG und der darin enthaltenen ausdrücklichen Anerkennung der Eigentümergemeinschaft als teilrechtsfähige Vereinigung ist nunmehr auch gesetzlich anerkannt, dass das Wohnungseigentum „mehr“ ist, als eine besondere Form des Bruchteilseigentums, auf das die Vorschriften des WEG und ergänzend die über die Gemeinschaft (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WEG i.V.m. §§ 741 ff. i.V.m. §§ 1008 ff. BGB) anwendbar sind. Auf die sich daraus im Einzelnen ergebenden Konsequenzen wird näher in § 10 (dort Rz. 56 ff.) eingegangen.

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Jeder Wohnungseigentümer ist zugleich Mitglied der Eigentümergemeinschaft und damit auch Mitglied eines personenrechtlichen Verbands („Verband eigener Art“).4 Daneben besteht aber auch die Teilnahme an der Bruchteilsgemeinschaft, die ihre Daseinsberechtigung durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit nicht etwa verloren hat. Folglich bleiben die bisherigen Grundsätze des Wohnungseigentums, soweit nicht Teilrechtsfähigkeit vorliegt, weiterhin anwendbar. Der Gesetzgeber bringt diese Differenzierung zwischen Bruchteilsgemeinschaft und teilrechtsfähiger Gemeinschaft dadurch zum Ausdruck, dass die teilrechtsfähige Wohnungsgemeinschaft als „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ bezeichnet wird, während dort, wo die Teilrechtsfähigkeit nicht vorliegt, sondern die oder der Wohnungseigentümer nach den Grundsätzen der (modifizierten) Gemeinschaft aufgefasst werden, die Bezeichnung „Wohnungseigentümer“ verwendet wird. Ungeachtet der seit der Entscheidung des BGH5 und der WEG-Novelle in der Literatur geführten Diskussion um die gesellschaftsrechtlichen Elemente der Wohnungseigentümergemeinschaft ist Wohnungseigentum aus Sicht des Wohnungseigentümers zunächst und in erster Linie Eigentum. Die damit verbundenen Mitglied1 Im Einzelnen Schultz, ZWE 2009, 383; Schneider, ZMR 2010, 822. 2 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = NJW 2013, 3092 = ZfIR 2013, 514 mit Anm. Greupner. 3 Schultzky in NK/BGB, § 10 WEG Rz. 49. 4 So Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 1. So ist etwa die von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossene Gebäudeversicherung eine „Fremdversicherung“ i.S.d. §§ 74 ff. VVG, soweit sie sich auf das Sondereigentum erstreckt, vgl. OLG Hamm v. 3.1.2008 – 15 W 420/06, MietRB 2008, 174 = ZMR 2008, 401. 5 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = MDR 2005, 1156.

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§1

Begriffsbestimmungen

schaftsrechte sind aus Sicht des Wohnungseigentümers in der Regel von untergeordneter Bedeutung. Allerdings ergibt sich aus der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch, dass diese grundbuchfähig ist, sie kann also selbst Grundbesitz innerhalb,1 etwa eine Hausmeisterwohnung, und außerhalb der eigenen Gemeinschaft, etwa zusätzliche Stellplätze, erwerben,2 soweit dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist. Ebenso können für die Gemeinschaft Rechte an Grundstücken eingetragen werden, wie etwa ein Verfügungsverbot3 oder eine Zwangssicherungshypothek.4 Auch die Kreditaufnahme, soweit im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung, kann durch die Gemeinschaft der Eigentümer vorgenommen werden.5 Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird bei Rechtsgeschäften durch den Verwalter vertreten (§ 27 Abs 3 S. 1 Nr. 7). Für Grundbuchzwecke genügt auch hier die Vorlage des Ermächtigungsbeschlusses i.S.d. § 26 Abs 3.6 Für eine sichere Gestaltung wird allerdings die rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung durch alle Wohnungseigentümer vorgeschlagen.7 Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist zudem nicht etwa Schuldner grundstücksbezogener Kosten und Gebühren nach den Kommunalabgabengesetzen der Länder. Sehen einschlägige Vorschriften eine gesamtschuldnerische Haftung der Miteigentümer vor, schulden die Miteigentümer (nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) als Gesamtschuldner (z.B. § 6 KAG NW i.V.m. § 44). Eine nur quotale Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers nach § 10 Abs. 8 scheidet aus.8

17a

4. Untrennbarkeit von Sondereigentum, Miteigentumsanteil und Verwaltungsvermögen Die Verbindung von Sondereigentum und Miteigentumsanteil sowie die Beteiligung am Verwaltungsvermögen bilden ein untrennbares Ganzes und können nicht in ihre Bestandteile aufgelöst werden.9 Die rechtsgeschäftliche Begründung eines isolierten Miteigentumsanteils, der nicht mit einem Sonder- oder Teileigentum verbunden ist, ist damit unzulässig.10 Allerdings kann sich ein isolierter Miteigentumsanteil ausnahmsweise bei sogen Begründungsmängeln im Rahmen der Begründung des Wohnungseigentums (dazu § 2 Rz. 15) ergeben.

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II. Begriffe 1. Wohnungseigentum (Abs. 2) Wohnungseigentum ist nach § 1 Abs. 2 WEG das Sondereigentum an einer Wohnung i.V.m. dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Von dem Teileigentum unterscheidet es sich dadurch, dass Teileigentum an „nicht zu Wohnzwecken“ dienenden Räumen begründet werden kann (nachf. Rz. 22). Maßgebend für die Unterscheidung ist nicht etwa die tatsächliche Nutzung, sondern die bauliche Ausgestaltung der Räume und die vorgenommene Zweckbestimmung in der Teilungserklärung. Die Einordnung als Wohnungs- oder Teileigentum hat dabei dinglichen Charakter und bedeutet damit zugleich die Fest1 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, MietRB 2008, 171 = ZMR 2008, 210. 2 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZWE 2010, 270; Abramenko, ZWE 2010, 193. 3 Vgl. etwa KG v. 11.10.2013 – 1 W 195/13, 1 W 196/13, NotBZ 2013, 470 – Löschung hat durch alle Wohnungseigentümer zu erfolgen, und zwar auch dann wenn der Verwalter durch Mehrheitsbeschluss bevollmächtigt wurde. 4 OLG München v. 25.4.2013 – 34 Wx 146/13, MDR 2013, 812 = MietRB 2013, 209 = ZWE 2013, 425 – der Vollstreckungstitel muss auf die Wohnungseigentümergemeinschaft lauten, nicht etwa „die Wohnungseigentümer“. 5 Vgl. Pick in Bärmann, Einl. WEG Rz. 35; Elzer, NZM 2009, 57; Derleder, ZWE 2010, 10. 6 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZWE 2010, 270. 7 Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 11. 8 VG Gelsenkirchen v. 16.9.2009 – 13 K 711/08, ZMR 2010, 410. 9 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547. 10 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325; OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 43/10, MietRB 2010, 331 = ZWE 2010, 459.

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§1

Begriffsbestimmungen

legung des gesetzlichen Inhalts des Eigentums.1 Nach anderer Ansicht handelt es sich dabei um eine Regelung der Wohnungseigentümer untereinander mit Vereinbarungscharakter (§§ 5 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 3).2 20

Eine gesetzliche Begriffsbestimmung für das Merkmal „Wohnung“ enthält weder das WEG noch das BGB. Gewöhnlich wird die Wohnung als die Summe der Räume, welche die Führung eines Haushalts ermöglichen, aufgefasst.3 Daher kann etwa an einer Toilette allein kein Wohnungseigentum begründet werden,4 auch wenn sie zu Wohnzwecken dienen mag. Zu dem sogen. Kellermodell s. Rz. 24. Für die Annahme einer Wohnung ist es daher erforderlich, dass eine Haushaltsführung möglich ist, wozu Wasserversorgung, Kochgelegenheit und Toilette vorhanden sein müssen.5 Unproblematisch ist auch die Begründung von Wohnungseigentum an Doppelhaushälften oder sogar freistehenden Häusern als Ganzen.6 Im Übrigen wird auf die Kommentierung zu § 5 verwiesen. Zur Abgeschlossenheit s. § 3 Rz. 21 ff. Nicht zu fordern ist, dass die Räume zwingend nebeneinander und angrenzend sein müssen, zur „Wohnung“ können damit auch Räume gehören, die außerhalb der räumlich als Wohnung betrachteten Räume liegen.7

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Der Begriff „Wohnung“ setzt den Begriff eines Gebäudes voraus. Zum Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum muss das Gebäude (§ 3) noch nicht fertig gestellt sein, es muss noch nicht einmal mit dem Bau begonnen sein. Wohnungseigentum kann auch aufgrund des genehmigten und mit der Abgeschlossenheitsbescheinigung versehenen Bauplans begründet werden. 2. Teileigentum (Abs. 3)

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Teileigentum ist das Sondereigentum an den Räumen, die nicht zu Wohnzwecken dienen, i.V.m. dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem das Sondereigentum gehört (Abs. 3). Mit dieser negativen Inhaltsbestimmung ist bei Teileigentum jede nicht wohnungsmäßige Nutzung denkbar. Teileigentum wird in der Regel dort gebildet, wo das Gebäude allein gewerblichen Zwecken dienen soll, etwa Bürogebäuden oder aber eine gemischte Nutzung vorgesehen ist, wie etwa bei Ladengeschäften im Erdgeschoss und Wohnraumnutzung in den darüber liegenden Geschossen. Anders als bei Wohnungseigentum ist das Vorhandensein einer Toilette oder Waschgelegenheit hier nicht erforderlich.8 Daher kann Teileigentum etwa auch an einem Hotelzimmer begründet werden, selbst wenn zur Nutzung weitere Einrichtungen eines Hotels, etwa der Frühstücksraum, erforderlich sind.9 3. Gemischtes Wohnungs- und Teileigentum

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Neben der häufiger vorkommenden gemischten Nutzung einer Wohnungseigentumsanlage für Wohn- und andere Nutzungszwecke ist auch die gemischte Nutzung einer Sondereigentumseinheit10 möglich und auch im Grundbuch einzutragen, wenn eine Nutzung sowohl zu Wohnzwecken als auch zu anderen Zwecken in der Teilungserklärung bestimmt ist. Damit ist bei einer alternativen Nutzung der Räume zu Wohn- oder anderen Zwecken auch möglich die Nutzung gänzlich offen zu lassen. 1 Rapp in Staudiner, BGB, § 1 WEG Rz. 1. 2 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 27; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG, zum Streitstand Rz. 26; OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, MietRB 2006, 321 f. = NZM 2007, 294 f. 3 Hügel in Würzburger Notarhandbuch, S. 991; Bassenge in Palandt, BGB, § 1 WEG Rz. 2. 4 OLG Düsseldorf v. 4.2.1976 – 3 W 315/75, NJW 1976, 1458; Bärmann/Pick, § 1 WEG Rz. 2 m.w.N. 5 OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = Rpfleger 1986, 374; OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/11, MDR 2012, 900 = MietRB 2012, 301 = NZM 2012, 867. 6 BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 – die konstruktiven Teile können jedoch kein Sondereigentum sein. 7 OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/11, MDR 2012, 900 = MietRB 2012, 301 = NZM 2012, 867. 8 Bassenge in Palandt, BGB, § 1 WEG Rz. 3; OLG Naumburg NotBZ 2005, 231. 9 Ebenso LG München II v. 21.2.2008 – 6 T 6592/07; abw. LG Halle v. 2.3.2004 – 2 T 78/03, NotBZ 2004, 242; wie hier etwa Häublein, NotBZ 2004, 243, Böttcher, Rpfleger 2005, 649. 10 Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 11.

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§1

Begriffsbestimmungen

Für die Grundbucheintragung (Wohnungs- oder Teileigentum) hat das Grundbuchamt im Sinne des überwiegenden Nutzungszwecks zu entscheiden; auf die Bezeichnung in der Teilungserklärung kommt es dabei nicht an.1 Bei der Veräußerung kann allerdings die Veräußerung eines zu Wohnzwecken dienenden Raumes, für den eine andere Nutzungsart in der Teilungserklärung bestimmt ist, ein Rechtsmangel sein.2 4. Zweckbestimmungswidriger Gebrauch Nach § 15 WEG können die Wohnungseigentümer den Gebrauch des Sondereigentums regeln. Es handelt sich dann um eine Nutzungsbeschränkung (z.B. „Hobbyraum“) mit Vereinbarungscharakter, die eine abweichende Nutzung nur zulässt, wenn diese abweichende Nutzung bei „typisierender Betrachtung“ nicht mehr störe, als die vorgesehene Nutzung. So darf etwa ein in der Teilungserklärung als Teileigentum und „Hobbyraum“ ausgewiesener Raum nicht zu Wohnzwecken (soweit nicht nur vorübergehend) genutzt werden, weil die Wohnnutzung eine intensive Nutzung bedeuten würde.3 Liegt eine solche Regelung, etwa die Bestimmung zur Nutzung als Ferienwohnung oder für betreutes Wohnen,4 nicht vor, stellt sich die Frage, ob die in der Teilungserklärung vorgenommene Bestimmung als Wohnungseigentum bereits dann zu einer zweckwidrigen Verwendung führt, wenn das Wohnungseigentum für gewerbliche Zwecke genutzt und umgekehrt Teileigentum für Wohnzwecke genutzt wird. Dies ist zu bejahen.5 Eine zweckwidrige Nutzung einer Wohnung für gewerbliche Zwecke oder umgekehrt kann zu Unterlassungsansprüchen der anderen Wohnungseigentümer führen. Allerdings ist zu beachten, dass hierfür eine Beeinträchtigung erforderlich ist. Bei Teileigentum ist der Gebrauch als Wohnung grundsätzlich unzulässig.6 Etwas anderes kann gelten, wenn die Zweckbestimmung des Teileigentums einen Gebrauch zulässt, der nicht weniger störend ist, als der Gebrauch zu Wohnzwecken.7 Nutzungsrechte sind der Auslegung zugänglich. Eine anderweitige Nutzung ist jedenfalls dann erlaubt, wenn diese das Gemeinschaftsverhältnis nicht mehr als die vereinbarte Nutzung beeinträchtigt. Auch der im Wohnungseigentum ausgeübte Betrieb eines Gewerbes führt nicht zwangsläufig zu einer solchen Beeinträchtigung.8 Maßgeblich ist allein, ob die Ausübung eine wesentlich höhere Beeinträchtigung zur Folge hat als in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen.9

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5. Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum und umgekehrt Die Umwandlung des Wohnungseigentums in Teileigentum und umgekehrt ist eine Gebrauchsregelung i.S.d. § 15 WEG und erfordert die Vereinbarung durch alle Eigentümer10 (§§ 5 Abs 4, 10 Abs 3), die bloße Änderung der tatsächlichen Nutzung oder auch bauliche Veränderungen führen nicht zu einer Umwandlung.11 Ob die Eintragung der Zweckänderung im Grundbuch zur Wirksamkeit erforderlich ist oder ob die Eintragung nur zur Herbeiführung der Wirkungen des § 10 Abs. 3 erforderlich ist, ist streitig (vgl. § 10 Rz. 43). Möglich ist auch eine vorweggenommene Zustimmung aller Wohnungseigentümer zur Umwandlung, die stillschweigend erfolgen kann, etwa durch (ausdrückliche) Zustimmung zu Umbaumaßnahmen, wie dem Umbau des im 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

11

BGH v. 5.3.2010 – V ZR 62/09, MDR 2010, 737 = MietRB 2010, 170 = NZM 2010, 407. BGH v. 28.2.1997 – V ZR 27/96, MDR 1997, 538 f. = NJW 1997, 1778. BGH v. 16.6.2011 – V ZA 1/11, ZfIR 2011, 757. Zu den Grenzen vgl. BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, MDR 2007, 326 = MietRB 2007, 68 (Betreutes Wohnen). BayObLG v. 10.11.2004 – 2Z BR 169/04, FGPrax 2005, 11 = NZM 2005, 263. BayObLG v. 7.7.2004 – 2Z BR 89/04, ZMR 2004, 925; OLG Zweibrücken v. 14.12.2005 – 3 W 196/05, MDR 2006, 744 (Nutzung eines als Keller bezeichneten Teileigentums als Wohnung). BayObLG v. 10.11.2004 – 2Z BR 169/04, FGPrax 2005, 11 = NZM 2005, 263. OLG Düsseldorf v. 14.11.2007 – I-3 Wx 40/07, WuM 2008, 114. OLG Düsseldorf v. 14.11.2007 – I-3 Wx 40/07, BeckRS 2007, 19186 = NJW-Spezial 2008, 35. Vgl. etwa BGH v. 26.9.2003 – V ZR 217/02, MDR 2004, 84 = DNotZ 2004, 145; Armbrüster, ZMR 2005, 244; OLG Celle v. 30.5.2000 – 4 W 53/00, ZWE 2001, 33, zur Frage, ob ein neuer Aufteilungsplan erforderlich ist, vgl. OLG Bremen v. 27.11.2001 – 3 W 52/01, ZWE 2002, 184 = NZM 2002, 610 (verneinend). KG v. 1.3.2004 – 24 W 158/02, MietRB 2004, 236 = FGPrax 2004, 216.

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§1

Begriffsbestimmungen

Teileigentum stehenden Speichers zu Wohnzwecken.1 Die Einhaltung der Form des § 4 ist nicht erforderlich. Auch bedarf es im Hinblick auf § 5 Abs 4 S 2 keiner Zustimmung dinglich gesicherter Gläubiger nach §§ 876, 877 BGB.2 Es bedarf auch keines geänderten Aufteilungsplanes oder einer neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung,3 auch wenn die Anforderungen an Teileigentum und Wohnungseigentum sich unterscheiden mögen, mithin Teileigentum auch dort gebildet werden kann, wo Wohnungseigentum nicht gebildet werden könnte (etwa fehlende Küche, vgl. Rz. 20), beschränkt sich die Zwecksetzung der Abgeschlossenheit in der Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum; diese Abgrenzung ist bei der Umwandlung aber problemlos auch ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung möglich. 6. Gemeinschaftliches Eigentum a) Grundsatz 26

Nach § 1 Abs. 5 ist gemeinschaftliches Eigentum das Grundstück sowie alle Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Sondereigentum“ fehlt. Der Begriff lässt sich jedoch aus der Gegenüberstellung zum gemeinschaftlichen Eigentum erklären.4 Gegenstand des Sondereigentums sind die durch Vertrag oder Teilungserklärung bestimmten Räume sowie die dazu gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum unzulässig beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird (§ 5 Abs. 1). Damit kann gemeinschaftliches Eigentum als all das aufgefasst werden, was nicht Sondereigentum ist. Dabei besteht eine Vermutung für das Gemeinschaftseigentum.5 Lässt sich also nicht sicher feststellen, ob eine bestimmte Einrichtung oder „Sache“ im Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers oder im Gemeinschaftseigentum steht, gilt nach Abs 5 die Vermutung für das Vorliegen von Gemeinschaftseigentum.

26a

Zu beachten ist auch § 5 Abs. 2, wonach bestimmte Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes nicht im Sondereigentum stehen können und damit zwingend gemeinschaftliches Eigentum sind. In der Regel handelt es sich dabei um solche Teile, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes von besonderer Wichtigkeit sind. b) Gemeinschaftlicher Gebrauch

27

Gemeinschaftliches Eigentum sind zunächst alle Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die zwingend dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen. Teile eines Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, können nicht Gegenstand des Sondereigentums sein.6 Dies sind etwa Bestandteile des Gebäudes, die für die Sicherheit und Standfestigkeit des Gebäudes erforderlich sind, Treppenaufgänge in Mehrfamilienhäusern, Zufahrtswege usw. (vgl. im Einzelnen § 5 Rz. 22 ff.).

27a

Auch wenn Gemeinschaftseigentum in den Räumen des Sondereigentums anbzw. untergebracht ist, handelt es sich dabei um Gemeinschaftseigentum.7 Räume, die der gemeinschaftlichen Versorgung bzw. dem gemeinschaftlichen Gebrauch der 1 Vgl. aber KG v. 1.3.2004 – 24 W 158/02, MietRB 2004, 236 = FGPrax 2004, 216. 2 KG v. 29.11.2010 – 1 W 325/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 79 = ZWE 2011, 84. 3 Str., wie hier etwa Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 3; a.A. etwa Hügel, RNotZ 2005, 149; KG v. 23.4.2013 – 1 W 343/12, MDR 2013, 837 = MietRB 2013, 210 = ZWE 2013, 322; Rapp, RNotZ 2013, 383. 4 Hügel in Bamberger/Roth, § 1 WEG Rz. 7; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 7 ff. 5 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447. 6 AG Schwäbisch Hall v. 18.7.2008 – 5 GR 33/06, Zum Gemeinschaftseigentum an einer freistehenden Garage; vgl auch § 5 Rz. 51, 73, 82 mit weiteren Beispielen Rz. 61 ff. 7 AG Ahrensburg v. 25.9.2008 – 37 C 11/08, ZMR 2009, 78.

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§1

Begriffsbestimmungen

Bewohner dienen und damit wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sind, sind deshalb nicht zwingend gemeinschaftliches Eigentum. Die Sondereigentumsfähigkeit kommt dann in Betracht, wenn die Räumlichkeit nicht ausschließlich demselben Zweck wie die gemeinschaftliche Anlage dient.1 Ob die Räumlichkeit auch anderen Zwecken zu dienen bestimmt ist, richtet sich in erster Linie nach den Nutzungsangaben im Aufteilungsplan.2 Eine sekundäre zweckfremde Nutzung ist damit nicht ausgeschlossen. Maßgebend ist allein, ob die Räumlichkeit nach ihrer Art, Lage und Beschaffenheit, insbesondere auch ihrer Größe, objektiv geeignet ist, noch andere, zumindest annähernd gleichwertige Nutzungszwecke zu erfüllen; untergeordnete oder lediglich periphere Nutzungsmöglichkeiten müssen indes außer Betracht bleiben.3 Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören weiterhin die Sondernutzungsrechte i.S.d. §§ 15 Abs. 1, 10 Abs. 3. Teilweise wird neben Sonder- und Teileigentum einerseits und Gemeinschaftseigentum andererseits (abgesehen vom Verbandsvermögen der Gemeinschaft) noch eine weitere Form des Eigentums in Gestalt eines sogen. Mitsondereigentums für zulässig gehalten.4 Danach soll bestimmtes Sondereigentum mehreren (jedoch nicht allen) Wohnungseigentümern nebeneinander aber als Einzelberechtigung zustehen. Abgesehen von den begrifflich abgeschlossenen Möglichkeiten der besonderen Eigentumsformen des WEG also Ausnahme vom Eigentumsbegriff des BGB, fehlt es auch an der praktischen Notwendigkeit einer derartigen Eigentumsform. Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung in ausreichendem Maße Nutzungsbefugnisse für einzelne Wohnungseigentümer begründen.5

27b

Eine besondere Form des Eigentums wird aber ganz überwiegend für das sogen. Nachbareigentum anerkannt. Das Nachbareigentum ist zwar im Gesetz ebenfalls nicht vorgesehen, wird aber dann anerkannt, wenn an sondereigentumsfähigen Gegenständen Miteigentum mehrerer Personen besteht. Dies soll etwa bei nicht tragenden (damit nicht zwingend Gemeinschaftseigentum) Trennwänden zwischen zwei Wohnungseigentumseinheiten bestehen.6 Die Anerkennung eines derartigen Miteigentums käme vor allem dem praktischen Bedürfnis der Wohnungseigentümer entgegen, denn nur so kann etwa eine Trennwand der Gemeinschaft entzogen und der gemeinsamen Nutzung der betroffenen Miteigentümer zugewiesen werden. Der BGH7 lehnt eine solche Form des Eigentums jedoch mit der Begründung ab, dass hierfür jede gesetzliche Grundlage fehle. Auf derartige (im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer) stehenden Einrichtungen (vor allem Trennwände) finden die §§ 921, 922 S 3 BGB entsprechende Anwendung. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob zwischen Miteigentümern von Wohnungs- oder Teileigentum nachbarrechtliche Ansprüche, etwa nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bestehen können. Dies hat der BGH bejaht und zwar auch im Verhältnis zwischen den Mietern.8

27c

aa) Das Grundstück Das Grundstück steht (zwingend) im Eigentum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören damit auch die Früchte des Grundstücks, also etwa das Obst der Gartenbäume (§ 953 BGB).

28

Ein Wohnungseigentümer kann nicht vom Miteigentum an dem Grundstück ausgeschlossen sein. Grundstück in diesem Sinne ist das Grundstück i.S.d. GBO (§ 3

28a

1 BayObLG v. 30.10.2003 – 2Z BR 184/03, DNotZ 2004, 386 f. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 30.10.2002 – 2 W 39/02, ZMR 2004, 68 f. 3 OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2006, 504 (spezifische Charakter eines Kellerraumes mit zentraler Heizungsanlage geht nicht dadurch verloren, dass er auch sekundär als Abstell- oder Lagerraum genutzt wird). 4 Erstmals Hurst, DNotZ 1986, 131 ff. 5 Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 29. 6 Vgl. ausführlich Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 30. 7 BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MietRB 2012, 13 = MDR 2012, 17 = NJW-RR 2012, 85 (Hebevorrichtung eines Duplexparkers). 8 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 ff. = NJW 2014, 458 mit Anm. Ott = ZfIR 2014, 70; dies gilt aber nicht bei Beeinträchtigungen durch oder von Gemeinschaftseigentum.

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§1

Begriffsbestimmungen

Abs. 1 GBO), mithin auch die unbebaute Fläche des Grundstücks. Soll auf mehreren Grundstücken (Flurstücken), die im Grundbuch nicht unter einer laufenden Nummer eingetragen sind, eine Wohnungseigentumsanlage errichtet werden, so müssen diese Grundstücke gem. § 890 Abs. 1 BGB vereinigt werden1 oder ein Grundstück dem anderen als Bestandteil zugeschrieben werden (§ 890 Abs. 2 BGB).2 Die Vereinigung setzt nicht zwingend voraus, dass die zu vereinigenden Grundstücke aneinander angrenzen müssen, sie müssen jedoch demselben Eigentümer gehören (§ 5 GBO). Die Verbindung von Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken ist aufgrund ausdrücklicher Anordnung in § 1 Abs. 4 BGB ausgeschlossen.3 Eine katastermäßige Verschmelzung der Grundstücke ist in keinem Falle erforderlich. Die Buchung im gleichen Grundbuchblatt genügt jedoch nicht. bb) Überbau 29

Besondere Probleme stellen sich dann, wenn Wohnungseigentum Gegenstand eines Überbaus ist. Handelt es sich um einen entschuldigten (§ 912 BGB) oder rechtmäßigen Überbau, gilt der Überbau als wesentlicher Bestandteil des Stammgrundstücks (§§ 93 f. BGB). Dem steht auch Abs. 4 nicht entgegen.4 Kein Wohnungseigentum kann hingegen bei unrechtmäßigem Überbau auf dem überbauten Grundstück entstehen,5 sodass eine Realteilung des Gebäudes auf der Grundstückslinie erfolgt. Bei Zweifeln hat das Grundbuchamt nicht etwa einen Nachweis zu verlangen, dass entweder ein Überbau nicht vorliegt oder aber der überbaute Teil wesentlicher Bestandteil des aufzuteilenden Grundstücks ist.6

30

Nach §§ 93 f. BGB ist der Eigentümer des Grundstücks auch der des darauf errichteten Gebäudes. Dies gilt im Hinblick auf Abs. 4 auch für den Überbau bei Wohnungseigentum.7 Der Überbau gilt vielmehr als wesentlicher Bestandteil des Stammgrundstücks, so dass rechtlich Wohnungseigentum nur an einem Grundstück begründet wird. Ob das Stammgrundstück von Größe und Wert bedeutend ist, ist dabei nicht maßgebend.8 cc) Veräußerung von realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums

31

Eine Verfügung über reale Teile des gemeinschaftlichen Grundstücks kann nur von allen Wohnungseigentümern insgesamt durch Auflassung vorgenommen werden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 747 Satz 2 BGB). Ein Mehrheitsbeschluss kann die Wohnungseigentümer nicht zu einer Mitwirkung verpflichten, weil es sich nicht um eine Maßnahme der Verwaltung handelt, sondern um ein sachenrechtliches Grundgeschäft.9 Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung hat dabei auf allen Wohnungsgrundbüchern gleichzeitig zu erfolgen.10 Sofern auf der abzutrennenden Fläche Sondereigentum besteht, muss dieses zunächst aufgehoben werden.11 Zum Erfordernis der Zustimmung dinglich Berechtigter, vgl. § 5 Rz. 40 ff.; wollen die Wohnungseigentümer in dieser Weise eine Teilfläche veräußern, bedarf es allerdings nicht der Aufhebung und Neubegründung aller Sondereigentumsrechte, sondern nur der Auf1 OLG Saarbrücken v. 29.6.1988 – 5 W 143/88, Rpfleger 1988, 479. 2 Commichau in MünchKomm/BGB, § 1 WEG Rz. 18. 3 Zur Problematik bei Wohnungseigentumsanlagen, die vor Schaffung des § 1 Abs. 4 auf mehreren Grundstücken errichtet wurden, vgl. etwa Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 28. 4 Etwa Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 6. 5 OLG Hamm v. 28.11.1983 – 15 W 172/83, OLGZ 1984, 54; Bassenge in Palandt, BGB, § 1 WEG Rz. 7. 6 So aber OLG Karlsruhe v. 23.10.2012 – 14 Wx 7/11, ZWE 2014, 23 = BWNotZ 2013, 117 mit abl. Anm. Sandweg; vgl. auch Zimmer, NJW 2014, 337. 7 Wicke, DNotZ 2006, 252. 8 OLG Stuttgart v. 5.7.2011 – 8 W 229/11, MietRB 2011, 347 = ZWE 2011, 410. 9 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = MietRB 2013, 208 = NJW 2013, 1962; Reymann, ZWE 2013, 315. 10 Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 38; dort auch zu abweichenden Auffassungen bei Verfügungen über Straßengrund. 11 LG Düsseldorf MitRhNotK 1980, 77.

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Begriffsbestimmungen

hebung derjenigen Sondereigentumsrechte, die auf der zu veräußernden Teilfläche ruhen. Dabei entstehende isolierte Miteigentumsanteile müssen mit einem oder mehreren Miteigentumsanteilen am Restgrundstück verbunden werden.1 Die Veräußerung einer Teilfläche des Grundstücks kann dabei nur durch alle Wohnungseigentümer erfolgen, diese können den Verwalter bevollmächtigen, die Veräußerung vorzunehmen, allerdings nicht durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung, sondern mitttels rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigung durch die einzelnen Wohnungseigentümer.2 7. Verwaltungsvermögen, sonstiges Vermögen Nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum zählt hingegen aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in § 10 Abs. 7 das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft, also die Gesamtheit der im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erworbenen Vermögensgegenstände einschließlich der Verbindlichkeiten, da ansonsten diese Vorschrift überflüssig wäre. Entsprechendes gilt für sonstiges gemeinschaftliches Vermögen, wie etwa Gartengerätschaften. Das Verwaltungsvermögen „gehört“ nach dieser Vorschrift der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Seine Verwendung sowie Fragen der Sonderrechtsnachfolge, Pfändung usw. sind in § 10 Abs. 7 geregelt (vgl. im Einzelnen § 10 Rz. 92 ff.). Frühere Auffassungen, die dieses Vermögen den §§ 741 ff. BGB oder den Regelungen über gemeinschaftliches Eigentum nach § 1 Abs. 5 WEG unterwerfen wollten,3 sind damit überholt. Das Verwaltungsvermögen ist der Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtssubjekt zugewiesen. Unabhängig vom Erwerb des Sondereigentums hat der einzelne Wohnungseigentümer an dem Verwaltungsvermögen keinen selbständigen Anteil. Der Wohnungseigentümer kann etwaige Rechte und Auseinandersetzungsansprüche an dem Verwaltungsvermögen nicht selbstständig übertragen. Der „Anteil“ des Wohnungseigentümers am Verwaltungsvermögen kann damit auch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung gepfändet werden. Zur Pfändung des Verwaltungsvermögens bedarf es eines Titels gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.

1 KG v. 25.10.2011 – 1 W 479/11, ZfIR 2011, 839. 2 OLG München v. 22.1.2010 – 34 Wx 125/09, MietRB 2010, 142 = NJW 2010, 1467. 3 Vgl. etwa Commichau in MünchKomm/BGB, § 1 WEG Rz. 35 m.w.N.

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1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums

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Arten der Begründung Wohnungseigentum wird durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3) oder durch Teilung (§ 8) begründet. I. Begründungsmöglichkeiten . . . . . . 1. Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . 2. Begründung des Wohnungseigentums durch vertragliche Einräumung nach § 3 . . . . . . . . . . . . . 3. Begründung des Wohnungseigentums durch Teilung nach § 8 . . . . 4. Kombination beider Arten der Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . II. Dingliche Belastung

.

1

.

4a

III. Vorkaufsrechte und Genehmigungserfordernisse 1. Nach BauGB

. . . . . . . . . . . . . . 13

2. Nach § 577 BGB . . . . . . . . . . . . . 14 .

5

.

8

.

11

3. Genehmigungserfordernisse a) Nach dem BauGB

. . . . . . . . . 14a

b) Familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen . . 14c IV. Begründungsmängel . . . . . . . . . . . 15 1. Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . 16

. 11a

. . . . . . . . . . .

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2. Von der Erklärung abweichende Bauausführung . . . . . . . . . . . . . 17

Schrifttum: Abramenko, Nochmals zu Aufteilungsplan und abweichender Bauausführung, ZMR 1998, 741; Armbrüster, Abweichungen der Bauausführung von Bauträgervertrag und Aufteilungsplan, ZWE 2005, 182; Armbrüster, Änderungsvorbehalte und – vollmachten zugunsten des aufteilenden Bauträgers, ZMR 2005, 244; Becker/Schneider, Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft und Zustimmung Drittberechtigter, ZfIR 2011, 545; Belz, Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, FS Merle, 2000, 51; Dötsch, (analoge) Anwendung des § 12 WEG in der werdenden Eigentümergemeinschaft?, ZWE 2011, 385; Dreyer, Mängel bei der Begründung von Wohnungseigentum, DNotZ 2007, 594; Köller, Der Genehmigungsvorbehalt für die Begründung von Wohn- und Teileigentum, ZfBR 2009, 130; Streblow, Änderungen von Teilungserklärungen nach Eintragung der Aufteilung in das Grundbuch, MittRhNotK 1987, 141; Vogel, Probleme bei der Änderung von der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung beim Erwerb vom Bauträger, ZMR 2008, 270.

I. Begründungsmöglichkeiten 1

Die Vorschrift benennt zwei Möglichkeiten der Begründung von Wohnungseigentum, zum einen durch vertragliche Einräumung nach § 3, zum anderen durch Teilung nach § 8. Die Begründungsurkunde hat dabei in der Regel neben den in § 2 genannten dinglichen Begründungsakten (die „Teilungserklärung“) auch einen schuldrechtlichen Vereinbarungsteil (die „Gemeinschaftsordnung“).

2

Die Vorschrift enthält einen numerus clausus der Begründungsmöglichkeiten. Die Begründung von Wohnungseigentum kann danach entweder durch Vertrag der Mitglieder einer bestehenden Eigentümergemeinschaft oder aber durch einseitige Erklärung des Eigentümers erfolgen. Ausgeschlossen ist damit insbesondere eine Begründung von Sondereigentum in der Form des Wohnungseigentums durch eine Verfügung von Todes wegen.1 Der Erblasser hat jedoch die Möglichkeit, durch Teilungsanordnung nach § 2048 BGB, Vermächtnis oder Auflage nach § 2192 BGB die Erben zur Bestellung von Wohnungseigentum zu verpflichten,2 dies hat jedoch lediglich schuldrechtliche Wirkung3 und macht eine vertragliche Einräumung nach § 3 nicht überflüssig. Ausgeschlossen ist ferner die Begründung von Wohnungseigentum durch richterliche Anordnung, etwa nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. 1 Bassenge in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 1. 2 Stürner in Soergel, BGB, § 2 WEG Rz. 3; Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 1. 3 Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 2 WEG Rz. 3.

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§2

Arten der Begründung

Die Begründung von Wohnungseigentum sowohl nach § 3 als auch nach § 8 setzt nach dem gesetzlichen Wortlaut nicht voraus, dass das betreffende Gebäude bereits errichtet ist. Ist das Gebäude noch nicht errichtet, ist der Miteigentumsanteil an dem Grundstück mit den Anwartschaften für das künftige Gemeinschafts- und Sondereigentum verbunden.1 Auch eine Vermietung der Wohnungseinheiten, an denen Sondereigentum entstehen soll, steht einer Begründung des Sondereigentums nicht entgegen. Eine Begrenzung der Anzahl der Wohnungseinheiten einer Anlage besteht nicht.2

3

Bei Vollzug der Teilung im Grundbuch wird das Grundstücksgrundbuch geschlossen und an seine Stelle treten Wohnungseigentumsgrundbücher.

4

1. Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum Maßgeblich für das Entstehen von Wohnungseigentum ist unabhängig von der Art und Weise der Begründung der Zeitpunkt der Eintragung der dinglichen Rechtsänderung in das Grundbuch. Ob das Gebäude zu diesem Zeitpunkt bereits errichtet ist, ist insoweit ohne Bedeutung.3 Ist das Gebäude noch nicht errichtet, fehlt es zwar an einem Gegenstand des Sondereigentums, der Inhaber dieses „substanzlosen“ Sondereigentums ist aber Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft und hat damit etwa das volle Stimmrecht.4 Zweifelhat erscheint, ob es sich bei der bereits im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümergemeinschaft bis zur Errichtung des Gebäudes um Miteigentumsanteile der einzelnen Miteigentümer, verbunden mit einer Anwartschaft auf das Sondereigentum handelt.5 Die Annahme einer Anwartschaft ist deshalb zutreffend, weil das Wohnungseigentum bereits vor Errichtung des Gebäudes übertragen und belastet werden kann.6 Ebenso wie bei der Anwartschaft richtet sich die Veräußerung und Belastung nach den Vorschriften über das Vollrecht. Allerdings unterscheidet sich das hier angenommene Anwartschaftsrecht von anderen Anwartschaftsrechten dadurch, dass das Mitglied der Miteigentümergemeinschaft nicht zwingend einen Anspruch auf Errichtung des Gebäudes haben muss, zumindest ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus dem WEG.7 Ein Anspruch auf Errichtung des Gebäudes kann sich vor allem aus dem Bauträgervertrag ergeben.

4a

2. Begründung des Wohnungseigentums durch vertragliche Einräumung nach § 3 Die Begründung von Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung nach § 3 erfolgt in der Weise, dass sich mehrere Miteigentümer gegenseitig vertraglich Sondereigentum einräumen, wobei für diesen dinglichen Vertrag die Formvorschrift des § 4 Abs. 2 WEG i.V.m. § 925 BGB gilt. Vorausgesetzt wird damit, dass das Grundstück im Miteigentum mehrerer Personen steht, d.h. bereits formgerecht Miteigentum an dem Grundstück gebildet wurde.8 Liegt Gesamthandseigentum vor, muss dieses zunächst in Bruchteilseigentum umgewandelt werden, und zwar durch Auflassung und Eintragung9 (vgl. § 3 Rz. 6). Das Miteigentum kann jedoch gleichzeitig mit dem Sondereigentum begründet werden, also mit der Einräumung des Sondereigentums zeitlich verbunden werden.10 Eine praktische Bedeutung erlangt die vertragliche Einräu1 Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 2 m.w.N.; bei der Berechnung der stimmberechtigten Wohnungsanteile sind noch nicht errichtete Wohnungen jedoch zu berücksichtigen, OLG Hamm v. 10.11.2005 – 15 W 256/2005. 2 Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 4. 3 BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111. 4 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, ZMR 2006, 60. 5 BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111; zweifelnd Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 38. 6 Bassenge in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 10; Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 2; OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, MietRB 2010, 331 = ZWE 2010, 459. 7 Röll, NJW 1978, 1507; OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, ZMR 2006, 60. 8 Augustin in BGB/RGRK, § 2 WEG Rz. 1. 9 Stürner in Soergel, BGB, § 3 WEG Rz. 2. 10 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 1; Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 2.

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Arten der Begründung

mung nach § 3 bei den sog. „Bauherrenmodellen“.1 Bei der vertraglichen Einräumung nach § 3 entsteht eine vollgültige Wohnungseigentümergemeinschaft mit Begründung des Wohnungseigentums durch Grundbucheintragung.2 Eine sog. werdende (faktische) Wohnungseigentümergemeinschaft kommt nach bisher überwiegender Ansicht bei der Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 nicht in Betracht;3 zur Problematik der „werdenden Gemeinschaft“ bei Teilung nach § 3 vgl. dort Rz. 4. 6

Praktische Relevanz erlangt die vertragliche Einräumung von Wohnungseigentum auch für den Fall, dass eine Erbengemeinschaft durch Teilung in Natur nach den §§ 2042 Abs. 2, 752 BGB aufgehoben werden soll. So bietet die vertragliche Begründung nach § 3 (nach vorheriger Schaffung von Bruchteilseigentum) den Miterben eine Möglichkeit zur Auseinandersetzung hinsichtlich des Grundvermögens durch Begründung von Wohnungseigentum,4 jedoch nur, sofern dies freiwillig erfolgt.5 Eine Begründung von Wohnungseigentum durch gerichtliches Teilungsurteil im Rahmen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist hingegen unzulässig.6 Nach zum Teil vertretener Ansicht soll dies ausnahmsweise dann möglich sein, wenn nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Naturalteilung nach dem WEG erforderlich ist.7 Zum Verzicht des Wohnungseigentümers auf das Wohnungseigentum nach § 928 BGB, vgl. § 1 Rz. 6.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung von Sondereigentum durch vertragliche Einräumung wird auf die Ausführungen zu § 3 verwiesen. 3. Begründung des Wohnungseigentums durch Teilung nach § 8

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Die Begründung von Wohnungseigentum durch Teilung nach § 8 setzt das Bestehen von Alleineigentum an dem Grundstück voraus. Die Begründung des Wohnungseigentums erfolgt durch einseitige Teilungserklärung des Eigentümers gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO und hat sich in der Praxis zum Regelfall entwickelt. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann im Falle der Teilung nach § 8 jedoch solange nicht zur Entstehung gelangen, wie der teilende Eigentümer alleiniger Eigentümer aller Wohnungseinheiten bleibt, woran auch der Umstand, dass für die Erwerber bereits eine Auflassungsvormerkung eingetragen und eine Besitzübergabe an diese erfolgt ist, nichts ändert.8 Allerdings kommt es in diesen Fällen zur Entstehung einer sog. werdenden (faktischen) Wohnungseigentümergemeinschaft. Dabei besteht ein Bedürfnis für eine vorverlagerte Anwendung der Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes auf das sog. Anlauf- oder Gründungsstadium einer Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls im Innenverhältnis, d.h. im Verhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Erwerbern.9 Vor Entstehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft bilden die Erwerber, für die eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen und denen der Besitz an der erworbenen Wohnung übergeben worden ist, damit eine solche „werdende Gemeinschaft“10 (dazu § 8 Rz. 22). 1 Ausführlich dazu: Weitnauer in Weitnauer, Anh. zu § 3 WEG. 2 Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 2 m.w.N.; a.A. etwa Augustin in BGB/RGRK, § 8 WEG Rz. 37. 3 A.A. Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 10; wie hier BayObLG v. 20.4.2000 – 2Z BR 22/00, NJW-RR 2000, 1540 = NZM 2000, 665. 4 Augustin in BGB/RGRK, § 2 WEG Rz. 2. Zur Auseinandersetzung durch Begründung von Wohnungseigentum gemäß einer Teilungsanordnung des Erblassers, wenn unter den Erben Streit über die Ausgestaltung der Gemeinschaftsordnung besteht: BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 f. = NJW 2002, 2712. 5 Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 1. 6 Bassenge in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 1; Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 1; OLG München v. 20.10.1952 – 5 W 1415/52, NJW 1952, 1297. 7 Stürner in Soergel, BGB, § 2 WEG Rz. 5. 8 Rapp in Staudinger, BGB, § 2 WEG Rz. 2. 9 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 f. = MietRB 2008, 270 f. = NJW 2008, 2639; nicht jedoch etwa im Zwangsversteigerungsverfahren, vgl. BGH v. 23.9.2009 – V ZB 19/09, MietRB 2009, 357 = MDR 2009, 1415. 10 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 f. = NJW 2008, 2639 = MittBayNot 2009, 132 = Rpfleger 2008, 564.

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§2

Arten der Begründung

Besondere Bedeutung hat die Frage, ob § 10 auch für die werdende Eigentümergemeinschaft Anwendung findet (dazu auch § 10 Rz. 96 ff.). Dies ist mit dem BGH1 zu bejahen. Die werdende Eigentümergemeinschaft entsteht, wenn wenigstens ein auf den Erwerb von Wohnungseigentum gerichteter Vertrag geschlossen ist2 und zusätzlich der Erwerb durch Eintragung einer (nach z.T. vertretener Ansicht auch nur beantragter) Eigentumsverschaffungsvormerkung gesichert ist und zudem der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist3 oder zumindest Mitbesitz des Grundstücks besteht. Verhalten sich die Beteiligten bereits vor Entstehen der vorgenannten Anwartschaft entsprechend der Gemeinschaftsordnung kann zudem eine vereinbarte Gemeinschaft vorliegen,4 auf die die Grundsätze der werdenden Gemeinschaft entsprechende Anwendung findet.

8a

Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft kann damit nicht nur die Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft ausüben, ebenso kann die werdende Eigentümergemeinschaft auch für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft nach § 10 Abs. 8 haften.5 Zur Frage der Befugnis zur Zustimmung nach § 12 WEG vgl. dort Rz. 2.6 Die Begründung von Wohnungseigentum durch eine Erbengemeinschaft im Wege der Teilung nach § 8 kann nur dann erfolgen, wenn die Wohnungs- und Teileigentumsrechte, die durch die Aufteilung entstehen, im Eigentum der Erbengemeinschaft verbleiben. Soll hingegen jeder Miterbe ein oder mehrere Wohnungseigentumsrechte zu Allein- oder Miteigentum erhalten, also eine Teilung zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erfolgen, setzt dies neben der Aufteilung in Wohnungseigentum nach § 8 in jedem Fall eine vertragliche Einräumung nach § 3 durch eine Einigung in Form der Auflassung voraus7 (zur Kombination beider Begründungsmöglichkeiten auch nachfolgend Rz. 11).

9

Soll die Teilung nach § 8 durch eine Personengesellschaft erfolgen, hat dies zur Voraussetzung, dass die entstehenden Wohnungs- und Teileigentumsrechte der Gesellschaft nach der Aufteilung zum Alleineigentum zustehen.8

10

Über den Bereich freiwilliger Auseinandersetzung hinaus, kann die Aufhebung einer Miteigentümergemeinschaft dann ausnahmsweise durch Bildung von Wohnungseigentum anstelle der in § 753 BGB vorgesehenen Teilungsversteigerung verlangt werden, wenn sonst einem Miteigentümer eine besondere Härte entstünde.9 4. Kombination beider Arten der Begründung Zulässig ist die Verbindung der Begründungsmöglichkeiten nach § 3 und § 8. Wird zunächst Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung nach § 3 gebildet und dabei vereinbart, dass ein Miteigentumsanteil mit mehreren Sondereigentumsrechten (z.B. an mehreren in sich abgeschlossenen Wohnungen) verbunden sein soll, so kann dessen Eigentümer diese dann durch einseitige Teilungserklärung nach § 8 in selbständige Wohnungseigentumsrechte teilen und damit neue Wohnungseigentumsrechte schaffen.10

1 BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MietRB 2004, 107 = MDR 2004, 439 = NJW 2004, 1798; BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 f. = NJW 2008, 2639. 2 Zu diesem Zeitpunkt kommt bereits die Anwendung des § 577 BGB in Betracht, BGH v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MietRB 2014, 67 = MDR 2014, 206 f. = NZM 2014, 133. 3 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 f. = NJW 2008, 2639. 4 Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 16. 5 Wenzel, NZM 2008, 625. 6 Dazu neuerdings auch Dötsch, ZWE 2011, 385. 7 Commichau in MünchKomm/BGB, § 2 WEG Rz. 9. 8 Commichau in MünchKomm/BGB, § 2 WEG Rz. 10. 9 OLG Frankfurt v. 30.11.2006 – 16 U 34/06, DStR 2007, 868; Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 5 m.w.N. 10 Stürner in Soergel, BGB, § 2 WEG Rz. 2.

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§2

Arten der Begründung

5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt 11a

Die Umwandlung des Gemeinschafteigentums in Sondereigentum ist mit den Formerfordernissen des § 4 verbunden, da es sich letztlich um die Einräumung von Sondereigentum handelt und das sachenrechtliche Grundverhältnis betroffen ist. Damit bedarf es der Einigung aller Wohnungs- und Teileigentümer in der Form der Auflassung und Grundbucheintragung. Ein Verzicht auf die Mitwirkung aller Eigentümer und auch Sonderrechtsnachfolger im Rahmen der Teilungsvereinbarung (vgl. § 3 Rz. 18) ist möglich, auch wenn die damit einhergehende Änderung sachenrechtlicher Art ist. Die dogmatischen Bedenken1 lassen sich durch Annahme einer (widerruflichen) Änderungsvollmacht, die auch vom jeweiligen Erwerber durch Eintritt in die Eigentümergemeinschaft übernommen wird, ausräumen.

11b

Eine Umwandlung bzw. Rückführung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum bedarf ebenfalls der Form nach § 42 (vgl. § 4 Rz. 24). Anders verhält es sich etwa bei einer Umwandlung in ein Sondernutzungsrecht3 oder der Vereinigung zweier einem Eigentümer zustehender Wohnungseigentumseinheiten.4 Unter Umständen besteht die Mitwirkungspflicht aller Wohnungseigentümer, wenn mit der Änderung eine Anpassung der rechtlichen Beschreibung im Aufteilungsplan an die tatsächlichen Verhältnisse bezweckt wird.5 II. Dingliche Belastung

12

Die Bildung von Wohnungseigentum wird nicht dadurch behindert, dass das Grundstück dinglich belastet ist bzw. eine gleichartige Belastung aller Miteigentumsanteile vorliegt. Aus dem zunächst einheitlichen Grundpfandrecht entsteht ein wirtschaftlich gleichwertiges Gesamtpfandrecht an den Wohnungseigentumsrechten6 (vgl. im Einzelnen § 3 Rz. 12 f.). Dies gilt auch vor dem Hintergrund des Rangklassenprivilegs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG der Eigentümergemeinschaft (vgl. § 3 Rz. 12 f.). Bestand bis zur WEG-Novelle weitgehend Einigkeit darüber, dass zur Begründung von Wohnungseigentum eine Gläubigerzustimmung nach §§ 877, 876 BGB nicht erforderlich war und daher auch vom Grundbuchamt keine Zustimmung des Gläubigers verlangt werden durfte,7 wurde diese Auffassung im Hinblick auf den neu gefassten § 10 Abs. 1 ZVG in Frage gestellt. Durch die Rangklassenprivilegierung der Eigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG wird die Gläubigerzustimmung nunmehr teilweise verlangt.8 Der Gläubiger befinde sich durch die Aufteilung in einer vollstreckungsrechtlich nachteiligen Position, er müsse nämlich im Rahmen der Zwangsversteigerung auch damit rechnen, dass sich sein zu erwartender Versteigerungserlös verringere, weil zu berücksichtigende Forderungen bestehen, die zwischen den Miteigentümern der Wohnungseigentumsgemeinschaft begründet seien. Damit sind seine Rechte unmittelbar durch die Begründung von Wohnungseigentum beeinträchtigt. Diese Auffassung überzeugt nicht. Mit der Rechtsprechung der Obergerichte9 ist davon auszugehen, dass sich die Stellung des eingetragenen Grundpfandrechts1 Etwa Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 47. 2 BGH v. 5.10.1998 – II ZR 182/97, BGHZ 139, 352 = MDR 1998, 1471 f.; a.A. BayObLG v. 16.12. 1997 – 2Z BR 10/97, DNotZ 1999, 665. 3 BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, BayObLGZ 2001, 73. 4 OLG Hamm v. 10.6.1999 – 15 W 11/99, ZfIR 2000, 52; abw. BayObLG v. 17.7.1996 – 2Z BR 58/96, MittBayNot 1997, 366 bei erforderlichem Mauerdurchbruch. 5 OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 f. = DNotZ 2007, 946 (Vorflur); KG v. 18.7.2001 – 24 W 7365/00, NZM 2001, 1127; Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 92; zur Mitwirkung der Wohnungseigentümer BGH v. 5.10.1998 – II ZR 182/97, MDR 1998, 1471 f. = NJW 1998, 3711. Zum Erfordernis eines Aufteilungsplans vgl. auch BayObLG v. 9.12.1997 – 2Z BR 157/97, BayObLGZ 1997, 347. 6 Grziwotz in Erman, BGB, § 2 WEG Rz. 5; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 6. 7 Vgl. nur BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250. 8 Etwa Kessler, ZNotP 2010, 335; OLG Frankfurt v. 10.4.2011 – 20 W 69/11, MietRB 2011, 349 = ZfIR 2011, 573. 9 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, NJW 2011, 3588; OLG Oldenburg v. 5.1.2011 – 12 W 296/10, ZfIR 2011, 254; ebenso Schneider, ZNotP 2010, 299; Schneider, ZNotP 2010, 387; Heinemann, ZfIR 2011, 255.

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Arten der Begründung

gläubigers durch die Aufteilung in Wohnungseigentum nur tatsächlich und nicht rechtlich verändert. Eine solche rechtliche Änderung wäre aber für die Notwendigkeit der Gläubigerzustimmung erforderlich. Das als Haftungsgrundlage für den Gläubiger zur Verfügung stehende Eigentum erfährt durch die Aufteilung in Wohnungseigentum keine Schmälerung, vielmehr ist die Summe der Teile mit dem Volleigentum identisch. Allein die auf dem Gesetz beruhende Rangklassenänderung, aber nicht die Aufteilung selbst, kann zu einer Beeinträchtigung des eingetragenen Gläubigers führen.1 III. Vorkaufsrechte und Genehmigungserfordernisse 1. Nach BauGB Wie sich aus § 24 Abs. 2 BauGB ergibt, besteht weder bei der Begründung noch bei der Veräußerung von Wohnungseigentum ein gemeindliches Vorkaufsrecht.

13

2. Nach § 577 BGB Bei vermieteten Wohnräumen, an denen nach der Gebrauchsüberlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, steht dem Mieter im Verkaufsfall ein gesetzliches Vorkaufsrecht aus § 577 BGB zu. Ferner bestehen Kündigungsbeschränkungen nach § 577a BGB gegenüber dem Mieter.2

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3. Genehmigungserfordernisse a) Nach dem BauGB Die Aufteilung in Wohnungseigentum unterfällt zunächst nicht § 19 BauGB und den nach Landesrecht erforderlichen Teilungsgenehmigungen. Allerdings bedarf in Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum der Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde, wenn dies durch Satzung angeordnet ist (§ 22 Abs. 1 und 5 BauGB). Zweck des Genehmigungsverfahrens ist die Vermeidung unerwünschter Zweitwohnungen.3 Die Genehmigung darf daher auch nur dann versagt werden, wenn durch die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum tatsächlich die Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr beeinträchtigt wird. Zu beachten ist für diese Gebiete jedoch die grundbuchrechtliche Sperrwirkung; das Grundbuchamt darf die Aufteilung erst im Grundbuch vollziehen, wenn ihr eine Genehmigung oder ein Negativzeugnis vorgelegt wird;4 das Vorliegen einer das Genehmigungserfordernis begründenden Satzung hat das Grundbuchamt jedoch von Amts wegen zu prüfen.

14a

Die Gemeinden dürfen weiter durch Erhaltungssatzung die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum von einer Genehmigung abhängig machen (§ 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2), soweit dies durch Rechtsverordnung zugelassen wurde.5

14b

b) Familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen Die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum stellt stets eine Inhaltsänderung des Eigentums dar und bedarf daher bei der Beteiligung Minderjähriger oder der Vertretung durch einen Betreuer der familien- oder betreuungsgerichtlichen Genehmigung.6

14c

IV. Begründungsmängel Die Begründung von Wohnungseigentum kann unter Mängeln leiden. Diese können zunächst in einer fehlerhaften Willensbildung liegen oder aber in einer fehlerhaften, von der rechtsgeschäftlichen Erklärung abweichenden Bauausführung. 1 2 3 4 5 6

OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, NJW 2011, 3588. Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 6. BVerwG v. 27.9.1995 – 4c 12/94, MittBayNot 1996, 237. Grziwotz, DNotZ 2004, 674. Derzeit Hamburg, vgl. Köller, ZfBR 2009, 130. Str., wie hier Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 6; Stöber in Schöner, Rz. 2580; a.A. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 33.

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Arten der Begründung

1. Willensmängel 16

Die Begründung von Wohnungseigentum, sei es durch einander korrespondierende Willenserklärungen im Rahmen der vertraglichen Einräumung nach § 3 oder durch einseitige, gegenüber dem Grundbuchamt abzugebende empfangsbedürftige Willenserklärung des Alleineigentümers nach § 8, unterliegt den Bestimmungen über Willenserklärungen nach den §§ 104 ff. BGB, insbesondere den Regelungen über Willensmängel. Liegen Mängel unmittelbar bei der Begründung des Wohnungseigentums nach § 3 oder § 8 vor, haben diese die Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung bzw. der Teilungserklärung zur Folge.1 Dazu zählen etwa die Zuordnung von nicht sondereigentumsfähigen Räumen an einen Miteigentumsanteil2 (§ 5 Rz. 9 ff., 28), die Unbestimmtheit eines Miteigentumsanteils (§ 7 Rz. 18) oder auch die vom Aufteilungsplan abweichende Bauausführung.3

16a

Dies gilt insbesondere für die Fälle der mangelnden Geschäftsfähigkeit, der Nichteinhaltung der erforderlichen Form (z.B. nach §§ 4 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 925 BGB)4 und im Fall der Anfechtung der abgegebenen Willenserklärungen, die insoweit eine Erklärung gegenüber allen Wohnungseigentümern erfordert.5 Eine Heilung der Mängel, die unmittelbar beim Begründungsakt auftreten, tritt jedoch insgesamt dann ein, wenn ein Erwerber gutgläubig Wohnungseigentum erwirbt, denn dieses kann nicht nur an einer Wohnung entstehen.6 Diese Folge ergibt sich aus Gründen des Verkehrsschutzes; insoweit kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die für die sogen. fehlerhafte Gesellschaft entwickelt worden sind.7 Auch vor Erwerb einer Wohnung durch einen gutgläubigen Erwerber kann auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft dort zurückgegriffen werden, wo Verwaltungsvermögen und damit Verbandsvermögen (§ 10 Abs. 7) gebildet worden ist. Eine Auflösung dieser faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft kann daher grds. nur „ex nunc“ erfolgen. 2. Von der Erklärung abweichende Bauausführung

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Nicht selten liegen Mängel bei der Begründung von Wohnungseigentum dann vor, wenn die tatsächliche Bauausführung von den Vereinbarungen oder Erklärungen in dem Aufteilungsplan abweicht. Die möglichen Abweichungen können vielgestaltig sein, sodass stets im Einzelfall zu prüfen ist, wie schwerwiegend die Abweichung ist und welche rechtlichen Folgen die Abweichung nach sich zieht. Liegt eine Abweichung nur innerhalb des Sondereigentums vor, etwa durch vom Plan abweichende Raumaufteilung, entsteht das Sondereigentum entsprechend dem Aufteilungsplan.8

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Die Errichtung weiterer Räume, die im Plan nicht vorgesehen sind, führt ohne weiteres zur Begründung von gemeinschaftlichem Eigentum der Wohnungseigentümer.9 Problematisch ist das Unterbleiben der Errichtung von Räumen. Hier entsteht, soweit es sich nach dem Plan um Sondereigentum handeln soll, sogen. isoliertes Miteigentum, das nicht etwa den weiteren Miteigentümern nach § 738 BGB anwachsen könnte, da es an einer gesamthänderischen Bindung fehlt.10 Dieses unerwünschte Miteigentum ist durch Änderung des Gründungsakts in der Weise zu beseitigen, dass das Sondereigentum an diesem Miteigentumsanteil aufgehoben, der Anteil in gemeinschaftliches Eigentum umgewandelt und der Miteigentumsanteil einem bestehenden Wohnungseigentum zugewiesen wird, wobei dingliche Rechte an dem isolier1 Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 7. 2 Zur Zuordnung von Räumen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 f. = MietRB 2005, 8 f. = ZMR 2005, 59. 3 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 59 ff. 4 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447. 5 OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 75/00, ZMR 2003, 525. 6 Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 7; BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447; Bassenge in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 2. 7 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 56. 8 Bassenge in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 5. 9 OLG München v. 5.10.2006 – 32 Wx 121/06, ZMR 2007, 69. 10 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, ZWE 2010, 459; BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447; str. vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 63 m.w.N.

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Vertragliche Einräumung von Sondereigentum

ten Miteigentumsanteil erlöschen.1 Zu dieser Änderung des Gründungsakts bedarf es allerdings der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer und der dinglich Berechtigten an allen Wohnungseigentumsrechten.2 Erfolgt die vom Plan abweichende Bauausführung, lässt sich die Abgrenzung von gemeinschaftlichem und Sondereigentum aber noch erkennen, entsteht das Sondereigentum entsprechend der tatsächlichen Bauausführung. Es sollte allerdings das Grundbuch berichtigt werden, worauf der einzelne Wohnungseigentümer gegenüber den anderen Miteigentümern einen Anspruch auf Mitwirkung hat.

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Lässt der Vergleich von Plan und tatsächlicher Bauausführung nicht sicher die Abgrenzung des gemeinschaftlichen Eigentums vom Sondereigentum oder von verschiedenen Sondereigentumseinheiten erkennen, entsteht zunächst gemeinschaftliches Eigentum. Die Eigentümer haben hier auf Begründung eines der Bauausführung entsprechenden Sondereigentums durch Änderung des Gründungsakts hinzuwirken. Hierauf hat der einzelne Miteigentümer einen Anspruch, der sich aus seinem Anwartschaftsrecht auf Begründung von Sondereigentum ergibt. Bis zur Änderung der Teilungserklärung liegen insoweit „isolierte Miteigentumsanteile“ vor.3 Wurde in Abweichung vom Plan, die Abgrenzung zweier Sondereigentumseinheiten vorgenommen, entsteht jedoch Sondereigentum nach Maßgabe des Planes (sogen. „Luftschranken“).4 Der Anspruch auf Anpassung der Teilungserklärung ggü. den weiteren Miteigentümern, kann sich aus § 242 BGB ergeben (ggf. Zug- um Zug gegen eine Ausgleichszahlung).5

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Vertragliche Einräumung von Sondereigentum (1) Das Miteigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuches) an einem Grundstück kann durch Vertrag der Miteigentümer in der Weise beschränkt werden, dass jedem der Miteigentümer abweichend von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. (2) Sondereigentum soll nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Garagenstellplätze gelten als abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. (3) weggefallen I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abweichung von § 93 BGB . . . . . . 2. Praktische Bedeutung der Teilung nach § 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2

II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) . . . . . 1. Miteigentum . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufteilung durch Gesellschaften oder Gesamthandsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Quoten und Anteile . . . . . . . . c) Miteigentumsanteil ohne dazugehöriges Sondereigentum . . . . 2. Zustimmung Dritter zur Aufteilung a) Grundpfandrechte . . . . . . . . . b) Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . c) Vorkaufsrechte . . . . . . . . . . .

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3

6 7 10 11 12 14 15

3. Form der Erklärung nach § 3 WEG . 16 4. Änderung bestehender Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . 19 6. Fehlerhafte Teilungsvereinbarung . 20b III. Abgeschlossenheit (Abs. 2) 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Räume

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3. Garagen, Stellplätze, Terrassen und Ähnliches . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, ZWE 2010, 459. 2 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, ZWE 2010, 459. 3 Vgl. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798; OLG Zweibrücken v. 8.3.2006 – 3 W 246/05, MietRB 2006, 172 = NZM 2006, 586; abw. OLG Dresden v. 5.6.2008 – 3 W 231/08, ZMR 2008, 812. 4 Vgl. BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. 5 Vgl. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798.

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§3

Vertragliche Einräumung von Sondereigentum

Schrifttum: Basty, Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, NotBZ 1999, 233; Böttcher, Entwicklungen beim Erbbaurecht und Wohnungseigentum seit 2007, Rpfleger 2009, 550; Herrmann, Zum Vollzug der Veräußerung oder des Zuerwerbs von in Wohnungs- oder Teileigentum aufgeteilten Teilflächen, DNotZ 1991, 607; Gottwald/Schiffner, Die Befreiungsvorschrift des § 7 GrEStG unter besonderer Berücksichtigung der Begründung und Aufhebung von Wohnungseigentum, MittBayNot 2006, 125, Hügel, Das unvollendete oder substanzlose Sondereigentum, ZMR 2004, 549; A. Schäfer, Von der Abstellkammer zum Fahrstuhl, Rpfleger 2001, 67; F. Schmidt, Balkone als Sondereigentum, MittBay 2001, 442; J. Schmidt, Die sukzessive Begründung von Wohnungseigentum bei Mehrhausanlagen, ZWE 2005, 58; von Proff, Kein Vermieterwechsel bei Aufteilung vermieteter Immobilien in Wohnungs- oder Teileigentum nach § 3 WEG, ZNotP 2009, 345; Schüller, Änderungen von Gemeinschaftsordnungen und Teilungserklärungen, RNotZ 2011, 203, Thoma, Rechtsprobleme bei der Aufteilung von Grundbesitz in Wohnungseigentum, RNotZ 2008, 121; Zimmer, Das Legalitätsprinzip im Grundbuchverfahren, NJW 2014, 336.

I. Allgemeines 1

Die Vorschrift gehört neben § 8 zu den zentralen Vorschriften über die Begründung von Wohnungseigentum. Während § 8 die Begründung durch den (Allein-)Eigentümer regelt, enthält § 3 die Voraussetzungen für die Begründung durch (mehrere) Bruchteilsmiteigentümer. Der Vertrag über die Begründung des Wohnungseigentums nach § 3 entfaltet dabei denselben verbindlichen Charakter wie die Teilung nach § 8.1 1. Abweichung von § 93 BGB

2

Die Vorschrift regelt für das Wohnungseigentum die Ausnahme vom Grundsatz des § 93 BGB. Nach § 93 BGB können Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass die eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert werden, nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Demgegenüber gestattet § 3 Abs. 1, abweichend von § 93 BGB, dass Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eingeräumt werden kann. Der Grundsatz des § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach das Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist und daher als Ganzes nicht Gegenstand anderer als am Grundstück bestehender Rechte sein kann, wird jedoch durch § 3 WEG nicht beseitigt. Durch die Aufteilung werden die Miteigentumsanteile an dem Grundstück mit dem Sondereigentum an den abgeschlossenen Sondereigentumseinheiten verbunden. Wohnungseigentum ist aber echtes Eigentum i.S.d. § 903 BGB,2 es kann mithin veräußert, belastet werden und ist vererblich. 2. Praktische Bedeutung der Teilung nach § 3

3

Die praktische Bedeutung der vertraglichen Aufteilung nach § 3 ist im Verhältnis zur Aufteilung nach § 8 eher gering. Die Aufteilung nach § 3 bietet sich etwa dann an, wenn bereits mit Gebäuden bebaute Grundstücke aufgeteilt werden sollen. Im Gegensatz zu § 8, wo der Eigentümer eine einseitige Erklärung zur Aufteilung vornimmt, setzt § 3 eine Vereinbarung der Miteigentümer voraus. Dies hat insbesondere höhere Notarkosten nach KV 21200 zur Folge3 (vgl. Rz. 25). II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1)

4

Die Teilungsvereinbarung hat dafür zu sorgen, dass Klarheit darüber besteht, wie Gemeinschafts- und Sondereigentum voneinander abgegrenzt sind. Weiter besteht die Aufgabe der Teilungsvereinbarung darin, die Höhe und Anzahl der Miteigentumsrechte zu bestimmen.

4a

Sobald die Aufteilung durch mehrere (genauer die Gesamtheit aller) Miteigentümer i.S.d. §§ 1008 ff. BGB vorliegt, handelt es sich um eine Teilungsvereinbarung i.S.d. 1 OLG Celle v. 21.4.2008 – 4 W 216/07, MietRB 2009, 105 = ZMR 2009, 214. 2 BGH 2.6.2005 – V ZB 32/05 – BGHZ 163, 154 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237); BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338 = MDR 2008, 1266 f. = MietRB 2008, 333. 3 Im Einzelnen etwa Kersten in Zimmer/Kersten/Krause, Rz. 585 ff.

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§3

Vertragliche Einräumung von Sondereigentum

§ 3. Steht das aufzuteilende Grundstück im Eigentum einer Personengesellschaft, einer GbR oder einer Gesamthandsgemeinschaft, fehlt es am Miteigentum i.S.d. § 3, die Aufteilung hat hier nach § 8 zu erfolgen.1 Möglich ist jedoch die in derselben Urkunde vorgenommene Auseinandersetzung der Gesellschaft oder Gemeinschaft und Umwandlung (durch Auflassung nach § 925 BGB) in Bruchteilseigentum (Rz. 6).2 Ob die Aufteilung entsprechend den bisherigen Miteigentumsanteilen erfolgt oder aber von den bis dahin bestehenden Miteigentumsanteilen abweicht, ist dabei unerheblich3 (vgl. Rz. 7 ff.). Die Teilungsvereinbarung nach § 3 ändert durch die Einräumung von Wohnungseigentum das dingliche Recht des Miteigentümers und ist daher ein dinglicher und nicht etwa ein schuldrechtlicher4 Vertrag, insbesondere auch kein Gesellschaftsvertrag, der im Übrigen von der regelmäßig gleichzeitig vereinbarten Gemeinschaftsordnung, die schuldrechtlichen Charakter besitzt, zu unterscheiden ist, insbesondere kann insoweit § 10 Abs. 2 keine Anwendung finden. Gegenstand des Teilungsvertrages ist eine Einigung nach §§ 873 Abs. 1, 925 BGB, die sich als Inhaltsänderung des Bruchteilseigentums erklären lässt. Der Teilungsvertrag bedarf der Mitwirkung und Zustimmung aller Miteigentümer; insbesondere sind die Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft (z.B. § 745 BGB) nicht entsprechend anwendbar. Damit ist auch die Aufteilung durch eine Mehrheit der Miteigentümer ausgeschlossen.5 Eine Verfügung i.S.d. § 23 ZVG liegt in der Aufteilung jedoch nicht, so dass die Aufteilung auch nach Beschlagnahme6 des Grundstücks möglich bleibt.7 Der sich aus der Vereinbarung zur Teilung ergebende Anspruch auf Einräumung von Sondereigentum kann durch Vormerkung (§ 883 BGB) gesichert werden, sobald das zu errichtende Gebäude und die zu übertragenden Räume bestimmt oder bestimmbar sind.8 Auch führt die Aufteilung nach § 3 nicht zu einem Wechsel des Vermieters nach § 566 BGB.9 Im Zeitraum zwischen vertraglicher Begründung10 des Wohnungseigentums und der Eintragung des Wohnungseigentums in das Grundbuch kann eine sogen. „werdende Wohnungseigentümergemeinschaft“ bestehen (vgl. im Einzelnen § 8 Rz. 22). Der BGH11 nimmt an, bereits im Gründungsstadium der Wohnungseigentümergemeinschaft seien die zukünftigen Wohnungseigentümer verpflichtet die Kosten und Lasten des künftigen gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Die Mitglieder der werdenden Eigentümergemeinschaft haben damit die gleichen Rechte und Pflichten, als wären sie bereits als Wohnungseigentümer eingetragen. Der BGH hat ein Bedürfnis für die Vorverlagerung der Rechte und Pflichten dieser „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ allerdings damit begründet, dass bei der Teilung nach § 8 WEG, bei der es naturgemäß zunächst noch keine Eigentümergemeinschaft geben kann und bis zur Eintragung des Wohnungsgrundbuchs in das Grundbuch mitunter Jahre vergehen können. Diese Überlegungen mögen auf das nach § 8 begründete Wohnungseigentum zutreffen, für das nach § 3 begründete Wohnungseigentum fehlt es aber bereits an einer Regelungslücke. Anders als bei der Begründung nach § 8 WEG ist hier bereits vor der Teilungsvereinbarung eine Gemeinschaft vorhanden, auf die die §§ 741, 1008 ff., BGB und ggf. vertragliche Vereinbarungen Anwendung finden. Es besteht daher kein Grund, etwa für die Lastenverteilung bereits vor Eintragung die Teilungsvereinbarung heranzuziehen. Im Übrigen haben es anders als 1 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 4. 2 Vgl. Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 4, der eine „Zwischeneintragung“ der Bruchteilseigentümer in das Grundbuch für überflüssig hält. Die Auflassung wäre jedoch in jedem Fall im Grundbuch zu dokumentieren, sodass eine Zwischeneintragung m.E. nicht verzichtbar ist. 3 Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 4. 4 BGH v. 10.2.1983 – V ZB 18/82, MDR 1983, 568 = NJW 1983, 1672. 5 LG Aachen v. 22.12.2009 – 12 O 101/09, ZMR 2011, 819. 6 Dazu Zimmer in NK/BGB, § 1121 BGB Rz. 2. 7 Heinemann in NK/BGB, § 13 WEG Rz. 1; Stöber, § 23 ZVG Rz. 2. 8 BayObLG v. 13.2.1992 – 2Z BR 3/92, DNotZ 1992, 426. 9 Im Einzelnen von Proff, ZNotP 2009, 345. 10 Ausnahmsweise auch dann, wenn eine Verpflichtung zur Begründung nach § 8 WEG vereinbart ist; BGH – 22.11.2013 – V ZR 96/12, MDR 2014, 206 f. = MietRB 2014, 67 f. 11 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270.

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§3

Vertragliche Einräumung von Sondereigentum

bei der Teilung nach § 8 WEG und anschließender Veräußerung die teilenden Eigentümer in der Hand die Wirkungen der Teilung schuldrechtlich auf einen früheren Zeitpunkt zu vereinbaren, es handelt sich dann um eine Miteigentümervereinbarung. Die Grundsätze der werdenden Eigentümergemeinschaft sind also auf die nach § 3 gebildete Wohnungseigentümergemeinschaft nicht anwendbar.1 1. Miteigentum 5

Unter Miteigentum i.S.d. § 3 ist allein das Bruchteilseigentum am Grundstück (§§ 1008 ff. BGB) zu verstehen. a) Aufteilung durch Gesellschaften oder Gesamthandsgemeinschaften

6

Kein Miteigentum in diesem Sinne ist zunächst das Alleineigentum, auch nicht das einer Personengesellschaft, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts am Grundstück2 oder das Alleineigentum einer Erbengemeinschaft. Sofern eine Gesamthandsgemeinschaft oder eine Personengesellschaft eine Aufteilung vornehmen will, bestehen zwei Möglichkeiten. Zunächst kann die Aufteilung nach § 8 vorgenommen werden (vgl. § 8 Rz. 4). Im Unterschied zur Begründung nach § 3 stehen dann alle neu gebildeten Wohnungseigentumsrechte den Beteiligten in dem gleichen Verhältnis zu, in dem sie bisher Eigentümer des Grundstücks waren. Möglich ist aber auch die Umwandlung in Bruchteilseigentum und Aufteilung nach § 3 durch die Bruchteilsmiteigentümer.3 Die Bildung des Miteigentums muss aber im Zeitpunkt der Vereinbarung nach § 3 noch nicht im Grundbuch vollzogen sein, es genügt die Auflassung in der Teilungserklärung. Spätestens im Zeitpunkt der Anlegung der Wohnungsgrundbücher muss das Bruchteilseigentum jedoch vorhanden sein.4 Wurde etwa die Bildung von Wohnungseigentum durch testamentarische Teilungsanordnung (§ 2042 BGB) bestimmt, hat die Erbengemeinschaft zunächst Miteigentum und im Anschluss daran das Wohnungseigentum zu bilden.5 Möglich ist auch eine Teilung durch die Erbengemeinschaft nach § 8 (mit späterer Auseinandersetzung). b) Quoten und Anteile

7

§ 3 geht zunächst davon aus, dass das Wohnungseigentum den bereits bestehenden (oder gebildeten) Miteigentumsanteilen zugeordnet wird. Soll jedoch das Wohnungseigentum veränderten Miteigentumsanteilen zugeordnet werden, etwa die Zahl der Miteigentumsanteile verändert werden, z.B. Bildung von zwei Sondereigentumseinheiten (mit zwei Miteigentumsanteilen) bei vorherigem Miteigentum von je 1/4, sind zunächst die Miteigentumsanteile auf die Zahl der geplanten Sondereigentumseinheiten zurückzuführen. Dies setzt eine Vereinbarung der Miteigentümer voraus, ein Vollzug im (zu schließenden) Grundbuch ist jedoch nicht erforderlich.6 In den anzulegenden Wohnungsgrundbüchern werden die zusammengefassten Miteigentumsanteile eingetragen.

8

Sofern die Miteigentumsanteile sich gegenüber den zuvor bestehenden Quoten ändern sollen, bedarf es einer vorherigen Auflassung, die aber nicht vor der Anlegung der Wohnungsgrundbücher vollzogen werden muss (vgl. Rz. 6), die Bruchteilsmiteigentümer können die Quoten mithin beliebig bestimmen.7

9

Für das Verhältnis des Miteigentumsanteils untereinander oder das Verhältnis der Größe der Nutzfläche des Sondereigentums zum damit verbundenen Miteigentum gibt es keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben, sodass auch hier grundsätzlich beliebige Vereinbarungen der Miteigentümer zulässig sind. Allerdings erscheint es rat1 Str., wie hier etwa BayObLG v. 23.1.1992 – AR 2 Z 110/91, NJW-RR 1992, 597; a.A. etwa Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 19. 2 Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 6. 3 BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712. 4 Hügel in Würzburger Notarhandbuch, S. 1003. 5 BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712. 6 BGH v. 10.2.1983 – V ZB 18/82, MDR 1983, 568 = NJW 1983, 1672. 7 BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MR 1977, 41 f. = NJW 1976, 1976; ausf. DNotI-Report 2002, 81.

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§3

Vertragliche Einräumung von Sondereigentum

sam, im Hinblick auf die andere Aufteilungsschlüssel, etwa die Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 ,das Stimmenverhältnis in der Eigentümerversammlung (sofern es sich abweichend vom Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile richtet) und die Erlösquote bei Aufhebung der Gemeinschaft (§§ 752, 753 BGB), die Größe des Miteigentumsanteils an dem Verhältnis der Nutzfläche des Wohnungseigentums zur Gesamtnutzfläche aller Wohnungs- und Teileigentumseinheiten auszurichten. Bei grob unbilliger Aufteilung kann dem Wohnungseigentümer ausnahmsweise ein Anspruch aus § 242 BGB auf Anpassung der Miteigentumsanteile zustehen, wenn das Festhalten an den gewählten Anteilen grob unbillig wäre.1 Dagegen scheidet eine Anwendung von § 10 Abs. 2 Satz 3 aus, weil diese Vorschrift allein für schuldrechtliche Vereinbarungen gilt, hier aber eine dingliche Vereinbarung der Zuweisung der Anteile und des Sondereigentums zugrunde liegt (§ 10 Rz. 27 ff.).2 c) Miteigentumsanteil ohne dazugehöriges Sondereigentum Die vertragliche Vereinbarung eines isolierten Miteigentumsanteils am Grundstück ohne dazugehöriges Sondereigentum ist nicht möglich, ebensowenig ein isoliertes Sondereigentum ohne Miteigentumsanteil.3 Ein solcher isolierter Miteigentumsanteil kann aber ausnahmsweise kraft Gesetzes entstehen. Dies ist etwa dann möglich, wenn die Begründung von Sondereigentum an den gewählten Gebäudeteilen aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist,4 oder aber das Sondereigentum wegen Widerspruchs zwischen wörtlicher Beschreibung und Aufteilungsplan nicht ermittelt werden kann.5 In einem solchen Fall findet keine Anwachsung nach § 738 BGB statt, die Miteigentümer sind vielmehr verpflichtet, die Teilungserklärung in der Weise zu ändern, dass die isolierten Miteigentumsanteile beseitigt werden (dazu auch § 10 Rz. 27 ff.; § 11 Rz. 9).6 Die Beseitigung des Miteigentumsanteils hat in der Weise zu erfolgen, dass er – im Zweifel zu gleichen Anteilen – durch Vereinigung oder Zuschreibung (§ 890 BGB) auf die anderen Miteigentumsanteile übertragen wird. Kann Sondereigentum infolge der „Vertauschung“ des Aufteilungsplans nicht entstehen, so hat jeder Miteigentümer einen Anspruch gegenüber den weiteren Miteigentümern auf Mitwirkung bei der Begründung von Sondereigentum an seiner Wohnung.7

10

2. Zustimmung Dritter zur Aufteilung Die Zustimmung dinglicher Berechtigter am aufzuteilenden Grundstück ist für die Bildung von Wohnungseigentum grundsätzlich nicht erforderlich, sofern die dinglichen Rechte am gesamten Grundstück lasten.8 Die Belastungen sind mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher in alle Wohnungsgrundbücher zu übertragen.9 Etwas anderes gilt dann, wenn die Belastung nur auf einem Miteigentumsanteil lastet (vgl. etwa § 1114 BGB).

11

a) Grundpfandrechte Grundpfandrechte (§§ 1113 ff. BGB), die vor Vollzug der Teilung auf dem Grundstück (insgesamt) lasten, setzen sich nach Vollzug der Teilung im Grundbuch (Anlegung der Wohnungsgrundbücher) als Gesamtrechte (vgl. § 1132 BGB)10 an allen ent1 BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137 = MDR 1986, 138; Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 4 m.w.N., der zu Recht davon ausgeht, dass zunächst eine Änderung des Verteilungsschlüssels vorzunehmen wäre. 2 Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 4. 3 OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 = ZfIR 2008, 115; OLG Karlsruhe v. 16.12.2013 – 14 Wx 47/13. 4 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447. 5 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851. 6 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851, im Zweifel ist der isolierte Miteigentumsanteil durch Vereinigung oder Zuschreibung auf die anderen Anteile zu übertragen. 7 OLG München v. 14.7.2008 – 34 Wx 37/08, ZMR 2008, 905. 8 Nunmehr einhellige Meinung, vgl. nur Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 7. 9 Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 23. 10 Zu den Folgen der Entstehung als Gesamtrecht vgl. Zimmer in NK/BGB, § 1132 BGB Rz. 9 ff.

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§3

Vertragliche Einräumung von Sondereigentum

stehenden Sondereigentumseinheiten fort. Die Zustimmung des Grundpfandgläubigers ist ebenso wenig erforderlich, wie die Vorlage des Grundschuldbriefes (vgl. § 41 Abs. 2 GBO). Dies gilt auch im Hinblick auf das Rangklassenprivileg des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (im Einzelnen § 2 Rz. 12). 13

Ist das Grundstück vor Vollzug der Aufteilung nicht vollständig mit einem Grundpfandrecht belastet, sondern nur ein ideeller Miteigentumsanteil (§ 1114 BGB), während der andere Miteigentumsanteil nicht oder nicht in gleicher Weise belastet ist,1 bedarf es jedoch der Zustimmung des Gläubigers, da sich der Belastungsgegenstand ändert.2 Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Einschränkung der Möglichkeit des Gläubigers, die Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG zu betreiben3 oder zumindest den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft (§ 751 Satz 2 BGB) geltend zu machen, auch dann wenn der Miteigentumsanteil sich bei Aufteilung nicht ändert. b) Dienstbarkeiten

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Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für Dienstbarkeiten, die auf dem Grundstück vor Vollzug der Teilungserklärung begründet sind. Ist jedoch ein dingliches Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) für eine bestimmte Wohnung eingeräumt und wird diese Wohnung durch Teilungserklärung zu Sondereigentum, so setzt sich das Wohnungsrecht nur an diesem Sondereigentum fort, mit der Folge, dass eine Übertragung in die weiteren, nicht vom Wohnungsrecht umfassten Wohnungsgrundbücher nicht erfolgt (vgl. § 46 Abs. 2 GBO).4 c) Vorkaufsrechte

15

Ein am gesamten Grundstück vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher bestehendes dingliches Vorkaufsrecht setzt sich ebenfalls an den begründeten Wohnungsund Teileigentumsrechten fort.5 3. Form der Erklärung nach § 3 WEG

16

Die rechtsgeschäftliche Form der Teilungserklärung bestimmt sich nach § 4 Abs. 3 WEG (vgl. im Einzelnen § 4 Rz. 28 ff.). Da es sich im Gegensatz zur Aufteilung nach § 8 WEG bei der Verpflichtung zur Einräumung von Sondereigentum um eine vertragliche Vereinbarung zwischen mehreren Grundstückseigentümern handelt, ist die Form des § 311b Abs. 1 BGB zu beachten. Sollen die entstehenden Sondereigentumseinheiten in das Alleineigentum einzelner Miteigentümer überführt werden, ist auch die Form des § 925 BGB zu beachten, da sich damit auch die Eigentumsverhältnisse am Grundstück ändern.6 Für die Gemeinschaftsordnung selbst ist eine besondere Form nicht vorgesehen. Sie wird jedoch in der Regel in der gleichen Urkunde wie die Aufteilung erklärt und wird im Grundbuch (durch Bezugnahme) eingetragen, damit sie Wirkung auch gegen den Rechtsnachfolger der aufteilenden Miteigentümer entfaltet.7 Eine Verbindung von Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung ist aber nicht zwingend.8 Im Übrigen hat das Grundbuchamt bei der Prüfung der Teilungserklärung keine Befugnis zu einer Kontrolle der Beachtung der §§ 305c ff. BGB. Eine AGB-Kontrolle würde gegen den Bewilligungsgrundsatz verstoßen und kann auch nicht mit dem sogen. Legalitätsprinzip gerechtfertigt werden.9 1 2 3 4 5

6 7 8 9

Vgl. etwa Zimmer in NK/BGB, § 1114 BGB Rz. 3 f. Weitnauer in Weitnauer, § 3 WEG Rz. 75, Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 6. Vgl. dazu Zimmer in NK/BGB, § 1114 BGB Rz. 10 ff. OLG Hamm v. 8.5.2000 – 15 W 103/00, DNotZ 2001, 216 mit Anm. v. Oefele. Zur Ausübung des Vorkaufsrechtes bei Verkauf einer Eigentumswohnung in diesen Fällen, vgl. Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 26 m.w.N.; zum Vorkaufsrecht nach § 577 BGB bei beabsichtigter Aufteilung durch den Erwerber vgl BGH v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MDR 2014, 206 = MietRB 2014, 67 = WuM 2014, 98. Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 17. Vgl. KG v. 17.1.2001 – 24 W 2065/00, ZWE 2001, 275 = WuM 2001, 352. BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712. Sehr str., vgl. Zimmer, NJW 2014, 337 ff.

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Vertragliche Einräumung von Sondereigentum 4. Änderung bestehender Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung

Nicht selten besteht das Bedürfnis, die vereinbarte Teilungserklärung zu ändern. Dieser Änderungsbedarf kann sich zunächst daraus ergeben, dass die Teilungserklärung von vornherein nicht vollziehbar ist, oder aber, dass sich im Laufe der Zeit die Notwendigkeit der Änderung aufgrund geänderter äußerer Umstände ergibt. Musterbeispiel ist hier die „Umwidmung“ des Kinderspielplatzes in zusätzliche Stellplätze aufgrund geänderter Sozial- und Altersstruktur der Bewohner. Auch der nachträgliche An-, Aus- und Umbau erfordert mitunter die Änderung der Teilungserklärung, etwa der Ausbau eines Spitzbodens, der im Gemeinschaftseigentum steht, durch einen Wohnungseigentümer.

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Bereits bei Begründung des Wohnungseigentums vereinbarte Änderungsvorbehalte, die es dem Bauträger (vgl. § 8 Rz. 23 f.) oder bei § 3 WEG einem Vertragsschließenden ermöglichen, Änderungen der Teilungserklärung (und der Gemeinschaftsordnung) vorzunehmen, sind zulässig1 und sinnvoll, derartige Vollmachten müssen aber zumindest im Anwendungsbereich der MaBV und bei Verbraucherverträgen2 begrenzt und möglichst konkret sein. Davon zu unterscheiden ist jedoch eine sogen. „verdinglichte Ermächtigung“ des teilenden Eigentümers etwa in der Gemeinschaftsordnung, in der der Bauträger es sich vorbehält, selbst für vorhandene Wohnungseigentümer nachträglich das dingliche Grundverhältnis zu ändern. Eine derartige Vereinbarung ist keine Vereinbarung i.S.d. § 10 Abs. 2 WEG und daher unzulässig.3

18

Die Eigentümer können die Teilungsvereinbarung durch Vertrag ändern. Soweit es um die Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Sondereigentum oder um die Umwidmung von Wohn- und Teileigentum in Gemeinschaftseigentum geht, ist nicht allein das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (vgl. § 4 Abs. 4, § 10 Abs. 2 S. 2) betroffen, sondern das Grundverhältnis der Mitglieder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die sachenrechtliche Zuordnung der Flächen, Gebäudeteile und Räume.4 Es bedarf daher nicht nur der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer, sondern zudem der Eintragung der Änderung in das Grundbuch und der Zustimmung dinglich Berechtigter (§§ 876, 877 BGB).5 Allerdings ist die Zustimmung dinglich Berechtigter dort nicht erforderlich, wo der Gläubiger in seiner dinglichen Rechtstellung nicht betroffen ist.6 Eine Änderung der Teilungsvereinbarung durch Beschluss der Wohnungseigentümer ist nicht möglich und daher nichtig, weil eine solche Beschlusskompetenz nicht, auch nicht durch Öffnungsklausel, vereinbart werden kann.7

18a

5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt Die nachträgliche Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum bedarf der Form des § 925 BGB und der Eintragung in das Grundbuch (vgl. § 4 Rz. 5). Zur Umwandlung von Teil- in Sondereigentum und umgekehrt (vgl. § 1 Rz. 25).

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Die nachträgliche Aufspaltung eines Miteigentumsanteils in zwei oder mehrere Anteile bedarf der einseitigen Erklärung des Wohnungseigentümers und ggf. der Zustimmung im Grundbuch eingetragener dinglicher Berechtigter (§§ 876, 877 BGB).

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Mitunter kann es erforderlich sein, Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum umzuwandeln. Dies ist etwa dann nötig, wenn ein nach der Teilungserklärung vor-

20a

1 BGH v. 8.11.1985 – V ZR 113/84, MDR 1986, 303 = NJW 1986, 845; OLG München v. 5.7.2013 – 34 Wx 155/13, MDR 2013, 1025 = MietRB 2013, 270 (Ermächtigung zum Speicherausbau) = ZWE 2013, 355, der Vorbehalt des Vorliegens einer Baugenehmigung ist keine Einschränkung der Ermächtigung. 2 Vgl. BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MR 2005, 1284 f. = DNotZ 2006, 174; ausführlich Basty, Bauträgervertrag, Rz. 200 ff. 3 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165. 4 Vgl. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 f. = NJW 2007, 2165 ff. 5 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 f. = NJW 2007, 2165 ff. zu etwa erforderlichen Zustimmungen dinglich Berechtigter, vgl. § 2 Rz. 12. 6 OLG Jena v. 27.7.2011 – 9 W 264/11, NotBZ 2011, 405. 7 Vgl. etwa Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 50.

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gesehenes (zu errichtendes) Gebäude endgültig nicht mehr errichtet wird. Eine Umwandlung in einen isolierten Miteigentumsanteil ist hier jedoch ausgeschlossen.1 Vielmehr bedarf es hier der Bestandteilszuschreibung. 6. Fehlerhafte Teilungsvereinbarung 20b

Wie jeder Vertrag kann die Teilungsvereinbarung unter Mängeln leiden. Derartige Mängel können die Teilungsvereinbarung insgesamt umfassen, oder aber nur einzelne oder mehrere Sondereigentumseinheiten. Ist der Teilungsvertrag insgesamt fehlerhaft, können die Vorschriften über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften (§§ 105 ff. BGB) nicht uneingeschränkt angewandt werden; es bedarf vielmehr einer für die Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts angemessenen Beseitigung der Gründungsmängel (vgl. § 2 Rz. 15). Mängel des Teilungsvertrages, die sich nur auf einzelne Sondereigentumseinheiten beschränken, lassen die Wirksamkeit der Aufteilung insgesamt jedoch unberührt.2 Dies trifft insbesondere auch für den Fall der fehlerhaften Unterteilung zu, bei dem nur einzelne Sondereigentumseinheiten nicht wirksam entstanden sind. Hier haben die Wohnungseigentümer ein Interesse daran, dass die Folgen der fehlerhaften Begründung nicht auch auf die weiteren Wohnungseigentumseinheiten übergreifen.

20c

Liegt ein Gründungsmangel vor, kann dieser Fehler auch ohne die Beseitigung durch erneute Vereinbarung mittels gutgläubigen Erwerb durch den Rechtsnachfolger des Gründungsmitglieds entfallen.3 In diesem Zusammenhang kann der Erwerber auch durch gutgläubigen Erwerb (§ 892 BGB) Räume erwerben, die fehlerhaft dem von ihm erworbenen Miteigentumsanteilen zugeordnet sind.4 III. Abgeschlossenheit (Abs. 2) 1. Allgemeines

21

Die Einräumung von Sondereigentum setzt die Abgeschlossenheit der mit dem Sondereigentum zu verbindenden Raumeinheiten voraus. Das Grundbuchamt hat hinsichtlich vorgelegter Abgeschlossenheitsbescheinigungen eine eigene Prüfungskompetenz.5 Ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass eine Abgeschlossenheit tatsächlich nicht vorliegt, darf das Grundbuchamt den Antrag auf Anlegung von Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern ablehnen. Allerdings berechtigen bloße Zweifel nicht zur Zurückweisung des Antrags oder zum Erlass einer Zwischenverfügung.

22

Mit dem Begriff „in sich abgeschlossen“ (Abgeschlossenheit) sollen Streitigkeiten vermieden werden, wie sie unter der Geltung des früheren Stockwerkseigentums als Folge unklarer rechtlicher Verhältnisse entstanden waren. Das Erfordernis der Abgeschlossenheit ist dabei keine begriffliche Voraussetzung für die Entstehung von Wohnungs- und Teileigentum, sondern eine aus praktischen Erwägungen geschaffene Sollvorschrift. Durch sie soll gewährleistet werden, dass jeder Sondereigentumsbereich von demjenigen der anderen Wohnungseigentümer und vom Gemeinschaftseigentum eindeutig abgegrenzt ist.6 Eine nähere Erläuterung findet die Abgeschlossenheit in der zu § 7 Abs. 4 Nr. 2 ergangenen Verwaltungsvorschrift v. 19.3.1974.7 Nach Ziff. 5 der vorgenannten Verwaltungsvorschrift liegt die Abgeschlossenheit dann vor, wenn eine Raumeinheit baulich vollkommen von anderen Wohnungen abgeschlossen 1 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 43/10, MietRB 2010, 331 = NZM 2010, 749. 2 BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107; Elzer in Riecke/Schmid, § 2 WEG Rz. 37. 3 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325; Elzer in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 37. 4 OLG Saarbrücken v. 9.6.2011 – 4 U 153/10, ZWE 2011, 411. 5 OLG Düsseldorf v. 15.9.1997 – 3 Wx 313/97, FGPrax 1998, 12 = ZMR 1997, 662. 6 BayObLG v. 20.6.1990 – BReg.2 Z 37/90, BayObLGZ 1990, 168 = MDR 1990, 1017 = WuM 1990, 400; BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, BGHZ 110, 36 = MDR 1990, 325 = DNotZ 1990, 259. 7 BAnz Nr. 58 v. 23.3.1974.

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ist und einen eigenen, abschließbaren Zugang vom Freien, über ein Treppenhaus oder über einen Vorraum besitzt.1 Es handelt sich jedoch hierbei zunächst nur um eine Auslegungshilfe. Die Abgeschlossenheit bei Wohnungseigentum entspricht gleichsam der katastermäßigen Grenze bei Grundstücken. Zur Streitfrage, ob es zur Entstehung von Sondereigentum notwendig ist, dass dieses gegen das Gemeinschaftseigentum oder anderes Sondereigentum räumlich abgeschlossen ist, wird einerseits vertreten, dass Sondereigentum nicht an durch sog. bloße Luftschranken begrenzten Teilräumen entstehen kann.2 Nach überwiegender Meinung reicht es zur Entstehung von Sondereigentum jedoch aus, dass dieses gegen sonstiges Sondereigentum und gegen das Gemeinschaftseigentum eindeutig abgrenzbar ist.3 Danach kann Sondereigentum auch an unterschiedlichen Teilen eines Raumes bestehen4 (vgl. § 1 Rz. 27a). Das Erfordernis der Abgeschlossenheit bedeutet nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ebenso wenig eine notwendige Voraussetzung für das Entstehen von Sondereigentum wie die zum Vollzug der Teilung im Grundbuch notwendige Bescheinigung der Abgeschlossenheit des Sondereigentums durch die Baubehörde.5 Die von Anfang an fehlende Abgeschlossenheit oder aber der spätere Wegfall der Abgeschlossenheit hindern weder das Entstehen des Wohnungseigentums, noch fällt das Wohnungseigentum nachträglich weg.6 Bei sogen. gefangenen Räumen, bei denen ein Zugang zum Sondereigentum nicht möglich ist, kann in entsprechender Anwendung des § 917 BGB ein Notwegerecht bestehen.7 2. Räume Die Abgeschlossenheit der Wohnung bzw. des Teileigentums erfordert mithin einen eigenen verschließbaren Zugang vom Gemeinschaftseigentum oder aber vom Nachbargrundstück.8 Die Abgeschlossenheit zum Nachbargrundstück kann jedoch nicht gefordert werden.9 Eine Abgeschlossenheit liegt aber auch dann vor, wenn ein Durchgangsrecht für Dritte besteht, etwa die Befugnis, die Dachluke zum Spitzboden zu nutzen, um Wartungsarbeiten durchzuführen. Auch die Benutzung der Wohnung als Fluchtweg steht der Abgeschlossenheit nicht entgegen.10 Allerdings kann ein Stellplatz oder ein Verbindungsflur nicht Gegenstand von Sondereigentum sein, wenn es sich um den einzigen Zugang zu den zentralen Versorgungseinrichtungen des Gebäudes handelt.11 Errichtet ein Wohnungseigentümer Räumlichkeiten, die zu Wohnzwecken genutzt werden können, so führt dies ohne anderweitige Vereinbarung nicht dazu, dass er an diesen Räumen Sondereigentum erwirbt.12

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3. Garagen, Stellplätze, Terrassen und Ähnliches In sich abgeschlossene Garagen können ohne weiteres als Teileigentum ausgestaltet werden. Abs. 2 Satz 2 erlaubt es aber auch, dort Teileigentum zu begründen, wo 1 Vgl. Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 65; freier Zugang als Voraussetzung der Abgeschlossenheit vgl. LG Bamberg v. 6.4.2006 – 3 T 137/05, MittBayNot 2006, 418, im vorliegenden Fall war der Zugang nur über das Nachbargrundstück möglich; zur Sicherung des Erfordernisses der Abgeschlossenheit durch eine Grunddienstbarkeit vgl. Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 66 mit Beispielen. 2 Lutter, AcP 1964, 122 (148). 3 OLG Zweibrücken v. 8.3.2006 – 3 W 246/05, FGPrax 2006, 103 f.; Armbrüster, ZWE 2005, 182 (188, 190). 4 BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982, 2983 (sog. Luftschranken). 5 BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. 6 Vgl. nur Bassenge in Palandt, BGB, § 3 WEG Rz. 7. 7 OLG München v. 2.6.2008 – 32 Wx 044/08, MietRB 2009, 108. 8 LG Bielefeld v. 8.5.2000 – 25 T 237/00, Rpfleger 2000, 387; Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 65; Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 96. 9 Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 6. 10 Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 6. 11 BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = NJW 1990, 2109. 12 OLG Celle v. 28.5.2008 – 4 W 33/08, ZWE 2009, 128, im vorliegenden Fall ging es gleichfalls darum, dass es nicht darauf ankomme, vom wem die Anbauten finanziert wurden.

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Garagenstellplätze die Anforderungen an die Abgeschlossenheit nicht erfüllen.1 Voraussetzung für die Fiktion als abgeschlossen ist jedoch, dass die Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. Ausreichend für eine derartige Markierung kann auch ein Farbanstrich sein,2 da auch hier eine „dauerhafte Markierung“ dem Wortsinne nach vorliegt. Ein „einfacher Farbanstrich“ soll demgegenüber keine ausreichende Markierung darstellen.3 Auch ein Schild oder ein Schriftzug auf dem Boden sind nicht geeignet, eine dauerhafte Markierung herbeizuführen. Ausreichend sind jedoch Markierungssteine, Markierungsnägel, fest in den Boden eingelassene Begrenzungsschwellen und ähnliche Vorrichtungen. 24a

Unzulässig ist die Begründung von Sondereigentum an Stellplätzen außerhalb von „Räumen“ etwa auf Grundstücksfreiflächen, weil es sich hierbei zwingend um Gemeinschaftseigentum handelt.4 Entsprechendes gilt für ebenerdige Terrassen, Carports oder seitenoffene Stellplätze.5 Das bedeutet aber nicht zwangsläufig den Ausschluss der Sonderrechtsfähigkeit nicht überdachter Gebäudeflächen. § 3 Abs. 2 Satz 2 setzt nicht voraus, dass die markierten Stellplätze (oder Dachterrassen u.Ä.) auch innerhalb umschlossener Räume liegen müssen, damit sie sondereigentumsfähig sind. So ist etwa die Sondereigentumsfähigkeit markierter Stellplätze auf einem Dach zu bejahen,6 ebenso der Wohnung vorgelagerter Balkone.7 Dachterrassen können damit auch insofern sondereigentumsfähig sein, wenn sie nur über die (abgeschlossene) Wohnung zu erreichen sind und damit aus diesem Grunde ihrerseits die Abgeschlossenheit mit dieser Wohnung teilen.8 An einer Doppelstockgarage („Duplexparker“) kann Sondereigentum begründet werden, jedoch nur an der Doppelstockgarage im Ganzen,9 sodass die Eigentümer insoweit eine Regelung nach § 1010 BGB treffen können. Ob darüber hinaus auch der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage sondereigentumsfähig ist, ist umstritten.10 Die Sondereigentumsfähigkeit wird teilweise mit dem Hinweis verneint, es fehle an einer klaren Trennung von Raum und Decke, sodass der einzelne Stellplatz kein sondereigentumsfähiger Raum sei.11 Eine räumliche „Umgrenztheit“ und mithin auch ein sondereigentumsfähiger Raum ist hier jedoch zu verneinen, da eine Abgrenzung wegen fehlender „Umgrenztheit“ nach oben nicht möglich ist, was zur Verneinung der Sondereigentumsfähigkeit führt.12 Wollte man die Sondereigentumsfähigkeit bejahen, müsste man das Vorhandensein von zwei Sondereigentumseinheiten an demselben Raum bejahen, bewegen sich mehrere „Duplexparker“ doch durch die mechanische Vorrichtung in demselben „Raum“. Die Hebevorrichtung selbst – soweit sie mehreren „Du1 Allgemein zu Fragen des Stellplatzes bei Begründung von Wohnungseigentum: Heitmann, ZNotP 1998, 415. 2 Str., wie hier Grziwotz in Erman, BGB, § 3 WEG Rz. 6; Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 8; a.A. etwa Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 88 ff. 3 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 74. 4 OLG Jena v. 20.12.2004 – 9 W 654/03, Rpfleger 2005, 309; Böttcher, Rpfleger 2005, 649. 5 Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 8; für Balkone vgl. LG Wuppertal v. 28.10.2008 – 6 T 223/08, RnotZ 2008, 48 mit Anm. Hügel; zur nachträglichen Errichtung von Balkonen, vgl. Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 82. 6 OLG Frankfurt v. 26.4.1977 – 20 W 307/77; a.A. etwa Bassenge in Palandt, BGB, § 3 WEG Rz. 8; Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 20; OLG Hamm v. 26.1.1998 – 15 W 502/97, ZMR 1998, 456; wie hier etwa Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 3 WEG Rz. 8; KG v. 18.12.1995 – 24 W 7497/94, ZMR 1996, 216. 7 OLG München v. 23.9.2011, ZWE 2012, 37 = DNotZ 2012, 4 mit Anm. Hügel; Dötsch, ZfIR 2011, 882. 8 LG Schwerin v. 24.7.2008 – 5 T 165/05, ZMR, 2009, 35. 9 OLG Düsseldorf v. 22.3.1999 – 3 Wx 14/99, ZMR 1999, 500. 10 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 65; Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 71 jeweils m.w.N. 11 LG Dresden v. 24.6.2010 – 2 715/08, ZNR 2010, 979. 12 A.A. etwa Hügel, NotBZ 2000, 349; Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 71; offen gelassen in BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MietRB 2012, 13 = MDR 2012, 17; vgl. auch OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = NotBZ 2012, 55 zur Unzulässigkeit der Übertragung des Sondernutzungsrechts an einem Doppelparker an einen Bruchteilseigentümer.

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Formvorschriften

plexparkern“ dient – ist jedoch zwingend Gemeinschaftseigentum, weil sie dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dient.1 Die Hebevorrichtung kann nur dann sondereigentumsfähig sein, wenn sie allein einer „Duplexparker-Einheit“ dient. IV. Kosten Für die notarielle Beurkundung gilt die Vorschrift des Nr. 21100 KV (2,0-Gebühr mindestens 120 Euro) aus dem Wert des bebauten Grundstücks und, sofern das Grundstück noch nicht bebaut ist des Wertes des Grundstückes unter Hinzurechnung des Wertes des zu errichtenden Gebäudes (§ 42 Abs. 1 GNotKG). Das Grundbuchamt erhebt ebenfalls aus demselben Wert eine 1,0-Gebühr nach KV 14110.

4

Formvorschriften (1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. (2) Die Einigung bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form. Sondereigentum kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden. (3) Für einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben, gilt § 311b Abs. 1 des BGB entsprechend. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich

. . . . . . . . . . .

III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) . . . . . . . 1. Einräumung . . . . . . . . . . . . . . . a) Einigung . . . . . . . . . . . . . . . aa) Form (Abs. 2) . . . . . . . . . bb) Anwendung des § 925a BGB cc) Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit (Abs. 2) . dd) Bindung an die Einigung . . b) Eintragung . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufhebung aller Sondereigentumsrechte . . . . . . . . . . . . . . b) Teilweise Aufhebung von Sondereigentumsrechten – Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum . . . .

1 2 8 9 10 11 13 14 17 18 22 23

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c) Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26a IV. Schuldrechtlicher Vertrag . . . . . . . 27 1. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . 32 V. Genehmigungs- und Zustimmungserfordernisse 1. Behördliche Genehmigung nach § 2 GVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Familiengerichtliche Genehmigung 3. § 22 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 172 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . 5. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . 6. Zustimmung dinglicher Berechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 34 35 36 37 43

VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Schrifttum: Elzer, Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum, MietRB 2007, 78; Häublein, Gestaltungsprobleme im Zusammenhang mit der abschnittsweisen Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen; DNotZ 2000, 442; Hügel, Der nachträgliche Ausbau von Dachgeschossen – Gestaltungsmöglichkeiten in der Gemeinschaftsordnung, RNotZ 2005, 149; Kreuzer, Änderung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung, ZWE 2002, 285; Rapp, Verdinglichte Ermächtigungen in der Teilungserklärung – zugleich Besprechung des Beschlusses des BayObLG v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, MittBayNot, 1998, 77; Röll, Die Errichtung einer Eigentumswohnanlage in mehreren Bauabschnitten, MittBayNot 1993, 5; Röll, Die Aufhebung von Wohnungseigentum an Doppelhäusern – Bemerkungen zum Beschluss des OLG Frankfurt v. 1.10. 1999 – 20 W 211/97, DNotZ 2000, 749; Schüller, Änderungen von Gemeinschaftsordnungen und Teilungserklärungen, RNotZ 2011, 203.

1 BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MietRB 2012, 13 = MDR 2012, 17.

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Formvorschriften

I. Allgemeines 1

Die Vorschrift des § 4 regelt zum einen in Abs. 1 und 2 die Formvoraussetzungen für den dinglichen Vertrag über die Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum, zum anderen in Abs. 3 die formellen Voraussetzungen für den schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrag auf Einräumung, Erwerb oder Aufhebung von Sondereigentum. Die Vorschrift gilt darüber hinaus auch für spätere Änderungen bei bereits begründeten Wohnungs- und Teileigentum. Darüber hinaus kann die Vorschrift auch dort Anwendung finden, wo (räumliche) Änderungen nur einzelne Räume betreffen. Allerdings findet die Vorschrift dort keine Anwendung, wo es nicht um Einräumung und Aufhebung des Sondereigentums geht, sondern um die Inhaltsänderung beim bestehenden Sondereigentum etwa nach § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2 oder § 11 Abs. 1 S. 2 (zur Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum vgl. Rz. 5 f.). II. Anwendungsbereich

2

Wird Sondereigentum begründet, ist dabei zunächst zwischen dem Erwerb des Miteigentumsanteils bzw. der Begründung des Miteigentums nach §§ 1008, 925, 873 BGB und der eigentlichen Einräumung des Sondereigentums zu differenzieren. Nur für Letztere greift die Vorschrift des § 4 ein, d.h. das Bestehen des Miteigentums am Grundstück wird bereits vorausgesetzt. Miteigentum und Sondereigentum können dabei auch gleichzeitig begründet werden, allerdings unter der Voraussetzung, dass jeder Miteigentümer auch Sondereigentum erhält.1

3

Die Vorschrift gilt nur für die vertragliche Begründung von Sondereigentum (§ 3), nicht aber für die Begründung durch Teilung nach § 8. Ebenfalls nicht unter die Regelung des § 4 fallen auch spätere Änderungen von Vereinbarungen i.S.d. §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 über den Inhalt des Sondereigentums.

4

Für die Veräußerung bereits begründeten Wohnungseigentums sind die allgemeinen Vorschriften über die Veräußerung von Miteigentum (insb. § 311b Abs. 1 BGB) direkt heranzuziehen.2 Soll eine Teilfläche des in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks abgetrennt und veräußert werden, so müssen alle Wohnungseigentümer mitwirken.3

5

Die Vorschrift betrifft sowohl die erstmalige als auch die nachträgliche Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum.4 Vom Anwendungsbereich mitumfasst sind damit auch alle nachträglichen Umwandlungen von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt, da es sich hierbei nur um eine Kombination aus (teilweiser) Aufhebung und (teilweiser) Einräumung von Sonder- bzw. Gemeinschaftseigentum handelt5 und die sachenrechtliche Zuordnung der Flächen, Gebäudeteile und Räume betroffen ist.

6

Wird demnach Sondereigentum nachträglich ohne Änderung der Miteigentumsanteile in der Weise eingeräumt, dass eine Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum erfolgt, bedarf es der Einigung aller Wohnungs- und Teileigentümer in der Form der Auflassung und der Eintragung ins Grundbuch, da eine derartige Umwandlung nicht den Regelbereich des § 10 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 WEG betrifft, sondern das sachenrechtliche Grundverhältnis.6 Dies gilt auch dann, wenn einem Wohnungseigentümer bereits ein Sondernutzungsrecht an den Gemeinschaftsräumen zustand.7 Vereinbarungen, durch die ein Wohnungseigentümer ermächtigt wird, Gemeinschafts- in Sondereigentum umzuwandeln und umgekehrt, oder nach denen die vor1 Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 2. 2 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 1; Bassenge in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 4; Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 10. 3 KG v. 25.10.2011 – 1 W 479/11, ZfIR 2011, 839. 4 Bassenge in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 1. 5 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 1. 6 OLG Saarbrücken v. 28.9.2004 – 5 W 173/04 m.w.N. 7 OLG Saarbrücken v. 28.9.2004 – 5 W 173/04 m.w.N.

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Formvorschriften

weggenommene Zustimmung zu einer solchen Umwandlung erteilt wird, unterfallen nicht § 10 Abs. 3 und können damit nicht mit einer die Sonderrechtsnachfolger bindenden Wirkung als Inhalt des Sondereigentums vereinbart und daher auch nicht im Grundbuch eingetragen werden.1 Das Gleiche gilt, wenn die Vereinbarung nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsumwandlung beinhaltet.2 Die Vorschrift des § 4 erlangt damit in praktischer Hinsicht vor allem Geltung für die Fälle, in denen z.B. ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Raum in Sondereigentum umgewandelt und einem bereits vorhandenen Wohnungseigentum zugeschlagen werden soll, aber auch umgekehrt für die Fälle, in denen z.B. ein Teil des mit einem Miteigentumsanteil verbundenen Sondereigentums aufgehoben und in Gemeinschaftseigentum umgewandelt (dazu unter Rz. 24 f.) oder abgetrennt und einem anderen Wohnungseigentum zugeschlagen werden soll.3

7

III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) Die Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum erfolgt nach Abs. 1 wie bei § 873 Abs. 1 BGB durch die dingliche Einigung der Beteiligten über die Rechtsänderung und die Eintragung ins Grundbuch.

8

1. Einräumung Streitig ist, wie die dingliche Einräumung von Sondereigentum (wenn schon Miteigentum nach BGB besteht) zu behandeln ist. Die überwiegende Auffassung nimmt hier lediglich eine Inhaltsänderung des (Mit-)Eigentums, aber keinen Eigentumsübergang an,4 wohingegen andere hierin eine dingliche Neuzuordnung von Eigentum erblicken.5 Ähnlich verhält es sich in den Fällen der Zuordnung von Räumen bestehenden Sondereigentums eines Wohnungseigentümers zu Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers (sog. Neuzuteilung), hier fehlt ebenfalls eine gesetzliche Regelung. Es handelt sich dabei nicht um die Übertragung von Sondereigentum i.S.d. § 873 BGB, da Verfügungsobjekt hier die jeweiligen wohnungseigentumsrechtlich gebundenen Miteigentumsteile sind.6 Bei der Neuzuteilung von Sondereigentum handelt es sich damit ebenfalls um eine Inhaltsänderung der beteiligten Miteigentumsanteile, die der Form des § 4 Abs. 1 und 2 bedarf.7 Um Einräumung von Sondereigentum i.S.d. § 4 Abs. 1 handelt es sich auch bei der Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum.8

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a) Einigung Durch die dingliche Einigung über die Einräumung von Sondereigentum wird bestimmt, welche Bestandteile des Gebäudes vom Miteigentum in Sondereigentum überführt werden, wobei die grundbuchmäßige Beschreibung anhand der Abgeschlossenheitsbescheinigung vorzunehmen ist.9 Für den Fall, dass die Beschreibung der in Sondereigentum zu überführenden Räumlichkeiten in den beurkundeten Erklärungen über die Einräumung des Sondereigentums mit dem in Bezug genommenen Aufteilungsplan nicht übereinstimmt, kann aufgrund des Vorliegens von widersprüchlichen Erklärungen ein Sondereigentum nicht entstehen. Etwas anderes 1 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165 m.w.N. 2 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165 = DNotZ 2003, 536. 3 Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 3. 4 Augustin in RGRK-BGB, § 4 WEG Rz. 2; Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 2; Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 2; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 2. 5 Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 3. 6 Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 11. 7 OLG Köln v. 31.7.2006 – 16 Wx 98/06, FGPrax 2007, 19 = ZMR 2007, 137; für eine analoge Anwendung Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 11. 8 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = NJW-RR 2005, 10. 9 Zur Bestimmung und Änderung des Gegenstandes des Sondereigentums ausführlich Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 6 und 7.

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§4

Formvorschriften

gilt nur, wenn sich im Wege der Auslegung ermitteln lässt, welche der beiden Möglichkeiten tatsächlich gewollt sind.1 aa) Form (Abs. 2) 11

Nach § 4 Abs. 2 bedarf die zur Rechtsänderung erforderliche Einigung der Beteiligten der Form der Auflassung nach § 925 BGB, wonach die entsprechenden Erklärungen bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden müssen. Zuständige Stelle in diesem Sinne ist zunächst jeder Notar (§ 925 Abs. 1 Satz 2 BGB), darüber hinaus können die Erklärungen auch in einem gerichtlichen Vergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan (§§ 248, 254 Abs. 1 Satz 2 InsO) abgegeben werden (§ 925 Abs. 1 Satz 3 BGB).

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Eine Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB ist zulässig. Im Falle der Abgabe der entsprechenden Erklärung durch einen Nichtberechtigten ist eine Nachgenehmigung nach § 185 BGB möglich.2 Bei Vorliegen einer formunwirksamen Einräumung von Sondereigentum besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht, wenn dieses mit einem Miteigentumsanteil verbunden ist.3 Der Form des § 4 Abs. 2 i.V.m. §§ 873, 925, 311b BGB bedarf es auch, wenn etwa ein Wohnungseigentümer, dem zwei Wohnungen gehören, Räume des einen Sondereigentums dem anderen zuordnet.4 Wohnungseigentümer sind unter den formellen Voraussetzungen nicht gehindert, untereinander den Gegenstand ihres Sondereigentums ohne gleichzeitige Änderung der Miteigentumsanteile zu verändern.5 bb) Anwendung des § 925a BGB

13

Eine Anwendbarkeit des § 925a BGB scheidet aus, mit der Folge, dass es einer Vorlage oder gleichzeitiger Errichtung der Urkunde über den zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrag bei Abgabe der Erklärungen über die Einräumung von Sondereigentum nicht bedarf.6 cc) Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit (Abs. 2)

14

§ 4 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass Sondereigentum nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden kann.

15

Eine Unwirksamkeit nach Abs. 2 tritt dabei sowohl dann ein, wenn die Bedingung oder Zeitbestimmung für alle Sondereigentumsrechte gelten soll, als auch für die Fälle, dass sie sich nur auf ein einzelnes oder einzelne Sondereigentumsrechte bezieht. Ausgeschlossen wird durch die Regelung in Abs. 2 Satz 2 damit auch die Möglichkeit eines zeitlich begrenzten Erwerbs von Wohnungseigentum i.S.d. „Time-sharing“.7

16

Als unzulässige Bedingung i.S.d. Abs. 2 gilt u.a. auch die Vereinbarung über die Errichtung eines Gebäudes zu einem bestimmten Zeitpunkt.8 Zulässig ist es hingegen, die Auflassung von einer Rechtsbedingung, wie etwa der Erteilung behördlicher bzw. gerichtlicher Genehmigungen, abhängig zu machen.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Weitnauer in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 1. Bassenge in Palandt, BGB, § 925 BGB Rz. 5. KG v. 16.9.1999 – 24 W 8886/97, GE 1999, 1361. OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 49/08, ZWE 2009, 25; OLG Köln v. 31.7.2006 – 16 Wx 98/06, FGPrax 2007, 19. BGH v. 6.6.1986 – V ZR 264/84, MDR 1987, 41 = NJW 1986, 2759. Wie hier etwa Bassenge in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 2; Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 4; Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 7; a.A. etwa Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 3; Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 27; Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 2. Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 6. Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 7. Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 3.

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§4

Formvorschriften dd) Bindung an die Einigung

Eine Bindung an die Einigung erfolgt in den in § 873 Abs. 2 BGB genannten Fallgruppen, und zwar in direkter Anwendung dieser Norm, sofern man in der Einräumung von Sondereigentum eine Neuzuordnung von Eigentum erblickt, ansonsten über die in § 877 BGB enthaltene Verweisung.

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b) Eintragung Nach Abs. 1 erfordert die Einräumung von Sondereigentum neben der Einigung der Beteiligten auch die Eintragung ins Grundbuch. Im Regelfall wird die Einigung dabei der Eintragung zeitlich vorausgehen, sie kann ihr aber auch nachfolgen.1

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Für die Eintragung im Grundbuch ist nach hier vertretener Auffassung entsprechend dem formellen Konsensprinzip die Bewilligung aller Miteigentümer (§ 19 GBO) in der Form des § 29 GBO erforderlich; § 20 erlangt keine Geltung.2 Dies begründet sich daraus, dass es sich bei der Einräumung von Sondereigentum gerade nicht um eine echte Auflassung handelt. Ansonsten wäre die Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit, wie sie in Abs. 2 Satz 2 festgehalten ist, überflüssig.

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Aus den gleichen Gründen ebenfalls nicht anwendbar ist die Regelung des § 22 Abs. 2 GBO über das Zustimmungserfordernis des Eigentümers im Falle der Grundbuchberichtigung. Im Falle der Ersteinräumung von Wohnungseigentum entsteht dieses erst, wenn sämtliche gebildete Wohnungseinheiten im Grundbuch eingetragen sind, mithin alle Wohnungsgrundbücher vollständig angelegt sind.3

20

Das Grundbuchamt hat bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Eintragung keine Inhaltskontrolle, insbesondere nicht im Hinblick auf § 305c ff BGB vorzunehmen.4 Ein gutgläubiger Erwerb am einzelnen eingetragenen, wenn auch nicht entstandenen Wohnungseigentum ist möglich,5 da der Gute Glaube nur an dem einzelnen Wohnungs-Grundbuch-Blatt bestehen muss.

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2. Aufhebung Die Aufhebung von Sondereigentum erfordert ebenso wie dessen Einräumung eine Einigung in der Form des § 925 BGB (Auflassung) und die Eintragung im Grundbuch. Für die Aufhebung erlangen die obigen Ausführungen zur Einräumung von Sondereigentum mithin entsprechende Geltung. Die Aufhebung des Sondereigentums erlangt ihre Wirksamkeit mit der Eintragung im Grundbuch.6

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Eine Aufhebung von Sondereigentum durch einseitigen Verzicht entsprechend § 928 BGB gegenüber dem Grundbuchamt ist jedoch ausgeschlossen.7 a) Aufhebung aller Sondereigentumsrechte Im Fall der Aufhebung aller vorhandenen Sondereigentumsrechte kommt es zur Entstehung einer Miteigentümergemeinschaft nach §§ 741 ff., 1008 BGB. Beispiel: Werden sämtliche Wohnungseigentumsrechte aufgehoben, wandelt sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zurück in die gewöhnliche Bruchteilsgemeinschaft 1 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 4. 2 Wie hier etwa Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 5; Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 4; a.A. etwa Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 3; Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 2; Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 4. 3 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 3; Bassenge in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 1. 4 Vgl. im Einzelnen Zimmer in Lemke, Immobilienrecht, § 19 GBO, Rz. 6. 5 Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 48. 6 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 11. 7 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 5; OLG Düsseldorf v. 20.9.2000 – 3 Wx 328/00, ZWE 2001, 36 = NJW-RR 2001, 233; BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NZM 2007, 600 = ZfIR 2008, 17.

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§4

Formvorschriften

der Miteigentümer des Grundstücks, was eine Schließung der Wohnungsgrundbücher von Amts wegen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 nach sich zieht.1 b) Teilweise Aufhebung von Sondereigentumsrechten – Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum 24

Bei der teilweisen Aufhebung von Sondereigentum handelt es sich um die Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum.2 Zum einen kann ein einzelnes Sondereigentum insgesamt aufgehoben werden. Beispiel: Kommt es zur Aufhebung des Sondereigentums an einer Wohnungseinheit, was einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer bedarf, hat dies das Ausscheiden des Sondereigentümers aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die Entstehung gemeinschaftlichen Eigentums der übrigen Wohnungseigentümer an dem bisherigen Gegenstand des Sondereigentums zur Folge.3 In diesem Fall, sowie auch bei der Unterteilung von Sondereigentum mit der Folge der Entstehung neuen Gemeinschaftseigentums, bedarf es zur Wirksamkeit der Unterteilung der Auflassung des neuen Gemeinschaftseigentums unter Mitwirkung aller im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer und der Eintragung in das Grundbuch; eine entgegen diesen Grundsätzen eingetragene Unterteilung ist inhaltlich unzulässig und damit nichtig.4 Zudem entsteht nach überwiegender Ansicht ein isolierter Miteigentumsanteil, den die Miteigentümer durch Vereinigung oder Zuschreibung zu beseitigen haben;5 nach a.A. fällt den übrigen Wohnungseigentümern der bisherige Miteigentumsanteil des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers anteilmäßig an.6 Vorzugswürdig ist die erstgenannte Lösung, da für eine „Anwachsung“ jede gesetzliche Grundlage fehlt.

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Zum anderen ist es möglich, das Sondereigentum auch nur an einzelnen Gegenständen bzw. Teilen des Sondereigentums, z.B. an einzelnen Räumen (Keller) oder Einrichtungen, aufzuheben und in gemeinschaftliches Eigentum der Wohnungseigentümer umzuwandeln, was eine Vereinbarung i.S.d. § 5 Abs. 3 darstellt.7 Hierfür ist ebenfalls eine Einigung aller Raumeigentümer und die Eintragung in allen Wohnungsgrundbüchern erforderlich.8 Soll eine abzuschreibende Teilfläche veräußert werden, bedarf es nicht der Aufhebung aller Sondereigentumsrechte, sondern nur derjenigen, die von der Veräußerung „betroffen“ sind.9 c) Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt

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Die Umwandlung eines Teileigentums in ein Wohnungseigentum oder umgekehrt bedarf hingegen nicht der Form des § 4 Abs. 1, Abs. 2 WEG i.V.m. § 925 Abs. 1 BGB, da hier weder die Miteigentumsanteile noch die Grenzen von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum verändert werden, sondern lediglich die Zweckbestimmung.10 Sie stellt eine Inhaltsänderung des jeweiligen Sondereigentums der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer i.S.v. §§ 873, 877 BGB dar und bedarf daher der Mitwirkung aller Wohnungs- und Teileigentümer und der Eintragung in das Grundbuch.11 Die Mitwirkung von Sonderrechtsnachfolgern ist nur dann entbehrlich, wenn 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

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Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 19. Bassenge in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 2. Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 23. OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 = ZfIR 2008, 115 mit Anm. Böttcher. BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447; Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 7 m.w.N. Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 23; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 13. Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 7; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 12. Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 24. KG v. 25.10.2011 – 1 W 479/11, ZfIR 2011, 839. Schneider in Riecke/Schmid, § 4 Rz. 34. BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MittBayNot 2005, 140 = NJW-RR 2005, 10; BayObLG v. 8.5.1974 – BReg 2 Z 17/74, BayObLGZ 1974, 217 (219) = MDR 1974, 847 f.; Elzer, MietRB 2007, 78 (80).

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§4

Formvorschriften

sie in der in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ausgeschlossen ist1 (vgl. § 3 Rz. 25). 3. Verzicht Die Eintragung eines Verzichts auf das Wohnungs- oder Teileigentum ist unzulässig.2 Der verzichtswillige Eigentümer ist ausreichend geschützt, da der Ausschluss des Rechts, die Aufhebung der Eigentümergemeinschaft zu verlangen, nicht ihre Unauflöslichkeit zur Folge hat, da diese durch die Aufhebung des Sondereigentums nach § 4, durch Aufhebungsvereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer und durch das einseitige Aufhebungsverlangen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 aufgelöst werden kann.3

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IV. Schuldrechtlicher Vertrag Den Rechtsgrund für die Einräumung oder Aufhebung des Sondereigentums bildet der schuldrechtliche Vertrag i.S.d. § 3 Abs. 1, durch den sich der eine Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben. Dieser Vertrag ist zu unterscheiden von den Verträgen über die Verpflichtung zur Einräumung von Miteigentum und zur Veräußerung von bereits begründetem Wohnungseigentum (s. bereits oben Rz. 2 und 4).

