Marktaustausch: Grundlegung einer juristisch-ökonomischen Theorie des Austauschverkehrs. Habilitationsschrift 9783161568985, 9783161568992, 3161568982

Johannes W. Flume zeigt, wie in den vergangenen vierhundert Jahren an den Börsen aus den archetypischen Formen der Austa

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Marktaustausch: Grundlegung einer juristisch-ökonomischen Theorie des Austauschverkehrs. Habilitationsschrift
 9783161568985, 9783161568992, 3161568982

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten
§ 1 Marktorte
I. Marktplätze
II. Messen
III. Börsen
1. Erste Annäherung: Der Börsenplatz von Brügge
2. Zweite Annäherung: Die welterste Börse in Antwerpen
3. Dritte Annäherung: Der Aufstieg, der Zenit und das Ende des Zeitalters der Börsengebäude
a. Die Hofhallenbörsen seit dem 16. Jahrhundert
b. Das Jahrhundert der Börsengebäude – das 19. Jahrhundert
4. Das Börseninnenleben und der technische Fortschritt
§ 2 Der Markt als Rechtsprodukt
§ 3 Der Markt als Referenz- und Bewertungssystem
I. Ökonomische Werttheorien
II. Planwirtschaft, price system und economic calculus
III. Der Wertansatz im Privatrecht
1. Marktpreise als Jedermannwerte
2. Victor Mataja und die Bedeutung des subjektiven Marktzugangs
3. Ausdifferenzierung
a. Zwei Bewertungsmethoden: Marktpreise und Schätzpreise
b. Geographisch abgegrenzte Märkte
c. Marktstufen
§ 4 Die Rechtsarchitektur von Märkten
Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge
§ 5 Vom Tausch zum Kauf
I. Tausch und Tauschverhältnisse
II. Kaufverträge und Preise
1. „Relative“ und „absolute“ Preise
2. Die geldrechtliche Fundierung von Preisen
a. Eine kurze Geldgeschichte: Nennwert vers. intrinsischer Wert
b. Nominalismus und Valorismus
c. Die Festlegung einer geldrechtlichen Rechnungseinheit
d. Das nominalistische Fundament des Kaufs
§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des naturalen kaufvertraglichen Leistungsaustausches
I. Äquivalenz?
1. subjektive Äquivalenz
2. objektive Äquivalenz
II. Die ökonomische Vermessung des Kaufversprechens
1. Von einem deskriptiven Ansatz zu einer mathematischen Bewertungsmethode
2. Zeitmoment, allgemeines Marktpreisrisiko und Basisrisiko
a. Risikostrategien
b. Das Risikoprofil des Kaufvertrages
III. Zusammenfassung: Der Kaufvertrag als stabilisierende Kraft in einem bewegten Marktumfeld
§ 7 Erfüllungsmodi: Natural- und Pekuniarerfüllung
I. Zwei unterschiedliche Perspektiven
1. civil law: Forderung und Anspruch
2. common law: Rechtsbehelfsmodell
a. Judical remedies und self-help remedies
b. „Der Vertrag: Haftungs- oder Erfüllungsversprechen?“
II. Umwandlungsmechanismen
1. Regelungskonzepte: Einheitslösung oder getrennte Regelungsstränge
2. Der Umwandlungsmechanismus des § 281 Abs. 4 BGB
3. Variantenvielfalt
a. Nachfrist oder richterliche Gnadenfrist
b. Absolute Fixgeschäfte
c. Relative Fixgeschäfte
aa. Fixhandelskauf
bb. Das rücktrittsrechtliche Fixgeschäft des BGB
cc. Zivilrechtliche Einheitslösung: ABGB, OR und Code Civil
4. Bürgerlich-rechtliche Fixgeschäfte
a. Zur Dogmengeschichte der Fixgeschäfte
b. Die Bedeutung der Vereinbarung fixer Leistungstermine im bürgerlich-rechtlichen Rechtsverkehr
5. Ergebnisse de lege lata und Forderungen de lege ferenda
III. Von der praktischen Raffinesse der Pekuniarerfüllung
IV. Zusammenfassung
§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses
I. Problemaufriss
1. Anspruchsbezifferung nach abstrakt oder konkret durchgeführtem Deckungsgeschäft
2. Anspruchsbezifferung nach dem entgangenen Gewinn
3. Systematische Überkompensation
a. Ein Beispielsfall
b. Ein fataler Perspektivenwechsel
4. Der Lösungsweg
II. Der Schadensersatz statt der Leistung als Reproduktion des Ergebnisses des naturalen Leistungsaustausches
1. Eine international etablierte handelsrechtliche Lösung: Die Marktpreisregel
2. Der systematische Standort der Schadensbemessung des Anspruchs nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB
3. Die juristisch-ökonomische Wirkungsweise der Marktpreisregel: Vom payoff-Wert zum Schadensersatz statt der Leistung
4. Die räumliche und zeitliche Bemessungsgrundlage des Schadensersatzes statt der Leistung
a. Der maßgebliche Referenzmarkt
aa. Privatautonome Festlegung eines Referenzmarkts
bb. Zweifelsregel: Ablieferungsort?
b. Der maßgebliche Bewertungszeitpunkt
c. Das Verhältnis von abstraktem Marktpreisansatz und konkretem Deckungsgeschäft
III. Schadensersatz statt der Leistung und entgangener Gewinn
1. Der entgangene Gewinn des Käufers
a. Marktgängige, vertretbare Gegenstände
b. Unvertretbare Gegenstände
2. Der entgangene Gewinn des Verkäufers
IV. Schadensersatz statt der Leistung und Verzögerungsschaden
V. Schadensersatz statt der Leistung und Rücktritt
1. Von der ursprünglichen Idee der Surrogationstheorie: der Zwang zum Selbsthilfeverkauf
2. Wirtschaftliche Effekte der Surrogationstheorie
3. Der Ausschließlichkeitsanspruch der Differenztheorie
Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures
§ 9 Vom Forward zum Futures-Kontrakt – vom bilateralen Kaufvertrag zum börsengehandelten Kaufvertrag
§ 10 Der privatrechtlich-historische Zellkern der Terminmärkte: die Skontration
I. Der Terminmarkt an der Amsterdamer Börse
II. Anatomie des Terminmarktes: Einzelgeschäfte, Ketten und Ringe
1. Auf dem Forward-Markt
2. Auf dem (bilateral konstruierten) Futures-Markt
a. Andienungs- oder Ticketverfahren
b. Kontenmäßige Abrechnung durch eine zentrale Stelle
3. Technische Verfeinerungen: Sterne
a. Liquidationskassen
b. Die zentrale Gegenpartei
III. Zusammenfassung: Vom bilateralen Vertragsschluss zur kontenmäßigen Verbuchung durch eine zentrale Gegenpartei
IV. Zur Charakterisierung von Futures-Märkten: „[E]in Markt von Kontrakten“
1. Bilateraler Börsenterminhandel
2. Rechtsnatur und Wirkung der Skontration
3. Börsenterminhandel über eine zentrale Gegenpartei mit täglichem Netting
V. Der erste Futures-Markt der Welt?
§ 11 Forward, Futures und Differenzgeschäfte?
I. Reine und verdeckte Differenzgeschäfte
II. Legistische Regelungsschichten
III. Vorkodifikatorische Handelsrechtspraxis
1. Eine missverständliche Bezeichnung und eine dogmatische Fehlkonstruktion
2. Klarstellungen
IV. Zur verbleibenden Relevanz der „Differenzgeschäfte“
§ 12 Kaufverträge als Derivate
I. Unbedingte, symmetrische und bedingte, asymmetrische Termingeschäfte
II. Die Bedeutung der Bemessung des wirtschaftlichen Wertes von Marktaustauschvorgängen
Schluss
Literaturverzeichnis
Personen- und Sachregister

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 235

Johannes W. Flume

Marktaustausch Grundlegung einer juristisch-ökonomischen Theorie des Austauschverkehrs

Mohr Siebeck

Johannes W. Flume, geboren 1979; Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Regensburg, Köln und Bonn; 2008 Promotion; Rechtsreferendar im OLG-Bezirk Köln; 2011 Max Planck Scholar und Visiting Fellow am Wolfson College, Cambridge; 2012–2018 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen; Herbst 2016 Forschungsaufenthalt Columbia Law School; 2018 Habilitation (Universität Köln); seit 2018 Gastprofessor an der Freien Universität Berlin.

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – 424234755 ISBN 978-3-16-156898-5 / eISBN 978-3-16-156899-2 DOI 10.1628/978-3-16-156899-2 ISSN 0940-9610 / eISSN 2568-8472 (Jus Privatum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2019  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen aus der Stempel Garamond gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Für meine Eltern

aus: Vinzenz Bronzin, Theorie der Prämiengeschäfte, Leipzig und Wien 1908, S. 2

Vorwort Seit dem Entstehen der modernen Finanzmathematik zum Ende des 19. Jahrhunderts wird eine Methode angewandt, um die wirtschaftliche Güte von Kaufverträgen zu bewerten: Es wird der sog. payoff ermittelt, indem der Kaufpreis in ein Verhältnis zum Marktpreis gesetzt wird. Hinter diesen simplen Rechenvorgängen verbirgt sich die entscheidende, grundlegende Methode, wie jeder naturale Leistungsaustausch (Ware gegen Geld) in eine Geldsumme „umgeschrieben“ werden kann. Damit ist nichts weniger als die exakte mathematische Methode zur Bestimmung des Pekuniarinteresses benannt. Ausgehend von dem an dieser Stelle notwendigerweise noch sehr abstrakten Gedanken lässt sich die rechtliche Konstruktion von einfachen Austauschmärkten der bilateralen Kaufverträge bis hin zu komplexen, organisierten Terminmärkten erklären. Dies ebnet den Weg, Kaufverträge nicht mehr nur als statische Vorgänge des Güteraustauschs, sondern als Verträge, die in einem sich verändernden Marktumfeld abgeschlossen werden, aufzufassen. Dieses Buch ist während meiner Tätigkeit an der Universität Tübingen in den Jahren 2012 bis 2018 entstanden. Tübingen war für mich ein fabelhafter Ort des konzentrierten Denkens und Arbeitens. Ich bin der Tübinger Fakultät, allen voran Professor Dr. Jan Thiessen, an dessen Lehrstuhl ich über die Jahre tätig war, für die überaus freundliche Aufnahme, den mir gewährten Freiraum sowie insgesamt den sehr guten Arbeitsbedingungen zu großem Dank verpflichtet. Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2018/2019 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln als Habilitationsschrift angenommen. Die Veröffentlichung dieser Schrift bietet mir die Möglichkeit, meiner akademischen Lehrerin Professor Dr. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb für die meiner Arbeit entgegengebrachte Begeisterung und Förderung von Herzen zu danken. Ich habe sehr von ihren vielfältigen Anregungen und ihrer Unterstützung profitiert. Herrn Professor Dr. Martin Henssler danke ich für die Abfassung seines umfangreichen und analytisch sehr anregenden Zweitvotums. Ohne die Gespräche, den Zuspruch und die intensiven thematischen Auseinandersetzungen mit meinen Kollegen, Freunden und meiner Familie wäre dieses Buch ein anderes geworden  – ja so nicht denkbar gewesen. Meine ­Eltern, Dr. Barbara Flume und Professor Dr. Rainald Flume, haben mir die Welt  der Mathematik nähergebracht, sei es nun in Form profaner linearer Gleichungen oder aber etwa Brown’scher Bewegungen. Mein Schulfreund ­

VIII

Vorwort

­ rofessor Dr. Christoph Trebesch hat mit mir die ersten Gedanken zum MarktP austausch diskutiert und mein Verständnis und meinen Zugriff auf ökonomische Themen entscheidend geprägt. Dr. Andreas Kulick war während meiner Tübinger Zeit mein nahezu täglicher Gesprächspartner im Ringen um die Dinge. Viele ertragreiche Gespräche habe ich schließlich mit Professor Dr. Chris Thomale geführt. Ganz besonders verbunden bin ich für Anregungen, Kritik und auch so manche Hilfestellungen Professor Cristina Ciancio, Professor Giuseppe Conti, Dr. Alexander Engel, Professor Victor P. Goldberg, Dr. Marc Grotheer, Professor Dr. Stefan Huber, Professor Dr. Hanns F. Hügel (†), Professor Dr. Ingo Koller, Dr. Dr. h.c. Georg Maier-Reimer, Dr. Hanna Schmidt Holländer, Professor Dr. Marc-Philippe Weller, Dr. Marilies Zinner und Dr. Susanne Zwirlein. Herzlich danken möchte ich schließlich Florian Rogge, der die Drucklegung mit großem Einsatz, Umsicht und Akribie vorangetrieben hat. Die Arbeit ist durch eine Publikationsbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgezeichnet und gefördert worden. Berlin, im März 2019

Johannes W. Flume

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 § 1 Marktorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 § 2 Der Markt als Rechtsprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 § 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 § 4 Die Rechtsarchitektur von Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 § 5 Vom Tausch zum Kauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 § 6 Die wirtschaftliche Bemessungdes naturalen kaufvertraglichen Leistungsaustausches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 § 7 Erfüllungsmodi: Natural‑ und Pekuniarerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 § 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 § 9 Vom Forward zum Futures-Kontrakt – vom bilateralen Kaufvertrag zum börsengehandelten Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 § 10 Der privatrechtlich-historische Zellkern der Terminmärkte: die Skontration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 § 11 Forward, Futures und Differenzgeschäfte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 § 12 Kaufverträge als Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten . . . . . . . . . . . . . . 9 § 1 Marktorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 I. Marktplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 II. Messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 III. Börsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Erste Annäherung: Der Börsenplatz von Brügge . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Zweite Annäherung: Die welterste Börse in Antwerpen . . . . . . . . . . 29 3. Dritte Annäherung: Der Aufstieg, der Zenit und das Ende des Zeitalters der Börsengebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 a. Die Hofhallenbörsen seit dem 16. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b. Das Jahrhundert der Börsengebäude – das 19. Jahrhundert . . . . . . 38 4. Das Börseninnenleben und der technische Fortschritt . . . . . . . . . . . . 43

§ 2 Der Markt als Rechtsprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 § 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 I. Ökonomische Werttheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 II. Planwirtschaft, price system und economic calculus . . . . . . . . . . . . . . . . 59 III. Der Wertansatz im Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Marktpreise als Jedermannwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Victor Mataja und die Bedeutung des subjektiven Marktzugangs . . . 67

XII

Inhaltsverzeichnis

3. Ausdifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a. Zwei Bewertungsmethoden: Marktpreise und Schätzpreise . . . . . . 72 b. Geographisch abgegrenzte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 c. Marktstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

§ 4 Die Rechtsarchitektur von Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 § 5 Vom Tausch zum Kauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 I. Tausch und Tauschverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Kaufverträge und Preise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. „Relative“ und „absolute“ Preise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Die geldrechtliche Fundierung von Preisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a. Eine kurze Geldgeschichte: Nennwert vers. intrinsischer Wert . . . 95 b. Nominalismus und Valorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c. Die Festlegung einer geldrechtlichen Rechnungseinheit . . . . . . . . 101 d. Das nominalistische Fundament des Kaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessungdes naturalen kaufvertraglichen Leistungsaustausches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 I. Äquivalenz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. subjektive Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. objektive Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Die ökonomische Vermessung des Kaufversprechens . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Von einem deskriptiven Ansatz zu einer mathematischen ­Bewertungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Zeitmoment, allgemeines Marktpreisrisiko und Basisrisiko . . . . . . . . 118 a. Risikostrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b. Das Risikoprofil des Kaufvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 III. Zusammenfassung: Der Kaufvertrag als stabilisierende Kraft in einem bewegten Marktumfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

§ 7 Erfüllungsmodi: Natural‑ und Pekuniarerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . 126 I. Zwei unterschiedliche Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. civil law: Forderung und Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. common law: Rechtsbehelfsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a. Judical remedies und self-help remedies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b. „Der Vertrag: Haftungs‑ oder Erfüllungsversprechen?“ . . . . . . . . 132

Inhaltsverzeichnis

XIII

II. Umwandlungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Regelungskonzepte: Einheitslösung oder getrennte Regelungsstränge 136 2. Der Umwandlungsmechanismus des § 281 Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . 137 3. Variantenvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a. Nachfrist oder richterliche Gnadenfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b. Absolute Fixgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 c. Relative Fixgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 aa. Fixhandelskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 bb. Das rücktrittsrechtliche Fixgeschäft des BGB . . . . . . . . . . . . . . 144 cc. Zivilrechtliche Einheitslösung: ABGB, OR und Code Civil . . 145 4. Bürgerlich-rechtliche Fixgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a. Zur Dogmengeschichte der Fixgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b. Die Bedeutung der Vereinbarung fixer Leistungstermine im bürgerlich-rechtlichen Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 5. Ergebnisse de lege lata und Forderungen de lege ferenda . . . . . . . . . . 152 III. Von der praktischen Raffinesse der Pekuniarerfüllung . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Anspruchsbezifferung nach abstrakt oder konkret durchgeführtem Deckungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Anspruchsbezifferung nach dem entgangenen Gewinn . . . . . . . . . . . 162 3. Systematische Überkompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a. Ein Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b. Ein fataler Perspektivenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. Der Lösungsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 II. Der Schadensersatz statt der Leistung als Reproduktion des Ergebnisses des naturalen Leistungsaustausches . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Eine international etablierte handelsrechtliche Lösung: Die Marktpreisregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Der systematische Standort der Schadensbemessung des Anspruchs nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Die juristisch-ökonomische Wirkungsweise der Marktpreisregel: Vom payoff-Wert zum Schadensersatz statt der Leistung . . . . . . . . . 172 4. Die räumliche und zeitliche Bemessungsgrundlage des Schadensersatzes statt der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a. Der maßgebliche Referenzmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa. Privatautonome Festlegung eines Referenzmarkts . . . . . . . . . . 177 bb. Zweifelsregel: Ablieferungsort? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b. Der maßgebliche Bewertungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 c. Das Verhältnis von abstraktem Marktpreisansatz und konkretem ­Deckungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

XIV

Inhaltsverzeichnis

III. Schadensersatz statt der Leistung und entgangener Gewinn . . . . . . . . . 183 1. Der entgangene Gewinn des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a. Marktgängige, vertretbare Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b. Unvertretbare Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Der entgangene Gewinn des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 IV. Schadensersatz statt der Leistung und Verzögerungsschaden . . . . . . . . 188 V. Schadensersatz statt der Leistung und Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Von der ursprünglichen Idee der Surrogationstheorie: der Zwang zum Selbsthilfeverkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 2. Wirtschaftliche Effekte der Surrogationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 3. Der Ausschließlichkeitsanspruch der Differenztheorie . . . . . . . . . . . 195

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 § 9 Vom Forward zum Futures-Kontrakt – vom bilateralen Kaufvertrag zum börsengehandelten Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 199 § 10 Der privatrechtlich-historische Zellkern der Terminmärkte: die Skontration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 I. Der Terminmarkt an der Amsterdamer Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Anatomie des Terminmarktes: Einzelgeschäfte, Ketten und Ringe . . . . 209 1. Auf dem Forward-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Auf dem (bilateral konstruierten) Futures-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a. Andienungs‑ oder Ticketverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b. Kontenmäßige Abrechnung durch eine zentrale Stelle . . . . . . . . . . 214 3. Technische Verfeinerungen: Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a. Liquidationskassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 b. Die zentrale Gegenpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 III. Zusammenfassung: Vom bilateralen Vertragsschluss zur ­kontenmäßigen Verbuchung durch eine zentrale Gegenpartei . . . . . . . . 222 IV. Zur Charakterisierung von Futures-Märkten: „[E]in Markt von Kontrakten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Bilateraler Börsenterminhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Rechtsnatur und Wirkung der Skontration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Börsenterminhandel über eine zentrale Gegenpartei mit täglichem Netting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 V. Der erste Futures-Markt der Welt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

Inhaltsverzeichnis

XV

§ 11 Forward, Futures und Differenzgeschäfte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 I. Reine und verdeckte Differenzgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Legistische Regelungsschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 III. Vorkodifikatorische Handelsrechtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Eine missverständliche Bezeichnung und eine dogmatische Fehlkonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Klarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 IV. Zur verbleibenden Relevanz der „Differenzgeschäfte“ . . . . . . . . . . . . . . 243

§ 12 Kaufverträge als Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 I. Unbedingte, symmetrische und bedingte, asymmetrische Termingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 II. Die Bedeutung der Bemessung des wirtschaftlichen Wertes von Marktaustauschvorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

Abkürzungsverzeichnis a.A. anderer Ansicht a. a. O. am angegebenen Ort a.E. am Ende a. F. alte Fassung ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) (1811 ff.) Abs. Absatz AC Law Reports, Appeal Cases (Third Series) (England) AcP Archiv für die civilistische Praxis Adler/Clemens Sammlung handelsrechtliche Entscheidungen, begründet von Leopold Adler und Robert Clemens, fortgesetzt von Josef Friedlaender ­(Österreich) ADHGB Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch (1861–1900) AfR Archiv für Rechtsfälle aus der Praxis der Rechtsanwälte des Königlichen Ober-Tribunals AHGB Allgemeines Handelsgesetzbuch (Österreich) (1863–1938) AJP/PJA Aktuelle Juristische Praxis / Pratique Juridique Actuelle (Schweiz) ALR Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (1794–1900) Am. Econ. Rev. The American Economic Review Archiv f. bürgl. Recht Archiv für bürgerliches Recht (1888/89–1919) Art(t). Artikel (Plural) B. C. L. Rev. Boston College Law Review Bank-Archiv Zeitschrift für Bank‑ und Börsenwesen (1902–1945) BBankG Bundesbankgesetz BeckOGK Grosskommentar zum Zivilrecht (beckonline) BeckOK-BGB Beck’scher Online-Kommentar, BGB (beckonline) BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGE Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BörseG 1989 Börsegesetz 1989 (Österreich) (öBGBl. Nr. 555/1989) BörseG 2018 Börsegesetz 2018 (Österreich) (öBGBl. Nr. 107/2017) BörsG Börsengesetz (Deutschland) (1896 ff.) Busch’s Archiv Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen deutschen Handelsrechts (1863–1872) BWG Bankwesengesetz (Österreich) Cal. L. Rev. California Law Review Cc Code Civil (Frankreich) (1804 ff.) CESL Common European Sales Law Ch. Chapter CISG United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (= UN-Kaufrecht) CLR Comparative Legal History Colum. L. Rev. Columbia Law Review

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

Das Recht Rundschau für den deutschen Juristenstand (1897–1944) DB Der Betrieb DCFR Draft Common Frame of Reference De Economist Netherlands Economic Review Distinktion Journal of Social Theory DJ Deutsche Justiz (1933–1945) DJT Deutscher Juristentag DJZ Deutsche Juristen Zeitschrift (1896–1936) DStR Deutsches Steuerrecht Edinburgh L. Rev. Edinburgh Law Review EL Ergänzungslieferung Emory L. J. Emory Law Journal E-OR 2020 Schweizer Obligationenrecht 2020, Entwurf für einen neuen ­allgemeinen Teil (abrufbar unter: http://or2020.ch/) ERCL European Review of Contract Law ERPL European Review of Private Law et al. et alii (und andere) EvBl Evidenzblatt (Österreich) EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Kurzkommentare f. (ff.) Folgende (Plural) FG Festgabe FinfraG Finanzmarktinfrastrukturgesetz (Schweiz) Fn. Fußnote FS Festschrift GES Zeitschrift für Gesellschaftsrecht und angrenzendes Steuerrecht (Österreich) GG Grundgesetz GmbHR GmbH-Rundschau GRP Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gruchot Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (1874–1933) GrünhutZ Zeitschrift für das Privat‑ und öffentliche Recht der Gegenwart, Herausgegeben von Carl Samuel Grünhut (Österreich) (1874–1916) GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GS Gedächtnisschrift GZ Allgemeine österreichische Gerichts-Zeitung (1850–1918) Harv. L. Rev. Harvard Law Review Hdb. Handbuch HDSW Handwörterbuch der Sozialwissenschaften (zugleich Neuauflage des HdWbStW) HdWbStW Handwörterbuch der Staatswissenschaften HdWW Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft HGB Handelsgesetzbuch (1900 ff.) HKK Historisch-kritischer Kommentar zum BGB (vgl. Lit. Verz.) Holdheim Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen, Steuer‑ und ­Stempelfragen (1897–1919) HR Handelsrecht HRG Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte HRR Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928–1942) Hs. Halbsatz Hwb. Handwörterbuch Hwb. d. EuP Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts i. E. im Ergebnis ICLQ International and Comparative Law Quarterly

Abkürzungsverzeichnis IREF Israel LR J. Comp Econ J. Legal Stud. J. L. & Econ. JherJb.

XIX

International Review of Economics and Finance Israel Law Review Journal of Comparative Economics The Journal of Legal Studies The Journal of Law and Economics Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (1857–1919) JITE Journal of Institutional and Theoretical Economics JuS Juristische Schulung JW Juristische Wochenschrift (1872–1939) JZ Juristenzeitung Klang Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (vgl. Lit. Verz.) KTS Zeitschrift für Insolvenzrecht Loy. U. Chi. L. J. Loyola University Chicago Law Journal LQR Law Quarterly Review (England) LZ Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907–1933) Ma Massachusetts MDR Monatsschrift für Deutsches Recht Mich. L. Rev. Michigan Law Review MWG Max Weber Gesamtausgabe Neb. L. Rev Nebraska Law Review NJW Neue Juristische Wochenschrift NK-BGB Nomos Kommentar, BGB Schuldrecht (vgl. Lit. Verz.) NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht o.V. ohne Verfasser OAG Oberappellationsgericht ÖBA Österreichisches Bankarchiv OGH Oberster Gerichtshof (Österreich) OR Obligationenrecht (Schweiz) (1883 ff.) PECL Principles of European Contract Law Preuß-E HGB 1857 Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten (1857) (vgl. Lit. Verz.) PrObTrE Entscheidungen des Preußischen Obertribunals PrOVGE Amtl. Sammlung der Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Q. B. Adolphus & Ellis’ Queen’s Bench Reports, New Series (1841–1852) RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht Das Recht, Juristisches Zentralblatt für Praktiker RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RIW Recht der internationalen Wirtschaft ROHG Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts ROLG Sammlung der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte s. siehe sc. scilicet (= nämlich) SchmollersJb. Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft sec. section SeuffA Seuffert᾽s Archiv, Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten (1847–1944) SeuffBl. Blätter für Rechtsanwendung zunächst in Bayern (1836 ff.) = Seuffert’s Blätter für Rechtsanwendung Sp. Spalte Stan. L. Rev. Stanford Law Review

XX SZ

Abkürzungsverzeichnis

Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen SZ Ger. Abt. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung SZ Rom. Abt. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung UCC Uniform Commercial Code (USA) UGB Unternehmens Gesetzbuch (Österreich) UR Unternehmensrecht Va. L. Rev. Virginia Law Review VersR Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs‑ und Schadensrecht WM Wertpapier-Mitteilungen WRP Wettbewerb in Recht und Praxis Yale J. on Reg. Yale Journal on Regulation Yale L. J. Yale Law Journal ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZBH Zentral Blatt für das Handelsrecht (1926–1933) ZBJV Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins (Schweiz) ZBl. Zentralblatt für die juristische Praxis (Österreich) ZCrPr Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß (1828–1865) ZfhF Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfBR Zeitschrift für deutsches und internationales Bau‑ und Vergaberecht ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZGR Zeitschrift für Unternehmens‑ und Gesellschaftsrecht ZGS Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht (2002–2008) ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZJS Zeitschrift für das Juristische Studium ZNR Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte ZSR Zeitschrift für Schweizerisches Recht ZVersW Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft ZVertriebsR Zeitschrift für Vertriebsrecht

Abbildungsverzeichnis* Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4:

Antonius Sanderus, Flandria illustrata, 1641 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lodovico Guicciardini, Descrittione, 1581 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Byrsa Amsterodamensis (1612), Claes Janszoon Visscher . . . . . . . . . . . . . . . M. G. Roux, La Corbeille des agents de change à la Bourse de Paris, L’Univers illustré, 1865 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 5: Der Börsenhandel an der Berliner Börse in den 1920er Jahren . . . . . . . . . . . Abbildung 6: Bildliche Konzeption des Marktes nach Max Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 7: Wiener Philharmoniker 1 Unze Feingold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 8: Verkäuferperspektive (payoff einer short position) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 9: Käuferperspektive (payoff einer long position) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 10: Preisbestimmung beim Forward . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 11: Preisabsicherung mit Hilfe von Kaufverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 12: Termination als self-help remedy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 13: Das Nachfristmodell sowie das Modell der richterlichen Gnadenfrist in der Zeitachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 14: Das absolute Fixgeschäft in der Zeitachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 15: Der Fixhandelskauf in der Zeitachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 16: Verhältnis von Primär‑ und Sekundäranspruch nach common‑ und civil law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 17: Vom payoff zur Marktpreisdifferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 18: Andienungs‑ oder Ticketverfahren (ohne Liquidationskurs) . . . . . . . . . . . . . Abbildung 19: Andienungs‑ oder Ticketverfahren (mit Liquidationskurs) . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 20: Einfaches Grundmodell einer kontenmäßigen Börsenliquidation . . . . . . . . . Abbildung 21: Vertragsschluss über eine Liquidationskasse oder zentrale Gegenpartei . . . Abbildung 22: Der wirtschaftliche Effekt der Verknüpfung der Futures-Kontrakte im Wege der Skontration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 23: Der wirtschaftliche Effekt der Verknüpfung der Futures-Kontrakte über eine zentrale Gegenpartei (central clearing party (CCP)) mit täglichem Netting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 24: long position vers. call option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

* Sämtliche Schaubilder und Diagramme wurden vom Verf. erstellt.

24 30 35 45 47 52 97 116 116 120 122 132 140 142 143 159 174 213 214 215 217 224 228 250

Einleitung Wir sind es gewohnt, in einer Welt von Marktpreisen zu leben und die Variabilität der Preise auf das ökonomische Prinzip von Angebot und Nachfrage zurückzuführen. Märkte beruhen auf der Summe der in ihnen abgeschlossenen Austauschverträge, aus denen sich die Marktpreise als Durchschnittswerte ergeben und nach denen wir bemessen, was etwas wert ist. Anders wäre dies nur im theoretischen Modell einer Planwirtschaft, in der eine zentrale Stelle im Extremfall sämtliche Entscheidungen von der Menge, dem Preis bis hin zur Zeit der Zuteilung bestimmen würde. Idealtypisch werden in der Marktwirtschaft hingegen all diese Entscheidungen dem privatautonomen Handeln der Marktteilnehmer übertragen, die zu einem Konsens über Gegenstand und Preis kommen müssen und diesen zur Grundlage des vertraglichen Austausches machen. Welche Bedeutung kommt dann aber dem Umstand zu, dass sich jeder individuelle Austauschvorgang in einem Marktumfeld vollzieht – jeder Austausch ein Marktaustausch ist? Märkte und Marktpreise sind nach Max Weber das Ergebnis eines historischen Rationalisierungsprozesses wirtschaftlichen Handelns. Dieser führt von der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft.1 Erst in der Geldwirtschaft der Marktpreise wird jedoch die „Emanzipation des wirtschaftlichen Handelns von der Augenblickslage“ möglich, „indem von jetzt an auf künftige Marktlagen spekuliert werden kann“2. Durch die Einführung des Geldes als „Generalnenner“ und den Ausdruck von Werten in Marktpreisen wird die Voraussetzung „für die rechnerische Rationalität des Handelns gegeben“3. Die Marktpreise, oder wie Weber sich ausdrückt, die „Geldpreise“, sind dabei Ergebnisse eines Preiskampfs auf dem Markt: „[D]er Geldpreis, in dem geschätzt wird, ist ein Kompromiß aus Kampfchancen auf dem Markte, so daß der Schätzungsmaßstab […] nur aus dem Kampf des Menschen mit dem Menschen auf dem Markt gewonnen wird. Daraus ergibt sich die ‚formale‘ Rationalität der Geldwirtschaft im Vergleich zu jeder ‚naturalen‘ (sei es Eigen-, sei es Tausch‑) Wirtschaft. Sie bedeutet die höchstmögliche ‚Rechenhaftigkeit‘, die vollendetste Berechenbarkeit aller bereits verwirklichten oder in Zukunft erwarteten Gewinn‑ und Verlustchancen.“4 1

§ 2.

 Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 5 = MWG III/6, S. 85; dazu noch ausführlich unter

 Max Weber, a. a. O.  Max Weber, a. a. O. 4 Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 7 (Hervorh. wie im Original) = MWG III/6, S. 87. 2 3

2

Einleitung

Das Kernanliegen dieses Buches ist es, nachzuweisen, dass Märkte Rechtsprodukte sind und sich die „rechnerische Rationalität“ sämtlicher in den Märkten abgeschlossener Verträge auf den Grundgedanken zurückführen lässt, dass der monetäre Wert von Austauschversprechen berechnet wird. Zwischen den einzelnen in einem Markt abgeschlossenen Verträgen und dem Markt an sich besteht eine enge Wechselwirkung. Denn das privatautonome Fundament unserer Wirtschaftsordnung beruht darauf, dass die Gesamtheit der in einem bestimmten Gebiet abgeschlossenen Austauschverträge konstitutiv für die Entstehung eines Marktes und der in ihm gemessenen Marktpreise ist. Die rechtlich-ökonomische Basis von Austauschversprechen offenzulegen ist entscheidend, um die rechtliche Konstruktion der verschiedensten Märkte, vom einfachen Austauschmarkt bis hin zu komplexen, organisierten Terminmärkten, zu erklären und die Bindungswirkung von Austauschverträgen präzise zu bestimmen. In der juristischen Ausbildung dominiert die Behandlung einer besonderen Form des Austausches: das kaufvertragliche Handgeschäft oder Spotgeschäft des sofortigen Leistungsaustausches Ware gegen Geld.5 Im Vordergrund stehen die Aufarbeitung der verfügungsrechtlichen Abwicklung des Verpflichtungsgeschäftes und insbesondere die Konsequenzen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache. Keine weitere Beachtung wird hingegen der Möglichkeit geschenkt, dass sich der kaufvertragliche Leistungsaustausch nicht nur in Form des besagten Handgeschäfts, sondern auch als sogenanntes Zeitgeschäft vollziehen kann. So kann mit Hilfe eines „einfachen“ Kaufvertrages ein Zeitgeschäft abgeschlossen werden, indem in der Gegenwart der Kaufpreis der Kaufsache für den Leistungsaustausch in der Zukunft vereinbart wird. Erfolgt der Abschluss eines solchen Kaufvertrages auf dem allgemeinen Abschlussmarkt, so wird er auch als Lieferungsgeschäft oder Forward bezeichnet.6 Wird der Vertrag auf einem organisierten Markt abgeschlossen, so wird er Börsentermingeschäft oder Futures-Kontrakt genannt.7 In beiden Fällen sind die Parteien potenziell mit dem Problem der Preisvolatilität der Kaufsache konfrontiert, für das unser Vertragsrecht jedoch eine einfache Lösung bereithält: Durch die Festlegung des Kaufpreises beim Kaufvertrag wie auch beim Futures-Kontrakt wird das Risiko von Marktpreisschwankungen symmetrisch zwischen den Parteien verteilt. Was damit gemeint ist, und welche Bedeutung dieser Erkenntnis für die verschiedenen juristischen Fragestellungen zukommt, soll einführend anhand zweier kurzer Beispielsfälle illustriert werden, in denen die Wirkungsweise des Abschlusses eines Futures einerseits und eines Forwards anderseits gegenübergestellt werden. 5 Zu

der juristischen Einordnung der Handgeschäfte vgl. insbesondere Fn. I 41.  Vgl. hierzu Wolfgang Ernst, Das Lieferungsgeschäft als Vertragstyp seit dem ALR, FS Zöllner, S. 1097 ff. 7 Zur Verwendung dieser Begriffe vgl. Fn. III 8. 6

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Um eine erste Vorstellung von der Funktionsweise eines Futures-Marktes zu entwickeln, wollen wir uns vorstellen, dass eine Fluggesellschaft ihren Kerosinbedarf sicherstellen möchte und daher eine sog. long position, also eine Kaufposition, an einer Terminbörse erwirbt. Ihr Hauptanliegen ist dabei, ein sog. Hedge-Geschäft, ein Preisabsicherungsgeschäft, abzuschließen.8 Es soll dem Risiko von Marktpreisschwankungen begegnet werden und Planbarkeit in Bezug auf den Erwerbspreis des Kerosins in der Zukunft hergestellt werden. Dass die Preisabsicherung ein wirtschaftliches Thema für eine Fluglinie ist, zeigt sich etwa am Beispiel der Lufthansa, bei der im Jahr 2010 zwanzig Prozent der Betriebskosten auf den Erwerb von Kerosin entfielen.9 Denkbar ist nun, dass auf unserem Beispielterminmarkt zwei Varianten eines Futures-Kontrakts angeboten werden: Kerosin-Futures, die auf sog. physical delivery oder auf sog. cash settle‑ ment ausgerichtet sind. Im ersten Fall erhält die Fluglinie das Kerosin für den Preis der long position auch tatsächlich geliefert. Im zweiten Fall wird im gleichen Zeitpunkt eine Differenz zum Spotmarktpreis für Kerosin errechnet, die einen positiven Betrag zu Gunsten oder zu Lasten der Fluggesellschaft ergeben kann. Die allzu abstrakte Differenzberechnung lässt sich am besten anhand eines numerischen Beispiels erfassen: Wurde die long position für 1,80 Dollar pro Gallone erworben und ist der Preis etwa wegen eines militärischen Konflikts am Ende der Laufzeit des Futures-Kontrakts auf 2,20 Dollar gestiegen, so muss unsere Fluggesellschaft aufgrund des Futures nur 1,80 Dollar und nicht 2,20 Dollar auf dem Markt für das Kerosin bezahlen. Sie erhält 40 Cent pro Gallone von der Börse gutgeschrieben und kann bei ihrem Lieferanten auf dem Spotmarkt real Kerosin zu 2,20 Dollar einkaufen. Im wirtschaftlichen Ergebnis muss aber nur 1,80 Dollar pro Gallone aufgebracht werden. Das Hedge-Geschäft hat sich in diesem Fall ausgezahlt, da die Fluggesellschaft vor der eingetretenen Preissteigerung abgesichert ist. Es ist dabei keineswegs gesagt, dass sich ein Hedge-Geschäft in jedem Fall auszahlt, sondern dies lässt sich nur am Ende der Laufzeit des Futures-Kontrakts relativ zu dem dann bestehenden Marktpreis für Kerosin sagen.10 Sind die Marktpreise gestiegen, so hat sich das Geschäft wirtschaftlich rentiert, sind sie gefallen, so macht die Fluglinie einen Verlust, da sie sich auf dem Spotmarkt billiger hätte eindecken können. In jedem Fall erkauft sich die Fluglinie jedoch Sicherheit, indem sie vom Erwerb der long position an fest mit dem Preis kalkulieren kann.11  Vgl. hierzu allg. Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 546 ff.  Vgl. Richard A. Brealey, Stewart C. Myers & Franklin Allen, Corporate Finance11, S. 666. 10 Vgl. allg. zur Vorstellung des perfect hedge, John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 49. 11  Vollständigkeitshalber muss hier noch kurz darauf hingewiesen werden, dass die Fluggesellschaft durch ein sog. Gegengeschäft, also den Erwerb einer Verkaufsposition, einer sog. short position, ihr Engagement auch glattstellen und damit vorzeitig aus dem Markt aussteigen kann. Davon wird noch ausführlich die Rede sein (vgl. dazu unten §§ 9, 10). Die weiteren Details interessieren hier zunächst jedoch nicht weiter.  8  9

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Um ein Hedge-Geschäft zu vereinbaren, muss man aber nicht zwingend an die Terminbörse gehen. Man kann auch einen „einfachen“ Kaufvertrag abschließen, einen Forward. Forwards oder Lieferungsverträge sind „einfache“ (bilaterale) Kaufverträge, bei denen die Fälligkeit der gegenseitigen Hauptleistungspflichten auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt verschoben ist.12 So lag auch die Konstellation in der vieldiskutierten, vom BGH im Jahr 2013 entschiedenen Biodiesel-Entscheidung.13 Die Parteien einigten sich über den in der Zukunft zu zahlenden Preis für den dann sukzessiv zu liefernden Diesel. Was ist aber, wenn, wie in der BGH-Entscheidung, nicht geliefert wird? Der Käufer und Fuhrparkbetreiber wird wenig Interesse haben, den Naturalerfüllungsanspruch auch gerichtlich zu erzwingen, da dies zu lange dauern und er auf den Erhalt des Diesels angewiesen sein wird. Praktisch wird er sich am Markt ersatzweise eindecken und eventuelle Mehrkosten, die sich daraus ergeben, dass der Diesel am Markt „teurer“ ist, vom Verkäufer einfordern. Sein Interesse ist auf den Erhalt des Pekuniarinteresses, also den Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 3, 281 BGB) gerichtet. Unter welchen materiell-rechtlichen Voraussetzungen kann der Diesel-Käufer aber von dem auf die Naturalerfüllung gerichteten Primärerfüllungsanspruch auf die sekundärrechtliche Ebene wechseln? Und wie lässt sich der Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung umfangmäßig beziffern? Die Zahl der in diesem Zusammenhang offenen Streitfragen ist überwältigend. Eine kurze, nicht abschließende Übersicht soll dies demonstrieren: Besteht der Naturalerfüllungsanspruch und der Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung im Verhältnis der elektiven Konkurrenz, im Verhältnis einer Wahlschuld oder wird das Verhältnis durch die Ausübung eines Gestaltungsrechts (§ 281 Abs. 4 BGB) bestimmt? Muss parallel auch der Rücktritt erklärt werden? Ergibt sich der Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden umfangmäßig bereits auf der Grundlage der Anwendung der (leistungsstörungsrechtlichen) Differenztheorie oder bedarf es der Anwendung der §§ 249 ff. BGB? Nach welchem Zeitpunkt, welchem Marktpreis und welcher Marktstufe bestimmt sich der Anspruchsumfang? Kann der Käufer nur die Kosten eines konkret durchgeführten Ersatzgeschäftes ansetzen oder kann er seinen Anspruch abstrakt auf der Grundlage der Differenz zum Marktpreis beziffern? Was ist, wenn die konkrete Ersatzbeschaffung relativ zum Marktpreis zu weit überhöhten Preisen vorgenommen wurde? Die Liste der Fragen ließe sich ohne Probleme verlängern. Im Kern geht es aber um nichts anderes als im Fall des Kerosin-Futures, dass nämlich das Pekuniarinteresse des Leistungsgläubigers relativ zum Marktpreis zu bestimmen ist. An der Terminbörse wird dieses Interesse automatisiert berechnet und konten12  John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 6: „It is an agreement to buy or sell an asset at a certain future time for a certain price“. 13 BGHZ 197, 357 = NJW 2013, 2959 („Biodiesel“).

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mäßig verbucht, während beim „einfachen“ Kaufvertrag das Interesse erst infolge des Einforderns des Schadensersatzes statt der Leistung nach §§ 289 Abs. 3, 281 BGB zu errechnen ist. Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Problemskizze kann der Gang der Untersuchung erläutert werden. Märkte und die in ihnen vollzogenen Austauschverträge sind nicht ex nihilo entstanden. Sie stehen in Beziehung zu besonderen historisch gewachsenen physischen Handelsorten, von denen viele nicht mehr existieren oder in der Gegenwart in den digitalen Raum verlegt wurden. Heute bestehen noch Wochenmärkte, Bazare und Markthallen in den Städten und Dörfern. Spezielle Marktorte, auf denen sich Händler trafen, waren die Messen des Mittelalters, die Treffpunkte vor den Loggien in den Handelsmetropolen und schließlich eine besondere Institution, die wir Börse oder ex‑ change nennen. Was unterscheidet aber die Messen, die verschiedenen Treffpunkte und die Börsen voneinander? Wann und wo wurde die welterste Börse errichtet? Worauf ist der Name der Börse zurückzuführen? Wer hatte Zutritt? Lassen sich Rückschlüsse aus der Architektur dieser besonderen Handelsorte für den Handelsablauf und damit auch für die in ihnen abgeschlossenen Handelsgeschäfte ziehen? All diese Fragen lassen sich nur hinreichend einfangen und annäherungsweise beantworten, wenn wir uns der Charakteristika der unterschiedlichen Marktorte bewusst werden. Um diesem Ziel näher zu kommen, wird im ersten Teil eine Skizze der Kulturgeschichte der Marktorte präsentiert (§ 1). Schwerpunktmäßig wird dabei die Entstehung und Entwicklung der Börsen seit dem 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart dargestellt, indem eine Wirtschaftsgeschichte des Börsenwesens mit einer Architekturgeschichte der Börsengebäude verknüpft wird. Es geht darum zu zeigen, wie zentrale Handelsorte entstanden sind, die nicht dem Handel mit präsenten Waren, sondern ausschließlich dem Informationsaustausch und dem Vertragsabschluss dienten. Die Betrachtungen zur historischen Entwicklung der Marktorte bilden die Grundlage, um sodann den grundlegenden, abstrakten Fragestellungen nachzugehen, ob Märkte Rechtsprodukte sind (§ 2), inwieweit Märkte als Referenz‑ und Bewertungssysteme fungieren (§ 3) und wie sich die Rechtsarchitektur von Märkten erfassen lässt (§ 4). Der zweite Teil handelt von den einfachen Austauschverträgen, den Tausch‑ und Kaufverträgen. In § 5 geht es um die Frage, welcher institutioneller Grundlagen es bedarf, um ausgehend vom relativ simplen Tauschvertrag Kaufverträge abzuschließen. Dafür werden die dogmatischen wie auch praktischen Unterschiede zwischen einem quantitativen Tauschverhältnis eines Tauschvertrages und dem nominalistischen, geldrechtlichen Fundament von Preisen des Kaufvertrages untersucht. Dies legt die Basis, um über die Risikostruktur des Kaufs nachzudenken. Damit wird ein spezieller Aspekt einer Thematik behandelt, die in ihrer gesamten Breite von Martin Henssler in seiner 1993 erschienenen Schrift „Risiko als Vertragsgegenstand“ für das gesamte Zivilrecht aufgearbeitet wurde.

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Die Risikostruktur des Kaufvertrages wird in § 6 II. in Beziehung gesetzt zu den Anfängen der modernen Finanzmathematik Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts, in der die Kaufverträge als lineare Produkte beschrieben und in Form von sog. payoff-Diagrammen darstellt wurden. Daraus lässt sich ableiten, dass eine der Hauptaufgaben eines jeden Kaufvertrages darin besteht, das Basisrisiko von Marktpreisschwankungen symmetrisch zwischen den Parteien zu verteilen (§ 6 II. 2. b.). Die Rechtsnatur und Wirkung des kaufvertraglichen Leistungsaustausches lässt sich selbstverständlich nicht durch die Beschreibung des Risikoprofils des Kaufvertrages erschöpfend erklären, sondern es muss das Verhältnis von Naturalerfüllungsanspruch und Pekuniarinteresse erfasst werden. Dieses Verhältnis ist auch der Dreh‑ und Angelpunkt, um die unterschiedlichen Vertragsrechtsverständnisse der civil law-Jurisdiktionen einerseits und der common law-Jurisdiktion anderseits zu erfassen (§ 7 I.). Aufbauend auf den Arbeiten von Brigitte Knobbe-Keuk14, Ulrich Huber15, Hannes Unberath16, Marc-Philippe Weller17, und Thomas Riehm18 wird analysiert, inwieweit das Naturalerfüllungsinteresse und das Pekuniarinteresse als unterschiedliche Erfüllungsmodi aufzufassen sind. Von Interesse ist dabei insbesondere die Trennlinie zwischen Kaufverträgen, die auf vertretbare, marktgängige Gegenstände einerseits und unvertretbare Gegenstände anderseits gerichtet sind. Ein Schwerpunkt der Darstellung ist dem praktisch sehr relevanten, aber bislang nicht hinreichend gewürdigten Themenkomplex gewidmet, wie der Umwandlungsmechanismus in den unterschiedlichen Rechtsordnungen ausgestaltet ist, mit dessen Hilfe der Leistungsgläubiger das Vertragsverhältnis in ein auf einen Schadensersatzanspruch lautendes Rechtsverhältnis umgestalten kann (§ 7 II.). Gegenübergestellt werden dabei der Ansatz des englischen Rechts, mit den in Kontinentaleuropa anzutreffenden Lösungen in Deutschland, der Schweiz und Österreich sowie der jüngst im Rahmen der Reform des französischen Code Civil 2016 kodifizierten Regelungen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, inwieweit nicht nur Kaufleute, sondern auch Privatpersonen des allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Rechtsverkehrs durch Fixkaufbestimmungen zu einer schnelleren Leistungsdurchsetzung kommen können. In § 8 geht es schließlich um die Bemessung des Pekuniarinteresses, dem Schadensersatz statt der Leistung. Unter Zugrundelegung der scharfsinnigen  Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, 1972. Band I. und II., 1999; ders., Der Begriff der Pflichtverletzung im System des neuen Leistungsstörungsrechts, in: Reform des deutschen Schuldrechts, S. 23 ff.; ders., Schadensersatz statt der Leistung, AcP 210 (2010), 319 ff. 16 Die Vertragsverletzung, 2007. 17 Die Vertragsstreue, Vertragsbindung, Naturalerfüllungsgrundsatz, Leistungstreue, 2009; ders., Der Vertrag: Haftungs‑ oder Erfüllungsversprechen?  – von Holmes über Rabel und Rheinstein zu Unberath, in: GS Unberath, S. 447 ff. 18  Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015. 14

15 Leistungsstörungen,

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und grundlegenden Ausführungen des österreichischen Handelsrechtlers Oskar Pisko19 (1876–1939) wird herausgearbeitet, dass mit dem Nichterfüllungsschaden das wirtschaftliche Ergebnis des naturalen Leistungsaustausches reproduziert wird, indem unter Zugrundelegung des vertraglich festgelegten Risikoprofils eine Geldsumme errechnet wird. Diese Rechenoperation wird, wie dies der Verfasser20 bereits in einem im Archiv für die civilistische Praxis veröffentlichten Beitrag vertreten hat, durch die Durchführung einer Marktpreisdifferenz zwischem dem Kaufpreis und dem Marktpreis der Kaufsache ermittelt. Diese These hat sich im Zuge der Ausarbeitung dieses Buches bestätigt. Sie wurde wesentlich präzisiert und ergänzt. Es lässt sich nun aufgrund einer rechtsvergleichenden Umschau darlegen, dass in der Handelsrechtspraxis fast sämtlicher Länder der westlichen Hemisphäre der Nichterfüllungsschaden Mitte des 19. Jahrhunderts nach der Marktpreisdifferenz berechnet wurde (§ 8 II. 1.). Es lässt sich zeigen, dass der Schadensersatz statt der Leistung umfangmäßig bereits auf einer auf der Ebene des § 281 BGB zu vollziehenden Differenzberechnung nach der sog. Differenztheorie zu ermitteln ist und es nicht der Anwendung der §§ 249 ff. BGB bedarf (§ 8 II. 2.). Die heutige Rechtspraxis wird jedoch dadurch belastet, dass der Nichterfüllungsschaden irrtümlicherweise von der h.M. mit dem Ersatz des entgangenen Gewinns gleichgesetzt wird. Dies führt, wie aufzudecken sein wird, zu nicht zu rechtfertigenden Überkompensationen von Schadensersatzgläubigern (§ 8 I. 2. ff. und § 8 III.). In § 8 IV. wird eine Methode beschrieben, wie der Verzögerungsschaden vom Schadensersatz statt der Leistung abgegrenzt werden kann. In § 8 V. wird schließlich das Verhältnis zum Rücktritt erörtert. Im letzten, dritten Teil werden die Börsengebäude aus dem ersten Teil mit juristischem Leben gefüllt. Mit dem weiten Feld des Börsenhandels, oder wie man heute umfassender sagen sollte, dem Derivathandel, ist eine im ständigen Wachstum begriffene Anzahl von Arbeiten befasst.21 Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt ausschließlich auf dem Futures-Kontrakt, dem Kaufrecht der Börsen. Es wird eine Dogmengeschichte des Futures-Handels präsentiert, so wie sie sich seit dem 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart entwickelt hat. 19 Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 355 Anm. § 35 ff.; ders., Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 52 (= S. 184 ff.); ders., Der Einfluß der dritten Teilnovelle zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch auf das Handelsrecht, ZHR 80 (1917), 161, 210 ff.; siehe auch Christian Rabl, Schadenersatz wegen Nichterfüllung, 1998. 20  AcP 215 (2015), 282 ff. 21  Vgl. nur aus der deutschsprachigen Literatur: Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1993, S. 574 ff.; Dorothee Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, 1995; Klaus J. Hopt, Bernd Rudolph & Harald Baum (Hrsg.), Börsenreform, Eine ökonomische, rechtvergleichende und rechtspolitische Untersuchung, 1997; Günter Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, 2002; Matthias Casper, Der Optionsvertrag, 2005; Matthias Lehmann, Finanzinstrumente, 2009; Christoph A. Kern, Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts, 2013; Dirk A. Zetzsche, Prinzipien der kollektiven Vermögensanlage, 2015; Simon Schwarz, Globaler Effektenhandel, 2016; Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2 (2016), 37. Kapitel; Theodor Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017.

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Ausgangspunkt hierfür ist der weltweit erste Terminmarkt an der Amsterdamer Börse des 17. und 18. Jahrhunderts, der sich insbesondere aufgrund der Schilderungen des Kaufmanns Jean-Pierre Ricard in dem 1722 erschienenen Werk Le Negoce d’Amsterdam (1722) rekonstruieren lässt (§ 10 I.). Es wird analysiert, wie sich der Terminhandel auf die Rechtstechnik der Skontration – einer besonderen Verrechnungsmethode, die dem mittelalterlichen Wechselverkehr entsprungen ist – zurückführen lässt und wie der gesamte Verfahrensablauf ständig verfeinert wurde. Die Dogmengeschichte endet in der Jetztzeit des Computerhandels und der Abwicklung des Terminhandels über sog. zentrale Gegenparteien (central clearing parties (CCP)). Mit der Darstellung des historischen Entwicklungsprozesses soll gezeigt werden, wie durch die massenhafte rechnerische Verknüpfung von Kaufverträgen Terminmärkte entstanden sind und was uns dies über die Natur des Börsenhandels und die auf den organisierten Märkten vollzogenen Austauschvorgänge insgesamt sagt. Es geht hier um nichts weniger, als das privatrechtliche Fundament der Futures-Märkte freizulegen und zu zeigen, wie auf diesen Märkten durch die automatisierte Berechnung des Pekuniarinteresses der Handel vollzogen wird. Dabei ist einem der größten Mythen der Wirtschaftsgeschichte entgegenzutreten, dass an den Börsen nur Spiel und Wette stattfinde (§ 11). Im abschließenden § 12 wird gefragt, welche Funktion dem „einfachen“ Kaufvertrag in der Welt der Derivate zukommt und welche Parallelen zwischen der Berechnung des Pekuniarinteresses im allgemeinen Zivilrecht und an den organisierten Terminmärkten bestehen.

Erster Teil

Die rechtliche Erfassung von Märkten „Markets are human artifacts, not natural phenomena.“ Alvin E. Roth, Who Gets What – and Why, 2016, S. 231

Der Begriff des Marktes verkörpert in seiner Vieldeutigkeit den Kern unserer heute bestehenden Wirtschafts‑ und Privatrechtsordnung. Er umfasst eine schier unermessliche Variantenvielfalt von physischen und digitalen Handelsorten. So lässt sich etwa an Marktplätze unter freiem Himmel, überdachte Markthallen, Bazare, aber auch an virtuelle Handelsplattformen im Internet oder schließlich an die kapitalstarken, global vernetzten Finanz‑ und Warenmärkte denken.1 Im Zentrum der Triebkräfte der Marktwirtschaft steht, wie sich der französische Historiker Fernand Braudel ausgedrückt hat, das „Jeux de l’Échange“2, das unser wirtschaftliches Leben bestimmt. Dem entspricht es, wenn das Konzept des Marktes in Anknüpfung an die Idee des Austausches, des exchange oder échange in der Ökonomie beschrieben wird.3 Nach der englischen Ökonomin Joan Violet Robinson4 sind Märkte „a means by which the exchange of goods […] takes place as a result of buyers and sellers being in contact with one another, either directly or through mediating agents or institutions.“ Ähnlich beschreibt Milton Friedman5 die Grundfunktion des Marktes: „The fundamental principle of the market sector is the use of purchase and sale to organize the use of r­ esources“. Nach 1  Vgl. dazu etwa John McMillan, Reinventing the Bazaar, A Natural History of Markets, 2012 und Luigi Einaudi, Lectures on Markets (1944), in: Selected Economic Essays, S. 39 ff. 2  So der (abgekürzte) französische Titel des zweiten Bandes des dreibändigen Werks, Civilisation matérielle, économie et capitalisme, XVe–XVIIIe siècle (1979) von Fernand Braudel. Die deutsche Übersetzung des Titels, „Der Handel“ (1979), und die englische Übersetzung, „The Wheels of Commerce“ (1982), sind wenig treffend. Zur Einführung in das Werk Braudels siehe auch dessen Vorlesungsreihe, die dieser 1976 an der John Hopkins University in Baltimore gehalten hat (deutsche Übersetzung: Fernand Braudel, Die Dynamik des Kapitalismus [„La dynamique du capitalisme“], 1997). 3  Vgl. hierzu die lesenswerten Zusammenstellungen von Richard Swedberg, Markets as Social Structures, in: The Handbook of Economic Sociology1, S. 255 ff. und 2. Aufl., S. 233 ff. (mit wesentlich verändertem Inhalt) sowie ders., Principles of Economic Sociology, S. 104 ff. 4  In: Encyclopedia Britannica15, Eintrag „Markets“. 5 Price Theory, S. 5.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

­Ronald Coase6 sind Märkte „institutions that facilitate exchange“. In jüngster Zeit hat schließlich Roy E. Bailey7 davon gesprochen, dass „[f]rom an economic perspective, a market is any set of arrangements that enable voluntary agreements to be reached among its participants“. Der in Princeton arbeitende Soziologe Richard Swedberg hat darauf hingewiesen, dass das Phänomen des Marktes trotz seiner unbestreitbar hohen Bedeutung eine erstaunlich unterbeleuchtete Institution unseres Wirtschafts‑ und Rechtslebens sei, weil in der zeitgenössischen ökonomischen Betrachtungsweise der Markt in der Regel nur als „pricemaking mechanism“ und nicht als „institution in its own right“ aufgefasst werde.8 Er verweist in diesem Zusammenhang auf die oft zitierten Ausführungen dreier Ökonomie-Nobelpreisträger.9 So beklagte George Stigler im Jahr 1967: „[E]conomic theory is concerned with markets [and] it is, therefore, a source of embarrassment that so little attention has been paid to the theory of markets.“10 Nachfolgend bemerkte Douglass North11 1977: „It is a peculiar fact that the literature on economics […] contains so little discussion of the central institution that underlies neo-classical economics – the market.“ Und schließlich führte Ronald Coase12 1988 aus, dass „in modern economic theory the market itself has an even more shadowy role than the firm. […] In the modern textbook, the analysis deals with the determination of market prices, but the discussion of the market itself has entirely disappeared“.

Gleichzeitig weist Coase darauf hin, dass die Vorstellung vieler Ökonomen vom Markt vom Idealtypus eines Marktes, dem sogenannten perfekten Markt (per‑ fect market) geprägt ist, nämlich der Börse.13 Im englischen Ausdruck für Börse,  The Firm, the Market and the Law, S. 7. Economics of Financial Markets, S. 34 (Hervorh. im Original).  8 Richard Swedberg, Markets as Social Structures, in: The Handbook of Economic Sociology1, S. 257.  9  Richard Swedberg, Markets as Social Structures, in: The Handbook of Economic Sociology1, S. 257; siehe auch Goeffrey M. Hodgson, Conceptualizing Capitalism, S. 130; Virgil Henry Storr, Understanding the Culture of Markets, S. 29 f. 10  George Stigler, Imperfections in the Capital Market, Journal of Political Economy 75 (1967), 287, 291. 11  Markets and Other Allocation Systems in History: The Challenge of Karl Polanyi, Journal of European Economic History 6 (1977), 703, 710. 12 The Firm, the Market and the Law, S. 7. 13  Ronald Coase, The Firm, the Market and the Law, S. 9: „It is not without significance that these exchanges [are] often used by economists as examples of a perfect market and perfect condition […].“; vgl. hierzu auch John Armour, et al., Principles of Financial Regulation, S. 102 ff.; davor bereits in aller Deutlichkeit Gustav Schmoller, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre II., § 154 d) (= S. 612): „Die Börse ist heute der Markt aller Märkte, der Mittelpunkt alles großen Geschäftslebens geworden. Die Börsenmeinung an ihr ist das Destillat der Geschäftskenntnisse aller leitenden wirtschaftenden Persönlichkeiten. Indem sie den Kapitalmarkt beherrscht, verfügt sie darüber, ob und zu welchem Preis Kapital fürs Ausland, für die Regierungen, für bestimmte Geschäftszweige, für Neugründungen aller Art vorhanden ist; ihre Kurse sind der Barometer fürs ganze nationale und internationale Geschäftsleben. Sie  6

 7 The

Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

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the exchange, kommt dies überdeutlich zum Ausdruck, indem der Austauschvorgang zugleich den Namen für die Institution als auch den Marktort gibt.14 Ein ganz anderes Bild von der Funktionsweise der Märkte ergibt sich auf der Grundlage der Forschung von Alvin E. Roth, der gemeinsam mit Lloyd S. Shapley den Nobelpreis für Ökonomie der schwedischen Nationalbank 2012 erhalten hat.15 Im Gegensatz zu dem klassischen ökonomischen Ansatz, nach dem Märkte schlicht als Ergebnis der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage aufgefasst werden, hat Roth einen neuen Forschungsansatz des mar‑ ket design geprägt. Dahinter steht das Verständnis, dass Märkte keine Naturphänomene darstellen, die nur betrachtet werden können, sondern dass verschiedene Markttypen durch unterschiedliche Regeln und Verfahrensabläufe bestimmt und letztendlich am Reißbrett kreiert werden können.16 Während auf den (anonymen) commodity markets über den Preis, wie auch über die Geschwindigkeit des Abschlusses, bestimmt wird, wer letztendlich den Zuschlag erhält („Who gets what“), sieht dies bei den matching markets, in denen andere Auswahlkriterien zu identifizieren sind, anders aus. Roth führt als Beispiel für letztere Märkte den Zugang zu Universitäten oder den Organspendemarkt an, in dem die Verteilung der Studienplätze beziehungsweise der Organe gerade nicht über die monetäre Bepreisung geregelt wird. Market design zielt darauf, die den unterschiedlichen Märkten zugrunde liegenden Regeln und Verfahrensabläufe zu verstehen und zu optimieren. Dabei sollen mindestens drei Dinge erzielt werden: thickness, safeness, und die Bewältigung von congestion. Es müssen ausreichend Personen am Markt teilnehmen, die avisierte Durchführung der jeweiligen Transaktion muss sicher sein und es muss der Überlastung des Marktes entgegengewirkt werden, etwa in Form ausreichender Zeit für die Entscheidungsfindung. Vergleichbar mit dem verengten Verständnis des Marktes als Preismechanismus in der Mainstream-Ökonomie wird dem Markt auch im allgemeinen zivilrechtlichen Schrifttum nur wenig Beachtung geschenkt. So wird die Bedeutung des Marktes, wenn überhaupt, nur ganz kursorisch angesprochen17 oder nur kontextspezifisch untersucht wie etwa im Rahmen des Instituts der

ist gewissermaßen das Gehirn der Volkswirtschaft geworden. Die Börse zertrümmern, weil sie Auswüchse und Schäden hat, weil ihre Zentralisation der Geschäfte Einzelne riesenhaft bereichert, heißt doch das Instrument lahm legen, das die Volkswirtschaft leitet.“ (Hervorh. wie im Original). 14  Zum Ursprung dieses Ausdrucks vgl. § 1 III. 3. a. a.E. und Fn. I 159. 15  Alvin E. Roth, Who Gets What – and Why, 2016; ders., The Art of Designing Markets, Harvard Business Review 2007, 118 ff. 16  Alvin E. Roth, Who Gets What – and Why, S. 231: „Markets are human artifacts, not natural phenomena“. 17 Vgl. etwa Ludwig Enneccerus & Hans Carl Nipperdey, AT I/115, § 134 II. (= S. 853 f.) (zu den Marktpreisen).

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

­leasio ­enormis18, des allgemeinen Schadensrechts19, des Transportrechts20 oder des Versicherungsrechts21. Eine beachtenswerte Ausnahme stellt das Werk Levin Goldschmidts dar, der in seinem Handbuch des Handelsrechts in der zweiten Hälfe des 19. Jahrhunderts die Grundlagen von „Werth und Preis“22 detailliert aufgearbeitet hat. Nach Goldschmidt ist „[d]as räumliche Gebiet, in welchem ein regelmäßiger Umsatz des Gutes stattfindet, […] dessen Markt. An diesem Markte (Handelsplatz und dessen Bezirk) hat das Gut einen Durchschnitts‑ oder laufenden Preis (prix courant), genannt Marktpreis oder Handelswerth. Je nach dem Orte, wo die Geschäfte geschlossen werden, kann der Marktpreis ein Markt‑ Börsen‑ Meß‑ Fabrik‑ Laden-Preis sein. Marktpreis ist somit derjenige Preis, welcher für eine Waare gewisser Gattung und Art von durchschnittlicher Güte an dem Handelsplatze, wo sie einen Markt hat und in dessen Handelsbezirk zu einer gewissen Zeit im Durchschnitt gewährt wird. Um diesen mittleren Preis schwanken die concreten Preise nach beiden Seiten.“23

In diesen wenigen Sätzen gelingt es Goldschmidt, ein sehr differenziertes Bild des Marktes als Bewertungsinstrument zu zeichnen: Der Markt ist nach geographischen Gebieten aufzuspalten, es gibt nicht „den“ Markt und „den“ Marktpreis, sondern unterschiedliche Märkte und Marktpreise. Er beschreibt zudem die – freilich simple, dadurch aber nicht minder überzeugende – Methode der Marktpreisermittlung. In der nachfolgenden Handelsrechtsliteratur ist nicht viel Neues über den Markt zu finden. Vielmehr verkümmert die rechtliche Thematisierung des Marktes in der Handelsrechtswissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer Behandlung des gewerberechtlichen Marktverkehrs (§§ 64–71 GewO 1869). So liest

18 Siehe aber Thomas Finkenauer, Zur Renaissance der laesio enormis beim Kaufvertrag, FS H. P.  Westermann, S.  183 ff.; Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 211 ff.; Horst Eidenmüller, Justifying Fair Price Rules in Contract Law, ERCL 11 (2015), 220 ff.; für Österreich: Martin Winner, Wert und Preis im Zivilrecht, S. 25 ff. 19  Grundlegend Victor Mataja, Das Recht des Schadensersatzes vom Standpunkte der Nationalökonomie, 1888; Joachim Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens im Bürgerlichen Recht, S. 70 ff.; Johannes Köndgen, Ökonomische Aspekte des Schadensproblems, Bemerkungen zur Kommerzialisierungsmethode des Bundesgerichtshofs, AcP 177 (1977), 1 ff.; Peter Gotthardt, Wandlung schadensrechtlicher Wiedergutmachung, 1996; Christian Alex‑ ander, Die Erforderlichkeit von Aufwendungen des Geschädigten für schadensausgleichende Maßnahmen gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, VersR 2006, 1168; Johannes W. Flume, in: ­BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 89 ff. 20 Grundlegend Ingo Koller, Der Wertersatz im Transportrecht, FG 50 Jahre BGH, Band II., S. 181 ff. 21  Grundlegend Victor Ehrenberg, Versicherungswert und Schadensersatz, ZVersW 6 (1906), 369 ff.; Hans Möller, Summen‑ und Einzelschaden, 1937. 22 Vgl. 1. Aufl. 1868: Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR1, § 64 (= S. 574 ff.) und 2. Aufl. 1883: ders., Hdb. d. HR2, §§ 64, 64a (= S. 71 ff.); siehe in diesem Zusammenhang auch Wolfgang Schön, Recht und Ökonomie bei Levin Goldschmidt, FS Karsten Schmidt, S. 1427 ff. 23 Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64a (= S. 99–102) (Hervorh. im Original).

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man repräsentativ für diesen Befund bei Karl Lehmann24: „Heutzutage spielt der Markt im Handelsprivatrecht eine besondere Rolle nicht mehr, die Marktusancen, die noch heute vorkommen, sind von geringer Bedeutung“. Große Bedeutung hat der Markt jedoch als Anknüpfungspunkt im Rahmen der Marktregulierung in den mittlerweile klassischen Feldern des Wettbewerbrechts, also des Kartell‑ und Lauterkeitsrechts, der Banken‑ und der Kapitalmarktregulierung.25 Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts lassen sich in diesen Bereichen umfangreiche hoheitliche Eingriffsakte nachweisen, die ganz unterschiedliche Steuerungsanliegen verfolgen, indem beispielsweise im Kartellrecht auf „ungleiche Machtverteilungen“26 reagiert wird, die die Möglichkeit privatautonomen Handelns auf dem Markt grundsätzlich in Frage stellen oder sogar ausschließen und mit den Mitteln des Kartellrechts die Grundvoraussetzungen für das Stattfinden von Wettbewerb wieder hergestellt werden soll.27 Eingehend beleuchtet wird zudem etwa in jüngster Zeit auch die Frage, inwieweit durch Lauterkeitsrecht sowie durch das Kartellrecht die Marktintegrität von Onlineplattformen sichergestellt werden kann und wie der Privatrechtsrahmen von Marktplätzen im Internet verfasst ist.28 Kurz zu verweisen ist zudem auf die vielfältigen, hier nur exemplarisch aufzuführenden themenspezifischen Abhandlungen zur verfassungsrechtlichen Verankerung der Marktwirtschaft29, zur Bedeutung des Marktes im Kapitalmarktrecht30, bei der 24  HR2, § 35 1. (= S. 183); vgl. auch die knappe Zusammenstellung bei Oskar Pisko, Hilfseinrichtungen für den Handelsverkehr, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR. II/1., § 95 (=  S. 522 f.). Die Materie hat in der gegenwärtigen Debatte um die Funktionen des öffentlich-rechtlichen Regulierungsrechts eine Renaissance erfahren; dazu Michael Fehling & Matthias Rüffert, Regulierungsrecht, 2010. 25  Stefan Grundmann, Privatrecht und Regulierung, FS  Canaris zum 80. Geburtstag, S. 907 ff.; siehe ferner Alexander Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, 2016 (für den die „Gewährleitung von Privatautomie“ keine Frage der Regulierung, sondern Ausfluss einer „Or­ ga­nisationsfunktion“ des Rechts ist; vgl. S. 72 m. Fn. 332) und Jens-Uwe Franck, Marktordnung durch Haftung, 2016. 26 Werner Flume, AT II.4, § 1 7. (= S. 10). 27 Stefan Grundmann, FS Canaris zum 80. Geburtstag, S. 907, 910 f., 913 ff.; vgl. dazu ferner Eberhard v. Olshausen, Zivil‑ und wirtschaftsrechtliche Instrumente gegen überhöhte Preise, ZHR 146 (1982), 259 ff. 28 Vgl. Andreas Engert, Digitale Plattformen, AcP 218 (2018), 304 ff.; Andrea Lohse, Marktmissbrauch durch Internetplattformen?, ZHR 182 (2018), 321 ff.; Alexander Hellgardt, Privatautonome Modifikationen der Regeln zu Abschluss, Zustandekommen und Wirksamkeit des Vertrags, AcP 113 (2013), 760 ff.; Johannes Köndgen, Privatisierung des Rechts, AcP 206 (2006), 477 ff.; Thomas Rüfner, Virtuelle Marktordnung und das AGB-Gesetz, MMR 2000, 597 ff.; insgesamt zum Auktionswesen: Bernhard Kreße, Die Auktion als Wettbewerbsverfahren, 2014; aus dem anglo-amerikanischen Raum: Edward Peter Stringham, Private Governance, 2015. 29  Zur wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes nach der heute h.M. vgl. nur Rupert Scholz, in: Maunz/Dürig79EL 2016, Art. 12 Rn. 85 m. w. N.; siehe ferner Reiner Schmidt, Die Ordnung des Marktes durch Recht, FS Rupert Scholz, S. 889 ff. 30  Siehe hierzu nur zuletzt: Stefan Grundmann, in: Staub5, Investment Banking I, 5. Teil, Rn.  7 ff.; Guido Ferrarini & Paolo Saguato, Regulating Financial Market Infrastructures, in: Oxford Handbook of Financial Regulation, S. 568 ff.; Andreas M. Fleckner, Regulating Trading

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Nachlassbewertung31, beim sog. Fremdvergleich im Kapitalgesellschaftsrecht32, bei Bewertungsfragen des Aktien-, Konzern‑ und Umwandlungsrechts33 oder schließlich bei der Unternehmensveräußerung34. In all diesen unterschiedlichen Kontexten wird eine ganz spezifische Sichtweise auf die Beschaffenheit von Märkten (wie z. B. die Abgrenzung des relevanten Marktes im Kartellrecht35), eingenommen, die entscheidend durch die jeweiligen Norm‑ und Regelungskontexte geprägt sind. Für die Grundlegung einer juristisch-ökonomischen Theorie des Austauschverkehrs interessiert vorliegend hingegen die allgemeine, jedoch kaum behandelte Fragestellung nach der rechtlichen Verfassung von Austauschmärkten. Was sind Austauschmärkte? Was sind Marktpreise? Handelt es sich um rein ökonomische Phänomene oder sind sie durch rechtliche Vorgaben determiniert? In welchem Verhältnis stehen Märkte, Marktpreise und Vertragsversprechen? Welche Bedeutung hat die Erfassung der Funktionsweise des Marktes und der Marktpreise für die unterschiedlichen schuldrechtlichen beziehungsweise leistungsstörungsrechtlichen Fragestellungen, bei denen der Wert eines Gegenstands zu ermitteln ist? Und schließlich: in welchem räumlichen, sachlichen und historischen Kontext lassen sich Austauschmärkte erfassen? Der Beantwortung der letzten Frage und der Annäherung an eine genauere Vorstellung über die Beschaffenheit von Märkten dient § 1, in dem eine kurze Wirtschaftsrechtsgeschichte der Entwicklung der unterschiedlichen Marktorte präsentiert wird. Damit soll eine Basis für ein besseres Verständnis gelegt werden, in welchem Kontext Austauschverträge abgeschlossen werden und inwieweit die Struktur des Marktorts auch seine rechtliche Erfassung bedingt. Es wird dargelegt, wie seit dem Mittelalter aus den Treffen der Kaufleute unter freiem Himmeln sowie dem Messewesen die Börsen in der frühen Neuzeit entstanden sind. Die Börse stellte einen neuen Gebäudetypus dar, dessen Zweck ganz auf die Bedürfnisse des Handels ausgerichtet war. Mit ihr wurde ein physiPractices, in: Oxford Handbook of Financial Regulation, S. 596 ff.; Christoph Kumpan, Die Regulierung außerbörslicher Wertpapierhandelssysteme im deutschen, europäischen und US-amerikanischen Recht, 2006; siehe auch Katharina Pistor, A Legal Theory of Finance, J. Comp. Econ 41 (2013), 315 ff., die, in einem nur in den Grundkonturen bekannten Forschungsprojekt, versucht, eine „Legal Theory of Finance“ aufzubauen. 31 Grundlegend Jens Peter Meincke, Das Recht der Nachlassbewertung im BGB, 1973. 32  Johannes W. Flume, Marktkonformität? Rechtsvergleichende Überlegungen zur Durchführung des kapitalerhaltungsrechtlichen Fremdvergleichs, GES 2012, 3 ff. 33 Zu den Bewertungsanlässen vgl. Rainer Hüttemann, in: Rechtshandbuch der Unternehmensbewertung, § 1 Rn. 1 ff.; ferner monographisch: Lars Klöhn, Das System der aktien‑ und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, 2009; Martin Winner, Wert und Preis im Zivilrecht, 2008; Hanns F. Hügel, Verschmelzung und Einbringung, 1993. 34 Rainer Hüttemann, Unternehmensbewertung als Rechtsproblem, ZHR 162 (1998), 563 ff.; ders., Richterliche Unternehmensbewertung zwischen Rechts‑ und Tatfragen, FS  Schilken, S.  317 ff. 35 Dazu z. B. Michael Kling & Stefan Thomas, Kartellrecht2, § 6 C. I. (= S. 204 ff.).

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scher Treffpunkt geschaffen, der nicht auf die Warenschau oder den Warenverkauf ausgerichtet war, sondern der einzig dem Informationsaustausch und dem Vertragsschluss diente. Die Börsen und ihre Gebäude bilden schließlich auch den Ausgangspunkt, um die Auswirkungen des technischen Fortschritts auf den Handel einzufangen. Der zweite markante Einschnitt ist dabei das Ende des klassischen Parketthandels in den vergangenen Jahren. Dadurch wurde der Handel aus der physischen Begrenzung des Börsensaals in den digitalen Raum verlegt. In § 2 wird der für die Erfassung von Marktaustauschvorgängen zentrale Gedanke formuliert: Der Markt ist ein Rechtsprodukt. Es wird darzulegen sein, auf welchen rechtlichen Instituten die Existenz moderner Austauschmärkte beruht und welche Relevanz dieser Erkenntnis für die Erfassung von Austauschversprechen und damit insgesamt für unser Verständnis zentraler Fragen des Schuldrechts zukommt. In § 3 wird auf die berühmt berüchtigte Funktion des Marktes als pricemaking mechanism eingegangen. Dabei wird untersucht, inwieweit Marktpreise rechtlich determiniert sind, ob die freie privatautonome Preisgestaltung konstitutiv für unsere Wirtschaftsordnung ist und in welchen Kontexten Marktpreise im Zivilrecht von Bedeutung sind. In § 4 wird abschließend kurz die Rechtsarchitektur von Märkten umrissen.

§ 1 Marktorte Marktorte lassen sich als physische Orte betrachten, an denen Verkäufer und Käufer zusammentreffen.36 Unterscheiden lassen sich (einfache) Marktplätze, Messen und Börsen. Ferdinand Braudel spricht davon, dass die Börsen und Messen auf einer „zweiten und höheren Ebene jenseits des Tauschs“37 einzuordnen sind. Aus der Perspektive des Vertragsrechts unterscheiden sich diese Orte in der Raffinesse der in ihnen stattfindenden Austauschvorgänge. Während auf Marktplätzen die Waren präsent sind und Handgeschäfte abgeschlossen werden, haben sich die Messen, und aus ihnen die Börsen, historisch zu zentralen Orten des Handels entwickelt. Es entstehen für den Handel Informations‑ und Vertragsabschlussorte, in denen der Austauschverkehr stetig verfeinert und fortentwickelt und der Handel „ohne“ präsente Ware vollzogen wurde.

I. Marktplätze Historisch bezeichnet der Begriff des Marktes zunächst den noch heute anzutreffenden und erlebbaren physischen Ort des Handels  – den „Markt“ oder „Marktplatz“.38 Das ist ein Ort, regelmäßig mit herausragendem Standort in der Stadt‑ oder Dorftopographie, der dem An‑ und Verkauf von präsenten Waren dient. Gelegentlich ist er auch mit einem Marktkreuz ausgestattet, das ein Indiz für längst vergangene, im Mittelalter bestandene Marktrechte ist und den Marktfrieden symbolisieren sollte.39 Ein bekanntes Beispiel für eine Institution dieser Art ist der sogenannte Wochenmarkt, auf dem an den Markttagen landwirtschaftliche Produkte vertrieben werden.40 Die Waren liegen dort aus und sie können nach Größe, Gewicht, Farbe, Geruch und Haptik begutachtet werden. 36 Vgl. hierzu einleitend Levin Goldschmidt, System des Handelsrechts2, § 88 Märkte, Messen, Börsen (= S. 138 ff.). 37  Fernand Braudel, Die Dynamik des Kapitalismus, S. 25. 38 Hierzu Albrecht Cordes & Alexander Krey, in: HRG2, Stichwort „Markt“; Reiner Pantlen, in: HdWbStW4, Stichwort „Märkte und Messen“, S. 481 ff.; Winifred B. Rothenberg, in: The New Palgrave Dictionary of Economics2, Eintrag „marketplaces“. 39 Dazu Heiner Lück, in: HRG2, Stichwort „Marktkreuz“. 40  Hierzu: Wilhelm Lexis, in: Hdb. der politischen Ökonomie, Kapitel „Handel“, § 22 S. 252 f.; zur Aufgliederung der Handelszweige: Victor Mataja, in: HdWbStW2, Stichwort „Handel“, Band IV., S. 968 ff.

