Mempsimoirie und Avaritia: Zu Einheit und Programm von Horaz' Satire 1,1 9783897442245, 3897442248

Unzufriedenheit mit dem eigenen Schicksal verbunden mit einem neidischen Blick auf den Nachbarn (Mempsimoirie), Unfähigk

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Mempsimoirie und Avaritia: Zu Einheit und Programm von Horaz' Satire 1,1
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Beihefte zum Göttinger Forum für Altertumswissenschaft Herausgegeben von Siegmar Döpp und Jan Radicke

Band 13

Jan-Wilhelm Beck Mempsimoirie und Avaritia Zu Einheit und Programm von Horaz’ Satire 1,1

Inh. Dr. Reinhilde Ruprecht e.K.

2. Auflage 2007 Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © Edition Ruprecht Inh. Dr. R. Ruprecht e.K. Postfach1716, 37007 Göttingen – 2007 www.edition-ruprecht.de © Dührkohp & Radicke Wissenschaftliche Publikationen Göttingen – 2002 Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Diese ist auch erforderlich bei einer Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke nach § 52a UrhG. Layout und Satz: Jan-Wilhelm Beck Druck: Digital Print Group, Erlangen ISBN: 978-3-89744-224-5

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Wie es ko1nmt, dass niemand mit seine1n Lebenslos zufrieden ist, sei es dass es selbstgewählt, sei es dass es zufalls-, schicksalsbedingt ist, das ist die bekannte Eingangsfrage des Horaz zu Beginn seiner ersten Satire und damit zugleich der Auftakt seines ersten 'Satire' -Buches, seiner ersten Buchpubli­ kation überhaupt. Dass niemand zufrieden ist, ut nemo/ ... contentus vivat (V. lff.), ist dabei natürlich zu allgemein formuliert und soll provozieren: Es stimmt ja auch nicht. Am Ende derselben Satire wird Horaz selbst aus dem „niemand" einen „seltenen" conviva satur werden lassen (V.117ff. . . . raro, qui se vixisse beatum ...). Und in der Tat, er hat Recht! Seltene Fälle von echter Zufriedenheit gibt es sehr wohl. Ich bin zufrieden, ohne falsche und übertriebene Ambitionen. Mit meinem Lehrstuhl ha­ be ich mein Ziel erreicht (sat.2,6 , 1 hoc erat in votis ... ) . Ich darf eine eigene Meinung haben und kann auch einfach einmal von mir selbst berichten, wie es schließlich ein Horaz getan hat, wenn er z.B. sat . 1 ,4 und 6 viel Persönliches preiszugeben scheint, Autobiographisches nach dem Vorbild seines Vorgängers Lucilius, auf den er sich dafür ausdrücklich beruft (sat. 2, l , 3 0 ff. ) . Ich bin i m Sommer gerne am Meer und habe mir das letzte Mal dort einen Freund anhö­ ren müssen, der mit sich und seinem S chicksal gar nicht recht zufrieden war. Immer müsse er arbeiten, hat er mir vorgejammert; Wochenende, Ruhe und einen echten Feierabend kenne er als ein Einheimischer, der im Bereich von Gastronomie und Touristik mit eigenen Restau­ rants, Appartements und einem Hotel auf eigenem Grund und Boden tätig ist, nicht. Anders, viel besser ergehe e s einem anderen Freund, einem angestellten Produkt-Manager in einer großen Firma, der nun freilich umgekehrt meinen Freund preist und auf diesen neidisch ist.

Zu weit natürlich sollte ich es hier nicht treiben mit meiner eigenen Er­ innerung. Doch es ist vielleicht einmal ganz gut, eigene Erfahrung einzu­ bringen, um auf diese Weise einen unbefangenen Zugang zu einem Gedicht zu erhalten, über das in der Forschung schon unendlich viel geschrieben ist. Denn was mein reales Erlebnis soll, versteht sich eigentlich von selbst. Ich verfolge mit meiner persönlichen Erfahrung eine durchaus ernste Absicht ein Einstieg nach Art einer Diatribe - und muss mich noch nicht einmal wie ein Horaz zur Ordnung rufen (V.14f. ne te morer, audi, / qua rem deducam ...). Ein Gespräch wie meines mit dem Freund, das tatsächlich stattgefunden hat, scheint direkt dem literarischen Vorbild eben des Horaz entsprungen. So wie mein Freund und dessen Freund sich gegenseitig zu bewundern und beneiden pflegen, ganz so lässt Horaz zu Anfang nach der bereits anzitier­ ten Eingangsfrage als Beleg zwei Paare mit unterschiedlichem Beruf auf-