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1. Form § 4 Abs. 3 bestimmt, dass für diesen gem. § 3 Abs. 1 zwischen den Beteiligten geschlossenen schuldrechtlichen Vertrag die Vorschrift des § 311b Abs. 1 BGB entsprechend gilt, mit der Folge, dass der Vertrag der notariellen Beurkundung bedarf. Ein ohne Beachtung der erforderlichen Form geschlossener Vertrag wird wirksam (Heilung der Nichteinhaltung der erforderlichen Form), wenn die Auflassung und die Eintragung in das Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch (§ 7) erfolgen. Der Umfang der mitzubeurkundenden Erklärungen der Beteiligten bestimmt sich nach den für § 311b Abs. 1 BGB festgehaltenen Grundsätzen.4

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Ebenfalls beurkundungspflichtig ist ein entsprechender Vorvertrag, wobei ein formnichtiger Vorvertrag entsprechend § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB durch formgültigen Abschluss des Hauptvertrages geheilt werden kann.5

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Im Falle der Formnichtigkeit einer Verpflichtung zur Übertragung eines Miteigentumsanteils bei gleichzeitiger Einräumung von Sondereigentum kann diese u.U. in eine formlos gültige Verpflichtung zur Einräumung eines Dauerwohnrechts umgedeutet werden.6

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Die Berufung auf einen Formmangel ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH immer dann erfolglos, wenn dies mit Treu und Glauben nicht mehr zu vereinbarende, untragbare Ergebnisse zur Folge hätte.7

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2. Vormerkung Der schuldrechtliche Anspruch auf Einräumung von Sondereigentum ist im Grundbuch des im einfachen Miteigentum oder noch im Alleineigentum eines zukünftigen Miteigentümers stehenden Grundstücks durch Vormerkung sicherbar, al1 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = NJW-RR 2005, 10. 2 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = ZfIR 2008, 17 (insb. zu den Besonderheiten bei einer „Schrottimmobilie“); vgl. auch § 1 Rz. 6 m.w.N.; Zimmer, NotBZ 2009, 398. 3 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547 = ZfIR 2008, 17. 4 Vgl. etwa Grüneberg in Palandt, BGB, § 311b Rz. 25 ff.; Zimmer, VertragsRKomm, § 311b BGB Rz. 11 ff. 5 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 9 m.w.N. 6 BGH v. 28.11.1962 – V ZR 127/61, MDR 1963, 292 f. = NJW 1963, 339; Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 4. 7 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 13; BGH v. 27.10.1967 – V ZR 153/64, BGHZ 48, 396 = MDR 1968, 136 f. = NJW 1968, 39.

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Formvorschriften

lerdings nur, soweit ein Aufteilungsplan (§ 7 Abs. 4 Nr. 1) vorliegt, durch den das beanspruchte Recht hinreichend genau beschrieben wird.1 Der Anspruch auf Aufhebung des Sondereigentums ist durch Vormerkung in allen Wohnungsgrundbüchern sicherbar.2 Ausführlich zur Sondereigentumsvormerkung Rapp in Staudinger § 4 WEG Rz. 13 ff. V. Genehmigungs- und Zustimmungserfordernisse 1. Behördliche Genehmigung nach § 2 GVO 33

Die vertragliche Begründung von Wohnungseigentum in den neuen Bundesländern erfordert nach wohl überwiegender Ansicht eine Genehmigung nach § 2 Grundstücksverkehrsordnung, da die dingliche Rechtsänderung auch eine Veränderung des Restitutionsanspruches mit sich bringe.3 2. Familiengerichtliche Genehmigung

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Sowohl die Begründung von Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung nach § 3 als auch die einseitige Aufteilung eines Grundstückes in Wohnungs- oder Teileigentum durch den Alleineigentümer nach § 8 bedürfen als Verfügung über ein Grundstück gem. §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1643 Abs. 1 BGB bei Mitwirkung eines Minderjährigen der Genehmigung des Familiengerichts.4 3. § 22 BauGB

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§ 22 BauGB enthält zum Zwecke der Erhaltung der Siedlungsstruktur von Gemeinden, die durch den Fremdenverkehr bestimmt sind (Fremdenverkehrsgebiete), eine Ermächtigung für die betreffenden Gemeinden, in einem Bebauungsplan oder durch Satzung zu regeln, dass die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum der Genehmigung bedarf. Besteht eine Genehmigungspflicht, darf eine Eintragung von Wohnungseigentum nur und erst dann erfolgen, wenn zusammen mit der entsprechenden Urkunde der Genehmigungsbescheid vorgelegt wird, wobei die Vorlage der Abgeschlossenheitsbescheinigung eine Genehmigung nach § 22 BauGB nicht ersetzen kann.5 Ist eine Genehmigung erforderlich, wird diese jedoch nicht erteilt, besteht für die Miteigentümer lediglich die Möglichkeit, eine verbindliche Nutzungsregelung mit einer Miteigentümervereinbarung nach § 1010 BGB herbeizuführen.6 4. § 172 BauGB

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Eine Genehmigung nach § 172 BauGB kann dann für die Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungs- oder Teileigentum erforderlich sein, wenn die jeweilige Landesregierung durch Rechtsverordnung eine Genehmigungspflicht für ein solches Gebiet (soziales Erhaltungsgebiet) eingeführt hat, für das die Gemeinde eine Erhaltungssatzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (Milieuschutz) erlässt.7 5. Grunderwerbsteuer

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Steuerrechtlich ist bei der Begründung von Sondereigentum eine Unterscheidung danach vorzunehmen, wie das Sondereigentum begründet wird. 1 Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 5. 2 Bassenge in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 4. 3 Hügel in Bamberg/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 9 m.w.N.; Krauß in Beck’sches Notarhandbuch, A IX Rz. 109. 4 Bärmann/Pick, § 4 WEG Rz. 15; Hügel in Bamberg/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 7; Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 4. 5 Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 20. 6 Commichau in MünchKomm/BGB, § 4 WEG Rz. 18. 7 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 8 m.w.N.

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§4

Formvorschriften

Die Begründung des Sondereigentums durch Teilung gem. § 8, für die § 4 nicht gilt, ist erwerbsteuerfrei. Hier fehlt es bereits an einem Eigentumswechsel und damit an einem Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 GrEStG.

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Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes ist nicht erforderlich. Erfolgt die Begründung von Sondereigentum durch vertragliche Einräumung gem. § 3 in der Form des § 4, so handelt es sich in jedem Fall um einen gegenüber der Grunderwerbsteuerstelle anzeigepflichtigen Vorgang.1

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Bei der Bildung von Sondereigentum durch Vertrag gem. § 3 erfolgt eine Befreiung von der grundsätzlich bestehenden Steuerpflicht gem. § 7 Abs. 1 GrEStG, wenn der Erwerb dem bisherigen Miteigentumsanteil entspricht, so dass die Steuer in diesem Fall nicht erhoben wird.2 Wird Sondereigentum nachträglich ohne Änderung der Miteigentumsanteile in der Form eingeräumt, dass eine Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum erfolgt, gilt § 6 GrEStG, d.h., der Vorgang ist grunderwerbsteuerfrei, es sei denn, dass ein Miteigentümer gegen Entgelt zusätzliches Miteigentum erwirbt, das mit Sondereigentum verbunden wird.3

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Ob im Falle der vertraglichen Einräumung nach §§ 3, 4 zum Grundbuchvollzug eine grunderwerbsteuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes erforderlich ist, wird unterschiedlich beurteilt.4

41

Die Aufhebung von Sondereigentum ist grundsätzlich erwerbsteuerfrei. Dies lässt sich zum einen damit begründen, dass man in der Aufhebung schon keinen Eigentumswechsel sieht, andernfalls kommt es entsprechend der obigen Ausführungen zu einer Anwendung der Befreiungsvorschrift des §§ 7 Abs. 1, 5 Abs. 2 GrEStG,5 sofern keine Zahlung eines Wertausgleiches erfolgt.

42

6. Zustimmung dinglicher Berechtigter Die Begründung von Sondereigentum bedarf grundsätzlich dann nicht der Zustimmung dinglicher Berechtigter in der Form des § 29 GBO, wenn das Grundstück als Ganzes oder alle Miteigentumsanteile mit einem Gesamtrecht belastet sind (dazu bereits § 2 Rz 12; § 3 Rz. 11 ff.),6 dies gilt auch im Hinblick auf das Rangklassenprivileg nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Beispiel: Eine am ganzen Grundstück bestehende Grundschuld wandelt sich bei einer vertraglichen Begründung von Wohnungs- und Teileigentum in eine Gesamtgrundschuld an allen Anteilen um (§§ 1192 Abs. 1, 1132, 1114 BGB).7 Dem Gläubiger bleibt damit die Haftungsgrundlage erhalten.

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Etwas anderes gilt damit, sofern die Belastungen nicht das Grundstück im Ganzen erfassen.8 Beispiel: Sollte vor der Aufteilung ein Grundpfandrecht ausnahmsweise nur an einem Miteigentumsanteil bestehen, bedarf es der Zustimmung des Gläubigers dieses Miteigentumsanteils nach §§ 876, 877 BGB.9

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Zu bestehenden Dienstbarkeiten an einem Miteigentumsanteil, z.B. Wohnungsrecht, Vorkaufsrechte vgl. bereits § 3 Rz. 14 f.

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1 Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 23. 2 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 138; Spiegelberger in Staudinger, BGB, Anh. zum WEG Rz. 204. 3 Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 23. 4 Dafür etwa Commichau in MünchKomm/BGB, § 4 WEG Rz. 21; Rapp in Staudinger, § 4 WEG Rz. 23; dagegen etwa Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 47; im Grundsatz auch: LG Marburg v. 9.6.1995 – 3 T 98/95, DNotI-Rep 1996, 207. 5 Spiegelberger in Staudinger, BGB, Anh. zum WEG Rz. 204. 6 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250 = NJW 1968, 499; Commichau in MünchKomm/ BGB, § 3 WEG Rz. 8 und § 4 WEG Rz. 23; im Übrigen die Hinweise bei § 3 WEG Rz. 11 ff. 7 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 29 m.w.N. 8 Commichau in MünchKomm-BGB, § 4 WEG Rz. 23. 9 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 30 m.w.N.

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§5 46

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Zur Zustimmung dinglicher Berechtigter bei Aufhebung von Wohnungseigentum s. auch OLG Frankfurt v. 1.10.1999 – 20 W 211/97, DNotZ 2000, 778 und Röll, DNotZ 2000, 749–752 (Entscheidungsbesprechung). VI. Kosten

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Der für den Erwerb, die Aufhebung oder Löschung von Sondereigentum zugrunde zu legende Geschäftswert bestimmt sich nach § 42 Abs. 1 GNotKG und entspricht dem Wert des bebauten Grundstücks, bei noch zu errichtendem Gebäude ist der Wert des Gebäudes hinzuzurechnen. Für die Beurkundung des schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrages ist eine Gebühr nach Nr. 21100 KV GNotKG (2,0) bei Teilung nach § 3 WEG, für die Teilungserklärung nach § 8 WEG die Gebühr nach Nr. 21200 (1,0) zu erheben.

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Für die Eintragung der vertraglichen Einräumung und Aufhebung durch das Grundbuchamt fallen Kosten an, die sich nach § 42 Abs. 1 GNotKG richten und eine 1,0 Gebühr nach Nr. 14112 KV GNotKG bei Begründung nach § 8 WEG, zusätzlich die Gebühr nach Nr. 14110 KV GNotKG, wenn sich dadurch die Eigentumsverhältnisse ändern.

5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums (1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. (2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. (3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. (4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander können nach den Vorschriften des 2. und 3. Abschnittes zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung zu der Vereinbarung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird. Bei der Begründung eines Sondernutzungsrechts ist die Zustimmung des Dritten nicht erforderlich, wenn durch die Vereinbarung gleichzeitig das zu seinen Gunsten belastete Wohnungseigentum mit einem Sondernutzungsrecht verbunden wird. I. Überblick 1. Regelungsinhalt

. . . . . . . . . . . .

2. Zwingender Charakter

. . . . . . . .

1 6

II. Gegenstand des Sondereigentums (Abs. 1)

3. Äußere Gestaltung des Gebäudes (Abs. 1, letzter Halbs.) . . . . . . . . 26

. . . . . . . .

9

2. Gebäudebestandteile der Räume (Abs. 1, 2. Alt.) . . . . . . . . . . . . .

4. Gemeinschaftseigentum kraft gemeinschaftlichen Gebrauchs (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

14

3. Entstehung des Sondereigentums .

17

5. Gemeinschaftseigentum kraft Vereinbarung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . 33

1. Räume (Abs. 1, 1. Alt.)

IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4)

III. Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Abs. 3 und § 1 Abs. 5) 1. Das Grundstück (§ 1 Abs. 5) . . . . .

40

2. Konstruktive und sicherheitsrelevante Teile (Abs. 2) . . . . . . . . . . 24

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Grziwotz

22

1. Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums (Satz 1) . . . 35

§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 2. Zustimmung dinglich Berechtigter zu Vereinbarungen (Satz 2 u. 3) . . .

40

3. Mit-Sondereigentum, abgesondertes Miteigentum und Nachbareigentum

48

4. Sondernutzungsrechte . . . . . . . . 52 V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Schrifttum: Bielefeld, Verbrauchszähler im Wohnungseigentum: Sonder- oder Gemeinschaftseigentum?, NZM 1998, 249; Brambring, Die Zustimmung von Drittberechtigten zur Änderung der Gemeinschaftsordnung nach der Novelle zum WEG, DNotZ 1979, 155; Conitz, Ist die Heizungszentrale einer Wohnungseigentümergemeinschaft bei Mitversorgung fremder Wohngebäude sondereigentumsfähig?, Rpfleger 1973, 390; Deckert, Fenster-Eigentum nach wie vor häufig im Streit, WE 1992, 90; Drasdo, Das Sondernutzungsrecht, 2011, 225; Eichhorn, Sondereigentum und/oder Gemeinschaftseigentum, WE 2004, 58; Elzer, Aktuelle Entwicklungen zu Grundlagen und Umfang eines Sondernutzungsrechts, MietRB 2012, 373 = NotBZ 2013, 289; Gaier, Unterteilung von Wohnungseigentum, FS für Wenzel, 2005, S. 145; Gleichmann, Sondereigentumsfähigkeit von Doppelstockgaragen, Rpfleger 1988, 10; Grziwotz, Die Heizungsanlage – Wärmelieferungsvertrag statt Gemeinschaftseigentum, MietRB 2010, 152; Grziwotz, Die Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum, NotBZ 2013, 161; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003; Hogenschurz, Neues zur Begründung von Sondereigentumsrechten im Wohnungseigentumsrecht, ZfIR 2012, 174; Hogenschurz, Sondernutzungsrecht als Sonderbaurecht?, ZMR 2013, 250; Hügel, Sicherheit durch § 12 WEG bei der abschnittsweisen Errichtung von Mehrhausanlagen, DNotZ 2003, 517; Hügel, Die Mehrhausanlage nach der Reform des WEG, NZM 2010, 8; Hügel, Über die Grenzen des Sondereigentums, DNotZ 2013, 487; Hügel/ Elzer, Vereinbarungen zum Sondereigentum?, DNotZ 2012, 4; Hurst, „Mit-Sondereigentum“ und „-abgesondertes Miteigentum“, noch ungelöste Probleme des Wohnungseigentumsgesetzes, DNotZ 1968, 131; Hurst, Das Eigentum an der Heizungsanlage, DNotZ 1984, 66; Kahlen, Balkone in Wohnungseigentumsanlagen, ZMR 1989, 168; Kruse, Wärmelieferungsverträge (Contracting) in der notariellen Praxis, RNotZ 2011, 65; Lutz, Das gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht in der notariellen Praxis, NotBZ 2014, 209; Meffert, Entbehrlichkeit der Zustimmung dinglich Berechtigter zu Vereinbarungen der Wohnungseigentümer gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 WEG n.F., ZMR 2007, 517; Merle, Die Sondereigentumsfähigkeit von Garagenstellplätzen auf dem nicht überdachten Oberdeck eines Gebäudes, Rpfleger 1977, 196; Ott, Die Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum, MietRB 2004, 126; Rapp, Verdinglichte Ermächtigungen in der Teilungserklärung, MittBayNot 1998, 77; Rastätter, Aktuelle Probleme bei der Beurkundung von Teilungserklärungen, BWNotZ 1988, 134; Reinold, Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bei der Veräußerung von nicht sondereigentumsfähigen Stellplätzen, MittBayNot 2001, 540; Riecke, Die Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum im Wohnungseigentumsrecht, BTR 2003, 11; Roll, Vereinbarungen über Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss, DNotZ 1982, 731; Röll, Teilungserklärung und Entstehung des Wohnungseigentums, 1975; Röll, Rechtsfragen bei der Errichtung von Eigentumswohnungen in mehreren Bauabschnitten, DNotZ 1977, 69; Röll, Sondereigentum an Heizungsräumen und deren Zugangsflächen, DNotZ 1986, 706; Röll, Zum Sondereigentum an Eingangsfluren, DNotZ 1987, 238; Röll, Das Eingangsflurproblem und der gutgläubige Erwerb von Wohnungseigentum, MittBayNot 1988, 22; Röll, Zur Frage der Begründung von Sondereigentum an Tiefgaragenstellplätzen, DNotZ 1988, 323; Röll, Garagenstellplätze und Gebäudeeigenschaft, DNotZ 1992, 221; Röll, Sondereigentum an zentralen Versorgungsanlagen und ihren Zugangsräumen, Rpfleger 1992, 94; Röll, Das Eingangsflurproblem bei der Unterteilung von Eigentumswohnungen, DNotZ 1998, 345; Röll, Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrechts, ZWE 2000, 343; Röll, Ermächtigung zur Begründung von Sondereigentum in der Gemeinschaftsordnung, ZWE 2000, 446; Sauren, Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums, FS für Bärmann/Weitnauer 1985, S. 37; Sauren, Mit-Sondereigentum – eine Bilanz, DNotZ 1988, 667; Sauren, Die Sondereigentumsfähigkeit nicht überdachter Garagenstellplätze eines Gebäudes, Rpfleger 1999, 14; Sauren, Sind Beschlüsse, die Vereinbarungen abändern, ohne Zustimmung der dinglich Berechtigten unwirksam (§ 5 Abs. 4 WEG)?, ZMR 2008, 514; Schäfer, Von der Abstellkammer zum Fahrstuhl, Rpfleger 2001, 67; Schlüter, Gehören Thermostatventile zum Sondereigentum?, ZMR 2011, 935; Schmid, Wärmecontracting in der Wohnungseigentümergemeinschaft, CuR 2004, 45; Schmid, Die Heizung und ihre Peripherie, ZMR 2008, 862; Schmid, Heizkörper als Sondereigentum, MDR 2011, 1081; Schmid, Heizkörper als Sondereigentum, MietRB 2011, 362; Schmid, Pflanzen auf Sondernutzungsflächen der Wohnungseigentümer, ZAP 2011, Fach 7, 1137; Schmidt, Sondereigentum an Stellplätzen auf dem Garagenoberdeck, DNotZ 1984, 704; Schmidt, Wohnungseigentum bei Mehrhausanlagen, BWNotZ 1989, 49; Schmidt F., Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums, FS für Bärmann/Weitnauer, 1985, u. MittBayNot 1985, 237; Schmidt F., Balkone als Sondereigentum, MittBayNot 2001, 442; Schmidt, Sichere Gestaltung einer Mehrhausanlage, ZWE 2002, 118; Schmidt, Rohrsanierungen auf Druck der Gebäudeversicherung – Eingriffe in das Sondereigentum, ZMR 2005, 669; Schmitz, Aktuelles zum WEG: Die Sondereigentumsfähigkeit von Heizungsanlagen, MittBayNot 2012, 180;

Grziwotz

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Schneider, Sondernutzungsrechte im Grundbuch, Rpfleger 1998, 9; Schneider, Die sachenrechtliche Zuordnung von Rauchwarnmeldern in Eigentumswohnanlagen, ZMR 2010, 822; Schropp, Gemeinschafts- oder Sondereigentum am Heizwerk sowie an Heizungssträngen und -anlagen, Rpfleger 1974, 91; Schüller, Änderungen von Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen, RNotZ 2011, 203; Schultz, Der Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungseigentumsanlagen, ZWE 2011, 21; Weitnauer, Begründung von Wohnungseigentum und isolierter Miteigentumsanteil, MittBayNot 1991, 143; Weitnauer, Zur Entstehung des WEG, ZWE 2001, 126.

I. Überblick 1. Regelungsinhalt 1

Die Vorschrift regelt Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums unter verschiedenen Aspekten. Während sich die ersten beiden Absätze, insoweit im Zusammenhang mit § 1 Abs. 5, mit der Abgrenzung zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum befassen und hierbei auf die baulichen und technischen Voraussetzungen abstellen, enthalten die Abs. 3 und 4 die Möglichkeit, Gemeinschafts- und Sondereigentum sowie den Inhalt des Sondereigentums durch Vereinbarung zu bestimmen.

2

Abs. 1 definiert das Sondereigentum in Anknüpfung an die Raumeigenschaft gem. § 3 Abs. 1 und i.V.m. dem Bestandteilsbegriff (§ 93 BGB), wobei im Hinblick auf die Gemeinschaftsbezogenheit des Wohnungs- und Teileigentums der Begriff des Sondereigentums durch das Gemeinschaftseigentum, das Sondereigentum der anderen Eigentümer und die Gesamtgestaltung des Gebäudes zusätzlich begrenzt wird.

3

Abs. 2 führt zu einer weiteren Beschränkung der Möglichkeit von Sondereigentum, indem in Ergänzung zu § 1 Abs. 5 das zwingende Gemeinschaftseigentum festgelegt wird. Dies erfolgt einerseits durch Bezugnahme auf bautechnische und baupolizeiliche Kriterien sowie andererseits im Hinblick auf die Notwendigkeit des gemeinschaftlichen Gebrauchs. Aus der ersten Komponente kann gefolgert werden, dass diesbezüglich wohl keine auf Dauer festgelegten, unabänderlichen Notwendigkeiten bestehen. Vielmehr erweist sich die Vorschrift im Hinblick auf technische Neuerungen und Änderungen der Sicherheitsstandards offen für einen insoweit „dynamischen“ Begriff des Gemeinschaftseigentums.

4

Abs. 3 stellt klar, dass nicht nur Sondereigentum begründet werden kann, sondern dass dies auch im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum durch Vereinbarung möglich ist. Zugleich zeigt diese Bestimmung, dass es nicht nur, wie dies häufig wiederholt wird, eine Vermutung für das Gemeinschaftseigentum gibt,1 sondern auch in begrenztem Umfang eine Vermutung für Sondereigentum besteht, die nur durch die ausdrückliche Vereinbarung von Gemeinschaftseigentum wiederum umgekehrt werden kann.

5

Abs. 4 lässt es – ähnlich wie beim Erbbaurecht (vgl. § 2 ErbbauRG) – zu, dass durch Vereinbarung der Inhalt des Sondereigentums festgelegt wird. Auf diese Weise können die Wohnungs- und Teileigentümer mit dinglicher Wirkung ihr körperschaftliches Verhältnis im Sachenrecht festlegen. Anders als beim Erbbaurecht ist nicht das Rechtsverhältnis zwischen (Grund-)Eigentümer und Erbbauberechtigtem (= Gebäudeeigentümer), also eine zweiseitige Vertragsbeziehung betroffen, sondern das Verhältnis der Sondereigentümer, die gleichzeitig Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum sind, untereinander, also ein mehrseitiges Rechtsverhältnis. Ferner hat der Gesetzgeber im Rahmen der WEG-Novelle zu Vereinbarungen das Zustimmungserfordernis Dritter, denen am Wohnungs- bzw. Teileigentum Rechte zustehen, geregelt. 1 S. nur BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139 = DNotZ 1996, 289 = NJW 1995, 2851; OLG Düsseldorf v. 20.12.1985 – 3 Wx 345/85, Rpfleger 1986, 131; OLG Düsseldorf v. 5.4.2000 – 3 Wx 334/99, NZM 2000, 765; BayObLG v. 28.9.1981 – BReg.2 Z 68/81, MDR 1982, 148 = DNotZ 1982, 244; OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/00, ZMR 2003, 527; OLG München v. 22.2.2006 – 34 Wx 133/05, MDR 2006, 1400 = MietRB 2006, 166 = NZM 2006, 635; Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 1; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 5 WEG Rz. 7; Bärmann/ Pick, § 5 WEG Rz. 4; Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 3 und 6; einschränkend bereits Grziwotz in Erman, BGB, § 5 WEG Rz. 2.

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Grziwotz

§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 2. Zwingender Charakter

§ 5 ist eine sachenrechtliche Norm und unterliegt deshalb dem sachenrechtlichen numerus clausus und Typenzwang. Die Vorschrift ist zwingend unabdingbar und kann auch aus Billigkeitserwägungen nicht relativiert werden.1 Allerdings enthält Abs. 3 von diesem strengen sachenrechtlichen Grundsatz eine Ausnahme zugunsten des Gemeinschaftseigentums.2 Zudem lässt Abs. 4 die Festlegung des Inhalts des Sondereigentums durch Vereinbarung zu. Es kann deshalb nicht pauschal gesagt werden, dass die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum3 unabdingbar ist. Auch die in Abs. 2 enthaltene Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum ist mit gewissen Unschärfen verbunden. Was für die Sicherheit eines Gebäudes erforderlich ist, unterliegt nämlich, wie die zahlreichen Novellierungen der Bauordnungen gezeigt haben, einem Anschauungswandel, so dass die diesbezüglichen Grenzen nicht „versteinert“ sind.

6

Bedeutung hat die vorstehende Streitfrage (Rz. 6) bei (freistehenden) Einfamilienhäusern, bei Reihenhäusern einschließlich Doppelhäusern und bei Mehrhausanlagen. Bei ihnen sind nach herrschender Meinung alle tragenden Teile des Gebäudes wie Fundamente, statisch wesentliche Mauern, Balken- und Trägerkonstruktion, Dach, Schornstein, Bodenplatten und Isolierung der Balkone zwingend Gemeinschaftseigentum.4 Jedenfalls bei freistehenden Häusern, bei denen die jeweiligen Gebäude ausschließlich der Nutzung eines Eigentümers dienen, ist die herrschende Meinung jedoch wenig überzeugend. Die Teile des jeweiligen Gebäudes sind für Bestand und Sicherheit des anderen Gebäudes nicht erforderlich; sie dienen auch nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer. Insofern steht der Gesetzeswortlaut, jedenfalls bei einer teleologischen Einschränkung, der Sondereigentumsbildung an den einzelnen Gebäuden nicht entgegen.5 Folgt man dieser, der h.M. widersprechenden Auffassung, wirken die Vereinbarung von Sondernutzungsrechten an den gesamten Häusern und die Regelungen über das Stimmrecht, die (scheinbar) getrennten Versammlungen sowie die Gebrauchs- und Kostentragung gekünstelt.6 Das Gemeinschaftseigentum besteht nach dieser Auffassung noch am Grundstück, gemeinsamen Zufahrtsflächen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen wie z.B. einem Spielplatz.

7

1 BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 = NJW 1968, 1230 und OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45; Böttcher, ZNotP 2013, 128 (131); Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 1; Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 1; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 3; Sauren, § 5 WEG Rz. 1. 2 Nicht umgekehrt (vgl. BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454). 3 Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 1. 4 So BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 = NJW 1968, 1230; BGH v. 25.1.2001 – VII ZR 193/99, BauR 2001, 798 = MittBayNot 2001, 479 = NJW-RR 2001, 800 = NZBau 2001, 265 = NZM 2001, 435; OLG Karlsruhe v. 28.12.1977 – 3 W 15/77, OLGZ 1978, 175; OLG Schleswig v. 15.8.1967 – 2 W 87/67, NJW 1967, 2080; BayObLG v. 21.7.1980 – BReg.2 Z 33/80, DNotZ 1982, 250; BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 2/00, ZfIR 2000, 376; BayObLG v. 30.3.1993 – 2Z BR 11/93, NJW-RR 1993, 1039; OLG Düsseldorf v. 5.11.2003 – 3 Wx 235/240/03, DNotZ 2004, 630 = WuM 2004, 111 = ZMR 2004, 280; OLG Düsseldorf v. 2.7.2004 – I-3 Wx 318/03, ZfIR 2004, 778; OLG München v. 26.4.2012 – 34 Wx 558/11, BeckRS 2012, 14120 = RNotZ 2012, 445; vgl. auch Rastätter, BWNotZ 1988, 134 (136); Stürner in Soergel, BGB, § 5 WEG Rz. 1a (anders noch 1. Aufl.); Ruge/Röll in Schreiber, Hdb. Immobilienrecht, 3. Aufl. 2011, Kap. 9 Rz. 117. 5 Ebenso Bärmann/Pick, § 5 WEG Rz. 15; Pick in Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl. 2003, § 5 WEG Rz. 42 (a.A. nunmehr Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 32 unter unzutreffendem Hinweis darauf, dass Pick eine ältere Rechtsprechung herangezogen hätte) und bereits Grziwotz in Erman, BGB, § 5 WEG Rz. 8. Ebenso früher OLG Köln v. 17.7.1961 – 8 W 188/60, NJW 1962, 156 und OLG Frankfurt v. 9.1.1963 – W 256/62, NJW 1963, 814. 6 S. dazu Hügel, NZM 2010, 8 ff. und DNotI-Report 2013, 169 ff. Vgl. BGH v. 23.6.2010 – VIII ZR 227/09, MietRB 2010, 288 = NJW 2010, 3228 = NZM 2010, 781 = ZMR 2010, 933 und LG Köln v. 26.11.2009 – 29 S 63/09, MietRB 2010, 270 = IMR 2010, 60.

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§5 8

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Für die Abgrenzung von Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum ist die Grundbucheintragung in Verbindung mit den in den Grundakten befindlichen, in Bezug genommenen Unterlagen maßgeblich.1 Eine abweichende Rechtsauffassung der Beteiligten oder des Urkundsnotars ist nicht von Bedeutung.2 Ist im Aufteilungsplan ein Sondereigentum ausgewiesen, obwohl es sich kraft Gesetzes um zwingendes Gemeinschaftseigentum handelt, so entsteht Gemeinschaftseigentum; das Grundbuch ist insoweit unrichtig, so dass ihm auch diesbezüglich kein guter Glaube zukommt.3 II. Gegenstand des Sondereigentums (Abs. 1) 1. Räume (Abs. 1, 1. Alt.)

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Das Gesetz nennt als Gegenstand des Sondereigentums als erstes „die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume“. Die Verweisung betrifft sämtliche Räume, aus denen eine Wohnungs- oder Teileigentumseinheit gebildet wird. Die zahlreichen Versuche, den Raum eigentumsrechtlich zu definieren, sind in der Sache zutreffend, aber überflüssig. Dies gilt für die Ansicht, dass es sich um den Luftraum innerhalb einer Ummauerung handle,4 aber auch für die Abgrenzung des Raums durch seine Dreidimensionalität, wobei alle Wände von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität gekennzeichnet sein müssen und die Zugänge abschließbar.5 Bei dieser Begriffsbestimmung vermischen sich der Raum und die Frage der Abgeschlossenheit. Auch der Hinweis auf den allgemeinen Sprachgebrauch der „eigenen vier Wände“ ist wenig hilfreich, da der Raum in Form eines Kegels durch zwei Wände, beim Zylinder durch drei Wände und beim Quader durch sechs Seiten abgeschlossen wird. Wie im Baurecht genügt es, den Raum als Teil eines Gebäudes zu kennzeichnen. Es handelt sich um einen allgemein gebräuchlichen Begriff, der nicht näher definiert werden muss.6

10

Entscheidend ist, dass die Raumeigenschaft nicht mit der Frage der Abgeschlossenheit identisch ist. Einzelne Räume in der Wohnung, die über keine abschließbare Tür verfügen, sind in ihrer Gesamtheit sondereigentumsfähig. Auch der in den Begriff hineininterpretierte Bestandteil, dass die Begrenzungen der Räume „eine gewisse Dauerhaftigkeit und Stabilität aufweisen müssen“,7 vermischt wiederum die Frage der Abgeschlossenheit und der Raumeigenschaft. Es ist deshalb unerheblich, ob es sich bei den Wänden, die Räume abschließen, um Schiebewände handelt. Dies zeigt sich bereits darin, dass sogar die Abgeschlossenheit nicht deshalb zu verneinen wäre, weil mittels einer Schiebewand der Raum nach einer Seite bestimmte Zeiträume geöffnet, aber danach auch wieder mittels eines Schlosses abgesperrt werden könnte.8

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Das Verhältnis von Raumeigenschaft und Abgeschlossenheit hat Bedeutung für eine vom Aufteilungsplan abweichende Bauausführung sowie für die Sondereigen1 Zu Widersprüchen s. nur OLG Hamm v. 3.11.2011 – 15 Wx 582/10, NJW-RR 2012, 592 = ZMR 2012, 288; OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = NZM 2013, 153 = RNotZ 2013, 108 = ZMR 2013, 296 und OLG München v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = BeckRS 2012, 17369 = ZfIR 2012, 719 LS. 2 BayObLG v. 23.5.1991 – BReg.2 Z 55/91, MDR 1991, 898 = NJW-RR 1991, 1356. 3 OLG Düsseldorf v. 20.12.1985 – 3 Wx 345/85, Rpfleger 1986, 131 und OLG München v. 26.9.2005 – 34 Wx 74/05, NJW-RR 2006, 87 = NZM 2006, 704; teilw. abw. OLG Karlsruhe v. 5.5.2000 – 11 Wx 71/99, NZM 2002, 220 (insoweit Nichtigkeit der Aufteilung). Zur Möglichkeit einer Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht und eine Kostentragungsregelung s. nur OLG Hamm v. 30.5.1996 – 15 W 412/95, ZMR 1996, 503. 4 So Röll, DNotZ 1977, 69 (70). Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 4.2.1994 – 3 Wx 382/93, DNotZ 1995, 82; Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 11 („lichter Raum“) und Spielbauer/Then, § 5 WEG Rz. 2 („lichter Raum“). 5 So Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 5. 6 S. nur Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, BayBO, Art. 2 Rz. 158. 7 So Dickersbach in 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 7 unter unzutreffendem Hinweis auf BGH v. 14.2.1991 – V ZB 12/90, NJW 1991, 1611 (1612) = DNotZ 1991, 474, wo es bei der Vorlagefrage an den GmSOGB allein um die Frage der Abgeschlossenheit im Wohnungseigentumsrecht und im Baurecht ging. 8 Ähnlich Armbrüster, ZWE 2005, 182 (190) im Anschluss an Merle, WE 1992, 11 (12); vgl. auch Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 11, 13 und 15.

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Grziwotz

§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

tumsfähigkeit von Balkonräumen und Dachterrassen.1 Wenn § 3 Abs. 2 Satz 2 die Abgeschlossenheit und – unsystematisch – auch die Raumeigenschaft von Garagenstellplätzen fingiert, darf daraus allerdings nicht geschlossen werden, dass generell für den Begriff des Raumes auf eine Abgeschlossenheit verzichtet werden kann. § 3 Abs. 2 Satz 2 stellt nach der hier vertretenen Auffassung eine Fiktion dar, die eine Sondereigentumsfähigkeit der Garagenstellplätze durch die Fiktion der Raumeigenschaft herstellt.2 Räume sind auch Nebenräume. Diese können in dem Bauwerk liegen, in dem sich auch die abgeschlossene Wohnungs- oder Teileigentumseinheit befindet, wie z.B. Kellerräume, Hobbyräume, Abstellräume, Raum mit WC3 etc. Sie können aber auch außerhalb des vorbezeichneten Gebäudes liegen, wie z.B. eine (Einzel-)Garage, ein Geräteraum, ein Gewächshaus, ein Gartenhaus, eine Blockhütte für eine Sauna, ein Gebäude für ein Schwimmbad, eine Lagerhalle etc. Sie können sich bei einer Mehrhausanlage auch in einem anderen Gebäude als die Wohnungs- und Teileigentumseinheit befinden (z.B. Keller im weiteren Haus, Garage im Garagengebäude). In der Praxis empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge:4

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– Sondereigentum an Räumen ist nach h.M. nur möglich, wenn die Wohnungs- und Teileigentümer nicht zwingend auf die Benutzung des Raumes angewiesen sind, andernfalls liegt Gemeinschaftseigentum vor. – Sind die Bewohner nicht zwingend auf die gemeinschaftliche Benützung des Raumes angewiesen, setzt Sondereigentum eine diesbezügliche Erklärung in der Aufteilung (§§ 3, 8) voraus, da andernfalls Gemeinschaftseigentum vorliegt. 2. Gebäudebestandteile der Räume (Abs. 1, 2. Alt.) Als weitere Durchbrechung der in §§ 93 und 94 BGB ausgesprochenen Grundsätze können auch Gebäudeteile der Räume Sondereigentum sein. Diese Einstufung erfolgt – anders als bei Abs. 3 – nicht durch Erklärung der Eigentümer, sondern durch eigentumsrechtliche Zuordnung kraft Gesetzes. Dies spielt allerdings nur eine Rolle, sofern Bestandteile wesentliche sind. Einfache (unwesentliche) Bestandteile können ohnehin Gegenstand besonderer Rechte sein. Insofern ist die Gesetzesformulierung ungenau, wenn lediglich von den zu den Räumen gehörenden Bestandteilen gesprochen wird, die durch den Relativsatz weiterhin eingeschränkt werden. Sie knüpft allerdings teilweise an den Gebäudebestandteilsbegriff nach § 94 Abs. 2 BGB an. Nach diesem Sondertatbestand kommt es nicht darauf an, ob die Bestandteile zur Herstellung einer Baulichkeit notwendig sind; ausreichend ist, dass die Bestandteile durch ihre Verbindung gerade mit dem Gebäude diesem eine besondere Eigenart, ein bestimmtes Gepräge geben. Auch Zubehör (§ 97 BGB) scheidet aus, da bei ihm bereits die Bestandteilseigenschaft fehlt. Nicht sondereigentumsfähig sind auch Scheinbestandteile (§ 95 BGB). Bei einfachen Bestandteilen, Scheinbestandteilen und dem Zubehör besteht normales, das heißt vom Wohnungs- und Teileigentum und dessen Unterteilung in Gemeinschafts- und Sondereigentum unabhängiges Eigentum, das in den normalen („gewöhnliches Eigentum“) Eigentumsformen des Gesamthandseigentums, des Miteigentums und des Alleineigentums bestehen kann.5

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Voraussetzungen für die Bejahung der Sondereigentumsfähigkeit von Gebäudeteilen der Räume sind somit:

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– Es muss sich nach allgemeinen Kriterien um einen wesentlichen Bestandteil eines Raumes handeln, der seinerseits Sondereigentum einer bestimmten Wohnungs1 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 16. 2 Nach a.A. setzt § 3 Abs. 2 Satz 2 keine Raumeigenschaft voraus. Wäre dies richtig, müssten Garagenstellplätze auf dem Grundstück ebenfalls sondereigentumsfähig sein. 3 OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/11, MietRB 2012, 301 = MDR 2012, 900 = NJW-RR 2012, 1414 = NZM 2012, 867 = NotBZ 2012, 397 = ZWE 2012, 317. 4 Nach Becker/Kümmel/Ott, WEG, 2. Aufl. 2010, Rz. 12 ff. 5 OLG Düsseldorf v. 1.7.1994 – 3 Wx 334/94, NJW-RR 1995, 206; Bassenge in Palandt, BGB, § 5 WEG Rz. 1 und Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 7.

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und Teileigentumseinheit ist. Zusätzlich muss ein besonderer Zusammenhang („gehörender“) des Bestandteils zu dem Raum vorliegen. Hierzu ist ein räumlicher, nicht nur ein funktionaler Zusammenhang1 erforderlich. Fehlt es nach der hier vertretenen Auffassung an einem konkreten räumlichen Zusammenhang, so liegt ein Bestandteil des Raumes nicht vor. Würde man hierauf verzichten und einen rein funktionalen Zusammenhang genügen lassen, wäre abweichend von sonstigen sachenrechtlichen Kriterien eine Sondereigentumsfähigkeit zu bejahen, die zu einem eigenständigen Bestandteilsbegriff führen würde. Bedeutung hat diese Abgrenzung für diejenigen Bestandteile, die sich außerhalb der Wohnungs- und Teileigentumseinheit befinden, der betreffenden Einheit jedoch dienen. Als Beispiele hierfür werden die Abwasserhebeanlage,2 die Klingelanlage und der eingemauerte Briefkasten genannt. Der enge räumliche Zusammenhang kann freilich auch durch eine Leitung zu den Räumen des Wohnungs- und Teileigentums vermittelt werden. Ähnlich dürfte dies auch sein, wenn zwar nicht durch eine körperliche Leitung, aber auf andere Weise, z.B. durch Funksignale der enge räumliche Zusammenhang hergestellt wird. – Nicht Sondereigentum können Raumbestandteile sein, wenn es sich um zwingendes Gemeinschaftseigentum nach Abs. 2 handelt. Geht man davon aus, dass auch im Rahmen des Abs. 1 die Eigentümer kein Bestimmungsrecht haben, so handelt es sich sowohl bei Abs. 1 als auch bei Abs. 2 um zwingende Vorschriften, bei denen keine Vorrang vor der anderen beanspruchen kann;3 beide Normen schließen sich begrifflich voraussetzungsgemäß aus. Insofern handelt es sich um eine weitere Prüfungsvoraussetzung, dass es sich bei den Gebäudebestandteilen nicht um Gemeinschaftseigentum handelt. – Weitere Voraussetzung ist, dass die Veränderung, Beseitigung oder Einfügung das Gemeinschaftseigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungs- oder Teileigentümers nicht über das in § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestalt des Gebäudes verändert. Einfügen ist dabei die Einpassung des Bestandteils. Die Vereinigung erfolgt in der Weise, dass mit den eingefügten Bestandteilen und dem Raum eine Einheit entsteht. Umgekehrt betrifft die Beseitigung die Aufhebung der Einfügung. Diese Vorgänge dürfen sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch anderes Sondereigentum nur im gewöhnlichen Umfang beeinträchtigen. Zusätzlich darf die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht verändert werden, wobei auch hier nicht jede minimale Änderung ausreicht, sondern auch insoweit eine wertende Betrachtung maßgeblich ist. Entscheidend ist in sämtlichen Fällen wie auch sonst im Rahmen der §§ 93 ff. BGB die Verkehrsauffassung. Nicht maßgebend ist, ob durch die Einführung eine feste Verbindung geschaffen wird. Gleichgültig ist ferner, ob eine Einfügung erforderlich ist oder nicht. In der Praxis empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge:4

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– Handelt es sich um Bestandteile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, dann liegt Gemeinschaftseigentum vor. – Handelt es sich um Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentümer dienen, so liegt Gemeinschaftseigentum vor. – Handelt es sich um einen Bestandteil des Gebäudes, bei dessen Veränderung auch die äußere Gestalt des Gebäudes verändert würde, liegt Gemeinschaftseigentum vor. – Wird durch die Veränderung, Beseitigung oder Einfügung des Gebäudebestandteils das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das in § 14 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, liegt wiederum Gemeinschaftseigentum vor. 1 2 3 4

Abw. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 22 und Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 22. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 22 und Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 22. A.A. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 25. Nach Becker/Kümmel/Ott, WEG, Rz. 16 ff.

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– Ist der Bestandteil im Rahmen der Aufteilung (§§ 3, 8) ausdrücklich zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt worden, tritt auf diese Weise Gemeinschaftseigentum ein. Falls sämtliche Prüfungen dazu führen, dass kein Gemeinschaftseigentum vorliegt, besteht Sondereigentum an den Gebäudebestandteilen, die zu einem Raum gehören, der im Sondereigentum steht. 3. Entstehung des Sondereigentums Die Einräumung von Sondereigentum erfordert die Bewilligung bzw. Einigung darüber sowie ferner die Eintragung in das Grundbuch (§ 4 Abs. 1). Mit dem grundbuchamtlichen Vollzug ist der rechtliche Begründungsvorgang abgeschlossen. Damit sind nicht zwingend sämtliche Komponenten des Wohnungs- und Teileigentums bereits vorhanden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht bei der Aufteilung nach § 8 erst, wenn neben dem aufteilenden Eigentümer der erste Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen ist, und bei der Aufteilung nach § 3 bereits mit Eintragung der Aufteilung (s. § 10 Rz. 96). Dieser Zeitpunkt wird, um die Anwendbarkeit der WEG-Vorschriften zu erreichen, vorverlagert auf den Zeitpunkt der gesicherten Erwerbsposition durch Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung am gebildeten oder noch zu bildenden Wohnungseigentum sowie der Besitzübergabe an der bereits bewohnbaren Wohnungs- oder Teileigentumseinheit (s. § 10 Rz. 97).

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Sachenrechtlich entsteht Gemeinschafts- und Sondereigentum unabhängig davon, ob eine Eigentümergemeinschaft besteht. Sachenrechtlich ist nämlich erforderlich, dass sich das Alleineigentum des aufteilenden Eigentümers oder das schlichte Miteigentum mehrerer Eigentümer in die beiden Komponenten des Gemeinschafts- und Sondereigentums „aufteilt“. Durch den bestätigten Aufteilungsplan und die Eintragung im Grundbuch liegen beide Komponenten eigentlich fest. Miteigentum, das mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden ist, bliebe, würde man allein abstrakt auf die Pläne abstellen, mangels eines Gegenstandes, nämlich des Gebäudes, lediglich eine theoretische Konstruktion. Deshalb wird teilweise davon ausgegangen, dass bis zur Errichtung eines Gebäudes lediglich Miteigentum am Grundstück und eventuell weiteren Komponenten des werdenden Gebäudes (z.B. Fundament etc.) besteht.1 Vertritt man die Ansicht, dass Sondereigentum das Bestehen eines Gebäudes voraussetzt, entsteht Sondereigentum erst mit Errichtung des Gebäudes und sämtlicher Wohnungs- und Teileigentumseinheiten. Nach dieser so genannten Fertigstellungstheorie2 entsteht Sondereigentum erst mit Bezugsfertigkeit der letzten gemäß dem bestätigten Aufteilungsplan zu errichtenden Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit einschließlich sämtlicher dazugehöriger Räume. Dies hat zur Konsequenz, dass bei einem steckengebliebenen Bauvorhaben oder bei Entfallen einzelner zum Wohnungs- und Teileigentum gehörender Räume (z.B. Speicherräume, Garagen) Sondereigentum bis zur Änderung der Aufteilung im Grundbuch nicht entstanden ist. Dies gilt auch für diejenigen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, die bereits komplett fertiggestellt sind. Bis zum Entstehen von Wohnungs- und Teileigentum existiert lediglich eine Miteigentümergemeinschaft am Grundstück und dem „Gebäudetorso“, die jederzeit auseinandergesetzt werden könnte. Dies führt insbesondere beim Kauf vom Bauträger zu unerfreulichen Ergebnissen, wenn Erwerber von Erdgeschosswohnungen nach Baufortschritt bereits den Großteil ihrer Wohnungseigentumseinheiten bezahlt haben, aber nach der Fertigstellungstheorie nicht Sondereigentümer sind. Allerdings beruht die „Gefahrengemeinschaft der Käufer der Eigentumswohnungen“ die „zugunsten der Bauträger und ihrer Gläubiger“3 entsteht, nicht in erster Linie auf der Fertigstellungstheorie, sondern auf der „Baufortschrittszahlung“ beim Bauträgerkauf und des damit verbundenen „Käuferfinanzierungsmodells“.4 Gleichwohl ist die Fertig-

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1 Ausführlich Röll, DNotZ 1977, 69 ff. 2 Diester in Staudinger, BGB, 10./11. Aufl., § 3 WEG Rz. 14a, b; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 20.12. 1985 – 3 Wx 345/85, NJW-RR 1986, 300 = MittRhNotK 1986, 123 = Rpfleger 1986, 131, wonach der Rohbau insgesamt fertiggestellt sein muss. 3 So Röll, DNotZ 1977, 69 (70) und ihm folgend Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 47. 4 Vgl. nur Grziwotz, ZfIR 2013, 2.

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stellungstheorie abzulehnen, da sie auch mit dem Wortlaut von § 5 nicht übereinstimmt. Dieser stellt hinsichtlich des Sondereigentums allein auf „die gem. § 3 Abs. 1 bestimmten Räume“ ab, nicht auf die Gesamtheit sämtlicher sondereigentumsfähiger Räume. 19

Somit sprechen Wortlaut und Schutzzweck für die h.M., die von einer sukzessiven Entstehung des Sondereigentums ausgeht. Sondereigentum entsteht danach bereits, wenn die Räume der einzelnen Wohnungs- und Teileigentumseinheit im Rohbau einschließlich der zum Gemeinschaftseigentum abgrenzenden Wände anhand des bestätigten Aufteilungsplans einwandfrei identifizierbar erstellt sind.1 Dabei entsteht das Sondereigentum einer bestimmten Wohnungs- und Teileigentumseinheit bereits mit deren eigentumsrechtlich erforderlicher (nicht kompletter) Fertigstellung, also unabhängig vom Entstehen weiteren Sondereigentums. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht eine Anwartschaft.2 Diese Anwartschaft dient ebenso wie die Konstruktion der „werdenden Eigentümergemeinschaft“ dazu, die Risiken der Bruchteilseigentümergemeinschaft, die während dieser Phase nicht mehr passt, zu begrenzen. Die sachenrechtliche Anwartschaft hinsichtlich des Miteigentumsanteils am künftigen Gemeinschaftseigentum des Gebäudes und des alleinigen Eigentums an seinem Sondereigentum entsprechend dem bestätigten Aufteilungsplan führt dazu, dass bis zum endgültigen Scheitern der Errichtung des Gebäudes – die Auseinandersetzung der Gemeinschaft gem. § 11 ausgeschlossen ist, – jeder Miteigentümer selbst die Herstellung entsprechend den Aufteilungsplänen durchführen kann und dies die anderen Miteigentümer nicht ablehnen können sowie ferner – bereits diejenigen weiteren Regeln des WEG gelten, die nicht zwingend das Bestehen des gesamten Sondereigentums voraussetzen.

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Besondere Bedeutung hat die Streitfrage über die Entstehung des Sondereigentums bei so genannten Mehrhausanlagen, insbesondere wenn ein Bauträger mehrere Gebäude in zeitlichem Abstand errichtet.3 Werden sämtliche Wohnungen entsprechend der Planung aufgeteilt und nur die Gebäude abschnittsweise errichtet, so ergibt sich gegenüber den oben dargestellten Ansichten keine Besonderheit. Nach h.M. entsteht Sondereigentum jeweils hinsichtlich der bereits hergestellten Wohnungsund Teileigentumseinheit. Gleiches gilt, wenn zunächst nur die Aufteilungspläne für ein Gebäude vorliegen, dieses im Grundbuch so eingetragen und gebaut wird. Erst bei einer späteren weiteren Unterteilung durch Abspaltung von Miteigentumsanteilen und einer Verbindung mit Sondereigentum an Einheiten im zweiten Gebäude kann dann wiederum sukzessiv Sondereigentum an den entsprechenden Einheiten des zeitlich später errichteten Gebäudes entstehen. Wird zunächst die Aufteilung für das erste Gebäude im Grundbuch eingetragen, aber ein so genannter überproportionaler Miteigentumsanteil gebildet, setzt die weitere Aufteilung eine Einigung der bisherigen Wohnungs- und Teileigentümer voraus,4 da eine verdinglichte Vollmacht zu 1 Ebenso BGH v. 6.6.1986 – V ZR 264/84, MDR 1987, 41 = NJW 1986, 2759 = DNotZ 1987, 208 = MittBayNot 1986, 251 = MittRhNotK 1987, 79; BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, BGHZ 110, 36 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111 = DNotZ 1990, 259 = MittBayNot 1990, 106 = IBR 1990, 186; BGH v. 20.5.2011 – V ZR 99/10, MDR 2011, 972 = MietRB 2011, 250 = NJW 2011, 3237 = NZM 2011, 779 = ZfIR 2011, 623 = ZMR 2011, 809; Röll, MittBayNot 1991, 240; Commichau in MünchKomm/BGB, § 1 WEG Rz. 50; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 3 WEG Rz. 14; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 48; Klühs, NZM 2010, 730 f. 2 BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, BGHZ 110, 36 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111 = DNotZ 1990, 259 = MittBayNot 1990, 106 = IBR 1990, 186; Wenzel, DNotZ 1993, 297 (299) und Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 49. 3 Gaier in FS für Wenzel, 2005, S. 145 (152 ff.). 4 Vgl. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = DNotZ 2003, 538 = NJW 2003, 2165 = NZM 2003, 480 = ZfIR 2003, 518 = ZMR 2003, 748 und BayObLG v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, BayObLGZ 1997, 233 = DNotZ 1998, 379 = Rpfleger 1998, 19 = MittBayNot 1998, 99 = MittRhNotK 1997, 360 = WuM 1997, 512; BayObLG v. 5.1.2000 – 2Z BR 163/99, BayObLGZ 2000, 1 = DNotZ 2000, 466 = FGPrax 2000, 60 = MittBayNot 2000, 228 = MittRhNotK 2000, 166 = NZM 2000, 668 = WuM 2001, 87 = ZfIR 2000, 718 = ZMR 2000, 316 = ZWE 2000, 182; BayObLG

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Gunsten des Eigentümers des überproportionalen Miteigentumsanteils nicht zulässig ist.1 Wird ein Gebäude oder werden bei mehreren Gebäuden eines oder einzelne nicht gebaut, so bleibt bereits entstandenes Sondereigentum bestehen. Die weiteren Miteigentumsanteile sind rechtlich mit einer Anwartschaft auf Entstehung von Sondereigentum „verbunden“, auch wenn Sondereigentum mangels Errichtung der entsprechenden Räume noch nicht entstanden ist. Sämtliche Wohnungs- und Teileigentümer sind in dieser Lage verpflichtet, sofern die Fertigstellung des Gebäudes bzw. der Bau der weiteren Gebäude endgültig aufgegeben wird, die Aufteilung entsprechend anzupassen. Die Mittragung von Lasten und Kosten ist den Eigentümern der noch nicht mit Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile nur insoweit zuzumuten, als noch die Anwartschaft auf die zu errichtenden Sondereigentumseinheiten besteht. Ist dies nicht mehr der Fall, entfällt ab diesem Zeitpunkt ihre diesbezügliche Mitbeteiligung. Haben sie diesbezügliche Kosten und Lasten bereits getragen (z.B. Erschließungs- und Anliegerkosten), steht ihnen ein etwaiger diesbezüglicher Erstattungsanspruch gegenüber dem Gläubiger zu. Erfolgt keine Erstattung, ist wohl darauf abzustellen, wer wirtschaftlich einen Vorteil durch die Zahlung der entsprechenden Kosten hat.2

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III. Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Abs. 3 und § 1 Abs. 5) 1. Das Grundstück (§ 1 Abs. 5) Zwingendes Gemeinschaftseigentum ist das Grundstück, auch wenn dieses nur zu einem kleinen Teil von dem in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Gebäude überbaut ist. Aber auch der überbaute Teil bildet kein Sondereigentum.3 Zum Grundstück gehören auch Bäume und Pflanzen, ebenerdige Terrassen, Stellplätze, auch wenn diese mit Carports überbaut sind, Gartenanteile, Kinderspielplätze etc.4 Bleiben die bebauten Grundstücksflächen im Gemeinschaftseigentum, so gilt dies erst recht für künftig zu bebauende Grundstücksflächen.5

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Das Gemeinschaftseigentum schließt es nicht aus, an Grundstücksflächen Sondernutzungsrechte für einzelne Wohnungs- und Teileigentümer zu bestellen. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Flächen handelt, die von sämtlichen Eigentümern gemeinsam genutzt werden müssen, wie z.B. für Rettungswege. In diesem Fall sind die jeweiligen Sondernutzungsrechte, auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt ist, entsprechend eingeschränkt, da nur ein nicht notwendig gemeinschaftlicher Gebrauch zur Sondernutzung für einzelne Wohnungs- und Teileigentümer zur Verfügung stehen kann.

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2. Konstruktive und sicherheitsrelevante Teile (Abs. 2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sind zwingend Gemeinschaftseigentum. Es handelt sich dabei zunächst um die konstruktiven Teile des Gebäudes, an denen kein Sondereigentum begründet werden kann. Dazu gehören die Fundamente, tragende Innen- und Außenmauern, die Geschoßdecken, die Isolierschichten und das Dach samt Schornstein.6 Es handelt sich um die

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v. 12.10.2001 – 2Z BR 110/01, BayObLGZ 2001, 279 = DNotZ 2002, 149 = NJW-RR 2002, 443 = NZM 2002, 70 = Rpfleger 2002, 140 = RNotZ 2002, 107 = ZfIR 2002, 141 = ZMR 2002, 283 = ZWE 2002, 124. So noch Rapp, MittBayNot 1998, 77 (79); vgl. auch Hügel, DNotZ 2003, 517 ff., der die Zustimmung zur Veräußerung nach § 12 von der Erteilung einer entsprechenden Vollmacht abhängig machen möchte, was jedoch im Hinblick auf den zwingenden Charakter von § 12 Bedenken begegnet (ebenso Armbrüster, ZMR 2005, 249). Vgl. auch § 12 Rz. 28. Vgl. BGH v. 2.7.1993 – V ZR 157/92, MDR 1993, 1203 = DNotZ 1994, 52 = NJW 1993, 2796 allg. zum sog. Erschließungsvorteil. Vgl. OLG Hamm v. 27.3.1998 – 15 W 332/97, NZM 1999, 179 = NJW-RR 1999, 234 = ZMR 1998, 590. LG Landau v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, NZM 2011, 554 = NJW-RR 2011, 1029. Vgl. auch LG Landau v. 23.3.2011 – 3 S 4/11, BeckRS 2011, 10680. S. nur AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg v. 11.12.2009 – 72 II 73/07, BeckRS 2010, 02044.

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konstitutiven Teile des Gebäudes.1 Diejenigen Teile des Gebäudes, an denen sämtliche Mitglieder der Gemeinschaft naturgegeben ein schutzwürdiges hohes Interesse haben, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers auch rechtlich der Gemeinschaft der Miteigentümer zustehen. Dies gilt nach h.M. auch für mehrere Gebäude auf einem Grundstück (sog. Mehrhausanlagen), die in Wohnungseigentum aufgeteilt sind (vgl. Rz. 7). 25

Zum zwingenden Sondereigentum gehören diejenigen Teile des Gebäudes, die zu dessen Sicherheit erforderlich sind wie, z.B. eine Rettungstreppe, auch wenn es sich bei ihr nicht um ein konstruktiv zwingendes Gebäudeteil handelt, dessen Fehlen zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Gebäudes führen würde. Hinsichtlich der für die Sicherheit des Gebäudes erforderlichen Einrichtungen kommt es nicht darauf an, ob diese auch öffentlich-rechtlich zwingend vorgeschrieben sind. Ausreichend ist, wenn eine Sicherheitseinrichtung nicht nur einem Eigentümer, sondern allen oder zumindest mehreren Eigentümern dient. Dies ist beispielsweise auch bei einem Blitzableiter der Fall, den die Eigentümer auf eigenen Wunsch installieren lassen. Gleiches gilt für ein Feuerlöschgerät, Rettungsleitern, Schneefanggitter und Alarmanlagen. 3. Äußere Gestaltung des Gebäudes (Abs. 1, letzter Halbs.)

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Bestandteile des Gebäudes, bei deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügung die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird, sind zwingendes Gemeinschaftseigentum. Hierzu gehören auch Teile, die keine konstruktiven Bestandteile des Gebäudes sind. Entscheidend ist vielmehr, dass der äußere Eindruck, d.h. das Gesamtbild der Anlage, für einen außenstehenden Betrachter und somit auch der wirtschaftliche Wert verändert werden. Der Immobilienverkehr wird nämlich hierauf reagieren. Zur äußeren Gestaltung gehören deshalb vor allem die Außenfassade einschließlich Zieranbringungen (z.B. Holzverkleidungen, Schnitzereien, Malereien), Außenputz und Außenanstrich, die Fenster samt Fensterstock und Rollläden, die Außentüren des Gebäudes (Hauseingangstüre samt Schließanlage, Balkon- und Terrassentüren, Türen von Nebengebäuden),2 Erker, Wintergärten und Balkone hinsichtlich der Außenwände und -brüstungen sowie sonstige die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffende Anbringungen (z.B. Markisen, Außenleuchten, an den Außenwänden angebrachte Pflanzgitter, Schilder, Leuchtschriften etc.). Da das Gesetz nur auf die Veränderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes abstellt, ist es für die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum auch unerheblich, ob die entsprechenden Teile verschönernd oder verunstaltend wirken. Eine Ausnahme von der Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum gilt allerdings, soweit der betreffende Gebäudebestandteil im Eigentum eines Dritten steht. Dies ist dann möglich, wenn es sich um keinen wesentlichen Bestandteil handelt. Beispiel ist die von einem benachbarten Eigentümer auf Grund einer Dienstbarkeit an der Außenfassade angebrachte Werbung. 4. Gemeinschaftseigentum kraft gemeinschaftlichen Gebrauchs (Abs. 2)

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Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, können nicht Gegenstand des Sondereigentums sein, sind also zwingend Gemeinschaftseigentum. Dies soll selbst dann gelten, wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Diese gesetzliche Regelung zeigt, dass ein Raum, in dem sich eine Gemeinschaftseinrichtung befindet, seinerseits nicht zwingend Gemeinschaftseigentum sein muss. Eine Zuordnung von Räumen, in denen sich dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienende Anlagen befinden, zum Sondereigentum ist somit nicht von vornherein ausgeschlossen. Nach überwiegender Ansicht dient eine Anlage oder Einrichtung dann dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentümer, wenn sie nach ihrer Zweckbestim1 So BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, NJW 1968, 1230 f. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 1.7.1994 – 3 Wx 334/94, NJW-RR 1995, 206, wonach es sich um wesentliche Grundstücksbestandteile handeln muss. S. ferner LG München I v. 8.11.2010 – 1 S 10608/10, ZfIR 2011, 114. 2 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 f. = NJW 2014, 379 = ZfIR 2014, 15; BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 f. = NJW-RR 2014, 527 = ZWE 2014, 125.

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mung darauf gerichtet ist, der Gesamtheit der Wohnungs- und Teileigentümer einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen und der Gemeinschaftsräume zu ermöglichen und zu erhalten.1 Kommt es auf die Zweckbestimmung der Anlage oder Einrichtung an, enthält die Abgrenzung insofern ein Element der Vereinbarung. Ferner ist zu beachten, dass es für die Bejahung von zwingendem Gemeinschaftseigentum nicht ausreicht, dass eine Anlage oder Einrichtung die Wohnungs- oder Teileigentümer nur nutzen. Entscheidend ist vielmehr, dass sich diese im Rahmen des Bedarfs hält, der sich aus dem Interesse der Wohnungs- und Teileigentümer an einem zweckgerechten Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten oder des Gemeinschaftseigentums ergibt.2 Der gemeinschaftliche Gebrauch muss dabei nicht zugunsten der Gesamtheit3 der Wohnungs- und Teileigentümer vorliegen; ausreichend ist, wenn mindestens zwei Wohnungs- oder Teileigentümer auf die Nutzung der Anlage oder Einrichtung angewiesen sind und deshalb die Bildung von Sondereigentum ihren Interessen oder bei einer Anlage mit zwei Einheiten den Interessen auch nur eines Eigentümers zuwider laufen würde. Zu Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, gehören auch Räume.4 Neben Räumen sollen auch Flächen und Flure, die als Zugang zu den Gemeinschaftsräumen bestimmt sind oder die zur Bewirtschaftung und Versorgung der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums dienen, weil sich in ihrem Bereich die zentralen Zähl-, Schalt-, Sicherungs- oder Beschickungseinrichtungen der gemeinschaftlichen Wasser-, Wärme- und Energieversorgungsanlagen des Gebäudes befinden, zwingend Gemeinschaftseigentum sein.5 Gleiches soll für einen Durchgang zu einem Hinterhaus gelten.6

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Eine Ausnahme gilt allerdings für Spitzböden. Bei diesen hat es die Rechtsprechung ausreichen lassen, dass sie nur über die darunterliegende Wohnung erreichbar sind, obwohl sie im Gemeinschaftseigentum stehen, wenn eine Benutzung lediglich durch diesen Sondereigentümer denkbar ist.7

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Eine weitere Ausnahme wird von der Rechtsprechung dann gemacht, wenn die Anlagen und Einrichtungen neben der Versorgung der Wohnungs- und Teileigentümer auch von außenstehenden Dritten genutzt werden. Beispiel ist die Heizungsanlage. Dient sie allein der Versorgung der Wohnungs- und Teileigentümer ist sie nach

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1 BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, MDR 1981, 216 = NJW 1981, 455 (456) = DNotZ 1981, 565. 2 BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, MDR 1981, 216 = NJW 1981, 455 (456) = DNotZ 1981, 565. 3 Missverständlich BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = DNotZ 1992, 224 (225) = NJW 1991, 2909. 4 BGH v. 2.2.1979 – V ZR 14/77, BGHZ 73, 302 (311) = MDR 1979, 656 = NJW 1979, 2391 und BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = DNotZ 1992, 224 (225) = NJW 1991, 2909; BayObLG v. 25.3.1992 – 2Z BR 1/92, MDR 1992, 772 = MittBayNot 1992, 331 = DNotZ 1992, 490. 5 BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = DNotZ 1992, 224 (225) = NJW 1991, 2909; BayObLG v. 30.10.2003 – 2Z BR 184/03, DNotZ 2004, 386 = MittBayNot 2004, 192 = RNotZ 2004, 34; BayObLG v. 7.8.1980 – BReg.2 Z 46/79, DNotZ 1981, 123; BayObLG v. 1.10.1980 – BReg.2 Z 43/79, MDR 1981, 145; BayObLG v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = DNotZ 1986, 494 = MittBayNot 1986, 78; OLG Oldenburg v. 6.2.1989 – 5 W 9/89, RPfleger 1989, 365; BayObLG v. 16.3.1995 – 2Z BR 12/95, NJW-RR 1996, 12 = DNotZ 1995, 631 = MittBayNot 1995, 204; OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = DNotZ 1987, 225 = NJW-RR 1986, 1275 = MittRhNotK 1987, 50; OLG Hamm v. 27.2.2001 – 15 W 17/01, NJW-RR 2002, 12 = NZM 2002, 253 = RNotZ 2001, 281; OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NotBZ 2006, 27 = NZM 2006, 142 = ZMR 2006, 60; OLG Naumburg v. 27.10.1998 – 11 U 148/98, ZMR 2000, 251; OLG Düsseldorf v. 12.3.1995 – 3 Wx 72/99, NZM 1999, 772 = WuM 1999, 425 = ZMR 1999, 499; teilw. abw. LG Duisburg v. 7.6.2013 – 2 O 334/12, NJW-RR 2014, 267 ff. = NZM 2014, 169 ff.. 6 OLG Frankfurt v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, MietRB 2011, 350 = ZWE 2011, 414. 7 BayObLG v. 8.5.1991 – BReg.2 Z 33/91, BayObLGZ 1991, 165 = NJW-RR 1992, 81; BayObLG v. 27.4.1995 – 2Z BR 125/94, NJW-RR 1995, 908 = DNotZ 1996, 27 = MittBayNot 1995, 206; BayObLG v. 14.2.2001 – 2Z BR 3/01, BayObLGZ 2001, 25 = NJW-RR 2001, 801 = NZM 2001, 384 = MittBayNot 2001, 480 = ZfIR 2001, 564 = ZMR 2001, 562; OLG München v. 22.2.2006 – 34 Wx 133/05, MDR 2006, 1400 = MietRB 2006, 166 = NJW-RR 2006, 1022 = NZM 2006, 635 = ZMR 2006, 388; AG Bremen v. 18.2.2011 – 29 C 62/10, BeckRS 2011, 08938. Vgl. auch OLG München v. 5.10.2006 – 32 Wx 121/06, ZMR 2007, 69 und BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, BGHZ 186, 34 = MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296 = NZM 2010, 624 = ZfIR 2010, 684.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

h.M. zwingendes Gemeinschaftseigentum.1 Nur das Gemeinschaftseigentum kann nach dieser Auffassung das Mitbenutzungsrecht gewährleisten; ferner soll die Annahme von Gemeinschaftseigentum einer Monopolisierung und Atomisierung der Nutzungsmöglichkeiten vorbeugen.2 Eine Ausnahme soll nach überwiegender Ansicht nur gelten, wenn die Heizungsanlage auch dazu bestimmt ist, über die Einheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft hinaus weitere Gebäude mit Heizwärme zu versorgen.3 Die Gegenansicht nimmt auch hier Gemeinschaftseigentum an und deutet Abs. 2 als Schutzvorschrift zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft, die auf Gewinnerzielung gerichteten Eigeninteressen einzelner Wohnungseigentümer entgegenstehen würde.4 Schwierigkeiten bereitet schließlich die Fallgestaltung, in der die Heizungsanlage nicht sämtliche Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, sondern nur einzelne versorgt. Die strengste Auffassung geht davon aus, dass eine Heizungsanlage auch dann Gemeinschaftseigentum ist, wenn sie nur eine Einheit versorgt.5 Nach einer weiteren Ansicht muss die Anlage zumindest zwei Einheiten versorgen, damit die Annahme von Gemeinschaftseigentum gerechtfertigt ist.6 Eine andere Ansicht geht davon aus, dass zwingend Gemeinschaftseigentum anzunehmen ist, wenn die Mehrheit der Einheiten durch die Anlage versorgt wird.7 Allerdings soll davon wiederum bei Mehrhausanlagen im Rahmen einer „Gesamtbetrachtung“ eine Ausnahme gelten.8 Eine davon abweichende Ansicht geht schließlich von der Sondereigentumsfähigkeit von Heizungsanlagen aus, wenn diese nur einem oder mehreren, nicht aber allen Wohnungseigentümern dient.9 Ähnliche Probleme ergeben sich bei einer Antennen- oder sonstigen Rundfunk- und Fernsehprogrammempfangsanlage. 31

Hinsichtlich der Versorgungsanlagen und -einrichtungen bestehen gegen die herrschende Ansicht, die danach differenziert, ob lediglich Wohnungs- und Teileigentümer oder auch außenstehende Dritte versorgt werden, erhebliche dogmatische Bedenken. Die dingliche Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum hängt danach vom Kreis der Bezugsberechtigten, der sich stets ändern kann, ab. Dies gilt selbst dann, wenn man nicht auf die Bezugsberechtigung, sondern auf die diesbezügliche Zweckbestimmung abstellt. Auch dann würde die dingliche Zuordnung von der Zweckbestimmung abhängen und ein Wechsel vom Sonder- zum Gemeinschaftseigentum ohne die üblicherweise sachenrechtlichen Erfordernisse, nämlich Einigung und Eintragung, vonstatten gehen. Aber auch die Gegenansicht, die Gemeinschaftseigentum annimmt, aber bei Mehrhausanlagen wiederum eine sachenrechtlich nicht begründbare und vom eigenen Ausgangspunkt auch inkonsequente Unterausnahme machen will, kann nicht überzeugen. Insofern ist Weitnauer10 zuzustimmen, der die 1 BGH v. 2.2.1979 – V ZR 14/77, BGHZ 73, 302 (309) = MDR 1979, 656 = NJW 1979, 2391; KG v. 18.9.2002 – 24 W 89/01, NJOZ 2003, 72 = WuM 2002, 678 = ZMR 2003, 375; OLG Zweibrücken v. 21.9.1983 – 2 U 31/83, ZMR 1984, 33; OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45 = ZMR 2006, 886 (887); Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 27; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 36; Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 37; Bärmann/Pick § 5 WEG Rz. 22; Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 30. Vgl. auch Schmid, ZMR 2008, 862 f. 2 So ausdrücklich Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 39 und ihm folgend Armbrüster in Bärmann, BGB, § 5 WEG Rz. 39 a.E. 3 BGH v. 8.11.1974 – V ZR 120/73, NJW 1975, 688 und dem folgend Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 37; ebenso Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 5 WEG Rz. 15. 4 So Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 27 und Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 42. 5 So noch BayObLG v. 20.8.1998 – 2Z BR 44/98, NZM 1999, 28 = ZMR 1999, 50. 6 So Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 40; Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 12 und Schmidt, ZMR 2000, 669 (670); vgl. OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/00, ZMR 2003, 527 (528). 7 So Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 45. 8 Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 46 und wohl auch Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 40. 9 BayObLG v. 24.2.2000 – 2Z BR 155/99, NJW-RR 2000, 1032 = MittBayNot 2000, 558 = ZMR 2000, 622 = ZWE 2000, 213; LG Frankfurt/M. v. 1.3.1989 – 2/9 T 1212/88, NJW-RR 1989, 1166 und Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 27 f. 10 Weitnauer, MittBayNot 1991, 144 und ihm folgend Briesemeister in Weitnauer, § 5 WEG Rz. 24. Vgl. auch BayObLG v. 24.2.2000 – 2Z BR 155/99, MittBayNot 2000, 558 = NJW-RR 2000,

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

sachenrechtliche Zuordnung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht davon abhängig macht, ob außenstehende Dritte mitversorgt werden oder ausnahmsweise eine Mehrhausanlage mit getrennten Heizanlagen vorliegt. Es kann keinen Unterschied machen, ob sich die Heizungsanlage auf dem WEG-Grundstück in einem separaten Gebäude befindet oder auf Grund eines dinglichen Rechts errichtet und benutzt wird oder ob sich die Anlage zufällig im gemeinschaftlichen Gebäude befindet. Unstreitig kann aufgrund eines dinglichen Rechts zugunsten eines Dritten an der Anlage dessen Eigentum an ihr begründet werden, so dass entsprechend § 1 Abs. 5 auch kein gemeinschaftliches Eigentum entstehen kann. Handelt es sich bei dem Dritten um den Bauträger, so ist kaum einsichtig, wieso ein Unterschied bestehen soll, wenn er sämtliche Einheiten der Anlage veräußert hat und auf Grund des dinglichen Rechts hinsichtlich der Versorgungseinrichtung weiterhin nutzungsberechtigter Eigentümer ist oder wenn er als Teileigentümer die Einrichtung nutzt und in beiden Fällen die (übrigen) Wohnungs- und Teileigentümer mitversorgt. Es ist deshalb nicht nötig, dass die Heizungsanlage Scheinbestandteil wird.1 Auch die mitunter gemachten, mehr wirtschaftlichen als eigentumsrechtlichen Erwägungen („Schutzbedürfnis“, „Atomisierung“, „Monopolisierung“) haben keinen Einfluss auf die eigentumsrechtliche Lage, sondern müssen bei der Gestaltung der vereinbarten Gemeinschaftsordnung oder bei Sondernutzungsrechten Berücksichtigung finden. § 5 betrifft nur die eigentumsrechtliche Zuordnung, nicht wirtschaftliche Erwägungen. Es bestehen zusätzliche Bedenken hinsichtlich der Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum im Hinblick auf das Dienen für den gemeinschaftlichen Gebrauch gegenüber der herrschenden Meinung. Die Unterausnahme der Spitzböden (vgl. oben Rz. 29) zeigt, dass schlüssige Abgrenzungskriterien bisher nicht gefunden wurden.2 Allerdings ergibt sich aus Abs. 2 nicht die nahezu zum Dogma erhobene Notwendigkeit, dass gemeinschaftliche Räume nur über Gemeinschaftseigentum zugänglich sein müssen. Hinsichtlich des bestimmungsgemäßen Gebrauchs würde es ausreichen, dass eine Grunddienstbarkeit die Zugangsmöglichkeit für die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer sichert.3 Dies zeigt sich am Beispiel des gemeinsamen Heizungskellers. Endet der Eingang an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück, so bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Zugang mittels einer Grunddienstbarkeit sichergestellt wird. Anders soll dies sein, wenn sich davor noch ein zwei Quadratmeter großer Abstellraum einer angrenzenden Garage auf dem Wohnungseigentumsgrundstück befindet. Dieser muss nach der h.M. im Gemeinschaftseigentum stehen, ohne dass ersichtlich wird, welchen Grund dies hat, wenn die Zugangsmöglichkeit in anderer Weise sichergestellt ist und dadurch der bestimmungsgemäße Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentümer gewährleistet ist. Soll § 5 Abs. 2 für die Bildung von Sondereigentum eine absolute Grenze enthalten, die nicht durch Billigkeitserwägungen relativiert werden darf,4 so kann auch die wiederum von der h.M. gemachte Unterausnahme hinsichtlich des zwingenden Gemeinschaftseigentums von Räumen und Anlagen des gemeinschaftlichen Gebrauchs nicht aufrecht erhalten werden, wonach Sondereigentum gegeben sein kann, wenn der Raum auch noch anderen Zwecken dient. Maßgeblich soll danach sein, ob der Raum nach seiner Art, Lage und Beschaffenheit, insbesondere auch nach seiner Größe, objektiv geeignet ist, neben der Unterbringung der dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Anlage (z.B. Beheizungsanlage) noch andere, zumindest annähernd gleichwer-

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1032 = NZM 2000, 516 = ZMR 2000, 622 = ZfIR 2000, 798 = ZWE 2000, 213; Spielbauer/Then, § 5 WEG Rz. 4 Fn. 30. So aber noch Dickersbach, 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 29, wobei beim Scheinbestandteil entgegen seiner Ansicht kein Sondereigentum, sondern eigenständiges Eigentum bestünde. Krit. diesbezüglich auch Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 13. Ähnlich LG Mönchengladbach v. 21.11.2001 – 5 T 158/01, Rpfleger 2002, 201 = ZMR 2002, 703; LG Duisburg v. 7.6.2013 – 2 O 334/12, NJW-RR 2014, 267; vgl. auch OLG Saarbrücken v. 15.4. 1998 – 5 W 145/97-50, MittRhNotK 1998, 361. So OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45 = NJOZ 2006, 2586 = ZMR 2006, 886.

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tige Nutzungszwecke zu erfüllen.1 Sollte diese Ansicht zutreffen, so bestünde Sondereigentum an einem Raum, wenn dieser neben der Heizung zu 51 % als Lagerraum benützt würde, in diesem Fall würde wohl eine Grunddienstbarkeit als Sicherung der Unterbringung und des Zugangs für die gemeinschaftliche Einrichtung ausreichen. Auch hier liegt wieder keine eindeutige eigentumsmäßige Abgrenzung vor. Stellt man auf die bestimmungsgemäße Nutzung ab, so kommt es allein darauf an, ob diese insgesamt sichergestellt ist. Ist dies der Fall, so bestehen gegen die Begründung von Sondereigentum und die Einräumung von Sondernutzungsrechten entgegen der h.M. auch bei Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, keine Bedenken, wenn dieser Gebrauch dinglich sichergestellt ist. 5. Gemeinschaftseigentum kraft Vereinbarung (Abs. 3) 33

Das Gesetz gestattet es den Wohnungseigentümern, Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum zu erklären. Es handelt sich um eine Ausnahme zu Abs. 1, wonach die zu sondereigentumsfähigen Räumen gehörenden Bestandteile mit diesen Sondereigentum werden.2 Dies schließt es allerdings nicht aus, Abs. 3 in einem weiteren Umfang zu verstehen und auch die Räume insgesamt in den Anwendungsbereich einzubeziehen, so dass an sondereigentumsfähigen Räumen Gemeinschaftseigentum begründet werden kann.3 Abs. 1 geht davon aus, dass an Räumen in abgeschlossenen Wohnungsund Teileigentumseinheiten Sondereigentum besteht. Abs. 3 zeigt, dass hiervon eine Ausnahme gemacht werden kann. Geht man davon aus, dass Räume in der Wohnungs- und Teileigentumseinheit Gemeinschaftseigentum sein können, wie das oben erwähnte Beispiel der Spitzböden zeigt (vgl. Rz. 29), so kann nicht davon gesprochen werden, dass Abs. 3 nur für Bestandteile des Sondereigentums Bedeutung hat.

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Die Möglichkeit, Bestandteile des Sondereigentums durch Vereinbarung zum Gemeinschaftseigentum zu erklären, bedeutet allerdings nicht, dass hierfür eine Vereinbarung iSv Abs. 4 Satz 1 ausreichend wäre. Diesbezügliche Vereinbarungen betreffen nur den Inhalt des Sondereigentums, nicht die dingliche Zuordnung, also den Gegenstand des Sondereigentums. Erforderlich ist deshalb die Beachtung der Form des § 4, nämlich die in Abs. 3 als „Vereinbarung“ bezeichnete Einigung in Auflassungsform und die Eintragung. In der Praxis ist die Erklärung, dass sondereigentumsfähige Bestandteile der Räume Gemeinschaftseigentum sein sollen, äußerst selten. Praktisch relevant wird dies ausnahmsweise vor allem bei Nebenräumen des Sondereigentums, wie beim Hobbyraum, und ihrer Überführung in Gemeinschaftseigentum. IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) 1. Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums (Satz 1)

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Sondereigentum ist echtes Eigentum, dessen Inhalt allerdings – ebenso wie beim Erbbaurecht – mit dinglicher Wirkung ausgestaltet werden kann. Das Sondereigentum beschränkt sich somit nicht auf die in Abschnitt 1 genannten Räume und die dazugehörigen Bestandteile, sondern schließt weitere Regeln der Gemeinschaft mit ein, die durch ihre Verdinglichung auch gegenüber Dritten, insbesondere Sonderrechtsnachfolgern der Wohnungs- und Teileigentümer, wirken.4 Unter Abweichung vom Belastungssystem des § 1010 BGB werden Gemeinschaftsregeln verdinglicht und damit zum Inhalt des Sondereigentums.5 Allerdings beschränkt sich die Möglichkeit der ver1 So aber OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45 = NJOZ 2006, 2586 = ZMR 2006, 886. 2 Ebenso Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 45. 3 Ebenso Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 33; Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 14; a.A. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 45; Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 136; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 5 WEG Rz. 52 und Dickersbach, 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 62. 4 S. nur Ertl, DNotZ 1988, 4 ff.; Röll, Rpfleger 1980, 90 f. 5 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = MittBayNot 1978, 206 = NJW 1979, 548 und Lüke in Weitnauer, § 5 WEG Rz. 34.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

einbarungsmäßigen Ausgestaltung des Sondereigentums auf Regelungen zu Vorschriften, die zum 2. Abschnitt gehören, der sich mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer befasst (§ 10 ff.), und zum 3. Abschnitt, der die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betrifft (§ 20 ff.). Andere Vereinbarungen können nicht zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden.1 Allerdings sind damit nahezu alle Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes umfasst, bis auf diejenigen, die die Begründung des Wohnungseigentums, das Wohnungserbbaurecht, das Dauerwohnrecht und die Verfahrensvorschriften regeln. Vereinbarungen i.S.v. Abs. 4 Satz 1 können deshalb nicht die sachenrechtliche Zuordnung zum Sonder- und Gemeinschaftseigentum verändern. Deshalb ist eine Ermächtigung für den aufteilenden Bauträger, Gemeinschaftseigentum umzuwandeln, als Inhalt des Sondereigentums nicht möglich.2 Die Gemeinschaftsregeln haben prinzipiell schuldrechtlichen Charakter. Hierbei verbleibt es, wenn sie nicht zum Inhalt des Sondereigentums gemacht, also in das Grundbuch eingetragen werden.3 Aber auch wenn der Vereinbarung eine dingliche Wirkung erst mit Eintragung im Grundbuch zukommt, gelten für sie bereits vorher bestimmte sachenrechtliche Bestimmungen: So ist für die Rechtsübertragung § 873 Abs. 1 BGB zu beachten.4 Eine Bindung unter den Wohnungs- und Teileigentümern kann auf Grund der Anwendung der §§ 873 Abs. 2, 875 BGB bereits vor Grundbucheintragung vorliegen.5 Da die Vereinbarungen Inhalt des Sondereigentums werden, ist § 925 BGB anwendbar. Bei Grundbuchunrichtigkeit ist nach § 894 BGB vorzugehen. Bedenken bestehen hinsichtlich der Anwendung der §§ 891, 892 BGB; sie sollen wegen der überwiegenden Registerfunktion des Grundbuchs hinsichtlich der Verdinglichung von Vereinbarungen ausscheiden.6 Eine isolierte Belastung der verdinglichten Gemeinschaftsrechte ist nicht möglich.7 Bei der Verdinglichung der Vereinbarungen handelt es sich um keine Belastung des jeweiligen Wohnungs- und Teileigentums, sondern um eine Gestaltung des Inhalts des Eigentums. Entsprechenden Vereinbarungen kommt deshalb kein Rang zu.

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Zu einer Vereinbarung ist die Zustimmung sämtlicher Wohnungs- und Teileigentümer erforderlich (§ 10 Abs. 2 Satz 2).8 Da es sich um die Inhaltsbestimmung hinsichtlich des Sondereigentums handelt, gilt § 4 Abs. 1, der die Änderungen zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum betrifft, nicht. Der Vereinbarung sämtlicher Eigentümer stehen die vom aufteilenden Eigentümer getroffenen Bestimmungen, die ebenso zum dinglichen Inhalt des Sondereigentums werden, gleich.9 Bei Beteiligung Minderjähriger bzw. unter Betreuung stehender Personen ist die Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts erforderlich (§§ 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wenn eine verdinglichte Vereinbarung geändert wird.

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Die „Verdinglichung“ betrifft Vereinbarungen unterschiedlichen Inhalts hinsichtlich der im Gesetz genannten Bereiche.10 Sie wird regelmäßig als „Gemeinschaftsord-

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1 Zutr. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 56. 2 BayObLG v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, BayObLGZ 1997, 233 = DNotZ 1998, 379 = Rpfleger 1998, 19 = MittBayNot 1998, 99 = WuM 1997, 512; v. 5.1.2000 – 2Z BR 163/99, BayObLGZ 2000, 1 = DNotZ 2000, 466 = NJW-RR 2000, 824 = NZM 2000, 668 = WuM 2001, 87 = ZfIR 2000, 718 = ZMR 2000, 316 = ZWE 2000, 182; OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 = DNotZ 2007, 946 = ZfIR 2008, 115; anders noch Rapp, MittBayNot 1998, 77 ff.; wie hier nunmehr Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 56. 3 KG v. 17.1.2001 – 24 W 2065/00, NZM 2002, 252 = WuM 2001, 352 = ZMR 2001, 656 = ZWE 2001, 275. 4 So wohl auch BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548; a.A. Ertl, DNotZ 1979, 267 (277 f.). 5 Vgl. Tasche, DNotZ 1973, 453 (454 f.). 6 So Ertl, DNotZ 1979, 268 ff. 7 BayObLG v. 24.10.1974 – 2 Z 51/74, BayObLGZ 1974, 396 = NJW 1975, 59 und OLG Karlsruhe v. 28.4.1975 – 11 W 7/75, Rpfleger 1975, 356. 8 S. nur LG Wuppertal v. 19.12.1985 – 6 T 858/85, NJW-RR 1986, 1074. 9 Vgl. nur BayObLG v. 20.3.2002 – 2 Z BR 84/01, NZM 2002, 609 = ZMR 2002, 607 = ZfIR 2002, 554 = ZWE 2002, 357. 10 Nicht jedoch Vorkaufsrechte (vgl. OLG Celle v. 7.4.1955 – 4 Wx 1/55, NJW 1955, 953). Zur Streitfrage, ob die Benutzung eines Nachbargrundstücks Inhalt der Vereinbarung sein kann,

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nung“ bezeichnet und enthält somit die körperschaftliche Verfassung des verdinglichten Mitgliedschaftsrechtes.1 Anders als bei einer Miteigentümervereinbarung wird das Mitgliedschaftsrecht gleichsam verdinglicht und nicht lediglich als Belastung des Eigentums geregelt. Häufige Inhalte sind die Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens, die Bestimmung und die Kompetenzen des Verwalters, die Festlegung einer Nutzungsart, Gebrauchsregelungen einschließlich Sondernutzungsrechte, die Erbringung von (zulässigen) Dienstleistungen2 und Stimmrechtsregelungen. 39

Das Gesetz ermöglicht es den Wohnungs- und Teileigentümern, den dinglichen Inhalt des Sondereigentums durch Vereinbarungen zu bestimmen. Allerdings ist dies nicht notwendig.3 Die Eigentümer können sich auf die Begründung von Wohnungsund Teileigentum beschränken, ohne Vereinbarungen hinsichtlich der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und zur Verwaltung zu treffen. In diesem Fall gelten die gesetzlichen Bestimmungen des Wohnungseigentumsrechts.4 2. Zustimmung dinglich Berechtigter zu Vereinbarungen (Satz 2 u. 3)

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Zur Wirksamkeit einer Vereinbarung, die im Grundbuch eingetragen werden soll, ist sachenrechtlich grundsätzlich die Zustimmung der an den betroffenen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten dinglich Berechtigten erforderlich (§§ 876, 877 BGB).5 Eine Ausnahme besteht bereits nach allgemeinen grundbuchrechtlichen Grundsätzen dann, wenn jede rechtliche Beeinträchtigung des am einzelnen Wohnungs- und Teileigentum eingetragenen dinglich Berechtigten ausgeschlossen ist.6 Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung, die zur Bejahung des Zustimmungserfordernisses ausreicht, ist allerdings danach nicht nur bei Grundpfandrechten und Reallasten, sondern auch bei Dienstbarkeiten und Nießbrauchsrechten, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten, Vormerkungsberechtigten, aber auch bei Vorkaufsberechtigten denkbar.7 Ist die Vereinbarung, die Inhalt des Sondereigentums werden soll, auf eine Einschränkung des Mitgebrauchs des Gemeinschaftseigentums gerichtet, ist nach diesen allgemeinen Regeln eine rechtliche Beeinträchtigung selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn das mit dem Recht des Dritten belastete Wohnungs- und Teileigentum seinerseits begünstigt wird und sich die Vereinbarung somit im Ergebnis sogar wertsteigernd auswirkt (z.B. Zuteilung von Kfz-Stellplätzen an alle Wohnungsund Teileigentumseinheiten). Diese Rechtslage galt für sämtliche Vereinbarungen bis zur WEG-Novelle 2007. Keine Zustimmung war danach lediglich zu einer Vereinbarung erforderlich, die auf Grund einer „Öffnungsklausel“ getroffen wurden, wonach über Angelegenheiten, die eigentlich durch Vereinbarung entschieden werden müs-

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s. BayObLG v. 10.5.1990 – BReg.2 Z 33/90, NJW-RR 1990, 1043; OLG Hamm v. 5.12.1996 – 15 W 390/96, DNotZ 1997, 972 = NJW-RR 1997, 522 = MittRhNotK 1997, 140 = ZfIR 1997, 303 = ZMR 1997, 150 und LG Kassel v. 3.9.2002 – 3 T 359, 365/02, MittBayNot 2003, 222 = RNotZ 2003, 253. Offen, aber wohl zu verneinen, ist die Frage der Zulässigkeit von Vereinbarungen zu Gunsten Dritter (BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732). Ähnlich Bärmann/Pick, § 5 WEG Rz. 125. Vgl. KG v. 17.12.2001 – 24 W 55/01, NZM 2002, 123 = ZfIR 2002, 559 = ZMR 2002, 300 = ZWE 2002, 273. Vgl. LG Koblenz v. 31.3.1998 – 2 T 107/98, NZM 1998, 676 = MittBayNot 1998, 348 = MittRhNotK 1998, 134. Vgl. BGH v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 = MDR 1999, 924 = BauR 1999, 1032 = NJW 1999, 2108 = NZM 1999, 562 = ZfIR 1999, 528 = ZMR 1999, 647 = ZWE 2000, 23; BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, DNotZ 2003, 56 = MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712 = NZM 2002, 663 = ZfIR 2002, 826 = ZMR 2002, 762 = ZWE 2002, 461. BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = DNotZ 1984, 695 = MittBayNot 1984, 129 = NJW 1984, 2409; BayObLG v. 9.4.2002 – 2Z BR 30/02, BayObLGZ 2002, 107 = MittBayNot 2002, 397 = NJW-RR 2002, 1526 = NZM 2002, 488 = RNotZ 2003, 46 = ZfIR 2002, 465 = ZMR 2002, 773; a.A. Ertl, DNotZ 1979, 267 (283). BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = DNotZ 1984, 695 = MittBayNot 1984, 129 = NJW 1984, 2409. Vgl. nur BayObLG v. 15.10.1998 – 2Z BR 42/98, BayObLGZ 1998, 255 = DNotZ 1999, 667 = NZM 1999, 126 = ZfIR 1999, 40 = ZMR 1999, 115; BayObLG v. 9.4.2002 – 2Z BR 30/02, BayObLGZ 2002, 107 = MittBayNot 2002, 397 = NJW-RR 2002, 1526 = NZM 2002, 488 = RNotZ 2003, 46 = ZfIR 2002, 465 = ZMR 2002, 773.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

sen, mehrheitlich ein Beschluss gefasst werden kann (vgl. § 10 Rz. 21 ff. u. § 23 Rz. 9.). Öffnungsklauseln bedürfen nicht der Zustimmung Drittberechtigter, da es sich nur um eine Verfahrensregelung handelt.1 Das Erfordernis der Zustimmung Drittberechtigter wurde deshalb auf die auf Grund der Öffnungsklausel gefassten Beschlüsse bezogen, ist nunmehr aber umstritten.2 Abs. 4 Satz 2 und 3 differenzieren seit der WEG-Novelle 2007 hinsichtlich der Zustimmungsbedürftigkeit zu einer Vereinbarung nach Abs. 4 Satz 1. Die Unterscheidung erfolgt nach der Art der eingetragenen Rechte: – Die Zustimmung von Hypotheken-, Grund- und Rentenschuldgläubigern sowie Reallastberechtigten ist grundsätzlich nicht erforderlich.3 Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn Sondernutzungsrechte begründet, aufgehoben, geändert oder übertragen werden.4 Von dieser Ausnahme besteht eine Unterausnahme, wenn bei einer Verfügung über Sondernutzungsrechte gleichzeitig zugunsten des mit dem Drittrecht belasteten Wohnungs- oder Teileigentums ein Sondernutzungsrecht begründet wird. – Hinsichtlich der übrigen Drittberechtigten, also insbesondere Dienstbarkeits-, Nießbrauchs-, Dauerwohn-, Dauernutzungs-, Vorkaufs- und Vormerkungsberechtigten, bleibt es beim Zustimmungserfordernis, wenn eine rechtliche Beeinträchtigung nicht von vornherein ausscheidet. Insofern gelten die allgemeinen sachenrechtlichen Vorschriften (vgl. Rz. 40).

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Die gesetzliche Regelung enthält eine Ausnahme von den §§ 876, 877 BGB, deren unbeschränkte Anwendung nach Meinung des Reformgesetzgebers zu einer Überdehnung des Schutzes der dinglich Berechtigten führen würde.5

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Der Zustimmung der Gläubiger von Verwertungsrechten am betroffenen Wohnungs- und Teileigentum bedarf es nach der gesetzlichen Regelung nur noch bei der „punktuellen“ Verfügung über Sondernutzungsrechte. Vereinbarungen, die keine Sondernutzungsrechte betreffen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit und zur Eintragung im Grundbuch nicht der Zustimmung der Berechtigten von Grundpfandrechten und Reallasten. Diese gesetzliche Anordnung ist unabhängig davon, ob tatsächlich eine rechtliche Beeinträchtigung gegeben sein kann. So bedarf die Nutzungsänderung (z.B. Luxuswohnung in Sozialwohnung, allgemeine Wohnnutzung in eingeschränkte Nutzung, z.B. als Studentenappartements), obwohl sowohl eine rechtliche als auch wirtschaftliche Beeinträchtigung vorliegt, keiner Zustimmung der Drittberechtigten.6 Das diesbezügliche Zustimmungserfordernis kann auch, um die Beleihbarkeit eines Objektes herzustellen, nicht durch Vereinbarung eingeführt werden.7 Eine Zustimmung der Verwertungsgläubiger ist nur bei der Verfügung über Sondernutzungsrechte erforderlich. Werden diese begründet, geändert oder aufgehoben, so ist damit jeweils auch eine Beeinträchtigung des Sondereigentums der belasteten Wohnungsoder Teileigentumseinheit möglich. Gleiches gilt, wenn die Vereinbarung dazu führt, dass das Sondernutzungsrecht ohne das bisher berechtigte Wohnungs- und Teileigentum, das mit Rechten Dritter belastet ist, übertragen wird.8 Eine Unterausnahme gilt nur, wenn gleichzeitig zugunsten des mit Drittrechten belasteten Woh-

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1 Ebenso Wenzel, ZWE 2004, 130 (131) und Hügel, ZWE 2002, 503 (505); a.A. Becker, ZWE 2002, 341 (345). 2 Vgl. nur Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 19 und Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 21 f. Zur Nichteintragungsfähigkeit von derartigen Beschlüssen s. OLG München v. 13.11.2009 – 34 Wx 100/09, MDR 2010, 102 = MietRB 2010, 14. 3 Vgl. auch KG v. 29.11.2010 – 1 W 325/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 79 = BeckRS 2010, 30439. 4 Zur (verneinten) Analogiefähigkeit dieser Vorschrift OLG Düsseldorf v. 17.12.2009 – 3 Wx 225/09, RNotZ 2010, 198 (200). 5 Vgl. BT-Drucks. 16/887, 14 f.; ähnlich bereits Armbrüster, DNotZ 2003, 493 (507) und Stiller, ZWE 2005, 3 (4). 6 Teilw. vom Gesetzgeber verkannt; vgl. BT-Drucks. 16/887, 15, wonach es sich um praktisch bedeutungslose Fälle handeln soll. 7 Ähnlich Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 22. 8 Ebenso Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 22.

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nungs- und Teileigentums ein Sondernutzungsrecht begründet wird. In diesem Fall wird die fehlende rechtliche Beeinträchtigung vom Gesetzgeber fingiert.1 Allerdings stellt der Gesetzgeber nicht darauf ab, dass ein gleichartiges Sondernutzungsrecht übertragen werden muss, mit der Konsequenz, dass die rechtliche Beeinträchtigung nur dann ausscheiden würde, wenn beispielsweise zugunsten sämtlicher Wohnungsund Teileigentumseinheiten Sondernutzungsrechte an Pkw-Stellplätzen oder Kellerräumen nachträglich zugeordnet würden. Da nicht auf eine Gleichartigkeit abgestellt wird,2 kommt es nur auf die gleichzeitige Begründung von Sondernutzungsrechten an. Deshalb können werthaltige und wertlose Sondernutzungsrechte zugewiesen werden („Sondernutzungsrecht an der Klingel“), um das Zustimmungserfordernis auszuschließen.3 Eine diesbezügliche Einschränkung des ausdrücklichen Wortlauts ist kaum möglich. Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift ist unzulässig.4 Es bleiben somit nur Schadensersatzansprüche der betroffenen Drittberechtigten, wenn eine Änderung in Beeinträchtigungsabsicht erfolgt. In den Fällen einer „Benachteiligungsänderung zur Verhinderung einer Versteigerung“ werden derartige Schadensersatzansprüche allerdings kaum realisierbar sein. Denkbar wäre es, eine Dienstbarkeit für den Grundpfandrechtsgläubiger oder Reallastberechtigten einzuräumen, die nur mit dessen Zustimmung geändert werden könnte. Allerdings würde diese Lösung komplizierter sein als die frühere der Zustimmungsbedürftigkeit nach den §§ 876, 877 BGB. 44

Für die übrigen Drittberechtigten ist im Gesetz keine Ausnahme enthalten. Insofern besteht für sie das Zustimmungserfordernis (§§ 876, 877 BGB), sofern die Möglichkeit der rechtlichen Beeinträchtigung durch eine Vereinbarung gegeben ist. Dies dürfte in den meisten Fällen der Fall sein, so dass ihre Zustimmung weiterhin erforderlich ist. Dienstbarkeiten, Nießbrauchsrechte, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte sowie Vorkaufsrechte sind jedenfalls dann rechtlich beeinträchtigt, wenn sie sich auch auf das Sondereigentum beziehen, was überwiegend gegeben ist. Die Wertung des Gesetzgebers, dass diese Rechte ohnehin nicht zahlreich wären und eine Rechtsbeeinträchtigung regelmäßig ausscheide,5 ist unzutreffend. Gleichwohl kann die gesetzgeberische Fehlentscheidung nicht durch eine analoge Anwendung von Abs. 4 Satz 3 und 4 korrigiert werden. Dies würde dazu führen, dass eine ebenfalls auf unzutreffenden Prämissen beruhende gesetzgeberische Fiktion im Wege der Analogie nochmals erweitert würde. Diese Situation gilt entsprechend auch für Vormerkungen.6 Auch diese werden sich überwiegend entweder auf die Verschaffung von Sondereigentum richten oder auf Rechte, die auch Sondereigentum betreffen. Lediglich wenn Vormerkungen auf Bestellung oder Löschung von Grundpfandrechten und Reallasten gerichtet sind, kann Abs. 4 Satz 2 und 3 angewandt werden, da der schuldrechtliche Anspruch auf Bestellung eines dinglichen Rechts nicht weitergehend geschützt sein kann als das dingliche Recht selbst.

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In sämtlichen Fällen, in denen nicht bereits Abs. 4 Satz 2 und 3 die Fiktion der fehlenden Beeinträchtigung enthalten, ist zu prüfen, ob durch eine Vereinbarung i.S.v. Satz 1 eine rechtliche Beeinträchtigung eintritt. Eine Beeinträchtigung liegt nur vor, wenn die Rechtsstellung des Drittberechtigten durch die Vereinbarung rechtlich, dh. nicht nur wirtschaftlich, unmittelbar oder mittelbar nachteilig berührt werden kann.7 1 OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94/10-37, 5 W 95/10-38, 5 W 96/10-39, MietRB 2011, 216 = NJW-RR 2011, 519. 2 Krit. Demharter, NZM 2006, 489 (490) und Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 22. 3 OLG München v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, MietRB 2013, 148 = FGPrax 2013, 109 = NotBZ 2013, 274 (Sondernutzungsrecht an Tankraum und an Teil des Heizraums). Bei der Aufhebung und Neubegründung besteht dagegen die Zustimmungsbedürftigkeit; vgl. OLG München v. 19.5. 2009 – 34 Wx 36/09, MietRB 2009, 233 = Rpfleger 2009, 562 = MittBayNot 2009, 372 = RNotZ 2009, 541 = ZMR 2009, 870. 4 Ebenso Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 148; teilw. abw. Abramenko, Das neue WEG, 2007, § 1 Rz. 14. 5 BT-Drucks. 16/887, 16. 6 Ebenso Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 24; vgl. auch BT-Drucks. 16/887, 16. 7 S. nur BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 (136) = MDR 2001, 80 = DNotZ 2001, 381 = NJW 2000, 3643 = NZM 2000, 1187 = WuM 2000, 682 = ZfIR 2000, 884 = ZMR 2001, 119 = ZWE

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Eine rechtliche Betroffenheit scheidet aus, wenn lediglich wirtschaftliche Nachteile vorliegen. Allerdings fällt die Abgrenzung schwer. Bei den hierfür angeführten Beispielen der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels und der Gestattung der Errichtung einer Garage oder eines Carports auf einem Stellplatzsondernutzungsrecht ist bereits höchst fraglich, ob wirklich keine rechtliche Beeinträchtigung vorliegt. Die Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels betrifft beispielsweise den Nießbrauchsberechtigten rechtlich nachteilig.1 Die Errichtung einer Garage oder eines Carports auf einem bisher nur als Stellplatz genutzten Teil des gemeinschaftlichen Grundstücks beeinträchtigt beispielsweise einen Dienstbarkeitsberechtigten, dem am betroffenen Grundstücksteil ein „Mistwegerecht“ zusteht, aber nach der Wertung des Gesetzgebers wohl auch einen Grundpfandrechtsgläubiger an einer nicht begünstigten Wohnungs- und Teileigentumseinheit. Eine lediglich wirtschaftliche Beeinträchtigung wird deshalb in den seltensten Fällen bei einer Vereinbarung, die das Sondereigentum ausgestaltet, vorliegen. Beispiel ist ein Geh- und Fahrtrecht oder ein Leitungsrecht, das durch eine Nutzungsänderung von Appartements (z.B. Studentenwohnheim in Betreutes Wohnen) nicht betroffen wird. Auch Verwaltungsregeln wirken sich auf das Recht von Dienstbarkeitsberechtigten, deren Rechte am Grundstück lasten, regelmäßig nicht aus.2 Anders ist dies, wenn Dienstbarkeiten ein Sondereigentum betreffen (z.B. Wohnungsrecht) und beispielsweise durch eine Änderung der Nutzungsbefugnis das Wohnungsrecht nicht mehr ausgeübt werden könnte. Zusätzlich muss geprüft werden, ob durch die rechtliche Betroffenheit ein Nachteil eintritt. Wird der Drittberechtigte durch eine Änderung rechtlich begünstigt, besteht das Zustimmungserfordernis nicht. Allerdings darf auch hier die rechtliche Begünstigung nicht mit der wirtschaftlichen verwechselt werden. Deshalb war nach früherer Rechtslage bei der Zuordnung von Sondernutzungsrechten trotz eines möglichen wirtschaftlichen Vorteils die Zustimmung von Grundpfandrechtsgläubigern als Drittberechtigten erforderlich. Ein rechtlicher Nachteil scheidet beispielsweise aus, wenn in einem vom Ausübungsbereich einer Dienstbarkeit nicht betroffenen Grundstücksteil Sondernutzungsrechte beliebiger Art begründet werden. Gleiches gilt aber auch, wenn im Ausübungsbereich der Dienstbarkeit Sondernutzungsrechte ganz oder teilweise aufgehoben werden. Beispiel ist die vereinbarungsgemäße Untersagung der Errichtung von Garagen und Carports auf Kfz-Stellplätzen. Auch Nutzungsregelungen führen meist bei Dienstbarkeiten, die am Gesamtgrundstück lasten, jedenfalls zu keiner nachteiligen Beeinträchtigung. Anders ist dies bei Nießbrauchsrechten, die Teile des Gesamtgrundstücks oder ein bestimmtes Wohnungs- oder Teileigentum betreffen. Bei ihnen wirken sich geänderte Nutzungsregelungen und eine Veränderung der Lastenverteilungsregelung stets nachteilig auf den Berechtigten aus. Dies gilt auch dann, wenn die Änderung sogar wirtschaftlich positiv für das mit dem Nießbrauch belastete Wohnungs- oder Teileigentum ist. Beispiel ist die Erhöhung des verbrauchsabhängigen Anteils an den Heizkosten, die zunächst eine wesentliche Einsparung der Heizkosten für die nießbrauchsbelastete Einheit bewirkt.3 Hinsichtlich des Vormerkungsberechtigten ist danach zu entscheiden, ob eine Zustimmung als späterer Eigentümer oder Inhaber eines dinglichen Rechts erforderlich wäre.4 Umstritten ist, inwieweit der Inhaber eines dinglichen Vorkaufsrechts durch eine Vereinbarung nachteilig betroffen sein kann. Hierzu wird die Ansicht vertreten, dass er regelmäßig nicht nachteilig beeinträchtigt ist, da sich sein Vorkaufsrecht auf das Wohnungs- oder Teileigentum in dem

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2001, 63; BGH v. 20.1.2006 – V ZR 214/04, MDR 2006, 1163 = MietRB 2006, 239 = NJW-RR 2006, 888 (889) = DNotZ 2006, 520 = Rpfleger 2006, 316; BayObLG v. 5.9.1991 – BReg.2 Z 95/91, BayObLGZ 1991, 313 (317) = NJW-RR 1992, 208 (209) = MittRhNotK 1991, 287; BayObLG v. 19.10. 1995 – 2Z BR 99/95, DNotZ 1996, 297 (301) = MittBayNot 1996, 27 und OLG Jena v. 27.7.2011 – 9 W 264/11, BeckRS 2011, 25066; vgl. ausführlich Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 ff. Ebenso Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449). Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449) und ihm folgend Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 25; vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 16. Ebenso wohl Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449) und Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 25. Unklar BT-Drucks. 16/887, 16; wie hier Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449).

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Zustand bezieht, in dem es sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, der den Vorkaufsfall auslöst, befindet.1 Diese Ansicht wäre zutreffend, wenn man auch für die Vormerkungswirkung des § 1098 Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses über den vorkaufsrechtsauslösenden Drittkauf abstellen würde.2 Demgegenüber kommt es nach h.M.3 hinsichtlich der Eintragung des Eigentums auf den Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechtes, also auf die dingliche Einigung und Eintragung in das Grundbuch (§ 873 BGB) an. Die Vormerkungswirkung des dinglichen Vorkaufsrechts ist nach dieser Ansicht zeitraumbezogen mit derjenigen nach § 883 Abs. 2 Satz 1 BGB identisch. Lediglich bei beeinträchtigenden Belastungen soll der Vertragsschluss über den vorkaufsrechtsauslösenden Drittkauf maßgeblich sein. Da die Vereinbarung Inhalt des Sondereigentums wird, betrifft sie den Vormerkungsberechtigten, wenn man der h.M. folgt, nachteilig. § 1098 Abs. 2 BGB zeigt nach der h.M. gerade, dass das vormerkungsberechtigte Eigentum nicht mit dem Inhalt erwerben muss, in dem es sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Drittkaufs befindet.4 Dieser Zeitpunkt betrifft lediglich den tatsächlichen Zustand und die Belastungen im Grundbuch, nicht jedoch den Inhalt des Eigentums selbst.5 47

Mit einem Unschädlichkeitszeugnis nach Art. 120 Abs. 1 EGBGB, das landesrechtlich zugelassen ist,6 kann eine Vereinbarung, die Inhalt des Sondereigentums wird, ohne Zustimmung des betroffenen Drittberechtigten im Grundbuch eingetragen werden. Zuständig für die Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses ist jeweils die landesrechtlich bestimmte Behörde. Ob die Unschädlichkeit mit Wirkung gegen die zustimmungsbedürftigen Drittberechtigten festgestellt werden kann, hängt von der jeweiligen landesrechtlichen Vorschrift ab. Dass für Wohnungs- und Teileigentum die Zustimmung dinglicher Berechtigter zu einer Vereinbarung i.S.d. Abs. 4 Satz 1 nicht erforderlich ist, bestimmt sich ebenfalls nach Landesrecht, wobei auch ohne ausdrückliche Nennung die Rechtsprechung dies teilweise analog zu den entsprechenden Vorschriften zugelassen hat.7 Ausdrücklich erwähnt wird die Anwendbarkeit des Unschädlichkeitszeugnisses auf Vereinbarungen zum Inhalt des Sondereigentums in § 23a AGBGBBW, Art. 1 Abs. 2 BayGUZ, § 23 BbgAGBGB, § 4 BremUZeugnG, § 27 Abs. 1 Nr. 2 HessVGG, § 4 NRWUnSchädG und § 49 SächsJG. 3. Mit-Sondereigentum, abgesondertes Miteigentum und Nachbareigentum

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Das Wohnungseigentumsgesetz kennt als wohnungseigentumsrechtliche Eigentumsformen nur das Gemeinschafts- und das Sondereigentum. Eine weitere besondere Eigentumsform ist darin nicht enthalten. Dies schließt freilich nicht aus, dass an Einzelräumen Teileigentum begründet wird und hieran Miteigentum oder Gesamthandseigentum besteht.

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Unzulässig ist dagegen nach h.M. das so genannte Mit-Sondereigentum. Es betrifft eine sachenrechtliche Untergemeinschaft an den im Sondereigentum stehenden 1 So BT-Drucks. 16/887, 16 und ebenso bereits Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449). 2 So Reetz in NK/BGB, § 1098 Rz. 27. 3 BGH v. 26.1.1973 – V ZR 2/71, BGHZ 60, 275 (294) = NJW 1973, 1278; Joost in MünchKomm/ BGB, § 1098 WEG Rz. 8; Stürner in Soergel, BGB, § 1098 WEG Rz. 4 und Bassenge in Palandt, BGB, § 1098 WEG Rz. 5 und Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 1426. 4 So aber BT-Drucks. 16/887, 16 und bereits Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449). 5 Ebenso Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 25. 6 Vgl. nur §§ 22 ff. AGBGB BW; Art. 1 ff. BayUnschZG; Art. 19 BlnAGBGB; §§ 20 ff. BbgAGBGB; §§ 1 ff. BremUZeugnG; § 35 HmbAGBGB; §§ 27 ff. HessVGG; §§ 1 ff. NdsG über Unschädlichkeitszeugnisse; §§ 1 ff. NRWG über Unschädlichkeitszeugnisse; §§ 1 ff. RhPf UZLG; §§ 1 ff. SaarlG über Unschädlichkeitszeugnisse (vgl. auch VV-ZU); §§ 46 ff. SächsJG; §§ 1 ff. G über Unschädlichkeitszeugnisse LSA; §§ 14 ff. AGBGB SH und §§ 28 ff. ThürVermGeoG. S. dazu nur Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 739. 7 S. nur BayObLG v. 14.1.1988 – BReg.2 Z 160/87, BayObLGZ 1988, 1 = NJW-RR 1988, 592 = MittBayNot 1988, 75; BayObLG v. 8.7.1993 – 2Z BR 45/93, MittBayNot 1993, 368 (370); BayObLG v. 3.7.2003 – 2Z BR 107/03, BayObLGZ 2003, 161 = DNotZ 2003, 936 = NJW-RR 2003, 1523 = NZM 2003, 853 = ZfIR 2003, 781 = ZMR 2004, 683; OLG Hamburg v. 26.3.2002 – 2 Wx 78–102/00, MittBayNot 2002, 399 = NZM 2003, 999; LG München I v. 27.2.2006 – 13 T 201 41/05, NJOZ 2006, 2003; unzulässig nach OLG Köln v. 28.5.1993 – 2 Wx 11/93, ZMR 1993, 428.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Räumen oder zu den Räumen gehörenden Bestandteilen des Gebäudes. Betroffen sind vor allem Eingangsflure zwischen zwei Einheiten, die nicht Mit-Sondereigentum der Eigentümer dieser Einheiten sein können.1 Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit von Mit-Sondereigentum soll beim Nachbareigentum gelten. In diesem Fall lässt es die h.M. zu, dass Sondereigentum nicht nur mit einem Miteigentumsanteil verbunden ist. An nicht tragenden Zwischenwänden zwischen zwei Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten soll Miteigentum der jeweils angrenzenden Wohnungs- und Teileigentumseinheiten in Form des Mit-Sondereigentums bestehen.2 Allerdings ist die überwiegende Ansicht nicht konsequent, wenn sie auch zu praktisch vernünftigen Ergebnissen führt. Nach a.A. ist bei nichttragenden Zwischenwänden zwischen zwei Einheiten „normales“ Miteigentum der Nachbarn anzunehmen, da es sich um unwesentliche Bestandteile oder Scheinbestandteile handelt.3

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Von den vorstehend genannten Fällen zu unterscheiden ist das abgesonderte Miteigentum, bei dem es sich um eine gemeinschaftliche Berechtigung am Gemeinschaftseigentum handelt.4 Es geht somit um eine Mitberechtigung einzelner Wohnungs- und Teileigentümer am Gemeinschaftseigentum. Betroffen sind z.B. Fahrstuhlanlagen zu bestimmten Wohneinheiten, wenn diese nur bestimmten Einheiten zugeordnet sind. Durch die Zulassung von abgesondertem Miteigentum würden jedoch relative Miteigentumsquoten entstehen, die dem Konzept der §§ 1, 3 und 6 widersprechen; deshalb ist „abgesondertes Mitgemeinschaftseigentum“ nach überwiegender Ansicht insoweit nicht zulässig.5 Probleme können sich ferner bei einer Auseinandersetzung und hinsichtlich der Verwaltung dieses abgesonderten Miteigentums ergeben. Praktisch auftretende Probleme hinsichtlich der Verwaltung, Lastentragung und der Stimmrechte, können durch entsprechende Regelungen der Gemeinschaftsordnung gelöst werden, so dass sie auf diese Weise auch verdinglichter Inhalt des Sondereigentums werden. Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit abgesonderten Miteigentums kann bei Mehrhausanlagen anerkannt werden, da sich die vorstehend genannten Probleme dort nicht oder jedenfalls nicht in größerem Umfang als bei den diesbezüglichen Regelungen der Gemeinschaftsordnung ergeben (vgl. Rz. 7).

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1 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 (168) = MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851 = DNotZ 1996, 289; BayObLG v. 10.11.1987 – BReg.2 Z 75/86, BayObLGZ 1987, 390 (396) = DNotZ 1988, 316 = MittBayNot 1988, 35 = Rpfleger 1988, 102; BayObLG v. 24.2.2000 – 2Z BR 155/99, MittBayNot 2000, 588 = NJW-RR 2000, 1032 = NZM 2000, 516 = ZfIR 2000, 798 (800) = ZMR 2000, 622 = ZWE 2000, 213; OLG Schleswig v. 29.9.2006 – 2 W 108/06, MietRB 2007, 149 = DNotZ 2007, 620 = RNotZ 2007, 279 = WuM 2007, 285 = ZMR 2007, 726; vgl. auch Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 31 und Röll, DNotZ 1998, 345 (347). Ausführlich Hurst, DNotZ 1968, 131 ff. 2 S. nur BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, BGHZ 78, 225 = MDR 1981, 216 = DNotZ 1981, 565 = MittBayNot 1981, 78 = NJW 1981, 455; BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = DNotZ 2002, 127 = NJW 2001, 1212 = NotBZ 2001, 105 = NZM 2001, 196 = ZfIR 2001, 209 = ZMR 2001, 289 = ZWE 2001, 314; OLG München v. 13.9.2005 – 32 Wx 71/05, MDR 2006, 258 = ZMR 2006, 300 = NZM 2006, 344 = NJW-RR 2006, 297; OLG Zweibrücken v. 7.11.1996 – 3 W 152/86, NJW-RR 1987, 332; BayObLG v. 10.11.1987 – BReg.2 Z 75/86, BayObLGZ 1987, 390 (396) = DNotZ 1988, 316 = MittBayNot 1988, 35 = Rpfleger 1988, 102; OLG Düsseldorf v. 5.5.1975 – 3 W 33/75, Rpfleger 1975, 308; OLG Schleswig v. 29.9.2006 – 2 W 108/06, MietRB 2007, 149 = WuM 2007, 285 = RNotZ 2007, 279 = ZMR 2007, 726; vgl. auch Sauren, DNotZ 1988, 667 (673) und Stürner in Soergel, BGB, § 5 WEG Rz. 4. 3 So Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 27. 4 Vgl. dazu Hurst, DNotZ 1968, 131. 5 BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 = NJW 1968, 1230; BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851 = DNotZ 1996, 289; BayObLG v. 21.7.1980 – BReg.2 Z 33/80, DNotZ 1982, 250 = MittBayNot 1980, 209; OLG Düsseldorf v. 5.5.1975 – 3 W 33/75, Rpfleger 1975, 308; OLG Köln v. 2.6.1982 – 2 Wx 3/82, DNotZ 1983, 106 = NJW 1983, 248; OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = NJW-RR 1986, 1275 = DNotZ 1987, 228 = OLGZ 1986, 415.

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4. Sondernutzungsrechte 52

Der Begriff „Sondernutzungsrecht“ ist in Abs. 4 erstmals im Gesetz enthalten, wird allerdings nicht legal definiert.1 Es handelt sich um kein Sondereigentum; in der Praxis wird allerdings häufig von (wirtschaftlichem) Eigentum ausgegangen.2 Dogmatisch liegt eine Sondernutzungsbefugnis vor. Nach § 13 Abs. 3 steht jedem Wohnungs- und Teileigentümer der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums zu, desgleichen die sonstigen Nutzungen. Der sondernutzungsberechtigte Wohnungs- oder Teileigentümer erhält die Befugnis, einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums unter Ausschluss der anderen Wohnungs- und Teileigentümer zu nutzen.3 Das Sondernutzungsrecht enthält somit eine negative und eine positive Komponente, nämlich den Ausschluss der übrigen Eigentümer vom gemeinschaftlichen Gebrauch und die Zuweisung eines exklusiven Nutzungsrechtes an einen oder mehrere Wohnungs- und Teileigentümer. Anders als die Regelung des ordnungsgemäßen Gebrauchs durch sämtliche Eigentümer, für den eine Regelung durch Mehrheitsbeschluss ausreichend ist (§ 15 Abs. 2), bedarf die Zuweisung eines Sondernutzungsrechtes der Vereinbarung unter Zustimmung aller Wohnungs- und Teileigentümer.4 Der Vereinbarung steht die einseitige Begründung durch den teilenden Eigentümer (§ 8 Abs. 2) gleich.5 Die Einräumung durch Mehrheitsbeschluss ist nichtig, sofern nicht eine diesbezügliche Öffnungsklausel besteht.6 Sachenrechtlich setzt die Begründung von Sondernutzungsrechten voraus, dass diese klar und eindeutig bezeichnet werden, insbesondere Sondernutzungsflächen mit Hilfe von Plänen und Skizzen, die maßstabsgetreu sein sollten, klar gekennzeichnet werden, wenn das Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen wird.7 Eine bestimmte Nutzungsart muss dagegen nicht angegeben wer1 BT-Drucks. 16/887, 16; s. auch Drasdo, NJW-Spezial 2011, 225. 2 So auch Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011, Teil 6 Rz. 40 a.E. und Becker/Kümmel/Ott, WEG, 2. Aufl. 2010, Rz. 281. Zur Umdeutung der unwirksamen Sondereigentumseinräumung in ein Sondernutzungsrecht KG v. 16.9.1998 – 24 W 8886/97, GE 1999, 1361 = NZM 1999, 258 = ZfIR 1999, 127. 3 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 (147) = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548; BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = NJW 2012, 676 = NZM 2012, 157; BayObLG v. 5.3.1987 – BReg.2 Z 50/86, NJW-RR 1987, 846; KG v. 4.7.2006 – 24 W 201/05, ZMR 2007, 385 (386). Zur Abgrenzung zur Gebrauchsregelung s. Elzer, MietRB 2012, 373 = NotBZ 2013, 289 f. 4 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 = DNotZ 2000, 854 = NJW 2000, 3500 = NZBau 2001, 19 = NZM 2000, 1184 = ZfIR 2000, 877 = ZMR 2000, 771 = ZWE 2000, 518; BayObLG v. 19.8.1999 – 2Z BR 62/99, NZM 2000, 350 = ZWE 2000, 261; OLG München v. 11.5.2012 – 34 Wx 137/12, MietRB 2012, 267 = IMR 2012, 390 = NJW-RR 2013, 135 = NZM 2013, 384; OLG München v. 18.4.2013 – 34 Wx 363/12, MietRB 2013, 242 = NotBZ 2013, 318 = NJOZ 2013, 1484 = Rpfleger 2013, 514 = ZMR 2013, 845 und OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, RNotZ 2014, 42. Zur späteren Änderung s. BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, BayObLGZ 2001, 73 = DNotZ 2002, 142 = NJW-RR 2001, 1164 = NZM 2001, 529 = ZMR 2001, 638 = ZWE 2001, 430 = ZfIR 2001, 480. 5 OLG Düsseldorf v. 2.5.2001 – 3 Wx 101, 123/01, DNotZ 2002, 157 = MittBayNot 2001, 396 = NJW-RR 2002, 1379 = NZM 2002, 73 = ZMR 2001, 838 = ZWE 2001, 443 = ZfIR 2002, 146. Zur Aufhebung durch ein Vermächtnis s. BayObLG v. 9.2.2005 – 2Z BR 223/04, BayObLGZ 2004, 387 = MietRB 2005, 204 = DNotZ 2005, 695 = NJW-RR 2005, 886 = NZM 2005, 344 = Rpfleger 2005, 420 = ZMR 2005, 464. 6 LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 41/10, ZWE 2012, 102. 7 BGH v. 19.4.2002 – V ZR 90/01, BGHZ 150, 334 = MDR 2002, 1001 = DNotZ 2002, 937 = NJW 2002, 2247 = NZM 2002, 606 = ZfIR 2002, 550 = ZMR 2002, 763 = ZWE 2002, 518; BGH v.20.1. 2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173 = DNotZ 2012, 684 = NJW-RR 2012, 711 = NotBZ 2012, 297 = NZM 2012, 464 = Rpfleger 2012, 431 = ZMR 2012, 651; BayObLG v. 16.12. 1993 – 2Z BR 112/93, DNotZ 1994, 244; OLG Hamm v. 9.9.1999 – 15 W 157/99, DNotZ 2000, 211 = NZM 2000, 662 = ZMR 2000, 123 = ZWE 2000, 80; KG v. 28.5.1999 – 24 W 9020/97, ZMR 2000, 331; OLG Frankfurt v. 5.9.2006 – 20 W 83/04, DNotZ 2007, 470; BayObLG v. 24.1.2005 – 2Z BR 225/04, NotBZ 2005, 263 = NJOZ 2005, 3203 und OLG München v. 27.4.2011 – 34 Wx 149/10, MietRB 2011, 321 = ZWE 2011, 264; vgl. auch OLG Saarbrücken v. 20.4.2004 – 5 W 208/03-50, MittBayNot 2005, 43 = ZMR 2005, 981 und zur (verneinten) Löschung OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = NotBZ 2013, 326. Dies betrifft nicht die Nutzungsvereinbarungen unter mehreren gemeinsam Nutzungsberechtigten OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – I-3 Wx 54/10, MietRB 2010, 301 = NJOZ 2011, 339 = RNotZ 2010, 573.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

den.1 Bei einem Widerspruch zwischen der textlichen Beschreibung und dem Lageplan entsteht das Sondernutzungsrecht nicht.2 Möglich ist auch die Begründung eines Sondernutzungsrechts durch nicht im Grundbuch eingetragene Vereinbarung der Wohnungseigentümer.3 Ein derartiges schuldrechtliches Sondernutzungsrecht hat allerdings keine Wirkung gegen die Sondernachfolger der von der Nutzung ausgeschlossenen Wohnungseigentümer.4 Zu ihren Lasten gilt das Sondernutzungsrecht auch dann nicht, wenn sie beim Erwerb des Wohnungs- oder Teileigentums pauschal „in alle Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer“ eintreten.5 Das Sondernutzungsrecht ist Inhalt des Sondereigentums. Es besteht auch dann, wenn es nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragen ist.6 Es genügt die Bezugnahme auf die in den Grundakten befindliche Bewilligungsurkunde. Allerdings ist eine ausdrückliche Eintragung nicht unzulässig; sie wird sich in vielen Fällen empfehlen.