§ 1 Marktorte

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Sodann können die Parteien über den Preis verhandeln und der Kauf – ­Viktualien gegen Geld  – vollzieht sich sofort. Dies wird als sogenannter Handkauf bezeichnet.41 Der Marktplatz „unter freiem Himmel“ ist freilich, wenn auch der älteste und prominenteste Ort des Warenaustausches, im Vergleich zur Vielzahl der gegenwärtigen Vertriebskanäle heutzutage relativ unbedeutend. Eine historisch-ökonomische Darstellung der Entwicklungsgeschichte der Marktplätze kann hier nicht geliefert werden. Sie ist geprägt durch die Entstehung von Spezialmärkten, der Weiterentwicklung des Großhandelswesens und des Detailhandels sowie der Ausbreitung von Ladengeschäften.42 Diese Ausdifferenzierung der Warenvertriebswege wird maßgeblich durch die Entstehung der großen Städte bedingt und durch die Bedürfnisse der rasant wachsenden städtischen Bevölkerung angetrieben.43 Sichtbares Zeichen der Lösungen für die Versorgung der Stadtbevölkerung war die Errichtung von teils gigantomanischen stahl-gewölbten Markthallenkomplexen und Ausstellungshallen, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Europa entstanden.44 Viele prominente Beispiele dieser Bauepoche, wie etwa die Les Halles Centrales in Paris (1851), existieren jedoch heute nicht mehr oder werden nur noch in umgewidmeter Form genutzt.45 41 Der Ausdruck des Handkaufs ist juristisch entbehrlich und hat zu verwunderlichen Kontroversen geführt. Nach Heinrich Siber (SchuldR, § 40 1. b) γ) (= S. 173) und § 50 I. (= S. 220); ders., Die schuldrechtliche Vertragsfreiheit, JherJb. 70 (1921) 223, 250 f.) und Hugo Kress (SchuldR, § 7 1. (= S. 83 ff.)) soll dem „Hand‑ oder Realgeschäft“ kein Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegen. Den Parteien gehe es nur darum die „reale Leistung“ auszutauschen, nicht hingegen sich zu verpflichten. Diese Auffassung überzeugt nicht, da kein Grund besteht eine eigene schuldrechtliche Kategorie des „reinen Realkontraktes“ (Kress) oder des „reinen Handgeschäfts“ (Siber) zu etablieren, die nicht in der Systematik des BGB angelegt ist (ablehnend zu Recht die h.L., vgl. nur Philipp Heck, SchuldR, § 80 6. (= S. 246) und Heinrich Köhler, in: StaudingerNeub. 1995, Vorbem. zu §§ 433 ff. Rn. 14). Siber hat darauf verwiesen, dass bei den Handgeschäften die Zeitspanne für die Annahme einer Austauschverpflichtung zu kurz sei (a. a. O. S. 250). Die Annahme eines „Versprechensgeschäfts“ beim Handkauf hat er lakonisch als „Konstruieren mit Zeitatomen“ bezeichnet. Jedoch hilft gerade das „Konstruieren mit Zeitatomen“ das Verhältnis des Verpflichtungsgeschäftes und der Verfügungsgeschäfte im Rahmen des prompten Leistungsaustausches zu koordinieren. So hat Werner Flume darauf verwiesen, dass „beim gegenseitigen Bargeschäft […] jedes Leistungsgeschäft in seiner Geltung von der Vornahme des Geschäftes der Gegenleistung abhängig ist“ (AT II.4, § 12 III. 4. (= S. 179); zustimmend Helmut Köhler, a. a. O.; Ulrich Huber, in: Soergel12, vor § 433 Rn. 98 (die dort getroffene Unterscheidung zwischen Bar‑ und Handkauf hat jedoch keine eigene Berechtigung)). Der Eigentumsübergang wird damit auf den spätesten Zeitpunkt verlagert, in dem beide Parteien, die für sie jeweils bestimmte Leistung erhalten haben. 42  Siehe allg. Julius Hirsch, Grundriss der Sozialökonomie V/II.2, § 11 (= S. 72 ff).; Werner Sombart, Der Moderne Kapitalismus II/1, S. 467 ff.; zu den Ladengeschäften: Fernand Braudel, Der Handel, S. 56 ff. 43  Julius Hirsch, Grundriss der Sozialökonomie V/II.2, § 11 2. a) (= S. 74). 44 Allg. hierzu mit reichhaltigem Bildmaterial: Nikolaus Pevsner, A History of Building Types, S. 235–256; Richard Schacher, Märkte und Markthallen für Lebensmittel, Band I. und II., 1914. 45 Dazu Manfred Hamm, Markthallen, 2008.

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II. Messen In der tradierten Erzählung bilden die Messen oder nundinae der Champagne ab dem 12. Jahrhundert die „Berührungszone“46, in der sich die Kaufleute aus dem Mittelmeerraum und die des nordeuropäischen Handelsraums, darunter insbesondere die Kaufleute der Hanse, trafen.47 Messen waren die Treffpunkte der reisenden Kaufleute, die sich an festen, über das Jahr verteilten Terminen zum Handel mit präsenten Waren einfanden.48 Messen dienten mit anderen Worten dem Fernhandel der Kaufleute mit anwesenden Waren.49 Sie waren freilich wesentlich mehr als nur Handelsorte: „Messen bedeuten Lärm und Geschrei, Gassenhauer, Jubel, und Trubel, verrückte Welt, Tohuwabohu, gelegentlich Tumult“50. Sie standen historisch in Verbindung mit kirchlichen Festlichkeiten, Pilgerfahrten und Heiligenfesten.51 Sie waren „Brutstätte des neuen Handelsrechts“52 und wurden oft durch Privilegien abgesichert. Historisch lässt sich nach der neueren Forschung jedoch nicht belegen, dass in ihnen ein international einheitliches Recht galt, eine lex mercatoria, die von sämtlichen Kaufleuten in Europa gleichermaßen befolgt wurde.53 Die Messen dienten jedoch nicht nur dem Warenhandel, sondern sie sind Vorläufer der modernen Waren‑ und Finanzmärkte. Denn auf den Hauptmesseplätzen etablierten sich Clearingstellen für den Wechselverkehr, eine frühe Form des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.54 Durch die Verrechnungstechnik der sog.

46 So

Jacques Le Goff, Kaufleute und Bankiers im Mittelalter, S. 13.  Grundlegend hierzu Levin Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts, S. 224 ff.; ders., Die Geschäftsoperationen auf den Messen der Champagne, ZHR 40 (1892), 1 ff. 48 Albrecht Cordes, in: HRG2, Stichwort „Messen“; Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 195 ff. = MWG III/6, S. 274 ff.; Karl Rathgen, in: Hwb. d. Volkswirtschaft2, Band II., Eintrag „Märkte und Messen“, S. 458 ff.; zur Entwicklung vom 17. bis zum 20. Jahrhundert vgl. Karl Heinrich Kaufhold, Messen und Wirtschaftsausstellungen von 1650 bis 1914, in: Europäische Messen und Märktesysteme in Mittelalter und Neuzeit, S. 239 ff. 49  Dazu bereits Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 368 „Der Handel kann sich vollziehen […] in Anwesenheit von Ware (Meßhandel)“ (Hervorh. im Original). 50  Fernand Braudel, Der Handel, S. 85. 51 Albrecht Cordes, in: HRG2, Stichwort „Messen“. 52  So Albrecht Cordes, in: HRG2, Stichwort „Messen“. 53  Albrecht Cordes, in: HRG2, Stichwort „Lex mercatoria“; Emily Kadens, The Medieval Law Merchant: The Tyranny of a construct, Journal of Legal Analysis 7 (2015), 251 ff. 54  Dazu Michael North, Von den Warenmessen zu den Wechselmessen, Grundlagen des europäischen Zahlungsverkehrs in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Europäische Messen und Märktesysteme in Mittelalter und Neuzeit, S. 223 ff.; Lars Börner & John William Hatfield, The Design of Debt Clearing Markets: Clearinghouse Mechanism in Pre-Industrial Europe, Journal of Political Economy 125 (2017), 1991 ff.; siehe auch kurz: Willi Prion, in: HdWbStW4, Stichwort „Börsenwesen“, Band II., S. 1035, 1036; Fernand Braudel, Der Handel, S. 106 (zum Börsenhandel in Amsterdam). 47

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Skontration55 wurden Barzahlungen auf ein Minimum beschränkt.56 Die herausragende Bedeutung der Skontration ist darin begründet, dass sie  – wie noch ausführlich unter § 10 auszuführen sein wird – die Blaupause für die juristische Konstruktion des Futures-Handels bildet. Die historische Verbindungslinie zwischen Messen und Börsen besteht darin, dass im Zuge des wirtschaftlichen Niedergangs der Messen in der Champagne im 14. Jahrhundert und dem allmählichen wirtschaftlichen Aufschwung der low countries, jenem Gebiet, das wir heute mit dem damals nicht bekannten Gebiet von Belgien und Holland gleichsetzen, permanente Märkte geschaffen wurden, die in einen neuen Typus von Gebäude einzogen: die Börse.57

III. Börsen Die Börsen stellen einen der prominentesten Treffpunkte und Marktorte in der Wirtschaftsgeschichte dar. Sie werden als die Verkörperung des perfect market aufgefasst und von unzähligen Ökonomen, aber auch juristischen Schriftstellern, etwa als der „Zentralsitzpunkt des Handelsverkehrs“58, als der „wichtigste […] Vereinigungspunkt von Käufern und Verkäufern“59, das „Gehirn der Volkswirtschaft“60 oder als der „zentrale Mechanismus des kapitalistischen Systems“61 umschrieben. Was freilich unter einer Börse zu verstehen ist, gegenwärtig wie auch historisch, ist keineswegs eine triviale Fragestellung. Denn das über Jahrhunderte geprägte Bild eines umschlossenen Raums von physisch anwesenden Kaufleuten, Bankiers, Sensalen (Börsenmaklern) und sonstigem Publikum, die zu einer fest  Aus dem italienischen riscontrare für gegenrechnen, auch die Zahlung mit geschlossenem Beutel genannt, vgl. Richard Koch, in: Franz von Holzendorff, Rechtslexikon III.3, Eintrag „Riskontro“, S. 478. 56  Johann Heinrich Stricker, Martin Eulers allgemeine Wechselencylopädie4 (1806), S. 373: „Scontriren, Incontriren. In Augsburg alle Dienstag, in Bozen, Leipzig, Naumburg auf den Messen, wie in den Lyoner Payments, die man Viremens nennt, ist gebräuchlich, daß die Bankiers und Kaufleute mit einer Art Bilanz oder Etat ihrer Forderungen und Schulden, zu zahlen und einzuziehen habenden Wechseln, in einem dazu verordneten Hause, in Gegenwart der dazu vorgesetzten Handelsherren erscheinen, wo dann alles gegen einander durch Zu- und Abschreibungen, ungefähr so wie in den Girobanken, abgerechnet und abgethan wird, wodurch viel Mühe und Unordnung oder Verdrießlichkeiten der baaren Zahlung wegen gehoben bleiben, und das heißt dann das Scontriren oder der Scontro […] Z.E. A hat an B zu zahlen, B an C, und C wieder an A und so fort; dieses wird dann, wie es sich trifft, gegen einander gehoben, und die Reste baar heraus bezahlt. Es scontriren auch Kaufleute an andern Orten einzeln unter sich, wenn sie, sonderlich in Messen, Wechsel auf einander in Handen haben.“ 57  Dazu kurz und prägnant Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 252 = MWG III/6, S. 332: „Ein Vorstadium der Börse ist die Messe.“ (Hervorh. im Original). 58 Carl Samuel Grünhut, Die Börsengeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 277 (= S. 3). 59  Wilhelm Lexis, in: Hdb. der politischen Ökonomie, Kapitel „Handel“, § 23 S. 255. 60  Gustav Schmoller, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre II., § 154 d) (= S. 612). 61 Georg Bernhard, Stichwort „Börsen“, in: Hwb. des Bankwesens1, S. 105. 55

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definierten Zeit miteinander handeln, gehört der Vergangenheit an. Der Parketthandel wurde in den vergangenen Jahren an sämtlichen internationalen Börsen durch die Einführung elektronischer Handelssysteme verdrängt.62 Der für Außenstehende geradezu chaotisch wirkende Parketthandel, so wie er etwa in den berühmten Fotografien von Andreas Gursky „Chicago, Board of Trade I. (1997)“ festgehalten ist, ist mittlerweile ein Zeugnis der Wirtschaftsgeschichte. Insofern mag die Anführung der Börse im Kontext der physischen Handelsorte anachronistisch anmuten. Gleichwohl sind die Börsen historisch unzweifelhaft Handelsorte, die ganz wesentlich das Weichbild der Handelsmetropolen geprägt haben, und damit pars pro toto für die wirtschaftliche und rechtliche Entwicklung des Handels stehen. Aber auch im historischen Kontext sind die Ursprünge und die Entstehung der Börse umstritten geblieben. Seit wann kennen wir diese zentrale Institution des Handels? Hatten beispielsweise bereits die Römer eine „Börse“ in Form der Basilika Julia (54 v. Chr. bis 46 v. Chr.)63, war die Mercanzia in Bologna (1382) oder die Lonja in Barcelona (1383) eine „Börse“64, oder waren schließlich die Versammlungen unter und vor den Loggien der norditalienischen Handelsstätten „Wechselbörsen“65? Börsen sind ganz besondere Handelsorte, in denen die Zweckbestimmung des Ortes die Form der Architektur bedingt hat: das Treffen von Handelspartnern, der Austausch von Informationen, der Handel, der Vertragsabschluss sowie schließlich die Liquidation der Geschäfte. Wie sieht ein solcher Ort aus? In der Tradition der westeuropäischen Ideengeschichte wird die Entstehung der Börse mit dem Aufstieg der Weltmärkte in Brügge, Antwerpen und Amsterdam in der Zeit vom späten Mittelalter bis zur frühen Neuzeit in Verbindung gebracht.66 Börsen im außereuropäischen Ausland sind in Japan seit dem achtzehnten Jahrhundert bekannt.67 Insgesamt wird das Verständnis für die zeitliche Fixierung der Entstehung der Börsen dadurch erschwert, dass die Börsengeschichte allzu oft in Form von nichtssagenden Aufzählungen von Orten und Jahreszahlen erfolgt, die wenig  Dazu noch unter § 1 III. 4.  So etwa Hans Auer, Börsengebäude, in: Handbuch der Architektur, 4. Teil, 2.2., S. 250 (mit (rekonstruiertem) Grundriss und Querschnitt, Fig. 337 f.); dazu, dass im antiken Rom keine Börsen oder funktional vergleichbare Orte existierten, siehe Andreas M. Fleckner, Antike Kapitalvereinigungen, S. 95 f., 462. 64 So zu den beiden letzteren Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 13–15. 65  So Josef Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte II., S. 314. 66 Zum Aufstieg und dem Wettbewerb dieser drei Städte grundlegend: Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, The Institutional Foundations of International Trade in the Low Countries, 1250–1650, 2013; zu ausländischen Kaufmannsnationen in diesen drei Städten: Bruno Blon‑ dé, Oscar Gelderblom & Peter Stabel, Foreign merchant communities, in: Cultural Exchange in Early Modern Europe, S. 154 ff. 67  Ulrike Schaede, Forwards and Futures in Tokugawa-Period Japan, Journal of Banking & Finance 13 (1989), 487 ff.; Mark D. West, Private Ordering at the world’s first futures exchange, Mich. L. Rev. 98 (2000), 2574 ff. 62 63

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oder keine Orientierung über die Entstehung, Art der Börsengebäude und der in ihnen vollzogenen Börsengeschäfte geben. Um zu identifizieren, was eine Börse ist und wann sie erstmals errichtet wurde, soll im Folgenden eine Wirtschaftsgeschichte des Börsenwesens mit einer Architekturgeschichte der Börsenbauten zusammengeführt werden. Die Darstellung führt vom Brügge des 15. über das Antwerpen des 16. Jahrhunderts in das Amsterdam des goldenen Zeitalters des 17. Jahrhunderts und endet in der Gegenwart. Dieses Vorgehen ermöglicht es, die Orte kennenzulernen, an denen sich die unterschiedlichsten Märkte entwickelt haben. Dabei lassen sich drei Epochen ausmachen: die Zeit der Hofhallenbörsen seit dem 16. Jahrhundert, die Zeit der Basilikabörsen im 19. Jahrhundert, die wie kein anderer Gebäudetypus den aufsteigenden Kapitalismus ikonisieren, und schließlich das ausgehende 20. Jahrhundert, in dem die Börsengebäude mit der Entwicklung des elektronischen Handels und dem Ende des Parketthandels an Bedeutung verlieren.

1. Erste Annäherung: Der Börsenplatz von Brügge Als „Urtext“, der die Anfänge des europäischen Börsenwesens beschreibt, gelten die Ausführungen in dem erstmals 1567 erschienenen Werk Descrittione di tutti i Paesi Bassi des in Antwerpen tätigen italienischen Kartographen, Schriftstellers und Kaufmanns Lodovico Guicciardini (1521–1589). Durch Guicciardini verfügen wir nicht nur über die erste bildliche Darstellung der 1531 in Antwerpen eröffneten Börse (abgebildet sogleich unter § 1 III. 2.), sondern wir wissen auch, dass der Name der Börse sich von einem Platz in Brügge ableitet, der nach der Familie „della Borsa“ benannt ist, die dort ein Haus errichtet hatte: „Ma diciamo vn’ poco come cosa considerabile & non indegna di farne mentione, donde venga, & deriui questo nome di Borsa, tanto conuenientemente per accidente a vn’ simil’ luogo appropriato. E in Bruggia vna piazza molto commoda, a tutte le parti della terra; in testa della qual’ piazza è vna grande & antica casa, da quella nobil’ famiglia, detta della Borsa, stata edisicata, con le sue armi di viua pietra, sopra la portal, le quali armi sono tre borse. Or da questa casa, famiglia & armi, prese il nome (come comunemente in simili cose auuiene) quella piazza. Et cosi perche li mercatáti dimoranti in Bruggia, elessero, vsauano, & ancor’ hoggi per raddotto de loro negocij vsano essa piazza o, Borsa, andando eglino poi alle fiere d’ Anuersa, & di Berga, dierono anco a similitudine, & vsanza della loro di Bruggia, il nome di Borsa a quelle piazze, & luoghi, doue essi in detta Anuersa, & Berga a trafficare si raunauano. Et d’Anuersa parimente tanto è stato fauorito & approuato questo nome, tirandolo ad altro senso, hanno poi ancora i Franzesi, portato non ha molto tempo, il medesimo nome di Borsa a Roano, & insino a Tolosa; & datolo a certe piazze, & loggie mercantili, ordinate al modo di qua, per raddotto de mercatanti […]“68  Lodovico Guicciardini, Descrittione di tutti i Paesi Bassi (1567), S. 67; (1581), S. 99, 101.

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„Sagen wir aber eben, als eine beachtenswerte und einer Erwähnung nicht unwürdigen Sache, woher dieser Name Börse, der zufällig einer solchen Stelle so angepasst ist, kommt und abgeleitet wird. Es gibt in Brügge einen allen Erdteilen sehr bequemen Platz, an dessen Anfang steht ein großes und altes Haus, das von diesem edlen Geschlecht, genannt della Borsa, errichtet wurde, mit ihrem natursteinernen Wappen, das sind drei Börsen, über der Tür. Von diesem Haus, Geschlecht und Wappen nahm der Platz (wie gemeinlich in solchem Fall geschieht) den Namen an. Und so, weil die in Brügge weilenden Kaufleute diesen Platz oder Börse als ihren Geschäftssitz wählten, benutzten und noch heute benutzen, gaben sie auch, als sie nachher die Messen von Antwerpen und Bergen (op Zoom) besuchten, nach der Ähnlichkeit und dem Gebrauch dessen in Brügge, den Namen Börse den Plätzen und Stellen, wo sie sich in genanntem Antwerpen und Bergen zum Verhandeln versammelten. Und in Antwerpen hat dieser Name, auf einen anderen Sinn übertragen, gleichfalls soviel Genehmigung und Beifall erworben, daß nachher noch die Franzosen, nicht lange her, denselben Namen Börse nach Rouen und bis nach Toulouse geführt, und bestimmten Handelsplätzen und Häusern, nach hiesiger Art als Sitz von Kaufleuten gegeben haben.“69

Aufgrund der Schilderungen von Guicciardini, die über die Jahrhunderte immer wieder zitiert wurden70, und welche gerade auch in den vielbeachteten Arbeiten von Richard Ehrenberg71 zur Börsengeschichte eine zentrale Stellung einnehmen, wurde die Annahme popularisiert, dass Brügge die Geburtsstätte der Börse sei. Nach Richard Ehrenberg ist jedoch streitig geblieben, ob in Brügge nur die Bezeichnung „Börse“ oder aber „die Institution selbst erfunden“72 wurde.73 Diese von Ehrenberg aufgeworfene Frage wird auch stetig perpetuiert, ohne 69 Deutsche Übersetzung auf der Grundlage des Texts von 1581 nach Jan van Houtte, Von der Brügger Herberge „Zur Börse“ zur Brügger Börse, FS Kellenbenz, S. 237, 238. 70  Vgl. nur etwa J. H.  Esquire, A Familiar Letter Touching some Exchanges in Foreign Countries (unterzeichnet am 23. 01. ​1647), in: A Garland for the New Royal Exchange, S. 58 f.; Philipp von Zesen, Beschreibung der Stadt Amsterdam (1664), in den Erinnerungen (eingebunden auf S. 3 nach dem Index, als Ergänzung zu S. 233 des Haupttextes): „Es wird aber dieses Kaufhaus [sc. die Börse] oder sammelplatz der Kaufleute gemeiniglich die Bòrse genennet; und zwar den Brùggern zur folge; welche ihren Markt / darauf des mittags und abends ihre Kaufleute zusammen kahmen / und sich alda des Kaufhandels wegen besprachen / von einem alten am selbigen liegendem hause / das ùber der tùhre drei bòrsen oder geldbeutel stehen hatte / die Burse oder Bòrse zu nennen pflegten.“; Johann Casper Hersbach, Verbesserte und Viel-vermehrte Wechsel-Handlung (1726), S. 55 f.; Adam Anderson, An Historical and Chronological Deduction of the Origin of Commerce (1764), S. 360; Gustav Heinrich Kirchenpauer, Die alte Börse (1841), S. 1 f.; Josef Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte II. (1929), S. 316. 71  Richard Ehrenberg, Hosteliers und Börse in Brügge vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, ZHR 30 (1885), 403, 445 ff.; ders., Das Zeitalter der Fugger I., S. 80 ff.; ders., Das Zeitalter der Fugger II., S. 3 ff.; eine englische Übersetzung des Werks zu den Fuggern ist im Jahr 1928 unter dem Titel Capital and Finance in the Age of the Renaissance erschienen, in der jedoch die entscheidende Passage (Excurs II., Mittelalterliche Börsen, Zeitalter der Fugger I., S. 69 ff.) nicht enthalten ist; vgl. auch Hans van Werveke, Les origines des bourses commerciales, Faut-il abandonner la thèse Guichardin-Ehrenberg?, Revue belge de philologie et d’histoire 15 (1936), 133 ff. 72  Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 445. 73 Für den letzteren Ansatz verweist Ehrenberg beiläufig auf Louis Gilliodts-Van Severen (1827–1915), der vermerkt: „Deux institutions, je pourrais dire, deux inventions se rattachent à

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freilich einer Antwort näher zu kommen, wenn man in Reiseführern, im Internet oder in den mageren historischen Einführungen vieler „Wirtschaftssensationsbücher“ etwas über den Gründungsmythos der Börse in Brügge lesen kann. Auch findet sich oft die Aussage, dass das noch heute in Brügge in der Vlamings‑ traat 35 zu besichtigende Gebäude die erste Börse der Welt sei. Ob nun wohlmöglich die erste „Börse“ der Welt in Brügge stand, ober aber sich dort nur ein Platz, ein „Börsenplatz“, befand, lässt sich aufgrund des historischen Materials – wie nachfolgend gezeigt werden soll – mit hinreichender Sicherheit beantworten. Der Aufstieg Brügges zu einem international bedeutsamen Markt wird mit der Sturmflut des Jahres 1134 in Verbindung gebracht. Durch sie wurde, von der Scheldemündung aus, über die Zwin, ein Zugang zum Meer eröffnet.74 Dies bereitete den Boden für den allmählichen Aufstieg der Brügger Messen seit 1200, den allmählichen Niedergang der Messen in der Champagne, und die Verstetigung des Messehandels in Brügge zu einem permanenten Markt.75 Spätestens Mitte des 15. Jahrhunderts76 wurde ein nördlich von der heutigen Grand Place (Grote Markt) an der Vlamingstraat gelegener Platz als „die boers“77, „de beurs“78, „Byrsa Brugensis“79 oder „Oude Burse“80 bezeichnet. Dieser Platz diente als Versammlungsort der italienischen Kaufleute, die insbesondere auf die Durchführung des Wechselverkehrs spezialisiert waren.81 Dieser Platz soll nach der Familie van der Buerze benannt worden sein, die in der Zeit zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert insgesamt drei Herbergen, unter anderem zwei auf dem Börsenplatz, betrieben hat.82 Wenn man heutzutage in Brügge vor dem Haus „ter Beurze“ in der Vlamings‑ traat 35 steht, so befindet man sich keineswegs vor der weltersten Börse. Nein, l’origine de notre commune industrielle: la bourse de commerce et la lettre de change.“ (zitiert nach Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 445 Fn. 62). 74 Zu den Reisewegen nach Brügge: Rudolf Häpke, Der deutsche Kaufmann in den Niederlanden, S. 5–8. 75  Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, S. 20 ff.; Jan van Houtte, An Economic History of the Low Countries, S. 98 ff.; Jacque Le Goff, Kaufleute und Bankiers im Mittelalter, S. 36. 76  Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 448 gibt als frühestes zu belegendes Datum das Jahr 1448 an. 77 Hieronymus Münzer: „Aliud est forum, ubi conveniunt mercatores: die boers dictum. Ubi inquam Hispani, Itali, Angli, Almani, Ostrogotti, et omnes naciones conveniunt“ (zitiert nach James M. Murray, Bruges, Cradle of Capitalism, 1280–1390, S. 178). 78 So Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 448 Fn. 68 mit dem Hinweis, dass eine als Beutestück ergatterte Säule aus Lüttich in Brügge „up de buerze“ aufgestellt wurde. 79  So die Bezeichnung in Flandria illustrata von Antonius Sanderus, 1641, S. 271. 80  So die Bezeichnung in der 1562 von Marcus Gerards dem Älteren von Brügge erstellten Karte. 81  Jan van Houtte, FS Kellenbenz, S. 237, 244. 82  Luc Devliegher, Les maison à Bruges, S. 418; vgl. ausführlich zur Geschichte der Familie: Joseph Marechal, Geschiedenis van de Brugse Beurs, S. 15–24, Jan von Houtte, Revue belge de philologie et d’histoire 29 (1951), 275–279 und die Auflistung bei Anke Greve, Hansekaufleute, S. 220–228. Der Name der Familie van der Buerze wird in unzähligen Varianten geschrieben (vgl. Marechal, a. a. O., S. 15); ich folge hier der Wiedergabe durch Greve.

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Abbildung 1: Antonius Sanderus, Flandria illustrata, Tomus Primus 1641, S. 27183

es handelt sich um eine der drei Herbergen, die von der Familie van de Beurze erbaut und betrieben wurden – nämlich die „Ter Buerse“ in der Vlamingstraat 35, die „Ter Ouder Beurse“ in der Vlamingstraat 37 und die „De Cleene Buerse“ in der Grauwerkersstaat 2.84 Durch die bildliche Wiedergabe in Flandria Illu­ stra­ta durch Antonius Sanderus (1586–1664) haben wir eine gute Vorstellung 83  Unterhalb der Abbildung ist die folgende Erläuterung enthalten: „Itali quoque eundem modum hic sua habuerunt Prætoria; & nominatim Florentini & Genuenses, in quorum Prætorio hæc insciptio legitur: Hoc Ædificari Fecerunt Mercatores Januenses Brugis Commorantes Anno CIƆ CCCC XLI. Et alia paris sententiae quae praefert annum CIƆ CCCC XXIX. Utrumque autem hoc Prætorium, tam Florentinorum, quam Genuensium magnifice structum, imminet Bursae Brugensi, eamque a duobus lateribus veluti claudit.“ (Hervorh. wie im Original). (= Auch die Italiener hatten ebenfalls hier ihre Niederlassung; und insbesondere die Florentiner und die Genueser, an deren Haus man folgende Inschrift liest: Dieses Gebäude liessen die in Brügge ansässigen Kaufleute aus Genua im Jahr 1441 erbauen. Und eine andere [Inschrift] mit gleichem Satz, die auf das Jahr 1429 hinweist. Und diese beiden Häuser, sowohl das der Florentiner als auch das der Genueser, liegen, herrlich gebaut, an der Brügger Börse, und schließen sie wie von zwei Seiten.) (Übersetzung d. Verf.). 84  Luc Devliegher, Les maison à Bruges, S. 418; falsch ist daher die Gleichsetzung von Ri‑ chard Ehrenberg (ZHR 30 (1885), 403, 447: „Was ferner das von Guicciardini erwähnte geräumige und alterthümliche Haus der Familie van der Burse betrifft, so steht fest, daß schon gegen Ende des 13. Jahrhunderts in der Vlamincstrate zu Brügge ein Haus, genannt „ter buerse“ oder „ter ouder buerse“ (z. alten Börse) existiert hat.“ In Wirklichkeit handelt es sich nicht um alternative Namen für das dasselbe Gebäude, sondern um separate Gebäude, die nebeneinander lagen (dazu sogleich im Text).

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davon, wie der Platz der „Byrsa Brugensis“ Mitte des 17. Jahrhunderts ausgesehen haben müsste. Zu sehen sind in Abbildung 1 im Uhrzeigersinn das Handelskonsulat der Genueser Kaufleute (zweites Gebäude von l., erbaut 1441 [Vlamingstraat 33]), das Haus „Ter Beurse“ (drittes Gebäude von. l, erbaut 145385 [Vlamingstraat 37]), das Gebäude der venezianischen Kaufleute („Ter Ouder Buerse“, viertes Gebäude von l., seit 1285 urkundlich angeführt86 [Vlamingstraat 37]) und schließlich das Handelskonsulat der florentinischen Kaufmannschaft (fünftes Gebäude von l., erbaut 1429 [Academiestraat 1]). Die Darstellung von Sanderus stellt eine Momentaufnahme dar. Lediglich die Genueser und Florentiner sind namentlich erwähnt, da die venezianischen Kaufleute zu Anfang des 16. Jahrhunderts Brügge zu Gunsten von Antwerpen verlassen87 hatten. Auch war zur Zeit von Sanderus der letzte Namensträger der Familie van de Beurze bereits seit 149 Jahren verstorben.88 Das erwähnte, heute noch zu besichtigende Haus „Ter Beurse“ wurde im 15. Jahrhundert inmitten der italienischen Handelskonsulate von der Familie van der Beurze ca. 40 Jahre lang als Herberge betrieben. Auf welches Gebäude sich nun Guicciardini bezogen hat, auf die „alte Börse“ oder das zuletzt genannte Gaststätte „zur Börse“ lässt sich jedoch mit letzter Gewissheit nicht sagen.89 Aber auch über den auf diesem Platz stattfindenden Handel sollen keine Missverständnisse entstehen. James M. Murray90 hat darauf hingewiesen, dass bei aller Begeisterung für die Geschichte der Börse für das Verständnis des Handels in Brügge die Institutionen der Hosteliers und Makler in den Blick zu nehmen sind. Die Hosteliers oder ostelliers waren, dies kann hier nur skizziert werden, wesentlich mehr als nur Gastwirte.91 In der Blütezeit Brügges und der Entwicklung des flandrischen Tuchhandels, als sich der „mittelalterliche Welt85  Luc Devliegher, Les maison à Bruges, S. 418: „Façade-écran de la maison ‚Ter Beurse‘, […] datée 1453 sur une pierre de façade déplacée en 1947“ (dieses Stück der Fassade ist im Anhang unter Nr. 992 abgebildet); auch existiert noch ein Holzbalken mit dem Wappen der Familie van de Buerze und dem Datum 1453 (Devliegher, a.a.O, S. 419 m. Abbildung des Balkens (Nr. 993) und des Hauses (Nr. 995–996)). 86  Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 447. 87  Vgl. James M. Murray, Bruges, Cradle of Capitalism, 1280–1390, S. 179 Fn. 3. 88  Nach Jan van Houtte, FS Kellenbenz, S. 237, 240 soll der letzte Namensträger der Familie 1492 verstorben sein; dies deckt sich mit Joseph Marechal, Geschiedenis van de Brugse Beurs, S. 23 (unter Hinweis auf Gailliard). 89  Vgl. Jan van Houtte, FS Kellenbenz, S. 237, 243; anders James M. Murray, Bruges, Cradle of Capitalism, 1280–1390, S. 179 Fn. 3, der auf die „Ter Oude Beurs“ abstellt. 90  Bruges, Cradle of Capitalism, 1280–1390, S. 179 f. 91  Vgl. James M. Murray, Bruges, Cradle of Capitalism, 1280–1390, S. 196 ff.; Jan van Houtte, Herbergswesen und Gastlichkeit im mittelalterlichen Brügge, S. 177, 180 ff.; Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, S. 42–52; Rudolf Häpke, Der deutsche Kaufmann in den Niederlanden, S.  9 f.; Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403 ff.; siehe auch allg. Reinhard Zimmermann, in: HKK, §§ 701–704 Rn. 7.

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markt“92 dort im 14. und 15. Jahrhundert etablierte, waren die Herbergen Unterkünfte, Orte der Bewirtung und der Unterhaltung, Stallungen, Depots und Handelsorte.93 Die Waren wurden in den Warengewölben der Hostels (kelnare) oder in nahegelegenen Lagerräumen eingelagert.94 Für die Bedeutung der Herbergen ist es wichtig herauszustellen, dass bis in das 14. Jahrhundert ausländische Kaufleute über keine eigenen Gebäudekomplexe in Brügge verfügten. Es bestanden in Brügge auch keine Fondachi wie im Mittelmeerraum, also Gebäude, die für die Kaufleute einer Nation als Handelsort, Lager und Schlafraum dienten, sondern der internationale Handel war auf die Dienste der Hosteliers und die Nutzung der Räumlichkeiten der über die Stadt verstreuten Herbergen angewiesen.95 Die Hosteliers versorgten ihre Gäste mit Informationen, vermittelten Geschäfte, waren im Zahlungsverkehr tätig, handelten als Kommissionäre für die abwesenden Kaufleute und verkauften die bei ihnen eingelagerten Waren.96 Dabei hafteten sie zudem solidarisch für die Schulden ihrer Gäste.97 Es soll üblich gewesen sein, die Kaufleute mit dem Namen der Herberge, in der sie logierten, zu identifizieren. So wurde etwa ein Kaufmann als „hospes Roberti de Bursa“ bezeichnet.98 Vermittelt wurde der Geschäftsabschluss zwischen den Kaufleuten durch den Hostelier, einem bei diesem angestellten Makler (makelaer oder couretier) oder einem freien Makler. Seit Ende des 13. Jahrhunderts waren die ausländischen Kaufleute sogar verpflichtet, sich für jeden Geschäftsabschluss eines Maklers zu bedienen, der fünf Pfund Flämisch überstieg.99 Es wird angenommen, dass sich aufgrund dieser engen Verknüpfung der Kaufleute mit den Herbergen und Hosteliers der Brauch entwickelt hat, Handelsgeschäfte in der Herberge oder in deren unmittelbarer Nähe abzuschließen.100  In Anspielung auf Rudolf Häpke, Brügges Entwicklung zum mittelalterlichen Weltmarkt, 1908.  93  Jan van Houtte, Herbergswesen und Gastlichkeit im mittelalterlichen Brügge, S. 177, 182.  94  Anke Greve, Hansische Kaufleute, S. 71.  95 Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, S. 23, 45 f.; Bruno Blondé, Oscar Gelderblom & Peter Stabel, Foreign merchant communities, in: Cultural Exchange in Early Modern Europe, S. 154, 155 f.; siehe auch Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 413 m. Fn. 15, der darauf hinweist, dass der florentinische Kaufmann Francesco Balducci Pegolotti (1310–1347) in seinem berühmten Kaufmannshandbuch Pratica della mercatura „den Brügger ‚celliere‘ als gleichbedeutend mit ‚Fondaco‘ und ‚Magazzino‘“ bezeichnet hat.  96 Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, S. 43; Häpke, Der deutsche Kaufmann in den Niederlanden, S. 10.  97  James M. Murray, Bruges, Cradle of Capitalism, 1280–1390, S. 198.  98 Nach Jan van Houtte, Herbergswesen und Gastlichkeit im mittelalterlichen Brügge, S. 177, 181.  99  Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, S. 45 f.; zum Pfund flämischer Grote vgl. Erik Aerts, in: Von Aktie bis Zoll, Eintrag „Pfund Grote“. 100  Anke Greve, Hansische Kaufleute, S. 71; davor dies., Gast und Gastgeber, Hansekaufleute und Hosteliers in Brügge im 14. und 15. Jh., S. 95, 96; Jan van Houtte, FS Kellenbenz, S. 237, 242; Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, S. 45; Richard Ehrenberg, Zeitalter der Fugger I., S. 81.  92

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Denn so konnten Verkäufer und Käufer die Ware direkt vor dem Vertragsschluss vor Ort in Augenschein nehmen.101 Während sich der Warenhandel also im Umfeld der Herbergen und Warenlager abspielte, trafen sich die Kaufleute auch an verschiedenen über Brügge verteilten Plätzen. Nach Richard Ehrenberg102 soll im Jahr 1500 kein gemeinsamer, sondern mehrere nach Nationen gesonderte Versammlungsorte bestanden haben. Der uns interessierende Platz der Börse ist ihm zufolge der Versammlungsort der italienischen Kaufleute gewesen, die neben dem Warenhandel insbesondere im Wechselgeschäft tätig waren. Die grundsätzliche Stoßrichtung der Argumentation von Ehrenberg wird von Raymond de Roover in Frage gestellt.103 Nach de Roover handelt es sich bei Brügge um einen money market, einem Geldmarkt, dessen Treffpunkt der „place de la Bourse“ gewesen sei.104 Auf ihm hätten sich Italiener und Spanier, jedoch keine Deutschen getroffen, da diese über keine Bank östlich des Rheins verfügten. Nach einer von de Roover angeführten Quelle aus dem Jahr 1482 seien alle Kaufleute, die dieser Tätigkeit nachgegangen sind, als „Kaufleute der Börse“ (marchans de la bourse) bezeichnet worden.105 Inwieweit hilft uns nun dieser kurze Ausschnitt der Wirtschaftsgeschichte Brügges, das Börsenwesen besser zu erfassen? Cornelis Kiliaan (1528–1607), der Übersetzer des Werks von Guicciardini in das Holländische, hatte 1599 in seiner Etymologicum Teutonicae linguae die „Börse der Kaufleute“ (borse der koop-lieden) folgendermaßen beschrieben: „Börse (borsa), im Volkssprachgebrauch Bursa, vom großen Haus der bursa oder des Geldbeutels als Marken-

101 Instruktiv

ist hierzu die Beschreibung des Tagesablaufs eines deutschen Kaufmanns in Brügge bei Rudolf Häpke, Der deutsche Kaufmann in den Niederlanden, S. 12 f.: „Der Arbeitstag beginnt mit der frühen Morgenstunde; es gilt, das Tageslicht auszunutzen. Kauf und Verkauf erfordern viel Zeit und Umstände. Am liebsten wird ‚auf Gesicht‘ gekauft. Der Kaufmann muß also selbst auf die Verkaufshalle gehen oder in die Warenkeller hinabsteigen. Es wird gekostet, geprobt und befühlt, vielleicht auch der Geruchssinn in Tätigkeit gesetzt. Man schreitet zum umständlichen Akte des Wägens […]. Bleibt noch das Wichtigste, die Einigung über den Preis, bis endlich der ‚Gottespfennig‘, eine milde Gabe zu wohltätigem Zweck, bei Abschluß des Handels gezahlt, und er durch den ‚Weinkauf‘, einen Umtrunk, gefeiert werden kann.“. 102  ZHR 30 (1885), 403, 451; siehe auch dens., Zeitalter der Fugger II., S. 10; dazu auch Rudolf Häpke, Der deutsche Kaufmann in den Niederlanden, S. 12. 103  Raymond de Roover, The Bruges Money Market Around 1400, S. 28. 104  Raymond de Roover, Money, Banking and Credit in Mediaeval Bruges, Part One, S. 9–96; ders., The Bruges Money Market Around 1400, S. 27 f.; sich dem anschließend Jan van Houtte, FS  Kellenbenz, S. 237, 244. Die Illustration des Börsenplatzes durch Sanderus, die gleichermaßen bei de Roover abgebildet ist, untertitelt dieser mit den Worten: „Place De La Bourse In Burges. Meeting Place Of The Italian Exchange-Dealers“; Raymond de Roover, Money, Banking and Credit in Mediaeval Bruges, nach Seite 14; vgl. auch Bruno Blondé, Oscar Gelderblom & Peter Stabel, Foreign merchant communities, in: Cultural Exchange in Early Modern Europe, S. 154, 157: „with borsa itself becoming the generic name for a financial market.“. 105  Raymond de Roover, The Bruges Money Market Around 1400, S. 28.

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zeichen wurde als erste so bezeichnet die von Brügge in Flandern.“106 Wie bereits anhand der Gegebenheiten in Brügge dargestellt wurde, darf man nicht der Fehlvorstellung erliegen, dass in Brügge eine ready-made-institution in Form eines Börsengebäudes bestand, sondern – wie auch beispielsweise an vielen anderen Handelsorten des Mittelmeerraums – lediglich ein Handelsplatz unter freiem Himmel als Börse bezeichnet wurde. Das Wort „Börse“ ist nicht gerade besonders originell, aber sicherlich ein naheliegender Name für eine im Kaufmannsmetier der Brügger Hosteliers tätigen Familie und einem davon abgeleiteten Namen für einen Platz. Auch die Geläufigkeit und Vielseitigkeit des Begriffs der Geldbörse, als Oberbegriff für die unterschiedlichsten wirtschaftlichen Tätigkeiten, mag die Verwendung befördert haben. Das mittelalterliche Wort „bursa“ (= lederner Geldbeutel oder ‑tasche) lässt sich auf das altlateinische „byrsa“ zurückführen, dem wiederum das griechische Wort βύρσα (= abgezogenes Fell, Schlauch) zugrundeliegt.107 Im Mittelalter wurden mit der „bursa“ auch gemeinschaftliche Kassen, kaufmännische Kooperationen und schließlich die gemeinschaftlichen Kosthäuser der Studenten bezeichnet.108 Ein Beispiel für letztere ist die Bursa der Universität Tübingen, die Ende des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Nicht zuletzt wurde auch das rescontre, jenes bereits erwähnte äußerst wichtige Abrechnungsverfahren für den mittelalterlichen Wechselverkehr, als „Zahlen mit geschlossenem Beutel“ bezeichnet.109 All dies muss die Assoziationen der mittelalterlichen Kaufleute angeregt haben, einen Platz, an dem vorrangig Wechseloperationen durchgeführt wurden, als Börse zu bezeichnen. Was nun die Börse als Bezeichnung für einen Handelsort betrifft, so bestehen wenig Zweifel, dass dieser besondere Name als Alternative etwa zu den italienischen Bezeichnungen Markt (mercato), Platz (piazza) oder Loge (loggia) auf Brügge zurückzuführen ist.110 Anders formuliert hat der Handel in Brügge zur Bildung des Homonyms geführt, dass wir heute unter dem Wort Börse nicht nur die Geldbörse (i), sondern auch die Börse als Handelsplatz (ii) verstehen.111 Nicht mehr, nicht weniger.

106 Cornelis Kiliaan, Etymologicum Teutonicae linguae, sive dictionarium Teutonico-Latinum, S. 66 (Übersetzung im Haupttext v. Verf.): „Borse, vulgo bursa ab ampla domo bursae sive crumenae signo insignita Brugis Flandrorum sic primum dicta.“. 107 Vgl. etwa Deutsches Fremdwörterbuch III2, Eintrag „Börse“. 108  Friedrich Seiler, Die Entwicklung der deutschen Kultur im Spiegel des deutschen Lehnworts II3, S.  212 f.; Konrad Rückbrod, Universität und Kollegium, Baugeschichte und Bautyp, S.  56 f. 109  Richard Koch, in: Franz von Holzendorff, Rechtslexikon III.3, Eintrag „Riskontro“, S. 478; Herman Van der Wee, The Low countries in the early modern world, S. 151 m. Fn. 32, nach dem das rescontre eine verbreitete Praxis im Antwerpen des 16. Jahrhunderts war; vgl. dazu auch oben Fn. I 55 f. 110  Vgl. Josef Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte II., S. 316. 111  Vgl. etwa Boris Paraschkewow, Wörter und Namen gleicher Herkunft und Struktur, Eintrag „Bursa“, S. 48.

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2. Zweite Annäherung: Die welterste Börse in Antwerpen Was ein Börsengebäude als neuer eigenständiger Gebäudetypus und was eine Börse im modernen Sinn ist, wissen wir spätestens seit der Eröffnung der Börse in Antwerpen im Jahr 1531.112 Es ist die funktionelle Bewertung der Gestaltung der Nieuwe Beurs, wie auch die Abgrenzung zu anderen bekannten Handelsbauten, die einen solchen Schluss zulässt. Wie diese welterste Börse aussah, ist uns durch einen Kupferstich in dem bereits angeführten Buch von Lodovico Guicciardini über die Niederlande in der Edition aus dem Jahr 1581 überliefert (vgl. Abbildung 2). Bei der vom Stadtbaumeister Dominicus van Waghemakere (1460–1542) im spätgotischen Stil erbauten Nieuwe Beurs handelt es sich um eine sog. Hofhallenbörse oder auch Galerijbeurs, die als Vorbild für andere Börsengebäude bis in das 19. Jahrhundert diente.113 Der Innenhof hatte eine Abmessung von 51,5 m Länge und 40 m Breite und war von einem 6 m breiten eingeschossigen, umlaufenden Arkadengang umgeben.114 Die Baukosten sollen sich auf 300.000 Gold Kronen belaufen haben.115 Im ersten Obergeschoss des Gebäudes befand sich ab 1540 die sog. Schilderspand, eine Ansammlung von über hundert Verkaufsgalerien, in der sich der erste moderne europäische Kunstmarkt etablierte.116 Auffallend und bedeutsam für die Einordnung der Funktion des Gebäudes sind zwei Details. Das erste wichtige Detail ist: Der Platz ist „leer“. Die Waren sind abwesend.117 Anders als die Fondachi oder etwa die spätgotischen Handelshallen in Flandern, diente die Börse in Antwerpen als umschlossener Raum nicht zum Handkauf 118, zur unmittelbaren Warenschau oder zur Probe, sondern dem 112  Als „alte Börse“ wurde in Antwerpen bereits der 1515 errichtete noch relativ kleine Arkadengang bezeichnet, der auf der Rückseite eines Patrizierhauses in der Rue de Jardin angelegt worden war; vgl. C. Peiffhoven, Die Börse in Antwerpen, Zeitschrift für Bauwesen, 38 (1888), 161, 162 f. (mit Abbildung); Sonja Anna Meseure, Die Architektur der Antwerpener Börse, S. 22 mit Grundriss und Abbildung im Anhang unter Nr. 2 f. Der Arkadengang war bereits vom späteren Architekten der „Neuen Börse“ von 1531, Domenicus de Waghemakere, entworfen worden. 113  Grundlegend zur Geschichte der Antwerpener Börse Jean Denucé, De Beurs van Antwerpen, Antwerpschen Archievenblad 6 (1931), 81 ff.; zur Architekturgeschichte: Sonja Anna Meseure, Die Architektur der Antwerpener Börse, S. 24 m. Fn. 58. 114  C. Peiffhoven, Die Börse in Antwerpen, Zeitschrift für Bauwesen, 38 (1888), 161, 165 f.; Sonja Anna Meseure, Die Architektur der Antwerpener Börse, S. 22 f.; Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 16 f. Ein Grundriss sowie eine Skizze des Innenraums sind abgedruckt u.a. bei: Hans Auer, Börsengebäude, in: Handbuch der Architektur, 4. Teil/2., S. 252. 115  So Donatella Calabi, The Market and the City, S. 176. 116 Hierzu Filip Vermeylen, Marketing Paintings in Sixteenth-Century Antwerpen, S. 193, 207 ff.; Lodovico Guicciardini, Descrittione di tutti i Paesi Bassi, S. 99, spricht von „Panto delle dipinture“. 117 Vgl. hierzu bereits Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 368 f., der danach unterscheidet, ob der Handel in „Anwesenheit der Ware (Meßhandel)“ oder „in Abwesenheit der Ware (Börsenhandel)“ stattfindet (Hervorh. wie im Original). 118 Zur juristischen Einordnung der Handgeschäfte, vgl. bereits oben Fn. I 41.

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Abbildung 2: Lodovico Guicciardini, Descrittione di tutti i Paesi Bassi, 1581, S. 100 f.

Informationsaustausch, der Vertragsanbahnung und dem Vertragsschluss.119 Die Handelszeit war auf den Zeitraum zwischen 11 und kurz nach 12 Uhr beschränkt. Später wurde die Börseneröffnung auf 10 Uhr vorverlegt. Auch soll eine Abendbörse gegen 6 Uhr stattgefunden haben.120 Informiert waren die Kaufleute über die im Druck erhältlichen Waren‑ und Wechsel-Preiscourranten.121 Über die an der Börse gehandelten Waren haben wir bislang nur eingeschränkte Kenntnisse. So wird, wiederum insbesondere gestützt auf die Schilderungen von Guicciardini, angenommen, dass an der „Neuen Börse“ vorwiegend Finanzgeschäfte abgeschlossen, und insbesondere mit Wechseln, aber auch mit Versicherungen gehandelt wurde.122 Demgegenüber sollen Warengeschäfte vorwiegend in der 119  Vgl. L. Adler, in: Wasmuths Lexikon der Baukunst I., Eintrag „Börsengebäude“, S. 586 l. Sp.; zu den Handelshallen (mit Abbildungen): Fritz Schröder, Die gotischen Handelshallen in Belgien und Holland, 1914; zu den Fondachi: Donatella Calabi, The Market and the City, S.  187 ff.; dies. & Derek Keene, Merchants’ lodgings and cultural exchange, S. 315, 318–321 und Nikolaus Pevsner, A History of Building Types, S. 237. 120 Zu den Zeitangaben vgl. Jan Albert Goris, Études sur les colonies Marchandes méridionales à Anvers, S. 108. 121  Dazu John J. McCusker & Cora Gravensteijn, The Beginning of Commercial and Financial Journalism, S. 43 f., 85 ff. 122  Zur Bedeutung Antwerpens als Geldmarkt vgl. etwa Hans Haussherr, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, S. 94–96; Herman Van der Wee, The Low countries in the early modern world, S. 196 f.

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nur wenige Häuserblöcke entfernten 1550 errichteten sog. „englischen Börse“123 vollzogen worden sein, an der der Handel eine Stunde früher als an der „Neuen Börse“ eröffnet wurde.124 Das zweite bemerkenswerte Detail ergibt sich aus der Inschrift des Gebäudes, die in der linken unteren Ecke des Stichs wiedergegeben ist: „in usum nego‑ tiatorum cujuscunque nationis ac linguae“ [Den Kaufleuten aller Völker und jeder Sprache gewidmet]. Die Börse war zum allgemeinen Versammlungsort der Kaufleute sämtlicher Nationen geworden. Jede Handelsnation hatte ihren eigenen Platz in der Börse, an dem sie gefunden werden konnte.125 Für die Börse in Amsterdam existiert ein Plan, nach dem die Säulen der Arkadengänge durchnummeriert waren und jede Nummer einer Warengattung, Berufsklasse oder Personengruppe zugewiesen war.126 Ähnliche Aufteilungspläne sind für die Londoner Royal Exchange oder auch für die neue Börse Hamburg (1841) überliefert.127 Das lebhafte Treiben in den Innenhöfen wird wieder gut vorstellbar in zwei zeitgenössischen Schilderungen der Antwerpener und Amsterdamer Börse. So beschreibt ein von Richard Ehrenberg angeführter Dichter namens Daniel Rogier die Stimmung in Antwerpen wie folgt: „Man hörte dort ein verworrenes Geräusch aller Sprachen, man sah dort ein buntes Gemenge aller möglichen Kleidertrachten, kurz die Antwerpener Börse schien eine kleine Welt zu sein, in der alle Theile der grossen vereinigt waren.“128 123 Dazu

Lodovico Guicciardini, Descrittione di tutti i Paesi Bassi (1567), S. 67; (1581), S. 99, 101: „Ecci poi la gratiosa piazza della Borsa de gli Inghilesi, cosi detta perche la terra a lor’ contemplatione con vna bella loggietta, la fece edificare l’anno m. d. l.“ (Danach gibt es den hübschen Platz der Engländerbörse, so genannt weil ihn das Land im Jahr 1550 mit einer schönen kleinen Loggia für sie erbauen ließ.) (Übersetzung mit freundlicher Unterstützung von Salvatore Marino und Pierangelo Buongiorno). Eine Abbildung der sog. englischen Börse – ein Innenhof, umrahmt von einem U-förmigen, einstöckigen Gebäude mit überdachtem Arkadengang – findet sich in: Ann Saunders (eds.), The Royal Exchange, 1997, S. 49 (dort irrtümlich als Royal Exchange angegeben; dazu Donatella Calabi & Derek Keene, Exchange and cultural transfer in European cities, S. 287, 291 m. Fn. 15). 124  Vgl. Richard Ehrenberg, Zeitalter der Fugger I., S. 12; Emile Coornaert, Les Français et le commerce international à Anvers II., S. 149; Herman Van der Wee, Growth of the Antwerpen Market II., S. 367 f.; ders., in: Cambridge Economic History of Europe V, S. 331 f.; insgesamt zum Handel der Kaufleute Antwerpens siehe Jeroen Puttevils, Merchants and Trading in the Sixteenth Century, 2015. 125 Jan Albert Goris, Études sur les colonies Marchandes méridionales à Anvers, S. 108. 126  Johann Michael Leuchs, Vollständige Handelswissenschaft, oder System des Handels4 (1839), S. 512 f.; eine Abbildung des „Platte grond van de Beurs te Amsterdam“ von Jan Caspar Philips ist in der Universitätsbibliothek Leiden erhalten; abgedruckt auch in: Max van Rooy, Amsterdam en het Beurzenspektakel, S. 15. 127  Vgl. John Donowell & Anthony Walker, An Elevation, Plan and History of the Royal Exchange of London, 1761 (abgedruckt u.A. in: Ann Saunders, The Royal Exchange, 1991, S. 22); ferner David Hume, Abriß des gegenwärtigen und politischen Zustandes von Großbritannien, 1767, S. 106; beide Pläne beziehen sich auf die Royal Exchange II. (1169–1839); für Hamburg: Gottfried Klein, Vierhundert Jahre Hamburger Börse, 1558 bis 1958, S. 26. 128 Richard Ehrenberg, Zeitalter der Fugger II., S. 12.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

Ein ähnliches Bild wird von dem deutschen Schriftsteller Philipp von Zesen (1619–1689) für Amsterdam entworfen: „Auf diesem Kaufhause verhandelt man fast die ganze Welt. Alhier finden sich / neben den Hoch‑ und Nieder-deutschen kaufleuten / auch Pohlen / Ungern / Wälsche / Franzosen / ja zu weilen auch Indier / und andere fremde Völker. Hier redet man vom einkauf und währte der wahren / vom vertauschen der kaufmannsgühter / vom laden und entladen der schiffe / vom wechseln und widerverwechseln. Ja hier erfährt man den zustand aller Königreiche und länder der ganzen welt / auch was sich in denselben denkwürdigen begibet.“129

Über die Vorbilder der Börse in Antwerpen ist viel spekuliert worden. So wollen manche den Fondaco dei Turchi130 (errichtet ab dem Jahr 1225) oder den Fonda‑ co dei Tedeschi131 (errichtet ab dem Jahr 1228) in Venedig als Vorbild erkennen. Sicherlich wurde der klosterartig anmutende Innenraum auch durch die Gestalt der alten Börse in der Rue de Jardin (1515) beeinflusst.132 Der offene, nicht überdachte Hof kann zudem als Fingerzeig dafür angesehen werden, dass die Börse der Konzeption eines Marktplatzes nachgebildet ist.133 Gegenläufig zu dem hier eingenommenen Standpunkt, dass in Antwerpen die welterste Börse errichtet wurde, warnt Fernand Braudel134 vor dem Fehlurteil, die Börse als Schöpfung der nordeuropäischen Länder einzuschätzen, da das Börsenwesen spätestens seit dem 14. Jahrhundert im Mittelmeerraum zur Entfaltung gekommen sei. Wie Braudel selbst schildert, sind wir in der Wirtschaftsgeschichte mit Versammlungs‑ und Handelsorten der Kaufleute unter freiem Himmel, vor oder unter Loggien oder im Innenraum etwa eines Fondaco hinreichend vertraut. Oder wir wissen, dass sich die Kaufleute in Amsterdam, vor der Errichtung des Börsengebäudes 1611, auf der Nieuwe Brug oder bei schlechtem Wetter in der Oude Kerk trafen.135 Als besonders prominenter  Filips von Zesen, Beschreibung der Stadt Amsterdam, S. 321.  J. H.  Esquire, A Familiar Letter Touching some Exchanges in Foreign Countries (unterzeichnet am 23. 01. ​1647), in: A Garland for the New Royal Exchange, S. 61: „If you demand of me whence cometh that common likeness of a Square, with colums and arches about it, to be seen in all Bourses, I do not pretend to decide but yet I will venture to say, that I think the Hollander took the plot from the Venetian’s Rialto, and he again from the Kanes of the Turks.“ (Hervorh. im Original). 131  Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 17. 132  Dazu bereits oben Fn. I 112; Klostergemeinschaften sollen im 14. Jahrhundert ihre „Klosterpanden“ an Kaufleute zum Verkauf ihrer Ware vermietet haben, vgl. Sonja Anna Meseure, Die Architektur der Antwerpener Börse, S. 26. 133  Dazu Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 17; eine (humoristische) Erörterung in Gedichtform von Thomas Gresham, welche Vorteile ein freier, unüberdachter Mittelplatz hat, ist bei Richard Ehrenberg, Zeitalter der Fugger I., S. 82 abgedruckt. 134  Der Handel, S. 99. 135 Peter Spufford, Access to credit, S. 303, 309; Sheilagh Ogilvie, Institutions and European Trade, S.  368 f.; Emile Coornaert, Les Français et le commerce international à Anvers II., S. 148; siehe auch Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 20 m. Fn. 91 zur Gewohnheit der Kaufleute, sich unter freien Himmel zu versammeln. 129 130

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Ort galt die Lombard Street in London, in der sich die (ausländischen) Kaufleute Ende des 15. Jahrhunderts zur Durchführung von Finanzgeschäften versammelten.136 Ähnliche Berichte existieren für das 1793 eröffnete Totine Coffe House in New York oder das Café Linser in der Grünangergasse im Wien des 19. Jahrhunderts.137 In Deutschland trafen sich die Kaufleute ab 1553 in Köln vor dem Rathaus mit besonderer Genehmigung des Rats.138 In Hamburg wurden die Treffen des „gemeinen Kaufmanns“ an der Trostbrücke durch den Rat der Stadt Hamburg 1558 bewilligt.139 Was nun Antwerpen jedoch zu der „erste[n] wirkliche[n] ‚Börse‘“140 macht, ist die Konzeption eines Gebäudes, das ausschließlich als Treffpunkt der Kaufleute dient. Anders als die Fondachi ist die Antwerpener Börse kein Großmarkt mit Warenlager und sie verfügt auch über keine Unterkünfte für die Kaufleute. Da die Ware nicht „anwesend“ ist und auch der Zutritt ohne Beschränkung auf eine Nationalität besteht, verändert dies auch die Nutzung des Gebäudes. Die innovative Kraft Antwerpens besteht darin, dass die Stadt es mit Unterstützung Karls V. geschafft hatte, diesen neuen eigenständigen Gebäudetypus zu realisieren.141 Zweifelsohne kann daher Hunt und Murray zugestimmt werden, dass Antwerpen, und nicht Brügge, „the final architectural embodiement of the ‘Borse’“142 darstellt.143

3. Dritte Annäherung: Der Aufstieg, der Zenit und das Ende des Zeitalters der Börsengebäude Die geschilderten Geschehnisse in Antwerpen stellen den Anfang eines europäischen Transformationsprozesses dar, der von den verstreuten, unter freiem Himmel stattfindenden Kaufmannsversammlungen zu einem zentralisierten Handelsort ohne präsente Waren in Form der Börse führt, die seitdem in einem eigenständigen Gebäude untergebracht ist, allmählich ihre eigenen Handels136  Donatella Calabi & Derek Keene, Exchange and cultural transfer in European cities, S. 286, 300 f.; Richard Ehrenberg, Zeitalter der Fugger I., S. 77. 137 Zu New York: Lois Severini, The Architecture of Finance, S. 31 f.; zu Wien: Rudolf Gra‑ nichstaedten-Czerva, Die Wiener Börse und ihre Geschichte, S. 14 f.; Franz Baltzarek, Die Geschichte der Wiener Börse, S. 93 f. 138 Bruno Kuske, 400 Jahre Börse zu Köln, S. 26; Josef Helten, Entwicklung und Organisation der Kölner Börse, S. 2. 139  Gottfried Klein, Vierhundert Jahre Hamburger Börse, 1558 bis 1958, S. 4. 140 So Levin Goldschmidt, System des HR4, § 88 3. (= S. 177); siehe auch Richard Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 455 f. 141  Zur Einflussnahme Karls V. vgl. Peter Spufford, Power and Profit, S. 51 f. und Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, Fn. 91 (= S. 95 f.). 142  Edwin S. Hunt & James M. Murray, A History of Business in Medieval Europe, S. 214. 143  Vgl. auch die kurze Einschätzung von Nikolaus Pevsner, A History of Building Types, S. 195 und L. Adler, in: Wasmuths Lexikon der Baukunst I., Eintrag „Börsengebäude“, S. 586 l. Sp.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

regeln aufstellt und schrittweise auch eigene Börsengeschäfte hervorbringt. Es ist nicht zuletzt die Architekturgeschichte der Börse, die uns einen guten Eindruck vermittelt, wie sich der dort stattfindende Handel ausgehend vom Antwerpen des 16. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart entwickelt hat und in welchem räumlichen Kontext er zu verorten ist. a. Die Hofhallenbörsen seit dem 16. Jahrhundert Bis in das 19. Jahrhundert sind die meisten erbauten Börsen Adaptionen des Antwerpener Grundmodells der Hofhallenbörse. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Börse von Lille (1563), die Royal Exchange I. (1566–1666) in London sowie die aufgrund von Bränden erforderlichen Neubauten, der Royal Exchange II. (1669–1838) und der Royal Exchange III. (1841), die Börse von Sevilla (1593) und schließlich die Börse von Amsterdam (1611).144 Aufgrund ihrer wirtschaftlichen und entwicklungsgeschichtlichen Bedeutung für das Börsenwesen ragt die Amsterdamer Börse heraus. Dies ist in Verbindung mit dem kometenhaften Aufstieg Amsterdams und der Niederlande zum zentralen europäischen Markt des 17. Jahrhunderts zu sehen. Die als Goldenes Zeitalter der Niederlande bekannte Epoche wurde durch den Niederländischen Aufstand von 1568 eingeleitet. Die Konfessionskriege zwischen dem katholisch-spanischen Süden und dem protestantischen Norden führten zum Auszug der protestantischen Kaufleute aus Antwerpen und ihren Einzug in das nördliche Amsterdam, an dessen Ende der wirtschaftliche Abstieg Antwerpens stand.145 Amsterdam als günstig gelegenes Schifffahrtszentrum etablierte sich als der zentrale Waren-, Finanz‑ und Kapitalmarkt Europas.146 Voller Bewunderung schreibt Daniel Defoe in seiner Schrift A Plan of the English Commerce (1728): „The Dutch must be understood as they really are, the Caryers of the World, the middle Person in Trade, the Factors and Brokers of Europe: that, as is said above, they buy to sell again, take in to send out: and the Greatest Part of their vast Commerce consists in being supply’d from all Parts of the World, that they may supply at the world again.“147

144  Zu näheren Details und weiteren Referenzbauten: Sonja Anna Meseure, Die Architektur der Antwerpener Börse, S. 100–107; Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 16–20. 145  Oscar Gelderblom, Cities of Commerce, S. 32–41. 146 Violet Barbour, Capitalism in Amsterdam in the Seventeenth Century, S. 11 ff., 18 ff.; Charles Wilson, Anglo-Dutch Commerce & Finance in the Eighteenth Century, S. 3 ff.; Jona‑ than I. Israel, Dutch Primacy in World Trade, 1585–1740, 1989; Michael North, Das Goldene Zeitalter, S. 19 ff. 147  Daniel Defoe, A Plan of the English Commerce (1728), S. 192 (Hervorh. im Original); zu Defoes wirtschaftsrechtlichen Schriften vgl. William N. Goetzmann, Money Changes Everything, S. 322–327, 332–337, 345 f.

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Abbildung 3: Byrsa Amsterodamensis (1612), Claes Janszoon Visscher (1587–1652)

Den zentralen Knotenpunkt der Wirtschaftsmetropole bildete die nach den Plänen von Henrik de Keyser (1565–1621) errichtete Börse, in der sich der erste moderne liquide Waren‑ und Aktienmarkt etablierte.148 Die Börse Amsterdams gilt zudem als der Geburtsort des europäischen Handels mit Futures und Optionen (dazu auch noch ausführlich unter § 10 I.).149 Im Jahr 1635 sollen wöchentlich die 148  Aus der überreichen Literatur vgl. Lodewijk Petram, The World’s First Stock Exchange, 2014; ders., Risk Management on the First Modern Securities Market, in: Bankhistorisches Archiv, Beiheft 48, S. 11 ff.; Clé Lesger, The Rise of the Amsterdam Market and Information Exchange, 2006; Jonathan I. Israel, The Amsterdam Stock Exchange and the English Revolution of 1688, Tijdschrift voor Geschiedenis 103 (1990), 412 ff.; Charles Wilson, Anglo-Dutch Commerce & Finance in the Eighteenth Century, S. 79 ff.; Violet Barbour, Capitalism in Amsterdam in the Seventeenth Century, S. 74 ff.; S. G. Binnerts, Stichwort „Amsterdamer Effektenbörse“, in: Hwb. des Bankwesens1, S.  37 ff.; Ludwig Samuel, Die Effektenspekulation im 17. und 18. Jahrhundert, 1924; Marius Franciscus Johannes Smith, Tyd-affaires in Effecten aan de Amsterdamsche Beurs, 1919; Richard Ehrenberg, Die Amsterdamer Aktienspekulation im 17. Jahrhundert, Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik 58 (1892), 809 ff.; Pieter Scheltema, De Beurs van Amsterdam, 1846. 149 Dazu Oscar Gelderblom & Joost Jonker, Amsterdam as the Cradle of modern Futures and Options Trading, in: The Origins of Value, S. 189 ff.; Edward Stringham, The extralegal development of securities trading in seventeenth-century Amsterdam, The Quarterly Review of Economics and Finance 43 (2003), 321–344.

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Preise von 350 Waren gelistet worden sein, die auch ins Italienische, Französische und Englische übersetzt wurden.150 Die Amsterdamer Börse ist dabei aber nicht, wie oft plakativ und missverständlich formuliert wird, die „erste Effektenbörse“ der Welt, sondern eine allgemeine Börse, an der Waren‑ wie auch Finanztitel im Börseninnenraum, geordnet nach der Nummerierung der Säule, gehandelt wurden.151 Die Spezialisierung in Effekten‑ und Warenbörsen war damals noch nicht bekannt.152 Die Börse am Damrak operierte von 1611 über 227 Jahre, bis sie im Jahr 1838 wegen Baufälligkeit abgerissen wurde.153 Ergänzt wurde sie 1617 durch eine Weizenbörse.154 Weltberühmt und vielbesprochen ist der Handel mit den Aktien der Vereenigde Oost-Indische Compagnie (VOC) und der Geoctroyeerde West‑ indische Compagnie (WIC) sowie die Tulpenmanie oder ‑blase der 1630er Jahre.155 Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Beschreibungen der Funktionsweise des Börsenhandels: Die berühmte Confusion des confusions (1688) von Joseph de la Vega (1650–1692), in welcher der Börsenhandel in Dialogform beschrieben wird, die bemerkenswert detaillierten Schilderungen des Kaufmanns Jean-Pierre Ricard in Le Negoce d’Amsterdam (1722) und schließlich der Traité de la Circulation et du Crédit (1771) von Isaac de Pinto (1717–1787). Ein kurzer Blick ist schließlich auf die Royal Exchange I. zu werfen, die 1566 unter der Planung des berühmten Geschäftsmanns Sir Thomas Gresham in London errichtet wurde und sich wirtschaftlich zunächst nur im Schatten des Amsterdamer Marktes entwickelte.156 Dass es gerade Gresham war, der dieses Projekt realisierte, ist kein Zufall, da er zuvor als financial agent für die Geldgeschäfte der englischen Krone in Antwerpen tätig und somit mit den Funktionen der Börse bestens vertraut war. Auf diese Zeit geht es auch zurück, dass heute in den englischsprachigen Ländern nicht von der beurs, sondern von der exchange die Rede ist. So kann man bei Guiccardini nachlesen: „il medesimo hanno fatto (frescamente gli Inghilesi a Londra, autore & fondatore di si nobil’ machina & edifitio M. Tomaso Grassano patritio qualificatissimo di quella real’ città. 150  Ausführlich Clé Lesger, The Rise of the Amsterdam Market and Information Exchange, Ch. 6 (= S. 214 ff.) (zu den Preisnotierungen vgl. S. 232 f.); John J. McCusker & Cora Gravens‑ teijn, The Beginning of Commercial and Financial Journalism, S. 43 ff. 151  Vgl. dazu die Nachweise in Fn. I 126. 152 Hierzu auch noch sogleich unten bei Fn. I 170. 153 Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 20; zur weiteren Entwicklung Max van Rooy, Amsterdam en het Beurzenspektakel, S. 19 ff. und Ludger Bennink‑ meyer, Die Amsterdamer Effektenbörse, 1920. 154 Dazu Milja van Tielhof, The ‘Mother of all Trades’, S. 148 f.; eine Abbildung des einfachen u-förmigen Gebäudes ist abgedruckt in: Filips von Zesen, Beschreibung der Stadt Amsterdam, nach S. 174. 155 Zu VOC und WIC vgl. nur Jonathan I. Israel, Dutch Primacy in World Trade, 1585–1740, 1989; zum Tulpenhandel Anne Goldgar, Tulipmania, 2007. 156  Ranald C. Michie, The London Stock Exchange, S. 3; zu den Royal Exchanges I.–III., vgl. den eindrucksvollen von Ann Saunders editierten Band, The Royal Exchange, 1997.

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Et e notabile che quando fu finito, il detto edifitio la Regina Elizabetta medesima venne a Londra per vederlo, & transferitasi sul luogo lo lodò molto, ma perche ei nó paresse copia della Borsa d’ Anuersa, gli dette il nome di Cambio reale, comandando espressamente che non si chiamasse altrimenti, nondimeno tanta forza ha hauuto quel’ nome, che non e bastato il suo comandamento a obuiare che non s’appelli comunemente Borsa.“157 „Dasselbe [sc. die Errichtung eines Börsengebäudes] taten neulich die Engländer in London, mit Herrn Thomas Gresham, ehrenhaftestem Patrizier dieser Königsstadt als Urheber und Stifter eines so edlen Planes und Gebäudes. Und bemerkenswert ist, daß, als genanntes Gebäude fertig war, die Königin Elizabeth selbst nach London kam, es zu besichtigen, und es zur Stelle hoch lobte, ihm jedoch, weil es nicht eine Kopie der Antwerpener Börse schien, den Namen Königlicher Wechsel (Royal Exchange) gab, ausdrücklich befehlend, dass es nicht anders hieße. Nichtsdestoweniger hat dieser Name eine so große Kraft gehabt, daß ihr Befehl nicht genügte zu verhindern, daß es üblicherweise Börse heißt.“158

Die Aussagen Guiccardinis werden durch John Stows Schilderungen in A Sum‑ marie of the Chronicles of England (1574) gestützt, nach welchen Elizabeth I. (1533–1603) nach einem Essen mit Sir Thomas Gresham verkünden ließ: „shee caused the same Burse by an Harolt of Armes and sounde of Trompet to be proclaymed The Royal Exchange, so to be called from thence forth and not otherwayes.“159 Ob dahinter die eitle Abgrenzung gegenüber der Antwerpener Börse im Vordergrund stand, wie Guiccardini insinuiert, muss hier nicht geklärt werden. Auch für das Phänomen der örtlichen Fixierung und die Wirkung punktueller regulatorischer Eingriffe in den spekulativen Handel liefert die frühe Geschichte der Royal Exchange besonderes Anschauungsmaterial. Während nämlich noch bis zum Ende des 17. Jahrhunderts die Royal Exchange als zentraler Ort des Handels in London galt160, so ist eine allmähliche Verlagerung des Spekulationshandels in Aktien und Staatsanleihen in die berühmten coffeehouses in der Ex‑ change Alley zu verzeichnen.161 Als früher erster Akt der Marktregulierung, wurde 1696 ein Gesetz erlassen „to restrain the Number and the Practice of Brokers and Stockjobbers“.162 Infolge dieses Gesetzes wurde der Handel auf  Lodovico Guicciardini, Descrittione di tutti i Paesi Bassi (1567), S. 67; (1581), S. 101.  Deutsche Übersetzung auf der Grundlage des Texts von 1581 nach Jan van Houtte, FS Kellenbenz, S. 237, 238. 159  So wiedergegeben in: John Nichols’s, The Progresses and Public Processions of Queen Elizabeth I., Volume V., S. 144 f. 160  Dazu Natasha Glaisyer, Merchants at the Royal Exchange, S. 198. 161  Zu den coffehouses: Donatella Calabi & Derek Keene, Exchange and cultural transfer in European cities, S. 287, 308 f. 162 8 & 9 Will. 3, c. 32 (1697); dazu C. F.  Smith, The Early History of the London Stock Exchange, Am. Econ. Rev. 19 (1929), 206, 210 f.; E. Victor Morgan & W. A. Thomas, The Stock Exchange, S.  23 ff.; Stuart Banner, Anglo-American Securities Regulation, S. 39 f.; Edward Peter Stringham, The Emergence of the London Stock Exchange as a Self-Policing Club, Journal of Private Enterprise, 17 (2002), 1, 4 f. 157

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hundert lizenzierte broker begrenzt und minutiöse Handelsregeln vorgegeben. Von einem Erfolg dieser regulatorischen Maßnahme kann wohl nicht die Rede sein, da die meisten an der Royal Exchange tätigen broker diese 1698 verließen und sich der Handel noch stärker als zuvor auf die coffeehouses verlagerte.163 Wiederum aus diesen coffeehouses formierte sich die Bestrebung einen exclusiv club von Brokern zu etablieren, die zur Gründung der London Stock Exchange 1773 führte, die 1801 in einen Börsensaal in Capel Court einzog.164 Damit war der Handel „wieder“ aus den coffeehouses in ein Börsengebäude übergesiedelt. b. Das Jahrhundert der Börsengebäude – das 19. Jahrhundert Der Typus der Hofhallenbörse wird im 19. Jahrhundert durch die sog. Basilika-Börsengebäude abgelöst, jenen monumentalen Gebäuden, die zum zentralen Ort des aufstrebenden Kapitalismus wurden. Als prägende Beispiele seien die 1806 vollendete Börse von Triest, die 1816 vollendete Börse in St. Petersburg und die 1826 vollendete Börse in Paris im Palais Brongniart genannt sowie, um noch einen Ort außerhalb Europas zu erwähnen, die heute nicht mehr existente und kaum noch bekannte First Merchant’s Exchange (1827) in der Wall Street in New York.165 Zudem wurden darüber hinaus sehr viele nicht näher zu spezifizierende Saal‑ und Hallenbörsen errichtet.166 Das 19. Jahrhundert ist mit anderen Worten das Jahrhundert der Börsengebäude.167 Es entsteht ein kaum noch zu überblickendes dichtes Netz von Regional‑ und Zentralbörsen.168 Vielerorts wurden durch den Bau von Börsen erstmals die Treffen der Kaufleute in einem eigens konzipierten Gebäude untergebracht. Auch entwickeln sich im Vergleich zu den allgemeinen Börsen des 16. und 17. Jahrhunderts, auf denen Waren, Staatsobligationen, Wechsel, Devisen und  E. Victor Morgan & W. A. Thomas, The Stock Exchange, S. 26 f. Peter Stringham, Journal of Private Enterprise, 17 (2002), 1, 7–10; zum Gebäude: Nikolaus Pevsner, A History of Building Types, S. 204 m. Abbildung unter 12.32; vgl. insgesamt zur Geschichte der London Stock Exchange: Alan Jenkins, The Stock Exchange Story, 1973 und Ranald C. Michie, The London Stock Exchange, 1999. 165  Zu Paris: Hans Auer, Börsengebäude, in: Handbuch der Architektur 4. Teil/2., S. 270–272 mit Abbildungen S. 359–361; zu New York: Lois Severini, The Architecture of Finance, S. 31–36 mit Abbildung 38–42 und Abbildung 43 zu St. Petersburg. 166  Vgl. hierzu Sonja Anna Meseure, Die Architektur der Antwerpener Börse, S. 141 ff. 167  Vgl. die Zusammenstellung bei Hans Auer, Börsengebäude, in: Handbuch der Architektur, 4. Teil/2., S. 263–299; zu New York: Lois Severini, The Architecture of Finance, 1981. 168  Eine umfassende Übersicht geben: Die hauptsächlichen Börsen Deutschlands und des Auslandes, Berlin 1892 (dies ist der im Rahmen der Börsen-Enquete-Kommission erarbeitete Bericht), Rudolf Taeuber, Die Börsen der Welt, 1911, Gerhard Schacher, Handbuch der Weltbörsen, 1931 und Siegfried Bley, Börsen der Welt, Frankfurt, 1977; wichtige Informationen liefern zudem die 1870 bis 1942 erschienenen Auflagen von Saling’s Börsenpapiere; zu den deutschen Regionalbörsen: Erich Marx, Die Entwicklung der deutschen Provinzbörsen, 1913; vgl. auch Knut Borchardt, MWG I/5, S. 1, 3 f. 163

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Aktien gleichermaßen gehandelt werden, unterschiedlich spezialisierte Typen von Börsen.169 Neben den sog. Effekten‑ oder Fondsbörsen (stock exchange, bourse des valeurs), entstehen auch Waren‑ oder Produktenbörsen (produce exchange, bourse de marchandises).170 Nach dem zeitgenössischen allgemeinen Sprachgebrauch wurden mit Effekten die beweglichen Habseligkeiten einer Person bezeichnet, im Börsenwesen jedoch alle an der Börse gehandelten Wertpapiere.171 Gehandelt werden an den Effektenbörsen als Kassa‑ oder Komptantgeschäfte wie auch als Termingeschäfte unter anderem Staatspapiere, Kommunalpapiere, Aktien, Kupons, Dividendenscheine, Devisen und Wechsel.172 Die Grundidee der Waren‑ und Produktenbörsen besteht darin, dass vertretbare und damit der Standardisierung zugängliche Waren  – auf den Warenmärkten auch allgemein als „Produkte“ bezeichnet – gehandelt werden.173 Solche Waren sind Getreide, Rohspiritus, Rüböl, Petroleum, Zucker, Kaffee, Roggen, Spiritus, Wolle, Kohle, Eisen oder Kupfer. Auch sie werden als Loko‑ oder Effektivgeschäft oder als Termingeschäfte gehandelt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts werden die Begriffe der Waren‑ und Produktenbörsen oft synonym verwendet.174 Als allgemeinerer Begriff wurde jedoch derjenige der Warenbörsen verwendet, während die Bezeichnung der Produktbörsen vorwiegend für solche Börsen benutzt wurde, an denen landwirtschaftliche Produkte gehandelt wurden. Die systematische Trennung zwischen Effekten‑ und Warenbörsen darf jedoch im Kontext der historischen Erfassung des Börsenwesens nicht überbewertet werden.175 Denn 169  Josef Hellauer, System der Welthandelslehre3.–8., § 76 (= S. 236 f.); ders., Welthandelslehre, S.  186 f. Georg Obst, Geld-, Bank‑ und Börsenwesen25, S. 376 f. 170 Vgl. Max Weber, Die Börse I., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 1 (1894), 23–34 = MWG I/5, S. 141–156; Emil Stuck, in: HdWbStW1, Stichwort „Börse“, S. 671, 673; Richard Ehrenberg, in: HdWbStW3, Stichwort „Börsenwesen“, Band III., S. 168, 169; Willi Prion, in: HdWbStW4, Stichwort „Börsenwesen“, Band II., S. 1035, 1037 f.; G. v. Schanze, in: Hwb. d. Volkswirtschaft3, Eintrag „Börsenwesen“, S. 523, 528; Heinz Bremer, Grundzüge des Börsenrechts, S. 1. 171  Vgl. Otto Spamer’s Illustriertes Handels-Lexikon, Band II., Stichwort „Effekten“, S. 294 ff.; Richard Ehrenberg, Zeitalter der Fugger II., S. 291 m. Fn. 2. 172 Max Weber, Die Börse I., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 1 (1894), 24–32 = MWG I/5, S. 143–153; speziell zu den Staatspapieren: Johann Heinrich Bender, Der Verkehr mit Staatspapieren, § 32 (= S. 159 f.). 173 Dazu August Hilbrink, Die Warenbörse, S. 37 ff.; siehe ferner Horst Kriebel, Warenbörsen und warenbörsenähnliche Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland, 1960 und Martin Dannhoff, Das Recht der Warentermingeschäfte, 1993. 174 Vgl. Arthur Nußbaum, BörsG § 1 III. (= S. 6). 175  Dazu auch Richard Ehrenberg, in: HdWbStW3, Stichwort „Börsenwesen“, Band III. S. 168, 169: „Aber diese Einteilung [sc. die zwischen Fonds‑ oder Effektenbörsen und Warenbörsen] ist unvollständig und irreführend: unvollständig schon deshalb, weil in ihr sogar der älteste Teil des Börsenverkehrs, derjenige in Geldsorten und Wechseln, fehlt; irreführend, weil sie, wie jede andere Einteilung solcher Art, den Eindruck erweckt, als ob es sich um Börsenarten handle, die stets örtlich getrennt wären; in Wahrheit sind sie vielfach örtlich vereinigt, und es sind in dieser Hinsicht manche Arten von Kombinationen anzutreffen […].“; siehe ferner G. v. Schanze, in: Hwb. d. Volkswirtschaft3, Eintrag „Börsenwesen“, S. 523, 528 f.; Max Weber, Die Börse I., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 1 (1894), 23 = MWG I/5, S. 142.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

es existieren Börsen, wie beispielsweise die Berliner Börse (1863), in denen der Waren‑ und Effektenhandel in unterschiedlichen Sälen, aber unter einem gemeinsamen Dach und in einer Organisation vereinigt waren. Hinzu kommen Spezialbörsen (teilweise auch als Sonderbörsen bezeichnet), die auf besondere Waren oder Dienstleistungen ausgerichtet waren, wie beispielsweise die Kupfer-, Kaffee-, Baumwoll-, Versicherungs‑ oder Frachtbörsen. Modern formuliert handelt es sich bei den unterschiedlichen Börsentypen um unterschiedliche Designs von market microstructures. Dass das 19. Jahrhundert das Jahrhundert der Börsengebäude ist, trifft in besonderem Maße für Deutschland und Österreich zu.176 Börsengebäude bestanden freilich bereits vor dem 19. Jahrhundert an vielen prominenten Handelsorten, so etwa die Alte Börse an der Trostbrücke in Hamburg (1583), die Alte Handelsbörse in Leipzig (1687) oder die kleine Börse am Heumarkt in Köln (1730). Oder es bestanden zumindest Handelsplätze, auf denen Finanz‑ und Wechselgeschäfte vollzogen wurden, wie etwa vor dem Römer in Frankfurt.177 Die großen Börsengebäude und mit ihnen der moderne Börsenverkehr entstehen jedoch erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts. 1841 wird in Hamburg die 1583 errichtete Alte Börse durch die Neue Börse ersetzt, die sowohl dem Effekten‑ als auch dem Warenhandel dient.178 In Frankfurt wird 1843 mit der Alten Börse am Paulsplatz das erste zu diesem Zweck entworfene Börsengebäude eröffnet, das den „Börsensaal“ im Haus zum Braunfels ablöst. Die Alte Börse war auf den Effektenverkehr ausgerichtet und siedelte 1879 in die noch heute genutzte Neue Börse Frankfurt über.179 In der Alten Börse fand ab 1864 auch der Produktenhandel statt. Nach ihrem Umzug in ein Gebäude in der Nähe der Neuen Börse wurde jedoch 1885 die Produktenbörse aufgelöst.180 176 Vgl. dazu Rainer Gömmel, Entstehung und Entwicklung der Effektbörsen im 19. Jh., in: Deutsche Börsengeschichte, S. 135; Richard Ehrenberg, in: HdWbStW3, Stichwort „Börsenwesen“, Band III., S. 168, 174 f.; zum Aktienhandel: Carsten Burhop & Sibylle Lehmann-Ha‑ semeyer, The Berlin stock exchange and the geography of German stock exchange markets in 1913, European Review of Economic History, 20 (2016), 429, 433 f. 177  Zu Frankfurt: Hans Trumpler, Zur Geschichte der Frankfurter Börse, Bank-Archiv 9 (1909), 81, 82 und Helmut Coing, Die Frankfurter Börse in der Entwicklung unserer freiheitlichen Wirtschafts‑ und Gesellschaftsordnung, ZHR 150 (1986), 141 ff.; allgemein: Rolf Walter, Geld‑ und Wechselbörsen vom Spätmittelalter bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, in: Deutsche Börsengeschichte, S. 15 ff. und Karl Heinrich Kaufhold, Der Übergang zu Fonds‑ und Wechselbörsen vom ausgehenden 17. Jahrhundert bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Deutsche Börsengeschichte, S. 79 ff.; siehe auch Georg von Below, Probleme der Wirtschaftsgeschichte, S. 584 f.: „Die deutschen Börsen jener Zeit [sc. 16.–18. Jh.] gelangen nicht zu einer großen Stellung“. 178  Dazu ausführlich Karl Heinz Schreyl, Zur Geschichte der Baugattung Börse, S. 56–64; Heinrich Thöns, Viereinhalb Jahrhunderte Börsenleben in Hamburg, S. 17, 28–36; Gottfried Klein, Vierhundert Jahre Hamburger Börse 1558 bis 1958, S. 4–9. 179 Ausführlich Otto Wormser, Die Frankfurter Börse, 1919, Bernd Baehring, Börsen-Zeiten, 1985 und Carl-Ludwig Holtfrerich, Finanzplatz Frankfurt, 1999; vgl. ferner die Nachweise in Fn. I 177. 180  Dazu Franz Lerner, Hundert Jahre Frankfurter Getreide‑ und Produktenbörse, S. 38, 44;

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In Berlin wurde 1863 die Neue Börse Berlin eröffnet, die sich bis zum Anfang des Ersten Weltkriegs neben London und New York zu einer der wichtigsten Börsen der Welt entwickeln sollte.181 Sie ersetzte die Versammlungsorte, die zuvor seit 1739 in der „Grotte“ im Berliner Lustgarten und seit 1805 in der dieses Gebäude ersetzenden Neuen Börse am Lustgarten angesiedelt waren. Sie bestand aus drei Abteilungen, die, wie bereits erwähnt, in unterschiedlichen Sälen, aber unter gemeinsamem Dach vereinigt waren: der Wertpapierbörse, der Produktenbörse und seit 1912 der Metallbörse.182 In Österreich wird 1877 die von Theophil von Hansen entworfene Wiener Börse am Ring eröffnet, an der Effekten und Waren, mit Ausnahme von landwirtschaftlichen Produkten, gehandelt wurden183. Zuvor war der Börsenhandel an verschiedenen Orten in Wien abgehalten worden. Die Entwicklung ist exemplarisch für viele europäische Handelsmetropolen: Die Börse wandert von Ort zu Ort, bis sie ihren definitiven Sitz in einem Prunkbau erhält.184 So befand sich die Börse zu Anfang, als sie am 1. September 1771 aufgrund des Patentes von Kaiserin Maria Theresia eröffnet wurde, bis 1802 im ersten Stock des Hauses „Zum Grünen Fassel“ am Kohlmarkt „in vier engen Stuben […], die nicht größer waren als die Büros eines mittleren Handlungshauses“185. Nach zahlreichen Zwischenetablissements in verschiedenen teils sehr bekannten Wiener Adressen186 zog die Börse, zusammen mit Teilen der Nationalbank in das eigens zu die Satzung und Usancen der „Frankfurt Producten Börse“ sind abgedruckt in: ZHR 7 (1864), 134 ff. 181  Umfassend: Georg Buss, Berliner Boerse von 1685–1913, 1913; Die Korporation der Kaufmannschaft von Berlin, S. 148 f.; Max Apt, 25 Jahre im Dienste der Berliner Kaufmannschaft, S. 103–106; Theo Merten, Stichwort „Berliner Börse“, in: Hwb. des Bankwesens1, S.  89 ff.; Kurt Röder, Die Geschichte der Berliner Börse, FS  10 Jahre Hochschul-Institut für Wirtschaftskunde, S. 171 ff.; einen Abriss der Geschichte des Finanzplatzes Berlin von 1750 bis 1870 liefert Simon Spangenthal, Die Geschichte der Berliner Börse, 1903; zum Warenhandel: Hermann Blumenthal, Die Berliner Produktenbörse, 1928. 182 Vgl. zu den Bestrebungen einer Berliner Metallbörse und der Errichtung des Kupferterminhandels in Berlin, absolut lesenswert: James Breit, Der Berliner Kupferterminhandel, LZ 1911, 657 ff., 740 ff., 813 ff. (vgl. dazu noch Fn. III 73). 183 Vgl. § 1 Statuten der Wiener Börse, vom 25. August 1877, ZHR 28 (1882), 190. Zur Gründung der Wiener Börse vgl. Franz Baltzarek, Die Geschichte der Wiener Börse, 1973 und Arno Weigand, Die österreichische Handelsgesetzgebung vor den großen Kodifikationen, S. 81 ff.; siehe auch Richard Stransky, Übersicht über die an den Börsen in Österreich und Ungarn bestehenden Usancen, ZHR 75 (1919), 378 ff. (mit Übersicht der gehandelten Effekten und Waren). 184  Rudolf Granichstaedten-Czerva, Die Wiener Börse und ihre Geschichte, 1927 (mit vielen Abbildungen im Anhang); Franz Baltzarek, Die Geschichte der Börsenlokalitäten, Wiener Geschichtsblätter 26 (1971), 193 ff. 185  Rudolf Granichstaedten-Czerva, Die Wiener Börse und ihre Geschichte, S. 1. 186 Im Grundelhof am Bauernmarkt (1802–1812), im Colloredoschen Haus in der Weihburggasse (1812–1841), im gräflich Dietrichsteinischen Palais am Minoritenplatz (1841–1843), im neugebauten Pereira-Haus in der Weihburggasse (1843–1855), in der Herrengasse (1855–1856), im Militärzeughaus in der Renngasse (1856–1860).