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treten. Alle vier vorgeführten Personen - Soldat, Kaufmann, Rechtsanwalt und Bauer als namenlose Vertreter ihres jeweiligen Standes und damit all­ gemein gültige und beliebig vermehrbare Beispielfälle, wie Horaz auch selbst betont (V.13 cetera de genere hoc - adeo sunt multa ...) , - sind mit ihrem eigenen Leben unzufrieden und begehren das des jeweils anderen. Was Horaz hier formuliert hat und was sich, wie mit meinem persönlichen Beispiel angedeutet, heute tagtäglich erfahren lässt, ist zeitlos und trifft ein allgemein menschliches Problem. Und genauso zeitlos ist es, wenn Horaz im weiteren Verlauf seiner ersten Satire ausführlich vor avaritia warnt und z.B. das elende Leben eines Geizhalses ohne Freunde in eindrucksvollen Bildern ausmalt. Es sind Aussagen wie diese, die die zeitlos aktuelle Wirkung der antiken Literatur ausmachen - ein Horaz, „der römische Sokrates", 1 der sich gegen Unzufriedenheit mit dem eigenen Schicksal und auch gegen Habgier wen­ det, gegen Mempsimoirie und avaritia. Das sind Verse, die sich als Lektüre in der Schule, in der Bildungstradition bis in die Gegenwart behauptet ha­ ben; das ist heute so wie einstmals gültig und tatsächlich wichtig.

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S o sogar der Titel eines Aufsatzes von W. S . Anderson, in : J. P . S ullivan (Hrsg . ) , Criti­ cal Essays on Roman Literature, II: S atire, London 1 96 3 , S . 1 -3 7 .

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Umso erstaunlicher ist es jedoch, dass es ausgerechnet Horaz' erste Sati­ re ist, die die Forschung in große Verwirrung gestürzt und zu einem offen­ bar endlosen Streit herausgefordert hat - eine „animated controversy" (Fraenkel) mit „much disagreement" (Rudd) über ein „perennial", „notori­ ous problem" (Lowe, Muecke) und eine „dicotomia [...] aparentemente in­ soluble" (Bauza).2 Denn welche Antwort der Dichter auf die selbst gestellte Frage schließlich gibt, wie sich das Verhältnis von Mempsimoirie und ava­ ritia in seinem Text darstellt, ist leider alles andere als klar und wirkt durch einen zwei- bzw. dreigeteilten Aufbau der Satire fast wie ganz bewusst verwischt. Ausgegangen nämlich ist Horaz V.1-27 mit seiner Eingangsfrage ein­ deutig von der sog. Mempsimoirie, auf die dann V.40-107 ein Mittelteil über avaritia folgt, ehe er am Ende mit V.108 ausdrücklich zum Thema des Anfangs zurückkehrt. Durch seine Formulierung, die er dort dazu gewählt hat (illuc, unde abii, redeo) und die deutlichst die des Anfangs der Satire wieder aufnimmt (vgl. V.108f. nemo .../ se probet ac potius laudet diversa sequentis - V.1-3 nemo .../ contentus vivat, laudet diversa sequentis), wirkt die Mitte ebenfalls deutlichst zum bloßen, aber dafür viel zu langen Exkurs reduziert und lediglich wie eine Digression in die mit V.121 bereits been­ dete und in sich abgerundete Satire eingeschoben. In der Forschung reagiert man darauf ungehalten und z.T. sogar recht scharf: Man bewertet seine Satire(n) als „largely unsuccessful works, barely even poetry", als „creations of an artist in a sort of conceptual limbo", als Ergebnis eines „logical chaos with which the poem generally proceeds[...], characterized by nothing so much as confusion", als Durcheinander, „which runs through the Satire from beginning to end", als „unrelenting muddle­ ness of thought betrayed by the speaker of the poem" (Lowe) - eine beson­ ders heftige Form des Tadels aus der jüngsten Zeit.3 Gemäßigtere Vorbe­ halte sind bzw. waren durchaus üblich;4 betont werden immer wieder die 2 3 4

Fraenkel ( 1 9 5 7) S . 9 0 , Rudd ( 1 966) S . 1 2f. , der nach dem Versuch einer eigenen In­ haltsübersicht eingestehen muss, dass damit das Gedicht „more systematic than it is" be­ schrieben sei; B auza ( 1 972) S . 1 6 , Lowe ( 1 979) S .26, Muecke ( 1 9 9 0) S .4 0 . Lowe ( 1 979) S . l f. , 2 9 , 3 3 , 4 0 . Vgl. z.B . Wimmel ( 1 962) S . 9f. „müssen wir sagen, daß Horaz uns ein wenig i n die Para­ doxie führt - sei es aus satirischer List oder aus einem anderen Grund. [ . . . ] so interessant es [ . . . ] wäre, die paradoxe Struktur des Daseinskomplexes von Habsucht, Verände-