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Die Begründung von Sondernutzungsrechten kann entsprechend den beiden Komponenten (vgl. Rz. 52) gleichzeitig oder sukzessive erfolgen.7 Werden der Ausschluss der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer und die Zuweisung gleichzeitig vorgenommen, wird das Sondernutzungsrecht unmittelbar mit einer oder mehreren Wohnungs- und Teileigentumseinheiten verbunden. Dies kann auch unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgen.8 Bis zum Eintritt der Bedingung besteht die gemeinschaftliche Gebrauchsregelung gemäß § 13 Abs. 2. Dies ist nicht der Fall, wenn zunächst zeitlich vorab der Ausschluss sämtlicher Eigentümer vom Mitgebrauch erfolgt (negative Komponente) und dem aufteilenden Eigentümer oder einem Wohnungs- und Teileigentümer das Recht eingeräumt wird, ausschließliche oder gemein-

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1 BayObLG v. 12.11.1998 – 2Z BR 95/98, DNotZ 1999, 672 = MittBayNot 1999, 180 = NZM 1999, 426 und OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271. 2 OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707 = NZM 1998, 409 = MittBayNot 1998, 443 = ZfIR 1998, 235 = ZMR 1998, 365; OLG Frankfurt v. 23.1.2006 – 20 W 195/03, juris; OLG Hamm v. 13.3.2000 – 15 W 454/99, NJW-RR 2001, 84 = NZM 2000, 659 = Rpfleger 2000, 385 = ZfIR 2001, 61 = ZMR 2000, 316 = ZWE 2000, 316 und BayObLG v. 25.2.2005 – 2Z BR 184/04, NotBZ 2005, 158. Vgl. aber BayObLG v. 30.5.2003 – 2Z BR 50/03, ZMR 2004, 48. 3 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = DNotZ 2000, 854 = NJW 2000, 3500 = NZM 2000, 1184; vgl. auch BayObLG v. 2.6.2004 – 2Z BR 10/04, DNotZ 2004, 931 = ZfIR 2004, 814 = ZMR 2005, 382 und BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, NJW-RR 2003, 9 = NZM 2002, 747 = ZfIR 2002, 645 = ZMR 2002, 849 = ZWE 2002, 583. Durch Beschluss kann auch kein faktisches „Sondernutzungsrecht“ begründet werden (OLG München v. 9.5.2007 – 32 Wx 31, 34/07, ZMR 2008, 560). Auch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ergibt sich kein Sondernutzungsrecht (OLG Düsseldorf v. 25.7.2003 – 3 Wx 133/03, NJW-RR 2003, 1378 = NZM 2003, 787 = WuM 2003, 585 = ZMR 2003, 955). 4 OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 7/01, DNotZ 2002, 223 = MDR 2001, 1404 = NZM 2001, 1135 = ZfIR 2001, 1012 = ZMR 2002, 73 und LG München I v. 4.3.2013 – 1 S 8972/12, MietRB 2013, 211 = ZMR 2013, 562. Allerdings handelt es sich bei dem im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht ebenfalls nicht um ein dingliches Recht, sondern um ein Nutzungsrecht, das dem begünstigten Eigentümer einen Anspruch auf Gewährung der ausschließenden Gebrauchs- und Nutzungsbefugnis gibt, die gemäß § 10 Abs. 3 gegen Sondernachfolger wirkt und dadurch „verdinglicht“ ist. 5 OLG Zweibrücken v. 21.1.2005 – 3 W 198/04, MietRB 2005, 150 (157) = NZM 2005, 343 = FGPrax 2005, 149; OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 7/01, MDR 2001, 1404 = DNotZ 2002, 223 = NZM 2001, 1135 = RNotZ 2001, 519 = ZfIR 2001, 1012 = ZMR 2002, 73. 6 OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, DNotZ 2007, 47 = NZM 2006, 867 = Rpfleger 2007, 70; OLG Frankfurt v. 16.4.2007 – 20 W 290/05, MietRB 2007, 267 = NotBZ 2007, 330 = NZM 2008, 214; KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = RNotZ 2007, 151 = ZMR 2007, 384; OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271. 7 Vgl. OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138 = DNotZ 2009, 383 = RNotZ 2009, 391. 8 OLG Zweibrücken v. 1.2.2008 – 3 W 3/08, MietRB 2008, 241 = DNotZ 2008, 531 = NJW-RR 2008, 1395 = Rpfleger 2008, 358 = RNotZ 2008, 348 = ZMR 2008, 667; OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 144/11, MittBayNot 2013, 306 = ZMR 2012, 715; LG Koblenz v. 10.2.2003 – 2 T 590/02, NJOZ 2003, 1015 = Rpfleger 2003, 416 und LG Stuttgart v. 10.4.2013 – 10 S 19/12, ZMR 2013, 661 = BeckRS 2013, 15025. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 5.4.2000 – 3 Wx 334/99, NZM 2000, 765 = WuM 2000, 372 = ZMR 2000, 551 = ZWE 2000, 421.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

schaftliche Sondernutzungsrechte bestimmten Wohnungs- und Teileigentumseinheiten zuzuordnen.1 Der Zuweisungsvorbehalt muss ohne sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen.2 Umstritten ist, ob die Zuweisungsbefugnis daran gebunden ist, dass der Ermächtigte auch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.3 Eine zeitlich unbegrenzte Ermächtigung endet jedenfalls mit der Veräußerung der letzten Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit.4 Die Zuweisungsbefugnis bis zum „Verkauf“ der letzten Einheit endet bereits beim Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, nicht erst mit Eigentumsumschreibung.5 Auch wenn einzelne Wohnungsund Teileigentümer begünstigt werden, bedarf die Zuweisung des Rechts nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder dinglich Berechtigter, da sie auf Grund des Ausschlusses (negative Komponente) schon vorher nicht zur Nutzung berechtigt waren.6 55

Eine Nummerierung der Sondernutzungsrechte ist nicht erforderlich; insbesondere müssen sie nicht die gleiche Nummer wie das Wohnungs- und Teileigentum erhalten, dem sie zugeordnet sind.7 Bei fehlerhafter Zuordnung hat der begünstigte Eigentümer einen Anspruch darauf, dass eine nachträgliche Eintragung der Sondernutzungsrechte in der erforderlichen Form erfolgt.8

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Der Umfang des Sondernutzungsrechtes bestimmt sich nach dem zulässigen Gebrauch für die Wohnungseigentümer, der nur einem bestimmten oder mehreren gemeinsam unter Ausschluss der übrigen zugeordnet wird.9 Deshalb kann das Sondernutzungsrecht nie weiter gehen als der gemeinschaftliche Mitgebrauch nach § 13 Abs. 2. So darf beispielsweise der Sondernutzungsberechtigte einen Abstellraum nicht zu Wohnzwecken nutzen oder eine an das Haus angebaute Garage als Küche. Eine weitere Beschränkung ergibt sich aus § 14 Nr. 1, wonach auch ein Sondernutzungsrecht nur in der Weise ausgeübt werden darf, dass dadurch keinem anderen Wohnungs- oder Teileigentümer sowie einem anderen Sondernutzungsberechtigten ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Hieraus können sich auch Einschränkungen hinsichtlich der allei1 Vgl. OLG München v. 27.4.2011 – 34 Wx 149/10, MietRB 2011, 321 = BeckRS 2011, 16190; OLG Hamm v. 12.6.2012 – 15 Wx 99/11, MietRB 2012, 299 = FGPrax 2012, 244 = RNotZ 2012, 500 und Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2913. 2 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173 = DNotZ 2012, 684 = IMR 2012, 240 = NJW-RR 2012, 711 = NZM 2012, 464 = NotBZ 2012, 297 = Rpfleger 2012, 431 = ZMR 2012, 651 und BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = DNotZ 2012, 528 = MittBayNot 2012, 380 = NJW 2012, 676 = NZM 2012, 157 = Rpfleger 2012, 247. Vgl. Hogenschurz, ZfIR 2012, 174 (175). 3 So Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011, Teil 6 Rz. 48; a.A. LG München II v. 11.3.2004 – 6 T 4956/03, MittBayNot 2004, 366. 4 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = DNotZ 2012, 528 = MittBayNot 2012, 380 = NJW 2012, 676 = NZM 2012, 157 = Rpfleger 2012, 247 und OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, MittBayNot 2014, 48. Zur Vereinbarung einer Zuweisungsbefugnis Elzer, NotBZ 2013, 289 (290) = MietRB 2012, 373 (374). 5 OLG München v. 10.4.2013 – 34 Wx 31/13, MietRB 2013, 243 = MittBayNot 2013, 378 = NJW-RR 2013, 1484 = NZBau 2013, 708 = NotBZ 2013, 324. 6 OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707 = NZM 1998, 409 = MittBayNot 1998, 443 = ZfIR 1998, 235 = ZMR 1998, 365 und OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94, 95, 96/10, NZM 2011, 811 = IMR 2011, 512; vgl. BayObLG v. 12.11.1998 – 2Z BR 95/98, DNotZ 1999, 672 = MittBayNot 1999, 180 = NZM 1999, 426 und BayObLG v. 27.10.2004 – 2Z BR 150/04, BayObLGZ 2004, 306 = DNotZ 2005, 390 = NJW 2005, 444 = NZM 2005, 105 = ZfIR 2005, 325 = ZMR 2005, 300. 7 Ebenso Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011, Teil 6 Rz. 51; a.A. wohl OLG Düsseldorf v. 12.12.2003 – 3 Wx 323/03, WuM 2004, 110 = ZMR 2004, 611. 8 OLG Hamm v. 13.3.2000 – 15 W 454/90, NJW-RR 2001, 84 = NZM 2000, 659 = ZfIR 2001, 61 = ZMR 2000, 691 = ZWE 2000, 316. 9 OLG Frankfurt v. 2.7.2003 – 20 W 154/03, NJOZ 2004, 315; BayObLG v. 8.9.2004 – 2Z BR 136/04, NJOZ 2004, 4347; OLG Frankfurt v. 23.11.2005 – 20 W 432/03; BayObLG v. 20.10.2004 – 2Z BR 53/04, ZMR 2005, 889; OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 102/99, ZMR 2003, 524 und KG v. 20.10. 1999 – 24 W 9855/98, GE 2000, 131 = NZM 2000, 511 = WuM 2000, 84 = ZMR 2000, 192 = ZWE 2000, 189 = ZfIR 2000, 139. Vgl. auch OLG Hamm v. 6.5.1998 – 15 W 82/98, NZM 1998, 921 = ZMR 1998, 716.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

nigen Nutzungsbefugnis ergeben, wenn beispielsweise eine im Rahmen eines Sondernutzungsrechtes als Nutz- und Ziergarten zugeordnete Grundstücksfläche als Rettungsweg benötigt wird.1 Gleiches gilt, wenn sich unter der betroffenen Fläche (z.B. Pkw-Abstellplatz) Ver- und Entsorgungsleitungen befinden und diese erneuert oder repariert werden müssen.2 Umgekehrt bedeutet dies, dass die Bestellung eines Sondernutzungsrechts nicht ausscheidet, wenn die betreffende Fläche bzw. der betroffene Gebäudeteil auch von anderen Eigentümern, z.B. als Zugang, benutzt werden muss; vielmehr ist das Sondernutzungsrecht insoweit eingeschränkt.3 Die Nutzungsbefugnis besteht ferner nur in dem eingeräumten Rahmen. Ohne ausdrückliche diesbezügliche Gestattung ist eine Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht zulässig, sofern sich diese nicht im Rahmen der ohnehin erlaubten Sondernutzung hält. Beispiele sind bauliche Veränderungen,4 wie z.B. die Errichtung eines Carports auf einem Kfz-Stellplatz, die Umwandlung eines Autostellplatzes in eine Terrasse,5 die Nutzung einer Gartenfläche als Skulpturgarten,6 die Errichtung einer Terrassenüberdachung,7 das Aufstellen einer Holzwand in einer parkartigen Anlage8 und die Umgestaltung einer Hangfläche in einen Steingarten.9 Diese sind nur erlaubt, wenn sie ausdrücklich gestattet sind. Die Sondernutzung zur Nutzung als Ziergarten beinhaltet kein Recht zur Einzäunung, wohl aber zur Bepflanzung, wobei, sofern keine Betretungsnotwendigkeit besteht, durch eine entsprechende Bepflanzung ein „lebendiger“ Zaun entstehen kann. Das Verbot der Umgestaltung betrifft auch spätere Veränderungen, soweit durch diese die einheitliche Gestaltung des Gebäudes einschließlich der Außenanlagen beeinträchtigt würde. Beispiele sind das Abholzen eines auf einer Nutzungsfläche befindlichen Baumes10 und der Abriss eines Carports, wenn sämtliche sondernutzungsberechtigten Stellplatznutzer einen Carport errichtet haben. Die Sondernutzungsbefugnis kann mit der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung, zur Instandsetzung und Instandhaltung der dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Teile des Gemeinschaftseigentums und der Kostentragung verbunden werden.11 Fehlt eine diesbezügliche Regelung, können sich die entsprechenden Pflichten durch eine Auslegung der Gemeinschaftsordnung ergeben.12 Allerdings ist dies nicht zwingend, da es im Rahmen des Wohnungseigentumsrechts keinen Grund1 OLG Frankfurt v. 2.7.2003 – 20 W 154/03, NJOZ 2004, 315 und OLG Stuttgart v. 20.2.2001 – 8 W 555/00, WuM 2001, 293 = ZMR 2001, 730. Vgl. BayObLG v. 29.1.2004 – 2Z BR 153/03, ZMR 2004, 446 zum Verschließen eines Treppenhauses. 2 Teilw. abw. BayObLG v. 9.4.2002 – 2Z BR 30/02, BayObLGZ 2002, 107 = NJW-RR 2002, 1526 = NZM 2002, 488 = WuM 2002, 440 = ZfIR 2002, 465 = ZMR 2002, 773. 3 OLG Zweibrücken v. 17.1.2011 – 3 W 196/10, MietRB 2011, 183 = IMR 2011, 337 = ZWE 2011, 179. 4 OLG München v. 26.4.2012 – 34 Wx 558/11, RNotZ 2012, 445 = ZfIR 2012, 566 LS. Zu baulichen Veränderungen als Inhalt eines Sondernutzungsrechts s. Hogenschurz, ZMR 2013, 250 ff. 5 BGH v. 22.6.2012 – V ZR 73/11, MietRB 2012, 356 = BeckRS 2012, 15865 = IMR 2012, 418 = ZMR 2012, 883. 6 LG Hamburg v. 12.12.2012 – 318 S 31/12, MietRB 2013, 245 = BeckRS 2013, 07041 = IMR 2013, 295 = ZMR 2013, 301. 7 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453 = MietRB 2014, 104 ff. = NZM 2014, 245 = ZfIR 2014, 382. 8 OLG Hamburg v. 4.4.2002 – 2 Wx 91/98, ZMR 2002, 621; vgl. auch OLG Köln v. 18.1.2002 – 16 Wx 247/01, NZM 2002, 458; BayObLG v. 30.6.1989 – BReg.2 Z 47/89, DNotZ 1990, 381 und BayObLG v. 1.8.2000 – 2Z BR 41/00, BWNotZ 2002, 154 = NZM 2000, 1235 = ZMR 2000, 779 = ZfIR 2000, 970. S. aber auch BayObLG v. 19.3.1998 – 2Z BR 131/97, NZM 1998, 443 = ZMR 1998, 503. Anders bei einem Gitterzaun statt einer Hecke BGH v. 22.6.2012 – V ZR 73/11, MietRB 2012, 356 = ZWE 2012, 377 = ZMR 2012, 883. 9 BayObLG v. 6.10.2000 – 2Z BR 53/00, NZM 2001, 200 = ZMR 2001, 122 = ZWE 2001, 109. 10 BayObLG v. 27.7.2000 – 2Z BR 112/99, NZM 2001, 672 = ZMR 2000, 846 = ZWE 2001, 22. Anders LG Hamburg v. 10.9.2010 – 318 S 24/09, NZM 2011, 590 zur üblichen gärtnerischen Pflege. Vgl. Schmid, ZAP Fach 7, 2011, 1137. 11 BayObLG v. 18.12.2003 – 2Z BR 203/03, ZMR 2004, 357. Vgl. auch BayObLG v. 27.4.2001 – 2Z BR 70/00, NZM 2001, 1138 = ZMR 2001, 829 = ZWE 2001, 424. 12 S. einerseits BayObLG v. 22.3.2001 – 2Z BR 20/01, NZM 2002, 259 = ZMR 2001, 819 = ZWE 2001, 612 und andererseits OLG Düsseldorf v. 6.4.1994 – 3 Wx 534/93, NJW-RR 1994, 1167 = WE 1994, 374.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

satz gibt, dass jemand, der ein bestimmtes Gemeinschaftseigentum nicht nutzt oder nicht nutzen darf, auch von der Kostentragungspflicht ausgeschlossen sein muss. Dies zeigen die Beispiele des Treppenhauses und des Aufzugs bei Erdgeschosswohnungen und des autolosen Wohnungseigentümers hinsichtlich der gemeinschaftlich genutzten Parkplätze.1 Ergibt die Auslegung keine Kostentragungspflicht des Sondernutzungsberechtigten, so verbleibt es beim Grundsatz des § 16 Abs. 2.2 Eine diesbezügliche Beschlussfassung ist mangels Beschlusskompetenz nicht zulässig.3 57

Aus dem Wesen des Sondernutzungsrechts als interne Vereinbarung der Wohnungs- und Teileigentümer über ein grundsätzlich gemeinschaftsbezogenes Nutzungsrecht ergibt sich, dass Berechtigter eines Sondernutzungsrechtes nur ein Wohnungs- und Teileigentümer sein kann, kein außenstehender Dritter.4 Gleichzeitig folgt daraus, dass Sondernutzungsrechte auch für mehrere Wohnungs- und Teileigentümer gemeinsam bestellt werden können.5 Dies erfolgt häufig für einzelne Gebäude und die dazugehörigen Außenflächen bei Mehrhausanlagen, hinsichtlich gemeinschaftlicher Eingangsflure und für Kfz-Stellplätze, Lagerräume sowie Saunen. Wird diesbezüglich kein Berechtigungsverhältnis geregelt, so kommt es auf die Art des Sondernutzungsrechtes hinsichtlich des Verhältnisses mehrerer Sondernutzungsberechtigter an. In einem Gebäude in einer Mehrhausanlage dürften die Miteigentumsanteile der in diesem Haus befindlichen Sondereigentumseinheiten maßgeblich sein. Anders ist dies, wenn Stellplätze oder Lagerräume gemeinschaftlich genutzt werden dürfen. In diesem Fall wird man eher davon ausgehen können, dass es auf die Zahl der Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten ankommt und auf jede ein gleicher Nutzanteil entfällt. Nach h. M. kann ein Sondernutzungsrecht auch dem Bruchteil eines Wohnungs- oder Teileigentums zugeordnet werden kann; auch die entsprechende Regelungsmöglichkeit beim Miteigentum spricht dafür.6

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Umstritten ist, ob an denjenigen Teilen des zwingenden Gemeinschaftseigentums gem. Abs. 2, 2. Alt., an denen kein Sondereigentum begründet werden kann, ein Sondernutzungsrecht zulässig ist. Bedeutung hat dies insbesondere im Hinblick auf moderne Formen der Beheizung von Wohnanlagen. Hierzu steht die herrschende Meinung auf dem Standpunkt, dass an der gemeinsamen Heizanlage kein Sondernutzungsrecht begründet werden kann. Sie macht allerdings Ausnahmen, wenn mittels der gemeinsamen Heizungsanlage nicht nur die Wohnungs- und Teileigentümer des betroffenen Grundstücks, sondern auch externe Dritte versorgt werden (vgl. Rz. 30). Dies ist allerdings inkonsequent. Der Umstand, dass zusätzlich Dritte versorgt werden, ändert nichts daran, dass das gemeinschaftliche Eigentum insoweit dem gemeinschaftlichen Gebrauch dient. Die Mitversorgung Dritter hebt nicht die Notwendigkeit auf, dass die Wohnungs- und Teileigentümer des betroffenen Objektes auf die Heizung angewiesen sind. Nach der hier (vgl. Rz. 31) vertretenen Ansicht schließt die Notwendigkeit des gemeinsamen Gebrauchs ein Sondernutzungsrecht jedoch nicht aus, da dieses, selbst wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist, nur in dem Umfang besteht, als der sondernutzungsberechtigte Wohnungs- oder Teileigentümer die Versorgung sämtlicher Wohnungs- und Teileigentumseinheiten im Rahmen der in der betreffenden Gemeinde üblichen Versorgungsbedingungen, insbesondere auch zu 1 Vgl. BGH v. 28.6.1984 – VII ZB 15/83, BGHZ 92, 18 = MDR 1984, 928 = NJW 1984, 2576. 2 KG v. 7.2.2005 – 24 W 81/03, MietRB 2005, 267 = ZMR 2005, 569. 3 BayObLG v. 4.3.2004 – 2Z BR 244/03, MietRB 2004, 238 = NZM 2004, 659 = WuM 2004, 425 = ZMR 2004, 605. 4 OLG Zweibrücken v. 5.6.1986 – 3 W 96/86, NJW-RR 1986, 1338. 5 Vgl. OLG Düsseldorf v. 18.6.2012 – 9 U 228/11, IMR 2012, 380 und Lutz, NotBZ 2014, 209 (210). 6 Ebenso BGH v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MDR 2012, 1024 = MietRB 2012, 238 = DNotZ 2012, 769 = FGPrax 2012, 188 = MittBayNot 2013, 133 = NJW-RR 2012, 1157 = NZM 2012, 837 = notar 2012, 290 = Rpfleger 2012, 512 = WuM 2012, 462 = ZfIR 2012, 752 = ZMR 2012, 795; BGH v. 20.2. 2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = MietRB 2014, 172 = DNotZ 2014, 448 = NotBZ 2014, 217 = NJW 2014, 1879 = NZM 2014, 395 = Rpfleger 2014, 362 = ZfIR 2014, 441 = ZWE 2014, 211; OLG Nürnberg v. 3.8.2011 – 10 W 302/11, MDR 2011, 1227 = MietRB 2011, 382 = DNotZ 2012, 144 = MittBayNot 2012, 42; a.A. KG v. 30.12.2003 – 1 W 64/03, 1 W 65/03, MietRB 2004, 235 und OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = NotBZ 2012, 55.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

dem diesbezüglichen Preis, durchführt. Der gemeinschaftliche Gebrauch der Heizungsanlage, der für die Wohnungs- und Teileigentümer notwendig ist und deshalb diese grundsätzlich zum zwingenden Gemeinschaftseigentum macht, besteht nämlich in der Nutzung dieser Anlage durch den Bezug von Wärme, nicht jedoch in der Möglichkeit, selbst „die Kohlen einzulegen“. Demzufolge kann die Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem sondernutzungsberechtigten Wohnungs- und Teileigentümer einen Liefervertrag abschließen, ebenso wie dies mit einem außenstehenden Dritten möglich ist. Aus der Einschränkung des Kreises der Berechtigten ergibt sich, dass auch eine Übertragung von Sondernutzungsrechten nur innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft möglich ist.1 Besteht für das Sondereigentum eine Veräußerungsbeschränkung nach § 12, gilt diese nicht automatisch auch bei der bloßen Veräußerung eines Sondernutzungsrechtes. Allerdings kann die Einräumung des Sondernutzungsrechtes auch dahingehend beschränkt werden, dass seine Übertragung nur mit Zustimmung entsprechend § 12 möglich ist. Da das im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht verdinglicht ist, ist zur Übertragung eine Einigung bzw. eine einseitige Bewilligung, wenn Eigentümer beider betroffenen Einheiten dieselbe Person ist, und die Eintragung im Grundbuch erforderlich.2 Grundbuchrechtlich ist für die Einigung die Beurkundung oder die öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben (§ 29 GBO). Die Übertragung kann durch eine Vormerkung auf Erwerb des Nutzungsrechtes gesichert werden.3 Ein Sondernutzungsrecht kann auch geteilt und nur teilweise übertragen werden.4 Ein gutgläubiger Erwerb ist möglich.5 Da es sich nur um eine Gebrauchsregelung handelt, kann das Sondernutzungsrecht nicht belastet werden, insbesondere nicht mit dinglichen Rechten. Umstritten ist, ob eine Belastung des Wohnungs- und Teileigentums, mit dem das Sondernutzungsrecht verbunden ist, mit einer Dienstbarkeit möglich ist, wenn der Ausübungsbereich der Dienstbarkeit ausschließlich das Sondernutzungsrecht betrifft. Dies wird von der h.M. verneint.6 Mit einer Dienstbarkeit kann nämlich nur Eigentum, nicht jedoch eine verdinglichte Gebrauchsbefugnis belastet werden. Hiervon zu unterscheiden ist die Berechtigung eines Dienstbarkeitsberechtigten, dessen Recht das Wohnungs- oder Teileigentum betrifft (z.B. Wohnungsrecht, Mitbenutzungsrecht, Nießbrauchsrecht), im Rahmen der eingeräumten Nutzungsbefugnis auch die entsprechende Gebrauchsregelung (z.B. Kfz-Stellplatz) mitzunutzen.7 Besteht an einer Fläche eine Dienstbarkeit, hindert dies nicht die Einräumung eines Sondernutzungsrechts;8 allerdings kann die Dienstbarkeit der Nutzung durch den Sondernutzungsberechtigten entgegenstehen.

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Die Löschung eines eingetragenen Sondernutzungsrechts bedarf grundbuchrechtlich lediglich der Bewilligung des betreffenden Wohnungs- und Teileigentümers ge-

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1 S. nur BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732. 2 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = MittBayNot 1978, 206 = NJW 1979, 548. Zur bloßen obligatorischen Nutzungseinräumung s. OLG Schleswig v. 12.9.2001 – 4 U 110/00, ZWE 2002, 427. 3 BayObLG v. 22.1.1979 – 2 Z 77/77, DNotZ 1979, 307. 4 BayObLG v. 6.3.1986 – BReg 2 Z 76/85, DNotZ 1988, 30; OLG Köln v. 28.5.1993 – 2 Wx 11/93, ZMR 1993, 428; DNotI-Report 2014, 66. 5 OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138; LG München I v. 14.2.2011 – 1 S 15864/10, MietRB 2011, 217 = IMR 2011, 201 = ZWE 2011, 232 und Böttcher, ZNotP 2013, 162 (163); vgl. OLG Zweibrücken v. 5.11.2012 – 3 W 127/12, MietRB 2013, 47 = FGPrax 2013, 25 = NJW-RR 2013, 85 = MittBayNot 2014, 56 = RNotZ 2013, 301. 6 Str., s. BayObLG v. 30.4.1997 – 2Z BR 5/97, DNotZ 1998, 125 = MittBayNot 1997, 292 = NJW-RR 1997, 1236 = WuM 1997, 386 = ZfIR 1997, 546; BayObLG v. 11.9.1997 – 2Z BR 120/97, BayObLGZ 1997, 282 = DNotZ 1998, 384 = MittBayNot 1998, 34 (35); OLG Schleswig v. 3.8.2011 – 2 W 2/11, MietRB 2012, 112 = NotBZ 2011, 408 = FGPrax 2011, 283 = DNotZ 2012, 359. 7 Nicht allerdings mit dem ausschließlichen Inhalt der Nutzung des Ausübungsbereichs des Sondernutzungsrechts (OLG Zweibrücken v. 22.12.1998 – 3 W 232/98, MittBayNot 1999, 378 = MittRhNotK 1999, 240 = NJW-RR 1999, 1389 = NZM 1999, 771 = ZfIR 1999, 524). 8 OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/13, MDR 2013, 1156 = MietRB 2013, 272 = NJW-RR 2013, 1483 = NotBZ 2013, 320.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

mäß § 29 GBO.1 Ggf. müssen die an dem betreffenden Wohnungs- und Teileigentum dinglich Berechtigten der Aufhebung zustimmen. Dies gilt auch bei einer Aufhebung und anschließenden Neubegründung.2 Materiell-rechtlich bedarf die Aufhebung der Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer und der Eintragung im Grundbuch.3 Sie bedarf – anders als die Bewilligung der Löschung (§ 29 GBO) – keiner Form. Ein Aufhebungsbeschluss ist nicht ausreichend.4 Die Aufhebung darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob das dann unbeschränkte Gemeinschaftseigentum allen Wohnungseigentümern zugänglich ist.5 60a

Von der Löschung ist der teilweise Entzug eines Sondernutzungsrechts zu unterscheiden. Es handelt sich um den Fall, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten (z.B. Stellplatznachweis, Kinderspielplatz, Besucherparkplätze) einen Teil des Sondernutzungsbereichs benötigt. Ist der betroffene Eigentümer nach Treu und Glauben zur Zustimmung verpflichtet, steht ihm ein Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Ausgleichs zu.6 Allerdings kommt es hinsichtlich der Höhe des Geldausgleichs auf den Zweck der Nutzung (z.B. Gartenfläche) und nicht die allgemeine baurechtliche Qualität des Grundstücks an.7 V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum

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Die nachfolgende Übersicht folgt der h.M. zur Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Sofern man mit der neueren Literatur (vgl. Rz. 48 ff.) die Unterscheidungen von Nachbarwänden, Mit-Sondereigentum und abgesondertem Gemeinschaftseigentum, der Sondereigentumsfähigkeit von Mehrhausanlagen, der Behandlung der Spitzböden und der Sondereigentumsfähigkeit von Versorgungseinrichtungen für wenig schlüssig hält, ergeben sich Abweichungen, die bei besonders wichtigen Beispielen kurz erwähnt werden.

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Eine Abwasserhebeanlage, die mehreren Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten dient, ist Gemeinschaftseigentum. Ein Mit-Sondereigentum der nutzenden Eigentümer wird hieran nicht anerkannt.8 Sondereigentum ist sie, wenn sie nur der Abwasserentsorgung einer einzelnen Einheit dient und zusätzlich zu dieser gehört bzw. deren Bestandteil i.S.d. Abs. 19 ist.



1 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = DNotZ 2001, 381 = NJW 2000, 3644 = NZM 2000, 1187 = ZfIR 2000, 884 = ZMR 2001, 119 = ZWE 2001, 63; BayObLG v. 30.3. 2000 – 2Z BR 18/00, BayObLGZ 2000, 96 = MDR 2000, 757 = MittBayNot 2000, 318 = ZfIR 2000, 401; vgl. auch Röll, ZWE 2000, 343 ff. Eine Verwirkung tritt nicht ein (OLG Hamburg v. 12.2. 2003 – 2 Wx 41/01, ZMR 2003, 522). Zur Amtslöschung s. OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = NotBZ 2013, 326. 2 OLG München v. 4.2.2014 – 34 Wx 434/13, MietRB 2014, 145 = IMR 2014, 220 = RNotZ 2014, 232. 3 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = DNotZ 2001, 381 = NJW 2000, 3644 = NZM 2000, 1187 = ZfIR 2000, 884 = ZMR 2001, 119 = ZWE 2001, 63; a.A. BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 18/00, BayObLGZ 2000, 96 = MDR 2000, 757 = MittBayNot 2000, 318 = ZfIR 2000, 401 und Streblow, MittRhNotK 1987, 141 (157). 4 AG Wiesbaden v. 6.9.2013 – 92 C 2186/13, MietRB 2014, 109. 5 OLG Düsseldorf v. 22.3.2013 – I-3 Wx 8/13, MDR 2013, 771 = MietRB 2013, 177 = NJW-RR 2013, 1239 = NZM 2014, 136 = RNotZ 2013, 356 = WuM 2013, 314. 6 KG v. 25.1.1999 – 24 W 1354/98, ZMR 1999, 356 = ZWE 2000, 138; BayObLG v. 5.12.2001 – 2Z BR 126/01, NZM 2002, 259 = ZMR 2002, 368 = ZWE 2002, 270. 7 BGH v. 25.1.1999 – 24 W 1394/98, WuM 1999, 714 = ZMR 1999, 356 = ZWE 2000, 138; KG v. 21.5. 2001 – 24 W 6221/00, MDR 2001, 1109 = WuM 2001, 352 = NZM 2001, 1138 = ZMR 2001, 847 = ZfIR 2001, 482. 8 OLG Schleswig v. 29.9.2006 – 2 W 108/06, MietRB 2007, 149 = DNotZ 2007, 620 = FGPrax 2007, 169 = RNotZ 2007, 279 = ZMR 2007, 726; OLG Hamm v. 23.12.2004 – 15 W 107/04, MietRB 2006, 42 = ZMR 2005, 806; OLG Düsseldorf v. 30.10.2000 – 3 Wx 276/00, NZM 2001, 752 = ZMR 2001, 216 = ZWE 2001, 223 und LG Itzehoe v. 20.9.2011 – 11 S 66/10, MietRB 2012, 301. 9 BayObLG v. 15.1.2003 – 2Z BR 101/02, NJW-RR 2003, 587 = NZM 2003, 239 = WuM 2003, 292 = ZMR 2003, 433 (434); weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 50, wonach ein funktionaler Zusammenhang für die Bejahung von Sondereigentum genügen soll, auch wenn sich die Anlage im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums befindet.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums



Eine Abwasserleitung zweier benachbarter Eigentumswohnungen als gemeinsame Leitung, die zur Hauptleitung führt, steht im Nachbareigentum der benachbarten Wohnungs- und Teileigentümer.1 Auf wessen Wandseite die gemeinsam benutzte Rohrleitung verlegt ist, soll unerheblich sein.2 Leitungen, die sich lediglich im Bereich einer Wohnungs-/Teileigentumseinheit befinden und diese versorgen, sind nicht von vornherein Sondereigentum dieser Einheit. Zu dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsnetz gehören die Leitungen nämlich nicht nur bis zu ihrem Eintritt in den räumlichen Bereich des Sondereigentums, sondern jedenfalls bis zu der ersten für die Handhabung durch den Wohnungs- und Teileigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit (Abs. 1).3 Nicht durch Ventile, Eckverbindungen und ähnliche Zwischenstücke unterteilte Leitungen sind danach ohnehin eine einheitliche Sache, an der nur einheitliches Eigentum bestehen kann. Maßgebend ist jedoch, dass Wasser- und Heizungsleitungen erst von dem Punkt an ihre Zugehörigkeit zu dem Gesamtnetz verlieren, an dem sie sich durch eine im räumlichen Bereich des Sondereigentums befindlichen Absperrvorrichtung hiervon trennen lassen.4 (Haupt-)Versorgungsleitungen sind Gemeinschaftseigentum, auch wenn sie sich in einer Wohnung befinden (Abs. 2).5 Rückstausicherungen (Ventile) von Waschmaschinen gehören zum Gemeinschaftseigentum, sofern sie sich im gemeinsamen Waschmaschinenkeller befinden.6

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Steckdosen und Lichtschalter sind innerhalb der Wohnung Sondereigentum. Diese Unterscheidung gilt entsprechend auch für andere Leitungen (wie z.B. Wasser-, Strom-, Lüftungs-, Heizungsleitungen) sowie für Kabel.



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Eine Alarmanlage, die mehreren Einheiten dient, ist Gemeinschaftseigentum. Eine Ausnahme gilt, wenn sie nur eine Wohnungs- oder Teileigentumseinheit sichert und Bestandteil i.S.d. Abs. 1 ist, also insbesondere auch die äußere Gestalt des Gebäudes nicht berührt wird.7 Beim Anstrich ist wie beim Putz zwischen Außen- und Innenanstrich zu unterscheiden. Der Außenanstrich betrifft die äußere Gestaltung und ist deshalb Gemeinschaftseigentum (Abs. 1). Dagegen ist der Innenanstrich als Bestandteil von Räumen des Sondereigentums auch selbst Sondereigentum (Abs. 1). Für Antennenanlagen gelten nach h.M. dieselben Grundsätze wie zu Heizungsanlagen, die allerdings auch hier wenig konsequent sind. Im Sondereigentum kann eine Anlage deshalb nur stehen, wenn sie nur einer Einheit dient und ferner Bestandteil i.S.v. Abs. 1 ist, was regelmäßig wegen der Beeinträchtigung der äußeren Gestalt des Gebäudes nicht der Fall sein wird. Sondereigentum soll sie ferner dann sein kön1 OLG Zweibrücken v. 7.11.1986 – 3 W 152/86, NJW-RR 1987, 332. 2 OLG Zweibrücken v. 7.11.1986 – 3 W 152/86, NJW-RR 1987, 332. Zu einem Lüftungsrohr s. OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/00, ZMR 2003, 527. 3 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454; vgl. auch BayObLG v. 12.11.1992 – 2Z BR 96/92, WuM 1993, 79; BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 68/01, NJOZ 2002, 568; AG Hannover v. 23.4.2007 – 72 II 89/07, ZMR 2008, 670; a.A. noch Dickersbach in 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 33. Teilw. einschränkend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 98 (nur soweit Verlegung ohne Eingriff in Gemeinschaftseigentum möglich ist). Zur Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum s. OLG Düsseldorf v. 25.5. 1998 – 3 Wx 29/98, NJW-RR 1999, 94 = NZM 1998, 864 = WuM 1998, 737 = ZMR 1998, 652. 4 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454 in Abweichung zu BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = DNotZ 2012, 58 = NJW 2011, 2958 = NZM 2011, 750 = WuM 2011, 648 = ZfIR 2011, 833 = ZMR 2011, 971. S. dazu Hügel/Elzer, DNotZ 2013, 487 ff. 5 BayObLG v. 12.11.1992 – 2Z BR 96/92, WuM 1993, 79 und OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/00, BeckRS 2003, 09084 = ZMR 2003, 927; noch enger LG München I v. 8.11.2010 – 1 S 10608/10, ZfIR 2011, 114. 6 OLG Köln v. 19.12.1997 – 16 Wx 293/97, WuM 1998, 308; a.A. AG Hannover v. 20.4.2004 – 7 T II 548/03, ZMR 2004, 786. 7 Wohl weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 52, der wiederum einen funktionalen Zusammenhang ausreichen lässt.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

nen, wenn sie auch der „Versorgung“ benachbarter Häuser dient; auch hier müssen aber die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, so dass auch insoweit wegen der Beeinträchtigung der äußeren Gestalt kaum Sondereigentum anzunehmen sein wird.1 Eine mehrere Einheiten des Gebäudes versorgende Antennenanlage, an die nicht auch Nachbargrundstücke angeschlossen sind, steht nach h.M. im Gemeinschaftseigentum. Gleiches gilt für andere Anlagen des Rundfunk- und Fernsehempfangs.



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Aufzugsanlagen sind nach h.M. grundsätzlich Gemeinschaftseigentum, und zwar auch dann, wenn jedes Haus über eine eigene Aufzugsanlage verfügt. Eine Abweichung soll dann gelten, wenn der Aufzug nur einer einzigen Wohnungs- oder Teileigentumseinheit dient. In diesem Fall können der Raum (Aufzugskabine) sowie die ihm zugeordneten Bestandteile sondereigentumsfähig sein.2 Nach der hier vertretenen Ansicht (vgl. Rz. 7) ist Sondereigentum bei Mehrhausanlagen jeweils getrennt möglich.

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Umstritten ist die Zuordnung von Balkonen. Teilweise3 wird die Sondereigentumsfähigkeit von Balkonen generell verneint. Die h.M. geht davon aus, dass Teile der Balkone sondereigentumsfähig sind.4 Allerdings setzt das Vorliegen von Sondereigentum voraus, dass es gemäß Abs. 1 begründet wird.5 Selbst wenn Gemeinschaftseigentum vorliegt, soll kein Mitgebrauch der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer bestehen,6 da ein faktisches oder stillschweigendes Sondernutzungsrecht desjenigen Eigentümers anzunehmen wäre, der die alleinige Zugangsmöglichkeit zu dem Balkon über sein Sondereigentum hat.7 Die konstruktiven Teile des Balkons, zu denen die Bodenplatte, die Isolierschicht, die Balkonbrüstung und die Decke gehören, stehen im Gemeinschaftseigentum.8 Dies gilt auch für Balkontüren und die Tür-



1 Weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 53; enger BGH v. 8.11.1974 – V ZR 120/73, NJW 1975, 688. 2 Zur Auslegung einer diesbezüglichen Vereinbarung vgl. Dt. SchiedsG WEG Berlin, Beschl. v. 16.7.2003 – Sch/S/VIII, ZWE 2004, 186. 3 Vgl. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 8. Vgl. auch BGH v. 25.1.2001 – VII ZR 193/99, NJW-RR 2001, 800 = NZM 2001, 435 = BauR 2001, 798. Nach LG Wuppertal v. 28.10.2008 – 6 T 223, 225-241/08, RNotZ 2009, 48 besteht bei fehlender Zuordnung Gemeinschaftseigentum. Zur Umdeutung in eine Kostentragungsregelung s. LG Düsseldorf v. 18.5.2001 – 19 T 81/01, NZM 2002, 126. Zur Auslegung einer Kostentragungsregel s. BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = MittBayNot 2013, 128 = NJW 2013, 681 = NZM 2013, 88 = WuM 2013, 57 = ZMR 2013, 290 = ZWE 2013, 29 und AG Kiel v. 7.7.2011 – 108 C 341/10, IMR 2011, 509. 4 OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = DNotZ 2012, 364 = FGPrax 2011, 281 = MittBayNot 2012, 215 = RNotZ 2012, 41 = ZfIR 2011, 881 = ZMR 2012, 118. 5 AA Sondereigentum kraft Zuordnung zur betreffenden Wohnungs- und Teileigentumseinheit, vgl. OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = DNotZ 2012, 364 = FGPrax 2011, 281 = MittBayNot 2012, 215 = RNotZ 2012, 41 = ZfIR 2011, 881 = ZMR 2012, 118 und Schmidt, MittBayNot 2001, 442 (446). Dagegen spricht, dass eine diesbezügliche Vermutung nur für Bestandteile besteht, die nicht Räume sind (so Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 55). Allerdings kann hiergegen wiederum eingewandt werden, dass einzelne Teile des Balkons durchaus Bestandteile der angrenzenden Wohnungs- und Teileigentumseinheit sind und die Frage des Vorliegens eines Raumes streitig ist. 6 S. nur Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 58. 7 BayObLG v. 17.9.2003 – 2Z BR 179/03, MietRB 2004, 79 = NJW-RR 2004, 1240 = NZM 2004, 384 = ZMR 2004, 132. Vgl. Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003, S. 27. Anders für eine Dachfläche BayObLG v. 23.11.1999 – 2Z BR 142/99, NZM 2000, 504 = ZWE 2000, 78. 8 BayObLG v. 27.7.1989 – BReg.2 Z 68/89, NJW-RR 1989, 1293; OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NJW-RR 1998, 515 = NZM 1998, 269 = ZMR 1998, 304; OLG Hamm v. 16.9.1988 – 26 U 57/88, ZMR 1989, 98; BayObLG v. 1.10.1998 – 2Z BR 144/98, NZM 1999, 27 = ZMR 1999, 59 = MittBayNot 1999, 288 = ZfIR 1999, 197; OLG Düsseldorf v. 21.12.1998 – 3 Wx 418/98, NZM 1999, 507 = ZMR 1999, 350; OLG Hamburg v. 19.9.2000 – 2 Wx 35/96, ZMR 2001, 133; OLG Düsseldorf v. 25.7.2003 – 23 U 78/02, BauR 2004, 514; OLG München v. 30.1.2007 – 34 Wx 116/06, DNotZ 2007, 690 = NZM 2007, 369; OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = BeckRS 2011, 24266. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 9.8.1991 – 22 U 20/91, ZMR 1991, 486, das dies auch auf den Anstrich dieser Teile, insbesondere auch der Innenseiten der Balkonbrüstung, annimmt. S. ferner LG Düsseldorf v. 18.5.2001 – 19 T 81/01, NZM 2002, 126 und BayObLG v. 4.9. 2003 – 2Z BR 114/03, NJW-RR 2004, 375 = NZM 2004, 106 zu einer Umdeutung bzw. Auslegung. Ausführlich Bielefeld, DWE 1982, 72 ff. Zur Gestaltung der Verglasung s. OLG Düsseldorf v. 20.9.1999 – 3 Wx 230/99, ZWE 2001, 79.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

schwellen.1 Dagegen können der Innenputz und der Balkonbelag, sofern es sich nicht um die Isolierschicht handelt, Sondereigentum sein.2 Die Balkontrennwand wird teilweise für gemeinschaftliches Eigentum gehalten;3 allerdings ist unklar, welcher Unterschied zur Nachbarwand besteht.



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Der Bodenbelag (Fliesen, Linoleum, Parkett, Teppich) in einem im Sondereigentum stehenden Raum gehört ebenfalls als Bestandteil zum Sondereigentum.4 Eine Isolierung gegen Schall, Feuchtigkeit und Wärmeverlust gehört dagegen zum Gemeinschaftseigentum (Abs. 2).5 Zum Estrich s. dort. Ein Carport (auch Remise), also eine Holz-, Stahl-, Aluminium- oder Kunststoffkonstruktion mit einem Dach, die meist nach allen Seiten offen ist, bei der aber auch die Seiten bis auf die Einfahrt geschlossen sein können,6 ist kein Raum und kann deshalb nicht als solcher sondereigentumsfähig sein. In der Praxis werden meist Sondernutzungsrechte, welche die Fläche und den Aufbau betreffen, begründet. Das Dach ist gemäß Abs. 2 gemeinschaftliches Eigentum, und zwar unabhängig von der Dachform.7 Auch ein Flachdach ist deshalb Gemeinschaftseigentum. Zum Dach gehören die konstruktiven Teile, aber auch die Dachabdeckung, wie z.B. Ziegel, Platten, Blech etc., jedenfalls soweit sie Schutz- bzw. Isolierungsfunktion hat.8 Bei Dachterrassen ist umstritten, ob diese sondereigentumsfähig sind. Dies lässt sich nur bejahen, wenn man auf eine feste allseitige Abgrenzung für einen Raum verzichtet.9 Allerdings ist es dann wenig konsequent, beim Carport die Raumeigenschaft zu verneinen.10 Jedenfalls gehören der Abdichtungsanschluss zwischen Dachterrasse und Gebäude sowie die Isolierschicht zum Gemeinschaftseigentum;11 Gleiches gilt für ein Eisenrohr der Brüstung.12 Anders ist dies hinsichtlich des Terrassenbelags.13 Dielen, Eingangsräume, Korridore, Flure sind nach h.M., auch wenn sie nur zwei Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten dienen (Vorflur), Gemeinschaftseigentum.14 1 OLG Karlsruhe v. 29.5.2009 – 4 U 160/08, IMR 2012, 163; BGH v. 22.12.2011 – VII ZR 120/09, IMR 2012, 162. 2 Vgl. BayObLG v. 20.3.1991 – 2 Z 8/91, BayObLG v. 20.3.1991 – BReg.2 Z 8/91, NJW-RR 1991, 976 und BayObLG v. 5.5.1993 – 2Z BR 29/93, WuM 1993, 488. 3 So BayObLG v. 15.2.1984 – BReg. 2 Z 111/83, WuM 1985, 31 und ihm folgend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 61. 4 BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 113/93, NJW-RR 1994, 598 = ZMR 1994, 167; OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, NJW-RR 2002, 805 = NZM 2002, 443 = WuM 2002, 276 = ZMR 2002, 613 (614) = ZWE 2002, 420. 5 OLG Köln v. 21.9.2001 – 16 Wx 153/01, NZM 2002, 125 = ZMR 2002, 377 und OLG Düsseldorf v. 7.6.1999 – 3 Wx 131/99, NZM 1999, 1860 = ZfIR 1995, 854; OLG Hamm v. 13.8.1996 – 15 W 115/96, NJWE-MietR 1997, 114 = ZMR 1997, 193; OLG Köln v. 21.9.2001 – 16 Wx 153/01, NZM 2002, 125 = ZMR 2002, 377; BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 113/93, NJW-RR 1994, 598 = ZMR 1994, 167; BayObLG v. 30.4.1982 – BReg.2 Z 67/81, MDR 1982, 757 = Rpfleger 1982, 278. 6 Unklar Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 66. 7 BGH v. 25.1.2001 – VII ZR 193/99, BauR 2001, 798 = MittBayNot 2001, 479 = NJW-RR 2001, 800 = NZBau 2001, 265 = NZM 2001, 435; BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 2/00, NJW-RR 2000, 1179 = NZM 2000, 674 = WuM 2001, 89 = ZfIR 2000, 376 = ZMR 2000, 471 = ZWE 2000, 308. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 11.4.2003 – 3 Wx 254/07, ZMR 2009, 53. 8 OLG Frankfurt v. 9.7.1986 – 20 W 357/85, OLGZ 1987, 23. 9 So OLG Frankfurt v. 9.1.1975 – 20 W 561/74, Rpfleger 1975, 178 und wohl auch LG Köln v. 10.10.2001 – 29 T 321/00, ZMR 2003, 66; Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 66 und Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 26. 10 Gegen die Raumeigenschaft von Dachterrassen OLG Köln v. 21.4.1982 – 2 Wx 13/82, MDR 1982, 757 = OLGZ 1982, 413; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 7 und Briesemeister in Weitnauer, § 5 WEG Rz. 10. 11 BayObLG v. 27.7.1989 – BReg.2 Z 68/89, NJW-RR 1989, 1293; BayObLG v. 20.3.1991 – BReg.2 Z 8/91, NJW-RR 1991, 976; BayObLG v. 17.12.1993 – 2Z BR 105/93, WuM 1994, 152; BayObLG v. 27.4.2000 – 2Z BR 7/00, NJW-RR 2001, 305 = NZM 2000, 867 = ZWE 2001, 31. Zu „Abgrenzungspflanztrögen“ s. BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 170/97, NZM 1998, 818. 12 LG Stuttgart v. 8.5.2003 – 10 T 495/02, NJOZ 2004, 61. 13 OLG Celle v. 10.10.2006 – 4 W 136/06, ZMR 2007, 55. 14 BayObLG v. 1.10.1980 – BReg.2 Z 43/79, MDR 1981, 145 und OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = NJW-RR 1986, 1275 = DNotZ 1987, 228.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Gleiches gilt nach h.M. für Flure, die die einzige Verbindung zu zentralen Versorgungseinrichtungen darstellen (vgl. Rz. 32).1



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Bei Doppelstock-/Duplex- und Mehrfachgaragen ist es umstritten, ob jeder einzelne Stellplatz einzeln oder nur die Garage insgesamt sondereigentumsfähig ist. Die h.M.2 geht davon aus, dass nur die „Garage“ insgesamt Teileigentum sein kann, nicht jedoch der einzelne Stellplatz in Ermangelung der erforderlichen Raumeigenschaft. Nach h.M. ist die Raumeigenschaft hinsichtlich der gesamten Doppelstock- bzw. Mehrfachgarage zu bejahen3 bzw. wird gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 fingiert.4 Lässt man Sondereigentum an der Doppel- bzw. Mehrfachgarage zu, besteht an der Hebebühne und den weiteren konstruktiven Teilen der Doppel- bzw. Mehrfachgarage ebenfalls Sondereigentum und nicht, wovon die früher überwiegende Auffassung ausging, Gemeinschaftseigentum gemäß Abs. 2 als Gebäudebestandteil.5 Strittig ist, ob bei Sondereigentum an der ganzen „Garage“, die im Bruchteilseigentum mehrerer Wohnungs- bzw. Miteigentümer steht, Sondernutzungsrechte an den Einzelstellplätzen begründet werden können.6 Diese nunmehr vom BGH7 bejahte Lösung hat den Vorteil, dass sie „versteigerungsfest“ ist. Demgegenüber kann bei einer im Grundbuch der Doppelstockgarage eingetragenen Miteigentümervereinbarung mit einer Nutzungsregelung, die auch einen Sonderrechtsnachfolger hinsichtlich des Miteigentumsanteils bindet (§ 1010 BGB), die Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilungsversteigerung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen werden (§ 749 Abs. 2 BGB).

74

Einbaumöbel und Einbauküchen sind nur dann sondereigentumsfähig, wenn sie wesentliche Bestandteile des Gebäudes und damit des entsprechenden Wohnungsoder Teileigentums sind; handelt es sich nur um Zubehör, liegt gewöhnliches Eigentum vor.

75

Der Estrich ist, da er regelmäßig der Trittschall- und sonstigen Geräuschdämmung sowie als Isolierung dient, Gemeinschaftseigentum.8





• Farbe s. Anstrich.

76

1 BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = NJW 1991, 2909 und BayObLG v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = MittBayNot 1986, 78 = DNotZ 1986, 494; BayObLG v. 30.10. 2003 – 2Z BR 184/03, DNotZ 2004, 386 = MittBayNot 2004, 192 = RNotZ 2004, 34. Vgl. auch OLG Frankfurt/M. v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, MietRB 2011, 350 = ZWE 2011, 414 für einen Durchgang zu einem Gebäude. S. dazu auch Röll, DNotZ 1986, 706 ff. 2 So BayObLG v. 9.2.1995 – 2Z BR 4/95, BayObLGZ 1995, 53 = MDR 1995, 568 = DNotZ 1995, 622 = NJW-RR 1995, 783; OLG Düsseldorf v. 22.3.1999 – 3 Wx 14/99, NZM 1999, 571 = MittBayNot 2000, 110 = WuM 1999, 426 = ZMR 1999, 500; OLG Jena v. 20.12.2004 – 9 W 654/03, NotBZ 2005, 219 = Rpfleger 2005, 309. Offen gelassen von BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MDR 2012, 17 = MietRB 2012, 13 = BeckRS 2011, 27182 = BWNotZ 2011, 212. 3 Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 70. 4 Hügel in Hügel/Scheel, Hdb. WEG, Teil 1 Rz. 40 und Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 8. 5 So BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MDR 2012, 17 = MietRB 2012, 13 = NJW-RR 2012, 85 = NZM 2012, 422 = BWNotZ 2011, 212 = ZMR 2012, 377; für Gemeinschaftseigentum noch OLG Celle v. 19.8.2005 – 4 W 162/05, NJW-RR 2005, 1682 = NZM 2005, 871; OLG Düsseldorf v. 22.3.1999 – 3 Wx 14/99, MittBayNot 2000, 110 = NZM 1999, 571 = WuM 1999, 426 = ZMR 1999, 500; BayObLG v. 29.11.1974 – 2 Z 54/74, NJW 1975, 740; LG Dresden v. 24.6.2010 – 2 T 715/08, IMR 2011, 370 und Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 19; für Sondereigentum Häublein, MittBayNot 2000, 112; anders Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 70 (Gemeinschaftseigentum, Sondereigentum oder gewöhnliches Alleineigentum). Zum Gemeinschaftseigentum der Hydraulikanlage, wenn sie für den Betrieb mehrerer Garageneinheiten erforderlich ist s. LG München I v. 5.11.2012 – 1 S 1504/12, MietRB 2013, 84 = RNotZ 2013, 177 = ZMR 2013, 308. 6 Bejahend bereits OLG Jena v. 24.11.1999 – 6 W 715/99, MittBayNot 2000, 443 = MittRhNotK 2000, 71 = ZWE 2000, 232 und BayObLG v. 21.7.1994 – 2Z BR 56/94, NJW-RR 1994, 1427 = DNotZ 1995, 70; a.A. Schöner, Rpfleger 1997, 416 ff.; s. auch Hügel, NotBZ 2000, 349 ff. 7 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MDR 2012, 1024 = MietRB 2012, 238 = DNotZ 2012, 769 = FGPrax 2012, 188 = MittBayNot 2013, 133 = NJW-RR 2012, 1157 = NZM 2012, 837 = Rpfleger 2012, 512 = WuM 2012, 462 = ZfIR 2012, 752 = ZMR 2012, 795. 8 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = BeckRS 2014, 02110; OLG Düsseldorf v. 4.7. 2001 – 3 Wx 120/01, NJW-RR 2001, 1594 = NZM 2001, 958 = ZWE 2001, 616 = ZMR 2002, 69 und OLG München v. 12.3.1985 – 9 U 4773/84, Rpfleger 1985, 437; teilw. abw. Happ, WE 2001, 47 ff.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums



Fenster stehen wie Außenmauern grundsätzlich im Gemeinschaftseigentum.1 Inwieweit einzelne Teile dem Sondereigentum zugeordnet werden können oder eine einheitliche Betrachtung erfolgen muss, ist umstritten. Jedenfalls bei echten Doppelfenstern (Zweifachfenster) mit zwei Rahmen kann der Innenflügel zum Sondereigentum erklärt werden.2 Bei Einfachfenstern, insb. Isolier- bzw. Verbundglasfenstern und thermoverglasten Fenstern sind die Fenster insgesamt Gemeinschaftseigentum.3 Ob beim Fensterrahmen hinsichtlich „innen“ und „außen“ in Sonder- und Gemeinschaftseigentum getrennt werden kann, ist fraglich; die wohl h.M. lehnt dies zu Recht ab.4 Außenfensterbänke-, -simse, -bretter stehen im Gemeinschaftseigentum, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen; anders ist dies bei Innenfensterbänken-, -simsen, -brettern. Fenstergitter, die außen vor dem Fenster als Ein- oder Ausbruchsschutz angebracht werden, sind ebenfalls Gemeinschaftseigentum.

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Zwingendes Gemeinschaftseigentum sind Geschoss- und Zwischendecken einschließlich der Isolierschichten gegen Trittschall und Feuchtigkeit, auch wenn sich diese zwischen zwei Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten befinden.5

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• Flure s. Dielen. • Das Fundament eines Gebäudes ist Gemeinschaftseigentum (Abs. 2). • Fußboden s. Bodenbelag. • An Garagen kann Sondereigentum begründet werden. Sie können aber auch im

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Gemeinschaftseigentum verbleiben. Stellplätze in einer Sammelgarage können entweder wegen der Bejahung der Raumeigenschaft oder wegen der Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 Sondereigentum sein.6 Die Nutzung einer Sammelgarage kann durch eine im Grundbuch eingetragene Miteigentümervereinbarung (§ 1010 BGB), durch Dienstbarkeiten, wenn die Garage eine Teileigentumseinheit bildet, und entsprechend der Regelung von Doppelparkern wohl auch durch eine Gebrauchsregelung mit Sondernutzungsrechten geregelt werden. Die Zufahrtswege und das Tor einer Sammelgarage, in der sich Teileigentumseinheiten befinden, sind nach h.M. auch bei einem eigenen Gebäude Gemeinschaftseigentum.7

1 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = NJW-RR 2014, 527 = NZM 2014, 396 = WuM 2014, 159 = ZWE 2014, 125; OLG Karlsruhe v. 5.5.2000 – 11 Wx 71/99, NZM 2002, 220; OLG Hamm v. 22.8.1991 – 15 W 166/91, MDR 1992, 258 = NJW-RR 1992, 148 und OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NJW-RR 1998, 515 = ZMR 1998, 304. Zur Instandhaltung s. BayObLG v. 4.9.2003 – 2Z BR 145/03, ZfIR 2004, 23 und AG Berlin-Wedding v. 25.8.2011 – 9 C 221/11, BeckRS 2011, 24014. 2 BayObLG v. 21.12.1999 – 2Z BR 115/99, ZWE 2000, 177 (178) = ZfIR 2000, 132 und OLG Hamm v. 22.8.1991 – 15 W 166/91, NJW-RR 1992, 148 = MDR 1992, 258; wohl teilw. abw. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 76 (automat. Sondereigentum). 3 BayObLG v. 3.8.2000 – 2Z BR 184/99, NZM 2001, 1081 = WuM 2000, 560; BayObLG v. 14.8.2003 – 2Z BR 112/03, MietRB 2004, 12 f. = ZMR 2003, 951 = ZWE 2004, 171 und OLG Karlsruhe v. 7.7. 2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = ZWE 2011, 38. Zur Regelung der Kostentragungspflicht s. BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 172 = NJW 2012, 1722 = NZM 2012, 419 = WuM 2012, 395 = ZMR 2012, 641 und BGH V. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = BeckRS 2014, 02110. 4 S. nur OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NJW-RR 1998, 515 = NZM 1998, 269 = ZMR 1998, 304; LG Lübeck v. 1.7.1985 – 7 T 365/85, NJW 1986, 2514; AG Hannover v. 25.11.2003 – 71 II 302/03, ZMR 2004, 383. 5 OLG Hamm v. 13.8.1996 – 15 W 115/96, NJWE-MietR 1997, 114 = ZMR 1997, 193 und OLG Köln v. 18.5.2001 – 16 Wx 68/01, ZMR 2002, 77; vgl. auch zur Geschossdecke einer Tiefgarage OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 75/07, NZM 2008, 493 = ZMR 2008, 232. Zum Durchbruch einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Wand s. BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = DNotZ 2002, 127 = NJW 2001, 1212 = NotBZ 2001, 105 = NZM 2001, 196 = ZfIR 2001, 209 = ZMR 2001, 289 = ZWE 2001, 314. 6 BayObLG v. 4.4.2001 – 2Z BR 141/00, NZM 2001, 893 = ZMR 2001, 820 = ZWE 2001, 372. 7 BayObLG v. 30.3.1993 – 2Z BR 11/93, NJW-RR 1993, 1039; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 75/07, ZMR 2008, 232 = NZM 2008, 493 und OLG Frankfurt v. 19.12.1994 – 20 W 313/93, ZMR 1995, 166. Vgl. auch OLG Hamm v. 20.5.1976 – 15 W 255/72, NJW 1976, 1752.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums



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Das Grundstück und einzelne Grundstücksflächen sind zwingendes Gemeinschaftseigentum (§ 1 Abs. 5).1 Dies gilt auch für ebenerdige Terrassen.2

84

Der Grundstücks- bzw. Hausanschluss, der die Verbindung der öffentlichen Anschlussstelle zu den einzelnen Versorgungsleitungen darstellt, steht im gemeinschaftlichen Eigentum. Eine Ausnahme gilt nach der hier vertretenen Ansicht (vgl. Rz. 7) bei Mehrhausanlagen, wenn jedes Haus über einen eigenen Grundstücks- bzw. Hausanschluss verfügt; die h.M. nimmt auch hier zwingendes Gemeinschaftseigentum an.

85

Die Heizungsanlage, die mehrere Einheiten versorgt, ist nach h.M. Gemeinschaftseigentum; zu Sondereigentum kann sie danach nur erklärt werden, wenn sie auch fremde Eigentümer versorgt. Sondereigentum ist ferner an einer Anlage möglich, die nur einer Einheit dient (z.B. Etagenheizung für eine Einheit; s. Rz. 30). Auch wenn die Heizungsanlage im Gemeinschaftseigentum steht, bedeutet dies nach der Rechtsprechung des BGH nicht, dass nicht einzelne Teile Sondereigentum sein können. So können danach die Heizkörper in einer Einheit samt den Zuleitungen ab der Absperreinrichtung wohl zu Sondereigentum erklärt werden.3 Gleiches soll für das Rohrsystem der Fußbodenheizung gelten.4 Auch die Heizungs- und Thermostatventile an den Heizkörpern, die zur Erfassung des Verbrauchs dienen, sind zwar Gemeinschaftseigentum, da ihr Einbau vorgeschrieben ist (§ 7 Abs. 2 HeizungsanlagenVO; § 12 Abs. 2 EnEV) und sie für die Funktionstüchtigkeit der Anlage erforderlich sind;5 nach der Klarstellung des BGH6 können sie durch die Teilungserklärung oder durch nachträgliche Vereinbarung nicht dem Sondereigentum zugeordnet werden.7 Auch ein Kamin soll grundsätzlich selbst dann im Gemeinschaftseigentum stehen, wenn er nur von einer Einheit genutzt wird;8 dies ist allerdings nur dann richtig, wenn der Kamin von weiteren Einheiten genutzt werden kann. Gegen die Ansicht, die die dingliche Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum hinsichtlich der gesamten Heizungsanlage von wechselnden Benutzungsrechten abhängig macht, bestehen Bedenken. Sie ist in sich nicht schlüssig. Ist die Heizung Gemeinschaftseigentum, müsste dies für die gesamte Anlage gelten. Bei Heizungsrohren kann insoweit auf die Heizungsanlagen-Verordnung und die Energieeinsparverordnung verwiesen werden, wonach „Rohrleitungszubehör“ ebenso zur Heizungsanlage selbst gehört wie andere im funktionalen Zusammenhang stehende Bauteile. Daher erstrecken sich die Betreiberpflichten auch auf die Heizungsrohre. Diesen Verpflichtungen kann die Eigentümergemeinschaft, sofern sie diese selbst übernimmt, aber nur nachkommen, wenn die Rohre im Gemeinschaftseigentum stehen. Zudem ist schwer nachvollziehbar, aus welchem Grund sowohl die Heizungsanlage selbst als auch die Heizkörper und die





1 Vgl. BayObLG v. 30.4.1987 – BReg.2 Z 30/87, ZMR 1987, 310 und Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 22. 2 OLG Köln v. 21.4.1982 – 2 Wx 13/82, MDR 1982, 757; LG Frankfurt/M. v. 4.3.1992 – 2/9 T 142/92, ZMR 1993, 184; AG Hannover v. 14.3.2006 – 71 II 55/06, ZMR 2007, 152. 3 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 313 = DNotZ 2012, 58 MittBayNot 2012, 212 = NZM 2011, 750 = ZfIR 2011, 893. Vgl. auch LG Frankfurt v. 1.3.1989 – 2/9 T 1212/88, MDR 1990, 57; Schmid, MietRB 2011, 362 ff.; Hügel/Elzer, DNotZ 2012, 4 ff. und Schmitz, MittBayNot 2012, 180 (181 f.). 4 AG Mettmann v. 30.6.2005 – 7 II a 20/05 WE, ZMR 2006, 240. 5 So OLG Hamm v. 6.3.2001 – 15 W 320/00, NJW-RR 2002, 156 = NZM 2001, 1130 = ZMR 2001, 839 = ZWE 2001, 393; OLG Stuttgart v. 13.11.2007 – 8 W 404/07, ZMR 2008, 243 = NJOZ 2008, 1075 und Riecke, BTR 2003, 11 (13); a.A. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 118. Vgl. Schlüter, ZMR 2011, 935 ff. Zur Einbaupflicht von Wärmezählern s. Pfeifer, MietRB 2013, 157 ff. 6 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454. 7 Missverständlich BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 319 = DNotZ 2012, 58 = MittBayNot 2012, 2121 = NZM 2011, 750 = ZfIR 2011, 893. S. auch Hügel/Elzer, DNotZ 2012, 4 ff.; Grziwotz, MietRB 2010, 152 ff. und Schmid, MDR 2011, 1081 f. vor der Klarstellung des BGH. 8 BayObLG v. 20.8.1998 – 2Z BR 44/98, NZM 1999, 28 = ZMR 1999, 50 und ihm folgend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 94.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

Thermostatventile nach der Ansicht des BGH, nicht aber die dazwischengeschalteten Heizungsrohre, im Gemeinschaftseigentum stehen sollen. Hierdurch würde die Heizungsanlage als einheitliche Versorgungsanlage unnatürlicherweise aufgespalten. Dies hätte überdies die Konsequenz, dass ein Wohnungseigentümer zwar nicht den Heizkörper, aber die Heizungsrohre entfernen dürfte und auf diese Weise unter Umständen eine Beeinträchtigung des Heizungskreislaufs sowie der Thermostatventile herbeiführen könnte. Steht die Heizungsanlage im Gemeinschaftseigentum, was sie nach der hier vertretenen Auffassung nicht muss, ist es inkonsequent, einzelne Bestandteile zum Sondereigentum zu erklären.1 Ein Innenhof ist, auch wenn er von Mauern umgeben ist, nicht Sondereigentum.2 Auch hier tritt wieder ein Widerspruch auf, wenn man an einer Dachterrasse Sondereigentum zulässt.



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• Isolierung s. Bodenbelag. • Bei Jalousien ist zu unterscheiden, ob es sich um Außen- oder Innenjalousien

87

Kfz-Stellplätze im Freien können nicht Sondereigentum sein;6 Sondernutzungsrechte sind hingegen möglich und üblich. Für Stellplätze auf dem Dach eines Gebäudes (z.B. Garagenhaus) bejaht die h.M.7 die Sondereigentumsfähigkeit.



89

• Leitungen s. Abwasserleitung. • Loggia s. Balkon. • Eine Markise, die die Außenfront des Gebäudes kennzeichnet, gehört als fassa-

90



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handelt. Außenjalousien stehen im Gemeinschaftseigentum, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen.3 Dies gilt nicht für Innenjalousien, selbst wenn sie am Fenster innen angebracht und nach außen sichtbar sind. Bei ihnen gilt nichts anderes als bei Vorhängen. Sie sind regelmäßig nicht einmal Bestandteil und stehen deshalb außerhalb der Zuordnung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum, nämlich in gewöhnlichem Allein- bzw. Miteigentum. Jalousienkästen stehen, wenn sie außen angebracht sind, im Gemeinschaftseigentum (Abs. 2).4 Dies gilt dann auch für die Gurtführung, wobei nach Ansicht des BGH5 wohl an ihr Sondereigentum begründet werden könnte.

dengestaltendes Element zum Gemeinschaftseigentum (Abs. 1), und zwar unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt und von wem sie angebracht wurde, sowie ferner, ob sie im Zusammenhang mit einem Sondereigentum (Balkon, Dachterrassenwohnung) steht.8

Mülltonnen sind Gemeinschaftseigentum (Abs. 2), wenn sie sämtlichen Einheiten dienen. Die Mülltonne, die lediglich eine Einheit nutzt (z.B. zusätzliche Papiertonne für Büroeinheit), ist deren gewöhnliches Alleineigentum. Für Sondereigentum fehlt die Bestandteilseigenschaft. Ein im Gebäude eingebauter Müllschlucker ist nach h.M. Gemeinschaftseigentum (Abs. 2), auch wenn er nur ein Gebäude „entsorgt“. 1 So auch Dickersbach, 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 33 und Jennißen, ZMR 2011, 974 f.; vgl. auch Schmid, MDR 2011, 1081 ff. sowie nunmehr BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454. 2 Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 91 und Riecke/Schmid/Schneider, § 5 WEG Rz. 54. 3 KG v. 19.6.1985 – 24 W 4020/84, ZMR 1985, 344 (345). 4 OLG Saarbrücken v. 4.10.1996 – 5 W 286/95-50, FGPrax 1997, 56 = ZMR 1997, 31. 5 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 319 = DNotZ 2012, 58 = ZfIR 2011, 893. Zur Kritik s. Rz. 85. 6 S. nur BayObLG v. 30.4.1987 – BReg.2 Z 30/87, ZMR 1987, 310. 7 OLG Hamm v. 26.10.1998 – 15 W 502/97, NJW-RR 1998, 516 = NZM 1998, 267 = DNotZ 1999, 216 = MittBayNot 1998, 186 = MittRhNotK 1998, 241 und Merle, Rpfleger 1977, 196 (197); a.A. KG v. 18.12.1995 – 24 W 7497/94, NJW-RR 1996, 587 = NJWE-MietR 1996, 132 = ZMR 1996, 216. 8 OLG Frankfurt v. 17.8.2006 – 20 W 205/05, NJW-RR 2007, 807 = DNotZ 2007, 469 = NZM 2007, 523.

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§5

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums



93a

Pflanzen stehen, auch wenn sie im Bereich von Sondernutzungsflächen in das Erdreich eingepflanzt sind, im Gemeinschaftseigentum.1

93b

• Beim Putz gilt Gleiches wie bei Außen- und Innenwänden. S. Wände. erforderlich, deshalb • Rauchwarnmelder sind für die Sicherheit des Gebäudes 2

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handelt es sich nach h.M. um Gemeinschaftseigentum.



95

Räume können nach Abs. 1 Sondereigentum sein. Dies gilt auch für Nebenräume (z.B. Keller, Speicher, Abstellkammer, Geräteraum, Garage), die nicht in der abgeschlossenen Einheit liegen.3 Umgekehrt soll der Umstand, dass ein Raum nur über eine Wohnungs-/Teileigentumseinheit zugänglich ist, dem Bestehen von Gemeinschaftseigentum nach h.M. nicht entgegenstehen (vgl. Rz. 29, 101 zu Spitzböden). Inwieweit Räume, in denen sich Gemeinschaftseinrichtungen befinden (z.B. Heizung, Messgeräte) und die Zugänge zwingendes Gemeinschaftseigentum sind, ist umstritten (vgl. Rz. 28 ff., 32).

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• Rohre s. Abwasserleitung. • Rollläden s. Jalousien. • Grundsätzlich handelt es sich bei Sanitärgegenständen, nämlich WC, Wasch-

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becken, Bidet, Duschwanne, Badewanne etc., häufig um Zubehör, so dass gewöhnliches Eigentum vorliegt. Sind diese Gegenstände wesentliche Bestandteile, gehören sie zum Sondereigentum der jeweiligen Wohnungs- oder Teileigentumseinheit.

• Satellitenanlage s. Antennenanlage. • Sauna und4 Schwimmbad können bei Abgeschlossenheit zum Sondereigentum

99 100

erklärt werden. Ob dies auch gilt, wenn sie wegen der Funktion des Gebäudes (z.B. Wellnesshotel) erforderlich sind, ist bisher offen.

• Spitzboden vgl. Rz. 29, 95. • Bei der Sprechanlage ist

101 102

zwischen den Sprechstellen in der jeweiligen Wohnungs-/Teileigentumseinheit, die ab der Möglichkeit der „Abklemmung“5 im Sondereigentum stehen (Abs. 1), und der Hausanlage, die im Gemeinschaftseigentum steht, zu unterscheiden.6

103

Ebenerdige Terrassen sind nicht sondereigentumsfähig, sondern können nur Gemeinschaftseigentum sein.7 Dies gilt unabhängig davon, ob sie sich am Gebäude befinden.8



1 LG Landau v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, NZM 2011, 554 = NJW-RR 2011, 1029; LG Landau v. 23.3.2011 – 3 S 4/11, BeckRS 2011, 10680. 2 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = NZM 2013, 512 = Rpfleger 2013, 498 = WuM 2013, 427 = ZfBR 2013, 554 = ZfIR 2013, 511 = ZMR 2013, 642; OLG Frankfurt v. 17.7.2008 – 20 W 325/06, BeckRS 2009, 29947 = ZMR 2009, 864; AG Ahrensburg v. 25.9.2008 – 37 C 11/08, ZMR 2009, 78; AG Rendsburg v. 30.10.2008 – 18 C 545/08, ZMR 2009, 239; AG Kiel v. 15.9.2010 – 118 C 175/10, ZWE 2011, 380; AG Kiel v. 15.9.2010 – 118 C 175/10, ZWE 2011, 380; a.A. AG Hamburg-Wandsbek v. 21.6.2010 – 740 C 31/10, ZWE 2011, 143; differenzierend Schultz, ZWE 2011, 21 (22) und Schneider, ZMR 2010, 822 ff., die von Zubehör und damit einer Sondereigentumsfähigkeit ausgehen, jedenfalls wenn ein befristetes Nutzungsverhältnis besteht und kein Einbau bereits bei der Gebäudeerrichtung erfolgte (so Schneider, ZMR 2010, 822 ff.); offen LG Hamburg v. 5.10.2011 – 318 S 245/10, BeckRS 2011, 25689 = ZMR 2012, 129. 3 Vgl. Grziwotz, MietRB 2013, 127 (131). 4 BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, BGHZ 78, 225 = MDR 1981, 216 = NJW 1981, 455. 5 Vgl. BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = DNotZ 2002, 127 = NJW 2001, 1212 = NotBZ 2001, 105 = NZM 2001, 196 = ZfIR 2001, 209 = ZMR 2001, 289 = ZWE 2001, 314. 6 OLG Köln v. 26.8.2002 – 16 Wx 126/02, NZM 2002, 865 = ZMR 2003, 378. 7 OLG Köln v. 21.4.1982 – 2 Wx 13/82, MDR 1982, 757; LG Frankfurt v. 4.3.1992 – 2/9 T 142/92, ZMR 1993, 184; LG Landau v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, NZM 2011, 554; AG Hannover v. 14.3.2006 – 71 II 55/06, ZMR 2007, 152; AG Landau v. 15.12.2010 – 1 C 41/10, BeckRS 2011, 10661; abw. Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 23. 8 Abw. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 117.

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Das Treppenhaus samt Zubehör (Stufen, Geländer, Behindertenlift) ist nach h.M. Gemeinschaftseigentum, sofern es mehr als einer Einheit dient, und zwar auch bei Mehrhausanlagen.1 Sondereigentum ist es nur, wenn es sich in einer Einheit befindet.2 Türen im Innenbereich einer Wohnungs-/Teileigentumseinheit sind Sondereigentum (Abs. 1). Dagegen gehören Wohnungsabschlusstüren einschließlich Terrassentüren zum Gemeinschaftseigentum.3 Gleiches gilt für Keller- und Nebeneingangstüren.4 Türöffner und die an der Haustüre angebrachte Sprecheinrichtung sind Gemeinschaftseigentum.5 Dagegen sind die Sprechstellen der Sprechanlage in der jeweiligen Einheit ab der Abklemmmöglichkeit Sondereigentum.6 Bei Wänden ist zwischen Außen- und Innenwänden sowie bei Letzteren wiederum zwischen tragenden und nicht tragenden Wänden zu unterscheiden. Außenwände sind gemeinschaftliches Eigentum, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen. Gleiches gilt für tragende Innenwände, da sie Bestand und Sicherheit des Gebäudes betreffen. Nur wenn man der Minderansicht folgt (vgl. Rz. 7), kann sich bei Mehrhausanlagen hiervon eine Abweichung ergeben. Nicht tragende Innenwände sind, sofern sie sich nur im Bereich eines Sonder- oder Teileigentums befinden, Sondereigentum. Sofern sie Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten trennen, handelt es sich um Nachbareigentum. Zähler sowie sonstige Messeinrichtungen, sind Sondereigentum, wenn sie sich in einer Einheit befinden und nur dieser dienen (Abs. 1). Ob dies auch bei einer lediglich funktionalen Zuordnung für im Keller befindliche Geräte gilt, ist fraglich. Sind derartige Einrichtungen für mehrere Einheiten oder für alle notwendig, stehen sie im Gemeinschaftseigentum (Abs. 2), auch wenn sie sich in einer Einheit befinden.7

6

Unselbständigkeit des Sondereigentums (1) Das Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden. (2) Rechte an dem Miteigentumsanteil erstrecken sich auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Regelungsgehalt 1. Untrennbarkeit von Sondereigentum und Miteigentumsanteil (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Veräußerung . . . . . . . . . . . . .

3 4

b) Belastung . . . . . . . . . . . . . . c) Verbindung von Wohnungseigentumsrechten . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinigung . . . . . . . . . . bb) Bestandteilszuschreibung . d) Verbindung mit Grundstücken .

9 11 12 14 17

1 BayObLG v. 15.12.1981 – BReg.2 Z 89/81, DNotZ 1982, 246; v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = DNotZ 1986, 706 = ZMR 1986, 209. 2 Vgl. auch OLG Hamm v. 22.6.1992 – 15 W 252/91, NJW-RR 1992, 1296. Weitergehend Armbrüster in Weitnauer, § 5 WEG Rz. 112, wonach es nur auf die Erschließungsfunktion, nicht auf die Einbeziehung in die Einheit ankommt. 3 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 = IMR 2014, 23 = NJW 2014, 379 = NZM 2014, 40 = ZfIR 2014, 15 = ZWE 2014, 81; BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = NJW-RR 2014, 527 = NZM 2014, 125 = WuM 2014, 159 = ZWE 2014, 125; OLG Düsseldorf v. 10.9.1999 – 22 U 35/00, NZM 2000, 193; OLG Düsseldorf v. 4.1.2002 – 3 Wx 293/01, NZM 2002, 571 = ZMR 2002, 445 = ZWE 2002, 279 und OLG Stuttgart v. 20.1.2005 – 2 U 133/04, BauR 2005, 1490. 4 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = BeckRS 2014, 02110. 5 AG Bobingen v. 4.7.1996 – 11 GR 35/96 WEG, NJW-RR 1996, 1297. 6 OLG Köln v. 26.8.2002 – 16 Wx 126/02, NZM 2002, 865 = ZMR 2003, 378. 7 OLG Hamburg v. 30.12.2003 – 2 Wx 73/01, MietRB 2004, 290 = WuM 2004, 360 = ZMR 2004, 291. Ohne Differenzierung für Sondereigentum, wenn innerhalb der Wohnung, Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 101. Vgl. nunmehr auch BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454.

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e) Reale Teilung . . . . . . . . . . . . 2. Rechtseinheit Miteigentumsanteil/ Sondereigentum (Abs. 2) . . . . . . . III. Weitere praktische Hinweise 1. Änderung der Miteigentumsanteilsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragung von Sondereigentum innerhalb der Eigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Isolierte Miteigentumsanteile . . . . 4. Kein isoliertes Sondereigentum . .

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5. Kein Mitsondereigentum . . . . . . . 26 6. Kein isoliertes Sondernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26a 7. Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . 27 8. Kein Verzicht auf Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 9. Kein Aufgebotsverfahren gem. § 927 BGB hinsichtlich einzelner Räume einer Wohnungseigentumsanlage . 28a 10. Kein Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken . . 28b

Schrifttum: Böttcher, Veränderungen beim Wohnungseigentum, BWNotZ 1996, 80; Briesemeister, Das Stimmrecht bei unterteiltem Wohnungseigentum in FS Seuß, 2007, S. 39; Häublein, Gestaltungsprobleme im Zusammenhang mit der abschnittweisen Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen, DNotZ 2000, 442; Hügel, Der nachträgliche Ausbau von Dachgeschossen – Gestaltungsmöglichkeiten in der Gemeinschaftsordnung, RNotZ 2005, 149; Lingk, Die Regelung der Lasten- und Kostentragung im Wohnungseigentumsrecht, RNotZ 2001, 421; Röll, Veräußerung und Zuerwerb von Teilflächen bei Eigentumswohnanlagen, Rpfleger 1990, 277; Schmidt, Balkone als Sondereigentum, MittBayNot 201, 73; Tasche, Kellertausch unter Wohnungseigentümern und verwandte Probleme, DNotZ 1972, 710; Weikart, Bestandsänderungen von Sondereigentumsgrundstücken, NotBZ 1997, 89; Wiedemeyer, Stimmrecht nach Unterteilung von Wohnungseigentum, NZM 2000, 638.

I. Allgemeines 1

Miteigentumsanteil und Sondereigentum bilden eine rechtliche Einheit. Diese Untrennbarkeit wird durch § 6 dokumentiert und bildet einen der Hauptgrundsätze des WEG. Gemäß § 6 Abs. 1 kann das Sondereigentum ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden. Dies hat zur Konsequenz, dass Verfügungen über das Sondereigentum nur durch gleichzeitiges Verfügen über den mit ihm verbundenen Miteigentumsanteil möglich sind. Darüber hinaus erstrecken sich gem. § 6 Abs. 2 die Rechte an dem Miteigentumsanteil auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. Wird der Miteigentumsanteil belastet, wird von dieser Rechtsänderung stets auch das Sondereigentum erfasst.

2

Eine von § 6 abweichende Verfügung, also z.B. Übertragung von nur Sondereigentum oder von nur Miteigentumsanteil, ist unwirksam.1 Anders verhält es sich dagegen bei nicht wesentlichen Bestandteilen und Scheinbestandteilen. Da es sich hierbei nicht um Sondereigentum handelt, kann über diese uneingeschränkt verfügt werden.2 II. Regelungsgehalt 1. Untrennbarkeit von Sondereigentum und Miteigentumsanteil (Abs. 1)

3

Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, weder veräußert noch belastet werden. Das Sondereigentum kann also insbesondere nicht von seinem Miteigentumsanteil getrennt werden und rechtlich selbständig sein. a) Veräußerung

4

Das Wohnungseigentum ist echtes Eigentum i.S.d. BGB. Es kann daher ebenso wie Grundstücksmiteigentumsanteile rechtsgeschäftlich veräußert werden. Von der Veräußerung des Wohnungseigentums werden neben dem Sondereigentum auch etwaige Sondernutzungsrechte und der Anteil am Verwaltungsvermögen erfasst. Für das Verpflichtungsgeschäft gilt § 311b Abs. 1 BGB. Es bedarf also der notariellen Beurkundung. Dinglich erfolgt die Übertragung des Wohnungseigentums durch Erklärung der Auflassung vor einem Notar (§ 925 BGB) und Eintragung in das Grundbuch. 1 BayObLG v. 24.4.1986 – BReg.2 Z 27/85, BayObLGZ 1986, 86. 2 Bassenge in Palandt, BGB, § 6 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 1.

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Auch über ein mangels Grundbuchvollzug noch nicht entstandenes Wohnungseigentum kann bereits ein Veräußerungsvertrag geschlossen werden. Der Vertragsgegenstand ist in diesem Fall hinreichend bestimmt zu bezeichnen (vgl. § 28 GBO). Dies kann auch durch Verweisung nach Maßgabe des § 13a BeurkG auf die notariell beurkundete Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung erfolgen. Auf eine lediglich der Unterschrift nach beglaubigte Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung kann nicht gem. § 13a BeurkG verwiesen werden.1 Diese ist ggf. als Bestandteil des Veräußerungsvertrages mit zu beurkunden.

5

Zu unterscheiden von der Veräußerung des Wohnungseigentums ist die Veräußerung von Grundstücksteilflächen. Diese ist nur durch alle Wohnungseigentümer möglich. Die Verfügung einzelner Miteigentümer reicht nicht aus.2 Die Veräußerung einer Grundstücksteilfläche setzt Auflassung, Aufhebung des Wohnungseigentums an der vermessenen und katasteramtlich fortgeschriebenen Teilfläche, Schließung der Wohnungsgrundbücher hinsichtlich der Teilfläche sowie gegebenenfalls Zustimmung und Freigabe durch dingliche Berechtigte voraus. Eine Vormerkung kann nur gleichzeitig in allen Wohnungsgrundbüchern eingetragen werden.3

6

Unberührt von § 6 Abs. 1 bleibt die Möglichkeit, ideelle Anteile an einem Miteigentumsanteil, der mit einem Sondereigentumsrecht verbunden ist, zu erwerben oder zu veräußern. Wohnungseigentum kann in jeder Rechtsgemeinschaft begründet werden, also z.B. auch in Bruchteilsgemeinschaft.4 Voraussetzung ist hierfür lediglich, dass der mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil durch den Anteilserwerb nicht geändert wird. Das Sondereigentum kann stets nur mit einem Miteigentumsanteil verbunden sein.5 Der Erwerber eines ideellen Anteils an einem Wohnungseigentum wird ideeller Miteigentümer an dem mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteil.

7

Steht ein eintragungsfähiges Recht mehreren gemeinschaftlich zu, so soll die Grundbucheintragung gem. § 47 GBO in der Weise erfolgen, dass entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird. Da die Verfügungsbefugnis des einzelnen Beteiligten bei den unterschiedlichen Gemeinschaftsarten verschieden sind, dient die Sollvorschrift des § 47 GBO der Verwirklichung des Bestimmtheitsgrundsatzes.6 Als Gemeinschaftsverhältnis für die Erwerber von Wohnungseigentum kommen insbesondere in Frage:

8

(1) Miteigentum (Mitberechtigung) nach Bruchteilen. Die Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff., 1008 ff. BGB) ist bei allen Rechten einschließlich Eigentum möglich. Erforderlich ist stets die genaue Angabe der Bruchteile (z.B. zu je 1/ 2 Anteil, je zu 1/ 3 Anteil, etc.). (2) Gesamthandsgemeinschaft. Der Kreis der Gesamthandsgemeinschaften ist im Gesetz abschließend geregelt. Als solche kommen insbesondere in Betracht: BGBGesellschaft (§§ 705 ff. BGB), OHG (§§ 105 ff. HGB) und KG (§§ 161 ff. HGB), nicht rechtsfähiger Verein (§ 54 BGB), Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB), eheliche Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB), fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff. BGB). Umstritten ist, ob bei Erwerb von Grundstückseigentum durch eine bereits bestehende GbR der Nachweis ihres Bestehens, ihres aktuellen Gesellschafterbestandes sowie die Identität mit der bereits bestehenden GbR in einer den Anforderungen des § 29 Abs. 1 GBO genügenden Form nachzuweisen ist. Eine Ansicht verneint die Nachweiseignung einer Erklärung der Gesellschafter über die rechtlichen Verhältnisse der 1 BGH v. 6.4.1979 – V ZR 72/74, MDR 1979, 830 = NJW 1979, 1496. 2 OLG Zweibrücken v. 8.11.1985 – 3 W 210/85, Rpfleger 1986, 93. 3 BayObLG v. 7.2.2002 – 2Z BR 166/01, MittBayNot 2002, 189; a.A. Hoffmann, MittBayNot 2002, 155. 4 Grziwotz in Erman, BGB, § 6 WEG Rz. 3. 5 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250. 6 BGH v. 11.9.1997 – V ZB 11/97, MDR 1997, 1110 = NJW 1997, 3235; OLG Hamm Rpfleger 1973, 250.

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GbR. Existenz und Identität der Gesellschaft sowie die Vertretungsberechtigung der handelnden Personen seien in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Dieser Nachweis könne durch eine in dem notariellen Kaufvertrag enthaltene Erklärung der für die GbR Handelnden nicht geführt werden, da dieser lediglich die Abgabe der Erklärung, nicht aber deren inhaltliche Richtigkeit beweise.1 Eine zweite Auffassung geht ebenfalls von der Anwendbarkeit der Regelung des § 29 GBO aus. Sie meint aber in Anlehnung an die Grundsätze zur Vollmachtsbestätigung, dass eine anlässlich der Beurkundung des Kaufvertrags erteilte Bestätigung der Existenz, des Gesellschafterbestands und der Vertretungsverhältnisse der GbR durch die für sie Handelnden regelmäßig ausreichend sei, um die Eintragungsvoraussetzungen in der gebotenen Form nachzuweisen.2 Demgegenüber hält Reymann3 einen in der Form des § 29 GBO zu führenden Nachweis der rechtlichen Verhältnisse der GbR nicht für erforderlich.4 Zwar müssten die für die Gesellschaft handelnden Personen bei der Auflassung Erklärungen zur Existenz, Identität und Vertretung der GbR abgeben. Ein Nachweis, dass diese Angaben richtig sind, könne das Grundbuchamt aber grundsätzlich nicht verlangen. Das sei eine Folge der Regelung des § 47 Abs. 2 GBO, auf Grund derer das Recht der GbR grundbuchrechtlich durch die Gesellschafter „mediatisiert“ werde, weshalb es eines auf die GbR bezogenen Nachweises nicht bedürfe. Anders sei es nur dann, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Unrichtigwerden des Grundbuchs vorlägen. Dieser Auffassung hat sich auch der BGH angeschlossen.5 Er hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei Erwerb von Grundstückseigentum durch eine bereits bestehende GbR für die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch ausreicht, wenn die GbR und ihre Gesellschafter in der notariellen Auflassungsverhandlung benannt sind und die für die GbR Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind; weiterer Nachweise der Existenz, der Identität und der Vertretungsverhältnisse dieser GbR bedürfe es gegenüber dem Grundbuchamt nicht. b) Belastung 9

Wohnungseigentum ist wie ein Miteigentumsanteil am Grundstück belastbar. In Betracht kommt insbesondere die Bestellung von Grundpfandrechten (§§ 1113 ff. BGB), dinglichen Vorkaufsrechten (§§ 1094 ff. BGB), Reallasten (§§ 1105 ff. BGB), Nießbrauchrechten (§§ 1030 ff. BGB), Dienstbarkeiten (§§ 1018 ff., §§ 1090 ff. BGB) und Dauerwohnrechten (§§ 31 ff.). Mit einem Unterwohnungseigentum kann ein Wohnungseigentum nicht belastet werden.6 Ebenso nicht möglich ist die Bestellung eines 1 OLG München v. 20.7.2010 – 34 Wx 63/10, ZIP 2010, 1496, 1497; OLG Nürnberg v. 8.4.2010 – 10 W 277/10, MDR 2010, 1419 = ZIP 2010, 1344, 1345; OLG Hamm v. 2.11.2010 – I-15 W 440/10, ZIP 2010, 2245, 2247; OLG Rostock v. 14.9.2010 – 3 W 100/10, NotBZ 2011, 64, 66; OLG Köln v. 13.12. 2010 – 2 Wx 137/10, FGPrax 2011, 13, 16; KG v. 25.11.2010 – 1 W 417/10, Rpfleger 2011, 200 f.; OLG Bamberg v. 9.2.2011 – 3 W 176/10; OLG Karlsruhe v. 8.4.2011 – 11 Wx 127/10; Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 169 (182); Heinze, ZNotP 2010, 409 (414) (großzügiger RNotZ 2010, 289 [303]); Lautner, DNotZ 2009, 650 (658); Lautner, MittBayNot 2010, 286 (289); Lautner, MittBayNot 2011, 32 f.; Demharter, EWiR 2010, 489 f.; Schneider, ZfIR 2010, 728 f.; wohl auch Hügel/Knobloch, DB 2010, 2433 (2436). 2 OLG Saarbrücken v. 26.2.2010 – 5 W 371/09, DNotZ 2010, 301 (303); OLG Oldenburg v. 19.7.2010 – 12 W 133/10, ZIP 2010, 1846 f.; OLG Brandenburg v. 7.10.2010 – 5 Wx 77/10, NJW-RR 2011, 166 (168); OLG Dresden v. 21.10.2010 – 17 W 1065/10, NotBZ 2010, 463 f.; Reetz in Hügel, § 47 Rz. 112; Albers, ZfIR 2010, 705 (708); Böttcher, ZfIR 2009, 613 (618); Böttcher, NJW 2010, 1647 (1655); Böttcher, ZNotP 2010, 173 (176 f.); Böttcher, AnwBl. 2011, 1 (5); Böttcher, NJW 2011, 822 (830); Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, Rz. 286 (strenger aber notar 2009, 429 [437] und notar 2010, 360 [363]); Miras, DStR 2010, 604 (608); Werner, MDR 2010, 721 (723); Zimmer, ZfIR 2010, 332 f.; wohl auch Böhringer, NotBZ 2009, 86 (88 f.); Weimer, NotBZ 2010, 195 f. 3 Reymann, ZNotP 2011, 84 (101 ff.). 4 Im Ergebnis ebenso Ruhwinkel, DNotZ 2010, 304 f.; Ruhwinkel, MittBayNot 2009, 177 (180); Ruhwinkel, MittBayNot 2009, 421 (424). 5 BGH v. 28.4.2011 – V ZB 194/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 221 = DB 2011, 1323 = DNotIReport 2011, 92 = DStR 2011, 1041 = EWiR 2011, 347 = GWR 2011, 257 = NJW 2011, 1958 = NJW-Spezial 2011, 366 = NotBZ 2011, 219 = NWB 2011, 2112 = StBW 2011, 621 = WM 2011, 1145 = ZIP 2011, 1003. 6 OLG Köln v. 20.2.1984 – 2 Wx 29/83, MDR 1984, 583 = Rpfleger 1984, 268.

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Erbbaurechtes, wohl aber die Aufteilung eines Erbbaurechtes in Wohnungs- und/ oder Teilerbbaurechte (vgl. § 30). Eine Dienstbarkeit kann zu Lasten eines einzelnen Wohnungseigentums nur bestellt werden, wenn sie sich auf das Sondereigentum beschränkt und nicht Rechte betrifft, die der Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit zustehen.1 Ist das gemeinschaftliche Eigentum betroffen, z.B. das Gesamtgrundstück, kann die Dienstbarkeit nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer bestellt werden.2 Dies gilt auch, wenn das Recht nur auf einen realen Grundstücksteil oder auf ein Sondernutzungsrecht beschränkt ist.3

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c) Verbindung von Wohnungseigentumsrechten Zwei oder mehrere Wohnungseigentumsrechte können rechtlich miteinander verbunden werden, indem sie entweder vereinigt werden (§ 890 Abs. 1 BGB) oder ein Wohnungseigentumsrecht einem anderen als Bestandteil zugeschrieben wird (§ 890 Abs. 2 BGB).4 Formell-rechtlich ist beides nur zulässig, wenn keine Verwirrung5 zu besorgen ist (§§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 GBO). Dies wäre der Fall, wenn mit Eintragung der Vereinigung bzw. Bestandteilszuschreibung der Grundbuchstand derart unübersichtlich und schwer verständlich würde, dass der gesamte grundbuchrechtliche Rechtszustand nicht mehr mit der für den Grundbuchverkehr notwendigen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar wäre und die Gefahr von Streitigkeiten und Verwicklungen, vor allem im Falle einer Zwangsversteigerung, bestünde.6 Streitig war, ob die Besorgnis einer Verwirrung begründet ist, wenn die Wohnungseigentumsrechte mit verschiedenen Grundpfandrechten belastet sind. In seinem Beschluss vom 26.9.2013 hat der BGH noch entschieden, dass dies nicht der Fall sei.7 Der Gesetzgeber ist mit der Änderung des § 5 GBO mittlerweile jedoch einen anderen Weg gegangen. Gem. §§ 5 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 2 GBO soll eine Vereinigung bzw. Bestandteilszuschreibung unterbleiben, wenn die Grundstücke bzw. Wohnungseigentumsrechte im Zeitpunkt der Vereinigung bzw. Bestandteilszuschreibung mit unterschiedlichen Grundpfandrechten oder Reallasten oder mit denselben Grundpfandrechten oder Reallasten in unterschiedlicher Rangfolge belastet sind. Nicht erforderlich ist, dass die Räumlichkeiten neben- oder übereinander liegen; § 5 Abs. 2 Satz 1 GBO ist insoweit nicht entsprechend anwendbar.8 Sowohl die Vereinigung wie auch die Bestandteilszuschreibung bedürfen eines notariell beglaubigten Antrages des Grundstückseigentümers (§ 29 GBO).

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Die Zustimmung der übrigen Miteigentümer, des Verwalters oder eines Dritten ist, sofern nicht gem. § 12 vereinbart,9 grundsätzlich nicht erforderlich.10 Da durch die

11a

1 BGH v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, BGHZ 107, 289 = MDR 1989, 896; OLG Hamm v. 8.5.2000 – 15 W 103/00, NZM 2000, 831. 2 Vgl. OLG Hamm v. 10.1.2006 – 15 W 437/04, DNotZ 2006, 623. 3 BayObLG v. 24.10.1974 – BReg. 2 Z 51/74, NJW 1975, 59; OLG Zweibrücken v. 22.12.1998 – 3 W 232/98, FGPrax 1999, 44. 4 BayObLG v. 24.11.1998 – 2Z BR 152/98, DNotZ 1999, 674; v. 23.3.2000 – 2Z BR 167/99, MittBayNot 2000, 319; OLG Hamm v. 10.6.1999 – 15 W 11/99, MittRhNotK 1999, 344; OLG Hamburg v. 18.3.2004 – 2 Wx 2/03, MietRB 2004, 289 = MittBayNot 2004, 361; KG v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, MDR 1989, 1101 = NJW-RR 1989, 1360. 5 Siehe hierzu Stöber, MittBayNot 2001, 281 sowie OLG Düsseldorf v. 19.1.2000 – 3 Wx 438/99, MittBayNot 2001, 74; LG München I v. 19.8.2003 – 13 T 15066/03, MittBayNot 2004, 131. 6 Vgl. KG v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, MDR 1989, 1101 = Rpfleger 1989, 500; OLG Hamm Rpfleger 1968, 121; OLG Düsseldorf DNotZ 1971, 479; BayObLG v. 18.11.1993 – 2Z BR 108/93, DNotZ 1994, 242. 7 BGH v. 26.9.2013 – V ZB 152/12, MDR 2014, 82 f. = MietRB 2014, 44 f. = NJW 2014, 1002 = NotBZ 2014, 97. 8 Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 17; a.A. BayObLG v. 5.12.2002 – 2Z BR 73/02, DNotZ 2003, 352. 9 Fritsch in Köhler/Bassenge, 2. Aufl., Teil 17 Rz. 19; a.A. Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz 262. 10 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = ZMR 2001, 289; OLG Hamburg v. 19.1.2004 – 2 Wx 78/01, MietRB 2004, 292 = ZMR 2004, 366 f.; OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 49/08, ZWE 2009, 25.

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Vereinigung keine Beeinträchtigung der dinglich Berechtigten verbunden sein kann, müssen diese nicht zustimmen.1 Erfordert die Vereinigung eine bauliche Veränderung, insbesondere einen Mauerdurchbruch, so ist zu differenzieren: Ein nichttragendes Gebäudeteil kann ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer beseitigt werden.2 Eine tragende Wand darf als Eingriff in das Gemeinschaftseigentum grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer beseitigt oder verändert werden, §§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1.3 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn eine Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist, weil es etwa an einem Eingriff in die Standsicherheit fehlt. aa) Vereinigung 12

Die nach der Vereinigung entstandenen Räumlichkeiten müssen nicht den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 genügen, also nicht abgeschlossen sein.4 Sofern die Teilungserklärung keine anderweitige Regelung enthält, ist eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nicht erforderlich.5 Dies gilt auch, wenn in der Wohnungseigentümerversammlung eine Stimme entfällt.6 Voraussetzung der Vereinigung sind allerdings gleiche Eigentumsverhältnisse.7

13

Die vereinigten Wohnungseigentumsrechte verlieren ihre Selbständigkeit und werden nichtwesentliche Bestandteile des einheitlichen Wohnungseigentumsrechts.8 Die bisherigen Belastungen der einzelnen Wohnungseigentumsrechte bleiben jedoch an den entsprechenden Teilwohnungseigentumsrechten bestehen. Sie greifen nicht auf die anderen Wohnungseigentumsteile über.9 In einem solchen Fall ist der Gläubiger des Rechts, das auf dem früheren selbständigen Wohnungseigentum gelastet hat, nicht gehindert, einem Zwangsversteigerungsverfahren beizutreten, das das vereinigte neue Wohnungseigentum betrifft. Nach der Vereinigung aufgenommene Belastungen erfassen das ganze – neue – Wohnungseigentum. bb) Bestandteilszuschreibung

14

Die Bestandteilszuschreibung führt dazu, dass das zugeschriebene Wohnungseigentum unter Verlust seiner rechtlichen Selbständigkeit nichtwesentlicher Bestandteil des einheitlichen Wohnungseigentums wird. Auf dem Hauptwohnungseigentum lastende Grundpfandrechte erstrecken sich gem. §§ 1192 Abs. 1, 1131 BGB auf das zugeschriebene Wohnungseigentum, gehen aber den bereits auf dem zugeschriebenen Wohnungseigentum eingetragenen Belastungen im Rang nach. Die Pfanderstreckung tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es einer rechtsgeschäftlichen Nachverpfändung bedarf, und erfasst auch die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung nach § 800 ZPO.

15

Der Antrag auf Bestandteilszuschreibung löst beim Notar eine 0,5 Gebühr nach KV 21201 Nr. 4 GNotKG aus einem Teilwert (20–25 %) des zugeschriebenen Wohnungseigentums aus. Die Bestandteilszuschreibung ist daher wesentlich kostengünstiger als eine Vereinigung und Nachverpfändung etwaiger Grundpfandrechte. Für die Vereinigung würde eine 0,5 Gebühr nach KV 21201 Nr. 4 GNotKG aus einem Teilwert der zu1 Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 261 m.w.N. 2 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = ZMR 2001, 289. 3 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (396) = MDR 1992, 484 = ZMR 1992, 167; BayObLG v. 14.1.1999 – 2Z BR 125/98, FGPrax 1999, 53 = ZMR 1999, 273. 4 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, MDR 2001, 497 = NJW 2001, 1212; BayObLG BayObLGZ 1971, 102; v. 24.11.1998 – 2Z BR 152/98, ZMR 1999, 266; v. 23.2.2000 – 2Z BR 167/99, ZMR 2000, 468; KG v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, MDR 1989, 1101 = NJW-RR 1989, 1360; v. 19.2.1993 – 24 W 3563/92, NJW-RR 1993, 909; OLG Hamburg v. 19.1.2004 – 2 Wx 78/01, MietRB 2004, 292 = ZMR 2004, 366. 5 Commichau in MünchKomm/BGB, § 6 WEG Rz. 5; Rapp in Staudinger, BGB, § 6 WEG Rz. 13. 6 OLG Stuttgart v. 6.6.1977 – 8 W 357/76, OLGZ 77, 431. 7 OLG Zweibrücken v. 8.2.1990 – 3 W 163/89, NJW-RR 1990, 782. 8 Vgl. OLG Saarbrücken OLGZ 1972, 137; BGH Rpfleger 1978, 52. 9 Vgl. BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, MDR 2006, 622 = MittBayNot 2006, 227; OLG Saarbrücken OLGZ 1972, 137; s.a. BayObLG v. 5.12.2002 – 2Z BR 73/02, DNotZ 2003, 352; OLG Hamm v. 21.1. 2003 – 15 W 461/02, DNotZ 2003, 355.

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sammengerechneten Werte der Wohnungseigentumsrechte und für die Nachverpfändung vollstreckbarer Grundschulden eine 1,0 Gebühr nach KV 21200 GNotKG aus dem Grundschuldwert bzw. dem geringeren Wert des Wohnungseigentums anfallen. Grundpfandrechte, die auf dem zugeschriebenen Wohnungseigentum lasten, erfassen nicht das Hauptwohnungseigentum.1 Ebenso bleiben die anderen Rechte, wie etwa Reallasten, Vorkaufsrechte, Dienstbarkeiten, in ihrem bisherigen Umfang bestehen. Neue Belastungen erstrecken sich auf das einheitliche Wohnungseigentum.

16

d) Verbindung mit Grundstücken Ein ganzes Grundstück kann mit einem Wohnungseigentumsrecht vereinigt oder diesem als Bestandteil zugeschrieben werden.2 Gleiches gilt für die Verbindung eines Grundstücks mit dem Wohnungseigentumsgrundstück.3 Nicht möglich ist dagegen die Vereinigung oder Bestandteilszuschreibung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück mit bzw. zu einem Wohnungseigentumsrecht.4

17

e) Reale Teilung Ein Grundstück kann in der Weise geteilt werden, dass ein Teil im Grundbuch abgeschrieben und als selbständiges Grundstück eingetragen wird. Anerkannt ist, dass eine entsprechende Realteilung auch bei Wohnungseigentumsrechten möglich ist, sofern in sich geschlossene Raumeinheiten entstehen. Die Realteilung ist entsprechend § 8 wie eine Aufteilung durch den Alleineigentümer zu behandeln.5 Es bedarf dementsprechend neben des Antrags des Eigentümers in öffentlich beglaubigter Form (§ 29 GBO) eines Aufteilungsplans und einer Abgeschlossenheitsbescheinigung.6 Die Pflicht zur Vorlage eines aktualisierten Unterteilungsplanes und einer Abgeschlossenheitsbescheinigung für die neu zu bildenden Einheiten folgt aus einer analogen Anwendung des § 8 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 4.7 Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn von vornherein bereits in sich abgeschlossene Räume durch Unterteilung getrennt werden. Sonst kann von der Vorlage der Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht abgesehen werden, auch wenn das Grundbuchamt durch die Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht gebunden ist und die Voraussetzungen der Abgeschlossenheit (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1) selbst überprüfen kann.8 Sofern die Teilungserklärung keine anderweitige Regelung enthält, ist eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zur Teilung nicht erforderlich.9 Gleiches gilt für die Weiterveräußerung solcher Teile.10 Dinglich Berechtigte müssen ebenfalls nicht zustimmen.11

18

Erfordert die Unterteilung eine bauliche Veränderung, die sich auf das Gemeinschaftseigentum (§ 22 Abs. 1) oder das Sondereigentum anderer Miteigentümer auswirkt, ist deren Zustimmung nach den allgemeinen Grundsätzen erforderlich, wenn ein über das in § 14 Nr. 1 bezeichnete Maß hinausgehender Nachteil vorliegt.12 Ob etwa erforderliche bauliche Veränderungen mit Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer vorgenommen wurden, hat das Grundbuchamt nicht zu prüfen.13

18a

1 Vgl. BayObLG v. 19.8.1994 – 2Z BR 75/94, Rpfleger 1995, 151. 2 OLG Hamm v. 12.10.1995 – 15 W 260/95, NJW-RR 1996, 1100; BayObLG v. 23.7.1993 – 2Z BR 69/93, NJW-RR 1994, 403; a.A. OLG Zweibrücken v. 8.2.1990 – 3 W 163/89, DNotZ 1991, 605. 3 OLG Oldenburg v. 27.10.1976 – 5 Wx 44/76, Rpfleger 1977, 22. 4 Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 20. 5 Commichau in MünchKomm/BGB, § 6 WEG Rz. 6; Rapp in Staudinger, BGB, § 6 WEG Rz. 3. 6 BayObLG v. 24.2.1994 – 2Z BR 122/93, NJW-RR 1994, 716; OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, ZWE 2001, 395. 7 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 93. 8 OLG München v. 27.5.2011 – 34 Wx 161/10, MietRB 2011, 321 = ZfIR 2011, 584; BayObLG v. 20.10.1988 – BReg.2 Z 94/88, Rpfleger 1989, 99. 9 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250. 10 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 2/78, MDR 1979, 389 f. = NJW 1979, 870; BayObLG v. 5.12.1985 – BReg.2 Z 67/85, NJW-RR 1986, 244. 11 Grziwotz in Erman, BGB, § 6 WEG Rz. 2. 12 OLG München v. 10.4.2006 – 34 Wx 21/06, ZMR 2006, 643. 13 BayObLG v. 15.1.1998 – 2Z BR 30/97, DNotZ 1999, 210.

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Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ist nicht erforderlich, u.U. aber eine Genehmigung gem. §§ 22, 172 BauGB. 19

Die Teilung führt nicht zu einer Vermehrung des Stimmrechts, weder bei einem Kopf-1 oder Objektstimmrecht2 noch bei der Geltung des Wertprinzips.3 Belastungen setzen sich nach der Unterteilung an den neuen Einheiten als Gesamtrecht fort.4 Ein der unterteilten Wohnung zustehendes Sondernutzungsrecht steht den beiden Wohnungen gemeinschaftlich entsprechend §§ 741 ff. BGB zu, es sei denn, das Sondernutzungsrecht wurde einer der Wohnungen ausschließlich zugewiesen.5

19a

Soll nach der Teilungserklärung die Unterteilung von Wohnungseigentum in entsprechender Anwendung von § 12 der Zustimmung des Verwalters unterworfen werden, muss dies wegen des Ausnahmecharakters deutlich zum Ausdruck kommen. Verlangt die Teilungserklärung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Eingriffen in Geschoßdecken und Wänden die schriftliche Zustimmung des Verwalters unter Erbringung der hierzu erforderlichen technischen und statischen Angaben, bezieht sich dieses Zustimmungserfordernis regelmäßig nicht auch auf die im gleichen Abschnitt geregelte Zulässigkeit der Unterteilung an sich.6 2. Rechtseinheit Miteigentumsanteil/Sondereigentum (Abs. 2)

20

Rechte am Miteigentumsanteil erstrecken sich gem. § 6 Abs. 2 auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. Dies bedeutet, dass eine Belastung des Miteigentumsanteils stets eine Belastung des Sondereigentums nach sich zieht. III. Weitere praktische Hinweise 1. Änderung der Miteigentumsanteilsgröße

21

Die Größe der Miteigentumsanteile kann durch Vereinbarung der beteiligten Miteigentümer ohne Änderung des Sondereigentums verändert werden (Quotenänderung).7 Eine Beteiligung der Miteigentümer, deren Anteile keine Änderung erfahren, ist nicht erforderlich.8 Die Übertragung erfolgt durch Auflassung (§ 925 BGB) und Eintragung in das Grundbuch. Die Grundbucheintragung der Quotenänderung darf nur bei Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgen, § 22 GrEStG. Das Verpflichtungsgeschäft ist gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkunden. Es bedarf der Zustimmung der dinglich Berechtigten am verlierenden Miteigentumsanteil.9 Die am erwerbenden Miteigentumsanteil lastenden Grundpfandrechte und Reallasten müssen auf den hinzuerworbenen Anteil erstreckt werden,10 wobei in der Zustimmung zur Quotenänderung regelmäßig auch die Pfanderstreckungserklärung erblickt werden kann.11 Ein Sondernutzungsrecht verbleibt – so1 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413; v. 24.11.1978 – V ZB 2/78, MDR 1979, 389 f. = NJW 1979, 870; OLG Stuttgart v. 23.2. 2004 – 8 W 475/03, ZMR 2005, 478; Wedemeyer, NZM 2000, 638; a.A. KG v. 15.9.1999 – 25 W 9353/97, NZM 2000, 671; OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696. 2 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413; OLG Hamm v. 12.3.2002 – 15 W 358/01, ZMR 2002, 859; KG v. 18.11.1998 – 24 W 4180/97, NZM 1999, 850; OLG Düsseldorf v. 24.1.1990 – 3 Wx 571/89, MDR 1990, 633; Wedemeyer, NZM 2000, 638; a.A. Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Rz. 44. 3 Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG, Rz. 71; Wedemeyer, NZM 2000, 638. 4 Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 16. 5 Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 250. 6 OLG München v. 23.7.2013 – 34 Wx 210/13, MDR 2014, 84 = MietRB 2013, 299 = FGPrax 2013, 255 = ZfIR 2013, 747 = ZMR 2013, 2. 7 BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MDR 1977, 41 f. = NJW 1976, 1976; BayObLG v. 16.4.1993 – 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 411/97, MittBayNot 1999, 290. 8 Grziwotz in Erman, BGB, § 6 WEG Rz. 4. 9 BayObLG v. 16.4.1993 – 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 411/97, MittBayNot 1999, 290. 10 BayObLG v. 16.4.1993 – 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 411/97, MittBayNot 1999, 290; a.A. Streuer, Rpfleger 1992, 181. 11 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 6 WEG Rz. 9.

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fern kein anderweitiger rechtsgeschäftlicher Wille geäußert wurde – beim verlierenden Miteigentumsanteil. 2. Übertragung von Sondereigentum innerhalb der Eigentümergemeinschaft Kein Fall des § 6 Abs. 1 ist es, wenn ein Wohnungseigentümer unter Beibehaltung seines Miteigentumsanteils Gegenstände des Sondereigentums an einen anderen Wohnungseigentümer überträgt oder zwei Wohnungseigentümer unter Beibehaltung ihres jeweiligen Miteigentumsanteils das Sondereigentum vollständig tauschen.1 Zur dinglichen Rechtsänderung sind Auflassung (§ 925 BGB) und Grundbucheintragung erforderlich. Für das Verpflichtungsgeschäft gilt § 311b Abs. 1 BGB. Die am aufnehmenden Miteigentumsanteil lastenden Rechte erstrecken sich kraft Gesetzes auf das hinzugekommne Sondereigentum (§ 6 Abs. 2). Einer Nachverpfändung bedarf es daher nicht.2 Ein Wohnungseigentümer, dem zwei Wohnungen gehören, kann ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer Räume des einen Sondereigentums dem anderen Sondereigentum zuordnen.3 Das Erfordernis der Abgeschlossenheit und der etwaige Nachweis ggü dem Grundbuchamt sind keine Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Ab- bzw. der Zuschreibung.4 Das Grundbuchamt kann nicht verlangen, dass die neu zugeordneten Räume so umbenannt werden, dass nicht Räume mit gleicher Nummer zu unterschiedlichen Einheiten gehören.5 Die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ist erforderlich. Bestehen an der Einheit, von der Sondereigentum übertragen werden soll, Sondernutzungsrechte, so gehen diese nur über, wenn eine entsprechende Einigung der beteiligten Wohnungseigentümer erklärt wurde (vgl. § 13 Rz. 24).6

22

3. Isolierte Miteigentumsanteile Das WEG sieht isolierte Miteigentumsanteile nicht vor.7 Solche können jedoch entstehen, falls das mit einem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum nicht entsteht oder untergeht.8 Die Existenz der isolierten Miteigentumsanteile rechtfertigt sich dadurch, dass ansonsten die Teilungserklärung unwirksam wäre.

23

Ein isolierter Miteigentumsanteil wächst den übrigen Miteigentümern nicht entsprechend § 738 Abs. 1 BGB zu, da sie nicht gesamthänderisch verbunden sind. Vielmehr sind alle Miteigentümer in einem solchen Fall aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses verpflichtet, an einer Änderung der Teilungserklärung dergestalt mitzuwirken, dass die Miteigentumsanteile mit den für sie zur Verbindung vorgesehenen Sondereigentumseinheiten verbunden oder auf die übrigen Miteigentumsanteile verteilt werden.9

24

Ein einzelnes Teileigentum kann dadurch aufgehoben werden, dass das Sondereigentum in gemeinschaftliches Eigentum umgewandelt und der Miteigentumsanteil einem bestehenden Wohnungseigentum zugeschlagen wird. Dingliche Rechte an dem aufgehobenen Teileigentum erlöschen.10 § 5 Abs. 4 spielt in diesem Zusammenhang

24a

1 BayObLG v. 2.2.1984 – BReg.2 Z 125/83, DNotZ 1984, 381; Armbrüster in Bärmann, § 6 WEG Rz. 7. 2 LG Düsseldorf v. 9.1.1986 – 25 T 461 u. 462/85, MittRhNotK 1986, 78. 3 OLG München v. 17.7.2013 – 34 Wx 10/13, MietRB 2013, 329. 4 OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 049/08, MDR 2008, 1386 = MietRB 2009, 13 = RNotZ 2009, 46. 5 Grziwotz, DNotZ 2009, 405; a.A. OLG München v. 13.8.2010 – 34 Wx 105/10, MDR 2011, 218 = MietRB 2011, 19 = ZWE 2010, 421. 6 Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rn 275. 7 Vgl. Röll, WE 1991, 340; Ertl, WE 1992, 219. 8 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447; v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139. 9 Vgl. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139; OLG Hamm v. 14.8.1990 – 15 W 87/89, NJW-RR 1991, 335; OLG München v. 14.7.2008 – 34 Wx 37/08, NZM 2008, 810; OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 43/10, MietRB 2010, 331 = NJW-RR 2010, 1525 = NZM 2010, 749–750. 10 Demharter, GBO, Anh. zu § 3 Rz. 94.

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keine Rolle, weil es nicht um Sondernutzungsrechte, sondern um Sondereigentum geht. Weil die Aufhebung von Teileigentum zu einer Inhaltsänderung der übrigen Wohnungseigentumsrechte führt, ist dazu die Einigung aller Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung (§ 4 Abs. 1 und 2) und die Eintragung in das Grundbuch aufgrund Bewilligung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Ein Wohnungseigentümer kann den übrigen Wohnungseigentümern nicht einen Teil seines Sondereigentums als Gemeinschaftseigentum „aufdrängen“.1 Ferner bedarf es der Zustimmung der dinglich Berechtigten an allen Wohnungseigentumsrechten und deren grundbuchrechtlicher Bewilligung.2 4. Kein isoliertes Sondereigentum 25

Isoliertes Sondereigentum kann infolge der Unselbständigkeit des Sondereigentums bei der Begründung von Wohnungseigentum nicht entstehen. Räume, die keinem Miteigentumsanteil zugeordnet werden, verbleiben Gemeinschaftseigentum (§ 1 Abs. 5).3 5. Kein Mitsondereigentum

26

Auch Mitsondereigentumsrecht existiert nicht. Verschiedene Miteigentumsanteile können nicht mit demselben Sondereigentum verbunden werden4 (vgl. aber § 5 Rz. 49 ff.). 6. Kein isoliertes Sondernutzungsrecht

26a

Eine – isolierte – Übertragung von Sondernutzungsrechten auf außenstehende Dritte, d.h. losgelöst vom Sondereigentum, dem sie zugeordnet sind, verstößt gegen den wohnungseigentumsrechtlichen Grundsatz der zwingenden Verbindung des Sondereigentums mit einem Miteigentumsanteil.5

26b

In der Teilungserklärung (§ 8) kann dem alleinteilenden Eigentümer die Befugnis eingeräumt werden, nachträglich Sondernutzungsrechte an bestimmten Räumen zugunsten einzelner Sondereigentumseinheiten zuzuordnen.6 Für den Umfang der Befugnis sind die für Grundbucherklärungen geltenden Grundsätze anzuwenden, es ist auf den Wortlaut und Sinn der Teilungserklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Die Auslegung muss im Übrigen zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führen.7 7. Zwangsvollstreckung

27

Die Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum findet wie bei einem gewöhnlichen Grundstücksmiteigentumsanteil statt (vgl. § 864 Abs. 2 ZPO).8 Sie erfolgt gem. § 866 Abs. 1 ZPO durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Gläubiger einer Zwangshypothek kann auch die teilrechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sein,9 zu deren Bezeichnung die in § 10 Abs. 6 S. 4 geforderten Angaben genügen. So1 2 3 4 5 6 7 8 9

Demharter, NZM 2000, 1196. Demharter, GBO, Anh. zu § 3 Rz. 94; siehe auch Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 233. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798. BayObLG v. 13.8.1998 – 2Z BR 75/98, MittBayNot 2000, 230. BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732; siehe auch LG Schwerin v. 24.7.2008 – 5 T 165/05, NotBZ 2009, 35. S. etwa OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138 = FGPrax 2009, 57/58. OLG München v. 27.4.2011 – 34 Wx 149/10, MietRB 2011, 321 = ZWE 2011, 264; vgl. auch BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 56/93, BayObLGZ 1993, 259. Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 204; Bassenge in Palandt, BGB, § 6 WEG Rz. 10; Stürner in Soergel, BGB, § 1 WEG Rz. 3; a.A. Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz 64; Stöber in Zöller, § 864 ZPO Rz. 2: Zwangsvollstreckung wie in Grundstück. Vgl. BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 f. (237) = NJW 2005, 2061 = DNotZ 2005, 776 = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = Rpfleger 2005, 521 mit Anm. Dümig = NotBZ 2005, 327 = FGPrax 2005, 143 = WM 2005, 1423 = ZfIR 2005, 506 mit Anm. Lüke = ZIP 2005, 1233 = EWiR 2005, 715 (Pohlmann) = ZNotP 2005, 381; BT-Drucks. 16/887 S. 56.

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§6

Unselbständigkeit des Sondereigentums

weit den Wohnungseigentümern daneben überhaupt noch eigene Ansprüche zustehen können, müssen diese namentlich als Gläubiger ins Grundbuch eingetragen werden.1 Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung richten sich nach dem ZVG. Hausgeldansprüche werden dort nach Maßgabe der §§ 10 Abs. 1 Nr. 2, 156 ZVG privilegiert. Die Untrennbarkeit von Miteigentumsanteil und Sondereigentum hat zur Folge, dass nicht isoliert der Miteigentumsanteil oder das Sondereigentum gepfändet werden können.2 Auch der „Anteil“ am Verwaltungsvermögen ist nicht selbstständig pfändbar,3 er zählt vielmehr zum Verwaltungsvermögen und kann daher nur durch Zwangsvollstreckung aus einem Titel gegen die Gemeinschaft erfasst werden. 8. Kein Verzicht auf Wohnungseigentum Ein einzelner Eigentümer kann sein Wohnungs- oder Teileigentum nicht durch Verzicht aufgeben.4 Möglich ist aber ein Verzicht aller Wohnungseigentümer auf das ganze Grundstück.

28

9. Kein Aufgebotsverfahren gem. § 927 BGB hinsichtlich einzelner Räume einer Wohnungseigentumsanlage Nach § 927 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks, wenn das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden. Ob Wohnungseigentum als der zwingend mit einem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil einem Aufgebotsverfahren zugänglich ist, ist noch nicht abschließend geklärt.5 Keinesfalls möglich ist dies an Teilen des Sondereigentums allein, etwa eines Kellerraums. Ein solcher Raum stellt für sich genommen weder einen realen Grundstücksteil noch einen Miteigentumsanteil dar. Er kann, sofern er nach der maßgeblichen Teilungserklärung nicht zum Gemeinschaftseigentum gehören soll (§ 5 Abs. 3), unter Beachtung des Bestimmtheitsgebots dem Sondereigentum einer bestimmten Wohnung zugeordnet werden (§ 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1). § 6 schreibt die untrennbare Verknüpfung von Miteigentumsanteil und Sondereigentum gesetzlich fest. Verfügungen über Teile des Sondereigentums ohne gleichzeitiges Verfügen über den damit verbundenen Miteigentumsanteil sind zwar in bestimmten Fällen nicht ausgeschlossen (vgl. Rz. 22). Jedoch würde die Anwendung von § 927 BGB zunächst die Herrenlosigkeit bewirken und erst in zweiter Linie ein Aneignungsrecht (§ 927 Abs. 2 BGB) des Besitzers schaffen, der zudem nicht zwingend Wohnungseigentümer sein müsste. Dies verträgt sich nicht mit dem Wesen der Eigentümergemeinschaft und widerspricht auch dem Verbot isolierten Sondereigentums.6

28a

10. Kein Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken Wohnungseigentum und Teileigentum können nach § 1 Abs. 4 nicht in der Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. Soll das Wohnungs- und Teileigentum an mehreren bislang rechtlich selbständigen Grundstücken, begründet werden, bedarf es der vorherigen Zusammenführung zu einem Grundstück im Rechtssinne; dies geschieht entweder durch Vereinigung gemäß § 890 Abs. 1 BGB oder Bestandteilszuschreibung gemäß 1 Vgl. BT-Drucks. 16/887, 36. 2 Schneider in Riecke/Schmid, § 6 WEG Rz. 43. 3 KG v. 15.2.1988 – 24 W 3007/87, NJW-RR 1988, 844; v. 29.3.1995 – 24 W 4812/94, NJW-RR 1995, 975; a.A. BayObLG v. 23.2.1995 – 2Z BR 113/94, BayObLGZ 1995, 103 = DNotZ 1995, 627 = NJW-RR 1995, 852; v. 25.7.1984 – BReg.2 Z 108/83, BayObLGZ 1984, 198 = MDR 1984, 1028 = DNotZ 1985, 416 = Rpfleger 1984, 428. 4 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547; a.A. Kanzleiter, NJW 1996, 905. 5 Bejahend Grün in Bamberger/Roth, BGB, § 927 BGB Rz. 3; Bärmann/Pick, § 3 WEG Rz. 30; zweifelnd Pfeifer in Staudinger, BGB, § 927 Rz. 4 m.w.N.; auch Bassenge in Palandt, BGB, § 927 BGB Rz. 1, § 6 WEG Rz. 8. 6 OLG München v. 29.7.2010 – 34 Wx 022/10, MietRB 2010, 330 = FGPrax 2010, 263; v. 29.7.2010 – 34 Wx 033/10, Rpfleger 2011, 29.

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§7

Grundbuchvorschriften

§ 890 Abs. 2 BGB.1 Ein Grundstück im Rechtssinne ist ein im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter einer selbständigen laufenden Nummer gebuchter, räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche.2

7

Grundbuchvorschriften (1) Im Falle des § 3 Abs. 1 wird für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Auf diesem ist das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen. Das Grundbuchblatt des Grundstücks wird von Amts wegen geschlossen. (2) (abgehoben) (3) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. (4) Der Eintragungsbewilligung sind als Anlagen beizufügen: 1. eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist (Aufteilungsplan); alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume sind mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen; 2. eine Bescheinigung der Baubehörde, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 vorliegen. Wenn in der Eintragungsbewilligung für die einzelnen Sondereigentumsrechte Nummern angegeben werden, sollen sie mit denen des Aufteilungsplans übereinstimmen. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (Satz 1 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (Satz 1 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden. Werden diese Aufgaben von dem Sachverständigen wahrgenommen, so gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 WEG v. 19.3.1974 (BAnz. Nr. 58 v. 23.3.1974) entsprechend. In diesem Fall bedürfen die Anlagen nicht der Form des § 29 der Grundbuchordnung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. (5) Für Teileigentumsgrundbücher gelten die Vorschriften über Wohnungsgrundbücher entsprechend. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt 1. Anlegung eines besonderen Grundbuchblattes (Abs. 1) a) Besonderes Grundbuchblatt . . b) Schließung des Grundstücksgrundbuchblattes . . . . . . . . . 2. Gemeinschaftliches Wohnungsbzw. Teileigentumsgrundbuch (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Abs. 3) . . . . . . . . . . 4. Der Eintragungsbewilligung beizufügende Anlagen (Abs. 4) a) Eintragungsvoraussetzungen . .

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b) Aufteilungsplan . . . . . . . . . . . c) Abgeschlossenheitsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausfertigung des Aufteilungsplanes und Bescheinigung der Abgeschlossenheit durch einen Sachverständigen . . . . . . . . . e) Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan . f) Prüfungsumfang des Grundbuchamts . . . . . . . . . . . . . . .

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5. Entsprechende Anwendung (Abs. 5)

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III. Weitere praktische Hinweise 1. Grundbucheinsicht . . . . . . . . . . 30 2. Kein Zentralgrundbuch . . . . . . . . 33

4 11 12

1 Schneider in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 186. 2 Schneider in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 185.

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21 27 28

§7

Grundbuchvorschriften

Schrifttum: Abramenko, Nochmals zu Aufteilungsplan und abweichender Bauausführung, ZMR 1998, 741; Amann, Amtslöschung on Dientbarkeiten am Gemeinschaftseigentum?, MittBayNot 1995, 267; Becker, Die Rechtsnatur der Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem WEG und das Prüfungsrecht des Grundbuchamtes, NJW 1991, 2742; Bertram, Die Prüfungspflicht des Grundbuchgerichts, Rpfleger 1990, 486; Bielefeld, Abgeschlossenheitsbescheinigung, DWE 1991, 55; Bielefeld, Wider eine Abschaffung der Abgeschlossenheitsbescheinigung bzw. einen Verzicht auf staatliche Mitwirkung beim Aufteilungsplan, NZM 2004, 521; Böhringer, Inhaltlich unzulässige Grundbucheintragungen und Umdeutung von Grundbucherklärungen, MittBayNot 1990, 12; Böhringer, Veränderungen des Wohnungseigentums in Rechtsprechung und Grundbuchpraxis, NotBZ 1999, 154; Böttcher, Die Prüfungspflicht des Grundbuchgerichts, Rpfleger 1990, 486; Bub, Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung, WE 1991, 124; Demharter, Rechtsprechungsübersicht zum Grundbuchrecht, FGPrax 2002, 139; Demharter, Das Zentralgrundbuch – mehr Licht als Schatten?, Rpfleger 2007, 121; Diester, Die Aufgaben der Grundbuchämter nach dem WEG, Rpfleger 1965, 209; Eickmann, Formalverfahren oder Rechtsverwirklichung? Ein Beitrag zu den Fragen um Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchamtes, Rpfleger 1973, 341; Ertl, AGB-Kontrolle von Gemeinschaftsordnungen der Wohnungseigentümer durch das Grundbuchamt?, DNotZ 1981, 149; Ertl, Eintragung von Sondernutzungsrechten im Sinne des § 15 WEG, Rpfleger 1979, 81; Ertl, Isoliertes Miteigentum?, WE 1992, 219; Feldhahn, Der Begriff der Abgeschlossenheit nach dem WEG und das Urteil des BayVerwGH v. 8.5.1989, BayVerwBl. 1991, 233; Ganter, Aktuelle Rechtsprechung zum Notarhaftungsrecht, DNotZ 2009, 173; Grziwotz, Pro Raum eine Nummer? – Anforderungen an den Aufteilungsplan, DNotZ 2009, 405; Lotter, Zum Inhalt des Aufteilungsplanes nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG, MittBayNot 1993, 144; Meyer-Stolte, Zur Frage der rechtlichen Selbständigkeit in einer Hand vereinigter Wohnungseigentumsrechte und zur Besorgnis der Verwirrung des Grundbuchs, Rpfleger 1989, 502; von Oefele, Das Zentral-Grundbuch: welche Vorteile hätte eine Einführung im Rahmen der WEG-Reform?, WE 2002, 196; von Oefele/Schneider, Zur Einführung des Zentralgrundbuches durch die WE-Reform, DNotZ 2004, 740; von Oefele/Schneider, Noch einmal: Das Zentralgrundbuch – bei Licht betrachtet, ZMR 2007, 753; Pause, Umwandlung von Altbauten: Bruchteilseigentum statt Wohnungseigentum?, NJW 1990, 807; Pause, Begründung von Wohnungseigentum an Altbauten ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung?, NJW 1990, 3178; Peter, Verbindung von Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung mit der Teilungserklärung – zur Auslegung von „als Anlage beifügen“ in § 7 IV WEG, BWNotZ 1991, 87; Pfleilschifter/Wüstenberg, Wohnungseigentum ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung?, WuM 2004, 635; Röll, Teilungsplanwidrige Errichtung von Eigentumswohnanlagen, MittBayNot 1991, 240; Röll, Sondereigentum an Räumen mit zentralen Versorgungsanlagen und ihren Zugangsräumen, Rpfleger 1992, 94; Röll, Rechenfehler bei der Aufteilung zu Wohnungseigentum, MittBayNot 1996, 175; Röll, Widerspruch zwischen Aufteilungsplan und Teilungserklärung, ZWE 2000, 67; Schmenger, Begründung, Änderung, Übertragung und Erlöschen von dinglichen und schuldrechtlichen Sondernutzungsrechten, BWNotZ 2003, 73; Schmidt, Teilungserklärung als AGB?, MittBayNot 1979, 139; Schmidt, Zur Frage, ob auch bei Altbauten die Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung mit der Begründung verweigert werden darf, Trennwände und Trenndecken entsprächen nicht den derzeitigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen, ZfBR 1990, 109; Schmidt, Zur Funktion der Abgeschlossenheitserklärung gem. § 7 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz, MittBayNot 1990, 306; Schmidt, Teilungsplanwidrige Errichtung von Eigentumswohnanlagen, MittBayNot 1991, 240; Schmidt, Widerspruch zwischen Aufteilungsplan und Teilungserklärung, ZWE 2000, 67; Schmitz, Rückblick auf ein Jahr neues WEG, ZNotP 2008, 482; Schneider, Sondernutzungsrechte im Grundbuch, Rpfleger 1998, 9, 53; Schneider, Überlegungen zur Einführung eines „Zentralgrundbuchs“, Rpfleger 2003, 70; Schneider, Beschlussbuch statt Grundbuch, ZMR 2005, 15; Seidl, Zur Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, BWNotZ 1990, 95; Stiller, Der Referentenentwurf zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze, ZWE 2005, 3; Streblow, Änderungen von Teilungserklärungen nach Eintragung der Aufteilung in das Grundbuch, MittRhNotK 1987, 141; Trautmann, Die Abgeschlossenheit von Wohnungen in Neubauten nach §§ 3 II 1, 7 IV Nr. 2 WEG seit der Privatisierung bauaufsichtlicher Verwaltungsaufgaben, FS Merle 2000, 313; Trautmann, Zur Reform der Abgeschlossenheitsbescheinigung, ZWE 2004, 318; Trendel, Die Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, BauR 1984, 215; Ulmer, AGBG und einseitig gesetzte Gemeinschaftsordnungen von Wohnungseigentümern, FS Weitnauer 1980, 205.