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

diesem Zweck konzipierte Palais Ferstel an der Freyung ein.187 Nachdem auch die Räumlichkeiten an der Freyung kapazitätsmäßig an ihre Grenzen kamen, wurde 1872 ein provisorischer Notbau am Schottenring errichtet, in dem der Handel bis zur Eröffnung der Wiener Börse an der Ringstraße im Jahr 1877 durchgeführt wurde. In diesem legendären Gebäude war die Börse schließlich bis zum Jahr 2000 untergebracht. Der Warenhandel in landwirtschaftlichen Produkten, der zuvor in verschiedenen Kaffeehäusern, auch als „Winkel-Fruchtbörsen“ bezeichnet, durchgeführt wurde, fand 1890 seinen zentralen Platz in der Wiener Börse für landwirtschaftliche Produkte in der Taborstraße.188 Das Gebäude trägt den gleichen Leitspruch wie die alte Börse von Antwerpen: „in usum negotiato‑ rum cujuscunque nationis ac linguae“. Hier ist nicht der Ort, eine Wirtschaftsgeschichte des deutschen und österreichischen Börsenwesens seit dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart darzulegen.189 Es muss hier genügen, darauf hinzuweisen, dass das dichte Netz der Regionalbörsen infolge der beiden Weltkriege fast vollständig zusammengebrochen ist.190 Als internationaler Finanzstandort hat sich nur Frankfurt behaupten können, während Berlin und Wien nie wieder an ihre Bedeutung, die ihnen gerade vor dem Ersten Weltkrieg zukam, anknüpfen konnten. Bemerkenswert ist zudem, dass nach den beiden Weltkriegen auch das Warentermingeschäft in Deutschland keine besondere Rolle mehr spielte und sich auf internationale Warenmärkte im Ausland verlagerte (Chicago, New York, Paris, London).191  Dazu Rudolf Granichstaedten-Czerva, Die Wiener Börse und ihre Geschichte, S. 3 ff. Adolf Treibl, Die Wiener Produktenbörse, 1908; Victor Heller, Der Getreidehandel und seine Technik in Wien, S. 20 ff. 189  Vgl. hierzu aber Klaus J. Hopt, Ideelle und wirtschaftliche Grundlagen der Aktien-, Bank‑ und Börsenentwicklung im 19. Jahrhundert, in: Wissenschaft und Kodifikation, Band V., S. 128, 132 ff., 156 ff.; Rainer Gömmel, Entstehung und Entwicklung der Effektbörsen im 19. Jh., in: Deutsche Börsengeschichte, S. 135 ff.; Friedrich-Wilhelm Henning, Börsenkrisen und Börsengesetzgebung von 1914 bis 1945 in Deutschland, in: Deutsche Börsengeschichte, S. 211 ff.; Bernd Rudolph, Effekten‑ und Wertpapierbörsen, Finanztermin‑ und Devisenbörsen seit 1945, in: Deutsche Börsengeschichte, S. 293 ff.; Hanno Merkt, Zur Entwicklung des Deutschen Börsenrechts, in: Börsenreform, S. 89 ff.; Heinz Bremer, Grundzüge des Börsenrechts, S. 33 ff.; speziell zu den Terminbörsen Günter Franke, Die Errichtung der deutschen Terminbörse im Spannungsfeld von ausländischen Vorbildern und nationaler Vorsicht, Bankhistorisches Archiv, Beiheft 48, S. 41 ff. 190 Vgl. die Nachw. in Fn. I 168. 191  Vgl. hierzu bereits vorausschauend Heinrich Göppert, Die Zukunft der Börse, BankArchiv 18 (1918/19), 219, der nach dem Ersten Weltkrieg anmerkte: „Die Warenbörsen freilich finden ihre frühere Basis nicht mehr vor. Es mag sein, daß Großhandelsmärkte sich allmählich wieder bilden werden. Ob aber der Großhandel das börsenmäßige Zeitgeschäft, das den Großhandelsmarkt erst zur Börse macht, noch als Hilfsgeschäft nötig haben wird, ist nicht vorauszusehen. Wir wissen, daß auch früher gewaltige Warenmengen ohne die Hilfe des Terminhandels bewegt wurden, weil der Handel vermöge seiner Organisation auf diese Hilfe verzichten konnte. Die frühere Organisation des Großhandels ist heute nur noch in Rudimenten vorhanden. Wie sie sich bei wiederkehrender Betätigungsmöglichkeit neu gestalten wird, steht ganz dahin. Namentlich steht dahin, ob die neue Organisation noch Raum für einen Terminhandel als 187

188 Dazu

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Neuanfänge, wie etwa durch die Eröffnung einer Warenterminbörse 1998 in Hannover (Warenterminbörse Hannover [WTB]) sind vorerst gescheitert. Der Handel wurde 2009 wieder eingestellt. Gehandelt werden commodity derivatives gegenwärtig an der Frankfurter Eurex, wie auch seit 2002 Energiederivate an der Börse in Leipzig (die European Energy Exchange AG [EEX]).192

4. Das Börseninnenleben und der technische Fortschritt Die Errichtung der Börsengebäude, die teils ganz wesentlich das Weichbild der Metropolen verändert haben, sind wichtige Zäsuren in dem Prozess der Institu‑ tionalisierung von Marktorten. Sie sind ein Fingerzeig für die Frage, wann und wo der Handel stattgefunden hat und schließlich in welchem Zusammenhang der privatrechtliche Rechtsrahmen zu denken ist. „Die Errichtung von Börsen‑ gebäuden ist“, wie Wolfram Engels bündig formuliert, der „Ausgangspunkt einer formalen Börsenorganisation“193. Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts ändert sich allmählich die Ausgestaltung der Börsen, indem das Innere nun nicht mehr „leer“ ist, sondern der Innenhof zum überdachten Börseninnen‑ raum umgestaltet wird, der auf die spezifischen Erfordernisse des Börsenhandels ausgerichtet ist. Die Börseninnenräume werden nun durch die metallene corbeille (Korb) in der Pariser Börse, die (Börsen‑)Schranke an der Wiener oder Berliner Börse oder durch das oktogonale pit der nordamerikanischen Börsen ­dominiert.194 In diesen Räumen entwickelt sich dann auch die gerade von der Chicagoer Börse berühmte börsenspezifische Zeichensprache.195 Durch die corbeille, die Schranke oder durch den pit wurde aber nicht nur eine räumliche Ordnung der Treffpunkte für die einzelnen Handelswaren und wirtschaftlich berechtigten Faktor lassen wird. Ob wir in Zukunft noch Warenbörsen haben werden, die nicht nur die übernommene Bezeichnung als Börse tragen, sondern wirkliche Bör‑ sen sind, ist daher recht zweifelhaft. Man wird gut tun, mit ihrem Verschwinden zu rechnen.“; vgl. ferner zu den Warenbörsen danach auch dens., Das Wesen der Börse im Rechtssinne, FG Zitelmann, S. 193 ff. Zu den gegenwärtigen internationalen commodities-markets vgl. Hélyette Geman, Commodities and Commodity Derivatives, 2005; Paul E. Peterson & Jin Wook Choi, Agricultural Futures Markets, in: The World Scientific Handbook of Futures Markets, S. 289 ff.; zur Entwicklung der Deutschen Warenbörse vgl. die Nachw. in Fn. I 173. 192 Vgl. Gregor Roth, in: KK-WpHG2, §§ 37d, f a. F. Rn. 57 ff.; Peter Jung, in: Fuchs, WpHG2, Vor §§ 37e, 37g Rn. 83; Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 36. 193  Wolfram Engels, Stichwort „Börsen und Börsengeschäfte“, in: HdWW, S. 56, 57. 194 Für Berlin: August Hilbrink, Die Warenbörse, S. 33 f.; für Wien: Rudolf Granichstaedten-Czerva, Grundbegriffe des modernen Bank‑ und Börsenwesens, S. 17 f.; ders., Die Wiener Börse und ihre Geschichte, S. 22 f.; zu den USA: Darrel Duffie, Futures Markets, S. 22 f.; Richard L. Sandor, Good Derivatives, S. 33 f.; ausführlich: Alexander Engel, The Exchange Floor As a Playing Field: Bodies and Affects in Open Outcry Trading, in: Bodies and Affects in Mar‑ ket Societies, S. 89 ff. 195 Zu den „Hand Signals“: Ryan Carlson, Trading Pit Hand Signals, 2013 und Rosemary Erickson & George Steinbeck, The Language of Commodities, A Commodity Glossary, 1985.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

­ apiere geschaffen (wie etwa in Amsterdam durch die Nummerierung der Säu‑ P len), sondern es wurde eine Marktaufteilung innerhalb der Börse erreicht.196 Diese Entwicklung hat ihre Wurzeln im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Im Nachgang zu der von John Law orchestrierten Aktienspekulation war 1724 eine staatlich anerkannte Fondsbörse errichtet, die Zahl der agents de change be‑ schränkt, und Zeitgeschäfte untersagt worden.197 Die offizielle Börse befand sich bis zur französischen Revolution in der Rue Vivienne 6 im Hôtel de Nevers, in den ehemaligen Räumlichkeiten der Compagnie des Indes Orientales (Französische Ostindien-Kompanie). Nach Robert Bigo wurde auf eine Anordnung vom 30. März 1774 eine drei Fuß hohe eiserne Ab‑ sperrung innerhalb des Börsenraums für die exklusive Nutzung durch die agents de change, Händler und Bankiers errichtet.198 Dieser Bereich wurde als parquet bezeichnet. Der Bereich vom Eingang bis zur Barriere war hingegen die coulisse. Im Palais de Brongniart, dem 1826 bezogenen prachtvollen Börsengebäude, ist diese räumliche Trennung beibehalten und das parquet einerseits und die coulisse anderseits, bilden zwei unterschiedliche Märkte.199 Das durch die corbeille abgetrennte parquet formiert den durch die agents de change organisierten und vermittelten offiziellen Markt (bourse officielle). Das parquet wiederum wird von der coulisse (auch marché en banque) umgeben. Sie ist ohne Beschränkungen zu‑ gänglich und bildet den freien Markt (marché libre). Diese Raumaufteilung findet sich in vielen europäischen Börsen wieder.200 So verfügte beispielsweise die Wiener Börse am Ring über einen Börsensaal und ein

196  Vgl. hierzu auch die prägnanten Schaubilder zur Aufteilung der Innenräume der Berliner, Pariser, Londoner und New Yorker Börse, in: Willi Prion, Die Effektenbörse, S. 15. 197 Dazu Carl Samuel Grünhut, Die Börsengeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 279 Fn. 1 (= S. 8); Richard Ehrenberg, Fondspekulation, S. 12 f.; E. A.  Eliat, Stichwort „Pari‑ ser Börse“, in: Hwb. des Bankwesens1, S. 428, 429; zu John Law vgl. William N. Goetzmann, Money Changes Everything, S. 347 ff.; vgl. auch noch unten Fn.  III  136. Vgl. auch zur Ins‑ tallierung der Wiener Börse 1771 als sogenannte staatliche Zwangsbörse Arno Weigand, Die österreichische Handelsgesetzgebung vor den großen Kodifikationen, S. 81 ff.; sowie zur Auf‑ hebung durch das Börsengesetz von 1854 Franz Freiherrn von Sommaruga, Die neue Wiener Börsen-Ordnung, 1855. 198  Robert Bigo, Une grammaire de la bourse en 1789, Annales d’histoire économique et sociale 2 (1930), 499–510: „L‘arrêt du 30 mars 1774 y mit fin en décidant la construction d’une séparation de trois pieds de hauteur dans la salle de la Bourse, à l’usage exclusif des agents de change. Car les négociants et banquiers y avaient également accès pour négocier leurs lettres de change et billets au porteur ou à ordre. Cette sorte d’estrade prit le nom de Parquet, d’où, par extension, l’on désigna les opérations qui s’y traitaient. Premier terme du vocabulaire boursier, toujours usité.“ (Hervorh. wie im Original). 199 Dazu Pierre-Cyrille Hautcoeur & Angelo Riva, The Paris financial market in the nine‑ teenth century: complementarities and competition in microstructures, The Economic History Review 65 (2012), 1326 ff. 200 Vgl. die verschiedenen Grundrisse bei Hans Auer, Börsengebäude, in: Handbuch der Architektur, 4. Teil/2., S. 263–299.

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Abbildung 4: M. G. Roux, La Corbeille des agents de change à la Bourse de Paris, L’Univers illustré, 1865, S. 805 (im Palais de Brongniart)

abgetrenntes sogenanntes Arrangementsbüro.201 Der Börsensaal wurde dominiert durch die zentral installierte sogenannte Schranke, einem rechteckigen, abgesperrten Bereich, in dem sich die beeidigten Sensalen aufhielten. Entsprechend wurden die von ihnen vermittelten Geschäfte Schrankengeschäfte genannt und Papiere, die ausschließlich über die Sensalen gehandelt wurden, als Schrankenpapiere bezeichnet.202 Die Schranke wiederum wurde von der Kulisse umgeben, dem freien Markt, auf der ohne die Vermittlung der Makler, Geschäfte abgeschlossen werden konnten.203 Dem Börsensaal schloss sich das Arrangementsbüro an, das vom Wiener Giro‑ und Kassenverein betrieben wurde. Es diente der 201 Theophil Ritter von Hansen, Der Bau der neuen Börse in Wien, Allgemeine Bauzeitung 24 (1879), 10, 11. 202  Rudolf Granichstaedten-Czerva, Die Wiener Börse und ihre Geschichte, S. 20 ff.; Alfred Schütze, Saling’s Börsenpapiere14, S.  370 f.; Karl Meithner, Die Preisbildung an der Effektenbörse, S. 138 ff. 203  Später entsteht auch noch ein sog. „fließender Schrankenhandel“, zu ihm Karl Meithner, Die Preisbildung an der Effektenbörse, S. 139.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

technischen Abwicklung der per Arrangement abgeschlossenen Geschäfte, also der Börsentermingeschäfte oder Futures. Auch die Technik hielt schrittweise Einzug in die Börsen.204 Zunächst beschleunigten Telegraphendienste und Telefone den Informationsfluss und den Handel ungemein. Die Anfänge dieser Entwicklung, aber auch die Selbstverständlichkeit, mit der die neue Form der Telekommunikation in den Börsenalltag integriert wurde, kommen in einer Schilderung zur Berliner Börse aus dem Jahr 1913 gut zum Ausdruck: „Telegraphen‑ und Telephondrähte sind die eigentlichen Nerven der Börse – funktionieren sie schlecht, sind sie krank, so krankt die ganze Börse. Was von den simplen Drähten abhängt, sind ja tausende, zehntausende, hunderttausende Mark – wenn nicht mehr. Dem Depeschen‑ und Telephondienst wird daher von der Reichspost die höchste Aufmerksamkeit gewidmet. Es war am 1. April 1881, als die ersten Börsentelephone dem Verkehr übergeben wurden. Seitdem wuchs die Zahl der Apparate von Jahr zu Jahr – die im Souterrain untergebrachten Zellen beliefen sich 1885 auf 88, heute sind es über 150. Um die Wende des vergangenen Jahrhunderts wurden Fernsprechleitungen eingeführt und der praktische Börsenmann erkannte bald, daß sie vorzüglich funktionierten, jedes Wort deutlich und klar zu hören war, also ließ er das Telegraphieren sein und bediente sich des Fernsprechers. Bei Beginn dieser Wandlung waren jährlich etwa sechs Millionen Telegramme von der Börse ausgegangen, heute ist ihre Zahl auf ein Drittel gesunken, während der Fernsprecher eine unablässig aufsteigende Kurve zeigt.“205

Es ist schließlich die Computertechnik, die den Ort und die Art und Weise, wie an der Börse gehandelt wird, revolutioniert hat. Konnte man noch seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts die Frage diskutieren, ob der Parketthandel, der sogenannte open outcry, oder die Computerbörse zu bevorzugen sei, so hat das System der Computerbörsen im 21. Jahrhundert den Effizienz‑ und Kostenwettbewerb klar gewonnen.206 Das jüngste markante Zeichen ist, dass die CME Group den Parketthandel für das Warentermingeschäft 2015 in Chicago sowie denjenigen an der New York Merkantile Exchange Ende 2016 beendet hat.207 An der Frankfurter Wertpapierbörse wurde am 20. 05. ​2011 das letzte Mal der 204  Zur Entwicklung der technischen Finanzanlyse Andrew W. Lo & Jasmina Hasanhodzic, The Evolution of Technical Analysis, 2010; ferner speziell bezogen auf die Börsen des 19. Jahrhunderts Alexander Engel, Buying time: futures trading and telegraphy in nineteenth-century global commodity markets, Journal of Global History 10 (2015), 284 ff.; siehe auch Rudolf Gra‑ nichstaedten-Czerva, Grundbegriffe des modernen Bank‑ und Börsenwesens, S. 19 f.; allg. zur „Verkabelung der Welt“ Jürgen Osterhammel, Die Verwandlung der Welt, S. 1023 ff. 205  Georg Buss, Berliner Boerse von 1685–1913, S. 147 f. 206  Vgl. im Überblick: Klaus J. Hopt & Harald Baum, Börsenreform in Deutschland, in: Börsenreform, S. 289, 340 ff.; ferner allg. Kalman J. Cohen, Steven F. Maier, Robert A. Schwarz & David K. Whitcomb, The Microstructure of Securities Markets, S. 48 ff.; Erik Theissen, Organisationsformen des Wertpapierhandels, 1998; Jerry W. Markham & Daniel J. Harty, The impact of electronic communication networks on exchange trading floors and derivatives regulation, in: Handbook of Research on Stock Market Globalization, S. 244 ff.; Chris Brummer & A. P.  March, Exchanges, in: Handbook of Key Global Market, S. 401, 402 ff. 207 Vgl. o. V., „‘Open outcry’ is in retreat but futures and options trading-volumes surge“,

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Abbildung 5: Der Börsenhandel an der Berliner Börse in den 1920er Jahren

Parketthandel durchgeführt, bevor der Handel komplett auf das XETRA-System überführt wurde.208 Es ließen sich noch viele weitere Beispiele aufführen. Die Durchsetzung der Computerbörse hat dazu geführt, dass der Handel von den physischen Limitationen des Börsensaals und der in ihm agierenden Händler befreit wurde und der Kreis der Handelsteilnehmer unbegrenzt erweiterbar ist.209 Zugleich ist die Anonymität wie auch die Geschwindigkeit des Börsenhandels ins Extreme geführt, da die Vertragspartner meist nur noch über Computerterminals manuell oder automatisiert im Kontakt stehen.210 Die Soziologin Karin Knorr Cetina beschreibt diese neue Umgebung der Finanzmärkte Economist vom 05. 01. ​2017; Gregory Meyer, „Trading: What happend when the pit stopped“, Financial Times vom 06. 07. ​2016. 208  Christian Panster & Christian Schnell, „Leise Parkettrevolution an der Frankfurter Börse“, Handelsblatt vom 23. 05. ​2011; Sara Afschar-Hamdi & Laura Lenz, in: Grunewald/ Schlitt, KapitalmarktR3, § 10 IX. 2. (= S. 205); siehe dazu auch Hartmut Bauer & Christoph Möllers, Die Beendigung des Parketthandels an der Frankfurter Wertpapierbörse, 2001. 209 Zur Wandlung der Methoden der technischen Analyse von Finanzdaten Andrew W. Lo & Jasmina Hasanhodzic, The Evolution of Technical Analysis, 2010. 210  Lesenswert zur Bedeutung der Geschwindigkeit im Börsenhandel sowie insbesondere zum sog. high frequency trading Michael Lewis, A Wall Street Revolt, Flash Boys, 2014.

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als scoptic systems.211 Durch die Computerterminals, die mit den unterschiedlichsten Informations‑ und Datensträngen verknüpft sind, wird ein System zur Betrachtung der Marktrealität geschaffen. Die Marktrealität wird auf die Bildschirme gespiegelt, auf die die global operierenden Händler wiederum über ihre Terminals Einfluss nehmen können. Bereits im Jahr 1991 hatte der Ökonom Peter A. Abken die Auswirkungen der Digitalisierung des Börsenhandels pointiert umschrieben: „The globalization of financial markets simultaneously fragments traditional financial transactions marketplaces and integrates them via electronic means. Physical marketplaces (the trading floors) are becoming obsolete, while “virtual” marketplaces – networks of computers and computer terminals – are emerging as the “site” for transactions. The new technology is diminishing the role for human participants in the market mechanism. Stock-exchange specialists are being displaced by the new systems, which by and large are designed to handle the demands of institutional investors, who increasingly dominate transactions. Futures and options floor traders also face having their jobs coded into computer algorithms, which automatically match orders and clear trades or emulate open-outcry trading itself.“212

Die Digitalisierung des Handels hat ganz erhebliche, ja radikale Auswirkungen auf die Form des Börsenhandels, so wie wir ihn seit dem 16. Jahrhundert kennen, da nicht nur die Gestalt der Zusammenkunft, sondern schlussendlich auch die historisch gewachsene Institution der Börse selbst in Frage gestellt wird.213 Anstatt des physischen Zugangs sowie der unterschiedlichen rechtlichen Regeln der Beschränkung des Zugangs zum Börsengebäude, zählt nun der elektronische Zugang zu einem Handelssystem.214 Es ist längst nicht mehr ausschließlich die Börse, die den Zugang zu den unterschiedlichsten liquiden Märkten gewährt. Vergleichbar mit den alten coffeehouses existiert eine Vielzahl von nur schwer zu erfassenden und zu klassifizierenden (alternativen) Handelsplattformen, unter anderem die berühmt-berüchtigten dark rooms, die als Handelsplätze genutzt werden. Wie Stefan Grundmann jüngst hervorgehoben hat, ist mit dem Bedeutungsverlust des Börsenmarktes auch ein zentraler Anknüpfungspunkt für die Finanzmarktregulierung entfallen.215 So ist die Börse nur noch ein – wenn auch wichtiger – möglicher Anknüpfungspunkt für die Finanzmarktregulierung. 211 Karin Knorr Cetina, From Pipes to Scopes: The Flow Architecture of Financial Markets, Distinktion 7 (2003), 7 f.; dies., What is a financial market? Global markets as microinstitutional and post-traditional social forms, in: Oxford Handbook of the sociology of finance, S. 115, 116. 212 Peter A. Abken, Globalization of Stock, Futures, and Options Markets, Federal Reserve of Atlanta Economic Review 76 Nr. 4 (1991), 1, 19. 213  Vgl. hierzu auch William J. Mitchell, City of Bits, S. 82 ff. 214 Dazu Alexander Engel & Johannes W. Flume, Bullen, Bären – und Lämmer? Auseinandersetzungen um die Börsenfreiheit und die Terminspekulation des „unberufenen Publikums“ im 19. Jahrhundert, in: „Computing all their cost and trouble“ – Finanzmärkte, Spekulation und Regulierung in der Frühen Neuzeit und in der Moderne (im Erscheinen). 215  Stefan Grundmann, in: Staub5, Investment Banking I, 5. Teil, Rn. 57.

§ 2 Der Markt als Rechtsprodukt Der Markt scheint ein zutiefst ökonomisch verwurzeltes Konstrukt zu sein. Nach Alvin E. Roth wurden Märkte lange Zeit von den Ökonomen als ein Naturphänomen, vergleichbar mit der Entwicklung der Sprache, betrachtet, das sich durch die Interaktion von Millionen von Menschen ergebe.216 Die Märkte, wie auch die Sprache, seien nach Roth jedoch Produkte menschlicher Erfindung. Ökonomen könnten als Ingenieure des market design tätig werden, indem sie die Funktionsweise von Märkten studierten, realisierten, wie man auf sie Einfluss nehmen könne, und wie sie „repariert“ oder neu kreiert werden könnten. Diese Form der Rationalisierung unseres Verständnisses vom Aufbau und der Konstruktion von Märkten ist auch für die rechtliche Erfassung von Marktvorgängen von großem Interesse. Denn es lässt sich gleichermaßen fragen, inwieweit auch die Juristen als Ingenieure des market design tätig werden können. In dem von Ökonomen, Soziologen und Historikern dominierten Feld der Analyse der Märkte wird die Rolle des Rechts für die Konstruktion und Erfassung von Märkten durchaus anerkannt.217 Was dies jedoch konkret bedeutet, bleibt im Dunkeln. Der Einstieg in die Erfassung des Marktes als rechtlich determiniertes Phänomen lässt sich in Anknüpfung an die Arbeit von Max Weber vollziehen. Nach Max Weber ist die Entstehung von Märkten auf einen bereits in der Einführung erwähnten historischen Rationalisierungsprozess wirtschaftlichen Handelns zurückführen. Dieser nach Weber nur für den Okzident, den Westen, nachweisbare Prozess mündete in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Entstehung des modernen Kapitalismus.218 Er beruht nach ihm auf der Eigentumsfreiheit, der Marktfreiheit, der Entwicklung automatisierter Produktionsverfahren und Transportwege, dem Recht, der freien Arbeit, wie auch der  Alvin E. Roth, Who Gets What – and Why, S. 228 f.  Vgl. etwa Ronald Coase, The Firm, the Market and the Law, S. 10; Antony T. Kroman & Richard A. Posner, The Economics of Contract Law, S. 1; Richard Swedberg, Principles of Economic Sociology, S. 129: „No exchange can take place without a contract, and law plays an important role in markets in many other important ways as well.“; Neil Fligstein & Luke Dauter, The Sociology of Markets, The Annual Review of Sociology 33 (2007), 105, 113; Bruce G. Carruther & Jeong-Chul Kim, The Sociology of Finance, The Annual Review of Sociology 37 (2011), 239, 241. 218  Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 239 = MWG III/6, S. 318. 216 217

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

Kommerzialisierung der Wirtschaft.219 Ultimativ sollen alle diese Voraussetzungen jedoch für die Entstehung des Kapitalismus nicht ausreichen, sondern „es mußte ergänzend hinzutreten die rationale Gesinnung, die Rationalisierung der Lebensführung, das rationale Wirtschaftsethos.“220 Dies ist, was Weber als den „Geist des modernen Kapitalismus“ bezeichnet.221 Über diesen berühmten, vieldiskutierten Ansatz der Erfassung des „Geistes“, jenem Moment in dem die „Behaglichkeit“ der traditionellen Wirtschaftens „plötzlich gestört“222 wurde, ließe sich viel sagen und auch kritisches anmerken.223 Für die Erfassung der Märkte, die im Fokus dieser Untersuchung steht, ist es hingegen wesentlich interessanter, dass sich im Gesamtwerk Webers, von der Literatur kaum gewürdigte, grundlegende Aussagen über die Konzeption von Märkten finden.224 Nach Weber lässt sich die Marktpreisbildung als Resultat der Kombination eines zeitlich vorlaufenden „Preiskampfs“ (i) und der tatsächlich vollzogenen Tauschvorgänge verstehen (ii). Der Markt ist ein Ort, an dem zu einer bestimmten Zeit für eine Ware eine Vielzahl von „Tausch-Chancen“ bestehen, da der Tausch mit unterschiedlichen Personen, zu unterschiedlichen „Preisrelationen“ möglich sei.225 Die „Tauschreflektanten“, also alle am Tausch interessierten Personen, feilschen miteinander um den Preis und sie stehen zugleich in Konkurrenz mit den anderen Teilnehmern, die die gleiche Tauschabsicht verfolgen.226 Der Tausch kann dabei entweder Naturaltausch (Naturalien gegen Naturalien) oder Geld‑

219 So

Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 239 f. = MWG III/6, S. 319 f.  Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 302 (Hervorh. wie im Original) = MWG III/6, S. 383. 221 Grundlegend Max Weber, Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, MWG I/18, 2016 (unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Textstufen). 222  Max Weber, Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, MWG I/18, S. 189. 223 Vgl. dazu nur Wolfgang Schluchter, Der Kapitalismus als universalgeschichtliche Erscheinung: Max Webers institutionenbezogene Analyse, in: Die Entzauberung der Welt, S. 63 ff.; Peter Gosh, Max Weber and The Protestant Ethic, 2014. 224 Vgl. Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 3 ff. = MWG III/6, S. 82 ff.; ders., Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, S. 138; ders., Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 364; ders., Wirtschaft und Gesellschaft, Gemeinschaften, MWG I/22– 1, S. 193 ff.; viele wichtige Einsichten in die Funktionsweisen von Märkten enthalten zudem die in den 1890er Jahren erschienenen umfangreichen börsenrechtlichen Schriften, vgl. MWG I/5–1 und MWG I/5–2; zu Webers Konzeptualisierung des Marktes siehe insb. Richard Swedberg, Afterword, The role of the market in Max Weber’s work, Theory and Society 29 (2000), 373 ff.; ders., Max Weber and the Idea of Economic Sociology, S. 42 ff. 225  Max Weber, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, S. 138. 226  Nach den unvollendeten Ausführungen von Max Weber zu den „Marktgemeinschaften“ (Wirtschaft und Gesellschaft, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 193) will er genügen lassen, wenn „nur auf einer Seite eine Mehrheit von Tauschreflektanten um Tauschchancen konkurrieren.“; in anderen Werken ist diese Einschränkung nicht zu finden. Zum Zusammenhang zwischen dem Wettbewerb am Markt und der „Macht zur Selbstbestimmung“ vgl. Werner Flume, AT II.4, § 1 7. (= S. 10). 220

§ 2 Der Markt als Rechtsprodukt

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tausch (Naturalien gegen Geld) sein.227 Der Tausch führt nach Weber zur rationalen Vergesellschaftung unter den „Tauschgegnern“228. „Von einem Markt soll gesprochen werden, sobald auch nur auf einer Seite eine Mehrheit von Tauschreflektanten um Tauschchancen konkurrieren. Daß sie sich örtlich auf dem Lokalmarkt, Fernverkehrsmarkt (Jahrmarkt, Messe), Kaufmannsmarkt (Börse) zusammenfinden, ist nur die konsequenteste Form der Marktbildung, welche allerdings allein die volle Entfaltung der spezifischen Erscheinung des Markts: des Feilschens, ermöglicht. […] Der realisierte Tausch konstituiert eine Vergesellschaftung nur mit dem Tauschgegner. Das vorbereitende Feilschen aber ist stets ein Gemeinschaftshandeln, insofern die beiden Tauschreflektanten ihre Angebote an dem potentiellen Handeln unbestimmt vieler realer oder vorgestellter mitkonkurrierender anderer Tauschinteressenten, nicht nur an dem des Tauschgegners, orientieren, und um so mehr, je mehr dies geschieht. […] Die Marktgemeinschaft als solche ist die unpersönlichste praktische Lebensbeziehung, in welche Menschen miteinander treten können. Nicht weil der Markt einen Kampf unter den Interessenten einschließt. Jede, auch die intimste, menschliche Beziehung, auch die noch so unbedingte persönliche Hingabe ist in irgendeinem Sinn relativen Charakters und kann ein Ringen mit dem Partner, etwa um dessen Seelenrettung, bedeuten. Sondern weil er spezifisch sachlich, am Interesse an den Tauschgütern und nur an diesen, orientiert ist. Wo der Markt seiner Eigengesetzlichkeit überlassen ist, kennt er nur Ansehen der Sache, kein Ansehen der Person, keine Brüderlichkeits‑ und Pietätspflichten, keine der urwüchsigen, von den persönlichen Gemeinschaften getragenen menschlichen Beziehungen. Sie alle bilden Hemmungen der freien Entfaltung der nackten Marktvergemeinschaftung und deren spezifische Interessen wiederum die spezifische Versuchung für sie alle. Rationale Zweckinteressen bestimmen die Marktvorgänge in besonders hohem Maße, und rationale Legalität, insbesondere: formale Unverbrüchlichkeit des einmal Versprochenen, ist die Qualität, welche vom Tauschpartner erwartet wird und den Inhalt der Marktethik bildet, welche in dieser Hinsicht ungemein strenge Auffassungen anerzieht: in den Annalen der Börse ist es fast unerhört, daß die unkontrollierteste und unerweislichste, durch Zeichen geschlossene Vereinbarung gebrochen wird.“229

Schlagartig noch wesentlich klarer wird das von Weber entworfene Bild, wenn man seine auf den Naturaltausch und Geldtausch abstellenden Erörterungen auflöst und feststellt, dass mit der Differenzierung nichts anderes als die Unterscheidung von Tausch und Kauf gemeint ist.230 Der Unterschied zwischen Naturaltausch und Geldtausch beziehungsweise Tausch und Kauf, besteht darin, dass nicht nur eine Tauschrelation (eine Kuh für drei Schafe), sondern ein Preis (X Euro) ausgewiesen werden kann.231 Erst beim Preis ist ein „einheit-

227 Max

Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 4 = MWG III/6, S. 84.  Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 193. 229  Max Weber, a. a. O., S.  193 f. 230 Weber ist diese Unterscheidung vollkommen klar, so spricht er etwa an einer Stelle vom „Tausch mit Geldgebrauch (Kauf)“ (Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 194). Für Weber ist der Tausch jedoch der Grundtypus des Aufbaus wirtschaftlichen Handelns (dazu Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 2 ff. = MWG III/6, S. 81 ff.). 231  Dazu ausführlich unter § 5. 228

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

licher Zahlenausdruck“232 denkbar und die „volle Orientierung des Handelns an ‚Marktchancen‘ im Sinne der Verkehrswirtschaft technisch möglich.“233 Der Prozess der Marktpreisbildung lässt sich dabei nach Weber wie folgt umreißen: Der potenzielle Verkäufer feilscht mit dem potenziellen Käufer um den Preis. Verkäufer und Käufer sind ihrerseits wiederum der Konkurrenz auf der jeweiligen Marktseite, in der sie sich befinden, ausgesetzt, also der Angebots‑ bzw. Nachfrageseite. Holzschnittartig kann im System von Angebot und Nachfrage der Käufer den „Preiskampf“ über die Preisanhebungen und der Verkäufer über die Preissenkungen führen und für sich behaupten. Der Gesamtvorgang des Preiskampfs unter den Käufern und unter den Verkäufern sowie das (direkte) bilaterale Feilschen oder bargaining zwischen Verkäufer und Käufer, führt zur Preisfestsetzung im Kaufvertrag, die wiederum in ihrer Gesamtheit als Durchschnittswert den Marktpreis bilden. Dies lässt sich graphisch folgendermaßen veranschaulichen: V1 – V2 – V3 – V4 … Vn

Marktpreis

K1 – K2 – K3 – K4 … Kn Abbildung 6: Bildliche Konzeption des Marktes nach Max Weber234

Welche Rolle spielt das Recht für Max Weber bei der Erfassung des Marktes? Für Weber ist die Marktlage bzw. Marktchance, also die Möglichkeit einen Gegenstand verkaufen bzw. kaufen zu können, bedingt durch die „Marktgängigkeit“ des Gegenstands sowie durch die „Marktfreiheit“ der Tauschreflektanten. Letztere beschreibt Weber als den „Grad der Autonomie der [E]inzelnen […] im Preis‑ und Konkurrenzkampf“235. Die auf das Tauschobjekt bezogene Marktgängigkeit und die auf die Marktteilnehmer bezogene Marktfreiheit wird durch die „Marktregulierung“ bestimmt.236 Sie wiederum 232  Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 249 (Hervorh. im Original). 233 Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 4 = MWG III/6, S. 84. 234  Die Verbindungslinien zwischen der Gruppe der (V)erkäufer1… n und der Gruppe der (K)äufer1… n repräsentieren die einzelnen Kaufverträge, die in ihrer Gesamtheit als Durchschnittswert den Marktpreis ergeben. In Anlehnung an die Darstellung von Richard Swedberg, Max Weber and the Idea of Economic Sociology, S. 43; vgl. auch dens., Markets as Social Structures, in: The Handbook of Economic Sociology1, S. 255, 271. 235 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 248. 236  Max Weber, a. a. O., S. 248.

§ 2 Der Markt als Rechtsprodukt

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soll bedingt sein, durch Tradition, „durch Gewöhnung an überlieferte Schranken des Tauschs oder an überlieferte Tauschbedingungen“, durch Konvention, „durch soziale Missbilligung der Marktgängigkeit bestimmter Nutzleistungen oder des freien Preis‑ oder Konkurrenzkampfs in bestimmten Tauschobjekten oder für bestimmte Personenkreise“, durch Recht, und durch Voluntarismus, in dem etwa „Tauschpartner marktregulierende Vereinbarungen (voluntaristische Monopole und Preiskartelle) schaffen“237. Die Marktregulierung kann nach Weber durch die „Beschränkung des Tausches oder der Freiheit des Preis‑ oder Konkurrenzkampfes“238 gesteuert werden. Im ersten Fall denkt Weber an die Preisregulierung und im zweiten Fall an das Wettbewerbs‑ und Kartellrecht. Den Zustand des „völligen Fehlens von materialen Verbrauchs-, Beschaffungs‑ oder Preisregulierungen oder anderen die freie Vereinbarung der Tauschbedingungen einschränkenden Ordnungen“ nennt er die „materiale wirtschaftliche Vertragsfreiheit“239. Die Bedeutung des Rechts für die Marktregulierung ist jedoch noch wesentlich weitergehend. Märkte sind rechtlich durchkonstruiert. Dies zeigt sich an vier Kernpunkten: Durch die jeweils maßgebliche Rechtsordnung wird das Rechtsregime vorgegeben, nach dem sich der Vertragsschluss und die Vertragsabwicklung auf dem allgemeinen Vertragsabschlussmarkt vollziehen. Das Recht gibt zudem den Rahmen für die Gestaltung und Errichtung organisierter Märkte vor, sei es nun die von Börsen oder anderen Handelsplattformen ((i); dazu unter § 4). Weiterhin sind die den Markt konstituierenden Einzelakte Verträge, nämlich Kaufverträge (ii). Kaufverträge ihrerseits benötigen zur Preisbildung einen Wertmaßstab in Form des Geldes, das wiederum ein „Geschöpf der Rechtsordnung“240 ist (iii). Und schließlich legt das Recht den Wertansatz für die Bemessung der unterschiedlichen zivilrechtlichen Rechtsfolgen fest, auf welchen Marktpreis oder Wert abzustellen ist, wenn nicht sogar Preistaxen (denkbar als Mindest-, Höchst‑ oder Festpreise) vorgegeben sind (iv). Jede Rechtsordnung muss Farbe bekennen, wie Vertragsversprechen beim Schadensersatz statt der Leistung der Höhen nach zu bemessen sind  – wieviel ein Vertrag umgerechnet in Geld wert ist.241 Mit anderen Worten muss eine Rechtsordnung eine normative Grundsatzentscheidung treffen, welcher Wertansatz für die Fragen des Zivilrechts maßgeblich ist (dazu unter § 3). Im  Max Weber, a. a. O., S. 249 (Hervorh. wie im Original). Weber, a. a. O., S. 248. 239  Max Weber, a. a. O., S.  375 f. 240  Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes3, S. 1; dazu noch unter § 5 II. 2. c). 241 Dazu unter § 8 III. Zu weiteren Anwendungsfällen: Martin Wolff, Das Geld, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR IV/1, § 4 5. (=  S. 23 f.) und Victor Fröhlich, Eintrag „Schätzungen“, in: Österreichisches Staatswörterbuch, Band IV., S. 177 ff.; für das allgemeine Schadensrecht vgl. Christian Alexander, VersR 2006, 1168; aus der Volkswirtschaftslehre Karl Diehl, Theoretische Nationalökonomie III., § 9 (= S. 14–22). 237

238 Max

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

Bilanz‑ und Steuerrecht242, in der Nachlassbewertung, wie auch insgesamt im Unternehmensrecht (etwa bei Unternehmenskäufen, bei der Bewertung von Sacheinlagen oder aber bei gesellschaftsrechtlichen Abfindungsansprüchen etc.), steht die Wahl der Bewertungsmaßstäbe sowie die Bewertungsmethodik ganz selbstverständlich im Zentrum des Interesses.243 Demgegenüber fristet, wie Jens Peter Meincke feststellt, das „Bewertungsrecht“ oder die Preis‑ und Wertlehre im allgemeinen deutschen Zivilrecht ein „Aschenbrödellos“, obwohl es freilich im BGB nicht an „Bewertungsregeln“ mangelt.244 Inwieweit dabei Marktpreise als Referenz‑ und Bewertungssystem im Zivilrecht zugrunde gelegt werden und nach welchen Grundsätzen sie erfasst werden, wird im nachfolgenden Abschnitt zu behandeln sein.

242  Vgl. statt vieler Brigitte Knobbe-Keuk, Bilanz‑ und Unternehmenssteuerrecht9, § 5 (= S. 152 ff). 243 Die Einzelfragen der Spezialmaterie der Unternehmensbewertung, die sich insbesondere daraus ergeben, dass – handelt es sich z. B. nicht um eine börsennotierte Aktiengesellschaft – gerade nicht auf Marktpreise abgestellt werden kann (BGH NJW 1973, 509), stehen außerhalb des hier interessierenden Untersuchungsgegenstands, nämlich der Bestimmung des monetären Wertes von Austauschversprechen. Vgl. dazu jedoch ausführlich Rainer Hüttemann, in: Rechtshandbuch der Unternehmensbewertung, § 1 Rn. 1 ff. m. w. N. 244 Jens Peter Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 12 in Anlehnung an Wieacker, mit Zusammenfassung der Bewertungsregeln im BGB auf den S. 16–22; siehe auch Karl Diehl, Theoretische Nationalökonomie III., § 8 (=  S. 9): „Auch die größten systematischen Werke der Rechtswissenschaft enthalten nur kurze Bemerkungen über das Wert‑ und Preisproblem, und in den wichtigsten Rechtsbüchern würde man vergebens nach scharfen und klaren Begriffsabgrenzungen von Wert und Preis suchen“; aus den wenigen Stellungnahmen in der Literatur des 20. Jahrhunderts vgl. Martin Wolff, Das Geld, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR IV/1, § 4 5. (= S. 23 f.) und § 4 Fn. 1 (= S. 20 f.): „In den Schriften über den Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, in welchen die juristische Werthlehre systematisch gehört, ist sie bisher nicht dargestellt worden.“; eine sehr knappe Zusammenstellung findet sich bei Ludwig Enneccerus & Hans Carl Nipperdey, AT I/115, § 134 „Der Wert“ (= S. 852 ff.); anders sieht dies freilich im österreichischen Schrifttum aufgrund der Anknüpfung an die §§ 305 ff. ABGB aus, vgl. etwa Armin Ehrenzweig, System I/22, § 163 (= S. 23 ff.); Emil Pfersche, Österreichisches Sachenrecht I., § 7 (= S. 7 ff.); Heinrich Klang, in: Klang2, § 304 Anm. 1 ff. und § 305 Anm. 1 ff.; Viktor Fröh‑ lich, Schätzung und Wertbestimmung, GZ 1907, 153 ff., 163 ff.; ders., Eintrag „Schätzungen“, in: Österreichisches Staatswörterbuch, Band IV., S. 177–190; vgl. ferner die systematischen, wenn auch kurzen Ausführungen zum preußischen Landrecht (I. 2. §§ 109–118 ALR): Wilhelm Bornemann, Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts I.2, § 18 (=  S. 116–118); Heinrich Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts I., § 64 (= S. 113 f.); Franz Förster & M. E. Eccius, Preußisches Privatrecht I.7, § 22 (= S. 120–122).

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem Märkte sind weitaus mehr als physische Marktorte, sie sind insbesondere auch Referenzsysteme für die Bewertung von Gütern. Der hierfür erforderliche Perspektivenwechsel kommt sehr gut in einer ideengeschichtlich wirkungsmächtigen245 Bemerkung des französischen Mathematikers und Wirtschaftstheoretikers Antoine Augustin Cournot aus dem Jahr 1838 zum Ausdruck, die, transportiert durch die Werke William Stanley Jevons (1879)246 und Alfred Marshalls (1890)247, zum ökonomischen Mainstream wurde, dass nämlich „[Ökonomen] unter Markt nicht einen bestimmten Ort, an dem sich Käufe und Verkäufe abspielen, verstehen, sondern ein ganzes Gebiet, dessen Teile durch die Nachrichten des freien Handels verbunden sind, dergestalt daß die Preise sich mit Leichtigkeit und Raschheit ausgleichen“248.

Der Markt war damit in der Ökonomie zur Abstraktion und zum pricemaking mechanism geworden. Beim Markt und dem von ihm generierten Marktpreis scheint es sich auf den ersten Blick um ein rein ökonomisches Phänomen zu handeln, das rechtlich nicht determiniert ist.249 So kann man in den Motiven zum BGB nachlesen: „Der Begriff des Werthes ist an sich als ein wirthschaftlicher Begriff für das Privatrecht

245 Siehe hierzu Richard Swedberg, Markets as Social Structures, in: The Handbook of Economic Sociology1, S. 259 m. Fn. 7; ders., in: The Handbook of Economic Sociology2, S. 238; Winifred B. Rothenberg, in: The New Palgrave Dictionary of Economics2, Eintrag „marketplaces“: „It may therefore come as something of a surprise to discover that in this, the urtext of economics [sc. Marshall’s Principles], the marketplaces have vanished!“. 246  Ein Verweis auf Cournot findet sich erstmals in der zweiten Auflage aus dem Jahre 1879, vgl. William Stanley Jevons, Theory of Political Economy2, S. 92 Fn. f: „I find that Cournot has long since defined the economical use of the word market, with admirable brevity and precision, […]“ (Hervorh. im Original). 247 Alfred Marshall, Principles of Economics, S. 384. 248  Nach der deutschen Übersetzung aus dem Jahr 1924: Antoine Augustin Cournot, Untersuchungen über die mathematischen Grundlagen der Theorie des Reichtums [= Recherches sur les principes mathématiques de la théorie des richesses, 1838], S. 42 Fn. 1) (Hervorh. auch im Original). 249  Dazu Jens Peter Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 12 ff.; ferner Karl Diehl, Theoretische Nationalökonomie III., § 8 (= S. 9 ff.).

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gegeben und im Allgemeinen auch nicht zweifelhaft.“250 Und ganz in diesem Sinne formuliert auch Werner Flume: „Der Wert eines Gutes läßt sich aber nicht nach rechtlichen Gesichtspunkten bestimmen, weil es sich bei dem Wert um ein ökonomisches Phänomen handelt, das auf die Gesamtheit der ökonomischen Zusammenhänge bezogen ist.“251

Auf den ersten Blick mag diese Einordnung für den juristischen Leser stimmig wirken, da der Wert nur als ein quasi von außen kommender Parameter wahrgenommen wird. Ganz in diesem Sinne erklärt der Freiburger Volkswirt Karl Diehl in der Festschrift für Rudolf Stammler die Aufgabenteilung zwischen Ökonomie und Rechtswissenschaft in den Fragen der Preis‑ und Wertlehre: „Da in der Periode der kapitalistischen Wirtschaft die Festsetzung der Preise dem freien Belieben der Kontrahenten überlassen ist, fällt die ‚normale‘ Preisgestaltung, deren Erklärung dem Nationalökonomen obliegt, aus dem Rahmen der Rechtswissenschaft heraus. Nur in Ausnahmefällen, wo die Preise nicht durch die freie Konkurrenz bestimmt werden, also entweder autoritativ durch den Staat, Gemeinde usf. oder durch Interessenorganisationen, wie Kartelle, Syndikate usw. festgestellt werden, sind juristische Entscheidungen zu treffen und bei der der freien Marktpreisbildung nur dann, wenn der Tatbestand des Wuchers gegeben ist.“252

Diehl weist darauf hin, dass die Erkenntnisinteressen beider Disziplinen unterschiedlicher Art sind. So sind Ökonomen und Juristen an unterschiedlichen Fragestellungen interessiert. „Die Volkswirtschaftslehre, die den Zusammenhang der wirtschaftlichen Erscheinungen zu erforschen hat, kennt kein wichtigeres Problem als das: wie kommen die Preise zustande? Welches sind die letzten Preisbestimmungsgründe? Wie erklären sich Preissenkungen und Preissteigerungen?“253

Im Kontrast hierzu steht nach Diehl die Rechtswissenschaft: „Ganz anders die Rechtslehre. Die wichtigste und schwierigste Aufgabe der ökonomischen Werttheorie, die Erforschung des Ursachenkomplexes der Preiserscheinungen, gehört nicht zum Forschungsgebiet des Juristen. Wohl aber hat der Jurist zu entscheiden, ob die tatsächlich gezahlten Preise oder die Preisangebote mit bestehenden Rechtsnormen und Rechtssätzen im Widerspruch stehen. Unter Umständen kann ein bestimmter Preis den Tatbestand eines rechtsungültigen Geschäftes oder einer strafbaren Handlung in sich schließen. Weiter interessiert den Juristen, welche der verschiedenen Wertarten bei gewissen Preisfestsetzungen, namentlich auch bei Regelung von Ersatzansprüchen, in Frage 250  Motive III., S. 30 = Mugdan III., S. 17; siehe auch etwa Ludwig Enneccerus & Hans Carl Nipperdey, AT I/115, § 134 I.: „Der Wert ist ein volkswirtschaftlicher Begriff“. 251  Werner Flume, AT II.4, § 1 7. (= S. 11). 252  Karl Diehl, Die Wert‑ und Preislehre in nationalökonomischer und juristischer Betrachtungsweise, FS Stammler, S. 105, 106 f. = Theoretische Nationalökonomie III., § 8 (= S. 10); zum Diehl’schen Verständnis des Kapitalismus vgl. dessen Kieler Vortrag aus dem Jahr 1929, Karl Diehl, Die rechtlichen Grundlagen des Kapitalismus, 1929. 253 Karl Diehl, FS Stammler, S. 105 = Theoretische Nationalökonomie III., § 8 (= S. 9).

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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kommt. Der sogenannte ‚angemessene Preis‘ kann in Frage stehen in dem Sinne, ob die Preishöhe nicht über die Höhe hinausgeht, die rechtlich zulässig ist. Der ‚angemessene Preis‘ kann auch in den Fällen wichtig werden, wenn vertragsmäßig keine Preisfestsetzung vorliegt.“254

Diese Feststellungen haben auch nach knapp hundert Jahren nichts an Aktualität eingebüßt. Gerade im Verständnis und der Wirkung des Verhältnisses von (individuellem) Preis und Wert ist eine Vermittlung zwischen den Disziplinen dringend erforderlich, da in der ökonomischen Literatur die Relativität jedes Wertes betont wird und die Vorstellung von der Unausführbarkeit der Fixierung objektiver Werte verbreitet ist, während bei den Juristen eine lange Tradition besteht, von objektiven Werten zu sprechen. Es geht hier um nichts Geringeres als das Verhältnis zwischen der ökonomischen Preislehre und ihren Modellen einerseits und den normativ – d. h. gesetzlich – verankerten Bewertungsansätzen im Recht anderseits.

I. Ökonomische Werttheorien Die Festlegung, welche denkbaren Alternativen für die Bewertung von Gütern bestehen, geht auf eine bis in die Antike zurückreichende Wertlehre zurück.255 Danach werden zwei Wertgrundformen unterschieden, nach denen sich der Wert eines Gegenstands richten kann: nach dem Gebrauchswert (value in use, valeur usuelle) oder nach dem Tauschwert (value in exchange, valeur vénale). Stark vereinfachend wird im ersten Fall danach gefragt welchen Wert das Innehaben eines Gegenstands hat. Dies kann auf einer subjektiven und freilich kaum zu verifizierenden Einschätzung eines Einzelnen oder aber auf einer objektiven Quantifizierung beruhen. So kann etwa im letzteren Fall an einen Ertragswert angeknüpft oder versucht werden, den Nutzen, etwa über Mietkosten, Alterswertabschreibungen oder Verzinsungen, wirtschaftlich zu quantifizieren. Die Ermittlung des Tauschwertes beruht hingegen auf der Wertbestimmung, die danach fragt, welcher Erlös bei einem (hypothetischen) Veräußerungsvorgang zu erzielen wäre. Der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Gebrauchswert und Tauschwert entspringt auch die Anschauung, dass es Güter gibt, die  Karl Diehl, FS Stammler, S. 105 f. = Theoretische Nationalökonomie III., § 8 (= S. 10).  Vgl. hierzu aus der ökonomischen Literatur: Eugen Böhm-Bawerk, in: HdWbStW2, Band VII., Stichwort „Wert“, S. 745 ff.; Wilhelm Lexis, in: Hwb. d. Volkswirtschaft2, Band II., Stichwort „Wert“, S. 1318 ff.; Karl Diehl, in: Hwb. d. Volkswirtschaft4, Band III., Stichwort „Wert und Werttheorie“, S. 995 ff.; Wilhelm Weber, Hans Albert & Gerhard Kade, in: HDSW, Band XI., Stichwort „Wert“, S. 637 ff. (die Autoren bearbeiten jeweils unterschiedliche Abschnitte); Alfred E. Ott, Grundzüge der Preistheorie3, S. 20 ff.; aus dem juristischen Schrifttum vgl. Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64 (= S. 74–79) (mit zahlreichen Nachweisen); sowie kurz: Hein‑ rich Klang, in: Klang2, § 304 Anm. 1 und Jens Peter Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 142, 175 m. w. N. 254 255

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einen Gebrauchswert und (im Wesentlichen) keinen Tauschwert haben (z. B. der Brief oder die Haarlocke der Geliebten) und umgekehrt Gegenstände, die für den Einzelnen keinen Gebrauchswert haben, jedoch einen Tauschwert (etwa ein Wörterbuch in kyrillischer Schrift für den, der diese Schrift nicht lesen kann).256 Vor dem Hintergrund des klassischen Gegensatzpaars von Gebrauchs‑ und Tauschwert hat sich die ökonomische Wertlehre entwickelt. Eine ausführliche Ideengeschichte dieser Lehren und ihrer Verästelungen kann und muss für die Zwecke dieser Untersuchung nicht geliefert werden. Für die Zwecke der juristischen Konzeptualisierung des Marktes ist hier nur kurz die grobe Entwicklung aufzuzeigen, wie nämlich, folgt man den gängigen Darstellungen257, objektivistische ökonomische Werttheorien den subjektivistischen ökonomischen Werttheorien gegenübergestellt werden. So beschreibt Wilhelm Weber258, dass die „substantielle Wertauffassung“ der klassischen Nationalökonomie zweifach begründet sei: Der Wert eines Gegenstands ergibt sich aus einer dem jeweiligen Objekt anhaftenden Eigenschaft, die unabhängig „von einer wertenden Anerkennung seitens der Wirtschaftssubjekte besteht“. Der Wert entsteht durch die aufgewendeten Realkosten, die für die Produktion aufzuwenden waren und somit „im Gut ‚objektiviert‘ werden“259. Bei den beliebig vermehrbaren Waren bestehen zwar Marktpreise, neben ihnen besteht aber auch ein „natural price“, basierend auf den Produktionskosten (Adam Smith) oder den Arbeitskosten (David Ricardo), auf die sich die individuellen Preise langfristig zubewegen werden.260 Seit dem 19. Jahrhundert wird hingegen der Wert überwiegend als subjektiv zu messende Größe bestimmt.261 Die Erklärung der Entstehung des Wertes wird nach der Utilität, dem Nutzen, den ein Gegenstand für eine Person hat, bestimmt. Dieser Ansatz geht zurück auf die Arbeiten der sogenannten Wiener Schule (Carl Menger, Eugen Böhm von Bawerk, Friedrich von Wieser), der sogenannten Lausanner Schule (Léon Walras, Vilfredo Pareto) sowie den Arbeiten anglo-amerikanischer Autoren (William Stanley Jevons, Francis Ysidro Edgeworth, John Bates Clark). Der Wert eines Gutes wird nach einer rationalen (subjektiven) Präferenzordnung bestimmt, die sich am Grenznutzen (marginal utility) eines Gegenstands orientiert.262 Dabei wird angenommen, dass mit der Konsumierung der ersten Einheit eines Gegenstands der Nutzen abnimmt (law 256 Siehe

auch die Beispiele bei Carl Menger, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, S. 217. hierzu die Nachweise in Fn. I 255. 258  Wilhelm Weber, in: HDSW, Band XI., Stichwort „Wert“, S. 637, 643 f. 259  Wilhelm Weber, in: HDSW, Band XI., Stichwort „Wert“, S. 637, 643 f. 260 So die Zusammenfassung von Alfred E. Ott, Grundzüge der Preistheorie3, S. 22. 261  Alfred E. Ott, Grundzüge der Preistheorie3, S. 25; eine lesenswerte Ideengeschichte präsentiert: John Cassidy, How Markets Fail, S. 48 ff. 262 Dazu heute: Nicholas Gregory Mankiw, Principles of Economics4, S. 462 f. und Alexander Morell, in: Ökonomische Methoden im Recht, § 3 Rn. 97 ff.; siehe auch grundlegend zwischen den Disziplinen vermittelnd: Victor Mataja, Das Recht des Schadensersatzes vom Standpunkte der Nationalökonomie, S. 155 ff. 257 Vgl.

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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of diminishing marginal utility). Das Grundanliegen, die Wertbestimmung über die subjektive Präferenzordnung zu rekonstruieren, ist durchaus nachvollziehbar, da ja auch in einer freien Verkehrs‑ bzw. Marktwirtschaft die Marktpreise das Resultat einer Vielzahl von subjektiven Wertschätzungen sind. Damit wird im Gegensatz zu den objektiven ökonomischen Werttheorien die Wertbestimmung nicht auf die Produktions‑ oder Arbeitskosten gestützt, sondern versucht, sie auf das als idealtypische angenommene Begehren der individuellen Akteure zu stützen. Der Utilitarismus hat sich auch als besonders wirkungsmächtig erwiesen, indem er einen wesentlichen Baustein für die Rechtsökonomik bildet.263 Eingebettet ist der nach Utilitäten handelnde Akteur in das theoretische Modell des perfekten Marktes, das auf perfektem Wettbewerb und perfekter Information der Marktpartizipienten beruht.264 In diesem perfekten Markt geht die klassische, auf Stanley Jevon zurückgehende ökonomische Annahme davon aus, dass ein Gegenstand nur zu einem Preis (law of one price) gehandelt wird. Bestehende Preisunterschiede identischer Waren können nicht lange fortbestehen, da Arbitragemöglichkeiten von Marktteilnehmern ausgenutzt werden und zur Angleichung der Preise führen.265 In der Realität gibt es freilich nicht den perfekten Markt, sondern Märkte, das heißt Märkte von ganz unterschiedlichem Zuschnitt und Typus.

II. Planwirtschaft, price system und economic calculus Jedes ökonomische Modell kann je nach seinem Erkenntnisziel theoretisch in sich stimmig sein und eine bessere oder schlechtere Prognose der realen Preisentwicklungen am Markt ermöglichen, wenn dies freilich überhaupt der Zweck ist. Solche Modelle können helfen, die Marktrealität zu verstehen oder sich quasi vom anderen Ende aus, über die Rekonstruktion der individuellen Präferenzordnung, dem Gesamtphänomen der Preisbildung anzunähern. Bei aller Unsicherheit über das, was einen Wert darstellt und wie er zu erfassen ist, darf eine praktische Grundfrage nicht ins Hintertreffen geraten: Warum brauchen wir Marktpreise und Werte? Für eine Annäherung an eine Antwort lohnt es sich, die Fragen umzukehren: Was würden wir machen, wenn es keine Preise geben würde? Wie würden die Parteien eines Tauschs oder eines Kaufs zu einer Entscheidung kommen und das Tauschverhältnis bzw. den Preis festlegen? In einer solchen Umgebung könnten sie eine solche Entscheidung nur nach den eigenen subjek263  Dazu Kristoffel Grechenig & Martin Gelter, Divergente Evolution des Rechtsdenkens – Von amerikanischer Rechtsökonomie und deutscher Dogmatik, RabelsZ 72 (2008), 513, 530 ff. 264  Zum perfekten Wettbewerb vgl. Alexander Morell, in: Ökonomische Methoden im Recht, § 3 Rn. 148 ff.; zu den Auswirkungen asymmetrischer Informationen Morell a. a. O., § 3 Rn. 160. 265 Vgl. Nicholas Gregory Mankiw, Principles of Economics4, S. 705.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

tiven Bedürfnissen und der Fähigkeit, etwas herauszugeben, was auch die andere Partei begehrt, herbeiführen. Die Maßstabsbildung wäre aber überaus unklar. Außerhalb dieser im theoretischen Vakuum lebenden Personen haben sich in der Wirtschaftsgeschichte zwei Grundmodelle entwickelt, an welchen Werten sich ökonomisches Handeln orientieren kann: Am Marktpreis in einer kompetitiven Wettbewerbs‑ und Marktordnung (i) oder durch die Preisfestlegung in der Plan‑ wirtschaft bzw. durch die staatliche Preisregulierung des lenkenden Staates (z. B. in der deutschen Kriegswirtschaft im Ersten und Zweiten Weltkrieg266) (ii).267 Die Unterschiede zwischen diesen beiden Systemen lassen sich gut anhand einer Gegenüberstellung des Kaufvertragsrechts nach dem BGB, dem Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und dem Zivilgesetzbuch der Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) darstellen.268 Nach dem BGB verpflichtet sich der Verkäufer bekanntlich, dem Käufer die Sache zu übereignen und das Eigentum zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Käufer verpflichtet sich seinerseits, den vereinbarten Preis zu zahlen und die Sache abzunehmen (§ 433 Abs. 2 BGB). Es besteht Privatautonomie sowohl hinsichtlich der Auswahl des Kaufgegenstands als auch hinsichtlich des vereinbarten Preises. Auch nach dem Zivilgesetzbuch der DDR und dem Zivilgesetzbuch der Sowjetunion war der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer das Eigentum an der Kaufsache zu übertragen (§ 139 Abs. 1 ZGB DDR, Art. 237 Abs. 1 RSFSR), jedoch richtete sich der Preis nach den gesetzlich vorgeschriebenen Preisvorschriften. So heißt es in § 139 Abs. 2 ZGB DDR: „Der Käufer ist verpflichtet, den durch gesetzliche Preisvorschriften festgelegten oder den vereinbarten zulässigen Kaufpreis zu zahlen und die Ware abzunehmen.“ Schließlich bestimmt Art. 240 Abs. 1 ZGB RSFSR über den Kaufpreis Folgendes: „Der Verkauf von Waren durch staatliche, genossenschaftliche und gesellschaftliche Organisationen erfolgt zu staatlich festgesetzten Preisen, mit Ausnahme der Fälle, die von der Gesetzgebung der UdSSR […] vorgesehen sind.“269 In solchen Privatrechtsordnungen beruht nur noch der Erwerb, das „ob“, auf dem privatautonomen Entschluss der Parteien, nicht hingegen die Preisbestimmung, die staatlich vorgegeben ist.270 266 Dazu Theo Mayer-Maly, Der gerechte Preis, FS Demelius, S. 139, 140–143; Heinrich Dör‑ ner, Preiskontrolle im Ersten Weltkrieg, FS Lukes, S. 305 ff.; ferner zeitgenössisch: Arthur Nuß‑ baum, Das neue deutsche Wirtschaftsrecht2, S. 24 ff.; vgl. ferner aus dem älteren ökonomischen Schriftum: Adolf Weber, Kurzgefaßte Volkswirtschaftspolitik6, Allg. Teil § 7 (= S. 41 ff.). 267  Zu dieser Gegenüberstellung siehe auch Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 3 = MWG III/6, S. 83; Christoph Engel, Die Soziale Funktion des Eigentums, in: Bericht zur Lage des Eigentums, S. 9, 36 ff. 268  Zum Kaufrecht des ZGB der DDR vgl. Klaus Westen & Joachim Schleider, Zivilrecht im Systemvergleich, S. 410 ff.; zum RSFSR: Eugenia Kurzynsky-Singer, in: Hwb. d. EuP, Eintrag „Russisches Zivilgesetzbuch“; zu Preisen in der ehemaligen Sowjetunion: F. J. M.  Feldbrugge, in: Encyclopedia of Soviet Law, Band II., Eintrag „Prices“, S. 534. 269  Übersetzung nach: Zivilgesetzbuch der RSFSR, Berlin 1965. 270 Siehe zur Wirkung hoheitlicher Preisbestimmung auf die Privatautonomie Werner Flume, AT II.4, § 1 7. (=  S. 11 f.); ferner Arwed Blomeyer, Die Entwicklung des Zivilrechts in der

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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Der kategorische Unterschied zwischen den beiden Wirtschaftssystemen besteht darin, dass die Festlegung der Bewertungsgrundlagen wirtschaftlichen Handelns in der Planwirtschaft einer zentralen Instanz übertragen ist, während die Preisbildung und damit der Wert in der freien Marktwirtschaft durch die Vielzahl der Marktpartizipienten selbst erfolgt. In der Marktwirtschaft bedingt also die Möglichkeit der freien, privatautonomen Preisfestlegung die Entstehung von Marktwerten. Grundlegend für das Verständnis der Funktion beider Systeme ist ein Aufsatz von Friedrich August Hayek im American Economic Review mit dem Titel „The Use of Knowledge in Society“ aus dem Jahr 1945.271 Hayek beschreibt darin, dass im Gegensatz zur Planwirtschaft, in der Preise zentral festgelegt werden, in der Marktwirtschaft das Wissen aller Marktakteure genutzt wird und Preise als Kommunikationssystem aufgefasst werden können. „We must look at the price system as such a mechanism for communicating information if we want to understand its real function […]. The most significant fact about this system is the economy of knowledge with which it operates, or how little the individual participants need to know in order to be able to take the right action. In abbreviated form, by a kind of symbol, only the most essential information is passed on, and passed on only to those concerned. It is more than a metaphor to describe the price system as a kind of machinery for registering change, or a system of telecommunications which enables individual producers to watch merely the movement of a few pointers, as an engineer might watch the hands of a few dials, in order to adjust their activities to changes of which they may never know more than is reflected in the price movement.“272

Durch das Preissystem wird das Wissen von Abertausenden, ja möglicherweise von Millionen Marktpartizipienten transportiert und nutzbar gemacht.273 Markts­ owjetischen Besatzungszone, S. 12 ff.; Klemens Pleyer, Die Bedeutung von System und Dogmatik für die Rechtsfragen des Massenverkehrs in der DDR, AcP 172 (1972), 155 ff. 271 Zum Stellenwert und der Rezeption des Aufsatzes in der Ökonomie siehe John Cassidy, The Price Prophet, The long-forgotten economist whose controversial theories help explain today’s market mania, The New Yorker, February 7, 2000, S. 44 ff.; für die Rechtswissenschaft Holger Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 95 ff.; Stefan Grund‑ mann, FS Canaris zum 80. Geburtstag, S. 907, 914; Jens Petersen, Freiheit unter dem Gesetz, S.  182 ff., 185 ff. 272 Friedrich August Hayek, The Use of Knowledge in Society, Am. Econ. Rev. 35 (1945), 519, 526 f. 273  In eine ähnliche Richtung geht bereits die Beschreibung von Rudolf von Jhering (Der Zweck im Recht I., S. 160), dass „die üblichen Preise […] das Erfahrungsprodukt des ganzen Erwerbszweiges, d. h. von Tausenden und Millionen von Individuen, welche alle dasselbe Rechenexemple angestellt haben und fortwährend anstellen“, sind. Levin Goldschmidt beschreibt daran anknüpfend die Entstehung und Bedeutung von Marktpreisen folgendermaßen: „Sie sind praktische, d. h. bethätigte ‚Massenurteile‘ über den Werth und werden dadurch zu den allgemein anerkannten Werthmaßstäben.“ (Hdb. d. HR2, § 64a (= S. 98) Hervorh. wie im Original). Vgl. schließlich Max Weber (Die Börse I., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 1 (1894), 17, 34 = MWG I/5, S. 155): „Eine sozialistische Ordnung würde alle Einzelnen je an einen Faden binden und diese Fäden in der Hand einer Centralleitung zusammenlaufen lassen, welche nun jeden Einzelnen dahin dirigieren würde, wo sie ihn nach dem Maß ihrer Kenntnis am zweckmäßigsten verwenden zu können glaubt. Die heutige Organisation bindet Jeden mit zahllosen

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

preise verkörpern Informationen. So signalisieren beispielsweise steigende Preise von Rohmaterialien die Warenknappheit, auch wenn nur wenige Akteure den wahren Grund für die Preissteigerung kennen.274 Der Rest der Marktteilnehmer kann sich auf die Umstände einstellen und gegebenenfalls sparsamer vom Rohstoff Gebrauch machen. „The price system is just one of those formations which man has learned to use […] after he had stumbled upon it without understanding it. Through it not only a division of labor but also a coördinated utilization of resources based on an equally divided knowledge has become possible.“275

Eine ganz wesentliche und nicht zu unterschätzende Erkenntnis von Hayeks Aufsatz liegt darin, dass das price system eine Grundvoraussetzung für die rationale Kalkulation in einer komplexen Gesellschaft bildet, den, wie er ihn nennt, economic calculus.276 Erst die in den Preisen enthaltenen Informationen ermöglichen es den Marktteilnehmern, eine Bewertung von Austauschvorgängen vorzunehmen. Über das Kommunikationssystem der Preise werden Informationen weitergegeben, „die jedes Individuum zum Handeln, insbesondere zum vernünftigen Handeln, braucht“277. Die Ausführungen Hayeks haben freilich Vorläufer. In der geldrechtlichen Literatur wie auch in der dem Geld gewidmeten ökonomischen Literatur wird standardmäßig darauf verwiesen, dass erst durch die Einführung des Geldes – oder noch genauer: durch die Einführung des auf dem Geldmaßstab beruhenden Nominalismus – die formal rationale Geldwirtschaft ermöglicht wurde.278 Der Verweis auf die Messfunktion des Geldes allein ist jedoch unvollständig und missverständlich, so wie etwa die Celsius‑ oder Fahrenheitskala nichts über die aktuelle Temperatur und insgesamt über das Klima sagt. Denn es fehlt noch die Verknüpfung zwischen dem Geld als der Skala und den konkreten, empirisch ermittelten Marktpreisen, die zusammen die Basis für die Entwicklung rationaler Entscheidungen und Handlungen in einer Marktwirtschaft bilden. Am Markt gemessene Preise sind aber auch für viele Rechtsfragen von Bedeutung. In den unterschiedlichsten rechtlichen Konstellationen lautet die immer gleiche Fragestellung: Was ist der Gegenstand wert? Diese Frage muss Fäden an zahllose Andere. Jeder zerrt an dem Fadennetz, um an die Stelle zu gelangen, wohin er möchte und wo er an seinem Platz zu sein glaubt, aber selbst, wenn er ein Riese ist, und viele der Fäden in seiner Hand zusammenfaßt, wird er vielmehr von den Anderen dorthin gezerrt, wo gerade ein Platz für ihn offen ist.“. 274  Friedrich August Hayek, Am. Econ. Rev. 35 (1945), 519, 527; dazu auch bereits Eugen Schmalenbach, Über Verrechnungspreise, ZfhF 3 (1908/09), 165 ff. 275 Friedrich August Hayek, Am. Econ. Rev. 35 (1945), 519, 528. 276 Friedrich August Hayek, Am. Econ. Rev. 35 (1945), 519. 277  So Hayek in einer deutschen Übersetzung seines Diskussionsbeitrags aus dem Jahre 1977, vgl. Friedrich August Hayek, Die sensorische Ordnung, S. 244. 278 Dazu unter § 5.