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„schlechte Zensur" der früheren Forschung und deren Probleme mit dem Aufbau des Textes, „a poem once censured on philosophical, formal and stylistic grounds (Dufallo ) ". 5 Man kann „keine in sich geschlossene Kon­ zeption" erkennen (Kiessling/Heinze) und findet „Bei aller Kunst [.„] doch gewisse Mängel [„.], die man nicht leugnen sollte" (Hanslik), eine Art „in­ dependence s01netimes amounting to ruthlessness" (Rudd) und Verbindung von „two separable topics [„.] in a way that has, not without cause, seemed clumsy" (Lyne). Man verweist „auf die Jugendlichkeit des Dichters" als „Entschuldigung einer nicht wegzuleugnenden Unvollkommenheit" (Roehl/ Herter) - „die Unsicherheit eines Autors, der die alte Form verlassen, die neue noch nicht gefunden hat" (Wimmel), „who does not yet know preci­ sely what he is about and is only slowly groping toward his proper form" (Lowe); ja man will nicht einmal ausschließen, dass Horaz selbst letztlich keinen rechten Überblick n1ehr hatte („it is not inconceivable that he him­ self was confused", Knapp), und zweifelt ausdrücklich an seiner Fähigkeit („This satirist knows what he should be doing, but we have some doubts about his ability to achieve it", Muecke).6

rungswunsch, Neid und Selbsttäuschung aufzudecken, ist es doch [ „ .] angesichts des ho­ razischen Textes ein sophistisches Bemühen", La Penna ( 1 9 63) S .26f. Anm. 1 „la satira resta percio (logicamente, [ . . . ] non artisticamente) senza coerenza", Knoche (4 1 982) S .49f. „eine organische Einheit ist nicht hergestellt [ . . . ] . S chwerlich wäre Horaz durch seine S atiren der Liebling aller geistvollen Weltmänner aller folgenden Jahrhunderte ge­ worden, wenn er sie alle in diesem Ton und Geist gedichtet hätte" . Vgl. ferner Bodoh ( 1 9 7 0), u. Anm. 1 9 . 5 Herter ( 1 95 1 ) S .320 , Dufallo (2000) S . 5 7 9 . Vgl . auch z.B . Hanslik ( 1 937) S. 1 06 „ist noch immer keine übereinstimmende Ansicht hinsichtlich der Komposition und der Ein­ ordnung [ . . . ] in die literarische Tätigkeit des Horaz erzielt", Wimmel ( 1 962) S . 7 4 zu V . 1 0 8 „Die nachträgliche scheinbare Herstellung der Einheit wurde oft als Zumutung an den denkenden Leser empfunden", Drexler ( 1 9 6 5 ) S .265 „ Seit j eher hat dem Verständnis dieser S atire die Verbindung zweier Themen S chwierigkeiten bereitet, zwischen denen die meisten Interpreten eine innere Verbindung nicht zu erkennen vermochten", Lowe ( 1 979) S .26 „Dissatisfaction with the movement of the poem is of long standing, and be this dissatisfaction attributed to Horatian contamination or simply to inelegance, readers were once united in the discovery of ' sutures ' within the fabric of the poem", Zetzel ( 1 9 8 0 ) S . 72 „any inspection of the secondary literature will show, how hard it has been for scholars to construct a logical and coherent argument [ „ .] . What is important is the very fact, that scholars have had to struggle to find the logic ; the fact that it is not imme­ diately apparent", Hubbard ( 1 9 8 1 ) S .305 „The structure [ . „] has been severely con­ demned on the ground that it yokes together, without any clear connection, two funda­ mentally distinct themes". 6 Knapp ( 1 9 1 4) S . 1 02 , Kiessling/Heinze ( 5 1 92 1 ) S .2 , Hanslik ( 1 937) S . 1 1 7 , Herter ( 1 95 1 ) S .327, Wimmel ( 1 9 62) S . 44, Rudd ( 1 966) S .33, Lowe ( 1 979) S . 2 , Muecke ( 1 9 9 0) S .4 1 , Lyne ( 1 995) S . 1 40.