I. Allgemeines Das Grundbuch ist ein öffentliches Buch über die Rechtsverhältnisse an Grundstücken. Seine Hauptaufgabe besteht darin, dem Immobiliarverkehr eine zuverlässige Grundlage zu bieten. Es ist im Wesentlichen dazu bestimmt, klar und übersichtlich über den dinglichen Rechtszustand an Grundstücken und grundstücksgleichen Krause

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§7

Grundbuchvorschriften

Rechten Auskunft zu geben.1 Das Grundstücks- und Grundbuchrecht unterteilt sich in materielles und formelles Recht. Das materielle Grundstücksrecht findet sich im Sachenrecht des BGB (§§ 873–1203) sowie in Nebengesetzen (z.B. WEG, ErbbauVO). Es regelt den Inhalt, die Entstehung, die Änderung und die Aufhebung der Rechte an Grundstücken. Demgegenüber enthält das formelle Grundbuchrecht die Vorschriften über die Einrichtung der Grundbücher, die Voraussetzungen der Eintragung und das Eintragungsverfahren. Das formelle Grundbuchrecht ist insb. in der Grundbuchordnung (GBO) sowie der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung (Grundbuchverfügung – GBV) v. 24.1.19952 normiert. 2

Materielles Grundstücksrecht und formelles Grundbuchrecht sind eng aufeinander abgestimmt und ergänzen sich gegenseitig. Das Sachenrecht des BGB setzt voraus, dass Grundstücke zu buchen und die an den einzelnen Grundstücken bestehenden privaten Rechte durch das Grundbuch nachzuweisen sind (Grundbuchsystem). In der Regel ist der Erwerb, die Veränderung oder Aufhebung von Eigentum und sonstigen Rechten an Grundstücken nach materiellem Recht ohne Eintragung in das Grundbuch nicht möglich (vgl. §§ 873, 875, 877, 925 BGB, § 867 I ZPO, § 4). Darüber hinaus ist der Inhalt des Grundbuchs für die Beweisvermutung der eingetragenen Rechte (§ 891 BGB) und zur Sicherung des redlichen Rechtsverkehrs als Grundlage des gutgläubigen Erwerbs (§§ 892, 893 BGB) von Bedeutung.

3

Das Wohnungs- bzw. Teileigentum nach WEG ist echtes Eigentum und kein grundstücksgleiches Recht. Für die Buchung der Rechtsverhältnisse an ihm werden gem. § 7 Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuchblätter angelegt. § 7 ist eine Vorschrift des formellen Grundbuchrechts. Durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.20073 neu eingefügt wurden die Sätze 3 bis 6 des § 7 Abs. 4 (vgl. Rz. 21 ff.). Die Besonderheiten der Führung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher finden sich in der Verordnung über die Anlegung und Führung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher (Wohnungsgrundbuchverfügung – WGV) vom 24.1.1995,4 die ihrerseits die GBV ergänzt. II. Regelungsgehalt 1. Anlegung eines besonderen Grundbuchblattes (Abs. 1) a) Besonderes Grundbuchblatt

4

In Abweichung zu § 3 Abs. 1 GBO, nach dem grundsätzlich nur ganze Grundstücke ein eigenes Grundbuchblatt erhalten, normiert § 7 Abs. 1 Satz 1, dass auch im Falle des § 3 Abs. 1 für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt angelegt wird. Auf dem Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen. Jedes Grundbuch gliedert sich in Aufschrift, Bestandsblatt und drei Abteilungen, insgesamt also fünf Teile. § 7 gilt für den Teilungsvertrag (§ 3), ist aber auch – bis auf § 7 Abs. 2 – auf die Teilungserklärung anwendbar, § 8 Abs. 2. Ferner ist § 7 für später einzutragende Veränderungen anzuwenden.

5

In der Aufschrift werden das Amtsgericht, der Grundbuchbezirk sowie die Nummer des Bandes und des Blattes vermerkt (§ 4 GBV). Je nachdem, ob sich das Sondereigentum auf eine Wohnung oder auf nicht zu Wohnzwecken dienende Räume bezieht, setzt das Grundbuchamt in der Aufschrift des Grundbuchblattes unter die Blattnummer in Klammern das Wort „Wohnungsgrundbuch“ oder „Teileigentumsgrundbuch“ (§ 2 Satz 1 WGV).5 Ist mit dem Miteigentumsanteil Sondereigentum sowohl an einer 1 2 3 4 5

Vgl. OLG Hamm v. 27.6.1986 – 15 W 10/86, DNotZ 1986, 626. BGBl. I, 114. BGBl. I, 370. BGBl. I, 134. Vgl. LG Koblenz v. 31.3.1998 – 2 T 107/98, NZM 1998, 676.

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§7

Grundbuchvorschriften

Wohnung als auch an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden und überwiegt nicht einer dieser Zwecke offensichtlich, so wird das Grundbuchblatt als „Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch“ bezeichnet (§ 2 Satz 2 WGV). Im Bestandsverzeichnis sind gem. § 3 Abs. 1 WGV das Grundstück, der Miteigentumsanteil nach Bruchteilen (§ 47 GBO) sowie das mit dem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum an bestimmten Räumen und die Beschränkung des Miteigentums durch die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen; dabei sind die Grundbuchblätter der übrigen Miteigentumsanteile anzugeben. Wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums kann gem. § 7 Abs. 3 auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden (vgl. Rz. 14); vereinbarte Veräußerungsbeschränkungen (§ 12) sind gem. § 3 Abs. 2 Halbsatz 2 WGV jedoch ausdrücklich einzutragen. Bei Einräumung von Sondernutzungsrechten genügt ebenfalls die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung im Bestandsverzeichnis.1 Zweckmäßigerweise sollten diese, insb. wenn sie nicht von ganz unbedeutendem Wert sind, im Bestandsverzeichnis unter schlagwortartiger Umschreibung ihres Inhalts (z.B. Pkw-Stellplatzbenutzungsrecht, Gartenbenutzungsrecht) mitvermerkt werden.2

6

In der Abteilung I des Grundbuchs sind der Eigentümer und die Grundlage des Erwerbs eingetragen (§ 9 GBV), z.B. Auflassung, Erbschein, öffentliches Testament, Erbvertrag, Erbteilsübertragungsvertrag, Zuschlagsbeschluss, Bewilligung der Berichtigung des Grundbuchs, Ersuchen der zuständigen Behörde usw. Steht das Eigentum mehreren gemeinschaftlich zu, ist auch das Gemeinschaftsverhältnis (§ 47 GBO) angegeben (z.B. Miteigentum zu je 1/ 2 Anteil, in Erbengemeinschaft, in Gütergemeinschaft).

7

Nach der Anerkennung der Rechts-, Partei- und Grunderwerbsfähigkeit der BGBGesellschaft hatte der BGH in seinem Beschluss vom 4.12.20083 auch die Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft bejaht. Sie wurde als „großes Unglück“4 und „praktisch untauglich“5 kommentiert.6 Der Ruf nach dem Gesetzgeber wurde immer lauter. Mit dem am 18.8.2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie der Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) vom 11.8.20097 hat der Gesetzgeber das Problem gelöst, in dem er im Wesentlichen zu einem Rechtszustand wie vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft zurückgekehrt ist. Gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO sind auch die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft in das Grundbuch einzutragen, wenn für die BGB-Gesellschaft ein Recht eingetragen werden soll. Die zusätzliche Eintragung der Gesellschafter erfüllt eine Doppelfunktion. Einerseits gewährleistet sie eine Identifizierung der berechtigten Gesellschafter, andererseits ist die Eintragung der Gesellschafter Grundbuchinhalt mit materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Konsequenzen. Zum Erwerb von Grundstückseigentum durch eine bereits bestehende GbR s. § 6 Rz. 8a.

7a

Der Einzelkaufmann wird mit seinem bürgerlichen Namen, nicht mit seiner Firma eingetragen.8 Ist der Eintragung in Abteilung I zu entnehmen, dass der Verkäufer das Eigentum innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 EStG durch Rechtsgeschäft erworben hat, sollte der Frage einer etwa anfallenden Steuer nachgegangen werden.

7b

1 Vgl. KG v. 5.6.1996 – 24 W 2592/95, NJW-RR 1997, 205; OLG Frankfurt v. 12.6.1996 – 20 W 149/96, NJW-RR 1996, 1168. 2 Vgl. OLG Hamm v. 27.9.1984 – 15 W 34/83, OLGZ 85, 19; OLG Frankfurt v. 12.6.1996 – 20 W 149/96, NJW-RR 1996, 1168; Ertl, Rpfleger 1979, 81; Röll, MittBayNot 1979, 218. 3 BGH v. 4.12.2008 – V ZB 74/08, MDR 2009, 274 = DNotZ 2009, 115. 4 Volmer, ZfIR 2009, 97. 5 Kessler, NZM 2009, 190. 6 Krit. etwa auch Hertel, DNotZ 2009, 121. 7 BGBl. I, 2713. 8 BayObLG v. 23.12.1980 – BReg.2 Z 67/80, Rpfleger 1981, 192.

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§7

Grundbuchvorschriften

8

In Abteilung II des Grundbuches werden bestimmte Belastungen und Beschränkungen eingetragen (§ 10 GBV). Dabei handelt es sich insb. um alle Lasten und Beschränkungen des Eigentums mit Ausnahme der Grundpfandrechte (z.B. Grunddienstbarkeiten, Nießbrauchrechte, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte, Reallasten), die Beschränkungen des Verfügungsrechts des Eigentümers, z.B. Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsvermerk (§§ 19 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG), Insolvenzvermerk (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 23 Abs. 3, 32 InsO),1 Nacherbenvermerk (§ 51 GBO), Testamentsvollstreckervermerk (§ 52 GBO), Umlegungsvermerk (§ 54 Abs. 1 BauGB), Sanierungsvermerk (§ 143 Abs. 4 BauGB), die das Eigentum betreffenden Vormerkungen und Widersprüche (§ 12 Abs. 1a, 2 GBV), Vormerkungen und Widersprüche, die ein in Abteilung II eingetragenes oder einzutragendes Recht betreffen (§ 12 Abs. 1b, c GBV), Pfändungsvermerke, soweit das eingetragene Recht gepfändet ist, Vermerke über Veränderungen der vorstehend genannten Eintragungen, wie z.B. Abtretungen, Verpfändungen und die Löschungsvermerke betreffend die in Abteilung II eingetragenen Rechte. Rechte, die ihrer Natur nach nicht an dem Wohnungseigentum als solchem bestehen können (wie z.B. Wegerechte) sind in der Weise einzutragen, dass die Belastung des ganzen Grundstücks erkennbar ist. Die Belastung ist in sämtlichen für die Miteigentumsanteile an dem belasteten Grundstück angelegten Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern einzutragen, wobei jeweils auf die übrigen Eintragungen zu verweisen ist (§ 4 Abs. 1 WGV).

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In Abteilung III des Grundbuches werden eingetragen die Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden), die sich auf die Grundpfandrechte beziehenden Vormerkungen und Widersprüche, die Veränderungen der Grundpfandrechte, wie z.B. Teilungen, Abtretungen und die Löschungen und Teillöschungen von Grundpfandrechten sowie die Freigaben aus der Mithaft von Gesamtgrundpfandrechten. Bei der Bildung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen ist kenntlich zu machen, dass der belastete Gegenstand ein Wohnungseigentum (Teileigentum) ist (§ 5 WGV).

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Die Löschung aller in Abteilung II und III eingetragenen Rechte und Verfügungsbeschränkungen erfolgt in der Regel durch Eintragung eines Löschungsvermerks und „Rötung“ (Rotunterstreichung der gelöschten Eintragung), §§ 46 Abs. 1 GBO, 17 Abs. 2 GBV. Die „Rötung“ allein führt nicht zur Löschung des Rechts. Sie ist lediglich ein buchungstechnisches Hilfsmittel, um das Grundbuch übersichtlich zu machen. Es ist daher stets sorgfältig zu überprüfen, ob ein Löschungsvermerk vorhanden ist. Bei Teillöschungen eines Grundpfandrechts erfolgt keine „Rötung“. Es wird nur der gelöschte Betrag in Spalte 3 (Betrag) von dem bisherigen abgeschrieben. Wird ein Grundpfandrecht in vollem Umfang abgetreten, wird der bisherige Gläubiger gerötet und dies in der Veränderungsspalte unter Angabe des neuen Gläubigers eingetragen. Bei Teilabtretungen erfolgt dagegen keine „Rötung“. Es werden lediglich der neue Gläubiger und der abgetretene Betrag in der Veränderungsspalte unter der lfd. Nr. des Hauptrechts vermerkt. b) Schließung des Grundstücksgrundbuchblattes

11

Das für das Grundstück ursprünglich angelegte Grundbuchblatt wird gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 mit Anlegung der Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbücher von Amts wegen geschlossen. Trotz der Schließung des Grundbuchblattes besteht das Grundstück im Rechtssinne fort.2 Es kann auch Gegenstand rechtsgeschäftlicher Verfügungen sein, z.B. bei der Bestellung von Dienstbarkeiten.3 Verfügungsbeschränkungen und Grundstücksrechte, die das Grundstück als Ganzes belasten, sind in al1 Bei Insolvenz eines GbR-Gesellschafters erfolgt keine Eintragung eines Insolvenzvermerks im Grundbuch der grundbesitzenden GbR; vgl. OLG Dresden v. 17.9.2002 – 3 W 1149/02, NotBZ 2003, 159. 2 OLG Hamm v. 8.5.2000 – 15 W 103/00, DNotZ 2001, 216; Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 22; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 14. 3 OLG Oldenburg v. 27.10.1976 – 5 Wx 44/76, Rpfleger 1977, 22.

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§7

Grundbuchvorschriften

len neu angelegten Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbüchern einzutragen.1 Die Schließung des Grundbuchblattes gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 unterbleibt, wenn auf dem Grundbuchblatt von der Aufteilung nicht betroffene Grundstücke eingetragen sind (§ 6 Satz 2 WGV). 2. Gemeinschaftliches Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch (Abs. 2) Nach § 7 Abs. 2 aF konnte bei der Begründung von Wohnungseigentum von der Anlegung besonderer Grundbuchblätter für jeden Miteigentumsanteil abgesehen werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen war. Das Grundbuchblatt war in einem solchen Fall als gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuch (Teileigentumsgrundbuch) zu bezeichnen. In der Aufschrift unter die Blattnummer wurden in Klammern die Worte „Gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuch“, „Gemeinschaftliches Teileigentumsgrundbuch“ oder „Gemeinschaftliches Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch“ gesetzt. Diese Möglichkeit bestand jedoch nur bei der Aufteilung nach § 3. § 8 verwies nicht auf § 7 Abs. 2 aF.

12

Durch das Gesetz zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs (DaBaGG) vom 1.10.20132 wurde § 7 Abs. 2 aufgehoben. Die Vorschrift bot aus Sicht der grundbuchamtlichen Praxis kaum Vorteile und war nahezu ohne praktische Bedeutung. Im Hinblick auf die Einführung des Datenbankgrundbuches lässt sich zudem ein gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuchblatt nicht strukturiert darstellen. Der Gesetzgeber hat sich daher entschlossen, die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuchblatt zu führen, auszuschließen.3 Bestehende gemeinschaftliche Wohnungsgrundbücher sind gem. § 10 Abs. 4 WGV mit der nächsten vorzunehmenden Eintragung, spätestens aber bei der Anlegung des Datenbankgrundbuchs zu schließen. Für jeden Miteigentumsanteil ist sodann gem. § 7 Abs. 1 ein besonderes Blatt anzulegen.

13

3. Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Abs. 3) Um die Überfüllung und Übersichtlichkeit des Grundbuchs zu vermeiden, lässt § 7 Abs. 3 zur näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums eine Bezugnahme auf die in den Grundakten befindliche Eintragungsbewilligung zu. Der Inhalt der Eintragungsbewilligung gilt damit ebenfalls als im Grundbuch eingetragen4 und nimmt dementsprechend am öffentlichen Glauben des Grundbuches teil.5 Dasselbe gilt für den Aufteilungsplan, sofern auf diesen in der Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird.6

14

Eine Änderung im Bestand der zum Sondereigentum gehörenden Räume muss auf dem Grundbuchblatt selbst vermerkt werden. Eine Eintragung nur durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist auch nach § 7 Abs. 3 nicht zulässig.7

14a

Auch dann, wenn die tatsächliche bauliche Ausführung in wesentlichem Umfang vom Aufteilungsplan abweicht, erfolgt die Abgrenzung von Sondereigentum untereinander und ggü. dem gemeinschaftlichen Eigentum nach dem durch die Bezugnahme nach § 7 Abs. 3 WEG zum Grundbuchinhalt gewordenen Aufteilungsplan, denn Ausgangspunkt für die Begründung von Sondereigentum sind nicht die tatsächlich bestehenden Raumverhältnisse, sondern der Grundbuchinhalt.8

14b

1 2 3 4 5 6

Bassenge in Palandt, BGB, § 7 WEG Rz. 9. BGBl. I, S. 3719. Vgl. BT-Drucks. 17/12635, S. 35. OLG München v. 17.7.2013 – 34 Wx 10/13, MietRB 2013, 329; v. 15.7.2013 – 34 Wx 193/13. BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZfIR 2004, 1006. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = ZMR 1995, 521; OLG Frankfurt v. 3.4.1997 – 20 W 90/97, ZMR 1997, 367; Commichau in MünchKomm/BGB, § 7 WEG Rz. 26; Bassenge in Palandt, BGB, § 7 WEG Rz. 8; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 21. 7 BGH v. 19.10.2007 – V ZR 211/06, MDR 2008, 71 = MietRB 2008, 42 = NJW 2007, 3777. 8 OLG Zweibrücken v. 8.3.2006 - 3 W 246/05, MietRB 2006, 172 = NZM 2006, 586; OLG Frankfurt v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, MietRB 2011, 350 = ZWE 2011, 414.

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§7

Grundbuchvorschriften

14c

Vereinbarte Veräußerungsbeschränkungen i.S.v. § 12 sind wegen § 3 Abs. 2 WGV ausdrücklich einzutragen. Für die Eintragung eines Sondernutzungsrechts genügt die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung.1 Praktische Gründe sprechen dafür, sie durch einen aussagekräftigen Eintragungsvermerk im Bestandsverzeichnis anzudeuten. Ein Anspruch der im Grundbuch eingetragenen oder einzutragenden Berechtigten auf einen solchen Eintrag gibt es jedoch nicht.2

14d

Werden Sondernutzungsrechte begründet und sollen diese im Grundbuch eingetragen werden, so müssen diese in allen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern eingetragen werden; zu deren genauerer Bezeichnung kann nach Abs. 3 auf die Eintragungsbewilligung verwiesen werden.3 Die Wirkungen der Bezugnahme erfordern nach dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem Gebot klarer Grundbucheintragungen, dass das Sondernutzungsrecht ausreichend bestimmt ist; es muss mithin in einer dem Bestimmtheitsgrundsatz genügenden Weise genau bezeichnet werden.4 Im Grundbuch genügt der Vermerk „Sondernutzungsrechte sind vereinbart“. Zur Sicherheit des Rechtsverkehrs empfiehlt sich jedoch, die wesentlichen Sondernutzungsrechte im Eintragungsvermerk selbst kenntlich zu machen.5 Eine nachträgliche Änderung, Übertragung oder Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ist dann nur noch im Grundbuchblatt des betroffenen Wohnungseigentums einzutragen, an dessen Inhalt sich etwas verändert.6 4. Der Eintragungsbewilligung beizufügende Anlagen (Abs. 4) a) Eintragungsvoraussetzungen

15

Die Voraussetzungen für die Anlegung der Wohnungsgrundbücher richten sich zunächst nach den allgemeinen Grundbuchverfahrensvorschriften. Es bedarf somit eines Antrages nach § 13 GBO und einer Eintragungsbewilligung i.S.d. § 19 GBO. Antragsberechtigt ist jeder einzelne Miteigentümer.7 Die Eintragungsbewilligung ist dagegen von allen Eigentümern abzugeben.8 Im Falle der vertraglichen Aufteilung nach § 4 bedarf es darüber hinaus der materiell-rechtlichen Einigung der Miteigentümer (§ 20 GBO).9 Während der Eintragungsantrag formlos gestellt werden kann, bedürfen Eintragungsbewilligung und Einigung der Form des § 29 GBO. Im Übrigen müssen die teilenden Eigentümer voreingetragen sein (§ 39 GBO).

16

Der Eintragungsbewilligung sind gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 als Anlagen der Aufteilungsplan sowie die Abgeschlossenheitsbescheinigung beizufügen. Unter Beifügen der Anlagen in diesem Sinne ist nicht eine Mitbeurkundung i.S.d. §§ 9 Abs. 1 Satz 3, 44 BeurkG gemeint.10 Der Begriff der Anlage im Sinne von § 7 Abs. 4 bedeutet lediglich, dass dem Eintragungsantrag zusammengehörende Urkunden – Eintragungsbewilligung, Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung – beizufügen sind, das heißt, Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung müssen zur Eintragung vorgelegt und die Zusammengehörigkeit mit der Eintragungsbewilligung 1 OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, DNotZ 2007, 47. 2 OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, DNotZ 2007, 47. 3 OLG Frankfurt v. 16.4.2007 – 20 W 290/05, MietRB 2007, 267 = NZM 2008, 214; BayObLG v. 25.9.1996 – 2Z BR 55/96, NJW-RR 1997, 206; OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, FGPrax 2006, 245; KG v. 5.6.1996 – 24 W 2592/95, FGPrax 1996, 178; v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384. 4 OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/13, MDR 2013, 1156 = MietRB 2013, 272 = NJW-RR 2013, 1483 = NotBZ 2013, 320 = NZBau 2013, 710 = ZWE 2013, 321. 5 Vgl. OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271 = ZfIR 2013, 607 = ZWE 2013, 404. 6 OLG Frankfurt v. 16.4.2007 – 20 W 290/05, MietRB 2007, 267 = NZM 2008, 214. 7 Bassenge in Palandt, BGB, § 7 WEG Rz. 2; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 3. 8 Bassenge in Palandt, BGB, § 7 WEG Rz. 3. 9 Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 17; Grziwotz in Erman, BGB, § 4 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 3; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 6; Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 4; Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 2; a.A. OLG Zweibrücken v. 12.11.1981 – 3 W 96/81, OLGZ 1982, 263; Bassenge in Palandt, BGB, § 7 WEG Rz. 3. 10 A.A. Rapp in Staudinger, BGB, § 74 WEG Rz. 15.

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§7

Grundbuchvorschriften

deutlich werden.1 Eine irgendwie geartete körperliche Verbindung mit der Teilungserklärung ist somit nicht erforderlich. Es genügt, wenn sie als „andere Voraussetzung der Eintragung“ im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO mit dem Antrag auf Eintragung vorgelegt werden.2 Der Aufteilungsplan (Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist) steht somit als eigenständiges Element neben der Eintragungsbewilligung des Eigentümers und ist nicht ihr Bestandteil.3 Andere Voraussetzungen im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO sind – soweit nicht offenkundig – durch öffentliche Urkunden, nicht deren beglaubigte Abschrift, nachzuweisen. Der Nachweis nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung bereits mit der Teilungserklärung zugleich beurkundet werden (§§ 9 Abs. 1 Satz 3, 44 BeurkG). Erklärungen in einem Schriftstück, auf das in der Niederschrift verwiesen und das dieser beigefügt wird, gelten als in der Niederschrift selbst enthalten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG). Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Beteiligten unter Verwendung von Karten, Zeichnungen oder Abbildungen Erklärungen abgeben (§ 9 Abs. 1 Satz 3 BeurkG). Besteht eine Urkunde aus mehreren Blättern, so sollen diese mit Schnur und Prägesiegel verbunden werden (§ 44 Satz 1 BeurkG), was ebenfalls für Schriftstücke sowie Karten, Zeichnungen oder Abbildungen gilt, die nach § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 BeurkG der Niederschrift beigefügt worden sind. In diesem Fall bedarf es nicht des Nachweises von Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung durch öffentliche Urkunden, weil der Nachweis nicht „andere Voraussetzungen der Eintragung“ betrifft (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO), sondern die Schriftstücke durch Einbeziehung im Wege der Mitbeurkundung Teil der Urkunde geworden sind und der Nachweis deshalb nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO geführt ist. b) Aufteilungsplan Ein Aufteilungsplan ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist; alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume sind im Aufteilungsplan mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen. Die Nummern müssen nicht fortlaufend sein, sondern können sich z.B. auch durch Beifügung eines Buchstabens unterscheiden.4 Es kann ausreichen, dass die zu einer Einheit gehörenden Räume farbig umrandet und mit einer Nummer versehen sind.5 Erforderlich ist ein Planmaßstab von mindestens 1:1 000.

17

Ein zu einer Wohnung gehörender Balkon soll zum Gemeinschaftseigentum gehören, wenn er in der Teilungserklärung nicht ausdrücklich mit dem Sondereigentum an der Wohnung verbunden wird und er im Aufteilungsplan nicht mit derselben Nummer bezeichnet ist wie die Wohnung.6 Das OLG München7 geht hingegen mit einer im Vordringen begriffenen Meinung8 davon aus, dass ein Balkon (nicht hingegen dessen Bauteile) als Raum zu der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen Wohnung der Alleinnutzung dieses Wohnungseigentümers diene und kraft der gesetzlichen

17a

1 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – I-3 Wx 54/10, FGPrax 2011, 8 = MietRB 2010, 301 = ZMR 2010, 975; OLG Zweibrücken v. 9.9.1983 – 3 W 84/83, MittBayNot 1983, 242; BayObLG v. 12.12.2002 – 2Z BR 112/02, DNotZ 2003, 275 m. Anm. Schmidt; Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 93; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 7; Hügel, NotBZ 2003, 149; Peter, BWNotZ 1991, 87; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 83; Demharter, GBO, Anh. § 3 GBO Rz. 43. 2 Demharter, GBO, Anh. § 3 GBO Rz. 43. 3 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 7. 4 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 8; siehe auch Grziwotz, DNotZ 2009, 405. 5 BayObLG v. 28.9.1981 – BReg. 2 Z 68/81, DNotZ 82, 244. 6 LG Wuppertal v. 28.10.2008 – 6 T 223, 225 bis 241/08, RNotZ 2009, 48 mit Anm. Hügel. 7 OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = JurionRS 2011, 25890. 8 Schmidt, MittBayNot 2001, 442; Krahl in Hügel, GBO, Wohnungseigentum Rz. 26; Schneider in Riecke/Schmid, § 5 WEG Rz. 37; § 7 WEG Rz. 94.

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§7

Grundbuchvorschriften

Verbundenheit des § 94 BGB auch ohne entsprechende Nummerierung zum Sondereigentum der Wohnung gehöre. 18

Der Aufteilungsplan sichert den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.1 Durch seine Beifügung wird sichergestellt, dass das Sondereigentum vom gemeinschaftlichen Eigentum klar abgegrenzt wird. Daher muss aus dem Aufteilungsplan die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich sein. Der Aufteilungsplan hat regelmäßig Grundrisse der einzelnen Stockwerke einschließlich Keller und Dachgeschoss sowie Schnitte und Ansichten des Gebäudes zu enthalten.2 Nicht erforderlich ist eine Detaildarstellung der inneren Ausgestaltung der Räume.3 Ein Gesamtplan des Grundstücks ist regelmäßig nur dann erforderlich, wenn sich der Standort des Gebäudes nicht anderweitig hinreichend bestimmt angeben lässt, z.B. mehrere Gebäude auf einem Grundstück aufgeteilt werden.4 Ist die Begrenzung des Sondereigentums nach dem Aufteilungsplan und der Bauausführung eindeutig, kann Sondereigentum an einem Raum auch dann entstehen, wenn es an einer tatsächlichen Abgrenzung des Raums gegen fremdes Sondereigentum fehlt.5

18a

Aufgabe des Aufteilungsplans ist es nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe des Sondereigentums und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen,6 und nicht, die Rechte der Wohnungs- und Teileigentümer über die Bestimmung der Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken.7 Werden Genehmigungspläne als Grundlage der Darstellung der Aufteilung des Gebäudes benutzt, kommt Eintragungen des planenden Architekten in diese Pläne daher grundsätzlich nicht die Bedeutung einer Nutzungsbeschränkung zu.8 Soll der Aufteilungsplan ausnahmsweise auch die Nutzung verbindlich regeln, muss dies eindeutig aus der Bezugnahme in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung hervorgehen.9

18b

Werden nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft z.B. Keller- oder Garagenräume getauscht, verneint die inzwischen ganz herrschende Meinung10 die Notwendigkeit, einen Aufteilungsplan mit neuer Nummerierung vorzulegen. Dafür spricht zunächst das formale Argument, dass § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG nur die (Erst-)Begründung von Wohnungseigentum betrifft. Dies folgt aus § 7 Abs. 1 Satz 1 1 Commichau in MünchKomm/BGB, § 7 WEG Rz. 32; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 5; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 8; Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 16. 2 BayObLG v. 19.6.1997 – 2Z BR 71/97, DNotZ 1998, 377. 3 BayObLG v. 31.7.1980 – BReg.2 Z 54/79, DNotZ 1980, 747. 4 Commichau in MünchKomm/BGB, § 7 WEG Rz. 33; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 8; Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 16. 5 BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. 6 BayObLG v. 30.11.1999 – 2Z BR 143/99, ZfIR 2000, 554, 555. 7 Vgl. Klein in Bärmann, § 15 WEG Rz. 9. 8 St.Rspr., vgl. OLG Schleswig v. 7.10.1998 – 2 W 165/98, MDR 1999, 150 = NZM 1999, 79 f.; BayObLG v. 30.11.1999 – 2Z BR 143/99, ZfIR 2000, 554, 555; OLG Düsseldorf v. 5.6.2000 – 3 Wx 118/00, NJW-RR 2000, 1400 f.; OLG Hamburg v. 12.2.2003 – 2 Wx 141/01, ZMR 2003, 446; OLG Zweibrücken v. 11.8.2005 – 3 W 21/05, NJW-RR 2005, 1540; OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, MietRB 2006, 321 = NZM 2007, 294, 295; BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MDR 2010, 434 = MietRB 2010, 115 = DNotZ 2010, 782 = JZ 2010, 224 = NJW-RR 2010, 667, NotBZ 2010, 147, NZBau 2010, 708 = NZM 2010, 407 = ZfIR 2010, 199 = ZMR 2010, 461; OLG Frankfurt v. 1.11. 2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = MK 2013, 38 = NZM 2013, 153 = ZfIR 2013, 77 = ZMR 2013, 296 = ZWE 2013, 211. 9 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 246/11, MietRB 2013, 118 = GuT 2012, 488 = InfoM 2013, 81 = IWR 2013, 65 = NJW-Spezial 2013, 98 = NZM 2013, 153 = WuM 2013, 58 = ZMR 2013, 452 = ZWE 2013, 20 = ZWE 2013, 168. 10 OLG München v. 13.8.2010 – 34 Wx 105/10, MDR 2011, 218 = IWR 2010, 66 = MietRB 2011, 19 = MittBayNot 2011, 229 = NJW-RR 2010, 1598 = NotBZ 2010, 469 = NZM 2011, 157 = ZfIR 2010, 742; Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 21; Rapp in Beck’sches Notarhandbuch, 5. Aufl., A III Rz. 99; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 91; Kral in Timme, § 7 WEG Rz. 58; Kral in Hügel, GBO, Wohnungseigentum Rz. 61; von Oefele in Bauer/von Oefele, GBO, V Rz. 348; Grziwotz, DNotZ 2009, 405/407; siehe schon OLG Celle v. 29.3.1974 – 4 Wx 2/74, DNotZ 1975, 42/44.

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§7

Grundbuchvorschriften

WEG, der die (erstmalige) vertragliche Einräumung von Sondereigentum regelt. Aber auch der Sache nach bedarf es keines geänderten Aufteilungsplans. Bei späteren Veränderungen tritt das Erfordernis des § 7 Abs. 4 WEG hinter den Grundsatz zurück, dass es möglich sein muss, aus dem Grundbuch alle Veränderungen des Gegenstands und des Umfangs des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums nachzuvollziehen.1 Dies erfordert keinen geänderten Aufteilungsplan, wenn Kelleroder Garagenräume ausgetauscht werden.2 Denn bei derartigen Übertragungen verändern sich die Grenzen nicht. Die neue Zuteilung lässt die Abgrenzung des jeweiligen Sondereigentums vom anderen Sondereigentum sowie vom Gemeinschaftseigentum unberührt.3 Die dingliche Zuordnung ergibt sich aus der Beschreibung in der geänderten Teilungserklärung.4 Der ursprüngliche Aufteilungsplan mag damit zwar an Aussagekraft verlieren, weil er durch Nachträge Veränderungen erfahren hat; andererseits ist der Bestimmtheitsgrundsatz nicht berührt, weil die neue Zuordnung sich aus der Änderungsurkunde in Verbindung mit den dortigen Anlagen zu ergeben hat, die ihrerseits dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen müssen. Die Behandlung von Sondernutzungsrechten ist nicht die Aufgabe des Aufteilungsplanes. Gleichwohl kann auf den Aufteilungsplan Bezug genommen werden. Sondernutzungsrechte sind eintragungsfähig, ohne dass hierdurch ein dingliches Recht entsteht. Der Eintragung ins Grundbuch bedürfen sie nur um die Erstreckungswirkung des § 10 Abs. 2 WEG zu erzielen.5 Allerdings sind die räumlichen Ausübungsbereiche von Sondernutzungsrechten im Aufteilungsplan oder in einem gesonderten Sondernutzungsplan nach dem Bestimmtheitsgrundsatz darzustellen, wie sie für Grunddienstbarkeiten verlangt werden.6 Dieser Grundsatz verlangt klare und eindeutige Eintragungen und damit als Eintragungsgrundlage ebenso eindeutige Erklärungen hinsichtlich des betreffenden Grundstücks, des Berechtigten und des Umfangs sowie des Inhalts des einzutragenden Rechts.7 Mangels Bestimmtheit entsteht kein Sondernutzungsrecht.8 Dem steht die Begründung gemeinschaftlicher Sondernutzungsrechte zugunsten von zwei oder mehreren Sondereigentümern nicht entgegen, sofern die mit dem Sondernutzungsrecht belegten Gemeinschaftsflächen von diesen gemeinsam genutzt werden sollen.9 In diesen Fällen bezieht sich das Erfordernis der Bestimmtheit des Umfangs und des Inhalts des einzutragenden Rechts nur auf die erforderliche Abgrenzung zum übrigen Gemeinschaftseigentum und zum Sonder- bzw. Teileigentum der übrigen Gemeinschafter, nicht aber auf etwaige schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen unter den Sondernutzungsberechtigten für die Handhabung des Sondernutzungsrechts.10

18c

Wird die Anlegung des Wohnungsgrundbuchs unter Verwendung eines nur formell nicht ordnungsgemäßen Aufteilungsplans vorgenommen (fehlende Original-Unterschrift der Baubehörde auf Bauzeichnung), hindert dies die wirksame Begründung von Wohnungseigentum nicht, wenn der Aufteilungsplan im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen genügt.11 Denn der Zweck des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ist allein in dem Gebot sachenrechtlicher Bestimmtheit begründet (Rz. 18a).

18d

1 Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 21. 2 OLG München v. 13.8.2010 – 34 Wx 105/10, MDR 2011, 218 = IWR 2010, 66 = MietRB 2011, 19 = MittBayNot 2011, 229 = NJW-RR 2010, 1598 = NotBZ 2010, 469 = NZM 2011, 157 = ZfIR 2010, 742; vgl. auch OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, MittBayNot 2001, 318. 3 Vgl. auch Westermeier, MittBayNot 2004, 265. 4 Vgl. Grziwotz, DNotZ 2009, 405, 408. 5 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = ZMR 2000, 771. 6 Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 19. 7 BayObLG v. 13.12.1988 – 2Z 120/88, RPfleger 1989, 194; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 178. 8 BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 112/93, DNotZ 1994, 244. 9 Commichau in MünchKomm/BGB, § 10 WEG Rz. 36; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 13; Lüke in Weitnauer, § 15 WEG Rz. 27. 10 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – I-3 Wx 54/10, FGPrax 2011, 8 = MietRB 2010, 301 = ZMR 2010, 975. 11 OLG München v. 4.10.2013 – 34 Wx 174/13, MietRB 2013, 354 = ZWE 2013, 450.

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§7

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c) Abgeschlossenheitsbescheinigung 19

Als weitere Anlage ist der Eintragungsbewilligung gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 die Bescheinigung der Baubehörde, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 vorliegen, beizufügen. Zweck des Abgeschlossenheitserfordernisses ist es, eine eindeutige räumliche Abgrenzung der Sondereigentumsbereiche untereinander sowie zum gemeinschaftlichen Eigentum zu gewährleisten und dadurch Streitigkeiten zu vermeiden. Eine Pflicht des Notars, ohne Vorliegen besonderer Umstände, die inhaltliche Richtigkeit einer ihm vorgelegten Abgeschlossenheitsbescheinigung zu überprüfen, besteht nicht.1 Verfahrensrechtlicher Zweck der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist es, dem Grundbuchamt die Prüfung bautechnischer Fragen zu erleichtern.2 Da sich die Abgeschlossenheit aufgrund der sonstigen in der Grundbuchordnung vorgesehenen Beweismittel (vgl. § 29 GBO) kaum feststellen lässt, sieht § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 neben dem beizufügenden Aufteilungsplan die Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baubehörde vor.3 Diese Bescheinigung stellt von Rechts wegen lediglich eine Arbeitserleichterung für das Grundbuchamt dar, die diesem „im Regelfall eine weitere Nachprüfung ersparen“ wird.4

20

Bei der Abgeschlossenheitsbescheinigung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt,5 sondern um schlicht hoheitliches Handeln.6 Ihre Erteilung beruht auf der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen vom 19.3.1974.7 Die Verwaltungsvorschrift besitzt keine Rechtsnormqualität,8 sondern dient nur zur verwaltungstechnischen Umsetzung der Gesetzesbestimmung. Sie kann den gesetzlich vorgegebenen Abgeschlossenheitsbegriff nicht abändern, sondern muss sich ihrerseits an ihm messen und sich nach ihm auslegen lassen.9 Die Zuständigkeit der Behörde richtet sich nach Landesrecht.10 Die Baubehörde darf die Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht von der Einhaltung bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Vorschriften abhängig machen.11 Gegen die Nichterteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist die allgemeine Leistungsklage statthaft.12 Auch nach Erledigung der Leistungsklage kann die Rechtswidrigkeit der Nichterteilung/Rücknahme der Bescheinigung festgestellt werden (§ 43 Abs. 1 VwGO), wenn ein berechtigtes Feststellungsinteresse besteht, beispielsweise zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Staat.13 Die Abgeschlossenheitsbescheinigung kann von der ausstellenden Baubehörde ohne Bindung an die §§ 48 ff. VwVfG aufgehoben werden, wenn der zugrundeliegende Aufteilungs1 LG Mainz v. 8.8.2000 – 4 O 106/99, MittRhNotK 2000, 394. 2 Vgl. nur Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 7 m.w.N. 3 BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574; BayOblG v. 20.6.1990 – BReg. 2 Z 37/90, BayObLGZ 1990, 168 = NJW-RR 1990, 1356 = DNotZ 1991, 477; BayVGH v. 20.11.1997 – 2 B 94.3258, ZMR 1998, 469 = WuM 1998, 423 = NZM 1999, 260. 4 Begründung des Entwurfs des WEG zu § 7 Abs. 4, BR-Drucks. 75/1951 Anl. 2 S. 14. 5 So aber Becker, NJW 1991, 2742. 6 BVerwG v. 11.12.1987 – 8 C 55/85, DNotZ 1988, 702; VG Berlin v. 26.2.1997 – 19 A 766.95, NZM 1998, 732. 7 BAnz. Nr. 58 v. 23.3.1974. 8 Schmidt, DNotZ 1990, 251, 252; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2822; Rapp in Staudinger, BGB, § 59 WEG Rz. 3; offen gelassen von GmS-OGB v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = MDR 1993, 344 = BVerwGE 90, 382 = NJW 1992, 3290 = ZMR 1993, 25 = DNotZ 1993, 48. 9 GmS-OGB v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = MDR 1993, 344 = BVerwGE 90, 382 = NJW 1992, 3290 = ZMR 1993, 25 = DNotZ 1993, 48. 10 Zur Rechtmäßigkeit einer Gebührenerhebung für die Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung je Sondereigentumsanteil s. VG Düsseldorf v. 13.9.2012 – 4 K 6318/11, NJWSpezial 2012, 739. 11 GmS-OGB v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = BVerwGE 90, 382 = MDR 1993, 344 = NJW 1992, 3290 = ZMR 1993, 25 = DNotZ 1993, 48; BGH v. 10.12.1992 – V ZB 12/90, NJW 1993, 592; BayOblG v. 20.6.1990 – BReg. 2 Z 37/90, BayObLGZ 1990, 168 = NJW-RR 1990, 1356 = DNotZ 1991, 477; v. 23.11.1989 – BReg.2 Z 108/89, BayObLGZ 1989, 447, 451 = NJW-RR 1990, 212 = DNotZ 1990, 260. 12 BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574. 13 BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574.

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plan durch bauliche Veränderungen des Gebäudes unrichtig geworden ist und den Umfang des Sondereigentums sowie des Gemeinschaftseigentums und der zulässigen Nutzung nicht mehr zutreffend darstellt.1 Andererseits darf die Bescheinigung auch nicht beliebig wieder beseitigt werden. Ist die Erklärung richtig, so ist kein rechtlich beachtlicher Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, die Erklärung, an die sich Rechtswirkungen knüpfen, wieder zu beseitigen. Ein Bedürfnis zur Beseitigung einer solchen Erklärung ist nur dann anzuerkennen, wenn und soweit sie inhaltlich falsch ist.2 In der Bescheinigung müssen Grundstücke, die aus dem Aufteilungsplan ersichtlich nicht zur Bebauung vorgesehen sind, nicht benannt werden.3 Das Wohnungseigentumsgesetz sieht als einzige Form des Nachweises für die Abgeschlossenheit die Bescheinigung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 vor. Andere Formen des Nachweises über das Vorliegen einer Abgeschlossenheit, z.B. Ermittlungen oder Beweiserhebungen durch das Grundbuchamt, sind diesem versagt.4

20a

d) Ausfertigung des Aufteilungsplanes und Bescheinigung der Abgeschlossenheit durch einen Sachverständigen Im Rahmen der WEG-Reform neu eingefügt wurde eine Öffnungsklausel für die Landesregierungen, wonach diese durch Rechtsverordnung bestimmen können, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 3). Diese Aufgabenübertragung kann generell oder nur für bestimmte Fälle geschehen, etwa bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen oder bei genehmigungsfreien Bauvorhaben.5

21

§ 7 Abs. 4 Satz 3 stellt auf einen „öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen“ ab, und zwar insb. wegen dessen Unabhängigkeit ggü. dem teilenden Eigentümer. Diese Unabhängigkeit ist nach Auffassung des Gesetzgebers erforderlich, damit die Genauigkeit der Angaben im Aufteilungsplan hinreichend sicher geprüft werden kann. Sie wäre nicht gewahrt, wenn der Bauvorlageberechtigte den Aufteilungsplan ausfertigen oder wenn er die Abgeschlossenheit bescheinigen könnte. Es wäre zu befürchten, dass es bei den Arbeiten vermehrt zu Ungenauigkeiten bei der Kennzeichnung der Eigentumsverhältnisse käme und dass damit auch die Zahl der Streitigkeiten der Wohnungseigentümer und letztlich die Belastung der Gerichte zunähme.6 Der Gesetzeswortlaut unterscheidet nicht zwischen öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen. Die öffentliche Bestellung eines Sachverständigen richtet sich nach § 36 GewO, die öffentliche Anerkennung nach den landesrechtlichen Bauvorschriften.

22

Der neue § 7 Abs. 4 Satz 4 regelt, dass bei einer Wahrnehmung der bisherigen Aufgaben der Baubehörde durch einen Sachverständigen die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen vom 19.3.1974 entsprechend gelten. Dies hat auch zur Folge, dass der Sachverständige eine Abgeschlossenheitsbescheinigung über ein genehmigungsfreies Bauvorhaben erst erteilen darf, wenn die Unterlagen bei der Baubehörde eingegangen sind und mit dem Bauvorhaben nach Ablauf der Wartefrist begonnen werden darf. Vorher lässt sich nicht feststellen, ob die Voraussetzungen der Genehmigungsfreiheit gegeben sind.7

23

1 BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574; Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 7. 2 BayObLG v. 20.6.1990 – BReg.2 Z 37/90, MDR 1990, 1017 = BayObLGZ 1990, 168 = NJW-RR 1990, 1356 = DNotZ 1991, 477. 3 LG Duisburg v. 22.6.2007 – 7 T 125/07, ZMR 2007, 888. 4 OLG Frankfurt v. 7.4.2011 – 20 W 156/11, JurionRS 2011, 25569. 5 BT-Drucks. 16/887, 17. 6 BT-Drucks. 16/887, 17. 7 BT-Drucks. 16/887, 17; kritisch hierzu Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 15.

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§7

Grundbuchvorschriften

24

Auf Veranlassung des Rechtsausschusses stellt § 7 Abs. 4 Satz 5 klar, dass die vom Sachverständigen erstellten Anlagen nicht der Form des § 29 GBO bedürfen.1 Ihre Form richtet sich allein nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen vom 19.3.1974, d.h. Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung müssen lediglich vom Sachverständigen unterschrieben und mit seinem Stempel versehen und einheitlich bezeichnet sein.

25

Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 6 können die Landesregierungen die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. Hiervon hat bisher nur Berlin Gebrauch gemacht und die für das Bauwesen zuständige Senatsverwaltung als die für den Erlass von Rechtsverordnungen gem. § 7 Abs. 4 zuständige Stelle bestimmt.2

26

Ob und in welchem Umfang die Landesregierungen von der Öffnungsklausel Gebrauch machen, bleibt abzuwarten. Bisher ist dies jedenfalls noch nicht geschehen. Gleiches gilt für die Frage, ob sie tatsächlich zu einer Verwaltungsvereinfachung führt.3 e) Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan

27

Teilungserklärung und Aufteilungsplan sind untereinander gleichrangig. Stimmen die textliche Beschreibung des Sondereigentums in der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein und lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung (§ 133 BGB) ausräumen, ist Sondereigentum nicht entstanden (vgl. § 8 Rz. 19). f) Prüfungsumfang des Grundbuchamts

28

Das Grundbuchamt hat nicht die baurechtliche Zulässigkeit des Gebäudes zu prüfen,4 sondern ob die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind und ob Inhaltsmängel vorliegen.5 Zu den vom Grundbuchamt zu prüfenden Voraussetzungen gehört etwa neben einer Kontrolle nach §§ 134, 138, 242 BGB6 auch das Vorliegen eines den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Aufteilungsplanes. Die Prüfungspflicht des Grundbuchamtes erstreckt sich insb. darauf, ob der Aufteilungsplan den Anforderungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 entspricht. Übertriebene Anforderungen an die Genauigkeit darf das Grundbuchamt aber nicht stellen.7 Eine Pflicht zur Prüfung der Abgeschlossenheitsbescheinigung besteht in der Regel nicht. Das Grundbuchamt ist jedoch bei Zweifeln an der Richtigkeit der Abgeschlossenheitsbescheinigung berechtigt, diese im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens selbständig zu überprüfen.8

28a

Die beantragte Eintragung ist nur zu vollziehen, wenn Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung keine offensichtliche Unrichtigkeit oder Widersprüchlichkeit enthalten. Das Grundbuchamt hat keine Ermittlungen darüber anzustellen, ob die technischen Voraussetzungen für die Richtigkeit vorliegen, sondern offenbare Irrtümer und Abweichungen zu beanstanden.9 Das Abgeschlossenheitserfordernis des § 3 Abs. 2 hat dabei den Sinn, die Eigentums- und Benutzungsverhältnisse inner1 BT-Drucks. 16/3843, 20. 2 Verordnung zur Bestimmung der für den Erlass von Rechtsverordnungen nach § 7 Abs. 4 WEG zuständigen Stelle v. 11.12.2007, GVBl. S. 682. 3 Kritisch zur Neuregelung Köhler, Das neue WEG, Rz. 43; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 16. 4 Vgl. BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111. 5 Bassenge in Palandt, BGB, § 7 WEG Rz. 7; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 18; zum Verfahren des Grundbuchamtes bei unheilbar fehlenden rechtlichen Voraussetzungen der beantragten Eintragung s. OLG München v. 20.9.2011 – 34 Wx 373/11, JurionRS 2011, 26139. 6 Vgl. Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 6; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 18. 7 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 12. 8 Vgl. BGH v. 14.2.1991 – V ZB 12/90, NJW 1991, 1611; OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/11, MDR 2012, 900 = MietRB 2012, 301; Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 75; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 124. 9 Vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2856; OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, FGPrax 2001; OLG Frankfurt v. 7.4.2011 – 20 W 156/11, JurionRS 2011, 25569.

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halb des in Wohnungseigentum aufgeteilten Gebäudes klar zu stellen und langwierige und kostenintensive Streitigkeiten vorzubeugen, die sich aus einer Unklarheit dieser Beziehungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht innerhalb eines Gebäudes ergeben können.1 5. Entsprechende Anwendung (Abs. 5) § 7 Abs. 5 stellt klar, dass für Teileigentumsgrundbücher die Vorschriften über Wohnungsgrundbücher entsprechend gelten. Für Wohnungs- und Teilerbbaugrundbücher gelten die Vorschriften der §§ 2 bis 7 WGV entsprechend (§ 8 WGV).

29

III. Weitere praktische Hinweise 1. Grundbucheinsicht Die Richtigkeitsvermutung (§ 891 BGB) und der öffentliche Glaube (§ 892 BGB) des Grundbuches setzen die Kenntnis des Grundbuchinhalts voraus. Dieser muss dem Betroffenen jederzeit zugänglich sein (formelles Publizitätsprinzip). Gleichwohl ist das Grundbuch kein öffentliches Register wie etwa das Handels-, Genossenschafts-, Vereins- oder Güterrechtsregister, die jedermann zur Einsicht offen stehen. Die Einsicht in das Grundbuch und die Grundakten ist gem. § 12 Abs. 1 GBO vielmehr nur demjenigen gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Der Begriff des berechtigten Interesses umfasst auch wirtschaftliche Interessen und ist damit weiter zu verstehen als der des rechtlichen Interesses. Nicht erforderlich ist, dass sich das Interesse auf ein bereits vorhandenes Recht stützt. Es genügt jedes verständliche durch die Sachlage gerechtfertigte Interesse.2 So hat ein Gläubiger des Eigentümers ein Einsichtsrecht in das Grundbuch bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titels.3 Die finanzierende Bank ist im Rahmen der Verhandlungen über eine Kreditgewährung zur Grundbucheinsicht berechtigt. Ein Kaufinteressent des Wohnungseigentums ist während konkreter Vertragsverhandlungen einsichtsberechtigt, vorher jedoch nicht. Die engere Familie (Ehegatten, Eltern, Kinder, Lebenspartner) kann unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie (§ 1365 BGB) ein Einsichtsrecht haben. Auch ein öffentliches Interesse kann zur Einsicht berechtigen, wenn der Antragsteller (z.B. Journalist) zu seiner Wahrnehmung befugt ist.4 Die Einsicht ist zu verweigern, wenn sie zu unbefugten Zwecken oder lediglich aus Neugierde begehrt wird. In die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher kann jeder Wohnungs- und Teileigentümer Einsicht nehmen, auch hinsichtlich der anderen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher.5 Ebenso steht dem Verwalter ein unbeschränktes Einsichtsrecht in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher zu.6

30

Notare und Rechtsanwälte, die im nachgewiesenen Auftrag eines Notars das Grundbuch einsehen wollen, sind von der Darlegung eines berechtigten Interesses befreit (§ 43 Abs. 2 GBV). Rechtsanwälten steht im Übrigen ein Einsichtsrecht nur zu, wenn sie ein berechtigtes Interesse ihrer Mandanten darlegen können. Den Notar trifft bei Grundstücksgeschäften nicht nur die Pflicht, das Grundbuch einzusehen (§ 21 BeurkG), er muss auch die rechtliche Bedeutung der festgestellten Eintragungen erkennen und die Gestaltung des Vertrages darauf ausrichten. Er darf das Grundbuch auch durch sachkundige Mitarbeiter einsehen lassen. Soweit dem Notar oder seinem Mitarbeiter dabei ein Fehler unterläuft, etwa ein Recht übersehen wird, können sich daraus Schadensersatzansprüche ergeben. Der Notar haftet für ein Ver-

31

1 Vgl. dazu OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, FGPrax 2001. 2 S. BayObLG v. 25.3.1998 – 2Z BR 171/97, NJW-RR 1998, 1241; v. 3.12.1998 – 2Z BR 174/98, DNotZ 1999, 739. 3 Vgl. OLG Zweibrücken v. 18.10.1988 – 3 W 115/88, NJW 1989, 531. 4 OLG Düsseldorf v. 12.6.1991 – 3 Wx 195/91, NJW-RR 1992, 695; s. aber auch KG v. 12.6.2001 – 1 W 132/01, NJW 2002, 223. 5 OLG Düsseldorf v. 15.10.1986 – 3 Wx 340/86, MDR 1987, 417 = NJW 1987, 1651; Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 2; einschränkend Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 2. 6 Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 2.

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§8

Teilung durch den Eigentümer

schulden seiner Mitarbeiter. Ob eine Verpflichtung zur Einsicht in die Grundakten bzw. die Markentabelle des elektronisch geführten Grundbuches besteht, hängt von der Art der vorzunehmenden Beurkundung ab. Eine Einsicht in die Grundakten bzw. die Markentabelle des elektronisch geführten Grundbuches ist jedoch immer sinnvoll, um zu erfahren, ob unerledigte Anträge vorliegen. 31a

Mit Urteil vom 4.12.2008 hat der BGH1 entschieden, dass ein Notar beim Verkauf einer Eigentumswohnung ohne besondere Umstände, etwa weil Zweifel am Umfang des Sondereigentums bestehen, nicht in die Grundakten Einsicht zu nehmen braucht, selbst wenn in dem von ihm einzusehenden Wohnungsgrundbuch auf die in den Grundakten befindliche Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird. Es bedarf nach Ansicht des BGH in einem solchen Fall auch keines Hinweises auf die unterbliebene Einsichtnahme oder darauf, dass sich nur mit ihr der Umfang des Sondereigentums ermitteln lasse.

32

Wer das Recht zur Grundbucheinsicht hat, kann auch Grundbuchauszüge und Abschriften von Urkunden in den Grundakten (gegen Kostenerstattung) verlangen (§ 12 Abs. 2 GBO). 2. Kein Zentralgrundbuch

33

Die Einführung eines Zentralgrundbuches2 anlässlich der WEG-Reform hat der Gesetzgeber aus wirtschaftlichen und rechtspolitischen Gründen abgelehnt.3

8

Teilung durch den Eigentümer (1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann durch Erklärung ggü. dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden ist. (2) Im Falle des Absatzes 1 gelten die Vorschriften des § 3 Abs. 2 und der §§ 5, 6, § 7 Abs. 1, 3 bis 5 entsprechend. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt 1. Teilungserklärung (Abs. 1) a) Teilung durch den Eigentümer . b) Einseitige Willenserklärung ggü. dem Grundbuchamt . . . . . . . . c) Eintragungsbewilligung . . . . . . d) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auslegung der Teilungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gemeinschaftsordnung . . . . . .

1

3 6 7 12 16 17

g) Zustimmung von Globalgrundpfandgläubigern . . . . . . . . . . 18b 2. Entsprechende Anwendung (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3. Wirksamwerden der Teilung (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 III. Weitere praktische Hinweise 1. Änderung der Teilungserklärung . . 23 2. Unterteilung . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Schrifttum: Armbrüster, Änderungsvorbehalte und –vollmachten zugunsten des aufteilenden Bauträgers, ZMR 2005, 244; Becker, Die Einpersonen-Eigentümergemeinschaft, FS Seuß 2007, 19; Bielefeld, Unterteilung und Veräußerung von Wohnungseigentum, FS Merle 2000, 75; Blum, Anmerkungen zum „Kellermodell“, MittRhNotK 1992, 109; Bub, Gestaltung der Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung, WE 1993, 185 und 212; Ertl, Alte und neue Probleme der Gemeinschaftsregelungen des WEG, DNotZ 1979, 267; Frenz, Rechtliche Probleme der Wohnungsprivatisierung, PiG 1995, S. 99; Galster, Vorstellung und Kommentierung der Teilungserklärung, WE 1995, 290; Gersterkamp,

1 BGH v. 4.12.2008 – III ZR 51/08, MDR 2009, 235 = MietRB 2009, 74 = NJW 2009, 516. 2 Vgl. hierzu Armbrüster, DNotZ 2003, 493; Armbrüster, ZWE 2003, 355; Kreuzer, ZWE 2003, 145; v. Oefele, WE 2002, 196; v. Oefele/Schneider, DNotZ 2004, 740; Schneider, Rpfleger 2003, 70; Schneider, ZMR 2005, 15; Demharter, Rpfleger 2007, 121. 3 BT-Drucks. 16/887, 13.

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Teilung durch den Eigentümer

Einzelne Formen der Mieterprivatisierung, WE 1998, 56; Gersterkamp, Das Zwischenerwerbsmodell, WE 1998, 168; Grebe, Die rechtsgeschäftlichen Änderungsvorbehalte im Wohnungseigentumsrecht, DNotZ 1987, 5; Gottschalg, Stimmrechtsfragen in der Wohnungseigentümerversammlung, NZM 2005, 88; Gütter, Die Folgen der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, WuM 1992, 455; Häublein, Gestaltungsprobleme im Zusammenhang mit der abschnittsweisen Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen, DNotZ 2000, 442; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003; Häublein, Die Mehrhausanlage in der Verwalterpraxis, NZM 2003, 785; Hügel, Begründung von Wohnungseigentum mittels eines vorläufigen Aufteilungsplans, NotBZ 2003, 147; Kern, Erfahrungen mit mieternahen Modellen, WE 1998, 133; Kessler, Grundpfandrechte und Reallasten als Aufteilungshindernisse, NJW 2010, 2317; Kluge, Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, Grundeigentum 1991, 268; Lechner, Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts der Sondereigentümer und Sondernutzungsberechtigten, NZM 2005, 604; Merle, Das Wohnungseigentum im System des bürgerlichen Rechts, 1979; Merle, Die Mehrhausanlage – Bauträgervertrag und Gemeinschaftsordnung, ZWE 2005, 164; Meyer-Stolte, Zu den Auswirkungen auf das Zwangsversteigerungsverfahren, wenn der Schuldner während des Verfahrens das beschlagnahmte Grundstück in Wohnungs- oder Teileigentum aufteilt, Rpfleger 1989, 118; Müller, Der Übergang von der Bauherrengemeinschaft zur Wohnungseigentümergemeinschaft, FS Seuß 2007, 211; Müller, Eintragungsfähigkeit von Öffnungsklausel-Beschlüssen, ZMR 2011, 103; Pauly, Betreutes Wohnen – notwendige Problembewältigung einer neuen Wohnform, ZMR 2008, 864; Pause, „Kellereigentum“ – eine Antwort auf die Rechtsprechung des BVerwG zur Abgeschlossenheitsbescheinigung, NJW 1992, 671; v. Proff, Kein Vermieterwechsel bei Aufteilung vermieteter Immobilien in Wohnungs- oder Teileigentum nach § 3 WEG, ZNotP 2009, 345; Rastätter, Aktuelle Probleme bei der Beurkundung von Teilungserklärungen, BWNotZ 1988, 134; Röll, Die Bezugnahme auf Baubeschreibungen, Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen in Grundstückskaufverträgen, NJW 1976, 167; Röll, Rechtsfragen bei der Errichtung von Eigentumswohnanlagen in mehreren Bauabschnitten, DNotZ 1977, 69; Röll, Die Teilungserklärung und das BeurkÄndG, MittBayNot 1980, 1; Röll, Errichtung einer Wohnanlage in mehreren Bauabschnitten, WE 1993, 16; Röll, Das Eingangsflurproblem bei der Unterteilung von Eigentumswohnungen, DNotZ 1998, 345; Sandweg, Die Teilungserklärung als Mittel zur Rechtsfortbildung, BWNotZ 1996, 73; Schmidt, Teilungserklärung als AGB?, BauR 1979, 187; Schmidt, Das neue Vorkaufsrecht bei der Umwandlung in Eigentumswohnungen, DWW 1994, 65; Schmidt, Die sukzessive Begründung von Wohnungseigentum bei Mehrhausanlagen, ZWE 2005, 58; Schmidt, (Un)zeitgemäße Betrachtungen. § 8 WEG im Wandel der Zeiten, FS Bub 2007, 221; Schneider, Zustimmungen Drittberechtigter bei der Begründung von Wohnungseigentum, ZNotP 2010, 299; Schneider, Noch einmal: Keine Zustimmungen Drittberechtigter zur einseitigen Begründung von Wohnungseigentum, ZNotP 2010, 387; Sonnenschein, Mieterschutz bei Bildung von Wohnungseigentum und Reform des Mietrechts, ZWE 2000, 285; Thoma, Rechtsprobleme bei der Aufteilung von Grundbesitz in Wohnungseigentum, RNotZ 2008, 121; Teitge, Rechtsfragen zur umgewandelten Eigentumswohnung, ZMR 1987, 281; Wellkamp, Musterverträge zum Wohnungseigentum, BuW 1998, 346; Werhahn, Bedarf die Begründung des wohnungseigentums nach § 8 WEG der Bewilligung dinglich Berechtigter?, JZ 1953, 498; Wilsch, weitere Unterteilung und Grundbuchgebühr, JurBüro 2008, 455; Zimmermann, Zum Mieterschutz bei Umwandlungen, WuM 1995, 81.

I. Allgemeines Gemäß § 8 Abs. 1 kann der Eigentümer eines Grundstücks durch Erklärung ggü. dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden ist. § 8 lässt damit die Aufteilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum durch den Alleineigentümer zu, ohne dass eine Miteigentümergemeinschaft entsteht (sog. Vorratsteilung).1 Die Vorratsteilung nach § 8 ähnelt der Parzellierung eines Grundstücks und stellt dementsprechend auch keinen systematischen Bruch im Sachenrecht dar.2 Sie ermöglicht in Abweichung zu § 1114 BGB die Verbindung verschiedener Miteigentumsanteile eines Eigentümers mit einzelnen Raumeinheiten eines Grundstücks.3 Die Teilung nach § 8 ist keine inhaltliche Änderung des Alleineigen1 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NZM 2006, 142; zum gutgläubigen Erwerb eines Sondernutzungsrechts nach Vorratsteilung s. OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138 = DNotZ 2009, 383. 2 Rapp in Staudinger, BGB, § 8 WEG Rz. 3. 3 Vgl. Commichau in MünchKomm/BGB, § 8 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 1.

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tums, sondern eine Teilung des Vollrechts. Auf diese finden die §§ 873 ff. BGB und § 23 ZVG keine Anwendung.1 Das einem bestimmten Miteigentumsanteil zugeordnete Sondereigentum an einem bestimmten Raum entsteht allerdings erst mit der Fertigstellung des Raumes.2 Solange der zu Sondereigentum bestimmte Raum aber noch nicht gebaut ist und damit noch nicht vorhanden ist, befindet sich das Sondereigentum in einem Zustand, der dem einer Anwartschaft ähnelt.3 Der Sondereigentümer hat dann eine gesicherte Rechtsposition.4 2

In der Praxis hat sich die Vorratsteilung nach § 8 durchgesetzt. Ihre wirtschaftliche Bedeutung liegt vor allem im Bauträgerbereich.5 Im Wege der Teilung nach § 8 kann der Bauträger zunächst das Objekt aufteilen und sodann das künftige Wohnungseigentum veräußern, ohne dass die einzelnen Erwerber zuvor Miteigentum am Grundstück erwerben müssten. II. Regelungsgehalt 1. Teilungserklärung (Abs. 1) a) Teilung durch den Eigentümer

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Aufteilender Eigentümer i.S.d. § 8 kann eine natürliche oder eine juristische Person sein. Voraussetzung ist, dass der aufteilende Eigentümer im Zeitpunkt der Anlegung der Wohnungsgrundbücher als Eigentümer des betroffenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist.6 Ist der Eigentümer in der Verfügung über das Grundstück beschränkt, ist die Teilungserklärung durch den zu diesem Zeitpunkt Verfügungsberechtigten, z.B. Insolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker, abzugeben.7 § 878 BGB ist auf die Teilungserklärung nach § 8 entsprechend anzuwenden.8

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Aufteilender Eigentümer kann auch eine Personenmehrheit sein (Bruchteilsgemeinschaft oder Gesamthandsgemeinschaft). Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 8 ist in diesen Fällen, dass bei der Aufteilung keine Übertragung einzelner Wohnungseigentumseinheiten auf einzelne Berechtigte erfolgen soll. Ansonsten liegt ein Fall des § 3 Abs. 1 vor. Erfolgt die Teilung nach § 8 setzt sich die Gemeinschaft an allen gebildeten Wohnungseigentumseinheiten fort.

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Eine Kombination der Teilungsformen nach § 3 und § 8 ist möglich.9 b) Einseitige Willenserklärung ggü. dem Grundbuchamt

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Die Teilungserklärung ist materiell-rechtlich die einseitige ggü. dem Grundbuchamt abzugebende Willenserklärung, dass das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise geteilt wird, dass mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung bzw. in Teileigentumsfällen an nicht zu Wohnzwecken dienenden genau bestimmten Räumen in einem auf dem Grund1 Vgl. BayObLG v. 15.3.1957 – 2Z 226–231/56, NJW 1957, 1840; OLG Stuttgart v. 19.3.1954 – 7 W 38/54, NJW 1954, 682; OLG Frankfurt v. 22.7.1959 – 6 W 417/58, NJW 1959, 1977; Weitnauer, DNotZ 1960, 115; Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG Rz. 24; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 1. 2 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NZM 2006, 142; LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 263/10, MietRB 2011, 323. 3 OLG Hamburg v. 25.2.2002 – 2 Wx 94/01, WuM 2002, 561; LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 263/10, MietRB 2011, 323. 4 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NZM 2006, 142; LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 263/10, MietRB 2011, 323. 5 Vgl. Mäule, ZNotP 1998, 481; Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 1. 6 OLG Düsseldorf DNotZ 1976, 168. 7 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 2. 8 LG Leipzig v. 13.1.2000 – 14 T 2901/99, MittBayNot 2000, 324; a.A. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 113. 9 Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 12; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 2; Augustin in RGRK/BGB, § 8 WEG Rz. 4.

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stück bereits errichteten oder – im Regelfall – noch zu errichtenden Gebäude verbunden ist. Als einseitige Willenserklärung unterliegt die Teilungserklärung den entsprechenden allgemeinen Regeln des BGB (§§ 104 ff. BGB), insb. den §§ 111, 180 BGB.1 Für die Praxis besonders wichtig ist die Beachtung der Vorschrift des § 180 BGB. Die von einem Nichtberechtigten (z.B. von einem vollmachtlosen Vertreter) abgegebene Teilungserklärung ist danach nichtig und nicht genehmigungsfähig. Kein Fall des § 180 BGB liegt dagegen vor, wenn die Teilung in Abwesenheit des Eigentümers durch einen mündlich Bevollmächtigten (vgl. § 167 Abs. 2 BGB) erklärt wird und anschließend eine Vollmachtsbestätigung des Eigentümers in der Form des § 29 GBO (vgl. Rz. 12 ff.) vorgelegt wird. c) Eintragungsbewilligung Im Grundbuchverfahrensrecht gilt gem. § 19 GBO das formelle Konsensprinzip, d.h. zur Eintragung einer Rechtsänderung (Begründung, Inhaltsänderung oder Belastung), Löschung oder Grundbuchberichtigung genügt grundsätzlich als Nachweis die einseitige Bewilligung des von der Eintragung Betroffenen. Gemäß § 19 GBO hat derjenige die Eintragungsbewilligung abzugeben, der von dem Recht betroffen wird. Betroffen in diesem Sinne ist, wessen Rechtsstellung durch die bewilligte Eintragung rechtlich unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt wird oder werden kann (verlierender Teil).2 Im Falle der Teilungserklärung nach § 8 ist dies der Eigentümer bzw. der Verfügungsbefugte (vgl. Rz. 3).

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Als Eintragungsgrundlage muss die Bewilligung einen klaren und bestimmten Inhalt haben. Ihr muss unzweideutig zu entnehmen sein, dass eine bestimmte Eintragung in das Grundbuch gewollt ist, an welchem Grundstück diese eingetragen werden soll, wer die Bewilligung abgibt und welchen Inhalt diese haben soll. Es müssen also insb. auch die zu bildenden Miteigentumsanteile angegeben werden.3 Nach der Ordnungsvorschrift des § 28 Satz 1 GBO ist das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Unzureichend ist etwa nur die Angabe der Straße und Hausnummer.

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Handelt sich bei dem in Wohnungseigentum aufzuteilenden Grundstück um eine noch zu vermessende Grundstücksteilfläche, steht der Wirksamkeit der Teilungserklärung nach § 8 nicht entgegen, dass die Teilfläche noch nicht katastermäßig bezeichnet ist,4 wie dies § 28 GBO vorschreibt. Für den Grundbuchvollzug bedarf es dann jedoch einer Ergänzungsurkunde in der Form des § 29 GBO (vgl. Rz. 12 ff.), in der das Grundstück entsprechend dem Veränderungsnachweis unter Angabe des neuen Flurstücks bezeichnet wird, sog. Identitätserklärung.5 Zur Abgabe dieser Identitätserklärung kann der Eigentümer gegebenenfalls auch einen Mitarbeiter des Notars bzw. den Urkundsnotar bevollmächtigen. Ist der Urkundsnotar bevollmächtigt, genügt insoweit eine notarielle Eigenurkunde (Unterschrift mit Dienstsiegel).

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Die Teilungserklärung kann auch bereits vor Vorliegen der bestätigten Aufteilungspläne mit der Abgeschlossenheitsbescheinigung abgegeben werden. Ausreichend ist in diesem Fall die Aufteilung unter Zugrundelegung eines vorläufigen Planes und eine spätere Verdeutlichung der Zusammengehörigkeit von Eintragungsbewilligung und

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1 Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG Rz. 21; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 3; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 3; Stürner in Soergel, BGB, § 8 WEG Rz. 12; Rapp in Staudinger, BGB, § 8 WEG Rz. 4; Weitnauer, § 8 WEG Rz. 4; Armbrüster in Bärmann, § 8 WEG Rz. 19. 2 BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, MDR 1984, 830 = DNotZ 1984, 695; BayObLG v. 7.5.1981 – BReg. 2 Z 1/81, MittBayNot 1981, 122. 3 Bassenge in Palandt, BGB, § 8 WEG Rz. 2; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 3. 4 Zur Bezeichnung einer Teilfläche durch einen nicht maßstabsgerechten Lageplan s. BGH v. 19.4.2002 – V ZR 90/01, MDR 2002, 1001 = DNotZ 2002, 937; s. auch v. Campe, NotBZ 2003, 41; v. 30.1.2004 – V ZR 92/03, MDR 2004, 680 = MietRB 2004, 178 = NotBZ 2004, 189. 5 Vgl. OLG Saarbrücken v. 8.7.1971 – 5 W 59/71, NJW 1972, 691; OLG Düsseldorf v. 29.10.1974 – VI ZR 168/73, NJW 1975, 168.

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bestätigtem Aufteilungsplan. Das Grundbuchamt hat die Übereinstimmung zu prüfen. Allein die Abgabe einer Identitätserklärung durch den Notar genügt bei einem Widerspruch nicht.1 11

Unwirksam sind bedingte, befristete oder sonst an Vorbehalte gebundene Bewilligungen, sofern der Eintritt der Bedingung oder Anfangstermin nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wird.2 d) Form

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§ 8 erklärt § 4 nicht für entsprechend anwendbar. Die Teilung nach § 8 kann somit materiell-rechtlich formfrei erklärt werden. Formell-rechtlich bedarf sie jedoch der Form des § 29 GBO. Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO soll eine Eintragung in das Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zur Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. § 29 Abs. 1 GBO schränkt somit im Grundbuchantragsverfahren die Beweismittel auf einen speziellen Urkundenbeweis ein (Grundsatz der Beweismittelbeschränkung). Alle sonstigen Beweismittel sind ausgeschlossen, soweit nicht durch Gesetz oder Rechtsprechung hiervon Ausnahmen zugelassen sind.3

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Öffentliche Urkunden sind solche, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (§ 415 Abs. 1 ZPO). Auch notarielle Eigenurkunden sind öffentliche Urkunden i.S.d. § 29 GBO, wenn es um die durch Vollmacht der Beteiligten gedeckte Ergänzung, Berichtigung oder Anpassung verfahrensrechtlicher Erklärungen geht und eine Beurkundung vorangegangen ist und die Urkunde vom Notar unterschrieben und mit Dienstsiegel versehen ist. Die Voraussetzungen des § 29 GBO erfüllt auch ein Prozessvergleich, der seinem Inhalt und der Form nach den Vorschriften nach §§ 159 ff. ZPO entspricht. Eine Notarbestätigung ist mangels Beweiskraft nach §§ 415, 418 ZPO als Nachweis für einen Bedingungseintritt nicht ausreichend. Eine nachträgliche Grundstücksbezeichnung durch notarielle Klarstellungserklärung (Unterschrift und Dienstsiegel) ist jedoch formgerecht.4 Ebenso ist die Beurkundung einer vom Notar amtlich wahrgenommenen Tatsache gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 BNotO öffentliche Urkunde.5 Zum Nachweis der Auflassung eignen sich nur öffentliche Urkunden, die den zwingenden Formerfordernissen des Beurkundungsgesetzes genügen.6

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Unter öffentlich beglaubigten Urkunden sind schriftlich abgefasste Erklärungen zu verstehen, bei denen die Unterschrift oder das Handzeichen des Erklärenden von einem Notar beglaubigt ist (§ 129 BGB). Die Form der öffentlichen Beglaubigung richtet sich nach §§ 39, 40 BeurkG. Auch eine nach der Unterschriftsbeglaubigung erfolgte Textänderung erfüllt die Form der öffentlichen Beglaubigung. Jedoch unterliegt es der freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes, ob die Textergänzung mit dem Willen des Unterzeichnenden vorgenommen wurde.7 Eine öffentlich beglaubigte Urkunde ist keine öffentliche Urkunde nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO.8 1 BayObLG v. 12.12.2002 – 2Z BR 112/02, ZfIR 2003, 382; s. auch Hügel, NotBZ 2003, 147. 2 OLG Frankfurt v. 10.4.1980 – 20 W 152/80, Rpfleger 1980, 291; OLG Frankfurt, Rpfleger 1975, 177; OLG Frankfurt v. 29.8.1995 – 20 W 351/95, Rpfleger 1996, 151. 3 OLG Frankfurt v. 17.8.1987 – 20 W 262/87, NJW-RR 1988, 225. 4 BayObLG v. 6.8.1987 – BReg.2 Z 124/86, Rpfleger 1988, 60. 5 BayObLG v. 30.9.1999 – 2Z BR 146/99, NJW-RR 2000, 161. 6 BayObLG v. 24.1.2001 – 2Z BR 129/00, MDR 2001, 559 = NJW-RR 2001, 734. 7 OLG Frankfurt v. 8.3.2006 – 20 W 21/05, DNotI-Report 2006, 114. 8 BGH v. 14.7.1983 – V ZB 7/83, DNotZ 1985, 367; zur Blankettbeglaubigung nach § 40 Abs. 5 BeurkG und § 29 GBO s. Hornig, DNotZ 1971, 69.

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Gem. § 438 Abs. 2 ZPO wird der Nachweis der Echtheit einer ausländischen öffentlichen Urkunde durch die Legalisation erbracht. Jedoch bestehen auf Grund zweioder mehrseitiger Staatsverträge Befreiungs- bzw. Vereinfachungstatbestände (z.B. Haager Übereinkommen v. 5.10.1961: Echtheitsbeweis durch „Apostille“). Die Legalisation ist verzichtbar, wenn anderweitig ein eindeutiger Nachweis geführt werden kann. Steht die Echtheit einer Beglaubigung anderweitig fest und bestehen keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Errichtung, kann ein weiterer förmlicher Echtheitsnachweis nicht verlangt werden.1

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Die Urkunden können dem Grundbuchamt in Urschrift, in Ausfertigung oder in beglaubigter Abschrift – auch die beglaubigte Abschrift einer beglaubigten Abschrift – vorgelegt werden. Bei einer Vollmachtsurkunde genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift allein nicht, wenn der Besitz der Vollmachtsurkunde nach materiellem Recht (z.B. § 172 BGB) zum Nachweis erforderlich ist. Die beglaubigte Abschrift kann in diesem Fall durch eine notarielle Bescheinigung des Inhalts, dass dem Notar die Vollmachtsurkunde im Original oder in Ausfertigung zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Bevollmächtigten vorgelegt wurde, ergänzt werden.2 § 29 GBO ist eine Ordnungsvorschrift.3 Seine Verletzung macht die Grundbucheintragung daher nicht unwirksam, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung vorliegen.

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Soll auf die Teilungserklärung in späteren Veräußerungsverträgen verwiesen werden, bietet sich im Hinblick auf § 13a Abs. 1 BeurkG die Beurkundungsform an. Auf eine lediglich der Unterschrift nach beglaubigte Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung kann nicht gem. § 13a BeurkG verwiesen werden.4 Diese wäre gegebenenfalls als Bestandteil des jeweiligen Veräußerungsvertrages mit zu beurkunden.

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e) Auslegung der Teilungserklärung Für die Auslegung einer Teilungserklärung sind die für Grundbucheintragungen anzuwendenden Grundsätze maßgebend.5 Grundbucherklärungen sind als Willenserklärungen grundsätzlich gem. §§ 133, 157 BGB der Auslegung fähig.6 Der Auslegung durch das Grundbuchamt sind jedoch durch den Bestimmtheitsgrundsatz, den Grundsatz der Beweismittelbeschränkung, den Beibringungsgrundsatz und den Öffentlichkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt. Für die Auslegung gilt der Grundsatz, dass auf den Wortlaut und Sinn der Grundbucherklärung abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt.7 Die Auslegung muss im Hinblick auf die Anforderungen des Grundbuchverfahrens an Klarheit und Bestimmtheit des objektiven Inhalts einer Grundbucherklärung zu einem dieser Bestimmtheit entsprechenden eindeutigen Ergebnis führen.8

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f) Gemeinschaftsordnung Das WEG enthält in den §§ 10 ff. Bestimmungen zur Gemeinschaftsordnung. Die Teilungserklärung bedarf daher an sich selbst keiner eigenen Regelungen. Gleichwohl wird in der Praxis in der Regel die Gemeinschaftsordnung in der Teilungserklärung niedergelegt. Da der teilende Eigentümer den Inhalt der Gemeinschaftsordnung einseitig vorgibt, enthält diese genau genommen keine Vereinbarungen bzw. Beschlüsse i.S.d. § 10 Abs. 3 und 4. Soweit dem das zwingende Recht nicht entgegen1 2 3 4 5 6

OLG Zweibrücken v. 22.1.1999 – 3 W 246/98, Rpfleger 1999, 326. BayObLG v. 27.12.2001 – 2Z BR 185/01, DNotI-Report 2002, 38. BGH DNotZ 1963, 313. BGH v. 6.4.1979 – V ZR 72/74, MDR 1979, 830 = NJW 1979, 1496. Armbrüster in Bärmann, § 8 WEG Rz. 24. Vgl. BGH v. 16.3.1984 – V ZR 206/82, MDR 1984, 746 = NJW 1984, 1959; BayObLG v. 5.3.1987 – BReg. 2 Z 18/87, MittBayNot 1987, 140; v. 9.10.1991 – BReg.2 Z 131/91, BReg.2 Z 132/91, DNotZ 1992, 306; OLG Köln v. 15.7.1981 – 2 Wx 23/81, Rpfleger 1981, 440. 7 Vgl. BGH WM 1969, 661; DNotZ 1973, 20; DNotZ 1973, 367; BayObLG v. 24.6.1977 – BReg 2 Z 64/76, DNotZ 1978, 238; v. 5.3.1987 – BReg.2 Z 18/87, NJW-RR 1987, 792; v. 17.2.1994 – 2Z BR 138/98, DNotZ 1995, 56; OLG Celle v. 21.4.2008 – 4 W 216/07, MietRB 2009, 105 = NJOZ 2009, 812. 8 Vgl. BayObLG v. 19.7.1979 – BReg.2 Z 16/79,MDR 1980, 54 = DNotZ 1980, 100; v. 1.6.1979 – BReg.2 Z 79/78, DNotZ 1980, 230; v. 5.8.1990 – BReg.2 Z 69/80, DNotZ 1982, 254.

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steht, kann der Eigentümer gleichwohl im Rahmen der Teilungserklärung nach Maßgabe der §§ 8 Abs. 2 S. 1, 5 Abs. 4 und 10 Abs. 2 Satz 2 von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Regelungen treffen.1 Im Einzelfall ist zu ermitteln, ob die jeweilige Regelung Vereinbarungs- oder Beschlusscharakter hat. Hiervon hängt ab, ob die Regelung durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder im Beschlusswege geändert werden kann.2 18

Die vom Eigentümer einseitig vorgegebene Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung unterliegen regelmäßig keiner Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.3 Das Grundbuchamt hat diese jedoch an Hand der §§ 134, 138 und 242 BGB auf ihre Übereinstimmung mit den zwingenden gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen.4 Im Übrigen wird der Erwerber einer Eigentumswohnung von einem Bauträger durch die Inhaltskontrolle des Erwerbsvertrages geschützt.5 Die Regelung einer Teilungserklärung, die für den Mehraufwand des Verwalters im Fall der Säumnis eines Wohnungseigentümers die doppelte, bei gerichtlichen Maßnahmen die dreifache jährliche Verwaltergebühr bestimmt, ist nichtig.6

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Unter Beachtung der Grundsätze für die Auslegung einer Grundbucheintragung ist eine ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung nicht ausgeschlossen. Die Auslegung von Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung unterliegt den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn des Eingetragenen abzustellen, und zwar so, wie es sich für den unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es bei der Auslegung nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.7 Eine Auslegung kann im Einzelfall zu einem Anspruch auf Abänderung des in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels führen.8 g) Zustimmung von Globalgrundpfandgläubigern

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Bis zum Inkrafttreten des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (in der Fassung durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes vom 26.3.2007)9 war es herrschende Meinung, dass die Zustimmung von Globalgrundpfandgläubigern bei der Aufteilung in Wohnungseigentum gemäß § 8 WEG nicht erforderlich ist.10 Denn die Aufteilung in Wohnungseigen1 BayObLG v. 23.9.1988 – BReg. 2 Z 97/87, DNotZ 1989, 428; LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 47/12, MietRB 2013, 213 = ZWE 2013, 263. 2 Vgl. BayObLG v. 23.5.1997 – 2Z BR 44/97, MittBayNot 1997, 369; OLG Düsseldorf v. 5.6.2000 – 3 Wx 118/00, ZWE 2000, 537. 3 OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707; BayObLG v. 11.4.1991 – BReg.2 Z 28/91, NJW-RR 1992, 83; OLG Hamburg v. 14.2.1996 – 2 Wx 16/94, FGPrax 1996, 132; offen gelassen durch BGH v. 11.11.1996 – V ZB 1/86, NJW 1987, 650; s.a. Bassenge in Palandt, BGB, § 8 WEG Rz. 1; Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG Rz. 62; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 5; Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 125; Augustin in RGRK/BGB, § 8 WEG Rz. 23, 29; a.A. Stürner in Soergel, BGB, § 8 WEG Rz. 3; differenzierend Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 3. 4 Vgl. OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707; BayObLG v. 11.4.1991 – BReg.2 Z 28/91, NJW-RR 1992, 83; v. 14.6.1995 – 2Z BR 53/95, NJW-RR 1996, 1037. 5 Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 5; Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 3; Ertl, PiG 7, S. 120; Schippel/Brambring, DNotZ 1977, 177; Röll, DNotZ 1978, 721. 6 OLG Hamm v. 6.12.2007 – 15 W 224/07, MietRB 2009, 15. 7 LG Dresden v. 24.6.2010 – 2 T 715/08, ZMR 2010, 979; OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = MK 2013, 38 = NZM 2013, 153 = ZfIR 2013, 77 = ZMR 2013, 296 = ZWE 2013, 211. 8 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834. 9 BGBl. I, 370. 10 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250; Briesemeister in Weitnauer, WEG, § 3 Rz. 74; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2849; s. zu allem auch Kesseler, NJOZ 2010, 1466.

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§8

Teilung durch den Eigentümer

tum lässt das Haftungsobjekt als Ganzes unverändert. Die Summe aller Wohnungseigentumsrechte ist mit dem ungeteilten Grundstückseigentum identisch. Nach der mit der WEG-Novelle einhergehenden Neufassung von § 10 Abs. 1 ZVG mit der Rangklassenprivilegierung der Wohnungseigentümer in Nr. 2 stellt sich die Frage, ob die Aufteilung in Wohnungseigentum im Hinblick auf § 876, § 877 BGB (direkt oder entsprechend angewandt) der Zustimmung von Grundpfandgläubigern bedarf. Dies wird insb. von Kesseler1 bejaht. Der Gläubiger befinde sich durch die Aufteilung in einer vollstreckungsrechtlich nachteiligen Situation. Er müsse sich nämlich nunmehr im Rahmen der Zwangsverwertung nicht nur die etwa vor ihm stehenden dinglichen Rechte, die ohnehin auf dem Grundstück lastenden öffentlichen Lasten und die Kosten des Verfahrens vorgehen lassen, sondern auch die Forderungen, die sich aus den zwischen den Miteigentümern bestehenden Beziehungen ergeben; diese mögliche Beeinträchtigung sei direkte Folge der Aufteilung in Wohnungseigentum.

18c

Demgegenüber hält die überwiegende Rspr.2 auch nach der Novellierung daran fest, dass die Zustimmung Dritter i.S.v. § 877 i.V.m. § 876 Satz 1 BGB bei Teilung des Grundstücks durch den Eigentümer nicht notwendig ist.3 Das Eigentumsrecht erfahre durch die Aufteilung zu Gesamtrechten keine Änderung; eine Schmälerung der Haftungsgrundlage trete nicht ein. Die Begründung von Wohnungseigentum gemäß § 8 sei sachenrechtlich nicht der zutreffende Anknüpfungspunkt für ein eventuelles Zustimmungserfordernis Drittberechtigter.

18d

Der letztgenannten Ansicht ist zu folgen. Allein die Aufteilung beinhaltet keine Inhaltsänderung des Eigentums gemäß § 877 i.V.m. § 876 BGB. Die dingliche Rechtsstellung muss in rechtlicher, nicht bloß in tatsächlicher Hinsicht beeinträchtigt sein.4 Nach der Konzeption des WEG handelt es sich bei der Vorratsteilung um eine Teilung des Vollrechts; die Summe der Teile sind mit dem Volleigentum identisch. Auf der Teilung beruht deshalb keine Rechtsbeeinträchtigung der Grundpfandrechtsgläubiger.5 Erst die auf dem Gesetz beruhende Rangklassenordnung führt im Falle der Zwangsversteigerung bei Wohngeldrückständen zu einer Beeinträchtigung der Grundpfandrechtsgläubiger, wobei die Begründung von Wohnungseigentum hierfür zwar eine notwendige, keinesfalls aber zugleich eine hinreichende Bedingung darstellt.6 Bestätigt wird diese Sichtweise aus der Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG für den gesetzlichen Vorrang öffentlicher Grundstückslasten. Die der Entstehung einer öffentlichen Grundstückslast zugrunde liegende Rechtshandlung begründet nur den mittelbaren Anlass für die Rangverschlechterung der Grundpfandrechtsgläubiger. Die eintretende Benachteiligung in Form der Rangänderung ist Folge einer gesetz-

18e

1 Kesseler, NJOZ 2010, 1466; Kesseler, ZNotP 2010, 335; Kesseler in Timme, § 3 WEG Rz. 30; auch Böttcher, NotBZ 2010, 239; Bassenge in Palandt, BGB, § 3 WEG Rz. 1; OLG Frankfurt v. 11.4. 2011 – 20 W 69/11, MietRB 2011, 349 = DNotI-Report 2011, 146 = ZfIR 2011, 573 = ZWE 2011, 405. 2 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266; KG v. 30.11.2010 – 1 W 455/10, IWR 2011, 66 = MietRB 2011, 47 = MittBayNot 2011, 301 = Rpfleger 2011, 202 = ZfIR 2011, 70 = ZWE 2011, 81; v. 30.11.2010 – 1 W 468/10, JurionRS 2010, 31068; OLG Oldenburg v. 5.1.2011 – 12 W 296/10, ZfIR 2011, 254 = ZWE 2011, 224 = Rpfleger 2011, 318 = ZMR 2011, 492; ferner Schneider, ZNotP 2010, 299; Heinemann, ZfIR 2011, 255; Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 8 WEG Rz. 3. 3 Dies hat auch in seinem Beschluss der BGH v. 9.2.2012 – V ZB 95/11, MietRB 2012, 107 = DNotI-Report 2012, 58 = DNotZ 2012, 531 = FGPrax 2012, 94 = MDR 2012, 396 = MittBayNot 2012, 286 = NJW 2012, 1226 = NWB 2012, 1137 = NZM 2012, 351 = WM 2012, 644 = ZfIR 2012, 245 = NotBZ 2012, 168 (Hügel) = ZMR 2012, 563 = ZNotP 2012, 139 = ZWE 2012, 219, bestätigt. 4 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266; OLG Oldenburg v. 5.1.2011 – 12 W 296/10, ZfIR 2011, 254 = ZWE 2011, 224 = Rpfleger 2011, 318 = ZMR 2011, 492; ebenso schon BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830; Briesemeister in Weitnauer, § 3 WEG Rz. 74. 5 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266. 6 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266; vgl. auch Heinemann, ZfIR 2011, 255.

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lichen Wertentscheidung für die Einordnung bestimmter Ansprüche. Diese setzen zwar (z.B.) das Wohnungseigentum voraus und sind bei ungeteiltem Eigentum nicht denkbar, bedürfen jedoch zusätzlicher Tatbestände, um überhaupt erst zu entstehen.1 18f

Die Aufteilung eines beschlagnahmten Grundstücks in Wohnungseigentumseinheiten verstößt gegen das Veräußerungsverbot aus § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG, §§ 135, 136 BGB. Die Reichweite des Veräußerungsverbots bestimmt sich nach seinem Zweck, den Gläubiger nach der Beschlagnahme vor ihm nachteiligen Maßnahmen des Schuldners zu schützen. Die Schaffung von Wohnungseigentumseinheiten verhindert, die unveränderte Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens und kann zu erheblichen Verzögerungen führen. Davor soll der Gläubiger durch die zu seinen Gunsten erfolgte Beschlagnahme geschützt werden. Die Aufteilung eines beschlagnahmten Grundstücks - zu einem Zeitpunkt, als der Versteigerungsvermerk bereits eingetragen war - ist jedoch kein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht nach § 28 Abs. 1 ZVG und im formalisierten Zwangsversteigerungsverfahren folglich unbeachtlich.2 2. Entsprechende Anwendung (Abs. 2 Satz 1)

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§ 3 Abs. 2 (Abgeschlossenheit), § 5 (Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums), § 6 (Unselbständigkeit des Sondereigentums) und § 7 Abs. 1, 3 bis 5 (Grundbuchvorschriften) gelten gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 für die Aufteilung nach § 8 Abs. 1 entsprechend. Auf die entsprechenden Kommentierungen zu den §§ 3 Abs. 2, 5, 6, 7 Abs. 1, 3 bis 5 wird an dieser Stelle verwiesen. Erforderlich ist auch im Fall der Teilung durch den Eigentümer nach § 8 Abs. 1 insbesondere, dass ein Gebäude besteht bzw. errichtet wird und die Wohnungen oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume in sich abgeschlossen sind. Etwa erforderliche Zustimmungen und Genehmigungen müssen erteilt werden. Einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts bedarf es mangels Eigentumswechsels nicht. Der Teilungserklärung sind als Anlagen der Aufteilungsplan sowie die Abgeschlossenheitsbescheinigung beizufügen. Der Inhalt der Teilungserklärung und der Aufteilungsplan müssen übereinstimmen.3 Stimmen die textliche Beschreibung des Sondereigentums in der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein und lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung (§ 133 BGB) ausräumen, ist grundsätzlich keine der in sich widersprechenden Erklärungsinhalte vorrangig und Sondereigentum jedenfalls nicht entstanden.4 Im Zweifel entsteht Gemeinschaftseigentum.5 Ein gutgläubiger Erwerb dieses gemeinschaftlichen Eigentums zu Sondereigentum scheidet aus.6 Der betroffene Sondereigentümer hat jedoch einen aus § 242 BGB folgenden Anspruch7 auf Änderung der dinglichen Rechtslage.8 Der Alleineigentümer ist in der Bemessung der Größe der Miteigentumsanteile grundsätzlich frei.9

19a

Wird eine Teilungserklärung vollzogen, die dem Aufteilungsplan widerspricht, entsteht eine inhaltlich unzulässige Eintragung (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO). Dasselbe gilt, 1 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266. 2 BGH v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, MietRB 2012, 201 = ZfIR 2012, 441 = ZMR 2012, 638 = ZNotP 2012, 368. 3 OLG Köln v. 17.8.1992 – 2 Wx 35/92, NJW-RR 1993, 204; Armbrüster in Bärmann, § 8 WEG Rz. 23. 4 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = MieWoE, § 3 WEG Nr. 11; OLG München v. 24.9.2010 – 34 Wx 115/10, MietRB 2011, 80 = MittBayNot 2011, 228 = NotBZ 2011, 60; OLG München v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = ZfIR 2012, 719 = ZWE 2012, 487. 5 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 21/00, MieWoE, § 4 WEG Nr. 3. 6 OLG Zweibrücken v. 11.2.2011 – 3 W 8/11, ZWE 2011, 335. 7 BayObLG v. 30.4.1998 – 2Z BR 11/98, BayObLGZ 1998, 111; OLG Köln v. 13.4.1999 – 15 U 148/98, ZMR 1999, 785. 8 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2581. 9 Vgl. BayObLG v. 12.8.1999 – 2Z BR 80/89, ZWE 2000, 171; OLG Düsseldorf v. 8.1.2001 – 3 Wx 402/00, ZWE 2001, 388.

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§8

Teilung durch den Eigentümer

wenn zwingendes Gemeinschaftseigentum einem Miteigentumsanteil als Sondereigentum zugewiesen wird. Das Grundbuchamt hat die unzulässige Eintragung von Amts wegen zu löschen.1 In der näheren Bezeichnung eines Sondereigentums in der Teilungserklärung liegt in der Regel, jedenfalls sofern die Gemeinschaftsordnung für das Sondereigentum keine hiervon abweichende Benutzungsregelungen enthält, eine die Nutzung des Sondereigentums einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gem. §§ 5 Abs. 4, 15 Abs. 1, 10 Abs. 2. Für Gemeinschaftseigentum, das lediglich einem Sondernutzungsrecht unterliegt, gilt hinsichtlich der Auswirkung einer Zweckbestimmung nichts anderes als für Sondereigentum.2 Die Zweckbestimmung des Sondereigentums als Wohnung durch die Teilungserklärung wird durch die Bezeichnung der einzelnen Räume in dem Aufteilungsplan nicht auf die so umrissene konkrete Nutzungsart beschränkt. Ein Wohnungseigentümer ist deshalb berechtigt, im Rahmen der Wohnnutzung die Art der Nutzung der einzelnenen Räume zu verändern, so dass auch die Verlegung der Küchennutzung eines Raumes in einen anderen Raum grundsätzlich zulässig ist.3

19b

3. Wirksamwerden der Teilung (Abs. 2 Satz 2) Die Teilung nach § 8 Abs. 1 wird gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam. Die Anlegung der Wohnungsgrundbücher und Schließung des Grundstücksgrundbuches richtet sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 1. § 8 Abs. 2 Satz 1 verweist nicht auf § 7 Abs. 2. Die Anlegung eines gemeinschaftlichen Wohnungsgrundbuches ist damit ausgeschlossen. Ein Verstoß hiergegen ist unschädlich, da es sich insoweit nur um eine Ordnungsvorschrift handelt.4

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Die Eigentumsverhältnisse (Allein-, Bruchteils-, Gesamthandseigentum) setzen sich mit der Eintragung der Teilung im Grundbuch an jeder einzelnen Wohnungseigentumseinheit fort, so dass über jede getrennt verfügt werden kann.5 Verfügungen über eine einzelne Wohnungseigentumseinheit können erst nach Anlegung der Wohnungsgrundbücher unter gleichzeitiger Voreintragung des teilenden Eigentümers in das Grundbuch eingetragen werden. Der Anspruch auf Verschaffung des Wohnungseigentums ist jedoch auch bereits vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher durch Eintragung einer Vormerkung in das Grundstücksgrundbuch sicherbar.6 Dies setzt voraus, dass der Miteigentumsanteil ziffernmäßig oder auf andere Weise7 und das Sondereigentum sowie ein etwaiges Sondernutzungsrecht durch Bezugnahme auf einen Bau-/Aufteilungsplan8 oder wörtliche Beschreibung9 bestimmt bezeichnet werden. Einer Abgeschlossenheitsbescheinigung bedarf es nicht.10

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Zur Entstehung gelangt eine nach § 8 begründete Wohnungseigentümergemeinschaft erst, wenn die Wohnungsgrundbücher angelegt und mindestens zwei Wohnungseigentümer, nämlich neben dem teilenden Eigentümer noch ein Erwerber, eingetragen sind.11 Vor diesem Zeitpunkt kann eine sog. faktische bzw. werdende Woh-

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

OLG München v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = ZfIR 2012, 719 = ZWE 2012, 487. OLG Frankfurt v. 10.4.2008 – 20 W 119/06. OLG Frankfurt v. 10.4.2008 – 20 W 119/06. Bassenge in Palandt, BGB, § 8 WEG Rz. 2; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 7; Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 1. Vgl. Bassenge in Palandt, BGB, § 8 WEG Rz. 2; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 7; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 8 WEG Rz. 11. Vgl. Bassenge in Palandt, BGB, § 8 WEG Rz. 4; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 7; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 6. OLG Düsseldorf v. 21.12.1994 – 9 U 208/94, MDR 1995, 465 = NJW-RR 1995, 718; LG Ravensburg v. 20.11.1987 – 1 T 269/87, BWNotZ 1988, 38. BayObLG v. 13.2.1992 – 2Z BR 3/92, NJW-RR 1992, 663. BayObLGZ 1977, 155. LG Köln v. 3.9.1990 – 11 T 166/90, MittRhNotK 1990, 252. BayObLG v. 19.5.2004 – 2Z BR 272/03, MietRB 2004, 325 = ZMR 2004, 767; OLG Nürnberg v. 24.4.2013 – 12 U 932/12, MDR 2013, 699 = MietRB 2013, 176 = MK 2013, 91 = ZMR 2013, 650 = ZWE 2013, 323.

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§8

Teilung durch den Eigentümer

nungseigentümergemeinschaft bestehen.1 Dies setzt neben einem wirksamen Erwerbsvertrag regelmäßig die Eintragung einer Vormerkung und das Vorhandensein der Gemeinschaft durch Inbesitznahme voraus. Werdende Wohnungseigentümer können ihre Rechte in Verfahren nach §§ 43 ff. WEG geltend machen.2 Sie sind verpflichtet, entsprechend § 16 Abs. 2 die Kosten und Lasten des künftigen gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Diese Verpflichtung entfällt nicht dadurch, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne entsteht.3 Ein durch eine Eigentumsvormerkung gesicherter Erwerber und Nutzer von Wohnungseigentum kann durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer, der ihm die Beseitigung baulicher Veränderung auferlegt, nur gebunden werden, wenn er vor Entstehung der Eigentümergemeinschaft Mitglied einer werdenden Gemeinschaft geworden ist.4 Ein durch eine Vormerkung geschütztes Mitglied einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft steht einem eingetragenen Eigentümer zwangsvollstreckungsrechtlich nicht gleich. Mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft geht keine Verschiebung oder Vorwegnahme der sachenrechtlichen Zuordnung einher, an die die Zwangsvollstreckung in formalisierter Weise anknüpft.5 Mit Eintragung des ersten Erwerbers im Grundbuch endet die faktische Wohnungseigentümergemeinschaft.6 III. Weitere praktische Hinweise 1. Änderung der Teilungserklärung 23

Bis zur Entstehung der Eigentümergemeinschaft ist der teilende Eigentümer befugt, durch einseitige Erklärung gem. § 8 die Teilungserklärung zu ändern.7 Vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher ist ihm dies in der Regel nach seinem eigenen Belieben möglich, es sei denn es besteht schuldrechtlich eine vertragliche oder eine sachenrechtliche (§ 873 Abs. 2 BGB) Bindung. Nach Anlegung der Wohnungsgrundbücher bedarf der Eigentümer hierzu regelmäßig der Zustimmung dinglicher Berechtigter gem. §§ 876, 877 BGB, es sei denn Dritte sind von der Änderung nicht betroffen (§ 877 BGB) oder gelten als nicht betroffen (§ 5 Abs. 4 Satz 2).

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Beim Verkauf noch zu begründenden Wohnungseigentums behält sich der Verkäufer in der Praxis häufig das Recht vor, die Teilungserklärung einschließlich Gemeinschaftsordnung zu ändern. Der Käufer erteilt dem Verkäufer zu diesem Zweck regelmäßig eine entsprechende Änderungsvollmacht.8 Solche Änderungsvorbehalte sind grundsätzlich zulässig, müssen sich jedoch an §§ 307 ff. BGB messen lassen.9 Das Grundbuchamt prüft die Vollmacht allerdings nur daraufhin, ob sie offensichtlich unwirksam ist.10 Verdinglichte Ermächtigungen in der Teilungserklärung sind nicht zulässig.11 1 Vgl. etwa BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639; BayObLG v. 11.4.1990 – BReg.2 Z 7/90, NJW 1990, 3216; OLG Zweibrücken, WE 1999, 117; Rapp in Staudinger, BGB, § 8 WEG Rz. 25; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 8. 2 Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 26. 3 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639. 4 BayObLG v. 19.5.2004 – 2Z BR 272/03, MietRB 2004, 325 = ZMR 2004, 767. 5 BGH v. 23.9.2009 – V ZB 19/09, MDR 2009, 1415 = MietRB 2009, 357 ZInsO 2009, 2055. 6 BayObLG v. 11.4.1990 – BReg.2 Z 7/90, NJW 1990, 3216. 7 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59; OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 450/00, ZMR 2001, 650. 8 Vgl. BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 56/93, NJW-RR 1993, 1362; OLG München v. 27.4.2009 – 34 Wx 22/09, MittBayNot 2009, 296; Basty, NotBZ 1999, 233; zur fehlenden Bewilligungsbefugnis des nach § 8 teilenden Eigentümers im Hinblick auf die Zuordnung eines Sondernutzungsrechts, nachdem der teilende Eigentümer sämtliche Miteigentumsanteile an Dritte veräußert hat, s. OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, NotBZ 2013, 485-486 = ZAP EN-Nr. 0/2013 = ZMR 2013, 2 = ZWE 2013, 410 = MittBayNot 2014, 48 mit Anm. Kreuzer. 9 BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MDR 2005, 1284 = ZMR 2005, 799. 10 BayObLG v. 6.2.2003 – 2Z BR 111/02, ZMR 2003, 518. 11 Vgl. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165; BayObLG v. 12.10.2001 – 2Z BR 110/01, DNotZ 2002, 149; v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, MittBayNot 1998, 99; Rapp, MittBayNot 1998, 7; Häublein, DNotZ 2000, 442.

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§9

Schließung der Wohnungsgrundbücher

Eine Änderung im Bestand der zum Sondereigentum gehörenden Räume muss auf dem Grundbuchblatt selbst vermerkt werden. Eine Eintragung nur durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist auch nach § 7 Abs. 3 nicht zulässig.1

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Errichtet ein Wohnungseigentümer Räumlichkeiten, die zu Wohnzwecken genutzt werden können, führt dies ohne anderweitige Vereinbarung nicht dazu, dass er an diesen Räumen Sondereigentum erwirbt, selbst wenn die Räumlichkeiten von ihm vollständig finanziert worden sind.2

24b

Nach §§ 242, 313 BGB i.V.m. dem Gemeinschaftsverhältnis kann es einen Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung, z.B. der Höhe der Miteigentumsanteile, geben, falls wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung grob unbillig wäre und gegen Treu und Glauben verstieße.3 Bei der Prüfung ist der Vertrauensgrundsatz zu berücksichtigen.4 Ein Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung kann nicht auf § 10 Abs. 2 Satz 3 gestützt werden.5

24c

Für den Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, insb. der Gemeinschaftsordnung, nach § 10 Abs. 2 Satz 3 ist die Kostenmehrbelastung des Wohnungseigentümers maßgebend, der eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels verlangt. An einer durch ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung zu schließenden Regelungslücke zur Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels an veränderte Verhältnisse fehlt es in der Regel, weil der gesetzliche Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf Änderung des vereinbarten Kostenschlüssels nach § 10 Abs. 2 Satz 3 eine angemessene und interessengerechte Regelung für diese Fälle bereitstellt.6

24d

Zur nachträglichen Eintragung eines bisher nicht gebuchten (schuldrechtlichen) Sondernutzungsrechts ist grundsätzlich die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer notwendig, wenn die Teilungserklärung vorsieht, dass der Inhaber des Rechts dieses - formfrei - auf einen anderen Miteigentümer übertragen kann.7

24e

2. Unterteilung Sofern das Wohnungseigentum teilungsfähig ist, kann ein Wohnungseigentümer dieses in analoger Anwendung des § 8 durch einseitige Erklärung ggü. dem Grundbuchamt unterteilen (vgl. § 6 Rz. 18 f.).

25

3. Kosten Für die Teilung ist die notarielle Beglaubigung der Eintragungsbewilligung des Eigentümers ausreichend (§§ 19, 29 Abs. 1 S. 1 GBO; vgl. Rz. 12 ff.). Die Notarkosten unterscheiden sich je nachdem, ob der Notar lediglich die Unterschrift des Eigentümers unter einem anderweitig erstellten Entwurf beglaubigt oder ob die vom Notar entworfene Teilungserklärung beglaubigt bzw. beurkundet wird. Im ersten Fall entsteht lediglich eine 0,2 Gebühr, mindestens 20 Euro, höchtens 70 EUR gem. KV 25100 GNotKG. Im zweiten Fall fällt eine 1,0 Gebühr gem. KV 21200, 24101 GNotKG KostO an. Geschäftswert ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 GNotKG der Wert des bebauten Grundstücks. Ist das Grundstück noch nicht bebaut, ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 2 GNotKG dem Grundstückswert der Wert des zu errichtenden Bauwerks hinzuzurechnen. Das Grundbuchamt erhebt aus demselben Wert für die Anlegung der Wohnungsgrundbücher eine 1,0 Gebühr nach KV 14112 GNotKG.

1 2 3 4 5 6

BGH v. 19.10.2007 – V ZR 211/06, MDR 2008, 71 = MietRB 2008, 42 = NJW 2007, 3777. OLG Celle v. 28.5.2005 – 4 W 33/08, IWR 2009, 73. OLG Düsseldorf v. 9.3.2004 – 3 Wx 334/03, ZMR 2004, 613. BayObLG v. 31.7.2003 – 2Z BR 24/03, ZMR 2003, 949. Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 8 WEG Rz. 5. BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, BGHZ 186, 34 = MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296 = ZfIR 2010, 684 = ZMR 2010, 778; zur Zulässigkeit einer auf Zustimmung zur Änderung gerichteten Leistungsklage s. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 74 = NJW 2010, 2129 = JZ 2010, 283 = NZM 2010, 205 = ZfIR 2010, 360. 7 OLG München v. 18.4.2013 – 34 Wx 363/12, MietRB 2013, 242 = NotBZ 2013, 318 = Rpfleger 2013, 514 = ZfIR 2013, 566 = ZMR 2013, 845 = ZWE 2013, 357.

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§9

Schließung der Wohnungsgrundbücher

9

Schließung der Wohnungsgrundbücher (1) Die Wohnungsgrundbücher werden geschlossen: 1. von Amts wegen, wenn die Sondereigentumsrechte gemäß § 4 aufgehoben werden; 2. auf Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer, wenn alle Sondereigentumsrechte durch völlige Zerstörung des Gebäudes gegenstandslos geworden sind und der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der Baubehörde erbracht ist; 3. auf Antrag des Eigentümers, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen. (2) Ist ein Wohnungseigentum selbständig mit dem Rechte eines Dritten belastet, so werden die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des Dritten erforderlich ist, durch Absatz 1 nicht berührt. (3) Werden die Wohnungsgrundbücher geschlossen, so wird für das Grundstück ein Grundbuchblatt nach den allgemeinen Vorschriften angelegt; die Sondereigentumsrechte erlöschen, soweit sie nicht bereits aufgehoben sind, mit der Anlegung des Grundbuchblatts. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt 1. Schließung der Wohnungsgrundbücher (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Aufhebung . . . . . b) Gegenstandslosigkeit der Sondereigentumsrechte . . . . . . . c) Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person . . . . . . . . . . . . . . . .

1

2. Zustimmung Dritter (Abs. 2)

. . . . 14

3. Anlegung eines neuen Grundbuchblattes (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . 15 . .

3 4

.

7

.

10

III. Weitere praktische Hinweise 1. Abschließende Verfahrensvorschrift 2. Kosten

16

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3. Keine Parteifähigkeit des erloschenen Verbandes der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17a

Schrifttum: Bonifacio, Das Ende der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Vereinigung, NZM 2009, 561; Dreyer, Mängel bei Begründung von Wohnungseigentum, DNotZ 2007, 594 Klühs, Dingliche und grundbuchverfahrensrechtliche Auswirkungen der Nichterrichtung von Wohnungs- bzw. Teileigentum, NZM 2010, 370; Kreuzer, Aufhebung von Wohnungseigentum, NZM 2001, 123; Meyer-Stolte, Übertragung von Grundpfandrechten bei Schließung der Wohnungsgrundbücher, Rpfleger 1991, 150; Röll, Die Aufhebung von Wohnungseigentum an Doppelhäusern, DNotZ 2000, 749.

I. Allgemeines 1

Wohnungseigentümergemeinschaften sind unauflöslich. Dementsprechend normiert § 11 Abs. 1 Satz 1, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann. Gleichwohl gibt es Fälle, in denen die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich aufgelöst wird (Einigung der Wohnungseigentümer in der Form des § 4, Antrag der Wohnungseigentümer bei Zerstörung des Gebäudes, Antrag des Alleineigentümers). Für diese Fälle regelt § 9 die grundbuchverfahrensrechtlichen Voraussetzungen zur Schließung der Wohnungsgrundbücher.

2

Die Vorschrift enthält nur verfahrensrechtliche Regelungen.1 Sie normiert dagegen nicht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung des Wohnungs- und Teileigentums.2 Liegen die materiellen Voraussetzungen für die Aufhebung des Wohnungs- und Teileigentums nicht vor und erfolgt die Schließung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher deshalb zu Unrecht, wird das Grundbuch unrichtig.3 Der gutgläubige Erwerber ist nach § 892 BGB geschützt.4 1 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 1. 2 A.A. Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 1, nach dem die Vorschrift des § 9 WEG die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Aufhebung von Wohnungseigentümergemeinschaften bestimmt. 3 Stürner in Soergel, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1. 4 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1.

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§9

Schließung der Wohnungsgrundbücher II. Regelungsgehalt 1. Schließung der Wohnungsgrundbücher (Abs. 1)

§ 9 Abs. 1 enthält drei Gründe für die Schließung der Wohnungsgrundbücher: vertragliche Aufhebung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1), Gegenstandslosigkeit der Sondereigentumsrechte (§ 9 Abs. 1 Nr. 2) und Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person (§ 9 Abs. 1 Nr. 3).

3

a) Vertragliche Aufhebung Die Wohnungseigentümer können die Sondereigentumsrechte vertraglich aufheben. Dies setzt entsprechend § 4 Einigung und Eintragung im Grundbuch voraus.1 Die Einigung nach § 873 BGB bildet die materiell-rechtliche Grundlage für die Grundbucheintragung. Sie ist ein auf eine dingliche Rechtsänderung gerichteter abstrakter Vertrag. Die Einigung ist grundsätzlich formfrei möglich und kann auch konkludent erfolgen. Ausnahmen bestehen hinsichtlich der Auflassung (§ 925 Abs. 1 BGB) und der Einräumung und Aufhebung von Wohnungseigentum nach § 4 Abs. 2. Eine bedingte oder befristete Einigung ist zulässig, soweit nichts anderes gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist bei der Auflassung (§ 925 Abs. 2 BGB), der Einräumung und Aufhebung von Wohnungseigentum (§ 4 Abs. 2) und dessen Übertragung (§§ 747, 925 BGB) sowie der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten (§§ 1 Abs. 4, 11 Abs. 1 ErbbauRG) der Fall. Die Einigung über die Aufhebung von Wohnungseigentum ist im Grundbucheintragungsverfahren gem. § 20 GBO nachzuweisen.2 § 20 GBO ist eine bloße Ordnungsvorschrift. Ein Verstoß gegen sie hat daher keine materiellrechtliche Bedeutung.

4

Die Bindung an die materiell-rechtliche Einigung der Vertragsbeteiligten tritt nach § 873 Abs. 2 BGB in folgenden Fällen ein: notarielle Beurkundung der Einigung der Vertragsbeteiligten (§ 873 Abs. 2 Alt. 1. BGB – nicht ausreichend ist eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung, Beurkundung der Bewilligung gem. § 19 GBO oder des schuldrechtlichen Vertrages), Erklärung der Einigung vor dem Grundbuchamt (§ 873 Abs. 2 Alt. 2. BGB – das Grundbuchamt hat seit dem 1.1.1970 keine Beurkundungszuständigkeit mehr. Diese Alternative ist damit bedeutungslos), Einreichung der Einigungserklärung beim Grundbuchamt (§ 873 Abs. 2 Alt. 3. BGB– auch privatschriftliche Erklärungen werden damit bindend), Aushändigung einer den Vorschriften der GBO (§§ 19, 28, 29 GBO) entsprechenden Eintragungsbewilligung durch den Berechtigten an den anderen Teil (§ 873 Abs. 2 Alt. 4. BGB – hierzu ist die Übergabe der Urkunde an den Erwerber bzw. dessen Vertreter erforderlich und zwar entweder eine Urkundenausfertigung – nur diese ersetzt die Urschrift im Rechtsverkehr –, § 47 BeurkG, oder die Urschrift mit dem Unterschriftsbeglaubigungsvermerk, §§ 40, 45 BeurkG). Die notariell beurkundete Auflassung (§ 925 BGB) bzw. Aufhebung von Wohnungseigentum (§ 4 Abs. 2) ist stets nach § 873 Abs. 2 BGB bindend.

4a

Ein einseitiger Verzicht oder eine Dereliktion sind nicht zulässig.3 Mit der Eintragung der Aufhebung der Sondereigentumsrechte in allen Wohnungsgrundbüchern erlöschen diese.4 Es entsteht Miteigentum nach Bruchteilen i.S.d. § 1008 BGB.5 Die Anlegung eines neuen Grundbuchblattes ist hierfür nicht konstitutiv (§ 9 Abs. 3 Halbs. 2).6

4b

1 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Bassenge in Palandt, BGB, § 9 WEG Rz. 2. 2 Kössinger in Bauer/von Oefele, GBO, § 20 Rz. 66. 3 BGH v. 7.6.1991 – V ZR 175/90, BGHZ 115, 1 = MDR 1991, 964; BayObLG v. 14.2.1991 – BReg.2 Z 16/91, MDR 1991, 633 = NJW 1991, 1962; OLG Celle v. 27.6.2003 – 4 W 79/03, MDR 2004, 29; OLG Düsseldorf v. 20.9.2000 – 3 Wx 328/00, NJW-RR 2001, 233; a.A. OLG Düsseldorf v. 6.2.2007 – 3 Wx 5/07, NZM 2007, 219; OLG Düsseldorf v. 5.1.2007 – 3 Wx 247/06, NZM 2007, 221 (Vorlagebeschlüsse an den BGH). 4 Rapp in Staudinger, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 2. 5 Bassenge in Palandt, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1. 6 Bassenge in Palandt, BGB, § 9 WEG Rz. 2.

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§9

Schließung der Wohnungsgrundbücher

5

Die Schließung der Wohnungsgrundbücher erfolgt in diesen Fällen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 von Amts wegen. Für die Eintragung der Aufhebung der Sondereigentumsrechte ist jedoch nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GBO ein Antrag erforderlich. Zusammen mit dem Antrag ist dem Grundbuchamt der Aufhebungsvertrag vorzulegen.1

6

§ 9 Abs. 1 Nr. 1 erfasst nicht die Aufhebung durch Rücknahme einer Teilungserklärung i.S.d. § 8. Diese richtet sich vielmehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 3.2 b) Gegenstandslosigkeit der Sondereigentumsrechte

7

Die völlige Zerstörung des Gebäudes führt zur Gegenstandslosigkeit des Sondereigentums. Gleichwohl erlischt das Wohnungseigentum in diesen Fällen nicht automatisch. Es bleibt vielmehr als Anwartschaftsrecht der Eigentümergemeinschaft (§§ 10 ff.) bestehen.3 § 9 Abs. 1 Nr. 2 enthält jedoch eine verfahrensrechtliche Erleichterung zur Schließung der Wohnungsgrundbücher. Die Wohnungsgrundbücher sind nach dieser Vorschrift auf Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer zu schließen, wenn alle Sondereigentumsrechte durch völlige Zerstörung des Gebäudes gegenstandslos geworden sind und der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der Baubehörde erbracht ist.

8

Voraussetzung für die Schließung der Wohnungsgrundbücher ist zunächst ein Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer in der Form des § 29 GBO; es handelt sich hierbei genau genommen um eine Bewilligung sämtlicher Wohnungseigentümer i.S.d. § 19 GBO.4 Weiterhin ist dem Grundbuchamt die völlige Zerstörung des Gebäudes durch eine entsprechende Bescheinigung der Baubehörde nachzuweisen. Der Bescheinigung der Baubehörde kommt allerdings keine materiell-rechtliche Wirkung zu. Dies bedeutet, dass es einer solchen Bescheinigung nicht bedarf, sofern die Zerstörung des Gebäudes für das Grundbuchamt offenkundig ist (§ 29 Abs. 1 Satz 2).5 Weder Baubehörde noch Grundbuchamt dürfen nachprüfen, ob eine Wiederaufbauverpflichtung besteht.6

9

Nicht anwendbar ist § 9 Abs. 1 Nr. 2, falls das Gebäude nicht errichtet worden ist. Eine Schließung der Wohnungsgrundbücher kann in diesen Fällen nur über § 9 Abs. 1 Nr. 1 nach Aufhebung der Sondereigentumsrechte gem. § 4 oder über § 9 Abs. 1 Nr. 3 erfolgen.7 Gleiches gilt, sofern das Gebäude in Abweichung zum Aufteilungsplan errichtet worden ist.8 Auch wenn das Grundbuch unrichtig ist, besteht im letztgenannten Fall nach wie vor ein Anspruch auf Anpassung der Bauausführung an den Aufteilungsplan.9 c) Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person

10

Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, kann der Eigentümer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 die Schließung der Wohnungsgrundbücher beantragen. Unerheblich ist dabei, aus welchem Grund die Vereinigung eingetreten ist.10 Der Antrag (d.h. Bewilligung)11 bedarf ebenso wie im Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 2 der Form des § 29 GBO. 1 S. zur Aufhebung von Wohnungseigentum mit Musterformulierungen Kreuzer, NZM 2001, 123. 2 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 25. 3 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Stürner in Soergel, BGB, § 9 WEG Rz. 3; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 3; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 3. 4 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 32. 5 Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 3; Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; a.A. Pick in Bärmann, § 9 WEG Rz. 5. 6 Then in Spielbauer/Then, § 9 Rz 3. 7 Bassenge in Palandt, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 9 WEG Rz. 4; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 4; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 17; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 3. 8 Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 18. 9 KG v. 18.7.2001 – 24 W 7365/00, ZMR 2001, 849; Schneider in Riecke/Schmid, § 9 WEG Rz. 10. 10 Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 19. 11 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2.

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§9

Schließung der Wohnungsgrundbücher

Die Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person liegt auch dann vor, wenn es sich um eine Personenmehrheit handelt. Dies gilt sowohl für Gesamthandsgemeinschaften wie auch für Bruchteilsgemeinschaften. Voraussetzung ist lediglich, dass die Beteiligten an allen Wohnungen im gleichen Anteilsverhältnis beteiligt sind.1 Anwendbar ist § 9 Abs. 1 Nr. 3 auch in den Fällen einer Teilung nach § 8.2

11

12

Mit der Schließung der Wohnungsgrundbücher und Anlegung des neuen Grundbuchblattes entsteht am Grundstück Allein- bzw. Mit- oder Gesamthandseigentum.3

13

2. Zustimmung Dritter (Abs. 2) Ist ein Wohnungseigentum selbständig mit dem Recht eines Dritten belastet, so werden gem. § 9 Abs. 2 die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des Dritten erforderlich ist, durch § 9 Abs. 1 nicht berührt. Gemeint sind damit die §§ 876, 877 BGB. Die Zustimmung der dinglich Berechtigten an dem einzelnen Wohnungseigentumsrecht bedarf der Form des § 29 GBO.4 Materiell-rechtlich ist die Zustimmung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Aufhebung des Sondereigentums. Mit der Schließung des Wohnungsgrundbuches ändert sich der Haftungsgegenstand bzw. das Recht entfällt, falls es, wie z.B. ein Wohnungsrecht,5 nicht an dem Miteigentumsanteil selbständig bestehen kann. Was Sondereigentum war, fällt jetzt gem. §§ 93, 94 BGB in das gemeinschaftliche Eigentum; die Besonderheiten der Gemeinschaft entfallen. Etwas anderes gilt, sofern alle Wohnungseigentumsrechte mit einem Gesamtrecht oder das Grundstück als Ganzes belastet sind. In einem solchen Fall bedarf es der Zustimmung des Inhabers des dinglichen Rechts nicht, da sein Recht durch die Aufhebung nicht betroffen wird.6 Die Gesamtbelastungen bestehen inhaltsgleich am ungeteilten Grundstück fort. Sie sind bei Anlegung des Grundstücksgrundbuchblattes auf dieses zu übertragen.

14

Eine Umwandlung von Wohnungserbbaurechten in anteilsgleiche Wohnungseigentumsrechte scheidet auf direktem Weg aus, da Wohnungseigentum nach § 1 Abs. 4 Miteigentumsanteile am Grundstück voraussetzt, das Wohnungserbbaurecht hingegen die Mitberechtigung an einem einheitlichen und unteilbaren Erbbaurecht darstellt. Es muss deshalb der Weg der Aufhebung des Erbbaurechts (mit Erlöschen der Wohnungserbbaurechte und Schließung der Erbbaugrundbücher nach § 9 Abs. 1 Nr. 3) in Verbindung mit der Beschränkung des Miteigentums dergestalt, dass Sondereigentum eingeräumt wird (§§ 2, 3 Abs. 1 bzw. § 8), begangen werden. Sind einzelne Wohnungserbbaurechte belastet, bedarf es hierzu der Zustimmung der an den Wohnungserbbaurechten dinglich Berechtigten (§ 19 GBO).7 Nicht möglich sein dürfte es das Grundstück, das mit einem in Wohnungserbbaurechte aufgeteilten Erbbaurecht belastet ist und im Eigentum der Wohnungserbbauberechtigten steht, dem Erbbaurecht nach § 890 BGB als Bestandteil zuzuschreiben.8

14a

1 OLG Köln v. 21.3.1997 – 16 Wx 297/96, NJW-RR 1997, 1443. 2 OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3Wx 450/00, ZMR 2001, 650; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 6; Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 9 WEG Rz. 5. 3 Bassenge in Palandt, BGB, § 9 WEG Rz. 2. 4 Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 5. 5 Vgl. näher Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 13 f. 6 OLG Frankfurt v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, ZMR 1990, 229; Volmer, ZfIR 2000, 287; Röll, DNotZ 2000, 751; Rapp in Staudinger, BGB, § 9 WEG Rz. 14; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, § 9 WEG Rz. 11; Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 15. 7 OLG München v. 27.7.2010 – 34 Wx 070/10, MietRB 2010, 330 = Rpfleger 2011, 77. 8 Rapp, MittBayNot 1999, 376; offen gelassen in BayObLGZ 1999, 63; OLG München v. 27.7.2010 – 34 Wx 070/10, MietRB 2010, 330 = Rpfleger 2011, 77.

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§9 14b

Schließung der Wohnungsgrundbücher

Die Eintragung der Einräumung eines Gebrauchsrechts an einer Dachfläche der Wohnanlage für Zwecke der Errichtung/Unterhaltung einer Photovoltaikanlage bedarf keiner Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger.1 3. Anlegung eines neuen Grundbuchblattes (Abs. 3)

15

Mit Schließung der Wohnungsgrundbücher wird nach § 9 Abs. 3 Halbs. 1 für das Grundstück ein Grundbuchblatt nach den allgemeinen Vorschriften angelegt. Die Durchführung richtet sich nach § 34 GBV. Im Bestandsverzeichnis des Grundstücksgrundbuches ist zu vermerken, dass dieses nach Schließung der Wohnungsgrundbücher neu angelegt worden ist.2 Spätestens mit der Anlegung des neuen Grundbuchblattes erlöschen die Sondereigentumsrechte nach § 9 Abs. 3.