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beantwortet werden und kann nicht unter dem Hinweis auf die Unergründlichkeit der Werte unbeantwortet bleiben. Die juristische Fragestellung ist auf eine Transformationsleistung gerichtet, welchen Wert nämlich der Gegenstand X in Y Währungseinheiten hat. In der Planwirtschaft kann hierfür schlicht in die Preistaxe geschaut werden oder es bestehen zumindest ein Höchst‑ oder Mindestpreis. In der Marktwirtschaft der freien Preisbildung ist hingegen die Wertbildung durch die Summe der individuellen Preisabschlüsse, die zeitlich nur punktuell und empirisch gemessen werden können, bedingt. Auf den Marktwert einer Sache abzustellen, liegt bei jenen Rechtsfragen nahe, wo sich die Anspruchshöhe nach den Kosten der Ersatzbeschaffung eines Gegenstands oder einer Leistung ergibt oder der Wert eines Vermögens beziffert werden muss. So stellt sich etwa im Schadensrecht279 die Frage nach dem Wiederbeschaffungswert der zerstörten Sache oder der frustrierte Käufer will sich etwa am Markt ersatzweise eindecken oder beim Zugewinn wie auch bei der Nachlassbewertung280 muss der Wert des Vermögens bestimmt werden.281 Damit entsteht ein normativ-gesetzlicher Wertbegriff, durch den die Rechtsordnung die jeweils geltende rechnerische Grundlage des Rechts‑ und Wirtschaftsverkehrs festlegt.282 Dass es sich beim Wert  – entsprechend der Vorstellung der Gesetzesverfasser des BGB und der Stellungnahmen in der Zivilrechtswissenschaft283 – um einen rein ökonomischen Begriff, ein rein ökonomisches Phänomen handelt, ist höchst problematisch, da Bewertungsfragen Rechtsfragen sind und die Regelungsmacht des Gesetzgebers in Abrede gestellt wird. Gerade die Gegenüberstellung zwischen planwirtschaftlichen Preisvorgaben und freier marktwirtschaftlicher Preisbildung sollte dies verdeutlichen. Aber auch in der freien Marktwirtschaft sind der Wert und der Wertersatz als normatives Regelungskonzept zu verstehen. Dies lässt sich anhand der – sogleich ausführlich unter III. darzustellenden – langen zivilrechtlichen Tradition284, der Unterscheidung zwischen objektiven (Markt)werten und subjektiven Werten, so wie sie sich in den zivil‑ und wirtschaftsrechtlichen Kodifikationen, in der Rechtsprechung und schließlich in der Literatur wiederfinden, belegen.

279 Dazu

Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 88 ff.  Jens Peter Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 141 ff. 281  Vgl. hierzu auch die Nachw. in Fn. I 241. 282  Das ein „juristischer“ Wertbegriff besteht, wird auch von ökonomischen Schriftstellern hervorgehoben, vgl. Eugen Böhm-Bawerk, in: HdWbStW2, Band VII., Stichwort „Wert“, S. 745, 748 und insbesondere Karl Diehl, FS Stammler, S. 105, 107–126 = Theoretische Nationalökonomie III., § 8 (= S. 9–22). 283 Vgl. oben die Nachweise in Fn. I 250 f. 284  Dazu Jens Peter Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 152 ff.; für das Schadensrecht: Hans-Joachim Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens im Bürgerlichen Recht, S. 70 ff. 280

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

III. Der Wertansatz im Privatrecht Im Vergleich zur subjektivistischen ökonomischen Perspektive auf die Wertbemessung nimmt die juristische Praxis im Ausgangspunkt eine objektivistische Perspektive ein, indem Marktpreise als „objektive“ Werte angesehen werden, denen die besonderen Werte oder Affektionswerte als „subjektive“ Werte gegenüberstellt werden. In den naturrechtlichen Kodifikationen ist die Unterteilung noch besonders präsent. So unterscheidet das preußische Landrecht den gemeinen Wert (I 3 § 112 ALR) einerseits vom außerordentlichen Wert (I 3 § 112 ALR) und dem Wert der besonderen Vorliebe anderseits.285 Das österreichische ABGB wiederum sondert, in der noch heute geltenden Fassung, den ordentlichen oder gemeinen Preis (§ 305 1. HS ABGB) vom außerordentlichen Preis (§ 305 2. HS ABGB).286 Diese Abstufung war in Preußen und ist noch gegenwärtig in Österreich von Bedeutung, da der zu ersetzende Schadensumfang vom Verschuldensmaßstab abhängig gemacht wird.287 Das ADHGB kennt eine solche Abstufung hingegen nicht mehr (vgl. Art. 283 ADHGB), definiert aber in Art. 353 ADHGB, was unter Marktpreisen zu verstehen ist: „Ist im Vertrage der Marktpreis oder der Börsenpreis als Kaufpreis bestimmt, so ist im Zweifel hierunter der laufende Preis, welcher zur Zeit und an dem Orte der Erfüllung oder an dem für letzteren maaßgebenden Handelsplatze nach den dafür bestehenden örtlichen Einrichtungen festgestellt ist, in Ermangelung einer solchen Feststellung oder bei nachgewiesener Unrichtigkeit derselben, der mittlere Preis zu verstehen, welcher sich aus der Vergleichung der zur Zeit und am Orte der Erfüllung geschlossenen Kaufverträge ergibt.“288

Im ADHGB wird ferner als Bezugsgröße an vielen Stellen etwa bei der Regelung des Nichterfüllungsschadens oder beim Wertersatz im Transportrecht (vgl. z. B. Artt. 357, 396, 612 ADHGB) auf den „gemeinen Handelswert“ oder „Marktpreis“ abgestellt. Die Gesetzesverfasser des BGB wiederum haben davon abgesehen, den Wert eigens zu definieren.289 Vielmehr wird im BGB in unzähligen

285  Zum „gemeinen Wert“ nach dem ALR siehe auch Eugen Schmalenbach, Theoretische Studie über den gemeinen Wert, ZfhF 12 (1917/18), 129 ff.; für weitere Nachweise vgl. Fn. I 244 a.E. 286 Zu den §§ 305 ff. ABGB vgl. die Nachweise in Fn. I 244 a.E. 287  Vgl. I 6 §§ 82–97, I 5 285–288 ALR und §§ 1323 f. ABGB; zum sog. gegliederten Schadensbegriff, vgl. Ernst Karner, Fragen der objektiv-abstrakten Schadensberechnung, FS  Fenyves, S.  189 ff. 288  Zur zeitgenössischen Auslegung von Art. 353 ADHGB vgl. Hermann Staub, Kommentar zum ADHGB2, Art. 353 Anm. § 2 ff. sowie für Österreich Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 353 Anm. § 1 ff.; vgl. auch § 1058 S. 2 ABGB und I 11 § 54 ALR sowie Art. 270 Preuß-E HGB 1857 und die dazugehörige Begründung, in: Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten, S. 144; eine dem Sinn nach entsprechende Auslegungsregel enthielt § 453 BGB a. F. (1900); vgl. dazu auch noch Fn. II 378. 289  Vgl. Motive III., S. 30 = Mugdan III., S. 17.

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Vorschriften grundsätzlich auf Verkehrs‑ oder Schätzwerte abgestellt.290 Die „subjektiven“ Werte oder Affektionswerte sind anders als in den naturrechtlichen Kodifikationen im BGB – sieht man einmal von der Vorschrift des § 253 BGB ab – nicht mehr zu finden. Sie fungieren als negative Abgrenzungsposten, indem etwa in der schadensrechtlichen Literatur darauf hingewiesen wird, dass subjektive Affektionsinteressen, solange sie nicht zu objektiven Liebhaberpreisen erstarken, nicht ersatzfähig sind.291 Was bedeutet aber objektiver Markt-, Verkehrs‑ oder Schätzwert?

1. Marktpreise als Jedermannwerte Im Anschluss an die Formulierungen der naturrechtlichen Kodifikationen des ALR und des ABGB wird der objektive Wert als Jedermannwert umschrieben. So wird der gemeine Wert als der Nutzen umschrieben, „welchen die Sache einem jeden Besitzer gewähren kann“ (I 3 § 112 ALR).292 Nach § 305 HS.  1 ABGB ist der ordentliche Preis einer Sache „nach dem Nutzen geschätzt, den sie mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich und allgemein leistet“. Die Umschreibung des objektiven Wertes als Jedermannwert etabliert sich als Standardbeschreibung in der Mitte des 19. Jahrhunderts und lässt sich bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nachverfolgen. So findet sich etwa in dem vielbeachteten Werk von Friedrich Mommsen Zur Lehre vom Interesse (1855) die folgende Ausführung: „Unter Sachwerth verstehen wir den Werth, welcher einem Gegenstand im Verkehr zugeschrieben wird, dasselbe, was man in Beziehung auf manche, besonders fungible Sachen auch wohl durch Marktpreise zu bezeichnen pflegt. Der Sachwerth ist also derjenige Werth, welchen der Gegenstand für Jeden hat. Denn den Werth, welchen derselbe im Verkehr hat, und welcher durch Veräußerung erlangt werden kann, hat der Gegenstand auch 290 Dazu Rainer Hüttemann, ZHR 162 (1998), 563, 575 unter Hinweis auf Ludwig Ennecce‑ rus & Hans Carl Nipperdey, AT I/115, § 134 II. 1. (= S. 853): „Objektiver Wert ist der Wert, den der Gegenstand mit Rücksicht auf Zeit und Ort für jedermann hat (pretium commune, gemeiner Wert). Um ihn handelt es sich, wenn das BGB von Wert spricht.“; siehe auch die ausführliche Auflistung einschlägiger Vorschriften des BGB bei Jens Peter Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 16 ff. und Martin Wolff, Das Geld, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR IV/1, § 4 5. (= S. 23 f.); aus dem Sonderprivatrecht: vgl. z. B. §§ 376 Abs. 2, 429, 502 HGB; §§ 88, 136 VVG; siehe auch Karl Lehmann, HR2, § 35 1. (= S. 183 f.): „Der Begriff des Marktpreises, den noch das alte HGB. Art. 353 […] definierte, ist über den konkreten Fall zum Durchschnittspreis bei Angebot und Nachfrage erhoben und in diesem Sinne vom Bürgerlichen Gesetzbuch wie Handelsgesetzbuch vielfach zugrunde gelegt.“; vgl. schließlich Karl Diehl, FS Stammler, S. 105, 111 = Theoretische Nationalökonomie III., § 8 (= S. 13): „Das Bürgerliche Gesetzbuch hat mit Recht die vielen Unterscheidungen von Wertarten nicht mehr aufgenommen. Das BGB kennt nur den Begriff des Wertes schlechthin und gibt auch keine näheren Abgrenzungen des Begriffs.“. 291  Vgl. Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 129 f. m. w. N. 292  Hervorh. durch den Verf. Der Hinweis auf den „Jedermann“ findet sich fast in allen gängigen Darstellungen zum preußischen Privatrecht, vgl. die Nachw. in Fn. I 244 a.E.

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für denjenigen, welcher selbst außer Stande ist, einen Nutzen von demselben zu ziehen. Die Bestimmung des Sachwerthes erfolgt nach einem durchaus objectiven Maßstab, ohne alle Rücksicht auf die besonderen Vortheile, welche der zur Frage stehende Gegenstand dieser oder jener Person gewähren kann.“293.

Für das österreichische Recht kann auf Josef Unger verwiesen werden: „Der Werth, welchen die Sache mit Rücksicht auf Zeit und Ort für einen Jeden hat, ist der Sachwerth im eigentlichen Sinn, der gemeine Werth (vera rei aestimation), als Preis der gemeine ordentliche Preis, der Marktpreis. Er ist der Werth, welchen die Sache im Verkehre hat, der durch Veräußerung derselben verlangt werden kann. Hier geschieht die Bestimmung des Werthes nach einem ganz objectiven Maßstab ohne Rücksicht auf die besonderen Vortheile, welche die fragliche Sache einer bestimmten Person gewähren kann. Nach einem subjektiven Maßstab dagegen geschieht die Schätzung, wenn man auf die vermögensrechtlichen Vortheile sieht, welche die fragliche Sache einer bestimmten Person gewährt. Hier faßt man die Sache in ihrer Bedeutung für den Complex des Vermögens einer bestimmten Person auf und gelangt zur Ermittlung des speciellen Werthes, welchen die Sache für die bestimmte Person hat.“294

Im handelsrechtlichen Schrifttum findet sie sich etwa bei Levin Goldschmidt: „Der wirkliche Tauschwerth eines Gutes ist sein ordentlicher, wahrer, angemessener oder gemeiner Wert, d. h. sein Werth für Jedermann, nach allgemeiner Schätzung: insofern abstrakter, absoluter Werth.“295 Schließlich ist die Bezugnahme auf den Wert, den ein Gegenstand für Jedermann haben soll im 20. Jahrhundert in den Lehrbüchern von Philipp Heck296, Heinrich Lehmann297, Hans Carl Nipperdey298 und beispielsweise in der kaufrechtlichen Kommentierung von Helmut Köhler299 anzutreffen. Ähnliche, wenn auch etwas konkretere Aussagen finden sich in der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts, nach der als Marktpreis „derjenige Durchschnittspreis zu betrachten [ist], welcher sich bei Vergleichung einer erheblichen Zahl von an diesem Orte geschlossenen Geschäften als der, von den besonderen persönlichen Beziehungen und sonstigen speciellen Umständen des Geschäftsschlusses unabhängige, gemeine Werth der betreffenden Waare darstellt […]“300. 293 Friedrich Mommsen, Beiträge zum Obligationenrecht II., § 3 1. (= S. 16) (Hervorh. durch den Verf.). 294  Joseph Unger, System I.3, § 47 (= S. 375). 295 Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64a (= S. 95 f.) (Hervorh. wie im Original). 296  Grundriß des Schuldrechts, § 11 5 a) (= S. 38): „Unter dem „gemeinen“ Wert versteht man diejenige Bedeutung, die ein Gut für jeden hat, die z. B. bei marktgängigen Waren durch den Marktpreis ausgedrückt wird.“. 297  Recht der Schuldverhältnisse15, § 14 I. 1. (= S. 58): „Bisweilen ist hier nur der Wert zu ersetzen, den der Gegenstand für jedermann hat, das pretium commune“. 298 AT I/115, § 134 II. 1. (= S. 853): „Objektiver Wert ist der Wert, den der Gegenstand mit Rücksicht auf Zeit und Ort für jedermann hat (pretium commune, gemeiner Wert).“. 299  In: Staudinger1995, § 453 Rn. 4. 300 ROHG 2, 194, 195 f. (zu Art. 353 ADHGB); vgl. ferner ROHG 7, 174, 175; 9, 119, 129; vgl. auch Ingo Koller, FG 50 Jahre BGH, Band II., S. 181, 183–185.

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In einer späteren Entscheidung führt das Gericht im Zusammenhang mit der Haftung des Frachtführers aus, dass „vielmehr ein für alle Mal die Pflicht zum Ersatze des allgemeinen Handelswerthes resp. desjenigen Werths treten [soll], welchen, die Waare für Jeden haben würde, der das betreffende Gut zu derselben Zeit an dem Bestimmungsort hätte transportieren lassen […]“301.

In dieselbe Richtung bestimmt der BGH in einem der wenigen Urteile, in denen er zum Inhalt von Marktpreisen Stellung bezieht: „Marktpreis ist der am Erfüllungsort zur Erfüllungszeit für Waren einer bestimmten Gattung gezahlte Durchschnittspreis. […] Es findet insbesondere keine Wertbemessung statt, die den besonderen Umständen des Falles und den individuellen Verhältnissen der Beteiligten Rechnung trägt […]; der Marktpreis ist als Durchschnittspreis vielmehr allein nach objektiven Kriterien zu ermitteln.“302

2. Victor Mataja und die Bedeutung des subjektiven Marktzugangs Einen schärferen Gegensatz als die Annahme eines Jedermannwertes durch die juristische Praxis einerseits und die Betonung der Subjektivität jedes Wertes durch die ökonomischen Schriftsteller des Utilitarismus anderseits kann man sich kaum vorstellen. Es war Victor Mataja (1857–1934) – promovierter Jurist, Professor der Volkswirtschaftslehre, Vorläufer der economic analysis of law, Pionier des Werbewesens und erster österreichischer Sozialminister –, der sich dieses Gegensatzes angenommen hat.303 In seinem 1888 erschienenen Buch Das Recht des Schadensersatzes vom Standpunkte der Nationalökonomie untersucht er die juristische Methode der Schadensbemessung.304 Im Gegensatz zu den Juristen seiner Zeit – er verweist insbesondere auf Friedrich Mommsen, Josef Unger und Levin Goldschmidt – kann es nach Mataja nur besondere Werte geben, „einen Wert mit Rücksicht auf ein bestimmtes Subjekt“305. Der Wert eines Vermögensguts lässt sich nur in Hinsicht auf die „Stellung des Besitzers oder überhaupt eines bestimmten Wirtschaftssubjektes beantworten“306. Mataja relativiert auch

 ROHG 13, 393, 395 (Hervorh. wie im Original). NJW 1979, 758, 759. 303  Zu Matajas Werk und Leben vgl. Victor Winkler, Ökonomische Analyse des Rechts im 19. Jahrhundert: Victor Matajas „Recht des Schadensersatzes“ revisited, ZNR 26 (2004), 262 ff.; Izhak Englard, Victor Mataja’s liability for damages from an economic viewpoint: A centennial to an ignored economic analysis of tort, International Review of Law and Economics 10 (1990), 173 ff.; Kristoffel Grechenig & Martin Gelter, RabelsZ 72 (2008), 513, 540 f. 304 Siehe auch die Rezension von Matajas Werk durch Eugen von Böhm-Bawerk, GrünhutZ 17 (1890), 418 ff. 305  Victor Mataja, Das Recht des Schadensersatzes vom Standpunkte der Nationalökonomie, S. 163. 306 Victor Mataja, a. a. O., S. 161. 301

302 BGH

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

die Vorstellung, dass aus Verkaufspreisen auf den Schätzwert eines Gegenstands geschlossen werden könne. So werden Marktpreise aus in der Vergangenheit liegenden Abschlüssen rekonstruiert und es sei nicht klar, ob zu denselben Konditionen und Umfang auch Abschlüsse in der Zukunft möglich sein werden.307 Auch kann eine große Diskrepanz zwischen Marktpreisen und der praktischen Realisierungsmöglichkeit solcher Preise bestehen, da die Zugangsmöglichkeiten zu einem Markt preissensitiv seien.308 Mataja stellt drei Gruppen von Fällen vor, die demonstrieren sollen, inwieweit eine Schadensbemessung nach der Marktlage überhaupt funktionieren kann und welche Grenzen dieser Ansatz hat. Die erste Gruppe umfasst Fälle, in denen durch die Schätzung des Wertes vertretbarer Güter anhand von Marktpreisen „unmittelbar eine vollkommen zutreffende Bestimmung der Entschädigungssumme gewonnen werden kann.“309 Dies führt er zunächst auf den einfachen und einleuchtenden Grund zurück, „daß auf dem Markte identische Güterexemplare zu beschaffen sind, und maßgebend wird dann der Preis sein [sc. für die Entschädigung], um welchen diese zu haben sind.“310 Ganz entscheidend ist jedoch, dass Mataja ausführt, dass der Marktpreis von der „Berufsstellung“, also von der Stellung des Einzelnen zum Markt abhängt: „Es giebt eben regelmäßig keinen Preis schlechthin, der für jedermann gilt, sondern nur zahlreiche Abstufungen, von denen immer nur eine für die jeweilige Sachlage von Belang ist.“311 Mataja beschreibt hier nichts anderes, als dass für die Preisbildung der Zugangsmöglichkeit zu unterschiedlichen Marktstufen entscheidende Bedeutung zukommt: „So wird ein Kaufmann, dem eine Partie Waren verdorben wurde, seinen Schaden nicht nach den Detailpreisen (weil darin schon ein Gewinn für ihn gelegen wäre) bemessen können, sondern nach den en gros-Einkaufs‑ (oder Angebots‑) Preisen. Anders steht es mit dem Konsumenten, der sich etwa die gleiche Ware (z. B. ein Stück Leinwand) angeschafft hatte; er muß, weil ihm die geschäftlichen Verbindungen des Kaufmanns fehlen, die Detail-Einkaufspreise auslegen, um sich das Entzogene wieder zu verschaffen.“312

Mataja weist schließlich auf die Friktionen hin, die mit der Gleichstellung des Innehabens eines realen Gegenstands und dem entsprechenden Geldäquivalent einhergehen.313 So macht es etwa einen Unterschied, ob man 20000 Mark innehat oder ein Haus, „welches nach dem gerade vorhandenen Stande des Realitäten Victor Mataja, a. a. O., S. 160.  Victor Mataja, a. a. O., S. 161; vgl. auch dem zustimmend Andreas von Tuhr, Zur Schätzung des Schadens in der Lex Aquilla, S. 9 Fn. 1. 309  Victor Mataja, a. a. O., S. 164. 310  Victor Mataja, a. a. O., S. 164. 311 Victor Mataja, a. a. O., S. 167. 312  Victor Mataja, a. a. O., S. 165 f.; vgl. zur Ausdifferenzierung der Handelszweige auch dens., in: HdWbStW2, Stichwort „Handel“, Band IV., S. 968 ff. 313 Victor Mataja, a. a. O., S.  167 f. 307 308

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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marktes mit der Summe veranschlagt wird.“314 Mit zunehmender Austauschbarkeit oder Reproduzierbarkeit der Gegenstände treten diese Schwierigkeiten jedoch zurück: „[E]s gebühren – angenommen – 100 Mark Entschädigung, weil für diese Summe die Sache käuflich ist und demnach die 100 Mark den Wert der Sache repräsentieren, […] [und] das Gut als Repräsentant einer Geldsumme [betrachtet wird], indem wir davon ausgehen, daß durch den ungestörten Besitz der Sache die Auslage von 100 Mark erspart worden wäre […]“315.

Als zweite Gruppe der Fälle behandelt Mataja Konstellationen, die wir heute unter dem Stichwort Alt-für-Neu im Schadensrecht diskutieren316 und bei der „uns die Preisgestaltung am Markte mehr oder weniger im Stiche läßt“317. Das Problem besteht darin, dass der Geldersatz, gemessen am Austauschwert einer gebrauchten Sache, den Geschädigten nicht in die Lage versetzt, den gleichen Nutzen zu ziehen, wie wenn er die gebrauchte Sache hätte weiternutzen können. So wird beispielsweise, wenn ein getragener Winterrock oder eine gebrauchte Brille zerstört wird, der Zeitwert des Winterrocks oder der Brille denkbar gering sein, ja möglicherweise gegen Null tendieren, obwohl er für seinen Eigentümer einen hohen subjektiven Nutzen aufweist. Mit anderen Worten kann durch den Geldersatz kein äquivalenter Zustand hergestellt werden oder der Ersatz muss gerade bei Gegenständen für die persönliche Verwendung als unzumutbar gelten. Eine Lösung besteht für diese Fälle darin, bei höchstpersönlichen Gebrauchsgütern einen superkompensatorischen Schadensersatzanspruch zum Neuwertansatz rechtsfortbildend anzuerkennen.318 Als dritte und letzte Gruppe geht Mataja auf die Fälle unvertretbarer Güter, die Unica, ein.319 Als Beispiel nennt er Bücher in einer Bibliothek, „die man zwar nicht von neuem erstehen würde, die man aber doch nicht um jenen Preis herauszugeben gewillt ist, welchen der Antiquar dafür bietet.“320 Im Fall der Unica versagt die Möglichkeit der Beschaffung eines Ersatzexemplars und auch „die Schätzung nach thatsächlichen, beziehungsweise erzielbaren Preisen“321. Mataja tritt hier für eine Schadensbemessung nach dem Affektionsinteresse ein, die nicht als „strafendes Element“322 anzusehen, sondern als Gleichstellung mit dem Schmerzensgeld aufzufassen sei. Wie er das Problem der Inkommensurabilität des Affektionswertes der juristischen Schriftsteller lösen möchte, also die  Victor Mataja, a. a. O., S. 171. Mataja, a. a. O., S.  173 f. 316  Dazu Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 246 ff. 317  Victor Mataja, a. a. O., S. 172. 318 Dazu Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 256. 319 Victor Mataja, a. a. O., S.  174 ff. 320  Victor Mataja, a. a. O., S. 175. 321  Victor Mataja, a. a. O., S. 175. 322 So Victor Mataja, a. a. O., S. 180 Fn. 2 unter Bezugnahme auf Unger. 314

315 Victor

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

Quantifizierung der „Lustempfindungen der Menschen“323, bleibt dabei aber skizzenhaft. Die Ausführungen von Mataja sind wegweisend, da mit Blick für den juristischen Alltag und den von den Juristen diskutierten Fallkonstellationen, die Bedeutung der Subjektivität der Wertbildung herausgearbeitet wird und die allzu grobe Vorstellung eines Jedermannwertes für die Bestimmung des objektiven Wertes als nicht praktikabel demaskiert wird. Mataja beschreibt auch eindrücklich, wie es um die Möglichkeit bestellt ist, Gut mit Geld zu ersetzen, inwieweit also das Geld ein Äquivalent für ein Gut darstellen kann und in welchem Zusammenhang dies mit dem Markt, verstanden als einem Beschaffungsmarkt, steht. Die im Text anzutreffende Unterscheidung zwischen den marktgängigen oder vertretbaren Gegenständen und den Unica oder unvertretbaren Gegenständen hat dabei eine zweifache Bedeutung: Sie weist darauf hin, dass zwei unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe bestehen, Marktpreise und Schätzpreise324, und verdeutlicht, welchen Wirkungsradius die Möglichkeit der Ersatzlieferung hat. Im Fall vertretbarer Gegenstände kann auf die Marktpreise abgestellt werden und die Ersatzlieferung reell vollzogen oder zumindest wertmäßig beziffert werden. Bei den unvertretbaren Gegenständen hingegen kann nur auf Schätzpreise zurückgegriffen werden, weil die Ersatzlieferung unmöglich ist. Das Geld kann de lege ferenda aber zumindest nach Mataja den „verursachten Unmut […] wettzumachen suchen“325. Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Text Matajas liegt in der Herausarbeitung, dass es – um dies nochmals zu wiederholen – „eben regelmäßig keinen Preis schlechthin [gibt], der für jedermann gilt, sondern nur zahlreiche Abstufungen, von denen immer nur eine für die jeweiligen Sachlage von Belang ist.“326 Diese Abstufungen oder – in der heutig geläufigen Terminologie – Marktstufen bilden den Schlüssel, um zwischen den Disziplinen zu vermitteln, wie nämlich im rechtlichen Kontext die ökonomische Vorstellung von der Subjektivität jedes Wertes berücksichtigt wird. Es lässt sich nämlich zeigen, dass die juristische Praxis im allgemeinen Schadensrecht, im Transport‑ und Versicherungsrecht, im allgemeinen Leistungsstörungsrecht oder auch im Rahmen der Sittenwidrigkeitskontrolle zu einem hohen Grad der Differenzierung gekommen ist, indem Marktstufen berücksichtigt werden und damit ein ganz eigenes System der marktpreisbasierten Bewertung im Privatrecht entstanden ist.327 Auch wenn die rechtliche Konzeption von Marktpreisen heute nur selten  Victor Mataja, a. a. O., S. 178.  Vgl. bereits zu dieser Unterscheidung ausführlich Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64a (= S.  95 ff.). 325  Victor Mataja, a. a. O., S. 180 Fn. 2. 326  Victor Mataja, a. a. O., S. 167. 327 Vgl. für das Transportrecht: Ingo Koller, FG 50 Jahre BGH, Band II., S. 181; für das Versicherungsrecht: Victor Ehrenberg, ZVersW 6 (1906), 369 ff.; Hans Möller, Summen‑ und 323 324

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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allgemein besprochen wird, so ist in der juristischen Praxis längst nicht mehr die Rede von objektiven Jedermannwerten, sondern von objektiven Marktpreisen, die an unterschiedlichen Märkten gemessen werden können.

3. Ausdifferenzierung Wenn wir über Marktpreise sprechen, so ist dies eine gefährliche Verkürzung. Eine Verkürzung, da der Marktpreis schnell als ein abstrakter Wert oder auch als Jedermannwert missverstanden werden kann, ohne dabei zu realisieren, wie vielfältig und unterschiedlich die monetäre Bewertung ausfallen kann und wie ausdifferenziert Märkte und die mit ihnen korrespondierenden Marktpreise sein können. Denn Marktpreise sind abhängig von der Art des gehandelten Gegenstands, ob es sich nämlich um vertretbare oder unvertretbare Gegenstände handelt (dazu unter a.), dem geographischen Bezugsmarkt (dazu unter b.) sowie der hierarchischen Stellung des Marktes, kurz, der Marktstufe (dazu unter c.). Schließlich können Märkte auch in zeitlicher Hinsicht voneinander getrennt sein, indem Märkte dem sofortigen Leistungsaustausch dienen können oder aber auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt bezogen sind.328 Ein einfacher Beispielsfall soll die Unterschiede demonstrieren: Der letzte Jahrgang eines Grünen Veltliners aus der Krems wird in Wien für durchschnittlich 7 Euro verkauft, in Tübingen für 9 Euro oder auf dem Hof für 6 Euro. Der Jahrgangswein als vertretbares Gut hat in diesem Beispielszenario zwei unterschiedliche geographische Verkaufsmärkte, Wien und Tübingen, deren Preise durch ganz unterschiedliche Faktoren bestimmt werden (Steuer, Unkosten, Transportkosten etc.). Durch Kauf des Weins direkt am Hof wird der Erwerbsvorgang auf einer anderen Marktstufe vorgenommen, nämlich der Herstellerstufe. Wird schließlich bereits der Wein des kommenden Jahrgangs, also ein Lieferungsgeschäft oder Forward, zum Kauf angeboten, so finden etwaige Veräußerungen in zeitlicher Hinsicht auf einem anderen Markt statt. Der Wein wird dann nicht auf dem Loko‑ oder Spotmarkt, sondern auf dem Forward-Markt gehandelt. Es gibt also nicht den Markt und den Marktpreis, sondern nur eine Vielzahl von Marktpreisen, die sich als empirische Realität auf den unterschiedlichen Märkten bilden.

Einzelschaden, 1937; für die Sittenwidrigkeit: Thomas Finkenauer, FS H. P. Westermann, S. 183, 196 f.; für das Schadensrecht: Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., §  249 Rn.  89 ff. m. w. N. 328 Dazu sogleich unter § 6 II.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

a. Zwei Bewertungsmethoden: Marktpreise und Schätzpreise In der juristischen Praxis haben sich im allgemeinen Zivilrecht zwei unterschiedliche Verfahren entwickelt, um den Wert eines Gegenstands zu beziffern: die Ermittlung von Marktpreisen und die Bestimmung von Schätzpreisen.329Marktpreise sind Durchschnittswerte, die sich aus einer Vielzahl von Kaufabschlüssen ergeben.330 Die Variationsbreite denkbarer Marktpreise reicht von der Notierung von Börsenpreisen331 (vgl. z. B. § 24 BörsG) an hochliquiden Märkten über die Feststellung der Marktpreise für Rohstoffe oder Halbfertigprodukte bis hin zu Endprodukten und Markenprodukten (z. B. iPhone, Parfum etc.), die auf einem Markt oft für eine gewisse Dauer zu einem festen Preis an die Verbraucher vertrieben werden (sog. sticky prices332). Bei den unvertretbaren Gegenständen oder unique items, etwa Grundstücken, Kunstwerken oder einem über Jahre erbauten wettbewerbstauglichen Modellboot333, muss hingegen der Schätzpreis ermittelt werden. Letztere werden teils als „nicht marktgängige Einzelstücke“334 oder „Nichthandelsgüter“335 bezeichnet und festgestellt, dass sich aufgrund der Individualität kein Marktwert bzw. ‑preis bilden kann.336 Mit dieser terminologischen Verengung allein ist freilich nicht viel gewonnen, da ja auch gerade bei Kunstwerken die Rede davon ist, dass sie in einem Kunstmarkt eingebunden sind und mit ihnen Marktpreise erzielt werden.337 Gleichermaßen ist ja auch bei Grundstücken und Immobilien von Marktwerten die Rede.338 Wichtiger ist das grundsätzliche Bewertungsproblem zwi329  Grundlegend Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, §§ 64, 64a (= S. 71 ff.); aus dem heutigen Schrifttum zur Bestimmung von Marktpreisen Ingo Koller, in: Staub5, § 376 Rn. 40; Barbara Grunewald, in: MünchKomm-HGB4, § 374 Rn. 31; Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 89 ff. (zu den Marktpreisen) und Rn. 116 ff. (zu den Schätzpreisen). 330 Dazu bereits unter § 2. 331  Zur Ermittlung von Börsenpreisen nach § 24 BörsG Christoph Kumpan, in: Baumbach/ Hopt, HGB37, § 24 BörsG Rn. 1 ff. 332 Zu diesem Phänomen Dennis W. Carlton, The Rigidity of Prices, Am. Econ. Rev. 76 (1986), 637 ff. und Allen S. Blinder, Why are Prices Sticky? Preliminary Results from an Interview Study, Am. Econ. Rev. 81 (1991), 89 ff. 333 So der berühmte Fall BGHZ 92, 85, 91 f. 334  BGHZ 92, 85, 89. 335  OLG Hamm VersR 1954, 94, 95. 336 Vgl. Hermann Butzer, Die Ermittlung des Ersatzwertes für Unikate im Frachtrecht, VersR 1991, 854, 857; Bernhard Kreße, Die Auktion als Wettbewerbsverfahren Kresse, S. 199 m. w. N.; Thomas Finkenauer, FS H. P. Westermann, S. 183, 196; davor C. H. L.  Brinkmann & Wilhelm Endemann, Lehrbuch des Handelsrechts, § 69 Fn. 4 (= S. 270): „Nur eine Waare, welche im kaufmännischen Markt‑ oder Börsenverkehre umgesetzt wird, hat einen Marktpreis“; Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64a (= S. 103, 112 f.). 337 Dazu bereits RGZ 73, 66, 68: „Daß der Kreis derer, die Kunstgegenstände verkaufen und erwerben, der Natur der Sache nach beschränkter ist, als bei anderen, menschlichen Bedürfnissen dienenden Dingen, hindert nicht, von einem Kunstmarkte und von einer Schätzung durch Sachverständige zugänglichen Preisen zu sprechen, die auf diesem Markt erzielt werden.“. 338 Siehe dazu noch Fn. II 307.

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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schen vertretbaren und unvertretbaren Gegenständen offenzulegen. Während sich nämlich bei den vertretbaren Waren die Wertermittlung nach dem konkreten Angebot am Markt richten kann, es sind ja weitere Exemplare verfügbar, muss bei den unvertretbaren Gegenständen zwangsläufig auf eine Approximation zurückgegriffen werden. Da ja nicht auf Wiederbeschaffungspreise, also Marktpreise, zurückgegriffen werden kann, muss auf andere objektivierbare, d. h. der Nachprüfung zugängliche Faktoren abgestellt werden.339 b. Geographisch abgegrenzte Märkte Märkte sind ferner räumlich abgegrenzt. Man kann sich die Welt als Flickenteppich einer Vielzahl von sich teils überlappenden Märkten vorstellen. Jeder geographisch abgegrenzte Markt ist durch eine Reihe von hier nur anzureißenden Faktoren bedingt: die geltende Rechts‑ und Wirtschaftsordnung, das Steuersystem, die mögliche Spezialisierung eines geographischen Gebietes auf den Handel mit bestimmten Gütern, die Infrastruktur, insbesondere die Transport‑ und Logistikinfrastruktur und insgesamt das Kostengefüge im jeweiligen Markt. Mit anderen Worten wird die räumliche und geographische Zuordnung eines Marktes teils erhebliche Auswirkungen auf die Marktpreisbestimmung haben. Wenn nun etwa ein Verbraucher Einkäufe auf dem lokalen Marktplatz oder in den lokalen Geschäften tätigt, so scheint die Wahl und Abgrenzung des Marktes irrelevant, da sich die Preisgestaltung als Durchschnittswert gerade dieses Ortes bestimmt. Gerade aber das Internet und die damit einhergehenden Möglichkeiten eines schnellen Preisvergleichs einer Vielzahl von nationalen und internationalen Angeboten zeigen deutlich, dass eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Märkten besteht. Aus der Perspektive des allgemeinen Zivilrechts besteht nun die spannende Frage, inwieweit die geographische Bestimmung eines Marktes von Bedeutung ist. Während etwa im Kartellrecht die räumliche Abgrenzung des Marktes eine Standardübung ist340, so wird die Relevanz der Bestimmung des geographisch relevanten Marktes in zivilrechtlichem Zusammenhang selten behandelt. Es gibt jedoch zwei praktisch höchst relevante Problemstellungen: Der maßgebliche Referenzmarkt für die Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung sowie die Bestimmung des relevanten Marktorts der Wiederbeschaffung im allgemeinen Schadensrecht. 339 BGHZ 92, 85, 91: „Es müssen in diesen Fällen [sc. der Unikate] dann nur mangels eines Marktwertes andere, plausible Indikatoren gefunden werden, die den Geldwert bestimmen und deshalb Grundlage für eine Schätzung der wirtschaftlichen Vermögenseinbuße des Geschädigten durch den Verlust der Sache […] sein können.“ Zur Aufstellung von Bewertungsrastern bei Kunstwerken: Carl-Heinz Heuer, Die Bewertung von Kunstgegenständen, NJW 2008, 689, 593 ff.; Alexandra Pfeffer & Cornelia Ellersdorfer, in: Hdb. Kunstrecht, Rn. 5/14 ff.; Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 121 ff. 340 Vgl. z. B. Michael Kling & Stefan Thomas, Kartellrecht2, § 6 C. I. (= S. 204 ff.).

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

Beim Nichterfüllungsschaden stellt sich die Frage der Ermittlung des maßgeblichen geographischen Referenzmarktes, wenn der Anspruch abstrakt bemessen oder aber die Angemessenheit eines durchgeführten Deckungsgeschäfts überprüft werden soll. Probleme entstehen hier, wenn Verkäufer und Käufer geographisch an unterschiedlichen Orten ansässig sind oder die Ware von vornherein an einem dritten Ort geliefert werden sollte. Die h.M. will hier pauschal auf den sog. Ablieferungsort abstellen. Wie noch unter § 8 III. 2 a. ausführlich darzulegen sein wird, kann dies nicht überzeugen, sondern es ist auf den (vertraglich variablen) Leistungsort des Schuldners abzustellen, da die Wahl des Referenzmarktes preissensitiv ist und dem privatautonom festgelegten Risikoprofil des Vertrages entsprechen muss. Anders ist die Rechtslage bei der Ermittlung des relevanten geographischen Referenzmarktes im allgemeinen Schadensrecht, da hier für die Bemessung des Wiederbeschaffungswertes gerade nicht auf einen vertraglich bestimmten Ort zurückgegriffen werden kann.341 Vielmehr bestimmt § 249 Abs. 1 BGB, dass der Zustand herzustellen ist, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Die Bestimmung des für die Wiederbeschaffung relevanten Marktes bzw. die Bezifferung des Wiederbeschaffungswertes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB muss also den Zweck der Schadensbeseitigung erfüllen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass auf den hypothetischen Lage‑ oder Belegenheitsort der Sache abgestellt wird, der regelmäßig mit dem Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Geschädigten zusammenfallen wird.342 Ist eine Ersatzbeschaffung aber am Schadensort erforderlich, wie beispielsweise im Fall eines Amerikaners, der Ersatzkleidung in Österreich erwerben muss343, so wird man gleichwohl für die Schadensbemessung auf die Preise an diesem Ort für eine effektive Schadensbehebung abstellen können.344 Auch muss möglicherweise auf einen ausländischen Wiederbeschaffungsmarkt abgestellt werden, wenn die Ersatzware nur auf diesem Markt zu erwerben ist.345 c. Marktstufen Marktstufen sind Ausdruck für das Phänomen, dass in der Wirtschaft für einen Gegenstand unterschiedliche Märkte (auch als mehrstufige Märkte, Teilmärkte oder gespaltene Märkte bezeichnet) mit jeweils korrespondierenden unter341  Zur Unanwendbarkeit des § 269 BGB im allgemeinen Schadensrecht Bernd v. Hoffmann, Deliktischer Schadensersatz im internationalen Währungsrecht, FS Firsching, S. 125, 133. 342  BGHZ 5, 138, 143; Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 98 ff.; so auch die österreichische h.M., OGH 2 Ob 317/97, SZ 70/240; 2 Ob 249/08, ZVR 2010, 373, 374 f. m. Anm. Christian Huber; Rudolf Reischauer, in: Rummel, ABGB3, § 1332 Rn. 6; a.A. Helmut Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht, Band I.3, Rn. 10/26 (Unfallort). 343  Beispiel nach Rudolf Reischauer, in: Rummel, ABGB3, § 1332 Rn. 6. 344 Ähnlich Wolfgang Krüger, in: MünchKomm-BGB8, § 269 Rn. 43. 345  Dazu Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 101.

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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schiedlichen Marktpreisen bestehen können.346 Sie sind bedingt durch die unterschiedlichen subjektiven Zugangsmöglichkeiten zu Märkten. Dabei sind Marktabstufungen wesentlich präsenter, als wir uns das in der Regel vergegenwärtigen. Wenn beispielsweise davon die Rede ist, dass für eine Ware „ein Markt‑ Börsen‑ Meß‑ Fabrik‑ Laden-Preis“347 vorhanden ist, so ist dies Ausdruck dafür, dass für diese Ware verschiedene Märkte mit korrespondierenden Marktpreisen existieren. Die Annahme von Marktstufen, wie auch schon die Identifizierung von geographisch unterschiedlichen Märkten, steht damit im Gegensatz zur Vorstellung von objektiven Werten oder Marktpreisen als Jedermannwert, da ja gerade das Bestehen von Teilmärkten mit unterschiedlichen Preisen für ein und dasselbe Produkt die Annahme eines einheitlichen Wertes eines Gutes ad absurdum führt. Die Gründe für die Entstehung von Marktstufen sind vielfältig, da sie im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Frage stehen, wie innerhalb einer Rechts‑ und Wirtschaftsordnung der Handel und die Güterverteilung organisiert ist, welche Vertriebswege bestehen, welche Märkte sich bilden und wie sie sich über die Zeit entwickeln.348 Märkte können, müssen freilich nicht, in hierarchischen Über‑ bzw. Unterordnungsverhältnissen zueinanderstehen. Mit der technologischen Entwicklung, neuer, effizienterer Distributionstechniken (z. B. just-in-time production), dem Internet, insbesondere den digitalen Vertriebsplattformen, haben traditionelle Absatzwege an Bedeutung verloren, Angebotsmarktkonzepte wurden teils durch Nachfragemarktkonzepte ersetzt, kurz, der Variantenreichtum der Vertriebswege und Marktabstufungen hat sich drastisch gesteigert.349 Ein herkömmlicher Vertriebsweg lässt sich anhand einer Veräußerungs‑ oder Lieferungskette darstellen.350 So werden etwa in einer modellhaften Kette Waren von Produzenten an den Großhändler veräußert (Stufe 1: Herstellermarkt). Der Großhändler wiederum veräußert seinerseits die Waren an die Einzelhändler (Stufe 2: Großhändlermarkt). Und schließlich verkaufen die Einzelhändler die 346 Dazu Jörg Freiling & Martin Reckenfelderbäumer, Markt und Unternehmung3, S.  170 ff.; davor prägnant Josef Hellauer, Welthandelslehre, S. 23; siehe auch Ingo Koller, FG 50 Jahre BGH, Band II., S. 181, 184; ders., Transportrecht9, § 429 HGB Rn. 5: „Am Ort der Übernahme sind für ein und dasselbe Gut mehrere Märkte denkbar, je nachdem, auf welcher Handelsstufe das Gut gehandelt wird.“; nichtssagend hingegen Sebastian Skradde, Schadensersatz im Transportrecht, S. 105, der unter einer Handelsstufe die „Beziehung zwischen den in einer Handelskette stehenden Beteiligten eines Handelsgeschäfts“ verstehen möchte (so auch Henning Jessen, in: Staub5, § 429 Rn. 10); zu der Organisation des Vertriebes und der Handelswege bereits Victor Mataja, in: HdWbStW2, Stichwort „Handel“, Band IV., S. 968 ff.; Wilhelm Lexis, in: Hdb. der politischen Ökonomie, Kapitel „Handel“, § 2 „Arten des Handels“ (= S. 224 ff.). 347  Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64a (= S. 101). 348  Vgl. die Nachw. in Fn. I 346. 349 Vgl. hierzu Michael Martinek, Vertriebsrecht und Innovation, ZVertriebsR 2018, 139 ff.; ders., in: Hdb. des Vertriebsrechts4, § 1 Rn. 48 ff. 350  Dazu bereits Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 99 1) (= S. 1063–1065); ferner Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 353 Anm. § 7; Christian Rabl, Schadenersatz wegen Nichterfüllung, S. 73 ff.

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

Waren an die Endkunden und Verbraucher (Stufe 3: Verbrauchs‑ bzw. Konsu‑ mentenmarkt). Auch mag schließlich die Waren unter Privaten z. B. auf Internetplattformen gehandelt werden (Stufe 4: Privatmarkt). Alle vier Stufen bilden gesonderte Märkte, die sich auf demselben geographischen Referenzgebiet befinden können, gleichwohl aber voneinander getrennt bestehen. Marktstufen bilden das paradigmatische Betätigungsfeld des „Kaufmanns“, indem dieser als Intermediär zwischen Hersteller und Einzelhändler oder Endkunden tritt. Er erwirtschaftet Gewinne, indem er nach der bekannten Formel handelt „billiger einkaufen und teuerer verkaufen“. Die Preisunterschiede zwischen den Marktstufen ergeben sich aus den Handelsspannen der Zwischenhändler. Die Zwischenhändler erbringen dabei durchaus wichtige Leistungen für die Allgemeinheit, indem sie beispielsweise neben Transport-, Lager‑ und Distributionsdiensten auch Suchkosten übernehmen. Ein einprägsames Beispiel ist hier der Kunstmarkt, in dem teils beträchtliche Preisunterschiede zwischen dem Händlermarkt und dem Endkunden‑ und Sammlermarkt bestehen, indem die Suchkosten der Kunsthändler für das Auffinden in die Preisunterschiede zwischen den Stufen eingepreist werden.351 Für den einzelnen Marktteilnehmer sind Marktstufen insoweit von Bedeutung, als sie Auskunft darüber geben, zu welchem Markt der Zugang besteht und nach welchen Marktpreisen sich also das Preisniveau für die jeweilige Ware bestimmt. Einigen sich die Parteien dahingehend, dass sich der Kaufpreis nach dem Marktpreis richten soll, so ist auf denjenigen Markt abzustellen, auf dem sich beide Parteien treffen352 und der implizit oder explizit der Bezugspunkt des Austausches ist. Dies kann dann beispielsweise ein Fabrik-, Großhandels‑ oder Detailhandelspreis sein oder auch der Börsenpreis eines bestimmten Marktes.353 Unvollständig wäre es jedoch davon zu sprechen, dass auf den Marktpreis abzustellen ist, da unklar bleibt, auf welche Marktstufe abzustellen ist.354 Marktstufen haben weiterhin große Bedeutung für unterschiedliche zivilrechtliche Bewertungsfragen. So bestimmt sich die Höhe von Schadensersatzansprüchen im Transport-, Versicherungs‑ und allgemeinen Schadensrecht nach dem Preis derjenigen Marktstufe, auf die der Geschädigte bzw. Schadensersatzgläubiger Zugriff hat. Die Bedeutung von Marktstufen oder Teilmärkten wird von der Rechtsordnung implizit anerkannt, indem in den unterschiedlichsten Konstellationen Wertansätze maßgeblich sind, bei deren Wahl die subjektiven Zugangsmöglichkeiten zu einem spezifischen Markt berücksichtigt werden. So 351 Hierzu Thomas Finkenauer, FS H. P. Westermann, S. 183, 197; Kristoffel Grechenig, Die laesio enormis als enorme Läsion der sozialen Wohlfahrt? – Ein rechtsökonomischer Beitrag zur HGB-Reform, Journal für Rechtspolitik 14 (2006), 14, 15 f.; anders ist freilich die Preisbildung auf dem primary art market, dazu Olav Velthuis, Talking Prices, 2007. 352  Für die Anschauung des „Treffens“ danke ich Ingo Koller. 353  Ausführlich Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 353 Anm. § 7. 354 So aber beispielsweise zu § 453 BGB a. F. Ulrich Huber, in: Soergel12, § 453 Rn. 5.

§ 3 Der Markt als Referenz‑ und Bewertungssystem

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richtet sich im allgemeinen Schadensrecht nach der h.M. der nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzende Geldersatz nach dem Wiederbeschaffungswert, der sich nach der Marktstufe richtet, auf der der Geschädigte die Ersatzbeschaffung durchführen kann.355 Im Frachtrecht wird auf die Handelsstufe abgestellt, auf der sich der Empfänger das Gut beschaffen kann.356 Im Versicherungsrecht wird im Rahmen von § 88 VVG auf den Wiederbeschaffungspreis abgestellt, den der Versicherungsnehmer auf der jeweiligen Handelsstufe aufzuwenden hat.357 Bei der Sittenwidrigkeitsprüfung einer Preisgestaltung wird als Vergleichsmaßstab auf den Markt abgestellt, in dem der angeblich überhöhte Preis bezahlt wurde.358 Bedeutung haben Marktstufen zudem auch insbesondere im Leistungsstörungsrecht. Kaufverträge werden implizit oder explizit in Bezug auf einen speziellen Markt abgeschlossen: Es ist derjenige Markt, in dem sich beide Parteien treffen und kontrahieren. Dies bedeutet – davon wird noch ausführlich die Rede sein (§ 8 III.) –, dass die Höhe des Anspruchs des Schadensersatzes statt der Leistung nach § 281 BGB nach Maßgabe des vertraglich vereinbarten geographischen Marktes und der vereinbarten Marktstufe zu bestimmen ist.

355  BGH NJW-RR 2009, 103 Rn. 16; Johannes W. Flume, in: BeckOK-BGB47Ed., § 249 Rn. 92 m. w. N. 356 BGH NJW 2009, 3239; Ingo Koller, TransportR9, § 429 HGB Rn. 5. 357  Vgl. Christian Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG30, § 88 Rn. 3 f. 358  BGH NJW 2000, 1254 („Sammlermünze“); Martin Winner, Wert und Preis im Zivilrecht, S.  229 f.

§ 4 Die Rechtsarchitektur von Märkten Wie bereits zu Anfang des ersten Teils angeklungen ist, besteht eine kaum zu erfassende Vielzahl unterschiedlicher Austauschmärkte. Eine markante Trennlinie zwischen all diesen Märkten lässt sich danach ziehen, ob es sich um organisierte oder nicht organisierte Märkte handelt.359 Auf einem organisierten Markt befinden wir uns etwa, wenn Aktien an der Börse gehandelt oder in einem Onlineauktionshaus Bilder und Stiche versteigert werden. Beispiele für Vertragsschlüsse auf nicht organisierten Märkten sind der Handkauf auf dem Wochenmarkt360, die Lieferung von Heizöl vor dem Wintereinbruch oder die Bestellung eines Paars Schuhe bei einem Onlineshop. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen zwei Markttypen besteht in der ihnen jeweils zugrunde liegenden Rechtsarchitektur. Die Beschreibung eines Marktes als „nicht organisiert“ darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass es auf ihnen chaotisch zugehen würde. Nein, die Bezeichnung als „nicht organisiert“ besagt lediglich, dass kein besonderes institutionelles Setting für die Marktorganisation besteht, sondern der Marktaustausch sich schlicht auf der Grundlage der allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen vollzieht. Wie unter § 2 anhand der Konzeptualisierung des Marktes durch Max Weber gezeigt wurde, lässt sich die Marktpreisbildung auf eine Messung der Durchschnittswerte aller Vertragsabschlüsse zu einer gewissen Zeit in einem gewissen Gebiet zurückführen. Die einzelnen Kaufverträge in ihrer Summe konstituieren also den Markt. Die Rechtsarchitektur in diesem allgemeinen Austauschmarkt ergibt sich aus dem zivilrechtlichen Gesetzesrecht des BGB, den Regeln des allgemeinen Teils über den Vertragsschluss, dem Kaufrecht sowie dem Leistungsstörungsrecht, gegebenenfalls unter Ergänzung der Regelungen des HGB (§§ 343, 373 ff. HGB) und unter Flankierung durch das Lauterkeitsrecht361. Dass auch in Bezug auf diese allgemeinen zivilrechtlichen Regelungsmaterien von einer Rechtsarchitektur zu sprechen ist, wird sich noch im zweiten Teil dieses Buches als wichtige Weichenstellung herausstellen. Denn die Bindungswirkung des Kaufvertrages wie auch die Bezifferung des Schadensersatzes statt der Leistung lässt sich nur hinreichend klar erfassen, wenn man 359  Prägnant hierzu Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 4.24 ff.; speziell bezogen auf die Finanzmärkte John Armour, et al., Principles of Financial Regulation, S. 143 ff. 360  Dazu schon oben Fn. I 41. 361  Dazu Andreas Engert, AcP 218 (2018), 304 ff.

§ 4 Die Rechtsarchitektur von Märkten

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erkennt, dass unser Vertragsrecht, wie auch das Leistungsrecht, in einer engen Verknüpfung mit dem Markt als Referenz- und Bewertungssystem steht (dazu § 8 II). Organisierte Märkte lassen sich dagegen dahingehend umschreiben, dass abweichend vom dispositiven Recht ein besonderes Rechtsregime für den Austauschverkehr etabliert wird.362 Den klassischen, paradigmatischen Fall eines organisierten Marktes stellt die Börse da.363 Börse ist freilich nicht gleich Börse. Dem letzten Stand der (Rechts‑)Technik entspricht es, dass durch das Zusammenspiel von Börsenordnung, Börsenusancen und Börsen- beziehungsweise Clearingbedingungen ein hochkomplexer, in der Re­ge­lungsdichte vielfach kaum zu erfassender364, anonymisierter Markt etabliert wurde, an dem die unterschiedlichsten Börsenprodukte gehandelt werden (dazu noch ausführlich unter § 10 II.).365 Der Vertragsschluss vollzieht sich dabei heutzutage nicht zwischen den Parteien, sondern zur Reduzierung des Ausfallrisikos (counterparty risk) sowie zur Erhöhung der Stabilität des jeweiligen Marktes wird der Vertragsabschluss über eine zentrale Gegenpartei (central clearing party (CCP)) abgewickelt.366 Wie schon in den Börsen des 19. Jahrhunderts eine Markttrennung durch die corbeille oder Schranke hergestellt wurde (oben § 1 III. 4.), bestehen auch heute unterschiedliche Marktsegmente.367 Eine weitere Unterteilung ergibt sich dadurch, dass die Börsenprodukte auf dem Kassamarkt oder auf einem Terminmarkt gehandelt werden.368 Neben den in Deutschland auf öffentlich-rechtlicher Grundlage369 betriebenen „klassischen Börsen“ (vgl. § 2 Abs. 1 BörsG) bestehen eine Vielzahl privat be Dazu Alexander Hellgardt, AcP 113 (2013), 760, 770, 803 ff.  Grundlegend Max Weber, Die Börse I., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 1 (1894), 17 ff. = MWG I/5, S. 135 ff.; sowie ders., Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete, ZHR 43 (1895), S. 83, 98 ff. = MWG I/5, 195, 217 ff.; ferner aus der jüngeren Zeit: Roy Goode, The Concept and Implications of a Market in Commercial Law, Israel LR 24 (1990), 185, 186 ff.; Georg Wal‑ ker, Financial Markets and Exchanges, in: Financial Markets and Exchanges Law2, Rn.  101 ff.; John-Peter Castagnino, Derivatives3, Rn. 2.01 ff. 364  Dazu Andreas M. Fleckner, Regulating Trading Practices, in: Oxford Handbook of Financial Regulation, S. 596, 605 ff., 607: „Most provisions are not even remotely comprehensible.“. 365 Vgl. zu den „Market Structures“ Larry Harris, Trading & Exchanges, S. 89 ff.; ferner zu den bei den Termingeschäften zu unterscheidenden Regelungsschichten Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 37/3 ff. 366 Dazu Mathias Habersack & Max Ehrl, Börsengeschäfte unter Einbeziehung eines zentralen Kontrahenten, ZfPW 2015, 312 ff.; Daniel Zimmer & Florian Fuchs, Die Bank in Krise und Insolvenz, ZGR 2010, 597, 646 ff.; Peter Norman, The Risk Controllers, 2011; Robert S. Steiger‑ wald, Central Counterparty Clearing and Systematic Risk Regulation, in: The World Scientific Handbook of Futures Markets, S. 181 ff.; Jon Gregory, Counterparty credit risk2, S.  97 ff.; aus ökonomischer Perspektive John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 33 ff. 367 Petra Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht9, Rn.  105 ff.; Susanne Kalss, Martin Oppitz & Johan‑ nes Zollner, Kapitalmarktrecht2, § 13 Rn. 10 ff. 368  Zur Unterscheidung siehe § 12. 369 Dazu Johannes Köndgen, Ownership and Corporate Goverance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 ff. 362 363

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Erster Teil: Die rechtliche Erfassung von Märkten

triebener Handelsplattformen, deren sich die europäische Kapitalmarktgesetzgebung angenommen hat, und die etwa in Form der sog. multilateralen Handelssysteme zum Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten (§§ 2 Abs. 3 Nr. 8, 31 f. und g. WpHG) oder dem sog. systematischen Internalisierer (§§ 2 Abs. 10, 32 ff. WpHG) besonderen kapitalmarktrechtlichen Anforderungen unterliegen.370 Besondere Marktordnungen bestehen freilich nicht nur im Kontext des Kapitalmarkts, sondern es haben sich private Marktordnungen insbesondere auch im Zusammenhang mit Online-Auktionen etabliert.371 Auf die weiteren Details und Verästelungen der rechtlichen Strukturierung von Marktordnungen ist hier nicht weiter einzugehen. Aus der Perspektive der zivilrechtlichen Erfassung von Austauschvorgängen ist es jedoch wichtig, herauszustellen, dass der einzelne Marktteilnehmer durch den Vertragsschluss zugleich auch eine privatrechtliche Marktordnung wählt.372 Der Käufer hat es beispielsweise in der Hand, seinen Weizen direkt beim Bauern, als Spotgeschäft in der Gegenwart oder mit dem Ziel zukünftiger Lieferung als Lieferungs‑ oder Forward-Geschäft auf dem „nicht organisierten“ Markt einzukaufen.373 Er kann zum Großhandelsmarkt oder schließlich in den Supermarkt gehen, um dort sein Weizenmehl zu beziehen. Gleichermaßen könnte er aber auch auf dem organisierten Markt einen Spot-Kontrakt oder einen Futures-Kontrakt an einer Warenterminbörse abschließen. Alles dies sind Variationen von Kaufvorgängen, durch die sich der Käufer unterschiedlicher Märkte bedient, die sich sowohl in zeitlicher als auch in organisatorischer Hinsicht unterscheiden. Mit der kurzen Klassifizierung und Beschreibung der Rechtsarchitektur von Austauschmärkten sind wir am Ende des ersten Teils dieses Buches angelangt. Dabei sollte hinreichend deutlich geworden sein, im Kontext von welchen verschiedenen physischen Marktorten Marktaustauschvorgänge historisch wie auch gegenwärtig zu denken sind (§ 1) und in welcher Verknüpfung der Markt als abstraktes Referenz‑ und Bewertungssystem zur Rechtsordnung steht: Der (Austausch‑)Markt, verstanden als Summe der ihn konstituierenden Einzelverträge, ist als Rechtsprodukt einzuordnen, da er auf den Fundamenten der Rechtsordnung aufbaut und erst durch seine Rechtsinstitutionen bestehen kann (§ 2). Viel wäre gewonnen, wenn sich allgemein die Erkenntnis durchsetzen würde, dass die dabei zu messenden Marktpreise nicht als Jedermannwerte zu kon370 Vgl. zuletzt Jens-Hinrich Binder, in: Staub5, Investment Banking II, 7. Teil, Rn. 4; ferner Kumpan, Die Regulierung außerbörslicher Wertpapierhandelssysteme im deutschen, europäischen und US-amerikanischen Recht, 2006; John Armour, et al., Principles of Financial Regulation, S.  150 ff.; Dörte Poelzig, KapitalmarktR, § 8 Rn. 219 ff.; Stefan Grundmann, in: Staub5, Investment Banking I, 5. Teil, Rn. 55 ff. 371  Allgemein zu den damit einhergehenden Herausforderungen Johannes Köndgen, AcP 206 (2006), 477 ff.: vgl. ferner die Nachw. in Fn. I 28. 372  Alexander Hellgardt, AcP 113 (2013), 760, 808. 373  Vgl. hierzu instruktiv anhand des Warenhandels Hans Hirschstein, Stichwort „Warenmärkte“, in: Hwb. des Bankwesens1, S. 593 ff.

§ 4 Die Rechtsarchitektur von Märkten

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zeptualisieren sind. Vielmehr lassen sich Marktpreise nur für geographisch abgegrenzte Referenzmärkte erfassen, die zudem möglicherweise in einem Stufenverhältnis zu anderen (hierarchisch geordneten) Märkten stehen (§ 3 III.). Die Vorstellung vom Jedermannwert ist fehlleitend, da es nicht „den“ Marktpreis gibt, also einen Marktpreis, mit Hilfe dessen für „Jedermann“ für einen bestimmten Zeitpunkt universell der Wert einer Sache bestimmt werden könnte. Vielmehr lassen sich Marktpreise nur in Abhängigkeit eines bestehenden subjektiven Marktzugangs zu einem spezifischen Markt bestimmen. Welche Rückschlüsse hieraus für die Funktionsweise und Einordnung der einzelnen Grundtypen des Austauschverkehrs, den Tausch‑ und Kaufverträgen, gezogen werden können, wird im zweiten Teil zu zeigen sein.

Zweiter Teil

Einfache Austauschverträge In einem Kaufvertrag, jenem für den Aufbau von Märkten und Marktpreisen prototypischen Austauschvertrag, einigen sich die Parteien über den Kaufgegenstand und den Preis. Mit der Einigung über die essentialia negotii setzen die Parteien die Bedingungen für den Leistungsaustausch fest. Welchen Umfang, welche Bindungswirkung hat ein Kaufvertragsversprechen? Welche wirtschaftliche Wirkung hat die Durchführung des vertraglich fixierten Leistungsaustausches? Diese Fragen sind erstaunlich unterbeleuchtet. Diese Feststellung wird bestenfalls Verwunderung, wenn nicht sogar radikale Ablehnung auslösen. Denn die Wirkung des kaufvertraglichen Leistungsaustausches scheint klar auf der Hand zu liegen: Der Käufer erhält die Kaufsache und der Verkäufer den Preis. Kommt es zu Unregelmäßigkeiten im Leistungsaustausch, ja, unterbleibt der Leistungsaustausch komplett, so bestimmen sich die rechtlichen Konsequenzen nach den vielfältigen Regelungen des Leistungsstörungsrechts. Damit bleiben aber die Fundamentalfragen nach der juristisch-ökonomischen Wirkung des Leistungsaustausches sowie eines möglicherweise bestehenden Zusammenhangs zwischen dem vertraglich festgelegten Leistungsprogramm (Kaufgegenstand gegen Geld) und der Ausgestaltung des Leistungsstörungsrechts unbeantwortet. Wenn die Parteien eines Kaufvertrages den Kaufpreis festlegen, so bestimmen sie damit den interpersonalen Austauschwert, den die Kaufsache bezogen auf den Leistungsaustausch haben soll. So einigen sich beispielsweise die Parteien eines Kaufvertrages auf die Veräußerung einer Kaufsache für 10. Bedeutet dies, dass der Käufer auch einen Gegenstand erwirbt, der 10 wert ist, oder dass der Verkäufer einen Preis erzielt, der dem Wert des Gegenstands entspricht? Keineswegs. Es wäre naiv anzunehmen, dass der Gegenstand auch 10 wert ist, da man 10 gezahlt hat. Parallel zu der Festlegung des Kaufpreises wird bei marktgängigen Waren ein Marktpreis bestehen – also jener Wert, den die Juristen als objektiven Wert ansehen und als empirisch ermittelten Durchschnittswert zu einem Zeitpunkt in einem geographisch näher spezifizierten Gebiet, dem Markt, ermitteln.1 Oder anders formuliert, jeder Kaufabschluss erfolgt im Marktumfeld fluktuierender Marktpreise. Erst das relative Verhältnis von Kaufpreis und Marktpreis ermöglicht die rationale Bewertung eines Austauschvorgangs. Erst vor dem Hintergrund von Marktpreisen lässt sich sagen, welche Partei, der Verkäufer 1 Dazu

oben § 3 III.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

oder der Käufer, ein gutes oder ein schlechtes Geschäft gemacht hat. Jeder Kaufvertrag ist ein Marktaustausch. Aus dem Umstand, dass ein Kaufvertrag ein Marktaustausch ist, lassen sich die vermögensmäßig-wirtschaftlichen Effekte erklären, die sich als Folge des Vollzugs des Kaufvertrages in Abhängigkeit zum Marktpreis ergeben können. Parallel zum Leistungsaustausch kann es zu einem – wie dies hier genannt werden soll  – Werttransfer kommen. Wird der Kaufvertrag zum Marktpreis abgeschlossen und vollzogen, so ist der Kaufvertrag wirtschaftlich betrachtet ein Aktiventausch. Preis und Kaufgegenstand sind „äquivalent“, da sich Marktpreis und Kaufpreis decken. In diesem Fall ist kein Werttransfer festzustellen. Liegt der Marktpreis unter dem Kaufpreis, so macht der Verkäufer relativ zum Marktpreis ein gutes Geschäft. Wird im bereits eingeführten Beispielsfall die Kaufsache für 10 veräußert und beträgt der Marktpreis im Zeitpunkt der Erfüllung 9, so führt dies zu einem Werttransfer von 1 zu Gunsten des Verkäufers. Denn obwohl der Gegenstand einen Wert von 9 hat, erhält der Verkäufer vom Käufer 10. Oder bilanziell ausgedrückt: Im Vermögen des Verkäufers befindet sich nicht mehr die Kaufsache (Wert: 9), sondern Geld in Höhe von 10. Und im Vermögen des Käufers ist nicht mehr Geld in Höhe von 10, sondern ein Gegenstand im Wert von 9. Umgekehrt kommt es zu einem Werttransfer zu Gunsten des Käufers, wenn im Zeitpunkt des Leistungsaustausches der Marktpreis der Kaufsache über dem vereinbarten Kaufpreis liegt. Ist der Gegenstand 11 wert, so führt dies im Zuge der Durchführung des Kaufvertrages zu einem Werttransfer von 1 vom Verkäufer zum Käufer. Der Käufer macht in diesem Fall ein „gutes“ Geschäft. Ökonomen werden möglicherweise zu diesem simplen Beispielsfall einwenden, dass gut informierte Parteien einen solchen Vertrag nicht abschließen, sondern vielmehr den Marktpreis wählen werden. Es gibt jedoch unzählige Gründe, warum der Kaufpreis und der Marktpreis der verkauften Ware sich nicht decken. So kann der vereinbarte Preis der persönlichen Wertschätzung des Käufers entsprechen und Ausdruck der Summe sein, die dieser für den Eigentumserwerb aufbringen möchte. Oder die Abweichung ist auf eine Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Käufer zurückzuführen. Vielleicht kennen die Parteien aber auch den Marktpreis nicht, da er für den konkreten Gegenstand nur schwer zu ermitteln ist. Denkbar ist schließlich, dass sich der Käufer keine weiteren Gedanken über die Höhe des Preises macht und er ohnehin den Preis nicht hätte nachverhandeln können. Schließlich kann sich der Marktpreis zwischen dem Vertragsabschluss und der Erfüllung verändert haben, wie dies insbesondere der Fall sein kann, wenn der Fälligkeitstermin des Leistungsaustausches auf einen Zeitpunkt in der Zukunft verlagert wurde, die Parteien also keinen Handkauf vollziehen, sondern den Kaufvertrag als Forward ausgestalten.2 2

 Zu dieser Differenzierung § 6 II.

Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

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Für die Beschreibung der grundsätzlichen Wirkungsweise eines Kaufvertrages in einer Marktwirtschaft ist es ohne Belang, wie die bestmöglich informierten Parteien den Vertrag abgeschlossen hätten, sondern es interessiert nur die Feststellung, dass die Parteien eines Kaufvertrages im Zeitpunkt des Leistungsvollzugs mit drei möglichen Grundkonstellationen konfrontiert sein können: der Marktpreis entspricht dem Kaufpreis (1), der Marktpreis liegt unter dem Kaufpreis (2) oder der Marktpreis liegt über dem Kaufpreis (3). Diese für den juristisch geschulten Leser ungewohnte Betrachtung der wirtschaftlichen Wirkung von Kaufverträgen hat auch erhebliche rechtliche Bedeutung. So hat die Betrachtung der wirtschaftlichen Wirkung des kaufvertraglichen Austausches ökonomische Autoren aus dem Rechtsraum des common law zu der Annahme verleitet, dass es sich beim Kaufvertrag im Grunde genommen um nichts anderes als eine Wette handle.3 In einem Privatrechtssystem4, in dem money damages, also das Pekuniarinteresse, der Standardrechtsbehelf ist, und nicht der zwangsvollstreckungsrechtlich durchsetzbare Naturalerfüllungsanspruch (specific perfomance), der nur ausnahmsweise als sogenannte discretio‑ nary remedy durchsetzbar ist, liegt diese Annahme zunächst nahe: Denn jede Partei kann die reelle Vertragsdurchführung verweigern und das Vertragsverhältnis damit in ein auf eine Schadensersatzsumme lautendes Rechtsverhältnis umwandeln.5 In diesem „Spiel“ geht es darum, wer den besseren Preis ausgehandelt hat. Der Verkäufer möchte möglichst teuer verkaufen, der Käufer möglichst billig kaufen. Jeder der „Spieler“ hat es in der Hand durch Leistungsverweigerung den Vertrag in eine Geldsumme zu verwandeln. Genauer gesagt: Der Kaufvertrag löst sich in eine Differenzsumme auf. Der Käufer „gewinnt“, sollte der Marktpreis über dem Kaufpreis liegen, und umgekehrt „gewinnt“ der Verkäufer, sollte der Marktpreis unter dem Kaufpreis liegen. Der Kaufvertrag über die Kaufsache zu 10 wird bei einem Marktpreis von 11 in eine Summe von 1 zu Gunsten des Käufers oder bei einem Marktpreis von 9 in eine Summe von 1 zu Gunsten des Verkäufers „umgeschrieben“. Anders als jedoch von den ökonomischen Autoren angenommen wird, ist mit dieser Demonstration keineswegs der Beweis für den Wett‑ oder Spielcharakter des Kaufs gegeben. Es handelt sich auch nicht, wie man annehmen könnte, um die Berechnung des entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) zu Gunsten einer Partei des Kaufvertrages, sondern die Bezifferung der Differenzsumme ist Ausdruck eines rechtlichen Transformationsvorgangs: Die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Primärleistungsansprüche wandeln sich in einen einzelnen auf eine Geldsumme gerichteten Anspruch auf den Schadens3  John H. Barton, The Economic Basis of Damages for Breach of Contract, J. Legal Stud. 1 (1972), 277, 278: „The contract is then essentially a bet against the future course of the market.“; insgesamt hierzu Roy Kreitner, Calculating Promises, S. 97 ff. 4  Zur Unterscheidung des anglo-amerikanischen und kontinentaleuropäischen Verständnisses vgl. nur Marc-Philippe Weller, GS Unberath, S. 447 ff. 5 Dazu ausführlich unter § 7.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

ersatz statt der Leistung um, das Pekuniarinteresse. Vermögensmäßig führt es zu demselben Ergebnis, ob sich der naturale Leistungsaustausch vollzieht oder die besagte Differenzsumme beglichen wird. Wurde in dem bereits eingeführten Beispiel die Kaufsache für 10 veräußert, so stellt es vermögensmäßig dasselbe Ergebnis dar, ob der Verkäufer 10 erhält und der Käufer die Kaufsache mit einem (gegenwärtigen) Marktwert von z. B. 11, oder aber der Käufer einen Differenzbetrag von 1 erhält. Diese hier notwendigerweise noch recht abstrakten Ausführungen und Beispiele gilt es im zweiten Teil dieses Buches detailliert zu erläutern und in dogmatische Form zu gießen. Im Ausgangspunkt sind hierfür die Funktionsweise der beiden Grundvertragstypen des Austauschverkehrs, Tausch und Kauf, zu untersuchen (§ 5). Es wird der Frage nachzugehen sein, worin der Unterschied zwischen einem Tauschverhältnis und der Festlegung des Preises beim Kauf besteht und insbesondere, auf welchen institutionellen Gegebenheiten der Kauf aufbaut. Dabei wird zu zeigen sein, dass der Kauf nur in einem währungsrechtlichen System des Nominalismus denkbar ist, dass also für den Kauf die staatlich vorgegebenen Rechnungseinheiten conditio sine qua non für die Festlegung von Preisen sind. Darauf aufbauend lässt sich erklären, welche wirtschaftliche Wirkung die (naturale) Durchführung des Kaufvertrages haben kann und wie auch unter Zuhilfenahme von einfachen finanzmathematischen Instrumenten die Bindungswirkung von Kaufverträgen präzise gemessen und quantifiziert werden kann (§ 6). Daran anschließend lassen sich grundsätzliche Aussagen zum Risiko‑ profil des Kaufvertrages treffen: Es wird der Frage nachzugehen sein, wie das Risiko von Marktpreisschwankungen, die sich relativ zum Kaufpreis im Erfüllungszeitpunkt einstellen können, zwischen den Parteien des Kaufvertrages verteilt ist und inwieweit jeder Kaufvertrag der Preisabsicherung, dem sog. Hedging, dient. Durch einen horizontalen, rechtsvergleichenden sowie einen dogmen­ ge­ schicht­lich, vertikalen Zugriff wird sodann dargelegt, inwieweit Naturalerfüllung und Pekuniarerfüllung als Varianten der Erfüllung aufgefasst werden können, welche Grenzen dabei bestehen und – was praktisch besonders relevant ist – wie sich die Umwandlung vom Primärerfüllungsanspruch zum Sekundäranspruch vollzieht (§ 7). Gerade in der rechtsvergleichenden Betrachtung der Lösungsansätze der civil law-Jurisdiktionen einerseits und der common law-Jurisdiktionen anderseits zeigt sich, dass die praktische Trennlinie zwischen der zwangsweisen Durchsetzung der Naturalerfüllung und der Leistung des Pekuniarinteresses entlang der Unterscheidung erfolgt, ob vertretbare, marktgängige Gegenstände oder aber unvertretbare Güter veräußert wurden. In der Masse der Fälle von ersatzweise am Markt erhältlichen Gütern wird es für die frustrierte Partei kostensparender und schneller sein, das Pekuniarinteresse einzufordern und sich am Markt ersatzweise einzudecken (§ 7 III). Wie bemisst man aber das Pekuniarinteresse? In den meisten Rechtsordnungen wird der Vorgang der Ermittlung des (monetären) Nichterfüllungsschadens mit

Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

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der Formel umschrieben, dass der frustrierte Vertragspartner so zu stellen ist, wie er stehen würde, wenn der Leistungsaustausch vollzogen worden wäre. Es wird nach einem hypothetischen Zustand gefahndet, der sich infolge des naturalen Leistungsaustausches eingestellt hätte, nur nicht in natura (Austausch: Geld gegen Ware), sondern in einer Geldsumme ausgedrückt. Gefragt ist damit nach der rechtlichen Grundlage einer Rechenoperation, auf deren Basis ein jedes Austauschversprechen in die besagte Geldsumme umgerechnet werden kann. Es gilt also  – bezogen auf das deutsche Recht  – den rechnerischen Unterbau des § 281 BGB offenzulegen (§ 8). Im Kern geht es darum darzulegen, dass die bereits eingangs skizzierte Berechnung einer – auf einen Geldbetrag lautenden – Differenzsumme zwischen dem Marktpreis und dem Kaufpreis, was seit dem 19. Jahrhundert als sog. Marktpreisregel bekannt ist, die Basis für die Bezifferung des Nichterfüllungsschadens bildet. In der heute herrschenden Rechtspraxis und Lehre ist diese Erkenntnis verschüttet, da als Schadensersatz statt der Leistung vorrangig der entgangene Gewinn gewährt wird. So kann der Verkäufer nach der h.M. als Nichterfüllungsschaden nicht nur die Differenz zum Marktpreis des verkauften Guts, sondern vorrangig seine Gewinnspanne, also die Differenz zum Einkaufs‑ bzw. Herstellungspreis, einfordern. Der (unternehmerische) Käufer wiederum kann die Differenz zum Weiterveräußerungspreis ansetzen, wenn nicht eine Pflicht zum Deckungskauf nach § 254 BGB angenommen wird; wann eine solche Pflicht anzuerkennen ist, ist jedoch umstritten und praktisch unklar. Es besteht heute eine bemerkenswerte Unsicherheit hinsichtlich der Bemessungsgrundlage des Schadensersatzes statt der Leistung, die, wie noch detailliert zu zeigen sein wird, in der Regel zu einer Überkompensation des Schadensersatzgläubigers führt, indem dieser regelmäßig bessergestellt wird, als wenn naturaliter erfüllt worden wäre. Die im Detail durchaus komplexen Hintergründe, auf deren Grundlage sich die fatale Fehlberechnung des Nichterfüllungsschadens eingestellt hat, gilt es offenzulegen und es wird ein korrigiertes Abgrenzungsmodell der einzelnen Schadensposten präsentiert.

§ 5 Vom Tausch zum Kauf Der Tausch und der Kauf bilden die zwei Grundvertragstypen des Austauschverkehrs. Anhand dieser beiden Vertragstypen wird klassischerweise in der ökonomischen Literatur der Gegenwart und Vergangenheit, aber auch der Handelsrechtsliteratur des 19. Jahrhunderts, modellhaft die Entstehung und Fortentwicklung wirtschaftlichen Handelns erklärt, wie sich aus einer rudimentären Tausch‑ oder Naturalwirtschaft eine Geldwirtschaft der Kaufverträge entwickelt hat.6 Eine imaginäre Lehrbuch-Tauschwirtschaft kann man sich zu diesem Zweck als eine Gemeinschaft von vier Personen vorstellen, A, B, C und D, die jeweils über unterschiedliche Tauschobjekte verfügen. A muss möglicherweise erst seine Ware mit D eintauschen, um einen Tausch mit B eingehen zu können.7 Möglicherweise besteht aber gerade für die Ware des A unter B, C und D keine Nachfrage und er kann seine Ware also nicht in ein anderes Vermögensgut umtauschen und auch seine Wünsche nicht realisieren. A kann den anderen Mitgliedern der imaginären Tauschwelt-Gemeinschaft kein alternatives, allgemeines Handelsgut anbieten. In der imaginären Realität dieser Tauschwirtschaft sind die Parteien mit einer Reihe von Problemen konfrontiert: das Erfordernis der Übereinstimmung der Bedürfnisse, die sog. Doppelkoinzidenz der Bedürfnisse (double coincidence of wants)8, das Problem der Bestimmung von Preisen in einer Tauschwirtschaft, die Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, manche wertvollen Waren zu teilen und einzutauschen sowie schließlich die Frage, 6 In der volkswirtschaftlichen Literatur wurde dieser Transformationsprozess in einer berühmten Passage in The Wealth of Nations von Adam Smith (1776, Kapitel IV., (1999) S. 126– 132), beschrieben. Jedoch erst in den Werken der Autoren des 19. Jahrhunderts wird der Gedankengang minutiös ausgearbeitet, vgl. Carl Menger, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, S.  153 ff.; William Stanley Jevons, Money and the mechanism of exchange, S. 3 ff.; Wilhelm Ro‑ scher, System der Volkswirthschaft I5, § 116 (= S. 216); ferner aus jüngster Zeit: Karl Gunnar Persson, An economic history of Europe, S. 129 f.; James Torbin, Stichwort „Money“ in: The New Palgrave, Band 5, S. 725 f. Kritisch hiergegen David Graeber, Debt, The First 5,000 Years, S. 21 ff., der Ertrag seiner Polemik bleibt jedoch unklar. Parallel zu den ökonomischen Autoren wird der Transformationsprozess auch von den juristischen Autoren des 19. Jahrhunderts aufgearbeitet, vgl. Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 99 1) (= S. 1063 f.) und Wilhelm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 78 (= S. 366 ff.), § 103 I. (= S. 509). 7  Dies wird teils als sog. „indirekter“ Tausch bezeichnet, vgl. etwa Joseph A. Schumpeter, Das Wesen des Geldes, S. 19 m. Fn. 8. 8  So die von William Stanley Jevons, Money and the mechanism of exchange, S. 3 f. geprägte Ausdrucksweise.

§ 5 Vom Tausch zum Kauf

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wie Reichtum gehortet werden kann. Alle diese Schwierigkeiten lassen sich mit einer Erfindung wesentlich besser handhaben: Geld. Durch Geld wird nach der gängigen Funktionsbeschreibung ein allgemeiner Wertmaßstab (common deno‑ minator) zur Abschätzung wirtschaftlichen Handelns, ein allgemeines Tausch‑ gut (medium of exchange), ein allgemeines gesetzliches Zahlungsmittel (standard of deferred payments) und ein allgemeiner Wertträger (store of value) gebildet.9 Das Geld ist also nicht nur ein Wertträger, sondern Wertmaßstab und zugleich Zahlungsmittel. Schließlich findet sich in der juristischen Literatur des 19. Jahrhunderts der Hinweis, dass erst durch das Geld der Kauf „möglich“ wird, da die eine „Seite“ des Tauschs durch die Festsetzung einer Geldsumme, des Preises, ersetzt wird.10 Die seit langem überlieferte und wiederholte Anschauung von der Transformation der Tausch‑ zur Geldwirtschaft mag oder mag nicht eine verlässliche Basis für eine Anthropologie des wirtschaftlichen Handelns bilden, das muss hier nicht beantwortet werden. Die Gegenüberstellung von Tausch und Kauf bildet aber die unerlässliche Grundlage für das Verständnis, wie Märkte als Rechtsprodukte konstruiert sind.11 Wenn es stimmt, dass der Prototyp der Märkte, der Austauschmarkt, durch eine Vielzahl der in ihm stattfindenden Austauschvorgänge konstituiert wird, so muss man sich – sozusagen auf der Mikroebene – auch anschauen, wie der Marktaustausch vertraglich konstruiert ist und auf welchen institutionellen Vorgaben er beruht. Was ist der Unterschied zwischen dem Tauschverhältnis eines Tauschvertrages und dem Preis eines Kaufvertrages? Was bedeutet es ganz konkret, wenn Autoren wie Wilhelm Endemann oder Levin Goldschmidt formulieren, dass der Kauf erst durch das Geld „möglich“ wird? Wird hier eine Trivialität aufgebläht oder verbirgt sich hierhinter eine grundsätzliche Erkenntnis über die Grundbedingungen des Güteraustausches in unserer Rechts‑ und Wirtschaftsordnung?