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Derartige Kritik, wie sie offenbar nicht so ganz unberechtigt wirken muss, hat die Interpreten bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder dazu veranlasst, die Satire in ältere und jüngere Teile zerlegen zu wollen (junge „Mantelstücke" [ca. 35 v. Chr.] um einen ursprünglichen Kern[ca. 40 v. Chr.], Radermacher, Latsch, Sabbadini; Hanslik mit Spuren der Umarbeitung am Anfang mit der Anrede an Maecenas) oder zumindest die ungeschickte Benutzung mehrerer Quellen anzunehmen (Heinze, Fiske). Doch auch um die Rettung der Einheitlichkeit des Textes war man in der älteren Forschung in scheinbar verzweifelter Weise bemüht und hat vielfäl­ tige Schlagwörter als griffige Etikettierung gefunden, um die Einheit von Exkurs bzw. Mitte und Rahmen durch die Benennung eines übergeordneten Themas zu erweisen: inconstantia (Ek, Jacobi), stultitia (Klamp, Witte, Hanslik, Knoche), invidia (Ahlemeyer, Wecklein; Knoche [„Neid als Scharnier"]), der Wunsch nach dein anderen (Teichmüller), die allgemeine Unzufriedenheit (Blank, Birt, Fritsche, Krüger, Bardt, Martin) bzw. das Fehlen des rechten modus (Wieland, Bauza).7 Manches dabei wirkt bereits auf Anhieb zu gesucht. Speziell letztere Deutung aber ist ein wirklich guter Ansatz und zu Unrecht leider von der Forschung nicht genug beachtet, aber zugleich selbst auch bislang ohne Überzeugungskraft, da die Art der Dar­ stellung dainit noch immer nicht befriedigend erklärt ist. Denn wenn z.B. Martin seine Antwort auf die Eingangsfrage des Horaz bereits in den ersten 40 Versen sehen will, ist das Problem mit dem gedanklichen Zerfall der Sa­ tire nicht nur nicht geklärt; es wirkt sogar noch größer. In jüngster Zeit macht man gelegentlich aus der Not eine Tugend. Man erkennt „kompositorische Selbstironie, wenn gerade der Hauptteil als Ab­ schweifung gekennzeichnet wird" (Wim1nel), erklärt das Ganze einfach zu einer Parodie (Lowe, Zetzel, Muecke) - der Sprecher als verwirrter, unge­ schickter, unpräziser, lächerlicher Moralist - und findet sogar Lob dafür (Freudenburg, Lyne, Turpin)! 8 Deutungen dieser Art, allgemeine Bekun7

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Einen ausführlicheren Überblick über die ältere Forschung geben Martin ( 1 947) S . 1 52f. , Herter ( 1 95 1 ) S . 3 20 ff. , Wimmel ( 1 962) S . 8 Anm . 2 , Lowe ( 1 979) S .26f. Exemplarisch zitiert sei Knoche ( 1 963) S .4 7 5 „sie verfolgen offenbar falsche Ziele in falscher Weise auf falschen Wegen aus falscher Neigung : Lauter Irrungen! [ . . . ] die Unzufriedenheit mit dem eigenen Los ist tiefer gesehen, als es V . 3 ahnen ließ. Sie ist nicht durch äußere Um­ stände zu begründen, sondern durch die Torheit des Herzens" . Vgl. z.B. Wimmel ( 1 962) S . 74 mit Verweis auf Plaut.Men. 5 6 „Formel im S inn einer Persiflage [illuc, unde „ . ] . Die ironische S ituation setzt eine Stellung des Autors zwi­ schen gutem und schlechtem Gewissen voraus . Gut, weil er dem plaudernden, zwanglo­ sen Stil gerecht wird, schlecht, weil durch das Vermeiden des S ystematischen [ „ .] die Einheit des Gedichts doch ernstlich leidet", Lowe ( 1 979) S .4 1 ff. „on one level, a parody

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dungen, die z.B. in der Erkenntnis gar einer „redefinition of satire, and by implication, of poetry in general" (Lowe) münden,9 sind freilich letztlich auch nicht wirklich überzeugend; sie sind im Gegenteil direkt bedenklich. Denn sie haben z.T. eine n1.E. überaus problematische Neubewertung des Verhältnisses von Horaz zu seinem Adressaten Maecenas zur Folge, die unten noch zu diskutieren sein wird. In der Regel aber scheint man heute mit sich und dem Dichter zufrieden, wenn auch vereinzelt noch mit leichtem Unbehagen.1 0 Das Problem mit dem Aufbau und der Frage nach dem eigentlichen Thema der Satire gilt den meisten zumindest seit dem viel gepriesenen Aufsatz von Herter als endlich gelöst.1 1 Und so wird man nicht müde, sich in immer wieder neuer Formu­ lierung zu versichern, dass 1nenschliche Habgier der Grund für die Unzu­ friedenheit mit dem eigenen Schicksal sei 1 2 - eine inzwischen mit größter