15a

Werden die Wohnungsgrundbücher auf Antrag des alleinigen Eigentümers sämtlicher Wohnungseigentumsrechte unter Anlegung eines neuen Grundbuchblattes geschlossen, kommt eine Berichtigung des Vermerks zum Erwerbsgrund in den Wohnungsgrundbüchern – Abt. I Spalte 4 des Grundbuches – nicht mehr in Betracht, weil diese ihre bisherige materiell-rechtliche Bedeutung als Grundbuch verloren haben.3 III. Weitere praktische Hinweise 1. Abschließende Verfahrensvorschrift

16

§ 9 behandelt die grundbuchverfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Schließung der Wohnungsgrundbücher abschließend.4 2. Kosten

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Katasterfortführungsgebühren fallen bei der Schließung der Wohnungsgrundbücher nicht an.5 Für die Beurkundung der vertraglichen Aufhebung des Wohnungseigentums erhebt der Notar eine 2,0 Gebühr nach KV 21100 GNotKG. Der Antrag auf Aufhebung nach Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Person löst beim Notar eine 0,5 Gebühr nach KV 21201 Nr. 4 GNotKG aus. Als Geschäftswert ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 GNotKG der Verkehrswert des Grundstücks samt Bauwerk im Zeitpunkt der Aufhebung anzunehmen. Ist das Grundstück noch nicht bebaut, ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 2 GNotKG dem Grundstückswert der Wert des zu errichtenden Bauwerks hinzuzurechnen. Das Grundbuchamt erhebt gem. KV 14160 Nr. 4 GNotKG für die Schließung der Wohnungsgrundbücher eine Festgebühr von 50 Euro, die für jedes betroffene Sondereigentum gesondert erhoben wird. 3. Keine Parteifähigkeit des erloschenen Verbandes der Wohnungseigentümer

17a

Mit Schließung der Wohnungsgrundbücher ist die Wohnungseigentümergemeinschaft beendet; sämtliche Regelungen der vormaligen Wohnungseigentümergemeinschaft entfallen ersatzlos. Es existiert damit kein teilrechtsfähiger Verband mehr, der nach § 10 Abs. 6 S. 5 als Partei einen Prozess führen könnte. Auch unter praktischen Gesichtspunkten kann eine Parteifähigkeit der aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft nicht begründet werden. So ist zwar für juristische Personen anerkannt, dass diese auch nach ihrer Auflösung noch einen Aktivprozess führen können mit der Behauptung, ihnen stehe noch ein Anspruch zu; insoweit gelten sie als parteifähig.6 Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist indes keine juristische Person, sondern ein Personenverband sui generis. Auch besteht ein praktischer Anwendungsbereich und damit ein Bedürfnis für eine Parteifähigkeit der aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft, anders als bei der aufgelösten juristischen Person, nicht. 1 OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94/10-37, 5 W 95/10-38, 5 W 96/10-39, MietRB 2011, 216 = IWR 2011, 65 = NJW-RR 2011, 519 = WuM 2011, 56 = ZWE 2011, 82. 2 Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 16; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 11. 3 KG v. 15.11.2011 – 1 W 464/10, NJOZ 2012, 842. 4 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1. 5 Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 7. 6 BGH v. 24.10.1985 – VII ZR 337/84, MDR 1986, 311 f. = NJW-RR 1986, 394.

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§9

Schließung der Wohnungsgrundbücher

Anders als die aufgelöste juristische Person hat die aufgelöste Wohnungseigentümergemeinschaft stets einen Rechtsnachfolger. Denn das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft geht nach Auflösung der Gemeinschaft auf den Eigentümer des Grundstücks (§ 10 Abs. 7 S. 4) über. Die Behauptung einer aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft, ihr stünden noch Ansprüche zu, kann insofern von vornherein nicht zutreffen und damit auch ihre Parteifähigkeit nicht begründen. Gibt es mit dem Erwerber des Grundstücks einen Rechtsnachfolger, der an die Stelle des Verbands der Wohnungseigentümer tritt und als neuer Vermögensinhaber einen Prozess führen kann, ist kein Raum für eine fortdauernde Parteifähigkeit der aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft. Forderungen, die vor ihrer Auflösung der Gemeinschaft zustanden, können (und müssen) vielmehr nach Auflösung der Gemeinschaft von dem Eigentümer des Grundstücks als ihrem Rechtsnachfolger geltend gemacht werden.1

1 AG Bremerhaven v. 4.6.2010 – 55 C 1463/09, WuM 2011, 124 = ZMR 2010, 882 = ZWE 2011, 54.

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2. Abschnitt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

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Allgemeine Grundsätze (1) Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insb. des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, sind die Wohnungseigentümer, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. (2) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insb. der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. (3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, sowie die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. (4) Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß § 23 und gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch. Dies gilt auch für die gemäß § 23 Abs. 1 aufgrund einer Vereinbarung gefassten Beschlüsse, die vom Gesetz abweichen oder eine Vereinbarung ändern. (5) Rechtshandlungen in Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschlossen werden kann, wirken, wenn sie aufgrund eines mit solcher Mehrheit gefassten Beschlusses vorgenommen werden, auch für und gegen die Wohnungseigentümer, die gegen den Beschluss gestimmt oder an der Beschlussfassung nicht mitgewirkt haben. (6) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Sie ist Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten. Sie übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Die Gemeinschaft muss die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft“ gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden. (7) Das Verwaltungsvermögen gehört der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es besteht aus den im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten sowie den entstandenen Verbindlichkeiten. Zu dem Verwaltungsvermögen gehören insb. die Ansprüche und Befugnisse aus Rechtsverhältnissen mit Dritten und mit Wohnungseigentümern sowie die eingenommenen Gelder. Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über. (8) Jeder Wohnungseigentümer haftet einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstan120

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Allgemeine Grundsätze

den oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind; für die Haftung nach Veräußerung des Wohnungseigentums ist § 160 des Handelsgesetzbuches entsprechend anzuwenden. Er kann gegenüber einem Gläubiger neben den in seiner Person begründeten auch die der Gemeinschaft zustehenden Einwendungen und Einreden geltend machen, nicht aber seine Einwendungen und Einreden gegenüber der Gemeinschaft. Für die Einrede der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit ist § 770 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Die Haftung eines Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft wegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung bestimmt sich nach Satz 1. I. Überblick

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III. Inhaber der Rechte und Pflichten, Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Aufbau des Regelungssystems

IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 Satz 2 1. Grundstatut . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Fehlerhafte Vereinbarung . . . . . . 10 3. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . 13 4. Umdeutung . . . . . . . . . . . . . . 14 5. Vertrag mit Dritten . . . . . . . . . . 15 6. Pseudovereinbarungen . . . . . . . 16 7. Öffnungsklauseln a) Regelungsgehalt . . . . . . . . . 21 b) Beschlusskompetenz . . . . . . 21b c) Sachlicher Grund . . . . . . . . . 22 d) Rechtliche Qualifizierung . . . . 25 e) Verhältnis zu gesetzlichen Öffnungsklauseln . . . . . . . . . . . 26 8. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 a) Rechtsentwicklung . . . . . . . . 27 b) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . 28 c) Verhältnis zu § 16 Abs. 3, Abs. 4 32 d) Einzelne Kriterien . . . . . . . . 35 e) Verfahrensfragen . . . . . . . . . 38 9. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolger, Abs. 3 . . . . . . 43 10. Abgrenzung zwischen Vereinbarungsnotwendigkeit und Beschlusskompetenz – Einzelfälle . . 50 V. Wirkung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . 1. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolger, Abs. 4 . . . . . . 2. Mehrheitsprinzip, Abs. 5 . . . . . . VI. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Rechtsfähigkeit a) Teilrechtsfähigkeit . . . . . . . b) Art der Teilnahme am Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . c) Untergemeinschaften . . . . . d) Beginn der Rechtsfähigkeit . 3. Wahrnehmung von Rechten und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Rechte und Pflichten im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wohngeldforderungen . . . . .

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. 61c . 61e . 62 . 62b . 63 . 63a

b) Vermietung von Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . 64 c) Instandhaltung und Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . . . . . 65 d) Verkehrssicherungspflichten . . 66 e) Erwerb von Immobilieneigentum . . . . . . . . . . . . . . 67 f) Gewährleistungsansprüche aus Werkverträgen aa) Eigene Ansprüche des Verbands . . . . . . . . . . . . . 72 bb) Mängelansprüche am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger . . . . . 73 cc) Mängelansprüche am Sondereigentum gegen den Bauträger . . . . . . . . . . . 73d g) Bauhandwerkersicherungshypothek . . . . . . . . . . . . . . 74 h) Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . 75 i) Schadensersatzansprüche . . . 76 j) Herausgabeanspruch . . . . . . 77 k) Kontoinhaberschaft . . . . . . . 78 l) Verfahrensrechtliche Stellung aa) Öffentlich-rechtliche Antragsbefugnis . . . . . . . . . 79a bb) Prozesskostenhilfe . . . . . 79c cc) Partei- und Beteiligtenfähigkeit . . . . . . . . . . . . 80 dd) Vollstreckungsrechtliche Besonderheiten/Alttitel . . 85 m)Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . 89a n) Verbandsmitgliedschaft . . . . . 89b o) Steuerrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 90 5. Das Verwaltungsvermögen, Abs. 7 a) Aktivvermögen . . . . . . . . . . 92 b) Kreditaufnahme . . . . . . . . . . 93 VII. Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 96 VIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 1. Teilschuld . . . . . . . . . . . . . . 2. Einwendungen des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . 3. Innenausgleich . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten der kommunalen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Versorgungsleistungen . . . . . .

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Allgemeine Grundsätze

Schrifttum: Abramenko, Die Entfernung des zahlungsunfähigen oder unzumutbaren Miteigentümers aus der Gemeinschaft, ZMR 2006, 338; Abramenko, Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Eigentümerin in derselben Wohnanlage, ZWE 2010, 193; Abramenko, Die Eigentümergemeinschaft als Darlehnsnehmerin, ZMR 2011, 173; Armbrüster, Rechtsfähigkeit und Haftungsverfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2005, 369; Becker, Beschlusskompetenz kraft Vereinbarung – sog. Öffnungsklauseln, ZWE 2002, 341; Basty, Erwerb von Wohnungseigentum durch die Gemeinschaft, ZWE 2009, 253; Becker, Das neue WEG – Vermögensverwaltung durch die Eigentümergemeinschaft, MietRB 2007, 180; Becker/Kümmel, Die Grenzen der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, ZWE 2001, 128; Binkowski, Reichweite und Grenzen der Privatautonomie im Wohnungseigentumsrecht, 2011; Bonifacio, Der Entwurf einer wohnungseigentumsrechtlichen Anfechtungsklage nach der ZPO – Königs- oder Irrweg?, ZMR 2005, 327; Bonifacio, Das Ende der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Vereinbarung, NZM 2009, 561; Briesemeister, Korrigenda zur WEG-Reform 2007, NZM 2007, 345; Briesemeister, Das Haftungssystem der Wohnungseigentümergemeinschaft nach der WEG-Reform, NZM 2007, 225; Bub, Rechtsfähigkeit und Vermögenszuordnung, ZWE 2006, 253; Bub, Die geplante Novellierung des WEG, NZM 2006, 841; Bub, Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2010, 246; Buck, Die Mehrheitsentscheidung mit Vereinbarungsinhalt, WE 1998, 90; Deckert, Entscheidungsvarianten im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2002, 21; Deckert, Ende der „Haftungsverbandsrechtsprechung“ im Abrechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2004, 523; Demharter, Zur Wirksamkeit des unangefochtenen Mehrheitsbeschlusses mit Vereinbarungsinhalt, WuM 2000, 291; Demharter, Gesetzentwurf zur Änderung des WEG und anderer Gesetze, NZM 2006, 489; Demharter, Grundbuchfähigkeit der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2005, 601 Demharter, Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft – Wer ist verfahrens- und materiell-rechtlich Beteiligter?, NZM 2006, 81; Demharter, Der Beschluss des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ZWE 2005, 357; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 36. Erg. Lfg.; Elzer, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, MietRB 2005, 248; Elzer, Kreditaufnahme durch den Verband Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2009, 57; Fischer, Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, NZI 2005, 586; Gaier, Der Beginn der regelmäßigen Verjährung von gemeinschaftlichen Ansprüchen der Wohnungseigentümer nach neuem Recht, NZM 2003, 90; Graßhof, Eigentumsgarantie versus Mehrheitsprinzip – die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung zur Einführung des Mehrheitsprinzips, ZWE 2003, 33; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003; Häublein, Zum Begriff der Angelegenheit i.S.d. § 23 Abs. 1 WEG, ZWE 2001, 2; Häublein, Wohnungseigentum, quo vadis?, ZMR 2006, 1; Häublein, Mehrhausanlagen und Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft, ZWE 2010, 149; Hinz, Reform des Wohnungseigentumsrechts – Eine Stellungnahme aus amtsgerichtlicher Sicht, ZMR 2005, 271 (272); Hügel, Der „Eintritt“ in schuldrechtliche Vereinbarungen, Festschrift (FS) Wenzel, 2005, 219; Hügel, Die Gestaltung von Öffnungsklauseln, ZWE 2001, 578; Hügel, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Folgen für die notarielle Praxis, DNotZ 2005, 753; Hügel, Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2010, 122; Jennißen, Die Auswirkungen der Rechtsfähigkeit auf die innergemeinschaftlichen Beziehungen der Wohnungseigentümer, NZM 2006, 203; Kahlen, Instandhaltungsrückstellung: Teilrechtsfähigkeit führt nicht zur Grunderwerbssteuerpflicht in Erwerbsfällen, ZMR 2007, 179; Kreuzer, Abgrenzung von Vereinbarung und Beschluss, ZWE 2000, 325; Kreuzer, Vereinbarung und Beschluss-Abgrenzungen, WE 1997, 362; Lehmann-Richter, Zum Schadensersatz wegen Beschädigung des Gemeinschafts- und Sondereigentums unter besonderer Berücksichtigung der Ansprüche des Rechtsnachfolgers, ZWE 2006, 413; Lehmann-Richter, Umfang und Ausgestaltung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer - § 10 Abs. 6 WEG, ZWE 2012, 463; Lüke, Die Beschlusskompetenz und ihre Grenzen – eine Bestandsaufnahme, ZWE 2002, 49; Maroldt, Die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – ein Paradigmenwechsel im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2005, 361; Merle, Die Vereinbarung als mehrseitiger Vertrag, ZWE 2005, 412; Merle, Mehrheitsbeschlüsse mit Vereinbarungsinhalt, ZWE 2000, 502; Müller, Übers „Zittern um die Pseudovereinbarung“, NZM 2000, 854; Neumann, Die „Teilrechtsfähigkeit“ der Wohnungseigentümergemeinschaft, WuM 2006, 489; Röll, Pseudovereinbarungen: Die Zukunft eines Gestaltungsinstruments, ZWE 2000, 13; Sauren, Wege für Wohnungseigentümer zur Änderung der Gemeinschaftsordnung, NJW 1986, 2034; Sauren, Auswirkungen der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft für die Praxis, ZWE 2006, 258; Schmack/Kümmel, Der einstimmige Beschluss als Regelungsinstrument im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2000, 433; Schmid, Wahrnehmung und Erfüllung von Pflichten der Wohnungseigentümer durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG, NZM 2010, 683; Schmidt, Zittern um einen Beschluss, NZM 2000, 902; Schuschke, Die Regelungsinstrumente der Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2001, 497; Suilmann, Ausübungsbefugnis der Eigentümergemeinschaft für gemeinschaftsbezogene und sonstige Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG, ZWE 2013, 302; Wenzel, Der vereinbarungsersetzende, vereinbarungswidrige und vereinbarungsändernde Mehrheitsbeschluss, ZWE 2000, 2; Wenzel, Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

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Allgemeine Grundsätze

zur Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung und ihre Folgen, ZWE 2001, 226; Wenzel, Die Wohnungseigentümergemeinschaft – ein janusköpfiges Gebilde aus Rechtssubjekt und Miteigentümergemeinschaft?, NZM 2006, 321; Wenzel, Der Bereich der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft, ZWE 2006, 462; Zieglmeier, Auswirkungen der Teilrechtsfähigkeit auf das kommunale Abgabenrecht, MietRB 2006, 337.

I. Überblick § 10 regelt die Rechtsnatur der Gemeinschaft sowie das Verhältnis der einzelnen Wohnungseigentümer untereinander. Es handelt sich um die Grundnorm des mehrstufigen Regelungssystems, die das WEG für die Rechtsmaterien der Wohnungseigentümer enthält. Aufgrund der anerkannten Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht ferner das Bedürfnis, die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer einerseits und der Gemeinschaft andererseits abzugrenzen. Dem kommen die seit der WEG-Novelle neu eingefügten Abs. 1, 6 und 7 nach. Schließlich enthält die Vorschrift die „Haftungsverfassung“ gegenüber Dritten, Abs. 8.

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II. Aufbau des Regelungssystems Das WEG enthält ein mehrstufiges und wenig systematisches „Geflecht“ von Normen, die das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer bestimmen. An erster Stelle stehen die zwingenden Vorschriften des WEG und des BGB (Gesetzesstatut); von diesen kann weder durch Vereinbarung noch durch Beschluss abgewichen werden. Auch Öffnungsklauseln können insoweit nicht vereinbart werden (vgl. hierzu Rz. 5 u. 21 ff.). Folge eines Verstoßes ist die Nichtigkeit der Vereinbarung oder des Beschlusses. An zweiter Stelle folgen die zwischen sämtlichen Wohnungseigentümern bestehenden Verträge (Vertragsstatut). Es handelt sich um Vereinbarungen, durch die von dispositiven Gesetzesvorschriften abgewichen werden kann. Sie können „verdinglicht“, d.h. als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen werden und wirken dann auch gegenüber Rechtsnachfolgern (Abs. 2 Satz 2, Abs. 3; § 5 Abs. 4 Satz 1).1 Es gilt insoweit grundsätzlich das Allstimmigkeitsprinzip. Auf der dritten Stufe folgen systematisch die dispositiven Normen des WEG (Auffangstatut), die dann greifen, wenn keine vorrangige Vereinbarung i.S.v. Abs. 2 Satz 2 vorliegt. Die in der Rangfolge sodann folgenden Beschlüsse wirken zunächst nur gesetzes- und vereinbarungsausfüllend (§ 23 Abs. 1, Beschlussstatut). Dies gilt z.B. hinsichtlich des ordnungsgemäßen Gebrauchs (§ 15 Abs. 2), der Veräußerungsbeschränkung (§ 12 Abs. 4), der Betriebskosten (§ 16 Abs. 3), der Kostenverteilung bei Instandhaltung und Instandsetzung (§ 16 Abs. 4) und der Verwaltung (§§ 21 Abs. 3, Abs. 7, 22 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 1, Abs. 2, 28 Abs. 5). Das Mehrheitsprinzip, das im Bereich des Beschlussstatuts gilt, bedarf der Legitimation durch gesetzliche oder vertragliche Kompetenzzuweisung.2 Beschlüsse können ggf. auch dispositive Gesetzesbestimmungen und Vereinbarungen ändern (§§ 10 Abs. 4 Satz 2, 23 Abs. 4). Insoweit stehen sie außerhalb der vorstehenden Rangordnung. Den Beschlüssen werden richterliche Anordnungen gleichgestellt (§§ 21 Abs. 8, 43), nicht jedoch gerichtliche Vergleiche.3

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Vom Standpunkt der Inhaltskontrolle sind Vereinbarungen und Beschlüsse zunächst am WEG als dem spezielleren und dann am allgemeinen Recht zu messen. Vereinbarungen und Beschlüsse dürfen nicht gegen zwingende Normen und inhaltliche Grundregeln (Konstitutionsprinzipien) des WEG verstoßen. Vom dispositiven WEG-Recht abweichende Vereinbarungen und Beschlüsse sind zulässig, sie müssen sich jedoch im Rahmen der allgemeinen Gültigkeitsgrenzen halten. Von den Vorschriften des BGB stehen die über die Gemeinschaft im Vordergrund, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 741 ff. BGB. Diese zeichnen ebenfalls allgemeine Gültigkeitsgrenzen auf. Demgegenüber sind die dispositiven Regeln des Schuldrechts nur maßgebend, soweit die Wohnungseigentümer keine anders lautende Vereinbarung oder einen anderen Beschluss fassen. So war die vor der WEG-Novelle geäußerte Auffassung nicht

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1 Merle, ZWE 2005, 415. 2 Lüke, ZWE 2002, 49; Deckert, ZMR 2002, 21. 3 OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563 (567).

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systemgerecht, wonach beispielsweise ein Beschluss über einen Verzugszins für säumiges Wohngeld i.H.v. mehr als 5 % über Basiszinssatz nichtig sei, weil die Vorschrift des § 288 Abs. 1 BGB verletzt wurde.1 Da aber § 10 Abs. 2 Satz 1 nicht auf das allgemeine Schuldrecht verweist, kann § 288 Abs. 1 BGB keine Ausschlussnorm sein. Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer richtet sich nach § 23 Abs. 1. Danach können die Wohnungseigentümer über alle Angelegenheiten beschließen, die ihnen nach dem WEG oder einer Vereinbarung zur Beschlussfassung übertragen wurden. Auf das allgemeine Schuldrecht wird hierbei nicht verwiesen. Vor der WEG-Novelle wäre richtigerweise die Höhe des Verzugszinses nur an § 21 Abs. 3 WEG zu messen gewesen. Damit war ein Beschluss, der einen zu hohen Verzugszins vorsah, nur anfechtbar und nicht nichtig.2 Das Beispiel des Verzugszinses hat der Gesetzgeber durch den erst 2007 ins Gesetz eingefügten § 21 Abs. 7 gelöst und eine Beschlusskompetenz ausdrücklich eröffnet. Damit sind zwar die systematischen Probleme nicht beseitigt, ihre praktische Relevanz ist aber deutlich reduziert worden. 4

Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB über die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden auch nach h.M. keine Anwendung auf die Gemeinschaftsordnung.3 Insoweit fehlt es bereits an einer Vertragsbedingung, da die Gemeinschaftsordnung infolge des Eigentumsübergangs an der Wohnung kraft Gesetzes gilt. Mangels vergleichbarer Interessenlage kommt auch eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Es erfolgt jedoch eine allgemeine Inhaltskontrolle anhand der Grundsätze von Treu und Glauben über § 242 BGB4 sowie der Nichtigkeitstatbestände der §§ 134, 138 BGB.

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Beschlüsse können bei vorhandenen Öffnungsklauseln und im Rahmen der gesetzlichen Zulässigkeit auch Vereinbarungen ändern. Verstößt ein Beschluss jedoch gegen eine Rechtsvorschrift, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, folgt hieraus gem. § 23 Abs. 4 Satz 1 die Nichtigkeit. Eine Eintragung der Beschlüsse und der Gerichtsentscheidungen im Grundbuch erfolgt nicht. Insofern besteht kein Vertrauen auf Richtigkeit und Geltung der im Grundbuch eingetragenen Vereinbarungen. Die Beschluss- und Entscheidungssammlung des Verwalters (§ 24 Abs. 7) garantiert weder die Vollständigkeit noch die Richtigkeit der in ihr enthaltenen Protokolle bzw. Entscheidungen. Eine zuverlässige Informationsquelle über die „Verfassung“ der konkreten Wohnungseigentümergemeinschaft existiert folglich nicht.5 III. Inhaber der Rechte und Pflichten, Abs. 1

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Der 2007 eingefügte Abs. 1 stellt den Grundsatz auf, dass Inhaber der Rechte und Pflichten die Wohnungseigentümer sind. Allerdings macht der Gesetzgeber den Vorbehalt, dass etwas anderes ausdrücklich im Gesetz geregelt sein kann. Eine solche andere Regelung findet sich in Abs. 6, wonach die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen kann. Die Vorschrift verdeutlicht somit, dass der rechtsfähige Verband im Rahmen der gesamten Verwaltung tätig wird. Dies wird dann noch mehr hervorgehoben, indem der Gesetzgeber in § 10 Abs. 6 Satz 3 festschreibt, dass die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt und die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer 1 BayObLG v. 20.11.2002 – 2Z BR 144/01, ZMR 2003, 365m. V. a. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771. 2 So richtigerweise die ältere Rechtsprechung, BayObLG v. 16.5.1986 – BReg.2 Z 68/85, ZMR 1986, 297. 3 BGH v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950; BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; BayObLG v. 11.4.1991 – BReg.2 Z 28/91, NJW-RR 1992, 83; OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, WuM 1998, 303; LG Magdeburg v. 22.7.1996 – 3 T 117/96, Rpfleger 1997, 108 = NJW-RR 1997, 969. 4 BayObLG v. 23.9.1988 – 2Z 97/87, DNotZ 1989, 428; Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 14; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 24; Götz in Abramenko, Handbuch WEG, § 1 Rz. 34. 5 Kritisch auch Becker, ZWE 2002, 341 (346).

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Allgemeine Grundsätze

wahrnimmt. Durch Abs. 6 als speziellere Regelung wird somit die allgemeine Regelung des Abs. 1 weitgehend abgeschwächt. Der in Abs. 1 formulierte Grundsatz wird daher eher zur Ausnahme. Er ist redaktionell verunglückt, da er besser dem Abs. 6 zugeordnet worden wäre. Als Abs. 1 wird der Zusammenhang nicht deutlich. IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 Satz 2 1. Grundstatut Die Vereinbarungen der Wohnungseigentümer bilden das rechtliche Grundstatut der Gemeinschaft. Zu den Vereinbarungen zählen auch der Aufteilungsvertrag nach § 3 Abs. 1 und die Teilungserklärung nach § 8. Im Gegensatz hierzu stehen Beschlüsse, die Ordnungsfragen regeln, aber auch dispositive Gesetzesvorschriften. Während Beschlüsse mehrheitlich getroffen werden können, setzen Vereinbarungen stets Allstimmigkeit voraus. Entsprechendes gilt für Änderungen oder die Aufhebung von Vereinbarungen, sofern das gleiche Instrumentarium verwendet wird. Vereinbarungen können aber ausnahmsweise dann im Beschlusswege geändert werden, wenn Öffnungsklauseln bestehen oder ein solches Vorgehen gesetzlich vorgesehen ist.

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Da nicht alle „Vereinbarungen“ der Wohnungseigentümer das Grundverhältnis der Gemeinschaft betreffen, wird zwischen Vereinbarungen im formellen und im materiellen Sinne unterschieden.1 Allstimmige Beschlüsse unter Mitwirkung sämtlicher Eigentümer können Vereinbarungen im materiellen Sinne sein.2 Hierzu zählen auch gerichtliche Vergleiche3 und Regelungen bei einem zwanglosen Zusammentreffen aller Wohnungseigentümer.4 Maßgeblich für die Abgrenzung ist nach h.M. nicht die Bezeichnung der Regelung, sondern deren materieller Inhalt.5 Dieser muss ggf. durch Auslegung ermittelt werden.6 Die Feststellung des Inhalts einer Vereinbarung obliegt dem Tatrichter.7 Nach anderer Auffassung wird teilweise nicht auf den materiellen Inhalt der Regelung, sondern auf die gewählte Form der Entscheidungsfindung abgestellt.8 Für Bub bedarf dies nur dann einer Korrektur, wenn sich aus der Niederschrift ein Wille der Wohnungseigentümer ableiten lasse, keinen Beschluss zu fassen, sondern eine Vereinbarung schließen zu wollen.9 Dem ist nicht zu folgen. Da eine Vereinbarung formfrei gefasst werden kann, ist ihr mündlicher Abschluss möglich. Eine mündliche Vereinbarung kann aber auch dann zustande kommen, wenn alle Wohnungseigentümer nicht die Begrifflichkeit „vereinbaren“, sondern „beschließen“ verwenden. Es kann somit nicht entscheidend sein, welchen Begriff die Wohnungseigentümer verwenden. Ebenfalls ist unerheblich, ob diese Vereinbarung im Rahmen einer Eigentümerversammlung getroffen und der Text ausgehandelt oder ihm nur zugestimmt wird.

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Im Ergebnis wird es letztlich auf den materiellen Inhalt ankommen, d.h., die Wohnungseigentümer müssen eine Regelung treffen wollen, die rechtsgestaltende Wirkung hat und auf Dauer angelegt ist. Sie muss sich darauf beziehen, die Grundordnung der Gemeinschaft zu ergänzen oder von ihr abweichen zu wollen. Sie betrifft die Innenbeziehung und schafft eine Ordnung ähnlich einer Satzung.10 Vereinbarungen

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1 Müller in FS Bärmann/Weitnauer, 1990, S. 506. 2 BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, NJW-RR 2003, 9; OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 392/00, ZWE 2001, 384. 3 OLG Köln v. 12.2.2003 – 16 Wx 204/02, NZM 2003, 400. 4 BayObLG v. 14.11.2002 – 2Z BR 107/02, NZM 2003, 199. 5 OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 392/00, NZM 2001, 530; OLG Hamm v. 10.9.1996 – 15 W 236/96, WE 1997, 32; OLG Zweibrücken v. 10.2.1997 – 3 W 200/96, WE 1997, 234; OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 564; Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 22; Hügel in FS Wenzel, 2005, 219 (222); Hügel, ZWE 2001, 578 (581); Kreuzer, WE 1997, 362; Kreuzer, ZWE 2000, 325 (327). 6 OLG Zweibrücken v. 10.2.1007 – 3 W 200/96, WE 1997, 234; OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563; Lüke in Weitnauer, § 10 WEG Rz. 28; Sauren, § 10 WEG Rz. 19. 7 BayObLG v. 20.2.1997 – 2Z BR 136/96, ZMR 1997, 427. 8 Bub in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 163a; Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 27 f. 9 Bub in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 163a. 10 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

regeln die schuldrechtlichen Beziehungen und nicht die sachenrechtliche Zuordnung.1 Wesentliches Abgrenzungsmerkmal ist die Frage, ob eine abstrakt-allgemeine unbestimmte Anzahl von Einzelfällen oder nur ein konkret-individueller Einzelfall oder Fallgruppe geregelt werden soll.2 Nur in ersterem Fall handelt es sich um eine Vereinbarung, weil sie grundlegende Regelungen enthält. Beschlüsse sollen hingegen grundsätzlich nur die bestehenden Vereinbarungen ausführen. Die praktischen Auswirkungen dieser verschiedenen Rechtsauffassungen dürften aber eher gering sein, da im Zweifel davon auszugehen ist, dass die Wohnungseigentümer eine Vereinbarung schließen wollen, wenn der materielle Gehalt dies erfordert. Wirken nicht alle Wohnungseigentümer mit, kann eine Vereinbarung nicht zustande kommen. 9a

Dem Teilungsplan kommt grundsätzlich keine Bedeutung einer Vereinbarung zu. Insb. die dort vorgesehenen Nutzungsmöglichkeiten stellen keine Vereinbarung einer Zweckbestimmung dar.3 Allerdings können sie Auslegungshilfen der Teilungserklärung sein. 2. Fehlerhafte Vereinbarung

10

Die wohnungseigentumsrechtlichen Vereinbarungen unterliegen grundsätzlich der Vertragsfreiheit. Diese wird begrenzt durch die allgemeinen Schranken der §§ 134, 138 und 242 BGB.4 Unwirksam sind auch unbestimmte oder sich widersprechende Regelungen sowie solche, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung von vornherein entgegenstehen, diese unmöglich machen und den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte tangieren (s. im Einzelnen hierzu u. Rz. 12a ff.).

11

Ist die Vereinbarung widersprüchlich und lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung auflösen, ist sie unwirksam. So heben z.B. widersprüchliche Kostenverteilungsschlüssel in der Gemeinschaftsordnung die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 WEG nicht auf.5

12

Vereinbarungen sind ebenfalls unwirksam, wenn sie zu unbestimmt sind. Wird in der Gemeinschaftsordnung die einfache Stimmenmehrheit nur in Angelegenheiten ohne erhebliche Bedeutung zugelassen, ist diese Regelung unwirksam, weil die Abgrenzungskriterien vollkommen unbestimmt bleiben.6

12a

Nichtigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn die Vereinbarung in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte eingreift. So können Delegiertenversammlungen nicht wirksam vereinbart werden, weil sie die Rechte des einzelnen Wohnungseigentümers unverhältnismäßig einschränken.7 Auch ist es eine Verletzung des Kernbereichs, wenn die Verwalterwahl in der Gemeinschaftsordnung von einer qualifizierten Mehrheit abhängig gemacht wird. Hierdurch werden die Rechte der Wohnungseigentümer entgegen § 26 Abs. 1 S. 5 unzulässig eingeschränkt.8

12b

Die Kernbereichslehre findet allerdings keine Stütze im Gesetz und schränkt die Rechte der Wohnungseigentümer ein. Sie bildet Grenzen der Privatautonomie. Zum Teil wird es als ausreichend empfunden, die Regelungen der Gemeinschaftsordnung an §§ 138, 242 BGB zu messen, so dass die weitgehend intransparente und vage Kernbereichslehre überflüssig wird.9 1 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9; Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 73. 2 So Kreuzer, ZWE 2000, 325 (327). 3 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MDR 2010, 434 = MietRB 2010, 115 = ZWE 2010, 178 = ZMR 2010, 461. 4 BGH v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = ZMR 1994, 271. 5 BayObLG v. 31.7.2003 – 2Z BR 125/03, MietRB 2004, 16 = NJW-RR 2004, 228. 6 KG v. 4.3.1998 – 24 W 6949/97, MDR 1998, 1218 = NZM 1998, 520 = WuM 1998, 436. 7 LG München I v. 9.12.2010 – 36 S 1362/10, MietRB 2011, 257 = ZMR 2011, 415. 8 OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZMR 2011, 738. 9 So Binkowski, Reichweite und Grenzen der Privatautonomie im Wohnungseigentumsrecht, S. 152 f.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

Fehlerhafte und insb. unvollständige Vereinbarungen können durch eine weitere Vereinbarung ergänzt werden. Die Klarstellung kann i.d.R. nicht durch Beschluss erfolgen (s.u. Rz. 13a).

12c

3. Auslegung Aus der Feststellung, dass Vereinbarungen schuldrechtliche Verträge sind, folgt ihre Auslegungsfähigkeit. Dabei ist zunächst auf den Wortlaut und Sinn der Regelung abzustellen. Die objektive Auslegung hat den „aus sich selbst heraus“ festzustellenden Sinn zu erforschen. Ein hypothetischer Parteiwille ist zu berücksichtigen, wenn er aus der Vereinbarung und den dort in Bezug genommenen Unterlagen ablesbar ist.1 Der objektive Inhalt ist aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters zu ermitteln.2 Dabei muss dem Bestimmtheitserfordernis Rechnung getragen werden. Die Regeln der ergänzenden Auslegung sind nicht nur auf vertragliche Vereinbarungen, sondern auch auf einseitige Willenserklärungen im Zusammenhang mit der Teilung (Teilungserklärung nach § 8 WEG) anzuwenden.3 Die Auslegung ist eng am Wortlaut vorzunehmen. Ist beispielsweise von der Pflicht zur Übernahme der Instandsetzungskosten durch die einzelnen Wohnungseigentümer die Rede, erfasst diese Regelung nicht die Instandhaltungskosten.4 Alle Vereinbarungen müssen so eindeutig gefasst werden, dass ihr Regelungsgehalt für den Sondernachfolger unzweifelhaft erkennbar ist. Dabei sind Vereinbarungen in den Kaufverträgen unerheblich.5 Gleichermaßen spielen die Vorstellungen der handelnden Personen, auch des Notars, über Sinn und Zweck der Regelung keine Rolle.6 Umstände außerhalb der Urkunde können nur herangezogen werden, wenn sie ohne weiteres erkennbar sind.7 Bei widersprechenden Erklärungen ist grundsätzlich keine vorrangig und es gelten dann die gesetzlichen Vorschriften.8

13

Auch wenn ein praktisches Bedürfnis dafür gesehen werden könnte, unklare Vereinbarungen durch Beschluss ergänzen zu wollen, so ist dennoch eine solche Vorgehensweise der Beschlusskompetenz entzogen.9 Eine widersprüchliche Erklärung ist nichtig und kann nicht durch Beschluss wirksam werden. Sofern eine Auslegung in Betracht kommt, kann ein hierauf gerichteter Beschluss nur deklaratorische Wirkung haben, der jederzeit überprüft werden kann. Er kann sich nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen beziehen.10 Dem Beschlussinhalt, die unklare Regelung der Gemeinschaftsordnung zukünftig in einer bestimmten Richtung anwenden zu wollen, hat hingegen im Zweifel ändernden Charakter und ist damit nichtig.

13a

4. Umdeutung Es ist eine Frage der Einzelfallwertung, ob eine nicht zustande gekommene Vereinbarung in einen Beschluss umgedeutet werden kann. Da auf den materiellen Inhalt abzustellen ist, ist eine gescheiterte Vereinbarung, an der nicht alle Wohnungseigentümer mitgewirkt haben, im Zweifel ein rechtliches Nichts.11 Während nach § 23 Abs. 4 ein Beschluss so lange wirksam ist, als er nicht durch rechtskräftiges Urteil für 1 BGH v. 1.6.1994 – V ZR 278/92, MDR 1994, 1112; BGH v. 14.3.1997 – V ZR 6/96, MDR 1997, 724; BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZWE 2005, 72 (76). 2 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = ZMR 2013, 290. 3 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZWE 2005, 72 (77) m. Anm. Hügel. 4 BGH v. 25.9.2009 – V ZR 33/09, DWE 2009, 131. 5 BayObLG v. 30.5.1995 – 2Z BR 105/94, WuM 1995, 552. 6 BayObLG v. 30.5.1995 – 2Z BR 105/94, WuM 1995, 552; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 68; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 42. 7 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = ZMR 2013, 290. 8 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851. 9 BGH v. 25.9.2009 – V ZR 33/09, NJW-RR 2010, 227; LG München I v. 13.2.2012 – 1 S 8790/11, ZMR 2014, 154; a.A. AG Hildesheim v. 17.9.2013 – 44 C 15/13, ZMR 2014, 154. 10 Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 132. 11 So auch Schuschke, NZM 2001, 497 (499).

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

ungültig erklärt wurde, existiert für Vereinbarungen eine entsprechende Vorschrift im WEG nicht. Hinsichtlich einer Vereinbarung kann keine Anfechtungsklage gem. § 46 WEG erhoben werden. Die im Zusammenhang mit dem Zustandekommen der Vereinbarung abgegebene Willenserklärung des einzelnen Wohnungseigentümers unterliegt aber der Anfechtung nach den Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB.1 Die Umdeutung einer unwirksamen Vereinbarung in einen Beschluss wird sich nur dann begründen lassen, wenn die Wohnungseigentümer mit der gescheiterten Vereinbarung auf jeden Fall ein rechtliches Minus beschließen wollten. Dazu ist der wirkliche Wille zu erforschen, der sich aus dem objektiven Sinn der Erklärung aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters ergibt.2 Nichtige Instandhaltungsregeln können beispielsweise in eine Kostenverteilungsregelung umgedeutet werden. Erforderlich ist dazu eine salvatorische Klausel,3 sowie ein vertraglicher Hinweis, dass die die Vereinbarung treffenden Personen ein solches Minus zumindest gewollt haben. 5. Vertrag mit Dritten 15

Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer kann nicht in einem Vertrag mit einem Dritten liegen. Der Vertrag mit einem Dritten hat Außenwirkung, während die wohnungseigentumsrechtliche Vereinbarung nur im Innenverhältnis wirkt. Bei einem Vertrag mit einem Dritten haben die Wohnungseigentümer nicht das Erklärungsbewusstsein, hierdurch gleichzeitig das Innenverhältnis regeln zu wollen, selbst wenn der Vertrag Fragen des Innenverhältnisses tangieren sollte. Auch kann der Vertrag mit einem Dritten nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Dies gilt auch für den Verwaltervertrag.4 Ebenso wenig wie der Inhalt des Geschäftsführervertrags Auswirkungen auf die Satzung einer GmbH haben kann, kann der Verwaltervertrag eine wohnungseigentumsrechtliche Vereinbarung abändern, selbst wenn er von allen Wohnungseigentümern unterschrieben wurde. 6. Pseudovereinbarungen

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Die Abgrenzung zwischen Beschlüssen und Vereinbarungen hat auch Bedeutung für die sog. Pseudovereinbarungen (Zitterbeschlüsse). Begrifflich ist zu unterscheiden zwischen vereinbarungsersetzenden Beschlüssen, wenn eine Angelegenheit sowohl durch Beschluss als auch durch Vereinbarung geregelt werden kann (z.B. Gebrauchsregelungen gem. § 15), vereinbarungsändernden Beschlüssen, die statt einer Vereinbarung ergehen oder eine solche abändern sollen (z.B. Kostenverteilungsbeschluss für die Zukunft, abweichend von § 16 Abs. 2), sowie vereinbarungswidrigen Beschlüssen, durch die keine Vereinbarung ersetzt, sondern nur im Einzelfall verletzt wird (z.B. Kostenverteilungsbeschluss im Einzelfall abweichend von Gemeinschaftsordnung und ohne Ermächtigung nach § 16 Abs. 3).5 Vereinbarungs- oder gesetzesändernde Mehrheitsbeschlüsse sind nichtig und enthalten keine „Überlagerungswirkung“.6 Demgegenüber können vereinbarungsersetzende und vereinbarungswidrige Beschlüsse trotz ihrer Rechtswidrigkeit mangels Anfechtung bestandskräftig werden. Für diese gilt der Begriff des „Zitterbeschlusses“ weiter. Bestandskräftig gewordene Zitterbeschlüsse können grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss wieder aufgehoben werden.7 Hieraus ergibt sich als praktische Konsequenz eine dreistufige Prüfung8:

17

– Zuordnung der beabsichtigten Regelung zur Ermittlung des rechtlichen Rahmens; – Feststellung der Handlungsform (Beschluss oder Vereinbarung); 1 2 3 4 5 6 7 8

So auch Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 94; Schuschke, NZM 2001, 497 (499). OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NZM 1998, 269. OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = NZM 2011, 204. LG Lüneburg v. 19.3.2009 – 9 S 67/08, ZMR 2009, 554; Schmidt in Jennißen/Schmidt, Der WEGVerwalter, Rz. 214; einschränkend Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 119. Wenzel, ZWE 2000, 2 (5); Buck, WE 1998, 90. Wenzel, ZWE 2000, 2 (8). OLG Stuttgart v. 9.2.2001 – 8 W 54/98, ZWE 2001, 454. Vgl. Lüke, ZWE 2002, 49 (53).

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

– ist eine Beschlussfassung denkbar, muss eine Zuordnung zu den drei Alternativen erfolgen. Bis zum Jahr 2000 entsprach es der h.M., dass Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung, die Vereinbarungen abändern, ergänzen oder ersetzen, nicht nichtig, sondern lediglich nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG a.F. anfechtbar sein sollten.1 Diese Auffassung hat der BGH2 auf entsprechende Literaturveröffentlichungen von Wenzel3 aufgegeben. Mangels entsprechender Beschlusskompetenz kann die Wohnungseigentümergemeinschaft daher grundsätzlich nicht mehr durch vereinbarungsändernde Beschlüsse in das Grundverhältnis der Eigentümergemeinschaft eingreifen. Vereinbarungs- oder gesetzesändernde (bezogen auf zwingende Vorschriften des WEG) Mehrheitsbeschlüsse sind nichtig und entfalten keine „Überlagerungswirkung“.4 Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist oder das Gesetz selbst für eine Gesetzesabweichung die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft bestimmt. Solche gesetzesändernden Beschlüsse lässt das Gesetz seit der Novelle selbst zu. So kann gem. § 16 Abs. 3 durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Kostenverteilungsschlüssel für Betriebs- und Verwaltungskosten gegenüber dem in § 16 Abs. 2 verankerten Grundsatz abgeändert werden. Mit qualifiziertem Mehrheitsbeschluss kann der Verteilungsschlüssel für Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten je Einzelfall verändert werden. Ebenso können bauliche Veränderungen beschlossen werden. Insoweit lässt sich von einer „gesetzlichen Öffnungsklausel“ sprechen. Da die Beschlusskompetenz eröffnet wird, können fehlerhafte Beschlüsse nur zur Anfechtbarkeit und nicht zur Nichtigkeit führen.5 Dies gilt auch, wenn die qualifizierte Mehrheit gem. §§ 16 Abs. 4 oder 22 Abs. 2 tatsächlich nicht erreicht, der Beschluss aber als zustande gekommen verkündet wurde. Auch in diesen Fällen handelt es sich um Zitterbeschlüsse.

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In diesem Zusammenhang enthält § 16 Abs. 3 noch eine Besonderheit. Während vereinbarungs- oder gesetzeswidrige Beschlüsse deshalb nicht nichtig waren, weil sie nur einen sich erledigenden Einzelfall regelten, können die Kostenverteilungsschlüssel nunmehr auch dauerhaft per Beschluss geändert werden. Es handelt sich damit um einen gesetzlichen Fall des gesetzesändernden Beschlusses. Beschlüsse, welche aber nicht in das Grundverhältnis eingreifen, sondern vielmehr – wenn auch in vereinbarungswidriger Weise – Einzelfallregelungen treffen, sind auch weiterhin nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Unterbleibt eine Anfechtung, erwachsen solche Zitterbeschlüsse auch künftig in Bestandskraft. Ist ein solcher vereinbarungswidriger Beschluss bestandskräftig geworden, genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss als Zweitbeschluss, einen solchen formal bestandskräftigen Erstbeschluss wieder aufzuheben.6

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Wurden von einem Wohnungseigentümer im Hinblick auf einen nach nunmehr h.M. nichtigen Beschluss, welcher nach damaliger Rechtsprechung lediglich anfechtbar war, Aufwendungen getätigt, steht dem betreffenden Sondereigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Aufwendungsersatzanspruch zu, selbst wenn die betreffenden Wirtschaftsjahre bereits abgerechnet sind. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft z.B. die Kosten für eine Fenstersanierungsmaßnahme durch Beschluss einem Wohnungseigentümer auferlegt, entspricht es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Mehrheit später – in Kenntnis der aktuellen BGH-Rechtsprechung bzw. der jetzigen Gesetzeslage – beschließt, die von dem Wohnungseigentümer außerhalb seines Sondereigentums aufgewendeten Sanierungskos-

20

1 BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230; BayObLG v. 24.8.2000 – 2Z BR 169/99, NJW 2000, 3503; Schmack/Kümmel, ZWE 2000, 433; Röll, ZWE 2000, 13; Demharter, WuM 2000, 291; Müller, NZM 2000, 854; Schmidt, NZM 2000, 902. 2 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500. 3 Wenzel, ZWE 2000, 2. 4 Wenzel, ZWE 2000, 2 (8). 5 So auch Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 40. 6 OLG Stuttgart v. 9.2.2001 – 8 W 54/98, ZWE 2001, 454; vgl. auch OLG Karlsruhe v. 31.5.2000 – 11 Wx 96/00, NZM 2000, 869; KG v. 30.3.1998 – 24 W 9038/97, WuM 1998, 433.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

ten aus der Rücklage zu erstatten.1 Dabei dürfen die Wohnungseigentümer auch auf Verjährungseinwendungen verzichten. 7. Öffnungsklauseln a) Regelungsgehalt 21

Die Regeln der Gemeinschaftsordnung können grundsätzlich nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer abgeändert werden. Neben den gesetzlichen Möglichkeiten (z.B. §§ 12 Abs. 4, 16 Abs. 3 und 4) ist ein Verzicht auf die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer dann entbehrlich, wenn die Gemeinschaftsordnung selbst eine sog. Öffnungsklausel enthält. Danach wird die Abänderung meist durch einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer zugelassen. Dies ist aber nicht zwingend notwendig. Im Rahmen der Privatautonomie kann auch vereinbart werden, dass eine einfache Mehrheit genügt. Öffnungsklauseln müssen wie alle anderen Vereinbarungen auch hinreichend bestimmt sein.2 Unklare oder widersprüchliche Klauseln sind nichtig.

21a

Auch auf der Basis von Öffnungsklauseln können die Wohnungseigentümer keine neuen Haftungstatbestände beschießen, z.B. die Haftung für spätere Erwerber begründen.3 Sollen diese für die Zahlungsrückstände eines früheren Wohnungseigentümers haften, würde ein entsprechender haftungsbegründender Beschluss als zu Lasten Dritter nichtig sein. Die Öffnungsklausel kann hier nicht wirken, da der Beschluss nicht ins Grundbuch eingetragen wird. Dies wäre nur entbehrlich, wenn der Beschluss die Gemeinschaftsordnung abändert (Wortlaut des Abs. 4 Satz 2). Für die Einführung neuer Regelungen ist weiterhin die Eintragung in das Grundbuch erforderlich, um den späteren Erwerber zu binden. b) Beschlusskompetenz

21b

Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, dass mit einem bestimmten Mehrheitsquorum die Gemeinschaftsordnung selbst abgeändert werden kann, bewirkt, dass Beschlüsse, die die notwendige Mehrheit nicht erreichen, nicht nichtig sind. Wegen bestehender Beschlusskompetenz sind sie nur anfechtbar.4 Wird hingegen der Regelungsbereich der Öffnungsklausel im Beschluss verlassen, ist der Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig.5 c) Sachlicher Grund

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Die Rechtsprechung schränkt die Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentümer zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung mittels Öffnungsklauseln teilweise ein. So wird behauptet, dass von der Öffnungsklausel nur dann Gebrauch gemacht werden dürfe, wenn ein sachlicher Grund zur Änderung vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden.6 Die Literatur hat sich der Rechtsprechung überwiegend angeschlossen.7 Die h.M. schränkt hierdurch jedoch die Privatautonomie der Wohnungseigentümer unzu1 AG Neuss v. 9.11.2001 – 27c II 205/01, NZM 2002, 31; bestätigt durch OLG Düsseldorf v. 26.5. 2008 – I-3 Wx 271/07, ZMR 2008, 732 = WuM 2008, 368. 2 AG Hannover v. 25.3.2008 – 483 C 10450/07, ZMR 2008, 842. 3 AG Berlin-Charlottenburg v. 14.5.2009 – 74 C 30/90, NJW-Spezial 2009, 467 kritisch hierzu die Anmerkung von Drasdo. 4 LG München I v. 3.12.2007 – 1 T 14033/06, ZMR 2008, 915. 5 Siehe hierzu auch Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 46. 6 BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 21/84, MDR 1986, 138 = NJW 1985, 2832; OLG Stuttgart v. 12.12.1985 – 8 W 344/84, NJW-RR 1986, 815; KG v. 28.7.1999 – 94 W 1542/99, NZM 2000, 348; KG v. 21.5.2003 – 24 W 253/02, NZM 2003, 642; LG Lübeck v. 8.12.1990 – 7 T 678/88, NJW-RR 1990, 912. 7 Siehe u.a. Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 19; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 46; Lüke in Weitnauer, § 10 WEG Rz. 51; Becker/Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, § 3 Rz. 162; a.A. Elzer, ZMR 2007, 237, 240; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 212; kritisch auch Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 62.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

lässig ein. Zwar ist zutreffend, dass alle Beschlüsse und somit auch solche, die auf eine Öffnungsklausel zurückzuführen sind, durch Anfechtung einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden können. Auch ist richtig, dass Beschlüsse dann rechtswidrig sind, wenn sie einzelne Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen. Daher wird teilweise der Gebrauch der Öffnungsklausel nur dann zugelassen, wenn außergewöhnliche Umstände hierzu förmlich zwingen.1 Nur dann sei ein sachlicher Grund zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung gegeben. Damit wird aber die Möglichkeit, von Öffnungsklauseln Gebrauch machen zu können, entgegen dem in der Öffnungsklausel verwendeten Wortlaut erheblich eingeschränkt.2 Die Öffnungsklausel wird um ein nicht geschriebenes Tatbestandsmerkmal erweitert und es wird damit unzulässig in die Privatautonomie eingegriffen.3 Auf keinen Fall ist das Vorliegen eines sachlichen Grundes aber kompetenzbegründend, d.h., dass der Grund nur im Rahmen der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen in Betracht kommt, sein Fehlen aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses führen kann.4 Das Gesetz selbst spricht seit der Novellierung auch gegen eine so stark eingrenzende Auslegung von Öffnungsklauseln.5 In den neuen §§ 12 Abs. 4, 16 Abs. 3 und Abs. 4 werden unter erleichterten Bedingungen Änderungen der Gemeinschaftsordnung zugelassen. Nach § 12 Abs. 4 können die Wohnungseigentümer eine bestehende Veräußerungsbeschränkung aufheben. Das Gesetz eröffnet damit die Möglichkeit, von der Gemeinschaftsordnung abzuweichen. § 16 Abs. 3 lässt Änderungen des Betriebskostenschlüssels zu. § 16 Abs. 4 betrifft die Kostenverteilung für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie für die Durchführung von Modernisierung. Beides kann gem. § 16 Abs. 5 nicht durch Vereinbarung eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber wollte mit diesen Erleichterungen die Privatautonomie der Wohnungseigentümer stärken, indem deren Rechte künftig durch einseitige Festlegungen in der Gemeinschaftsordnung weniger als bisher eingeschränkt werden können.6 Hätte der Gesetzgeber die Anwendbarkeit von Öffnungsklauseln einschränken wollen, hätte er – zumal ihm die diesbezügliche Rechtsprechung bekannt war – eine entsprechende Einschränkung gesetzlich normiert. Indem er dies unterließ und andererseits „gesetzliche Öffnungsklauseln“ in den Gesetzestext aufnahm, machte er deutlich, dass für einschränkende Auslegungen kein Raum ist. Im Übrigen würde die Regelung des § 16 Abs. 5 WEG leerlaufen, wenn die Änderung des Verteilungsschlüssels auf der Grundlage einer Öffnungsklausel stets einen besonderen sachlichen Grund erfordern würde, den § 16 Abs. 3 und 4 nicht fordern. Dann wäre die Abänderung aufgrund einer Öffnungsklausel eingeschränkt, was § 16 Abs. 5 gerade nicht zulässt. Für den Anwendungsbereich von § 16 Abs. 3 und 4 ist der BGH7 dieser Auffassung gefolgt.

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Weiter formuliert § 10 Abs. 2 Satz 3 den Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Abänderung einer Vereinbarung, wenn die bisherige Regelung aus schwerwiegenden Gründen unbillig ist (s.u. Rz. 28 ff.). Es macht einen qualitativen Unterschied aus, ob ein Wohnungseigentümer die Abänderung einer Vereinbarung verlangen kann oder die Wohnungseigentümer mit qualifizierter Mehrheit eine solche für notwendig erachten. Würden in beiden Konstellationen die gleichen Kriterien zugrunde gelegt, wird der Mehrheitswille der Wohnungseigentümer missachtet. Beim Mehrheitsbeschluss ist daher kein besonderer sachlicher Grund zu verlangen. Andernfalls träte an die Stelle des Ermessens der Wohnungseigentümer ohne Not das richterliche Ermessen.

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1 LG Köln v. 15.10.2009 – 29 S 102/09, IMR 2010, 1053. 2 So auch Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5, Rz. 62; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 212; Sauren, NJW 1986, 2034. 3 Im Ergebnis ebenso BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 328. 4 LG Berlin v. 19.4.2013 – 55 S 170/12 WEG, MietRB 2013, 357 = ZWE 2013, 333; LG München I v. 20.9.2010 – 36 S 1274/10, ZWE 2011, 102; Becker/Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, § 3 Rz. 163; a.A. Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 19. 5 So auch OLG Hamm v. 10.9.2007 – 15 W 358/06, MietRB 2008, 46 f. = ZMR 2008, 156. 6 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drucks. 16/887, 16. 7 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 327.

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§ 10

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d) Rechtliche Qualifizierung 25

Der Streit, ob eine Mehrheitsentscheidung aufgrund einer Öffnungsklausel eine Vereinbarung1 oder einen Beschluss2 darstellt, ist vom Gesetzgeber weitgehend entschärft worden. In § 10 Abs. 4 Satz 2 hat der Gesetzgeber nunmehr vorgesehen, dass Beschlüsse, die von einer Vereinbarung abweichen, nicht in das Grundbuch eingetragen werden müssen, um den Rechtsnachfolger zu binden.3 Damit bleibt die rechtliche Qualifizierung, ob es sich um Vereinbarungen oder Beschlüsse handelt, ohne Bedeutung. Die Auffassung von Hügel,4 dass Mehrheitsentscheidungen aufgrund einer Öffnungsklausel weiterhin der Eintragung in das Grundbuch bedürften, überzeugt nicht.5 Er begründet dies damit, dass der Gesetzgeber in § 10 Abs. 4 Satz 2 nur auf eine Eintragungspflicht von aufgrund einer Vereinbarung gefassten Beschlüssen verzichtet, während es sich aber nach seiner Rechtsauffassung bei solchen Beschlüssen gerade um Vereinbarungen handeln würde. Diese Auffassung ist mit dem gesetzgeberischen Willen nicht in Einklang zu bringen. Der Gesetzgeber will zwar die dogmatische Frage nicht klären, ob Mehrheitsbeschlüsse aufgrund einer Öffnungsklausel als Beschlüsse oder Vereinbarungen zu werten sind. Er will aber klarstellen, dass diese auf keinen Fall eingetragen werden müssen. Damit wird erreicht, dass die Grundbuchämter entlastet werden und die Übersichtlichkeit der Grundbücher nicht leidet.6 Mehrheitsbeschlüsse aufgrund einer Öffnungsklausel ergehen im „Kleid“ eines Beschlusses und müssen unabhängig von ihrem materiellen Inhalt nicht in das Grundbuch eingetragen werden.7 e) Verhältnis zu gesetzlichen Öffnungsklauseln

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Durch die Gesetzesreform haben Öffnungsklauseln letztlich an Bedeutung verloren. Teilweise bestimmt das Gesetz seitdem selbst eine entsprechende Beschlusskompetenz, ohne dass diese eingeschränkt werden kann. So kann die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, den Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 und 4 abändern zu können, nicht durch Vereinbarung beschränkt oder ausgeschlossen werden, § 16 Abs. 5. Ebenso kann das Recht, über Modernisierungsmaßnahmen mit qualifizierter Mehrheit beschließen zu dürfen, nicht durch Vereinbarung tangiert werden, § 22 Abs. 2 Satz 2. Die Aufgaben des Verwalters nach § 27 Abs. 1–3 können ebenfalls nicht durch Vereinbarung eingeschränkt werden. In diesen Bereichen können Öffnungsklauseln nur noch zum Zwecke der Erweiterung der ohnehin gesetzlich vorgesehenen Beschlusskompetenz vereinbart werden. Eine solche Erweiterung ist z.B. schon dann gegeben, wenn die Öffnungsklausel entgegen der gesetzlichen Regelung keine Dreiviertel-, sondern nur eine Zweidrittelmehrheit vorsieht. Ebenso ist eine Erweiterung gegeben, wenn die Abänderung eines Kostenverteilungsschlüssels bei Instandsetzungsmaßnahmen aufgrund einer Öffnungsklausel nicht nur für den Einzelfall, sondern generell abgefasst werden kann. Auch die Aufgaben des Verwalters können erweitert werden, was allerdings seiner Zustimmung bedarf. 8. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 a) Rechtsentwicklung

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In Ausnahmefällen haben die Wohnungseigentümer einen Anspruch, von den übrigen Wohnungseigentümern die Zustimmung zur Änderung einer Vereinbarung, insb. der Gemeinschaftsordnung, fordern zu können, § 10 Abs. 2 Satz 3 (siehe auch oben § 16 Rz. 88 ff.). Bis zur Gesetzesnovelle wurde auch von der h.M. ein solcher Anspruch 1 So Hügel, ZWE 2001, 578; Hügel, ZWE 2002, 503. 2 So Becker, ZWE 2002, 341; Schuschke, NZM 2001, 497 (498). 3 S. auch OLG München v. 13.11.2009 – 34 Wx 100/09, MDR 2010, 102 = MietRB 2009, 14 = ZMR 2010, 393. 4 Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5, Rz. 64. 5 So auch Armbrüster, ZWE 2013, 242. 6 BT-Drucks. 16/887, 12 und 20. 7 So auch Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 5; Demharter, NZM 2006, 589; Commichau, ZWE 2010, 126.

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Allgemeine Grundsätze

ohne entsprechende gesetzliche Regelung grundsätzlich bejaht. Als Voraussetzung wurde allerdings definiert, dass außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an einer Vereinbarung als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen ließen. Eine bloße Kostenungerechtigkeit wurde als nicht ausreichend angesehen.1 Im Ergebnis war somit eine Abänderung einer Vereinbarung, insb. im Hinblick auf die Abänderung von Verteilungsschlüsseln gem. Gemeinschaftsordnung, nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich. Teilweise wurden Flächenabweichungen zwischen den Angaben in der Teilungserklärung und den tatsächlichen Gegebenheiten von mehr als 50 % nicht als ausreichend angesehen, einen Anpassungsanspruch zu bejahen.2 Der BGH3 hat die Größe der Flächenabweichung letztendlich offengelassen, die für einen Abänderungsanspruch erforderlich sei. Entscheidend seien die Gesamtumstände des Einzelfalls und nicht allein das Maß der Kostenmehrbelastung. Ein Anpassungsanspruch sei abzulehnen, wenn die Auswirkungen einer nicht sachgerechten Kostenverteilung bereits beim Erwerb des Wohnungseigentums absehbar waren.4 So wurde der Anpassungsanspruch auch dann abgelehnt, wenn sich der teilende Eigentümer vorbehalten hatte, bestimmte Wohnungen noch auszubauen und er es unterlässt, eine Kostenbefreiung bis zum Ausbau der Wohnungen in die Gemeinschaftsordnung aufzunehmen. Dann müsse er sich weiterhin an den Kosten beteiligen, auch wenn nicht ausgebaut wurde.5 Demgegenüber sei ein Anpassungsanspruch nach Auffassung der Rechtsprechung denkbar, wenn die Flächenabweichungen durch eine nachträgliche bauliche Veränderung bedingt sind.6 Aber auch außerhalb der Kostenverteilungsproblematik wurden Anpassungsansprüche meist ablehnend beschieden. So sollte auch bei wirtschaftlichem Ungleichgewicht der Stimmrechte und der Gefahr der Majorisierung kein Anspruch auf Änderung der in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Stimmrechte bestehen.7 b) Regelungsinhalt Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung i.S.d. Rechtssicherheit im Kern kodifiziert, aber gleichzeitig die Eingriffsschwelle herabgesetzt sowie die Anpassungstatbestände erweitert. Erfasst werden sollen auch Fälle, in denen sich die Gemeinschaftsordnung von Anfang an als verfehlt erweist, also nicht erst später eine Änderung eintritt. Grundsätzlich können sämtliche Vereinbarungen nach § 10 Abs. 2 Satz 3 geändert werden,8 wobei einer entsprechenden Änderung jedoch eine Auslegung der bereits bestehenden Vereinbarung vorgeht.9 Steht die betreffende Vereinbarung im Widerspruch zu anderen Vereinbarungen, ohne dass ein Rangverhältnis ermittelt werden kann, können ohnehin statt der widersprüchlichen Vereinbarungen die einschlägigen Rechtsnormen angewandt werden, so dass es einer Vereinbarungsänderung u.U. nicht bedarf. 1 OLG Naumburg v. 10.1.2000 – 11 Wx 2/99, WuM 2001, 38. 2 BayObLG v. 10.11.1994 – 2Z BR 100/94, NJW-RR 1995, 529 eine Mehrbelastung von 22 % nicht als ausreichend ansehend; OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 27/01, DWE 2001, 100 einen Änderungsanspruch wegen einer Mehrbelastung von 30 % verneinend; OLG Frankfurt v. 13.4.2000 – 20 W 485/98, NZM 2001, 140 bei 31 % Flächenabweichung verneinend; BayObLG v. 1.2.2001 – 2Z BR 136/00, NZM 2001, 290 eine Mehrbelastung von 50 % nicht als ausreichend ansehend; OLG Frankfurt v. 13.4.2000 – 20 W 485/98, NZM 2001, 140 einen Anspruch auf Abänderung bei 59%iger Mehrbelastung verneinend; BayObLG v. 19.2.1987 – BReg. 2Z 114/86 grobe Unbilligkeit bei einer Flächenabweichung von 171 % bejahend; BayObLG v. 2.2.1995 – 2Z BR 131/94, WuM 1997, 61 den Abänderungsanspruch bei einer Abweichung von 87,5 % annehmend. 3 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834. 4 So auch OLG Hamm v. 9.9.2002 – 15 W 235/00, MietRB 2003, 109 = ZMR 2003, 286; OLG Köln v. 23.11.2001 – 16 Wx 202/01, ZMR 2002, 780. 5 OLG Düsseldorf v. 20.3.1998 – 3 Wx 7/98, NZM 1998, 867; KG v. 1.9.2003 – 24 W 285/02, ZMR 2004, 620. 6 OLG Düsseldorf v. 8.1.2001 – 3 Wx 402/00, ZMR 2001, 378. 7 KG v. 10.1.1994 – 24 W 4817/93, NJW-RR 1994, 525. 8 BT-Drucks. 16/887, 19. 9 Amtl. Begründung in BT-Drucks. 16/887, 19.

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Allgemeine Grundsätze

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Kommt eine Auslegung nicht in Betracht und besteht auch kein unauflöslicher Widerspruch zwischen mehreren Vereinbarungen, bleibt nur der nunmehr gesetzlich normierte Abänderungsanspruch. Da diese Vorschrift eine Abänderung der gesetzlichen bzw. vereinbarten Regelung vorsieht, was eine Dauerregelung voraussetzt, besteht kein Anspruch auf ein einmaliges Abweichen von einem bestehenden Kostenverteilungsschlüssel.1

29b

Die seit 1.7.2007 geltende Fassung senkt gegenüber der früheren Rechtsprechung die Anforderungen, indem der Begriff der „außergewöhnlichen Umstände“ durch den Begriff der „schwerwiegenden Gründe“ ersetzt wird. Zudem muss die bisherige Regelung nicht mehr grob unbillig, sondern nur noch unbillig sein, um den Abänderungsanspruch zu eröffnen. Damit steht zwar fest, dass die Eingriffsschwelle gesenkt werden soll. Unklar bleibt aber, wo aufgrund der weiterhin verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe die „schwerwiegenden Gründe“ und die „Unbilligkeit“ anzusiedeln sind (s. hierzu auch unten Rz. 35 ff.).

30

Generell ist bei den „schwerwiegenden Gründen“ eher auf die objektiv vorliegenden Umstände und bei der „Unbilligkeit“ auf die spezifischen Interessen der Wohnungseigentümer abzustellen.2 Die Kürzung von Nutzungsmöglichkeiten gemeinschaftlicher Anlagen und Einrichtungen oder Beschränkungen geringen Umfangs werden kaum „schwerwiegende Gründe“ darstellen können. Auch ist nicht zu verkennen, dass eine bloße Kostenungerechtigkeit nicht schon schlechthin ausreicht.3 Ist ein einzelner Wohnungseigentümer in der Gemeinschaftsordnung privilegiert worden, wird dies i.d.R. ebenfalls keinen Anpassungsanspruch begründen. Dies wird kaum einen der anderen Wohnungseigentümer schwerwiegend belasten. Zudem ist zu prüfen, ob die Kostenbefreiung eines Wohnungseigentümers sachlich gerechtfertigt war. Die erstmalige Belastung eines Wohnungseigentümers mag zwar durch einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 nicht möglich sein,4 ist aber als Abänderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 S. 3 nicht gänzlich ausgeschlossen.

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Abramenko5 weist mit Recht darauf hin, dass der Anpassungsanspruch nicht voraussetzt, dass eine Ungleichbehandlung vorliegt. Auch ein Nachteil, der alle Wohnungseigentümer betrifft, kann demnach den Anpassungsanspruch begründen, wie z.B. Veränderungen von Umweltbedingungen, wenn hierdurch eine von der Gemeinschaftsordnung vorgesehene Nutzungsmöglichkeit sinnlos wird. Zu denken ist z.B. daran, dass durch Veränderungen bauordnungsrechtlicher Umstände einzelne Räumlichkeiten nicht mehr derart nutzbar sind, wie von der Gemeinschaftsordnung vorgesehen. Werden z.B. mehrere Wohnungen zum Zwecke eines „Wohnheims“ geteilt, weil das Objekt zuvor als solches für einen benachbarten Konzern genutzt wurde, kann der Sinn dieser Vereinbarung entfallen, wenn das benachbarte Unternehmen geschlossen wird. Auch ist es denkbar, dass durch den gesellschaftlichen Wandel in der Gemeinschaftsordnung vorgegebene Nutzungsmöglichkeiten irrelevant werden.

31a

Zu berücksichtigen ist, dass Abs. 2 Satz 3 keine Beschlusskompetenz eröffnet. Wenn für die begehrte Maßnahme eine Vereinbarung notwendig ist, kann diese nicht durch einen Mehrheitsbeschluss ersetzt werden. Dies folgt auch nicht aus dem Wort „verlangen“. Bei Anerkennung einer solchen Beschlusskompetenz würde beispielsweise eine Abänderung der Teilungserklärung durch Zitterbeschluss möglich werden,6 was aber als vereinbarungswidriger Beschluss nichtig ist (s.o. Rz. 16). Es ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Wesentlichen die bisherige Rechtslage nicht ändern, sondern lediglich die strengen Maßstäbe abschwächen wollte. Gerade hieraus lässt sich nicht auf eine Beschlusskompetenz schließen. Durch 1 Zutreffend LG Köln v. 28.5.2009 – 9 S 135/08, ZWE 2010, 222. 2 Amtl. Begründung BT-Drucks. 16/887, 19. 3 S. hierzu AG Hamburg-Wandsbek v. 8.10.2009 – 740 C 26/09, ZMR 2010, 236, wonach zweifelhaft ist, ob überhaupt ein Personenzahlschlüssel ggü. Miteigentumsanteilen gerechter ist. 4 So BGH v. 1.6.2012 – V ZR 225/11, MDR 2012, 899 = MietRB 2012, 234 f. = ZMR 2012, 709. 5 Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 50. 6 A.A. Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 58.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

eine gerichtliche Entscheidung soll die neue Regelung anstelle der bisherigen Vereinbarung treten, was auch der Rechtssicherheit dient. Die Zustimmung der Grundpfandgläubiger ist hierzu allerdings nicht erforderlich.1 Die Rechtsprechung wendet § 10 Abs. 2 Satz 3 auch rückwirkend an, so dass die Abänderungskriterien schon in Verfahren berücksichtigt wurden, die vor dem 1.7. 2007 anhängig waren.2

31b

c) Verhältnis zu § 16 Abs. 3, Abs. 4 Hinsichtlich der Kostenverteilung innerhalb der Eigentümergemeinschaft ist zu berücksichtigen, dass § 16 Abs. 3 und Abs. 4 für den Hauptanwendungsfall der Kostenverteilungsschlüssel eine einfachere Abänderungsmöglichkeit durch Mehrheitsbeschluss bietet. Dennoch ist § 10 Abs. 2 Satz 3 nicht überflüssig. § 16 Abs. 3 und Abs. 4 stärkt das Gemeinschaftsinteresse, während § 10 Abs. 2 Satz 3 das Individualinteresse schützt. Kommt es in der Praxis zu einer negativen Beschlussfassung nach § 16 Abs. 3 oder Abs. 4 und lehnt die Wohnungseigentümerversammlung den Antrag auf Abänderung des Verteilungsschlüssels ab, besteht neben der Möglichkeit des § 10 Abs. 2 Satz 3 auch die der Anfechtung des Negativbeschlusses. Neben dem Anfechtungsantrag muss nicht mehr gleichzeitig ein Verpflichtungsantrag gestellt werden, um das Rechtsschutzinteresse zu begründen.3 Voraussetzung ist aber, dass die Anfechtung des abgelehnten Beschlusses schon hinreichend das Begehren verkörpert, gewissermaßen einen Umkehrschluss zulässt. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, die Vorgehensweisen in den §§ 16 Abs. 3 und 10 Abs. 2 Satz 3 alternativ auszugestalten.4 Diesen gesetzgeberischen Willen übersieht die Auffassung, welche § 16 Abs. 3 als lex specialis gegenüber § 10 Abs. 2 Satz 3 ansieht,5 ebenso, wie die Auffassung, die wegen der bestehenden Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 für eine Klage auf Abänderung der Verteilungsschlüssel der Betriebs- und Verwaltungskosten nach § 10 Abs. 2 S. 3 keinen Raum zulässt.6

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Hinsichtlich der Kostenverteilungsschlüssel besteht zwischen § 16 Abs. 3 und 4 einerseits und § 10 Abs. 2 Satz 3 andererseits ein Stufenverhältnis.7 Wenn sich die Wohnungseigentümer mit der jeweils erforderlichen Mehrheit für eine Abänderung des Verteilungsschlüssels entschließen, sind keine besonderen Anforderungen zu stellen. Will aber ein Wohnungseigentümer die Veränderung ggf. auch gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer erzwingen, sind die schwerwiegenden Gründe vorzutragen, die die Änderung aus Billigkeitsgründen erforderlich machen sollen. Wäre bei Veränderungswünschen der Verteilungsschlüssel von Betriebs- und Verwaltungskosten nur der Weg über § 16 Abs. 3 gangbar, träte ein Wertungswiderspruch auf, weil der Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung keinen Hinweis auf schwerwiegende Gründe des Einzelfalls und auf Unbilligkeitskriterien enthält.8 Auch für den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 wird § 10 Abs. 2 S. 3 nicht ausgehöhlt. § 16 Abs. 3 und 4 ist gegenüber § 10 Abs. 2 Satz 3 nicht lex specialis (s. auch § 16 Rz. 88b).9

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1 BayObLG v. 19.2.1987 – BReg.2 Z 114/86, NJW-RR 1987, 714. 2 OLG München v. 24.4.2008 – 32 Wx 165/07, MietRB 2008, 238 = WuM 2009, 545. 3 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 = ZMR 2010, 542; siehe hierzu auch Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 64. 4 BT-Drucks. 16/887, 19. 5 So Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 132; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, Teil 5. Rz. 34; Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 189. 6 So aber BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZMR 2011, 485 = ZWE 2011, 170. 7 A.A. Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 161, der auch für das Tatbestandsmerkmal der ordnungsmäßigen Verwaltung in § 16 Abs. 3 schwerwiegende Anpassungsgründe zur Beseitigung einer Unbilligkeit fordert. 8 So auch die amtliche Begründung in BT-Drucks. 16/887, 20. 9 So auch LG Hamburg v. 17.3.2010 – 318 S 84/09, ZMR 2010, 635; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 118; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 64, der umgekehrt hervorhebt, dass § 10 Abs. 2 S. 3 lex specialis zu § 21 Abs. 4 ist; a.A. Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 189 u. § 16 Rz. 40b; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 161; differenzierend Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 274.

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§ 10 34

Allgemeine Grundsätze

Beispielsweise können die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit die Betriebskosten eines Aufzugs (s. hierzu auch unten § 16 Rz. 94 ff.) nach der Etagenhöhe und damit unter Berücksichtigung der Gebrauchsmöglichkeit verteilen.1 Ein Anspruch hierauf besteht aber nicht, selbst wenn der Wohnungseigentümer nachweislich den Aufzug nicht nutzt. Der Abänderungsanspruch scheitert in diesem Fall daran, dass weder eine Änderung am Objekt noch eine Veränderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist. Auch ist kein Irrtum bei der Abfassung der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung feststellbar. Diese Kriterien sind zwar nicht ausschließlich maßgebend.2 Der Wortlaut stellt nur auf die schwerwiegenden Gründe ab, die zwar in der Regel, aber nicht zwingend durch nachträgliche Veränderungen am Bauwerk oder durch eine irrtümliche Abfassung der Teilungserklärung bedingt sein werden. Dies sind keine abschließenden Kriterien. Die Nichtnutzung des Aufzugs ist aber kein so schwerwiegender Grund, die Abänderung des Verteilungsschlüssels verlangen zu können, insb. wenn dies ausschließlich am fehlenden Nutzungswillen oder der Etagenhöhe der Wohnung liegt. Ist hingegen die Nutzungsmöglichkeit faktisch nicht gegeben, weil beispielsweise kein Zugang zum Aufzug für den betreffenden Wohnungseigentümer besteht, lässt sich der Änderungsanspruch, auch ohne dass zwischenzeitlich eine bauliche Veränderung stattgefunden hat, begründen. Die Nutzungsmöglichkeit muss dauerhaft ausgeschlossen sein. Ein Abänderungsanspruch lässt sich nicht durch eine vorübergehende Unbilligkeit (s. auch o. Rz. 29 und u. Rz. 36) rechtfertigen. Die Verlässlichkeit des gewählten Kostenverteilungsschlüssels und die Vorhersehbarkeit der Belastungen würden entgegenstehen.3 d) Einzelne Kriterien

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Der Begriff der „Unbilligkeit“ setzt eine allseitige Interessenabwägung voraus. So sind auch die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer, wie Abs. 2 Satz 3 besonders hervorhebt, bei der Wertung zu berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass zwar in der Person des die Änderungen wünschenden Wohnungseigentümers schwerwiegende Gründe für das Verlangen liegen, die Änderung aber gleichzeitig zu einer erheblichen Belastung der Interessen der anderen Wohnungseigentümer führen würde.

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Auch dürfen die schwerwiegenden Gründe für einen Abänderungsanspruch nicht lediglich eine Momentaufnahme darstellen. Schwerwiegend kann ein Grund nur dann sein, wenn er auf Dauer zu einer gewissen Unzumutbarkeit führt. So kann kein Wohnungseigentümer die Einführung eines Personenzahlschlüssels fordern, nur weil der Lebenspartner ausgezogen ist. Auch darf die Unbilligkeit der Wohnungseigentümer nicht selbst herbeigeführt haben.

36a

Hinsichtlich der Kostenverteilungsschlüssel rechtfertigt eine 25%ige Flächenabweichung einen Anspruch auf sachgerechte Kostenverteilung.4 Diesen Schwellenwert muss der Anspruchssteller erreichen, wenn er durch Abänderung des Verteilungsschlüssels entlastet werden will.5 Klagen mehrere Wohnungseigentümer ist ihre Mehrbelastung nicht zu addieren. Andernfalls würde eine Gruppe von Wohnungseigentümern (z.B. 25, die alle 1 % zu hoch belastet sind) gegen die Mehrheit der Wohnungseigentümer stets eine Abänderung durchsetzen können. Dieser Schwellenwert ist aber nur ein Indiz für eine unbillige Mehrbelastung. Es sind stets alle Umstände abzuwägen. So kann trotz Erreichens des Schwellenwertes eine unterschiedliche Ge1 2 3 4

LG Nürnberg-Fürth v. 25.3.2009 – 14 S 7627/08, ZMR 2009, 638 = NZM 2009, 363. Siehe auch die amtl. Begründung in BT-Drucks. 16/887, 19. BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZWE 2011, 170 = ZMR 2011, 485. Allg. Meinung: BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NZM 2010, 624; OLG Köln v. 16.11.2007 – 16 Wx 154/07, ZWE 2008, 395; KG v. 14.6.2004 – 24 W 32/04, ZMR 2004, 705 = NZM 2004, 549; LG Nürnberg-Fürth v. 26.8.2009 – 14 S 3582/09, IMR 2010, 292; Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 47; Briesemeister, WEG-Reform, S. 16; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 158; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 56; offen lassend: Sauren, § 10 WEG Rz. 76; Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 21. 5 BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296 = ZMR 2010, 778 = ZWE 2010, 330.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

brauchsregelung (Differenzierung zwischen Teil- und Wohnungseigentum) eine scheinbare Ungleichbehandlung rechtfertigen.1 Die Mehrbelastung muss auch nicht alle Kosten insgesamt betreffen. Es kann genügen, wenn der Anspruchssteller nur bei einer Kostenposition unverhältnismäßig stark belastet wird. Dabei ist aber zu prüfen, ob sich dieser Nachteil bei einer anderen Kostenposition in einen Vorteil verkehrt. Selten lässt sich bei nur einer unbilligen Position das Kriterium des schwerwiegenden Grundes annehmen.

36b

Ebenso wie die Rechtslage vor der WEG-Novelle gibt auch die geltende Regelung keinen Anspruch auf Änderung der Eigentumsverhältnisse, insb. der Miteigentumsanteile. Auch Veränderungen, die in den Risikobereich eines Wohnungseigentümers fallen, sind unerheblich. Die Annahme eines solchen Abänderungsanspruchs hinsichtlich der sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft verbietet sich bereits aufgrund des eindeutigen Wortlauts und der systematischen Stellung der Vorschrift.2

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e) Verfahrensfragen Scheitert ein Wohnungseigentümer mit seinem Verlangen, eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung gegenüber allen Wohnungseigentümern durchzusetzen, ist für die Frage des richtigen Klagegegners im Einzelnen festzustellen, wer die Zustimmung erklärt hat und wer nicht. Wegen der Kostenfolge des § 91 ZPO hat der klagende Wohnungseigentümer die Kosten des Rechtsstreits gegenüber denjenigen Wohnungseigentümern zu tragen, die ihre Zustimmung bereits erklärt haben. Für eine Klage gegen diese Wohnungseigentümer fehlt das Rechtsschutzinteresse.3 Begnügt sich der klagende Wohnungseigentümer mit der Feststellung, dass zumindest einer der übrigen Wohnungseigentümer die Zustimmung verweigern wird und deshalb eine neue Vereinbarung nicht zustande kommt, läuft er Gefahr, dass die übrigen Wohnungseigentümer den Anspruch im Verfahren sofort anerkennen und damit zu Lasten des Klägers die Kostenfolge des § 93 ZPO auslösen.

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Nach früherer Rechtslage war hingegen ein solcher Abänderungsanspruch nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG a.F. immer gegen sämtliche übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Dies ist nach der WEG-Novelle nicht mehr zwingend der Fall, wie § 48 Abs. 1 verdeutlicht. Zudem ist jetzt die Frage des richtigen Klagegegners auch deshalb von großer Bedeutung, weil über die Kosten des Rechtsstreits nicht mehr gem. § 47 WEG a.F. nach billigem Ermessen, sondern nach Obsiegen gem. § 91 ZPO entschieden wird.

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Die Klage auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels setzt für die Betriebsund Verwaltungskosten eine Vorbefassung der Eigentümerversammlung voraus. Diese Vorbefassung ist Zulässigkeitsvoraussetzung der Gestaltungsklage.4 Dies gilt jedoch nicht, wenn die dauerhafte Abänderung des Verteilungsschlüssels für Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten begehrt wird. Hierzu fehlt die Beschlusskompetenz, so dass die Vorbefassung entbehrlich ist. Andererseits kann die Klage auf Abänderung des Verteilungsschlüssels unbegründet sein, wenn dem Abänderungsanspruch schon durch Auslegung der Gemeinschaftsordnung abgeholfen werden kann.5

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Das Rechtsschutzinteresse für die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels setzt voraus, dass der Wohnungseigentümer zunächst versucht, eine Entscheidung der Eigentümerversammlung herbeizuführen.6 Den Wohnungseigentümern darf nicht der

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1 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZWE 2011, 170 = ZMR 2011, 485. 2 Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 128; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, Teil 5. A. Rz. 33. 3 Ebenso Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 163. 4 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 = ZMR 2010, 542; OLG Hamm v. 10.9.2007 – 15 W 358/06, MietRB 2008, 46 f. = ZMR 2008, 156. 5 LG Nürnberg-Fürth v. 26.8.2009 – 14 S 3582/09, ZMR 2010, 399. 6 OLG Hamm v. 10.9.2007 – 15 W 358/06, MietRB 2008, 46 f. = ZMR 2008, 156.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

ihnen zustehende Ermessensspielraum genommen werden.1 Lehnen die Wohnungseigentümer eine Beschlussfassung ab oder ist ein Mehrheitsbeschluss aufgrund der gegebenen Stimmverhältnisse nicht zu erwarten, ist die unmittelbare Klage auf Abänderung des Verteilungsschlüssels möglich. Sonst gilt, soweit eine Beschlusskompetenz besteht, das Vorbefassungsgebot, was im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 relevant wird.2 Die Vorbefassungspflicht besteht für die Änderung der Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 4 nicht, da insoweit keine Beschlusskompetenz gegeben ist.3 42

Lehnen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit eine Abänderung des Verteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG ab, kommt eine Anfechtung des Negativbeschlusses verbunden mit einem Antrag nach § 10 Abs. 2 S. 3 in Betracht. Das Gericht hat in diesem Fall nur zu prüfen, ob ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt, was dann zu bejahen ist, wenn die Beibehaltung des geltenden Verteilungsschlüssels unbillig ist und schwerwiegende Gründe eine Abänderung erfordern. Hierzu ist ein bestimmter Antrag zu stellen. Es genügt nicht, die Abänderung in das Ermessen des Gerichts zu stellen.4 9. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolger, Abs. 3

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Vereinbarungen bedürfen hinsichtlich der dinglichen Einigung keiner Form; sie können auch stillschweigend getroffen werden.5 Weder für die Vereinbarung noch für den Beschluss ist die Eintragung im Grundbuch Wirksamkeitsvoraussetzung. Sie ist bei Vereinbarungen nur für ihre Wirkung gegenüber einem Rechtsnachfolger (§ 10 Abs. 3) bedeutsam. Demgegenüber bedürfen Beschlüsse und richterliche Entscheidungen gem. § 43 zu ihrer Wirksamkeit gegenüber Rechtsnachfolgern nicht der Eintragung (§ 10 Abs. 4). Beschlüsse sind nicht eintragungsfähig. Ggf. sind an Beschlüssen nur die „Betroffenen“ zu beteiligen (s. § 22 Abs. 1), an Vereinbarungen sämtliche Eigentümer.

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Eine quasidingliche Wirkung für Vereinbarungen tritt nur bei Grundbucheintragung ein. Diese bewirkt keine Inhaltsänderung. Die Eintragung erweitert den Kreis der gebundenen Personen. Gerichtliche Vergleiche werden dabei nicht als Entscheidung i.S.v. Abs. 4 angesehen.6 Die quasidingliche Wirkung ergibt sich nicht bereits aus § 746 BGB. §§ 10, 15 gehen als speziellere Regeln vor.7 Ist die Eintragung erfolgt, so entfällt die Bindungswirkung selbst dann nicht, wenn die Vereinbarung nicht in das Bestandsverzeichnis des neu angelegten Grundbuchs übernommen wurde.8

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Eine nicht eingetragene Vereinbarung muss ein Sondernachfolger nicht gegen sich gelten lassen.9 Sie entfällt insgesamt, wenn auch nur bei einer Wohneinheit Sondernachfolge eingetreten ist.10 So erlischt z.B. ein durch Vereinbarung begründetes, aber nicht im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht (sog. schuldrechtliches Sondernutzungsrecht), wenn ein neuer Wohnungseigentümer in die Gemeinschaft eintritt. Die aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Vereinbarung der bisherigen Wohnungseigentümer bindet ihn nicht automatisch. Allerdings kann der Sondernachfolger in die Vereinbarung eintreten oder sein ausdrückliches Einverständnis erklären.11 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Ebenso Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 26. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = ZMR 2010, 542. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = ZMR 2010, 542. Ebenso Spielbauer in Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 9. BGH v. 21.10.1983 – V ZR 121/82, MDR 1984, 303 = NJW 1984, 612 = DNotZ 1984, 238; OLG Frankfurt v. 1.12.2006 – 20 W 291/06, ZWE 2006, 392; BayObLG v. 13.1.1994 – 2Z BR 130/93, WuM 1994, 222. OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 564. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = ZMR 2003, 748. OLG Hamm v. 29.3.1993 – 15 W 391/92, NJW-RR 1993, 1295. KG v. 19.10.1998 – 24 W 6730/97, NZM 1999, 568; teilweise abweichende Auffassung OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563. BayObLG v. 6.2.2003 – 2Z BR 13/02, NZM 2003, 321; OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 7/01, MDR 2001, 1404 = NZM 2001, 1135. Kreuzer, MittBayNot 1997, 136; OLG Düsseldorf v. 21.5.1997 – 3 Wx 566/96, WuM 1997, 517.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

Der Notar muss den Erwerber auf die Folgen des Eintritts in die Rechte und Pflichten der Gemeinschaft hinweisen.1 Bis zur Entscheidung des BGH vom 20.9.20002 bestand Klarheit, dass vereinbarungsändernde Beschlüsse mangels Grundbucheintragung keine Wirkung gegen den Sondernachfolger haben. Grundsätzlich kommt auch ein Vertrauensschutz für vor dem 20.9.2000 gefasste vereinbarungsändernde Beschlüsse nicht in Betracht. So kann einem Anspruch eines Sondernachfolgers auf Besitzeinräumung selbst dann nicht mit dem Einwand aus Treu und Glauben begegnet werden, wenn die bisherige Nutzungsform jahrelang praktiziert wurde. Gehen die Wohnungseigentümer irrtümlich davon aus, dass durch eine Stellplatzzuordnung des teilenden Eigentümers, trotz fehlender Grundbucheintragung, Sondernutzungsrechte begründet wurden, ist die Berufung eines Rechtsnachfolgers auf die fehlende Bindungswirkung und das Verlangen auf Einräumung des Mitgebrauchs an den gemeinschaftlichen Stellplätzen nicht rechtsmissbräuchlich. Ausnahmsweise kann sich in Anwendung des § 242 BGB etwas anderes ergeben, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Interesse der Wohnungseigentümer an der Wahrung ihres berechtigten Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Nutzungsverhältnisse die durch § 10 Abs. 2 geschützten Interessen des Sondernachfolgers deutlich überwiegen. Dies ist einer Einzelfallwertung zu überlassen, die aber nur unzumutbare Härten erfassen darf.

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Die Entscheidung des BGH zur Nichtigkeit von vereinbarungsändernden Beschlüssen hat eine Rückwirkung. Vertrauensschutz verdienen nur die Wohnungseigentümer, deren Vertrauen in die Fortgeltung der bis dahin geltenden Rechtslage schutzwürdig ist. Dabei sind die Interessen aller Beteiligten abzuwägen. Steht der Bestandsschutz im Vordergrund, kommt ausnahmsweise eine Wirksamkeit der Pseudovereinbarung für die Vergangenheit in Betracht, nicht jedoch für die Zukunft.3

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Sind Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bereits verjährt oder verwirkt, leben diese in der Person des Sondernachfolgers nicht wieder auf. Mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen kann ein Rechtsnachfolger nicht weitergehende Rechte erwerben, als seinem Rechtsvorgänger zuletzt zustanden.4 Allerdings verjähren und verwirken Ansprüche auf Beseitigung der Folgen eines vereinbarungsändernden Beschlusses nicht,5 sodass diese Einreden nur bei sonstigen Rechtsverletzungen in Betracht kommen.

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Ob eine formlose Vereinbarung auch ohne Eintragung zugunsten eines Sondernachfolgers gilt, ist fraglich.6 Sie wirkt sich faktisch als „Vertrag zugunsten Dritter, wen es angeht“ aus. Zutreffend dürfte es sein, auf die aktuelle Willensübereinstimmung bei einer Sondernachfolge abzustellen.7

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Die Bindungswirkung lässt sich ohne Eintragung der Vereinbarung ins Grundbuch auch nicht durch die Eintragung eines generellen Verzichts auf die Eintragungspflicht herstellen. Eine Vereinbarung, durch die jegliche schuldrechtliche Vereinbarung auch ohne Eintragung im Grundbuch gegenüber einem Sondernachfolger wirksam sein soll, ist nichtig.8

49b

1 2 3 4 5 6 7 8

Zum Umfang der Bindung Häublein, DNotZ 2005, 741; Hügel, DNotZ 2005, 442. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771. Wenzel, ZWE 2001, 226 (229). OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563 (568); vgl. BayObLG v. 19.7.1990 – BReg.2 Z 61/90, NJW-RR 1991, 1041; OLG Köln v. 6.2.1998 – 16 Wx 333/87, NZM 1998, 872; OLG Stuttgart v. 18.8.1998 – 8 W 188/98, ZMR 1998, 802 (804). BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771. OLG Zweibrücken v. 21.1.2005 – 3 W 198/04, MietRB 2005, 150 (157) = NZM 2005, 343; bejahend aber OLG Hamm v. 23.5.1998 – 15 W 4/98, NZM 1998, 873; OLG Düsseldorf v. 14.2.2002 – 3 Wx 392/00, ZWE 2001, 383; BayObLG v. 6.2.2003 – 2Z BR 16/02, NZM 2003, 321. OLG Hamm v. 9.9.1999 – 15 W 157/99, ZWE 2000, 80. OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, MDR 2008, 680 = MietRB 2008, 79 f. = ZMR 2008, 159.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

10. Abgrenzung zwischen Vereinbarungsnotwendigkeit und Beschlusskompetenz – Einzelfälle 50



Antennenanlage. Zuordnung zu Sonder- oder Gemeinschaftseigentum ist eine Frage des Einzelfalls. Gemäß § 5 Abs. 3 kann ihre Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum vereinbart werden. Eine Regelung, wo und wie eine Amateurfunkantenne angebracht werden kann, kann durch Beschluss herbeigeführt werden.1 Hinsichtlich einer Parabolantenne ist die Beschlussfreiheit der übrigen Wohnungseigentümer durch die Informationsfreiheit des die Maßnahme begehrenden Wohnungseigentümers eingeschränkt.2 Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung das Anbringen von Parabolantennen generell verbieten, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht.3



Bauliche Veränderungen. Hierüber kann nach § 22 Abs. 1 im Einzelfall beschlossen werden, wobei die Zustimmung der beeinträchtigten Wohnungseigentümer erforderlich ist, sofern es sich nicht um eine Modernisierungsmaßnahme oder eine modernisierende Instandsetzung handelt. Abweichend von § 22 Abs. 1 kann jede bauliche Veränderung durch Vereinbarung von der Zustimmung aller Wohnungseigentümer abhängig gemacht werden.4



Beirat. Die Übertragung von zusätzlichen Kompetenzen auf den Beirat ist durch Vereinbarung nur eingeschränkt möglich.5 Ein Beschluss, durch den generell auch Nicht-Eigentümer zum Beirat gewählt werden können und generell von der im Gesetz vorgesehenen Anzahl der Beiratsmitglieder abgewichen werden soll, ist nichtig. Hingegen ist eine Einzelfallregelung nur anfechtbar.6 Nichtig ist auch der Beschluss über die Aufhebung der Vereinbarung der Gemeinschaftsordnung, wonach kein Beirat bestellt werden soll (vereinbarungsändernder Beschluss).7 Werden nur zwei Beiratsmitglieder anstelle der im Gesetz vorgesehenen drei gewählt, ist der Beschluss nicht nichtig, sondern rechtswidrig,8 da es sich um einen Einzelfallbeschluss handelt.



Berufliche (gewerbliche) Nutzung. Nutzungseinschränkungen sind durch Vereinbarung regelbar. Eine bloße Ausübungsordnung (z.B. Hausordnung) kann hingegen beschlossen werden. Ein bestehendes gewerbliches Nutzungsrecht kann nicht durch Beschluss eingeschränkt werden (fehlende Beschlusskompetenz).9



Beseitigungsansprüche. Sie können nicht zu Lasten einzelner Wohnungseigentümer bestandskräftig beschlossen werden. Die Beschlusskompetenz besteht hinsichtlich des Einzelnen nur zur Überbürdung der gemeinschaftlichen Kostentragungslast10 und nicht zum Rückbau baulicher Veränderungen. Einen Beschluss der Wohnungseigentümer, diesen Anspruch gerichtlich durchzusetzen, kann und muss der betroffene Wohnungseigentümer nicht anfechten.



Delegiertenversammlung. Das Teilnahme- und Stimmrecht eines Wohnungseigentümers kann nicht durch Beschluss oder Vereinbarung eingeschränkt werden.11 1 OLG Frankfurt v. 2.12.2004 – 20 W 186/03, MietRB 2005, 205 = NJW-RR 2005, 1034; BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 51/04, MietRB 2004, 264 = ZWE 2005, 93. 2 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 = MietRB 2004, 173 = NZM 2004, 227; OLG Karlsruhe v. 17.4.2000 – 11 Wx 42/00, NZM 2001, 758; BayObLG v. 30.11.2000 – 2Z BR 92/00, ZWE 2001, 102; BayObLG v. 7.3.2002 – 2Z BR 151/01, ZWE 2002, 265; BayObLG v. 28.2.2002 – 2Z BR 171/01, ZWE 2002, 358; OLG Düsseldorf v. 23.12.2000 – 3 Wx 265/00, ZMR 2001, 648; OLG Zweibrücken v. 31.1.2002 – 3 W 299/01, NZM 2002, 269; NJW-RR 2007, 300. 3 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 = MietRB 2004, 173 = NZM 2004, 227. 4 BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 84/97, WuM 1997, 699. 5 Gottschalg, ZWE 2000, 50. 6 A.A. Lüke, ZWE 2002, 49 (57), der einen entsprechenden Einzelfallbeschluss als unzulässige Umgehung der Gesetzesvorgabe ansieht. 7 AG München v. 30.7.2009 – 483 C 393/09, ZMR 2010, 811. 8 BGH v. 5.2.2010 – V ZR 126/09, MDR 2010, 619 = MietRB 2010, 138 = ZWE 2010, 215 = NZM 2010, 235. 9 OLG Düsseldorf v. 16.7.2003 – 3 Wx 149/03, ZMR 2003, 861. 10 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801. 11 LG München I v. 9.12.2010 – 36 S 1362/10, MietRB 2011, 257 = ZWE 2011, 139.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze



Dienstleistungsvertrag. Ein Betreuungsvertrag bei betreutem Wohnen mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren kann weder beschlossen noch vereinbart werden.1



Gartengestaltung/-nutzung. Durch Vereinbarung kann turnusmäßige Nutzung von Freiflächen geregelt werden, wenn kein unzulässiger Eingriff in das Kernrecht eines Sondereigentümers erfolgt.



Gebrauchsregelungen. Für Gebrauchsregelungen sieht § 15 Abs. 1 und 2 Vereinbarungen und Mehrheitsbeschlüsse als Handlungsformen vor. Regelungen, die über einen „ordnungsgemäßen“ Gebrauch hinausgehen, bedürfen einer Vereinbarung. Jedoch ist die Abgrenzung zwischen ordnungsgemäßem und darüber hinausgehendem Gebrauch im Einzelfall schwierig. Da keine abstrakte Abgrenzung möglich ist, sind nicht angefochtene Beschlüsse auch nicht nichtig. Sie überschreiten nur die Grenze des rechtlichen „Dürfens“, nicht dagegen die des rechtlichen „Könnens“.2 Dies gilt allerdings nicht, wenn gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wird oder die guten Sitten bzw. der wenig konkretisierte „dingliche“ Kernbereich des Wohnungseigentums verletzt wird.3



Gewährleistungsrechte. Hinsichtlich des Sondereigentums kann das Recht des einzelnen Eigentümers nicht durch Beschluss oder Vereinbarung eingeschränkt werden. Die Erfüllungsansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums liegen bei den einzelnen Wohnungseigentümern, die durch Ermächtigungsbeschluss diese Rechte auf die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft übertragen können,4 s. auch Rz. 73 f.



Grunddienstbarkeit. Besteht eine Benutzungsdienstbarkeit zugunsten des WEG-Grundstücks an einem Nachbargrundstück (z.B. Zufahrt, Garage), so setzt eine Benutzungsregelung im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander eine Vereinbarung voraus. Diese ist in das Bestandsverzeichnis der Wohnungsgrundbücher einzutragen.5 Die Auffassung ist allerdings zweifelhaft, da nicht einzusehen ist, warum eine solche Gebrauchsregelung nicht auch durch Beschluss möglich sein sollte.



Hausordnung. Grundsätzlich ist die Hausordnung im Rahmen von § 15 Abs. 1 durch Beschluss regelbar, soweit sie sich auf Bestimmungen des ordnungsgemäßen Gebrauchs beschränkt. Geht sie darüber hinaus, ist eine Vereinbarung erforderlich. Durch Beschluss können geregelt werden: Benutzungsregelung für Abstellplatz bei zu geringer Anzahl;6 Aufstellen von Getränkeautomaten;7 Flurnutzung;8 Gartenarbeit (zweifelhaft);9 Haustüröffnung;10 schließende Kellerfenster;11 spielende Kinder;12 Lärmschutzmaßnahme;13 Ruhezeiten;14 Wäsche trocknen;15 Waschküchen1 BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, MDR 2007, 326 = MietRB 2007, 68 = ZMR 2007, 284. 2 Vgl. auch BayObLG v. 25.10.2001 – 2Z BR 81/01, MDR 2002, 212 = NJW-RR 2002, 226; Wenzel, ZWE 2000, 2 (5); Wenzel, ZWE 2001, 226 (230); Buck, WE 1998, 367; Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128 (135). 3 Vgl. BGH v. 22.1.12004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NZM 2004, 227; Wenzel, ZWE 2000, 2 (5). 4 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = DWE 2007, 50. 5 OLG Köln v. 1.2.1993 – 2 Wx 2/93, NJW-RR 1993, 982. 6 BayObLG v. 21.1.1988 – BReg. 2Z 133/87, WE 1988, 143; BayObLG v. 17.11.1989 – 1b Z 27/88, WE 1991, 77; KG v. 2.7.1990 – 24 W 1434/90, WE 1990, 208. 7 BayObLG v. 30.5.1990 – BReg.2 Z 36/90, NJW-RR 1990, 1104. 8 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107. 9 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107; die Auffassung überzeugt jedoch nicht, da nicht zu erkennen ist, warum die Verpflichtung zur Übernahme des Winterdienstes unzulässig, die Verpflichtung zur Übernahme von umfangreicheren Gartenarbeiten jedoch zulässig sein soll. 10 KG v. 17.7.1985 – 24 W 1956/85, ZMR 1985, 345. 11 OLG Karlsruhe v. 21.4.1976 – 3 W 8/76, MDR 1976, 758; BayObLG v. 11.2.1982 – BReg.2 Z 44/81, MDR 1982, 501 = Rpfleger 1982, 218. 12 BayObLG v. 15.3.1982 – 2 Z 2/81, DWE 1982, 98, sofern keine unzumutbare Beschränkung. 13 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107. 14 OLG Braunschweig v. 24.7.1986 – 3 W 55/86, NJW-RR 1987, 845. 15 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

benutzung;1 als geklärt kann angesehen werden, dass Winterstreupflicht der Wohnungseigentümer eine Vereinbarung voraussetzt;2 bei bestehender Unzumutbarkeit (z.B. Senioren, Behinderte etc.) muss der Winterstreudienst auf jeden Fall delegierbar sein.3 Ist die Hausordnung in der Teilungserklärung enthalten, kann sie dennoch durch Beschluss abgeändert werden. Haustierhaltung. Ein völliges Verbot ist nur durch Vereinbarung zulässig.4 Ist ein generelles Verbot durch Vereinbarung ausgesprochen worden, kann es nicht durch einfachen Mehrheitsbeschluss aufgehoben werden.5 Nach h.M. soll allerdings ein generelles Verbot der Hundehaltung durch Beschluss möglich sein.6 Ein Tierhalterverbot muss zu seiner Wirksamkeit stets eine konkretisierte Regelung enthalten, die auch Ausnahmen (z.B. Blindenhund, Tier für verhaltensgestörte Kinder oder Menschen mit Behinderung) enthalten muss. Das Verbot von Tieren, die nicht als Haustiere angesehen werden, ist durch Beschluss nicht zu beanstanden.7 Allerdings kann das freie Herumlaufenlassen von Hunden und Katzen in der Anlage durch Beschluss verboten werden.8 Hauswart-/Hausmeisterwohnung. Durch Vereinbarung kann eine entsprechende Zweckbestimmung vorgenommen werden. Sodann ist die Nutzung nur zum Wohnen und ebenfalls nur für den Hausmeister möglich.9 Heizkörper. Es kann beschlossen werden, dass im Interesse gleichmäßiger Messung des Wärmeverbrauchs Heizkörper nicht entfernt werden dürfen.10 Hierzu dürfte sich auch durch die Entscheidung des BGH zum Sondereigentum11 an Heizkörpern nichts geändert haben. Hinweisschilder. Ein Namensschild gehört zum Kernbereich des Sondereigentums, wozu auch ein Werbeschild gehört. Der Ausspruch eines Verbots durch Beschluss ist nichtig. Allerdings können Einzelheiten der Anbringung von Hinweisschildern beschlossen werden.12 Kellerverteilung. Zuweisung der einzelnen Keller an die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung; eine Gebrauchsregelung i.S.v. § 15 Abs. 2 ist durch Beschluss möglich.13 Laubfegen. Ein Beschluss, der das Fegen von Laub nach einem festgelegten Plan regelt, ist nichtig.14













1 KG v. 7.1.1985 – 24 W 4631/84, ZMR 1985, 131; OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 414/99, NZM 2001, 1136. 2 Für Vereinbarung: BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421 = ZWE 2012, 268; OLG Hamm v. 31.8.1981 – 15 W 38/81, MDR 1982, 150 = NJW 1982, 1108; OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107; für Beschluss: OLG Stuttgart v. 19.5.1987 – 8 W 89/87, WEZ 1988, 41 = MDR 1987, 847. 3 Vgl. auch zum Schadensersatzanspruch BGH v. 27.11.1984 – VI ZR 49/83, MDR 1985, 311 = NJW 1985, 484; OLG Hamm v. 28.11.1986 – 9 U 263/81, NJW 1988, 496. 4 OLG Karlsruhe v. 25.2.1988 – 11 W 142/87, ZMR 1988, 184; OLG Düsseldorf v. 5.5.1997 – 3 Wx 459/96, ZMR 1998, 45. 5 LG Wuppertal v. 5.7.1977 – 6 T 7/77, MDR 1978, 318 = Rpfleger 1978, 23. 6 BayObLG v. 24.8.2000 – 2Z BR 58/00, NZM 2001, 105; v. 25.10.2001 – 2Z BR 81/01, MDR 2002, 212 f. = NJW-RR 2002, 226; OLG Düsseldorf v. 10.12.2004 – 3 Wx 311/04, NZM 2005, 345; a.A. einschränkend KG v. 8.4.1998 – 24 W 1012/97, MDR 1998, 1345 = NJW-RR 1998, 1385; OLG Saarbrücken v. 2.10.2006 – 5 W 154/06-51, MietRB 2007, 236 = NJW 2007, 779. 7 OLG Frankfurt v. 19.7.1990 – 20 W 149/90, NJW-RR 1990, 1430 für das Halten von Ratten und Schlangen; OLG Karlsruhe v. 29.12.2003 – 14 Wx 51/03, MietRB 2004, 236 = NJW-RR 2004, 951. 8 BayObLG v. 2.6.2004 – 2Z BR 99/04, NJW-RR 1994, 658; BayObLG v. 2.6.2004 – 2Z BR 99/04, NZM 2004, 792; KG v. 22.7.2002 – 24 W 65/02, MDR 2003, 150 = NZM 2002, 868. 9 OLG Schleswig v. 3.9.2004 – 2 W 90/03, MietRB 2005, 261 (292) = NZM 2005, 669; vgl. zur „Verwalterwohnung“ BayObLG v. 29.3.2000 – 2Z BR 3/00, NJW-RR 2000, 1252. 10 BayObLG v. 20.3.1985 – 2Z 141/85, DWE 1985, 61. 11 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = NJW 2011, 2958 = ZMR 2011, 971. 12 OLG Oldenburg v. 21.7.1977 – 5 Wx 9/77, ZMR 1978, 245. 13 Vgl. auch KG v. 13.11.1989 – 24 W 4201/89, NJW-RR 1990, 155; KG v. 22.5.1991 – 24 W 401/91, NJW-RR 1991, 1117. 14 OLG Düsseldorf v. 23.6.2008 – I-3 Wx 77/08, MDR 2009, 197.

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Allgemeine Grundsätze



Leistungspflichten. Nach § 16 Abs. 2 ist der Wohnungseigentümer zur anteiligen Kostentragung verpflichtet. Weitergehende Leistungspflichten kennt das Gesetz nicht, so dass auch per Mehrheitsbeschluss keine Beseitigungsansprüche begründet werden können.1



Müllschlucker. Die Stilllegung wird wenig überzeugend als nichtiger Gebrauchsentzug gewertet.2 Richtiger ist die Annahme einer baulichen Veränderung, die auch beschlossen werden könnte, oder eine Maßnahme der Instandsetzung, wenn die Instandsetzung des Müllschluckers wirtschaftlich unvernünftig ist oder behördlich angeordnet wurde.



Musizieren. Beschränkung durch Beschluss ist zulässig, um störungsfreies Zusammenleben zu gewährleisten.3 Siehe zu den einzelnen Regelungsinhalten § 15 Rz. 101.



Parkfläche. Verbot des Abstellens eines Wohnmobils auf Parkfläche für Pkw greift in den Kernbereich des Sondereigentums/Sondernutzungsrechts ein und kann weder beschlossen noch vereinbart werden.4 Die Verwendung einer Grünfläche als Parkplatz kann nur vereinbart werden.5



Rauchwarnmelder. Die Wohnungseigentümer können den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen jedenfalls dann beschließen, wenn das Landesrecht eine entsprechende Verpflichtung enthält.6



Sanktionen, Strafen. Zur Ahndung gemeinschaftswidrigen Verhaltens können Sanktionen vereinbart werden. Nach § 21 Abs. 7 können allerdings Verzugsfolgen wegen Nichtzahlung von Wohngeldbeträgen beschlossen werden.



Sondernutzungsrecht. Die Einräumung von Sondernutzungsrechten kann nur durch Vereinbarung erfolgen.7 Ebenso zulässig sind Zuweisungsvorbehalte per Vereinbarung.8



Spielplatz. Spielgeräte können auf der Grünfläche des Gemeinschaftseigentums, soweit bauordnungsrechtlich zulässig, im Rahmen von § 15 Abs. 2 beschlossen werden.



Stimmrecht. Die Entziehung des Stimmrechts wegen Zahlungsverzugs kann nicht wirksam beschlossen werden.9



Tätige Mithilfe. Der Beschluss, der einen Wohnungseigentümer zur tätigen Mithilfe und insb. zum Austausch eines Heizkörpers auf eigene Kosten verpflichtet, kann nichtig sein10 (s. auch oben Leistungspflichten und Hausordnung); der Wohnungseigentümer ist, wie § 16 Abs. 2 WEG verdeutlicht, zur anteiligen Kostentragung aber nicht zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet.11



Umzugspauschale. Bis zur WEG-Novelle konnte eine Umzugspauschale als eine Art Vertragsstrafe nur vereinbart werden.12 § 21 Abs. 7 lässt nun einen Mehr1 BGH v. 8.7.2010 – V ZB 153/09, MDR 2010, 1286 = MietRB 2010, 327 = ZWE 2010, 360. 2 OLG Frankfurt v. 30.8.2004 – 20 W 440/01, NZM 2004, 910; kritisch Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 142. 3 OLG Hamm v. 7.11.1985 – 15 W 181/85, MDR 1986, 501 = NJW-RR 1986, 500; BayObLG v. 28.3. 1985 – BReg.2 Z 8/85, MDR 1985, 676 = NJW 1985, 2138. 4 A.A. BayObLG v. 9.8.1984 – 2Z 77/83, DWE 1985, 56. 5 BayObLG v. 2.6.1981 – BReg. 2Z 46/80, DWE 1982, 66; BayObLG v. 14.1.2002 – 2Z BR 107/22, ZWE 2003, 185. 6 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = ZWE 2013, 358. 7 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, NJW 2000, 3500 = MDR 2000, 1367. 8 OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 164/11, ZWE 2012, 488. 9 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = ZWE 2011, 122 = ZMR 2011, 397. 10 KG v. 9.6.2009 – 24 W 357/08, MietRB 2010, 204. 11 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801 = ZMR 2010, 777; BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421 = ZWE 2012, 268. 12 Siehe hierzu Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 238.

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heitsbeschluss zu.1 Allerdings kann die Angemessenheit richterlich kontrolliert werden.



Veräußerung von Grundstücksteilen. Die Willensbildung, ob Grundstückteile an einen Nachbarn veräußert werden sollen, ist keinem Mehrheitsbeschluss zugänglich. Auch eine wohnungseigentumsrechtliche Vereinbarung ist nicht genügend.2



Vermietung. Eine Vereinbarung, die eine Vermietungspflicht bei einem gewerblichen Objekt vorsieht, ist zulässig.3 Ebenso ist es zulässig, die Befugnis zur Vermietung von der Zustimmung des Verwalters durch Vereinbarung abhängig zu machen, sofern hierfür ein sachlicher Grund besteht.4 Allerdings sind diskriminierende Vereinbarungen unwirksam, z.B. einschränkende Vermietbarkeit an Ausländer, Alleinstehende mit Kindern, Homosexuelle etc. Dies folgt aus § 138 BGB, Art. 3 Abs. 3, 6 GG und § 19 AGG.



Versammlungsorganisation. Die Einberufung einer Eventualversammlung am gleichen Abend bei bestehender Beschlussunfähigkeit der ersten Versammlung ist als Vereinbarung zulässig,5 als Beschluss nichtig.6



Versicherungspflicht. Es kann vereinbart werden, dass die Wohnungseigentümer verpflichtet sind, auch ihr Sondereigentum zu versichern, um insb. Erleichterungen im Rahmen des § 22 Abs. 4 zu schaffen.7



Vollmachtserteilung. Der Kreis der Personen, die für eine Eigentümerversammlung bevollmächtigt werden können, kann durch Vereinbarung eingeschränkt werden (vgl. § 25 Rz. 57 ff.).



Vorkaufsrecht. Zu Gunsten der Wohnungseigentümer kann ein Vorkaufsrecht vereinbart werden. Das kann allerdings nicht zum Inhalt des Sondereigentums i.S.v. § 10 Abs. 3 und § 5 Abs. 4 gemacht werden.8 Die Belastung mit einem Vorkaufsrecht muss aber den Anwendungsfall eindeutig regeln.



Waschmaschine/Wäsche trocknen. Ein Mehrheitsbeschluss, der den Betrieb einer Waschmaschine und das Trocknen in der Wohnung untersagt, ist nichtig.9



Wohngeldrückstände. Haftung für Rückstände des Voreigentümers kann vereinbart werden, ausgenommen Erwerb in der Zwangsversteigerung (vgl. § 16 Rz. 184 ff.). V. Wirkung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer 51

Neben den Vereinbarungen regelt § 10 in seinen Abs. 4 und 5 auch die Wirkung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer. 1. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolger, Abs. 4

52

Bis zur WEG-Novelle wurde im Interesse der Rechtssicherheit teilweise gefordert, dass auch gesetzes- oder vereinbarungsändernde Beschlüsse, die aufgrund einer Öffnungsklausel getroffen werden, der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, um gegen Rechtsnachfolger zu wirken. Sie wurden als Mehrheitsvereinbarungen bezeichnet (s.o. Rz. 25).10 Abs. 4 Satz 2 hat seit der Novelle den Erwerberschutz weiter eingeschränkt. Dabei blieb es zunächst bei dem Grundsatz, dass Beschlüsse gem. § 23 zu ihrer Wirksamkeit gegenüber einem Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers 1 BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = ZMR 2011, 141, sofern der Gleichheitsgrundsatz eingehalten wird; LG Berlin v. 12.6.2009 – 85 S 45/08 WEG, ZMR 2011, 225; AG Hannover v. 25.11.2009 – 483 C 9799/09, ZMR 2010, 483. 2 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = MietRB 2013, 208 = NZM 2013, 514 = ZMR 2013, 730. 3 BayObLG v. 10.3.1994 – 2Z BR 143/93, WuM 1994, 570. 4 BayObLG v. 14.9.1987 – 2Z 38/87, WE 1988, 73. 5 BayObLG v. 18.2.1998 – 2Z BR 134/97, WE 1991, 49; BayObLG v. 18.2.1998 – 2Z BR 134/97, NZM 1998, 334. 6 LG Mönchengladbach v. 28.11.2002 – 2 T 102/00, ZMR 2003, 245. 7 Vgl. hierzu Bärmann/Pick, § 21 WEG Rz. 48. 8 Lüke in Weitnauer, § 10 WEG Rz. 38; a.A. Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 92. 9 OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 414/99, NZM 2001, 1136. 10 So Hügel, DNotZ 2001, 176, 191; Schneider, ZfIR 2002, 108; Ott, ZWE 2001, 469; a.A. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771.

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Allgemeine Grundsätze

keiner Eintragung im Grundbuch bedürfen. Satz 2 stellt aber ergänzend klar, dass dies auch für Beschlüsse gilt, welche aufgrund einer Öffnungsklausel getroffen wurden. Der Erwerber kann bereits allein aus der Existenz einer Öffnungsklausel den Umfang möglicher Beschlüsse ersehen und sich entsprechend informieren. Unterlässt er dies, bringt er damit zum Ausdruck, dass er auf eine entsprechende Information keinen Wert legt. Zudem dient die Beschluss-Sammlung des Verwalters dem Informationsinteresse (vgl. § 24 Rz. 162 ff.). Dementsprechend bestimmt § 24 Abs. 6 Satz 3, dass jeder Wohnungseigentümer berechtigt ist, die Niederschriften einzusehen. Auch ein Erwerber kann sich daher von dem Veräußerer, dem ein entsprechendes Einsichtsrecht zusteht, den Inhalt vor Abschluss des Kaufvertrages mitteilen lassen. Durch diese Regelung sollte weiter auch eine Überlastung der Grundbuchämter und damit deren Funktionsunfähigkeit vermieden werden. Zudem führen weitere Eintragungen zu einer größeren Unübersichtlichkeit des Grundbuches und bedingen damit eine Verringerung des Informationsgehalts.1 Da Beschlüsse nicht eingetragen werden müssen, sind sie grundsätzlich auch dann nicht eintragungsfähig, wenn sie auf Grund einer Öffnungsklausel vereinbarungsändernd sind.2 Ebenso wie Beschlüsse bedürfen auch gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gem. § 43 zu ihrer Wirksamkeit gegenüber einem Sondernachfolger nicht der Eintragung in das Grundbuch, wohl aber gerichtliche Vergleiche.3 Dies führt im Einzelfall zu kaum nachvollziehbaren Ergebnissen. So können die Wohnungseigentümer eine unklare Regelung der Gemeinschaftsordnung nur dann durch gerichtlichen Vergleich mit Wirkung für die Sondernachfolger bereinigen, wenn der Inhalt des Vergleichs anschließend zum Grundbuch gereicht wird. Eine solche Eintragung ist hingegen nicht erforderlich, wenn eine Feststellungsklage erhoben wird und die beklagten Wohnungseigentümer, die die Klage ebenfalls wünschten (sog. Stellvertreter-Klage), diese anerkennen.

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2. Mehrheitsprinzip, Abs. 5 Gegenüber § 745 BGB stellt Abs. 5 klar, dass der Mehrheitswille kraft Gesetzes die Minderheit mit vertritt, was auch bei Verfügungen gilt. Das Gesetz geht von einer Gesamtwirkung aus. Bestand und Kontinuität gültiger Beschlüsse und ihrer Vollzugshandlungen sollen auch gegenüber Rechtsnachfolgern der Wohnungseigentümer im Umfang der Beschlusskompetenz gesichert werden. Das Mehrheitsprinzip soll im Wohnungseigentumsrecht eine effektive Organisation sicherstellen. Im Vordergrund soll nicht die demokratische Willensbildung innerhalb der Eigentümergemeinschaft stehen.4 Da, wo die Beschlüsse die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie betreffen, sind der Mehrheitsmacht Grenzen gesetzt.5 Ebenso ist es zulässig, ein Einstimmigkeitsprinzip zu vereinbaren und damit Mehrheitsbeschlüsse auszuschließen.6

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Abs. 5 ordnet die Geltung der Stimmenmehrheit an. Das bedeutet, dass stets zu prüfen ist, ob die abgegebenen „Ja-Stimmen“ die abgegebenen „Nein-Stimmen“ nach Köpfen überwiegen.7 Enthaltungen werden nicht mitgezählt. Anstelle des Kopfprinzips können die Wohnungseigentümer auch das Wertprinzip,8 also z.B. ein Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen (vgl. hierzu auch § 25 Rz. 11), oder das Objektprinzip (nach der Anzahl der Wohnungen) wählen. Während das WEG früher grundsätzlich von dem

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1 BT-Drucks. 16/887, 19. 2 BT-Drucks. 16/887, 19; BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, BGHZ 127, 99 = MDR 1995, 792; BayObLG v. 4.11.1993 – 2Z BR 89/93, NJW 1995, 202; Bassenge in Palandt, BGB, § 10 WEG Rz. 22; a.A. Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 64, wonach § 10 Abs. 4 Satz 2 WEG Regelungen mit Vereinbarungsinhalt nicht erfasse. 3 Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 337; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 194; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 34; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 72; einschränkend OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZMR 2001, 734. 4 So Graßhof, ZWE 2003, 37. 5 Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 19. 6 OLG Hamm v. 19.8.2008 – I-15 Wx 89/08, NZM 2009, 163 = ZMR 2009, 219. 7 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 (183) = MDR 1989, 435. 8 OLG Zweibrücken v. 10.7.1989 – 3 W 72/89, Rpfleger 1989, 453; BayObLG v. 18.9.1979 – BReg.2 Z 73/78, MDR 1980, 142; OLG Hamm ZMR 1976, 310.

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einfachen Mehrheitsbeschluss ausging, führt es in einzelnen Vorschriften durch die WEG-Novelle erhöhte Anforderungen für einen Beschluss ein. Für positive Beschlüsse nach §§ 16 Abs. 4 Satz 2, 22 Abs. 2 Satz 1 bedarf es einer sog. doppelten Mehrheit. Um sicherzustellen, dass entsprechende Beschlüsse tatsächlich der überwiegenden Mehrheit entsprechen, bedarf es zunächst einer qualifizierten Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer. Maßgeblich ist insoweit das Kopfprinzip, was durch den Verweis auf die gesetzliche Regelung des § 25 Abs. 2 klargestellt wird. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm ist diese Regelung auch nicht abdingbar.1 Daneben bedarf es aber auch der Zustimmung von mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Hierdurch wird ausgeschlossen, dass der Wohnungseigentümer, dem eine Vielzahl von Wohnungen innerhalb der Gemeinschaft zusteht, überstimmt wird. 55a

Weitere qualifizierte Mehrheiten verlangen §§ 18 Abs. 3 und 22 Abs. 1 WEG. Bei baulichen Veränderungen kommt das besondere Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung hinzu. Alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer müssen zustimmen, was im Zweifel zu einer Allzustimmungspflicht führt. VI. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 1. Überblick

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Der BGH hatte mit der Entscheidung vom 2.6.20052 die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ausgesprochen und damit die Fähigkeit betont, Rechte zu erwerben und Pflichten einzugehen. Dem hat sich der Gesetzgeber angeschlossen und die Rechtsfähigkeit in Abs. 6 normiert. Im Gegensatz zu „den Wohnungseigentümern“ spricht der Gesetzgeber von „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ und meint damit die teilrechtsfähige Einheit. Die WEG-Novelle bezweckte mit dieser und anderen Vorschriften zur Eigentümergemeinschaft (z.B. §§ 11 Abs. 3, 18 Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 1) dreierlei. Zum einen wurde durch Einführung des Abs. 6 die Diskussion über die Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft endgültig beendet. Weiter wurde das Verhältnis von Wohnungseigentümern, Miteigentümergemeinschaft und Verband normiert. Zuletzt wurde das Außenverhältnis des Verbandes zu Dritten und das Haftungssystem einschließlich (Nicht-)Insolvenz der Eigentümergemeinschaft gesetzlich geregelt.3

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Während der Gesetzgeber die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft in Abs. 6 übernommen und die Grundsätze geregelt hat, definiert er in Abs. 7 das Verwaltungsvermögen und ordnet es dem Verband zu. Die Haftungsregeln finden sich dann in Abs. 8.

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Bis zur Entscheidung des BGH v. 2.6.20054 wurde angenommen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht personifiziert, demnach keine von den Wohnungseigentümern verschiedene Rechtsperson und damit nicht rechtsfähig sei. Träger von Rechten und Pflichten sollte nicht die Gemeinschaft, sondern die Wohnungseigentümer sein. Wurden Verträge für die „Gemeinschaft“ abgeschlossen, erfolgte dies mit Wirkung für und gegen sämtliche Wohnungseigentümer, welche sodann Vertragspartei wurden. Jeder Wohnungseigentümer haftete dann persönlich und gesamtschuldnerisch für die vertraglichen Verpflichtungen.

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Der BGH stellte dann diese Auffassung auf den Kopf und ordnete der Wohnungseigentümergemeinschaft eigene Rechte und Pflichten zu. Darüber hinaus stellte der BGH fest, dass der Verwalter das Organ des rechtsfähigen Verbands ist und die Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht im Außenverhältnis haften. Allerdings könne sich eine Haftung der Wohnungseigentümer ausnahmsweise dann ergeben, wenn sie es unterließen, den Verband mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten. Wenn sie also ihre Treuepflicht verletzten, würden sie sich gegenüber dem rechtsfähigen 1 So wohl auch Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 8 Rz. 76. 2 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061. 3 BT-Drucks. 16/887, 56 f. 4 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061.

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Verband nach den §§ 280, 281, 826 BGB schadensersatzpflichtig machen. Ein Gläubiger des Verbands könne diese Ansprüche pfänden. Während die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Gesetzgeber manifestiert wurde, hat er die Haftungsregeln vollkommen i.S. einer teilschuldnerischen Haftung verändert.

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2. Umfang der Rechtsfähigkeit a) Teilrechtsfähigkeit Die Gemeinschaft ist allerdings nicht umfassend Träger der Rechte und Pflichten. Nur im Rahmen der „gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums“ hat sie eine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie stellt einen Verband sui generis dar.1 Dies umfasst die in §§ 20 ff. genannten Gegenstände. Darüber hinaus ist die gesamte Geschäftsführung in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum betroffen.

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Das Gemeinschaftseigentum selbst steht nicht im Vermögen der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft. Durch die Trennung von Verbandsvermögen und Gemeinschaftseigentum (sog. Trennungstheorie)2 entstehen zwei Rechtskreise, die zwar Zuordnungsprobleme verursachen können, dogmatisch aber überzeugender als die sog. Einheitstheorie3 sind. Die das Gemeinschaftseigentum verkörpernde Bruchteilsgemeinschaft ist im Gegensatz zum Verband nicht rechtsfähig.

61a

Die sich aus dieser Vermögenstrennung ergebenden Abgrenzungsschwierigkeiten4 können in der Praxis aber vernachlässigt werden, da Abs. 6 dem Verband die gesamte Verwaltung und alle gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten überträgt. Die Ausübungsbefugnis, d.h. die Befugnis zur Wahrnehmung von Rechten und Pflichten, steht nicht mehr den Wohnungseigentümern in ihrer Gesamtheit zu, sondern ausschließlich der Gemeinschaft. Der Verwalter handelt insoweit nicht länger als Vertreter der Eigentümer, sondern als Organ des Verbands (s. auch § 20 Rz. 5 ff.).

61b

b) Art der Teilnahme am Rechtsverkehr Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Rahmen der Verwaltung Verbraucher i.S.d. § 13 BGB.5 Sie übt weder ein Gewerbe noch eine sonstige unternehmerische Tätigkeit aus.6 Das ist auch dann keiner anderen Beurteilung zu unterziehen, wenn nur Unternehmer an der Eigentümergemeinschaft beteiligt sind, da das Vermieten von Wohnungs- oder Teileigentum i.d.R. nur bloße Vermögensverwaltung ist.7 Schon aus Rechtssicherheitsgründen kann es für die Verbrauchereigenschaft nicht auf die Rechtsform der einzelnen Mitglieder ankommen. Maßgebend ist nicht ihre Rechtsstellung, sondern das Handeln des Verbands nach außen. Der Verband handelt i.d.R. nicht gewerblich, sondern nur zur Bewirtschaftung des „eigenen“ Objekts.

61c

Für das Innenverhältnis zwischen Verband und einzelnem Wohnungseigentümer nimmt die Finanzverwaltung allerdings eine Unternehmereigenschaft an,8 obschon

61d

1 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 202. 2 Die Trennungstheorie ebenso vertretend Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 369 ff.; Hügel, DNotZ 2005, 753; Abramenko, ZMR 2006, 409. 3 S. hierzu Armbrüster, ZWE 2006, 470; Wenzel, NZM 2006, 321; Reymann, ZWE 2009, 232. 4 Vgl. hierzu Hügel, DNotZ 2005, 753 (757); Jennißen, NZM 2006, 203 (204). 5 Aufgabe der gegenteiligen Auffassung in 1. Aufl.; so auch AG Düsseldorf v. 11.9.2007 – 290 II 71/07 WEG, MietRB 2008, 113 = ZMR 2008, 668; LG Nürnberg-Fürth v. 23.6.2008 – 14 T 1462/08, ZMR 2008, 831; Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 432; a.A. LG Rostock v. 16.2.2007 – 4 O 322/06, NZM 2007, 370. 6 LG Nürnberg-Fürth v. 23.6.2008 – 14 T 1462/08, ZMR 2008, 831. 7 Offenlassend OLG München v. 25.9.2008 – 32 Wx 118/08, MietRB 2009, 12 = NJW 2008, 3574 = ZMR 2009, 137 = NZM 2008, 894; a.A. Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 432c, der keine Besserstellung des Unternehmers annehmen will, nur weil er mit anderen Unternehmern in einer Eigentümergemeinschaft zusammengeschlossen ist. 8 R 87 Abs. 3 S. 3 UStR 2005.