 9  Die Literatur der unterschiedlichen Disziplinen hierzu ist kaum mehr zu überblicken. Vgl. aus der geldrechtlichen Literatur: Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 99 (= S. 1060–1067); Robert Koch, in: Endemann’s Hdb. d. HR II., § 184 I. (= S. 113 f.); Martin Wolff, Das Geld, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR IV/I., § 43 (= S. 563 ff.); Arthur Nußbaum, Basic Monetary Conceptions in Law, Mich. L. Rev. 35 (1937), 865, 867 ff.; ders., Money in the Law National and International, S. 11 f.; abweichend Karsten Schmidt, in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. A 11, der zwischen der abstrakten Funktion (Wertmesseigenschaft) und den konkreten Funktionen (Werttransportmittel, Wertaufbewahrungsmittel) des Geldes unterscheiden möchte; ähnlich Sebastian Omlor, Geldprivatrecht, S. 50 ff. Siehe schließlich Charles Proctor, Mann on the Legal Aspect of Money7, Rn. 1.07; aus der ökonomischen Literatur: Karl Helfferich, Das Geld6, S.  283 ff.; Otmar Issing, Geldtheorie15, S.  1 f.; Frederic S. Mishkin, The Economics of Money, Banking, and Financial Markets11, S. 96 ff. 10 So Wilhelm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 103 I. (= S. 509): „Erst durch die Einführung des Geldes wird daher der Begriff des Kaufes möglich“; vgl. auch Levin Gold‑ schmidt, Hdb. d. HR2, § 99 1) (= S. 1063; siehe dazu auch noch unten Fn. II 18). 11 Zum Markt als Rechtsprodukt vgl. bereits oben § 2.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

I. Tausch und Tauschverhältnisse Beim Tausch wird Gegenstand für Gegenstand ausgetauscht.12 Der jeweilige Tauschgegenstand ist zugleich Leistungsobjekt, wie auch Entgelt – die Fixierung der Gegenleistung für den Erhalt des anderen Tauschobjekts. Der Tausch ist, unabhängig von der Tatsache, dass es sich um die archetypische Form menschlichen Wirtschaftens handelt, aufgrund des Aufeinanderbezogenseins der Tauschgegenstände und der erforderlichen Festlegung eines Tauschverhältnisses verhältnismäßig kompliziert. Nicht kompliziert ist im Ausgangspunkt zunächst der, wie Wolfgang Ernst13 ihn nennt, „naive“ Tausch. Beim „naiven“ Tausch einigen sich die Parteien über die Tauschobjekte und jeweiligen Tauschquantitäten unabhängig von den den Objekten zugrunde liegenden Werten. So tauschen die Parteien etwa Briefmarken oder Baseballkarten aus, um ihre Sammlungen jeweils zu vervollständigen, ohne dabei auf den monetären Wert der Marken bzw. Karten zu achten. Die Motivationen für den Tausch können vielfältig sein, sie können in der Freundschaft wurzeln, dem Austausch einer Sammler‑ oder Tauschgemeinschaft zugrunde liegend oder als Gabe‑ und Gegengabe14 aufzufassen sein. Nach Ernst soll dieser Tausch gerade kein Tausch im Sinne des § 480 BGB darstellen, da die beiderseitigen Leistungen gerade keine wechselseitige Entgeltfunktion erfüllen sollen. Komplizierter zu erfassen ist hingegen der Tausch, bei dem die Tauschgegenstände aufgrund ihres Markt‑ oder Schätzpreises zueinander in ein Verhältnis gesetzt werden sollen, also ein Tauschverhältnis nach Marktwerten festgelegt wird.15 Die relative Kompliziertheit dieses Vorgangs liegt darin, dass durch das 12  Grundlegend hierzu Wolfgang Ernst, Entgeltlichkeit, Eine Untersuchung am Beispiel des Tauschs, der gemischten Schenkung und anderer Verträge, FS Picker, S. 139 ff.; siehe auch zuvor Karl Helfferich, Das Geld6, S. 299–301; allg. zur Entwicklung des Tauschs Jan Thiessen in: HKK, § 480 Rn. 1 ff. 13  Wolfgang Ernst, FS Picker, S. 139, 142. 14 Grundlegend zu den archaischen Gesellschaften Marcel Mauss, Essai sur le don, 1925; vgl. auch seine gesammelten Aufsätze zum Geld in deutscher Übersetzung: Marcel Mauss, Schriften zum Geld, 2015. 15  Die alte Streitfrage, ob die Bildung eines Wertmaßstabs nur aus der Existenz von Geld als allgemeinem Tauschgut denkbar ist (Karl Menger, in: HdWbStW3, Stichwort „Geld“, Band II., S.  555, 600 f.; Karl Helfferich, Das Geld6, S. 309 f.) oder nicht (James Laurence Laughlin, The Principles of Money, S. 7; Joseph A. Schumpeter, Das Wesen des Geldes, S. 34 m. Fn. 28; Paul Einzig, Primitive Money2, S. 355 ff.), ist nicht zielführend. Es werden hierdurch zwei scharf zu trennende Fragestellungen, die erste nach der Maßstabsbildung in einer Tauschwirtschaft, und die zweite nach der Wirkung des Prinzips des Nominalismus in einer Geldwirtschaft, unglücklich verknüpft. In einer Tauschwirtschaft lässt sich die Frage stellen: Wodurch ist der Übergang vom naiven Tausch zum entgegengesetzten wirtschaftlich-kalkulierenden Tausch bedingt? Die Wirtschaftsgeschichte ist reich bestückt mit Beispielen, in denen die unterschiedlichsten Bewertungsmaßstäbe gewählt wurden: Ochsen, Stockfisch oder Wampun (weiße Perlenketten) etc. (Laughlin, a. a. O., S. 7 ff.; siehe auch insbesondere Marcel Mauss, Grundlegende Anmerkungen zum Gebrauch des Geldbegriffs (1923), in: Schriften zum Geld, S. 48 ff.). Ein anderes eindrucksvolles

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Tauschverhältnis die Einzelwerte der Tauschobjekte quasi „verdeckt“ werden. So einigen sich A und B etwa auf ein Tauschverhältnis von 1:4, eine Kuh für vier Schafe, wenn die Parteien beispielsweise davon ausgehend eine Kuh sei 400 wert, während ein Schaf nur 100 wert sei. Abstrakt gesprochen müssen die Parteien den Wert jedes Tauschobjekts bestimmen und dann über die (quantitative) Mengenanpassung – wenn dies überhaupt möglich ist – das Austauschverhältnis festlegen. In diesem Zusammenhang ist auf Anhieb die vieldiskutierte, aristotelische Idee der Austauschgerechtigkeit, der iustitia commutativa, einleuchtend, dass nämlich die Parteien danach trachten sollen, die Werte beider Tauschobjekte zueinander in Übereinstimmung zu bringen.16 Der Tauschhandel hat Limitationen und ist mit praktischen Schwierigkeiten belastet. A kann potenziell mit drei Parteien  – B, C und D  – den Tausch abschließen. A kann aber nicht direkt in Preisen denken, sondern er muss in Tauschrelationen denken. Insgesamt bestehen unter den vier am Tauschverkehr beteiligten Parteien sechs Tauschverhältnisse. Dies entspricht der arithmetischen Progression der Anzahl der gehandelten Güter.17 Bei zehn Gütern steigt die Zahl der Austauschverhältnisse auf 45, bei 100 Gütern auf 4950 und schließlich bei 1000 Gütern auf 499.500 Tauschverhältnisse. Im Gegensatz hierzu entspricht beim Kauf die Anzahl der Güter der Anzahl der (individuell) zu bestimmenden Preise. Beispiel ist die Schilderung von Richard A. Radford, der die Entstehung eines Lebensmittelschwarzmarktes in einem Kriegsgefangenenlager im Zweiten Weltkrieg beschreibt (The Economic Organisation of a P. O. W. Camp, Economica 12 (1945) 189 ff.). Der Wert der gehandelten Lebensmittel und Luxusartikel wurde allmählich in Zigaretten ausgedrückt. In einer solchen Tauschwirtschaft wird die Bewertung über die Werteinheit „Zigaretten“ bestimmt. Zahlungsvorgänge können auch durch das allgemein akzeptierte Tauschgut „Zigarette“ herbeigeführt werden; Tauschvorgänge können freilich auch durch andere Tauschobjekte herbeigeführt werden. Bei den Zigaretten handelt es sich aber nicht um „Geld“ im juristisch-technischen Sinne, sondern „nur“ um Warengeld, da den Zigaretten ein Nominalwert fehlt und der Austausch Zigarette gegen Ware ein Tausch bleibt (dazu noch unter § 5 II. 2. a. und § 6 II. 2. b. a.E.). Es ist also eine wirtschaftliche Maßstabsbildung denkbar, auch wenn kein allgemein gültiges Zahlungsmittel existiert oder in genügend großer Quantität verfügbar ist. In der Geldwirtschaft des Nominalismus wird hingegen die Maßstabsbildung – Max Weber spricht in diesem Zusammenhang anschaulich von „Geldrechnung“ (Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 245, 262, 285 und öfters) – durch die staatlich vorgegebene Währung und Währungsstückelung vorgegeben und mit Selbstverständlichkeit angewendet. 16 Dazu James Gordley, The Philosophical Origins of Modern Contract Doctrine, S. 94 ff.; ders., Foundations of Private Law, S. 361 ff.; Stefan Arnold, Vertrag und Verteilung, S. 46. 17  Die Gesamtzahl der Tauschkombinationen lässt sich durch die nachfolgende, seit langem in ökonomischen Abhandlungen anzufindende (vgl. Karl Friedrich Rau, Handbuch der National-Wirtschaftslehre von Heinrich Storch, Band III., S. 253 f.; Wilhelm Roscher, System der Volkswirthschaft I5, § 116 m. Fn. 2. (= S. 216 f.); Otmar Issing, Geldtheorie15, S. 2; Frederic S. Mishkin, The Economics of Money, Banking, and Financial Markets11, S. 97) Formel bestimmen, wobei N für die Anzahl der gehandelten Güter steht: N(N−1) 10(10−1) 90 also z. B. bei 10 Gütern = = 45. 2 2 2

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II. Kaufverträge und Preise Die soeben beschriebenen theoretischen Schwierigkeiten und Limitationen der imaginären Tauschwirtschaft werden überwunden, indem der Tausch und der Tauschvorgang aus der Perspektive des Tauschenden in zwei Kaufoperationen zerlegt werden.18 Die mit Hilfe des Kaufvertrages handelnden Personen sind nicht mehr darauf angewiesen, dass die Gegenseite an der Materialität des Tauschguts interessiert ist, sondern sie können als Verkäufer ihre Ware im Gegenzug für die allgemeine „Mittlerware“19, dem Geld, in den Güterumlauf einspeisen oder umgekehrt Waren beziehen, indem sie als Käufer auftreten. Auch vereinfacht sich die Bepreisung des Austauschvorgangs: die Parteien sind nicht mehr mit den bereits erwähnten 45, 4950 oder 499.500 Tauschverhältnissen konfrontiert, sondern sie können sich bei den Preisverhandlungen an einer Preisliste von 10, 100 oder 1000 Preisen orientieren.

1. „Relative“ und „absolute“ Preise Der Tausch und der Kauf beruhen auf grundliegend verschiedenen Konzepten der Fixierung und Bewertung von Austauschvorgängen. Ein einfaches Beispiel soll dies verdeutlichen: A tauscht zwei Goldmünzen gegen drei Scheffel Weizen von B ein. Daraus ergibt sich ein quantitatives Tauschverhältnis von 2:3. Nach einer gängigen Erklärung in der volkswirtschaftlichen Literatur lassen sich aus dem Tauschverhältnis zwei relative Preise entnehmen.20 So kann man den

18  Vgl. dazu Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 99 1) (= S. 1063): „A und B tauschen nicht Holz gegen Korn aus, sondern A tauscht mit B (verkauft an B) Holz gegen Geld, und tauscht von B oder von C (kauft von B oder C) Korn gegen Geld. Die eine Tauschoperation zwischen A und B wird so in zwei Tauschoperationen (Verkauf und Kauf, Kauf und Verkauf) zwischen A und B einerseits und A und B oder C anderseits zerlegt, für welche das Geld sachlich in gleicher Weise das Mittelglied (Tauschmittel) bildet […]. Der Kauf (d. h. Verkauf und Kauf) ist das Tauschgeschäft der Geldwirtschaft, aber doch nur die eine Hälfte des wirklichen Tauschgeschäfts […].“ (Hervorh. wie im Original). Überaus aufschlussreich ist es zudem, dass Levin Goldschmidt in der Fußnote (a. a. O., S. 1064 Fn. 11) zu dem soeben angeführten Haupttext klarstellt, dass die „bekannte Controverse zwischen zwischen Sabinianer und Proculianer […] sich nicht darum [dreht], ob der Kauf ein Tausch ist, das wird allgemein anerkannt […]; sondern nur darum, ob der Tausch Kaufnatur habe.“ (zur Kauf-Tausch-Kontroverse vgl. kurz Fritz Schulz, Classical Roman Law, Rn. 904 und 913; Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations, S.  250 f.; Okko Behrends, Der ungleiche Tausch zwischen Glaukos und Diamedes und die Kauf-Tausch-Kontroverse der römischen Rechtsschulen, Historische Anthropologie 10 (2002), 245 ff. = Institut und Prinzip, Band II., S. 629 ff.). 19  Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 99 1) (= S. 1063). 20  Vgl. etwa Irving Fisher, The Purchasing Power of Money, S. 3 (der einfache Beispielsfall im Text ist von Fisher entlehnt); Otmar Issing, Geldtheorie15, S. 2.

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­„relativen Preis“21 bestimmen, den A in Gold für jeden Scheffel Weizen bezahlen muss, und denjenigen „relativen Preis“, den B in Weizen für jede Goldmünze aufbringen muss. Dieses Verhältnis ergibt sich, indem die Quantität der einzutauschenden Sache mit der Quantität der zu erhaltenden Sache dividiert wird. A erhält danach für zwei Drittel einer Goldmünze jeweils einen Scheffel Weizen. B wiederum erhält für ein und ein halb Scheffel Weizen ein Goldstück. Die Multiplikation der jeweiligen Bruchwerte mit der Gesamtzahl der zu erhaltenden Sachen ergibt die Quantität der insgesamt herauszugebenden Sachen.22 Diese zwei „relativen Preise“ bleiben Wertrelationen, da zwei ganz unterschiedliche Maßeinheiten in Bezug gesetzt werden.23 Anders ist dies beim Kauf. Durch die Festsetzung des Geldpreises wird der Wert der Kaufsache für den Austauschvorgang (Ware gegen Geld) zwischen den Parteien festgelegt und in einer einheitlichen Wertskala festgelegt. Nach dem Sprachgebrauch der ökonomischen Literatur handelt es sich hier um absolute Preise.24 A, der Verkäufer, muss drei Scheffel Weizen, B, der Käufer, 100 Euro übereignen. Die Besonderheit besteht darin, dass der Wert der Kaufsache für den Austauschvorgang anhand der Wertskala einer bestimmten Währung beziffert wird. Für die Bewertung des Austauschvorgangs, also für die Bewertung des Preises, bedarf es nicht wie beim Tausch einer Umrechnung in eine andere Wertskala, sondern der Preis ist bereits in der „richtigen“ Wertskala, der für den Kaufvertrag maßgeblichen Währung, ausgedrückt. Nur der „absolute“ Preis ermöglicht also eine direkte Aussage über den vertraglichen Austauschwert und Preis zu tätigen. Aus diesem Grund ist auch die Wortwahl von „relativen“ und „absoluten“ Preisen mehr als unglücklich. Sie suggeriert eine sachliche Nähe, die nicht vorhanden ist. Hinter den beiden Kategorien verbergen sich ganz unterschiedliche rechtliche Ausdrucksformen des Austauschverkehrs, indem der Tausch stets nur in Tauschverhältnissen ausgedrückt werden kann, während beim Kauf der Preis als Bewertungsziffer der Kaufsache fungiert.

2. Die geldrechtliche Fundierung von Preisen Die Innovation, die durch die Einführung des Geldes für die Weiterentwicklung des Austauschverkehrs und damit insgesamt der Wirtschaft bewirkt wurde, wird viel zu schnell als etwas Selbstverständliches angenommen und in ihrer Be21  Dieser hat, um Missverständnissen entgegenzuwirken, nichts mit dem juristischen Begriff des Preises nach § 433 Abs. 2 BGB zu tun, sondern ist ein autonom gewählter Begriff der Ökonomie. 22  A= 2/3 ∙ 2 und B = 1,5 ∙ 2 = 3. 23 Das bemerkt auch Irving Fisher, The Purchasing Power of Money, S. 3: „It is to be noticed that these are ratios of two physical quantities, the units for measuring which are quite different from each other.“. 24 Vgl. die Nachw. in Fn. II 20.

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deutung sowie den erforderlichen institutionellen Gegebenheiten nicht richtig erfasst. Demgegenüber kann man bei Rudolf von Jhering25 nachlesen, dass die Erleichterung von Austauschvorgängen durch die Nutzung von Geld als einer „der genialsten praktischen Gedanken des Menschen“ anzusehen sei. Wilhelm Roscher26 hat davon gesprochen, dass die Erfindung des Geldes mit der Erfindung der Schrift verglichen werden könne. Eine Erklärung dafür, warum Geld so essentiell für die Fortentwicklung des Austauschverkehrs ist, findet sich bereits in einer für die Wirtschaftsrechtsgeschichte herausragenden Beschreibung des spätklassischen Juristen Iulius Paulus in der Digestenstelle D.18.1.1.pr.: „Kaufen und Verkaufen haben ihren Ursprung im Tauschen. Einst gab es nämlich noch nicht wie heute Geld (nummus), und man pflegte noch nicht die eine Sache Ware (merx), die andere Preis (pretium) zu nennen; vielmehr tauschte ein jeder nach den Bedürfnissen der jeweiligen Zeit und Umstände Entbehrliches gegen Nützliches, weil es sich häufig ergibt, daß das, was der eine übrig hat, bei dem anderen fehlt. Da es jedoch nicht immer und nicht leicht zusammentrifft, daß dann, wenn du etwas hast, was ich haben will, auch ich etwas habe, was du darüber anzunehmen bereit bist, wurde ein Stoff (materia) gewählt, dessen allgemeine und dauerhafte Wertschätzung (publica ac perpetua aestimatio) den Schwierigkeiten des Tauchverkehrs durch die [Anpassungsfähigkeit seiner Menge] abhelfen sollte. Und dieser mit staatlicher Prägung versehene Stoff gewährt uns demnach Gebrauchswert und Eigentum (usum dominiumque27) nicht so sehr durch seinen Stoff (ex substantia) als durch seine jeweilige Menge (ex quantitate), und man bezeichnet nicht länger beides als Ware (merx), sondern das eine als Preis (pretium).“28

Paulus beschreibt zunächst die Schwierigkeiten, so wie sie später von Adam Smith29 formuliert und dann von vielen Autoren immer wieder benannt wurden,  Zweck im Recht I., S. 135. der Volkswirthschaft I5, § 116 (=  S. 222); siehe auch James Torbin, Stichwort „Money“ in: The New Palgrave, Band 5, S. 725: „In this respect [sc. setting an economic standard] money is simliar to language, standard time, or the convention designating the side of the road for passing“. 27 Erwähnenswert und weiterführend Joseph A. Schumpeter, History of Economic Analysis, S. 70: „usum dominiumque (this may be safetly translated by purchasing power)“ (Hervorh. wie im Original). 28 D. 18.1.1. pr.: „Origo emendi vendendique a permutationibus coepit. olim enim non ita erat nummus neque aliud merx, aliud pretium vocabatur, sed unusquisque secundum necessitatem temporum ac rerum utilibus inutilia permutabat, quando plerumque evenit, ut quod alteri superest alteri desit. sed quia non semper nec facile concurrebat, ut, cum tu haberes quod ego desiderarem, invicem haberem quod tu accipere velles, electa materia est, cuius publica ac perpetua aestimatio difficultatibus permutationum aequalitate quantitatis subveniret. eaque materia forma publica percussa usum dominiumque non tam ex substantia praebet quam ex quantitate nec ultra merx utrumque, sed alterum pretium vocatur.“; Übersetzung im Haupttext nach Heinrich Honsell, in: Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung, Band III., S. 439 (unter Ergänzung der Klammerzusätze); vgl. hierzu auch Thomas Rüfner, Money in Roman Law Texts, in: Money in the Western Legal Tradition, S. 93, 98 f.; Klaus Hasler, Studien zu Wesen und Wert des Geldes, S. 61 ff.; Okko Behrends, Historische Anthropologie 10 (2002), 245, 246 f.= Institut und Prinzip, Band II., S. 630 f. 29  Vgl. oben Fn. II 6. 25

26 System

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die mit dem Angewiesensein auf den Tausch und der Abwesenheit von Geld verbunden sind. Sodann stellt er die Verbindung zwischen dem Institut des Geldes und des Kaufes her. Das, was vorher der Tausch war, wird zum Kauf, indem „nicht länger beides als Ware (merx)“ bezeichnet wird, sondern an die eine Stelle der (Geld‑)Preis (pretium) tritt. Der Preis ist die bereits beschriebene Zahl. Der Preis kann durch die Übereignung von Geld erfüllt werden. Aber was ist Geld und wie unterscheidet es sich von der Ware? Nach Paulus handelt es sich um einen Stoff (materia) der infolge staatlicher Prägung allgemeine Wertschätzung (perpetua aestimatio) genießt. Dieser Stoff besitzt Kaufkraft30 nicht aufgrund seines intrinsischen Wertes (ex substantia), sondern aufgrund seiner Menge (ex quantitate). Über die Bedeutung dieser Feststellungen haben Autoren über die Jahrhunderte gestritten.31 Sie zielen auf den Kern eines jeden Währungssystems ab: Ist Geld bedingt durch den (aufgeprägten) Nennwert (face value), durch den intrinsischen, wahren Verkehrswert (intrinsic oder real value) oder insbesondere durch seinen Metallwert? Oder, um einen berühmten Vergleich anzustellen, wird durch Geld eine Maßeinheit gebildet, ist das Geld also eine mensura, ein Maß, oder wird der Wert des Geldes erst durch den Abgleich mit einem dritten Wert gemessen (mensuratum)?32 a. Eine kurze Geldgeschichte: Nennwert vers. intrinsischer Wert Der soeben formulierte Vergleich ist heutzutage nur noch schwer nachvollziehbar, da wir fast ausschließlich Geldzeichen – Geldscheine und Geldmünzen – kennen, die ganz auf den nominellen Wert reduziert sind und die im Wesentlichen keinen intrinsischen Wert haben, die geldrechtliche Gleichstellung von Bar‑ und Buchgeldzahlungen befürwortet wird33, ja sogar manche34 für eine Abschaffung des Bargelds schlechthin plädieren. Historisch ist dies für Deutschland eine relativ neue Entwicklung, da sich der radikale Bruch mit der „metallenen“ Geldgeschichte erst infolge des Ersten Weltkriegs und der nachfolgenden Hyperinflation der Weimarer Republik ergab.35 In Deutschland waren bis zu Beginn 30 Vgl.

Fn. II 27.  Dazu Thomas J. Sargent & François R. Velde, The big problems of small changes, S. 94 f. 32  Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 44; Arthur Nußbaum, Mich. L. Rev. 35 (1937), 865, 881; ders., Money in the Law National and International, S. 24; Wolf‑ gang Ernst, Mensura et mensuratum: money as measure and measure for money, in: Money as God, S. 60. 33 Siehe Sebastian Omlor, in: Staudinger2016, Vorb zu §§ 244–248 Rn. B85 ff.; ferner Charles Proctor, Mann on the Legal Aspect of Money7, Rn. 1.67 ff. 34  So Kenneth Rogoff, The Curse of Cash, 2016. 35 Vgl. hierzu Arthur Nußbaum, Das neue deutsche Wirtschaftsrecht2, S. 8 ff.; zur Entwicklung des Münzwesens Robert Deumer, in: Richard Koch & Hjalmar Schacht, Die Reichsgesetzgebung über Münz‑ u. Notenbankwesen7, S. 387 ff.; speziell zur Hyperinflation Jan Thiessen, The German Hyperinflation of the 1920s, in: Money in the Western Legal Tradition, S.  735 ff. 31

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des 20. Jahrhunderts nur Gold‑ und Silbermünzen als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt, also mit Annahmezwang ausgestattet.36 Erstmals im Jahr 1909 wurden durch eine Novelle zum Bankgesetz von 1875 gleichermaßen Banknoten mit Annahmezwang versehen37, welche die Reichsbank auf ihre Präsentation hin in Goldmünzen einlösen musste.38 Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurde diese Einlösungspflicht der Reichsbank ausgesetzt39, und es entstand sog. Fiatgeld oder Befehlsgeld, also Geld, das weder in Edelmetall eingewechselt werden konnte, noch durch Reserven der Zentralbank abgesichert war.40 Der enorme Münzgeldbedarf des Heeres führte zu einer „Kleingeldnot“ und teils zur ersatzweisen Einführung von (privatem) Notgeld.41 Rechtlich wurden zunächst die Silbermünzen 1917 bzw. 1920, später auch die Goldmünzen (1938) demonetisiert, also eingezogen und außer Kurs gesetzt.42 Faktisch durchlebte Deutschland zudem zur Zeit der Hyperinflation im Jahr 1923 eine „münzlose Periode“43, da an die Ausprägung von Münzen mit entsprechend hohen Nennwerten nicht mehr zu denken war. Im heute bestehenden Währungssystem des Euros haben die Gold‑ und Silbermünzen als gesetzliche Zahlungsmittel in Form von Sammlermünzen als Nischenprodukte überlebt.44 Diese Gold‑ oder Silbermünzen, wie auch neuerdings geprägte Platinmünzen, liefern wertvolles Anschauungsmaterial, da sie als gesetzlich anerkannte Zahlungsmittel und Sammlermünzen anders als die 36 Vgl. Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 104 (= S. 1119, 1124 f.); Robert Koch, in: Endemann’s Hdb. d. HR II., § 184 IV. (= S. 118), siehe auch negativ abgrenzend § 186 I. (= S. 126): „Papiergeld im Sinne eines gesetzlichen Zahlungsmittels (mit Zwangskurs) kommt im Deutschen Reich nicht vor.“; Heinrich Siber, in: Planck4, §§ 244, 245 Anm. 1; zur Währungsentwicklung im Deutschland von 1871 bis 1925 siehe Arthur Nußbaum, Das Geld, S. 99 ff.; zum Annahmezwang nach geltendem Recht vgl. Nachw. in Fn. II 91. 37 „Die Noten der Reichsbank sind gesetzliche Zahlungsmittel.“ (Art. 3, Novelle v. 01. 06. ​ 1909 zum BankG v. 14. 03. ​1875 (RGBl. 1909, 507); abgedruckt in: James Breit, BankG, S. 29; vgl. auch danach das § 3 Abs. 2 BankG v. 30. 8. ​1924 (RGBl. II. 235): „Die Reichsbanknoten sind außer Reichsgoldmünzen, das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland“; für das Münzgeld vgl. § 5 MünzG v. 30. 8. ​1924 (RGBl. II. 254); für den Währungsraum des Euros vgl. Art. 128 Abs. 1 S. 3 AEUV, Artt. 10 S. 2, 11 S. 2 VO (EG) 974/98 und § 14 Abs. 1 S. 2 BBankG: „Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel“. 38  § 18 BankG 1875 lautet: „Die Reichsbank ist verpflichtet, ihre Noten a) bei ihrer Hauptkasse in Berlin sofort auf Präsentation; b) bei ihren Zweiganstalten, soweit es deren Barbestände und Geldbedürfnisse gestatten, dem Inhaber gegen deutsche Goldmünzen einzulösen.“; dazu im Einzelnen James Breit, BankG, S. 192 f. 39  Durch Gesetz v. 04. 08. ​1914 (RGBl. 1914, 347). 40 Arthur Nußbaum, Das Geld, S. 32 f. m. Fn. 1 (auf S. 33); Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 43. 41  Dazu Ingo Fricke, Die rechtliche Natur des Notgeldes, ZHR 87 (1924), 399 ff. 42 Vgl. die Nachw. bei Karsten Schmidt, in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. A 54. 43 Robert Deumer, in: Richard Koch & Hjalmar Schacht, Die Reichsgesetzgebung über Münz‑ u. Notenbankwesen7, S. 395. 44 Art. 5 VO (EU) 651/2012 und § 3 MünzG; für Österreich: §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 12 öScheidemünzengesetz; siehe auch für die USA: 31 U. S. Code § 5112.

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„normalen“ Umlaufmünzen45 über zwei besondere Eigenschaften verfügen: Sie haben, wie die Umlaufmünzen, einen eingeprägten Nennwert, aber auch zugleich einen Metall‑ oder Verkehrswert. Ein gutes Beispiel für eine solche Sammlermünze ist die goldene 100-Euro Wiener Philharmoniker Münze, die in Europa zu einem der beliebtesten Sammler- und Anlageobjekte zählt.

Abbildung 7: Wiener Philharmoniker 1 Unze Feingold

Die Münze ist nach dem österreichischen Scheidenmünzengesetz in Österreich gesetzliches Zahlungsmittel in Höhe des Nennwertes von 100 Euro.46 Die Münze hat die Größe von 1 Unze, ein Gewicht von 31,1g, einen Feingehalt von 99,9 % puren Goldes und einen Verkehrswert von gegenwärtig ca. 1120 Euro. Ein jeder kann damit theoretisch in Österreich eine Supermarktrechnung in Höhe von 98,80 Euro bezahlen und ein Wechselgeld in Höhe von 1,20 Euro erhalten. Natürlich wird kaum jemand dies tun, auch ist unklar, ob der Kassierer die Münze überhaupt akzeptieren würde, er wäre freilich gut beraten, dies zu tun. Dieses Beispiel verdeutlicht aber, wie fundamental unterschiedlich ein Zahlungsvorgang ausfallen kann. Er kann nach dem Nennwert erfolgen oder nach dem Verkehrswert. Indem in einer Rechts- und Wirtschaftsordnung auf den aufgeprägten Nennwert abgestellt wird, wird genau das getan, was Paulus beschreibt: Die zahlenmäßige Repräsentation des Wertes in Währungseinheiten, die Menge (ex quantitate), und nicht der Wert des Stoffs (ex substantia) ist maßgeblich. Ware wird nicht für Ware ausgetauscht, sondern die Ware wird durch einen in Geld zu erfüllenden Preis ersetzt. Würden sich die Parteien im Supermarkt auf einen Tausch einigen, so wäre dies in der bereits eingeführten Unterscheidung ein naiver Tausch (oben § 5 I.), da der die Goldmünze Eintauschende unbedingt die Supermarktrechnung bezahlen möchte, obwohl die Goldmünze „viel zu viel“ 45 Die Umlaufmünzen verfügen über gesetzlich vorgegebene Größen, Gewichte und metallurgische Zusammensetzungen (vgl. Art. 1 VO (EG) Nr. 975/98) und damit auch über einen Metall- oder Sachwert, dieser wird aber bei der Nutzung als nominelles Zahlungsmittel vernachlässigt. 46 § 8 Abs. 3 Nr. 3 öScheidemünzengesetz.

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wert ist. Der rational-wirtschaftliche Tausch würde nicht stattfinden, da der die Goldmünze Eintauschende das „Agio“ von 1021,10 Euro sicherlich nicht aufwenden möchte oder der Kassierer kein entsprechendes Rückgeld auszahlen wollen würde. Die theoretische Grundlage der unterschiedlichen Verwendung der Geldmünze als nominales gesetzliches Zahlungsmittel (legal tender) einerseits sowie aufgrund des Verkehrswertes anderseits – diesen alltäglichen und scheinbar einfachen Vorgang zu erklären und rechtlich einzuordnen, ist alles andere als simpel. Der Unterschied besteht zunächst in der bereits kurz skizzierten Weiterentwicklung vom Tausch, der auf einem quantitativen Tauschverhältnis beruht, hin zu einem auf Geldpreisen beruhenden Kauf. Nun könnte man entgegensetzen, dass auch der Kauf ein Tausch bleibt, da auch hier zwei Gegenstände ausgetauscht werden, Waren und Geld, die jeweils einen schwankenden Wert haben und die dann wiederum nur in einem quantitativen Tauschverhältnis zueinander stehen können, dass also dem fluktuierenden Warenpreis ein fluktuierender Geldpreis entgegensteht. Wenn man diesen Gedanken weiterverfolgt, muss man fragen, ob der Preis fix ist oder schwanken kann und der Käufer nicht sogar möglicherweise mehr als hundert zahlen muss. Damit sind die geldtheoretischen Konzepte des Nominalismus und des Valorismus angesprochen. b. Nominalismus und Valorismus Nach dem Prinzip des Nominalismus wird der Wert einer Geldschuld nach den Rechnungseinheiten der jeweiligen Währung bemessen, vertraglich fixiert und erfüllt.47 So werden in Deutschland Preise im Dezimalwährungssystem48 des Euros49 und der Untereinheiten der Centbeträge ausgedrückt und durch die Übereignung einer entsprechenden Summe von Währungszeichen oder der vertragsgemäßen Überweisung von Buchgeld erfüllt.50 Geldwertveränderungen  – I­nflation und Deflation – haben keine Auswirkungen auf die vertragliche, summenmäßige Fixierung des Geldbetrags. Nach dem Grundsatz des Nominalismus ist also der Preis beim Kaufvertrag fix. Diese einfache, aber grundlegende Funktionsweise des Nominalismus wird mit der Formel „Mark = Mark“ bzw. „Euro = Euro“ zusammengefasst. Demgegenüber wollten die Vertreter des Valorismus aus der Zeit der Hyperinflation den Wert einer Geldschuld abhängig von der Kaufkraft des 47  Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 90; Martin Wolff, Das Geld, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR IV/I., § 50 I. 3. (= S. 637). 48 Zur historischen Durchsetzung dezimaler Währungseinteilungen vgl. Karl Helfferich, Das Geld6, S. 424. 49  Vgl. Art. 2 VO (EG) Nr. 974/98: „Ab 1. Januar 1999 ist die Währung der teilnehmenden Mitgliedstaaten der Euro. Die Währungseinheit ist ein Euro. Ein Euro ist in 100 Cent unterteilt.“; zum Währungsrecht des Euros vgl. Stefan Grundmann, in: MünchKomm-BGB8, § 245 Rn. 35 ff. und Charles Proctor, Mann on the Legal Aspect of Money7, Rn. 29.01 ff. 50 Vgl. Stefan Grundmann, in: MünchKomm-BGB8, § 245 Rn. 111.

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Geldes und damit dynamisch bestimmen.51 Eine solche dynamische, also automatische, Anpassung hat sich nicht durchsetzen können, da, wie Frederick Alexander Mann52 zusammenfasst, keine klare Identifikation der endogenen und exogenen Faktoren von Geldwertveränderungen möglich sei, ja eine getrennte Erfassung heutzutage von den ökonomischen Autoren nicht einmal mehr reflektiert wird und zudem keine Methode existiert, mit deren Hilfe Juristen verlässlich die Höhe der Geldwertveränderung bestimmen könnten. Alles in allem ist die Geltung des Nominalismus in unserer heutigen Wirtschafts‑ und Rechtsordnung des Fiatgeldes53 unstreitig. Es hat sich dabei in der Literatur eine Anschauung durchgesetzt, der zufolge zwischen dem technischen Nominalismus des Geldes oder, wie auch gesagt wird, dem geldtheoretischen Nominalismus einerseits und dem Nominalismus im Recht der Geldschuld oder dem schuldrechtlichen Nominalismus anderseits unterschieden werden soll.54 Der technische Nominalismus des Geldes besagt, dass der Wert des Geldes durch den aufgedruckten beziehungsweise aufgeprägten Nennwert auf dem jeweiligen Geldzeichen bestimmt wird und nicht etwa durch den Metallwert. Demgegenüber soll der schuldrechtliche Grundsatz des Nominalismus aussagen, dass bei sog. Geldsummenschulden der Schuldinhalt durch die vereinbarte Summe bestimmt wird und Geldwertveränderungen keinen Einfluss auf den Umfang haben. Gestritten wird dabei, ob sich der schuldrechtliche Nominalismus auf ungeschriebenes Recht oder auf den Willen der Vertragsparteien zurückführen lässt.55 Vor dem Hintergrund der Geltung des technischen Nominalismus soll 51 Vgl. mit teils sehr unterschiedlicher Akzentsetzung: Felix Eckstein, Geldschuld und Geldwert, 1932; Hugo Kress, SchuldR, § 13 2. a) (= S. 228); Oscar Mügel, Gesetzliche Maßnahmen aus Anlaß der Geldentwertung, Die Goldmark als Rechnungswert, JW 1921, 1269 ff.; siehe ferner auch James Goldschmidt, Die Aufwertungskrise, 1926 (der noch stark von Gedanken einer Goldwährung ausgeht und das geldrechtliche System des Nominalismus hart kritisiert). Eine gute, knappe Umschreibung der Gegensätze findet sich in BFHE 89, 422, 434, wenn dort beschrieben wird, „daß bei Geldschuldverhältnissen der Nennwert maßgeblich ist. Den Gegensatz bildet der sogenannte Valorismus, der auf den Kurswert oder Verkehrswert, insbesondere den Kaufkraftwert des Geldes, abstellt.“. 52  Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 88 ff. 53 Zur Bedeutung und historischen Epoche der Einführung des Fiatgeldes vgl. oben bei Fn. II 40. 54  Vgl. Karsten Schmidt, Die Rechtspflichten des Staates zur Stabilitätspolitik und der privatrechtliche Nominalismus, FS 125 Jahre Juristische Gesellschaft zu Berlin, S. 665, 678; ders., in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. D 23 ff.; Hugo J. Hahn, Währungsrecht, § 6 Rn. 1; Bernd von Maydell, Geldschuld und Geldwert, S. 59 ff.; Gunter Ertl, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung, S.  20 ff.; Helmut Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, S. 70 ff.; Sebastian Omlor, Geldprivatrecht, S. 266 ff.; es wird auch teilweise noch zusätzlich ein „funktionaler Nominalismus“ (Omlor, a. a. O., S. 271 m. w. N.) unterschieden, ein Sammelbegriff, unter dem währungspolitische und makroökonomische Fragestellungen, insbesondere der Stabilitätspolitik, behandelt werden (dazu etwa Dieter Reuter, Nominalprinzip und Geldentwertung, ZHR 137 (1974), 482 ff.), die aber außerhalb des hier zu behandelnden Untersuchungsgegenstands liegen. 55 Dazu Karsten Schmidt, in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. D 31; Helmut Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, S. 73 ff.

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sowohl ein nominalistisches wie auch ein valoristisches Verständnis der Geldschuld denkbar sein.56 Die Wirkung des technischen Nominalismus wird in der technischen Erleichterung von Zahlungsvorgängen gesehen.57 Anders als bei Metallwährungen, also den in der Knappschen58 Terminologie pensatorischen Währungen (lat. penso = abwiegen), muss nicht mehr abgewogen werden, sondern aufgrund des Nennwertes nur noch abgezählt werden.59 Nach Arthur Nußbaum60 bedeutet „die Nominalität […] die vollkommenste technische Entwicklung der Tauschmitteleigenschaft. Kraft der Nominalität ist der Empfänger des Geldes davon befreit, die körperlichen Eigenschaften der Geldsache nachzuprüfen, abgesehen von der Echtheit […]; er hält sich an die Zahl, alles andere ist für ihn ohne Belang, weshalb bezeichnenderweise nicht von der Geldmenge, sondern von der Geldsumme gesprochen wird“.

Der schuldrechtliche Nominalismus wiederum soll Rechtssicherheit herbeiführen, während, wie etwa Gunter Ertl61 dies mit bedeutungsschwangeren Worten umschreibt, mit dem Valorismus Rechtswahrheit verbunden sei. Die Leistungsfähigkeit dieser Unterscheidung und ihre Begründung darf nicht überschätzt werden. Sie sagt im Grunde nichts anderes, als dass zwischen der durch eine Währung vorgegebenen Rechnungseinheit und den schuldrechtlichen Gestaltungsvarianten privater Parteien im Recht der Geldschulden zu unterscheiden ist. Problematisch ist die Unterscheidung, da zwischen den Wirkungen des technischen Nominalismus des Geldes und den darauf aufbauenden Gestaltungsmöglichkeiten eine künstliche Trennung herbeigeführt wird und insbesondere die Gestaltung und grundsätzliche Wirkung valoristischer Geldschuldkonzepte im Unklaren gelassen wird. Sie überzeugt meiner Ansicht nach nicht, da der technische Nominalismus und der schuldrechtliche Nominalismus in einer unzertrennlichen Wirkungsbeziehung stehen und valoristische Ideen nur in begrenztem Maße denkbar und durchführbar sind.62 56 So Karsten Schmidt, in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. D 28; Hugo J. Hahn, Währungsrecht, § 6 Rn. 2. 57  Statt vieler Karsten Schmidt, in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. D 24 m. w. N. 58 Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes3, S. 23. 59 Hugo J. Hahn, Währungsrecht, § 6 Rn. 1; Karsten Schmidt, in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. D 25; siehe auch zuvor Felix Eckstein, Geldschuld und Geldwert, S. 12 und Georg Friedrich Knapp, in: HdWbStW3, Stichwort „Geldtheorie, staatliche“, Band IV., S. 610, 612; vgl. auch Gustav Schmoller, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre II., § 163 (= S. 647): „In bezug auf die Metalle, die Edelsteine, die Pakete Tee oder Tabak konnte man, sobald Wage und Gewicht vorhanden war, Gewicht und Menge immer feststellen; man zahlte also mit der Wage in der Hand, sofern es sich um Kupfer-, Bronze-, Silberstücke oder solche Pakete handelte.“. 60  Das Geld, S. 11 f. (Hervorh. wie im Original). 61 Gunter Ertl, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung, S. 21. 62  Im Grunde genommen sagt dies auch Karsten Schmidt (in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. D 29), wenn er ausführt, dass das „Prinzip der Geldsummenschuld […] Spiegelbild des technischen Nominalismus“ ist.

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Mit dem Übergang vom Abwiegen zum Abzählen wird ein komplett anderes System der rechtlichen und wirtschaftlichen Rationalisierung des Wirtschaftens umgesetzt. Es ist die Wandlung von einer Tauschwirtschaft zu einer auf einer auf dem Nominalismus beruhenden Geldwirtschaft. Wir finden diesen Gedanken klar in der Wirtschaftsgeschichte von Max Weber formuliert, wenn er die Bedeutung des Geldes herausstellt, als „Generalnenner“ zu dienen.63 Denselben Gedanken stellt auch John Maynard Keynes ganz zentral an den Anfang seines 1930 erschienenen Buches A Treatise on Money. Er formuliert: „Thus the age of money had succeded to the age of barter as soon as men had adopted a money of account. And the age of chartalist or State money was reached when the State claimed the right to declare what thing should answer as money to the current money of account […]. To-day all civilised money is, beyond the possibility of dispute, chartalist.“64

Nur mit durch eine staatliche Währung vorgegebenen Rechnungseinheiten (money of account) sind Preise denkbar und kann der Gesetzgeber in einzelnen Normen Geldsummen quantifizieren. Auch in der neueren ökonomischen Literatur sind diese Gedanken wiederzufinden, indem auf die Funktion des Geldes, als Schuldmaßstab (standard of deferred payments) zu dienen, hingewiesen wird: „Bei allen Geldschuldverträgen bedarf es einer intertemporalen Rechnungseinheit, um den zum Rückzahlungszeitpunkt geschuldeten Betrag nominell fixieren zu können.“65 Auf der Grundlage dieser Feststellungen lassen sich die folgenden Fragen beantworten: Kann es überhaupt einen von einer Rechtsordnung vorgegebenen, rechtlich bindenden geldrechtlichen Standard geben? Welche Grundannahmen müssen getroffen werden, damit ein solches System funktioniert? Welche valoristischen Elemente sind im Recht der Geldschuld überhaupt denkbar, welche zudem praktikabel? Und schließlich: Was hat der Nominalismus mit dem Kauf und damit der klassischen Grundform des Austauschvertrages zu tun? c. Die Festlegung einer geldrechtlichen Rechnungseinheit Seit dem radikalen Wechsel von einer metallischen beziehungsweise bimetallischen Währung zum heutigen System des Fiatgelds bleiben die stets umkämpften Fragen, ob das Geld überhaupt „abstraktes Wertmaß“ sein kann, wie man mit dem Phänomen der Inflation und Deflation umgeht und in welcher Form das Geld als „abstrakte Vermögensmacht“ verkörpert und übertragen werden kann.66 Für Autoren, die von der Vorstellung geprägt sind, Geld könne 63 Max

Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 5 = MWG III/6, S. 85.  John Maynard Keynes, A Treatise on Money, S. 4 (Hervorh. im Original); dazu auch L. Randall Wray, From the State Theory of Money to Modern Money: An Alternative to Economic Orthodoxy, in: Money in the Western Legal Tradition, S. 631, 640 ff. 65  Peter Bofinger, Julian Reischele & Andrea Schächter, Geldpolitik, S. 464. 66  So die zweifache Funktionsbestimmung des Geldes nach Friedrich Carl von Savigny, Obligationenrecht I., S. 405 f. 64

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nur als Zahlungsmittel fungieren, wenn es über einen intrinsischen Wert verfügt, muss die Idee, dass durch Geld, genauer: die Rechnungseinheiten einer Währung, ein Wertmaßstab vorgegeben wird, als undenkbar erscheinen. So sollen etwa nach Gustav Hartmann nur die Anforderungen an die Substanz des Geldes von der Rechtsordnung vorgegeben werden, da andernfalls der Münzherr über den Wert dekretieren würde und nicht der Verkehr.67 „[D]er Begriff des Werthmaßstabs [kann] ein juristisches Moment von selbstständiger Bedeutung und Brauchbarkeit nicht [enthalten]“68. Auch Savigny, obwohl er das Geld als „absoluten Werthmaßstab“ bezeichnet, verneint letztendlich die Wertmaßstabsfunktion des Geldes, indem er Geldschulden nicht nach dem Nennwert, sondern nach dem Kurswert des Geldes bemessen will.69 Der bereits erwähnte Volkswirt Karl Diehl hält noch 1927, vor dem Hintergrund, dass er den Geldwert nach dem Goldwert bestimmt, „die Bezeichnung des Geldes als Wertmaßstab für falsch und irreführend“70. Auf dem anderen Ende des Meinungsspektrums befindet sich Georg Friedrich Knapp, für den die Funktion des Wertmaßstabs alles ist, indem der Staat die Wertskala und die „chartalen“ Zahlungsmittel vorgibt.71 „Die Nominalität der Werteinheit wird […] vom Staat geschaffen, in seiner Eigenschaft als Hüter und Pfleger der Rechtsordnung; […].“72 Ganz in diesem Sinne wird auch in Art. 74 Nr. 4 GG dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz nicht nur hinsichtlich der Maße, Gewichte und der Zeitbestimmung, sondern auch für das Währungs-, Geld-, und Münzwesen eingeräumt.73 Knapp ist vorgeworfen worden, dass er die Funktionsweise des Geldes als Werteinheit überspanne und das Problem der Inflation und Hyperinflation schlicht ignoriere.74 Damit wird man jedoch der Bedeutung Knapps als Wegbereiter des Verständnisses der Funktionsweise moderner Währungssysteme

67  So Gustav Hartmann, Ueber den rechtlichen Begriff des Geldes, S. 6; dagegen zu Recht Levin Goldschmidt, Zur Rechtstheorie des Geldes, ZHR 13 (1869), 367, 370–373. 68 Gustav Hartmann, Ueber den rechtlichen Begriff des Geldes, S. 6. 69  Friedrich Carl von Savigny, Obligationenrecht I., S. 404 ff.; zur Geldlehre Savignys vgl. Hans Kiefner, Geld und Geldschulden in der Privatrechtsdogmatik des 19. Jahrhunderts, in: Wissenschaft und Kodifikation des PrivatR im 19. Jh. V., S. 27 ff. 70  Karl Diehl, Theoretische Nationalökonomie III., 2. Kapitel § 8 (= S. 255); vgl. auch dessen Würdigung der Knappschen Lehre in: Eine neue Theorie des Geldes, Bank-Archiv 5 (1906), 241 ff. 71  Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes3, S. 1: „Das Geld ist ein Geschöpf der Rechtsordnung […]“; vgl. auch dens., in: HdWbStW3, Stichwort „Geldtheorie, staatliche“, Band IV., S. 610 ff. 72  Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes3, S. 31. 73  Christoph Hermann, Währungshoheit, Währungsverfassung und subjektive Rechte, S. 77; zur europarechtlichen Überlagerung des Art. 73 Nr. 4 GG vgl. Arnd Uhle, in: Maunz/Dürig79, Art. 73 Rn. 84. 74  Vgl. Karsten Schmidt, Die „Staatliche Theorie des Geldes“: Jahrhundertwerk oder Makulatur?, FS H. J.  Hahn, S.  81 ff.; ders., FS 125 Jahre Juristische Gesellschaft zu Berlin, S. 665, 680 f. jeweils m. w. N.

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nicht gerecht.75 Die Bedeutung der Arbeit Knapps liegt darin, dass er die Aufmerksamkeit weg von einer antiquierten Metall-Fixiertheit hin zur Bedeutung nomineller Wertskalen modernen Fiatgeldes gerichtet hat. Es wird durch die Rechnungseinheiten einer Währung nicht der Wert76 vorgegeben, dies wäre Planwirtschaft77, sondern lediglich die Wertskala für die Fixierung von Summen im Privatrechtsverkehr. Nur auf der Grundlage feststehendender Rechnungseinheiten können Preise, oder genereller Forderungen und Schulden, fixiert werden und kann auch der Gesetzgeber Geldsummen in Rechtsnormen fixieren. Was ist aber die Grundvoraussetzung dafür, dass Preise oder schlicht Ziffern vertraglich fixiert oder vom Gesetzgeber in Normtexten festgelegt werden können? Der Grund liegt in einem geldrechtlichen Paradox: Nur wenn die Geldwertveränderlichkeit im Ausgangspunkt kategorisch ausgeschlossen wird, wenn als der Grundsatz Euro = Euro gilt, kann die Wertmaßstabfunktion des Geldes, so wie wir sie gewohnt sind, in einer Rechts‑ und Wirtschaftsordnung funktionieren. Dies zeigt sich, wenn wir uns für einen kurzen Moment theoretisch vorstellen, welche Wirkung ein autovaloristisches Währungssystem hätte, wenn also sämtliche Geldziffern fortlaufend an einen fluktuierenden Index angepasst würden.78 Theoretisch muss man sagen, da, wie bereits angeführt wurde, wir über kein gesichertes Verfahren verfügen, mit dessen Hilfe verlässlich die Höhe der Geldwertentwertung gemessen werden kann.79 In einem solchen System würde viel Streit und Unsicherheit existieren, da fixe Preise nicht mehr möglich wären.80 Die Parteien könnten in einem Vertrag einen Betrag festlegen, der jedoch fortlaufend bis zur Erfüllung „aktualisiert“ würde. Ein standard of deferred pay‑ ments, eine „intertemporale Rechnungseinheit“81, wäre nicht mehr existent. Freilich wären die Folgen bei sofort zu erfüllenden Bargeschäften weniger zu spüren. Aber bereits bei einem Geschäft, bei dem die Erfüllung zeitlich aufgeschoben ist, wie etwa einem Forward, wäre mit den Effekten zu rechnen und in jedem Fall wären solche Effekte bei den Dauerschuldverhältnissen sichtbar. Würde man einen autovaloristischen Faktor zulassen, so würde ein nur schwer handhabbarer dynamischer Faktor in die Rechts‑ und Wirtschaftsordnung hineingetragen werden. All diesen praktischen Problemen kann man nur entgehen, wenn man auf einen nominalen Wert abstellt. Erst der Nominalismus ermöglicht die rechtssichere Kalkulierbarkeit und Definierbarkeit des Privatrechtsverkehrs.  Zur Wirkung Knapps siehe Kurt Singer, in: Zur Staatlichen Theorie des Geldes, S. 223 ff.  Vgl. dazu oben Fn. II 67. 77 Dazu bereits oben § 3 II. 78  Siehe hierzu auch Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 87 ff. 79  Vgl. oben bei Fn. II 52. 80 Vgl. auch Dieter Reuter, ZHR 137 (1974), 482, 493: „Seine Aufgabe [sc. des Nominalprinzips] würde ganz unvermeidlich zu ständigen Streitigkeiten über das Ausmaß der zwischenzeitigen Geldentwertung, den maßgeblichen Entwertungsindex etc. führen.“. 81 Peter Bofinger, Julian Reischele & Andrea Schächter, Geldpolitik, S. 464. 75 76

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Dies bedeutet freilich nicht, dass unsere Privatrechtsordnung blind ist für den Kaufkraftschwund. Etwaige Vorsorgen werden aber den Parteien überlassen, indem Geldentwertungseffekte etwa bereits in der Preisbestimmung berücksichtigt werden oder Preisanpassungsklauseln, soweit sie zulässig sind, vereinbart werden.82 Auch wird überwiegend davon ausgegangen, dass durch den Verzugsschaden etwaige Inflationseffekte abgegolten werden.83 Aus den Hyperinflationsphasen sind keine gegenteiligen Schlüsse oder auch nur Anhaltspunkte zu ziehen, da es sich hierbei um Zeiten handelt, in denen die Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems in Frage steht und nur der massiv regulatorisch eingreifende Staat dem Währungsverfall entgegenwirken kann.84 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Fragestellungen nur bei Geldsummenschulden stellen, während bei Geldwertschulden Geldwertveränderungen automatisch berücksichtigt werden, da wie etwa im allgemeinen Schadensrecht die Schadensersatzsumme nach dem Zeitpunkt und Preisniveau der Schadenswiederherstellung bestimmt wird.85 d. Das nominalistische Fundament des Kaufs Welche Bedeutung haben die Ausführungen zur Bedeutung des Nominalismus für den Kaufvertrag? Der Nominalismus ist die rechtskonstruktive Grundlage für die Festlegung von Preisen und die Voraussetzung, die conditio sine qua non, für die Entstehung des Kaufs. Erst durch den Nominalismus ist man in der Lage zwischen merx und pretium zu unterscheiden. Mit anderen Worten: Ohne Nominalismus kein Kauf. Dieser Ansatz ist auch die Erklärung, warum es ins Schwarze trifft, wie zu Anfang dieses Abschnitts angeführt wurde (oben § 5 a.E.), zu formulieren, dass erst durch das Geld der Kauf „möglich“ wird.86 Wäre man bei Zahlvorgängen stets auf das Abwägen angewiesen, so könnte in einem solchen System nur der Tausch existieren. Festgelegt wäre auf der einen Seite eine Ware X und auf der anderen Seite ein Quantum Edelmetall. In diesem Fall besteht nur ein quantitatives Tauschverhältnis: Ware X gegen eine Quantität Edelmetall. Erst die Umrechnung des Quantums Edelmetall ermöglicht eine wirtschaftliche Bewertung des Austauschvorgangs. Vertraglich fixiert bleiben aber nur die beiden gegenseitig auszutauschenden Wertmengen. Beim Kauf hin Zu den Einzelheiten: Stefan Grundmann, in: MünchKomm-BGB8, § 245 Rn. 68 ff.  Dazu Wolfgang Grunsky, Verzugsschaden und Geldentwertung, GS Bruns, S. 19 ff.; Hein‑ rich Honsell, Der Verzugsschaden bei der Geldschuld, FS Hermann Lange, S. 509 ff.; Karsten Schmidt, in: Staudinger1997, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rn. D 344. 84  Dazu Werner Flume, AT II.4, § 26 6 a) (=  S. 518 ff.); Frederick Alexander Mann, Geldentwertung und Recht, NJW 1974, 1297; zur Hyperinflation vgl. die Nachw. oben Fn. II 35. 85  Vgl. hierzu allg. Frederick Alexander Mann, NJW 1974, 1297 f. und speziell bezogen auf das Schadensrecht Johannes W. Flume, in: BeckOK47Ed., § 249 Rn. 409 ff. (zur geldrechtlichen Behandlung) und Rn. 413 ff. (zur Erfüllung und Zeitpunkt der Schadensbemessung). 86  Vgl. oben § 5 a.E. m. Fn. II 10. 82 83

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gegen wird der Preis, der interpersonale Austauschwert zwischen den Vertragspartnern, in einer für ein Währungsgebiet maßgeblichen Wertskala festgelegt und damit zu einer Summe. Damit ist zugleich gesagt, dass die Vorstellung, dass in einer metallischen Währung aufgrund des Metallwertes und nicht des aufgeprägten nominellen Wertes ein Kauf durchgeführt werden könnte, schlicht falsch und nicht durchführbar ist. Nominalismus bedeutet die Loslösung vom Stoffwert, den es beim Fiatgeld ohnehin nicht mehr gibt. Wirtschaftliches Handeln wird ausschließlich auf der Grundlage der durch die Rechnungseinheiten einer Währung vorgegebenen Rechnungseinheiten durchgeführt. Zurzeit bedeutet dabei Währung staatliche Währung. Demgegenüber können Bitcoins nach der überwiegenden Auffassung die Funktion nicht übernehmen, da sie nur ein Tauschmittel und einen Rohstoff darstellen und rechtlich mit ihnen nur Tausch und nicht Kaufvorgänge abgebildet werden können.87 Die Feststellung, dass der Kauf nur in Verbindung mit dem Nominalismus denkbar ist, hilft in zweierlei Hinsicht. Die Festlegung des Preises in den Rechnungseinheiten einer Währung ermöglicht erst die Bewertung und Bepreisung des Kaufgegenstands. Die Parteien können sich auf den Wert des Warenpreises konzentrieren und müssen nicht den Wert zweier Waren im Auge behalten. Wie noch sogleich zu zeigen sein wird, ist das auch ein ganz wesentlicher Aspekt, der im Rahmen der Bezifferung des Schadensersatzes statt der Leistung relevant werden wird, wenn es nämlich darum gehen wird, die Bedeutung der Bildung der sog. Marktpreisdifferenz, die Differenz zwischen Kaufpreis und Marktpreis, zu bestimmen.88 Ferner werden mit der Fixierung der Summe, also der Festlegung des Kaufpreises, die im Rahmen der Erfüllung aufzubringenden Finanzmittel abstrakt bestimmt, an die gerade im Zeitalter des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und den unterschiedlichen „Erfüllungsinstrumenten“89 angedockt werden kann. Zu erfüllen ist der Kaufpreis in Form des „harten“ mit Annahmezwang ausgestatteten Währungsgelds90 oder kraft Parteiabrede in Form von Buchgeld.91

87 Das kann hier nicht weiter vertieft werden, vgl. Katja Langenbucher, Digitales Finanzwesen – vom Bargeld zu virtuellen Währungen, AcP 218 (2018), 385 ff.; Sebastian Omlor, Geld und Währung als Digitalisate, JZ 2017, 754, 760; a.A. Benjamin Beck & Dominik König, Bitcoin: Der Versuch einer vertragstypologischen Einordnung von kryptographischen Geld, JZ 2015, 130, 137 jeweils m. w. N. 88  Dazu unter § 8. 89 Stefan Grundmann, in: MünchKomm-BGB8, § 245 Rn. 110. 90  Erhellend hierzu weiterhin Martin Wolff, Das Geld, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR IV/I., § 50 I. 3. (= S. 637): „Die Verpflichtung geht daher auf die Übereignung solcher Sachen, die zur Zeit der Übereignung Geld sind, und so vieler derartiger Sachen, daß die in ihnen verbrieften Rechnungsgrößen nach ihrem Nennwert zusammen die geschuldete Geldsumme betragen.“ (Hervorh. wie im Original). 91 Stefan Grundmann, in: MünchKomm-BGB8, § 245 Rn. 50, 111; abweichend Sebastian Omlor, in: Staudinger2016, Vorbem. zu §§ 244–248 Rn. B80 ff.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessungdes naturalen kaufvertraglichen Leistungsaustausches „Die Interessenlage ist bei den gegenseitigen Verträgen dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Leistungsverpflichtungen in einem Kausalzusammenhang, einem Austauschzusammenhang stehen, daß die Leistung des einen Teils das Entgelt für die Leistung des anderen bildet. Jeder der Kontrahenten will selbst nur leisten, um die Leistung des Gegners zu erhalten. ‚Do, ut des.‘ Durch das Opfer, das seine Leistung ihm auferlegt, bezweckt er den Erfolg, daß ihm die Gegenleistung zuteil wird.“92

In diesem Sinne umschreibt Philipp Heck das Aufeinanderbezogensein von Leistung und Gegenleistung bei den Austauschverträgen. Welche Rolle spielt dabei aber der wirtschaftliche Wert von Leistung und Gegenleistung? Beim Kauf kann man die Frage dahingehend formulieren, welche wirtschaftliche Wirkung der Festlegung des Kaufpreises im Zuge des Leistungsaustausches zukommt, oder kürzer: was der Kaufpreis eigentlich aussagt. Denkbar sind zwei Bedeutungsinhalte: Der Kaufpreis kann als Wert des Habenwollens beschrieben werden. Ich gebe 10 (Käuferperspektive) oder ich nehme 10 (Verkäuferperspektive), damit ich einen Gegenstand erwerbe (Käuferperspektive) beziehungsweise 10 einnehme (Verkäuferperspektive). Der Preis ist hier der Wert, der für die Herbeiführung der Eigentumsübertragung, also für das Abgeben und Erwerben, vereinbart wird. Nicht notwendigerweise muss hiermit die naive Vorstellung verbunden sein, dass der Kaufgegenstand auch den Preis wert ist, dass also Kaufpreis = Wert ist. Vielmehr kann das Habenwollen auf ganz unterschiedlichen subjektiven Motivationen beruhen, die gänzlich entkoppelt sind von der Einschätzung des allgemeinen Preisniveaus der Kaufsache. Der Kaufpreis ist aber zudem eine Bewertungsziffer für die Güte des Vertragsabschlusses. Der Kaufpreis kann relativ zu einem Markt‑ oder Schätzpreis in ein Verhältnis gesetzt werden, so wie es von Marktteilnehmern billionenfach tagtäglich praktiziert wird. Dieses Verhältnis sagt uns, welche der Parteien, der Verkäufer oder der Käufer, relativ zum Marktpreis ein „gutes“ oder „schlechtes“ Geschäft gemacht hat. Es sagt uns, ob der Verkäufer relativ zum Angebot am Markt zu „günstig“ oder zu „teuer“ verkauft hat, oder ob der Käufer relativ zum Markt zu „günstig“ oder zu „teuer“ eingekauft hat. Oder er sagt uns, wenn der Kaufpreis dem Marktpreis entspricht, dass sich ein Aktiventausch vollzogen 92 Philipp

Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 42 2. (= S. 126).

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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hat. Rein logisch sind die Parteien eines Kaufvertrages also mit den bereits zu Anfang des zweiten Teils angeführten drei möglichen Grundkonstellationen konfrontiert: Der Kaufpreis kann unter dem Marktpreis liegen (1), er kann dem Marktpreis entsprechen (2) oder er kann über diesem liegen (3). Kommt dieser wirtschaftlichen Bewertung aber auch rechtliche Bedeutung zu? Sie spielt bislang in der juristischen Bewertung von Kaufverträgen eine sehr untergeordnete, unbedeutende Rolle. Einzig in Form des sogenannten Äquivalenzprinzips  – dessen Inhalt und Bedeutung ganz unterschiedlich bestimmt wird und dessen Geltung insgesamt aber auch vollständig abgelehnt wird – wird die Frage diskutiert, inwieweit die Vorstellung der Parteien darauf bezogen ist, dass Leistung und Gegenleistung gleichwertig, also äquivalent, sind. Inwieweit dem Äquivalenzgedanken irgendein Nutzen abzugewinnen ist, wird sogleich zu behandeln sein (unter § 6 I.). Neben den vielfältigen Überlegungen zum Äquivalenzprinzip hat die Zivilrechtswissenschaft es weitgehend vernachlässigt, der Frage nachzugehen, in welchem Verhältnis und Wirkung die (vertragliche) Preisfestsetzung sowie die Festlegung der Leistungszeit zu den etwaigen wirtschaftlichen Ergebnissen nach der Erfüllung stehen. Es werden zwar allgemeine Erwägungen zur Risikozuweisung infolge der Aufteilung von Vertragspflichten zwischen den Parteien festgehalten93, gerade in der kaufrechtlichen Literatur wird aber  – soweit gesehen  – nicht behandelt, welche Bedeutung der vertraglichen Festlegung von Preis und Leistungszeit im Umfeld volatiler Marktwerte zukommt. Das ist erstaunlich, da der Kaufvertrag ein Hauptinstrument ist, um über den Kaufpreis und die Bestimmung der Leistungszeit Preisrisiken zu begegnen (sogleich unter § 6 II. 2.). Zudem lassen sich die vermögensmäßigen Effekte, die sich infolge der Durchführung des Kaufvertrages ergeben, nur unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen dem vertraglich festgelegten Kaufpreis und dem Marktpreis des Kaufgegenstands im Zeitpunkt der Erfüllung beschreiben. Der Kaufvertrag ist nämlich ein Marktaustausch. Dies bedeutet, dass sich zwar der Leistungsaustausch nach den im Kaufvertrag festgelegten Primärleistungspflichten – also Kaufgegenstand und Kaufpreis – vollzieht, das wirtschaftliche Ergebnis des naturalen Leistungsaustausches und damit auch insgesamt die Charakterisierung der Bindungswirkung des Kaufs lässt sich allerdings nur relativ zum Markt‑ oder Schätzpreis exakt beziffern. Wird etwa ein Gegenstand X zum Preis von 10 verkauft und hat dieser Gegenstand im Zeitpunkt der Erfüllung einen Wert von „nur“ 8, so vollzieht sich infolge der Durchführung des kaufvertraglichen Leistungsaustausches ein Werttransfer von 2 vom Käufer zum Verkäufer. 93 Vgl. Werner Flume, AT II.4, § 26 5. (= S. 508); Franz Wieacker, Gemeinschaftlicher Irrtum Vertragspartner und Clausula rebus sic stantibus, FS Wilburg, S. 229, 250; Ingo Koller, Das Risiko bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 211 ff.; Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 253 ff.; speziell zu § 313 vgl. Thomas Finkenauer, in: MünchKomm-BGB7, § 313 Rn. 59 ff.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

I. Äquivalenz? Äquivalenz bedeutet Gleichwertigkeit. Mit dem Äquivalenzgedanken hat man versucht, der inhaltlichen Bewertung von Vertragsverhältnissen näher zu kommen und damit ein „materiales Ordnungsprinzip“94 oder die Grundlage einer „Wiederkehr der Vertragsgerechtigkeit“95 zu beschreiben.96 Der Grundgedanke besteht darin, dass die Leistung für die Gegenleistung erbracht wird, und die Parteien dabei danach trachten werden, die Werte der gegenseitigen Leistungen aneinander anzugleichen.97 Franz Wieacker drückt dies etwa folgendermaßen aus: „Daß man im wirtschaftlich rechnenden Leistungsaustausch die eigene Leistung vernünftigerweise nur als Gegenopfer für eine materiell gleichwertige Gegenleistung einsetzt, ist der einzige über die einseitige Interessenverfolgung der Parteien hinausgehende gemeinschaftliche Zweck, über den allgemeine Übereinstimmung besteht“98. Nach Karl Larenz soll „dem gegenseitigen Vertrage die Idee eines Ausgleichs, eines Gleichgewichts, einer ‚gerechten‘ Abwägung immanent“99 sein. Der effektive, praktische Nutzen des Äquivalenzgedankens ist aber wesentlich begrenzter, als es auf Anhieb erscheinen mag. Einen Kernaspekt des Äquivalenzgedankens kann man modern dahingehend zusammenfassen, dass rational handelnde, informierte Marktteilnehmer einen Vertrag zu Marktkonditionen abschließen und damit ein „Gleichgewicht“ herstellen werden. Unbeantwortet bleibt jedoch, wie mit dem Umstand umzugehen ist, dass Vertragsparteien oftmals auch anderen Motivationen bei der Preisverhandlung und Preisfestsetzung nachgehen werden,100 und schließlich, wie mit Preisvolatilität im Markt umzugehen ist. Problematisch wird es aber, wenn mit dem Gedanken der Äquivalenz versucht wird, den Parteien eines Vertrages eine subjektive Wertvorstellung der Wertverhältnisse zu unterlegen, die sie nicht haben, oder wenn versucht wird,  94 So

Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 70, 205.  Vgl. Franz Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, S. 103.  96 Vgl. hierzu aus der nur noch schwer zu überschauenden Literatur Wolfgang van den Daele, Probleme des gegenseitigen Vertrages, S. 1 ff. (i. E. ablehnend); Karl Larenz, Richtiges Recht, S.  65 ff.; Joachim Gernhuber, Synallagma und Zession, FS Raiser, S. 62 Fn. 7 (i. E. ablehnend); vgl. den Gedanken auf die Spitze treibend James Gordley, Equality in Exchange, Cal. L. Rev. 69 (1981), 1587 ff.; ferner aus der älteren Literatur Paul Oertmann, Entgeltliche Geschäfte, S. 46 ff.; für eine prägnante Zusammenfassung Bertram Lomfeld, Die Gründe des Vertrages, S. 214 ff.; aus der Kommentarliteratur Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB7, Vor § 320 Rn. 6 m. w. N. (i. E. ablehnend); siehe auch das „Plädoyer für eine ‚entmaterialisierte‘ Vertragsethik“ von Thomas Finkenauer, FS H. P. Westermann, S. 183, 203 ff.  97  Vgl. hierzu etwa Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 205.  98 Franz Wieacker, FS Wilburg, S. 229, 249.  99  Karl Larenz, SchuldR I.14, § 18 I. (= S. 203). 100  Dazu auch Claus-Wilhelm Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, S. 57.  95

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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eine materiellrechtliche Wert‑ oder Preiskontrolle, eine Äquivalenzkontrolle, aufzubauen.101 Bei allen terminologischen Differenzen sollen die Fragen, ob die Parteien eine subjektive Wertvorstellung bilden, und ob es sich hierbei um ein rechtserhebliches Phänomen handelt, unter dem Stichwort der „subjektiven Äquivalenz“ behandelt werden (unter 1.), während die Fragen einer materiellrechtlichen Wert‑ oder Preiskontrolle unter dem Stichwort der „objektiven Äquivalenz“ besprochen werden (unter 2.).102

1. subjektive Äquivalenz Die Unterstellung subjektiver Vorstellungen über den Wert wurde in zwei verschiedenen Varianten vertreten.103 So wurde angenommen, dass die Parteien grundsätzlich davon ausgehen, dass die gegenseitigen Leistungen wertmäßig gleichwertig sind104 oder nach ihrem Nutzwert als gleichwertig eingeschätzt werden105. Dabei handelt es sich um eine empirisch nicht haltbare, naive Fiktion einer Wertvorstellung, die angeblich in einem Vertragsschluss enthalten sein soll.106 Sie ist nicht haltbar, da, wie etwa Joachim Gernhuber formuliert hat, sich der Güteraustausch oft „ohne jedes Äquivalenzempfinden der Parteien“107 voll101 Allgemein hierzu Horst Eidenmüller, ERCL 11 (2015), 220 ff.; Ulrich Hübner, „Der gerechte Preis“, Preisfreiheit und rechtliche Instrumente der Preiskontrolle in der sozialen Marktwirtschaft, FS Steindorff, S. 589 ff. 102 In diesem Sinne auch Joachim Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 13 III. (= S. 319 f.); Paul Oertmann, Entgeltliche Geschäfte, S. 46 f.; für eine abweichende Systematisierung Claus-Wil‑ helm Canaris, Wandlung des Schuldvertragsrechts – Tendenzen zu seiner „Materialisierung“, AcP 200 (2000), 273, 283: „Von subjektiver oder formeller Äquivalenz spricht man üblicherweise dann, wenn die Rechtsordnung als Gegenleistung grundsätzlich anerkennt, was die Vertragsparteien als solche vereinbart haben, von objektiver oder materieller Äquivalenz dagegen dann, wenn sie ihrerseits die Gegenleistung unabhängig vom Parteiwillen inhaltlich festlegen“; vgl. auch Bertram Lomfeld, Die Gründe des Vertrages, S. 215. 103  Vgl. nur Wolfgang van den Daele, Probleme des gegenseitigen Vertrages, S. 8–12. 104 Vgl. BGHZ 77, 359, 363 (zum Vorkaufsrecht); BGH NJW 1962, 250, 251 (zum haftpflichtrechtlichen Teilungsabkommen); RGZ 107, 124, 127 (jedoch bezogen auf die Zeiten einer drastischen Geldentwertung (!) und damit kaum verwertbar für „normale“ Zeiten, dazu noch unter Fn. II 129); in RGZ 81, 364, 365 wird, oft jedoch in diesem Zusammenhang angeführt, der Gedanke nicht ausgeführt. Im Palandt ist diese Auffassung, mit leichten Variationen, durch die Auflagen hindurch formuliert, vgl. Bernhard Danckelmann, in: Palandt5, Einf vor § 320 Anm. 1 c) aa), Peter Bassenge, in: Palandt35, Einf v § 320 Anm. 1 c) aa) und Christian Grüneberg, in: Palandt77, Einf v § 320 Rn. 8. 105  BGH NJW 1959, 2203; dazu Wolfgang van den Daele, Probleme des gegenseitigen Vertrages, S. 10 ff. 106 Ablehnend auch die ganz h.L., vgl. Harm Peter Westermann, in: Erman15, Vor § 320 Rn. 7; Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB7, Vor § 320 Rn. 6; Roland Schwarze, in: Staudinger2015, Vorbem. zu §§ 320–322, Rn. 7; Beate Gsell, in: Soergel13, Vor § 320 Rn. 3; Wolfgang van den Daele, Probleme des gegenseitigen Vertrages, S. 10 ff.; Hugo Kress, SchuldR, § 5 2. Fn. 15 (= S. 41). 107  Joachim Gernhuber, Synallagma und Zession, FS Raiser, S. 62 Fn. 7; so auch schon Alfred Werner, Staudinger9, Vorbem. zu § 320 Anm. 4.

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ziehen wird. Oder die Parteien werden sich der Tatsache bewusst sein, dass die (individuelle) Preisfestsetzung stets relativ zu einem allgemeinen und in ständiger Bewegung befindlichen Preisniveau abgeschlossen wird. Grundsätzlich findet gerade keine Einigung statt, dass der Kaufpreis dem Marktpreis entspricht. Es ist ja gerade der Kern einer jeden Preisverhandlung, sich im „Preiskampf“ (Max Weber) zu einigen.108 Einzig wenn die Parteien vereinbaren, dass der Vertragsschluss zum Marktpreis eines Referenzmarktgebietes abgeschlossen wird, wäre eine solche Vorstellung nachweisbar, da sie Gegenstand der Preisvereinbarung würde.109 Wäre hingegen der Satz richtig, dass die Parteien eines Vertrages grundsätzlich davon ausgehen, Leistung und Gegenleistung seien gleichwertig, so müsste auch der folgende Satz zutreffen: Der Apfel ist zehn Euro wert, da der Kaufpreis zehn Euro beträgt. Dass dieser Satz in einer Marktwirtschaft, in der Werte nach (objektiven) Marktpreisen oder Schätzpreisen bestimmt werden, nicht zutreffen kann, bedarf keiner weiteren Erläuterung.110 Die Annahme der angeblichen Wertvorstellung der Parteien von der Äquivalenz der Leistungen wird schließlich aufgebaut, um als Legitimation für den Eingriff in das Vertragsgefüge aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu dienen.111 Aber auch dort kann sie nichts leisten. Denn gerade steigende Marktpreise sind keine Legitimation für eine Anpassung der Geschäftsgrundlage, da mit den steigenden Preisen auch jeweils proportional das Interesse einer Partei wächst.112

2. objektive Äquivalenz Auch eine objektive Äquivalenzkontrolle hat ihre Tücken. Einen guten Ansatzpunkt, um über die Wirkung einer Regelung nachzudenken, welche die objektive Äquivalenz betrifft, eine Regelung also, durch die eine Rechtsordnung abstecken möchte, was wertmäßig als ein „gerechter“ Preis anzusehen ist  – wenn so etwas überhaupt möglich ist  –, stellt § 934 ABGB dar. Diese Norm regelt die leasio enormis.113 Die Regelung ist klar umrissen: Wenn der Markt Dazu oben § 2. Preisbestimmungsklauseln Harm Peter Westermann, in: MünchKomm-BGB7, § 433 Rn. 18. 110  Zu den beiden unterschiedlichen Bewertungsmethoden vgl. bereits oben unter § 3 III. 3. a. 111  Vgl. nur Christian Grüneberg, in: Palandt77, Einf v § 320 Rn. 8. 112  Allgemein zu Marktpreisschwankungen Sebastian Martens, in: BeckOGK01.09.2018, § 313 Rn.  232 f. 113 Vgl. zu den historischen Wurzeln Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations, S.  255 ff.; ferner Thomas Finkenauer, in: Hwb. d. EuP, Eintrag „Laesio enormis“; für eine rechtsvergleichende Umschau Hein Kötz, Europäisches Vertragsrecht2, S. 161 ff.; vgl. ferner zu dem Versuch der Einführung einer Preiskontrolle im gescheiterten CESL einerseits Horst Eiden‑ müller, ERCL 11 (2015), 220 ff. (ablehnend) und anderseits Martijn W. Hesselink, Could a fair 108

109 Zu

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preis114 im Zeitpunkt115 des Vertragsabschlusses und der vereinbarte Preis um mehr als die Hälfte „auseinanderklaffen“116, so kann der Benachteiligte die Rückabwicklung verlangen oder die bevorteilte Partei kann die Rückabwicklung des Vertrages abwenden, indem die Differenz zwischen dem (überhöhten) Preis und dem Marktpreis zurückerstattet wird. Auf ein subjektives Element kommt es dabei nicht an. Zu beachten sind aber eine Reihe von – hier nicht weiter interessierenden  – Ausnahmetatbeständen in § 935 ABGB. Haben sich also die Parteien beispielsweise über einen Kaufpreis von 100 geeinigt, ist die Kaufsache aber „nur“ 49 wert, so kann der Käufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen oder der Verkäufer muss 51 zurückerstatten. Mit der Regelung soll das Prinzip der objektiven Äquivalenz zumindest dahingehend teilweise verwirklicht werden, dass nur Verträge als bindend anzuerkennen sind, bei denen der (vereinbarte) Preis nicht mehr als fünfzig Prozent vom Marktpreis abweicht.117 Rechtstechnisch wird dieser Gedanke durch eine Preiskontrolle umgesetzt, indem die privatautonome Gestaltungsfreiheit in Bezug auf die Möglichkeit der Preisfestsetzung eingeschränkt wird. Hier ist nicht der Ort, darüber zu streiten, ob § 934 ABGB, der im unternehmerischen Verkehr abdingbar ist (§ 351 UGB), als verbraucherrechtliche Irrtumsregelung zu rechtfertigen118 oder etwa die Lösung des deutschen Gesetzgebers119 auf ein solches Institut zu verzichten, vorzuziehen ist. Nein, es soll auf ein in der Anschauung von der objektiven Äquivalenz angelegtes Paradox hingewiesen werden, was nämlich passieren würde, wenn man § 934 ABGB ins Extreme setzen und verlangen würde, dass jeder Preis dem Marktpreis entsprechen muss, also die nur theoretisch denkbare extreme Forderung einer objektiven Äquivalenz. Eine solche Idee einer materiellrechtlich wirkenden objektiven Adäquanz wäre mit unserer Privatrechtsordnung nicht

price rule (or its absence) be unjust?, ERCL 11 (2015), 185 ff.; ders., Unfair Prices in the Common European Sales Law, in: Essays in Honour of Hugh Beale, S. 225 ff. (jeweils befürwortend). 114  § 934 ABGB spricht vom „Werte“, gemeint ist damit grundsätzlich der Marktpreis, vgl. Franz Gschnitzer, in: Klang2, § 934 Anm. 2 a); Rudolf Reischauer, in: Rummel, ABGB3, § 934 Rn. 3; Martin Winner, Wert und Preis im Zivilrecht, S. 103 ff. 115 Rudolf Welser & Brigitta Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II.14, Rn. 443 m. w. N. 116  Rudolf Welser & Brigitta Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II.14, Rn. 441. 117 Zum Einwand der „‚Starrheit‘, ‚Rohheit‘ oder auch Willkür der arithmetischen Fixierung“ des § 934 ABGB siehe Franz Bydlinski, Optionsvertrag und Äquivalenzverschiebung, FS Georgiades, S. 53, 59. 118  Für eine Beibehaltung des § 934 ABGB siehe nur Franz Bydlinski, FS Georgiades, S. 53, 55 ff.; ablehnend hingegen etwa Kristoffel Grechenig, Journal für Rechtspolitik 14 (2006), 14 ff.; Holger Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 322 f. 119  Vgl. Mugdan II., S. 178 (vgl. dazu auch Werner Flume, ZIP 2001, 1621 f. m. Fn. 4); der Weg für die Abschaffung der leasio enormis wurde bereits durch das ADHGB geebnet, vgl. Art. 286 ADHGB: „Wegen übermäßiger Verletzung, insbesondere wegen Verletzung über die Hälfte, können Handelsgeschäfte nicht angefochten werden.“ (dazu Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64b m. Fn. 8–10 (= S. 116–118)).