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of the genre of which it is apparently a part [ . . . ] a subtle parody of a traditional philoso­ phic satire", Muecke ( 1 990) S .40 „a persona characterized by bumbling incompetence . lt is he and not Horace the poet who has forgotten where he is and whom he is addressing", Freudenburg ( 1 9 9 3 ) S . 1 3 „ succeeds brilliantly", Lyne ( 1 9 9 5 ) S . 1 42 „a deft piece of cheek", , Turpin ( 1 9 9 8) S . 1 27 „The three diatribe satires present us with a character so ab­ surd that they have been taken, I think rightly, as parodies . Although the poems were once appreciated as effective moralising sermons, even their admirers found it hard to justify the lack of intellectual coherence [ „ .] . As parodies, however, the poems are won­ derfülly succes sfül. The speaker [ „ . ] invariably gets distracted, goes off on tangential rants, and makes a fool of himself [ „ . ] , a jerk [ . „] a contemporary version of that stock figure of Greek and Latin comedy, the parasite or professional guest" . Lowe ( 1 979) S . 5 2 „ The Satire marks Horace ' s first steps, not tentative and fümbling, but deliberate and conscious, toward a redefinition [ . „ ] " . S o selbst Herter ( 1 95 1 ) S . 3 5 9 mit leichtem Zweifel „ O b man eine solche B egründung der Mempsimoiria für ausreichend halten kann [ . „ ] " ; vgl . ansonsten z .B . Dyson ( 1 9 8 0) S . 1 3 3 „ The precise connection between question and answer is however far from clear", Lefävre ( 1 993) S . 90f. „Maecenas mochte mit Recht eine Antwort auf die am Eingang ge­ stellte Frage [ „ . ] erwarten. Aber er wurde darin, wie unzählige Leser nach ihm getäuscht. Denn es folgt eine nicht enden wollende Darlegung der Avaritia", Turpin ( 1 9 9 8 ) S . 1 3 1 „The answer, unconvincing though it is, turns out to be greed" . Fraenkel ( 1 9 5 7) S .9 0 Anm. 1 „ stupendous, if rather terrifying, completeness", Wimmel ( 1 962) S . 7 „mit mehr Belegen, als je zuvor", Drexler ( 1 9 6 5 ) S .2 6 5 „ stupende Gelehr­ samkeit und Belesenheit", S .2 6 9 „abgründige Gelehrsamkeit", Rudd ( 1 966) S .274 Anm. 6 „very füll and learned guide", Lowe ( 1 979) S .2 6 „ important article", Dyson ( 1 9 80) S . 1 3 3 Anm.3 „a very füll survey", Zetzel ( 1 9 8 0) S . 76 Anm. 5 7 „The major (longest) at­ tempt to harmonize the poem", Hubbard ( 1 9 8 1 ) S . 3 0 5 Anm.2, 5 „the most thorough bib­ liographical survey", „most complete treatment of Horace ' s sources", Brown ( 1 99 3 ) S . 8 9 „comprehensive guide" . Vgl. z . B . Herter ( 1 9 5 1 ) S . 3 2 0 „Horaz geht [ „ . ] von der Unzufriedenheit der Menschen mit ihrem Lebensberufe aus und findet den Grund dieser Erscheinung in der Habsucht: so ist der erste Eindruck", Fraenkel ( 1 9 5 7) S . 9 1 „lt is avaritia that is at the bottom of the misguided yearning after other men ' s lot. All those people would not be prepared to have a change ; rather they will, out of greed, put up with any toil and danger. Greed impels

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Zustimmung aufgenommene Erklärung, die das große Mittelstück der Sati­ re, den scheinbaren Exkurs, zum eigentlichen Thema werden lässt und so die Proportionen zurecht rückt: avaritia als „ultimate cause" und „main central theme".1 3 Man beruft sich dafür auf Horaz als den besten Zeugen und glaubt bei ihm selbst sogar dreifache Bestätigung zu haben. Denn dass Mempsi­ moirie durch avaritia bedingt sei, habe er mit ut avarus in V. l 08 zwar spät, doch dennoch ausdrücklich so angegeben, „subtly, but clearly", „presented quite explicitly" - eine Formulierung, die man zufrieden mit ob avaritiam gleichsetzt und deren kausales Verständnis man mit Verweis auf sat.2,2, 111, epist.1,7,41 und c.3,5,42 bestätigt sehen will.14 Man hat auf diese Wei-