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Allgemeine Grundsätze

der Verband keine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausübt.1 Nur unter Annahme der Unternehmereigenschaft kann der vermietende Teileigentümer vom Verband der Wohnungseigentümer den Umsatzsteuerausweis (Vorsteuer) verlangen (s.u. Rz. 90 f.). c) Untergemeinschaften 61e

Die Teilrechtsfähigkeit ist hinsichtlich der Verwaltung des eigenen Vermögens in Abs. 6 Satz 1 verankert. Allerdings sind die einzelnen Häuser einer Mehrhausanlage nicht selbst rechtsfähig.2 Solche rechtsfähigen Untergemeinschaften sind abzulehnen, da es diesen bereits an einer eigenen Satzung, d.h. einer eigenen Gemeinschaftsordnung, fehlt. Zudem wäre vollkommen unklar, wie eine solche eigenständige Untergemeinschaft handeln sollte. Sie verfügt jedenfalls über keinerlei Organ. Als solches kann auch nicht der Verwalter angesehen werden, da dieser Organ der Gesamtgemeinschaft ist.3 Selbst wenn die Gemeinschaftsordnung es zulässt, dass nur die Wohnungseigentümer eines einzelnen Hauses einer Mehrhausanlage über Instandsetzungsmaßnahmen zu befinden haben, ist der anschließende Auftrag im Außenverhältnis im Namen der Gesamtgemeinschaft zu erteilen. Damit haften auch alle Wohnungseigentümer grundsätzlich hierfür teilschuldnerisch. Wenn die teilschuldnerische Haftung nur auf die Wohnungseigentümer des betreffenden Hauses der Mehrhausanlage beschränkt werden soll, muss dies mit dem Auftragnehmer ausdrücklich vereinbart werden. Ist eine solche Haftungsbeschränkung auf die Wohnungseigentümer der Untergemeinschaft nicht möglich, bleibt es nur dann bei der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer des einzelnen Hauses, wenn die notwendigen Finanzmittel für die geplante Maßnahme vorhanden sind. Es darf somit kein Haftungsrisiko für die übrigen Wohnungseigentümer entstehen. Ist dies tatsächlich der Fall, haben die übrigen Wohnungseigentümer auch entgegen anders lautender Regelung in der Gemeinschaftsordnung ein Stimmrecht, da der Grundsatz gilt, dass Haftung und Stimmrecht immer zusammenfallen.4

61f

Sind gem. Gemeinschaftsordnung die Miteigentümer der einzelnen Häuser jeweils instandhaltungs- und instandsetzungsverpflichtet, kann je Haus eine separate Instandhaltungsrücklage gebildet werden, die Vermögen des rechtsfähigen Verbands insgesamt wird.5 Die Rücklage der Untergemeinschaft unterliegt lediglich einer eingeschränkten Zweckbindung.

61g

Nur die Gesamtgemeinschaft kann Träger von Rechten und Pflichten sein. Daraus folgt, dass nur ihr das Vermögen der Gemeinschaft zugeordnet werden kann, selbst wenn die Gemeinschaftsordnung eine „selbständige Verwaltung“ der Untergemeinschaft vorsieht. Es kann auch deshalb immer nur eine Jahresabrechnung geben, da diese u.a. die Vermögensdarstellung des Verbandes und den Rechenschaftsbericht des Verwalters enthält6 (s. u. § 28 Rz. 96b). Zudem kann die Gemeinschaft stets nur einen Verwalter haben (s. u. § 26 Rz. 1b). Die „selbständige Verwaltung“ der Untergemeinschaft hat daher im Wesentlichen nur Auswirkung auf die Stimmrechte in der Eigentümerversammlung.

1 BFH v. 28.11.2002 – V R 18/01, BStBl. II 2003, 443. 2 Allg. Meinung: OLG Koblenz v. 18.10.2010 – 5 U 934/10, IMR 2011, 25 = ZMR 2011, 225; OLG Düsseldorf v. 6.1.2010 – I-21 U 104/09, ZWE 2010, 336; LG Düsseldorf v. 22.10.2009 – 19 S 40/09, MietRB 2010, 205 = IMR 2010, 196; Jennißen, NZM 2006, 203; Wenzel, NZM 2006, 321 (324); Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 26 u. 204; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 81; Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 37; Sauren, § 10 WEG Rz. 7; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 4 Rz. 10; Häublein, ZWE 2010, 156. 3 Jennißen, NZM 2006, 203 (206). 4 Vgl. hierzu auch Jennißen, NZM 2006, 203; a.A. Wenzel, NZM 2006, 321; Häublein, ZWE 2010, 149, 154. 5 S. hierzu AG Aachen v. 24.3.2010 – 118 C 1/10, ZWE 2010, 285. 6 Insoweit nicht überzeugend BGH v. 20.7.2012 – V ZR 231/11, MietRB 2012, 324 = ZWE 2012, 494 mit kritischer Anm. Rüscher.

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Allgemeine Grundsätze d) Beginn der Rechtsfähigkeit

Schon die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft ist rechtsfähig.1 Sie kann Rechtsstreite führen und Vermögen besitzen (s. zur werdenden Eigentümergemeinschaft auch u. Rz. 96 ff.). Die Abs. 6 bis 8 gelten entsprechend, d.h., die Eigentümergemeinschaft entsteht im Vorfeld mit sämtlichen Pflichten und Rechten, soweit sie gem. § 10 Abs. 6 und 7 möglich sind.

62

Mit Eigentumsumschreibung auf den ersten Erwerber entsteht dann die „echte“ Wohnungseigentümergemeinschaft. Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, auf die die §§ 10 bis 29, 43 ff. entsprechend anzuwenden sind, geht in diese auf. Soweit angenommen wird, die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bliebe (daneben) bestehen,2 ist dies missverständlich, da keine zwei Verbände mit doppelter Mitgliedschaft nebeneinander treten.

62a

3. Wahrnehmung von Rechten und Pflichten Abs. 6 begründet das Recht und die Pflicht des rechtsfähigen Verbands, die gemeinschaftsbezogenen Angelegenheiten wahrzunehmen.3 Die Vorschrift will die Ausübung der Verwaltungsangelegenheiten vereinfachen.4 Es handelt sich um eine Ausübungsbefugnis des Verbandes hinsichtlich gemeinschaftsbezogener Angelegenheiten. Auf Verpflichtungsseite zählen dazu nur solche Angelegenheiten, die von allen Wohnungseigentümern zu erfüllen sind. Es reicht nicht, wenn die Verpflichtung nur einzelne Wohnungseigentümer trifft.5 Die Gemeinschaftsbezogenheit der Rechte erfasst solche, die nur gemeinsam geltend gemacht werden dürfen, um Dritte (Schuldner) nicht zu benachteiligen oder deren Interessenlage eine einheitliche und gemeinschaftliche Vorgehensweise erfordert.

62b

Der BGH6 differenziert zwischen geborenen und gekorenen Verbandsrechten. Die geborenen Rechte und Pflichten sollen ohne weiteres schon beim Verband liegen, während die gekorenen erst durch Beschluss der Wohnungseigentümer dem Verband angetragen werden. Bei der geborenen Ausübungsbefugnis handelt es sich um originäre die Zuständigkeit der rechtsfähigen Gemeinschaft begründende Angelegenheiten. Demgegenüber setzt eine gekorene Ausübungsbefugnis voraus, dass nach der Interessenlage aller Wohnungseigentümer ein gemeinschaftliches Vorgehen durch den Verband erforderlich ist.7 Die „Vergemeinschaftung“ entsteht bei den geborenen nicht erst durch Beschluss der Wohnungseigentümer, sondern ist schon von Gesetzes wegen gegeben.8 Dennoch bedarf es eines Beschlusses, um Rechte geltend machen zu können. Dieser Beschluss begründet nur die Vertretungsmacht des Verwalters verbunden mit der Ermessensausübung der Wohnungseigentümer, welches Recht wie ausgeübt werden soll. Da es somit auch bei den geborenen Rechten und Pflichten eines Ermächtigungsbeschlusses für den Verwalter bedarf, hier für den Verband tätig werden zu dürfen, bleibt die Differenzierung ohne praktische Auswirkungen.9

62c

Zur Ausübung der gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten zählen vor allem die Durchführung der Beschlüsse und die entsprechende Auftragserteilung im Au-

62d

1 So auch Reymann, ZWE 2009, 233; Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 4 Rz. 35. 2 OLG Köln v. 30.11.2005 – 16 Wx 193/05, NZM 2006, 301; LG Ellwangen v. 10.1.1996 – 5 T 54/95, NJW-RR 1996, 973; a.A. noch OLG Köln v. 28.1.1999 – 16 Wx 3/99, NZM 1999, 765. 3 So im Ergebnis auch OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = ZWE 2011, 37. 4 So auch Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 468. 5 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = NZM 2013, 512 = ZMR 2013, 642 für die Verpflichtung Rauchwarnmelder einzubauen. 6 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, MDR 2011, 350 = ZWE 2011, 123; zurückgehend auf Wenzel, ZWE 2006, 467. 7 Suilmann, ZWE 2013, 302, 303. 8 So auch Schmid, NJW 2010, 934; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 67; Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 419; Wenzel, NZM 2008, 74; Becker, MietRB 2007, 180. 9 So auch Spielbauer in Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 43.

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ßenverhältnis. Da der Verband durch den Verwalter als sein Organ handelt, fällt eine Schadensersatzverpflichtung wegen Untätigkeit letztlich immer auf den Verwalter zurück.1 Werden die notwendigen Beschlüsse erst gar nicht gefasst, haftet wiederum nicht der Verband für die nicht durchgeführte Instandsetzung, sondern allenfalls die übrigen Wohnungseigentümer, weil diese nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 zur ordnungsgemäßen Instandsetzung verpflichtet sind,2 was aber voraussetzt, dass der von der unterlassenen Instandsetzung betroffene Wohnungseigentümer die notwendigen Beschlüsse einfordert oder einen Negativbeschluss anficht (s.u. Rz. 65a).3 62e

Von der Ausübungsbefugnis zu trennen sind die eigenen Vermögensangelegenheiten des Verbandes, die originäre Verbandsansprüche darstellen.4 Geborene Ausübungsrechte sollen hingegen Schadensersatzansprüche gegen Dritte sein. Aber auch diese können durch den Verwalter nur nach entsprechender Beschlussfassung geltend gemacht werden, weil sonst die Vertretungsmacht fehlt.

62f

Eine Verfügungsbefugnis über Gemeinschaftseigentum können die Wohnungseigentümer nicht durch Beschluss auf den Verband übertragen.5 Das Gemeinschaftseigentum ist echtes Eigentum der Wohnungseigentümer, dessen Verfügungsmacht nur durch Vereinbarung einer anderen Person zugeordnet werden kann. Anders verhält es sich mit schuldrechtlichen Beziehungen im Außenverhältnis zweier Eigentümergemeinschaften, für die stets der Verband zuständig ist.6

62g

Durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer, die Verfolgung gemeinschaftsbezogener Ansprüche dem Verband zu übertragen, entfällt das Recht des Einzelnen, Individualansprüche (z.B. auf Beseitigung einer nicht genehmigten baulichen Veränderung) geltend zu machen.7 Ist die Klage des Einzelnen allerdings schon rechtshängig, so kann er das Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 265, 326 ZPO fortsetzen.8 Individualansprüche können aber nicht gegen den Willen des betroffenen Wohnungseigentümers okkupiert werden, sofern die Ausübungsbefugnis nicht ausnahmsweise die Individualansprüche überlagert. Insb. darf das Zustimmungsrecht nach § 22 Abs. 1 nicht unterlaufen werden.9

62h

Der Beschluss, mit dem der Verband die Rechte an sich zieht, muss so abgefasst werden, dass unzweifelhaft erkennbar wird, dass der Verband die Rechtsausübung übernimmt. Die Worte „an sich ziehen“ müssen nicht verwandt werden. Andererseits genügt ein Wortlaut des Beschlusses nicht, Fristen setzen und Ersatzvornahme verfolgen zu wollen.10

62i

Auch für Zweiergemeinschaften bestehen keine Besonderheiten. Gleichfalls kann ein Wohnungseigentümer keine Rechte des Verbands ohne Beschluss der Eigentümerversammlung geltend machen.11

62j

Ansprüche, die dem Verband zugeordnet sind, können im Wege gewillkürter Prozessstandschaft von dem einzelnen Wohnungseigentümer nur nach einem entspre1 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, NZM 2012, 685 = ZWE 2012, 431, der unverständlicherweise auch eine Haftung des Verbandes für möglich hält. 2 AG Oberhausen v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZWE 2013, 464. 3 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NZM 2012, 685 = ZWE 2012, 431. 4 So auch Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 454. 5 OLG München v. 22.1.2010 – 34 Wx 125/09, MietRB 2010, 142 = NJW 2010, 1467. 6 BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = DWE 2013, 161 für die Verbandszuständigkeit beim Anschlusszwang an gemeinsame Versorgungseinrichtungen. 7 OLG Hamm v. 5.11.2009 – I-15 Wx 15/09, MietRB 2010, 79 = ZMR 2010, 389; LG Hamburg v. 2.5.2012 – 318 S 79/11, ZMR 2013, 25; LG Köln v. 14.3.2013 – 29 S 181/12, ZWE 2014, 94; Wenzel, NZM 2008, 74; Jennißen, NJW 2008, 2004; a.A. OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = NZM 2008, 87; OLG Hamburg v. 24.10.2008 – 2 Wx 115/08, MietRB 2009, 328 = ZMR 2009, 306. 8 OLG Hamm v. 5.11.2009 – I-15 Wx 15/09, MietRB 2010, 79 = ZMR 2010, 389. 9 AG Reutlingen v. 22.3.2013 – 9 C 1614/12, ZMR 2013, 579. 10 OLG München v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZMR 2013, 53. 11 LG Hamburg v. 3.2.2010 – 318 S 84/08, ZMR 2010, 552.

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chenden Ermächtigungsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung geltend gemacht werden.1 4. Die Rechte und Pflichten im Einzelnen Durch die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft steht dieser selbst eine Vielzahl von Rechten zu. Die Zuordnung dieser Rechte und Pflichten hängt letztlich davon ab, wem der jeweilige Vermögensgegenstand zuzuordnen ist.

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a) Wohngeldforderungen Das Geldvermögen ist Verbandsvermögen (s.u. Rz. 92). Alle Wohngeldforderungen stehen daher ebenfalls dem Verband zu (s. zur Beitreibung rückständiger Wohngeldbeträge § 28 Rz. 81 und 92). Ist der Verband nicht in der Lage, die hiermit verbundenen Prozesskosten zu tragen, kann er Prozesskostenhilfe beantragen2 (s.a. u. Rz. 79c).

63a

b) Vermietung von Gemeinschaftseigentum Gemeinschaftseigentum fällt in das Vermögen der Wohnungseigentümer. Rechte zu Gunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen hingegen zunächst nicht. Beabsichtigen die Wohnungseigentümer von ihnen nicht genutzte Gemeinschaftsräume oder -flächen, wie z.B. Pkw-Stellplätze oder Ladenlokale, zu vermieten, handelt es sich um eine den Wohnungseigentümern zugeordnete Beschlusskompetenz. Die Eigentümergemeinschaft darf dieses für sie fremde Gemeinschaftseigentum nur dann vermieten, wenn sie hierzu bevollmächtigt wird. Wird auf einer Eigentümerversammlung die Vermietung beschlossen, kann hierin – ausdrücklich oder konkludent – die Bevollmächtigung der Eigentümergemeinschaft gesehen werden, die Vermietung für die Bruchteilsgemeinschaft, und zwar im Außenverhältnis im eigenen Namen, durchzuführen.3 Die Mieteinnahmen sind dem Verbandsvermögen zuzuleiten.4

64

c) Instandhaltung und Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums Ähnlich wie bei der Vermietung sind die Wohnungseigentümer als Bruchteilseigentümer grundsätzlich für die Instandhaltung und Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums zuständig. Beschließen die Wohnungseigentümer entsprechende Maßnahmen, obliegt die Durchführung derselben aber der Eigentümergemeinschaft. Diese hat die aus den Beschlüssen resultierenden Aufträge sodann im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu erteilen. Nur die Gemeinschaft selbst nimmt am Rechtsverkehr teil. Bedenken könnten insoweit bestehen, wenn der Beschluss der Wohnungseigentümer, an dem der Verband nicht beteiligt ist, bestimmte Verträge im Außenverhältnis durch den Verband mit eigener Haftung begründen zu lassen, als Akt zu Lasten eines Dritten anzusehen wäre. Bis zur WEG-Novelle wurde dieses Problem teilweise über die dem Verband zuzurechnende Aufgabe der Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens gelöst. Fehlte es – regelmäßig – an einer ausdrücklichen Vereinbarung, musste in der Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer eine konkludente Abrede gesehen werden, dass der Auftrag im Namen der Gemeinschaft angenommen wird.5 Seit 2007 bestimmt Abs. 6 Satz 3 selbst, dass die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer durch die Gemeinschaft ausgeübt werden. Des Konstrukts einer vertraglichen Abrede bedarf es aufgrund des gesetzlich normierten Aufgabenkatalogs der Gemeinschaft nicht mehr.

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Beschließen die Wohnungseigentümer notwendige Instandsetzungsmaßnahmen nicht, kommt eine Haftung des Verbandes gegenüber einem Sondereigentümer nicht

65a

1 BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = ZWE 2014, 25. 2 BGH v. 17.6.2010 – V ZB 26/10, MietRB 2010, 232 = ZMR 2010, 780. 3 Ebenso Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 85; Zweifel äußernd Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 43. 4 Jennißen, NZM 2006, 203 (204); Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 180; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 70. 5 Jennißen, NZM 2006, 203 (204).

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in Betracht. Der BGH1 stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, ob der den Anspruch geltend machende Wohnungseigentümer zuvor durch Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage seine Rechte ausgeübt und so auf eine entsprechende Beschlussfassung hingewirkt hat. Tut er dies nicht, scheide ein Ersatzanspruch aus. Dies ist zunächst richtig. Nicht überzeugend ist aber die weitere Folge, dass bejahendenfalls der dennoch entstehende Schaden gegen den rechtsfähigen Verband zu richten wäre.2 Der Verband wirkt an der Beschlussfassung nicht mit, so dass er auch für die Rechtzeitigkeit des Beschlusses und seines Inhalts nicht verantwortlich sein kann. Ohne Beschluss kann der Verband Instandsetzungsmaßnahmen nur als Notmaßnahmen i.S.v. § 27 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 beauftragen, da anderenfalls der Verwalter keine Vertretungsmacht für den Verband besitzt. Grundlegende Sanierungen müssen erst beschlossen werden, bevor der Verband handeln kann (s.o. Rz. 62d). Somit kann erst nach einem entsprechenden Beschluss, die Handlungspflicht des Verbandes entstehen. Setzt er den Beschluss nicht zeitgemäß um, ist erst dann an eine Schadensersatzpflicht zu denken, die aber an den Verwalter weiterzugeben ist, weil er im Zweifel die notwendige Maßnahme nicht zeitnah veranlasst hat. Der Verband selbst kann den Verwalter nicht zum Handeln anhalten, weil dies einer Selbstkontrolle des Verwalters gleichkommt.3 d) Verkehrssicherungspflichten 66

Gehen vom Gemeinschaftseigentum, welches im Bruchteilseigentum der Wohnungseigentümer steht, Gefahren aus, war ebenfalls fraglich, wer für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten verantwortlich und damit ggf. schadensersatzpflichtig war. Wurde darauf abgestellt, wem die Gemeinschaftsanlagen gehören, war die Verkehrssicherungspflicht den Wohnungseigentümern zuzuordnen. Dennoch war das OLG München4 der Auffassung, dass Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten gegen die Gemeinschaft zu richten seien, da diese für die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten zuständig sei.5 Da Abs. 6 Satz 3 nunmehr bestimmt, dass die gemeinschaftsbezogenen Pflichten von der Eigentümergemeinschaft wahrgenommen werden, folgt hieraus, dass die Eigentümergemeinschaft selbst für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten verantwortlich ist.6 Dies entspricht der h.M.7 Im Ergebnis bleibt es ohne Einfluss, ob dies eine originäre Pflicht des Verbands ist oder ob der Verband auf Grund einer geborenen Wahrnehmungsbefugnis zur Erfüllung dieser Pflicht handelt.8

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Verletzt die Eigentümergemeinschaft diese Verpflichtung, können die Schadensersatzansprüche gegen den Verband gerichtet werden (Aufgabe der in NZM 2006, 203 geäußerten gegenteiligen Auffassung, die vor dem Wortlaut des novellierten § 10 Abs. 6 nicht mehr haltbar ist), wobei der einzelne Wohnungseigentümer ebenfalls quotal haftet.9 Dies ist auch deshalb konsequent, weil der rechtsfähige Verband die Verträge im Außenverhältnis abschließt und daher Vertragspartner einer etwa delegierten Räum- und Streupflicht oder einer Wartung des Daches ist. Bei einer Schlechtleistung des beauftragten Unternehmers stehen die vertraglichen Schadensersatzansprüche auch der Eigentümergemeinschaft als Verband zu.10 Neben der Haf1 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NZM 2012, 685 = ZMR 2012, 974. 2 Ebenfalls Ersatzverpflichtungen des Verbands ablehnend: LG Saarbrücken v. 7.9.2012 – 5 S 23/11, MietRB 2013, 17 = ZWE 2013, 39; AG Oberhausen v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZWE 2013, 464. 3 So im Ergebnis auch AG Hamburg-Altona v. 7.9.2012 – 303a C 27/11, ZWE 2013, 182 m. Anm. Schmid. 4 OLG München v. 24.10.2005 – 34 Wx 82/05, NZM 2006, 110 m. Anm. Demharter, ZWE 2006, 44. 5 Ebenso Fritsch, ZWE 2005, 384 (386). 6 AG Hamburg-Wandsbek v. 4.9.2012 – 716b C 53/12, ZWE 2013, 128; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 313; differenzierend Wenzel, ZWE 2009, 57. 7 Wenzel, ZWE 2009, 57; Schmid, ZWE 2009, 295; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 271; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 87;Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 471. 8 So die auf Wenzel, ZWE 2009, 57 zurückzuführende Differenzierung. 9 OLG München v. 24.10.2005 – 34 Wx 82/05, NZM 2006, 110. 10 Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 53.

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tung der Eigentümergemeinschaft kommt aber u.U. eine Haftung des Verwalters selbst in Betracht, da dieser mit der Wahrnehmung der Pflichten von der Gemeinschaft beauftragt wird.1 e) Erwerb von Immobilieneigentum In seiner Entscheidung vom 2.6.2005 erwähnte der BGH beiläufig, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft auch Gläubigerin einer Zwangshypothek sein könne.2 Hierdurch hat der BGH aber zugleich auch die Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft anerkannt,3 was nicht nur für das eigene Grundstück gilt.4 Dies bringt für die Praxis erhebliche Vorteile mit sich, müssen doch nicht mehr die Vor- und Nachnamen, Geburtsdaten und Berufe sämtlicher Wohnungseigentümer beigebracht werden. Ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft grundbuchfähig, kann sie auch Grundstückseigentum erwerben.5 Indem der Gesetzgeber die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft im Gesetz verankert hat, wurde die Auffassung des BGH bestätigt, so dass an der Grundbuchfähigkeit keine Zweifel mehr bestehen.

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Die Beschlusskompetenz zum Erwerb eines Grundstücks wird allgemein bejaht.6 Der Erwerb eines externen Grundstücks wird eher selten seine Veranlassung aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ableiten. Ein solcher Immobilienerwerb kann ausnahmsweise vom Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung umfasst sein, wenn es um eine Arrondierung geht.7 Ebenso kann es ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, das Nachbargrundstück zu erwerben, um die Versorgung mit Heizwärme zu sichern.8 Zur Eigentümergemeinschaft muss ein räumlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen. Hingegen ist der Erwerb einer externen Wohnung als Kapitalanlage für die Rücklagenmittel nicht von einer ordnungsgemäßen Verwaltung gedeckt, da hierdurch die Liquidität gebunden wird und im Falle größerer Instandsetzungen nicht zur Verfügung steht. Dennoch ist der Beschluss nicht nichtig, so dass das Grundbuchamt den Eigentumserwerb einzutragen hat.9

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Unter Umständen kann insb. der Erwerb von Wohnungseigentum in der eigenen Wohnungseigentumsanlage von Interesse für die Gemeinschaft sein. Die Gründe hierfür sind vielfältig denkbar. Es kann sich z.B. anbieten, eine Hausmeisterwohnung anzuschaffen,10 einen für einen Sondereigentümer nicht nutzbaren Raum zu übernehmen oder auf diese Art einen zahlungsunfähigen Miteigentümer aus der Anlage zu entfernen.11 Ob der dauerhafte Erwerb einer Wohnung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, obliegt der Einzelfallbewertung. Dies darf immer nur die ultima ratio sein. Die Auffassung des OLG Hamm,12 wonach der eigene Wohnungserwerb zur Lösung von Problemen, die zahlungsunfähige Wohnungseigentümer der Gemeinschaft

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1 Vgl. auch BGH v. 23.3.1993 – VI ZR 176/92, MDR 1994, 45 = NJW 1993, 1782 (für das sturmbedingte Herabfallen von Dachteilen). 2 S. hierzu auch OLG München v. 13.1.2010 – 34 Wx 117/09, MDR 2010, 436 = MietRB 2010, 143. 3 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = NZM 2005, 543; ebenso OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, MietRB 2008, 171 = ZMR 2008, 310; OLG Hamm v. 20.10.2009 – I-15 Wx 81/09, ZWE 2009, 452; v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, ZMR 2010, 785; Demharter, NZM 2005, 601 f. = ZWE 2005, 357; Becker, MietRB 2007, 180. 4 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZMR 2010, 785. 5 Wenzel, ZWE 2006, 2 (6); Jennißen, NZM 2006, 203 (205). 6 Aufgabe der in NZM 2006, 203, 205 geäußerten Auffassung, dass stets eine Vereinbarung notwendig sei; s. zur h.M. u.a. Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 434 ff.; Abramenko, ZWE 2010, 193; Wenzel, ZWE 2006, 2 (7); Hügel, DNotZ 2007, 326, 339; LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, ZMR 2008, 909; OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, MietRB 2008, 171 = NJW 2008, 1537. 7 LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, ZMR 2008, 909. 8 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZWE 2010, 270, für den Erwerb eines benachbarten Grundstücks, auf dem das Heizwerk steht, das die Eigentümergemeinschaft mit Energie versorgt. 9 LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, ZMR 2008, 909. 10 So auch Becker, MietRB 2007, 180 f.; Wenzel, ZWE 2006, 462. 11 So der Vorschlag von Abramenko, ZMR 2006, 338 (340). 12 OLG Hamm v. 12.8.2010 – 15 Wx 63/10, IMR 2010, 479 = ZMR 2011, 403.

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Allgemeine Grundsätze

verursachen, nicht ordnungsgemäß sei, überzeugt nicht. Die Praxis zeigt, dass die Gemeinschaft gelegentlich bessere Verwertungsmöglichkeiten hat als ein Dritter (z.B. durch Vereinbarung einer Nutzungsänderung) oder das Hinausdrängen des zahlungsunfähigen Wohnungseigentümers durch Abkauf das probateste und schnellste Mittel sein kann. 68a

Der Erwerb von Sondereigentum in der eigenen Anlage setzt einen Mehrheitsbeschluss voraus,1 der ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen muss, was allerdings nicht von den Grundbuchämtern zu prüfen ist.2 Auch bei diesem Erwerbsvorgang kann der Verwalter als Organ der Eigentümergemeinschaft allein handeln. Die formgebundene Mitwirkung aller Wohnungseigentümer ist nicht erforderlich. Auch die Erstehung von Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung ist möglich. Die Vertretung der Eigentümergemeinschaft bei der Abgabe von Geboten oder der Auflassungserklärung erfolgt durch den Verwalter, der das entsprechende Beschlussprotokoll in beglaubigter Form des § 26 Abs. 3 i.V.m. § 24 Abs. 6 WEG vorzulegen hat.

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Konsequenz eines solchen Eigentumserwerbs innerhalb der eigenen Gemeinschaft ist es, dass die Eigentümergemeinschaft als Verband selbst Mitglied der Gemeinschaft ist. Das Sondereigentum an der Wohnung wächst in diesem Fall der Haftungsmasse des Verbands zu. Auf dieses Sondereigentum können auch die Gläubiger der Gemeinschaft im Wege der Zwangsvollstreckung zugreifen. Allerdings führt der Erwerb eigenen Sondereigentums durch die Eigentümergemeinschaft auch zu Folgeproblemen. Mit diesem Sondereigentum ist ein Stimmrecht verbunden, das jetzt der rechtsfähige Verband, vertreten durch den Verwalter, selbst ausüben kann. Da aber der Verwalter zur Neutralität verpflichtet ist und die Willensbildung des Verbands wiederum durch die Wohnungseigentümer erfolgt, kann ein Mehrheitsbeschluss der „übrigen“ Wohnungseigentümer nur dahingehend verstanden werden, dass diese gleichzeitig auch mehrheitlich den Verwalter anweisen, für den Verband mit der Mehrheit zu stimmen. Das Stimmrecht des rechtsfähigen Verbands ist somit mehrheitsgebunden. Ohne praktische Konsequenzen bleiben die Auffassungen, dass das mit dem Sondereigentum des Verbands verbundene Stimmrecht ruhe (s. § 25 Rz. 23),3 oder dass das Stimmrecht nicht mehr besteht, solange die Wohnungen im Eigentum des Verbandes stehen.

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Grundsätzlich ist der rechtsfähige Verband dann auch für die selbsterworbene Einheit zahlungsverpflichtet. Können Mieteinnahmen für diese Einheit erzielt werden, sind sie den Kosten gegenüberzustellen. Verfügt der rechtsfähige Verband hinsichtlich der Wohnung über keine weiteren Einnahmen, sind die Kosten für dieses Sondereigentum auf alle übrigen Eigentümer umzulegen.4 Damit erhöht sich die Belastung eines jeden Wohnungseigentümers anteilig. Die Kosten für die Sondereigentumseinheit müssen dann auch als Kostenanteil der übrigen Wohnungseigentümer in der Jahresabrechnung erscheinen.

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Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, bietet es sich an, durch Änderung der Teilungserklärung das durch den Verband erworbene Sondereigentum dem Gemeinschaftseigentum zuzuführen und die Miteigentumsanteile entsprechend abzuändern. Dies kann jedoch nur im Wege der notariellen Beurkundung erreicht werden (s. o. § 2 Rz. 11a).

1 Aufgabe der in Jennißen, NZM 2006, 203 geäußerten Auffassung, dass eine Vereinbarung auch beim Erwerb von Sondereigentum im eigenen Objekt notwendig sei; ebenfalls Mehrheitsbeschluss ausreichen lassend: Abramenko, ZMR 2006, 338; Wenzel, ZWE 2006, 462; Kümmel, ZMR 2007, 894. 2 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, MietRB 2008, 171 = ZMR 2008, 310. 3 OLG Hamm v. 20.10.2009 – I-15 Wx 81/09, MietRB 2010, 144 = ZWE 2009, 452; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 223; Basty, ZWE 2009, 253; Abramenko, ZWE 2010, 193; Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 9 Rz. 7; Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 436. 4 So auch OLG Hamm v. 20.10.2009 – I-15 Wx 81/09, MietRB 2010, 144 = ZWE 2009, 452.

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Allgemeine Grundsätze f) Gewährleistungsansprüche aus Werkverträgen aa) Eigene Ansprüche des Verbands gegen Auftragnehmer

Die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft wird im Außenverhältnis tätig. Sie wird dabei durch den Verwalter vertreten und schließt die Verträge mit Lieferanten, Versorgungsträgern, Handwerkern etc. im eigenen Namen ab. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Der Rechtsverkehr kann diese Frage nicht beurteilen und ist deshalb schutzwürdig.1 Aus Verträgen, die der Verband abschloss, liegen die Gewährleistungsansprüche selbstverständlich umfassend bei ihm.

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bb) Mängelansprüche am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger Hinsichtlich der Gewährleistungsrechte gegen den das Objekt errichtenden Bauträger obliegt es der Eigentümergemeinschaft, die Rechte auf kleinen Schadensersatz oder auf Minderung geltend zu machen. Den Wohnungseigentümern fehlt insoweit von vornherein die Kompetenz, diese Rechte persönlich durchzusetzen, es sei denn, der Mangel wirkt sich ausschließlich auf das Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers aus.2 Die Zuordnung des kleinen Schadensersatzanspruchs und der Minderung hinsichtlich Mängel am Gemeinschaftseigentum zur rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft ist erforderlich, um den Veräußerer bzw. Ersteller des Gebäudes vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen. Der Anspruch auf Mängelbeseitigung selbst, also auf Nacherfüllung, liegt weiterhin bei dem einzelnen Wohnungseigentümer,3 ebenso die Ansprüche auf Rücktritt vom Vertrag und auf großen Schadensersatz.4 Aufgrund der Unteilbarkeit der Leistung sind die Wohnungseigentümer/Erwerber Mitgläubiger i.S.d. § 432 Abs. 1 BGB und nicht Gesamtgläubiger nach § 428 BGB.5 Auch die Rechte auf Selbstvornahme und auf Zahlung eines Kostenvorschusses liegen bei jedem Erwerber.6 Es genügt, wenn die Mängelbeseitigungsansprüche noch einem Eigentümer unverjährt zustehen.7 Allerdings muss der klagende Wohnungseigentümer Zahlung des Vorschusses an die Eigentümergemeinschaft beantragen, wenn es sich um Mängel im Gemeinschaftseigentum handelt, damit die Einheitlichkeit der Mängelbeseitigungsmaßnahme gewährleistet wird.8 Macht die Eigentümergemeinschaft von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch und erklärt Minderung oder kleinen Schadensersatz geltend machen zu wollen, erlöschen die Erfüllungsansprüche. Der Beschluss bindet auch den überstimmten Erwerber.9 Aus dieser Bindung folgt auch, dass ein außergerichtlicher Vergleich des Verbands mit dem Bauträger für und gegen den einzelnen Wohnungseigentümer wirkt.10

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Der Erwerber kann sich auch durch Rücktritt oder Geltendmachung des großen Schadensersatzanspruchs (§§ 634, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 3 BGB) vom Vertrag lösen,11 nicht jedoch, wenn sich die Mängel nur bei anderen Sondereigentümern auswirken. Dann kann die Geltendmachung des großen Schadensersatzanspruchs rechtsmissbräuchlich sein.12 Das Recht auf Mangelbeseitigung kann der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss der Wohnungseigentümer übertragen werden.13 Es genügt, dass der Anspruch nur einem Wohnungseigentümer zu-

73a

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Schneider, ZMR 2006, 813 (815); so auch Wenzel, ZWE 2006, 462 (469). Vgl. hierzu BGH v. 15.2.1990 – VII ZR 269/88, MDR 1990, 617 = NJW 1990, 1662. Vgl. hierzu auch umfassend Klein in Bärmann, Anh. § 10 WEG Rz. 19 ff. Allg. Meinung, s. u.a. OLG Köln v. 23.10.2013 – 11 U 109/13, MietRB 2014, 45 = ZWE 2014, 26. Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 185; Gaier, NZM 2003, 90 (92). BGH v. 21.7.2005 – VII ZR 304/03, MDR 2005, 1343 = NZM 2005, 792. OLG München v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZMR 2013, 53. OLG Düsseldorf v. 6.1.2010 – I-21 U 104/09, ZWE 2010, 336. Klein in Bärmann, Anh. § 10 WEG Rz. 42. OLG Köln v. 23.10.2013 – 11 U 109/13, MietRB 2014, 45 = ZWE 2014, 26. BGH v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, MietRB 2006, 241 = NJW 2006, 2254. OLG Stuttgart v. 3.8.2010 – 10 U 26/10, MietRB 2010, 364 = ZMR 2011, 150. BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = BauR 2007, 1221; s.a. Wenzel, ZWE 2006, 462 (468).

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Allgemeine Grundsätze

steht.1 Dies ist auch für Ansprüche wegen Mängeln des Sondereigentums möglich, was dann aber die Zustimmung des einzelnen Wohnungseigentümers voraussetzt.2 Der Beschluss zur Vergemeinschaftung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum muss erkennen lassen, welche Mängelrechte erfasst sind.3 Er muss die Vollmacht für den Verwalter umfassen, die Ansprüche für den Verband ggfs. auch gerichtlich durchzusetzen. Dies kann in einem Beschluss zusammengefasst werden. Für zwei separate Beschlüsse besteht keine Notwendigkeit.4 Zieht der Verband diese durch Mehrheitsbeschluss an sich, kann der einzelne Wohnungseigentümer nur noch insoweit tätig werden, als seine Handlungen hiermit nicht kollidieren. Verhandlungen des Verbandes mit dem Bauträger hemmen auch die Verjährung der Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers.5 Bei einer Mehrhausanlage liegt die Beschlusskompetenz grundsätzlich bei allen Wohnungseigentümern, da die Übertragung der Gewährleistungsansprüche auf den Verband insgesamt in Betracht kommt. Die einzelnen Untergemeinschaften sind nicht rechtsfähig.6 73b

Der Erwerber kann die Ansprüche auf Zahlung an die Gemeinschaft mangels Gegenseitigkeit nicht gegen die an ihn gerichteten Vergütungsansprüche des Bauträgers aufrechnen.7

73c

Die Verjährung von Mängelansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Bauträger wird auch dann gehemmt, wenn ein Beweissicherungsverfahren durch einen Wohnungseigentümer in Prozessstandschaft eingeleitet wurde.8 cc) Mängelansprüche am Sondereigentum gegen den Bauträger

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Ausschließlich ausübungsbefugt im Hinblick auf die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mängeln am Sondereigentum ist der jeweils betroffene Eigentümer. Hier fehlt die Gemeinschaftsbezogenheit, weshalb die Gemeinschaft keine Rechte an sich ziehen kann. Der Eigentümer kann allerdings die Eigentümergemeinschaft in gewillkürter Prozessstandschaft bevollmächtigen, die Ansprüche geltend zu machen, wenn die Mängel in einem engen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Gemeinschaftseigentum stehen.9 g) Bauhandwerkersicherungshypothek

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Auch wenn die Eigentümergemeinschaft die Verträge mit Werkunternehmern schließt, können die Handwerker gem. § 648 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, dass ihnen eine Sicherungshypothek – in anteiliger Höhe der jeden Wohnungseigentümer persönlich gem. § 10 Abs. 8 Satz 1 treffenden Haftung – an sämtlichen Wohnungseigentumseinheiten eingeräumt wird. Zwar fallen in diesem Fall Eigentümer des belastenden Wohnungsgrundbuchs und Besteller der Leistung auseinander. Die fehlende rechtliche Identität überwindet aber der BGH10 durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Danach muss sich ein Eigentümer, auch wenn er selbst nicht Besteller der Leistung ist, wie ein solcher behandeln lassen, wenn „die Wirklichkeit des Lebens und die Macht der Tatsachen“ es gebieten. Der BGH hat in dem zitierten Fall für 1 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933= ZWE 2010, 133. 2 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = BauR 2007, 1221 = NJW 2007, 1952. 3 OLG Dresden v. 31.3.2010 – 1 U 1446/09, MietRB 2010, 203; LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 47/12, MietRB 2013, 213 = ZWE 2013, 263. 4 A.A. OLG München v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZWE 2012, 380, ohne dass eine Begründung für diesen Formalismus gegeben würde. 5 BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 = MietRB 2010, 297 = MietRB 2010, 298 = ZWE 2010, 404 = NZM 2010, 745. 6 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933 = ZWE 2010, 133; LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 47/12, MietRB 2013, 213 = ZWE 2013, 263. 7 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1957. 8 OLG Sachsen-Anhalt v. 17.12.2009 – 2 U 68/09, IBR 2012, 331. 9 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952. 10 BGH v. 22.10.1987 – VII ZR 12/87, BGHZ 102, 95 = MDR 1988, 220 = NJW 1988, 255.

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Allgemeine Grundsätze

eine Personenhandelsgesellschaft darauf abgestellt, ob der Eigentümer den Besteller (nämlich die Gesellschaft) wirtschaftlich und rechtlich ganz überwiegend beherrscht und ob der Eigentümer die Nutzungs- und Ausnutzungsmöglichkeit des Grundstücks innehat und von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch macht. Im Wohnungseigentumsrecht hat zwar der einzelne Wohnungseigentümer nicht eine solche beherrschende Stellung. Den Wohnungseigentümern insgesamt kommt diese Stellung aber zu. Auch ist zu berücksichtigen, dass das Gemeinschaftseigentum den Wohnungseigentümern und nicht dem Verband gehört. Daher kommen die Leistungen eines Werkunternehmers ausschließlich den Wohnungseigentümern zugute. Da die Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 quotal im Außenverhältnis haften, hat der Gesetzgeber keine Bedenken, dass ein Werkunternehmer auch in dieser jeweiligen Höhe eine Bauhandwerkersicherungshypothek zu Lasten des einzelnen Wohnungseigentümers eintragen lassen kann.1 h) Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche Da nach Abs. 6 Satz 3 die Wohnungseigentümergemeinschaft alle gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt und die gemeinschaftsbezogenen Pflichten wahrnimmt, stehen ihr auch die Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche bei rechtswidrigem Gebrauch oder baulichen Veränderungen zu,2 was vor der Novellierung noch höchst streitig war.3 Inhaber der Rechte und Pflichten bleiben zwar die Wohnungseigentümer. Der Verband besitzt aber die Ausübungsbefugnis. Damit entsteht die Aktivlegitimation auch bei dem Verband. Verfahrensrechtlich handelt es sich um eine gesetzliche Prozessstandschaft,4 die aber nur nach entsprechender Beschlussfassung ausgeübt werden kann.5 Daneben können die Abwehransprüche des einzelnen Wohnungseigentümers aus § 1004 BGB bestehen bleiben, da es sich bei der Störerabwehr auch um Individualansprüche handelt.6 Voraussetzung ist, dass die Störung das Gemeinschaftseigentum objektiv beeinträchtigt.7 Die Beeinträchtigung kann auch vom Nachbargrundstück ausgehen. Dann sind die Ansprüche im Außenverhältnis geltend zu machen und deshalb stets gemeinschaftsbezogen.8

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i) Schadensersatzansprüche Eine Ausübungsbefugnis für den Verband liegt auch hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums vor. Zwar steht das gemeinschaftliche Eigentum den Wohnungseigentümern zu. Da aber der Verband die gemeinschafsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt und ihre gemeinschaftlichen Ansprüche wahrnimmt, sind auch diese Rechte durch die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft zu verfolgen.9 Die Aus1 BT-Drucks. 16/887, 66; vgl. hierzu auch Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 222 f. 2 BT-Drucks. 16/887, 61; BGH v. 30.3.2006 – V ZB 17/06, MDR 2006, 1274 = MietRB 2006, 192; Becker, MietRB 2007, 180 (183). 3 Eine Eigentümerangelegenheit annehmend, OLG München v. 27.7.2005 – 34 Wx 069/05, MDR 2006, 18 = ZMR 2005, 733 = MietRB 2006, 9; Becker/Kümmel/Ott, MietRB 2006, 252 (255); verneinend und einen Anspruch der Gemeinschaft annehmend, OLG München v. 17.11.2005 – 32 Wx 077/05, MietRB 2006, 102 = ZWE 2006, 135. 4 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = NZM 2007, 403; Wenzel, ZWE 2006, 462; Becker, MietRB 2007, 182. 5 OLG München v. 3.8.2009 – 21 U 2666/09, ZMR 2010, 222. 6 BT-Drucks. 16/887, 62; OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = ZMR 2008, 234; OLG Hamburg v. 24.10.2008 – 2 Wx 115/08, MietRB 2009, 328 = ZMR 2009, 306; a.A. AG Reutlingen v. 22.3.2013 – 9 C 1614/12 WEG, ZWE 2013, 408 zumindest für den Fall, dass der einzelne Wohnungseigentümer seine Ansprüche schon rechtshängig gemacht hat. 7 Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 255. 8 OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = NZM 2011, 39. 9 KG v. 28.1.2010 – 24 W 43/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 467; OLG Stuttgart v. 5.8.2010 – 7 U 82/10, MietRB 2011, 49 = ZWE 2010, 425; ebenso Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 21; a.A. Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 180; Lehmann-Richter, ZWE 2006, 413 f.

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Allgemeine Grundsätze

übungsbefugnis steht dem Verband von Gesetzes wegen zu. Es bedarf hierzu keiner Übertragung durch einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer.1 Ein Beschluss ist allerdings zu der Frage erforderlich, ob der Verband die Ansprüche aktiv verfolgen soll. Dies ist die Konsequenz aus § 27 Abs. 3 Nr. 7, wonach sonstige Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, somit auch aktive Prozesse, der Ermächtigung des Verwalters durch Beschluss oder Vereinbarung bedürfen. Ohne eine solche Ermächtigung kann der Verband, vertreten durch den Verwalter, also nicht handeln und kostenauslösende Maßnahmen ergreifen. Dies gilt für die rechtswirksame Verteidigung in einem Passivprozess nicht, wie aus § 27 Abs. 3 Nr. 2 folgt. Es ist die Pflicht des Verwalters, gegen den Verband gerichtete Ansprüche abzuwenden, und zwar mit allen in Betracht kommenden Gegenrechten einschließlich der Aufrechnung. Andernfalls wäre die Verteidigungsmöglichkeit für den Verband eingeschränkt. Auch Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter sind von der Eigentümergemeinschaft geltend zu machen, und zwar auch dann, wenn der Vermögensverlust in die Jahresabrechnung eingestellt wurde und von den Wohnungseigentümern durch Beitragszahlungen kompensiert wurde.2 Dies betrifft gemeinschaftsbezogene Ansprüche. Schäden, die beim einzelnen Wohnungseigentümer entstehen, kann dieser auch direkt gegen den Verwalter richten (s.o. § 26 Rz. 127 ff.). 76a

Ebenso kann der Verband etwaige Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums gegen einen ausgeschiedenen Wohnungseigentümer3 oder unmittelbar gegen den handelnden Mieter eines Sondereigentümers geltend machen. Allerdings gilt die mietrechtliche sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB auch hier.4 j) Herausgabeanspruch

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Ansprüche auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen sind ebenfalls von der Eigentümergemeinschaft geltend zu machen. Dabei handelt es sich um ein gemeinschaftsbezogenes Recht, das der Verband ausübt.5 k) Kontoinhaberschaft

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Da bis zur Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft nicht anerkannt war, führte die Eröffnung eines Kontos für die Wohnungseigentümer zu praktischen Schwierigkeiten. Es mussten nämlich sämtliche Wohnungseigentümer bei der Kontoeröffnung mitwirken, da sie selbst Kontoinhaber wurden.6 Aus diesem Grund wurden in der Vergangenheit von den Verwaltern regelmäßig offene Treuhandkonten für die Eigentümergemeinschaft angelegt. Hierbei wurde der Verwalter selbst Kontoinhaber und Verfügungsberechtigter. Durch den Zusatz „Treuhand“ wurde lediglich klargestellt, dass es sich letztlich nicht um eigenes Vermögen des Verwalters handelte. Die Treuhandkonten sind, auch wenn es sich um ein eigenes Konto des Verwalters handelt, dennoch weitgehend pfändungssicher, wenn dem Verwalter der Nachweis gelingt, dass das Konto allein zur Aufnahme von Fremdgeldern dient und er über dieses Konto ausschließlich im Rahmen der Treuhandabrede, d.h. verwaltungsbezogen, verfügt.7

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Nunmehr bestimmt Abs. 7 ausdrücklich, dass das Verwaltungsvermögen und damit auch das Geldvermögen der Eigentümergemeinschaft zusteht. § 27 Abs. 3 Nr. 5 stellt darüber hinaus klar, dass die entsprechenden Bankkonten im Namen der Eigentümergemeinschaft zu führen sind. Damit gibt das Gesetz nunmehr zwingend 1 2 3 4 5 6

A.A. Briesemeister, WEG-Reform, S. 9. KG v. 28.1.2010 – 24 W 43/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 467. LG Dortmund v. 10.3.2011 – 11 S 148/10, ZMR 2011, 658. OLG Stuttgart v. 5.8.2010 – 7 U 82/10, MietRB 2011, 49 = ZMR 2011, 152. So schon vor der Novelle OLG München v. 21.2.2006 – 32 Wx 14/06, NZM 2006, 349. BayObLG v. 21.3.2002 – 2Z BR 170/01, NZM 2002, 460; Schwörer, NZM 2002, 421; a.A. Bub, ZWE 2002, 103. 7 BGH WPM 1993, 1524; WPM 1996, 662.

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Allgemeine Grundsätze

vor, dass vom Verwalter ein Fremdkonto anzulegen ist,1 sprich, die Eigentümergemeinschaft als Kontoinhaberin benannt wird. Der Verwalter ist sodann lediglich kontoführungsberechtigt.2 Im Hinblick auf die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft bestehen die früheren Schwierigkeiten nicht mehr.3 Ein Wohnungseigentümer kann die Anlage eines Fremdkontos vom Verwalter nur nach entsprechender legitimierender Beschlussfassung der Wohnungseigentümer gerichtlich einfordern.4 l) Verfahrensrechtliche Stellung aa) Öffentlich-rechtliche Antragsbefugnis Im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nachbarklage ist bei einer Rechtsverletzung hinsichtlich des Grundstücks und des sonstigen Gemeinschaftseigentums die Gemeinschaft Kläger. Auch Klagen gegen einen Bebauungsplan kann der Verband der Wohnungseigentümer erheben.5

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Die Eigentümergemeinschaft ist auch antragsbefugt in einem Normenkontrollverfahren.6 Sie kann sich gegen Bebauungspläne wenden. Ebenso kann sie eigene Bauanträge stellen, wenn das Gemeinschaftseigentum genehmigungspflichtig verändert werden soll. Das Gemeinschaftseigentum wird zwar von den Wohnungseigentümern gehalten. Die Ausübung der damit verbundenen Rechte wird aber auch insoweit vom Verband wahrgenommen.

79b

bb) Prozesskostenhilfe Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist als rechtsfähiger Verband prozesskostenhilfefähig. Allerdings ist nicht allein auf das Vermögen des Verbands abzustellen. Nach § 116 Satz 1 Ziff. 2 ZPO kommt es darauf an, ob die wirtschaftlich am Gegenstand des Rechtsstreits Beteiligten (Wohnungseigentümer) in der Lage sind, die Prozesskosten aufzubringen.7 Voraussetzung ist eine kumulative Vermögenslosigkeit des Verbands und aller ihrer Wohnungseigentümer.

79c

cc) Partei- und Beteiligtenfähigkeit Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Rahmen ihrer Rechtsfähigkeit auch parteifähig (Abs. 6 Satz 5). Die Angabe sämtlicher Wohnungseigentümer ist nicht erforderlich und sogar falsch, wenn der Anspruch der Gemeinschaft zusteht. Dies ist im Einzelfall zu ermitteln. Ist die Gemeinschaft aktivlegitimiert, ist sie als Wohnungseigentümergemeinschaft unter Angabe der Adresse des Grundstücks zu bezeichnen, Abs. 6 Satz 4. Zustellungsvertreter für die Eigentümergemeinschaft ist der Verwalter als deren Organ, § 27 Abs. 3 Nr. 1, § 45 Abs. 1. Aktiv darf der Verwalter aber nur dann Verfahren für den Verband führen, wenn er dazu durch Beschluss, Vereinbarung oder im Verwaltervertrag bevollmächtigt wurde (s. § 27 Rz. 76 f.).

80

Wohngeldansprüche stehen der Eigentümergemeinschaft zu,8 so dass die Gemeinschaft für Einziehungsverfahren aktivlegitimiert ist. Zwar ist die Gemeinschaft selbst an der Beschlussfassung über die Jahres- und Einzelabrechnungen nicht beteiligt, der entsprechende Beschluss ist aber als Akt zugunsten eines Dritten entsprechend § 328 BGB zu qualifizieren, da die Wohnungseigentümer durch die Beschlussfassung

81

1 S. hierzu auch LG Berlin v. 8.12.2009 – 85 T 124/08 WEG, ZMR 2010, 470. 2 Zum Charakter des offenen Fremdkontos vgl. Hadding in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, S. 614. 3 Jennißen, WEG-Verwalter, Rz. 226. 4 LG Berlin v. 8.12.2009 – 85 T 124/08 WEG, ZMR 2010, 470. 5 VG Ansbach v. 24.4.2013 – AN 9 K 11.02457, ZWE 2013, 471. 6 OVG Berlin-Brandenburg v. 7.8.2009 – 10 A 6/07, ZMR 2010, 491. 7 BGH v. 17.6.2010 – V ZB 26/10, MietRB 2010, 232 = ZWE 2010, 332; LG Hamburg v. 6.1.2010 – 318 T 76/09, ZWE 2010, 140. 8 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = NZM 2005, 543 = ZMR 2005, 547.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

die finanzielle Versorgung der Gemeinschaft sicherstellen wollen. Dies kann aber nur dann erreicht werden, wenn ein eigenes Forderungsrecht der Gemeinschaft begründet wird. Praktisch ist dies aber ohnehin durch Abs. 6 Satz 3 legalisiert worden, da die Gemeinschaft auch die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt, wozu auch die Geltendmachung der Wohngeldansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer zählt. 82

Bei Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Wohnungseigentümer ist die Eigentümergemeinschaft hingegen weder aktiv- noch passivlegitimiert. Bereits vor der WEG-Novelle vertrat der BGH die Auffassung, dass das Beschlussanfechtungsverfahren zwischen den Wohnungseigentümern zu betreiben ist. Passivlegitimiert waren daher stets die übrigen Wohnungseigentümer.1 Hieran hat der Gesetzgeber trotz gegenteiliger Anregungen in der Literatur2 festgehalten und die Passivlegitimation der Wohnungseigentümer in § 46 Abs. 1 Satz 1 manifestiert.

83

Der Verband ist für eine zivilrechtliche Klage gegen einen Nachbarn auf Beseitigung eines Überbaus oder Herausgabe einer Grundstücksfläche zuständig.3 Bei einer Beeinträchtigung des Sondereigentums bleibt die Klagebefugnis beim einzelnen Wohnungseigentümer. Meist wird jedoch beides zusammenfallen.

84

In „Altverfahren“, die bereits vor der Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 zu laufen begonnen haben, muss der Antrag auf die Eigentümergemeinschaft umgestellt werden, was nicht von Amts wegen durch eine Berichtigung des Rubrums erfolgen kann.4 Insb. kann der Prozess entgegen der Auffassung des OLG Celle5 nicht einfach gegen die bisherigen Kläger oder Beklagten fortgeführt werden. Ein Vertrauensschutz kann insoweit hinsichtlich bereits laufender Verfahren nicht angenommen werden.6 Eine Rubrumsberichtigung kommt nicht in Betracht.7 Ein Parteiwechsel ist unumgänglich.8

84a

Außerhalb von Wohngeldangelegenheiten kommt eine Tätigkeit des Verbands in Betracht, wenn ihm per Mehrheitsbeschluss die Ausübungsbefugnis übertragen wurde. In diesen Fällen kann das Rubrum nicht einfach berichtigt werden. Es kommt ein gewillkürter Parteiwechsel in Betracht, der in der Regel sachdienlich ist, so dass der Prozessgegner nicht zustimmen muss.9

84b

Für finanzgerichtliche Verfahren, die das Objekt und die steuerrechtliche Zuordnung von Baukosten betreffen, ist der Verband nicht klagebefugt.10

84c

Die Parteifähigkeit des Verbands endet mit der Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft.11 dd) Vollstreckungsrechtliche Besonderheiten/Alttitel

85

Grundsätzlich kann aus einem Vollstreckungstitel nur zugunsten des Gläubigers die Zwangsvollstreckung betrieben werden, der in diesem oder der den Titel ergänzenden Klausel als solcher genannt ist. Andersherum kann die Zwangsvollstreckung auch nur gegen den im Titel bzw. in der Klausel genannten Schuldner betrieben wer1 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = NZM 2005, 543 = ZMR 2005, 547 (555 f.). 2 Armbrüster, ZWE 2006, 474; vgl. auch Bonifacio, ZMR 2005, 331. 3 OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = ZWE 2011, 37. 4 OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/05, MietRB 2006, 192 = MietRB 2006, 194 = NZM 2006, 633; Abramenko, ZMR 2005, 749 (751); a.A. OLG München v. 13.7.2005 – 34 Wx 61/04, NZM 2005, 673; OLG Düsseldorf v. 29.11.2005 – 23 U 211/04, NZM 2006, 182. 5 OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/05, MietRB 2006, 192 = MietRB 2006, 194 = NZM 2006, 633. 6 A.A. OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/05, MietRB 2006, 192 = MietRB 2006, 194 = NZM 2006, 633. 7 OLG Brandenburg v. 29.3.2007 – 5 U 118/06, ZMR 2007, 876; OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/05, NZM 2006, 633 = ZMR 2006, 540. 8 BGH v. 10.3.2011 – VII ZR 54/10, MietRB 2011, 180 f. = NZM 2011, 362 = ZWE 2011, 215. 9 Becker, MietRB 2007, 180 (183) m.w.N. 10 BFH v. 25.6.2009 – IX R 56/08, NJW-Spezial 2010, 65. 11 AG Bremerhaven v. 2.6.2010 – 55 C 1463/09, ZWE 2011, 54.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

den, § 750 Abs. 1 ZPO. Bis zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ergingen Titel für und gegen sämtliche zum Zeitpunkt der Titulierung vorhandenen Wohnungseigentümer, wenn eine Eigentümergemeinschaft auf Kläger- oder Beklagtenseite beteiligt war. Diese waren sodann auch Vollstreckungsgläubiger bzw. Vollstreckungsschuldner. Schieden einzelne Wohnungseigentümer zwischen Titulierung und Zwangsvollstreckung aus, änderte dies nichts an ihrer Eigenschaft als Vollstreckungsgläubiger oder -schuldner. Die nach altem Recht ergangen Titel behalten auch nach der Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 bzw. der jetzigen Gesetzeslage ihre Gültigkeit. Aus ihnen können die dort genannten Gläubiger auch weiterhin die Zwangsvollstreckung gegen die genannten Schuldner betreiben. Der Gläubiger, der beispielsweise ein Urteil gegen sämtliche Wohnungseigentümer erstritten hat, kann aus diesem Titel auch weiter in das Privatvermögen der einzelnen Eigentümer vollstrecken, selbst wenn für die titulierte Schuld nach heutiger Auffassung die Eigentümergemeinschaft haften würde.1 Insb. kommt eine Umschreibung solcher Titel auf die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft nach § 727 ZPO (analog) nicht in Betracht.2 Auch eine Berichtigung gem. § 319 ZPO3 oder sonstige Klarstellung ohne Bezeichnung einer Rechtsgrundlage4 scheidet aus. Die Eigentümergemeinschaft ist nämlich weder die Rechtsnachfolgerin der Wohnungseigentümer, noch handelt es sich um das identische, wenn auch falsch bezeichnete Rechtssubjekt. Letzteres wäre für eine Berichtigung gem. § 319 ZPO aber zwingend notwendig. Da die Summe der Wohnungseigentümer durch die Rechtsfähigkeitsfeststellung der Eigentümergemeinschaft nicht untergegangen ist, ist aus einem Titel nicht ohne weiteres erkennbar, ob die teilrechtsfähige Gemeinschaft betroffen ist. Vielmehr steht die Eigentümergemeinschaft als eigene Rechtspersönlichkeit selbständig neben den Wohnungseigentümern. Deshalb darf aufgrund eines zugunsten der Wohnungseigentümer ergangenen Titels auch keine Zwangshypothek für die Eigentümergemeinschaft eingetragen werden.5 Die in den bisherigen Titeln aufgeführten Eigentümer sind auch weiterhin im Grundbuch einzutragen.6 Eine Vollstreckung aus einem „Alt“-Titel gegen sämtliche Wohnungseigentümer ist ebenfalls weiterhin möglich.7

86

Eine Vollstreckungsgegenklage der einzelnen Wohnungseigentümer hätte aufgrund der Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ebenfalls keinen Erfolg. Eine solche kann nämlich nie auf eine spätere Änderung der Rechtsprechung gestützt werden, nach der der geltend gemachte Anspruch nun nicht mehr tituliert worden wäre.8 Gleiches gilt bei Titeln auf künftige wiederkehrende Leistungen.9

87

Hinsichtlich neuer Eigentümer, welche nach Rechtskraft des Titels, in welchem die einzelnen Wohnungseigentümer als Schuldner ausgewiesen sind, in die Eigentümergemeinschaft eintreten, kann eine titelerstreckende Klausel gem. § 727 ZPO erwirkt werden. Dies setzt aber voraus, dass sie die titulierte Schuld übernommen haben oder diese auf sonstige Weise übergegangen ist, z.B. im Wege der Erbfolge. Andernfalls fehlt es an der für die Titelerstreckung notwendigen Rechtsnachfolge.10

88

1 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, ZMR 2007, 286 = NZM 2007, 164 m. Anm. Drasdo; Abramenko, ZMR 2005, 749 (752). 2 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, ZMR 2007, 286 = NZM 2007, 164; anders Böhringer, Rpfleger 2006, 53 (55). 3 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, NZM 2007, 164 = ZMR 2007, 286; Abramenko, ZMR 2006, 409 (411); vgl. auch Elzer, ZMR 2005, 730 f. 4 OLG München v. 17.11.2005 – 32 Wx 77/05, NZM 2006, 106; vgl. auch LG Wuppertal v. 4.9.2006 – 6 T 516/06, NZM 2006, 872. 5 AG Neuss v. 24.11.2005 – Grundbuch von Üdesheim Blatt 5614, NZM 2006, 227; a.A. LG Hamburg v. 26.7.2005 – 321 T 16/05, Rpfleger 2006, 10. 6 AG Neuss v. 24.11.2005 – Grundbuch von Üdesheim Blatt 5614, NZM 2006, 227. 7 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, NZM 2007, 164. 8 OLG Köln v. 7.8.1985 – 6 U 65/85, WM 1985, 1539. 9 OLG Koblenz v. 4.1.2007 – 11 WF 1200/06, NJW 2007, 1146; zur Ausnahme BGH v. 15.3.2006 – XII ZR 30/04, MDR 2006, 1235 = NJW 2006, 1654. 10 OLG Frankfurt v. 18.8.2005 – 20 W 210/03, NZM 2006, 117 (119).

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§ 10 89

Allgemeine Grundsätze

Ist ein Titel zugunsten der teilrechtsfähigen Eigentümergemeinschaft ergangen, berührt der Eintritt neuer Eigentümer die Vollstreckbarkeit nicht, da ein solcher Eintritt auf die rechtliche Identität der Eigentümergemeinschaft keinen Einfluss hat. m) Arbeitgeber

89a

Der rechtsfähige Verband kann auch Arbeitgeber, namentlich des Hausmeisters, sein.1 Allerdings ist er von der Verpflichtung zur Zahlung einer Insolvenzgeldumlage befreit.2 n) Verbandsmitgliedschaft

89b

Die Rechtsfähigkeit führt auch dazu, dass die Eigentümergemeinschaft Mitglied eines Interessenverbands sein kann,3 soweit es die Satzung des Verbands zulässt. o) Steuerrechtliche Besonderheiten

90

Die Eigentümergemeinschaft kann Unternehmerin im umsatzsteuerlichen Sinne sein.4 Voraussetzung ist, dass im Objekt Teileigentum vorhanden ist, das an einen Unternehmer vermietet wurde. Wenn dann der vermietende Teileigentümer zur Umsatzsteuer optiert hat, kann die Eigentümergemeinschaft Leistungen an einen Unternehmer erbringen und ihrerseits ebenfalls zur Umsatzsteuer optieren. Nach R 87 Abs. 3 Satz 3 UStR 2005 betreibt die Eigentümergemeinschaft eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen in Bezug auf ihre Mitglieder. Gewinnerzielungsabsicht ist dabei nicht erforderlich. Die vereinnahmten Wohngelder stellen das Entgelt für steuerbare Leistungen der Eigentümergemeinschaft an ihre Mitglieder dar. Die Eigentümergemeinschaft erzielt somit „steuerbare“ Umsätze.

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Streitig ist, ob alle Leistungen der Eigentümergemeinschaft an ihre Mitglieder steuerbar sind. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass dies nur für Sonderleistungen zuträfe, also für Kosten des Sondereigentums, die von der Eigentümergemeinschaft beglichen wurden, R 87 Abs. 2 Satz 1 UStR 2005. Das Bundesministerium der Finanzen ist hingegen der Auffassung, dass das gesamte Wohngeld das Entgelt für steuerbare Leistungen darstellt, auch wenn es sich um Leistungen in das Gemeinschaftseigentum handelt.5 Der Gesetzgeber hat diese Meinungsverschiedenheit obsolet gemacht, indem er in § 16 Abs. 3 ausdrücklich die Kosten des Gemeinschaftseigentums den Kosten des Sondereigentums gleichstellt. WEG-rechtlich ist die Differenzierung zwischen diesen beiden Kostengruppen aufgegeben worden, sodass dies entsprechende Konsequenzen auch für die umsatzsteuerliche Behandlung haben muss (s. auch § 28 Rz. 98 ff.). Richtigerweise sind daher alle Kosten der Eigentümergemeinschaft als Ergebnis steuerbarer Leistungen an ihre Mitglieder anzusehen.6 5. Das Verwaltungsvermögen, Abs. 7 a) Aktivvermögen

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Das Verwaltungsvermögen steht der Eigentümergemeinschaft zu. Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über, Abs. 7 Satz 4. Dabei kann die „Person“, auf die sich sämtliche Einheiten vereinigen, auch eine BGB-Gesellschaft sein.7 Nach einer Wiederveräußerung einer Einheit fällt es wiederum an die Gemein1 S. hierzu BGH v. 27.1.2011 – V ZB 255/10, MietRB 2011, 148 = NZM 2011, 367. 2 Hess. LSG v. 5.12.2013 – L 1 KR 180/12, NJW-Spezial 2014, 162. 3 Für Mitgliedschaft in einem Haus- und Grundbesitzerverein, AG Hannover v. 31.3.2008 – 484 C 10329/07, ZMR 2008, 743. 4 Vgl. hierzu Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 663 ff.; Jennißen, Verwalterabrechnung nach dem WEG, Rz. 671 ff. 5 BMF BStBl. I 1987, 228. 6 S. hierzu auch Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 663 ff. 7 Bub, ZWE 2007, 15.

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Allgemeine Grundsätze

schaft. Die Zuordnung des Verwaltungsvermögens betrifft auch bereits vorhandenes Vermögen. Es handelt sich um die im Rahmen der Verwaltung aufgrund Gesetzes oder Rechtsgeschäfts erlangten Vermögenswerte (z.B. Wohngeld- und Rücklagenkonto, Mietforderung bei Vermietung von Gemeinschaftseigentum, bewegliche Sachen wie Rasenmäher, Gartengeräte, Putzmittel, Leuchten, Bargeld, Gartenfrüchte, Verwaltungsunterlagen). Die Zuordnung des Verwaltungsvermögens ist auf die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend anwendbar. Auch wenn die Instandhaltungsrücklage zum Verwaltungsvermögen der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft zählt, gehört ihr ideeller Anteil im Falle der Veräußerung von Sondereigentum zur Berechnungsgrundlage für die Grunderwerbsteuerpflicht.1 Allerdings kann in der notariellen Kaufvertragsurkunde hervorgehoben werden, dass der ideelle Anteil an der Instandhaltungsrücklage in den Kaufpreis bereits eingerechnet wurde, sodass er nicht nochmals zu versteuern ist.2 Der Miteigentumsanteil des einzelnen Wohnungseigentümers umfasst nicht einen Anteil am Verbandsvermögen.

92a

b) Kreditaufnahme Zum Verwaltungsvermögen gehören nach Abs. 7 Satz 3 ausdrücklich die eingenommenen Gelder. In Satz 2 wird zudem hervorgehoben, dass der Verband Verbindlichkeiten haben kann. Demzufolge ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Eigentümergemeinschaft Bankkredite aufnimmt.3 Allerdings muss die Kreditaufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Wann dies der Fall ist, muss einer Einzelfallabwägung vorbehalten bleiben.4 Das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer gewährt einerseits einen Ermessensspielraum in der Frage, wie finanziert werden soll. Dem steht andererseits das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers entgegen, sich kein Darlehn gegen seinen Willen aufdrängen lassen zu müssen.5 Die Meinung, dass die Kreditaufnahme nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen könne, wenn sie der Deckung eines kurzfristigen Finanzbedarfs dient und eine Summe von drei Monatswohngelder aller Eigentümer nicht überschritten wird,6 überzeugt nicht. Gerade die laufende Bewirtschaftung des Objekts sollte durch den Wirtschaftsplan, also durch Eigenmittel, gedeckt sein, so dass die Kreditaufnahme nicht für die laufende Bewirtschaftung, sondern gerade für größere und nicht vorhergesehene Instandsetzungsmaßnahmen in Betracht kommt, insb. wenn diese keinen Aufschub dulden. Der Finanzbedarf muss so groß sein und plötzlich eintreten, dass er die Wohnungseigentümer weitgehend überfordert und damit eine kurzfristige Schließung der Finanzlücke durch Wirtschaftsplan oder Sonderumlage praktisch ausscheidet.

93

Soll für den Bankkredit jeder Wohnungseigentümer abweichend von Abs. 8 gesamtschuldnerisch haften, ist hierfür eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Ein Mehrheitsbeschluss über die Kreditaufnahme ist dann denkbar, wenn die Haftung eines jeden Wohnungseigentümers über die des Abs. 8 nicht hinausgeht und es den einzelnen Wohnungseigentümern nachgelassen wird, die anteilige Haftung durch Zahlung einer gleich hohen Sonderumlage abzuwenden. Dann hat jeder Wohnungseigentümer die Möglichkeit selbst zu entscheiden, ob die Eigentümergemeinschaft gewissermaßen für ihn Kredit aufnehmen soll oder ob er die Be-

93a

1 A.A. Kahlen, Wohnungseigentumsrecht und Steuern, Teil 5 Rz. 12; Heerlein in Riecke/Schmid, WEG, Steuerrecht, Rz. 237. 2 Wälzholz in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 18 Rz. 100. 3 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 f. = ZMR 2013, 127 = NJW 2012, 3719; LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12, ZMR 2013, 824. 4 LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12, ZMR 2013, 824; Elzer, NZM 2009, 57; Jennißen, ZWE 2014, 199. 5 LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12, ZMR 2013, 824. 6 So OLG Hamm v. 14.5.2012 – 15 Wx 251/11, ZMR 2012, 800; BayObLG v. 17.8.2005 – 2Z BR 229/04, NJW-RR 2006, 20; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 21 WEG Rz. 26; Schultzky, MietRB 2013, 367.

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Allgemeine Grundsätze

träge selbst aufbringt.1 Die Auffassung des BayObLG,2 dass die Kreditaufnahme per Mehrheitsbeschluss stets rechtswidrig ist, überzeugt nicht. Zwar ist einzuräumen, dass die Finanzverfassung der Eigentümergemeinschaft in erster Linie aus der Finanzierung durch Wohngeldzahlung und somit aus Eigenkapital besteht.3 Auch darf einem Wohnungseigentümer nicht die anteilige Haftung gem. Abs. 8 im Rahmen einer Kreditaufnahme aufgedrängt werden. Dennoch ist eine Kreditaufnahme nicht generell auszuschließen, da durchaus Situationen (insb. Notmaßnahmen) eintreten können, die die Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Mitglieder finanziell ad hoc überfordern.4 93b

Nicht alle Instandsetzungsmaßnahmen lassen sich so vorplanen, dass immer genügend Geld in der Instandhaltungsrücklage vorhanden ist. Es kann durchaus ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn sich die Wohnungseigentümer dazu entscheiden, beispielsweise eine Fassadensanierung durch Kreditaufnahme finanzieren zu lassen, damit ein Mangel möglichst kurzfristig abgestellt werden kann, um so zu deutlichen Energieeinsparungen und zur Vermeidung von Mietminderungen wegen Feuchtigkeitsbildungen beizutragen.5 Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann es ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, die Sanierungsmaßnahme vorzuziehen und nicht abzuwarten, bis die Rücklage entsprechend angespart wurde. Auch schafft der Staat besondere Anreize zur energetischen Gebäudesanierung durch Förderprogramme in Form von zinsgünstigen Darlehn, die für Eigentümergemeinschaften nicht nutzbar wären, wenn eine Kreditaufnahme generell nicht in Betracht käme oder die anteilige Haftung nur die bonitätsschwachen Miteigentümer übernehmen würden, weil die bonitätsstarken die gemeinsame Finanzierung abwählen.6 Ebenfalls kann für die Kreditaufnahme eine pünktliche, zuverlässige und vollständige Mittelaufbringung sprechen, die im Einzelfall das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zurücktreten lässt.7

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Nimmt der Verwalter Kredit auf oder überzieht das laufende Bankkonto der Eigentümergemeinschaft ohne Genehmigung der Wohnungseigentümer, ist Schuldner dennoch die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft, wenn diese Mittel in die Bewirtschaftung des Objekts geflossen sind, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer entsprachen und objektiv vorteilhaft waren.8 Genehmigen die Wohnungseigentümer die Kreditaufnahme nicht, kann der Verwalter nach § 179 BGB im Außenverhältnis haften.9 Die Genehmigung kann nicht im Beschluss über die Jahresabrechnung gesehen werden,10 allerdings in der Verwalterentlastung.11 Wird die Genehmigung verweigert, kann dennoch § 683 BGB einschlägig sein. Das Überschreiten eines genehmigten Kostenrahmens für eine Instandsetzungsmaßnahme erfordert 1 Einen Mehrheitsbeschluss ebenfalls zulassend, Elzer, NZM 2009, 57; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, Rz. 724; a.A. LG Bielefeld v. 14.12.2010 – 23 T 442/10, MietRB 2011, 387 = ZMR 2011, 317, das die Bankfinanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen generell nicht mit einer Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung in Einklang bringt; AG Ettlingen v. 23.4.2010 – 4 C 17/09, ZMR 2010, 808, wonach ein Freistellungsanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers dann nicht besteht, wenn seine monatliche Belastung gering und seine Haftungsfreistellung die Kreditaufnahme insgesamt gefährden würde; Bub, ZWE 2010, 246, der wegen des bestehenden Restrisikos eine Kreditaufnahme zur Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen durch die Eigentümergemeinschaft nicht für mehrheitlich beschließbar ansieht. 2 BayObLG v. 17.8.2005 – 2Z BR 229/04, NZM 2006, 62; ebenso LG Bielefeld v. 15.6.2011 – 23 T 442/10, MietRB 2011, 387 = ZWE 2011, 422; die Bevollmächtigung zur Kreditaufnahme nicht generell ausschließend: OLG Celle v. 5.4.2006 – 3 U 265/05, MietRB 2006, 192 (194) = NZM 2006, 633 = ZMR 2006, 540. 3 LG Bielefeld v. 15.6.2011 – 23 T 442/10, MietRB 2011, 387 = ZWE 2011, 422. 4 So auch Abramenko, ZMR 2011, 173. 5 Vgl. zur Kreditaufnahme auch Schmidt, ZMR 2007, 90. 6 So auch Elzer, NZM 2009, 57. 7 LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12, ZMR 2013, 823; Jennißen, ZWE 2014, 199; Elzer, NZM 2009, 57. 8 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10, MietRB 2011, 147 = NJW-RR 2011, 1093. 9 Schmidt, ZMR 2007, 90 (92); Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 11 Rz. 89. 10 So aber LG Köln v. 17.10.2002 – 29 O 207/01, MietRB 2004, 81. 11 Vgl. hierzu auch Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 492.

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Allgemeine Grundsätze

besondere Umstände, um dem mutmaßlichen Interesse der Wohnungseigentümer zu entsprechen. Auch reicht bloßes Schweigen auf eine entsprechende Information des Verwalters über die Kreditaufnahme als Genehmigung nicht aus.1 Auch wenn die Wohnungseigentümer ohne besondere Vereinbarung für den Kredit nur teilschuldnerisch haften, ist die Kreditvergabe für das Kreditinstitut nicht mit außergewöhnlichen Risiken verbunden. Als vorteilhaft erweist sich insb. die fehlende Insolvenzfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, § 11 Abs. 3 WEG. Der Gläubiger kann aus einem Titel gegen den Verband die einzelnen Wohngeldforderungen pfänden, so die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Objekts stören und den Druck auf die Wohnungseigentümer erhöhen.

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VII. Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft Die vollendete Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht bei einer Teilung nach § 8 mit Eintragung des ersten Wohnungseigentümers neben dem aufteilenden Eigentümer im Grundbuch,2 bei der Teilung nach § 3 mit Eintragung der Aufteilung. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch lediglich aus zwei Wohnungseigentümern bestehen.3 Dagegen ist eine BGB-Gesellschaft, die Eigentümerin sämtlicher Wohneinheiten ist, keine Gemeinschaft.4 Gleiches gilt bei der Vereinigung aller Einheiten in der Hand eines Eigentümers. Eine Ein-Personen-Gemeinschaft – anders beispielsweise bei der GmbH – gibt es nicht.5

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Die Vollendung der Wohnungseigentümergemeinschaft kann sich hinauszögern, wenn das Grundbuchamt langsam arbeitet oder sich der Objektaufteiler mit den Erwerbern über kaufvertragliche Pflichten streitet. Dann kann es über längere Zeit nicht zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch kommen. Die Praxis hat es daher als notwendig angesehen, die WEG-Vorschriften auch schon in der Entstehungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft und somit vor ihrer Vollendung anzuwenden. Voraussetzungen sind bei einer Aufteilung nach § 86 mindestens ein gültiger Erwerbsvertrag,7 die Besitzübergabe an den Erwerber, wobei die Abnahme genügt und kein Bezug erforderlich ist,8 und die Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung am gebildeten Wohnungseigentum oder auf noch zu bildendes Wohnungseigentum am Grundstück.9 Demnach müssen die Wohnungsgrundbücher nicht angelegt sein.10 Die Eintragung der Vormerkung im Grundbuch des ungeteilten Grundstücks genügt. Die Wohnung muss ferner bewohnbar sein,11 wobei der Besitz an der Wohnung auch erst nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft übergehen kann.12

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Wer Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft ist, hat das Recht, an Eigentümerversammlungen teilzunehmen, und die Pflicht, Wohngeld zu

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1 S. hierzu BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10, MietRB 2011, 147 = NJW-RR 2011, 1093. 2 S. hierzu OLG Nürnberg v. 24.4.2013 – 12 U 932/12, MDR 2013, 699 = MietRB 2013, 176 = ZMR 2013, 650. 3 OLG Oldenburg v. 22.10.1996 – 5 W 153/96, NJW-RR 1997, 775. 4 OLG Köln v. 21.3.1997 – 16 Wx 297/96, NJW-RR 1997, 1443. 5 Kreuzer, ZMR 2006, 15 (17); Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 99 ff.; Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 8; a.A. Becker in FS Seuß, 2007, 19 ff. 6 BayObLG v. 23.1.1992 – AR 2 Z 110/91, NJW-RR 1992, 597; v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, NJW-RR 2002, 1022; KG v. 17.12001 – 24 W 2065/00, ZWE 2001, 275. 7 OLG München v. 9.1.2006 – 34 Wx 89/05, NZM 2006, 347. 8 BayObLG v. 17.7.2003 – 2Z BR 45/03, NJW-RR 2003, 1663. 9 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639 = ZMR 2008, 805 = NZM 2008, 649; OLG Frankfurt v. 25.4.1997 – 20 W 433/96, DWE 1998, 43; OLG Hamm v. 27.1.2000 – 15 W 318/99, WuM 2000, 319; OLG Jena v. 12.6.2001 – 6 W 177/01, WuM 2001, 504; KG v. 23.9.2002 – 24 W 230/01, NJW-RR 2003, 589; a.A. OLG Saarbrücken v. 27.2.1998 – 5 W 252/97-85, WE 1998, 314; kritisch OLG Köln v. 15.8.2012 – I-2 Wx 212/12, ZMR 2012, 982. 10 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639 = ZMR 2008, 805 = NZM 2008, 649. 11 BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 1/03, NJW-RR 2003, 876. 12 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711.

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Allgemeine Grundsätze

zahlen. Dies verändert sich auch nicht, wenn die echte Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht. Die Rechte bleiben bei den vorgemerkten Eigentümern weiterhin bestehen, auch wenn sie noch nicht Eigentümer sind. 98a

Nachdem die Vollrechtsgemeinschaft entstanden ist, reichen Besitzübergang und Eintragung einer Auflassungsvormerkung nach jüngerer Rechtsprechung beim Ersterwerb für die Mitgliedschaft weiterhin aus.1 Dies hatte der BGH bereits 2008 angedeutet2 und Zweifel geäußert, ob nicht auch für einen gewissen Zeitraum nach Entstehung der Vollrechtsgemeinschaft die Mitgliedschaft für einen Ersterwerber mit Besitzübergang und Eintragung einer Vormerkung genügen soll. Mit der Entscheidung vom 11.5.2012 hat der BGH die Zweifel zur Gewissheit gemacht. Es sei gerechtfertigt, auch demjenigen Ersterwerber die Mitwirkungsrechte zuzugestehen, dessen Erwerbsposition erst nach Entstehen der Vollrechtsgemeinschaft gesichert ist, weil es Zufall sei, ob er die Vormerkung oder den Besitz noch vor der Eintragung des ersten Erwerbers im Grundbuch erlangt.3 Ob und wie lange diese Grundsätze anzuwenden sind, wenn der Ersterwerber die gesicherte Erwerbsposition erst Jahre nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangt, hat der BGH unbeantwortet gelassen.

99

Es besteht jedoch weiterhin Einigkeit, dass die Rechtsfigur der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft auf den sog. Zweiterwerb (werdender Wohnungseigentümer) vor Eigentumsumschreibung keine Anwendung findet.4 Wenn die Vollrechtsgemeinschaft entstanden ist, kann ein Zweiterwerber erst Mitglied der Eigentümergemeinschaft werden, wenn er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, es sei denn, auch er hatte vor Entstehung der Vollrechtsgemeinschaft eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch erhalten. Die nach der Entstehung der Vollrechtsgemeinschaft eingetragene Auflassungsvormerkung bleibt für den Zweiterwerber wohnungseigentumsrechtlich unbedeutend.5 Es ist jedoch stets zu prüfen, ob der Zweiterwerber, der nicht als werdender Wohnungseigentümer mit der Konsequenz der analogen Anwendung der Vorschriften des WEG anzusehen ist, schuldrechtlich bevollmächtigt wurde, bereits die Rechte des noch eingetragenen Wohnungseigentümers geltend zu machen. So kann der im Grundbuch abgesicherte Erwerber schon vor Umschreibung ermächtigt werden, das Stimmrecht des noch eingetragenen Eigentümers und seines Verkäufers auszuüben und auch die gerichtliche Beschlussanfechtung für diesen in Verfahrensstandschaft zu betreiben.6 Auch Unterlassungsund Beseitigungsansprüche soll der Zweiterwerber bereits geltend machen können.7 Es empfiehlt sich aber in jedem Fall, diese Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der kaufvertraglichen Regelung betreffend den Lasten-/Nutzenübergang ausdrücklich im Übertragungsvertrag zu reglementieren. Auf diese Weise können Missverständnisse von vornherein vermieden werden.

100

Existiert vor Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft eine schlichte Bruchteilsgemeinschaft (§§ 1008 ff. BGB), so können auch für sie im Rahmen des § 744 Abs. 1 BGB die Vorschriften aus dem WEG entsprechend angewandt werden.8 1 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711. 2 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = ZMR 2008, 805 unter Bezug auf Coester, NJW 1990, 3184. 3 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711. 4 Offenlassend: BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639 = ZMR 2008, 805 = NZM 2008, 649. 5 Vgl. zum Zweiterwerb BGH v. 18.5.1989 – V ZB 14/88, MDR 1989, 981 = NJW 1989, 2697; BayObLG v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZWE 2001, 590; v. 17.11.2004 – 2Z BR 127/04, ZWE 2005, 227; a.A. noch BayObLG WE 1986, 98. 6 KG v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, WE 1995, 119 = ZMR 2004, 460; Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 35. 7 BayObLG v. 17.7.1997 – 2Z BR 25/97, WE 1998, 149. 8 BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, NJW-RR 2002, 1022; weitergehend AG Greifswald v. 23.2. 2000 – II 300/99 WEG, NZM 2001, 344.

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Allgemeine Grundsätze

Die Wirksamkeit des Kaufvertrags ist für die Mitgliedschaft in der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nicht unbedeutend, kann aber vom Gericht in einem WEG-Verfahren (z.B. Zahlungsklage des Verbands) nur eingeschränkt geprüft werden, um widersprechende Ergebnisse zu einem Klageverfahren zwischen den Kaufvertragsparteien zu vermeiden. Die Zahlungsverpflichtungen eines Erwerbers gegenüber der Eigentümergemeinschaft enden dann, wenn der Wohnungseigentümer den Rücktritt vom Vertrag erklärt1 und dieser Rücktritt nicht offenkundig unwirksam ist. Allerdings kann die Leistungsverweigerung gegenüber der Eigentümergemeinschaft unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig sein,2 wenn der Erwerber trotz Rücktritts vom Kaufvertrag die Wohnung nicht an den Veräußerer herausgibt und weiterhin Leistungen der Eigentümergemeinschaft, z.B. durch Bezug von Wasser und Heizenergie, bezieht.3

101

Der teilende Alleineigentümer verliert seine Befugnis zur einseitigen Änderung der Teilungserklärung mit Eintragung einer Auflassungsvormerkung für den ersten Erwerber eines Wohnungseigentums.4

101a

VIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 1. Teilschuld Die teilschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer betrifft Verbindlichkeiten der Gemeinschaft.5 Die quotale Haftung bestimmt sich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile. Die Haftung besteht unmittelbar gegenüber dem einzelnen Gläubiger, also nicht nur subsidiär. Der Gläubiger kann eine Klage sowohl gegen die Eigentümergemeinschaft als auch gegen einzelne Wohnungseigentümer, bei diesen allerdings beschränkt auf ihre Beteiligungsquote, richten. Hierdurch soll u.a. auch die Eintragung von Bauhandwerkersicherungshypotheken ermöglicht werden.6 Da die einzelnen Einheiten aber im Eigentum der Wohnungseigentümer stehen, bedarf es zu diesem Zwecke eines Vollstreckungstitels gegen diese. Ein Titel gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft genügt hierfür nicht. Die einzelnen Wohnungseigentümer haften nicht als Gesamtschuldner, sodass sie im Falle einer Inanspruchnahme i.H. ihrer Beteiligungsquote keinen Ausgleich bei den übrigen Wohnungseigentümern suchen können.

102

Für sog. Altfälle kommt eine Haftung der Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht in Betracht. Die gesamtschuldnerische Haftung hat der BGH verneint7 und die teilschuldnerische Haftung gem. § 10 Abs. 8 ist nicht rückwirkend anzuwenden.8 Allerdings kann im Vertrag mit einem Dritten die gesamtschuldnerische Haftung vereinbart werden. Dazu bedarf es einer klaren und eindeutigen Haftungsregelung.9

102a

Ausnahmsweise kann auch im Falle des Eigentümerwechsels zwischen Veräußerer und Erwerber ein Gesamtschuldnerverhältnis entstehen. Beide können für den gleichen quotalen Anteil der Gemeinschaftsverbindlichkeiten (Außenverhältnis) haften, wenn die Verbindlichkeit während der Zugehörigkeit des Veräußerers zur Gemeinschaft entstanden und nach dem Eigentumswechsel fällig geworden ist, Abs. 8 Satz 1.

103

1 So auch Riecke in Riecke/Schmid, § 25 WEG Rz. 6; einschränkend LG Nürnberg-Fürth v. 11.8. 2010 – 14 S 1985/10, MietRB 2011, 153 = NZM 2011, 283, wonach bestrittene Tatsachenbehauptungen im Klageverfahren zwischen den Kaufvertragsparteien im WEG-Verfahren nicht zu berücksichtigen sind. 2 OLG Dresden v. 17.12.2009 – 3 W 876/09, ZMR 2010, 462. 3 Ebenso Hügel, ZWE 2010, 122. 4 BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 56/93, WE 1994, 249. 5 Grundlegend Armbrüster, ZWE 2005, 369; Briesemeister, NZM 2007, 225; Deckert, NZM 2004, 523. 6 BT-Drucks. 16/887, 66. 7 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061. 8 OLG Karlsruhe v. 30.10.2008 – 9 U 5/08, NZM 2009, 247. 9 BGH v. 20.1.2010 – VIII ZR 329/08, MDR 2010, 620 = MietRB 2010, 112 = NZM 2010, 284 = NJW 2010, 932.

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Allgemeine Grundsätze

Im Ergebnis kann der Gläubiger in diesen Fällen auf zwei Schuldner zurückgreifen.1 Die Nachhaftung des alten Eigentümers ist allerdings auf fünf Jahre nach Eigentumsumschreibung begrenzt, was aus dem Verweis auf § 160 HGB folgt. In der Regel wird aber die kürzere Verjährungsfrist des § 195 BGB (drei Jahre) greifen. Der Verweis auf § 160 HGB bewirkt in erster Linie, dass eine fünfjährige Nachhaftung für Dauerschuldverhältnisse begründet wird. So kann der ausscheidende Wohnungseigentümer beispielsweise noch für Hausmeistervergütungen haften, die erst nach seinem Ausscheiden fällig werden, wenn der Hausmeistervertrag schon während seiner Zugehörigkeit zur Eigentümergemeinschaft abgeschlossen wurde. Eine volle fünfjährige Haftung für das Verwalterhonorar käme hingegen nur dann in Betracht, wenn der Verwalter noch vor der Eigentumsumschreibung für fünf Jahre bestellt wird. Die spätere Wiederwahl des Verwalters hat dann auf den ausgeschiedenen Wohnungseigentümer keinen Einfluss mehr. 103a

Die Frist für die Enthaftung beginnt mit der Grundbucheintragung zu laufen. Die Enthaftung tritt nicht ein, wenn der Gläubiger ein rechtskräftiges Urteil, einen Schiedsspruch oder einen vollstreckbaren Titel gegen den betreffenden Wohnungseigentümer erlangt. Darüber hinaus ist die Verjährungshemmung der §§ 203 ff. BGB zu beachten.

104

Der Wohnungseigentümer haftet auch dann nur quotal, wenn die Eigentümergemeinschaft nicht mit hinreichenden Finanzmitteln ausgestattet wurde oder kein beschlossener Wirtschaftsplan existiert. Entgegen der vom BGH im Beschluss vom 2.6.20052 geäußerten Auffassung sieht der gesetzliche Tatbestand auch auf Sekundärebene keine gesamtschuldnerische Haftung vor. Dies folgt aus Abs. 8 Satz 4, wonach die Haftung eines Wohnungseigentümers wegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung ebenfalls auf die Quote beschränkt ist.

105

Der einzelne Wohnungseigentümer haftet akzessorisch und quotal entsprechend seinen Miteigentumsanteilen für die Verbindlichkeiten der Eigentümergemeinschaft. Damit kommt es grundsätzlich im Innen- und im Außenverhältnis zu einem Gleichlauf der Haftung (vgl. § 16 Abs. 2). Durch die neuen Regeln in § 16 Abs. 3 und 4 kann allerdings dieser Gleichlauf abgeändert werden. So können beispielsweise die Wohnungseigentümer mit qualifizierter Mehrheit beschließen, dass die Instandsetzungsmaßnahme in einem Haus einer Mehrhausanlage nur von den Wohnungseigentümern des betreffenden Hauses zu tragen ist. Ähnliche Regelungen finden sich häufig in den Gemeinschaftsordnungen. Dann entsteht eine Diskrepanz zwischen der Haftung im Außenverhältnis und der Zahlungsverpflichtung im Innenverhältnis. Das heißt, obwohl die Wohnungseigentümer im Innenverhältnis von einer Leistungspflicht befreit sein können, haften sie im Außenverhältnis.

105a

Eine sog. Durchgriffshaftung ist ebenfalls nicht ausgeschlossen. Sie kommt in Betracht, wenn die Eigentümergemeinschaft im Außenverhältnis ein Rechtsgeschäft eingeht und die Wohnungseigentümer vorsätzlich den Verband nicht mit den notwendigen Finanzmitteln ausstatten, so dass es zu einer absichtlichen Bereicherung des Verbands bei gleicher Nachteilszufügung des Vertragspartners kommt.3 Hieraus folgt dann eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung nach §§ 826, 840 Abs. 1 BGB. 2. Einwendungen des Wohnungseigentümers

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Nach Abs. 8 Satz 2 kann sich der einzelne Wohnungseigentümer im Außenverhältnis gegenüber Dritten nicht auf die ihm zustehenden Einwendungen gegenüber der Eigentümergemeinschaft berufen. Im Verhältnis gegenüber einem Gläubiger ist daher unerheblich, ob der Wohnungseigentümer seine Beitragspflicht erfüllt, sprich, regelmäßig sein Wohngeld und seine Anteile an etwaigen Sonderumlagen geleistet hat.4 1 BT-Drucks. 16/3843, 38. 2 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061. 3 Ebenso Klein, ZWE 2006, 58, 61; Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 474. 4 BT-Drucks. 16/887, 66.

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Allgemeine Grundsätze

Eigene oder Einwendungen der Gemeinschaft gegen die geltend gemachte Forderung kann der Wohnungseigentümer ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts des Abs. 8 Satz 2 hingegen sehr wohl geltend machen. Er kann sich daher auf das Erlöschen der Forderung durch Erfüllung, Erfüllungssurrogate oder die fehlende Durchsetzbarkeit der Forderung, z.B. wegen Verjährung oder Mangelhaftigkeit, berufen. Kann die Gemeinschaft aufrechnen, anfechten oder andere Gestaltungsrechte geltend machen, kann dies auch der einzelne Wohnungseigentümer. Ebenso ist es zulässig, ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben, wenn der Wohnungseigentümer aus einem eigenen Rechtsverhältnis zum Gläubiger Gegenansprüche besitzt. Gleichermaßen kann er dann aufrechnen. 3. Innenausgleich Durch die unmittelbare Haftung des Wohnungseigentümers i.H. seiner Beteiligungsquote im Außenverhältnis ist die Frage der Forderungspfändung nicht vollkommen obsolet geworden. Bei einem Titel gegen die Eigentümergemeinschaft kann der Gläubiger weiterhin Wohngeldforderungen der Gemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer pfänden. Sind in einer Eigentümergemeinschaft mehrere Wohnungseigentümer zahlungsunfähig, kann eine solche Forderungspfändung dazu führen, dass die Eigentümergemeinschaft überhaupt nicht mehr mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet wird. Die zahlungsfähigen Wohnungseigentümer sehen sich dann einer faktischen Doppelinanspruchnahme ausgesetzt. Sie zahlen im Rahmen der Forderungspfändung das laufende Wohngeld an den Gläubiger und werden dann diese Beträge im Innenverhältnis nochmals entrichten müssen, wenn sie die ordnungsmäßige Bewirtschaftung des Objektes aufrechterhalten wollen.

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Die gleiche Problematik kann entstehen, wenn ein Wohnungseigentümer sein laufendes Wohngeld entrichtet hat und dann quotal im Rahmen der Außenhaftung in Anspruch genommen wird. Auch der Gesetzgeber sieht diese Gefahr der Doppelzahlung und schlägt vor, dass der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer den an die Gemeinschaft gezahlten Betrag von den anderen Wohnungseigentümern zurückverlangen könne.1

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Allerdings ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage dies geschehen soll. Die zusätzliche Belastung des Wohnungseigentümers kann jedenfalls nicht über einen Gesamtschuldnerinnenausgleich (§ 426 BGB) gelöst werden, da eine solche Gesamtschuldnerschaft gerade nicht besteht. Jeder Wohnungseigentümer haftet nur für seinen Anteil quotal. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheitert daran, dass der einzelne Wohnungseigentümer mit der Leistung an den Gläubiger eine eigene Verbindlichkeit erfüllt, nämlich seine anteilige Haftung. Auch ein Bereicherungsanspruch kann wohl nur gegen die Gemeinschaft selbst gerichtet werden.

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Richtigerweise ist daher der Anspruch nicht gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen den rechtsfähigen Verband zu richten.2 Dieser hat das Wohngeld empfangen und ist andererseits durch die Zahlung des Wohnungseigentümers an den Gläubiger von einer Schuld befreit worden. In Höhe der quotalen Inanspruchnahme kann der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verband den Gesamtschuldnerinnenausgleich nach § 426 BGB suchen. Zum gleichen Ergebnis ist auch über § 812 BGB zu gelangen, da der Verband von einer Schuld, die nur er im Außenverhältnis begründet hat, befreit wurde.

110

Eine Aufrechnung dieses Betrags mit seiner laufenden Wohngeldverpflichtung kann der Wohnungseigentümer allerdings i.d.R. nicht vornehmen. Im Wohnungseigentumsrecht ist anerkannt, dass die Wohnungseigentümer mit ihrer Wohngeldverpflichtung nicht aufrechnen können, damit die Zahlungsfähigkeit der Eigentümer-

111

1 BT-Drucks. 16/3843, 47. 2 OLG Hamm v. 8.10.2007 – 15 W 385/06, MDR 2008, 558 = MietRB 2008, 111 f. = ZMR 2008, 228; AG Charlottenburg v. 15.6.2011 – 72 C 141/10, ZWE 2011, 468; Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 26.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

gemeinschaft aufrechterhalten bleibt. Nur für anerkannte oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen sowie wegen Ansprüchen aus Notgeschäftsführung wird die Aufrechnung zugelassen.1 Der Anspruch aus Notgeschäftsführung kommt in Betracht, wenn der Wohnungseigentümer vom Gemeinschaftseigentum einen unmittelbar drohenden Schaden abwendet.2 Gleichgestellt sind auch aufrechenbare Erstattungsansprüche wegen Bezahlung von gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten gegenüber Versorgungsträgern, wenn die Einstellung der Belieferung mit Gas, Wasser oder Elektrizität droht.3 Über die eindeutigen und im Außenverhältnis der Eigentümergemeinschaft unstreitigen Ausnahmen hinaus muss die Aufrechnung ausgeschlossen bleiben, um sicherzustellen, dass der Wohnungseigentümer nicht voreilig an den Gläubiger zahlt und sich im Nachhinein herausstellt, dass der Anspruch nicht oder nicht in dieser Höhe bestand. Wird die Forderung des Dritten, die der Wohnungseigentümer ausgleicht, von der Eigentümergemeinschaft bestritten, muss er den Verband verklagen. Erhält er sodann einen Zahlungstitel gegen den Verband, ist die Forderung rechtskräftig festgestellt, sodass der Wohnungseigentümer nunmehr mit seinen laufenden Wohngeldverpflichtungen aufrechnen kann. Er kann aber trotz eines bestehenden Titels nicht bei der Wohnungseigentümergemeinschaft Sachen pfänden, wie z.B. den Rasenmäher oder die Kehrmaschine. Dies würde bewirken, dass das Objekt nicht mehr ordnungsgemäß gepflegt und bewirtschaftet werden kann. Analog § 811 ZPO muss hinsichtlich dieser Sachen von einem Pfändungsverbot ausgegangen werden. 112

Allerdings kann der Wohnungseigentümer aus einem Titel gegen den Verband auch die Wohngeldansprüche des Verbands gegen seine Miteigentümer pfänden. Dadurch kommt es nicht zu einem Gesamtschuldnerausgleich zwischen den Wohnungseigentümern, da die anderen Wohnungseigentümer mit schuldbefreiender Wirkung das Wohngeld nicht an den Verband, sondern an den pfändenden Miteigentümer zahlen. Dies ist die Zahlung eines anderen Betrags im Rahmen der Pfändung und kein Innenausgleich.

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Ist der Betrag anerkannt oder durch Titel festgestellt worden, kann der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verband sofort aufrechnen und muss nicht erst die Jahresabrechnung abwarten.4 Der Verweis auf die Jahresabrechnung verfängt deshalb nicht, weil der aufzurechnende Betrag gerade nicht von der Eigentümergemeinschaft gezahlt wurde. Die Gemeinschaft hat den vom Gläubiger geltend gemachten quotalen Anteil nicht geleistet. Die Jahresabrechnung kann aber nur über gezahlte Beträge abrechnen. Andernfalls würde ein Systembruch stattfinden und in der Jahresabrechnung auch Verbindlichkeiten umgelegt werden (vgl. hierzu § 28 Rz. 90). Noch offene Verbindlichkeiten kommen aber nicht in der Kostenverteilung zum Ansatz.

113a

Bei der Zwangsvollstreckung gegen die Eigentümergemeinschaft ist auch die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung denkbar, die stellvertretend durch den Verwalter abzugeben ist.5 4. Besonderheiten der kommunalen Haftung

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Bei öffentlich-rechtlichen Beiträgen stellt sich die Frage, wer Schuldner ist. Wie bereits der Begriff der Teilrechtsfähigkeit verdeutlicht, wird der Eigentümergemein1 OLG Stuttgart v. 24.1.1989 – 8 W 248/88, NJW-RR 1989, 841; KG v. 15.9.1995 – 24 W 5988/94, NJW-RR 1996, 465; KG v. 29.5.2002 – 24 W 185/01, MDR 2002, 1186 = WuM 2002, 391 = ZWE 2002, 363 = NZM 2003, 686. 2 OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129; AG Hamburg v. 19.10.2011 – 102d C 91/10, ZMR 2012, 303; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 16. 3 KG v. 29.3.1995 – 24 W 4812/94, NJW-RR 1995, 975; KG v. 29.5.2002 – 24 W 185/01, MDR 2002, 1186 = NZM 2003, 686. 4 So aber Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 26 unter Verweis auf OLG Hamm v. 8.5.1998 – 15 W 83/98, NZM 1999, 180 sowie KG v. 6.2.1989 – 24 W 6754/88, MDR 1989, 742 = WE 1989, 138. 5 LG Aurich v. 26.7.2010 – 4 T 237/10, ZWE 2011, 41; bestätigt durch BGH v. 22.9.2011 – I ZB 61/10, MDR 2012, 370 f. = WuM 2012, 271.

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Allgemeine Grundsätze

schaft keine umfassende Rechtsfähigkeit zuerkannt, sondern nur insoweit, als sie am Rechtsverkehr teilnimmt. Eine Teilnahme am Rechtsverkehr ist aber nicht nur dann gegeben, wenn die Eigentümergemeinschaft selbst an Dritte herantritt und im eigenen Namen Verträge abschließt. Vielmehr tritt die Eigentümergemeinschaft auch dann im Außenverhältnis auf, wenn sie durch gesetzliche Regelungen oder durch sonstiges – auch hoheitliches – Handeln in Anspruch genommen wird.1 Die Stellung als Abgabenschuldner hängt davon ab, welche Voraussetzungen das jeweilige Abgabenrecht vorsieht. Für die Erhebung kommunaler Beiträge und Abgaben ist der Landesgesetzgeber zuständig, so dass es zu unterschiedlichen Ausgestaltungen des Haftungssystems kommen kann. Regelmäßig wird die Abgabenpflicht für Beiträge und Gebühren aber an die Eigentümerstellung geknüpft. Z. T. wird dies ausdrücklich in den Landesgesetzen bestimmt (z.B. Art. 5 Abs. 6 Satz 1 BayKAG), teilweise aber auch erst in der aufgrund einer Ermächtigung erlassenen Satzung (vgl. §§ 2 Abs. 1, 8 Abs. 9 KAG NRW). Sieht die Satzung allerdings eine einheitliche Gebührenfestsetzung für das Gesamtgrundstück vor, ist der Bescheid an den Verband zu richten.2

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In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die Eigentümergemeinschaft als (Grundstücks-)Eigentümer anzusehen ist. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 2.6.2005 ausdrücklich abgelehnt, indem er ausführt, dass die Eigentümergemeinschaft durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit nicht insgesamt zu einem Gebilde wird, an dem die Wohnungseigentümer nur noch in Form verdinglichter Miteigentumsanteile partizipieren.3 Er stellt zudem unmissverständlich klar, dass das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer verbleiben und damit nicht Bestandteil des Vermögens der Eigentümergemeinschaft wird.4 Zum gemeinschaftlichen Eigentum zählt jedoch gerade das Grundstück, auf dem die im Sondereigentum stehenden Räume errichtet worden sind (vgl. § 5 Rz. 22). Anders als bei einer (Außen-)GbR,5 die auch Grundstückseigentümerin sein kann, scheidet die Eigentümergemeinschaft mangels Rechtsinhaberschaft als Abgabenschuldner aus.6 Im Bereich des kommunalen Abgabenrechts bleiben daher auch nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit die einzelnen Wohnungseigentümer Abgabenschuldner.7 Dies gilt nur dann nicht, wenn die Eigentümergemeinschaft selbst Sondereigentum erworben hat (Rz. 67 ff.). In diesen Fällen haftet sie als Eigentümerin auch als Abgabenschuldner.

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Hinsichtlich der Haftung der Wohnungseigentümer für Kommunalabgaben wurden in einigen Bundesländern besondere Regelungen geschaffen, nämlich dass „die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig“ sind (so u.a. §§ 7 Abs. 8 Satz 2 TKAG, 6 Abs. 8 Satz 3 NKAG).8 Hierdurch wird zunächst noch einmal bestätigt, dass Abgabenschuldner die einzelnen Wohnungseigentümer sind und nicht die Eigentümergemeinschaft selbst ist. Zum anderen wird die Haftung ähnlich § 10 Abs. 8 Satz 1 auf die Quote des Wohnungseigentümers an den Miteigentumsanteilen beschränkt. Steht der Miteigentumsanteil mehreren Personen zu, haften diese für die jeweilige Abgabenschuld als Gesamtschuldner.9

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1 Zieglmeier, MietRB 2006, 337. 2 OVG Bautzen v. 29.10.2012 – 5 B 329/12, ZWE 2013, 145 für das SächsStrG. 3 So aber Junker, Die Gesellschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 1993, S. 73 ff.; a.A. Derleder, PiG 63, 29, 33. 4 Vgl. auch KG v. 29.9.2006 – 7 U 251/05, MietRB 2007, 94 = ZMR 2006, 67. 5 S. zur Rechtsfähigkeit der GbR, BGH v. 25.9.2006 – II ZR 218/05, MDR 2007, 284 = BB 2006, 2516; neuerdings wird teilweise auch die Grundbuchfähigkeit anerkannt, BGH v. 4.12.2008 – V ZB 74/08, MDR 2009, 274 = NJW 2009, 594; OLG Stuttgart v. 9.1.2007 – 8 W 223/06, NZM 2007, 262; a.A. BayObLG v. 31.10.2002 – 2Z BR 70/02, MDR 2003, 163 = NJW 2003, 70; BayObLG v. 4.9. 2003 – 2Z BR 162/03, NJW-RR 2004, 810; v. 8.9.2004 – 2Z BR 139/04, NJW-RR 2005, 43; OLG Celle v. 13.3.2006 – 4 W 47/06, NJW 2006, 2194. 6 Zieglmeier, MietRB 2006, 337; i. E. ebenso Dabringhausen, GH 2006, 206 f. 7 So auch VG Düsseldorf v. 3.9.2009 – 12 K 881/08, ZMR 2010, 327. 8 Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 36. Erg. Lfg. Stand März 2007, § 8 Rz. 64. 9 OVG Hamburg v. 24.10.2003 – I Bf 265/03, DVBI. 2004, 1049.

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§ 10

Allgemeine Grundsätze

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Knüpfen die Landesgesetze die Stellung als Abgabenschuldner an die Eigentümerstellung und bestimmen keine lediglich quotale Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer (entsprechende Regelungen fehlen u.a. im HKAG und KAG NW), haften sie im Außenverhältnis als Gesamtschuldner, und zwar jeder auf den vollen Betrag. Dies gilt erst recht, wenn das Landesgesetz1 oder die kommunale Satzung2 eine gesamtschuldnerische Haftung vorsieht. Die Kommune kann nach ihrer Wahl den vollen Betrag von jedem Wohnungseigentümer verlangen.3 Andererseits wird die gesamtschuldnerische Haftung nicht schon durch den öffentlich-rechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang begründet.4

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Fehlt es an landesrechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Abgabenschuldners und ist dieser erst in der aufgrund der Landesgesetze ergehenden Satzung zu bestimmen, kann auch die Eigentümergemeinschaft als Abgabenschuldner in der betreffenden Satzung vorgesehen werden.5 Die steuerliche oder abgabenrechtliche Inanspruchnahme (teil-)rechtsfähiger Verbände ist vollkommen üblich, so dass kein Grund ersichtlich ist, weshalb dies für die Eigentümergemeinschaft generell nicht in Betracht kommen sollte.

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Allerdings müssen Bescheide eindeutig adressiert sein. Ist dieser an die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet, haftet auch nur diese ohne dass die einzelnen Mitglieder in Anspruch genommen werden können.6 5. Versorgungsleistungen

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Schuldner für die Bezahlung der Lieferungen von Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme ist der Vertragspartner des Versorgungsunternehmens. Hierbei handelt es sich um privatrechtlich vereinbarte Entgelte und nicht um öffentliche Abgaben. Hat also die Eigentümergemeinschaft diesen Vertrag abgeschlossen, wovon i.d.R. auszugehen ist,7 schuldet sie auch das vertraglich vereinbarte Entgelt. Fraglich ist aber die Person des Schuldners, wenn durch die Entnahme von Leistungen aus dem Verteilernetz eines Versorgungsunternehmens konkludent ein Vertragsschluss zustande kommt (z.B. §§ 2 Abs. 1 Satz 2 AVBWasserV, 2 Abs. 2 AVBEltV). Stellt ein Versorgungsunternehmen Leistungen zur Entnahme aus einem Versorgungsnetz zur Verfügung, stellt dies regelmäßig ein Vertragsangebot in Form einer Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages dar.8 Der BGH hatte zunächst angenommen, dass der Vertrag mit dem Grundstückseigentümer zustande komme.9 Dies waren somit die Wohnungseigentümer. Seine Auffassung hat der BGH jedoch insoweit aufgegeben.10 Nun vertritt er die Auffassung, dass der Vertrag mit dem Verband geschlossen wurde, was auch für Altfälle gelte, die vor der Rechtsfähigkeitsentscheidung des BGH vom 2.6.200511 zustande kamen. Insoweit soll kein Vertrauensschutz gelten, da eine Änderung der Rechtsprechung nicht zu unbilligen und unzumutbaren Härten führen würde. Daraus folgt aber gleichzeitig, dass die Wohnungseigentümer 1 BGH v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010, 1083 = MietRB 2010, 327 = ZWE 2010, 364 = NZM 2010, 672 für NW-KAG; v. 18.6.2009 – VII ZR 196/08, MDR 2009, 1034 = MietRB 2009, 260 = ZWE 2009, 373 = NJW 2009, 2521; OVG Sachsen-Anhalt v. 5.3.2009 – 4 M 448/08, ZWE 2009, 277; VG Gera v. 23.3.2010 – 2 E 121/10 Ge, ZWE 2010, 294. 2 OVG Münster v. 19.8.2013 – 9 E 398/13, ZWE 2013, 470; VG Gelsenkirchen v. 16.9.2009 – 13 K 711/08, ZMR 2010, 410. 3 VGH Mannheim v. 4.10.2005 – 2 S 995/05, ZMR 2006, 818; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 36. Erg. Lfg. Stand März 2007, § 8 Rz. 66. 4 KG v. 12.2.2008 – 27 U 36/07, MDR 2008, 967 = MietRB 2008, 141 = ZMR 2008, 557; a.A. KG v. 8.2.2007 – 22 U 79/06, ZMR 2008, 556. 5 Ebenso Zieglmeier, MietRB 2006, 337 (339). 6 OVG Lüneburg v. 1.7.2010 – 9 ME 15/10, ZWE 2010, 426. 7 BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, ZWE 2014, 25 = MietRB 2014, 144. 8 BGH v. 17.3.2004 – VIII ZR 95/03, MietRB 2004, 323 = NZM 2004, 425. 9 BGH v. 30.4.2003 – VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131. 10 BGH v. 7.3.2007 – VIII ZR 125/06, MDR 2007, 899 = MietRB 2007, 143 = NZM 2007, 363; v. 19.7. 2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = ZWE 2014, 25. 11 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547.

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§ 11

Unauflöslichkeit der Gemeinschaft

grundsätzlich gegenüber den Versorgern nicht gesamtschuldnerisch haften.1 Etwas anderes kann gelten, wenn der Vertrag einschließlich seiner AGB ausdrücklich eine gesamtschuldnerische Haftung vorsieht.2 Dazu muss die haftungsbegründende Regelung aber eindeutig und klar sein.3 Wird aus einer solchen gesamtschuldnerischen Haftung ein Wohnungseigentümer in Anspruch genommen, kann er vom Verband Freistellung verlangen.4

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Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (1) Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Dies gilt auch für eine Aufhebung aus wichtigem Grund. Eine abweichende Vereinbarung ist nur für den Fall zulässig, dass das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht. (2) Das Recht eines Pfändungsgläubigers (§ 751 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) sowie das im Insolvenzverfahren bestehende Recht (§ 84 Abs. 2 der Insolvenzordnung), die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ist ausgeschlossen. (3) Ein Insolvenzverfahren über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft findet nicht statt. I. Bedeutung der Vorschrift II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) 1. Wohnungseigentümer als Normadressat a) Erfasste Anspruchsteller . . . . . b) Erfasste Anspruchsgegner . . . . 2. Gegenstand der Unauflöslichkeit a) Weder teilrechtsfähiger Verband noch Bruchteilseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . b) Ziel des Gesetzes . . . . . . . . . . 3. Von § 11 Abs. 1 Satz 1 unmittelbar erfasste Sachverhalte a) Verlangen der Aufhebung aa) Anlehnung an das Recht der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . bb) Einseitiges Verlangen . . . . cc) Kein Ausschluss der einvernehmlichen Aufhebung . . . b) Ausdehnung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes aa) Besonderheit der Vorschrift bb) Ausgleich der Unaufhebbarkeit durch das Entziehungsverfahren . . . . . . . . . . . . 4. Vom Rechtsgedanken erfasste und nicht erfasste Beendigungstatbestände a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedingung und Befristung . . . . d) Schuldrechtliche Regelung von Beendigungstatbeständen . . . .

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e) Einseitige Aufhebung durch Eigentumsaufgabe . . . . . . . . . . f) Beseitigung eines isolierten Miteigentumsanteils . . . . . . . . . . g) Vereinigung aller Einheiten in einer Hand . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abweichende Vereinbarungen a) Ausschluss abweichender Vereinbarungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abänderung nach § 242 BGB und § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aa) Ansprüche aus § 242 BGB . bb) Ansprüche aus § 10 Abs. 2 S. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes 1. Dispositive Gesetzeslage a) Fortbestehen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum . . . . . b) Wiederaufbaupflicht nach § 22 Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen einer Vereinbarung a) Regelungsmöglichkeiten bei (teilweiser) Zerstörung der Baulichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwingende Voraussetzungen einer Vereinbarung aa) (Teilweise) Zerstörung des Gebäudes . . . . . . . . . . . . bb) Keine Verpflichtung zum Wiederaufbau . . . . . . . . . c) Keine Aufhebung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 A.A. KG v. 29.9.2006 – 7 U 251/05, MietRB 2007, 94 = ZMR 2006, 67, das noch eine gesamtschuldnerische Haftung annahm. 2 KG v. 8.2.2007 – 22 U 79/06, ZMR 2008, 556. 3 BGH v. 20.1.2010 – VIII ZR 329/08, MDR 2010, 620 = MietRB 2010, 112 = NZM 2010, 284. 4 KG v. 24.11.2009 – 24 W 18/08, ZMR 2010, 391.

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§ 11

Unauflöslichkeit der Gemeinschaft

d) Aufhebungsanspruch ohne Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . 3. Abdingbarkeit von § 11 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbs. . . . . . . . . . . . . . . 4. Analoge Anwendung bei „steckengebliebenem Bau“? a) Die Vorschläge im Schrifttum . . b) Möglichkeit des Weiterbaus . . . c) Unmöglichkeit des Weiterbaus . IV. Keine Aufhebung durch Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . 2. Nicht erfasste Fälle a) Gemeinschaft nach einvernehmlicher Aufhebung von Sonderund Gemeinschaftseigentum . . b) Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Hand . c) Isolierter Miteigentumsanteil und steckengebliebenes Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . V. Die Unauflösbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes

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1. § 11 Abs. 3 in der Systematik des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Unabdingbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes a) Der teilrechtsfähige Verband als zwingende Folge des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Der teilrechtsfähige Verband als notwendiges Bindeglied für den Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . 38 3. Insolvenzunfähigkeit des Verbandes a) Sinn der Vorschrift . . . . . . . . b) Rechtsfolgen aa) Unzulässigkeit eines Insolvenzantrags . . . . . . . . . bb) Unbegrenzte Zulässigkeit von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen . . . . cc) Über das Verwaltungsvermögen hinausgehende Vermögenswerte . . . . . . . .

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Schrifttum: Armbrüster, Versicherungsschutz für Wohnungseigentümer und Verwalter, ZMR 2003, 1; Armbrüster, Rechtsfähigkeit und Haftungsverfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2005, 369; Becker, Die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft, WE 1998, 128; Bork, Die Insolvenz der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZinsO 2005, 1067; Briesemeister, Die Dereliktion von Wohnungseigentum, ZWE 2007, 218; Demharter, Der Beschluss des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ZWE 2005, 357; Häublein, Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft: Auswirkungen auf die persönliche Haftung der Eigentümer und die Insolvenzfähigkeit, ZIP 2005, 1720; Kreuzer, Aufhebung von Wohnungseigentum, NZM 2001, 123; Maroldt, Die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – ein Paradigmenwechsel im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2005, 361.

I. Bedeutung der Vorschrift 1

Der Gesetzgeber hat Wohnungseigentum als „echtes Eigentum“ konzipieren wollen und hierfür in § 5 die neue sachenrechtliche Kategorie des Sondereigentums mehrerer Wohnungseigentümer an den Räumen eines Grundstücks entwickelt. In § 13 Abs. 1 hat er zu diesem Zweck die Befugnisse des Sondereigentümers nach dem Vorbild des § 903 BGB weitgehend dem Alleineigentum nachgebildet. Das neue Sondereigentum benötigte nun noch eine Bestandsgarantie, die gewährleistete, dass es nicht wie das einfache Bruchteilseigentum schon durch das Verlangen eines einzelnen Miteigentümers auseinandergesetzt bzw. im Wege der Teilungsversteigerung verwertet werden konnte. Diese Bestandsgarantie will § 11 Abs. 1, 2 gewährleisten. Im Laufe der Rechtsentwicklung zeigte sich, dass der Umgang Dritter gerade mit großen Wohnungseigentümergemeinschaften, insbesondere die unvermeidlichen Eigentümerwechsel, zu erheblichen praktischen Problemen führten, die mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gelöst werden sollten.1 In der Folge kam dem teilrechtsfähigen Verband die Funktion eines unentbehrlichen Bindegliedes zwischen Rechtsverkehr und Wohnungseigentümergemeinschaft zu, die im Falle der Insolvenz bedroht gewesen wäre. Deswegen schloss der Gesetzgeber in dem 2007 neu eingefügten Abs. 3 der Vorschrift ein Insolvenzvermögen über das Verwaltungsvermögen aus, um sicherzustellen, dass der teilrechtsfähige Verband auch auf diesem Wege nicht aufgelöst werden kann.

1 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 (551ff.).

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§ 11

Unauflöslichkeit der Gemeinschaft II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) 1. Wohnungseigentümer als Normadressat a) Erfasste Anspruchsteller

Die Norm regelt ausdrücklich nur den Fall, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann. Dass nur die Wohnungseigentümer als mögliche Anspruchsteller genannt werden, ist wohl der Anlehnung an die Normen des Gemeinschaftsrechts geschuldet. Das Aufhebungsverlangen Dritter findet lediglich in § 11 Abs. 2 für die Spezialfälle der Pfändung und der Insolvenz eine Regelung, also dort, wo dieses Recht aus der Rechtsstellung des Wohnungseigentümers abgeleitet werden könnte. Es kann aber nach dem Sinn der Vorschrift kein Zweifel bestehen, dass auch außerhalb dieser Sonderfälle Dritte nicht die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen können. Was selbst Wohnungseigentümern nicht zugestanden werden kann, kann noch viel weniger Außenstehenden zukommen. Wird ihnen durch Vereinbarung mit den Wohnungseigentümern ein entsprechendes Recht eingeräumt, ist dieser Vertrag jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 1 unwirksam. Dies gilt erst recht, wenn die Gemeinschaftsordnung einem Dritten eine entsprechende Möglichkeit vorbehält.

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b) Erfasste Anspruchsgegner Mit der Eingrenzung derjenigen, die den Anspruch nicht stellen können, ist auch der Kreis der möglichen Anspruchsgegner definiert. Die Terminologie, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung verlangen kann, zeigt, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 erst dann anwendbar ist, wenn neben dem teilenden Eigentümer bereits mindestens ein weiterer Wohnungseigentümer existiert. Die bloße Aufteilung nach § 8 und die Begründung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum genügt also noch nicht, selbst wenn die ungeteilte Liegenschaft einer Bruchteilsgemeinschaft gehört und nun sämtliche Einheiten im Eigentum einer Personenmehrheit stehen. Die Eigentümer dieser Bruchteilsgemeinschaft können nach wie vor die Teilungsversteigerung wegen jeder einzelnen Einheit beantragen. Die Unauflöslichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 tritt erst mit der Eintragung des ersten weiteren Wohnungseigentümers neben der teilenden Eigentümergemeinschaft ein. Nach allgemeinen Grundsätzen wird dieser Zeitpunkt vorverlagert, wenn für einen Erwerber aufgrund des wirksamen Erwerbsvertrages eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen wird und er Besitz an der erworbenen Wohnung erlangt. Denn nach den mittlerweile höchstrichterlich anerkannten Grundsätzen der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ wird die Gemeinschaft der Ersterwerber in allen Belangen schon wie die Wohnungseigentümergemeinschaft behandelt.1 Für die Unauflöslichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 kann nichts anderes gelten. Hingegen entsteht nach der Teilung gemäß § 3 mit der Eintragung in das Grundbuch die Wohnungseigentümergemeinschaft sofort, ohne das Übergangsstadium der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“. Folglich greift auch die Unauflöslichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 dann ab diesem Zeitpunkt ein.

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2. Gegenstand der Unauflöslichkeit a) Weder teilrechtsfähiger Verband noch Bruchteilseigentümergemeinschaft Das Gesetz redet davon, dass kein Wohnungseigentümer „die Aufhebung der Gemeinschaft“ verlangen kann. Der Begriff der „Gemeinschaft“, den auch § 11 Abs. 1 Satz 1 verwendet, ist schon im Gesetzesgebrauch außerhalb von § 11 mehrdeutig. Er bezeichnet zunächst den teilrechtsfähigen Verband (s. insb. § 10 Abs. 6), aber auch den Personenverband der Bruchteilseigentümer persönlich (s. § 43 Nr. 1). Beide sind in § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht gemeint. Auf den teilrechtsfähigen Verband kann § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht abstellen, da seine Auflösung die sachenrechtliche Konstruktion, 1 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = ZMR 2008, 805; BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = ZMR 2012, 711.

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Unauflöslichkeit der Gemeinschaft

insbesondere die Fortexistenz von Sondereigentum, unberührt ließe. Immerhin ist das deutsche Wohnungseigentumsrecht mit hunderttausenden von Gemeinschaften über ein halbes Jahrhundert ohne ihn ausgekommen. Zudem findet der teilrechtsfähige Verband in § 11 Abs. 3 eine Spezialregelung, die überflüssig wäre, wenn seine Unauflöslichkeit schon aus § 11 Abs. 1 Satz 1 folgte (s.u. Rz. 36 ff.). Aber auch die Bruchteilseigentümergemeinschaft der Wohnungseigentümer kann in § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht gemeint sein. Es fiele schon schwer, zu erfassen, was mit ihrer „Aufhebung“ gemeint sein soll. Tatsächlich besteht die Bruchteilseigentümergemeinschaft aber auch nach den anerkannten Fällen der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach 11 Abs. 1 Satz 3 zunächst fort. Zudem ist ihre Aufhebung nach den Regeln der Gemeinschaft, also §§ 749 ff. BGB, von dem Ausschluss des § 11 Abs. 1 Satz 1 dann gerade nicht mehr erfasst (s.u. Rz. 21 ff. u. 33). b) Ziel des Gesetzes 5

Mit „Gemeinschaft“ muss in § 11 Abs. 1 Satz 1 also eine dritte Komponente des Wohnungseigentums neben teilrechtsfähigem Verband und der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer gemeint sein, die sich nicht aus dem Begriff, sondern nur aus dem Sinn der Norm ergibt. § 11 Abs. 1 Satz 1 will nicht erst die Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft im Wege der Teilungsversteigerung ausschließen, sondern setzt noch früher, beim Wesen des Wohnungseigentums an: Die Vorschrift will bereits verhindern, dass durch Rückführung des Wohnungs- in Bruchteilseigentum die rechtliche Existenz des Sondereigentums verloren geht. Der Begriff der Aufhebung der Gemeinschaft hat in § 11 Abs. 1 Satz 1 also eine rein sachenrechtliche Bedeutung: Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung des Sonder- und Gemeinschaftseigentums (zum Zwecke der Aufhebung der dann wieder auflebenden Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer) verlangen. Dass der Gesetzgeber, zumal er den teilrechtsfähigen Verband naturgemäß noch nicht kannte, mit der insoweit unpassenden Begrifflichkeit des Gemeinschaftsrechtes arbeitete, darf den Blick auf den eigentlichen Sinn der Vorschrift nicht verstellen. Dieses Verständnis wird auch durch die ganz h. M. zur Behandlung des so genannten „isolierten Miteigentumsanteils“ bestätigt. Denn in diesem Zusammenhang wird § 11 Abs. 1 Satz 1 auf den Miteigentümer, dem zwar ein Miteigentumsanteil, aber kein Sondereigentum zusteht, gerade nicht angewandt.1 Vielmehr wird ihm umgekehrt aus § 242 BGB sogar ein Anspruch auf Korrektur der für ihn misslichen Lage durch Übertragung seines isolierten Miteigentumsanteils auf die anderen Wohnungseigentümer zugebilligt.2 Dies läuft auf eine zwangsweise Teilaufhebung der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer hinaus, was zeigt, dass diese Gemeinschaft vom Normbefehl des § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht gemeint sein kann, sondern nur die rein sachenrechtliche Fortexistenz von Sonderund Gemeinschaftseigentum. Da § 11 keine besonderen Regelungen wie § 18 Abs. 1 Satz 2 aufstellt, gilt das Gebot der Unauflöslichkeit auch für Kleinstgemeinschaften.3 3. Von § 11 Abs. 1 Satz 1 unmittelbar erfasste Sachverhalte a) Verlangen der Aufhebung aa) Anlehnung an das Recht der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB)

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Die Vorschrift erfasst ihrem Wortlaut nach nur das einseitige Verlangen eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Beendigung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Vorschrift orientiert sich insoweit an den Vorschriften zur Gemeinschaft. Dies ist der Konzeption der Wohnungseigentümergemeinschaft als modifizierte 1 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 f.; BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206; BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59 (62); ähnlich schon Voraufl. § 11 WEG Rz. 9. 2 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 f.; BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206; BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59 (62); vgl. u. Rz. 16. 3 Skauradszun in BeckOK, § 11 WEG Rz. 5.

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§ 11

Unauflöslichkeit der Gemeinschaft

Bruchteilsgemeinschaft geschuldet. Der einzelne Wohnungseigentümer kann also nicht den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft aus § 749 Abs. 1 BGB geltend machen. Aufgrund der Orientierung am Gemeinschaftsrecht erwähnt § 11 Abs. 1 nicht auch die für Bruchteilseigentümer eines Grundstücks eigentlich näher liegende Möglichkeit der Teilungsversteigerung gemäß §§ 180 ff. ZVG. Auch diese ist nach dem Regelungszweck von § 11 Abs. 1 Satz 1 ausgeschlossen. bb) Einseitiges Verlangen § 11 Abs. 1 Satz 1 will nur verhindern, dass ein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft „verlangt“, also einen einseitigen Anspruch gegen den Willen der Wohnungseigentümer geltend macht. Dabei ist gleichgültig, auf welche rechtliche Grundlage das Aufhebungsverlangen gestützt wird. Ausgeschlossen ist demnach nicht nur die Aufhebung nach dem Recht der Gemeinschaft (§ 749 Abs. 1 BGB) oder im Wege der Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG). Durch § 11 Abs. 1 Satz 1 sind auch andere Möglichkeiten des bürgerlichen Rechtes, die auf eine zwangsweise Auflösung der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschlossen. So kann auch ein getäuschter Wohnungseigentümer nicht im Wege der Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB seine Willenserklärung zum Vertrag nach § 3 mit dem Ziel anfechten, die bereits entstandene Wohnungseigentümergemeinschaft – sogar mit Rückwirkung – zu beseitigen.1 Ebenso wenig kann in solchen Fällen Schadensersatz mit dem Ziel einer Naturalrestitution verlangt werden, die auf eine Wiederherstellung des früheren Bruchteilseigentums hinausläuft. Schließlich laufen auch Rechte Dritter (zu ihnen s.o. Rz. 2) leer, wenn etwa trotz eines gegen das Veräußerungsverbot aus § 23 Abs. 1 S. 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB Wohnungseigentum begründet2 und dieses in das Grundbuch eingetragen wurde. Nach Entstehen einer (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft schließt schon § 11 Abs. 1 Satz 1 eine Rückabwicklung auch in derartigen Fällen aus, unabhängig davon, ob der oder die Erwerber gutgläubig waren oder nicht.