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vereinbar.120 Sie würde sie ad absurdum führen. Wäre es so, dass alle Verträge zwingend an ein gedachtes objektives Äquivalent ausgerichtet sein müssten, so könnten sich Marktpreise nicht mehr bilden. Die Maßstabsbildung durch die Etablierung von Durchschnittswerten, nichts anderes stellen Marktpreise dar, wäre nicht mehr möglich. Eine zentrale Institution müsste die Werte vorgeben, die dann als Vorgabe für den „gerechten“ Austauschwert gelten würden. Die Suche nach „dem“ gerechten Preis ist nicht weiterführend.121 Ja, bereits die Fragestellung führt in die Irre, da hierdurch die Aufmerksamkeit auf einen – wie auch immer zu bestimmenden – Wert gerichtet wird und nicht auf den Maßstab, nach dem Werte im Recht bemessen werden. Sinnvoll lässt sich nur danach fragen, nach welchem Maßstab sich der – bereits im ersten Teil dieses Buches (§ 3 II.)  – beschriebene economic calculus vollziehen kann, um ökonomisches Handeln im Vertragsrecht zu bewerten und zu quantifizieren. Der economic calculus kann sich nach den bereits ausgeführten zwei unterschiedlichen Systemen bemessen: entweder anhand von beweglichen, empirisch zu ermittelnden Marktpreisen oder als Ergebnis einer staatlichen Preisregulierung, im Extremfall sogar nach den Festlegungen einer zentralen Verwaltungsbehörde einer Planwirtschaft.122 Als Bezugspunkt für unsere heutige Privatrechtsordnung kommt aber grundsätzlich nur der Marktpreis in Frage. Daher wird auch teilweise in der Literatur angenommen, dass der Marktpreis ein „gerechter Preis“ sei, da er angibt, zu welchem Preis ein Gut allgemein zu erwerben ist.123 Einschränkend wird dabei zumeist hinzugesetzt, dass dies einen stabilen, vom Wettbewerb bestimmten Markt voraussetze.124 Dies entspricht der bereits formulierten ökonomischen Annahme, dass rational handelnde, gut informierte Parteien in der Regel Verträge zum Marktpreis abschließen werden. Klarstellend muss man jedoch hinzufügen, dass nicht nur Verträge, die zum Marktpreis abgeschlossen 120  Vgl. dazu Paul Oertmann, Entgeltliche Geschäfte, S. 46 f.: „Eine objektive Äquivalenz wird jedenfalls in der Gegenwart nirgends mehr ernsthaft gefordert. Wer sie im Sinne des gegenseitigen Vertrages als begriffswesentlich erachten wollte, müßte folgerichtig die Gültigkeit der einzelnen Abrede von der vollkommenen Gleichwertigkeit der beiden Leistungen bedingt sein lassen, eine Konsequenz, die zwar vielleicht der Geistesrichtung eines Diocletian – man denke an sein berüchtigtes Preisedikt  – und anderer halb oder ganz orientalischer Despoten Ehre machen würde, aber den sonstigen Grundsätzen selbst des bevormundenden spätrömischen Kaiserrechts durchaus widerspricht. Hat sich doch auch der Vater des Preisedikts damit begnügt, ein Kaufgeschäft in den Fällen der sog. laesio enormis, also nur bei besonders gröblicher Verletzung des objektiven Äquivalenzprinzips, der Kassation zu unterwerfen“. 121  Vgl. etwa die Zuspitzung auf die Frage bei Karl Larenz, Richtiges Recht, S. 70 f. unter Verweis auf Karl Engisch, Auf der Suche nach der Gerechtigkeit, S. 162 ff. 122  Vgl. zu diesen Gegenpolen auch Werner Flume, AT II.4, § 1 7. (= S. 10 f). 123  Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 211: „Der Marktpreis erscheint per se als gerechter Preis […].“; Karl Larenz, Richtiges Recht, S. 72: „Es hat sich gezeigt, daß der Marktpreis bei Funktionieren des Marktes ein gerechter Preis sein kann.“; siehe dazu auch Flo‑ rian Rödl, Gleiche Freiheit und Austauschgerechtigkeit, in: Privatrechtstheorie heute, S. 178, 187. 124  So beispielsweise Karl Larenz, Richtiges Recht, S. 72.

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werden, „gerecht“ sind, da es zahlreiche Gründe geben kann, warum die Parteien den Kaufpreis abweichend vom Marktpreis festlegen.125 Wenn Karl Larenz danach fragt, ob sich „die Rechtsordnung um ein (annäherndes) Gleichwertverhältnis von Leistung und Gegenleistung bei einem gegenseitigen Vertrage überhaupt kümmern soll“126, so muss die Antwort differenziert ausfallen. Die Wertfestsetzung muss der privatautonomen Gestaltungsfreiheit der Parteien überlassen bleiben127, da dies die Grundvoraussetzung der Existenz und Entstehung von Märkten und den sich in ihnen etablierenden Marktpreisen ist. Die Rechtsordnung hat demgegenüber nur auf eine prozedurale Vertragsgerechtigkeit zu achten, die insgesamt über die Regelungen der Irrtumsanfechtung (§§ 119, 123 BGB), wie auch über § 138 BGB – freilich unter Beachtung der Kombination aus objektiven und subjektiven Elementen – abgesichert wird.128 Ist aber der Vertragsschluss ohne eine rechtlich zu missbilligende Willensbeeinträchtigung zustande gekommen, so ist die Preisfestsetzung zu akzeptieren.129 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass dem Gedanken der Äquivalenz für das Verständnis der Bewertung von Verträgen nur wenig abzugewinnen ist. Zwar 125  So aber James Gordley, Cal. L. Rev. 69 (1981), 1587 ff.; dagegen treffend Claus-Wilhelm Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, S. 57 und Holger Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 221 f.; in erstaunlicher Klarheit auch schon Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR2, § 64b (= S. 114 f.): „Ist die Preiseinigung redlich zu Stande gekommen, so darf unter angeblichem oder wirklichem Mißverhältniß von Preis und Werth die Gültigkeit und Stetigkeit des Geschäftes nicht leiden.“. 126  Karl Larenz, Richtiges Recht, S. 67. 127 Dazu Werner Flume, AT II.4, § 6 a) (= S. 7 f.). 128 Siehe Franz Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, S. 154; Claus-Wilhelm Canaris, AcP 200 (2000), 273, 287 ff.; Holger Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 222; Barbara Dauner-Lieb, Vertragsgestaltung zwischen zwingendem Recht und richterlicher Inhaltskontrolle, in: Vertragsschluss – Vertragstreue – Vertragskontrolle, S. 49, 52 ff.; Thomas Finkenauer, FS H. P. Westermann, S. 183, 206; Horst Eidenmüller, ERCL 11 (2015), 220, 225 f. 129 Ein caveat ist an dieser Stelle angebracht. Die soeben formulierten Grundsätze gelten für normale Zeiten, in denen ein intaktes und stabiles Geld‑ und Wirtschaftssystem besteht. Nicht vergleichbar sind damit aber extreme Zeiten, beispielsweise ausgelöst durch Kriege, Naturkatastrophen, Hungersnöte und existenzbedrohende Wirtschaftskrisen, die die Rechts‑ und Wirtschaftsordnung an sich in Frage stellen und die auch oft mit dem Ausdruck einer gravierenden Äquivalenzstörung umschrieben werden. In diesen Situationen ist der Gesetzgeber aufgefordert, durch grundlegende regulatorische Maßnahmen, wie etwa die Gewährleistung der Grundversorgung, Preistaxen oder Währungsreformen, die Rechts‑ und Wirtschaftsordnung zu stabilisieren oder ihre Funktionsfähigkeit wiederherzustellen. Dies ist ein Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, mit dem die Judikative – selbst unter Berufung auf § 313 BGB, der aber nichts zur Problemlösung hergibt  – überfordert sein wird (Werner Flume, AT II.4, § 26 6 a) (= S. 519 f.)). Die in Deutschland im Ersten und Zweiten Weltkrieg wie auch in der Weimarer Republik bekanntermaßen durchlebten Horrorszenarien (vgl. oben Fn. II 35) und die daraus resultierenden Aufgaben für den Staat sind in keiner Weise vergleichbar mit den Aufgaben der Rechts‑ und Wirtschaftsordnung in „geordneten“ Zeiten (Frederick Alexander Mann, NJW 1974, 1297).

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werden Parteien oftmals Verträge zum Marktpreis abschließen, aber gerade da der Marktpreis nur approximativ zu bestimmen und in ständiger Bewegung ist, wird der festgesetzte Preis eines Vertrages sich oft in einer relativen Abweichung zum Marktpreis befinden. Die Bedeutung dieser relativen Abweichung einzufangen, wird sogleich das Thema sein.

II. Die ökonomische Vermessung des Kaufversprechens In der „‚formalen‘ Rationalität der Geldrechnung“130 werden Kaufverträge in der Abhängigkeit von Preis, Marktpreis und Zeit bestimmt. Bei dieser Betrachtungsweise geht es nicht darum, den Kaufpreis, wie dies im Alltagsverkehr gerade oft der Fall ist, als den Wert des Habenwollens zu verstehen (z. B. eine Flasche Milch ist für einen Euro im Supermarkt zu erwerben).131 Vielmehr geht es um eine wirtschaftliche Bewertung des Kaufs, wie „gut“ oder „schlecht“ das Geschäft für die jeweilige Partei abgeschlossen wurde. Beim Handgeschäft132, Kassageschäft oder Spotvertrag ist dies eine statische Betrachtung, da diese Bewertung bezogen auf einen fixen Zeitpunkt vorgenommen werden kann, nämlich den auf den Vertragsschluss sofort oder unmittelbar folgenden Erfüllungszeitpunkt. Zu einer dynamischen Betrachtung wird der Vorgang, sobald zwischen dem Vertragsschluss und dem Erfüllungszeitpunkt eine längere Zeitspanne liegt. In diesen Fällen wird aus dem Spotgeschäft, Tagskauf oder Kassageschäft, ein Zeitgeschäft, Lieferungsgeschäft oder Forward.133 An der rechtlichen Natur des Vertrages ändert dies nichts: Juristisch handelt es sich stets um einen Kaufvertrag.134 Was variiert, ist der Erfüllungszeitpunkt. Nach der gesetzlichen Zweifelsregelung des § 271 Abs. 1 BGB ist der Kaufvertrag ein Spotvertrag. Es gilt weiterhin der gemeinrechtliche Grundsatz: statim debetur, quod sine die debetur (sofort wird geschuldet, was ohne Termin geschuldet wird).135 Der Erfüllungstermin kann aber auch von den Parteien von vornherein auf einen in der Zukunft liegenden Termin festgelegt werden oder er kann sich zwangsweise aufgrund der Leistungsverweigerung einer Partei in die Zukunft verschieben. In der deutschen Rechtswissenschaft und speziell im allgemeinen Schuldrecht sowie im kaufrechtlichen Schrifttum ist eine solche Betrachtung im Wesentlichen un Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 285.  Vgl. hierzu bereits einleitend unter § 6. 132 Zur rechtlichen Einordnung vgl. bereits oben Fn. I 41. 133 Dazu bereits Carl Gareis, Das Kaufgeschäft, in: Endemann’s Hdb. d. HR II., § 264 (= S. 585); vgl. hierzu auch § 12. 134 Zur Diskussion um die Rechtsnatur des Lieferungsgeschäftes im 19. Jahrhundert siehe Wolfgang Ernst, FS Zöllner, S. 1097 ff. 135  Dazu Philipp Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 7 3. A) (= S. 26); siehe zuvor Art. 326 ADHGB; zur Auslegung des neuen, unglücklich formulierten § 475 Abs. 1 BGB siehe Florian Faust, in: BeckOK-BGB47Ed., § 475 Rn. 4 ff. 130 131

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bekannt, während sie im ökonomischen Bereich der finance-Literatur zum täglichen Brot gehört. Man darf die Effekte, die sich aus dem Zusammenwirken von Preis, Marktpreis und Zeit ergeben, keinesfalls als lediglich wirtschaftliche Effekte abtun, die für die juristische Betrachtung ohne Bedeutung wären. Denn erst vor dem Hintergrund dieses Zusammenwirkens lassen sich Aussagen über die Bindungswirkung und Risikostruktur des Kaufvertrages treffen.

1. Von einem deskriptiven Ansatz zu einer mathematischen Bewertungsmethode Bislang wurde auf rein deskriptivem Weg beschrieben, dass die Parteien eines Kaufvertrages im Zeitpunkt der Erfüllung potenziell mit drei unterschiedlichen Szenarien konfrontiert sein können, in welchen der Marktpreis relativ zum Kaufpreis kleiner, gleich oder größer sein kann. Diese drei Szenarien kann man aber auch mathematisch beschreiben. Das absolute Standardwerkzeug hierzu ist die Verwendung von sogenannten payoff-Diagrammen.136 Der payoff drückt dabei das relative Verhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Marktpreis aus. Auf der x-Achse wird der Marktpreis angetragen und auf der y-Achse der payoff. Aus den payoff-Diagrammen kann ausschließlich die Wertrelation zwischen Kaufpreis und Marktpreis für einen definierten Zeitpunkt abgelesen werden. Sie besagen weder etwas über die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Marktpreisschwankungen, noch sind sie Histogramme. Abhängig von der Verkäufer‑ beziehungsweise Käuferperspektive lässt sich jeder Kaufvertrag durch zwei unterschiedliche lineare Funktionen darstellen: in Form der Darstellung des payoff-Diagramms der sog. short position, also der Verkäuferperspektive, sowie durch die Darstellung des payoff-Diagramms der long position, also der sog. Käuferperspektive. Was dies bedeutet, soll anhand des folgenden einfachen Falls illustriert werden: V verkauft an K einen Gegenstand X für 100. Im Zeitpunkt des beiderseitigen Leistungsaustausches nach dem Vertragsschluss sind V und K mit drei unterschiedlichen Szenarien konfrontiert: Der Marktpreis des Gegenstands beträgt 90, 100 oder 110. Im Ausgangspunkt befinden sich im Vermögen von V die Kaufsache und im Vermögen des K 100. Abhängig vom Marktwert der Kaufsache ergibt sich infolge des gegenseitigen Leistungsaustausches ein Werttransfer zu Gunsten des Verkäufers, zu Gunsten des Käufers oder dieser bleibt aus, da sich Marktpreis und Kaufpreis decken. Der payoff-Wert quantifiziert, welche der Parteien in den drei unterschiedlichen Szenarien relativ zum Marktpreis ein „gutes“ oder 136  Siehe nur John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 7; Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 345; Bernd Rudolph & Klaus Schäfer, Derivative Finanzmarktinstrumente, Abschnitt 2.3.2. (= S. 25–27).

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

„schlechtes“ Geschäft gemacht hat. Für den Verkäufer lässt sich der Wert des payoffs der short position aus Abbildung 8 ablesen: 100 80 60

payoff

40 20 0 −20



50 100 150 200

−40 −60 −80 Marktpreis

−100

Abbildung 8: Verkäuferperspektive (payoff einer short position)

V macht ein „gutes“ Geschäft, sollte die Kaufsache „nur“ 90 wert sein. Sein payoff beträgt +10, da er am Markt nur 90 hätte verdienen können und K dennoch 100 zu leisten hat. Entsprechen sich Marktpreis und Kaufpreis, so ist der payoff null. Wirtschaftlich vollzieht sich ein Aktiventausch, da der Kauf zum Marktpreis vollzogen wird. Beträgt der Marktwert 110, so macht der Verkäufer ein „schlechtes“ Geschäft, sein payoff ist mit −10 negativ, da er die Kaufsache für 100 abgeben muss, obwohl er am Markt einen um 10 höheren Preis hätte erzielen können. Für den Käufer stellen sich die Dinge spiegelverkehrt zu der Perspektive des Verkäufers dar. Der payoff der für den Käufer maßgeblichen long position lässt sich aus Abbildung 9 ablesen: 100 80 60

payoff

40 20 0 −20



50   100

150

200

−40 −60 −80 −100

Marktpreis

Abbildung 9: Käuferperspektive (payoff einer long position)

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Beträgt der Marktpreis der Kaufsache im Zeitpunkt der Erfüllung 90, so beträgt der payoff des Käufers −10, da er relativ zum Marktpreis ein „schlechtes“ Geschäft macht. Er muss 100 zahlen und hätte am Markt 10 „sparen“ können. Decken sich Marktpreis und Kaufpreis ist der payoff selbstverständlich auch für den Käufer null. Beträgt der Marktpreis hingegen 110, so hat nun der Käufer ein „gutes“ Geschäft gemacht, da er respektive des Marktpreises nur 100 aufwenden muss, um die Kaufsache zu erlangen. Aus der symmetrischen Struktur der beiden spiegelverkehrten payoff-Diagramme ergibt sich, dass der „Gewinn“ der einen Partei dem „Verlust“ der anderen Partei entspricht. Und so dienen die payoff-Diagramme auf den Finanzmärkten als einfache Instrumente, um die „Gewinne“ und „Verluste“, die sich aufgrund von Kursbewegungen ergeben, zu quantifizieren.137 Mit der juristischen Kategorie des entgangenen Gewinns hat dies jedoch nichts zu tun.138 Vielmehr quantifiziert der payoff, jeweils aus der Perspektive des Verkäufers oder Käufers, zu wessen Gunsten es zu einem Werttransfer aufgrund der Abweichung von Kaufpreis und Marktpreis der Kaufsache im Erfüllungszeitpunkt kommt oder auch nicht.139 Die Summe entspricht auch – dies ist hier nur kurz anzudeuten und sogleich unter § 6 II. 2. b. ausführlich zu erläutern – dem Betrag, in dessen Höhe der Verkäufer vor einem Preisverfall beziehungsweise der Käufer vor Preissteigerungen in Folge des Abschlusses des Kaufvertrages geschützt ist. Die ersten Ansätze, Vertragsversprechen mathematisch-graphisch in dieser Form zu erfassen, sind erstaunlich jungen Datums und entspringen den Bemühungen, den Börsenhandel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingehend zu untersuchen und genauer zu fassen.140 Die ersten uns bekannten payoff-Diagramme kursierten an der Pariser Börse um das Jahr 1874.141 Sie fanden insbesondere durch die Arbeit und das Wirken von Henri Lefèvre (1827–1885), ein ökonomischer Tausendsassa, Journalist, Bankier und zeitweise Privatsekretär des Baron de Rothschild, Verbreitung.142 In Deutschland war es James Moser, der 1875 eine graphische Darstellung der „Lehre der Zeitgeschäfte und deren 137 Bernd Rudolph & Klaus Schäfer, Derivative Finanzmarktinstrumente, Abschnitt 2.3.2. a.E. (= S. 27). 138  Dazu unter § 8 III. 139 Zu den weiteren Folgerungen für die Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung vgl. § 8 II. 3. 140  Insgesamt zur Entwicklung der technischen Analyse vgl. Andrew W. Lo & Jasmina Ha‑ sanhodzic, The Evolution of Technical Analysis, 2010. 141  Henri Lefèvre, Physiologie et méchanique sociales, Journal des Actuaires Français 2 (1873), 211; ders., Comptabilité financière, Théorie générale des operations de bourse (großformatiges Poster), Paris 1874 (abrufbar auf der Seite der Bibliothèque nationale de France); siehe auch Léon Pochet, Géométrie des jeux de Bourse, Journal des Actuaires Français 2 (1873), 153. 142  Dazu Frank Javanovic, Economic Instruments and Theory in the Construction of Henri Lefèvre’s ‘Science of the Stock Market’, in: Pioneers of Financial Economics, S. 169 ff.; William N. Goetzmann, Money Changes Everything, S. 279 ff.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Combinationen“ vorlegte.143 Diesen ersten Ansätzen folgten die Arbeiten des französischen Mathematikers Louis Bachelier144 (1870–1946) und des österreichischen Mathematikers Vinzenz Bronzin145 (1872–1970), die als die Wegbereiter der modernen Finanzmathematik gelten. Für Lefèvre, Moser, Bachelier und Bronzin sind Kaufverträge „marchés fermes“ oder „feste Geschäfte“, deren Wert von einer Variablen, dem Marktpreis, abhängen. Kaufverträge sind damit – das mag für einen juristischen Leser zunächst ungewohnt, ja vielleicht sogar befremdlich klingen – lineare Produkte, da der Marktpreis relativ zum Kaufpreis theoretisch zwischen Null und der – wirtschaftlich nur schwer vorstellbaren – Unendlichkeit schwanken kann. Diese Betrachtungsweise ist auch für die juristische Problemlösung überaus hilfreich, da zum einen die Bindungswirkung und das Risikoprofil von Kaufverträgen präzise bestimmt werden können (dazu sogleich 2.) und sie zudem – wie noch zu zeigen sein wird – die theoretische Untermauerung für die Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung liefern wird (dazu sogleich § 8 III.).

2. Zeitmoment, allgemeines Marktpreisrisiko und Basisrisiko Die Bewertung sowie Analyse der Bindungswirkung von Kaufverträgen gewinnt an Komplexität, sobald ein Zeitfaktor und mit ihm die Volatilität von Werten im Markt zu berücksichtigen ist. Vertragsabschlüsse werden nicht in einem statischen Umfeld getätigt, sondern Marktpreise sind über die Zeit in konstanter Bewegung. Damit einhergehend besteht ein allgemeines Preisrisiko (auch Marktpreis(änderungs)risiko, price risk oder market risk genannt), dass sich der Marktpreis eines bestimmten Gegenstands über die Zeit hinweg verändern wird.146 Wird ein Kaufvertrag sofort erfüllt, wie im Fall des Handkaufs, so ist das Preisrisiko eine vernachlässigbare Größe, da die Parteien den Vertragsschluss in Beziehung zum gegenwärtigen Marktpreis aushandeln können. Sobald jedoch der Kaufvorgang erst in der Zukunft vollzogen werden soll, stellt sich die Frage, wie man mit der Unsicherheit über die allgemeine Marktpreisentwicklung umgehen kann und ob speziell der Kaufvertrag als Austauschinstrument hierzu Antworten bereithält. 143  Dazu Hartmut Schmidt, Retrospective Book Review on James Moser, in: Vinzenz Bonzin’s Option Pricing Models, S. 467 ff. 144  Théorie de la Spéculation, Annales scientifiques de l’École Normale Supérieure, 3e série, 17 (1900), S. 21 ff.; siehe auch dazu die englische Übersetzung und Anmerkungen von Mark Davis & Alison Etheridge, Louis Bachelier’s Theory of Speculation, 2006. 145  Theorie der Prämiengeschäfte, 1908; dazu Heinz Zimmermann, A Review and Evaluation of Bronzin’s Contributions from a Financial Economics Perspective, in: Vinzenz Bonzin’s Option Pricing Models, S. 207 ff. 146  Vgl. Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 12: „Price risk, or market risk, refers to the prospect that the market value of an asset will change by an unknown – though not necessarily unpredictable – amount in the future.“ (Hervorh. wie im Original).

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

119

a. Risikostrategien Ein Verkäufer oder Käufer kann drei unterschiedliche Grundstrategien verfolgen, um mit dem Preisrisiko umzugehen, also mit der Unsicherheit, wie sich der Marktpreis in der Zukunft entwickeln wird, da ihm klarerweise nur der Marktpreis der Gegenwart bekannt ist: Er kann sofort verkaufen respektive kaufen, also ein Kassageschäft oder Spotgeschäft durchführen, und als Verkäufer den Ertrag verzinsen, beziehungsweise als Käufer die Ware für eine spätere Verwendung einlagern (i). Er kann aber auch in der Jetztzeit einen Kaufvertrag abschließen und die Fälligkeit des Leistungsaustausches in die Zukunft verschieben (ii). Bei einem solchen Zeitgeschäft, Lieferungsgeschäft oder Forward bestimmen die Parteien einen Forward-Preis für den in der Zukunft zu vollziehenden Leistungsaustausch, also einen Preis, der erst in der Zukunft fällig wird und der dann im Gegenzug zum Kaufgegenstand zu leisten ist. Schließlich kann der Verkäufer oder Käufer einfach abwarten, also die Preisentwicklung auf sich zukommen lassen und den Kaufvertrag erst in der Zukunft abschließen (iii). Durch die Entscheidung, ob überhaupt ein Vertrag abgeschlossen wird sowie über die Bestimmung der Fälligkeit können unterschiedliche Märkte „angesteuert“ werden.147 Der Kaufvertrag ist in der Variante (i) bezogen auf den gegenwärtigen Kassamarkt oder Spotmarkt. In der Variante (ii) ist der Kaufvertrag bezogen auf den Termin‑ oder Forward-Markt der Gegenwart. Der Kaufvertrag in Variante (iii) ist schließlich bezogen auf den jetzt noch nicht existenten Spotmarkt der Zukunft. Diese Unterscheidungen sind wichtig für das Verständnis der Grundlagen der Preisbestimmung. Wird der Kaufvertrag auf dem Spotmarkt der Gegenwart oder der Zukunft durchgeführt, so können und werden sich die Parteien regelmäßig an den Marktpreisen und an den mit ihnen transportierten Informationen148 orientieren. Der jeweilige Marktpreis sagt ihnen, zu welchem Preis im Durchschnitt die Ware gehandelt wird. Wenn hingegen ein Forward-Preis bestimmt werden soll, besteht keine solche Orientierungshilfe und die Parteien sind mit der Unsicherheit belastet, wie sich das Preisniveau in der Zukunft entwickeln wird. Nimmt man den gegenwärtigen Marktpreis als Anfangsmarke, so kann der Forward-Preis diesem entsprechen (was selten oder nur bei sehr kurzen Zeitabständen der Fall sein wird), über oder unter diesem Wert liegen. Die Differenz zwischen dem Spotpreis und dem Forward-Preis wird dabei als Basis (basis) bezeichnet (dazu Abbildung 10).149

 Dazu etwa Klaus Spremann & Pascal Gantenbein, Finanzmärkte3, S. 211 f.  Dazu bereits oben unter § 3 II. 149 Vgl. John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 55, 816. 147 148

120

Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge       

Basis Spotpreis (z. B. 100) Basis       

Forward-Preis (z. B. 110) unbekannter Spotpreis der Zukunft Forward-Preis (z. B. 90)

Gegenwart Zukunft Abbildung 10: Preisbestimmung beim Forward

Es bestehen nun unterschiedliche ökonomische Modelle, nach welchen Grundsätzen die Festlegung der Höhe der Basis und damit die Preisfindung an den Forward-Märken erklärt werden kann.150 Nach der „Cost-of-Carry hypothesis“151 wird das Preisniveau zwischen dem Spotmarkt und dem Forward-Markt der Gegenwart durch ein Arbitrageargument in Beziehung gesetzt.152 Der Forward-Preis errechnet sich danach bei Finanztiteln aus dem gegenwärtigen Spotpreis zuzüglich der Verzinsung entsprechend dem Zeitraum bis zur Fälligkeit des Forwards, abzüglich etwaiger zu erhaltender Dividenden oder anderer Zahlungen.153 Bei Waren müssen zusätzlich Lagerkosten (cost of carry) berücksichtigt werden und zudem wird eine Verfügbarkeitsrendite (convenience yield) berücksichtigt, welche die Vorteile, die mit dem Innehaben und der Verfügbarkeit der physischen Ware verbunden sind, quantifiziert.154 Das Arbitrageargument besagt nun, dass der gegenwärtige Spotpreis und Forward-Preis in einer Beziehung stehen müssen, da anderenfalls die Marktteilnehmer Preisunterschiede ausnutzen könnten. Preisunterschiede könnten ausgenutzt werden, indem beispielsweise am Spotmarkt „günstig“ gekauft und sofort am Forward-Markt „teuer“ verkauft wird. Oder aber es könnte am Forward-Markt „teuer“ verkauft und am Spotmarkt sofort „billig“ eingekauft werden. Um solche risikofreien Mitnahmeeffekte auszuschließen, werden Arbitragebeziehungen hergestellt und die Preise aufeinander abgestimmt. 150 Siehe dazu nur den literature survey von Ying-Foon Chow, Michael McAleer & John M. Sequeira, Pricing of Forward and Futures Contracts, Journal of Economic Surveys 14 (2000), 215 ff. 151 Ying-Foon Chow, Michael McAleer & John M. Sequeira, Journal of Economic Surveys 14 (2000), 215, 217 ff. 152  Vgl. z. B. Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 349 f. 153 Der Forward-Preis wird üblicherweise wie folgt definiert: Ft = S0 (1 + rf – y)t (Ft = Forward-Preis; S0 = Spotpreis; rf = risikofreier Zinssatz; y = Dividendenrendite (dividend yield); t = Zeitspanne); vgl. Richard A. Brealey, Stewart C. Myers & Franklin Allen, Corporate Finance11, S. 669. 154  Der Waren-Forward-Preis wird üblicherweise wie folgt definiert: Ft = S0 (1 + rf + storage costs – convenience yield)t vgl. Richard A. Brealey, Stewart C. Myers & Franklin Allen, Corporate Finance11, S. 670 f.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

121

Nach der „Risk Premium hypothesis“155 ist hingegen der Forward-Preis Ausdruck einer Vorhersage über den zukünftigen Spotpreis und der Wert der Basis Ausdruck einer Risikoprämie (risk premium). Nach einem auf John Maynard Keynes zurückgehenden Ansatz der sogenannten „normal backwardation“, soll als Normalzustand angesehen werden, dass der Forward-Preis unterhalb des Spotpreises liegt, da der Verkäufer hierdurch eine Risikoprämie an den Käufer für die Übernahme des Preisrisikos „bezahlt“.156 Man könnte auch sagen, dass der Verkäufer in Höhe der Basis eine Versicherungsprämie für die Risikoübernahme durch den Käufer bezahlt. Die entgegengesetzte Situation des Co‑ tangos, wenn also der Forward-Preis über dem Spotpreis liegt, soll auf ein Überangebot von Gütern am Spotmarkt zurückzuführen sein und die Kosten sind entsprechend des cost-of-carry-Ansatzes zu ermitteln.157 b. Das Risikoprofil des Kaufvertrages Die weiteren Verästelungen ökonomischer Preismodelle und wie gut die von ihnen offerierten Erklärungen sind, interessieren hier nicht weiter. Für die juristische Erfassung des Kaufvertrages ist von Interesse, welche Wirkung die Festlegung des Kaufpreises über einen Zeithorizont hat. Die einfache, nichtsdestotrotz grundlegende Erkenntnis ist, dass es zwar nicht möglich ist, den Gang der Zukunft vorherzusehen, mit Hilfe von Kaufverträgen aber der Leistungsaustausch in der Zukunft planbar gemacht und der potenzielle Verlauf der Zukunft stabilisiert werden kann. Technisch ausgedrückt können die Parteien über die Bestimmung des Kaufpreises und der Leistungszeit in Form der Fälligkeit das Risikoprofil des Kaufvertrages im Verhältnis zum Marktpreis definieren und das Preisrisiko symmetrisch auf Verkäufer und Käufer verteilen. Diese symmetrische Risikoverteilung lässt sich anhand des payoff-Diagramms gut nachvollziehen. Denn durch den payoff lässt sich nicht nur die Güte eines Geschäftsabschlusses beschreiben, sondern er ist zugleich Ausdruck der durch den Abschluss des Kaufvertrages im Verhältnis zum Marktpreis erzielten Preisabsicherung, des sog. Hedging. Dies lässt sich in Abbildung 11, in der die bereits eingeführten zwei payoff-Diagramme der long und short position kombiniert sind, erläutern. 155 Ying-Foon Chow, Michael McAleer & John M. Sequeira, Journal of Economic Surveys 14 (2000), 215, 222 ff. 156  Vgl. John Maynard Keynes, A Treatise on Money, S. 128 und zuvor den 1923 im „The Manchester Guardian Commerical“ erschienenen Aufsatz „Some Aspects of Commodity Markets“, abgedruckt in: John Maynard Keynes, The Collected Writings, Band XII., S. 255; dazu auch Luca Fantacci, Maria Christina Marcuzzo & Elenora Sanfilippo, Speculation in commodities: Keynes’ „Practical Acquaintance“ with futures markets, Journal of the History of Economic Thought, 32 (2010), 399 ff. 157  Vgl. John Maynard Keynes, A Treatise on Money, S. 129: „and this contango must be equal to the cost of the warehouse, depreciation and the interest charges of carrying the stocks“; zur weiteren Entwicklung des Ansatzes vgl. Fn. II 155.

122

Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge 100 80

Kaufpreis

60

payoff

40 20 0

Preisverfall Preissteigerungen

−20

50 100 150 200

−40 −60 −80 −100

Marktpreis

Abbildung 11: Preisabsicherung mit Hilfe von Kaufverträgen

In der Abbildung wird deutlich sichtbar, dass durch die Festlegung des Kaufpreises das Preisrisiko definiert und symmetrisch zwischen den Parteien verteilt wird. Sie zeigt, dass der Kaufpreis das Preisrisiko zwischen den Parteien definiert. Der Verkäufer wird vor einem Preisverfall unterhalb des Kaufpreises bewahrt, während der Käufer gegen Preissteigerungen gegenüber dem Kaufpreis geschützt wird. Spiegelbildlich werden zugleich der mögliche Erlös des Verkäufers gegenüber etwaigen Preissteigerungen sowie Ersparnisse des Käufers aufgrund von sinkenden Preisen durch die Höhe des Kaufpreises begrenzt. Nichts anderes lässt sich durch die payoff-Werte ablesen: Ein positiver payoff-Wert bedeutet den Geldbetrag, den eine Partei relativ zum Marktpreis durch den Vertragsabschluss erspart hat, und ein negativer payoff-Wert besagt, um wie viel die jeweilige Partei schlechtersteht, da sie zum Kaufpreis verkaufen bzw. kaufen muss. Ein einfaches numerisches Beispiel soll das zuvor Gesagte illustrieren: Haben sich die Parteien auf einen Kaufpreis von 100 geeinigt und steigt der Marktpreis für den Kaufgegenstand im Erfüllungszeitpunkt auf 150, so ist der payoff des Käufers +50, der des Verkäufers −50. Der Verkäufer muss zu 100 liefern und kann nicht zu 150 am Markt verkaufen. Der Käufer muss „nur“ 100 zahlen und ist vor der Preissteigerung abgesichert. Hedging wird meist nur im Zusammenhang von komplexen Finanzprodukten diskutiert und dabei wird oft auch versucht, Hedging und Spekulation voneinander zu trennen.158 Auch wird teilweise ausgeführt, Hedging bedürfe der Kombination von zwei Kaufvorgängen, indem etwa ein Geschäft am Kassamarkt mit einem entgegengesetzten Geschäft am Termingeschäft kombiniert werden müsse.159 Die Dinge liegen aber wesentlich einfacher. Für eine „simp158  Siehe etwa Eberhard Schwark, Derivate – Teufelszeug oder Segen?, FS Kirchner, S. 297, 301 ff. 159 So etwa die Beschreibung bei Charles O. Hardy & Leverett S. Lyon, The Theory of Hed-

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

123

le“ Preisabsicherung bedarf es weder einer Kombination von Geschäften noch komplexer Finanzprodukte. Vielmehr ist der Kaufvertrag die Mutter aller Absicherungsgeschäfte – und ein Hedge-Effekt jedem Kaufvertrag immanent. Dies ergibt sich auch schon aus der ökonomischen Literatur zu den Derivaten, in der als Grundform der „opérations ferme“160 oder der „feste[n] Geschäfte“161 der Forward angeführt wird.162 Der Forward ist aber in die juristische Terminologie zurückübersetzt nichts anderes als ein Kaufvertrag (!), bei dem die Fälligkeit hinausgeschoben ist. Ein Hedge-Effekt lässt sich bei jedem Kaufvertrag feststellen, da er mit der Festlegung des Kaufpreises verbunden ist und zwischen dem Vertragsschluss und der Erfüllung immer ein, wenn auch kleiner, manchmal minimaler Zeitraum liegen wird. Durch den Kaufpreis wird der Austauschwert der Kaufsache zwischen den Parteien rechtlich bindend definiert. Damit wird das Preisrisiko aber nicht insgesamt ausgeschlossen, sondern das allgemeine Preisrisiko wird in ein sogenanntes Basisrisiko (basis risk) umgewandelt.163 Das Basisrisiko bezogen auf den Kaufvertrag bedeutet dabei Folgendes: Die Parteien können nicht wissen, was der Marktpreis der Zukunft sein wird. Sie können sich aber einigen, zu welchem Preis der Austausch Ware gegen Geld zu vollziehen sein wird. Damit wird das Basisrisiko der Marktpreisschwankungen im Erfüllungszeitpunkt verteilt. Sollte der Marktpreis im Zeitpunkt der Erfüllung vom Kaufpreis abweichen, so ist gesagt, dass der Verkäufer bei Marktpreissteigerungen nicht mehr verlangen und der Käufer bei einem Marktpreisverfall nicht weniger bezahlen darf. Dass beim Kauf nur ein Wert, nämlich der Wert der Kaufsache, potenziell über die Zeit variiert, ergibt sich aus der geldrechtlichen Fundierung des Kaufs oder dem Grundsatz des Nominalismus, da Inflation beziehungsweise Deflation keine Auswirkung auf die Höhe des Preises haben.164 Euro ist gleich Euro bedeutet übertragen auf den Kauf, dass der Kaufpreis fix ist und die Parteien eines Kaufvertrages grundsätzlich nur den Preis im Auge behalten müssen. Anders ist dies etwa beim Tausch, wenn insbesondere mit Warengeld (commodity money), also z. B. Goldmünzen, bezahlt würde. Hier verkompliziert sich die Bewertung der durch den Austauschvertrag erzielten Preisabsicherung, da potenziell die Werte beider Tauschwerte zwischen Vertragsschluss und Erfüllung variieren können. ging, Journal of Political Economy 31 (1923), 276; Bernd Rudolph & Klaus Schäfer, Derivative Finanzmarktinstrumente, Abschnitt 2.5.2. (= S. 33). 160  Louis Bachelier, Annales scientifiques de l’École Normale Supérieure, 3e série, 17 (1900), S. 22 = Mark Davis & Alison Etheridge, Louis Bachelier’s Theory of Speculation, S. 118. 161  Vinzenz Bronzin, Theorie der Prämiengeschäfte, S. 1. 162  Siehe nur John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 6 und Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 4; vgl. ferner die unter Fn. II 141 ff. aufgeführten Autoren. 163  Vgl. allgemein zum Basisrisiko John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S.  54 ff. 164 Dazu oben § 5 II. 2. b.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass mit dem Kauf der (Waren‑)Austausch – lässt man einmal ein denkbares Ausfallrisiko der Gegenpartei (counter‑ party risk) außer Betracht  – in einer Welt fluktuierender Werte kalkulierbar und planbar wird. Bei promptem Leistungsaustausch wird der Hedge-Effekt oft kaum zum Tragen kommen, während bei längeren Zeitperioden zwischen Vertragsschluss und Erfüllung und der damit größeren Wahrscheinlichkeit von Marktpreisschwankungen die Wirkungen des Hedge-Effekts oft deutlich sichtbar sind.

III. Zusammenfassung: Der Kaufvertrag als stabilisierende Kraft in einem bewegten Marktumfeld In diesem Kapitel ging es um die Frage, welche Beziehung zwischen dem von den Parteien in einem Kaufvertrag festgelegten Leistungsprogramm (Kaufpreis gegen Kaufgegenstand) und dem infolge des naturalen Leistungsaustausches eingetretenen Zustand hergestellt werden kann. Der Kaufpreis gibt an, zu welcher Geldsumme inter partes zu verkaufen beziehungsweise zu kaufen ist. Er besagt jedoch nicht, welche vermögensrechtliche Wirkung der reelle Leistungsaustausch hat. Hierfür muss die wesentlich komplexere Frage bedacht werden, welche Bedeutung es hat, dass Kaufverträge im Umfeld potenziell schwankender Marktpreise abgeschlossen und erfüllt werden. Die Parteien sind beim Vertragsabschluss mit dem Problem konfrontiert, wie überhaupt der Wert ermittelt werden kann und wie man mit dem Phänomen der Wertveränderlichkeit der Kaufsache in der Zukunft umgeht. So kann der Kaufvertrag zwar zum Marktpreis – vorausgesetzt freilich, dieser lässt sich ermitteln  – abgeschlossen werden, die Parteien können sich jedoch nicht sicher sein, dass sich der Wert des Kaufgegenstands nicht im Zeitpunkt der Erfüllung verändern wird. Oder einfacher: die Parteien können die Zukunft nicht vorhersehen. Der Unvorhersehbarkeit der Zukunft entspricht die Grundannahme in der Finanzmathematik im Zusammenhang mit der Bewertung von Austauschverträgen, dass nämlich der sog. net present value (npv) eines Kaufvertrages, der zum Marktpreis abgeschlossen wird, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses null ist. Er ist null, da Kaufpreis und Marktpreis sich decken und die Parteien somit einen Aktiventausch vereinbart haben. Dies ist auch der Ausgangspunkt für die Arbeit des bereits mehrfach angeführten Louis Bachelier, wenn er formuliert: „L’espérance mathématique du spéculateur est nulle“165 [Die mathematische Erwartung eines Spekulanten ist null.]. Wenn die Parteien den Kaufpreis eines Vertrages mit 165  Louis Bachelier, Annales scientifiques de l’École Normale Supérieure, 3e série, 17 (1900), S. 34 = Mark Davis & Alison Etheridge, Louis Bachelier’s Theory of Speculation, S. 130 (Hervorh. wie im Original; Übersetzung vom Verf.).

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

125

dem Marktpreis gleichsetzen – Bachelier nennt diesen den cours vrais – so kann die Erwartung in Bezug auf Verlust oder Gewinn nur null sein. Bachelier formuliert hier, was wir heute als martingale oder faires Spiel bezeichnen.166 „L’espérance d’une opération ne peut être positive ou négative que s’il se produit un mouvement des cours, a priori elle est nulle.“167 [Die Erwartung in ein Geschäft kann nicht positiv oder negativ sein, es sei denn, sie ist durch eine Preisbewegung herbeigeführt, a priori ist sie null.] Die vorangegangene Preisentwicklung ist irrelevant und es kann kein Bias bestehen, ob die Preise steigen oder fallen werden. Oder wesentlich einfacher gefasst: Die Höhe von Marktpreisen lässt sich mathematisch nicht prognostizieren. Rechtlich wird durch den Kaufvertrag eine klare Risikoverteilung festgelegt, um mit der Unsicherheit der Wertentwicklung der Kaufsache umzugehen: Mit der vertraglichen Fixierung des Kaufpreises ist zum einen gesagt, dass der reelle Austausch zum Kaufpreis stattfinden soll, aber auch zugleich, dass der Verkäufer vor einem Preisverfall und der Käufer vor einer Preissteigerung geschützt wird. Das jeden Marktteilnehmer treffende allgemeine Marktpreisrisiko wird dabei in ein sogenanntes Basisrisiko verwandelt und symmetrisch auf die Parteien verteilt. Kommt es im Erfüllungszeitpunkt tatsächlich zum Preisverfall oder zur Preissteigerung relativ zum Kaufpreis, so führt dies zu entsprechenden Vermögenszuwächsen bei der jeweils begünstigten Partei, die von der anderen Partei zu akzeptieren sind, da sie dem vertraglich vereinbarten Risikoprofil des Kaufvertrages entsprechen. Dies sind keine illegitimen Gewinne oder windfall profits, sondern die Konsequenz der vertraglichen Einigung des Güteraustausches zum Kaufpreis in einem Wirtschaftssystem mit beweglichen Marktpreisen.

166 Mark Davis & Alison Etheridge, Louis Bachelier’s Theory of Speculation, S. 12; Andrew W. Lo, Adaptive Markets, 18 f. 167  Louis Bachelier, Annales scientifiques de l’École Normale Supérieure, 3e série, 17 (1900), S. 34 = Mark Davis & Alison Etheridge, Louis Bachelier’s Theory of Speculation, S. 130 (Hervorh. wie im Original).

§ 7 Erfüllungsmodi: Natural‑ und Pekuniarerfüllung In den vorangegangenen zwei Kapiteln war ausschließlich die Rede davon, wie die Parteien eines Tausch‑ oder Kaufvertrages das Leistungsprogramm des Austausches durch die Festsetzung des Tauschverhältnisses respektive des Preises definieren können und wie man das wirtschaftliche Ergebnis, das sich infolge des naturalen Leistungsaustausches einstellt, genau erfassen und bemessen kann. Beschrieben wurde also, welche Wirkung die vertragsgemäße Erfüllung durch den Austausch Ware gegen Ware beziehungsweise Ware gegen Geld hat – welche vermögensmäßigen Wirkungen sich nämlich infolge des reell durchgeführten Leistungsaustauschs relativ zum Marktpreis einstellen. Nicht behandelt wurde, was die Konsequenz der Nichtleistung ist oder die Frage nach der Bindungswirkung von Austauschverträgen in einer Privatrechtsordnung. Als Konsequenz der Nichterfüllung kennen wir heute grundsätzlich zwei Reaktionsmöglichkeiten: die staatlich-zwangsweise Durchsetzung des Naturalerfüllungsanspruchs beziehungsweise nach dem anglo-amerikanischen Rechtsverständnis die Durchsetzung durch die gerichtliche Anordnung von specific performance168 (1), sowie die Entstehung eines Geldanspruchs, gerichtet auf das Pekuniarinteresse, den Schadensersatz statt der Leistung oder money damages (2).169 Dem entspricht die (akademisch-systematische) Unterscheidung zwischen dem Primär(erfül‑ lungs)anspruch, der auf die Erfüllung in Natur bezogen ist, und dem Sekundär‑ anspruch, der auf den Nichterfüllungsschaden oder  – was gleichbedeutend ist und der Terminologie des BGB seit 2002 entspricht – den Schadensersatz statt der Leistung ausgerichtet ist.170 Zwischen der Bewirkung des vertraglichen Leistungsprogramms durch den gegenseitigen Leistungsaustausch unter den Parteien beziehungsweise der zwangsweisen Durchsetzung unter Zuhilfenahme staatlicher Institutionen und der ersatzweisen Zahlung von Schadensersatz statt der Leistung besteht ein qualitativer Unterschied. Die Naturalerfüllung ist auf die reale Leistungserfüllung ausgerichtet. Mit der realen Leistungsbewirkung wird ein möglicherweise – wirtschaftlich kaum 168 Pointiert Garet Jones & William Goodhart, Specific Performance, S. 1: „Specific performance is a decree of the court which compels the defendant personally to do what he promised to do.“. 169  Zur Verwendung der Termini siehe nur Marc-Philippe Weller, Die Vertragstreue, S. 29–32 m. w. N. 170  Vgl. statt vieler Ulrich Huber, Schadensersatz statt der Leistung, AcP 210 (2010), 319, 321 und Michael Bridge, Remedies and Damages, in: International Sales Law, Ch. 19 Rn. 17 f.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

127

zu messendes – an einem besonderen Gegenstand bestehendes Affektionsinteresse befriedigt, wenn nämlich der jeweilige Gegenstand am Markt nicht oder nicht einfach ersatzweise erhältlich ist.171 So führt etwa die naturale Erfüllung durch den Schuldner oder die zwangsweise und  – nicht notwendigerweise  – erfolgreiche Durchsetzung der Naturalerfüllung zum Eigentumserwerb am Giacometti, dem ersehnten Baugrund oder der besonders angefertigten Produktionsmaschine. Ist eine Ware hingegen ersatzweise erhältlich, so kann mit Hilfe der Zahlung von Schadensersatz das gewollte Geschäft am Markt repliziert werden. Damit verschiebt sich die rechtlich relevante Fragestellung: Während bei der Durchsetzung des realen Leistungsaustausches die wirtschaftliche Bewertung des Vertrages irrelevant ist, so muss bei der Bemessung des Pekuniarinteresses über die Bemessungsgrundlage des Kaufs als Marktaustausch gesprochen werden oder kurz: wie der Nichterfüllungsschaden zu beziffern ist. Replizieren bedeutet in diesem Zusammenhang den Schadensersatz statt der Leistung, expectation interest oder performance interest, zu ermitteln: Der Schadensersatzgläubiger ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Vertrag durch den gegenseitigen Leistungsaustausch erfüllt worden wäre.172 Zudem stellt sich die Frage nach dem Schicksal der Gegenleistungsansprüche, wie nämlich aus zwei gegenseitigen Ansprüchen – dem Kaufpreisanspruch des Verkäufers und dem Lieferungsanspruch des Käufers – ein Anspruch auf den Schadensersatz wird. Das Verhältnis von Primär‑ und Sekundärebene wird klassischerweise durch die Gegenüberstellung der Struktur des Erfüllungsanspruchs im common law und civil law illustriert.173 Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, werden ganz unterschiedliche Perspektiven auf die Sachfragen eingenommen. Zudem besteht in den beiden unterschiedlichen Rechtsfamilien ein grundverschiedenes Regel-Ausnahmeverhältnis, wann nämlich der Naturalerfüllungsanspruch zwangsweise durchgesetzt werden kann und in welchen Fällen nur das Pekuniarinteresse eingefordert werden kann. Die Unterschiede dürfen aber nicht überbetont werden, da, wie etwa Ulrich Huber einmal gesagt hat, auch im deutschen Recht das „praktische Gewicht“ auf der Gewährung von Schadensersatz statt der Leistung liegt und „der Anspruch auf die Erfüllung in Natur […] eher ergänzende Bedeutung“174 habe.  Dazu auch Daniel Friedmann, Specific Performance or Damages, FS Mestmäcker, S. 1025. Berechnung des Nichterfüllungsschadens sogleich ausführlich unter § 8. 173  Dazu aus der reichhaltigen, kaum noch zu überblickenden Literatur: Chris Thomale & Steffen Lindemann, in: BeckOGK01.10.2018, Art. 28 CISG Rn. 2 ff.; Hein Kötz, Europäisches Vertragsrecht2, S.  289 ff.; Jan M. Smits, Contract Law2, S.  193 ff.; Hector L. MacQueen, Barba‑ ra Dauner-Lieb & Peter Tettinger, Specific Performance and Right to Cure, in: The Common European Sales Law in Context, S. 612 ff.; Florian Faust & Volker Wiese, Specific Performance – a German Perspective, in: Specific Performance in Contract Law, S. 47 ff.; Michael Stürner, Die Grenzen der Primärleistungsansprüche im Europäischen Vertragsrecht, ERPL 2 (2011), 167 ff. 174  Ulrich Huber, AcP 201 (2010), 319, 322; ähnlich Florian Faust & Volker Wiese, in: Specific Performance in Contract Law, S. 47 unter Hinweis auf Henrik Lando & Caspar Rose, On the 171

172 Zur

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

I. Zwei unterschiedliche Perspektiven Im Ausgangspunkt scheint der Erfüllungsanspruch im common law und civil law grundverschieden ausgestaltet zu sein, indem der materiellrechtlich gedachte Naturalerfüllungsanspruch deutscher Prägung dem Rechtsbehelfsmodell englischer Prägung gegenübersteht.175

1. civil law: Forderung und Anspruch Im civil law soll der Primärleistungsanspruch auf die Naturalleistung ausgerichtet sein, da er in jedem Fall auch gerichtlich durchgesetzt werden könne und nicht „nur“ auf Schadensersatz gerichtet sei.176 Im deutschen Recht entspricht der Inhalt der Forderung dem Inhalt des klagbaren Anspruchs.177 Ein klagbarer Anspruch entsteht durch die Verletzung der Forderung und kann durch staatlich vermittelten Rechtszwang, also durch Realkondemnation, nämlich der Verurteilung zur naturalen Leistung im Erkenntnisverfahren und der nachfolgenden Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung, erzwungen werden.178 Infolge der zwangsweisen Durchsetzung der Naturalerfüllung erhält der Käufer in Deutschland idealerweise das Eigentum an der begehrten Kaufsache oder der Verkäufer kann die Abnahme179 durch den Käufer durchenforcement of specific performance in Civil Law countries, International Review of Law and Economics 24 (2004), 473 ff. 175 Eingehend dazu Marc-Philippe Weller, Die Struktur des Erfüllungsanspruchs im BGB, common law und DCFR – ein kritischer Vergleich, JZ 2008, 764 ff.; ferner kurz Florian Faust & Volker Wiese, in: Specific Performance in Contract Law, S. 47, 50: „Under German law, specific performance is a concept of substantive law, unrelated to the question of how to enforce a judgement.“; siehe auch Horst Heinrich Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 169 ff. 176  Vgl. Tilman Repgen, in: HKK, §§ 362–371 Rn. 1: „Der klagbare Erfüllungsanspruch ist dem Schuldverhältnis [sc. des deutschen bürgerlichen Rechts] […] immanent.“; aus der rechtsvergleichenden Literatur: Hein Kötz, Europäisches Vertragsrecht2, S. 290, 296; Jan M. Smits, Contract Law2, S. 193 (woraus sich aber ergeben soll, dass in „civil law jurisdictions“ Verträge als „moral device“ angesehen werden, bleibt unklar); umfassend Thomas Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S. 219 ff. 177 Chris Thomale, Die Einrede als materielles Gestaltungsrecht, AcP 212 (2012), 920, 928 ff. und ders., Leistung als Freiheit, S. 184 f. (dort auch zu den hier nicht weiter interessierenden Konstellationen forderungsentkleideter Ansprüche und anspruchsentkleideter Forderungen); Johann Braun, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, § 3 III. 2. b) (= S. 42 ff.); Florian Loyal, Ungeschriebene Korrekturinstrumente im Zivilprozeßrecht, § 7 II. 2. a) (= S. 158): „Die materiell‑ rechtliche Rechtfertigung eines Prozesses (bzw. eines stattgebenden Urteils) ergibt sich bei der Leistungsklage aus dem Anspruch.“ (Hervorh. wie im Original). 178  Vgl. prägnant insgesamt zur Abgrenzung zwischen materiellem Recht und Prozessrecht im deutschen Recht, insb. zur Trennung zwischen materiellrechtlichem „Sollen“ und prozessualem „Sein“, Florian Loyal, Ungeschriebene Korrekturinstrumente im Zivilprozeßrecht, § 7 I. (= S. 146 ff.). 179  Nach § 887 ZPO, dazu Florian Faust, in: BeckOK-BGB47Ed., § 433 Rn. 59; Ulrich Huber, in: Soergel12, § 433 Rn. 268; Günter Hager, Rechtsbehelfe des Verkäufers, S. 126 ff.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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setzen.180 Über die „Umwandlung“ des Naturalerfüllungsanspruchs entscheidet grundsätzlich der Leistungsgläubiger, der nach Ablauf einer Nachfrist den Schadensersatz statt der Leistung einfordern kann.181

2. common law: Rechtsbehelfsmodell Demgegenüber entspricht es der gängigen Erklärung, dass das common law grundsätzlich auf die Pekuniarkondemnation hin ausgerichtet ist, da specific per‑ formance als discretionary remedy des law of equity nur in seltenen Fällen verfügbar ist, wenn nämlich Geldersatz inadäquat ist, wie etwa bei Unikaten und insbesondere Grundstücken.182 Ist also regelmäßig specific performance nicht verfügbar, so unterscheidet sich der Inhalt des primary right, das als Soll-Zustand die naturale Erfüllungsleistung festlegt, vom remedy, welches auf Geld gerichtet ist. Mit Johann Braun kann man in der Sprache des deutschen Rechts formulieren: „Das Schutzmittel der Forderung, der klagbare Anspruch also, hat hier einen ganz anderen Inhalt als die Forderung selbst.“183 Ein wesentlicher Unterschied besteht zudem darin, dass zwei Regelungsebenen in den common law-Gesetzeswerken existieren, indem einerseits die primary rights geregelt sind und zum anderen die aus der Perspektive der gerichtlichen Durchsetzung gedachten remedies.184 So ergibt sich etwa im englischen Kaufrecht nicht bereits aus der primary duty das Recht, auch klageweise dieses Recht durchzusetzen, sondern dies ist Frage der remedy-Ebene.185 So bestimmt Section 27 des Sales of Goods Act 1979186: „It is the duty of the seller to deliver the goods, and of the buyer to accept and pay for them, in accordance with the terms of the contract of sale.“ Parallel dazu legt Section 51 des Sales of Goods Act 1979 als „action for breach of contract“ im Fall der Nichtlieferung als remedy des Käufers fest: „Where the buyer wrongfully neglects or refuses to accept and pay for the goods, the seller may maintain an action against him for damages for non-acceptance.“

180 Zu dem zwangsvollstreckungsrechtlichen Instrumentarium vgl. Tilman Repgen, in: HKK, §§ 362–371 Rn. 1; Florian Faust & Volker Wiese, in: Specific Performance in Contract Law, S. 47, 48; zu den historischen Grundlagen Wolfgang Ernst, Der Erfüllungszwang bei der Gattungsschuld in der Prozessrechtsgeschichte des 19. Jh., FS Nörr, S. 217 ff. 181 Dazu noch ausführlich unter § 7 II. 182  Vgl. Marc-Philippe Weller, Die Vertragstreue, S. 132 ff., 402 ff. jeweils m. w. N. 183  Johann Braun, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, § 3 III. 2. b) (= S. 43). 184 Marc-Philippe Weller, JZ 2008, 764, 768 f. 185  Marc-Philippe Weller, JZ 2008, 764, 768. 186  Zur Kodifikation des Kaufrechts im Sale of Goods Act 1893, siehe Susanne Zwirlein, Versprechen und Zufall, S. 72 ff.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

a. Judical remedies und self-help remedies Das englische Recht ist, wenn im Sales of Good Act die Rede davon ist, der Verkäufer beziehungsweise der Käufer „may maintain an action“, vom Rechtsschutz aus gedacht, so wie das klassische römische Recht vom aktionenrechtlichen Denken geprägt war.187 Eine solche Perspektive scheint auf Anhieb gerade bei Vertragsbruch-Konstellationen („actions for breach of contract“) nachvollziehbar zu sein, da, wie Josef Esser einmal die Bedeutung des Gerichtsschutzes für das Recht umschrieben hat, auf den Rechtsbruch der Rechtszwang folgt.188 Und, so könnte man weiter folgern, mag es zwar theoretisch interessant sein, über den materiell-rechtlichen Sollzustand nachzudenken, so ist dies praktisch uninteressant, wenn keine Chancen bestehen, das „Sollen“ auch prozessual zum „Sein“ zu machen.189 Interessanterweise wird aber nun gerade im anglo-amerikanischen Recht als mögliche remedies for breach of contract zwischen den selfhelp remedies und den judical remedies unterschieden.190 Unter einem judicial remedy kann man etwa mit Andrew Burrows191 „the relief (whether an order or a pronouncement) that a person can seek from a court“ verstehen.192 Alles, was der Richter zuerkennen kann, und unter welchen Voraussetzungen dies zu erfolgen hat, ist in den remedies kodiert.193 Den vom Rechtsschutz aus gedachten judicial remedies stehen die self-help remedies gegenüber, die den Fokus auf die Handlungsoptionen der Subjekte legen. Denkbar sind die physische Selbsthilfe („physical self-help“), wie sie uns im BGB in Form des § 229 BGB bekannt ist, die im Folgenden jedoch nicht weiter relevant ist, und die rechtliche Selbsthilfe („legal self-help“).194 Die Funktion der selfhelp remedies besteht nun darin, dass ohne gerichtliche Hilfe materielle Rechts187 Dazu

Fritz Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S. 22, 28 f.; zu den Parallelen zwischen dem mittelalterlichen englischen writ-System und der actio vgl. Hans Peter, Actio und Writ, 1957 und Konrad Zweigert & Hein Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung3, § 14 II. (= S.  178 ff.). 188 Josef Esser, Einführung in die Grundbegriffe des Rechtes und Staates, § 79 (= S. 164 f.). 189  Vgl. hierzu auch die Charakterisierung des mittelalterlichen writ-Systems durch Frederic William Maitland, Outlines of English Legal History, in: Collected Papers II., S. 476: „We may argue that if there is no writ there is no remedy, and if there is no remedy there is no wrong; and thus the register of writs in Chancery becomes the test of rights and the measure of law. Then round each writ a great mass of learning collects itself. He who knows what cases can be brought within each formula knows the law of England. The body of law has a skeleton and that skeleton is the system of writs. Thus our jurisprudence took an exceedingly rigid and permanent shape; it became a commentary of formulas.“. 190 Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 3.104 ff. 191  Judical Remedies, in: English Private Law3, Rn. 21.01.; siehe auch dens., Remedies for Torts and Breach of Contract3, S. 1 ff. 192 Siehe auch zur Natur und Funktion von judicial remedies Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 3.107. 193  Zu den prozessualen Konsequenzen Marc-Philippe Weller, JZ 2008, 764, 768 f. 194 Daniel Friedmann, Termination of contract on the ground of its breach and the contractual risk allocation, FS Heldrich, S. 615.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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folgen herbeigeführt werden können.195 Als Beispiel werden genannt set-off 196 (Aufrechnung), rescission197 (Anfechtung), resale (Deckungsverkauf) und – hier uns interessierend – termination of the contract for breach.198 Die Erklärung der termination bewirkt by operation of law die Umwandlung der gegenseitigen primären Leistungspflichten in einen Schadensersatzanspruch. Die Wirkung dieses Übergangs hat Lord Reid folgendermaßen umschrieben: „For the breach of any contract the normal remedy is damages in money. The contract may have been to deliver, say, 100 tons of wheat. If the party fails to deliver somehow that obligation disappears and by operation of law is replaced by an obligation to pay money. So it appears to me that when a contract is brought to an end by repudiation accepted by the other party all the obligations in the contract come to an end and they are replaced by operation of law by an obligation to pay money damages. The damages are assessed by reference to the old obligations but the old obligations no longer exist as obligations. Were it otherwise there would be in existence simultaneously two obligations, one to perform the contract and the other to pay damages. But that could not be right. The only legal nexus remaining is the obligation to pay the damages; so here when the respondents elected to end the company’s contract by treating their fundamental breach as a repudiation and accepting it, their right against the company became a right to get damages.“199

Gleichermaßen lesenswert ist auch die Stellungnahme Lord Diplocks aus demselben Urteil: „The primary obligations of the party in default to perform any of the promises made by him and remaining unperformed likewise come to an end as does his right to continue to perform them. But for his primary obligations there is substituted by operation of law a secondary obligation to pay to the other party a sum of money to compensate him for the loss he has sustained as a result of the failure to perform the primary obligations. This secondary obligation is just as much an obligation arising from the contract as are the primary obligations that it replaces […].“200

Die Ausführungen sind gerade aus einer komparativen Perspektive sehr interessant, da sie zeigen, wie sich der „Substitutionsvorgang“201 von der Naturalerfüllung zur Pekuniarerfüllung im englischen Recht vollzieht.

195 Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 3.105; Daniel Friedmann, FS Heldrich, S.  615 f.; Solène Rowan, Resisting Termination: Some Comperative Observations, in: Defences in Contract, S. 163, 164; Mark P. Gergen, A Theory of Self-Help Remedies in Contract, B. C. L. Rev. 89 (2009), 1397 ff. 196  Dazu Reinhard Zimmermann, Comparative Foundations of a European Law of Set-off and Prescription, S. 29. 197 Dazu Birke Häcker, Consequences of Impaired Consent Transfers, S. 20 f. 198  Dazu Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 3.106 und 3.137; ders., in: Chitty on Contracts32, Rn. 24–001; Michael G. Bridge, The Sales of Good3, Rn. 10.03; John Cartwright, Contract Law, S. 258. 199  Moschi v Lep Air Services Ltd. (1973) AC 331, 345 (Hervorh. hinzugefügt). 200  Moschi v Lep Air Services Ltd. (1973) AC 331, 350. 201 Marc-Philippe Weller, Die Vertragstreue, S. 142.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge primary obligation anticipatory breach breach

secondary obligation: money damages

Vertragsschluss time for performance termination Abbildung 12: Termination als self-help remedy

Sie helfen nachzuvollziehen, dass auch im englischen Recht der Übergang zum Nichterfüllungsschaden an eine materiellrechtlich konstruierte Parteierklärung anknüpft, indem die Erklärung der termination als self-help remedy konzipiert ist, ohne die Hilfe des Gerichts verfügbar ist, und damit gedanklich der möglicherweise nachfolgenden gerichtlichen Durchsetzung durch die remedies vorgelagert ist.202 Das ist auch praktisch von großem Interesse, da sie rational handelnden Parteien den Weg zur Vertragserfüllung durch money damages zeigen. Ist nämlich klar, dass der Vertrag „terminiert“ wurde, so richtet sich der Vertrag nur noch auf eine Geldsumme. Wenn die Bewertungsbasis des Schadensersatzes etwa aufgrund eines Deckungsgeschäftes klar ist, sollte es im Interesse beider Parteien liegen, den Vertrag durch die Begleichung des Pekuniarinteresses out of court zu regeln.203 Eines Gerichts, ganz abgesehen von den mit einem Verfahren verbundenen, vermeidbaren Transaktionskosten, bedarf es hierzu nicht, da die obligation to pay money damages bereits durch die operation of law existiert. b. „Der Vertrag: Haftungs‑ oder Erfüllungsversprechen?“ 204 Das Regel-Ausnahmeverhältnis von money damages und specific performances bildet den Nährboden für eine überaus wirkungsmächtig in der rechtsökonomischen Literatur sowie auch der deutschsprachigen rechtsvergleichenden Literatur vertretene Auffassung, dass Vertragsverhältnisse im anglo-amerikanischen Rechtskreis als bloßes Haftungs‑ oder Garantieversprechen charakterisiert werden können.205 Prägend und legendär geworden ist eine Feststellung von Oliver Wendel Holmes, dass die Verpflichtung zur Vertragserfüllung nur bedeute, im Fall des Vertragsbruchs Schadensersatz zu zahlen, nicht mehr, nicht weniger. „Nowhere is the confusion between legal and moral ideas more manifest than in the law of contract. Among other things, here again the so-called primary rights and duties are invested with a mystic significance beyond what can be assigned and explained. The duty 202  Vitol SA v Norelf Ltd, The Santa Clara (1996) AC 800, HL; siehe auch Andrew Burrows, A Restatement of the English Law of Contract, Nr. 19 Termination (= S. 109 ff.). 203  Vgl. hierzu auch Mindy Chen-Wishart, Contract Law5, S. 503. 204  In Anlehnung an den Titel des Beitrags von Marc-Philippe Weller, GS Unberath, S. 447. 205 Marc-Philippe Weller, GS Unberath, S. 447 ff.

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to keep a contract at common law means a prediction that you must pay damages if you do not keep it – and nothing else. If you commit a tort, you are liable to pay a compensatory sum. If you commit a contract, you are liable to pay a compensatory sum unless the promised event comes to pass, and that is all the difference. But such a mode of looking at the matter stinks in the nostrils of those who think it advantageous to get as much ethics into the law as they can.“206

Holmes Ausführungen haben großen Einfluss nicht nur auf die unterschiedlichsten Erklärungsansätze des amerikanischen Vertragsrechts ausgeübt, sondern auch den Standpunkt der deutschen rechtsvergleichenden Literatur über die Klassifizierung der Natur von Erfüllungsansprüchen in den unterschiedlichen Rechtsordnungen maßgeblich geprägt. So haben sie Max Rheinstein207 und Ernst Rabel208 zur Aufstellung der These veranlasst, die auch von weiten Teilen des deutschen rechtsvergleichenden Schrifttums bis heute geteilt wird, dass das Vertragsversprechen at common law nur Garantieversprechen seien.209 Sie haben, um auf die amerikanische Rechtswissenschaft zu sprechen zu kommen, Grant Gilmore dazu bewogen, den „Death of Contract“ auszurufen und festzuhalten, dass „‘contract’ is being reabsorbed into the mainstream of ‘tort’“210. Sie haben schließlich zu der oft beschriebenen theory of efficent breach of contract geführt.211 Nach einem der Hauptproponenten dieser Lehre, Richard Posner, soll ein System der Rechtsbehelfe „give the party to a contract an incentive to fulfill his promise, unless the result would be inefficient use of resources …“212. Wenn V eine Sache zunächst an den Käufer A und – zu einem höheren Preis – an Käufer B verkaufe, so solle V den Vertrag mit A brechen und die Sache an B liefern und an A Schadensersatz zahlen. Diese Lösung sei „effizienter“ im Sinne einer Allokationseffizienz, da die Sache für B mehr wert sei als für A.213 206 Oliver

Wendel Holmes, The Path of the Law, Harv. L. Rev. 110 (1897), 991, 995; siehe davor dens., The Common Law, S. 301; vgl. ferner die Ausführungen von Holmes in Globe Re‑ fining Company v Landa Cotton Oil Company, 190 U. S. 540, 543 (1903). 207 Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S. 233: „Der Vertrag selbst erscheint als Garantie einer in Aussicht gestellten Leistung“. 208  Recht des Warenkaufs I., § 33 II. 1. (= S. 263): „Abweichend von den kontinentalen Systemen geht das common law von dem Gedanken aus, dass durch einen schuldrechtlichen Vertrag keine Ansprüche auf Erfüllung begründet werden, sondern nur Ansprüche auf Schadensersatz […], also wegen Vertragsbruchs (breach of contract). So bedeutet der Vertrag im common law rechtlich ein Garantieversprechen: der Schuldner verspricht Schadensersatz für den Fall, daß er die vertraglich versprochenen Leistungen nicht oder nicht richtig erfüllt.“. 209  Vgl. dazu die Nachw. bei Marc-Philippe Weller, GS Unberath, S. 448 Fn. 10. 210  Grant Gilmore, The Death of Contract2, S. 95; dazu auch Marc-Philippe Weller, GS Unberath, S. 447, 449 f. 211  Vgl. hierzu nur Gregory Klass, Efficent Breach, in: Philosophical Foundations of Contract Law, S. 362 ff. und Gerhard Wagner, Privatrechtsdogmatik und ökonomische Analyse, FS Canaris zum 80. Geburtstag, S. 281, 315 ff. 212  Richard A. Posner, Economic Analysis of the Law1, S. 56 (1972); vgl. auch in abgewandelter Form die 9. Aufl. (2014), S. 13 f. 213 Eric A. Posner, Contract Law and Theory, § 8.4. (= S. 177): „We define efficiency here to mean that the widget ends up in the hands of the party who values it the most.“.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Ein sehr verbreiteter Ansatz im amerikanischen Recht ist es zudem, den Vertragsbruch – nicht technisch, also nicht im Sinne eines Finanzmarktinstrumentes – als option und money damages als Prämie für die Abwicklung des Vertrages anzusehen.214 Auf der anderen Seite wird, ersichtlich ohne weitere Durchschlagskraft, versucht, eine moralische Verpflichtung zu etablieren, dass Verträge in natura zu erfüllen seien.215 Wie Victor P. Goldberg griffig zusammenfasst, wird die „decision to terminate […] not viewed as a choice, but as a wrong“216.

II. Umwandlungsmechanismen Wenn, wie soeben ausgeführt wurde, im common law als Folge der termination der Leistungsgläubiger seinen Nichterfüllungsschaden gegenüber dem Schuldner geltend machen kann, wie verläuft dann die Umwandlung vom Naturalerfüllungsanspruch zum Pekuniaranspruch in den civil-law-Jurisdiktionen? Welche Instrumentarien sehen die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen vor, um die Transformation oder Umwandlung217 von der Primärebene zur Sekundärebene zu vollziehen? Einen guten Überblick der denkbaren Regelungsmechanismen und auch der Regelungsvielfalt, die sich auf dem europäischen Festland seit dem Zeitalter der Kodifikationen etabliert haben, gibt Art. 1224 des 2016 reformierten Code Civil.218 Danach kann sich die Auflösung (résolution) des Vertrages ergeben infolge einer (vertraglichen) Auflösungsklausel (clause ré‑ 214 Robert E. Scott & George G. Triantis, Embedded Options and the Case Against Compensation in Contract Law, Colum. L. Rev. 104 (2004), 1428 ff.; Alexander J. Triantis & George G. Triantis, Timing problems in contract breach decisions, J. L. & Econ. 41 (1998), 163 ff.; Victor P. Goldberg, Framing Contract Law, S. 5, 233 ff.; ders., Rethinking Contract Law and Contract Design, S.  16 ff.; Douglas G. Baird, Reconstructing Contract, S. 77; Avery W. Katz, The Option Element in Contracting, Va. L. Rev. 90 (2004), 2187 ff.; Paul G. Mahoney, Contract Remedies and Options Pricing, 24 J. Legal Stud. 24 (1995), 139 ff. 215  Vgl. einerseits Charles Fried, The Ambition of Contract as Promise, in: Philosophical Foundations of Contract Law, S. 17 ff.; Seana Shiffrin, Could Breach of Contract Be Immoral?, Mich. L. Rev. 107 (2009), 1551 ff.; anderseits Steven Shavell, Is Breach of Contract Immoral?, Emory L. J. 56 (2006), 439 ff. 216  Victor P. Goldberg, Rethinking Contract Law and Contract Design, S. 17. 217 Vgl. Helmut Heinrichs, Die Transformation des Erfüllungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch, FS Derleder, S. 87, der von „Transformationsregelungen“ spricht; ferner Ulrich Huber, Der Begriff der Pflichtverletzung, in: Reform des deutschen Schuldrechts, S. 23, 33: „Umwandlungsprinzip“; für eine komparative Umschau auf dem Stand des Jahres 1988, die die gesetzlichen Regelungen in den Blick nimmt, vgl. Guenter H. Treitel, Remedies for Breach of Contract, Anm. 342–348; ders., Remedies for Breach of Contract, in: International Encyclopedia of Comparative Law, Volume VII., Tübingen 1976, S. 112 ff.; Simon Laimer, Durchführung und Rechtsfolgen der Vertragsaufhebung bei nachträglichen Erfüllungsstörungen, 2009; ferner jüngst Jens Kleinschmidt, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:301 Rn. 2 ff. 218 Zur großen Reform des französischen Obligationenrechts vgl. Ulrike Babusiaux & Clau‑ de Witz, Das neue französische Vertragsrecht – Zur Reform des Code Civil, JZ 2017, 496 ff.;

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solutoire) (i), im Fall hinreichend schwerer Nichterfüllung, durch Notifikation des Gläubigers an den Schuldner (en cas d’inexécution suffisamment grave, d’une notification du créancier au débiteur) (ii) oder durch gerichtliche Entscheidung (décision de justice) (iii). Hinter der Neuregelung der Gründe für eine résolution steht ein grundlegender Wandel der Ausrichtung des Leistungsstörungsrechts im Fall der Nichterfüllung, so wie es ursprünglich im Code Civil von 1804 geregelt war.219 Der Code Civil sah ursprünglich in Art. 1184 vor, dass  – mit der ungeschriebenen Ausnahme etwa der Festlegung einer clause résolutoire im Handelsverkehr220 – nur das Gericht die Auflösung nebst Schadensersatz und Zinsen bewirken kann, der Richter aber dabei auch eine „Gnadenfrist“221, eine délai de grâce, zuerkennen konnte.222 Die Abkehr des französischen Rechts von der Konzeption der résolution durch richterlichen Gestaltungsakt und die Einführung der Herbeiführung der réso‑ lution durch notification, also durch eine die materielle Rechtslage gestaltende Parteierklärung, ist rechtsvergleichend wie auch rechtshistorisch überaus spannend, da sich hier eine Konversion der Lösungsmodelle nachvollziehen lässt. Historisch ist nämlich das Nachfristerfordernis, und damit die Möglichkeit, die materielle Rechtslage durch Wahl des Schadensersatzgläubigers zu gestalten, so wie wir es heute allgemein in § 281 BGB kennen, eine „Entdeckung“ des Kaufrechts des ADHGB, die in Auseinandersetzung mit der im Code Civil von 1804 vorgefundenen Lösung ausgearbeitet wurde.223 Mit der Reform des Code Civil aus dem Jahr 2016 schließt sich der Kreis, da nun auch das französische Recht als self-help remedy die Notifikation mit Fristsetzungs‑ und Begründungserfordernis (Art. 1224 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 Cc) anerkennt.

Hans-Jürgen Sonnenberger, Die Reform des französischen Schuldvertragsrechts, ZEuP 2017, 6 ff., 778 ff.; für eine deutsche Übersetzung vgl. S. 195 ff.; Francis Limbach, Die französische Reform des Vertragsrechts und weiterer Rechtsgebiete, GRP 2016, 161 ff. 219 Dazu Solène Rowan, The new French law of contract, ICLQ 66 (2017), 805, 823 f.; dies., Resisting Termination: Some Comperative Observations, in: Defences in Contract, S. 163, 181 f.; zur Ursprungsfassung ausführlich dies., Remedies for Breach of Contract, 2012. 220 Dazu Solène Rowan, Remedies for Breach of Contract, S. 84 f. 221 Ernst Rabel, Das Recht des Warenkaufs I., § 29 1. c) (= S. 204). 222  Konstruktiv baut das französische Recht auf der Annahme einer condiction résolutoire ta‑ cite, einer stillschweigenden auflösenden Bedingung, auf (vgl. Art. 1184 Abs. 1 Cc (1807)); dazu Ernst Rabel, Das Recht des Warenkaufs I., § 29 1. a) (= S. 202 f.); Reinhard Zimmermann, Law of Obligations, S. 803 ff.; ausführlich: Andrea Pinna, La mesure du préjudice contractuel, 2007 und Thomas Genicon, La résolution du contrat pour inexécution, 2007. 223 Artt. 354–356 ADHGB; zur Genese vgl. Artt. 250 f. Preuß-E HGB 1857 und Begründung, in: Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten, S. 129 ff.; W. Gelpcke, Zeitschrift für Handelsrecht 1 (1852), 3, 6–9; nachfolgend: Art. 298 f.Entwurf 1. Lesung (1857) und Art. 332–334 Entwurf 2. Lesung (1858) (beide abgedruckt in: Johannes Lutz, Protokolle, Beilagenband, 1858); vgl. ferner die Diskussion in der Nürnberger Kommission Johannes Lutz, Protokolle I., S. 592 ff., Protokolle V., S. 4593 ff.; Ulrich Huber, Wandelung im Recht des Handelskaufs, ZHR 161 (1997), 160, 165–168.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

1. Regelungskonzepte: Einheitslösung oder getrennte Regelungsstränge Wie exemplarisch am Beispiel des französischen Rechts ausgeführt wurde, kann die „Umwandlung“ durch den Schadensersatzgläubiger selbst oder ein Gericht herbeigeführt werden oder aber etwaige Rechtsfolgen sind bereits in einer vertraglichen Klausel festgelegt. Zu trennen ist davon die grundlegende und durchaus nicht triviale Frage, an welche dogmatischen Ebenen eine Rechtsordnung anknüpft, um die Umwandlung des ursprünglichen Schuldverhältnisses in ein Schadensersatz‑ und Rückgewährverhältnis zu bewerkstelligen. Mit Blick auf die deutschsprachigen Zivilrechtsordnungen sind hier zwei Ansätze zu identifizieren, ob nämlich für die Geltendmachung des Pekuniarinteresses sowie des Rücktritts ein einheitliches Regelungsregime oder getrennte Regelungsstränge bestehen.224 In klarer Verknüpfung stehen der Rücktritt und der Nichterfüllungsschaden im österreichischen Recht, da unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung der Leistung der Rücktritt erklärt und Schadensersatz gefordert werden kann (§§ 918 Abs. 1, 921 S. 1 ABGB).225 Dem entspricht die Lösung des UN-Kaufrechts, indem einheitlich an die Vertragsaufhebung (avoidance) (Artt. 49, 64 CISG) sowohl für den Schadensersatz (Artt. 75 f. CISG) als auch für die Rückabwicklung (Art. 81 CISG) angeknüpft wird.226 Und schließlich knüpfen auch die Principles of European Contract Law (PECL) einheitlich an die termi‑ nation an.227 Anders sieht dies im deutschen Recht aus, da mit § 325 BGB im Jahr 2002 der Schadensersatz vom Rücktritt entkoppelt wurde. Rücktritt und Schadensersatz können und müssen – wenn auch zumeist konkludent – gesondert voneinander geltend gemacht werden. Damit ist eine folgenschwere, ja fatale Entscheidung des ADHGB-Gesetzgebers228, die der BGB-Gesetzgeber von 1900 übernommen 224 Im Fokus der rechtsvergleichenden Literatur steht der Rücktritt, während der Nichterfüllungsschaden meist nur als thematischer Annex zum Rücktritt behandelt wird; vgl. Axel Flessner, Befreiung vom Vertrag wegen Nichterfüllung, ZEuP 5 (1997), 255 ff.; Reinhard Zimmermann, Remedies for Non-Performance, Edinburgh L.Rev. 6 (2002), 271, 301 ff.; siehe aber auch dens., Assessment of Damages, FS Coester-Waltjen, S. 921 ff.; Martin Schmidt-Kes‑ sel, Remedies for Breach of Contract in European Law, in: New Features in Contract Law, S. 183, 189. 225  Rudolf Welser & Brigitta Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II.14, Rn. 275; Simon Laimer, Durchführung und Rechtsfolgen der Vertragsaufhebung, S. 30 f.; ausführlich hierzu bereits Oskar Pisko, ZHR 80 (1917), 161, 212 ff. (in Abgrenzung zu den Regelungen des AHGB). 226  Vgl. dazu Ulrich Huber, Die Rechtsbehelfe der Parteien, in: Einheitliches Kaufrecht und Obligationenrecht, S. 199, 216. 227 Vgl. Artt. 9:301, 9:305 ff., 9:506 f. PECL; dazu Jens Kleinschmidt, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:301 Rn. 12 ff. und zur Terminologie, Introduction before Art. 9:301 Rn. 12. 228 Dagegen schon Levin Goldschmidt, Beilagenheft ZHR 3 (1860), S. 97 (zum Entwurf der II. Lesung des ADHGB).