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them to call other people happy, to envy them and try to outdo them", Armstrong ( 1 9 64) S . 8 8 „The answer is that the common race of men are always grasping at wealth and al­ ways confronted with someone who has clone better [ . . . ] . Avarice [ . . . ] is presented as a prime obstacle to the withdrawn and contented life", Wili ( 1 9 6 5 ) S . 87 „Als ihre Ursache wird die Habsucht erkannt, und deren impotente Spielart, der Neid, deren Aufzeigung, in sprunghaften und zwanglosen Einzelzügen vorweggenommen, den Hauptteil des Stückes bildet", Rudd ( 1 9 6 6) S . 1 4 „In combining the two subj ects [V. 1 0 8 f. ] Horace alleges, as he has already done in vv.28ff. that the discontent of the grumblers is ultimately based on gre,ed and that they envy people in other occupations because the latter make more money. [ „ . ] he now suggests, that the greedy man is eager to surpass all competitors . [ „ .] As a result [ „ . ] µr:µljJ1µ01pfa and rptAapyvpfa both converge towards the !arger concept of JrAeovr:�fa. [ „ . ] more money for oneself and more money than other people", Lau ( 1 975) S .2 5 8 „Die avaritia ist das zentrale Anliegen [ „ . ] . Der Gedanke daran und an die labo­ res, die der Mensch aus Habgier auf sich nimmt, durchzieht das Werk", Kraggerud ( 1 9 7 8 ) S . 1 3 6 „ [ 1 -4 0 , „ . ] eine Art Diagnose [ . „ , 4 1 - 1 07] gleichsam die Therapie gegen die besondere Krankheit", Dyson ( 1 9 8 0) S . 1 3 3 „Horace asks the question [ „ . ] , and he gives the answer that they are greedy", Gandeva ( 1 99 1 ) S . 1 3 3 f. Anm.26 „ Überlegungen [ „ . ] , die aus seinen B eobachtungen des Lebens in der Hauptstadt hervorgegangen [ „ .] seiner inneren Ü berzeugung von der j ämmerlichen Existenz j ener Menschen entspre­ chen, die von der leidenschaftlichen Habgier [ „ . ] besessen sind. Von dieser Idee eben ist die ganze Satire durchzogen, und sie erzeugt den Eindruck einer eigenartigen Einheit­ lichkeit", Brown ( 1 9 9 3 ) S . 9 „a single main target of satirical attack [ „ . ] , greed or ava­ rice", Lefävre ( 1 9 9 3 ) S . 90f. „Es ist die Habsucht, die die Menschen dazu führt, sich im­ mer mit dem anderen zu vergleichen [ „ .] Unzufriedenheit mit dem Leben und Habsucht zunächst locker aneinandergereiht [ „ .] beide Argumentationsreihen am Ende überlegen zusammengebunden" . S o z . B . van Rooy ( 1 967/68), ( 1 972), ( 1 977). Das folgende Zitat Brown ( 1 9 9 3 ) S . 89 ; vgl. auch z . B . Minarini ( 1 977) S . 1 2 1 „intima organicitä della satira", S . 1 3 5 „una struttura perfettamente in se conclusa", Dufallo (2000) S . 5 87 „the themes [ „ .] appear blended to form a satisfying whole" . S o z.B . explizit Rudd ( 1 966) S .274 Anm . 7 „inasmuch as he is greedy", Lefävre ( 1 993) S . 9 0 „als Habsüchtiger, und das heißt: weil er habsüchtig ist" ; vgl . auch Wili ( 1 965) S . 8 8 „Der rasche Wechsel der Bilder und Anspielungen zwingt den Dichter zur eigenen schlagkräftigen S chlußfassung : In ihr wird in einem Wörtchen, ut avarus ( 1 0 8) [ „ .] die Habsucht als Ursache aller menschlichen Unzufriedenheit [ „ . ] festgehalten" . Früher hat man sogar nach einer noch stärkeren kausalen Verbindung gesucht, vgl . etwa die Kon­ j ektur von Postgate ( 1 90 1 ) nemo ut, quia avarus .

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se eine klare Deutung eines leider gar nicht klaren Verses, die man umso lieber annimmt, als sie tatsächlich die Kritik an Habgier in den Mittelpunkt stellt. Diese nämlich spiele ja auch sonst im Werk des Horaz eine so zen­ trale Rolle. Stellen wie indocilis pauperiem pati (c. l, 1,18), das berühmte frui paratis (c.1,31,17) und Ähnliches nutzt man als einen weiteren Beleg für die kausale Auffassung.1 5 Dass diese nun in seiner ersten Satire nicht ebenso klar formuliert ist, pflegt man mit Verweis auf die beiden folgenden Diatriben des ersten Buches abzutun.1 6 Was an Aufbau und Gedankengang störend wirkt, das ist eben offenbar als Stil und die besondere Eigenart Ho­ razischer Satire hinzunehmen. Überhaupt beruhigt man sich mit dem Verweis auf die spezielle Gattung, die ihrem Ursprung nach schließlich gerade solches, eine Mischung ohne fest gefügten Ablauf, darzustellen habe1 7 und nach Lässigkeit verlange; „the logic of conversation" (Zetzel) wird allgemein als die beste Erklärung be­ stätigt.1 8 Man spricht von „behaglicher Nachlässigkeit, mit der er seinen Weg fortschlendert" (Wolf/Herter), einem „Spaziergang mit Umwegen" (Wieland/Lefävre), einer „lockeren Aneinanderreihung", wie sie „vortreff­ lich für den Gesprächston paßt" (Gercke), einer „conversazione famigliare, di tono colloquiale, non di dialogo metodologico" (Pasqualetti), ja direkt einer „illusion of sermo" (Bodoh) und „entertainment" (Levi) in „glittering embroidery of conversation" (Fraenkel).1 9 Man betont immer wieder, dass 15