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cc) Kein Ausschluss der einvernehmlichen Aufhebung Nicht ausgeschlossen ist demnach die Möglichkeit einer einvernehmlichen Beendigung der Gemeinschaft.3 Die Wohnungseigentümer können also einvernehmlich zu einer einfachen Bruchteilsgemeinschaft zurückkehren oder das Grundstück real teilen, wenn etwa ein baurechtliches Hindernis hierfür entfallen ist. Dies erfordert aber stets die Einigung und Auflassung in der Form der §§ 311b Abs. 1 Satz 1, 925 Abs. 1 Satz 1 BGB,4 da mit der Aufhebung der Gemeinschaft die Aufhebung des Sondereigentums verbunden ist.5 Der Aufhebung müssen ferner die an einzelnen Wohnungen dinglich Berechtigten zustimmen.6 Hingegen bedarf es der Zustimmung der am ganzen Grundstück Berechtigten nicht, da ihr Recht durch die Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht beeinträchtigt wird.7 Denkbar ist auch eine einvernehmliche Teilaufhebung der Gemeinschaft, etwa durch Abtrennung eines Teils des gemeinschaftlichen Grundstücks und Überführung in andere Eigentumsverhältnisse. In der Praxis wird dies bei der Veräußerung eines Teils des gemeinschaftlichen Grundstücks relevant, wobei die Teilaufhebung der Gemeinschaft dann in der Regel gar nicht mehr thematisiert wird.8 Auch eine solche Teilaufhebung erfor1 So richtig Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 2. 2 Hierzu s. BGH v. 29.3.2013 – V ZB 103/11, MietRB 2012, 201 = ZMR 2013, 638. 3 BayObLG v. 10.12.1979 – BReg 2 Z 23/78, Rpfleger 1980, 110; Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 2; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 2. 4 So zutreffend Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 4; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 9; a.A. für „die generelle Aufhebbarkeit“ Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 15 (im Gegensatz zur „Umsetzung in einer generellen Situation“). 5 Hierzu s. OLG Frankfurt v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, NJW-RR 1990, 1042 f. 6 OLG Frankfurt v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, NJW-RR 1990, 1042 f.; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 8. 7 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 8. 8 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = MietRB 2013, 208 = IMR 2013, 294 = ZMR 2013, 730.

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dert aber die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer bei der Einigung und Auflassung des betroffenen Grundstücksteils. Bei Streitigkeiten über einen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft entscheidet das Amtsgericht, Abteilung für Wohnungseigentumssachen, da es sich um ein Verfahren nach § 43 Nr. 1 handelt.1 Nach der Aufhebung liegt entweder wieder eine Bruchteilsgemeinschaft oder bei Realteilungen ein reines Nachbarschaftsverhältnis vor, so dass sich Streitigkeiten aus der Auflösung wieder nach dem allgemeinen Instanzenzug der Zivilgerichtsbarkeit richten.2 b) Ausdehnung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes aa) Besonderheit der Vorschrift 9

Die Vorschrift geht weit über den Ausschluss der vereinbarten Unauflöslichkeit einer Eigentümergemeinschaft hinaus. Zwar können gemäß §§ 751 S. 1, 749 Abs. 2 S. 1 BGB auch die Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft das Recht ausschließen, die Aufhebung einer Gemeinschaft zu verlangen. Trotz eines solchen Ausschlusses kann die Aufhebung der Gemeinschaft aber nach § 749 Abs. 2 S. 1 letzter Hs. BGB „gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.“ Dies bedeutet nicht nur, dass sich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kein Teilhaber mehr auf einen Ausschluss der Aufhebung berufen kann, auch wenn dieser keine Regelung für diesen Fall vorsieht. Vielmehr kann die Aufhebung von vorneherein nicht für den Fall ausgeschlossen werden, dass ein wichtiger Grund vorliegt. § 11 Abs. 1 Satz 1 verkehrt diese Regelung aus dem Gemeinschaftsrecht in ihr Gegenteil und schließt die Aufhebung selbst für den Fall aus, dass ein wichtiger Grund vorliegt. bb) Ausgleich der Unaufhebbarkeit durch das Entziehungsverfahren

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Wenn also die Existenz von Gemeinschafts- und Sondereigentum unumkehrbar ist, können sich die Wohnungseigentümer auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht durch Beendigung dieser sachenrechtlichen Konstruktion auseinandersetzen. Denkbar ist nur das Ausscheiden aus dem Verband. Dies kann ein jeder Wohnungseigentümer durch Veräußerung seines Sondereigentums, verbunden mit seinem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum bewerkstelligen,3 nicht jedoch durch Eigentumsaufgabe (vgl. u. Rz. 15). Diese Lösung ist natürlich rechtlich nicht befriedigend, wenn der wichtige Grund in Störungen des Gemeinschaftsfriedens durch einen anderen Wohnungseigentümer liegt. Deshalb wählt das Gesetz für diesen Fall die Möglichkeit des Ausschlusses eines Wohnungseigentümers, wenn er seine Pflichten gegenüber anderen Wohnungseigentümern so schwerwiegend verletzt hat, dass ihnen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht zugemutet werden kann.4 Diese „Entziehung des Wohnungseigentums“ genannte Teilbeendigung der Gemeinschaft durch zwangsweise Veräußerung des Sondereigentums ist in §§ 18, 19 geregelt. 4. Vom Rechtsgedanken erfasste und nicht erfasste Beendigungstatbestände a) Grundsatz

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§ 11 Abs. 1 Satz 1 erfasst dem Wortlaut nach nur das einseitige Verlangen eines oder mehrere Wohnungseigentümer, Sonder- und Gemeinschaftseigentum aufzuheben. Es herrscht aber Einigkeit darüber, dass das Gesetz weiter reichen und das Wohnungseigentum als echtes Eigentum vor jeglicher zwangsweisen Aufhebung des Sondereigentums gegen den Willen auch nur eines Miteigentümers schützen wollte.5 1 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 7; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 10; Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 19. 2 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 7; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 11; Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 19. 3 Briesemeister, ZWE 2007, 218 (225). 4 Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 3; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 1. 5 Briesemeister, ZWE 2007, 218 (225); Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 1; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 1.

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Deshalb sind auch andere Möglichkeiten, die hierauf hinauslaufen, wegen eines Gesetzesverstoßes gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 WEG (in zumindest entsprechender Anwendung) unwirksam.1 b) Beschluss Kein Streit herrscht darüber, dass die Wohnungseigentümer über die Aufhebung der Gemeinschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht mit Mehrheitsbeschluss befinden können. Dies stellt zwar kein einseitiges Verlangen eines Wohnungseigentümers dar. Der Eigentümerversammlung fehlt aber für einen solchen Eingriff in den sachenrechtlichen Bestand der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn die Gemeinschaftsordnung eine Öffnungsklausel enthält. Denn diese erfasst nicht die Änderung des sachenrechtlichen Grundverhältnisses der Wohnungseigentümer.2

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c) Bedingung und Befristung Es folgt wohl schon aus § 11 Abs. 1 Satz 1, dass der Fortbestand der Gemeinschaft in Sinne dieser Vorschrift nicht unter eine auflösende Bedingung oder Befristung gestellt werden kann, auch wenn es sich dabei nicht um ein einseitiges Verlangen eines Wohnungseigentümers handelt. Letztlich folgt der Ausschluss einer solchen Aufhebung der Gemeinschaft aber zumindest aus § 4 Abs. 2 S. 2, wonach Sondereigentum nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt werden kann.3

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d) Schuldrechtliche Regelung von Beendigungstatbeständen Verbreitet wird vertreten, dass sich die Wohnungseigentümer schuldrechtlich verpflichten können, bei Eintritt einer bestimmten Bedingung der Aufhebung der Gemeinschaft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 zuzustimmen.4 Das erscheint nach dem Sinn der Vorschrift zweifelhaft. Denn auch hierdurch wird einem einzelnen Wohnungseigentümer die Möglichkeit gegeben, gegen den Willen der anderen die Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu verlangen. Anders als bei der einvernehmlichen Aufhebung, die bereits die Umwandlung selbst regelt, besteht bei der Normierung von Beendigungstatbeständen nämlich nur ein Anspruch hierauf.

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e) Einseitige Aufhebung durch Eigentumsaufgabe Teilweise wird auch die Eigentumsaufgabe als Teilaufhebung der Gemeinschaft angesehen.5 Dies erscheint nach hier vertretener Auffassung zweifelhaft. Dass ein Sondereigentum nicht subjektlos gedacht werden kann, wird von den Vertretern dieser Auffassung mehr behauptet als begründet.6 Wieso für Wohnungseigentum als „echtem Eigentum“ anderes gelten soll als für sonstige Grundstücke, erscheint nicht nachvollziehbar. Zutreffend ist allerdings die Erwägung, dass die Miteigentümer durch die Eigentumsaufgabe zwangsläufig einen höheren Beitrag an den Gemeinschaftslasten übernehmen müssten, wofür es keine Rechtfertigung gäbe.7 Im Ergebnis scheidet die Aufgabe von Wohnungseigentum damit aus, so dass es auf ihre rechtliche Einschätzung als Teilaufhebung nicht ankommt. 1 BayObLG v. 10.12.1979 – BReg 2 Z 23/78, Rpfleger 1980, 110; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 1. 2 OLG Stuttgart v. 12.12.1985 – 8 W 344/84, NJW-RR 1986, 815; OLG Köln v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97, ZMR 1998, 373. 3 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 Rz. 6; Voraufl. § 11 WEG Rz. 6d. 4 So ohne Begründung BayObLG v. 10.12.1979 – 2 Z 23/78, Rpfleger 1980, 110 f.; dem folgend Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 23; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 5; Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, § 4 Rz. 6; a.A. Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 1 2; u. Voraufl. § 11 WEG Rz. 11. 5 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 21. 6 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = ZMR 2007, 795 f.; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 21. 7 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = ZMR 2007, 795 f.; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 21.

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f) Beseitigung eines isolierten Miteigentumsanteils 16

Die ungenügende Beachtung von § 5 Abs. 2 kann bekanntlich dazu führen, dass Bestandteile des Bauwerks in der Teilungserklärung dem Sondereigentum zugeordnet werden, die nach dieser Vorschrift zwingend dem Gemeinschaftseigentum zugehören. Prominente Fälle aus der jüngeren Rechtsprechung sind Heizkörper,1 Versorgungsleitungen2 und Wohnungsabschlusstüren.3 Es kann jedoch auch dazu kommen, dass die Begründung von Sondereigentum für eine Einheit insgesamt fehlschlägt, weil sie wie etwa eine Blockheizanlage der Versorgung der gesamten Liegenschaft gemäß § 5 Abs. 2 dient. Dann hat derjenige, dem diese Einheit zugeordnet wurde, nur einen Miteigentumsanteil ohne Sondereigentum erworben (einen so genannten „isolierten Miteigentumsanteil“).4 In der Folge ist er zwar verpflichtet, sich nach § 16 Abs. 2 entsprechend seinem Miteigentumsanteil an den Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen, hat aber mangels Sondereigentums keinen Nutzen hiervon.5 Nach ganz h.M. kann er aus § 242 BGB die Bereinigung dieser Situation verlangen,6 was etwa in der Form geschehen kann, dass die übrigen Wohnungseigentümer die substanzlosen Miteigentumsanteile übernehmen.7 Obwohl hierdurch eine Teilaufhebung der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer gegen deren Willen durchgesetzt werden kann, verstößt diese Praxis nicht gegen § 11 Abs. 1 Satz 1. Denn die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft bezieht sich, wie oben dargelegt, nur auf die Fortexistenz von Sonder- und Gemeinschaftseigentum, nicht auf die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer. Da der Bruchteilseigentümer mit dem isolierten Miteigentumsanteil in dieser Konstellation gerade kein Sondereigentum erworben hat, wird in das Gefüge von Sonder- und Gemeinschaftseigentum gerade nicht eingegriffen. Das Aufhebungsverlangen betrifft alleine die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer. g) Vereinigung aller Einheiten in einer Hand

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§ 11 Abs. 1 Satz 1 verhindert schließlich auch nicht die Aufhebung der Gemeinschaft, wenn eine natürliche oder juristische Person alle Einheiten in ihrer Hand vereinigt. Dann fehlt es schon an einem „Verlangen“ anderen Wohnungseigentümern gegenüber. Die Folgen dieser Konstellation sind in §§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 10 Abs. 7 Satz 4 geregelt: Das Wohnungseigentum bleibt auch bei Konfusion bestehen, der Eigentümer kann aber die Schließung der Wohnungsgrundbücher beantragen. 5. Abweichende Vereinbarungen a) Ausschluss abweichender Vereinbarungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3

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§ 11 Abs. 1 Satz 3 normiert den einzigen Ausnahmefall, in dem die Aufhebung der Gemeinschaft verlangt werden kann. Dies ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes („ist nur für den Fall zulässig“), der im Umkehrschluss zu entnehmen ist, dass selbst Vereinbarungen über die Aufhebung der Gemeinschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 sonst nicht geschlossen werden können. Selbst diesbezügliche Regelungen in der Teilungserklärung oder nachträgliche Vereinbarungen sind also kraft Gesetzes unwirksam.8 Dies gilt erst recht für Beschlüsse. Erfasst sind über den Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 3 hinaus auch sämtliche anderen Gestaltungen von Teilungserklä1 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = ZMR 2011, 971 = ZWE 2011, 394. 2 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, IMR 2013, 190 = MietRB 2013, 147 = ZMR 2013, 454. 3 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 = NJW 2014, 379. 4 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 (448). 5 Plastisch der Fall in BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199. 6 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 f.; BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206 (208); BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199. 7 BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206; BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59 (62). 8 Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 2.

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rung oder Vereinbarungen, die eine Aufhebung von Sonder- oder Gemeinschaftseigentum gegen den Willen mindestens eines Miteigentümers ermöglichen. b) Abänderung nach § 242 BGB und § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aa) Ansprüche aus § 242 BGB Die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 steht wie das gesamte Schuldrecht unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Demnach kann ein Wohnungseigentümer aus § 242 BGB auch die Auflösung der Gemeinschaft verlangen, wenn ein Festhalten hieran, so die ständige Formel der Rechtsprechung für Ansprüche auf Abänderung von Vereinbarungen, aufgrund außerordentlicher Umstände grob unbillig wäre. Dies wird nur in seltenen Ausnahmefällen anzunehmen sein. Insbesondere ist die ungenügende wirtschaftliche Verwertbarkeit eines Teiloder Wohnungseigentums in aller Regel kein Grund, der ein Auflösungsverlangen aus Treu und Glauben rechtfertigt. Denn das Verwendungsrisiko für sein Teil- oder Wohnungseigentum trägt jeder Miteigentümer selbst.1 Relevante Fälle eines Anspruchs auf eine Aufhebung entgegen § 11 Abs. 1 Satz 1 dürfte vorrangig die Zerstörung des Gebäudes sein, die nicht durch eine zulässige Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 geregelt sind. Denn nach der Gesetzeslage bliebe es auch dann bei der Unaufhebbarkeit der Gemeinschaft. Ein Festhalten hieran kann etwa dann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich ein Miteigentümer nicht an den Kosten des Wiederaufbaus beteiligen, aber für diesen Fall gleichwohl sein Sondereigentum ungeschmälert wieder in Anspruch nehmen will. Ähnliches kann bei wirtschaftlicher Unverwertbarkeit des Grundstückes nach der Zerstörung der Gebäude gelten.2

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bb) Ansprüche aus § 10 Abs. 2 S. 3 Teilweise wird darüber hinaus angenommen, jeder Wohnungseigentümer könne auch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 eine Abweichung von der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 verlangen.3 Dies wäre für den betroffenen Wohnungseigentümer eine erhebliche Erleichterung gegenüber einem Anspruch aus § 242 BGB. Denn § 10 Abs. 2 Satz 3 erfordert nur schwerwiegende statt außerordentlicher Gründe wie § 242 BGB und gewährt schon bei einfacher Unbilligkeit der bestehenden Regelung einen Abänderungsanspruch, nicht erst bei grober Unbilligkeit wie § 242 BGB. Dieser Weg zur Aufhebung der Gemeinschaft wird aber nach der Rechtsprechung des BGH zu § 10 Abs. 2 Satz 3 nicht mehr gangbar sein. Denn der BGH hält § 10 Abs. 2 Satz 3 in Übereinstimmung mit dem vom Gesetzgeber geäußerten Willen nur bei Vereinbarungen der Wohnungseigentümer für anwendbar, nicht aber bei Eingriffen in das sachenrechtliche Grundverhältnis4 Gerade dieses wäre aber bei der Aufhebung von Gemeinschafts- und Sondereigentum betroffen. Es bleibt also nur der anspruchsvollere Weg über § 242 BGB.

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III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes 1. Dispositive Gesetzeslage a) Fortbestehen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum Enthält die Teilungserklärung keine abweichende Regelung und treffen die Wohnungseigentümer auch nachträglich keine abweichende Vereinbarung, so bleibt die Rechtslage auch nach (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes unverändert.5 Die Gemeinschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1, mithin das Gemeinschafts- und Sonder1 Briesemeister, ZWE 2007, 218 (225); Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 3. 2 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 11; vgl. u Rz. 21. 3 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 Rz. 3. 4 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZMR 2012, 793 ff. 5 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 9 u. 25; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 3.

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eigentum, bestehen rechtlich fort. Insoweit bestehen keine Unterschiede zu dem noch „zu errichtenden Gebäude“ gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1. Wird das Gebäude abweichend von der im Grundbuch gewahrten rechtlichen Teilung wiedererrichtet, bleiben die Abgrenzungen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum maßgeblich. Sofern nach einer solchen rein tatsächlichen Zerstörung des Gebäudes das Entstehen isolierter Miteigentumsanteile angenommen wird,1 ist dies zumindest ungenau. Anders als in diesen Fällen bleibt die rechtliche Entstehung von Sondereigentum alleine durch seine tatsächliche Zerstörung unberührt. Es kommt also gerade nicht mangels Sondereigentumsfähigkeit zu einem isolierten Miteigentumsanteil. Vielmehr ist die Situation derjenigen nach der Aufteilung eines noch zu errichtenden Gebäudes vergleichbar: Die rechtliche Situation eilt der tatsächlichen gewissermaßen voraus. Man kann allenfalls darüber diskutieren, ob mangels tatsächlicher Baulichkeiten nur eine Art Anwartschaftsrecht auf das noch zu errichtende Sondereigentum besteht.2 Dieses erstarkt aber jedenfalls mit der tatsächlichen Errichtung der Baulichkeiten ohne Weiteres zum Vollrecht. b) Wiederaufbaupflicht nach § 22 Abs. 4 22

Von der sachenrechtlichen Lage strikt zu trennen ist die Frage nach der Wiederaufbaupflicht bzw. ihrem Wegfall nach § 22 Abs. 4. Diese Vorschrift regelt alleine die Möglichkeit der Mehrheit, den Wiederaufbau auch gegen den Willen einer Minderheit zu beschließen. Selbst wenn dies infolge zu weitgehender Zerstörung nicht mehr in Frage kommt, bleibt doch die sachenrechtliche Lage unberührt. Wird das Gebäude also, da ein Mehrheitsbeschluss infolge mehr als hälftiger Zerstörung gemäß § 22 Abs. 4 ausgeschlossen ist, nur auf Kosten einiger oder im Extremfall eines Wohnungseigentümers wiederaufgebaut, verbleibt es bei der im Grundbuch gewahrten sachenrechtlichen Aufteilung. Auch derjenige Wohnungseigentümer, der sich an den Kosten nicht beteiligt hat, erhält somit wieder das Sondereigentum in dem von der Teilungserklärung vorgesehenen Umfang. Gerade diese Konstellation dürfte einer der Hauptanwendungsfälle für einen Anspruch aus § 242 BGB auf Abweichung von § 11 Abs. 1 Satz 1 sein (vgl. o. Rz. 19). 2. Voraussetzungen einer Vereinbarung a) Regelungsmöglichkeiten bei (teilweiser) Zerstörung der Baulichkeiten

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Dieses Auseinanderfallen von sachenrechtlicher und tatsächlicher Lage kann bereits auf der Ebene der Gemeinschaftsordnung (natürlich auch durch nachträgliche Vereinbarung) zumindest teilweise aufgefangen werden. Insbesondere kann die Vorgabe des § 22 Abs. 4, wonach eine Zerstörung zu mehr als der Hälfte einen Anspruch auf Wiederaufbau ausschließt, modifiziert werden. In der Gemeinschaftsordnung oder durch Vereinbarung kann also durchaus geregelt werden, dass auch ein mehr als hälftig gemäß § 22 Abs. 4 zerstörter Bau unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer wiederaufzubauen ist. Eine solche Lösung stößt aber spätestens bei mangelnder Leistungsfähigkeit einiger Wohnungseigentümer an ihre Grenzen. Zudem kann es wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein, die Baulichkeiten nach ihrer Zerstörung nicht im ursprünglichen Zustand wieder zu errichten.3 Alleine ein solcher Wiederaufbau wäre aber rechtlich möglich, sofern sich die Wohnungseigentümer nicht einigen können. Deshalb kann es angeraten erscheinen, die Folgen einer (teilweisen) Zerstörung der Baulichkeiten bereits vorab abweichend von § 11 Abs. 1 Satz 1 zu regeln. Denkbar ist es etwa, die Gemeinschaft bei gänzlicher Zerstörung der Baulichkeiten in jedem Falle aufzulösen. Ebenso kann es sinnvoll sein, den Fortbestand der sachenrechtlichen Lage von einer anteiligen Beteiligung an den Wiederaufbaukosten abhängig zu machen und ansonsten die Teilaufhebung der Gemeinschaft zu vereinbaren (vgl. u. Rz. 24). Diese Möglichkeit eröffnet § 11 Abs. 1 Satz 3. 1 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 9. 2 So zutreffend BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 12. 3 Zur versicherungsrechtlichen Seite s. aber Armbrüster, ZMR 2003, 1 (2).

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Unauflöslichkeit der Gemeinschaft b) Zwingende Voraussetzungen einer Vereinbarung aa) (Teilweise) Zerstörung des Gebäudes

Eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 kann nur für den Fall getroffen werden, dass das Gebäude „ganz oder teilweise zerstört wird“. Dies setzt die physische Vernichtung eines Teils der Substanz voraus. Eine rein wirtschaftliche Entwertung etwa durch Änderungen in der Verkehrsinfrastruktur kann nicht als Voraussetzung einer Aufhebung der Gemeinschaft vereinbart werden. Der Gesetzgeber bestimmt aber keinen Mindestgrad der Zerstörung als Voraussetzung einer Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3. Grenzen ergeben sich daher nur aus dem Begriff der Zerstörung, der eine stärkere Beeinträchtigung der physischen Substanz eines Gebäudes voraussetzt als eine bloße Beschädigung. Halten Gemeinschaftsordnung bzw. nachträgliche Vereinbarungen diese Grenze ein, kann auch ein sehr geringer Grad der Zerstörung als Voraussetzung einer von § 11 Abs. 1 Satz 1 abweichenden Vereinbarung herangezogen werden. Insbesondere ist eine Zerstörung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 nicht schon deswegen zu verneinen, weil einige Einheiten noch bewohnbar sind.1 Ebenso wenig, wie die Miteigentümer in den unzerstörten Wohnungen ihres Sondereigentums beraubt werden dürfen,2 ist es zulässig, die Miteigentümer, deren Sondereigentum zerstört ist, weiterhin ohne Nutzen an den Lasten des Gemeinschaftseigentums zu beteiligen. Vielmehr kann diese Konstellation durch eine Teilaufhebung bereinigt werden. Hier kann nichts anderes gelten als beim isolierten Miteigentumsanteil oder dem endgültig steckengebliebenen Bau. Nur dies entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes, das eine teilweise Zerstörung ausdrücklich genügen lässt.

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bb) Keine Verpflichtung zum Wiederaufbau Die Regelungsmöglichkeit des § 11 Abs. 1 Satz 3 ist nur eröffnet, wenn „eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht.“ Sofern sich die Kommentarliteratur hierzu äußert, geht sie davon aus, dass sie dann gegeben ist, wenn eine Versicherung den Schaden abdeckt.3 Dies dürfte im Grundsatz richtig sein, da die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums nach § 21 Abs. 4 von jedem Wohnungseigentümer verlangt werden kann. Allerdings befinden die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 mehrheitlich über ein entsprechendes Verlangen. Wird ein entsprechender Antrag abgelehnt, muss ein Individualanspruch im Wege der Beschlussanfechtung und -ersetzung durchgesetzt werden. Ansonsten kann er durch die Bestandskraft eines Beschlusses, der hinter einer ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zurückbleibt, ausgehebelt werden. Ein solcher Beschluss, der nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist nur anfechtbar, aber nicht nichtig.

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c) Keine Aufhebung durch Beschluss Eine Regelung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 kann nicht durch Beschluss getroffen werden. Sofern die Gemeinschaftsordnung keine Öffnungsklausel enthält, ergibt sich dies schon daraus, dass § 11 Abs. 1 Satz 3 eine Vereinbarung verlangt. Es besteht also keine Beschlusskompetenz. Aber auch eine Öffnungsklausel erlaubt keine von § 11 Abs. 1 Satz 1 abweichende Regelung.4 Ein solcher Beschluss würde nämlich in das sachenrechtliche Grundverhältnis eingreifen, was Beschlüssen auch beim Vorliegen einer Öffnungsklausel nicht möglich ist.5 1 So Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 7; für Mehrhausanlagen auch Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 11, der aber einräumt, dass diese Lösung nicht befriedigt. 2 Richtiger Einwand von Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 7. 3 So Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 10 u. 26; differenzierend Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 7. 4 Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 9 (selbst für einstimmige Beschlüsse); a.A. Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 5f.; Klein in Bärmann, § 11 WEG Rz. 19. 5 OLG Stuttgart v. 12.12.1985 – 8 W 344/84, NJW-RR 1986, 815; OLG Köln v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97, ZMR 1998, 373.

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d) Aufhebungsanspruch ohne Vereinbarung 27

Bisweilen wird auch ohne entsprechende Vereinbarung ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft nach der Zerstörung der Baulichkeiten bejaht, was mit einer analogen Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 3 begründet wird.1 Dies erscheint in mehrfacher Hinsicht zweifelhaft. Zum einen ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Satz 3 in direkter (und somit auch in analoger) Anwendung kein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft, sondern nur die Möglichkeit zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung in Abweichung von § 11 Abs. 1 Satz 1. Die Analogie ginge somit über die herangezogene Norm hinaus und würde sie letztlich sogar gegenstandslos machen. Denn wenn aus § 11 Abs. 1 Satz 3 ohnehin in analoger Anwendung ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft besteht, bedarf es der direkten Anwendung der Vorschrift mit der dort eingeräumten bloßen Möglichkeit einer diesbezüglichen Vereinbarung nicht mehr. Ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft kann sich aber wohl ähnlich wie beim isolierten Miteigentumsanteil aus § 242 BGB ergeben. Dies setzt allerdings voraus, dass einem oder mehreren Miteigentümern die Aufrechterhaltung der sachenrechtlichen Situation nach der Zerstörung der Baulichkeiten grob unbillig ist.2 3. Abdingbarkeit von § 11 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbs.

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Eine Regelung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 steht im Ermessen des teilenden Eigentümers bzw. der Wohnungseigentümer. Daher können sie auch eine weniger weitgehende Bestimmung treffen, die die Aufhebung erschwert, etwa die teilweise Zerstörung näher definieren, insbesondere von einem gewissen Grad der physischen Substanzvernichtung abhängig machen.3 Fraglich ist, ob man durch die Gemeinschaftsordnung oder eine nachträgliche Vereinbarung auch in der anderen Richtung von § 11 Abs. 1 Satz 3 abweichen kann, die abweichende Vereinbarung also erleichtern kann. In Betracht kommt insbesondere eine Regelung dazu, dass die Wiederaufbaupflicht auch bei ausreichender Versicherungsdeckung nicht besteht. Im Hinblick auf § 22 Abs. 4 dürften hier keine Bedenken bestehen, da die Vorschrift abdingbar ist.4 Allerdings regelt § 11 Abs. 1 Satz 3 die Ausnahmen von der ihrerseits unabdingbaren Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 abschließend. Würde man die Verpflichtung zum Wiederaufbau gegenüber § 22 Abs. 4 vorab stärker einschränken, erleichterte dies somit die Aufhebung der Gemeinschaft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1. Eine entsprechende Regelung wäre daher unwirksam.5 4. Analoge Anwendung bei „steckengebliebenem Bau“? a) Die Vorschläge im Schrifttum

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Teilweise wird eine analoge Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 3 auch für den Fall vorgeschlagen, dass die Liegenschaft nicht in dem geplanten Umfang errichtet wird, etwa nicht alle Häuser einer Mehrhausanlage gebaut werden (so genannter „steckengebliebener Bau“). Der teilende Eigentümer bzw. die Bruchteilseigentümer sollen diese Möglichkeit bereits bei der Teilung nach §§ 3, 8 berücksichtigen und die Möglichkeit einer Aufhebung der Gemeinschaft analog §§ 11 Abs. 1 Satz 3 vereinbaren können.6 Einige Stimmen gehen noch darüber hinaus und halten § 11 Abs. 1 Satz 3 sogar dann für entsprechend anwendbar, wenn die Teilungserklärung eine solche Re1 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 24; Klein in Bärmann, § 11 WEG Rz. 25; a.A. schon Voraufl. § 11 WEG Rz. 10. 2 BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199; Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 13; erwogen als Alternative zur Analogie zu § 11 Abs. 1 Satz 3 auch von Elzer in Riecke/ Schmid, § 11 WEG Rz. 24; ähnlich Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 3, wo aber zu Unrecht auf § 10 Abs. 2 Satz 3 abgestellt wird, s.o. Rz. 20. 3 Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 9. 4 S. § 22 Rz. 80. 5 Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 9; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 5. 6 Klein in Bärmann, § 11 WEG Rz. 24.

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gelung nicht enthält.1 Für eine solche Analogie dürfte allerdings die Grundlage fehlen, da es an der Vergleichbarkeit des steckengebliebenen Baus mit der Zerstörung, aber auch an einer Regelungslücke fehlt. b) Möglichkeit des Weiterbaus Ist der Weiterbau rechtlich und tatsächlich möglich, so fehlt es bereits an einer § 11 Abs. 1 Satz 3 vergleichbaren Situation. Denn die Nichterrichtung steht der physischen Zerstörung nicht gleich, da es an einer vergleichbaren Zerstörung von Vermögenswerten fehlt. In aller Regel finanzieren die angehenden Wohnungseigentümer ihre Wohnungen nicht vollständig vor, sondern leisten Raten nach Baufortschritt. Der Vermögensverlust etwa durch die Insolvenz des Bauträgers erreicht dann unter keinen Umständen den in § 11 Abs. 1 Satz 3 vorausgesetzten Umfang. Zudem fehlt es auch an einer Regelungslücke, da diese Situation von dem allgemein anerkannten Anspruch auf erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes erfasst wird. Danach hat jeder einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen die Gemeinschaft, dass das Gemeinschaftseigentum in dem Umfang hergestellt wird, den die Teilungserklärung vorsieht.2 Dem einzelnen Wohnungseigentümer diesen Anspruch durch eine zwangsweise Aufhebung der Gemeinschaft durch eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 oder gar durch eine analoge Anwendung jener Vorschrift zu entziehen, besteht kein Anlass. Sofern die erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes die Miteigentümer überfordern würde, wird schon jetzt eine Beschränkung dieses Anspruchs aus § 242 BGB angenommen.3

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c) Unmöglichkeit des Weiterbaus Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Fälle, in denen die Fertigstellung gemäß Teilungserklärung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Dann hat Sonder- und Gemeinschaftseigentum an den nicht errichteten Räumen im Gegensatz zur Zerstörung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 nie bestanden. Auch eine Anwartschaft konnte nicht entstehen, da die Errichtung des Gebäudes in der ursprünglichen Aufteilung unmöglich ist. Es besteht somit die sachenrechtliche Grundlage, die § 11 Abs. 1 Satz 3 voraussetzt, gerade nicht. Vielmehr sind die Eigentümer, deren Sondereigentum nicht errichtet werden kann, nur reine Bruchteilseigentümer. Diese Konstellation entspricht also derjenigen, die der Rechtsprechung zum isolierten Miteigentumsanteil zugrunde liegt. Wie dort kann die für die betroffenen Miteigentümer missliche Situation, nur über einen Miteigentumsanteil ohne Sondereigentum zu verfügen, ohne weiteres wie beim isolierten Miteigentumsanteil durch einen Anspruch auf Abänderung gegen die anderen Miteigentümer bereinigt werden. Denn die Fortexistenz der reinen Bruchteilseigentümergemeinschaft will § 11 Abs. 1 Satz 1 gerade nicht festschreiben.

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IV. Keine Aufhebung durch Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter 1. Regelungsgehalt § 11 Abs. 2 bestimmt, dass auch der Pfändungspfandgläubiger und der Insolvenzverwalter nicht die Aufhebung der Gemeinschaft nach § 751 BGB bzw. § 84 Abs. 2 InsO verlangen können. Diese Vorschrift ist rein deklaratorischer Natur oder – unfreundlicher gesagt – überflüssig. Denn schon die Wohnungseigentümer als eigentliche Rechtsinhaber können ja nach § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. In der Folge kann auch der pfändende Gläubiger bzw. der Insolvenzverwalter als Treuhänder aller Gläubiger ein entsprechendes Recht nicht im Wege der Pfändung erwerben bzw. als Verwalter der Insolvenzmasse geltend machen.4 1 Klein in Bärmann, § 11 WEG Rz. 25; wohl auch Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 8; ablehnend Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 12. 2 Ähnlich Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 22; im Ergebnis ebenso Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 10. 3 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 16. 4 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 27.

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2. Nicht erfasste Fälle a) Gemeinschaft nach einvernehmlicher Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum 33

§ 11 Abs. 2 erfasst nicht die ehemalige Wohnungseigentümergemeinschaft nach der Auflösung aufgrund einer Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 oder nach einer einvernehmlichen Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Denn nach der stets zulässigen einvernehmlichen Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht wieder eine einfache Bruchteilseigentümergemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB. Deren Fortexistenz will § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht schützen, so dass auch Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter auf die Ansprüche eines Schuldners gegen seine Miteigentümer Zugriff nehmen können.1 Dies betrifft auch den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft. Insbesondere können Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter die Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG betreiben. Der Schutz des § 11 Abs. 2 endet, sobald sich die Wohnungseigentümer einvernehmlich in der Form der §§ 311b Abs. 1 Satz 1, 925 Abs. 1 Satz 1 BGB über die Aufhebung der Gemeinschaft geeinigt haben. Denn ab diesem Zeitpunkt stehen dem Wohnungseigentümer die Ansprüche zu, die aus der Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum resultieren. Folglich kann sie auch der Pfändungspfandgläubiger pfänden bzw. der Insolvenzverwalter geltend machen. Selbstverständlich stehen Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter auch dann keine weitergehenden Ansprüche zu als dem Schuldner. So können sie die Zuweisung einer konkreten Einheit, etwa eines Reihenhauses, nur dann beanspruchen, wenn die Wohnungseigentümer eine Realteilung vereinbart haben. Anderenfalls können sie nur aus dem Bruchteilseigentum des Schuldners die Teilungsversteigerung betreiben. b) Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Hand

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§ 11 Abs. 2 entfaltet auch dann keine Sperrwirkung, wenn alle Einheiten einer Liegenschaft in einer Hand vereinigt sind. Zwar besteht dann sachenrechtlich bis zum Antrag auf Schließung der Wohnungsgrundbücher gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 noch Wohnungseigentum fort. Da der letzte Eigentümer aber nach Belieben mit allen Einheiten verfahren kann, steht diese Möglichkeit auch dem Insolvenzverwalter zu. Er kann nach § 80 Abs. 1 InsO über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen verfügen, also auch das Wohnungseigentum ganz oder teilweise aufheben, indem er etwa Teile des früheren Gemeinschaftseigentums veräußert. c) Isolierter Miteigentumsanteil und steckengebliebenes Wohnungseigentum

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Keine Anwendungsfälle des § 11 Abs. 1 Satz 1 sind, wie oben dargelegt, die Bereinigung isolierter Miteigentumsanteile und das steckengebliebene Wohnungseigentum. Folglich werden diese Ansprüche auch nicht von der Sperre des § 11 Abs. 2 erfasst. Der Insolvenzverwalter kann also von den anderen Wohnungseigentümern die Änderung der Miteigentumsanteile bei fehlgeschlagener Begründung von Sondereigentum oder der Unmöglichkeit seiner Errichtung verlangen, ebenso die erstmalige Herstellung des geplanten Zustandes beim steckengebliebenen Bau. V. Die Unauflösbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes 1. § 11 Abs. 3 in der Systematik des Gesetzes

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§ 11 Abs. 3 wurde nach langer, kontroverser Diskussion über die Insolvenzfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes2 durch die WEG-Novelle in das Gesetz eingefügt und 1 BGH v. 23.2.1984 – IX ZR 26/83, MDR 1984, 486 = NJW 1984, 1968; Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 9; Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 24 u. 28; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 13; Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 20. 2 Vgl. z.B. für die Insolvenzfähigkeit Bork, ZinsO 2005, 1067, 1071 ff.); Demharter, ZWE 2005, 357 (359); dagegen Armbrüster, ZWE 2005, 369 (383); Abramenko, ZMR 2005, 585 (589 f.); wohl auch Maroldt, ZWE 2005, 361 (365); für die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens ohne Auflösung des Verbandes Häublein, ZIP 2005, 1720 (1727).

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ist ein Ergebnis der 2005 vom BGH bejahten und 2007 vom Gesetzgeber kodifizierten Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Vorschrift betrifft anders als § 11 Abs. 1, 2 nicht die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft in ihrer sachenrechtlichen Konstruktion aus Sonder- und Gemeinschaftseigentum, sondern das verbandsrechtliche Element. Die Regelung, die bezeichnenderweise noch nicht einmal den teilrechtsfähigen Verband, sondern nur das Verwaltungsvermögen anspricht, betrifft nur einen kleinen Teilaspekt seiner Unabdingbarkeit, nämlich seine Insolvenz(un)fähigkeit. Im Übrigen müssen die Vorstellungen des Gesetzgebers zur Unauflöslichkeit bzw. Unabdingbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes aus verschiedenen Einzelregelungen, insbesondere §§ 10 Abs. 6-8 und § 27 Abs. 1, 3 erschlossen werden. 2. Unabdingbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes a) Der teilrechtsfähige Verband als zwingende Folge des Wohnungseigentums Der teilrechtsfähige Verband ist eine gesetzliche Folge des Entstehens einer (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft. Er tritt als eigenständiges Rechtssubjekt neben die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wie insbesondere das Haftungsregime des § 10 Abs. 8 zeigt. Das Gesetz trifft mit Ausnahme der rudimentären Bestimmung in § 10 Abs. 7 Satz 4 keine Regelung zur Beendigung des teilrechtsfähigen Verbandes. Schon daraus ist zu ersehen, dass der Gesetzgeber von einem zwingenden Nebeneinander von teilrechtsfähigem Verband und Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausging: Lediglich der Wegfall einer aus mehreren Personen bestehenden Eigentümergemeinschaft durch Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Hand sollte zum Übergang des Verwaltungsvermögens auf den Eigentümer des Grundstücks, mithin zum Untergang des teilrechtsfähigen Verbandes führen.

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b) Der teilrechtsfähige Verband als notwendiges Bindeglied für den Rechtsverkehr Der Gesetzgeber lässt überdies in den Regelungen der § 10 Abs. 6, 7 erkennen, dass er den teilrechtsfähigen Verband als notwendiges Bindeglied zwischen den Wohnungseigentümern und dem Rechtsverkehr ansieht. So ordnet er ihm die Rolle als Träger des Verwaltungsvermögens zu und sieht ihn auch als verpflichtet an, die gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer wahrzunehmen. Darüber hinaus verleiht er dem Verwalter in § 27 Abs. 1 Nr. 4-6, Abs. 3 Nr. 4, 5 (nur) für den teilrechtsfähigen Verband Vollmacht, Zahlungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die gemeinschaftlichen Gelder zu verwalten etc. Aus diesen ausschließlichen Zuweisungen wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber den teilrechtsfähigen Verband als unabdingbares Bindeglied zwischen den Wohnungseigentümern und dem Rechtsverkehr angesehen hat. Es wäre schon unklar, wie ohne den teilrechtsfähigen Verband etwa der Zahlungsverkehr abgewickelt und gemeinschaftsbezogene Rechte und Pflichten ausgeübt werden könnten. Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber den teilrechtsfähigen Verband auch ohne ausdrückliche Anordnung als unauflöslich angesehen hat. Weder durch die Gemeinschaftsordnung noch durch eine nachträgliche Vereinbarung kann also das Bestehen des teilrechtsfähigen Verbandes ausgeschlossen werden. § 10 Abs. 2 ändert hieran nichts, da eine derartige Regelung gerade nicht nur das „Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander“, sondern vielmehr nach außen betreffen würde. Ebenso wenig können die Wohnungseigentümer den bereits entstandenen teilrechtsfähigen Verband auflösen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 7 Satz 4 erfüllt sind. Erst recht kann kein Dritter, beispielsweise der Gläubiger eines Wohnungseigentümers oder der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Wohnungseigentümers die Auflösung des teilrechtsfähigen Verbandes etwa zwecks Auskehr eines Anteils am Verwaltungsvermögens verlangen. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche Regelung im Gesetz schon daraus, dass dem Gläubiger eines Wohnungseigentümers oder dem treuhänderischem Verwalter seines Vermögens durch Pfändung oder Verwaltungsbefugnisse keine weitergehenden Rechte zukommen können als jenem selbst. Abramenko

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3. Insolvenzunfähigkeit des Verbandes a) Sinn der Vorschrift 39

§ 11 Abs. 3 soll die Existenz des teilrechtsfähigen Verbandes auch in Fällen seiner Insolvenz gewährleisten. Nach allgemeinen Grundsätzen geht die Rechtsfähigkeit fast ausnahmslos auch mit der Insolvenz eines Rechtssubjekts einher, so dass nach der Entscheidung über die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft verbreitet auch ihre Insolvenzfähigkeit gefordert wurde. Da das Insolvenzverfahren aber bei Gesellschaften und juristischen Personen regelmäßig ihre Beendigung zur Folge hat (vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 4, 5 GmbHG, § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB), hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mehr als Bindeglied zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Rechtsverkehr zur Verfügung gestanden. Es hätten sich zudem kaum lösbare Folgeprobleme etwa zur (rechtsgeschäftlichen?) Neugründung gestellt. Vor diesem Hintergrund entschloss sich der Gesetzgeber der Unabdingbarkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft Vorrang vor dem Grundsatz der Insolvenzfähigkeit jedes rechtsfähigen Rechtssubjekts zu geben. Deshalb schloss er in § 11 Abs. 3 die Durchführung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft aus. b) Rechtsfolgen aa) Unzulässigkeit eines Insolvenzantrags

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Die Regelung in § 11 Abs. 3 stellt ein Zulässigkeitshindernis dar. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist daher ohne weitere Sachprüfung als unzulässig zurückzuweisen. Die Vorschrift kann weitere Folgen haben, wenn es auf direkte Insolvenzfähigkeit ankommt. So ist der teilrechtsfähige Verband mangels Insolvenzfähigkeit analog § 358 Abs. 1 Satz 2 SGB III von der Zahlung einer Insolvenzgeldumlage für geringfügig Beschäftigte befreit.1 bb) Unbegrenzte Zulässigkeit von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen

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Die in § 11 Abs. 3 geregelte Insolvenzunfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes bewahrt ihn nicht vor sonstigen Vollstreckungsmaßnahmen. Vielmehr ergibt sich aus § 11 Abs. 3 im Umkehrschluss, dass Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen auch bei ungenügendem Vermögen unbegrenzt möglich sind. Hier gilt das Prioritätsprinzip. Wer zuerst pfändet, wird aus dem gepfändeten Gegenstand bzw. der gepfändeten Forderung befriedigt. Nach dem ausdrücklichen Bekunden des Gesetzgebers in den Materialien zur Novelle2 muss der Verwalter aufgrund seiner Befugnisse aus § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 auch die eidesstattliche Versicherung für den teilrechtsfähigen Verband abgeben. Im Ergebnis steht den Gläubigern durch Pfändung aller Konten ein ausgesprochen scharfes Druckmittel gegenüber den Wohnungseigentümern zur Verfügung: Sie können auf diese Weise den gesamten Zahlungsverkehr der Wohnungseigentümergemeinschaft lahmlegen und diese somit mangels Zahlungsmöglichkeit von dem Bezug jeglicher Leistung zur Bewirtschaftung der Liegenschaft ausschließen. Dies wird regelmäßig schon nach kurzer Zeit zur Unbewohnbarkeit der Liegenschaft führen. Die Wohnungseigentümer werden somit auf diese Weise zur Erhebung einer Sonderumlage zwecks Befriedigung des lästigen Gläubigers gezwungen.3 Eine solche Vorgehensweise dürfte anders als ein Insolvenzverfahren üblicherweise zur vollständigen Befriedigung der Gläubiger führen und im Übrigen gerade in großen Liegenschaften auch weit effektiver sein als das Vorgehen gegen die einzelnen Wohnungseigentümer aufgrund ihrer Haftung aus § 10 Abs. 8. Zugleich wird klar, dass es sich bei der Insolvenzunfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes nicht um dessen Privilegierung, sondern alleine um seine Erhaltung gerade im Interesse der Gläubiger handelt. 1 LSG Hessen v. 5.12.2013 – L 1 KR 180/12. 2 BT-Drucks. 16/3843, 53. 3 Ähnlich Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 14.

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Veräußerungsbeschränkung cc) Über das Verwaltungsvermögen hinausgehende Vermögenswerte

Im Schrifttum wurde die Insolvenzunfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes bisweilen für die Fälle in Zweifel gezogen, dass er über das Verwaltungsvermögen hinaus Vermögenswerte erwirbt.1 Als Beispiele wurde etwa der Erwerb von Einheiten in der eigenen Liegenschaft genannt, der aufgrund der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nach mittlerweile ganz h.M. zulässig ist. Diese Auffassung hat möglicherweise den Wortlaut des Gesetzes für sich, der ein Insolvenzverfahren nur „über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft“ ausschließt. Denn es erscheint durchaus zweifelhaft, ob etwa der angesprochene Immobilienerwerb des teilrechtsfähigen Verbandes in das Verwaltungsvermögen fällt.2 Dennoch dürfte die Durchführung eines Insolvenzverfahrens auch in diesen Fällen ausscheiden. Es ist schon kaum vorstellbar, wie ein Insolvenzverfahren, das ja grundsätzlich das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet, nur über derartige über das Verwaltungsvermögen hinausgehende Gegenstände durchgeführt werden kann. Ein solches Teil-Insolvenzverfahren ist dem deutschen Recht fremd. Vor allem aber hat das Insolvenzverfahren auch den Sinn, zahlungsunfähige Gesellschaften und juristische Personen zu liquidieren und somit vom Markt zu nehmen. Dies soll bei Wohnungseigentümergemeinschaften gerade vermieden werden. Eine Privilegierung des teilrechtsfähigen Verbandes geht hiermit nicht einher.3 Denn ein wie auch immer geartetes Teilinsolvenzverfahren würde regelmäßig nur zur quotalen Befriedigung der Gläubiger führen, während die Pfändung aller Konten zu ihrer vollständigen Befriedigung zwingen wird (s.o. Rz. 41). Vor diesem Hintergrund muss § 11 Abs. 3 so verstanden werden, dass ein Insolvenzverfahren über jegliches „Vermögen der Gemeinschaft“ nicht stattfindet.

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Veräußerungsbeschränkung (1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. (2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden. (3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Diese Befugnis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. Der Bewilligung gemäß § 19 der Grundbuchordnung bedarf es nicht, wenn der Beschluss gemäß Satz 1 nachgewiesen wird. Für diesen Nachweis ist § 26 Abs. 3 entsprechend anzuwenden. I. Überblick

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1

II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) 1. Vereinbarung und Grundbucheintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

2. Fälle der Veräußerung und Zustimmungsanspruch (Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Kreis der Zustimmungsberechtigten III. Zustimmungsgebot 1. Abänderungsmöglichkeit 2. Wichtiger Grund . . . . . 3. Zustimmungsanspruch . 4. Beweislast und Klage . .

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IV. Schwebezustand und Zustimmungserteilung

1 Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 33. 2 S. Abramenko, ZWE 2010, 193 (197). 3 So Elzer in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 33.

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Veräußerungsbeschränkung

1. Zustimmung und Form . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . .

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V. Aufhebung des Zustimmungserfordernisses (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . 41

Schrifttum: Armbrüster, Grundfälle zum Wohnungseigentumsrecht, JuS 2002, 665; Böttcher, Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung des § 12 WEG, ZNotP 2007, 373; Bub, Beschränkung der Verwalterbestellung durch Übertragung der Zustimmungsberechtigung im Falle der Veräußerung gem. § 12 WEG, NZM 2001, 502; Deckert, Die Vereinbarung der Verwalterzustimmung zur Wohnungsveräußerung, WE 1998, 82; Drasdo, Wohnungseigentum in der Krise, NZM 1999, 681; Drasdo, Die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG, RNotZ 2007, 264; Elsing, Verwalterzustimmung – Transparenz in der Gemeinschaftsordnung, ZNotP 2008, 235; Fabis, Die Neuregelung des WEG – Inhalt und Auswirkungen auf die notarielle Praxis, RNotZ 2007, 369; Füllbeck, Kosten der Verwalterzustimmung, ZMR 2012, 1; Gottschalg, Haftungsrisiken des WEGVerwalters bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung, FS für Deckert, 2002, S. 161; Grziwotz, Verwalterzustimmung und Schrottimmobilien, NZM 2009, 812; Grziwotz, Wohnungseigentümergemeinschaft mbH – Haftungsbeschränkung durch zwischengeschaltete GmbH, MietRB 2011, 396; Häublein, Schutz der Gemeinschaft vor zahlungsunfähigen Miteigentümern, ZWE 2004, 48; Heggen, Die Unterschriften unter der Niederschrift übe eine WEG-Versammlung, NotBZ 2009, 401; Heggen, Das Kreuz mit dem Verwalternachweis, RNotZ 2010, 455; Herrler, Verwalterzustimmung zum Kaufvertrag, wenn der Verwalter gleichzeitig Vermittler des Kaufvertrages ist, ZNotP 2007, 448; Herrler, Nochmals: Verwalterzustimmung zum Kaufvertrag, wenn der Verwalter gleichzeitig Vermittler des Kaufvertrags ist, ZNotP 2008, 279; Hügel, Sicherheit durch § 12 WEG bei der abschnittsweisen Errichtung von Mehrhausanlagen, DNotZ 2003, 517; Hügel, Das neue Wohnungseigentumsrecht, DNotZ 2007, 326; Kahlen, Schadensersatz wegen versagter Veräußerungszustimmung, ZMR 1986, 76; Kreuzer, Die Veräußerungsbeschränkung nach § 12 Abs. 1 WEG, DNotZ 2012, 11; Liessem, Zur Verwalterzustimmung bei Veräußerung von Wohnungseigentum, NJW 1988, 1306; Müller, Veräußerungsbeschränkungen nach § 12 WEG und ihre praktische Durchführung, WE 1998, 458; Nies, Zustimmung des WEG-Verwalters gem. § 12 WEG bei Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Mieter einer in Wohnungseigentum umgewandelten Wohnung, NZM 1998, 179; Schmidt, § 12 WEG im Strudel der Meinungen, ZWE 2010, 394; Schneider/Karsten, Wer trägt die Kosten der Verwalterzustimmung nach § 12 WEG?, RNotZ 2011, 238; Schüller, Änderungen von Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen, RNotZ 2011, 203; Sohn, Befreiung des Verwalters vom Verbot des Selbstkontrahierens?, NJW 1985, 3060; Streuer, Verfügungsbeschränkungen und Eigentumsvormerkung in der Zwangsversteigerung des Grundstücks, Rpfleger 2000, 357; Wilsch, Die Aufhebung von Veräußerungsbeschränkungen nach § 12 IV WEG, NotBZ 2007, 305; Wochner, Übersendung der Zustimmung des Wohnungsverwalters unter Treuhandauflage, ZNotP 1998, 489.

I. Überblick 1

Nach § 137 Satz 1 BGB kann eine Verfügungsbeschränkung nicht mit dinglicher Wirkung vereinbart werden. Zweck dieser Norm ist, wie sich aus § 137 Satz 2 BGB ergibt, nicht der Schutz der persönlichen Freiheit,1 sondern die Sicherung des numerus clausus der Sachenrechte und der Zwangsvollstreckung.2 § 12 WEG enthält hiervon eine Ausnahme, in dem die Veräußerungsbeschränkung mit dinglicher Wirkung, das heißt als Inhalt des Sondereigentums, vereinbart werden kann.3 Damit soll der Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit gegeben werden, das Eindringen persönlich oder wirtschaftlich unzuverlässiger Mitglieder im Wege der Vereinbarung zu verhindern.4 Die Verfügungsbeschränkung betrifft – entsprechend diesem Zweck – nur die Veräußerung, also nicht die Belastung und auch nicht die Nutzungsüberlassung (z.B. Vermietung, Leihe, Wohnungsrechtsbestellung, Nießbrauch). Sie besteht 1 Ebenso Kohler, DNotZ 1989, 339 (346 ff.). 2 Ebenso BayObLG v. 16.11.1977 – BReg 2 Z 62/77, MDR 1978, 316 = DNotZ 1978, 159 (162); BGH v. 5.12.1996 – V ZB 27/96, BGHZ 182 (186) = MDR 1997, 338. 3 Vgl. OLG Düsseldorf v. 11.5.2011 – I-3 Wx 70/11, DNotZ 2011, 625 einerseits u. BGH v. 21.2.1991 – V ZB 13/90, MDR 1991, 631 = NJW 1991, 1613 = DNotZ 1991, 888; OLG Celle v. 19.1.2005 – 4 W 14/05, MietRB 2005, 122 = RNotZ 2005, 542; OLG Hamm v. 12.5.2010 – 15 W 139/10, RNotZ 2010, 578 und OLG Saarbrücken v. 7.11.2011 – 5 W 214/11, DNotZ 2012, 367 = IMR 2012, 166 = NZM 2012, 390 andererseits. S. dazu auch Schmidt, ZWE 2010, 394 ff. 4 Zu diesem Zweck s. auch BayObLG v. 16.11.1972 – BReg 2 Z 68/72, BayObLGZ 1972, 348 = MDR 1973, 138 = NJW 1973, 152; BayObLG v. 9.3.1977 – BReg 2 Z 79/76, BayObLGZ 1974, 40; OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, NJW-RR 1994, 1103; krit. Liessem, NJW 1988, 1306 (1307).

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

nicht kraft Gesetzes, sondern bedarf der Vereinbarung. Wird eine diesbezügliche Vereinbarung nicht getroffen, sind die Wohnungs- und Teileigentumseinheiten frei veräußerlich. Dies gilt auch, soweit bei einer eingeschränkten Veräußerungsbeschränkung bestimmte Fallgestaltungen (z.B. Veräußerung an Ehegatten) nicht erfasst werden. Der Ausnahmecharakter der Vorschrift wird noch dadurch unterstrichen, dass es sich bei den Gründen, die eine Versagung rechtfertigen können, um wichtige handeln muss. Zudem kann in bestimmten Fällen ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung durch Vereinbarung begründet werden. Schließlich kann die freie Veräußerlichkeit durch Mehrheitsbeschluss wieder hergestellt werden. Diese Befugnis ist vereinbarungsfest. II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) 1. Vereinbarung und Grundbucheintragung Die nach § 12 mögliche Verfügungsbeschränkung tritt nicht kraft Gesetzes ein, sondern bedarf der Vereinbarung.1 Diese kann bei der Aufteilung nach §§ 3 und 8 erfolgen, aber auch später. Sie gilt auch für die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft.2 Sie kann auch für einzelne Einheiten vereinbart werden.3 Die Zustimmung der Grundpfandrechts- und Realgläubiger ist hierzu nicht erforderlich, und zwar unabhängig davon, ob sie als Belastung nur an einem Wohnungs- bzw. Teileigentum eingetragen sind oder an allen (§ 5 Abs. 4 Satz 2). Bei den übrigen Rechten ist eine Zustimmung nicht erforderlich, wenn sie am Grundstück selbst eingetragen sind; sind sie nur an einzelnen Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten eingetragen, kommt es darauf an, ob eine rechtliche Betroffenheit ausscheidet. Dies ist bei Dienstbarkeiten, dem Nießbrauch, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten der Fall, da sie durch eine Veräußerungsbeschränkung nicht betroffen werden. Anders könnte es nur beim dinglichen Vorkaufsrecht sein. Allerdings ist der Vorkaufsberechtigte erst nach dem Eintritt des Vorkaufsrechts rechtlich betroffen und nicht vorher. Erst dann hat er das Recht, einen Kauf zu den vereinbarten Bedingungen neu zustande zu bringen.

2

Die Veräußerungsbeschränkung wird Inhalt des Sondereigentums. Sie ist in das Grundbuch einzutragen. Eine Bezugnahme auf die Bewilligung ist grundsätzlich unzulässig; vereinbarte Veräußerungsbeschränkungen sind ausdrücklich in das Grundbuch einzutragen (§ 3 Abs. 2, 2. Hs. WGV). Die Direkteintragung soll die Verfügungsbeschränkung wegen ihrer Bedeutung für den Rechtsverkehr besonders auffällig machen, hat also eine Warnfunktion.4 Der Eintragungszwang erstreckt sich aber nicht auf sämtliche Einzelheiten der Veräußerungsbeschränkung. Es ist ausreichend, wenn die Veräußerungsbeschränkung und die Grundzüge der Ausnahmen angegeben werden sowie im Übrigen eine Bezugnahme auf die Bewilligung erfolgt.5 Umstritten ist, ob es sich nur um eine formelle Ordnungsvorschrift handelt6 oder um eine Wirksamkeitsvoraussetzung.7 Folgt man im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm, der eine Eintragung erfordert, da er sonst weitgehend leer laufen würde, der letztgenannten Ansicht, so muss auch bei umfangreichen Bestimmungen der wesentliche Inhalt unmittelbar eingetragen werden. Der Hinweis auf das Bestehen von Ausnahmen genügt nicht; diese müssen vielmehr hinsichtlich ihres Umfangs angegeben werden.

3

1 Vgl. Elsing, ZNotP 2008, 235 und Bärmann/Pick, § 12 WEG Rz. 5. 2 Str., a.A. OLG Hamm v. 7.4.1994 – 15 W 26/94, MDR 1994, 1008; Hogenschurz in Beck/OK/WEG, § 12 WEG Rz. 15; Klein in Bärmann, § 12 WEG Rz. 10 und Kreuzer in Staudinger, BGB, § 12 WEG Rz. 14; wie hier Schmidt, WE 1994, 235 (240); Wenzel, ZWE 2008, 69 (70); Sauren, ZWE 2008, 375 (377). Vgl. Dötsch, ZWE 2011, 385 ff. 3 S. auch Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 12 WEG Rz. 3. 4 Vgl. nur Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl. 2009, § 3 WGV Rz. 11, § 56 GBV Rz. 9. 5 LG Kempten v. 3.6.1966 – T 24/66, Rpfleger 1988, 58; OLG Saarbrücken v. 13.7.1967 – 5 W 37/68, Rpfleger 1968, 57; vgl. auch BayObLG v. 18.7.1979 – BReg.3 Z 119/78, BayObLGZ 1979, 227 (230) = DNotZ 1980, 50 (52). Vgl. zu Formulierungsvorschlägen Weitnauer/Diester, Rpfleger 1968, 205 ff. 6 So LG München II v. 19.10.1992 – 6 T 3403/92, MittBayNot 1994, 137. 7 So Commichau in MünchKomm/BGB, § 12 WEG Rz. 10; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 12 WEG Rz. 10; Grziwotz in Erman, BGB, § 12 WEG Rz. 6.

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§ 12 4

Veräußerungsbeschränkung

Fehlt die Eintragung oder ist sie unvollständig, so besteht nach der hier vertretenen Ansicht keine Veräußerungsbeschränkung bzw. beim Fehlen der Ausnahmen existieren diese nicht. In diesem Fall kann jedoch eine Grundbuchberichtigung erfolgen. Zudem kann das Veräußerungsverbot in eine schuldrechtliche Verpflichtung, d.h. nicht dinglich wirkende Beschränkung i.S.v. § 137 Satz 2 BGB umgedeutet werden.1 Allerdings hat diese keine Wirkung gegenüber einem Rechtsnachfolger. Nach der abweichenden Ansicht, die lediglich von einer formellen Ordnungsvorschrift ausgeht, wird der gute Glaube des Grundbuchs erheblich entwertet und der Schutz des Rechtsverkehrs nahezu in sein Gegenteil verkehrt. Danach besteht nämlich auch bei fehlender und sogar unrichtiger Eintragung (z.B. hinsichtlich der Ausnahmen) bei Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung materiell-rechtlich eine wirksame Veräußerungsbeschränkung (§ 874 BGB). Auch der Hinweis, dass durch die beschlussmäßige Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung ohnehin kein Verlass mehr auf die Grundbucheintragung besteht,2 ist nicht tragfähig. Das Entfallen der Veräußerungsbeschränkung führt nämlich zur Wiederherstellung der freien Veräußerbarkeit; dagegen hätten falsche Eintragungen hinsichtlich der Einschränkung der Veräußerbarkeit zur Folge, dass die entsprechenden Rechtsvorgänge nicht wirksam wären und auch eine fehlerhafte Grundbucheintragung keine Heilung bewirken würde. Deshalb ist der Ansicht zu folgen, die jedenfalls hinsichtlich der Wirksamkeit der Veräußerungsbeschränkungen die Vereinbarung und ihre Eintragung im Grundbuch fordert und eine Bezugnahme nur hinsichtlich der Einzelheiten genügen lässt. 2. Fälle der Veräußerung und Zustimmungsanspruch (Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2)

5

Die Veräußerungsbeschränkungen müssen dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen. Dies schließt es allerdings nicht aus, den konkreten Umfang gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln. Maßgeblich ist eine objektive Auslegung, die auf den Wortlaut und Sinn abstellt, wie sich dieser aus dem Eintragungsvermerk und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Nicht maßgeblich ist das subjektiv vom aufteilenden Eigentümer Gewollte. Im Zweifel ist die Verfügungsbeschränkung als Ausnahme restriktiv zugunsten der freien Veräußerbarkeit auszulegen.3

6

Veräußerung ist die rechtsgeschäftliche Übertragung des Wohnungs- oder Teileigentums und nicht – wie bei § 266 ZPO – jede Einzelrechtsnachfolge unter Lebenden. Auf die Entgeltlichkeit kommt es dagegen nicht an. Deshalb fallen z.B. Schenkungen unter den Begriff der Veräußerung. Außerdem muss nicht das ganze Wohnungs- und Teileigentum übertragen werden. Ausreichend ist auch die teilweise Veräußerung.4 Nicht unter den Begriff der Veräußerung fallen die Gesamtrechtsnachfolge im Wege der Erbfolge, die partielle Rechtsnachfolge bei einem Vorgang nach dem UmwG, sofern nicht eine gezielte Umgehung des Zustimmungserfordernisses vorliegt, sowie die Übertragung durch Gesetz oder Hoheitsakt (z.B. Enteignung, Flurbereinigung).

7

Obwohl es sich bei ihnen um keine rechtsgeschäftlichen Vorgänge handelt, stehen eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung (z.B. Versteigerung) oder durch den Insolvenzverwalter gleich (Abs. 3 Satz 2). Auch für sie gilt somit bei entsprechender Vereinbarung das Zustimmungserfordernis.5 Während beim Vorkaufsrecht das Gegenteil gilt, da dieses als obligatorisches Recht die Zwangsvollstreckung und den Zwangsverkauf nicht beeinträchtigen soll (§ 471 BGB), ist die Erstreckung des Zustimmungserfordernisses beim Wohnungs- und Teileigentum konsequent, da es sich um eine dinglich wirkende Beschränkung handelt und der Schutzzweck auch in 1 Ebenso Wenzel, ZWE 2008, 69; Stürner in Soergel, BGB, § 12 WEG Rz. 10 und Bassenge in Palandt, BGB, § 12 WEG Rz. 5. 2 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2902. 3 BayObLG v. 12.4.1983 – BReg.2 Z 107/82, Rpfleger 1983, 350; OLG Schleswig v. 28.5.1982 – 2 W 22/82, DWE 1983, 26; LG Mannheim v. 9.2.1977 – 4 T 24/77, BB 1977, 319. 4 Nicht jedoch die Unterteilung von Sondereigentum; dafür nur analoge Anwendung durch Vereinbarung möglich (OLG München v. 23.7.2013 – 34 Wx 210/13, FGPrax 2013, 255 = MDR 2014, 84 = MietRB 2013, 299 = RNotZ 2013, 549 = ZWE 2013, 409); s. auch Müller, ZWE 2012, 22 (23). 5 Vgl. auch Helwick, JurBüro 2008, 287 (289).

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

diesen Fällen die Anwendbarkeit nahe legt. Die Veräußerungsbeschränkung kann freilich diese Fälle vom Zustimmungserfordernis ausnehmen und somit diese auf die Fälle der rechtsgeschäftlichen Veräußerung im engeren Sinne beschränken. Die Empfehlung, dies stets wegen der „Kreditfähigkeit“ des einzelnen Wohnungs- und Teileigentümers so zu vereinbaren, also Abs. 3 Satz 2 auszuschließen,1 vernachlässigt die Interessen der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer. Sie kann zudem die Beleihbarkeit der Einheiten wegen des Risikos des Eindringens unzuverlässiger oder durch ihr Verhalten störender Eigentümer sogar erheblich beeinträchtigen. Das Zustimmungserfordernis betrifft zunächst die Verfügung, d.h. die Eigentumsübertragung und nicht das entsprechende Verpflichtungsgeschäft. Deshalb genügt die Bewilligung und Eintragung einer Auflassungsvormerkung noch nicht.2 Das Gesetz (Abs. 3 Satz 1) erstreckt die Rechtswirkungen des Zustimmungserfordernisses auch auf das schuldrechtliche Geschäft. Spätere Änderungen des schuldrechtlichen Geschäfts, die weder den wohnungseigentumsrechtlichen Vertragsgegenstand noch die Person des Erwerbers betreffen, lösen kein erneutes Zustimmungserfordernis aus.3

8

Das Zustimmungserfordernis umfasst, falls es ohne nähere Einschränkung vereinbart ist, auch die Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten innerhalb der Gemeinschaft, d.h. an eine Person, die bereits Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist,4 die Übertragung eines ideellen Anteils an einem Wohnungs- oder Teileigentum auf einen Dritten,5 die Veräußerung des Wohnungs- oder Teileigentums von einer GmbH & Co. KG auf ihren alleinigen Kommanditisten,6 die Veräußerung von einer Erbengemeinschaft auf einen Miterben,7 der Rückerwerb Kraft eines in das Belieben des Berechtigten gestalteten Rückübertragungsanspruches8 und die Veräußerung realer Teile (z.B. Raum, Garage, Keller) einer Einheit.9 In diesen Fällen ist zwar nach dem Gesetzeszweck die Zustimmung eigentlich nicht erforderlich; dies hat aber nur Bedeutung für den Anspruch auf Zustimmung, nicht auf das vereinbarte Erfordernis als solches. Andernfalls, d.h. bei einer teleologischen Einschränkung, müsste auch in anderen Fällen (z.B. Erwerb durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft) die Zustimmung als entbehrlich entfallen. Zutreffend hat die Rechtsprechung10 deshalb auch die Erstveräußerung durch den aufteilenden Alleineigentümer als zustimmungspflichtig eingeordnet.11

9

Neben Verkauf, Schenkung,12 Ehegatten- bzw. Lebenspartnerzuwendung, Einbringung in eine Gesellschaft und Tausch (auch zwischen Wohnungseigentümern) sind

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1 So Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 5. Aufl. 2010, 4. Teil Rz. 2; Sohn, PiG 12, 74. 2 BayObLG v. 3.7.1964 – BReg. 2 Z 90/64, NJW 1964, 1962. 3 Vgl. Leitzen, BWNotZ 2012, 86 (93 f.). 4 BayObLG v. 9.3.1977 – BReg 2 Z 79/76, MDR 1977, 670 f. = DB 1977, 2182; KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, DNotZ 1979, 31; BayObLG v. 29.1.1982 – BReg.2 Z 50/81, MDR 1982, 496 = Rpfleger 1982, 177; BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659; KG v. 1.3.2011 – 1 W 57/11, MietRB 2011, 149 = MDR 2011, 718 = NZM 2012, 317. 5 Vgl. BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MDR 1977, 41 = NJW 1976, 1976; OLG Celle v. 2.7.1974 – 4 Wx 10/74, Rpfleger 1974, 438; KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, Rpfleger 1978, 382; KG v. 1.3.2011 – 1 W 57/11, MDR 2011, 718 = MietRB 2011, 149 = NZM 2012, 317; a.A. nur Schmedes, Rpfleger 1974, 421. S. auch DNotI-Report 2009, 181. 6 OLG Hamm v. 28.8.2006 – 15 W 15/06, RNotZ 2007, 34; Franck, HambGE 2007, 52. 7 LG Dortmund v. 29.9.2008 – 9 T 267/08, MittBayNot 2009, 43. 8 OLG Hamm v. 19.10.2011 – 15 W 348/11, NZM 2012, 389 = RNotZ 2012, 118 = ZWE 2012, 97, teilw. abw. noch OLG Hamm v. 6.7.2010 – 15 Wx 355/09, NJW-RR 2011, 232 = NZM 2011, 157 = RNotZ 2010, 580. 9 Vgl. BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250; Röll, Rpfleger 1976, 284. 10 BGH v. 21.2.1991 – V ZB 13/90, MDR 1991, 631 = NJW 1991, 1613; BayObLG v. 9.10.1986 – BReg 2 Z 121/85, NJW-RR 1987, 270; krit. Röll, WE 1991, 240; Schmidt, WE 1991, 280. 11 Zur Heilung s. § 61 WEG. 12 KG v. 24.5.2012 – 1 W 121/12, MDR 2012, 1401 = MietRB 2012, 300 = NJW-RR 2013, 136 = NZM 2013, 239 (bei „Veräußerung“, anders bei „Verkauf“ als zustimmungspflichtigem Rechtsgeschäft), teilw. abw. noch KG v. 17.8.2010 – 1 W 97/10, MDR 2011, 93 = MietRB 2010, 329 = NJW-RR 2010, 1523.

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

auch die Übertragung eines Wohnungs- oder Teileigentums in Erfüllung eines Vermächtnisses1 oder auf Grund einer Teilungsanordnung in einer Verfügung von Todes wegen2 sowie im Zusammenhang mit einer Scheidung oder Lebenspartnerschaftsaufhebung zustimmungsbedürftig. 11

Nicht anwendbar ist das Zustimmungsgebot bei einer erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge und beim En-bloc-Verkauf sämtlicher Einheiten einer Anlage an einen Erwerber,3 anders aber, wenn bei einer Mehrhausanlage und getrennter Abrechnung sämtliche Einheiten eines Gebäudes veräußert werden. Zustimmungsfreiheit soll auch für die gleichzeitige Veräußerung sämtlicher Einheiten an unterschiedliche Erwerber gelten.4 Die Veräußerung eines Gesamthandsanteils, wie z.B. eines Anteils an einer BGB-Gesellschaft oder einer OHG und eines Erbteils, fällt nicht unter das Zustimmungserfordernis, und zwar auch dann, wenn das gesamthänderisch gebundene Vermögen ausschließlich aus einem Wohnungs- oder Teileigentum besteht.5 Zustimmungsfrei ist auch die interne Quotenänderung an einem Wohnungs- und Teileigentum6 (z.B. Übertragung eines Miteigentumsanteils von einem Miteigentümer an einen anderen Miteigentümer dieser Einheit). Gleiches gilt wegen des fehlenden Schutzzwecks auch bei der Personenidentität von Veräußerer und Erwerber (z.B. Erbengemeinschaft veräußert an personenidentische OHG oder an die Miterben in Bruchteilen)7; anders ist dies aber wohl bereits dann, wenn unterschiedliche Haftungsverhältnisse bestehen (z.B. Erbengemeinschaft veräußert an personenidentische KG). Erfolgt die Verfügung zur Erfüllung gesetzlicher Ansprüche (z.B. §§ 812, 440, 323, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2 BGB), liegt keine zustimmungsbedürftige Veräußerung vor; anders ist dies aber wiederum bei einer einvernehmlichen (auch vergleichsweisen) Vertragsaufhebung und Rückauflassung8 sowie bei einer Auflassung bei Bestehen eines vertraglichen Rückübertragungsanspruchs.9 Bei der Veräußerung einer Einheit der eigenen Anlage an die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft ist die Zustimmung überflüssig.10

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Umstritten ist, ob das Zustimmungserfordernis auch auf die isolierte Veräußerung eines Sondernutzungsrechts an einen anderen Wohnungs- und Teileigentümer erstreckt werden kann. Dies ist zu verneinen, da es sich beim Sondernutzungsrecht um eine Gebrauchsregelung handelt und nicht, wie vom Gesetzeswortlaut vorausgesetzt, um ein Wohnungseigentum.11 Ob zudem der Gesetzeszweck entgegensteht, ist dagegen fraglich, da bei einem umfassenden Sondernutzungsrecht mit einer entsprechenden Kostentragungsregelung auf die Miteigentümer finanzielle Belastungen zukommen können, wenn der Erwerber nicht zahlungsfähig ist.

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Anders als bei § 265 ZPO12 fällt auch der bloße Besitzübergang nicht unter den Begriff der Veräußerung. Eine Ausweitung des Zustimmungserfordernisses auf bloße 1 Vgl. AG Berlin-Schöneberg v. 11.1.2010 – 77 C 116/09, BeckRS 2011, 16317. 2 BayObLG v. 29.1.1982 – BReg.2 Z 50/81, MDR 1982, 496 = Rpfleger 1982, 177; Hügel, ZWE 2006, 174 (181); a.A., aber unzutreffend LG Nürnberg v. 7.1.1976 – 14 T 9907/75, MittBayNot 1976, 27. 3 OLG Saarbrücken v. 7.11.2011 – 5 W 214/11, DNotZ 2012, 367 = IMR 2012, 166 = NZM 2012, 390; OLG Hamm v. 6.3.2012 – I-15 W 96/11, MDR 2012, 902 = MietRB 2012, 239; Klein in Bärmann, § 12 WEG Rz. 19. 4 So OLG Saarbrücken v. 7.11.2011 – 5 W 214/11, BeckRS 2012, 02595. 5 OLG Hamm v. 13.9.1979 – 15 W 209/79, MDR 1980, 56 = DNotZ 1980, 53; OLG München v. 12.4. 2007 – 32 Wx 64/07, DNotZ 2007, 950; OLG Celle v. 29.3.2011 – 4 W 23/11, MietRB 2011, 254 = ZfIR 2011, 341. 6 BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MDR 1977, 41 = NJW 1976, 1976. 7 OLG Karlsruhe v. 25.6.2012 – 14 Wx 30/111, MDR 2012, 1350 = MietRB 2013, 49 = NJW-RR 2013, 338 = NZM 2013, 196 = NotBZ 2012, 432 = WuM 2012, 637. 8 BayObLG v. 22.12.1976 – BReg 2 Z 20/76, BayObLGZ 1976, 328; anders bei Anfechtung und Rücktritt OLG Hamm v. 6.7.2010 – 15 Wx 355/09, NJW-RR 2011, 232. 9 OLG Hamm v. 19.10.2011 – I-15 W 348/11, MietRB 2012, 46 = NZM 2012, 389 = RNotZ 2012, 118 = ZWE 2012, 97. 10 OLG Hamm v. 20.10.2009 – 4-15 Wx 81/09, DNotZ 2010, 130 (134). 11 A.A. Merle, DWE 1986, 34 (39); wie hier Hellmann, MittRhNotK 1985, 1 (4); Streblow, MittRhNotK 1987, 141 (156). 12 BGH v. 13.3.1981 – V ZR 115/80, NJW 1981, 1517 f.

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

Nutzungsbeschränkungen, z.B. die Vermietung und Verpachtung, ist mit dinglicher Wirkung nicht möglich. Ein diesbezüglicher Zustimmungsvorbehalt kann nur schuldrechtlich vereinbart werden (§ 137 Satz 2 BGB). Bei einem Verstoß tritt demzufolge auch nicht die Wirkung von Abs. 3 Satz 1 ein. Dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarung versehentlich als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen wird.1 Zustimmungsfreiheit kann durch die Regelung in der Vereinbarung erreicht werden. Dies erfolgt dadurch, dass die Veräußerungsbeschränkung auf bestimmte Fälle beschränkt wird oder umgekehrt bestimmte Fälle von ihr ausgenommen werden. Hinsichtlich des Personenkreises, an den veräußert wird, können ebenfalls Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis vorgesehen werden. Auch wenn das AGG nur die Vermietung (§ 19 Abs. 3 AGG) von Wohnraum betrifft, ist bei den personenbezogenen Zustimmungserfordernissen bzw. Ausnahmen hiervon besonders darauf zu achten, dass keine Diskriminierung hinsichtlich der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der sexuellen Identität, einer Behinderung, des Alters und der Religion erfolgt, sofern kein Rechtfertigungsgrund hierfür vorliegt (z.B. Frauenhaus, Altersbzw. Seniorenheim, kirchliche Einrichtung). Rassistisch motivierte oder an die Ethnik anknüpfende Zustimmungsgebote dürften nie sachlich gerechtfertigt sein. Insbesondere beim Wohnungseigentum dürfte eine Ausrichtung der Zustimmungserfordernisse an dem Recht der sozialen Wohnraumförderung (§ 6 Nr. 3 und Nr. 4 WoFG)2 unbedenklich sein. Dem entsprechen pauschale Zustimmungserfordernisse für kinderreiche Familien und Ausländer nicht.3 Anders kann dies sein, wenn differenziert zur Vermeidung einer Ghettobildung und der Entmischung von Wohngebieten z.B. bestimmte Prozentzahlen vorgesehen werden. Das Diskriminierungsverbot darf auch nicht durch anderweitige Gestaltungen wie z.B. das Gebot, nur an bestimmte Personen zu veräußern, umgangen werden.4 Bei personenbezogenen Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis werden häufig Veräußerungen unter Angehörigen oder an Miteigentümer sowie mitunter auch zwischen personengleichen Gesellschaften geregelt. Die Befreiung für „Ehepartner“ und „eingetragene Lebenspartner“ gilt auch für eine Auflassung nach der Scheidung bzw. Aufhebung, wenn die wirksame schuldrechtliche Verpflichtung hierzu vorher begründet wurde,5 nicht dagegen bei einer Vereinbarung nach der Scheidung bzw. Aufhebung.6 Die für Ehegatten geltende Befreiung, die vor dem 1.8.2001 vereinbart wurde, dürfte so auszulegen sein, dass zumindest ein Anspruch des eingetragenen Lebenspartners auf Zustimmung besteht. Die Befreiung für „Verwandte“ umfasst nicht die Veräußerung an eine Familiengesellschaft, an der neben dem Veräußerer nur noch „privilegierte“ Personen beteiligt sind, da eine spätere Anteilsveräußerung zustimmungsfrei ist.7 Dagegen erlaubt die Ausnahme der Veräußerung an Abkömmlinge auch eine zustimmungsfreie Übertragung der Erben an einen Abkömmling des Erblassers.8 Umgekehrt kann sich die Zustimmung auf einen Verkauf beschränken.9

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Vorgangsbezogene Freistellungen betreffen häufig die Erstveräußerung durch den aufteilenden Eigentümer. Dies gilt dann auch, wenn die Veräußerung erst nach Jah-

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1 Ganz h.M., ebenso LG Köln v. 19.7.1983 – 11 T 402/82, MittRhNotK 1983, 221; Klein in Bärmann, § 12 Rz. 11 und Schultzky in NK/BGB, § 12 WEG Rz. 23; missverständlich BGH v. 15.6. 1962 – V ZB 2/62, BGHZ 37, 203 = NJW 1962, 1613. 2 Vgl. auch § 19 Abs. 3 AGG sowie hierzu Gaier/Wendtland, AGG, 2006, Rz. 125 ff. u. Thüsing in MünchKomm/BGB, § 19 AGG Rz. 78 ff. 3 Vgl. OLG Zweibrücken v. 17.8.1993 – 3 W 141/93, MittBayNot 1994, 44. 4 BayObLG v. 29.6.1988 – BReg.2 Z 164/87, NJW-RR 1988, 1425. 5 OLG Schleswig v. 14.6.1993 – 2 W 66/93, NJW-RR 1993, 1103; KG v. 28.5.1996 – 1 W 7520/95, NJW-RR 1997, 78. 6 KG v. 1.3.2011 – 1 W 57/11, MDR 2011, 718 ff. = NZM 2012, 317 = ZWE 2011, 220. 7 OLG München v. 12.4.2007 – 32 Wx 64/07, NZM 2007, 520; KG v. 18.10.2011 – W 566-571/11, MietRB 2012, 146. 8 KG v. 28.2.2012 – 1 W 43/12, DNotZ 2012, 621 = FGPrax 2012, 96 = NJW-RR 2012, 1159 = NotBZ 2012, 223 = RNotZ 2012, 387 = Rpfleger 2012, 436 = WuM 2012, 288 = ZMR 2012, 653. 9 KG v. 17.8.2010 – 1 W 97/10, MDR 2011, 93 = MietRB 2010, 329 = NJW-RR 2010, 1523.

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

ren erfolgt,1 nicht aber, wenn zwischenzeitlich ein Rückerwerb vorgenommen wurde. Weitere Fälle sind die Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung durch einen Grundpfandrechtsgläubiger oder durch einen Grundpfandrechtsgläubiger, der das Objekt im Wege der Versteigerung selbst erworben hat. In Einzelfällen wird auch die Veräußerung durch den Insolvenzverwalter von der Zustimmung freigestellt. Gleiches gilt für gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungsvorgänge. 16

In den vorgenannten Fällen der Zustimmungsfreistellung ist – anders als bei Bestehen eines Zustimmungsanspruchs (Abs. 2 Satz 2) – keine Zustimmung erforderlich. Die Frage, ob eine Zustimmung erteilt werden muss, stellt sich somit nicht. Der Zustimmungsberechtigte darf deshalb vom Erwerber auch keine besonderen Nachweise (z.B. bezüglich Bonität) fordern. Anders ist dies hinsichtlich der Tatsachen, die die Zustimmungsfreiheit begründen (z.B. Nachweis der Eheschließung, Gesellschafterbestand bei personenidentischer Gesellschaft). Anders als beim Grundbuchamt bedürfen diese nicht der Form des § 29 GBO, so dass beispielsweise eine einfache Ablichtung der Heiratsurkunde ausreichen kann. 3. Kreis der Zustimmungsberechtigten

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Der Kreis der zustimmungsberechtigten Personen ist nicht beschränkt. Das Gesetz nennt ausdrücklich den anderen Wohnungseigentümer, stellt diesem aber jeden beliebigen Dritten gleich. In der Praxis wird die Zustimmung des anderen Wohnungseigentümers meist nur bei einer Gemeinschaft mit zwei Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten gewählt. Regelmäßig ist zustimmungsberechtigte Person der Verwalter der Anlage.2 Mitunter ist auch der Verwaltungsbeirat allein oder neben dem Verwalter zustimmungsberechtigt.3 Aber auch eine sonstige Person, die weder Miteigentum noch eine sonstige Rechtsbeziehung zur Anlage aufweist, kann zustimmungsberechtigte Person sein. Praktische Bedeutung hat das Zustimmungserfordernis eines „außenstehenden“ Dritten nur, wenn das Zustimmungserfordernis eine zweckentsprechende Nutzung der Einheiten durch sämtliche Wohnungs- und Teileigentümer gewährleisten soll und hieran ein Interesse eines Dritten (z.B. öffentliche Hand, Verband) zur Sicherung eines Zwecks besteht, der meist nicht nur die einzelne Anlage betrifft.

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Ist die Zustimmung eines oder mehrerer Miteigentümer erforderlich, kann danach unterschieden werden, ob es sich um den Nachbarn des veräußernden Wohnungseigentümers handelt. Außerdem kann bei einer Veräußerung durch Erwerber die Zustimmung des ursprünglich aufteilenden Eigentümers erforderlich sein, während umgekehrt für ihn eine freie Veräußerbarkeit besteht.

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Ist der Verwalter zustimmungsberechtigte Person, handelt er regelmäßig nur als mittelbarer (verdeckter) Stellvertreter der Wohnungseigentümer.4 Er ist dann nicht außenstehender Dritter, sondern Organ der Eigentümergemeinschaft, für die er handelt. Dies hat Konsequenzen für das Eintrittsrecht der Wohnungseigentümer. Diese können in diesem Fall selbst entscheiden und den Verwalter bindend zur Erteilung oder zur Verweigerung der Zustimmung anweisen.5 Der Verwalter kann in diesem Fall umgekehrt in Zweifelsfällen die Weisung der Wohnungseigentümer einholen.6 Nur in Ausnahmefällen ist es aber auch möglich, dass der Verwalter nicht als mittel1 OLG Frankfurt v. 12.12.1988 – 20 W 402/88, MDR 1989, 358 = NJW-RR 1989, 207. 2 Vgl. Heggen, NotBZ 2009, 401. 3 Vgl. OLG Hamm v. 13.3.2013 – I-15 W 311/12, FGPrax 2013, 196 = NotBZ 2013, 310 = Rpfleger 2013, 512. 4 BGH v. 26.9.1990 – IV ZR 226/89, BGHZ 112, 240 = MDR 1991, 132 = NJW 1991, 168. Vgl. Bub, NZM 2001, 502. 5 BayObLG v. 31.1.1980 – BReg.2 Z 24/79, DNotZ 1980, 751; OLG Zweibrücken v. 16.12.1986 – 3 W 174/86, MDR 1987, 326 = NJW-RR 1987, 269; OLG Saarbrücken v. 14.11.1988 – 5 W 251/88, MittRhNotK 1989, 58; LG Frankfurt v. 14.11.1995 – 2/14 O 101/95, NJW-RR 1996, 1080. 6 Vgl. BGH v. 21.12.1995 – V ZB 4/94, BGHZ 131, 346 = MDR 1996, 787 = NJW 1996, 1216; KG v. 26.11.1993 – 24 W 4675/93, ZMR 1994, 124; OLG Düsseldorf v. 10.5.2005 – 3 Wx 321/04, NZM 2005, 787; Bub, NZM 2001, 502.

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

barer Stellvertreter, sondern aus eigenem Recht als Dritter zustimmungsbefugt ist.1 Dies wird insbesondere ausnahmsweise dann der Fall sein, wenn der Verwalter bereits zustimmungsberechtigte Person war und erst später Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde. Dritter kann jede beliebige Person sein. Eine Verbindung zur Wohnungseigentümergemeinschaft wird in der Praxis zwar vorliegen, ist aber nicht erforderlich. Nicht Dritter kann auf Grund des Zwecks von § 1136 BGB ein Grundpfandgläubiger sein, so dass von dessen Zustimmung die Veräußerung nicht abhängig gemacht werden darf.2

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Ist der Verwalter selbst als Erwerber am Veräußerungsvorgang beteiligt, kann er die Zustimmung gegenüber dem anderen Vertragsteil erteilen. § 181 BGB ist insoweit nicht anwendbar.3

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Eine Bevollmächtigung Dritter durch die zustimmungsberechtigte Person ist zulässig.4 Allerdings ist eine beliebige Bevollmächtigung Dritter, die dann mit eigener Entscheidungskompetenz für die in der Vereinbarung als zustimmungsbefugt ermächtigte Person handeln, wohl nicht möglich. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach die ermächtigte Person, wenn auch im Interesse der Eigentümergemeinschaft, selbstständig handelt, ist eine Bevollmächtigung solcher Personen möglich, die zum Unternehmen, Geschäfts- oder Familienkreis der zustimmungsberechtigten Person gehören. Die in der Praxis mitunter übliche Bevollmächtigung von Notariatsmitarbeitern durch den Verwalter ist nach dieser Ansicht nicht möglich.5 Andererseits spricht nichts dagegen, wenn der Verwalter seine Sekretärin bevollmächtigt, die Unterschrift beim Notar für ihn zu leisten.

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Sieht die Teilungserklärung ein Zustimmungserfordernis bei der Veräußerung vor, ist aber keine zustimmungsberechtigte Person vorhanden (z.B. keine Wahl eines Verwalters, Versterben des zustimmungsberechtigten Dritten), müssen sämtliche Wohnungs- und Teileigentümer der Veräußerung zustimmen, sofern sie nicht eine zustimmungsberechtigte Person einsetzen (z.B. Wahl eines Verwalters).6

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III. Zustimmungsgebot 1. Abänderungsmöglichkeit Die Bestimmung, wonach die Zustimmung der Veräußerung nur aus einem wichtigen Grund versagt werden darf, soll die grundsätzliche Veräußerlichkeit des Wohnungs- und Teileigentums wiederherstellen. Sie ist deshalb teilweise zwingend, so dass die Verweigerung der Zustimmung nur aus wichtigen, nicht aus anderen Gründen zulässig ist.7 Der zwingende Charakter der Vorschrift schließt das „Gebot“ aus, nur an bestimmte Personen oder einen bestimmten Personenkreis zu veräußern. Gleiches gilt grundsätzlich für ein Veräußerungsverbot bezüglich bestimmter Personen. Unzulässig ist die Vereinbarung von Versagungsgründen, die die Schwelle eines wichtigen Grundes nicht erreichen.8 Dies schließt es allerdings nicht aus, schuldrechtliche Versagungsgründe hinsichtlich einer Veräußerung zu vereinbaren, die un1 BayObLG v. 31.1.1980 – 2 Z 24/79, BayObLGZ 1980, 29. 2 Ebenso Stürner in Soergel, BGB, § 12 WEG Rz. 1; Lüke in Weitnauer, § 12 WEG Rz. 14; Schöner/ Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2898; Schneider in Riecke/Schmid, § 12 WEG Rz. 86; a.A. früher noch Ganten in Erman, BGB, § 12 WEG Rz. 5; Klein in Bärmann, § 12 WEG Rz. 28; offen BayObLG v. 29.1.1987 – 27 141/86, MittBayNot 1987, 96. 3 KG v. 3.2.2004 – 1 W 244/03, MDR 2004, 740 = MietRB 2004, 176 = NZM 2004, 588; Herrler, ZNotP 2008, 879. 4 Str., hier OLG Köln v. 28.8.2000 – 2 Wx 45/00, MittRhNotK 2000, 393; Commichau in MünchKomm/BGB, § 12 WEG Rz. 13. 5 Vgl. auch Bauer/v. Oefele, GBO, 3. Aufl. 2013, Allg. Teil V Rz. 286 und Schmidt, PiG 54, 1998, 195 (209). 6 Ebenso Commichau in MünchKomm/BGB, § 12 WEG Rz. 20 und Kreuzer in Staudinger, BGB, § 12 WEG Rz. 21. 7 OLG München v. 20.9.2006 – 32 Wx 139/06, MDR 2007, 266. 8 OLG München v. 20.9.2006 – 32 Wx 139/06, MDR 2007, 266.

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

terhalb dieser „Messlatte“ verbleiben. Häufig erfolgt dies, wenn Eltern die von ihnen selbst genutzte Immobilie in Wohnungseigentum aufteilen und eine Wohnung an das eigene Kind überlassen. Hier können neben dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Zustimmungserfordernis zusätzlich weitere Gründe vereinbart werden, in denen eine Veräußerung unzulässig ist (z.B. Einleitung von Zwangsversteigerungsmaßnahmen, Scheidung, Tod, Belastung,1 Vermietung etc.). In diesen Fällen kann der Berechtigte bei einem Verstoß gegen die vereinbarten Beschränkungen den anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung verklagen, und, sofern dies als Sanktion vorgesehen ist, auch die Rückübertragung der überlassenen Einheit auf sich verlangen. Als dinglich wirkendes Verfügungsverbot ist dies allerdings nicht zulässig. 25

Dispositiv ist Abs. 2 Satz 1 jedoch insofern, als der Kreis wichtiger Gründe beschränkt werden kann. Dies kann dadurch erfolgen, dass einzelne wichtige Gründe ausdrücklich als Versagungsgrund ausscheiden oder die Schwelle der Wichtigkeit nicht herabgesenkt, sondern erhöht wird, z.B. auf die Schwelle derjenigen Gründe, die auch die Entziehung eines Wohnungseigentums (§ 18) rechtfertigen würden. Zulässig ist es auch, einen wichtigen Grund im Hinblick auf die Nutzung der Anlage zu konkretisieren, soweit dabei keine Herabsetzung der erforderlichen Schwelle unter das Erfordernis der Wichtigkeit erfolgt. Bei sämtlichen Vereinbarungen, die in diesem Rahmen zulässig sind, ist weiterhin darauf zu achten, dass dadurch keine rechtswidrige Differenzierung eintritt. Dies kann auch mittelbar der Fall sein, wenn im Rahmen der Konkretisierung eine bestimmte Personengruppe faktisch vom Erwerb ausgeschlossen wird. 2. Wichtiger Grund

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Ein „wichtiger Grund“, der die Zustimmungsverweigerung rechtfertigt, kann entsprechend dem Gesetzeszweck nur zur Sicherung des persönlichen und wirtschaftlichen Einvernehmens der Wohnungseigentümer2 dienen. Bloße Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte sind dagegen nicht ausreichend.3 Es muss sich um Gründe handeln, die in der Person des Erwerbers liegen.4 Es darf sich nicht um solche handeln, die in der Person des Veräußerers begründet sind.5 Gründe in der Person können auch solche sein, die Mitbewohner des Erwerbers betreffen. Beispiele sind ein „unflätiger Lebensgefährte“6 und die geplante Nutzungsüberlassung an einen früheren Wohnungseigentümer, dessen Eigentum gemäß § 18 entzogen wurde.7 Die Gründe müssen konkret befürchten lassen, der Erwerber würde die Rechte der übrigen Eigentümer nicht beachten.8 Er muss aber nicht die strengen Voraussetzungen erfüllen, die bei einer Entziehung des Wohnungseigentums (§ 18) vorliegen müssen.9 Auf ein Verschulden kommt es nicht an.10

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Es muss sich jedoch um Umstände von einigem Gewicht handeln, nicht nur um Unzuträglichkeiten und persönliche Spannungen.11 Entscheidend sind die konkreten Bedürfnisse der Gemeinschaft im Einzelfall, die wiederum dem Rechtsgedanken des 1 Vgl. rechtspolitisch Drasdo, NZM 1990, 681. 2 KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, OLGZ 1978, 296 = MDR 1978, 935 f. 3 BayObLG v. 16.11.1972 – BReg 2 Z 68/72, BayObLGZ 1972, 348; BayObLG v. 31.1.1980 – BReg.2 Z 24/79, DNotZ 1980, 751. 4 BayObLG v. 14.3.1990 – BReg.1b Z 7/89, NJW-RR 1990, 657; BayObLG v. 4.1.1995 – 2 Z BR 114/94, WE 1995, 375 (376); OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, Rpfleger 1994, 459 = NJW-RR 1994, 1103. 5 OLG Köln v. 30.8.2004 – 16 Wx 143/04, NZM 2004, 879. 6 BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659; LG Köln v. 19.3.2009 – 29 S 45/08, ZMR 2009, 552. 7 BayObLG v. 4.6.1998 – 2 Z BR 19/98, NZM 1998, 868. 8 BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 19/98, NJW-RR 1999, 452 (453); BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659; BayObLG v. 6.3.2003 – 2Z BR 90/02, NJW-RR 2003, 950. 9 BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659. 10 OLG Frankfurt v. 27.7.2005 – 20 W 493/04, NZM 2006, 380. 11 OLG Zweibrücken v. 8.11.2005 – 3 W 142/05, MietRB 2006, 133 = DNotZ 2006, 259 = NZM 2006, 144.

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Veräußerungsbeschränkung

§ 12 zugeordnet werden müssen. Der „wichtige Grund“ kann dabei nicht durch eine Vereinbarung geschaffen werden. Möglich ist es (vgl. Rz. 24), ihn zu konkretisieren und nach den Umständen, insbesondere dem Nutzungszweck der Wohnanlage, abzugrenzen. Es muss sich um einen Umstand handeln, der einen Verstoß gegen die Zweckbestimmung der Anlage darstellt.1 Hierzu kann beispielsweise in einer Seniorenwohnanlage auch ein begründetes Ruhebedürfnis gehören, gegen das eine bestimmte gewerbliche oder freiberufliche Nutzung verstößt.2 Häufiger Fall ist die fehlende Sicherheit hinsichtlich der Erfüllung der Lastenbeitrags- und Finanzierungsverpflichtungen, so dass die anderen Eigentümer für einen diesbezüglichen Ausfall aufkommen müssen.3 Gleiches gilt für die Weigerung des künftigen Eigentümers, die Hausordnung zu befolgen.4 Wichtige Gründe sind ferner eine nachgewiesene anstößige Nutzung5 und ein Verstoß gegen ein wirksames Tierhaltungsverbot. Eine nachgewiesene Streitsucht kann ebenfalls eine Verweigerung der Zustimmung zur Veräußerung rechtfertigen.6 Die Veräußerung an einen Nicht-EU-ausländer ohne Wohnsitz in der EU allein stellt noch keinen Grund für eine Zustimmungsversagung dar, auch wenn eine Vollstreckung im Ausland schwierig ist.7 Mangels fehlender Objektivierbarkeit stellen ein mangelndes „standesgemäßes Einordnen“ in die Gemeinschaft8 und die Versagung der Zustimmung bei einem nicht genehmen Erwerber9 keinen wichtigen Grund i.S.d. Abs. 2 Satz 1 dar. Eine Verweigerung, die mit einer diskriminierenden Begründung versehen wird, ist ebenfalls unwirksam.10 Die bloße Antipathie gegen einen Erwerber reicht für die Versagung der Zustimmung ebenfalls nicht aus.11 Auch Fehler im schuldrechtlichen Kaufvertrag geben keinen Grund für eine Zustimmungsverweigerung.12 Anders als die zweckwidrige Nutzung kann die Beendigung einer langjährigen geduldeten Nutzung nicht zum Anlass für eine Zustimmungsverweigerung genommen werden.13 Die Weigerung eines Erwerbers, dem Verwalter oder Miteigentümer eine umfassende Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung zu erteilen, bildet auch dann keinen wichtigen Grund für eine Verweigerung der Zustimmung, wenn es sich um eine Mehrhausanlage mit noch offener „Restunterteilung“ handelt.14 Gleiches gilt für die Verpflichtung, hinsichtlich des Hausgeldes eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft abzugeben. Betrifft diese nur Neueigentümer, ist sie diskriminierend.15 Zudem besteht erst nach dem Eigentumserwerb die diesbezügliche Verpflichtung. Im Zusammenhang mit den „Schrottimmobilien“ gewinnt die Frage, ob eine 1 OLG Hamm v. 7.4.1989 – 15 W 513/88, NJW-RR 1989, 974; OLG Düsseldorf v. 2.10.1996 – 3 Wx 240/96, NJW-RR 1997, 268. 2 Str.; vgl. OLG Karlsruhe v. 15.1.1976 – 11 W 93/75, OLGZ 1976, 145 zu einer Arztpraxis. 3 OLG Frankfurt v. 25.10.1982 – 20 W 209/82, DWE 1983, 61; BayObLG v. 29.12.1983 – 2 Z 18/83, DWE 1984, 60; OLG Köln v. 15.3.1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296; OLG Düsseldorf v. 25.4.1997 – 3 Wx 576/96, ZfIR 1997, 415; LG Köln v. 29.2.2000 – 29 T 239/99, ZMR 2000, 704; vgl. aber auch LG Frankfurt v. 14.10.1987 – 2/9 T 651/87, NJW-RR 1988, 598; BayObLG v. 29.6.1988 – BReg.2 Z 164/87, NJW-RR 1988, 1425. 4 OLG Düsseldorf v. 5.5.1997 – 3 Wx 459/96, ZMR 1998, 45. 5 Vgl. KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, OLGZ 1978, 296 (301). 6 OLG Frankfurt v. 27.7.2005 – 20 W 493/04, NZM 2006, 380. 7 A.A. für russischen Staatsbürger AG Berlin-Wedding v. 27.8.2012 – 21 b C 75/12, BeckRS 2012, 25067 = IMR 2013, 194 = GE 2012, 1645 bei Monatseinkommen von knapp 2600 Euro und einem monatlichen Wohngeld von 100 Euro. 8 BayObLG v. 5.7.1982 – 2 Z 63/81, DWE 1983, 26. 9 OLG Köln v. 9.7.2001 – 16 Wx 134/01, ZfIR 2002, 144. 10 OLG Zweibrücken v. 17.8.1993 – 3 W 141/93, MittBayNot 1994, 44; vgl. auch Klein in Bärmann, § 12 WEG Rz. 40. 11 OLG Zweibrücken v. 8.11.2005 – 3 W 142/05, MietRB 2006, 133 = DNotZ 2006, 295. 12 KG v. 19.9.2001 – 24 W 147/01, NZM 2002, 29; vgl. auch OLG Frankfurt/M. v. 19.11.1993 – 20 W 376/92, ZMR 1994, 124. 13 BayObLG v. 14.3.1990 – BReg.1b Z 7/89, NJW-RR 1990, 657; vgl. auch LG Saarbrücken v. 10.10. 1997 – 5 T 334/97, NZM 1998, 675. 14 Wie hier Armbrüster, ZMR 2005, 244 (249); a.A. wohl Hügel, DNotZ 2003, 517 (522); offen Rapp in Becksches Notar-Handbuch, 5. Aufl. 2009, A III Rz. 39 und Häublein, DNotZ 2000, 442. 15 Vgl. zur Erbbauzinserhöhung beim Wohnungserbbaurecht OLG Hamm v. 24.7.2013 – 15 W 199/12, ZWE 2013, 404.

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Übertragung der Wohnungs-/Teileigentumseinheit auf eine UG, Ltd., GmbH oder GmbH & Co. KG genehmigt werden muss, zunehmende Bedeutung. Allein der Umstand, dass die Übertragung auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfolgt, reicht für eine Zustimmungsverweigerung nicht aus.1 Anders kann dies sein, wenn das Gesellschaftsvermögen allein aus den ertragslosen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten besteht.2 3. Zustimmungsanspruch 28

Durch Vereinbarung kann für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung (Abs. 2 Satz 2) begründet werden. Anders als bei einer Modifizierung des Zustimmungserfordernisses bleibt in diesen Fällen die Zustimmung weiterhin erforderlich. Sie wird somit durch die Vereinbarung nicht entbehrlich. Sie darf allerdings bei Vorliegen der in der Vereinbarung geregelten Voraussetzungen nicht verweigert werden. Praktisch relevant wird der Zustimmungsanspruch vor allem dann, wenn hinsichtlich der Umstände, bei deren Vorliegen die Zustimmung erteilt werden soll, noch eine Prüfung erforderlich ist. Beispiel ist die Erfüllung bestimmter sozialer Voraussetzungen, wenn die Immobilie zur Erfüllung der Wohnbedürfnisse von Bevölkerungsgruppen mit Raumversorgungsproblemen dient. Allerdings darf auch durch die Einräumung eines Anspruchs auf Zustimmung keine Situation eintreten, die diskriminierend ist. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die sexuelle Orientierung zu einer unterschiedlichen Behandlung hinsichtlich eines Zustimmungsanspruchs führen würde. Ist in einem Wohnhaus im Fall einer Zuwendung eines Wohnungs- oder Teileigentums von einem Ehegatten an den anderen ein Zustimmungsanspruch vorgesehen, so lässt sich schwerlich ein Grund dafür finden, dass zu einer Überlassung von einem eingetragenen Lebenspartner an den anderen nicht ebenso eine Zustimmung erteilt werden muss. Die Begründung eines Zustimmungsanspruchs ist im Rahmen der Zweckbestimmung der Anlage dann sinnvoll, wenn nachprüfbare Gründe bestehen, die die Risiken nahezu umfallen lassen, zu deren Vermeidung das Zustimmungserfordernis besteht. 4. Beweislast und Klage

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Beweispflichtig für die Versagungsgründe und das Erreichen des Grades der Wichtigkeit ist der Zustimmungsberechtigte. Er muss konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich eines eventuellen künftigen Fehlverhaltens des Erwerbers liefern, von denen der Schluss auf die Nichterfüllung der Pflichten als Wohnungs- oder Teileigentümer gezogen werden kann. Dass dies schwierig ist, macht die Regelung gleichwohl nicht obsolet. In der Vereinbarung können die wichtigen Gründe durch Beispiele konkretisiert werden. Allerdings dürfte eine kasuistische Aufzählung im Regelfall nicht möglich sein, wohl aber eine beispielhafte. Auch insofern muss wiederum darauf geachtet werden, dass diskriminierende Angaben vermieden werden.

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Die Informationen über die Person des Erwerbers, die die Möglichkeit der Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes geben, muss der Veräußerer dem Zustimmungsberechtigten liefern. Er muss den Erwerber gegebenenfalls zu einer Selbstauskunft veranlassen.3 Umstritten, aber wohl zu verneinen ist die Frage, ob eine Bescheinigung eines Unternehmens, das kreditrelevante Informationen liefert (z.B. Schufa), im Normalfall erforderlich ist.4 Adressat des Auskunftsverlangens ist allein der Veräußerer; der Zustimmungsberechtigte hat dagegen keinen Anspruch gegenüber dem Erwerber. Er kann von diesem auch keine Kaufvertragsabschrift verlangen. § 51 BeurkG gibt ihm keinen diesbezüglichen Anspruch, da er nicht Beteiligter und auch 1 BayObLG v. 29.6.1988 – BReg.2 Z 164/87, NJW-RR 1988, 1425. 2 Grziwotz, NZM 2009, 812. 3 KG v. 11.10.1989 – 24 W 4478/89, ZMR 1990, 68; OLG Köln v. 15.3.1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296. Vgl. auch DNotI-Report 2009, 105 ff. Zur Vorlage einer Bilanz bei Veräußerung an eine Gesellschaft AG Bergheim v. 2.8.2013 – 29a 98/12, IMR 2014, 76. 4 A.A. wohl Drasdo, NJW-Spezial 2001, 1 und Schmidt, DWE 1998, 5 (8); vgl. auch zur Auskunftspflicht des Verwalters gegenüber den vorhandenen Wohnungseigentümern OLG Köln v. 16.1. 1984 – 16 Wx 76/83, OLGZ 1984, 162.

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nicht Rechtsnachfolger eines Beteiligten ist. Er hat auch gegenüber dem Veräußerer kein Recht auf Übersendung einer Abschrift.1 Ausreichend ist für ihn, dass er so viele Informationen über die Person des Erwerbers erhält, dass ihm eine Prüfung von dessen Zuverlässigkeit im Hinblick auf die wohnungseigentumsrechtlichen Pflichten und in Bezug auf die konkrete Wohnanlage möglich ist. Im Hinblick auf den Zweck des Zustimmungsverfahrens, nämlich den Schutz der Eigentümergemeinschaft, trifft den Zustimmungsberechtigten keine Pflicht, ungefragt auf noch nicht finanzierte Baumaßnahmen, Hausgeldrückstände anderer Wohnungseigentümer oder geplante Sonderumlagen hinzuweisen.2 Bei einer Verweigerung der Zustimmung durch den Zustimmungsberechtigten kann Klage auf Erteilung der Zustimmung erhoben werden. Aktiv legitimiert ist nur der Veräußerer, nicht der Erwerber. Gegenstandswert ist bei einem Kauf der vorgesehene Kaufpreis;3 bei anderen Veräußerungen als bei einem Kauf bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Verkehrswert. Die Klage richtet sich, sofern ein Wohnungseigentümer oder der Verwalter zustimmungsberechtigt sind, nach § 43 Nr. 1. Dies gilt auch dann, wenn die Klage von dem Vollstreckungsgläubiger eines von einer Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümer erhoben wird.4 Ist der Verwalter zustimmungsberechtigte Person, ist er auch dann der richtige Anspruchsgegner, wenn die Zustimmung durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer ersetzt werden kann, weil dies die Gemeinschaftsordnung vorsieht.5 Anders ist dies, wenn die Wohnungseigentümer die Entscheidung an sich gezogen und beschlossen haben, die Zustimmung zu verweigern, und zwar auch dann, wenn die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung in der Form einer Anweisung an den Verwalter getroffen haben. In diesen Fällen sind die Wohnungseigentümer passivlegitimiert.6 Ist der Verwalter Gegner, so sind die Wohnungseigentümer beizuladen(§ 48 WEG).7 Ist ein Dritter zustimmungsberechtigt, ist gegen diese Klage zu erheben, wobei sich hier die Zuständigkeit aus den allgemeinen Vorschriften ergibt. Gleiches gilt, wenn bei einem durch Vereinbarung geschaffenen Anspruch auf Zustimmung über das Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen gestritten wird.

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Voraussetzung der Klage ist die schuldhafte unberechtigte Zustimmungsverweigerung oder -verzögerung. Beide Fälle können zudem zur Schadenersatzpflicht des Zustimmungsberechtigten führen. Von einer Verzögerung kann man ausgehen, wenn innerhalb von ca. 14 Tagen nach Vorliegen der erbetenen Informationen der Zustimmungsberechtigte seine Unterschrift nicht in der Form des § 29 GBO, also regelmäßig bei einem Notar, leistet bzw. anerkennt.8 Gleiches gilt, wenn der Verwalter nicht dafür sorgt, dass der Verwalternachweis in der grundbuchmäßigen Form (§ 26 Abs. 3) vorliegt, deshalb seine Zustimmung vom Grundbuchamt nicht verwendet werden kann und durch eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes eine zeitliche Verzögerung eintritt. Ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) an der Zustimmungserklärung kann nicht geltend gemacht werden; dies schließt der Zweck der Zustim-

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1 A.A. Liessem, NJW 1988, 1306 (1308). 2 OLG Köln v. 4.11.1998 – 16 Wx 154/98, ZfIR 1999, 689. 3 BayObLG v. 10.6.1981 – 2 Z 32/81, BayObLGZ 1981, 202; KG v. 6.3.1981 – 1 W 5398/80, Rpfleger 1981, 325; OLG Köln v. 9.7.2013 – 19 W 14/13, Beck RS 2013, 16611; a.A. OLG Celle v. 18.8.2010 – 4 W 145/10, MietRB 2011, 17 = ZfIR 2010, 817 (10–20 %). Vgl. auch OLG Köln v. 9.7.2013 – 19 W 14/13, BeckRS 2013, 16611. 4 BGH v. 21.11.2013 – V ZR 269/12, WuM 2014, 161 f. = ZWE 2014, 140. 5 OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, NJW-RR 1994, 1103; OLG Köln v. 6.8.2009 – 16 Wx 133, 134/08, ZMR 2010, 54. 6 BGH v. 13.5.2011 – V ZR 166/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 253 = ZMR 2011, 813; OLG Köln v. 11.11.2009 – 16 Wx 133, 134/08, NZM 2010, 357; Abramenko, MietRB 2012, 215 f. 7 OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, NJW-RR 1994, 1103; BayObLG v. 25.6.1997 – 2Z BR 50/97, NJW-RR 1997, 1307. 8 BayObLG v. 29.12.1983 – 2 Z 18/83, DWE 1984, 60; OLG Karlsruhe v. 9.2.1983 – 4 W 97/82, OLGZ 1985, 133; OLG Düsseldorf v. 13.8.2003 – I-3 Wx 176/03, RNotZ 2004, 91; LG Frankfurt/M. v. 15.6. 1988 – 219 T 207/88, NJW-RR 1989, 15; LG Essen v. 1.7.1993 – 16 O 187/93, ZMR 1994, 1729.

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mung als Gestaltungserklärung aus.1 Eine Treuhandauflage, wonach von der Zustimmungserklärung nur Gebrauch gemacht werden darf, wenn z.B. Hausgeldrückstände beglichen oder die Kosten der Zustimmungserklärung vom Erwerber bezahlt werden, ist ebenso unzulässig.2 Nimmt der Erwerber den Veräußerer auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in Anspruch, muss er darlegen und beweisen, dass der Zustimmungsberechtigte die Zustimmung zur Veräußerung hätte erteilen müssen. Bei Geltendmachung eines Verzögerungsschadens muss bewiesen werden, dass der zustimmungsberechtigten Person die erforderlichen Informationen vorlagen und sie dennoch nicht die Zustimmung in der erforderlichen Form erklärt, unberechtigte Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht oder Treuhandauflagen gestellt hat.3 33

Die Klage des veräußernden Wohnungseigentümers bezieht sich auf Erteilung der Zustimmung. Der Erwerber hat keine Klagemöglichkeit, sondern kann lediglich vom Veräußerer die Erteilung der Zustimmung verlangen und gegebenenfalls Leistungsstörungsrechte geltend machen. Der Antrag des Veräußerers richtet sich nicht auf Erteilung der Zustimmung durch das Gericht, sondern auf Verurteilung zur Erteilung. Dies gilt auch, wenn in der Vereinbarung ein Anspruch bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen geregelt ist. Die Vollstreckung erfolgt gemäß § 894 ZPO.4 Rechtsanwaltskosten, die bei der Verfolgung des Anspruchs anfallen, sind erstattungsfähig.5 IV. Schwebezustand und Zustimmungserteilung 1. Zustimmung und Form

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Die Zustimmung kann nur zu einer bestimmten Veräußerung erteilt werden. Es darf nicht pauschal jeder Veräußerung im Vorhinein zugestimmt werden, da andernfalls das Zustimmungserfordernis faktisch aufgehoben würde, ohne dass das hierfür vorgesehene Verfahren eingehalten wird. In der Praxis wird die Zustimmung meist nach der Veräußerung erteilt. Es ist aber auch eine Zustimmung vor der Veräußerung möglich. Es handelt sich um ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft,6 wobei die Abgabe sowohl gegenüber dem Veräußerer als auch gegenüber dem Erwerber möglich ist (§ 182 Abs. 1 BGB). Die Zustimmung ist bedingungsfeindlich. Die Wirksamkeit tritt ein mit dem Zugang. Eine vor Abschluss des Veräußerungsvertrags erteilte Zustimmung ist frei widerruflich (§ 183 BGB). Im Hinblick auf die rechtsgestaltende Wirkung der Zustimmung ist der Widerruf nur bis zum Abschluss des Vertrags möglich, danach nicht mehr.7 Nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags kann der Widerruf die Veräußerung deshalb nicht mehr unwirksam machen. Maßgeblicher Zeitpunkt hinsichtlich des Vorliegens der Zustimmungsbefugnis ist nach h. M. der Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmung, das heißt das Wirksamwerden der Zustimmung (§ 182 Abs. 1 BGB).8 Teile 1 OLG Schleswig v. 28.5.1982 – 2 W 22/82, DWE 1983, 26; BayObLG v. 14.3.1990 – BReg.1b Z 7/89, NJW-RR 1990, 657. 2 Str., vgl. BNotK, DNotI-Report 1997, 202 (212) und Sauren, § 12 WEG Rz. 24; a.A. Wochner, ZNotP 1998, 489. 3 OLG Köln v. 15.3.1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296; vgl. Abramenko, MietRB 2012, 215 (219). 4 BayObLG v. 12.1.1977 – BReg 2 Z 32/76, MDR 1977, 670; Abramenko, MietRB 2012, 215. 5 LG Essen v. 1.7.1993 – 16 O 187/93, ZMR 1994, 172. 6 Zur Anwendbarkeit der §§ 182 ff. BGB: BayObLG v. 12.4.1983 – BReg.2 Z 107/82, DNotZ 1984, 559. 7 Ähnlich Schmidt, MittBayNot 1999, 366; vgl. auch BGH v. 27.9.1962 – III ZR 83/61, MDR 1963, 32 = NJW 1963, 36 f. und KG v. 28.2.2012 – 1 W 41/12, MDR 2012, 575 = MietRB 2012, 174 = NJW-RR 2012, 1158. Zur Erklärung gegenüber dem mit zum Vollzug eines Kaufvertrages beauftragten Notar. 8 S. nur BGH v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 16 = DNotZ 2013, 362 = FGPrax 2013, 6 = MittBayNot 2013, 930 = NJW 2013, 362 = NZM 2013, 34 = NotBZ 2013, 25 = Rpfleger 2013, 136 = ZfIR 2013, 25 = ZMR 2013, 125 = ZWE 2013, 21; Schmidt, ZWE 2010, 394 (396) und Hügel, NotBZ 2013, 1 ff.; ebenso bereits OLG München v. 27.6.2011 – 34 Wx 135/11, MittBayNot 2011, 486; OLG Düsseldorf v. 11.5.2011 – 3 Wx 70/11, NZM 2011, 754; KG v. 28.2.2012 – 1 W 41/12, MDR 2012, 575 = MietRB 2012, 174 = NJW-RR 2012, 1158; OLG Nürnberg v. 25.10. 2012 – 15 W 1894/12, ZWE 2013, 86.

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der Rechtsprechung1 haben demgegenüber auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Grundbuchamt (§ 878 BGB) hinsichtlich der Eintragung des Eigentumswechsels abgestellt. Die vom „alten“ Verwalter oder Eigentümer erteilte Zustimmung wurde danach obsolet, wenn zwischenzeitlich ein neuer Verwalter gewählt wurde oder ein Eigentumswechsel vor Eingang des Umschreibungsantrags stattfand. Gleiches sollte gelten, wenn die Bestellung des Verwalters für ungültig erklärt wird.2 Besondere Bedeutung hat diese Streitfrage vor allem für den Verwalterwechsel zwischen Zustimmungserteilung und grundbuchamtlichem Vollzug der Eigentumsumschreibung. Nach nunmehriger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Beendigung des Verwalteramtes nach wirksamer Zustimmung aber noch vor Wirksamkeit der Veräußerung durch Eigentumsumschreibung unschädlich.3 Einer nochmaligen Zustimmung des neuen Verwalters bedarf es danach nicht. Das Grundbuchamt hat grundsätzlich nicht zu prüfen, ob der zustimmende Verwalter auch noch in dem Zeitpunkt zum Verwalter bestellt ist, in dem der Eigentumsumschreibungsantrag eingereicht wird. Materiell-rechtlich bedarf die Zustimmung keiner Form (§ 182 BGB). Dem Grundbuchamt ist sie jedoch in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.4 Das Grundbuchamt prüft das Vorliegen der Zustimmung von Amts wegen.5

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2. Rechtsfolgen Bis zur Erteilung der Zustimmung sind der schuldrechtliche und der dingliche Vertrag schwebend unwirksam (Abs. 3 Satz 1). Diese Wirkung gilt gegenüber jedermann.6 Somit kann auch der Kaufpreis nicht fällig werden. Eine Hinterlegung des Kaufpreises auf Anderkonto oder eine Verzinsung, für die die Fälligkeit nicht Voraussetzung ist, können dagegen vereinbart werden. Bei einer Klage gegen die Verweigerung der Zustimmung dauert der Schwebezustand bis zur rechtskräftigen Entscheidung an.7

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Der Schwebezustand besteht auch dann, wenn sich der Zustimmungsberechtigte trotz Aufforderung nicht äußert. Wegen des Fehlens einer entsprechenden Regelung kann nicht analog §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2, 1829 BGB durch Aufforderung zur Erteilung der Genehmigung mit der Folge der Fiktion der Verweigerung bei nicht fristgemäßer Äußerung verfahren werden. Klarheit kann nur durch eine Klage geschaffen werden.8 Allerdings können die Parteien während der Dauer des Schwebezustands einvernehmlich den Vertrag auch aufheben.

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1 OLG Celle v. 19.1.2005 – 4 W 14/05, MietRB 2005, 122 = NZM 2005, 260; OLG Hamburg v. 15.3. 2011 – 13 W 15/11, MittBayNot 2011, 487 = ZfIR 2011, 528; OLG Hamm v. 12.5.2010 – 15 W 139/10, NJW-RR 2010, 1524; OLG Frankfurt/M v. 13.12.2011 – 20 W 321/11, MietRB 2012, 111 = RNotZ 2012, 330; OLG Frankfurt v. 19.12.2011, 20 W 406/11, MDR 2012, 634 = MietRB 2012, 240; krit. Kreuzer, DNotZ 2012, 11 ff. 2 KG v. 31.3.2009 – 1 W 209/05, MDR 2009, 860 = MietRB 2009, 235. 3 BGH v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 16 = DNotZ 2013, 362 = FGPrax 2013, 6 = MittBayNot 2013, 930 = NJW 2013, 362 = NZM 2013, 34 = NotBZ 2013, 25 = Rpfleger 2013, 136 = ZfIR 2013, 25 = ZMR 2013, 125 = ZWE 2013, 21; Dies gilt dann auch für den Zeitpunkt der Unwiderrufbarkeit, s. Böttcher, Rpfleger 2007, 526 (531). 4 OLG Hamm v. 22.11.1966 – 15 W 178/66, OLGZ 1967, 109; BayObLG v. 11.7.1975 – BReg 2 Z 45/75, DNotZ 1976, 162. 5 BayObLG v. 29.12.1961 – 2 Z 214/61, BayObLGZ 1961, 392 = DNotZ 1962, 312; BayObLG v. 12.4. 1983 – BReg.2 Z 107/82, DNotZ 1984, 559; BayObLG v. 10.6.1981 – 2 Z 32/81, BayObLGZ 1981, 202; a.A. LG Frankenthal v. 27.1.1984 – 1 T 20/84, Rpfleger 1984, 183. 6 BGH v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, BGHZ 33, 76 = NJW 1960, 2093; BayObLG v. 10.6.1981 – 2 Z 32/81, BayObLGZ 1981, 202 (204); BayObLG v. 29.1.1982 – BReg.2 Z 50/81, MDR 1982, 496 = BayObLGZ 1982, 46 (49); OLG Hamm v. 8.7.1991 – 22 U 259/90, DNotZ 1992, 232; OLG Köln v. 15.3. 1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296; zur Auswirkung auf ein bestehendes Vorkaufsrecht vgl. LG Frankfurt v. 14.11.1995 – 2/14 O 101/95, NJW-RR 1996, 1080. 7 OLG Hamm v. 8.7.1991 – 22 U 259/90, DNotZ 1992, 232; OLG Hamm v. 14.3.1996 – 22 U 25/95, WuM 1997, 289. 8 Str., a.A. Stürner in Soergel, BGB, § 12 WEG Rz. 12.

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Der Schwebezustand wird durch die Erteilung der Zustimmung beendet. Eine nachträgliche Zustimmung wirkt zivilrechtlich zurück (§ 184 BGB).1 Auch das Versagen der Genehmigung beseitigt den Schwebezustand; mit ihr wird der Vertrag endgültig absolut unwirksam,2 und zwar auch dann, wenn ein wichtiger Grund zu Unrecht angenommen worden ist.3 Diese Folge tritt bei einer erhobenen Klage wegen Nichterteilung oder Verweigerung der Zustimmung erst mit Rechtskraft der entsprechenden Entscheidung ein.4

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Während des Schwebezustands kann eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden, da sie auf Grund Bewilligung des Veräußerers auch bei einem schwebend unwirksamen Vertrag möglich ist.5 Trägt das Grundbuchamt den Eigentumswechsel dagegen ohne die erforderliche Zustimmung ein, wird das Grundbuch unrichtig.6 Die Eintragung eines Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 GBO) ist möglich. Der frühere Eigentümer (Veräußerer) kann, da ihm ein Berichtigungsanspruch gem. § 894 BGB zusteht, die Eintragung eines Amtswiderspruchs beantragen. Dagegen haben die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer und der Verwalter keinen Grundbuchberichtigungsanspruch.7 Auch eine diesbezügliche Beschwerde ist deshalb nicht möglich. Die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer können den Veräußerer nur in einem Verfahren nach § 43 WEG anhalten, seinen Berichtigungsanspruch geltend zu machen.

40

Hängt die Zustimmungsberechtigung von bestimmten Eigenschaften ab, so kann das Grundbuchamt den Nachweis in der Form des § 29 GBO fordern.8 Ist der andere Eigentümer zustimmungsberechtigt, ist seine Position aus dem Grundbuch ersichtlich.9 Ist der Verwalter zustimmungsberechtigt, kann das Grundbuchamt auch den Nachweis der Verwalterbestellung fordern,10 ggf. ferner den Nachweis ihrer Fortdauer,11 allerdings nur, wenn konkrete Tatsachen (z. B. Zeitablauf, Verlängerungsklausel) gegen den Fortbestand der Bestellung sprechen,12 sonst nicht. Die Nachweispflicht gilt auch, wenn die Bestellung in einer Ein-Mann-Versammlung erfolgte, z.B. 1 Str., vgl. LG Frankfurt/M. v. 14.11.1995 – 2/14 O 101/95, NJW-RR 1996, 1080. Hinsichtlich der Frist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG tritt keine Rückwirkung ein (BFH v. 2.10.2001 – IX R 45/99, BFHE 196, 567 = BStBl. II 2002, 10 = DB 2002, 18; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BStBl. II 2007, 294; BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126; FG Münster v. 22.5.2013 – 10 KK 15/12, BeckRS 2013, 95480 Rz. 44). 2 S. nur BayObLG v. 12.4.1983 – BReg.2 Z 107/82, Rpfleger 1983, 350. 3 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 241/11, MDR 2012, 1151 = MietRB 2012, 295 = NJW 2012, 3232 = NZM 2012, 768 = WuM 2012, 527 = ZfIR 2012, 803 = ZMR 2012, 972 und Brückner, ZNotP 2013, 326 (328). 4 OLG Hamm v. 8.7.1991 – 22 U 259/90, DNotZ 1992, 232; OLG Hamm v. 14.3.1996 – 22 U 25/95, WuM 1997, 289. 5 BayObLG v. 3.7.1964 – BReg 2 Z 90/64, DNotZ 1964, 722. 6 OLG Hamm v. 8.3.2001 – 15 W 55/01, ZfIR 2001, 843 = NJW-RR 2001, 1525; OLG Frankfurt v. 20.5.2003 – 20 W 169/03, NJW-RR 2004, 524. 7 Str. vgl. OLG Hamm v. 8.3.2001 – 15 W 55/01, ZfIR 2001, 843 = NJW-RR 2001, 1525; OLG Frankfurt v. 20.5.2003 – 20 W 169/03, NJW-RR 2004, 524. 8 Zur Zurückweisung einer Eigentumsumschreibung bei fehlendem Verwalternachweis s. KG v. 28.8.2012 – 1 W 30/12, BeckRS 2012, 18878 = ZMR 2013, 129. 9 Vgl. auch Demharter, ZWE 2012, 75 (76). 10 OLG Frankfurt. v. 30.9.2010 – 20 W 320/10, ZWE 2011, 337; OLG Düsseldorf v. 22.2.2010 – 3 Wx 263/09, RNotZ 2010, 258; OLG Hamm v. 21.12.2012 – I-15 W 395/12, MietRB 2013, 178 = NJOZ 2013, 965 = ZMR 2013, 648; vgl. auch Göhmann, RNotZ 2012, 251 (267); Heggen, RNotZ 2010, 455 ff. = NotBZ 2009, 401 ff. Zu den Notarkosten für die Beglaubigung der Verwalterbestellung BGH v. 23.10.2008 – V ZR 89/08, MDR 2009, 318 = MittBayNot 2008, 321 und OLG Braunschweig v. 11.6.2007 – 2 W 66/07, MietRB 2007, 293 = IMR 2007, 361 und nunmehr Nr. 25101 Nr. 3 GNotKG KV (Festgebühr von 20 EUR). Zu den Kosten der zu einem Veräußerungsvertrag eingeholten Verwalterzustimmung mit Entwurfsfertigung s. § 112 GNotKG, Nr. 22110 GNotKGKV. 11 BayObLG v. 16.4.1991 – BReg.2 Z 25/91, NJW-RR 1991, 978. 12 BayObLG v. 16.4.1991 – BReg.2 Z 25/91, MittBayNot 1991, 170 = NJW-RR 1991, 978; OLG Oldenburg v. 10.10.1978 – 2 Wx 32/78, DNotZ 1979, 33. Vgl. KG v. 31.3.2009 – 1 W 209/05, MDR 2009, 860 = MietRB 2009, 235 = RNotZ 2009, 479 bei Vorlage der Nichterklärung der Verwalterbestellung.