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hatte, dass nämlich Rücktritt und Schadensersatz nicht kombiniert werden konnten,229 rückgängig gemacht worden.230 Mit § 281 BGB einerseits und § 323 BGB anderseits sind zwei unterschiedliche Regelungsstränge etabliert worden, die, wie noch zu zeigen sein wird, jedoch nicht hinreichend aufeinander abgestimmt sind und Folgeprobleme heraufbeschwören.231

2. Der Umwandlungsmechanismus des § 281 Abs. 4 BGB Für den heutigen deutschen bürgerlich-rechtlichen Verkehr ist der entscheidende Umwandlungsmechanismus in § 281 Abs. 4 BGB verankert, dem teils in der Literatur jedoch kaum Beachtung geschenkt wird232 oder dessen Bedeutung schlicht negiert233 wird. Die „Umwandlungserklärung“ des § 281 Abs. 4 BGB bildet die Grundlage für die Entstehung des Anspruchs auf den Schadensersatz statt der Leistung. Im Zeitpunkt und auf den Zeitpunkt des Zugangs dieser Erklärung bezogen, und nicht früher,234 kann der Gläubiger ein Deckungsgeschäft vornehmen und die Kosten aufgrund eines in diesem Zeitpunkt vorgenommenen konkreten Geschäftes beziffern oder aber die Kosten nach den Preisen des geographisch und stufenmäßig einschlägigen Markts abstrakt berechnen.235 Eine klare Sicht auf die kurz umschriebene Funktionsweise des § 281 Abs. 4 BGB wird jedoch durch eine Vielzahl von Streitfragen verdunkelt. So ist umstritten, wie das dogmatische Verhältnis zwischen Natural‑ und Pekuniarerfüllungsanspruch beschrieben werden soll: Während überwiegend angenommen wird, dass beide Ansprüche im Verhältnis einer sog. elektiven Konkurrenz236

229 Vgl. Art. 355 ADHGB, § 326 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.; so noch § 376 Abs. 1 S. 1 HGB aufgrund eines Redaktionsversehens (dazu Fn. II 268); siehe auch noch für den Standpunkt des Schweizer Rechts, Art. 107 S. 1 OR (dazu Theo Guhl, Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatz wegen Nichterfüllung, in: FG Wieland, Basel 1934, S. 134 ff.; Wolfgang Wiegand, in: Basler Kommentar-OR6, Art. 107 Rn. 3, 12 ff.). 230 Dazu auch Harm Peter Westermann, in: Erman15, § 325 Rn. 1 und Barbara Dauner-Lieb & Elena Dubovitskaya, in: NK-BGB3, § 325 Rn. 1 ff. 231  Dazu unten § 8 V. 3. a.E. 232  Vgl. etwa Beate Gsell, Die schadensrechtliche Einordnung der Mehrkosten eines vorzeitigen Deckungskaufes nach der „Zauberformel“[…], FS  Canaris zum 80. Geburtstag, S. 451 ff., die im Wesentlichen ohne Berücksichtigung des § 281 Abs. 4 BGB die Funktionsweise des § 281 BGB beschreibt. 233 So Stephan Lorenz, Das Deckungsgeschäft im System der Schadensarten, Liber Amicorum Leenen, S. 147, 167: „Mit Ablauf der Nachfrist (und nicht erst ab dem Zeitpunkt des Rücktritts oder des Schadensersatzverlangens) ist der Gläubiger berechtigt, ein Deckungsgeschäft auf Kosten des Schuldners vorzunehmen.“. 234  Dazu noch ausführlich unter § 8 I. 4. b. 235  Vgl. dazu in aller Kürze BGHZ 197, 357 = NJW 2013, 2959 Rn. 27 („Biodiesel“) und Dagmar Kaiser, Schadensersatz neben oder statt der Leistung, FS H. P. Westermann, S. 351, 357. 236  Vgl. nur Harm Peter Westermann, in: Erman15, § 281 Rn. 20 m. w. N.

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stehen sollen, wird vereinzelt das Verhältnis als Wahlschuld237 eingeordnet oder sogar von zwei238 nebeneinander bestehenden Ansprüchen gesprochen. Das gedankliche Problem all dieser Ansätze besteht darin, dass die Vorstellung eines Nebeneinanders zwischen Naturalerfüllungsanspruch und Nichterfüllungsanspruch befördert wird, wobei es um die Frage der zeitlich aufeinanderfolgenden Umwandlung geht.239 Die Vorstellung wird auch durch die Abfassung des § 281 Abs. 1 S. 1 BGB genährt, nach welcher der Gläubiger, soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht erbringt und eine Nachfrist erfolglos bestimmt wurde, unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB darf jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss zusammen mit § 281 Abs. 4 BGB gelesen werden. Zeitgleich existiert niemals zugleich ein Naturalerfüllungsanspruch und ein Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung, sondern es sind zwei aufeinander aufbauende, denkbare Szenarien zu unterscheiden.240 Es besteht entweder ein Anspruch auf Naturalerfüllung und – mit Ablauf der Nachfrist oder im Fall der Entbehrlichkeit sofort – die Gestaltungsoption (§ 281 Abs. 4 BGB), auf den Nichterfüllungsschaden überzugehen (i) oder aber die Gestaltungsoption wurde ausgeübt und es besteht nur noch der Anspruch nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB (ii). Nichts anderes hat auch der VIII. Zivilsenat in der Biodiesel-Entscheidung ausgeführt: „Der Gläubiger kann aber – selbstverständlich – nicht beides verlangen. Deshalb erlischt der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung, wenn er statt der Leistung Schadensersatz verlangt (§ 281 Abs. 4 BGB). Umgekehrt schließt auch die Erfüllung, auf die der Kl. die Bekl. erfolgreich in Anspruch genommen hat, einen Anspruch auf Erstattung von (Mehr‑)Kosten eines zuvor getätigten eigenen Deckungsgeschäftes aus.“241

Den Vorgang der Umwandlung und das Verhältnis der Primäransprüche und des Sekundäranspruchs hat auch Lord Reid zum englischen Recht in der bereits 237  So etwa Martin Schwab, Schadensersatzverlangen und Ablehungsandrohung nach der Schuldrechtsreform, JR 2003, 133, 134 ff.; dagegen überzeugend Matthias Jacobs, Erfüllungsverlangen und Erfüllbarkeit nach Ablauf der Nachfrist, FS Otto, S. 137, 142 ff. 238  Helmut Heinrichs, FS Derleder, S. 87, 105. 239  Vgl. Harm Peter Westermann, in: Erman15, § 281 Rn. 20 und Matthias Jacobs, FS Otto, S. 137, 141: „Nebeneinander“; Carsten Herresthal, ZIP 2006, 883, 886 „neben“; vorsichtiger Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 281 Rn. 72 „Doppelberechtigung“ und Rn. 73: „Solange der Gläubiger nicht Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat […], kann er wahlweise den Erfüllungsanspruch verfolgen oder zum Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung übergehen.“; zu ungenau und so nicht richtig Stephan Lorenz, Liber Amicorum Leenen, S. 147, 158: „Mit Ablauf der vom Gläubiger gesetzten Nachfrist sind ein Rücktrittsrecht und ein Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung entstanden“ (siehe aber auch S. 153, wo auf § 281 Abs. 4 BGB abgestellt wird). 240  Unhaltbar Helmut Heinrichs, FS Derleder, S. 87, 105; dagegen auch Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 281 Rn. 73. 241  BGHZ 197, 357 = NJW 2013, 2959 Rn. 29 („Biodiesel“).

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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angeführten Entscheidung M ­ oschi v. Lep Air Services Ltd. in bemerkenswerter Klarheit umschrieben, die es lohnt, hier zu zitieren: „The damages are assessed by reference to the old obligations but the old obligations no longer exist as obligations. Were it otherwise there would be in existence simultaneously two obligations, one to perform the contract and the other to pay damages. But that could not be right.“242

Eng verzahnt und gleichermaßen umstritten ist die Frage nach der Rechtsnatur und den Rechtsfolgen der Erklärung nach § 281 Abs. 4 BGB. So wird sie als rechtsgeschäftsähnliche Erklärung charakterisiert, die nach der Differenztheorie auch zum Erlöschen der Gegenleistungspflicht führt.243

3. Variantenvielfalt Das in § 281 BGB angelegte dispositive244 Nachfristmodell ist nur ein möglicher Ansatz, wie die Transformation von der Primär‑ zur Sekundärebene bewirkt werden kann.245 Systematisch lassen sich drei historisch gewachsene Regelungsbereiche identifizieren, die die Transformation rechtstechnisch herbeiführen und die nachfolgend eingehend analysiert werden sollen: das Nachfristerfordernis im allgemeinen Zivilrecht (unter a.), die Fallgruppe der nicht eigens kodifizierten, nach der ganz überwiegenden Auffassung an das Institut der Unmöglichkeit anknüpfenden absoluten Fixgeschäfte (unter b.) sowie die relativen Fixgeschäfte, die, aus einer rechtsvergleichenden Perspektive, mit unterschiedlichen Rechtsfolgen teils im allgemeinen Zivilrecht, teils im Handelsrecht geregelt oder auch ausschließlich im allgemeinen Zivilrecht verankert sind (unter c.). a. Nachfrist oder richterliche Gnadenfrist Im allgemeinen Zivilrechtsverkehr bedarf es grundsätzlich der Setzung einer Nachfrist (§ 281 Abs. 1 BGB, Art. 107 Abs. 1 OR, § 918 ABGB; s. a. Art. 1226 Abs. 1 S. 2 Cc).246 Der Nichterfüllungsschaden kann grundsätzlich erst nach  Moschi v Lep Air Services Ltd. (1973) AC 331, 345. sogleich unter § 7 II. 3. a. 244  Vgl. dazu unter Berücksichtigung des AGB-Rechts Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-­ BGB8, § 281 Rn. 166 ff. 245 Vgl. dazu auch die Übersicht von Jens Kleinschmidt, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:301 Rn. 3 ff. 246  Art. 107 Abs. 1 OR: „Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen […].“; § 918 Abs. 1 ABGB: „Wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären.“; 242

243 Dazu

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

fruchtlosem Ablauf der Nachfrist, unter Kombination mit dem Rücktritt (§§ 918, 920 ABGB), wahlweise (§ 107 S. 2 OR) oder losgelöst von diesem (§ 281 Abs. 4 BGB, Art. 1231–1 Cc), eingefordert werden. Weiterhin verfügbar ist aber auch im französischen Recht noch alternativ die „alte“ Form der Vertragsauflösung durch richterlichen Gestaltungsakt, ggf. unter einer zuvor vom Richter bestimmten Gnadenfrist (Art. 1128 Cc).

Naturalerfüllung Pekuniarerfüllung

Nachfrist richtl. Gnadenfrist

Vertragsschluss Fälligkeit Gestaltungserklärung Richterlicher Gestaltungsakt Abbildung 13: Das Nachfristmodell sowie das Modell der richterlichen Gnadenfrist in der Zeitachse

Alle Rechtssysteme, die ein Nachfristerfordernis vorsehen, überantworten die Entscheidung des Übergangs von der Naturalerfüllung zur Pekuniarerfüllung der Entscheidung des Leistungsgläubigers. Im Gegensatz zum alten Schuldrecht des BGB von 1900 besteht kein Automatismus, dass nämlich mit Ablauf der Nachfrist ipso iure „der Anspruch auf die Erfüllung […] ausgeschlossen ist“ (§ 326 Abs. 1 S. 2 2. HS BGB a. F.), sondern die Umwandlung erfolgt nach § 281 Abs. 4 BGB erst infolge der Erklärung des Gläubigers. § 281 Abs. 4 BGB wird überwiegend als „geschäftsähnliche Handlung mit Gestaltungswirkung“247, „geschäftsähnliche Handlung“248 oder „eine mit dem Schadensersatzanspruch als solchem mitgegebenen Gestaltungsbefugnis“249 qualifiziert.250 Dieser Hilfskonstruktionen bedarf es nicht, wenn man erkennt, dass niemals gleichzeitig ein Anspruch auf Naturalerfüllung und ein Anspruch auf Pekuniarinteresse bestehen kann, sondern die Umwandlung erst durch die empfangsbedürftige und formfreie Gestaltungserklärung eintritt. Durch die unwiderrufliche251 WillensArt. 1226 S. 2 Cc: „Sauf urgence, il doit préalablement mettre en demeure le débiteur défaillant de satisfaire à son engagement dans un délai raisonnable.“ [Vorbehaltlich eines Eilfalles muss er zuvor den säumigen Schuldner verbunden mit der Aufforderung, seiner Verpflichtung innerhalb einer vernünftigen Frist nachzukommen, in Verzug setzen. Nach ZEuP 2017, 195, 211]. 247  Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 281 Rn. 48. 248  Hannes Unberath, in: BeckOK43Ed., § 281 BGB Rn. 50. 249 Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 281 Rn. 98. 250 Vgl. ferner auch Harm Peter Westermann, in: Erman15, § 281 Rn. 22; Roland Schwarze, in: Staudinger2014, § 281 Rn. D 6; a.A. Georg Maier-Reimer & Harald Gesell, Schuldübergang und Haftung in der Spaltung, FS Horn, S. 455, 470 (Gestaltungsrecht). 251 Unstr. Harm Peter Westermann, in: Erman15, § 281 Rn. 22.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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erklärung des Gläubigers wird das ursprüngliche Rechtsverhältnis umgewandelt in ein solches, das ab dem Zeitpunkt seiner wirksamen Ausübung ausgerichtet ist auf das Pekuniarinteresse. Systematisch folgt aus dem Erfordernis der Nachfrist, anders als im common law, die alte Streitfrage, ob sich hieraus nicht die Möglichkeit für den Gläubiger ergebe, zu Lasten des Schuldners „fortzuspekulieren“252 oder ob rechtlich etwas gegen die „Hängepartie“253 des Schuldners bis zur Ausübung des Rechts durch den Gläubiger zu tun sei.254 Das BGB kennt keine dem §§ 263 Abs. 2, 350 BGB entsprechende Vorschrift im Kontext des § 281 BGB.255 Teils wird für eine analoge Anwendung dieser Vorschriften geworben, dass also eine Pflicht bestehe, eine Nachfrist zu setzten.256 Das Reichsgericht hat in Zeiten rasant steigender Preise zudem eine Pflicht zum (frühen) Deckungskauf nach § 254 BGB angenommen.257 All diese Ansätze sind abzulehnen, da sie erhebliche Rechtsunsicherheiten in die Funktionsweise des Leistungsstörungsrechts hineintragen und zudem auch die Bindungswirkung des Vertrages relativieren. Es stellt eine gefährliche Vereinfachung dar, die Position des Gläubigers durch das Etikett des „Fortspekulierens“ zu stigmatisieren.258 Ausgeblendet wird dabei, dass es stets auch eines leistungsunwilligen Schuldners bedarf, der sich jederzeit auch durch die Leistung in Natur befreien kann. Zudem wächst das Interesse des Käufers mit steigenden Preisen, so wie das Interesse des Verkäufers mit sinkenden Preisen wächst. Ob nun der Gläubiger einen Versuch unternimmt, seinen Naturalerfüllungsanspruch durchzusetzen  – dies kann bekanntlich lange dauern – oder ob er abwartet und erst nach einer gewissen Zeit auf den Nichterfüllungsschaden übergeht, darf keinen Unterschied machen.259 Schließlich darf 252  Vgl. Karl Adler, Zur Lehre vom Leistungsverzug beim Kauf, ZHR 86 (1923) 1, 22 ff.; Ernst Rabel, Das Recht des Warenkaufs I., § 59 5. (= S. 463 ff.); ders., Anm. zu Urt. v. 16. Dez. 1921, 340/21 II., JW 1927, 2290; daran anknüpfend u.A. Ulrich Huber, Abstrakte Schadensberechnung des Käufers, FS Karsten Schmidt, S. 725, 732; siehe auch schon Levin Goldschmidt, Beilagenheft ZHR 3 (1860), S. 100 (zum Entw. II. Lesung des ADHGB); in der Rspr. finden sich Überlegungen bereits bei PrObTrE 15 (1848), 460, 470; RGZ 90, 423, 425 („Sonnenblumenkuchenmehl“) = JW 1918, 35 f. m. Anm. Max Hachenburg; 149, 135, 138 („Grundstück“); dagegen jedoch ROHG 20, 223, 226 f. („Türkenlose“). 253 Dazu Matthias Jacobs, FS  Otto, S. 137 ff.; Florian Faust, Die Rechtslage nach Ablauf der Frist, FS Ulrich Huber, S. 239, 243 ff.; Beate Gsell, Kaufvertragliche Nacherfüllung in der Schwebe, FS Ulrich Huber, S. 299 ff. 254 Vgl. auch Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 280 Rn. 76 „eine der gravierenden Schwachstellen des reformierten Leistungsstörungsrechts“. 255  Für Einführung de lege ferenda: Wolfgang Marotzke, BGB und InsO: zwei neue Leistungsstörungsrechte im Widerstreit, KTS 63 (2002), 1, 34, 41 (mit Gesetzgebungsvorschlag). 256  Roland Schwarze, in: Staudinger2014, § 281 Rn. D 6; Helmut Heinrichs, FS Derleder, S. 87, 107 f.; dagegen Beate Gsell, FS Ulrich Huber, S. 299, 301. 257 RGZ 90, 423, 425 („Sonnenblumenkuchenmehl“); 91, 30, 33 f. („Kartoffelmehl“). 258  Dagegen auch Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 132 f.; Christian Knütel, AcP 202 (2002), 555, 584. 259 Zu der in Zusammenhang stehenden Frage des Zeitpunkts der Bemessung des Nichterfüllungsschadens vgl. § 8 III. 2. b.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, wie gestalterisch das sich aus dem Kaufvertrag ergebende Marktpreisrisiko begrenzt werden kann: durch die Vereinbarung einer Fixschuld. Die Fixgeschäfte sind der Inbegriff der schnellen Vertragsabwicklung. Die Möglichkeit der naturalen Leistungserbringung wird auf einen vertraglich zu fixierenden Erfüllungszeitraum festgelegt, dessen Länge in zeitlicher Hinsicht durch die Fälligkeit und durch den letzten möglichen Leistungszeitpunkt definiert ist. Praktisch denkbar ist, dass ein nach Tag, Stunde, Minute und gegebenenfalls Sekunde bestimmter (singulärer) Leistungszeitpunkt oder ein Erfüllungszeitraum festgelegt wird. Ob sich das Vertragsverhältnis mit der Überschreitung des (letzten) Leistungszeitpunkts ipso iure in einen Schadensersatzanspruch umwandelt oder ob eine Gestaltungserklärung erforderlich ist, hängt von der Qualifizierung des Fixgeschäftes ab. b. Absolute Fixgeschäfte Bei den absoluten Fixgeschäften tritt der Wechsel ipso iure mit der zeitlichen Überschreitung des letzten Leistungstermins ein. Dogmatisch wird diese Rechtsfolge auf die Unmöglichkeit gestützt.260 Dabei wird freilich stets betont, dass absolute Fixgeschäfte Seltenheitswert haben und nur in eng umgrenzten Fällen anerkannt werden sollen.261 Als (sehr zweifelhaftes) Schulbeispiel wird meist die „Droschkenfahrt zum Bahnhof“262 angeführt, in modernisierten Varianten werden die Taxifahrt zum Flughafen, die Tonaufnahme eines Livekonzerts oder der Kauf eines Weihnachtsbaums genannt.263

Naturalerfüllung Pekuniarerfüllung

Erfüllungs zeitraum Vertragsschluss Fälligkeit Fixer letzter Leistungstermin Automatismus Abbildung 14: Das absolute Fixgeschäft in der Zeitachse 260 § 275 Abs. 1 2. Alt. BGB; so die ganz h.M. Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 275 Rn. 32; Astrid Stadler, in: Jauernig17, § 275 Rn. 14; als Fall der Zweckstörung werden die Fälle eingeordnet und dem Unmöglichkeitsrecht zugeordnet von Volker Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis, S. 162 f. und Elena Dubovitskaya, Absolute Fixgeschäfte, AcP 215 (2015), 581, 592, 608. 261  Ulrich Huber, Leistungsstörungen I., § 6 II. (=  S. 157 ff.); Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB7, § 275 Rn. 48; Thomas Riehm, in: BeckOGK01.09.2018, § 275 Rn. 91. 262  So die ältere Literatur, vgl. z. B. Heinrich Siber, SchuldR, § 21 2. (= S. 76). 263  Vgl. Roland Schwarze, „Steht und fällt“ – Das Rätsel der relativen Fixschuld, AcP 207 (2007), 437, 439 f.; Elena Dubovitskaya, AcP 215 (2015), 581, 589 f.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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Das Bemerkenswerte an diesen Konstellationen besteht darin, dass der Zeitkorridor für die vertragsgemäße, naturale Erfüllung eng gezogen und eine prozessuale Geltendmachung des Naturalerfüllungsanspruchs daher praktisch ausgeschlossen ist. Was die Charakterisierung des Erfüllungsanspruchs anbelangt, ist aus komparativer Perspektive hervorhebenswert, dass zwischen den absoluten Fixgeschäften des deutschen Rechts und Verträgen im common law mit time is of the essence-Klauseln264 kein Unterschied besteht. In beiden Fällen kann im Fall der Leistungszeitüberschreitung nur der Nichterfüllungsschaden durchgesetzt werden. c. Relative Fixgeschäfte Die relativen Fixgeschäfte sind von einer legistischen Perspektive aus betrachtet am schwersten zu erfassen, da gerade durch den Dualismus von dem rücktrittsrechtlich konstruierten Fixgeschäft des BGB und dem Fixhandelskauf des HGB die Regelungssituation seit 1900 unübersichtlich und inhaltlich fraglich ausgestaltet ist. aa. Fixhandelskauf Beim Fixhandelskauf, der nur bei zweiseitigen wie auch einseitigen Handelsgeschäften (§ 345 HGB) zur Anwendung kommt,265 wandelt sich der Naturalerfüllungsanspruch automatisch  – sollte der Leistungsgläubiger nicht auf die naturale Erfüllung bestehen – mit Zeitüberschreitung in einen wahlweisen Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden um (vgl. Art. 357 ADHGB, § 376 HGB, s. a. Art. 190 OR).

Naturalerfüllung Pekuniarerfüllung

Erfüllungs zeitraum Vertragsschluss Fälligkeit Automatisch, wenn keine unverzügliche Aufforderung zur naturalen Leistung erfolgt (§ 376 Abs. 1 S. 2 HGB; Art. 190 S. 2 OR) Abbildung 15: Der Fixhandelskauf in der Zeitachse 264 Dazu Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 10.24; ders., Chitty on Contracts32, Rn. 21–015; siehe auch Ernst Rabel, Das Recht des Warenkaufs I., § 51 2. (= S. 391 f.). 265  Vgl. für die h.M. nur Ingo Koller, in: Staub5, § 376 Rn. 7 f. m. w. N.; für Eingrenzung Carsten Herresthal, Der Anwendungsbereich der Regelung über den Fixhandelskauf, ZIP 2006, 883 ff.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Der Unterschied zum absoluten Fixgeschäft besteht darin, dass die Umwandlung mit der Überschreitung des letzten Leistungstermins sich nicht in jedem Fall vollzieht, sondern unter dem Vorbehalt der Einforderung der naturalen Leistung durch den Gläubiger steht. Beim absoluten Fixgeschäft kann der Gläubiger nach § 325 BGB – folgt man der allgemeinen Ansicht266, welche die absoluten Fixgeschäfte als Fall der Unmöglichkeit einordnet – ohne Nachfrist zurücktreten (§ 326 Abs. 5 BGB) und Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 3, 283 BGB) verlangen. Beim Fixhandelskauf des § 376 HGB, der auf den Wortlaut des Art. 357 ADHGB zurückzuführen ist, werden die Rechtsfolgen hingegen selbstständig ohne Rekurs auf das BGB, nach dem Wortlaut als Wahl‑ recht zwischen Nichterfüllungsschaden und Rücktritt geregelt. Dem entspricht die Schweizer Rechtslage267. Man hat es leider versäumt, § 376 HGB, also eine Norm des Handelsgesetzbuches von 1900, an das neue System des Leistungsstörungsrechts des BGB des Jahres 2002 anzupassen, da nach § 376 Abs. 1 S. 1 HGB der Gläubiger nur wahlweise zurücktreten („oder“), und nicht kumulativ („und“), wie es § 325 BGB entsprechen würde, den Nichterfüllungsschaden verlangen kann. Die ganz herrschende Meinung sieht das als Redaktionsversehen an, legt die Norm berichtigend aus und gewährt dem Gläubiger das Recht, die Kumulation beider Rechtsbehelfe zu fordern.268 bb. Das rücktrittsrechtliche Fixgeschäft des BGB Im BGB ist hingegen das Fixgeschäft ausschließlich in rücktrittsrechtlicher Hinsicht geregelt. Nach dem BGB von 1900 hatte das „bürgerlich-rechtliche Fixgeschäft“ als einzige Konsequenz, dass der Gläubiger nach § 361 BGB a. F. ohne Nachfrist den Rücktritt erklären konnte. Der Gläubiger konnte daneben aber nicht auch gleichzeitig seinen Nichterfüllungsschaden geltend machen.269 Damit waren Privatpersonen schlechtergestellt als Kaufleute, da diese zwischen Rücktritt und Nichterfüllungsschaden wählen konnten.

 Vgl. die Nachw. oben Fn. II 260. Koller, in: Basler Kommentar-OR6, Art. 190 Rn. 17. 268 Im Ergebnis unstr., Klaus Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB37, § 376 Rn. 11; Robert Koch, in: Oetker, HGB5, § 376 Rn. 36; Barbara Grunewald, in: MünchKomm-HGB4, § 376 Rn. 27; Claus-Wilhelm Canaris, HR24, § 29 Rn. 31 (§ 325 BGB sei lex posterior und gehe daher vor; das ist nicht überzeugend, da § 376 HGB lex specialis (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 EGHGB) zum BGB ist (so auch Koch a.a.O)). 269  Der in der Literatur angeführte Verweis auf § 326 BGB a. F. in diesem Kontext ist missverständlich (siehe etwa Ulrich Huber, Leistungsstörungen II., § 35 III. 3. b) (= S. 154)). Denn mit dem Verweis auf § 326 BGB a. F. ist nur gesagt, dass der Gläubiger vom Rücktrittsrecht nach § 361 BGB a. F. keinen Gebrauch macht und der „normale“ Weg des § 326 BGB a. F. gegangen wurde (vgl. Heinrich Siber, in: Planck4, § 361 Anm. 1 a.E.). 266

267 Alfred

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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Im neuen Recht hat sich die Rechtslage von 1900 insoweit perpetuiert, als dass das Fixgeschäft nur in § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB270 und nicht auch in § 281 Abs. 1 BGB vom Gesetzgeber berücksichtigt wurde und der Gläubiger nur nachfristlos zurücktreten, nicht auch zugleich seinen Schadensersatz einfordern kann. Praktisch ist der Gläubiger aufgrund der unklaren Rechtslage mit der Unsicherheit belastet, ob mit dem Recht nach § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB auch die Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich ist.271 Das ist keine glückliche Rechtslage und ein Blick auf unsere Nachbarländer zeigt, wie ein anderes gesetzliches Regelungsregime aussehen kann. cc. Zivilrechtliche Einheitslösung: ABGB, OR und Code Civil Anders als im BGB ist es nach dem österreichischen, Schweizer und auch dem neuen französischen Recht auch für Nichtkaufleute, also private Parteien, möglich, im Fall eines bürgerlich-rechtlichen Fixgeschäfts, wenn also die Nachfristsetzung ausnahmsweise entbehrlich ist, sofort Nichterfüllungsschadensersatz einzufordern. So bestimmt § 919 S. 1 1. Hs. ABGB allgemein für den Zivilrechtsverkehr, dass, wenn die Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist bei sonstigem Rücktritt bedungen ist, der Rücktrittberechtigte, wenn er auf der Erfüllung bestehen will, dies anzeigen muss. Tut er dies nicht, so kann er zurücktreten und den Nichterfüllungsschaden nach § 920 ABGB einfordern.272 § 919 S. 1 1. Hs. ABGB ist eine allgemeine Vorschrift für den bürgerlich-rechtlichen Verkehr, da im Zuge der österreichischen Unternehmensrechtsreform vom Jänner 2007 der Absatz 1 des § 376 öHGB gestrichen wurde und nunmehr § 376 UGB nur noch eine Sonderregel für die Berechnung des Nichterfüllungsschadens vorsieht.273 Im Schweizer Recht ist nach Art. 108 Nr. 3 OR eine Fristsetzung nicht erforderlich, wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll. Liegt ein solcher Fall vor, so ist der Gläubiger ohne Nachfrist befugt, zwischen Rücktritt und Nichterfüllungsschaden zu wählen (Art. 107 Abs. 2 OR).274 270  § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB wurde nach der Schuldrechtsreform m.W.v. 13. 06. ​2014 durch Gesetz v. 20. 09. ​2013 (BGBl. I S. 3642) neu gefasst. 271  Vgl. einerseits Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 281 Rn. 64; anderseits Hannes Unberath, in: BeckOK43Ed., § 281 BGB Rn. 27; vermittelnd Barbara Dauner-Lieb, in: NKBGB3, § 275 Rn. 3; für vollständigen Gleichlauf: Michael Jaensch, Der Gleichlauf von Rücktritt und Schadensersatz, NJW 2003, 3613 ff. 272  Michael Gruber, in: Kletečka/Schauer, ABGB-ON01.08.2017, § 919 Rn. 9, 13. 273 Vgl. Brigitta Zöchling-Jud, in: Torggler, UGB2, § 376 Rn. 1 ff.; Martin Schauer, in: Reform-Kommentar UGB, § 376 Rn. 1 ff.; vgl. auch schon zu § 376 öHGB Ernst A. Kramer, in: Straube, HGB2, § 376 Rn. 1. 274 Wolfgang Wiegand, in: Basler Kommentar-OR6, Art. 108 Rn. 8; Rolf H. Weber, in: Berner Kommentar-OR, Art. 108 Rn. 47; anders jetzt die Systematik des Entwurfs Art. 118 E-OR

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Auch nach dem neuen französischen Obligationenrecht kann im allgemeinen Zivilrechtsverkehr der Vertrag nach Inverzugsetzung direkt aufgelöst werden, entweder infolge einer vereinbarten Auflösungsklausel (clause résolutoi‑ re) (Art. 1225 Cc) oder im Eilfall (sauf urgence) (Art. 1226 Abs. 1 S. 2 Cc). Als Rechtsfolge kann der Gläubiger kumulativ die résolution du contrat und den Nichterfüllungsschaden einfordern (Art. 1217 Cc).275

4. Bürgerlich-rechtliche Fixgeschäfte Das deutsche Recht ist, was die Regelungstechnik der Umwandlungsmechanismen anbelangt, wie also von der Naturalerfüllung zur Pekuniarerfüllung gewechselt werden kann, in einem derangierten Zustand. Das liegt in dem historisch gewachsenen Dualismus von BGB und HGB276 sowie einer versäumten Angleichung und Modernisierung beider Regelungsregime durch den Gesetzgeber277 im Rahmen der Schuldrechtsreform. Auch ist bislang keine klare tatbestandliche Umschreibung der absoluten Fixgeschäfte gelungen. Erschwert wird zudem eine systematische Erfassung, da funktionell von der Rechtsfolgenseite aus betrachtet sich die absoluten Fixgeschäfte und die Fixhandelsgeschäfte nur minimal unterscheiden, indem der zwingende Automatismus des Unmöglichkeitsrechts bei den absoluten Fixgeschäften beim Handelsfixgeschäft durch die Möglichkeit des unverzüglichen Einforderns der realen Erfüllung (§ 376 Abs. 1 S. 2 HGB) abgemildert ist. Inhaltlich werden all jene Mechanismen, durch die der Wechsel von der Primärerfüllung zur Sekundärerfüllung sich zu schnell vollzieht, als „gefährlich“278 angesehen. So wird etwa darauf verwiesen, dass gerade private Gläubiger nicht über eine hinreichende Entscheidungsgrundlage verfügen, sich in kürzester Frist zwischen der Durchsetzung des Naturalerfüllungsanspruchs und der Abwicklung über den Nichterfüllungsschaden zu entscheiden.279 Richtig und nachvollziehbar war in jedem Fall die Entscheidung des BGB-Gesetzgebers von 2002, den in § 326 Abs. 1 S. 2 2. HS. BGB a. F. angelegten Automatismus zu 2020, nach der die Rechte kumulativ zur Verfügung stehen sollen; jedoch mit nicht überzeugender Regelung des Schadensersatzes (Art. 118 Abs. 1 lit. e, 128 E-OR 2020) (siehe dazu Florian Faust, § 7 Leistungsstörungen, in: OR 2020, S. 169, 184 f.). 275  Hans-Jürgen Sonnenberger, ZEuP 2017, 6, 54 ff. 276 Zum schwierigen Verhältnis zwischen BGB und HGB ausführlich Johannes W. Flume, Law and Commerce: The Evolution of Codified Business Law in Europe, CLR 2 (2014), 45, 64 ff. 277 Vgl. Claus-Wilhelm Canaris, Auswirkungen des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts auf das Recht des Handelskaufs und der Kommission, FS  Konzen, S. 43, 49 f., 60 f.; Carsten Herresthal, ZIP 2006, 883, 890. 278  So bereits Felix Dahn, Deutsches Privatrecht von Bluntschli3, § 153 2) (= S. 468). 279 So Carsten Herresthal, ZIP 2006, 883, 886.

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Gunsten einer Gestaltungserklärung durch den Gläubiger (§ 281 Abs. 4 BGB) zu ersetzen.280 Kaum behandelt wird hingegen, welchen praktischen Nutzen Fixgeschäfte, oder allgemeiner gesprochen die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung, haben, wie die Parteien ihr Handeln darauf ausrichten und in welchen rechtlichen Formen solche Vereinbarungen getroffen werden können. Verstreicht der Leistungstermin beispielsweise eines Fixhandelskaufs, so weiß der Leistungsgläubiger, dass er mit der naturalen Leistung nicht mehr rechnen kann, ein erfüllbarer Anspruch nicht mehr besteht, sollte er passiv bleiben (§ 376 Abs. 1 S. 2 HGB), und der Vertrag in Geld „liquidiert“ wird. Der Gläubiger kann punktgenau ein Deckungsgeschäft abschließen. Der nichtbelieferte Vertragspartner kann sich ersatzweise am Markt eindecken und die Preisdifferenz vom Verkäufer einfordern. Das ursprünglich gewollte naturaliter zu erfüllende Geschäft wird so über den Markt substituiert. Ein Handelsfixgeschäft ist zudem ein probates und wichtiges Mittel, um das Risiko von Preisschwankungen beim Handel mit volatilen Gegenständen einzuschränken.281 Jegliches Nachdenken, ob der Käufer zu Lasten des Verkäufers „fortspekuliert“, ist in diesem Fall entbehrlich. Dass hier zunächst der praktische Nutzen der Fixgeschäfte anhand der Regel des Fixhandelskaufs erläutert wurde, liegt insofern nahe, da das Fixhandelsgeschäft, wie sogleich unter a. darzulegen sein wird, eine „Erfindung“ der Handelsrechtspraxis des 19. Jahrhunderts darstellt. Auch lassen sich der heutige Rechtszustand und die Probleme im Umgang mit den Fixgeschäften wesentlich besser verstehen. Wie sodann unter b. zu zeigen sein wird, mögen die Fixgeschäfte zwar der Handelsrechtspraxis entsprungen sein, in der Jetztzeit sind sie aber auch für den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Verkehr nutzbar zu machen.

 BT-Drucks. 14/6040, S. 185 l. Sp.  Vgl. hierzu die Entscheidung ROHG 8, 235, 236 („Interimsschein“), in der in Bezug auf die Regelung des Art. 357 ADHGB, also der Vorläufervorschrift des § 376 HGB, ausgeführt wird: „Ist die Waare eine solche, welche erfahrungsgemäß erheblichen Preisschwankungen unterliegt, bildet sie insbesondere einen Gegenstand der Börsenspeculation, ist überdem das Geschäft erkennbar mit Rücksicht auf den durch jene Preisschwankungen zu erzielenden Gewinn und im Börsenhandel abgeschlossen, so weist im Zweifel die gesetzte feste Zeitbestimmung in prägnanter Weise auf Geschäftes das wesentliche Interesse beider Theile an der pünktlichen Erfüllung des Geschäfts hin, der maßgebende Vertragswille der Parteien gelangt auf diese Weise thatsächlich zur Erscheinung.“ (Hervorh. wie im Original); ferner ROHG 9, 406, 408; 16, 291 f.; RGZ 101, 361, 363 (zu § 376 HGB); RG, Recht 31 (1927), Nr. 2441; relativierend hingegen RGZ 36, 83, 85; siehe ferner OGH, 3 Ob 507/87, EvBl 1987/201; in dieselbe Richtung geht die Standardbeschreibung der Ratio des § 376 HGB, nach der dieser der Rechtssicherheit und einer beschleunigten Abwicklung diene sowie ein Spekulieren durch Zuwarten des Gläubigers zu Lasten des Schuldners verhindern solle, vgl. Ingo Koller, in: Staub5, § 376 Rn. 1 m. w. N. 280

281

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

a. Zur Dogmengeschichte der Fixgeschäfte Historisch lassen sich die Fixgeschäfte im deutschen Recht auf die vorkodifikatorische Handelsrechtspraxis des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen, in der es üblich war, sog. Erlöschens‑ oder Resolutivklauseln (z. B. „Am 16 Juni 1819 ist dies Engagement erloschen“282) in Lieferungsverträgen zu vereinbaren oder diese in den Börsenusancen und den Bedingungen der Makler-Schlussscheine vorzusehen.283 Dogmatisch wurde das Erlöschen der Primärleistungspflicht bei diesen Klauseln infolge der Zeitüberschreitung auf die Unmöglichkeit284 gestützt sowie auf den Zeitpunkt des Erlöschens bezogen, eine Differenzsumme zwischen dem Kaufpreis und dem Marktpreis der Ware bestimmt, die das Interesse, den Nichterfüllungsschaden, bezifferte.285 Karl Ludwig Brinkmann und Wilhelm Endemann beschrieben dies in ihrem Handelsrechtslehrbuch kurz und knapp folgendermaßen: „Der nicht säumige Kontrahent ist vermöge der Klauseln nicht mehr auf Erfüllung, wohl aber auf das Interesse […] berechtigt; der säumige Kontrahent ist lediglich zur Leistung des Interesses verpflichtet.“286 War kein absoluter Leistungstermin festgelegt, so sollte, vorausgesetzt Verzug lag vor, gleichermaßen der Nichterfüllungsschaden eingefordert beziehungsweise eingeklagt werden. Streitig war nur, ob dies sofort geschehen sollte287, oder ob dem vorausgehend zunächst eine „Androhung, Verwarnung, denunciatio“288 übermittelt werden musste. Man kann in diesem Streit bereits die Idee der Gewährung einer Nachfrist zum Schuldnerschutz erkennen. Mit dem ADHGB wandelt sich die Rechtslage insoweit, als der Rechtsverkehr und die Gerichte die Fixgeschäfte nun mit Blick auf die „neue“ Vorschrift des Art. 357 ADHGB einordnen mussten. Gestritten wurde, ob ein Geschäft unter 282 So etwa die Formulierung in dem bei Johann Heinrich Bender (Der Verkehr mit Staatspapieren2, S. 637) abgedruckten Formular; vgl. ferner Leopold Ladenburg, Die Börsengeschäfte, ZHR 3 (1860), 416, 441 f.; Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 87 (= S. 277). 283 Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 440 f.; zum Themenkreis aus der Sekundärliteratur: Karl Otto Scherner, Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung, S. 166 ff.; Christian Hat‑ tenhauer, Einseitige private Rechtsgestaltung, S. 118 ff.; vgl. aus heutiger Sicht zur Funktion von Schlussnoten Jan Thiessen, in: Staub5, § 94 Rn. 2 ff. 284 Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 86 2. (= S. 280); W. Gelpcke, Zeitschrift für Handelsrecht, 1 (1852), 3, 23; Alfred Pauli, Ueber das Recht zum sogenannten Rücktritte vom Kaufe, Neues Archiv für Handelsrecht 3 (1862), 123, 140 f.; die sog. lex commissaria (dazu Hans G. Leser, Der Rücktritt vom Vertrag, S. 16 ff.) spielt für die handelsrechtlichen Autoren keine Rolle; siehe etwa Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 443 ff. 285  W. Gelpcke, Zeitschrift für Handelsrecht 1 (1852), 3, 22 f.; Johann Kaspar Bluntschli, Ueber das Recht des Käufers zum Rücktritt von dem Kaufvertrag wegen verspäteter Lieferung der Waare, SeuffBl. 17 (1852), 353, 356. 286  C. H. L. Brinkmann & Wilhelm Endemann, Lehrbuch des Handelsrechts, § 95 (= S. 370). 287 Johann Heinrich Bender, Der Verkehr mit Staatspapieren2, § 82 (= S. 395); zuvor Franz Fischer, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechts, § 181 4) (=  S. 153); dagegen Heinrich Thöl, Der Verkehr mit Staatspapieren, S. 231 Fn. 2. 288 So Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 87 1. (= S. 279).

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Art. 357 ADHGB fallen kann und ergo keiner Nachfrist (Art. 356 ADHGB) bedarf. Vielfach scheiterte eine solche Qualifizierung, da nach der Ansicht des Gerichts ein besonderer Leistungstermin nicht „bedungen“ worden war.289 Unstreitig war jedoch, dass Art. 357 ADHGB durch die Vereinbarung kassatorischer Klauseln oder durch die Verwendung entsprechender Worte wie „fix“, „prompt“ oder „genau“ „aktiviert“ werden konnte.290 Zusammengefasst wurde dies bereits früh in der Beschreibung, dass mit der „Einhaltung und Nichteinhaltung der ganze Vertrag steht oder fällt“291. Zudem war anerkannt, dass Art. 357 ADHGB als dispositives Recht durch die Börsenusancen und die Bedingungen in den Makler-Schlussscheinen abgeändert werden konnte.292 Soweit zu erkennen ist, wurde in der Handelsrechtswissenschaft zum ADHGB keine gesonderte Kategorie der absoluten Fixgeschäfte beschrieben. Dies änderte sich bekanntlich unter dem BGB, in dem das absolute Fixgeschäft zum Anwendungsfall der Unmöglichkeit erklärt wurde.293 Die Erfindung des bürgerlich-rechtlichen absoluten Fixgeschäftes im alten Schuldrecht kann man als Notlösung ansehen, mit deren Hilfe auch dem Nichtkaufmann ein Nichterfüllungsschaden zuerkannt werden kann (§§ 275 280 BGB a. F.), da dieser nach § 361 BGB a. F. lediglich den Rücktritt und nicht auch kumulativ den Nichterfüllungsschaden geltend machen konnte.294 Im neuen Schuldrecht können bekanntlich beide Rechtsbehelfe kumuliert werden (§ 325 BGB), 289 Vgl.

aus der sehr restriktiven Rechtsprechungspraxis: ROHG 2, 92, 93 („Weizen“; i. E. abgelehnt); 2, 275, 276 f. („Eichenholz“; i. E. abgelehnt); 6, 18, 19 f. („Kohle“; i. E. abgelehnt); 6, 225, 227 f. („Petroleum“; i. E. abgelehnt); 7, 260 f. („Kammgarn“; i. E. abgelehnt); 7, 369, 370 („Roggen“; i. E. abgelehnt); 7, 383, 386 („Raps“; i. E. abgelehnt); 8, 235, 237 („Interimsschein“ (zu Art. 357 ADHGB); i. E. bejaht); 9, 340, 342 („Kohle“; i. E. abgelehnt); 9, 406, 408 f. („Soda“; i. E. abgelehnt); 11, 236, 235 f. („Kohle“; i. E. abgelehnt); 13, 435 f. („Cokes“; i. E. abgelehnt); 16, 291 f. („Lombarden“ = Aktien der Österreichisch-Ungarischen Staatseisenbahn; i. E. bejaht); RGZ 1, 241; 51, 348 („Rüböl“; i. E. abgelehnt). Offener für die Annahme hingegen der OGH zu Art. 357 AHGB, vgl. OGH Adler/Clemens Nr. 2014 („Korn“; i. E. bejaht); Adler/Clemens 2519 („Saisonware“; i. E. bejaht); Adler/Clemens 2288 („Wein“; i. E. bejaht); siehe auch Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 357 Anm. § 1 ff. 290  August Anschütz & Otto v. Völderndorff, ADHGB III., Art. 357 Anm. II. Fn. 8 (= S. 334); Friedrich von Hahn, ADHGB2, Art. 357 Anm. § 7; Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 357 Anm. § 8. 291  So Victor Hoeniger, in: Düringer/Hachenburg3, § 376 Anm. 3 (unter Verweis auf die Rspr. des ROHG und RG). 292  ROHG 6, 368, 374 (zu Spiritus-Zeithandelsgeschäften an der Berliner Börse); ROHG 8, 254, 255 f. (zum Effekten-Handel an der Berliner Börse); August Anschütz & Otto v. Völ‑ derndorff, ADHGB III., Art. 357 Anm. IV. (= S. 337); August Anschütz, Die Rechte des Einkaufscommissionärs als Selbstverkäufer, ZHR 17 (1872), 1, 6 f.; Friedrich von Hahn, ADHGB2, Art. 357 Anm. § 7; zur Frage der Normhierarchie Andreas M. Fleckner, Die Börsenbedingungen, ZHR 180 (2016), 458, 470 f. 293 Vgl. etwa Heinrich Titze, Die Unmöglichkeit der Leistung nach deutschem bürg. Recht, S. 33 f. (der diese „echte“ Fixgeschäfte nennt); Heinrich Siber, in: Planck4, § 271 Anm. 3.a) β) (= S. 161 f.), § 275 Anm. I. 1. a) γ) (= S. 181), § 361 Anm. 1 a.E. 294 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. II 269.

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geblieben sind aber die kaum aufzulösenden Abgrenzungsprobleme zwischen dem absoluten und dem relativen Fixgeschäft (§ 361 BGB a. F.; § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB), da teils für die Charakterisierung des absoluten Fixgeschäftes dieselben295 Merkmale wie beim relativen Fixgeschäft verwendet werden oder auf die nur schwer zu fassende „Wesentlichkeit“296 der zeitpunktgenauen Erfüllung verwiesen wird. Auch Abgrenzungsansätze, welche die absoluten Fixgeschäfte als „besonderen Fall der naturgesetzlichen Unmöglichkeit“297 einordnen, sind in ihrer Praktikabilität und Trennschärfe mit Skepsis zu betrachten, da jeder menschliche Akt mit der Überschreitung eines festgelegten Termins als solcher „naturgesetzlich“ nicht mehr nachgeholt werden kann. b. Die Bedeutung der Vereinbarung fixer Leistungstermine im bürgerlich-rechtlichen Rechtsverkehr Die Abgrenzungsschwierigkeiten überdecken die eigentliche Kernfrage, ob eine zeitgemäße Lieferung im Interesse des Leistungsgläubigers stand, wie dies vereinbart werden kann und welche praktische Bedeutung die Möglichkeit des Wechsels ohne Nachfrist auf den Schadensersatz statt der Leistung haben kann. Das dispositive Gesetzesrecht des BGB, ganz anders als das österreichische, Schweizer und französische Recht, versperrte im BGB von 1900 ihm diesen Weg, da nur sofort zurückgetreten, nicht aber auch zugleich der Nichterfüllungsschaden eingefordert werden konnte.298 Im geltenden Recht kann zwar kumuliert werden (§ 325 BGB), § 281 Abs. 2 BGB und § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind aber nicht aufeinander abgestimmt.299 Dies von der Normgenese und dem Normtext abzulesende Misstrauen gegenüber der Entbehrlichkeit der Nachfrist im Privatrechtsverkehr ist jedoch unangebracht und stellt vielmehr eine Benachteiligung gegenüber Parteien, die dem HGB unterfallen, dar. Auch für private Parteien kann die Möglichkeit, einen fixen Lieferungstermin zu vereinbaren, höchst relevant sein, nicht etwa um sich vom Vertrag im Weg des Rücktritts zu lösen, sondern um alternativ ein Deckungsgeschäft abzuschließen und etwaige Mehraufwendungen als Schadensersatz statt der Leistung geltend zu machen.300 Diese Überlegungen stellen kein Spezifikum des Kaufmannsrechts dar, sondern sie sind, wie sogleich anhand einiger Beispielsfälle demonstriert werden soll, auch für das allgemeine Zivilrecht bedeutsam.

 So Heinrich Titze, Die Unmöglichkeit der Leistung nach deutschem bürg. Recht, S. 34.  Vgl. BGH NJW 2009, 2743 Rn. 12 („Flugreise“; i. E. abgelehnt). 297 Thomas Riehm, in: BeckOGK01.09.2018, § 275 Rn. 91. 298 Vgl. oben Fn. II 269. 299  Vgl. oben Fn. II 271. 300  Siehe auch hierzu allgemein Barbara Dauner-Lieb & Elena Dubovitskaya, in: NK-BGB3, § 325 Rn. 2. 295 296

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Nehmen wir etwa an, dass A bei B einen Herd für seine Einweihungsparty kauft. Aufgrund der Zeitgebundenheit und Dringlichkeit der Lieferung wird die fristgerechte Lieferung durch B für Freitag, den 13. zugesagt. Wenn nun B am Freitag nicht liefert, so kann A am Freitagabend, also am Ende des werkmäßigen Erfüllungszeitraums, seinen Schadensersatz statt der Leistung durch empfangsbedürftige Erklärung gegenüber B einfordern (§ 281 Abs. 4 BGB) und am Samstagmorgen ersatzweise einen Herd einkaufen. Eventuelle Mehrkosten, da dasselbe Modell etwa nur zu höheren Preisen verfügbar war oder auch zusätzliche Transportkosten anfielen, kann er dem B als Schadensersatz statt der Leistung in Rechnung stellen. Er könnte aber auch, was praktisch wohl nicht sonderlich oft vorkommen wird, die Kosten für einen „Miet-Herd“ einfordern (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB)301 und weiterhin auf die Lieferung des Herds durch B bestehen. Auch andere Klassiker, die als Schulbeispiele des absoluten Fixgeschäftes gelten, lassen sich nach diesem Muster lösen. A vereinbart mit B die Lieferung eines Weihnachtsbaums für den 22. Dezember, damit der Baum noch vor dem Fest geschmückt werden kann. Liefert B den Baum am 22. Dezember nicht, so kann A seinen Schadensersatz am Abend des 22. oder auch Morgen des 23. einfordern und am Markt noch einen Ersatzbaum erwerben und etwaige Mehrkosten einfordern. Auch der Fall der Droschken‑ bzw. Taxifahrt lässt sich hiermit lösen. Ist eine Fahrt mit dem Fahrunternehmen X vereinbart, so kann bei Terminüberschreitung X darüber informiert werden, dass man seine Dienste nicht mehr in Anspruch nehmen und etwaige Mehrkosten, die aufgrund der Beauftragung des Y entstehen  – gerade bei einheitlichen Taxitarifen werden aber keine zusätzlichen Kosten entstehen –, einfordern werde. Zu denken ist in diesen Fällen schließlich auch stets an den Ersatz des entgangenen Gewinns. Die Beispielsfälle zeigen Handlungsoptionen auf, wie der Leistungsgläubiger aufgrund der Vereinbarung einer fixen Terminbestimmung mit Hilfe der Instrumente des Leistungsstörungsrechts aktiv die Rechtslage gestalten kann, um so sein Erfüllungsbegehren zu erreichen. Die praktische Schwierigkeit besteht in all diesen Fällen darin, darzulegen, dass das Geschäft mit dem Verstreichen des letzten möglichen Leistungstermins „stehen oder fallen“ sollte und der Leistungsgläubiger alternativ sein Pekuniarinteresse einfordern kann. Diese Schwierigkeiten lassen sich nicht umgehen, da der Gläubiger darlegen muss, dass abweichend von der dispositiven Norm des § 281 Abs. 1 keine Nachfrist zu Gunsten des Schuldners bestehen soll, sondern die sofortige Geltendmachung des Nichterfüllungsschadens gerechtfertigt ist.

301 Dazu Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 280 Rn. 56; Dagmar Kaiser, FS  H. P. Wester­mann, S. 351, 353 f.

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5. Ergebnisse de lege lata und Forderungen de lege ferenda Neben der Grundregel des § 281 Abs. 1 BGB sind bürgerlich-rechtliche Fixgeschäfte anzuerkennen, indem de lege lata bei Einigung über die Wesentlichkeit des Leistungstermins die Regelungsstränge des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB und § 281 Abs. 2 BGB synchronisiert werden, also Rücktritt und  – was praktisch regelmäßig von größerem Interesse sein wird  – Schadensersatz statt der Leistung ohne Nachfristsetzung eingefordert werden kann. Eine Benachteiligung des Leistungsgläubigers und des Interesses an der realen Erfüllung ist ausgeschlossen, da er und nur er – anders als bei § 376 Abs. 1 HGB – über die Ausübung seines Gestaltungsrechts (§ 281 Abs. 4 BGB) entscheidet. De lege ferenda könnte man, ähnlich den Regelungsmodellen des österreichischen, Schweizer und französischen Rechts, § 376 HGB streichen und in § 281 Abs. 2 BGB integrieren.302 Das Problem des Fixgeschäftes lässt sich dogmatisch vollständig in der Frage der Entbehrlichkeit des Nachfristerfordernisses verankern. Dies lässt sich für die relativen Fixgeschäfte mit einem Blick auf die Diskussion um die Ausgestaltung des § 281 Abs. 2 und einem rechtsvergleichenden Blick auf unsere Nachbarnationen leicht erkennen. Und was ist mit den absoluten Fixgeschäften? Die absoluten Fixgeschäfte sind als eigenständige, unmöglichkeitsrechtliche Kategorie aufzugeben, da sie zu unbestimmt sind und ein überzeugendes Abgrenzungskriterium erst noch nachgewiesen werden müsste. Viele der angeblichen Schulbeispiele lassen sich, wie bereits gezeigt wurde, über § 281 Abs. 2 BGB abwickeln. Die Aufgabe der absoluten Fixgeschäfte in unmöglichkeitsrechtlichem Gewand bedeutet freilich nicht, dass die Parteien einen Automatismus, wie wir ihn bislang infolge der Anwendung des Unmöglichkeitsrechts kennen, vertraglich nicht vereinbaren können. Denn die Vereinbarung eines solchen Automatismus lässt sich als individual-rechtliche Modifikation des § 281 Abs. 1 BGB auffassen. Das mag bei rein privat handelnden Parteien selten vorkommen. Erlöschens‑ oder Kassationsklauseln sind uns im Wirtschaftsverkehr hingegen schon lange bekannt.303

III. Von der praktischen Raffinesse der Pekuniarerfüllung Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus dem vielfach betonten Antagonismus304 zwischen civil law und common law für unser Verständnis der Vertragsbindung und der Vertragserfüllung ableiten? Dass durch den Kaufvertrag die  So auch Claus-Wilhelm Canaris, FS Konzen, S. 43, 49 f.  Vgl. die Nachw. in Fn. II 282 f. 304 Dazu bereits unter § 7. 302 303

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Naturalerfüllungspflichten abgesteckt sind und auch regelmäßig erfüllt werden, ist selbstverständlich. In Millionen, ja Milliarden von Transaktionen werden Verträge ohne weitere Komplikationen in Natur erfüllt, es gibt aber auch die Fälle des Vertragsbruchs. Der harsche Ausdruck vom Vertragsbruch oder breach, der zur Zahlung von Schadensersatz oder damages an das Opfer (victim) und Gläubiger führt, insinuiert, ganz gleich etwa zu den Folgen der deliktischen Verletzung einer Person, dass es hierbei um die Reaktion des Rechts auf einen pathologischen und amoralischen Zustand oder wrong handelt. Wenn nun das com‑ mon law in diesen Fällen „grundsätzlich“ Schadensersatz zubilligt und das civil law „grundsätzlich“ einen klagbaren Erfüllungsanspruch gewährt, so scheint das civil law der Musterschüler der Umsetzung des Gedankens der Vertragstreue zu sein, während das common law es mit der Durchsetzung der realen Erfüllung nicht so ernst nimmt. Aber stimmt eine solche – freilich bewusst zugespitzte – Gegenüberstellung? Beide Extrempositionen überzeugen nicht, da sie nur Zerrbilder der in den unterschiedlichen Rechtssystemen und Traditionen etablierten Leistungsstörungsrechte darstellen. Die Vorstellung, dass der Vertrag im common law lediglich ein Garantievertrag sei, ist ein Zerrbild. Es beruht auf einer nicht weiterführenden Generalisierung eines pathologischen Falls. Zudem wird überdeckt, dass auch das common law einen durchaus überzeugenden praktischen Weg eingeschlagen hat, wann specific performance und wann money damages als das jeweils adäquate remedy anzusehen ist. Im common law ergibt sich die Antwort hierauf als Ergebnis der historischen Entwicklung der equity-Judikatur, nach der specific performance als discretionary remedy nur vom Richter305 gewährt wird, wenn Geldersatz inadäquat wäre, da der Gläubiger am Markt keinen Ersatz erwerben kann.306 „Without a market, buyers simply cannot use their Common Law damages to purchase an equivalent substitute: the Common Law response then seems inadequate.“307 Angenommen wird dies bei sog. uni‑ 305  Im anglo-amerikanischen Recht wird der Schuldner der direkt an ihn gerichteten gerichtlichen Aufforderung zur Leistung regelmäßig nachkommen, um nicht den möglichen Konsequenzen einer Missachtung des Gerichts (contempt of court) ausgesetzt zu sein; vgl. John Cart‑ wright, Contract Law, S. 251; Guenter H. Treitel, Remedies for Breach of Contract, Anm. 62; Hannes Unberath, Die Vertragsverletzung, S. 178 f.; davor Arthur Nußbaum, Money in the Law National and International, S. 152 f. 306  Dazu Michael G. Bridge, The Sales of Good3, Rn. 11.101; Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 14.07; Mindy Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts32, Rn.  27–005 ff.; E. Allan Farnsworth, Contracts4, § 12.4; Hector L. MacQueen, Barbara Dauner-Lieb & Peter Tettinger, in: The Common European Sales Law in Context, S. 612, 620; zur historischen Genese der Gewährung von specific performance im englischen Recht Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations, S. 776 f., 779 ff. 307 Sarah Worthington, Equity2, S. 25 (Hervorh. d. Verf.). Aus der Perspektive des Sachleistungsgläubigers ist es dabei durchaus nachvollziehbar, dass insofern für die begehrte Ware „kein Markt“ existiert. Es darf dabei nicht übersehen werden, dass auch für Kunstwerke und Grundstücke, also nicht vertretbare Güter, auch Märkte bestehen. In diesen Märkten wird der

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que items wie Kunstwerken und schließlich insbesondere bei Grundstücken.308 Nach Art. 52 Abs. 1 Sales of Goods Act kann specific performance vom Gericht angeordnet werden, wenn die Lieferung von „specific or ascertained goods“ vereinbart war.309 Oder weitergehend kann specific performance nach § 2–715 UCC gewährt werden, wenn „the goods are unique or in other proper circumstances“. Dem entspricht die uns im deutschen Recht bekannte Unterscheidung in vertretbare und unvertretbare Sachen in § 91 BGB.310 Die historisch im law of equity gewachsenen und nachfolgend kodifizierten Grundsätze sind überaus interessant, da sich aus ihnen ein praktisches Trennungskriterium zwischen specific performance und Schadensersatz ergibt, das auch zu der im ersten Teil dieses Buches angeführten Unterscheidung zwischen Marktpreisen und Schätzpreisen zurückführt (dazu § 3 III. 3. a.). Handelt es sich um eine Ware oder einen Gegenstand, der am Markt verfügbar ist, so ist die ersatzweise Eindeckung der schnellere und effizientere Weg, die Befriedigung herbeizuführen. Kommt es der Leistungsgläubigerin hingegen auf das individuelle Gut an, so muss und kann (!) der langwierigere Weg der specific performance gegangen werden. Auf dieselbe rationale Logik lassen sich auch die Motivationen von Leistungsgläubigern im deutschen Recht zurückführen, indem diese den mühsamen Weg der zwangsweisen Durchsetzung nur bei nicht vertretbaren Gegenständen gehen werden, hingegen den Schadensersatz statt der Leistung bei am Markt ersatzweise verfügbaren Gegenständen regelmäßig präferieren werden.311 Aber auch die Vorstellung, dass das civil law primär auf den Naturalerfüllungsanspruch ausgerichtet sei, stellt ein Zerrbild dar, da hiermit die praktische Raffinesse und Bedeutung der Möglichkeit, den Nichterfüllungsschaden einzufordern, negiert wird und zudem ausgeblendet wird, wie verhältnismäßig selten der Naturalerfüllungsanspruch mit Mitteln der Zwangsvollstreckung durchgesetzt wird.312 Wie praktisch wichtig die Möglichkeit der Einforderung des Wert von Gütern nicht nach einem empirischen Mittelwert, sc. dem Marktpreis, sondern nach anderen objektiven Bewertungsrastern ermittelt, die Schätzpreise ergeben (dazu bereits oben § 3 III. 3. a)). Als Rechtsfrage muss dieser Wert beispielsweise ermittelt werden, wenn ein Picasso mutwillig verbrannt oder vom Verkäufer an einen nicht mehr zu ermittelnden Dritten veräußert wurde. Hier wird man dem Kunsteigentümer oder Käufer nicht sagen können, dass der Picasso keinen Wert hat, da kein Marktpreis besteht. Vielmehr ist der Schätzpreis, bei allen bestehenden praktischen Schwierigkeiten, zu beziffern (dazu Johannes W. Flume, in: ­BeckOK47Ed., § 249 Rn. 121 ff.). 308 Sarah Worthington, Equity2, S. 25 f. 309  Im Detail: Edwin Peel, Treitel on the Law of Contract14, Rn. 21–023 ff. 310  Zur Erfassung dieser Kategorien vgl. Thomas Rüfner, in: HKK, §§ 90–103 Rn. 21 ff.; allgemein zu den möglichen Gegenständen des Kaufvertrages Barbara Grunewald, Kaufrecht, § 4 Rn. 1 ff. 311  Siehe aber auch Wolfgang Ernst, FS Nörr, S. 217, 220, nach dem auch bei Gattungswaren ein Interesse an specific performance bestehen kann. 312 Vgl. dazu oben die Nachw. in Fn. II 174.

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Nichterfüllungsschadens ist, lässt sich nachvollziehen, indem man sich eine Rechtsordnung vorstellt, die nur den Zwang zur Erfüllungsklage oder Naturalkondemnation als einzige Reaktionsmöglichkeit auf die Nichterfüllung vorsieht. Dies war in der Tat die Rechtslage zu Anfang des 19. Jahrhunderts nach dem preußischen Landrecht sowie dem österreichischen ABGB von 1811.313 So bestimmte § 919 ABGB (1811) ursprünglich, dass „[w]enn ein Theil den Vertrag entweder gar nicht; oder nicht zu der gehörigen Zeit; an dem gehörigen Orte; oder auf die bedungene Weise erfüllet; so ist der andere Theil, […], nicht berechtigt, die Aufhebung, sondern nur die genaue Erfüllung des Vertrages und Ersatz zu fordern“.314

War damit gesagt, dass in Österreich Verträge nicht „gebrochen“ wurden und in Österreich ein moralisch erhabeneres Vertragswesen existierte? Wohl kaum. Die Vertragsparteien waren vielmehr mit einem ganz wesentlichen Problem konfrontiert: der Zeit. Wenn V beispielweise sich weigerte, an K zu liefern, so musste K den V verklagen und den beschwerlichen Weg der Exekution, also der Zwangsvollstreckung auf sich nehmen. In jedem Fall konnte K in einem solchen System nicht damit rechnen, die Ware zur bestimmten Zeit zu erhalten. Wenn K in diesem Szenario sich zu früh ersatzweise eindeckte, lief er Gefahr, auch die Lieferung von V noch abnehmen zu müssen. Die Lösung für dieses Dilemma315 313  Grundlegend W. Gelpcke, Der Rücktritt von einem Zweiseitigen Vertrage, und die Differenzklage in Handelssachen, Zeitschrift für Handelsrecht 1 (1852), 3 ff.; siehe auch Wil‑ helm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 98 II. (= S. 494) und Begr. zu Artt. 250 bis 253 Preuß-E HGB 1857, in: Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten, S. 129 ff.; aus der heutigen Literatur: Susanne Würthwein, Zur Schadensersatzpflicht wegen Vertragsverletzung im Gemeinen Recht des 19. Jahrhunderts, 1990; Janwillem Oosterhuis, Specific Performance in German, French and Dutch Law in the Nineteenth Century, S. 114 ff. 314  Zu historischen Vorläufern Robert v. Mayr, Die Wirkung der Nichterfüllung eines Vertrages nach österreichischem bürgerlichen Rechte, GZ 1904, 298 f. Ein Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden wurde erstmals im Rahmen der sog. III. Teilnovelle des ABGB aus dem Jahre 1916 in den noch heute geltenden §§ 918 ff. ABGB eingeführt (dazu Oskar Pisko, ZHR 80 (1917), 161, 211 ff.). Gänzlich unbekannt war der Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden dem kodifizierten österreichischen Recht jedoch nicht. Denn das AHGB – wie das ADHGB in Österreich bezeichnet wurde, das in den Jahren 1863 bis 1939 in Kraft war – regelte in Artt. 354–357 AHGB den Nichterfüllungsschaden. 315  Eindringlich hat der Richter am preußischen Obertribunal W. Gelpcke die Probleme, die sich aus der Ausrichtung des preußischen Landrechts sowie des österreichischen Rechts auf den Naturalerfüllungsanspruch ergeben, in einer lesenswerten Passage aus dem Jahr 1852 geschildert: „Die […] Klage auf Erfüllung, als eine Regel und eine Nothwendigkeit für den Berechtigten hingestellt, hat für denselben viel Lästiges. Sie führt auf eine erhebliche Beeinträchtigung des ganzen bürgerlichen Verkehrs. Dem Berechtigten liegt oft an einer nicht rechtzeitig erfolgten Erfüllung des Geschäftes später nichts mehr. Er findet in ihr keinen Nutzen, sondern nur Schaden. Häufig hat der Berechtigte die Sache, die ihm geliefert werden sollte, sich sofort anderweitig anschaffen müssen, und ist deshalb genöthigt, das zu spät erfolgende Anbieten einer gleichartigen Sache durch den Verpflichteten zurückzuweisen. Oft hat der

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l­autete: Nichterfüllungsschaden oder pecuniary damages. K kann sich ersatzweise am Markt eindecken und einen etwaigen Mehrbetrag im Verhältnis zum Kaufpreis vom V geltend machen. Sein Risiko besteht dann nur noch in der Liquidität des V. Schadensersatz statt der Leistung oder pecuinary damages sind praktisch raffinierte Lösungen, die nicht auf einen pathologischen, amoralischen Zustand reagieren, mit diesen Zuschreibungen ist ohnehin nicht viel gewonnen, sondern sie weisen den Weg zur einer neben der Naturalerfüllung alternativen Form der Vertragserfüllung: der Pekuniarerfüllung. Erstaunlicherweise sind es vorrangig gerade civil law-Autoren, die hierauf aufmerksam gemacht haben. So formuliert Brigitte Knobbe-Keuk in ihrer Habilitationsschrift 1972: „Mit dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung fordert der Gläubiger Realisierung seines Leistungsanspruchs, nur nach einer anderen Richtung: statt des unmittelbaren Vertragsgegenstandes begehrt er ersatzweise Befriedigung seines Gläubigerinteresses durch Gewährung des Vermögenswertes, den er erhalten würde, wenn der Schuldner den Vertragsgegenstand leisten würde. Naturalleistung und Leistung des notwendigen Geldäquivalentes stellen sich dar als zwei Formen der Verwirklichung des vertraglichen Rechts des Gläubigers.“316

Hieran anknüpfend führt Ulrich Huber aus, dass der „Erfüllungsanspruch und Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung oder: Anspruch auf die Leistung in Natur und Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung […] zwei Seiten

Berechtigte, der die zu empfangende Sache anderweitig in seinem Gewerbe absetzen wollte, und dazu beim Eintritt der Erfüllungs-Zeit eine günstige Gelegenheit hatte, diese später nicht mehr, und wird daher die Annahme später nicht ohne rechtlichen Grund verweigern. Ist der berechtige Kontrahent derjenige Theil, der die Sache liefern soll, dann ist derselbe, wenn ihm letztere nicht rechtzeitig abgenommen wird, häufig gezwungen, die von ihm bereit gehaltene Sache sofort zu veräußern, um den Nachtheilen einer kostspieligen Aufbewahrung derselben, des Sinkens des Werthes des Gegenstandes, und der Entbehrung des in diesem für ihn steckenden Betriebsfonds seines Gewerbes zu entgehen. In allen diesen so verschiedenartigen Fällen enthält der gesetzliche Zwang zur Anstellung einer Erfüllungsklage für den Berechtigten eine offenbare Fessel in Ansehung einer freien Bewegung des bürgerlichen Verkehrs. Es liegt darin ein gesetzliches Unrecht. Bei Handelsgeschäften ist dies fast immer der Fall. Mit der neben der Erfüllungsklage statthaften Entschädigungsklage wird dem Berechtigten fast niemals geholfen. Man stelle sich, um dies sofort zu erkennen, nur auf den Standpunkt des lebendigen Verkehrs. Die Beweglichkeit, die Schnelligkeit und die Veränderlichkeit der Handelsverhältnisse, der in den wichtigsten Handels-Konjunkturen oft plötzlich eintretende große Umschlage, die Hauptbedingung des Bestehens und der Sicherheit eines soliden Verkehrs, „Treue und Glauben“ machen in der Handelswelt die prompte Erfüllung aller Verbindlichkeiten unerläßlich notwendig. […] Ein Zwang zur Klage auf Erfüllung und zur Annahme einer verspäteten Erfüllung bringen die Kontrahenten meistentheils in ein völlig ungleiches, nicht mehr innerhalb der Grenzen des Vertrages sich bewegendes Rechtsverhältniß zu einander, wirft das Geschäft aus der rechten Bahn, und stellt den Berechtigten häufig der Willkür des Verpflichteten bloß.“ (Zeitschrift für Handelsrecht 1 (1852), 3, 4 f.). 316  Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 112.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

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derselben Medaille“317 sind. Nach Marc Philippe Weller318 bedeutet „Pekuniarerfüllung […] Vertragserfüllung durch Zahlung von Schadensersatz statt der Leistung“. Diesen Stellungnahmen entsprechen auch all diejenigen Autoren, welche die Funktion des Schadensersatzes statt der Leistung als Äquivalent für die ausgebliebene naturale Erfüllung ansehen.319 Nach dem anglo-amerikanischen Recht kommt derselbe Gedanke zum Ausdruck, indem auf das compensation principle als Grundprinzip320 verwiesen werden kann, nachdem der Gläubiger in die Situation zu befördern ist, in der er sich befinden würde, wäre der Vertrag erfüllt worden.321 Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Frederick Alexander Mann, der für Rechtssysteme, wie das common law, aber auch das klassische römische Recht, die durch die Maxime omnis condemnatio est pecuniaria bestimmt seien, auf die besondere Wirkung von Geldzahlungen hinweist: „[M]oney becomes capable of discharging all obligations; it is the subsidary means of performance“322. Geld kann als „letzte[s] zwangsweise[s] Solutionsmittel“323 dienen. Mann knüpft damit an Arbeiten in der deutschsprachigen Literatur an, die die Institution des Geldes mit dem Leistungsstörungsrecht in Verbindung gesetzt haben.324 Diese

317 Ulrich Huber, Der Begriff der Pflichtverletzung, in: Reform des deutschen Schuldrechts, S. 23, 34; siehe auch dens., AcP 210 (2010), 319, 335. 318  Die Vertragstreue, S. 31 m. w. N. in Fn. 55; siehe aber auch den Gedanken wieder relativierend S. 217. 319 Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 280 Rn. 65; Barbara Grunewald, Kaufrecht, § 9 Rn. 83; dies., Schadensersatz für Mangel‑ und Mangelfolgeschäden, in: Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313, 317; Thomas Riehm, in: BeckOGK01.09.2018, § 280 Rn. 24; Hans Christoph Grigoleit & ders., Die Kategorien des Schadensersatzes im Leistungsstörungsrecht, AcP 203 (2003), 727, 735; in der Schuldrechtsliteratur wird die Nichterfüllung aber auch als „Schadensereignis“ beschrieben, vgl. z. B. Stephan Lorenz, Liber Amicorum Leenen, S. 147, 151 f.; Roland Schwarze, Leistungsstörungen2, § 25 Rn. 1. 320  Die Geltung des compensation principle ist freilich nicht unbestritten, und es wird versucht, andere Modelle zu etablieren, es gilt aber als der Standard, vgl. E. Allan Farnsworth, Contracts4, § 12.8 und W. David Slawson, Why Expectation Damages for Breach of Contract Must Be the Norm: A Refutation of the Fuller and Perdue „Three Interests“ Thesis, Neb. L. Rev. 81 (2002), 839, 842. 321 Vgl. § 1–305 (a) UCC (ex. § 1–106); Robinson v Harman, (1848) 1 Ex. 850, 855: „The rule of the common law is, that where a party sustains a loss by reason of a breach of contract, he is, so far as money can do it, to be placed in the same situation, with respect to damages, as if the contract had been performed.“; Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 3.116; Guenter H. Treitel, Remedies for Breach of Contract, Anm. 82; E. Allan Farnsworth, Contracts4, § 12.8.; Daniel Friedmann, The Performance Interest in Contract Damages, LQR 111 (1995), 628, 630. 322  Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 65. 323  Karl Helfferich, Das Geld6, S. 350; auch zitiert in Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 65 (dort wird auf die englische Übersetzung aus dem Jahr 1927 verwiesen). 324  Gustav Hartmann, Internationale Geldschulden, Beitrag zur Rechtslehre vom Gelde, AcP 65 (1882), 146, 166; ders., Ueber den rechtlichen Begriff des Geldes und den Inhalt von

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Funktion kann das Geld übernehmen, indem es „abstrakte Vermögensmacht“325 oder „abstract purchasing power“326 gewährt.

IV. Zusammenfassung Die civil law-Jurisdiktionen einerseits und die anglo-amerikanischen Rechtsordnungen anderseits nehmen einen grundverschiedenen Ansatz ein, wie das Verhältnis zwischen primärrechtlicher und sekundärrechtlicher Ebene ausgestaltet ist. Das kodifikatorische Bauelement in der deutschen Rechtsordnung, das den wesentlichen Unterschied ausmacht, ist die Idee der Umwandlung des Naturalerfüllungsanspruchs durch die Gestaltungserklärung des Leistungsgläubigers (§ 281 Abs. 4 BGB) nach Nachfristsetzung. Damit wird das Interesse des Schuldners an der naturalen – wenn auch verspäteten – Leistungserbringung berücksichtigt und zugleich mit Fristablauf die Entscheidung, zwischen Natural‑ und Pekuniarerfüllung zu wählen (denn beide Ansprüche können zwangsweise durchgesetzt werden), in die Hände des Gläubigers gelegt. Demgegenüber ist das common law durch das Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen specific performance und money damages bestimmt. Ist specific performance verfügbar, so hat der Gläubiger die Wahl, die Natural‑ oder Pekuniärerfüllung im Fall der Nichterfüllung zwangsweise durchzusetzen. Ist specific performance nicht verfügbar, so kann auch der Schuldner durch seine Leistungsverweigerung die Umwandlung faktisch erzwingen, da der Gläubiger gerichtlich nur seinen Schadensersatz durchsetzen kann. Der Übergang vollzieht sich aber bereits auf materiell-rechtlicher und vorgelagerter Ebene durch die termination als self-help remedy des Gläubigers.

Geldschulden, S. 50, 97; Walther Burkhardt, Das Geld, ZBJV 71 (1935), 6, 11; Max Frauenfelder, Das Geld als allgemeiner Rechtsbegriff, S. 120 ff. 325  Friedrich Carl von Savigny, Obligationenrecht I., S. 405 f.: „Das Geld erscheint aber daneben [sc. neben der Funktion als Wertmesser] noch in einer zweiten und höheren Function, indem es den von ihm gemessenen Werth selbst in sich schließt, und so den Werth aller anderen Vermögensstücke vertritt. Daher verleiht das Eigenthum des Geldes dieselbe Macht, welche die durch dasselbe gemessene Vermögensstücke zu verleihen fähig sind, und es erscheint hiermit das Geld als ein abstractes Mittel zur Auflösung aller Vermögensstücke in bloße Quantitäten. Das Geld also gewährt seinem Eigenthümer eine allgemeine, auf alle Gegenstände des freien privatrechtlichen Verkehrs anwendbare, Vermögensmacht […]“. 326 Frederick Alexander Mann, The Legal Aspect of Money5, S. 29.

§ 6 Die wirtschaftliche Bemessung des Leistungsaustausches

Unvertretbare Gegenstände, unique items (US), specific goods (UK) [z. B. Grundstücke, Kunstwerke, difficult-to-repla‑ ce-items (etwa: Chateau La Grange St. Julien 1937)]

common law

civil law

specific performance oder money damages (nach Wahl des Gläubigers)

1. Naturalerfüllung 2. Schadensersatz statt der Leistung (grds. nach Nachfrist und Wahl des Gläubigers)

money damages

1. Naturalerfüllung 2. Schadensersatz statt der Leistung (grds. nach Nachfrist und Wahl des Gläubigers)

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Schätzpreise Vertretbare Gegenstände, insbesondere börsengängige Waren, fungible goods, ggf. ­reproduzierbare digitale Güter [z. B. Rohstoffe, PKWs, Konsumgüter, Bitcoins] Marktpreise Abbildung 16: Verhältnis von Primär‑ und Sekundäranspruch nach common‑ und civil law

Beide Systeme haben mit ganz unterschiedlichen dogmatischen Fragestellungen zu kämpfen und aus den unterschiedlichen systematischen Ausgangspunkten heraus ist auch zu erklären, warum im anglo-amerikanischen Recht heiß diskutierte Fragen, wie z. B. die theory of efficent breach of contract327, im deutschen Recht keine wesentliche Rolle spielen, da sie aufgrund der Ausgestaltung des Naturalerfüllungsanspruchs in Deutschland so nicht denkbar ist. Im deutschen Recht wiederum ergibt sich aus der „Entscheidungshoheit“ des Leistungsgläubigers, über die Umwandlung des Naturalerfüllungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch zu entscheiden, die im Ergebnis zu verneinende alte Fragestellung, ob sich hieraus ein „Fortspekulieren“ zu Lasten des Schuldners ergeben könne und man hiergegen vorgehen müsse.328 Die Unterschiede zwischen den Rechtsfamilien dürfen aber auch nicht hochstilisiert werden. Im praktischen Ergebnis wird im Fall der Nichterfüllung bei vertretbaren Gütern ganz überwiegend der schnellere Weg der Pekuniarerfüllung eingeschlagen, wie auch bei unvertretbaren Gütern oder unique items die naturale Erfüllung gerichtlich erzwungen werden wird.

327

 Vgl. dazu oben bei Fn. II 211. dazu oben bei Fn. II 252.

328 Vgl.

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses I. Problemaufriss Pekuniarerfüllung bedeutet, den gegenseitigen naturalen Leistungsaustausch ersatzweise durch eine Geldsumme auszudrücken.329 Die Parteien tauschen also nicht die Gegenleistungen aus (Kaufgegenstand gegen Geld), sondern an deren Stelle tritt im Regelfall nach der Wahl des Gläubigers (§ 281 Abs. 4 BGB) der Schadensersatz statt der Leistung.330 Diese Geldsumme, die ersatzweise vom Schuldner zu zahlen ist, muss dabei dem Umfang nach dem Zustand entsprechen, der vermögensmäßig eingetreten wäre, wäre naturaliter erfüllt worden. Wie ermittelt man aber den Umfang des Pekuniarinteresses? Diese für das Verständnis der Funktionsweise unserer Privatrechtsordnung zentrale Frage ist alles andere als einfach zu beantworten. Denn die systematische Verortung, wie auch der Bewertungsansatz, auf welchen Wert für die Bezifferung des Nichterfüllungsschadens abgestellt werden kann, ist mit vielen Zweifelsfragen und Widersprüchen belastet. Geht man von der heute nach der h.M. bestehenden Rechtslage aus, so kann der Schadensersatzgläubiger seinen Nichterfüllungsschaden durch den Ansatz eines konkret oder abstrakt durchgeführten Deckungsgeschäftes (dazu unter 1.) oder nach dem entgangenen Gewinn (dazu unter 2.) beziffern. Die von der h.M. gewährte alternative Möglichkeit, den Nichterfüllungsschaden entweder nach einem Deckungsgeschäft oder nach dem entgangenen Gewinn zu bemessen, hat zu einer grundlegenden Fehlentwicklung geführt. Diese resultiert in einer nicht zu rechtfertigenden potenziellen Überkompensation des Schadensersatzgläubigers und einer Fehlberechnung des Pekuniarinteresses (dazu unter 3.).