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S o z . B . Herter ( 1 9 5 1 ) S . 3 24 „Daß Horaz wirklich die Philargyria als das treibende Mo­ ment ansieht [ „ . ] , darf man umso zuversichtlicher behaupten, als er selber diese Motiva­ tion noch [ „ . ] " . Vgl. zudem sat.2,3 ,77ff., 2 , 5 ; c . 2 , 1 4,25f„ 2 , 1 5 , 2 , 1 8 , 3 , 1 ,3 7ff„ 3 , 3 ,49f„ 3 , 1 6, 1 7f„ 3 ,24, 3 ,2 9 , 5 7ff„ 4 , 9 ,46ff. ; epist. 1 , 1 , 5 3 ff. , 1 ,2 , 5 5 ff„ 1 , 5 , 1 2ff„ l ,6 , 5 ff„ 1 , 1 0 ,47 sowie z.B . die Beiträge von Gandeva ( 1 99 1 ), Pöschl ( 1 996). Für Letzteren ist S .22 „sein Eifern [ . . . ] manchmal fast penetrant" . S o z.B . Hanslik ( 1 93 7) S .29ff. „ein solches anscheinend sprunghaftes Übergehen wie auf ein ganz anderes Thema" als „Technik des Horaz" und Beispiel „wie vorn Vater empfan­ gen" ; vgl ferner z . B . Armstrong ( 1 964) S . 86ff. „A triad of parallel structures", Rudd ( 1 9 6 6) S . 1 4 „A second related therne then ernerges and receives a rnuch rnore extended treatrnent, [ . . . ] here too Horace avoids the appearance of a systernatic arrangernent by gliding casually frorn one topic to another" . Wirnrnel ( 1 962) vergleicht mit den Dia­ logsatiren des zweiten Buches und erkennt eine sich in sat. 1 , 1 andeutende Entwicklung. Bodoh ( 1 970) S . 1 64 mit Bezug auf die übliche Bezeichnung als satura und speziell ser­ mo (Horaz) oder s ogar farrago (Juvenal) „One of the distinguishing features of Roman satire is its pedestrian form [ „ .] rarnbles along frorn one point to another in an easy rnan­ ner with only so rnuch unity as is suggested by the general drift of the topic . " Zetzel ( 1 9 80) S . 7 0 , aber mit leichter Skepsis : „ [ „ .] the best explanation that is offered, and while that is to a certain extent true, it does not explain everything" . Gercke ( 1 893) S .42, Herter ( 1 9 5 1 ) S.3 2 0 , Fraenkel ( 1 9 5 7) S . 94 , Pasqualetti ( 1 99 1 ) S . 3 1 3 , Lefävre ( 1 9 9 3 ) S . 9 l f„ Levi ( 1 997) S . 6 8 ; Bodoh ( 1 970) S . 1 65 ff. „faulty logic [ . „ ] deliberate and consistent [ „ .] . The argurnent has obviously gotten nowhere [ „ .] . H e appa-

Mempsimo irie und A varitia: Zu Einheit und Programm von Horaz ' S atire 1 , 1

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„von der assoziativen Art des sermo keine systematische Beweisführung" (Herter) zu erwarten oder gar zu fordern ist. Horaz habe im Gegenteil mit Auflockerung und Abschweifung eine streng logische Argumentation be­ wusst vermieden, um dem Eindruck „of delivering a lecture or preaching a sermon" (Fraenkel) zu entgehen.20 Man will darin sogar eine besondere Kunst wie auch rhetorische Taktik erkennen, eine ganz geschickte Art von Leserlenkung und Gedankenführung, die den Betrachter mit einer „ange­ nehmen Einführung" (Kraggerud) anlockt und erst dann überrascht und überrumpelt, 2 1 und die zude1n suggerieren soll, dass dem Dichter selbst die fundamentale Rolle der Habgier nicht von vornherein, sondern erst allmäh­ lich, „in the course of writing", klar geworden sei, eine spezielle Eigenart „of the poems informal aspect" (Rudd).22