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

weil ein Eigentümer von sämtlichen anderen Eigentümern bevollmächtigt war.1 Den Verwalter trifft deshalb die Pflicht zur Prüfung, ob ein diesbezüglicher Nachweis vorliegt.2 Ist zusätzlich die Zustimmung des Verwaltungsbeirats erforderlich, muss auch deren Zustimmung entsprechend § 26 Abs. 3 nachgewiesen werden.3 Die Kosten, die für die Beurkundung oder die Beglaubigung der Zustimmung anfallen, hat die Gemeinschaft zu tragen, nicht der Erwerber.4 Die Zustimmung der Eigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluss ist dem Grundbuchamt durch Niederschrift über die Beschlussfassung nachzuweisen, bei der die Unterschriften analog § 24 Abs. 6 öffentlich zu beglaubigen sind.5 Hinsichtlich der Funktion der unterzeichnenden Personen (z.B. Verwaltungsbeiratsvorsitzender) sind hingegen Nachweise nicht zu erbringen.6 Nimmt der die Unterschrift des Verwalters beglaubigende Notar irrtümlich an, dieser handle für eine Gesellschaft und nimmt er einen diesbezüglichen unzutreffenden Zusatz auf, kann die Zustimmung dennoch wirksam sein.7 Umstritten ist, ob der Verwalter ein Sonderentgelt für die Erteilung der Zustimmung verlangen kann. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn dies nicht vereinbart wurde. Sieht die Vereinbarung, die auch das Zustimmungserfordernis enthält, oder der Verwaltervertrag ein entsprechendes Entgelt vor, so darf es sich nur um eine angemessene Pauschale, nicht um einen Prozentsatz aus dem Kaufpreis handeln.8 Auch insoweit ist Kostenschuldner nicht der Erwerber.9 V. Aufhebung des Zustimmungserfordernisses (Abs. 4) Die Aufhebung des Zustimmungserfordernisses ist durch Vereinbarung (§ 10 Abs. 3), aber auf Grund der gesetzlichen Anordnung einer diesbezüglichen Beschlusskompetenz auch durch Beschluss mit Stimmenmehrheit möglich (§ 12 Abs. 4 Satz 1).10 Zulässig ist auch die Erleichterung der Veräußerungsbeschränkung, z.B. durch weitere Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis.11 Ältere entgegenstehende Vereinbarungen, wonach die Aufhebung des Zustimmungserfordernisses durch Mehrheitsbeschluss nicht zulässig ist, sind auf Grund der gesetzlichen Regelung nicht mehr maßgeblich.12 Der Gesetzgeber hat ausdrücklich angeordnet, dass die Aufhebung und Erleichterung der Veräußerungsbeschränkung durch Beschluss nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Insoweit ist diese Vorschrift somit zwingend (§ 12 Abs. 4 Satz 2). Die mehrheitliche Abschaffung des Zustimmungserfordernisses bedarf keiner Begründung; sie kann auf Grund der gesetzgeberischen An-

1 BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 72/95, BayObLGZ 1995, 407 = NJW-RR 1996, 524. 2 OLG Düsseldorf v. 13.8.2003 – I-3 Wx 176/03, RNotZ 2004, 91; AG Osterholz-Scharmbeck v. 30.10.2000 – 13 C 1178/99, NZM 2001, 201. 3 OLG Hamm v. 13.3.2013 – I-15 W 311/12, FGPrax 2013, 196 = NotBZ 2013, 310 = Rpfleger 2013, 512. 4 KG v. 20.6.1997 – 24 W 1783/97, ZfIR 1997, 553. Vgl. Schneider/Karsten, RNotZ 2011, 238 und Füllbeck, ZMR 2012, 1 (5). Zur Hinweispflicht des Notars auf die in der Praxis regelmäßig nicht gewollte Mitwirkung des Verwalters s. OLG Zweibrücken v. 18.3.2010 – 3 W 41/10, MietRB 2010, 269. 5 BayObLG v. 29.12.1961 – 2 Z 214/61, BayObLGZ 1961, 392 = DNotZ 1962, 312; OLG Köln v. 20.8.2012 – 2 Wx 195/12 u. 2 Wx 212/12, MietRB 2013, 81 = FGPrax 2013, 16 = NotBZ 2013, 314 = RNotZ 2012, 565; vgl. auch DNotI-Report 2012, 149 f. 6 LG Aachen v. 9.11.1984 – 3 T 391/83, MittRhNotK 1985, 13; LG Wuppertal v. 24.9.1984 – 6 T 669/84, MittRhNotK 1985, 11. 7 BGH v. 13.6.2013 – V ZB 94/12, BeckRS 2013, 12880 = ZWE 2013, 402. 8 KG v. 20.6.1997 – 24 W 1783/97, ZfIR 1997, 553; ausführlich Füllbeck, ZMR 2012, 1 ff. Zum ähnlichen Problem der Grundlage der Angemessenheit einer Sondervergütung bei Reparaturen s. OLG Frankfurt v. 10.11.2010 – 20 W 309/07, MietRB 2011, 352. 9 Schneider/Karsten, RNotZ 2011, 238 (241); tlw. abw. Füllbeck, ZMR 2012, 1 (3 ff.) bei einer entsprechenden Beschlussfassung, da der Erwerber die Beschluss-Sammlung einsehen könne. Dies macht ihn jedoch nicht zum Adressaten einer Zahlungspflicht. 10 S. nur Drasdo, RNotZ 2007, 264 ff.; Wilsch, NotBZ 2007, 305 ff.; Böttcher, ZNotP 2007, 373 ff.; Böhringer/Hintzen, Rpfleger 2007, 353 ff.; Schüller, RNotZ 2011, 203 (221). 11 Ebenso Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2906. 12 Vgl. OLG Hamm v. 19.8.2008 – 15 Wx 89/08, MietRB 2009, 106 = NZM 2009, 163.

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§ 12

Veräußerungsbeschränkung

ordnung ordnungsgemäßer Verwaltung praktisch nicht widersprechen.1 Bei einer Mehrhausanlage mit getrennter Abrechnung kann nicht eine Untergemeinschaft durch Beschluss den Zustimmungsvorbehalt aufheben.2 42

Die Grundbucheintragung erfordert bei einer Änderung der Vereinbarung die Bewilligung aller Wohnungseigentümer in der Form des § 29 GBO und die Zustimmung dinglich Berechtigter, die nachteilig betroffen sein können, ausgenommen die Gläubiger von Grundpfandrechten und Reallasten (§ 5 Abs. 4). Zu einer Löschung auf Grund des Zustimmungserfordernisses ist dagegen keine Bewilligung erforderlich; ausreichend ist das Beschlussprotokoll mit öffentlicher Beglaubigung der gem. § 24 Abs. 6 erforderlichen Unterschriften (Abs. 4 Satz 3).3 Die Zustimmung der dinglich Berechtigten ist nicht erforderlich. Ein Nachweis, dass der Beschluss rechtskräftig ist, kann nicht verlangt werden. Die eingetragene Veräußerungsbeschränkung ist auf Antrag eines Wohnungseigentümers zu löschen (§ 12 Abs. 4 Satz 3). Für den Nachweis gilt § 26 Abs. 3 entsprechend. Da keine Pflicht zur Grundbuchberichtigung besteht, ist auf eine im Grundbuch eingetragene Veräußerungsbeschränkung kein Verlass mehr.4

43

Für die Beschlussfassung gilt hinsichtlich der Mehrheit eine in der Vereinbarung getroffene Bestimmung, sonst das Kopfprinzip (§ 25 Abs. 2).5 Eine allgemeine Vereinbarung hinsichtlich der Stimmgewichtung in der Teilungserklärung gilt auch für die Beschlussfassung nach § 12 Abs. 4. § 12 Abs. 4 Satz 2 schließt es nur aus, dass eine spezielle Bestimmung getroffen wird, die die Beschlussfassung über die Abschaffung des Zustimmungserfordernisses erschwert.

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Das Zustimmungserfordernis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer6 und bei Bestehen einer entsprechenden Öffnungsklausel auch durch Beschlussfassung wieder neu eingeführt werden. Wird der Beschluss über die Abschaffung nach Anfechtung aufgehoben, ist die Veräußerungsbeschränkung nach Vorliegen des rechtskräftigen Urteils auf Antrag mittels einer Urteilsausfertigung wieder im Grundbuch einzutragen. Ein zwischenzeitlicher gutgläubiger Erwerb ist nur möglich, wenn das Zustimmungserfordernis zu diesem Zeitpunkt bereits gelöscht war. Hat ein zwischenzeitlicher gutgläubiger Erwerb stattgefunden, ist umstritten, ob die Veräußerungsbeschränkung wieder eingetragen werden kann.7 Eine Grundbuchberichtigung ist nach grundbuchrechtlichen Grundsätzen nach einem gutgläubigem Erwerb nicht mehr möglich. Allerdings sind die Wohnungs- und Teileigentümer verpflichtet, der Eintragung im Wege der Vereinbarung zuzustimmen.

45

Um einen Schutz der Eigentümergemeinschaft gegen unerwünschte Veräußerungen und ein Eindringen unzuverlässiger Personen in die Gemeinschaft auch nach beschlussmäßiger Aufhebung des Zustimmungserfordernisses zu verhindern, werden Vorkaufsrechte und Übertragungspflichten vorgeschlagen.8 Allerdings nehmen diese dem Wohnungs- und Teileigentum – anders als § 12 – die Verkehrsfähigkeit. Sie sind zudem teuer und komplizierter zu handhaben.

1 Ebenso noch Schultzky in NK/BGB, 2. Aufl. § 12 WEG Rz. 21; a.A. Demharter, NZM 2006, 489 (492) und Schultzky in NK/BGB, § 12 WEG Rz. 21. 2 OLG Hamm v. 13.6.2012 – I-15 W 368/11, MietRB 2012, 330 = ZWE 2012, 489. 3 OLG München v. 9.8.2011 – 34 Wx 248/11, MietRB 2011, 346 = NotBZ 2012, 61 = ZfIR 2011, 732. Bei einem Umlaufbeschluss ist zum Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt die Mitwirkung jedes Wohnungs- und Teileigentümers öffentlich zu beurkunden oder zu beglaubigen (tlw. abw. OLG Hamm v. 13.6.2012 – I-15 W 368/11, MietRB 2012, 330 = ZWE 2012, 489: Zustimmung ist zu beurkunden bzw. zu beglaubigen). 4 Zutr. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2906. 5 Vgl. OLG München v. 4.4.2014 – 34 Wx 62/14, IMR 2014, 251 = DNotI-Report 2013, 105 (107). 6 Spielbauer/Then, § 12 WEG Rz. 13. 7 Bejahend Abramenko, Das neue WEG in der anwaltlichen Praxis, 2007, § 3 Rz. 8; verneinend Wilsch, NotBZ 2007, 305 (309); Böttcher, ZNotP 2007, 373 (376); Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2906 Fn. 119a. 8 So Schultzky in NK/BGB, § 12 Rz. 21. Krit. Drasdo, RNotZ 2007, 264 ff.

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§ 13

Rechte des Wohnungseigentümers

13

Rechte des Wohnungseigentümers (1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 berechtigt. An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil nach Maßgabe des § 16. I. Allgemeines 1. Gegenstand des § 13 . . . . . . . . . . 2. Schutz des Wohnungseigentums durch Grundrechte a) Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) b) Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Rechte und Besitz des Wohnungseigentümers . . . . . . . . II. Rechte am Sondereigentum . . . . . . 1. Nutzungsrechte a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Grenzen im Innenverhältnis . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Grenzen im Außenverhältnis . . . . . . . . . cc) Rechte Dritter . . . . . . . . . c) Bewohnen . . . . . . . . . . . . . . d) Vermietung und Verpachtung . . aa) Beschränkungen des Rechts zur Vermietung . . . . . . . . bb) Gegenstand des Mietvertrags . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kollision mietvertraglicher Regelungen mit dem WEG . e) Sonstige Nutzungen . . . . . . . . 2. Ausschließungsrechte . . . . . . . . . a) Zivilrechtliche Ansprüche . . . . b) Öffentlich-rechtliche Ansprüche III. Rechte am Miteigentum 1. Recht zum Mitgebrauch . . . . . . . 2. Grenzen des Mitgebrauchs . . . . .

1 3 5a 6 9 10 11 12 18 19 20 22 23 27 29 46 48 49 54 56 59

3. Anteil an den sonstigen Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4. Ansprüche bei Eingriff in das Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . 62 IV. Sondernutzungsrechte . . . . . . . . . . 1. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . 3. Begründung a) Durch Vereinbarung . . . . . . . . b) Nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten . . . . . c) Durch Beschluss . . . . . . . . . . d) Durch faktischen Alleingebrauch e) Durch Umdeutung fehlerhaft begründeten Sondereigentums? . . 4. Inhalt des Sondernutzungsrechts a) Nutzungsbefugnis . . . . . . . . . b) Pflichten des Sondernutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . c) Belastung und Pfändung des Sondernutzungsrechts . . . . . . 5. Das Sondernutzungsrecht bei Eigentümerwechsel a) Das nicht eingetragene Sondernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . b) Das eingetragene Sondernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 6. Übertragung, Abänderung und Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ansprüche gegen den angeblich Sondernutzungsberechtigten . . . . 8. Ansprüche des Sondernutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . .

66 68 71 73 78 83 86 89 90 97 102

104 107 109 113 115

Schrifttum: Abramenko, Zur vertraglichen Bindung des Mieters an die Betriebskostenabrechnung des Wohnungseigentumsverwalters, ZMR 1999, 677; Armbrüster, Kollisionen zwischen Gemeinschaftsordnung und Mietvertrag, ZWE 2004, 217; Beyer, Die vermietete Eigentumswohnung – Die Ableitung der Betriebskostenabrechnung aus der Jahresabrechnung, ZMR 2013, 933; Böhringer, Begründung und spätere Veränderung von Sondernutzungsrechten, NotBZ 2003, 285; Bonifacio, Zwei Vorschläge für eine Weiterentwicklung des Wohnungseigentumsrechts, ZWE 2011, 105; Bruns, Störungsabwehr und Wohnungseigentümergemeinschaft, NJW 2011, 337; Derleder, Die Auswirkungen der neuen Beschlusskompetenzen der Wohnungseigentümer nach der WEGReform auf das Mietverhältnis, WuM 2008, 444; Dötsch, „Vergemeinschaftung“ öffentlich-rechtlicher Abwehransprüche durch Wohnungseigentümergemeinschaft?, ZMR 2010, 573; Drasdo, Umsetzung von WEG-Beschlüssen im Mietverhältnis nach der WEG-Reform, ZMR 2008, 421; Elzer, Aktuelle Entwicklungen zu Grundlagen und Umfang eines Sondernutzungsrechts, NotBZ 2013, 289; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2000; Heinemann, „Betreutes Wohnen“ in der Form des Wohnungs- und Teileigentums, MietRB 2013, 363; Hogenschurz, Das Sondernutzungsrecht nach WEG, 2008; Hogenschurz, Sondernutzungsrecht als Sonderbaurecht?, ZMR 2013, 250; Horst, Nachbarrechtliche Schnittstellen der WEG-Reform, DWE 2008, 4; Jakoby, Gebrauchsbeschränkungen bei Wohnungseigentum und Miete, ZMR 2012, 669; Klühs, Zugang der Zuweisungserklärung bei zeitlich gestreckter Begrün-

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§ 13

Rechte des Wohnungseigentümers

dung von Sondernutzungsrechten, ZNotP 2010, 177; Kümmel, Abwehransprüche der Wohnungseigentümer gemäß § 1004 BGB gegen Mieter und sonstige Nutzer des Sonder- und Gemeinschaftseigentums, ZWE 2008, 273; Langenberg, Die Betriebskosten der vermieteten Eigentumswohnung, NZM 2004, 361; Lüke, Vermietung von Sondereigentum unter Berücksichtigung der Aufgaben des Verwalters, ZWE 2004, 291; Merle, Zur Übertragung sog. Sondernutzungsrechte, Rpfleger 1978, 86; Müller, Nutzung und Gebrauch von Sonder- und Gemeinschaftseigentum bei Vermietung von Wohnungs- und Teileigentum, ZMR 2001, 506; Ott, Das Sondernutzungsrecht im Wohnungseigentum, 2000; Reichert, Das Hausrecht in Wohnungseigentumsanlagen, ZWE 2009, 289; Schmid, Die Hausordnung in Miete und Wohnungseigentum, NJW 2013, 2415; Schmid, Mehrere Inhaber eines Wohnungseigentums, ZfIR 2012, 721; Schmid, Grundrechte und Gebrauchsrechte der Wohnungseigentümer, MDR 2010, 64; Schmid, Gewerbebetriebe und Berufsausübung im Wohnungs- und Teileigentum, GuT 2010, 70; Schmenger, Begründung, Änderung, Übertragung und Erlöschen von dinglichen und schuldrechtlichen Sondernutzungsrechten, BWNotZ 2003, 73; Schneider, Ermächtigung des teilenden Eigentümers zur Einräumung und Inhaltsbestimmung von Sondernutzungsrechten, ZWE 2012, 171; Schuschke, Die Zwangsvollstreckung in Sondernutzungsrechte, NZM 1999, 830; Sommer, Berufsausübung in der Mietwohnung, MietRB 2013, 275; Suilmann, Versorgungssperren gegen den Mieter von Wohnungseigentum, ZWE 2012, 111; Wenzel, Der Störer und seine verschuldensunabhängige Haftung im Nachbarrecht, NJW 2005, 241; Wenzel, Hausverbot gegen Lebensgefährten, ZWE 2009, 165.

I. Allgemeines 1. Gegenstand des § 13 1

§ 13 regelt die Befugnisse des Wohnungseigentümers am Sonder- und am Miteigentum. Mit dem Sondereigentum kann der Wohnungseigentümer grundsätzlich „nach Belieben verfahren“. Ihm stehen damit im Grundsatz die Rechte des Eigentümers an Sachen nach § 903 BGB zu. Auch bezüglich des Gemeinschaftseigentums regelt § 13 eine grundlegende Mitberechtigung am Gebrauch und an den Nutzungen und knüpft damit an die Berechtigung der Teilhaber an einem Gegenstand in der Bruchteilsgemeinschaft gem. § 743 Abs. 2 BGB an. Dies verdeutlicht, dass das Wohnungseigentum kein beschränkt dingliches Recht ist, sondern echtes Eigentum.1

2

Allerdings sind die Nutzungs- und Abwehrrechte des Wohnungseigentümers hinsichtlich des Gemeinschafts-, aber auch hinsichtlich des Sondereigentums insb. durch die Regelungen der §§ 14, 15 stärker eingeschränkt als bei sonstigem Grundstückseigentum, für das die Regelungen der §§ 906 ff. BGB gelten. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich schon aus dem engen Zusammenleben der Wohnungseigentümer. Der Wohnungseigentümer hat mehr Einwirkungen auf sein Eigentum zu dulden als der Grundstückseigentümer, was allerdings nicht davon befreit, dass jeder Eingriff für sich genommen gerechtfertigt sein muss. 2. Schutz des Wohnungseigentums durch Grundrechte a) Eigentumsgarantie (Art. 14 GG)

3

Das Eigentum des Wohnungseigentümers unterfällt dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.2 Die Eigentumsgarantie schützt dabei das Wohnungseigentum in seiner Gesamtheit, also sowohl das Sondereigentum als auch den Anteil am Gemeinschaftseigentum. Der Wohnungseigentümer hat im Ausgangspunkt das unbeschränkte Recht, mit seinem Wohnungseigentum nach Belieben zu verfahren.3 Der Schutz des Wohnungseigentums durch Art. 14 GG hat nicht nur Bedeutung gegenüber dem Staat, etwa bei baurechtlichen Genehmigungen. Die objektive Wertordnung der Grundrechte wirkt auch in das Privatrecht hinein. Bei der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen sind die grundrechtlich geschützten Positionen der Wohnungseigentümer zu beachten. 1 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250; BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484 = NJW 1992, 978; kritisch de lege ferenda Bonifacio, ZWE 2011, 105. 2 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220; BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634; BVerfG v. 13.3.1995 – 1 BvR 1107/92, NJW 1995, 1665. 3 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093.

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§ 13

Rechte des Wohnungseigentümers

Die grundrechtliche Eigentumsgarantie wird durch die §§ 13 ff. konkretisiert, wobei § 14 als Grundnorm des innergemeinschaftlichen Nachbarrechts die durch § 13 eingeräumte weitgehende Freiheit des Wohnungseigentümers zur Verfügung und Nutzung seines Wohnungseigentums begrenzt. § 14 stellt dabei eine verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar.1 Dass die Regelung der §§ 13 ff. mit Art. 14 GG vereinbar ist, befreit aber nicht von dessen Bindungen: Die Eigentumsgarantie ist wiederum bei der Auslegung der §§ 13 ff. zu berücksichtigen, insb. bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des Nachteils i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG.2 Stehen sich im Rahmen der §§ 13 ff. die Grundrechte mehrerer Eigentümer gegenüber, sind sie nach der Lehre der praktischen Konkordanz zu einem gerechten Ausgleich zu bringen.3 Dies führt dazu, dass der Anspruch der Wohnungseigentümer auf ungestörte Nutzung ihres Sondereigentums nach § 13 Abs. 1 nicht unbegrenzt ist. Denn das Eigentumsrecht des störenden Eigentümers kann ihn zur Hinnahme bestimmter Störungen verpflichten. Abwehransprüche wegen Lärms können deshalb nur soweit geltend gemacht werden, wie sie zur Beseitigung der Störung erforderlich sind.4 Auf der anderen Seite ist es aber nicht gerechtfertigt, wenn von einem Wohnungseigentümer die Hinnahme einer sein Sondereigentum störenden baulichen Veränderung verlangt wird.5

4

Dass § 15 Abs. 2 einen Eingriff in die Eigentumsrechte des Wohnungseigentümers durch Mehrheitsbeschluss gestattet, stellt sich ebenfalls als verfassungsmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. § 15 Abs. 2 beschränkt die Nutzung des Eigentums in angemessener Weise, weil es der Mehrheit der Wohnungseigentümer nur die Regelung eines ordnungsmäßigen Gebrauchs erlaubt. Bei der Auslegung des § 15 Abs. 2 ist aber wiederum die Eigentumsgarantie zu beachten: Eine Gebrauchsregelung durch Beschluss wird deshalb unzulässig sein, wenn bei ihr die Eigentumsrechte des Wohnungseigentümers völlig außer Acht bleiben oder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Nächtliche Ruhestörungen durch Besucher rechtfertigen deshalb keinen Beschluss über ein allgemeines Besuchsverbot.6

5

b) Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) Das Wohnungseigentum unterliegt auch dem Schutz des Art. 13 GG, der die Unverletzlichkeit der Wohnung garantiert. Der räumliche Schutzbereich des Art. 13 GG erfasst die gesamte räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet. Dazu gehören neben den Räumen der eigentlichen Wohnung auch Keller, Speicher, Treppen, Garagen, nicht allgemein zugängliche Geschäfts- und Büroräume und ähnliche Räume sowie umzäunte oder in anderer Weise der öffentlichen Zugänglichkeit entzogene Bereiche wie Gärten oder Vorgärten.7

5a

Die Unverletzlichkeit der Wohnung verbürgt die Privatheit des Wohnens indem sie das Recht gewährleistet, in den geschützten Räumen in Ruhe gelassen zu werden.8 Es enthält das an staatliche Organe gerichtete grundsätzliche Verbot, gegen den Willen des Wohnungsinhabers in die Wohnung einzudringen und darin zu verweilen. Im Bereich des Wohnungseigentumsrechts gewährt es Schutz gegen Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit des Wohnungseigentümers über das Zutrittsrecht (s. zum Hausrecht Rz. 21).9 Art. 13 GG entfaltet seine Schutzwirkung insb. bei der Auslegung des § 14 Nr. 4 (s. § 14 Rz. 24).10 Art. 13 GG ist aber auch zu berücksichtigen, wenn Ge-

5b

1 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 2 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220; BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634. 3 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634. 4 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 5 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634. 6 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 7 BGH v. 16.5.2013 – VII ZB 61/12, NZBau 2013, 674. 8 BVerfG v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1 = MDR 1993, 728 = NJW 1993, 2035; BayObLG v. 27.6.1996 – 2Z BR 16/96, BayObLGZ 1996, 146 = MDR 1996, 1006. 9 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 10 OLG Zweibrücken v. 24.11. 2000 – 3 W 184/00, NJW-RR 2001, 730.

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meinschaftseigentum nur durch das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betreten werden kann. So kann die mittelbare Drittwirkung des Grundrechts dazu führen, dass den Wohnungseigentümern ein Betreten des Spitzbodens über eine schmale Einschubtreppe in der Wohnung eines Miteigentümers nur in Ausnahmefällen erlaubt ist.1 3. Weitere Rechte und Besitz des Wohnungseigentümers 6

Neben den in § 13 geregelten Nutzungsrechten (s. Rz. 10) ist der Wohnungseigentümer – wie sich aus § 12 ergibt – berechtigt, sein Wohnungseigentum zu veräußern. Ihm steht auch das „mindere Recht“ zu, es zu belasten.2

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Der Wohnungseigentümer ist hinsichtlich seines Sondereigentums und der ihm zugeordneten Sondernutzungsrechte3 Teilbesitzer (§ 865 BGB). Er kann daher Besitzschutzansprüche auf Wiedereinräumung des ihm im Wege der verbotenen Eigenmacht entzogenen Alleinbesitzes gegen andere Wohnungseigentümer und Dritte gem. §§ 859, 861, 862 BGB geltend machen, auch wenn er als Vermieter nur mittelbarer Besitzer ist (§§ 868, 869 BGB).4

8

Am Gemeinschaftseigentum ist der Wohnungseigentümer Mitbesitzer nach § 866 BGB. Ihm steht gegenüber Dritten ein Anspruch auf Wiedereinräumung seines Mitbesitzes gem. § 861 BGB zu. Gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern ist der Besitzschutz gem. § 866 BGB hinsichtlich der Grenzen des dem Einzelnen zustehenden Gebrauchs hingegen ausgeschlossen.5 Nicht mehr um diese Grenzen geht es, wenn dem Wohnungseigentümer der Mitbesitz völlig entzogen wird, z.B. wenn ein anderer Wohnungseigentümer an einem gemeinschaftlichen Kellerraum Alleinbesitz begründet.6 II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1)

9

Dem Wohnungseigentümer steht als positives Recht das Recht zu, sein Sondereigentum nach Belieben zu nutzen. Ergänzt wird dies durch das negative Recht, andere von Einwirkungen auszuschließen. 1. Nutzungsrechte (Abs. 1 Alt. 1) a) Inhalt

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§ 13 Abs. 1 benennt mit dem Bewohnen (Rz. 20) sowie dem Vermieten und Verpachten (Rz. 22) nur die wichtigsten Nutzungsmöglichkeiten. Daneben umfasst das Recht am Sondereigentum aber auch andere Arten der Nutzung (Rz. 46). Ebenso kommt dem Wohnungseigentümer das Recht zu, sein Sondereigentum nicht zu nutzen.7 b) Grenzen

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Die Nutzungsrechte am Sondereigentum sind nach § 13 Abs. 1 durch das Gesetz und Rechte Dritter beschränkt. Eine Einteilung der gesetzlichen Schranken lässt sich am zutreffendsten in solche, die aus dem Innenverhältnis der Wohnungseigentümer herrühren, und solche, die im Außenverhältnis bestehen, vornehmen. aa) Gesetzliche Grenzen im Innenverhältnis

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Grenzen für die Nutzung des Sondereigentums ergeben sich zunächst im Innenverhältnis aus dem Verbot der Nachteilszufügung nach § 14 Nr. 1 (dazu § 14 Rz. 2 ff.), 1 OLG Hamburg v. 20.9.2004 – 2 Wx 122/01, ZMR 2005, 68. 2 BGH v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, BGHZ 107, 289 = MDR 1989, 896 = NJW 1989, 2391; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 13 WEG Rz. 1. 3 BayObLG v. 5.2.1998 – 2Z BR 140/97, WuM 1998, 561; BayObLG v. 30.4.1990 – BReg.1b Z 20/89, NJW-RR 1990, 1105. 4 OLG Karlsruhe v. 22.10.2004 – 11 Wx 81/03, NZM 2005, 305. 5 LG Hamburg v. 11.8.2011 – 318 T 39/11, ZMR 2012, 132. 6 Vgl. BGH v. 6.4.1963 – V ZR 127/72, MDR 1973, 572. 7 BayObLG v. 27.3.1990 – BReg.1b Z 17/89, NJW-RR 1990, 854.

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der Duldungspflicht nach § 14 Nr. 3 (dazu § 14 Rz. 20 f.) und dem Betretungsrecht nach § 14 Nr. 4 (dazu § 14 Rz. 25 ff.). Daneben können sich Schranken der Nutzung auch aus dem nach § 15 Abs. 1 für die Wohnungseigentümer disponiblen Inhalt des Sondereigentums ergeben, der durch eine Vereinbarung oder einen aufgrund einer Öffnungsklausel ergangenen Beschluss bestimmt wird. Hierunter fallen vor allem die Zweckbestimmung und sonstige Gebrauchsregelungen (dazu § 15 Rz. 15 ff.). Schließlich erlaubt § 15 Abs. 2, dass der Gebrauch des Sondereigentums in bestimmten Grenzen durch Beschluss geregelt wird; wichtigstes Beispiel ist die Hausordnung (dazu § 15 Rz. 65 ff.).

13

Neben diesen Normen sind die Regelungen des allgemeinen privaten Nachbarrechts nach §§ 904 ff. BGB im Verhältnis der Wohnungseigentümern untereinander grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar.1 Es fehlt zum Teil schon das Bedürfnis dafür, weil die auf das intensivierte Gemeinschaftsverhältnis zugeschnittenen Rücksichtnahmepflichten nach §§ 14, 15 weitergehen als das Nachbarrecht. Dennoch können die Wertungen des Nachbarrechts zu deren Auslegung, insb. dem Begriff des Nachteils i.S.d. § 14 Nr. 1 (§ 14 Rz. 3), herangezogen werden.2 Aus § 906 BGB können sich wesentliche Anhaltspunkte für die Zulässigkeit von Immissionen, insb. von Geräuschen und Gerüchen, ergeben.3 Die immissionsschutzrechtlichen Grenz- und Richtwerte, auf die in § 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB verweist, können zur Konkretisierung der spezifisch wohnungseigentumsrechtlichen Geringfügigkeit allerdings nicht herangezogen werden.4 Die Wertung des § 907 BGB kann bei dem Vorhalten gefährlicher Anlagen wie z.B. Taubenschläge oder Bienenkörbe herangezogen werden.

14

Die weiteren Regelungen des allgemeinen Nachbarrechts gelten zwar auch für das Sondereigentum, entfalten ihre praktische Bedeutung aber vor allem hinsichtlich der Nutzung von Sondernutzungsrechten am Gemeinschaftseigentum (Rz. 95).

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Auch das öffentliche Nachbarrecht gilt zwischen Wohnungseigentümern nicht unmittelbar, sondern ist wie das private Nachbarrecht im Rahmen der Auslegung der §§ 14, 15 heranzuziehen.5 Erforderlich ist allerdings, dass die Normen dem Schutz des anspruchsstellenden Wohnungseigentümers dienen, mithin drittschützend sind.6 So können die Vorschriften der Immissionsschutzgesetze zur Ermittlung zulässiger Lärmimmissionen herangezogen werden.7 Auch haben die baurechtlichen Vorschriften über Abstandsflächen nachbarschützenden Charakter.8 Ein Eigentümer einer denkmalgeschützten Wohneinheit kann Drittschutz beanspruchen, wenn ein zugelassenes Vorhaben zu Lasten des betroffenen Denkmals den „objektiv gebotenen denkmalschutzrechtlichen Umgebungsschutz“ nicht einhält.9 Die Regelungen über die Außenfarben nach der Landesbauordnung dienen hingegen allein dem öffentlichen Interesse und haben keine nachbarschützende Funktion.10

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Die gesetzlichen Schranken sind im Innenverhältnis abdingbar. Bedeutung hat dies insb. in sog. Mehrhausanlagen, bei denen jedes einzelne Haus soweit möglich eine selbständige Einheit bilden soll. Die Mehrhausanlage kann dabei sowohl aus Reihenhäusern bestehen, bei denen jedes Haus eine Wohnungseigentumseinheit bildet, wie auch aus Häusern mit mehreren Einheiten. Zur Verselbständigung der ein-

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1 A.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, § 13 WEG Rz. 3. 2 Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 42; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 12. 3 OLG Frankfurt v. 13.9.2005 – 20 W 87/03, MietRB 2006, 194 = ZWE 2006, 80 (Taubenhaltung); BayObLG v. 12.8.2004 – 2Z BR 148/04, NZM 2005, 69 (Außenlüftungsanlage); BayObLG v. 12.4. 2000 – 2Z BR 151/99, WuM 2001, 141 (Küchengerüche). 4 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13, MDR 2014, 399 = MietRB 2014, 106 f. 5 A.A. Commichau in MünchKomm/BGB, § 13 WEG Rz. 8; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 13 WEG Rz. 3. 6 OLG Frankfurt v. 17.5.2005 – 20 W 132/03, juris; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 12; Spielbauer/Then, § 13 WEG Rz. 3. 7 Vgl. BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2717/08, NZM 2010, 154 zu Musik als Ruhestörung. 8 BayObLG v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 472. 9 VG Aachen v. 3.5.2010 – 3 L 37/10, juris. 10 OLG München v. 20.2.2008 – 32 Wx 2/08, MietRB 2008, 208 = ZMR 2008, 566.

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zelnen Häuser – sog. faktische Realteilung – können dazu neben der wirtschaftlichen Trennung und dem Ausschluss gemeinsamer Verwaltung auch die §§ 14, 15 abbedungen werden.1 Ein konkludenter Ausschluss des wohnungseigentumsrechtlichen Nachbarrechts ist auch in der Vereinbarung zu sehen, dass die einzelnen Eigentümer einer Reihenhausanlage wirtschaftlich soweit wie möglich so gestellt werden sollen, als ob sie Alleineigentümer der betreffenden Grundstücks- und Gebäudeeinheit seien.2 Sind die wohnungseigentumsrechtlichen Vorschriften wirksam ausgeschlossen, richtet sich der Schutz der Nachbarn nach den allgemeinen Bestimmungen, also §§ 906 ff. BGB,3 dem allgemeinen Nachbarschaftsrecht und insb. den drittschützenden Normen des öffentlichen Rechts;4 der Verstoß gegen nicht drittschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts begründet also keinen Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1.5 Die Wohnungseigentümer können auch die allgemeinen nachbarrechtlichen Normen etwa über Abstandsflächen abbedingen. Das gilt unabhängig davon, ob sie zum privaten oder öffentlichen Nachbarrecht gehören und ob ihnen drittschützender Charakter zukommt.6 bb) Gesetzliche Grenzen im Außenverhältnis 18

Im Außenverhältnis gegenüber Dritten ergeben sich die Schranken des Sondereigentums vor allem aus den Vorschriften des privaten und öffentlichen Nachbarrechts. Es gelten insoweit dieselben Grenzen wie auch bei anderem Grundeigentum.7 cc) Rechte Dritter

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Unter den Rechten Dritter sind die beschränkt dinglichen Rechte (Reallasten, Grundpfandrechte, Nießbrauch, Dienstbarkeiten oder Dauerwohnrechte) dieser am Wohnungseigentum zu verstehen.8 c) Bewohnen

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Bewohnen meint jede dauernde oder zeitweise Nutzung des Wohnungseigentums zu Wohnzwecken. Zulässig sind alle beim Bewohnen üblichen Nutzungen, die sich innerhalb der Grenzen des Sondereigentums bewegen (dazu Rz. 11 ff.). Der Wohnungseigentümer kann dabei die Wohnung allein oder gemeinsam mit Dritten nutzen.9 Ihm steht das Recht zu, in seinem Wohnungseigentum Gäste zu empfangen, auch zahlreiche und über einen längeren Zeitraum.10 Das Bewohnen umfasst das Recht, das Sondereigentum nach eigenem Belieben auszustatten und instandzuhalten (s. Rz. 46).11

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Das Recht zum Bewohnen umfasst das Hausrecht am Sondereigentum. Das Hausrecht verschafft dem Wohnungseigentümer das Recht, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er Zutritt zu seinem Sondereigentum gestattet oder wem er ihn verwehrt.12 Eingriffe in das Hausrecht sind unter den Voraussetzungen des § 123 1 2 3 4

5 6 7 8 9 10 11 12

Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 43. OLG München v. 20.2.2008 – 32 Wx 2/08, MietRB 2008, 208 = ZMR 2008, 566. BayObLG v. 12.9.1996 – 2Z BR 52/96, ZMR 1997, 41; LG Itzehoe v. 19.4.2011 – 11 S 26/10, juris. BayObLG v. 9.12.1999 – 2Z BR 101/99, ZMR 2000, 236; BayObLG v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 473; BayObLG v. 21.2.2001 – 2Z BR 104/00, ZMR 2001, 563 auch zur Bedeutung der bestandskräftigen Baugenehmigung; LG Itzehoe v. 10.3.2009 – 11 S 30/08, ZWE 2009, 260 mit Anm. Becker. BayObLG v. 29.3.2000 – 2Z BR 3/00, NZM 2000, 667 = ZMR 2000, 546 f.; OLG Hamm v. 3.7.2001 – 15 W 444/00, NZM 2001, 1084 = ZMR 2001, 1007. BayObLG v. 21.2.2001 – 2Z BR 104/00, ZMR 2001, 563; BayObLG v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 472; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 45. Siehe dazu den Überblick bei Säcker in MünchKomm/BGB, § 903 BGB Rz. 23 ff.; Bassenge in Palandt, BGB, § 903 Rz. 11 ff. Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 57. BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. Vgl. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093. Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 8. BGH v. 20.1.2006 – V ZR 134/05, MDR 2006, 862 = NJW 2006, 1054; Reichert, ZWE 2009, 289.

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StGB als Hausfriedensbruch strafbar. Der Wohnungseigentümer kann auf dieser Grundlage für sein Sondereigentum daher ohne weiteres Dritten – auch anderen Wohnungseigentümern oder anderen Mietern – ein „Hausverbot“ erteilen; wodurch er freilich das Betretungsrecht des § 14 Nr. 4 nicht ausschließen kann. Bei Vermietung des Wohnungseigentums geht das Hausrecht auf den Mieter über.1 Die übrigen Wohnungseigentümer sind dagegen keine (Mit-)Inhaber des Hausrechts am Sondereigentum. Sie können kein Aufenthaltsverbot für das Sondereigentum beschließen.2 Dies können sie auch nicht durch den Beschluss eines Hausverbots für die im Gemeinschaftseigentum stehenden Wege und Treppenhäuser umgehen, um Dritten an dem Zugang zu der Wohnung zu hindern.3 Derartige Mehrheitsbeschlüsse sind wegen Sittenwidrigkeit nichtig (s. § 15 Rz. 99).4 d) Vermietung und Verpachtung Die Vermietung von Wohnungseigentum ist neben dem Selbstbewohnen die bedeutsamste Nutzungsart. Sie ist nach Abs. 1 dem Wohnungseigentümer grundsätzlich in beliebigem Umfang erlaubt. Solange er die durch die Zweckbestimmung (s. § 15 Rz. 15 ff.) und die durch §§ 14, 15 vorgegebenen Grenzen beachtet, darf er die Wohnung auch an einen gewerblichen oder freiberuflichen Mieter oder an häufig wechselnde Feriengäste5 vermieten.

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aa) Beschränkungen des Rechts zur Vermietung Die Wohnungseigentümer können die Vermietung als Nutzungsrecht durch Vereinbarung völlig ausschließen, weil sie zutreffender Auffassung nach nicht zu dem Kernbereich des Wohnungseigentums gehört, der Ausschluss nicht sittenwidrig (§ 138 BGB) ist und auch keine Durchbrechung des § 137 S. 1 BGB darstellt.6 Zwar kann ein Vermietungsverbot eine erhebliche wirtschaftliche Belastung eines Wohnungseigentümers, der zur Eigennutzung nicht in der Lage ist, bedeuten. Die Wohnungseigentümer können aber ein berechtigtes Interesse daran haben, sich vor einem Eindringen Dritter in die Gemeinschaft zu schützen. Die Schutzwürdigkeit des Interesses ergibt sich bereits aus § 12. Auch kann die Vermietung den Charakter einer Wohnanlage ändern, weil die vermietenden Eigentümer häufig andere Interessen verfolgen als die selbstnutzenden.7

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Praktisch wichtiger ist indes die erst recht zulässige Vereinbarung einer Vermietungsbeschränkung, z.B. hinsichtlich der Vermietung als Ferienwohnung. Möglich ist es auch, in der Teilungserklärung die Vermietung der Eigentumswohnung von der Zustimmung des Verwalters abhängig zu machen.8 Das gilt ebenso für die Vermietung von Teileigentum.9 Wird die Zustimmung des Verwalters nur zur Vermietung verlangt, gilt das Zustimmungserfordernis in der Regel nicht für eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung.10 Nach § 19 Abs. 2, Abs. 3 AGG i.V.m. § 134 BGB sind Vermietungsbeschränkungen oder Zustimmungserfordernisse, die an die Rasse oder eth-

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Reichert, ZWE 2009, 289. BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. Reichert, ZWE 2009, 289. Wenzel, ZWE 2009, 165 f.; Reichert, ZWE 2009, 289 (293); Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 12. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093; OLG Saarbrücken v. 24.5.2012 – 8 U 183/11-52, ZWE 2013, 492 mit Anm. Drabek; AG Düsseldorf v. 28.11.2012 – 291a C 8319/12, MietRB 2013, 122 = ZMR 2013, 314. BayObLG v. 24.6.1975 – 2 Z 41/75, ZMR 1976, 313; Schmid, GuT 2010, 71 (75); Riecke in Riecke/ Schmid, Anh. zu § 13 WEG Rz. 1 ff.; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 65; Suilmann in Bärmann/Seuß, Rz. B 4; vgl. auch Armbrüster, ZWE 2004, 217 (221), der eine Berufung auf das Vermietungsverbot im Einzelfall wegen Verstoßes gegen das wohnungseigentumsrechtliche Treuegebot für unwirksam hält. So auch Armbrüster in FS für Bub, 1 (9 f.). BGH v. 15.6.1962 – V ZB 2/62, BGHZ 37, 203; OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 124/03, NZM 2004, 231; AG Dortmund v. 30.3.2010 – 512 C 75/09, WuM 2010, 318. BayObLG v. 25.9.2003 – 2Z BR 137/03, ZMR 2004, 133; vgl. auch VerfGH Berlin v. 6.12.2002 – 188/01 WuM 2003, 39. OLG München v. 9.2.2010 – 32 Wx 114/09, MDR 2010, 688 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 469.

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nische Herkunft anknüpfen, allerdings grundsätzlich nichtig.1 Die Zustimmungsbefugnis kann in der Vereinbarung dahin begrenzt werden, dass die Zustimmung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder bei einer zu erwartenden Beeinträchtigung versagt werden darf. Aber auch ohne eine solche Regelung soll nach h.M. die Zustimmung in entsprechender Anwendung von § 12 Abs. 2 S. 1 nur aus wichtigem Grund verweigert werden dürfen.2 Eine zu Unrecht erfolgte Verweigerung des Zustimmungserfordernisses kann Schadenersatzansprüche des vermietungswilligen Wohnungseigentümers begründen.3 25

Ein die Vermietung des Sondereigentums ausschließender oder beschränkender Beschluss ist nichtig, weil der Gemeinschaft insoweit die Beschlusskompetenz fehlt.4 Dies gilt aber nicht bei der Vermietung von Gemeinschaftseigentum, z.B. von Garagen und Stellplätzen (s. § 15 Rz. 108).5

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Ein unter Missachtung der Vermietungsbeschränkung oder des Zustimmungserfordernisses geschlossener Mietvertrag ist wirksam, da die Beschränkung nur die Wohnungseigentümer untereinander bindet; § 12 Abs. 3 ist nicht entsprechend anwendbar.6 Der vereinbarungswidrig vermietende Wohnungseigentümer kann allerdings auf Beseitigung und Unterlassung der Gebrauchsüberlassung in Anspruch genommen werden (s. § 15 Rz. 51, 120 ff.). Hat er gegen ein Zustimmungserfordernis verstoßen, kann er sich gegen den Anspruch mit dem Einwand verteidigen, dass der Verwalter oder die Wohnungseigentümer zur Zustimmung verpflichtet seien (§ 242 BGB, „dolo facit qui petit quod statim redditurus est“). Der zur Unterlassung verurteilte Wohnungseigentümer muss zumutbare Bemühungen zur Beendigung des Mietvertrags unternehmen. Steht ihm kein Kündigungsgrund zur Seite, muss er – ggf. gegen eine finanzielle Entschädigung – einen Aufhebungsvertrag oder eine Änderung auf eine erlaubte bzw. zustimmungsfähige Nutzung durch den Mieter herbeiführen.7 bb) Gegenstand des Mietvertrags

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Gegenstand des Mietverhältnisses ist, wenn im Mietvertrag nichts anderes geregelt ist, nicht nur das Sondereigentum, sondern auch das Recht auf Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums; jedenfalls soweit es mit der Nutzung der gemieteten Räume zusammenhängt.8 Dazu gehören nicht nur die Einrichtungen, die zur Nutzung des Sondereigentums notwendig sind, wie z.B. Treppenhäuser oder die Heizungsanlage, sondern auch weitere Räume und Einrichtungen, die der Nutzung förderlich sind, wie z.B. ein Schwimmbad.9 Das Ausübungsrecht des Mieters für den Mitgebrauch folgt nicht aus § 13 Abs. 1, sondern mittelbar aus § 14 Nr. 2 und Nr. 1.10 Bei der Nutzung des Gemeinschaftseigentums hat der Mieter allerdings die Grenzen des Rechts zu beachten, die sich aus §§ 14, 15, der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung ergeben.

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Der Sondereigentümer kann zudem seine Sondernutzungsrechte gemeinsam oder isoliert vermieten. Dass die Flächen im Gemeinschaftseigentum stehen, hindert nicht die schuldrechtliche Übertragung der Nutzungsbefugnisse. cc) Kollision mietvertraglicher Regelungen mit dem WEG

29

Auf die vertragliche Ausgestaltung des Mietverhältnisses nimmt das WEG keinen Einfluss, auch die Wohnungseigentümer können den Inhalt des durch einen Sonder1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Zu weitgehend Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 65. BayObLG v. 14.9.1987 – BReg.2 Z 38/87, ZMR 1988, 106; Armbrüster, ZWE 2004, 217 (222). BayObLG v. 23.10.2003 – 2Z BR 141/03, MietRB 2004, 83 = ZfIR 2004, 378. OLG Celle v. 4.11.2004 – 4 W 176/04, NZM 2005, 184; Schmid, GuT 2010, 71 (75). OLG Frankfurt v. 22.6.2006 – 20 W 152/04, NJW-RR 2007, 889. Suilmann in Bärmann/Seuß, Rz. B 14; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 67; Armbrüster, ZWE 2004, 217 (222). OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 180/03, NZM 2004, 231; Schmid, GuT 2010, 71 (75). OLG Düsseldorf v. 15.6.2004 – 3 Wx 97/04, NJW-RR 2005, 163. Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 59. Vgl. Dötsch in Timme, § 13 WEG Rz. 40; Suilmann in Bärmann/Seuß, Rz. B 41.

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eigentümer abgeschlossenen Mietvertrags nicht vorgeben. Dies kann dazu führen, dass die mietvertraglichen Regelungen mit den für die Wohnungseigentümergemeinschaft maßgeblichen gesetzlichen, vertraglichen oder beschlossenen Vorgaben unvereinbar sind. In diesem Fall kann sich der vermietende Wohnungseigentümer kollidierenden Ansprüchen des Mieters aus dem Mietvertrag und der Wohnungseigentümer aus § 14 Nr. 2 ausgesetzt sehen (s. § 14 Rz. 17). Auch können die übrigen Wohnungseigentümer in bestimmten Fällen (dazu s. Rz. 33) den Mieter unmittelbar auf Unterlassung nach § 1004 BGB in Anspruch nehmen, mit der Folge, dass der Mieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Mietvertrags vom vermietenden Wohnungseigentümer verlangen kann. Schließlich kann der Wohnungseigentümer von anderen Wohnungseigentümern auf Schadensersatz aus § 280 BGB in Verbindung mit dem Gemeinschaftsverhältnis und § 278 BGB wegen der Nutzung seines Eigentums durch den Mieter in Anspruch genommen werden (siehe § 14 Rz. 18). Eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund durch den Wohnungseigentümer wegen der Kollision mietvertraglicher Rechte mit den Regelungen des Wohnungseigentumsrechts ist unzulässig.1 Auch der Mieter ist aufgrund seiner Schadensminderungspflicht nicht verpflichtet, den Mietvertrag zu kündigen.2 Bei Abschluss des Mietverhältnisses sollte deshalb darauf geachtet werden, dass der Inhalt des Mietvertrags den in der Wohnungseigentümergemeinschaft geltenden Regelungen angepasst ist. Selbst bei einer anfänglichen Kongruenz können aber Spannungslagen dadurch entstehen, dass die Wohnungseigentümer die in der Gemeinschaft geltenden Regeln später, insb. durch Mehrheitsbeschluss, verändern. Die Problematik hat sich durch die Erweiterung der Beschlusskompetenzen im Rahmen der WEG-Reform 2007 verschärft. Ein Spannungsfeld kann insb. im Hinblick auf die folgenden Punkte entstehen:

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(1) Der Gegenstand des Mietvertrags muss sich auf das Sondereigentum des vermietenden Wohnungseigentümers und die ihm zustehenden Rechte am Gemeinschaftseigentum (s. Rz. 27) beschränken. Hat der Wohnungseigentümer vor der Vermietung bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum vorgenommen, z.B. Bau einer Terrasse, die nicht nach § 22 zulässig waren, ist die Mietsache bei Geltendmachung der Rückbauverpflichtung mit einem Rechtsmangel behaftet.3 Die Wohnungseigentümer oder die Gemeinschaft (s. § 15 Rz. 125) können vom Mieter als sog. Zustandsstörer Duldung des Rückbaus verlangen; ihm stehen lediglich gegenüber seinem Vermieter die mietvertraglichen Mängelrechte zu. Auch gegenüber dem vermietenden Wohnungseigentümer soll der Mieter entsprechend § 554 BGB zur Duldung des Rückbaus verpflichtet sein.4

30a

(2) Das mietvertragliche Gebrauchsrecht kann der vereinbarten Zweckbestimmung des Wohnungseigentums (dazu § 15 Rz. 15) widersprechen oder über diese hinausgehen, z.B. wenn eine als „Café“ bezeichnete Teileigentumseinheit als Nachtclub vermietet wird. Die Vermietung zu einer abweichenden Nutzung ist dann unproblematisch, wenn sie bei typisierender Betrachtung nicht stärker stört als die zulässige Nutzung. Insoweit gilt dasselbe wie bei einer abweichenden Nutzung durch den Eigentümer (s. § 15 Rz. 17).5

31

Geht die vertraglich eingeräumte Nutzung darüber hinaus, können die übrigen Wohnungseigentümer Unterlassung der abweichenden Nutzung von dem vermietenden Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 3, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen (s. § 14 Rz. 17). Mit dem Anspruch kann allerdings nur ein Einwirken des Wohnungseigentümers auf seinen Mieter im rechtlich zulässigen Rahmen erreicht werden. Er kann nur darauf gerichtet sein, die konkrete Ausgestaltung der Vermietung zu ändern und die Beeinträchtigungen abzustellen.6 Den übrigen Wohnungseigentümern können auch

32

1 2 3 4 5 6

BGH v. 29.11.1995 – XII ZR 230/94, MDR 1996, 355 = NJW 1996, 714. Riecke in Riecke/Schmid, Anh. zu § 13 WEG Rz. 28. AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, MietRB 2012, 49 = ZMR 2012, 110. So AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, MietRB 2012, 49 = ZMR 2012, 110. Armbrüster, ZWE 2004, 217 f. BGH v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, MietRB 2011, 47 = ZMR 2011, 396.

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Schadenersatzansprüche gegen den vermietenden Miteigentümer zustehen (s. § 14 Rz. 18). 33

Daneben steht den Wohnungseigentümern nach vorherrschender Ansicht bei einer in das Grundbuch eingetragenen Vereinbarung auch ein Unterlassungsanspruch gegen den Mieter selbst zu, mit dem unmittelbar Unterlassung des vertragswidrigen Verhaltens verlangt werden kann.1 Das wird damit begründet, dass die im Grundbuch eingetragene Zweckbestimmung nach § 5 Abs. 4 S. 1 zum Inhalt des Sondereigentums wird und daher einen Abwehranspruch mit absoluter Wirkung rechtfertigt. Diese dingliche Wirkung wird von den Kritikern in Frage gestellt: Zwar könne eine gewisse verdinglichende Wirkung der Zweckbestimmung eintreten. Diese beziehe sich nach § 10 Abs. 3 jedoch nur auf die Bindung des Rechtsnachfolgers. Die von jedermann zu beachtenden Eigentumsrechte seien nur nach ihrem gesetzlichen Inhalt geschützt, der nicht durch Vereinbarungen ausgeweitet werden könne. Die Wohnungseigentümer könnten mit schuldrechtlicher Wirkung keine Verpflichtungen zu Lasten Dritter begründen. Die Einwände überzeugen aber nicht. Zutreffend ist, dass § 10 Abs. 3 die einzige im WEG benannte „dingliche“ Wirkung einer eingetragenen Vereinbarung ist. Dass sich die Wirkung des § 5 Abs. 4, wonach Vereinbarungen zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden können, darin erschöpft, ergibt sich aus dem WEG indes nicht.

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(3) Auch kann der Inhalt des Mietvertrags mit einem im Rahmen des § 15 Abs. 2 beschlossenen Gebrauch, insb. dem Inhalt einer Hausordnung, kollidieren. Dadurch, dass derartige Beschlüsse während des laufenden Mietverhältnisses mit Stimmenmehrheit gegen den Willen des vermietenden Eigentümers getroffen werden können, kann eine Anpassung des laufenden Mietvertrags notwendig werden. Ein praktisch wichtiger Fall ist etwa der Beschluss über eine Beschränkung der Hundehaltung. Die beschlossene Hausordnung bindet den Mieter nicht ohne weiteres.2

35

Die Einbeziehung in den Mietvertrag der zu einem bestimmten Zeitpunkt gültigen Hausordnung aufgrund einer (statischen) Verweisung auf diese und deren Beifügung ist zwar individualvertraglich und formularmäßig zulässig, hilft aber nicht bei späteren Änderungen der Hausordnung. Die Bindung des Mieters an die Hausordnung „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ (dynamische Verweisung) im Mietvertrag verstößt hingegen gegen § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie auch für den Mieter unzumutbare Änderungen ermöglicht.3 Unzumutbar ist insb. die Möglichkeit einer nachträglichen erheblichen Begrenzung der Tierhaltung oder der Musikausübung, wenn sich im Mietvertrag oder der anfänglich geltenden Hausordnung diesbezüglich keine Beschränkungen finden. Der vermietende Wohnungseigentümer ist daher gezwungen, mögliche unzumutbare Änderungen im Vorfeld des Mietvertragsschlusses zu erkennen und in den Mietvertrag entsprechende Vorbehalte aufzunehmen.4 Diese Gesetzeslage ist unbefriedigend; Abhilfe lässt sich weder über eine Anpassung des Mietvertrags wegen Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) noch durch eine Änderungskündigung erreichen.5

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Auch bei einem Verstoß des Mieters gegen die Hausordnung steht den übrigen Wohnungseigentümern ein Unterlassungsanspruch gegen den vermietenden Wohnungseigentümer in dem eben dargestellten Rahmen aus § 15 Abs. 3, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Der Mieter kann nach zutreffender Auffassung hingegen nicht allein deshalb als Störer nach § 1004 BGB in Anspruch genommen werden, weil er sich be-

1 OLG Karlsruhe v. 22.9.1993 – 6 U 49/93, MDR 1994, 59; OLG München v. 25.2.1992 – 25 U 3550/91, ZMR 1992, 307; Armbrüster, ZWE 2004, 217 f.; a.A. AG Hannover v. 28.8.2009 – 458 C 7007/09, ZMR 2010, 153. 2 Armbrüster, ZWE 2004, 217 (223); a.A. Weidenkaff in Palandt, BGB, § 535 BGB Rz. 20. 3 AG Schondorf v. 5.7.2012 – 6 C 1166/11, WuM 2012, 494; Vgl. Armbrüster, ZWE 2004, 217 (225); Jacoby, ZMR 2012, 669 (675); großzügiger wohl Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 63. 4 Vgl. Riecke in Riecke/Schmid, Anh. zu § 15 WEG Rz. 100. 5 Riecke in Riecke/Schmid, Anh. zu § 15 WEG Rz. 101.

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schlusswidrig verhält.1 Der Beschluss wird anders als die Vereinbarung nicht Inhalt des Sondereigentums nach § 5 Abs. 4. Die praktischen Vorteile eines „Durchgriffs“ auf den Mieter rechtfertigen keine Begründung eines absoluten Rechts. Ein Anspruch der übrigen Wohnungseigentümer nach § 1004 BGB kommt daher nur dann in Betracht, wenn ein ihr Eigentum störendes Verhalten und nicht nach § 906 BGB gerechtfertigtes Verhalten des Mieters vorliegt. (4) Die Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums obliegt dem vermietenden Wohnungseigentümer nach § 14 Nr. 1. Der Mieter kann deshalb unproblematisch die Beseitigung von Mängeln am Sondereigentum vom Wohnungseigentümer verlangen. Unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB kommt ihm auch das Recht zur Selbstvornahme zu.

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Die Mängelrechte stehen dem Mieter im Grundsatz auch bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum zu. Der vermietende Wohnungseigentümer hat die notwendigen Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durch die Gemeinschaft zu fordern. Er kann sich gegenüber dem Mieter nicht darauf berufen, dass für die zur Mängelbeseitigung notwendigen Maßnahmen ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich sei, der fehle.2 Der Wohnungseigentümer muss vielmehr grundsätzlich seinen Anspruch aus § 21 Abs. 4 gegenüber der Gemeinschaft geltend machen und ggf. auch gerichtlich durchsetzen.3 Dass gilt jedoch dann nicht, wenn der Beseitigungsaufwand die sog. „Opfergrenze“4 überschreitet, denn dann entspricht die Instandsetzung regelmäßig nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung.5 Eine Selbstvornahme nach § 536a Abs. 2 BGB scheitert insoweit am Mitgebrauchsrecht der anderen Wohnungseigentümer.6 Etwas anderes gilt indes bei Notmaßnahmen, die der Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 2 selbst vornehmen könnte; diese kann auch der Mieter durchführen und Ersatz nach § 536a Abs. 2 BGB verlangen.7

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(5) Problematisch ist auch die Abrechnung der Betriebskosten. Im Mietvertrag können dem Mieter die Betriebskosten nach § 2 BetrKV auferlegt werden (siehe § 28 Rz. 26 f.). Eine Bezugnahme im Mietvertrag auf Abrechnungsbeschlüsse der Wohnungseigentümer oder die Jahresabrechnung nach § 28 genügt für die Überwälzung mangels Bestimmtheit nicht.8 Die Nebenkostenabrechnung durch den Wohnungseigentümer unterliegt denselben Anforderungen wie die eines anderen Vermieters.9 Sie muss nach ständiger Rechtsprechung eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten; bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten sind regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen.10

39

Für die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft und die Betriebskostenabrechnung des vermietenden Wohnungseigentümers gelten somit jeweils eigene Regeln.11 Die mit den unterschiedlichen Systemen verbundenen Schwierigkeiten sind allerdings ganz erheblich dadurch entschärft worden, dass der BGH

40

1 LG Nürnberg-Fürth v. 31.7.2009 – 19 S 2183/09, ZMR 2010, 69; AG Bremen v. 18.11.2003 – 8 C 228/03, juris; Briesemeister, ZWE 2010, 24; Suilmann in Bärmann/Seuß, Rz. B 40; a.A. OLG Frankfurt v. 18.3.1993 – 2 U 124/92, NJW 1993, 981; Schmid, NJW 2013, 2415 (2419). 2 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03, MDR 2006, 199 = MietRB 2006, 57 = NZM 2005, 820; KG v. 25.6.1990 – 8 REMiet 2634/90, NJW-RR 1990, 1166. 3 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03, MDR 2006, 199 = MietRB 2006, 57 = NZM 2005, 820. 4 Vgl. dazu BGH v. 26.9.1990 – VIII ZR 205/89, MDR 1991, 329 = NJW-RR 1991, 204 f. 5 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03, MDR 2006, 199 = MietRB 2006, 57 = NZM 2005, 820. 6 Im Ergebnis ebenso Riecke in Riecke/Schmid, Anh. zu § 13 WEG Rz. 120; Dötsch in Timme, § 13 WEG Rz. 41, der die Selbstvornahme grundsätzlich für zulässig hält, aber den Mieter Unterlassungsansprüchen der übrigen Wohnungseigentümer ausgesetzt sieht. 7 Suilmann in Bärmann/Seuß, Rz. B 48. 8 Riecke in Riecke/Schmid, Anh. zu § 16 WEG Rz. 4. 9 BGH v. 23.11.1981 – VIII ZR 298/80, MDR 1982, 483 = NJW 1982, 573. 10 Vgl. nur BGH v. 14.2.2007 –VIII ZR 1/06, NZM 2007, 244 m.w.N. 11 Vgl. im Einzelnen Suilmann in Bärmann/Seuß, Rz. 84 ff.

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die Abrechnung der Betriebskosten nach dem Abflussprinzip zugelassen hat.1 Dies ermöglicht es, die um nicht umlagefähige Positionen (u.a. Instandhaltungsrückstellung und Verwaltervergütung) bereinigte Jahresabrechnung, ergänzt um weitere Betriebskosten des Sondereigentums (z.B. Grundsteuer, Kaltwasser-, Warmwasser und Heizkosten), an den Mieter weiterzureichen.2 Offen gelassen hat der BGH allerdings bisher, ob im Jahr des Mieterwechsels nach Treu und Glauben etwas anderes gelten muss.3 Zur Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip sollte im Mietvertrag als Abrechnungszeitraum das für die Abrechnung nach § 28 Abs. 3 maßgebliche Kalenderjahr festgelegt werden (dazu § 28 Rz. 28). 41

Der vermietende Wohnungseigentümer sollte darauf achten, dass er die Ausschlussfrist für die Nachforderung von Betriebskosten nach § 556 Abs. 3 BGB nicht versäumt; ob für den Fristbeginn auf den Beschluss der Jahresabrechnung abzustellen ist, ist streitig (§ 28 Rz. 29 ff.). Die Erstellung der Betriebskostenabrechnung kann auch im Verwaltervertrag dem Verwalter übertragen werden.4

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(6) Bei der Regelung der Nebenkosten im Mietvertrag ist auf eine Kongruenz der Abrechnungsmaßstäbe zu achten. § 556a Abs. 1 BGB ermöglicht die Vereinbarung der in der Wohnungseigentumsanlage geltenden Umlagemaßstäbe für das Mietverhältnis. Zulässig ist es insb. auch, die Abrechnung von Betriebskosten nach Miteigentumsanteilen zu vereinbaren.5 Allerdings kann der Mieter nach § 242 BGB eine Änderung des Abrechnungsmaßstabs verlangen, wenn die Miteigentumsanteile erheblich von der Wohnfläche abweichen und seine Belastung mit den Betriebskosten deshalb grob unbillig ist.6 Vom Mieter einer vermieteten Eigentumswohnung zu tragende Betriebskosten, die speziell für die einzelne Wohnung anfallen, wie z.B. Grundsteuer, können ohne Umlageschlüssel in der Betriebskostenabrechnung „weitergeleitet“ werden.7

43

Zu einer Abweichung der Umlageschlüssel im Mietvertrag von denen der WEG kann es auch kommen, wenn die Wohnungseigentümer im Beschlusswege aufgrund einer Öffnungsklausel oder nach § 16 Abs. 3 oder durch eine (nach § 10 Abs. 2 S. 3 erzwungene) Vereinbarung die Verteilungsschlüssel für die Betriebskosten ändern. Wird dadurch erstmals eine verursachungsbezogene Abrechnung eingeführt, kann der Vermieter den Umlagemaßstab im Mietverhältnis durch einseitige Erklärung nach § 556a Abs. 2 BGB anpassen. Dieses Recht kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden (§ 556a Abs. 3 BGB). Hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten gilt im Rahmen des § 6 Abs. 4 HeizKV Entsprechendes. Ein Anspruch auf Anpassung des Mietvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wird hingegen allenfalls in Ausnahmefällen begründet sein.

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Eine Anpassung des Mietvertrags an die Verteilungsschlüssel durch eine allgemeine Verweisungsklausel im Mietvertrag ist grundsätzlich nicht möglich. Mit einer solchen Klausel soll ein permanenter Gleichlauf der Umlageschlüssel erreicht werden. Sie ist nach zutreffender Ansicht als AGB unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt, denn der Mieter kann dann nicht erkennen, nach welchen Maßstäben seine Betriebskosten abgerechnet wer1 BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 49/07, MDR 2008, 556 = MietRB 2008, 129 = ZMR 2008, 444 = NJW 2008, 1300; BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 27/07, MDR 2008, 737 = MietRB 2008, 199 f. = NJW 2008, 1801; vgl. dazu Langenberg, WuM 2009, 19; Milger, NZM 2008, 757; Derleder, WuM 2008, 444 (451); anders aber für Heizkosten BGH v. 1.2.2012 – VIII ZR 156/11, MDR 2012, 336 = MietRB 2012, 132 = NJW 2012, 1141. 2 Langenberg, WuM 2009, 19 (21); Riecke in Riecke/Schmid, Anh. zu § 16 WEG Rz. 12. 3 Dazu Langenberg, WuM 2009, 19 (22 f.). 4 Vgl. BayObLG v. 4.4.2005 – 2Z BR 198/04, ZMR 2005, 564. 5 BGH v. 19.11.2008 – VIII ZR 295/07, MDR 2009, 196 = MietRB 2009, 93 = NJW 2009, 283; BGH v. 26.5.2004 – VIII UR 169/03, ZMR 2004, 662; auch im Formularvertrag: AG Düsseldorf v. 14.3.1990 – 22 C 7596/89, DWW 1991, 373. 6 Derleder, WuM 2008, 444 (452). 7 BGH v. 17.4.2013 – VIII ZR 252/12, MietRB 2013, 198 = ZWE 2013, 265; BGH v. 13.9.2011 – VIII ZR 45/11, ZMR 2012, 173.

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den.1 Eine derartige Klausel kann allenfalls individualvertraglich vereinbart werden. Auch mit einer Änderungsklausel kann keine sichere Anpassung erreicht werden, da sie nur für bestimmte – nämlich für den Mieter nicht unbillige – Veränderungen der Umlageschlüssel nach § 308 Nr. 4 BGB zulässig ist (Rz. 35, 42). (7) Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist bei erheblichen Wohngeldrückständen eines Wohnungseigentümers berechtigt, nicht nur gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer (dazu § 28 Rz. 251 ff.), sondern auch gegenüber dessen Mieter eine Versorgungssperre zu verhängen (dazu § 28 Rz. 253). Die Einstellung der Versorgungsleistungen mit Wärme, Strom und Wasser stellt dabei keine Besitzstörung des Mieters dar, gegen die sich dieser mit den Besitzschutzansprüchen wehren könnte. Dem Mieter stehen nur Mängelansprüche gegen seinen Vermieter zu,2 wobei bereits die Androhung der Versorgungssperre einen Rechtsmangel der Mietsache i.S.d. § 536 Abs. 3 BGB begründet.3 Unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB kann der Mieter zur Beseitigung des Mangels die Rückstände begleichen und Ersatz der Aufwendungen vom Vermieter verlangen.

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e) Sonstige Nutzungen Das umfassende Nutzungsrecht erlaubt auch, das Sondereigentum beliebig zu gestalten, also den Fußbodenbelag auszutauschen sowie nichttragende Innenwände und Zimmertüren zu verändern oder zu beseitigen.4 Die Schranken des § 22 gelten nicht für bauliche Veränderungen im Sondereigentum.

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Auch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung des Wohnungseigentums ist grundsätzlich zulässig. Grenzen werden sich allerdings regelmäßig aus der Zweckbestimmung des Sondereigentums zum Wohnen ergeben (dazu § 15 Rz. 15).

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2. Ausschließungsrechte (Abs. 1 Alt. 2) Dem Wohnungseigentümer steht nach Abs. 1 auch das Recht zu, andere von Einwirkungen auszuschließen. Die negativen Eigentumsbefugnisse sind – wie das positive Recht auf Nutzung – durch Gesetz und Rechte Dritter beschränkt. Dass Abs. 1 nicht wie § 903 BGB „von jeder Einwirkung“ spricht, soll zeigen, dass die Wohnungseigentümer wegen des intensivierten Nachbarschaftsverhältnisses gegenüber den anderen Wohnungseigentümern stärkere Beschränkungen hinnehmen müssen als die Alleineigentümer eines Grundstücks. Unter bestimmten Umständen haben sie deshalb Eingriffe in ihr Sondereigentum zu dulden, wie z.B. das Betreten der Wohnung – über den Anwendungsbereich des § 14 Nr. 4 hinaus – durch den Verwalter zum Ablesen von Verbrauchszählern.5 § 13 Abs. 1 ist selbst keine Anspruchsgrundlage für das Vorgehen gegen Dritte. Dem Wohnungseigentümer stehen vielmehr die nachfolgend im Einzelnen aufgeführten Ansprüche zu.

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a) Zivilrechtliche Ansprüche Bei einer gegenwärtigen Verletzung des Sondereigentums, die der Wohnungseigentümer nicht z.B. nach § 14 Nr. 4 oder § 904 BGB zu dulden hat, steht ihm das Recht zur Notwehr nach § 227 BGB zu. Auch das Hausrecht ist notwehrfähig.6

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Bei einer Entziehung des Eigentums kann der Wohnungseigentümer Herausgabe nach § 985 BGB an sich verlangen. Steht das Wohnungseigentum im Miteigentum

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1 LG Hamburg v. 28.6.2008 – 307 S 34/08, ZMR 2009, 288; Derleder, WuM 2008, 444 (452); Riecke in Riecke/Schmid, Anh. zu § 16 WEG Rz. 57; Langenberg, NZM 2004, 361 (365); a.A. Abramenko, ZMR 1999, 677 (679). 2 BGH v. 6.5.2009 – XII ZR 137/07, MDR 2009, 919 = MietRB 2009, 223 f. = NZM 2009, 482. 3 Suilmann, ZWE 2012, 111 (115). 4 Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 13; vgl. OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, MietRB 2006, 321 = ZMR 2006, 634; OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, ZMR 2002, 613. 5 LG Bad Kreuznach v. 8.9.1995 – 2 T 64/95, NJWE-MietR 1996, 204. 6 OLG Düsseldorf v. 29.8.1997 – 22 U 17/97, MDR 1998, 46 = NJW 1997, 3383; OLG Karlsruhe v. 28.12.1977 – 7 U 210/77, VersR 1979, 453; a.A. OLG Frankfurt v. 1.10.1993 – 10 U 181/92, NJW 1994, 946 m. abl. Anm. Löwisch/Rieble, NJW 1994, 2596.

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Mehrerer, kann jeder Eigentümer grundsätzlich gem. §§ 1011, 432 BGB nur Herausgabe an alle Miteigentümer verlangen, es sei denn, der Miteigentümer kann oder will die Sache nicht in Mitbesitz nehmen.1 Letzteres ist regelmäßig dann gegeben, wenn eine im Miteigentum stehende Wohnung durch einen der Miteigentümer eigenmächtig im Namen aller Miteigentümer vermietet worden ist.2 Wiedereinräumung des Besitzes kann daneben auch im Wege des Besitzschutzes verlangt werden (Rz. 7). 51

Mit dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB kann der Wohnungseigentümer ungerechtfertigte Eingriffe in sein Sondereigentum abwehren. Auch ohne Eingriff in sein Eigentum steht jedem Wohnungseigentümer der Anspruch auf Einhaltung eines zulässigen Gebrauchs des übrigen Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums nach § 15 Abs. 3, § 1004 BGB zu, mit dem die Einhaltung der § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 1, Abs. 2 durchgesetzt werden kann. Beide Ansprüche stehen regelmäßig nebeneinander (s. § 15 Rz. 116). Der Anspruch wegen Eingriffs in das Sondereigentum besteht nur innerhalb der Grenzen des Sondereigentums (Rz. 11 ff.). Er ist ein Individualanspruch, dessen Ausübungsbefugnis auch nicht dadurch entfällt, dass der Verband nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 zu seiner Geltendmachung ermächtigt wird.3 Auch jedem Miteigentümer des Sondereigentums steht nach § 1011 BGB ein eigener Anspruch zu. Der Anspruch ist gegen den Handlungs- oder Zustandsstörer zu richten (dazu § 15 Rz. 126 ff.). Er unterliegt der Verjährung und der Verwirkung (dazu § 15 Rz. 133 ff., 136 ff.). Eine bestimmte Form der Störungsbeseitigung kann nicht verlangt werden. Dem Störer muss grundsätzlich selbst überlassen bleiben, welche Mittel er einsetzt, um den Eingriff in das Sondereigentum abzustellen.4 Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn dazu lediglich eine konkrete Handlung oder Unterlassung geeignet ist.5 Ein durch Lärm in der Nutzung seines Sondereigentums beeinträchtigter Wohnungseigentümer kann von dem störenden Wohnungseigentümer daher grundsätzlich nur die Einhaltung von Grenzwerten, nicht jedoch bestimmte bauliche Maßnahmen oder ein Hausverbot für lärmende Besucher verlangen.6

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Wird das Sondereigentum beschädigt, kommen Schadenersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einer drittschützenden Norm, § 826 BGB und § 831 BGB in Betracht. Ansprüche gegen einen Miteigentümer können zudem auf § 280 BGB in Verbindung mit dem Gemeinschaftsverhältnis gestützt werden (s. § 15 Rz. 139). Die Ansprüche stehen dem geschädigten Wohnungseigentümer als Individualanspruch zu. Verletzt die Gemeinschaft die ihr obliegende Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums und entsteht dadurch in dem Sondereigentum ein Schaden, ist der Anspruch gegen den Verband als passiver Prozessstandschafter nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 zu richten.7

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Wird die Nutzung des Sondereigentums durch einen Mangel am Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt, steht dem Sondereigentümer kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zu.8 Im Verhältnis der Sondereigentümer untereinander kann § 906 Abs. 2 S. 2 BGB hingegen analog herangezogen werden,9 denn bei den von fremden Sondereigentum herrüh1 Vgl. Bassenge in Palandt, BGB, § 1011 Rz. 3. 2 AG Wennigsen v. 24.8.2001 – 9 C 55/01, NZM 2002, 143. 3 So ausdrückl. die Gesetzesmaterialien BT-Drs. 16/887, S. 61 f.; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 6; a.A. Bruns, NJW 2010, 337 (339); die Ausübungsbefugnis gänzlich ablehnend Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 141; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 13 WEG Rz. 7. 4 OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 124/03, NZM 2004, 331. 5 BGH v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503 = NJW 2004, 1035. 6 Vgl. BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 7 Schmid, ZWE 2012, 24 (25); Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 7 f.; a.A. LG Hamburg v. 31.8.2011 – 318 S 258/10, ZMR 2012, 189. 8 BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252 = MietRB 2010, 232 = NJW 2010, 2347. 9 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 = MietRB 2014, 10 f. = WuM 2013, 760; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305 = MietRB 2007, 291 f. = NZM 2008, 211; OLG Stuttgart v. 27.10.2005 – 7 U 135/05, MDR 2006, 806 = MietRB 2006, 244 = NJW 2006, 1744;

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Rechte des Wohnungseigentümers

renden Beeinträchtigungen geht es aufgrund der Rechtsnatur des Sondereigentums als „echtem Eigentum“ um eine Beeinträchtigung „von außen“ wie auch sonst unter Grundstückseigentümern. Anders als gegenüber der Gemeinschaft ist der Ausgleich deshalb nicht durch einen § 904 S. 2 BGB nachgebildeten Aufopferungsanspruch und die Regeln über die gemeinschaftliche Verwaltung abschließend geregelt. b) Öffentlich-rechtliche Ansprüche Wegen Verletzung seines Sondereigentums kann der Wohnungseigentümer öffentliche Nachbarrechte gegenüber Dritten aus eigenem Recht geltend machen und wenn notwendig im Verwaltungsrechtsweg durchsetzen.1 Es handelt sich hierbei um Individualansprüche, zu deren Geltendmachung es der Zustimmung der übrigen Sondereigentümer nicht bedarf.2 Erforderlich ist, dass das Vorhaben auf dem Nachbargrundstück das Sondereigentum beeinträchtigt und nicht bloß eine Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums vorliegt. Eine Abstandsflächenverletzung kann ein Wohnungseigentümer deshalb mit der Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung nur dann rügen, wenn der Abstand zu seinem Sondereigentum unterschritten wird.3 Allerdings kann das öffentlich-rechtliche Rücksichtnahmegebot wegen merklicher Einbußen an Belichtung, Belüftung und Besonnung möglicherweise einen Abwehranspruch begründen.4

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Das gilt allerdings nicht für Maßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum oder das Sondereigentum eines Miteigentümers betreffen. Gegen einen oder die übrigen Miteigentümer können keine öffentlich-rechtlichen Ansprüche wegen das Sondereigentum beeinträchtigender Maßnahmen im Sonder- oder Gemeinschaftseigentum geltend gemacht werden. Da die Vorschriften des öffentlichen Nachbarrechts nicht unmittelbar gelten (Rz. 14, 16), fehlt dem Wohnungseigentümer die Klagebefugnis sowohl für eine Klage auf behördliches Einschreiten gegen andere Sondereigentümer oder die Gemeinschaft als auch für eine Anfechtungsklage z.B. gegen die einem Miteigentümer erteilte Baugenehmigung.5 Ebenso fehlt die Klagebefugnis, wenn sich der Wohnungseigentümer gegen die einem Pächter eines anderen Teileigentums erteilte Baugenehmigung wenden oder eine Nutzungsuntersagung gegen einen Mieter von Wohnungseigentum erreichen will.6 Etwas anderes soll nach Auffassung des OVG Münster allenfalls dann gelten, wenn eine unmittelbare Gefährdung besonders wichtiger Rechtsgüter vorliegt, die ein behördliches Nichteinschreiten als schlechthin ermessensfehlerhaft erscheinen lässt.7 Dem Wohnungseigentümer verbleibt die Möglichkeit, sich im Zivilrechtsweg im Rahmen des Anspruchs aus § 1004 BGB auf die Wertungen des öffentlichen Nachbarrechts zu berufen.8 Verweist ihn das Zivilgericht in einem solchen Fall an die Verwaltungsgerichte, kann eine Rechtsschutzlücke entstehen, die gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verstößt.9

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Wenzel, NJW 2005, 241 (244); Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 140; offen gelassen von BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252 = MietRB 2010, 232 = NJW 2010, 2347. BVerwG v. 20.8.1992 – 4 B 92/92, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110; BayVGH v. 12.8.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100; BayVGH v. 2.10.2003 – 1 CS 03.1785, NZM 2004, 235; VG Augsburg v. 12.5.2010 – Au 4 S 10 299, juris. Dötsch in Timme, § 13 WEG Rz. 14. OVG Münster v. 20.11.2013 – 7 A 2341/11, ZWE 2014, 144 (auch als hälftiger Miteigentümer); BayVGH v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327, juris; VG München v. 3.5.2010 – M 8 K 09.2304, juris; a.A. BayVGH v. 21.1.2009 – 9 CS 08.1330, juris. VG München v. 3.5.2010 – M 8 K 09.2304, juris. BVerwG v. 12.3.1998 – 4 C 3/97, NVwZ 1998, 954; BVerwG v. 14.10.1988 – 4 C 1/86, NVwZ 1989, 250; OVG Koblenz v. 10.7.2007 – 8 A 10279/07, NZM 2007, 776; VG München v. 10.1.2011 – M 8 K 10.3187, juris. VGH München v. 11.5.1989 – 2 B 87.01367, BRS 49 Nr. 186; VGH Mannheim v. 11.6.1991 – 8 S 1385/91, NJW-RR 1992, 273. OVG Münster v. 3.5.2007 – 7 A 3350/06, juris. LG Hamburg v. 2.5.2012 – 318 S 79/11, ZMR 2012, 811. BVerfG v. 7.2.2006 – 1 BvR 2304/05, NZM 2006, 510.

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III. Rechte am Miteigentum (Abs. 2) 1. Recht zum Mitgebrauch (Abs. 2 Satz 1) 56

Das in § 13 Abs. 2 geregelte Recht zum Mitgebrauch ist der Regelung in § 743 Abs. 2 BGB nachgebildet. Der Mitgebrauch umfasst den Mitbesitz und die Mitbenutzung. Beide werden in natura ausgeübt, so dass die Miteigentumsanteile für den Umfang des Mitgebrauchs keine Rolle spielen.

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Das Hausrecht am Gemeinschaftseigentum steht den Hausrechtsinhabern am Sondereigentum (Wohnungseigentümern oder Mietern) nur gemeinsam zu. Dennoch hat jeder Sondereigentümer und jeder Mieter einen individuellen Anspruch auf unbeschränkten Zugang zu seinem Sondereigentum für sich und seine Besucher (Rz. 21). § 1011 BGB, wonach jeder Miteigentümer die Ansprüche aus dem Eigentum in Ansehung der ganzen Sachen geltend machen kann, wird von dem Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung nach § 21 Abs. 1 überlagert.1 Gegenüber Dritten kann das Hausrecht daher grundsätzlich nur durch Beschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung ausgeübt werden.2 Ein einzelner Wohnungseigentümer kann Dritten kein Hausverbot erteilen, es sei denn, es liegt ein Fall der Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 vor. Dieser wird etwa dann in Betracht kommen, wenn ein Wohnungseigentümer Randalierer bemerkt, die das Gemeinschaftseigentum zu beschädigen drohen.

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Das Recht auf unmittelbaren Mitgebrauch kann durch die Vermietung des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen sein. Diese kann grundsätzlich im Rahmen ordnungsmäßigen Gebrauchs durch Beschluss der Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 2 erfolgen (s. § 15 Rz. 108). 2. Grenzen des Mitgebrauchs

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Der Mitgebrauch wird nach „Maßgabe der §§ 14, 15“ gestattet. Bei seiner Ausübung ist daher zunächst die Grenze des § 14 Nr. 1 zu beachten, wonach den übrigen Wohnungseigentümer kein unvermeidbarer Nachteil entstehen darf (s. § 14 Rz. 7 ff.). Weitere Beschränkungen des Mitgebrauchs können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 oder im Rahmen eines ordnungsmäßigen Gebrauchs durch Beschluss nach § 15 Abs. 2 bestimmen. Eine Gebrauchsregelung ist auch der zeitweise Ausschluss des Mitgebrauchs. Nicht mehr unter § 15 fällt hingegen die völlige Entziehung des Gebrauchsrechts, die nur durch von § 13 Abs. 2 abweichende Vereinbarung gem. § 10 Abs. 2 S. 2 möglich ist (s. § 15 Rz. 5). Wichtigster Anwendungsfall ist die Begründung eines Sondernutzungsrechts (s. Rz. 66 ff.)

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Weitere Grenzen können sich aus nachbarschützenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (dazu Rz. 16).3 Ob hingegen die „naturgemäße Bestimmung“ den Mitgebrauch einschränken kann, etwa bei Mehrhausanlagen die Nutzung von Einrichtungen eines Hauses durch Wohnungseigentümer der anderen Häuser, erscheint zweifelhaft.4 Richtiger wäre es wohl zu prüfen, ob bei Fehlen einer naheliegenden ausdrücklichen Gebrauchsregelung eine solche sich nicht durch Auslegung der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung ergibt. An Balkonen und an nur über ein Sondereigentum zugänglichen Räumen, wie z.B. Spitzböden, kann sich aus Treu und Glauben ein Ausschluss des Mitbenutzungsrechts der übrigen Wohnungseigentümer ergeben; dies führt allerdings noch nicht zur Begründung eines entsprechenden Sondernutzungsrechts (s. Rz. 87). 3. Anteil an den sonstigen Nutzungen (Abs. 2 Satz 2)

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Nach Abs. 2 S. 2 gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil an den sonstigen Nutzungen. Dies meint die Sachfrüchte i.S.d. § 100 BGB, zu denen die natürlichen Er1 Vgl. Wenzel, ZWE 2009, 165 f.; a.A. Reichert, ZWE 2009, 289 f. 2 Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 14. 3 Vgl. AG Hameln v. 29.3.2004 – 12 II 12/04, juris: Vereinbarkeit des Abstellens von Kinderwägen im Treppenhaus mit den Regelungen über Brandschutz nach der Landesbauordnung. 4 So aber OLG Frankfurt v. 17.7.1997 – 20 W 278/96, ZMR 1997, 606.

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zeugnisse wie auch die Erträge (z.B. Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung des Gemeinschaftseigentums) als mittelbare Sachfrüchte gehören. Die Früchte sind – soweit keine abweichende Vereinbarung besteht – nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 1 S. 2) zu verteilen. 4. Ansprüche bei Eingriff in das Gemeinschaftseigentum Wird das Recht auf Mitgebrauch einem Wohnungseigentümer widerrechtlich vollständig entzogen, steht ihm ein Herausgabeanspruch gegen den störenden Dritten oder Miteigentümer nach § 985 BGB zu. Den Anspruch kann jeder Wohnungseigentümer selbst geltend machen, er richtet sich auf Herausgabe an die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft (§§ 1011, 432 BGB).1 Der Anspruch unterliegt nicht der Verjährung (§ 902 BGB), kann aber verwirkt sein (dazu § 15 Rz. 136). Eine Verwirkung des Herausgabeanspruchs ist dann ausgeschlossen, wenn sie faktisch zur Begründung eines Sondernutzungsrechts des widerrechtlich nutzenden Wohnungseigentümers führen würde.2

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Bei Eigentumsstörung durch Dritte oder Miteigentümer stehen jedem Wohnungseigentümer Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach §§ 1004, 1011 BGB zu.3 Die Wohnungseigentümer können allerdings durch Beschluss nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 die Geltendmachung an sich ziehen, so dass dann der rechtsfähige Verband aktivlegitimiert ist. Ein solcher Beschluss schließt die Geltendmachung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer aber nach zutreffender Auffassung nicht aus.4

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Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums können sich aus § 280 BGB in Verbindung mit dem Gemeinschaftsverhältnis und aus § 823 BGB ergeben. Als gemeinschaftsbezogene Ansprüche i.S.d. § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 sind sie zwingend vom Verband geltend zu machen.5 Richten sich die Ansprüche gegen einen Mieter, verjähren die Ansprüche nicht nach § 548 BGB in sechs Monaten, da die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht Vertragspartei des Mietvertrags und als Dritte auch nicht in den Schutzbereich des Vertrags mit eingeschlossen ist.6

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Die Geltendmachung einer Verletzung des öffentlich-rechtlichen Nachbarrechts, die das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt, stellt eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dar, die den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht.7 Nur diese sind klagebefugt. Die Klageerhebung setzt grundsätzlich einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer voraus (s. § 21 Rz. 107). Ein Sondereigentümer kann gegen die Beeinträchtigung nur in den engen Grenzen einer Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) und nur im Namen der Eigentümergemeinschaft vorgehen.8 Das gilt auch für die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen

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1 KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZWE 2007, 237; a.A. Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 22: Herausgabe an die Gemeinschaft. 2 Vgl. auch OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, MDR 2008, 680 = MietRB 2008, 79 f. = ZMR 2008, 160. 3 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, MDR 2011, 350 = NJW 2011, 1351. 4 OLG Hamburg v. 24.10.2008 – 2 Wx 115/08, MietRB 2009, 328 = ZMR 2009, 306; OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = NZM 2008, 87; a.A. OLG Hamm v. 5.11.2009 – 15 Wx 15/09, ZMR 2010, 389; LG Köln v. 14.3.2013 – 29 S 181/12, juris; Jennißen, § 10 Rz. 62d; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 142; differenzierend Bruns, NJW 2011, 337 (339): nur solange der Beschluss nicht umgesetzt wird. 5 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453 = MietRB 2014, 105 = NJW 2014, 1090; BGH v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, MDR 2011, 350 = NJW 2011, 1351; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 142; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 13 WEG Rz. 21; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 26. 6 BGH v. 29.6.2011 – VIII ZR 349/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 320 = NJW 2011, 2717; a.A. OLG Stuttgart v. 5.8.2010 – 7 U 82/10, MietRB 2011, 49 = ZWE 2010, 425; LG Essen v. 11.12.1997 – 10 S 433/97, NJW-RR 1998, 874. 7 BayVGH v. 12.8.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100. 8 BayVGH v. 12.8.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100; BayVGH v. 12.9.2005 – 1 ZB 05.42, BauR 2006, 501; OVG Münster v. 28.2.1991 – 11 B 2967/90, ZMR 1991, 276; a.A. OVG Münster v. 12.12.1991 – 7 A 172/89, ZMR 1992, 564.

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Rechte des Wohnungseigentümers

Folgenbeseitigungsanspruchs.1 Ein Vorgehen gegen Störungen anderer Wohnungseigentümer im Verwaltungsrechtsweg ist gänzlich ausgeschlossen (Rz. 55). IV. Sondernutzungsrechte 66

Die im WEG zwar in § 5 Abs. 4 genannten, aber nicht näher geregelten Sondernutzungsrechte der Wohnungseigentümer ermöglichen die Zuweisung von nicht sondereigentumsfähigen Räumen, Grundstücks- und Gebäudeteilen an einen Wohnungseigentümer zur alleinigen Nutzung. Mit ihnen können insb. Kfz-Stellplätze und Gartenflächen einzelnen Wohnungseigentümern dauerhaft zugeordnet werden.

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Das Sondernutzungsrecht gehört nicht in den Anwendungsbereich des § 15, da es sich nicht auf eine Regelung des Gebrauchs beschränkt, sondern auch die sonstigen Nutzungen erfasst und zudem auch nicht das Ausmaß eines Mitgebrauchs regelt, sondern die übrigen Wohnungseigentümer völlig von einem Gebrauch ausschließt. Vielmehr ist das Sondernutzungsrecht dogmatisch eine Abweichung vom Mitnutzungsrecht am Gemeinschaftseigentum nach § 13 Abs. 2 (dazu § 15 Rz. 5).2 1. Gegenstand

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Unter einem Sondernutzungsrecht wird allgemein das einem Wohnungseigentümer eingeräumte dauernde alleinige Recht zur Nutzung von Gemeinschaftseigentum (positive Komponente) unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer (negative Komponente) verstanden.3 Fehlt es an der negativen Komponente, handelt es sich dagegen begrifflich nicht um ein Sondernutzungsrecht: Ein „erweitertes Nutzungsrecht“, das einem Eigentümer die gärtnerische Gestaltung der von allen Wohnungseigentümern nutzbaren Gartenfläche erlaubt, stellt lediglich eine Gebrauchsregelung i.S.d. § 15 dar.4 Ein Sondernutzungsrecht liegt hingegen vor, wenn einem Wohnungseigentümer die Nutzung der Dachfläche zum Betrieb einer Photovoltaik-Anlage gestattet wird.5 Sondernutzungsrechte werden auch begründet, wenn den Wohnungseigentümern erlaubt wird, die an ihren Einheiten liegenden Laubengänge abzuschließen und dort Balkonmöbel aufzustellen.6

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Ein Sondernutzungsrecht kann nicht nur einem einzelnen Wohnungseigentümer eingeräumt werden, sondern auch zugunsten einer Gruppe von Wohnungseigentümern bestehen (sog. Gruppensondernutzungsrecht), z.B. für Gartenflächen zugunsten der Eigentümer der Parterrewohnungen oder in Mehrhausanlagen für sämtliche Eigentümer eines Hauses oder für die Zufahrtsflächen in einer Tiefgarage zugunsten sämtlicher Stellplatzeigentümer.7 Möglich ist es auch, dass Sondernutzungsrecht einem Miteigentumsanteil an einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zuzuordnen, denn auch der bloße Miteigentümer einer Einheit gehört zum Kreis der Wohnungseigentümer, wie etwa § 25 Abs. 2 S. 2 zeigt.8 Zugunsten eines Dritten, der nicht Wohnungseigentümer ist, kann ein Sondernutzungsrecht hingegen nicht bestellt werden.9 1 BayVGH v. 26.3.2003 – 8 ZB 02.2918, ZMR 2004, 74. 2 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (167) = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 3 Vgl. nur BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548. 4 Vgl. LG Hamburg v. 15.1.2003 – 318 T 122/02, ZMR 2003, 528. 5 OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94/10-37, WuM 2011, 56. 6 LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 41/10, ZWE 2012, 102. 7 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – 3 Wx 54/10, ZMR 2010, 975; Häublein, Sondernutzungsrechte, 2003, S. 5; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 108. 8 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MietRB 2012, 238 = MDR 2012, 1024 = ZMR 2012, 795; OLG Nürnberg v. 3.8.2011 – 10 W 302/11, MietRB 2011, 382; a.A. noch OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = ZWE 2012, 92; KG v. 30.12.2003 – 1 W 64/03, FGPrax 2004, 57; Voraufl. 9 OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = ZWE 2012, 92; KG v. 30.12.2003 – 1 W 64/03, FGPrax 2004, 57; OLG Hamm v. 16.1.1992 – 5 U 214/91, juris; a.A. OLG Nürnberg v. 3.8.2011 – 10 W 302/11, MietRB 2011, 382 = MDR 2011, 1227.

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§ 13

Rechte des Wohnungseigentümers

Sondernutzungsrechte können nur am Gemeinschaftseigentum begründet werden.1 Im Regelfall beziehen sie sich auf eine bestimmte Fläche, etwa auf dem Grundstück oder auf eine Dachfläche.2 Zulässig ist es aber auch, das Sondernutzungsrecht an einem bestimmten, auch beweglichen Gegenstand des Gemeinschaftseigentums zu begründen, z.B. an einer Schiebepalette in einer Tiefgarage.3 Am Sondereigentum kann hingegen zugunsten eines Bruchteilseigentümers kein Sondernutzungsrecht bestehen. Praktische Bedeutung hat dies insb. für sog. Doppel- oder Mehrfachparker, an denen nur insgesamt, nicht jedoch für die einzelnen Stellplätze Teileigentum begründet werden kann. Die Einräumung von Sondernutzungsrechten an den einzelnen Stellplätzen ist nicht möglich. Allerdings können die Teileigentümer die gewünschte Aufteilung durch eine Gebrauchsregelung nach § 1011 BGB oder § 15 Abs. 1 erreichen (§ 15 Rz. 64). Auch an einem Nachbargrundstück kann grundsätzlich kein Sondernutzungsrecht begründet werden.4 Möglich ist es aber, ein Sondernutzungsrecht an einer zugunsten des gemeinschaftlichen Grundstücks bestellten Grunddienstbarkeit an einem Nachbargrundstück zu vereinbaren, auf dem sich z.B. Stellplätze befinden, denn die Dienstbarkeit ist Bestandteil des Gemeinschaftseigentums nach § 96 BGB.5

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2. Rechtsnatur Das Sondernutzungsrecht wird durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet (s. Rz. 73 ff.). Die Vereinbarung kann nach § 10 Abs. 3 ins Grundbuch eingetragen werden, wodurch erreicht wird, dass sie auch gegen den Sonderrechtsnachfolger wirkt. Unterbleibt die Eintragung, hat die Vereinbarung allein schuldrechtlichen Charakter. Sie bindet lediglich die vertragsschließenden Wohnungseigentümer und deren Gesamtrechtsnachfolger.

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Umstritten ist, ob die Grundbucheintragung den schuldrechtlichen Charakter ändert. Nach wohl herrschender Ansicht kommt dem eingetragenen Sondernutzungsrecht ein „dinglicher Charakter“ oder eine „dingliche Wirkung“ zu.6 Für diese Ansicht lässt sich der Wortlaut des § 5 Abs. 4 S. 1 heranziehen, wonach Vereinbarungen zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden können. Zudem ist es gerade ein typisches Element der Sachenrechte, im Gegensatz zu den Schuldrechten inter omnes und nicht inter partes zu wirken. Die Gegenauffassung ist hingegen der Ansicht, die Bindung der Sonderrechtsnachfolger ändere am schuldrechtlichen Charakter nichts.7 Die Frage nach der Rechtsnatur hat allerdings nur geringe praktische Auswirkungen: Sie wird vor allem bei der isolierten Übertragung von Sondernutzungsrechten relevant (s. Rz. 109). Auch eine dingliche Wirkung des eingetragenen Sondernutzungsrechts führt aber nicht dazu, dass das Sondernutzungsrecht als selbständig belastbares dingliches Recht anzusehen ist (s. Rz. 102).

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1 Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 13 WEG Rz. 25; a.A. Abramenko in Riecke/ Schmid, § 13 WEG Rz. 28. 2 Vgl. OLG München v. 31.3.2014 – 34 Wx 3/14, MietRB 2014, 175 = ZWE 2014, 257 zum Treppenaufgang. 3 OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 164/11, ZMR 2012, 715; LG Stuttgart v. 10.4.2013 – 10 S 19/12, ZMR 2013, 661. 4 OLG Hamm v. 5.12.1996 – 15 W 390/96, ZMR 1997, 150. 5 OLG Köln v. 13.3.2006 – 16 Wx 20/06, NotBZ 2006, 436; Häublein, Sondernutzungsrechte, 2003, S. 11 f.; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 96; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 28. 6 OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, MDR 2008, 680 = MietRB 2008, 79 f. = ZMR 2008, 159; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 12; vgl. auch BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732 zu eingetragenen Vereinbarungen im Allgemeinen; ähnlich Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 74, der das Sondernutzungsrecht als „vereinbartes Eigentumsrecht“ ansieht, die dem Berechtigten eine „eigentumsähnliche Rechtsposition“ verschaffe. 7 Häublein, Sondernutzungsrechte, S. 32 ff.; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 13 WEG Rz. 24; vgl. auch VG Frankfurt v. 29.8.2002 – 1 E 4099/01, juris.

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3. Begründung a) Durch Vereinbarung 73

Sondernutzungsrechte können bereits in der Teilungserklärung (§ 8) oder durch Vertrag nach § 3, aber auch nachträglich durch Vereinbarung begründet werden. Die Vereinbarung ist formfrei möglich.1 Sie kann auch konkludent getroffen werden.2 Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Wohnungseigentümer den Ausbau eines Spitzbodens nachträglich durch allstimmigen Beschluss genehmigen (s. Rz. 83).3 Keine Vereinbarung ist jedoch die bloße dauerhafte alleinige Nutzung durch einen Wohnungseigentümer (dazu Rz. 86).

73a

Damit das Sondernutzungsrecht Wirkung gegen Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers entfaltet, bedarf es der Eintragung in das Grundbuch (§ 10 Abs. 3). Es ist als Inhaltsbestimmung des Sondereigentums (§ 5 Abs. 4) in das Bestandsverzeichnis des Grundbuchs des begünstigten Wohnungseigentumsrechts einzutragen. Dies kann durch einen ausdrücklichen Vermerk hinter der Umschreibung des Gegenstands des Sondereigentums (z.B. „verbunden mit dem Sondereigentum an … mit Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz Nr. … gemäß …“) geschehen. Bei den belasteten Wohnungseigentumsrechten kann es als Beschränkung des Miteigentumsanteils vermerkt werden. Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts nach § 7 Abs. 3 genügt es aber auch, wenn auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird.4 Die Hypotheken-, Grund- und Rentenschuldgläubiger sowie die Reallastberechtigten aller Wohn- und Teileigentumseinheiten müssen nach § 5 Abs. 4 S. 2 der Eintragung des Sondernutzungsrechts zustimmen. Ausgenommen vom Zustimmungserfordernis sind nach § 5 Abs. 4 S. 3 die dinglich Berechtigten des begünstigten Wohnungs- oder Teileigentums sowie eines anderen Wohnungs- oder Teileigentums, mit dem gleichzeitig ein anderes Sondernutzungsrecht verbunden wird, selbst wenn es nicht gleichwertig ist (vgl. § 5 Rz. 43).5

73b

Die Prüfungspflicht des Grundbuchamts beschränkt sich entsprechend den allgemeinen Regeln auch bei der Eintragung eines Sondernutzungsrechts auf offensichtliche Gesetzesverstöße.6 Ist die Eintragung dennoch erfolgt, hat sie das Grundbuchamt gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen zu löschen, wenn sie inhaltlich unzulässig ist, mithin den rechtlich notwendigen Inhalt nicht aufweist. Das wird insb. bei offensichtlichen Verstößen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (Rz. 74) der Fall sein.7 Die Amtslöschung kann von jedem Wohnungseigentümer angeregt werden. Bei Ablehnung der Anregung sind die Wohnungseigentümer beschwerdeberechtigt.8

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Für das ins Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht gilt das Bestimmtheitserfordernis des Grundbuchrechts.9 Danach müssen Vertragsparteien, Inhalt und die betroffene Teilfläche genau bestimmt sein. Maßstab ist, ob ein außenstehender Dritter auf Grund der in der Eintragungsbewilligung in Bezug genommenen Angaben in der Vereinbarung oder der zeichnerischen Darstellung – entweder im Aufteilungsplan oder einem gesondertem Sondernutzungsplan10 – die Grenzen des der Sondernutzung unterliegenden Gegenstandes einwandfrei und unschwer feststellen kann.11 Zulässig ist es dabei auch, bei der Beschreibung auf Merkmale der Natur, wie 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, NZM 2002, 747. OLG Köln v. 26.4.1996 – 16 Wx 56/96, WuM 1997, 59. OLG Düsseldorf v. 26.6.2003 – 3 Wx 121/03, WuM 2003, 584. OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271; OLG Zweibrücken v. 28.2.2007 – 3 W 22/07, ZMR 2007, 490; OLG Frankfurt v. 12.6.1996 – 20 W 149/96, NJW-RR 1996, 1168; BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93. OLG München v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, MietRB 2013, 148 = ZWE 2013, 216. Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 125. OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = ZMR 2013, 761. OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = ZMR 2013, 761. KG, Beschl. v. 9.7.2007 – 24 W 28/07, ZWE 2007, 447; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 91. Vgl. OLG Frankfurt v. 5.9.2006 – 20 W 83/04, DNotZ 2007, 470. BayObLG v. 25.2.2005 – 2Z BR 184/04, juris; LG Hamburg v. 16.10.2009 – 318 T 64/07, ZMR 2010, 146; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 91.

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Bäume oder Zäune, Bezug zu nehmen, selbst wenn diese nicht unabänderlich sind.1 Wird auf eine zeichnerische Darstellung Bezug genommen, müssen die Eintragungen maßstabstabsgerecht sein. Eine nur skizzenhafte und ohne klare Konturen eingezeichnete Fläche im Aufteilungsplan genügt den Bestimmtheitsanforderungen nicht.2 Bei Verwendung eines dicken Filzstiftes muss erkennbar sein, ob die Innenoder Außenkante gemeint ist.3 Das Bestimmtheitsgebot ist hingegen gewahrt, wenn der teilende Eigentümer jedem der beiden Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung erkennbar eine gleich große Fläche am Garten zukommen lassen will und sich deren genaue Lage durch eine Vermessung des Grundstücks feststellen lässt.4 Bestehende Unklarheiten sind durch Auslegung zu beseitigen. Führt diese nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, ist das Sondernutzungsrecht nicht wirksam entstanden. Liegt ein nicht durch Auslegung lösbarer Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan vor, ist ein Sondernutzungsrecht mit dinglicher Wirkung ebenfalls nicht wirksam begründet worden.5 Allerdings kann in diesen Fällen ein Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung nach § 10 Abs. 2 S. 3 bestehen, wenn der Widerspruch auf technische Fehler bei der Anfertigung des Lageplans zurückgeht; der Anspruch kann den das Sondernutzungsrecht bestreitenden Wohnungseigentümern nach § 242 BGB entgegengehalten werden.6 Lässt sich eine Mindestfläche des Sondernutzungsrechts bestimmen, ist dieses jedenfalls für diese Fläche wirksam zustande gekommen.7 Bei der Auslegung des eingetragenen Sondernutzungsrechts ist auf den Wortlaut und Sinn der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen objektiven Betrachter ergibt; darauf, was der Bewilligende gewollt hat, kommt es nicht an (§ 10 Rz. 13). Zu berücksichtigen sind auch der übrige Inhalt der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, Umstände außerhalb der Grundbucheintragung hingegen nur, wenn sie für jedermann offensichtlich sind.8 Eine als „jeweils unmittelbar vor der Wohnung befindlicher Vorgarten“ beschriebene Sondernutzungsfläche kann deshalb so bestimmt werden, dass die gedachte Verlängerung der Trennwände zwischen den einzelnen Wohnungen die seitlichen Grenzen des Sondernutzungsrechts bestimmt.9

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Bei einem Gruppensondernutzungsrecht bezieht sich das Bestimmtheitserfordernis nur auf die Abgrenzung zum übrigen Gemeinschaftseigentum und zum Sondereigentum der übrigen Gemeinschafter, nicht aber auf etwaige schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen unter den Sondernutzungsberechtigten für die Handhabung des Sondernutzungsrechts.10

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Wird das Sondernutzungsrecht nicht in das Grundbuch eingetragen, sollen die Anforderungen an die Bestimmtheit geringer sein, weil das grundbuchrechtliche Bestimmtheitserfordernis nicht gilt. Es soll genügen, dass Inhalt und Grenzen bestimmbar sind.11 Da aber wie gezeigt auch Grundbucheintragungen der Auslegung zugäng-

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1 OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = ZMR 2013, 761; BayObLG v. 23.5.1985 – BReg 2 Z 43/85, WuM 1987, 35. 2 LG Hamburg v. 29.7.2009 – 318 S 138/08, ZMR 2010, 62: Terrassenfläche durch kästchenförmig angedeutete Terrassenplatten. 3 Vgl. LG Hamburg v. 20.6.2012 – 318 S 207/10, ZMR 2012, 989; LG Hamburg v. 11.5.2011 – 318 S 7/10, ZMR 2011, 993. 4 KG v. 19.10.1998 – 24 W 6730/96, NZM 1999, 568. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.1.2006 – 20 W 195/03, ZWE 2006, 243; BayObLG v. 24.1.2005 – 2Z BR 225/04, NotBZ 2005, 263; BayObLG v. 5.1.2001 – 2Z BR 125/00, juris; LG Hamburg v. 16.10. 2009 – 318 T 64/07, ZMR 2010, 146. 6 OLG Hamm v. 13.3.2000 – 15 W 454/00, ZMR 2000, 691. 7 BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, ZWE 2002, 583; LG Hamburg v. 16.10.2009 – 318 T 64/07, ZMR 2010, 146. 8 BayObLG v. 8.9.2004 – 2Z BR 136/04, juris; OLG Saarbrücken v. 20.4.2004 – 5 W 208/03, ZMR 2005, 981. 9 BayObLG v. 17.4.2003 – 2Z BR 7/03, ZMR 2003, 758. 10 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – 3 Wx 54/10, ZMR 2010, 975. 11 Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 90.

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lich sind, dürften in der Praxis die oben genannten Anforderungen auch für das schuldrechtliche Sondernutzungsrecht gelten. b) Nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten 78

Häufig besteht ein Bedarf, Sondernutzungsrechte durch eine einseitige Erklärung des teilenden Alleineigentümers oder eines anderen Berechtigten erst zu einem späteren Zeitpunkt bestimmten Wohnungseigentümern zuzuweisen. So können Stellplätze nachträglich interessierten Wohnungseigentümern veräußert oder die Verteilung der Gartenflächen zu bestimmten Wohnungen geregelt werden. Die nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten ist dabei auf unterschiedliche Weise möglich.1 (1) Der teilende Eigentümer kann sich durch die Käufer von Wohnungseigentum in den Erwerbsverträgen bevollmächtigen lassen, Sondernutzungsrechte am Gemeinschaftseigentum zu begründen oder zu ändern.2 Eine Bevollmächtigung in der Gemeinschaftsordnung ist unzulässig.3 Die in einem Bauträgervertrag erteilte Vollmacht ist zumeist eine Allgemeine Geschäftsbedingung mit der Folge, dass die §§ 305 ff. BGB Anwendung finden. Zudem erlischt die Vollmacht im Fall eines Zweiterwerbs; der teilende Eigentümer kann lediglich den Erwerber zur Weitergabe der Vollmacht an einen Zweiterwerber verpflichten.4 Zu diesen Einschränkungen tritt hinzu, dass die Vollmacht die Zustimmung der dinglich Berechtigten nach §§ 876, 877 BGB nicht entbehrlich macht (s. § 5 Rz. 40 ff.).

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(2) Möglich ist es auch, dass der teilende Eigentümer die Sondernutzungsrechte zugunsten einer von ihm zunächst zurückgehaltenen Einheit (z.B. einer Garage) begründet und dort „parkt“, bis er sie auf einen anderen Wohnungseigentümer im Wege der Sonderrechtsnachfolge überträgt.5 Die Übertragung der Sondernutzungsrechte ist dann ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer und dinglich Berechtigten möglich. Mit Eigentumsübertragung der zurückgehaltenen Einheit verliert der teilende Eigentümer allerdings das Recht zur Übertragung, so dass Augenmerk auf die Auswahl der haltenden Einheit gelegt werden sollte. Vorteilhaft an dieser Lösung ist, dass der Erwerber durch Eintragung einer Vormerkung am haltenden Sondereigentum dinglich gesichert werden kann.6

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(3) Die Teilungserklärung kann auch den teilenden Eigentümer ermächtigen, Sondernutzungsrechte am Gemeinschaftseigentum nachträglich zu begründen.7 Die Bestimmung in der Teilungserklärung, dass hinsichtlich genau bezeichneter Flächen „noch eine Sondernutzungsregelung getroffen wird“, reicht dazu allerdings nicht aus.8 Die Befugnis kann auch ohne Bezug auf bestimmte Grundstücksteile eingeräumt werden. Eine derartige Regelung ist nicht zu unbestimmt, weil die Befugnis dann so zu verstehen ist, dass sie sich auf alle Flächen bezieht, an denen Sondernutzungsrechte wirksam begründet werden können.9 Wird allerdings auf bestimmte Teile Bezug genommen, müssen diese auch bestimmt sein. Mit dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar ist daher die Ermächtigung „Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung“ zuweisen zu dürfen.10 Die so begründeten 1 Vgl. dazu die Übersicht bei KG v. 4. 12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384. 2 OLG München v. 31.7.2007 – 34 Wx 59/07, DNotZ 2008, 289. 3 Vgl. Schüller, RNotZ 2011, 203 (208 f.); Vogel, ZMR 2008, 270 (272). 4 Vgl. Schüller, RNotZ 2011, 203 (210 f.), auch ausführlich zu den Möglichkeit einer dinglichen Sicherung durch Vormerkung oder Veräußerungsbeschränkung nach § 12. 5 Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 30. 6 Rapp in Beck’sches Notarhandbuch, 5. Aufl. 2009, A III Rz. 62 mit einem Formulierungsbeispiel. 7 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73; BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173 = ZMR 2012, 651; KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 86; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 13 WEG Rz. 31. 8 BayObLG v. 31.7.1996 – 2Z BR 66/97, MDR 1997, 32. 9 OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707. 10 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173.

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Sondernutzungsrechte können erst nach Zustimmung der dinglich Berechtigten in das Grundbuch eingetragen werden (§ 5 Abs. 4 S. 2 u. 3).1 Das Zustimmungserfordernis ist auch durch eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung nicht abdingbar.2 Der teilende Eigentümer kann dabei die übrigen Wohnungseigentümer bereits in der Teilungserklärung vom Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausschließen und sich (oder einem Dritten)3 vorbehalten, durch Erklärung Sondernutzungsrechte bestimmten Wohnungseigentümern zuzuordnen.4 Er kann auch den Verwalter zur Zuordnung bevollmächtigen.5 Das Sondernutzungsrecht ist dann zunächst mit keinem Wohnungseigentum verbunden, sondern berechtigt den teilenden Eigentümer allein zur Nutzung als „persönliches Sondernutzungsrecht“.6 Eine häufige Variante dieser Art der nachträglichen Zuordnung ist, dass die negative Komponente des Sondernutzungsrechts – der Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer – ebenfalls unter die aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) der Zuordnungserklärung gestellt wird.7 Eine derartige Regelung soll getroffen sein, wenn dem teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung die Befugnis eingeräumt wird, bestimmte Flächen „einzelnen Wohnungen als Sondernutzungsrechte zuzuordnen“.8 Bis zur Zuordnungserklärung sind dann alle Wohnungseigentümer zur Nutzung berechtigt.9 In jedem Fall muss die im Grundbuch eingetragene negative Komponente aber sowohl dem grundbuch- wie dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen, d.h. die Sondernutzungsrechte müssen in ihrer Anzahl, in ihrer räumlichen Lage und Ausdehnung konkretisiert sein.10

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Die Befugnis zur Zuordnung besteht grundsätzlich so lange, bis der teilende Eigentümer aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausscheidet.11 Es ist allerdings auch zulässig, eine Regelung zu treffen, wonach die Ermächtigung darüber hinaus fortbesteht.12 Ist geregelt, dass die Zuweisungsbefugnis mit dem „Verkauf“ der letzten Wohnungs- oder Teileigentumseinheit endet, besteht sie nur bis zum Abschluss des letzten schuldrechtlichen Kaufvertrags und nicht bis zum Eigentumsübergang.13 Nach Beendigung der Zuweisungsbefugnis durch den Bauträger soll nach wohl h.M. das Zuweisungsrecht auf die Wohnungseigentümer übergehen, die das Recht nur gemeinsam ausüben können (§ 10 Abs. 6 S. 3 Alt. 1).14 Für einen solchen Übergang gibt es aber weder eine gesetzliche Regelung noch ergibt er sich durch Auslegung der Zuweisungsregelung. Das Zuweisungsrecht geht vielmehr endgültig unter.15

81a

Die Zuordnungserklärung muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügen. Sie bedarf der Eintragung in das Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuch

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1 Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 86. 2 BayObLG v. 27.10.2004 – 2Z BR 150/04, NJW 2005, 444. 3 Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 34: Erst-Recht-Schluss aus § 12; a.A. Rapp in Beck’sches Notarhandbuch, A III Rz. 60. 4 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = NJW 2012, 676; OLG München v. 10.4.2013 – 34 Wx 31/13, MietRB 2013, 243 = ZWE 2013, 319. 5 Vgl. OLG Frankfurt v. 18.8.1997 – 20 W 71/96, MDR 1997, 1017 = ZMR 1997, 660. 6 KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384. 7 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173; OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; KG, Beschl. v. 9.7.2007 – 24 W 28/07, ZWE 2007, 447; BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93. 8 OLG Hamm v. 12.6.2012 – 15 Wx 99/11, MietRB 2012, 299 = FGPrax 2012, 244. 9 BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93. 10 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173; OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; Beschl. v. 1.12.1997 – 15 W 384/97, ZMR 1998, 453; KG, Beschl. v. 9.7.2007 – 24 W 28/07, ZWE 2007, 447; vgl. zur Auslegung OLG Düsseldorf v. 2.5.2001 – 3 Wx 101/01, ZMR 2001, 838. 11 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = NJW 2012, 676. 12 OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 164/11, ZMR 2012, 715; Häublein, MittBayNot 2012, 382 f. 13 OLG München v. 10.4.2013 – 34 Wx 31/13, MietRB 2013, 243 = ZWE 2013, 319; vgl. OLG München v. 25.7.2013 – 1 U 2067/11, MietRB 2014, 14 = juris zur Haftung des Notars bei unterlassener Prüfung der Zuweisungsbefugnis. 14 Klein in Bärmann, § 10 Rz. 88. 15 Ebenso Häublein, MittBayNot 2012, 382 f.

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des begünstigten Miteigentümers, um nach § 10 Abs. 3 gegenüber dem Sondernachfolger wirksam zu werden.1 Daneben ist die Eintragung auch in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher der nicht begünstigten Einheiten zulässig und im Interesse der Klarheit der Grundbuchverhältnisse empfehlenswert.2 Das Sondereigentum der übrigen Wohnungseigentümer wird durch die Zuordnungserklärung nicht mehr (zusätzlich) verändert, so dass ihre Mitwirkung sowie die der Grundpfandgläubiger in diesem Fall bei der Eintragung des Sondernutzungsrechtes im Grundbuch entbehrlich ist.3 Anders ist es aber dann, wenn der Eintragungsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt wird, zu dem der Bauträger nicht mehr Miteigentümer ist, weil dann seine Bewilligungsbefugnis (§ 19 GBO) erlischt; in diesem Fall wird die Eintragungsbewilligung durch alle Wohnungseigentümer erforderlich.4 c) Durch Beschluss 83

Ein Beschluss über die Begründung eines Sondernutzungsrechts ist nichtig (§ 15 Rz. 69), wenn die Wohnungseigentümer nicht seine Zulässigkeit vereinbart haben (Rz. 85).5 Das gilt auch für vor der Entscheidung des BGH v. 20.9.2000 zur Nichtigkeit gesetzesändernder Beschlüsse beschlossene Sondernutzungsrechte; Vertrauensschutz zugunsten der Sondernutzungsberechtigten besteht nicht.6 Ein nichtiger Mehrheitsbeschluss über ein Sondernutzungsrecht kann auch bei langjähriger unbeanstandeter Umsetzung keinen Anspruch des vermeintlich Berechtigten aus § 242 BGB auf Zustimmung zu einer entsprechenden Vereinbarung begründen.7 Stimmen allerdings alle Wohnungseigentümer in ihrem Willen, ein Sondernutzungsrecht zu begründen, überein, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob nicht doch eine Vereinbarung vorliegt (s. § 23 Rz. 40 ff.). So kann eine unter Mitwirkung aller Wohnungseigentümer im schriftlichen Verfahren getroffene Regelung als Vereinbarung und nicht als allstimmiger Beschluss auszulegen sein.8

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Ein nichtiger Beschluss über ein Sondernutzungsrecht liegt auch dann vor, wenn die Zuweisung von Gegenständen im Gemeinschaftseigentum an einzelne Wohnungseigentümer als Gebrauchsregelung bezeichnet wird, der Sache nach aber ein Sondernutzungsrecht vorliegt, weil das Recht auf Mitgebrauch den übrigen Wohnungseigentümern vollständig entzogen wird.9 Ein solcher Ausschluss vom Mitgebrauch liegt bereits dann vor, wenn die Nutzung einzelner Bewohner auf eine Teilfläche z.B. am Garten beschränkt wird.10 1 OLG Hamm v. 9.9.1999 – 15 W 157/99, ZMR 2000, 123; BayObLG v. 8.11.1984 – BReg 2 Z BR 119-122, NJW 1986 93; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2916; a.A. LG Stuttgart v. 9.6. 1989 – 1 T 2/89, BWNotZ 1990, 43 m. abl. Anm. Seidl. 2 BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93. 3 OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; OLG Frankfurt v. 18.8.1997 – 20 W 71/96, MDR 1997, 1017 = ZMR 1997, 660; BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93, LG München II v. 11.3.2004 – 6 T 4956/03, MittBayNot 2004, 366; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 89; vgl. auch AG München v. 15.10.2012 – 485 C 16639/12, ZMR 2013, 234 (sogar die bloße Mitteilung an die übrigen Wohnungseigentümer ist entbehrlich). 4 OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, ZWE 2013, 410; OLG München v. 18.4.2013 – 34 Wx 363/12, MietRB 2013, 242 = ZMR 2013, 845 einschränkend den Fall, dass die Teilungserklärung eine formfreie Übertragung des Sondernutzungsrechts auf andere Wohnungseigentümer gestattet; OLG München v. 11.5.2012 – 34 Wx 137/12, MietRB 2012, 267 f. = ZWE 2012, 367 m. abl. Anm. F. Schmidt. 5 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZMR 2012, 793; BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 6 OLG Düsseldorf v. 9.7.2004 – 3 Wx 85/04, ZMR 2003, 931. 7 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZMR 2012, 793. 8 OLG Hamburg v. 26.11.2007 – 2 Wx 68/07, MietRB 2008, 305 = ZMR 2008, 154; BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, ZMR 2001, 480; AG Hannover v. 15.6.2004 – 71 II 218/04, ZMR 2005, 583; vgl. auch OLG Köln v. 4.7.2006 – 16 Wx 51/06, juris. 9 OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 22/07, ZMR 2007, 561; OLG Hamm v. 11.11.2004 – 15 W 351/04, ZMR 2005, 400; AG Oberhausen v. 21.6.2011 – 34 C 40/40, ZMR 2013, 145; a.A. LG Köln v. 21.7.2011 – 29 S 11/11, MietRB 2012, 149 = ZWE 2012, 187 (nur anfechtbar). 10 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.7.2003 – 3 Wx 133/03, NZM 2003, 767; a.A. OLG Hamm v. 11.11. 2004 – 15 W 351/04, ZMR 2005, 400.

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§ 13

Rechte des Wohnungseigentümers

Durch Beschluss kann ein Sondernutzungsrecht nur begründet werden, wenn die Wohnungseigentümer eine Öffnungsklausel vereinbart haben.1 Die Öffnungsklausel muss hinreichend bestimmt sein (dazu § 10 Rz. 21). Ein allgemeiner, unspezifizierter Verzicht auf eine Vereinbarung genügt hingegen nicht.2 Die so beschlossenen Sondernutzungsrechte bedürfen nach § 10 Abs. 4 S. 2 WEG nicht der Eintragung in das Grundbuch, sie sind nach zutreffender Auffassung sogar nicht eintragungsfähig (s. § 10 Rz. 52).

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d) Durch faktischen Alleingebrauch Ein Sondernutzungsrecht kann auch durch eine konkludente Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden (Rz. 73). Dafür reicht jedoch die langjährige, von den anderen Wohnungseigentümern geduldete Alleinnutzung durch einen Wohnungseigentümer nicht aus.3 Hinzukommen muss vielmehr, dass die Wohnungseigentümer die Nutzung in dem Bewusstsein hinnehmen, sich dadurch in der Zukunft binden zu wollen.4 Ein Indiz dürfte etwa ein allstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümer sein, die von einem Wohnungseigentümer allein genutzte Gartenfläche durch eine Hecke oder Mauer von den anderen abzugrenzen.

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Nicht anzuerkennen ist auch ein sog. faktisches Sondernutzungsrecht.5 Die Zugänglichkeit eines Spitzbodens oder einer Flachdachfläche allein durch eine Wohnung begründet für deren Eigentümer noch kein Recht zur alleinigen Nutzung. Das gilt insb. dann, wenn die Flächen mit Ausnahme von Kontrollen und Reparaturen normalerweise nicht betreten werden.6 Störungen bei der Nutzung seines Sondereigentums steht der Wohnungseigentümer dennoch nicht wehrlos gegenüber: Eine dauernde Nutzung der anderen Wohnungseigentümer unter Betreten seines Sondereigentums kann er als erheblichen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 abwenden.7 Gänzlich ausgeschlossen sind Nutzungsrechte Dritter, wenn die Eigentümerversammlung einem Wohnungseigentümer den Anbau eines Balkons gestattet hat. Dem Wohnungseigentümer stehen an dem Balkon dann ausschließliche Nutzungsbefugnisse aufgrund der Natur der baulichen Veränderung und unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 16 Abs. 6 S. 1 – nicht jedoch aufgrund eines konkludent vereinbarten oder „faktischen“ Sondernutzungsrechts – zu.8

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Auch aus öffentlich-rechtlichen Genehmigungen bestimmter Nutzungsarten zugunsten einzelner Wohnungseigentümer folgt kein Anspruch auf alleinige Nutzung. Eine Gaststättenkonzession berechtigt den Inhaber daher nicht zur alleinigen Nutzung des Außenbereichs als Biergarten o.ä..9

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e) Durch Umdeutung fehlerhaft begründeten Sondereigentums? Wird Sondereigentum unwirksam begründet, z.B. weil es sich um zwingendes Gemeinschaftseigentum handelt, kann eine Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht in Betracht kommen.10 Die Umdeutung setzt nach § 140 BGB allerdings voraus, dass die Entstehungsvoraussetzungen eines Sondernutzungsrechts vorliegen, insb. dass 1 Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 33; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 81; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 13 WEG Rz. 33; a.A. Spielbauer/Then, § 13 WEG Rz. 34 ff.; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 32. 2 Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 40 f., § 13 WEG Rz. 81. 3 OLG Düsseldorf, Beschl v. 25.7.2003 – 3 Wx 133/03, NZM 2003, 767; Abramenko in Riecke/ Schmid, § 13 WEG Rz. 32a. 4 Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 80; vgl. OLG Köln v. 26.4.1996 – 16 Wx 56/96, WuM 1997, 59. 5 LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 41/10, ZWE 2012, 102. 6 LG Hamburg v. 9.12.2009 – 318 S 69/09, ZMR 2010, 311. 7 Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 110; Abramenko in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 29. 8 BayObLG v. 17.9.2003 – 2Z BR 179/03, MietRB 2004, 79 = NZM 2004, 384. 9 OLG Frankfurt v. 1.4.1980 – 20 W 11/80, Rpfleger 1980, 391; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 32a. 10 KG v. 16.9.1998 – 24 W 8886/97, ZMR 1999, 204; Klein in Bärmann, § 13 WEG Rz. 102; Schneider in Bärmann/Seuß, Rz. C 342; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 15; Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG Rz. 29.

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§ 13

Rechte des Wohnungseigentümers

das Sondernutzungsrecht einem Wohnungseigentum zugeordnet ist.1 Die fehlerhafte Eintragung im Grundbuch kann dann im Wege der Grundbuchberichtigung korrigiert werden.2 Für die Berichtigung ist die Mitwirkung sämtlicher Eigentümer und dinglich Berechtigter nicht notwendig.3 4. Inhalt des Sondernutzungsrechts a) Nutzungsbefugnis 90

Dem Sondernutzungsberechtigten steht das alleinige Gebrauchs- und Nutzungsrecht grundsätzlich in dem gleichen Umfang wie am Sondereigentum zu (§ 13 Abs. 1). Er kann das Sondereigentum – in den Grenzen des § 14 Nr. 1 – selbst gebrauchen, vermieten,4 verpachten oder in sonstiger Weise nutzen. Er hat auch das Recht zur Fruchtziehung.5 Der Umfang der Rechte ist häufig aufgrund der von den Wohnungseigentümern getroffenen Regelung auf bestimmte Nutzungsarten beschränkt (s. Rz. 91). Zwingend ist dies jedoch nicht.6 Hingegen setzt das Sondernutzungsrecht nach seinem Wesen stets ein vollständiges Ausschlussrecht voraus. Es kann nicht in der Weise eingeräumt werden, dass dem Berechtigten für einen bestimmten Teil des gemeinschaftlichen Eigentums eine bestimmte Nutzungsart vorbehalten wird, während andere Nutzungsarten allen anderen Wohnungseigentümern gestattet sind.7

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Wird die zulässige Nutzung durch die Bezeichnung als „Stellplatz“, „Gartenfläche“ oder „Terrasse“ näher bestimmt (sog. Zweckbestimmung), beschränkt sich der positive Inhalt auf die Nutzung in dem vereinbarten Sinn. Zulässig sind aber auch abweichende Nutzungsarten, wenn sie typischerweise nicht stärker stören (s. § 15 Rz. 17 f.). Zu den zulässigen Nutzungen im Einzelnen s. § 15 Rz. 36 ff. Innerhalb einer zulässigen Nutzungsart ist der zulässige Gebrauch durch eine objektiv-normative Auslegung zu ermitteln, wobei von dem herkömmlichen Begriff der zugelassenen Nutzungsart auszugehen ist. Wenn andere Anhaltspunkte fehlen, entscheidet das übliche Maß der Nutzung: Das Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche umfasst danach die übliche gärtnerische Pflege (Rückschnitt, Entfernung von Pflanzen und Neuanpflanzung),8 nicht jedoch eine grundlegende Umge