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rently had not decided in the very beginning precisely what position he was taking. [ „ .] rambling along from point to point [ . . . ] no fixed position, very similar to an ordinary ar­ gument at most informal gatherings - sermo [ . . . ] . The satire does not have unity of sub­ ject matter, but [ „ .] of form. [ „ .] illusion of sermo [ . . . ] effectively carried out throughout the satire . " Herter , ( 1 95 1 ) S . 3 24 „ [ . . . ] brauchen aber auch nicht auf die Erwartung z u verzichten, die Gedanken in einem Brennpunkt gesammelt zu finden", Fraenkel ( 1 9 5 7) S . 94; vgl. auch z.B. Wimmel ( 1 9 62) S . 3 7 Anm.47 „schwierige, anspruchsvolle Deduktion würde gar nicht in den popular-philosophischen Stil passen", Pasqualetti ( 1 99 1 ) S . 3 1 3 „L' unita, in questo senso, non e necessaria" . Lowe ( 1 979) S .2 1 ff. betont Horaz ' „personal incon­ sistency" und „aversion to strictly logical thematic development" . Gercke ( 1 8 9 3 ) S . 5 2 „kunstvolle Verschlingung von zwei oder drei Gedankengängen", Herter ( 1 95 1 ) S . 3 2 6 „Die Einrede, daß Horaz von vornherein hätte sagen müssen, [ . „ ] , kann man erst recht nicht gelten lassen, d a e r den Leser diese Erkenntnis langsam gewin­ nen lassen wollte", S . 3 4 1 „er hat [ . . . ] offenbar auf die scharfe Durchführung seiner Ar­ gumentationsreihe nicht so viel Wert gelegt, wie auf einen schnellen Wechsel einpräg­ samer Bilder, die nicht immer im Zusammenhang des Ganzen genau aufzugehen brauchten", Kraggerud ( 1 9 7 8) S . 1 4 7 „Horazischer Art gemäss werden anfangs die Gren­ zen etwas weiter gesteckt, als es im Hauptteil der Fall sein wird. Horaz beginnt im All­ gemeinen, Unauffälligen, scheinbar Unschuldigen [ . . . ] sozusagen eine Rohform der Wirklichkeit", Brown ( 1 9 9 3 ) S . 9 „he first engages the reader' s attention and leads up to the main theme indirectly, taking him by surprise", S . 89f. „Few readers, perhaps, would admit to needing a sermon on greed or on discontent with their financial status, had these topics been announced at the beginning; far more might admit to discontent with their lot [ . . . ] . The structure seems well calculated to engage the reader at the outset, and to lead him to ask increasingly [ . . . ] questions about himself without deterring him by the an­ nouncement of a sermon on greed [ . . . ] calculated to make it more enj oying and persua­ sive [ . . . ] . A definite logic thus lies behind the structure of the satire . [ . . . ] a characteristi­ cally informal, discursive atmosphere ; he deliberately represents the attack on greed as a digression, when it is in fact the kernel of the problem" . Knorr ( 1 9 9 9) S .20 verweist auf Herenn . l ,6,9, Plut . Mor . 5 2 3 c-d für die Taktik der insinuatio . Rudd ( 1 966) S . 1 3 ; vgl . auch Hubbard ( 1 9 8 1 ) S . 3 1 9 „highly articulated and carefully or­ ganized [ . . . ] , even while giving the surface appearance of digression, discontinuity, and ellipsis" .

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Jan-Wilhelm B eck

Formale Bedenken sind auf diese Weise leicht zerstreut; inhaltliche kann es für die meisten Interpreten heute auch nicht geben. Denn man zieht ande­ re Texte zum Vergleich heran. Ausführlichst hat dies Herter mit seiner be­ eindruckenden Sammlung von Belegen dafür vorgeführt, „daß dem Men­ schen die Begierde nach dem Fehlenden den Genuss des Vorhandenen nimmt" - avaritia als Ursache allen Übels - und dass sich folglich Horaz „mit seiner Mahnung zur Verwendung des Gewonnenen[„.] in einem weit­ verzweigten Traditionsstrom" bewege2 3 - ein scheinbar überzeugendes Ar­ gument für die zumindest seit Herter und Fraenkel so beliebte Lösung. Be­ leg für eine solche Tradition, wie sie der antiken Popularphilosophie übli­ cherweise unterstellt wird, sind vor allem Teles mit seinem Traktat Jlepi avrapKeiar:; (3. Jh. v. Chr.) sowie die 17. Epistel des Ps. Hippokrates nebst dein erst nach Horaz schreibenden Maximos v. Tyros, 15 (2. Jh. n. Chr.). Da man nicht nur bei den späteren Autoren wohl zu Recht keine direkte Abhängigkeit von bzw. des Horaz, sondern dieselbe hellenistische Quelle vermutet, den von Horaz selbst ausdrücklich erwähnten und offenbar für ihn so bedeutsamen Bion (vgl. epist.2,2,60 Bionei sermones), glaubt man seine gedankliche Vorlage und danlit die kausale Verbindung von Me1n­ psimoirie und avaritia immerhin durch 1nehrere Parallelen erwiesen. Man ist sich hier inzwischen sogar schon so sicher, dass man die wirkliche Pro­ blematik der Satire des Horaz z.T. nicht mehr in der alten Frage nach einer logischen Beziehung von Unzufriedenheit und Habgier sehen will, dass man stattdessen einfach feststellt, dass eine solche enge Verbindung auch bei ihm vorliegen muss, weil es eben in der Tradition so war.24 23

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Herter ( 1 95 1 ) S .32 7ff. „Es ist also so gut wie sicher, daß schon B ion die menschliche Unzufriedenheit von der Erwerbsgier bestimmt glaubte" , S .336 „Man mag es allerdings bedauern, daß er die Mempsimoirie so ausschließlich auf die avaritia zurückgeführt hat". Vgl. daneben z . B . Fraenkel ( 1 9 5 7) S . 93 „ S o far then from having to contaminate treati­ ses about pe,µ1jJ1µ01pfa with treatises about