 Vgl. hierzu die Nachw. in Fn. II 316 ff.  Das Verschuldenserfordernis nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB interessiert hier nicht weiter (vgl. hierzu allg. Barbara Dauner-Lieb, Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in Wissenschaft und Praxis, in: Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 11 f.), da Verschulden grundsätzlich vermutet wird. Aus diesem Tatbestandselement lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf den Umfang des Nichterfüllungsschadens ableiten. 329 330

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses

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1. Anspruchsbezifferung nach abstrakt oder konkret durchgeführtem Deckungsgeschäft Der Verkäufer kann seinen Anspruch dadurch substantiieren, indem er darlegt, welchen Preis er bei einem hypothetischen (abstrakten) Deckungsverkauf erzielen würde oder bei einem konkret durchgeführten Deckungsverkauf erzielt hat. Der Käufer wiederum kann seinen Anspruch auf einen hypothetischen (abstrakten) Deckungskauf oder einen konkret vollzogenen Deckungskauf stützen. Der „Preis“, der jeweils hypothetisch zu zahlen wäre oder der beim tatsächlich vollzogenen Deckungsgeschäft gezahlt wurde, wird zum Rechenfaktor bei der Ermittlung des Anspruchs nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB. Es wird jeweils eine Differenz – eine Marktpreisdifferenz – zwischen dem Kaufpreis und einem konkret oder abstrakt bestimmten Marktpreis ermittelt. In der Literatur ist streitig geblieben, auf welcher normativen Grundlage und in welchen Fällen die sog. abstrakte Schadensbemessung angewendet werden kann und ob überhaupt private Parteien, also nicht unternehmerisch tätige Personen, diese Methode der Schadensquantifizierung wählen können.331 So wird vielfach darauf verwiesen, dass die abstrakte Schadensberechnung nur ausnahmsweise etwa in § 252 S. 2 BGB oder in § 376 Abs. 2 HGB geregelt sei.332 Nach Ulrich Huber333 soll der in § 376 Abs. 2 HGB niedergelegte Grundsatz analog auf das bürgerliche Recht angewendet werden. Ohne Auseinandersetzung mit den Ansätzen in der Literatur, und auch ohne ein Wort der Begründung, hat der BGH334 hingegen in den sog. eBay-Fällen den Nichterfüllungsschaden zu Gunsten eines privaten Käufers aufgrund des abstrakten Schadensansatzes nach dem Marktpreis berechnet: Ersteigert der Käufer einen VW-Passat (Wert: 5250 Euro) für einen Euro und verlangt der Käufer seinen Schadensersatz nach § 281 BGB wegen der Leistungsverweigerung des Verkäufers, so hat der Käufer einen Anspruch in Höhe von 5249 Euro (= 5250 − 1). Mit dieser Summe wird der Käufer so gestellt, als wenn ihm ein Pkw (Wert: 5250 Euro) für einen Euro geliefert worden wäre. 331 In der Kommentarliteratur wird regelmäßig nur auf den unternehmerischen Schadensersatzgläubiger geschaut und die Schadensberechnung privater Schadensersatzgläubiger nicht weiter bedacht, vgl. etwa Christian Grüneberg, in: Palandt77, § 281 Rn. 26 f. 332 Vgl. etwa Christian Grüneberg, in: Palandt77, § 281 Rn. 30; Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB7, Vor § 281 Rn. 27; Gottfried Schiemann, in: Staudinger2017, § 252 Rn. 21; ferner Nils Jansen, in: HKK, §§ 249–253, 255 Rn. 112; ders., Konturen eines europäischen Schadensrechts, JZ 2005, 160, 164 f.; Martin Josef Schermaier, in: HKK, §§ 280–285 Rn. 66. 333 Abstrakte Schadensberechnung des Käufers, FS  Karsten Schmidt, S. 725, 742; dagegen Gerd Müller, § 376 Abs. 2 HGB  – Ausnahmevorschrift oder Leitbild für die „abstrakte“ Schadensberechnung?, WM 2013, 1 ff. 334 BGH, NJW 2015, 548 („VW-Passat“); NJW 2015, 1009 Rn. 13 m. Anm. Patrick Meier („Stromaggregat“) (mit fragwürdiger Einordnung in § 283, da das Aggregat bereits an einen Dritten verkauft worden war; vgl. dazu Thomas Riehm, JuS 2015, 355, 356 f.); BGHZ 211, 331 = NJW 2017, 468 Rn. 18 („Shill Bidding“); siehe zuvor BGH, NJW 2012, 2723 ff. („Vertu“).

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Ohne hier bereits auf weitere Einzelheiten einzugehen, bleibt festzuhalten, dass die dogmatische Begründung der Schadensbemessung auf der Grundlage eines abstrakt oder konkret durchgeführten Deckungsgeschäftes unklar und streitig ist. Unklar und nur selten behandelt wird dabei auch insbesondere die Frage, in welchem Verhältnis beide Methoden zueinanderstehen und welcher Markt und Marktpreis überhaupt maßgeblich ist.335

2. Anspruchsbezifferung nach dem entgangenen Gewinn Alternativ zur Bezifferung des Schadensersatzes statt der Leistung auf der Grundlage eines hypothetischen oder konkret vollzogenen Deckungsgeschäftes kann nach der h.M. auch der entgangene Gewinn eingefordert werden. So entspricht es der ganz h.M.336, dass der unternehmerisch tätige Verkäufer seinen Nichterfüllungsschaden anstatt nach der Marktpreisdifferenz auch nach der entgangenen Gewinnspanne beziffern kann, oder wie man im amerikanischen Vertragsrecht337 bündig formuliert, nach seinem lost volume. Eine Pflicht zum Deckungsverkauf nach § 254 BGB wird dabei grundsätzlich verneint.338 Der Anspruchsumfang wird in diesem Fall nicht auf die Differenz zum Marktpreis der Handelsstufe, in der sich die Parteien befinden, also auf der Grundlage eines Deckungsgeschäfts, sondern nach der Differenz zum Einkaufspreis beziehungsweise zum um die Spezialunkosten bereinigten Herstellungspreis berechnet. Das Standardargument hierfür lautet, dass dem Verkäufer aufgrund der Nichtabnahme durch den Käufer ein (Gewinn‑)Geschäft entgangen sei. Weniger klar ist die Rechtslage in Bezug auf den Ersatz des entgangenen Gewinns im Fall des den Nichterfüllungsschaden einfordernden Käufers. So hat die Rechtsprechung dem Käufer ermöglicht, seinen entgangenen Gewinn abstrakt oder konkret nach dem sog. Weiterveräußerungspreis (oder auch Ver‑ 335 Dazu

ausführlich unter § 8 II. 4.  RGZ 60, 346 ff. („Schmelzkoks“) = JW 1905, 338; OLG Hamburg, ROLG 23 (1911), 9 ff. („Fischmehl“); OLG Hamburg, ROLG 32 (1916), 161 f. („Dosen“); RG, LZ 1911, 850 ff. Nr. 3 („Garn“); OLG Hamburg, Das Recht 1917, 518 Nr. 963; RG, JW 1919, 445 Nr. 5 m. Anm. Plum („Zement“); RG, LZ 1919, 1073 („Holz“); RG, HRR 1936, Nr. 326 = JW 1936, 797 („Stahlgußteile für Schnell-Zugmaschinen“); BGH, JZ 1961, 27 f. („Wein“) m. Anm. Ernst Steindorff = BeckRS 1960, 31190778 (vollständiger Abdruck); BGHZ 107, 67 ff. („Bier“); BGHZ 126, 305 ff. („Gebrauchtwagen“); aus der Literatur: Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 142 m. Fn. 102 f.; Günter Hager, Rechtsbehelfe des Verkäufers, S. 163 ff.; Volker Emme‑ rich, in: MünchKomm-BGB8, Vor § 281 Rn. 31; Dennis Spallino, in: NK-BGB3, § 252 Rn. 20; für das österreichische Recht: Christian Rabl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung, S. 127 ff., 139 Ergebnis Nr. 17. 337  Vgl. dazu den berühmten Fall Neri v Retail Marine Corporation, 285 N. E.2d 311 (N. Y. 1972); Charles J. Goetz & Robert Scott, Measuring Sellers’ Damages: The Lost-Profits Puzzle, Stan. L. Rev. 31 (1979), 323, 331–333; Victor P. Goldberg, Framing Contract Law, S. 233 ff.; ders., The Lost Volume Seller, R. I. P., The Criterion Journal on Innovation, 2 (2017), 205 ff. 338 Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB8, Vor § 281 Rn. 42. 336

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses

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äußerlichkeitspreis) zu bestimmen.339 Für den Schadensersatz wurde vielfach als ausreichend angesehen, dass die Kaufsache an eine unternehmerisch tätige Partei veräußert wurde.340 Abweichend hiervon wurde aber in anderen Judikaten, bei denen marktgängige Waren veräußert wurden, eine Pflicht zum Deckungskauf nach § 254 BGB angenommen und da der Käufer keinen Deckungskauf vorgenommen hatte, nur die Differenz zum Marktpreis als Nichterfüllungsschaden zugesprochen.341 Dieser letztgenannten Beschränkung entspricht auch die in der Literatur ganz überwiegend vertretene Auffassung, die bereits früh gegen die an § 252 S. 2 BGB anknüpfende Rechtsprechung des Reichsgerichts Sturm gelaufen war. Sie bestimmt den Nichterfüllungsschaden des Käufers nach der Marktpreisdifferenz und erkennt keinen Anspruch auf den entgangenen Gewinn zu, sollte ein Gegenstand verkauft worden sein, der ersatzweise am Markt verfügbar ist.342 339  RGZ 4, 1 ff. („Handschuhnähmaschinen“) (noch zum ADHGB); RG, Bolze 7 (1889), Nr. 571; RG, Bolze 10 (1891), Nr. 490 und 813 („Stroh“); RG, DJZ 7 (1902), 311 Nr. 60; RG, LZ 1907, 501 Nr. 9; RG, LZ 1908, 160 Nr. 20; RG, LZ 1909, 320 Nr. 3 („Aluminiumabfälle“); RG, LZ 1909, 321 Nr. 4 („Schuhe“); RG, SeuffA 65 (1910), 388, 389 f.= JW 1910, 613 f. („Drahtgeflecht“); RG, LZ 1914, 1804 Nr. 2 („Hefe“); RG, JW 1918, 35 Nr. 8 m. Anm. Plum („Leder“); RGZ 90, 423 ff. = JW 1918, 35 Nr. 9 m. Anm. Max Hachenburg („Sonnenblumenkuchenmehl“); RGZ 99, 46, 49 (Militärfiskus „Rum“); RGZ 100, 112, 113 („Militärstiefel“); RGZ 101, 217, 218 f. (Militärfiskus „Erbsen“) = JW 1921, 333 Nr. 2 m. Anm. Oertmann; RGZ 101, 240, 241 („Bullen und Kühe“); RGZ 101, 421, 423 („Teeröl“) (Marktwert und „Veräußerlichkeitspreis“ werden irrtümlich gleichgesetzt); RG, JW 1921, 1313 Nr. 8 („Motor“); RGZ 105, 285 (Militärfiskus „Saftschinken in Dosen“) (i. E. wird jedoch der Marktpreis zugrunde gelegt); RGZ 105, 293, 294 („eichengegerbtes Zahmsohlleder“); BGHZ 2, 310, 313 („Paraffingatsch“); BGH, WM 1965, 102, 104 („Schrott“); BGH, JR 2007, 27 f. („Baumaschinen“) m. Anm. Dennis Spallino = NJW-RR 2006, 243. 340 Vgl. z. B. die formelhafte Wiedergabe in BGH NJW-RR 2006, 243 Rz. 9. 341  RG, JW 1910, 948 f. („Bronzespäne“); OLG Dresden, ROLG 32 (1917), 18 („Maßfliesen“); RG, Gruchot 62 (1918), 97, 100 („Zeltbahnstoff“); vgl. ferner RG, LZ 1909, 143; RG, LZ 1909, 32 f. („Schuhe“), RG, SeuffA 65 (1910), 388 389 f. = JW 1910, 613 f. („Drahtgeflecht“) und RG, LZ 1914, 475 in denen die Anwendbarkeit des § 254 BGB thematisiert, jedoch nicht bejaht wurde. Vgl. instruktiv für die Thematik auch OGH, Urt. v. 27. März 1872, ZHR 26 (1881), 245, 246 f. („Sonnenblumenöl“); OGH, ZBl. 33 (1916), 653; so im Ergebnis auch, ohne Thematisierung des § 254 BGB, BGH, WM 1998, 932 („Himbeeren“); BGH, NJW 1998, 2901, 2902 f. („Hölzer“). In der Rechtsprechung des BGH wird die Anwendbarkeit des § 254 BGB nicht thematisiert (BGHZ 2, 310, 313; BGH, JR 2007, 27 m. Anm. Dennis Spallino), ausdrücklich verneint (vgl. BGHZ 62, 103, 106 f.; 104, 337, 344 ff. für Bankgeschäfte; siehe auch OLG Frankfurt, NJW 1977, 1015, 1016 („Benzin“)) oder vage eine solche Pflicht als denkbar angesehen, jedoch nicht bejaht (vgl. BGH, NJW 1989, 290, 291 (zum Deliktsrecht); NJW-RR 1990, 432, 434 „nicht stets gehalten“; NJW 1997, 1231, 1232). 342  Düringer/Hachenburg, HGB II.2, Einl. Anm. 366; Karl Adler, ZHR 86 (1923), 1, 46 f.; Ernst Rabel, Das Recht des Warenkaufs I., § 25 3. c) (= S. 170 ff.) und § 59 (= S. 454 ff.); Ernst v. Caemmerer, Das Problem der überholenden Kausalität im Schadensersatzrecht, 8 f.; Ernst Steindorff, Abstrakte und konkrete Schadensberechnung, AcP 158 (1958), 431, 460 ff.; Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 109 ff., 186 f.; dies., VersR 1978, 401, 403 f.; Chris‑ tian Knütel, AcP 202 (2002), 556 ff.; Martin Gebauer, Hypothetische Kausalität und Haftungs-

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3. Systematische Überkompensation Die derzeitige Rechtslage lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der unternehmerische Verkäufer stets seine Gewinnspanne im Rahmen des Anspruchs nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB einfordern kann und daneben wirtschaftlich regelmäßig die Marktpreisdifferenz irrelevant ist, da sie eine kleinere Summe ergeben wird. Demgegenüber ist die Rechtslage bezogen auf den Käufer weniger klar, da nicht eindeutig ist, ob der unternehmerische Käufer marktgängiger Waren seinen Weiterveräußerungsgewinn als Nichterfüllungsschaden geltend machen kann oder ob er auf die Marktpreisdifferenz beschränkt ist. Handelt es sich beim Schadensersatzgläubiger um eine private Person, ergeben sich zudem die bereits unter 1. geschilderten Schwierigkeiten der dogmatischen Verankerung der Schadensbemessung, inwieweit überhaupt eine abstrakte Schadensbemessung nach der Marktpreisdifferenz möglich ist. Neben der insgesamt zu beklagenden fehlenden Rechtssicherheit in diesem zentralen Bereich führen die von der h.M. zugelassenen alternativen Schadensbemessungsansätze zu einer potenziellen systematischen Überkompensation unternehmerischer Verkäufer und einer Schlechterstellung privater Schadensersatzgläubiger. Demonstrieren lässt sich dies am Beispiel der Konstellation, in der ein unternehmerischer Verkäufer seinen Nichterfüllungsschadensersatz einfordert und von der h.M. seinen entgangenen Gewinn zugesprochen bekommt. Er erhält in diesem Fall nicht ein Erfüllungssurrogat, ausgedrückt in einer Geldsumme, sondern eine Kündigungsprämie. Es wird ein Zustand hergestellt, der signifikant vom Zustand abweicht, der infolge des naturalen Leistungs­ austausches eingetreten wäre. a. Ein Beispielsfall Ein einfaches numerisches Beispiel soll die Konsequenzen der h.M. veranschaulichen: Es wird ein Markenfahrrad zum Preis von 1000 verkauft. Der Verkaufspreis im Laden entspricht dabei dem Marktpreis von 1000, wie dies oft bei Markenprodukten der Fall sein wird, die über eine gewisse Dauer auf einem Markt zum selben Preis erhältlich sind.343 Nach der h.M. könnte der Verkäufer, grund, S.  247 ff.; Ulrich Huber, FS Karsten Schmidt, S. 725, 732 ff.; Thomas Riehm, Naturalrestitution und Wertersatz beim Schadensersatz statt der Leistung, GS Unberath, S. 365, 376; Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB8, Vor § 281 Rn. 36; Hartmut Oetker, in: MünchKomm-BGB8, § 252 Rn. 48; Dennis Spallino, in: NK-BGB3, § 252 Rn. 21; Reinhard Zimmer‑ mann, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:507 Rn. 3 „shaky basis“; so auch für das österreichische Recht: Rudolf Reischauer, in: Rummel, ABGB3, § 1332 Rn. 10 (Vertretbarkeit); Helmut Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht, Band I.3, Rn. 10/16 (Vorliegen eines Spezieskaufs). 343 Zu diesem Phänomen vgl. bereits oben unter § 3 III. 3. a. m. Fn. I 332.

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wenn der Einkaufspreis bei 700 liegt, 300 als Nichterfüllungsschaden einfordern. Dies scheint zunächst mit Blick auf den Verkäufer nicht überkompensatorisch, da er nur so gestellt wird, wie er selbst vermögensmäßig auch im Zuge der reellen Durchführung gestanden hätte. Er hätte 1000 erhalten und hätte ein Fahrrad abgeben müssen, das für ihn 700 wert ist. Wenn nun der Verkäufer im Nichterfüllungsszenario 300 vom Käufer erhält und das Fahrrad nicht abgeben muss, so befinden sich gleichermaßen 1000 in seinem Vermögen. Nach der Logik der h.M. erhält der Verkäufer nur den Gewinn, der ihm aufgrund des Vertragsschlusses ohnehin zusteht. Mit der Gewährung des entgangenen Gewinns des Verkäufers, oder kurz des lost volume, wird aber nicht ein hypothetischer Zustand hergestellt, wie er sich infolge des realen Leistungsaustausches oder der ersatzweisen Marktpreisdifferenzbildung eingestellt hätte, sondern es wird ein qualitativ anderer Zustand geschaffen. Die h.M. blendet zu Unrecht die Perspektive des Käufers auf den Austauschvorgang aus: Wäre naturaliter erfüllt worden, würde sich die Kaufsache im Vermögen des Käufers und der Kaufpreis im Vermögen des Verkäufers befinden. Im Vermögen des Käufers würde sich, um an das oben angeführte Beispiel anzuknüpfen, ein Fahrrad im Wert von 1000 und im Vermögen des Verkäufers der Kaufpreis i.H.v. 1000 befinden. Nach der h.M. muss der Käufer hingegen im Schadensersatzszenario 300 an den Verkäufer leisten. Der Käufer seinerseits verfügt aber nicht über ein Fahrrad, sondern nur über einen um 300 verminderten Barbestand von nunmehr 700. Wirtschaftlich betrachtet führt der entgangene Gewinn damit zur Etablierung der bereits erwähnten Kündigungs‑ prämie in Höhe der Gewinnmarge des Verkäufers zu Lasten des Käufers.344 b. Ein fataler Perspektivenwechsel Zurückzuführen ist der Effekt, den die h.M. hat, auf einen unzulässigen Perspektivenwechsel: An die Stelle des Marktpreises, der Marktstufe, auf welcher der Vertrag abgeschlossen wurde, tritt im Zusammenhang mit dem entgangenen Gewinn der Einkaufs‑ oder Herstellungspreis des Verkäufers. Es findet ein Wechsel von der Marktpreisdifferenzberechnung zur Berechnung der Differenz zum Einkaufs‑ oder Herstellungspreis statt. Berechnet man den Nichterfüllungsschaden nach der Marktpreisdifferenz, so kann man sagen: Die Parteien einigen sich nach § 433 BGB über die Kaufsache und den Kaufpreis. Leistet eine Partei – auch im Laufe der Nachfrist – nicht, so wird der Zustand des reellen Leistungsaustausches, wie er sich in Abhängigkeit zum Marktpreis ergeben hätte, wirtschaftlich durch die Zahlung einer Geld344  So auch die gängige Charakterisierung des lost volume im amerikanischen Vertragsrecht, vgl. Robert E. Scott & George G. Triantis, Embedded Options and the Case Against Compensation in Contract Law, Colum. L. Rev. 104 (2004), 1428; Victor P. Goldberg, Protecting Reliance, Colum. L. Rev. 114 (2014), 1033, 1051–54.

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summe repliziert. Gewährt man hingegen dem Verkäufer als Nichterfüllungsschaden seinen entgangenen Gewinn anhand der Differenz zum Einkaufs‑ oder Herstellungspreis, so wandelt sich das Bild vollständig: Entweder kommt es zum naturalen Leistungsaustausch entsprechend § 433 BGB zwischen den Parteien oder der Käufer haftet bei Nichtabnahme in jedem Fall auf die Gewinnmarge des Verkäufers. Dies kann als dispositive Schadensbemessungsregel nicht richtig sein. Der Käufer wird hierdurch einseitig benachteiligt, der Verkäufer hingegen überkompensiert, indem er seinen Gewinn einstreichen kann, ohne aber auch den Umsatz bewirkt zu haben, aus dem er normalerweise als Rohergebnis seinen Gewinn einstreichen und den er dann in seinen Büchern gutschreiben kann. Sicherlich wird es Industrien und Situationen geben, in denen die Vereinbarung einer Stornogebühr oder einer Kündigungsprämie, die aber auch dann AGB-rechtlich wirksam sein muss, Sinn ergibt und nachvollziehbare Kostenrisiken begegnen.345 In solchen Konstellationen handelt es sich aber nicht um die Bemessung des Nichterfüllungsschadens des Verkäufers, sondern um die Festlegung einer besonderen Schadenspauschale.

4. Der Lösungsweg All die beschriebenen Probleme und Zweifelsfragen, wie auch die nicht zu rechtfertigende potenzielle Überkompensation unternehmerischer Schadensersatzgläubiger lassen sich auflösen. Die Funktion, Geld anstelle der naturalen Leistung zu gewähren, besteht darin, den Zustand herzustellen, der sich infolge des naturalen Leistungsaustausches eingestellt hätte. Es gilt das Äquivalent des naturalen Leistungsaustausches in Geld zu reproduzieren. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Kaufvertrag ein Marktaustausch ist, dass sich also das wirtschaftliche Ergebnis des Leistungsaustausches und damit auch der monetäre Wert des Kaufvertrages nur in Abhängigkeit zum Markt‑ oder Schätzpreis ermitteln lässt.346 Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich dafür international ein Lösungsansatz etabliert, um das Pekuniarinteresse ganz in diesem Sinne zu quantifizieren: die Marktpreisregel (dazu § 8 II.1). Die Marktpreisregel wurde in den deutschsprachigen Kodifikationen sodann nur als Sonderregel der Fixhandelsgeschäfte niedergelegt. Es lässt sich jedoch für das geltende Recht zeigen, dass in Form der sog. Differenztheorie ein materiell-rechtlicher Mechanismus verankert ist, der nichts anderes darstellt, als eine abweichende Bezeichnung für die nach der Marktpreisregel vorzunehmende Rechenoperation zwischen Marktpreis und Kaufpreis, die als Ergebnis die Höhe des Pekuniarinteresses 345 Das kann hier nicht vertieft werden, vgl. zu § 309 Nr. 5a) BGB Wolfgang Wurmnest, in: MünchKomm-BGB8, § 309 Nr. 5 Rn. 10 ff.; für den unternehmerischen Verkehr Lorenz Kähler, in: BeckOGK01.07.2018, § 307 Schadenspauschalierungsklauseln Rn. 1 ff. 346 Dazu bereits oben unter § 6 II. und sogleich unter § 8 II. 2.

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ergibt (dazu § 8 II. 2.). In Abgrenzung zum Schadensersatz statt der Leistung lässt sich dann auch die Ersatzfähigkeit des entgangenen Gewinns (dazu § 8 III.) sowie das Verhältnis zum Verzögerungsschaden bestimmen (dazu § 8 IV.). Daran anschließend ist das Verhältnis zum Rücktritt (§ 8 V) zu erfassen.

II. Der Schadensersatz statt der Leistung als Reproduktion des Ergebnisses des naturalen Leistungsaustausches 1. Eine international etablierte handelsrechtliche Lösung: Die Marktpreisregel Die Geldsumme, mit der das Pekuniarinteresse beziffert werden kann, ergibt sich nach der Marktpreisregel aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Marktpreis in demjenigen Markt, in dem der Vertrag abgeschlossen wurde.347 Der amerikanische Rechtshistoriker Morton J. Horwitz hat in seinem 1977 erschienenen einflussreichen Werk Transformation of American Law 1780–1860 die Bedeutung dieser auf den ersten Blick sehr schlichten Regel als einen entscheidenden Faktor für die Entstehung des modernen anglo-amerikanischen Rechts beschrieben.348 Nach Horwitz hatten die Gerichte in Nordamerika um 1815 und die englischen Gerichte um 1825 aufgrund der Entstehung ausgedehnter Warenmärkte den Ansatz entwickelt, expectation interest nach der market-price-rule zu bestimmen.349 Eine klare und schnörkellose Erklärung der Funktionsweise der market-price-rule findet sich in den Ausführungen von Chief Justice Nicholas Conyngham Tindal in der heute berühmten Entscheidung Barrow v Arnaud: „Where a contract to deliver goods at a certain price is broken, the proper measure for damages in general is the difference between the contract price and the market price of such goods at the time when the contract is broken, because the purchaser, having the money in his hands, may go into the market and buy. So, if a contract to accept and pay for goods is broken, the same rule may properly be applied; for the seller may take his goods into the market and obtain the current price for them.“350

Die These von Horwitz lässt sich durch eine komparativ-historische Umschau ausbauen. Die Marktpreisregel hatte sich Mitte des 19. Jahrhunderts als Standard Dazu noch ausführlich unter § 8 II. 4. Kapitel VI. „The Triumph of Contract“, Morton J. Horwitz, The Transformation of American Law, 1780–1860, S. 160 ff. 349  Morton J. Horwitz, The Transformation of American Law, 1780–1860, S. 176 f.; zur Verknüpfung zwischen der market-price-rule, der Industrialisierung und der Entstehung von Märkten in England Janwillem Oosterhuis, Damages and the Industrial Revolution in England, Germany and the Netherlands, ZEuP 2014, 793 ff. 350 Barrow v Arnaud (1846) 8 Q. B. 595, 609–610. 347

348 Siehe

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ansatz zur Bemessung des Nichterfüllungsschadens nicht nur im common law etabliert, sondern auch in der zu dieser Zeit noch weitgehend unkodifizierten Handelsrechtspraxis der meisten kontinentaleuropäischen Länder.351 Sie wurde als Standardregel der Schadensbemessung in den unterschiedlichen Praktikerhandbüchern der Zeit abgehandelt.352 Im deutschen Handelsrecht ist sie als die „Klage auf die Preisdifferenz“ oder die „Differenzklage“ aus dem Handel mit Staatspapieren und insgesamt von der schadensersatzrechtlichen Abwicklung von Lieferungsgeschäften bekannt.353 Das Preußische Obertribunal wie auch die unterschiedlichen Obergerichte des verstreuten deutschen Staatenwesens bemaßen ebenfalls den Nichterfüllungsschaden nach der Marktpreisdifferenz.354 Anschaulich und repräsentativ für die Rechtsprechung ist die nachfolgende Ausführung des preußischen Obertribunals zur Berechnung des Nichterfüllungsschadens des Käufers: 351  Dazu Janwillem Oosterhuis, ZEuP 2014, 793, 795 ff.; ders., Specific Performance in German, French and Dutch Law in the Nineteenth Century, S. 237 ff.; vgl. für das deutsche Handelsrecht Verf., AcP 215 (2015), 282, 299 f. Zur abweichenden Ausgangslage im ALR und ABGB oben § 7 III. bei Fn. II 313. 352  Vgl. etwa Claude-Étienne Delvincourt, Cours de Droit Civil V. (1825), S. 228; Joseph Chitty, A Practical Treatise on the Law of Contracts, Not under Seal (1826), S.  131 f.; Judah Phi‑ lip Benjamin, A Treatise on the Law of Sale of Personal Property (1868), S. 559; siehe auch die Gegenüberstellung bei Wilhelm Späing, Französisches und Englisches Handelsrecht, S. 458 ff.; zur deutschen Literatur sogleich Fn. II 353. 353 Grundlegend Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 86 (= S. 273 ff.); zuvor noch fragmentarisch ders., Der Verkehr mit Staatspapieren, S. 230 ff.; ferner Johann Heinrich Bender, Der Verkehr mit Staatspapieren2, §§ 2, 82, 86 (= S. 12, 393 ff., 414 ff.); Eduard Franz Souchay, Ueber die Klage des Verkäufers von Staatspapieren auf Zeit gegen den säumigen Käufer, ZCrPr 2 (1829), 448, 465 ff.; Gelpcke, Zeitschrift für Handelsrecht 1 (1852), 3, 22 ff., 32 f.; Bluntschli, SeuffBl. 17 (1852), 353 ff.; Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 437 ff.; ders., Das Lieferungsgeschäft, Busch’s Archiv 14 (1868), 8 ff.; ders., Die Börsengeschäfte, Busch’s Archiv 20 (1871), 421 ff.; Alf‑ red Pauli, Ueber das Recht zum sogenannten Rücktritte vom Kaufe, namentlich bei Lieferungsgeschäften, Neues Archiv für Handelsrecht 3 (1862), 123, 138 ff.; Eduard Brauer, Inwieweit sind Differenzgeschäfte klagbar?, Busch’s Archiv 8 (1866), 448 ff.; Carl Friedrich Wilhelm von Ger‑ ber, System des Deutschen Privatrechts5, § 179 (=S. 434 ff.); Felix Dahn, Deutsches Privatrecht von Bluntschli3, § 153 2) (= S. 468); Franz Förster & Max Ernst Eccius, Preußisches Privatrecht II.6, § 128 E. (= S. 96 ff.). 354  Aus der Rechtsprechung des preußischen Obertribunals zu den sog. Zeitkäufen: PrObTrE 15 (1848), 460 ff. („Aktien“); PrObTrE 17 (1848), 176 ff. = Busch’s Archiv 7 (1866), 277 ff. („Roggen“); AfR 10 (1854), 348 ff. („Runkelrüben-Spiritus“); AfR 13 (1855), 32 ff. („Runkelrüben-Sirup“); AfR 13 (1855), 243 ff. („Roggen“); AfR 14 (1855), 120 ff. („Runkelrüben-Spiritus“); AfR 16 (1855), 58 f. („Spiritus“); AfR 16 (1855), 205 ff. („Weizen“); AfR 17 (1856), 79 ff. („Salz“); AfR 24 (1858), 134 ff. = ZHR 1 (1858), 320 ff. („Aktien“); AfR 25 (1858), 56 ff. = ZHR 5 (1862), 282 ff. („Weizen“); AfR 27 (1858), 102 ff. = ZHR 5 (1862), 293 f. („Weizen“); AfR 28 (1858), 356 ff. = ZHR 5 (1862), 270 ff. („Roggen“); AfR 33 (1860), 132 ff. = ZHR 5 (162), 292 f. („Leinsamen“); AfR 39 (1861), 99 ff. („Gerste“); siehe daneben ferner: Obergerichtshof zu Mannheim, ZHR 1 (1858), 314 f. („Aktien“); Würtemb. Gerichtshof, ZHR 5 (1862), 280 ff. („Zwetschgen“); OAG Dresden, ZHR 5 (1862), 284 f.; OAG Dresden, ZHR 5 (1862), 287 („Kocherbsen“); OAG Dresden, ZHR 5 (1862), 288 f.; OAG Lübeck, ZHR 5 (1862), 290 ff. („Aktien“); OAG Lübeck, ZHR 5 (1862), 295 ff. („Weizen“).

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„Bei Sachen, die einen marktgängigen Preis, – oder bei Effekten, die einen Börsenkurs haben, bildet die Differenz zwischen dem Marktpreise oder dem Kurse zur Zeit der bedungenen Uebergabe, und dem stipulierten Kaufgelde, insofern dieser niedriger gestellt war, den nächsten Maßstab für den dem Käufer wegen der am bestimmten Tage unterbliebenen Erfüllung zu leistenden Schadensersatz; weil die getroffene Zeitbestimmung selbst die sicherste Richtschnur zur Beurtheilung des Interesses darbietet, welches für den Käufer darin lag, daß ihm die gekaufte Sache zur bedungenen Zeit geliefert wurde.“355

In den nachfolgenden deutschsprachigen Kodifikationen wurde die Marktpreisregel ausschließlich im besonderen Kontext des Fixhandelskaufs geregelt.356 So findet sie sich im allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch von 1861 in Art. 357 ADHGB und ab 1900 in § 376 HGB. Parallel zur deutschen Rechtsentwicklung ist in Österreich die Marktpreisregel zunächst in Art. 357 AHGB von 1863 bis 1938, sodann von 1938 bis 2007 in § 376 öHGB geregelt, um dann im Zuge der Unternehmensrechtsreform als reine besondere unternehmensrechtliche Schadensbemessungsvorschrift in § 376 UGB ihren Platz zu finden.357 Und schließlich findet sie sich im Schweizer Recht ab 1911 in Art. 191 OR als allgemein geltende zivilrechtliche Regelung.358 Das BGB und ABGB kennen hingegen – anders als das UN-Kaufrecht (Artt. 74 ff. CISG), die anglo-amerikanischen gesetzlich fixierten Kaufrechtsordnungen sowie die unterschiedlichen Modellregeln des europäischen Privatrechts359 – keine Vorschriften, die die Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung regeln.360

2. Der systematische Standort der Schadensbemessung des Anspruchs nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB Lässt sich die Marktpreisregel im BGB verankern? Die positivrechtliche Ausgangslage361 ist insofern unglücklich, als sie, wie soeben unter 1. dargestellt 355 PrObTrE

17 (1849), 176, 180 = Busch’s Archiv 7 (1866), 277, 279.  Zu ihnen vgl. bereits unter § 7 II. 3. a. und 4. a. 357  Vgl. dazu oben bei Fn. II 273. 358 Das Schweizer Obligationenrecht von 1881 sah noch keine besondere Bemessungsvorschrift im Sinne von Art. 191 OR vor, gleichwohl wurde der Nichterfüllungsschaden bei den Fixgeschäften nach der Marktpreisregel ermittelt, vgl. Albert Schneider, Das Schweizerische Obligationenrecht, S. 191. Zur Entstehung des OR vgl. Kurt Siehr, Hwb. d. EuP, Eintrag „Schweizer Obligationenrecht“. 359  Vgl. für England Sale of Goods Act § 51 Abs. 3 (1893 ff.); dazu Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 14.17 ff. und 14.50 ff.; für die USA: §§ 64 Abs. 3, 67 Abs. 3 Uniform Sales Act (1906); §§ 2–708 Abs. 1, 2–713 Abs. 2 UCC (1952 ff.); zur europäischen Privatrechtsvereinheitlichung: Art. 9:507 PECL; Art. 165 CESL; vgl. dazu Reinhard Zimmermann, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:507 Rn. 1 ff. 360 Dazu nur Reinhard Zimmermann, FS Coester-Waltjen, S. 921, 923 ff. 361  Vgl. hierzu Herbert Wiedemann, in: Soergel12, § 325 Rn. 41; ders., Thesen zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung, FS H. Hübner, S. 719, 720 (der schon zum alten Schuldrecht das Fehlen einer klärenden Gesetzesvorschrift beklagt). 356

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wurde, nur im besonderen Kontext des Fixhandelskaufs und nicht allgemein für den Rechtsverkehr im BGB geregelt ist. Daran schließt sich die Frage an, ob § 376 HGB ein besonderes Spezifikum des Handelskaufs darstellt oder ob § 376 HGB einen allgemeinen Rechtsgedanken ausdrückt, der sich ohnehin auch nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Schadensbemessungsgrundsätzen ergibt.362 Und schließlich: Wo verortet man systematisch im BGB die Frage der Schadensbemessung im Fall der Nichterfüllung? Es liegt nahe, hierfür zunächst auf die §§ 249 ff. BGB abzustellen, da der BGB-Gesetzgeber sich für eine Einheitslösung entschieden und mit den §§ 249 ff. BGB allgemeine Bestimmungen geschaffen wurden, die Regeln für die Schadensquantifizierung in den unterschiedlichsten zivilrechtlichen wie auch öffentlich-rechtlichen Themenkomplexen vorgeben.363 Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch die Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung als Konsequenz der Anwendung der schadensrechtlichen Differenzhypothese beschrieben wird.364 Zweifel an der Tragfähigkeit dieses Ansatzes ergeben sich jedoch daraus, dass der auf den Grundsatz der Naturalrestitution ausgerichtete § 249 BGB einerseits und § 281 BGB anderseits strukturell nicht miteinander kompatibel sind. Während § 281 Abs. 4 BGB das Erlöschen der vertraglichen Naturalleistungspflicht anordnet, kann dies nicht wieder über § 249 BGB rückgängig gemacht werden. Es kann also nicht der vertragliche Naturalerfüllungsanspruch durch den schadensrechtlichen Grundsatz der Naturalrestitution wieder von den Toten auferweckt werden.365 Diese Konsequenz wird auch kaum366 gezogen, da sie mit der 362  Dazu Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 113 f.; Ingo Koller, FG 50 Jahre BGH, Band II., S. 181, 191. Als allgemeiner Grundsatz wurde die Marktpreisregel des Art. 357 Abs. 3 ADHGB auch bereits im Kontext des Nichterfüllungsschadens des Käufers nach Art. 355 ADHGB angesehen, vgl. ROHG 7, 376, 377 („Kartoffeln“); August Anschütz & Otto v. Völderndorff, ADHGB III., Art. 355 Anm. II. Fn. 2 (= S. 334); Friedrich von Hahn, ADHGB2, Zusatz I zu Artt. 354 bis 359 § 2; Hermann Makower, ADHGB10, Art. 355 ADHGB Anm. e (= S. 408) („allgemeines Prinzip“); Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 355 Anm. § 64 („Denn die Zulässigkeit der in Art. 357, III, vorgesehenen abstrakten Schadensberechnung ergibt sich bereits aus den allgemeinen Regeln des Schadensersatzes“). 363  Dazu Johannes W. Flume, in: BeckOK47Ed., § 249 Rn. 5 ff. (zu den unterschiedlichen Gebieten des Privatrechts) u. 11 f. (zum öffentlichen Recht). 364 So die h.L. Thomas Riehm, Naturalrestitution und Wertersatz beim Schadensersatz statt der Leistung, GS Unberath, S. 365 ff.; Alexander Hellgardt, Die Ersatzfähigkeit des vorzeitigen Deckungskaufs, JuS 2016, 1057, 1058 f.; Ulrich Huber, Leistungsstörungen II., § 36 I. 2. (= S. 178) (zu § 326 BGB a. F.); Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB8, Vor § 281 Rn. 3 ff.; Christoph Benicke & Jan F. Hellwig, in: Soergel13, § 281 Rn. 240; Roland Schwarze, Leistungsstörungen2, § 25 Rn. 1; siehe auch erhellend für die Zeit des Inkrafttretens des BGB Hermann Makower, HGB12, Vorbem. zu §§ 375, 376 Anm. VII. b) (=  S. 1111); a.A. bereits Johannes W. Flume, in: BeckOK47Ed., § 249 Rn. 282 f. 365  Vgl. BGH, ZfBR 2016, 351 Rn. 21 m. w. N.; BGH NJW 2018, 1746 Rn. 26 (in Abgrenzung zu § 280 Abs. 1); RG, JW 1905, 686, 687 (zu § 326 a. F.); Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 281 Rn. 58; Christoph Benicke & Jan F. Hellwig, in: Soergel13, § 281 Rn. 242; Hannes Unbe‑ rath, in: BeckOK43Ed., § 281 BGB Rn. 36; Roland Schwarze, in: Staudinger2014, § 281 Rn. B 128 (relativierend aber § 280 Rn. E37); Christian Knütel, AcP 202 (2002), 555, 582; siehe davor be-

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Konstruktion und Funktion des Schadensersatzes statt der Leistung nicht vereinbar ist: Es wird ja gerade die Entscheidung, alternativ zur Naturalerfüllung das Pekuniarinteresse einzufordern, in die Hände des Leistungsgläubigers gelegt. Da § 249 BGB offensichtlich nicht passt, wird für die Schadensbemessung an § 251 BGB angeknüpft.367 Diese Norm sagt aber im Kontext des Schadensersatzes statt der Leistung nichts aus, was man nicht ohnehin durch § 281 BGB bereits weiß: der Anspruch auf Naturalerfüllung besteht nicht mehr, sondern nur noch ein Anspruch auf Geldersatz. Durch die Anknüpfung an § 251 BGB wird verdeckt, dass die Höhe des Schadensersatzes statt der Leistung bereits auf der Ebene des Leistungsstörungsrechts infolge der (leistungsstörungsrechtlichen) Differenztheorie  – und nicht der (schadensrechtlichen) Differenzhypothese  – summenmäßig feststeht. Die Differenztheorie erklärt dogmatisch, wie aufgrund des wirksam ausgeübten Gestaltungsrechts des Leistungsgläubigers die im Synallagma stehenden Hauptleistungspflichten in einen einzelnen Schadensersatzanspruch umgewandelt werden. Sie entspricht in ihrer Wirkungsweise der Marktpreisregel, so wie sie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Handelsrechtspraxis angewendet wurde.368 Die reits Ulrich Huber, Leistungsstörungen II., § 36 I. 2. (= S. 177 f.) (zu § 326 BGB a. F.); Dagmar Kaiser, Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge, S. 18 f.; in eine andere Richtung jedoch Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB8, vor § 281 Rn. 7 (Der Verweis auf die schadensrechtlichen Fälle der Durchsetzung der Naturalrestitution der Güterknappheit in Krisen‑ und Kriegszeiten [dazu auch Verf., in: BeckOK47Ed., § 249 Rn. 74] passt nicht zum Fall des § 281 BGB. Wenn der Leistungsgläubiger in Krisen‑ und Kriegszeiten weiterhin naturale Erfüllung begehrt, so darf er nicht den Nichterfüllungsschadensersatz einfordern, sondern muss versuchen, den Naturalerfüllungsanspruch zwangsweise durchzusetzen. Mit Naturalrestitution hat dies nichts zu tun). 366 Grundsätzlich anders jedoch Thomas Riehm, GS Unberath, S. 365 ff. Nach Riehm soll der Gläubiger ein Wahlrecht haben, ob er nach § 249 Abs. 1 BGB weiterhin Nacherfüllung verlangt und damit auch zur (fragwürdigen) Nachlieferung bei „ersetzbaren Stückschulden“ gelangt, oder analog (!) § 249 Abs. 2 BGB die Kosten des Deckungskaufs einfordern kann. Die Ausführungen sind insofern anregend, da sie versuchen, den Schadensersatz statt der Leistung restlos in die §§ 249 ff. zu integrieren und aufzeigen, welche Schwierigkeiten und Grenzen sich dabei ergeben (vgl. zur Beziehung zwischen Naturalerfüllung und Naturalrestitution auch Marc-Philippe Weller, Die Vertragstreue, S. 564 ff.). Sie überzeugen im Ergebnis jedoch nicht, da durch den gewählten Ansatz die Existenz des § 281 BGB geleugnet wird. 367  Vgl. die Nachw. in Fn. II 365. 368 Vgl. W. Gelpcke, Zeitschrift für Handelsrecht 1 (1852), 3, 22 zur Zeit des unkodifizierten Handelsrechts: „Die Differenzklage […] ist […] ein völlig sicheres Mittel zur Durchführung eines dem Berechtigten gegen den mit der rechtzeitigen Erfüllung des Geschäfts säumig gebliebenen Verpflichteten zustehenden Entschädigungs-Anspruchs. Die Differenzsumme zwischen dem stipulierten Preise und dem marktgängigen Preise am Erfüllungstage schließt häufig für den Berechtigten zugleich das alleinige unwandelbare Interesse in sich. Mit Grunde läßt sich behaupten, daß nach Ablauf der Erfüllungszeit nur noch diese Geld-Entschädigung verlangt werden kann, und die Klage auf Erfüllung des Vertrages in Ansehung beider Theile nicht mehr statthaft, vielmehr deshalb für ausgeschlossen zu achten ist, weil die Erfüllung nicht mehr dem Vertrage gemäß durch Lieferung gegen Zahlung in bedungener Weise sich bewirken läßt.“ (Hervorh. d. Verf.).

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„handelsrechtliche Klage auf die Preisdifferenz“ oder die „Differenzklage“369 beschreibt in einer Zeit des unkodifizierten Handelsrechts, was sich heute in § 281 BGB wiederfindet: dass sich die Primärleistungsansprüche durch die Differenzbildung zwischen Kaufpreis und Marktpreis zu einem Nichterfüllungsanspruch umwandeln (zum Ausschließlichkeitsanspruch der Differenztheorie vgl. unten § 8 V. 3.).

3. Die juristisch-ökonomische Wirkungsweise der Marktpreisregel: Vom payoff-Wert zum Schadensersatz statt der Leistung Die Differenztheorie, wie auch die als Synonym zu verstehende Marktpreisregel, ist nicht nur eine Bezeichnung für einen rechtstechnischen Vorgang, sondern in ihr ist wesentlich mehr knowhow angelegt. Sie heißt Differenztheorie, da mit ihr auf die zu vollziehende Rechenoperation verwiesen wird, indem die Differenz zwischen dem Wert der ausgebliebenen Leistung und dem Wert der versprochenen Leistung gebildet wird.370 Das ist im Fall des Verkäufers der Kaufpreis abzüglich des Wertes der Kaufsache und im Fall des Käufers der Wert der Kaufsache abzüglich des Kaufpreises. Der Clou ist nun, dass die Marktpreisregel in direkter Beziehung zur finanzmathematischen Beschreibung der Risikostruktur des Kaufvertrages steht und ihre Wirkungsweise auch aus dieser Beziehung heraus erklärt werden kann. Danach, zur Zeit des ADHGB, ROHG 20, 223, 224 („Türkenlose“): „Das Wesen dieser Umwandlung [sc. „die Substitution des Interesses an Stelle des ursprünglichen Leistungsinhalts“] beruht nicht darin, daß die Leistung nur des säumigen Contrahenten sich in Leistung ihres Werths zur Lieferungszeit umwandelte, die des nicht-säumigen hingegen bestehen bliebe. Vielmehr werden Leistung wie Gegenleistung von der Veränderung ergriffen. Der nicht-säumige Contrahent wird berechtigt, seine Leistung wie die Annahme der Leistung des Säumigen zu verweigern und an Stelle des beabsichtigten Austausches dasjenige zu fordern, was ihm daran lag, resp. was es für seine Vermögenslage ausmachte, die vom Gegner geschuldete Leistung gegen die ihm vertragsmäßig obliegenden Aufwendungen zur Zeit der Lieferung zu haben. […] Die Vertragsleistung des das Interesse fordernden Contrahenten kommt daher nicht mehr als diesem noch obliegende oder auch nur als Compensationsobject, sondern nur als ein Factor bei der Interessenberechnung in Betracht.“ (Hervorh. d. Verf.). Vgl. schließlich Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 355 Anm. § 35: „Zur Zeit der Abfassung des [A]HGB war in der Lehre die Differenztheorie die herrschende […]. Die Verfasser des [A]HGB haben sich recht deutlich auf den Boden dieser Theorie gestellt […]. Sie findet auch einen gesetzlichen Ausdruck in der – freilich nur Fixgeschäften aufgestellten [vgl. dazu Fn. II 362] – Vorschrift des Art. 357, III, daß der Käufer, der statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordert, die „Differenz“ zwischen dem Marktpreis der Ware und dem Kaufpreis verlangen kann. Aus diesen Gründen ist der Schadensersatzanspruch, den Art. 355 […] dem Käufer im Falle des Lieferungsverzuges des Verkäufers gewährt, als ein Anspruch auf Schadensersatz im Sinne der Differenztheorie zu verstehen.“ (Hervorh. wie im Original); vgl. ferner dens., ZHR 80 (1917), 161, 218 f. 369  Vgl. die Nachw. in Fn. II 353. 370  Grundlegend Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 355 Anm. § 43; ders., Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 52 3. a) (= S. 187); ders., ZHR 80 (1917), 161, 218 f.

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Wie unter § 6 II. ausgeführt wurde, lässt sich die Güte eines kaufvertraglichen Leistungsaustausches, d. h. wer ein „gutes“ oder „schlechtes“ Geschäft relativ zum Marktpreis der Kaufsache gemacht hat, durch den payoff ausdrücken. Durch den payoff lässt sich zudem der Hedge-Effekt des Kaufvertrages bestimmen, welche Partei durch den Abschluss des Kaufvertrages vor dem Preisrisiko geschützt wurde. Ein zu messender positiver payoff-Wert zu Gunsten des Verkäufers entspricht dem Betrag, in Höhe dessen dieser vor einem Preisverfall durch den Abschluss des Kaufvertrages geschützt wird. Ein zu messender positiver payoff-Wert zu Gunsten des Käufers entspricht dem Betrag, in Höhe dessen dieser vor einem Preisanstieg durch den Abschluss des Kaufvertrages geschützt wird. Die beschriebenen positiven payoff-Werte, die sich situationsbedingt zu Gunsten des Verkäufers beziehungsweise Käufers im Verhältnis von Marktpreis und Kaufpreis ergeben können, sind identisch mit dem nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB zu ersetzenden Pekuniarinteresse. Mit Hilfe der Marktpreisregel wird, aufbauend auf der linearen Risikostruktur des Kaufvertrages371, das wirtschaftliche Ergebnis bestimmt, das sich infolge des naturalen Leistungsaustausches eingestellt hätte, ausgedrückt in einer Geldsumme. Ergibt sich im Zeitpunkt372 der Ausübung des Gestaltungsrechts nach § 281 Abs. 4 BGB zu Gunsten des Schadensersatzgläubigers ein positiver Saldo, also ein positiver payoff-Wert, so besteht zu seinen Gunsten ein Anspruch nach §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB. Infolge der Differenzbildung zwischen Marktpreis und Kaufpreis wird quasi automatisch die Risikoverteilung, die durch die Festlegung des Kaufpreises zwischen den Parteien verteilt wurde, reproduziert und zum bestimmenden Faktor der Höhe des Pekuniarinteresses. Dass der Schadensersatz statt der Leistung nur in Abhängigkeit der Risikostruktur des Kaufvertrages und relativ zur Höhe des Marktpreises ermittelt werden kann, mag zunächst ungewöhnlich klingen. Dies ist jedoch die logische Konsequenz aus der Tatsache, dass jeder Kaufvertrag in Bezug auf einen Markt abgeschlossen wird – jeder Kaufvertrag ein Marktaustausch ist – und der monetäre Wert des Vertrages für den Schadensersatzgläubiger nur relativ zum Marktpreis bestimmt werden kann. Es geht also auch nicht darum, einen Mindestschaden373 zu bestimmen, sondern das Ergebnis des Leistungsaustausches monetär zu replizieren. Systematisch lassen sich die Fallkonstellationen, in denen ein Anspruch bestehen kann, anhand der Analyse der drei denkbaren Grundszenarien erfassen: Der Marktpreis der Kaufsache befindet sich im Zeitpunkt der Wahl des Nichterfüllungsschadens unterhalb des Kaufpreises, oberhalb des Kaufpreises oder er deckt sich mit diesem. Am einfachsten lassen sich die Zusammenhänge an371 Dazu

bereits unter § 6 II. 1. a.E.  Dazu noch unter § 8 II. 4. b. 373  So aber der bekannte von Robert Neuner, Interesse und Vermögensschaden, AcP 133, (1931), 277 ff. begründete Ansatz. 372

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

hand eines bereits eingeführten einfachen numerischen Beispiels illustrieren (vgl. § 6 II. 1.): Die Parteien einigen sich über den Abschluss eines Kaufvertrages über eine Kaufsache X zum Preis von 100. Im Zeitpunkt der Erfüllung sind die Parteien mit drei Szenarien konfrontiert: Der Marktpreis befindet sich unterhalb des Kaufpreises mit 90 (Szenario I.), der Marktpreis entspricht mit 100 dem Kaufpreis (Szenario II.) oder er liegt mit 110 über diesem (Szenario III.). Parallel zu diesen drei Grundszenarien bestehen sechs denkbare Schadensersatzkonstellationen (vgl. die Anordnung (1)–(6) in Abbildung 17). Szenario I.

Szenario II.

Szenario III.

Mp < Kp Mp 90

Mp = Kp Mp 100

Mp > Kp Mp 110

Bewertung des naturalen Leistungsaustausches: payoff Verkäufer +10 payoff Käufer −10

Null

payoff Verkäufer −10 payoff Käufer +10

Schadensersatz statt der Leistung (SsL) nach der Differenztheorie: SsL des Verkäufers (1): Kp − Mp 100 − 90 = 10 SsL des Käufers? (5): Mp − Kp 90 − 100 = −10

SsL des Verkäufers (3) bzw. des Käufers (4): Null

SsL des Käufers (2): Mp − Kp 110 − 100 = 10 SsL des Verkäufers? (6): Kp – Mp 100 − 110 = −10

Abbildung 17: Vom payoff zur Marktpreisdifferenz. Mp = Marktpreis; Kp = Kaufpreis

Ein positiver Saldo ergibt sich für den Verkäufer beziehungsweise für den Käufer ausschließlich in zwei Fällen. Erstens, wenn der Marktpreis zu Gunsten des den Schadensersatz suchenden Verkäufers unterhalb des Kaufpreises beziehungsweise zweitens, wenn der Marktpreis zu Gunsten des den Schadensersatz suchenden Käufers oberhalb des Kaufpreises liegt (vgl. Konstellationen (1) und (2) in Abbildung 17). Es sind also gerade diejenigen Konstellationen, vor denen die Vertragsparteien aufgrund der Risikostruktur des Kaufvertrages374 abgesichert sind: Der Verkäufer wird durch die Festsetzung des Kaufpreises vor einem Preisverfall, der Käufer wiederum vor Preissteigerungen geschützt. In den verbleibenden vier anderen denkbaren Konstellationen ergeben sich als Ergebnis der Differenzbildung entweder ein Wert von Null oder ein negativer Wert. Die Null-Fälle bedeuten, dass der Kaufvertrag zum Marktpreis abgeschlossen wurde und kein Schadensersatz statt der Leistung gefordert werden kann, da sich wirtschaftlich ein Aktiventausch vollzieht (vgl. Konstellationen (3) und (4) in Abbildung 17). Eine besondere Bewandtnis haben die Fälle, in denen sich als Ergebnis der Differenzziehung ein negativer Wert zu Lasten des Schadensersatzgläubigers 374

 Vgl. oben unter § 6 II.

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses

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ergibt (vgl. Konstellationen (5) und (6) in Abbildung 17). Eine negative Summe ergibt sich jeweils, wenn der Verkäufer beziehungsweise der Käufer die Erfüllung verweigert, obwohl er von dem Geschäft wirtschaftlich profitieren würde und die Gegenpartei gleichwohl ihren Nichterfüllungsschaden geltend macht. Als wohl Erster hat der österreichische Handelsrechtler Oskar Pisko darauf hingewiesen, dass sich auf der Grundlage der Differenztheorie – anders als nach der Surrogationstheorie375 – keine negativen Konsequenzen zu Lasten des Schadensersatzgläubigers ergeben können.376 Verlangt beispielsweise der (nicht gut beratene) Verkäufer seinen Nichterfüllungsschaden im Fall, dass der Wert der Kaufsache etwa im Zuge von Preissteigerung nach Vertragsschluss höher ist als der Kaufpreis, so muss der Verkäufer nicht infolge seines Schadensersatzverlangens befürchten, eine Geldsumme an den Käufer auszahlen zu müssen. Dem wirtschaftlichen Ergebnis würde dies entsprechen. Dies ist in unserem Recht jedoch nicht angelegt, da als Folge der Nichterfüllung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB nur ein Anspruch zu Gunsten des Schadensersatzgläubigers und nicht zu seinen Lasten entstehen kann. Gegen diese Wirkung ist grundsätzlich auch nichts einzuwenden, da hier der Schadensersatzgläubiger geschützt wird, in einem Fall also, in dem der Leistungsgläubiger offensichtlich kein Interesse mehr am Leistungsvollzug hat. Festzuhalten bleibt, dass der Verkäufer nach der Marktpreisregel nur einen Anspruch haben kann, wenn der Marktpreis der Kaufsache – im Zeitpunkt der Entstehung des Schadensersatzes statt der Leistung (dazu sogleich unter § 8 II. 4. b) – wertmäßig unter dem Kaufpreis liegt, sowie im Fall des Käufers, sollte der Marktpreis der Kaufsache wertmäßig über dem Kaufpreis liegen. In allen anderen Konstellationen besteht von vornherein kein Anspruch.

4. Die räumliche und zeitliche Bemessungsgrundlage des Schadensersatzes statt der Leistung Die Marktpreisregel ist bislang ein recht abstraktes Konzept, da für die praktische Anwendung ganz wesentliche und miteinander verzahnte Detailfragen noch zu klären sind. So stellt sich die Frage, welcher Marktpreis und welcher Zeitpunkt für die Bemessung des Nichterfüllungsschadens maßgeblich ist. Der  Dazu noch sogleich unter § 8 IV. 2. Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 355 Anm. § 36 (Pisko formuliert den Gedanken nur bezogen auf die Berechnung des Nichterfüllungsschadens des Käufers, da nach dem AHGB nur der Käufer seinen Schadensersatz nach der Marktpreisdifferenz berechnen konnte. Der Verkäufer war, wollte er Schadensersatz einfordern, gezwungen, einen konkreten Deckungsverkauf durchzuführen (vgl. Artt. 354, 343 ADHGB); dazu Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 52 3. a) (= S. 187 f.); vgl. auch dens., in: Klang1, § 920 Anm. B. 1. a) (= S. 497 f.) und § 921 Anm. I. (= S. 921); instruktiv hierzu ferner Christian Rabl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung, S. 22 f.). 375

376 Oskar

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

Schadensersatzgläubiger kann seinen Anspruch dadurch quantifizieren, dass er abstrakt auf den Marktpreis der Sache oder auf die Kosten eines konkret durchgeführten Deckungsgeschäftes abstellt.377 Bei der abstrakten Schadensbemessung muss geklärt werden, nach welchem geographischen Markt, welcher Marktstufe und in Bezug auf welchen Zeitpunkt der Marktpreis der Kaufsache beziffert werden muss (dazu unter a. und b.). Beim konkret durchgeführten Deckungsgeschäft kann streitig sein, ob der Verkäufer seinen Deckungsverkauf „zu billig“ oder der Käufer seinen Deckungskauf „zu teuer“ durchgeführt hat. Es kann auch eingewendet werden, dass das Deckungsgeschäft zu spät durchgeführt wurde und sich die Preise damit zu Lasten des Schuldners verändert haben. Zu klären gilt es, wie sich die Höhe des konkreten Schadensansatzes überprüfen lässt und in welchem Hierarchieverhältnis die Bemessung des Nichterfüllungsschadens nach dem Marktpreis und die Bemessung auf der Grundlage eines Deckungsgeschäftes stehen (dazu unter c.). a. Der maßgebliche Referenzmarkt Kaufverträge werden in Bezug auf einen Markt und einen korrespondierenden Marktpreis abgeschlossen. Marktpreise dienen nicht nur zur Orientierung bei Preisverhandlungen, sondern sie sind auch der Bezugsrahmen für die wirtschaftliche Bewertung von Vertragsversprechen (§ 6 II.). Diese Einsicht gilt es bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage des Nichterfüllungsschadens zu berücksichtigen. Wie bereits unter § 3 III. erläutert wurde, sind Marktpreise keine Jedermannwerte, also objektive Werte, die für „jeden“ gelten und gemessen werden könnten, sondern sie unterscheiden sich nach der geographischen Abgrenzung (§ 3 III. 3. b.) sowie der eventuell bestehenden stufenmäßigen Aufgliederung eines Marktes (§ 3 III. 3. c.). Befinden sich Verkäufer und Käufer im selben geographischen Markt und auf derselben Stufe, so ergeben sich keine weiteren Probleme, da der Referenzmarkt eindeutig ist. Sind Verkäufer und Käufer hingegen räumlich in unterschiedlichen Märkten ansässig oder soll die Lieferung von vornherein zu einem dritten Ort erfolgen, so ist nicht auf Anhieb zu sagen, welches der maßgebliche Referenzmarkt sein soll, da im BGB – anders als etwa nach § 376 Abs. 2 und 3 HGB oder Art. 76 Abs. 2 CISG  – keine Zweifelsregelung vorgesehen ist.

377  Die Begriffe der abstrakten und konkreten Schadensbemessung werden in der Literatur sehr uneinheitlich und in ganz unterschiedlichen Kontexten verwendet (dazu Gottfried Schie‑ mann, in: Lange/Schiemann, Schadensersatz3, § 6 XI. (=  S. 353 ff.); Brigitte Knobbe-Keuk, Möglichkeiten und Grenzen abstrakter Schadensberechnung, VersR 1976, 401, 403 f.; Johannes W. Flume, in: BeckOK47Ed., § 249 Rn. 183 ff.). In diesem Buch steht die abstrakte Schadensbemessung synonym für die Bemessung nach Marktpreisen und die konkrete Schadensbemessung für die Bemessung auf der Grundlage eines durchgeführten Deckungsgeschäfts.

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aa. Privatautonome Festlegung eines Referenzmarkts Die Parteien können neben dem Kaufpreis, über den sie als essentialia nego‑ tii zwingend eine Einigung finden müssen, damit überhaupt ein Vertrag zustande kommt, auch den Referenzmarkt, wie auch den methodischen Weg der Bestimmung des Marktpreises, privatautonom regeln. Ausreichende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Referenzmarktes ergeben sich bereits, wenn sich die Parteien darauf einigen, dass der Kaufvertrag zum Marktpreis zustande kommen soll. Mit einer solchen Vereinbarung geht implizit stets auch die Wahl eines Marktes und einer Marktstufe einher.378 Einigen sich die Parteien beispielsweise auf die Lieferung von Nadelschnittholz aus dem Schwarzwald zum laufenden Marktpreis, so ist damit klar, welcher Markt und welche Händlerstufe in Bezug genommen wird. Diese Festlegung ist auch für die Bemessung des Pekuniarinteresses maßgeblich: Wenn sich der Wert des Leistungsaustausches bereits nach dem Marktpreis richten soll, so muss dieser erst recht auch für die Höhe des Schadensersatzes statt der Leistung ausschlaggebend sein, da dieser Anspruch ein Erfüllungssurrogat für den realen Leistungsaustausch bildet. Jede andere Bemessungsgrundlage weicht vom vertraglich festgelegten Preisniveau ab. bb. Zweifelsregel: Ablieferungsort? Haben die Parteien, wie dies wohl dem Regelfall entsprechen wird, keinen besonderen Referenzmarkt bestimmt, so will die h.M. – wenn die Frage überhaupt aufgeworfen wird  – seit der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts für die Bemessung des Nichterfüllungsschadens auf den sog. Ablieferungsort abstellen, also denjenigen Ort, an dem der Käufer hypothetisch die Ware in Empfang genommen hätte.379 Die Gegenposition will auf den Leistungsort

378 Die im Zuge der Schuldrechtsreform gestrichene Auslegungsregel des § 453 BGB a. F. bestimmte noch, dass „im Zweifel [auf den] für den Erfüllungsort zur Erfüllungszeit maßgebliche[n] Marktpreis“ abzustellen sei. Maßgeblich war danach der Erfüllungsort, also der Ort, an dem der Verkäufer seiner Lieferungspflicht nachzukommen hat, und damit im Zweifel der Ort, an dem der Verkäufer seinen Wohnsitz beziehungsweise seine Niederlassung hat (§ 269 Abs. 1 und 2 BGB, vgl. Ulrich Huber, in: Soergel12, § 453 Rn. 5). 379 ROHG 21, 247, 248 f. („Roggen“): „Der Natur der Sache nach kann vielmehr – soweit es sich um Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Verkäufers bei Nichtfixgeschäften handelt  – nicht der Ort der Erfüllung […], sondern regelmäßig der Ablieferungs-Ort, d. h. derjenige Platz, an welchem nach dem Vertrage die Waare thatsächlich abgeliefert und vom Käufer abgenommen werden soll, als Werthfactor in Betracht kommen. An letzterem Orte pflegt der Käufer die weitere Verfügung über die Waare zu treffen. Dort soll sie regelmäßig seinen Geschäftszwecken dienen. Dem Käufer kommt es daher auf den Werth der Leistung an dem Ablieferungsorte an.“; RGZ 6, 26, 27 („Holzstoff“); Friedrich von Hahn, ADHGB2, Zusatz I zu Artt. 354 bis 359 § 11; Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 129; Ulrich Huber, Leistungsstörungen II., § 38 III. 3 b) (= S. 251); Ulrike Bardo, Die „abstrakte“ Berechnung des Schadensersatzes, S. 103 f.; Christian Knütel, AcP 202 (2002), 555, 567, 584.

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des Schuldners abstellen.380 Der Verweis auf den dem gesetzlichen Leistungsstörungsrecht unbekannten Ablieferungsort ist insofern ausfüllungsbedürftig, da sich aus ihm nicht ergibt, wo dieser Ablieferungsort nach der h.M. liegen kann und in welchem Fall sich im Vergleich zur Gegenposition unterschiedliche Ergebnisse ergeben. Im Fall der Holschuld liegt der Leistungsort bekanntlich beim Verkäufer, im Fall der Bringschuld wie auch der Schickschuld dagegen beim Käufer. Nur im Fall der Schickschuld fallen der Leistungsort des Schuldners und der Erfüllungsort auseinander. Und nur in diesem Fall ist damit streitig, ob für die Anspruchsbezifferung auf den Leistungsort des Verkäufers oder mit der h.M. auf den Erfolgsort beim Käufer abzustellen ist. Gute Gründe scheinen zunächst für die h.M. zu sprechen, da ja der Käufer im Fall der realen Erfüllung über die Kaufsache am Erfüllungsort verfügen würde und sich die Vorteile des Innehabens der Kaufsache an diesem Ort eingestellt hätten.381 Auf den zweiten Blick ist es aber überaus fraglich, ob dies als default rule anzuerkennen ist oder ob damit nicht die Risikostruktur des Leistungsaustausches zu Lasten des Verkäufers verändert wird. Der Versendungskauf ist eine rechtlich relevante Kategorie für die Frage der Gefahrtragung im Zusammenhang mit dem Transport der Kaufsache.382 Durch sie soll aber nicht die Art und Weise der durch den Schuldner vorzunehmenden Leistungshandlung beeinflusst werden. Der Leistungsort verbleibt auch bei der Schickschuld beim Verkäufer. Der Verkäufer will auch im Fall der Schickschuld bezogen auf diesen Leistungsort – und damit auch regelmäßig bezogen auf den Markt, in dem er selbst tätig ist – seine Leistungspflichten bemessen wissen. Diese wird von der h.M. schlicht ignoriert. Auch wird nicht bedacht, welche Konsequenzen sich aus der Erheblichkeit des Ablieferungsorts zu Lasten des Verkäufers im Fall seines Nichterfüllungsschadens ergeben. Nach der h.M. müsste der Verkäufer stets seinen Nichterfüllungsschaden nach dem Ablieferungsort abstrakt bemessen oder sogar den Deckungsverkauf in diesem Ort durchführen. Der Sägewerk-Besitzer und Verkäufer aus dem Schwarzwald wird sich nicht schlecht wundern, wenn der in Ostfriesland ansässige Käufer seinen Deckungskauf in Oldenburg durchführen möchte, da dies sein Ablieferungsort sei und er, obwohl Holz aus dem Schwarzwald zu Marktpreisen aus dem Schwarzwald verkauft wurde, nun mit dem möglicherweise wesentlich höheren Preisniveau des Oldenburger Marktes konfrontiert ist. 380  G. Pfizer, Die abstrakte Schadensberechnung des Art. 357 Abs. 3 Handelsgesetzbuches, ZHR 35 (1889), 398, 400 (Erfüllungsort); Ernst Rabel, Das Recht des Warenkaufs I., § 59 7. (= S. 466) („… wo der Verkäufer zu liefern hätte. Beim gewöhnlichen Versendungskauf ist also grundsätzlich auf den Absendungs‑ und nicht den Bestimmungsort [abzustellen].“); dem folgend Reinhard Zimmermann, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:507 Rn. 9; ferner Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB8, Vor § 281 Rn. 38 (Leistungsort des Schuldners; ohne Begründung). 381  Vgl. Ulrike Bardo, Die „abstrakte“ Berechnung des Schadensersatzes, S. 104. 382 Vgl. dazu nur Barbara Grunewald, Kaufrecht, § 5 Rn. 2 und § 7 Rn. 39 ff.

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses

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Für die Schadensbemessung ist auf den Leistungsort des Verkäufers abzustellen.383 Dieser liegt bei der Bringschuld beim Käufer. Bei der Holschuld und der Schickschuld liegt dieser hingegen beim Verkäufer. Diese Unterscheidung lässt sich auch auf den Parteiwillen zurückführen. Haben sich die Parteien auf den Leistungsort geeinigt, so wird man auch darauf schließen können, dass die ersatzweise pekuniäre Bezifferung sich nach diesem Marktort zu richten hat. Unbenommen bleibt es freilich dem Schadensersatzgläubiger, das jeweilige konkrete Deckungsgeschäft an einem beliebigen Ort durchzuführen. Dann kann er seinen Anspruch nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB jedoch nur abstrakt nach dem Marktpreis des einschlägigen Referenzmarktes beziffern. b. Der maßgebliche Bewertungszeitpunkt Neben dem relevanten Markt muss auch als zweite wichtige Komponente der relevante Zeitpunkt für die Bemessung des Nichterfüllungsschadens bestimmt werden. Auch hier ist der Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur sehr unübersichtlich und es wurden bislang alle erdenklichen Varianten vertreten.384 Nach den in der Kommentarliteratur heute anzutreffenden Stellungnahmen soll, frei nach dem Motto anything goes, gestützt auf vorwiegend zum alten Schuldrecht ergangene Judikatur des Reichsgerichts sowie des Bundesgerichtshofs dem Schadensersatzgläubiger ein Wahlrecht zustehen.385 Er soll danach wählen können, ob er im Rahmen der abstrakten Schadensberechnung auf den Fälligkeitstermin, den Verzugseintritt, den Ablauf der Nachfrist, den Zeitpunkt des Unmöglichwerdens der Leistung oder schließlich den Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs abstellen möchte. Bei der konkreten Schadensberechnung soll hingegen – was bereits schon im Ansatz nur schwer vorstellbar ist (dazu sogleich) – auf den Fälligkeitstermin oder auf den Zeitpunkt der Vornahme des Deckungsgeschäftes abgestellt werden.386 Wie sich der Bundesgerichtshof zu dieser Frage positioniert, ist mit vollständiger Klarheit bislang nicht zu sagen, da er teils den Zeitpunkt der Fälligkeit als maßgeb383 So auch die Lösung im CISG, vgl. Artt. 76 Abs. 2, 31 c) CISG, dazu Ingeborg Schwen‑ zer, in: Schlechtriem/Schwenzer-UN Kaufrecht6, Art. 75 Rn. 8; Christoph Benicke, in: MünchKomm-HGB3, Art. 31 Rn. 2 f. 384 Vgl. zum alten Recht nur Herbert Wiedemann, in: Soergel12, § 325 Rn. 47 ff. und komparativ Guenter H. Treitel, Remedies for Breach of Contract, Anm. 104 ff.; ferner zum Schweizer Recht Walter Ott & Kristina Techio-Kuzmić, Der maßgebliche Zeitpunkt der Schadensberechnung im Delikts‑ und Vertragsrecht, ZSR 117 (1998), 183, 190 ff. 385 Vgl. Christian Grüneberg, in: Palandt77, § 281 Rndr. 34; Hannes Unberath, in: ­BeckOK43Ed., § 281 BGB Rn. 45; in diese Richtung wohl auch Roland Schwarze, in: Staudinger2014, § 280 E 134 und § 281 B 146 (Fälligkeit oder Zeitpunkt der Ausübung des Rechts nach § 281 Abs. 4 BGB); vgl. auch, im Grundansatz jedoch ablehnend, die ältere Rechtsprechung referierend Volker Em‑ merich, in: MünchKomm-BGB8, Vor § 281 Rn. 37 f. 386  Christian Grüneberg, in: Palandt77, § 281 Rn. 29; Hannes Unberath, in: BeckOK43Ed., § 281 BGB Rn. 45.

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lich angesehen hat,387 er aber gerade in der Biodiesel-Entscheidung388 die Ersatzfähigkeit eines vorzeitigen Deckungskaufs abgelehnt und sich damit zumindest implizit für den Zeitpunkt des § 281 Abs. 4 ausgesprochen hat. Entgegen der scheinbaren Beliebigkeit, welcher Zeitpunkt für die Schadensbemessung maßgeblich sein soll, kann es mit der h.L. nach der Konzeption des neuen Schuldrechts nur einen relevanten Zeitpunkt geben, auf den abzustellen ist, nämlich den Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts nach § 281 Abs. 4 BGB.389 Wenn der Schadensersatz statt der Leistung an die Stelle des realen Leistungsaustausches tritt und diesen durch eine Geldsumme replizieren soll, so kann und muss der Gläubiger im Zeitpunkt, in dem er seine „Umwandlungsentscheidung“ trifft, auch in dieselbe wirtschaftliche Situation versetzt werden, als wenn zu diesem Zeitpunkt naturaliter erfüllt worden wäre. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Deckungsgeschäft in diesem Zeitpunkt auch kostendeckend durchgeführt werden kann. Zugleich gewährleistet dies, dass der Schadensersatzgläubiger nicht überkompensiert wird, indem er als anspruchsberechtigter Käufer auf den höheren Marktpreis zum Fälligkeitstermin beziehungsweise als anspruchsberechtigter Verkäufer auf einen niedrigeren Marktpreis zum Fälligkeitstermin abstellt. Die Annahme eines Wahlrechts führt hingegen zu willkürlichen Ergebnissen, ist nirgends in der Gesetzessystematik angelegt und war auch bereits im alten Schuldrecht abzulehnen. Dem Problem von Marktpreisschwankungen zwischen dem Erfüllungstermin und demjenigen des Schadensersatzverlangens nach § 281 Abs. 4 BGB kann nicht mit einem Wahlrecht begegnet werden, sondern dies ist eine Frage des Verzugsschadens.390 Schließlich kann es nicht richtig sein, die konkrete Schadensberechnung und die abstrakte Schadensberechnung nach unterschiedlichen Zeitpunkten zu bemessen.391 Beides sind nur alternative Bewertungsverfahren für die Bezifferung des Pekuniarinteresses. Wenn es zutreffen würde, dass der konkrete Schadensersatz nach dem Erfüllungszeitpunkt 387 So wohl zu interpretieren BGH JZ 2010, 44 Rz. 20 m. abl. Anm. Lars Klöhn; davor zum alten Schuldrecht: BGHZ 126, 131, 134; BGH, NJW 1999, 3625, 3626; OLG Frankfurt, NJW 1977, 1015, 1016; so auch Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 131; Ulrich Huber, AcP 210 (2010), 320, 340; ders., FS Karsten Schmidt, S. 728, 742. 388  BGHZ 197, 357 = NJW 2013, 2959 Rn. 27 („Biodiesel“). 389  Vgl. etwa Lars Klöhn, JZ 2010, 46, 47; Christian Knütel, AcP 202 (2002), 555, 585; so wohl auch Hans Christoph Grigoleit & Thomas Riehm, AcP 203 (2003), 727, 762; Richard Gie‑ sen, Verhältnis des Verzögerungsschadens zum Schaden statt der Leistung, FS Ulrich Huber, S. 263, 281 ff., 283; unzutreffend, wenn auch in dieselbe Richtung gehend, ist es, wenn auf den Ablauf der Nachfrist abgestellt wird (so Volker Emmerich, in: MünchKomm-BGB8, Vor § 281 Rn. 38; Jens Ekkenga & Thilo Kuntz, in: Soergel13, § 252 Rn. 68); dies war für den mit dem alten Recht verbundenen Automatismus treffend (vgl. § 326 Abs. 1 S. 2 2. HS BGB a.F; vgl. oben bei Fn. II 247), ist es aber nicht mehr nach § 281 Abs. 4 BGB. 390 Dazu unter § 8 V. 391  Dies ist auch in aller Deutlichkeit so beim Fixhandelskauf geregelt, da das (konkrete) Deckungsgeschäft „sofort“ nach Ablauf der bedungenen Leistungszeit oder Leistungsfrist zu bewirken ist (§ 376 Abs. 3 S. 1 HGB).

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zu b ­ erechnen wäre, würde dies bedeuten, dass der Schadensersatzgläubiger stets auch in diesem Zeitpunkt ein Deckungsgeschäft vornehmen könnte. Dies kann evidentermaßen nicht richtig sein, da er im Erfüllungszeitpunkt noch mit der naturalen Leistung rechnen muss. c. Das Verhältnis von abstraktem Marktpreisansatz und konkretem ­Deckungsgeschäft Der konkrete Wertansatz aufgrund eines tatsächlich durchgeführten Deckungsgeschäftes (Deckungsverkauf beziehungsweise Deckungskauf) sowie der abstrakte Wertansatz nach dem Marktpreis des einschlägigen Referenzmarktes stellen zwei unterschiedliche Methoden der Quantifizierung des Pekuniarinteresses dar, zwischen denen der Schadensersatzgläubiger wählen kann.392 Beide Ansätze müssen in der Regel umfangmäßig denselben Betrag ergeben. Denn wie Victor P. Golberg jüngst formulierte, ist der in einem Deckungsgeschäft erzielte Preis nichts anderes als „evidence of the market price“393. Das Deckungsgeschäft wird ja im Markt abgeschlossen und wird in der Bandbreite des Marktpreises liegen. Was ist aber, wenn der Schuldner dem Gläubiger vorwirft, er habe den Deckungs‑ verkauf zu billig beziehungsweise den Deckungskauf zu teuer vollzogen? Die Frage wird bislang in der schuldrechtlichen Literatur so nicht gestellt oder aber nur als Annexthema zur Schadensminderungspflicht behandelt.394 Anzutreffen ist in diesem Zusammenhang auch die Aussage, dass der Schadensersatz grundsätzlich in konkreter Form durchzuführen sei.395 Kann aber ein solcher Grundsatz überhaupt Geltung beanspruchen? In unserer Marktwirtschaft dienen die Marktpreise zur Festlegung des Wertes von Gegenständen (vgl. § 3). Nur mit Hilfe der Marktpreise lassen sich Aussagen über den Wert treffen, da andere Bewertungsverfahren, wie staatliche Preisvorgaben, nur in eng begrenzten Bereichen existieren und ein planwirtschaftlicher Ansatz sich zwar in den extremen Phasen der beiden Weltkriege wiederfindet, sich aber bekanntlich nicht hat auf Dauer etablieren können.396 Gerade beim Schadensersatz statt der Leistung, wenn vertretbare Güter veräußert wurden, ergibt es Sinn auf den Marktpreis abzustellen, da hierdurch ermittelt wird, zu welchem Preis ersatzweise ein Gut auf einem spezifischen Markt zu einer be392  Hannes Unberath, in: BeckOK43Ed., § 281 BGB Rn. 37; Christian Grüneberg, in: Palandt77, § 281 Rn. 31; Roland Schwarze, in: Staudinger2014, § 280 E 71. 393  Victor P. Goldberg, From British Westinghouse to the New Flamenco: Misunderstanding Mitigation, The Journal of International Maritime Law 22 (2016), 370, 371. 394 Anders aber die Literatur zum UN-Kaufrecht in Anknüpfung an die Artt. 75 f. CISG, vgl. Fn. II 401; vgl. auch die Übersicht in: Ingeborg Schwenzer, Pascal Hachem & Christopher Kee, Global Sales and Contract Law, Rn. 44.225 f. 395 BGH, NJW 1998, 2901, 2902 („Hölzer“); Christian Grüneberg, in: Palandt77, § 281 Rn. 30. 396  Dazu § 3 II. m. Nachw. in Fn. I 266.

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stimmten Zeit durchschnittlich zu erwerben ist oder veräußert werden kann.397 Der Marktpreis wird zum Generalmaßstab oder yardstick der Bewertung.398 Erst vor dem Hintergrund des Angebots am Markt lässt sich eine Bewertung vornehmen, zu welchen Preisen eine Ware angeboten wird und ob ein Deckungsgeschäft zu angemessenen Konditionen abgeschlossen wurde. Hieraus lässt sich auch eine Hierarchie der Schadensansätze ableiten: Da die Marktpreise in unserer Wirtschaftsordnung maßstabsbildend sind, ist auch der abstrakte Schadensansatz die vorrangige Bewertungsmethode, die in jedem Fall für die Bemessung des Nichterfüllungsschadens herangezogen werden kann. Anders ist freilich der Ausgangspunkt des UN-Kaufrechts nach Art. 76 Abs. 1 CISG.399 Nach dieser Vorschrift soll die abstrakte Schadensberechnung nach der Marktpreisdifferenz nur als subsidiäre Berechnungsgrundlage zur Verfügung stehen. Hat der Schadensersatzgläubiger bereits ein Deckungsgeschäft durchgeführt, so soll nur eine Abrechnung nach Maßgabe dieses Geschäftes (also nach Art. 75 CISG) möglich sein. Diese Regelung überzeugt nicht.400 Sie führt zu einer praktisch unsinnigen Einschränkung. Es darf nicht übersehen werden, dass für die Überprüfung der Angemessenheit des Deckungsgeschäfts nach Art. 75 CISG der Marktpreis als „Orientierungsmarke“401 dient. Wird diese Orientierungsmarke weit überschritten, ist also das Deckungsgeschäft unangemessen, so ist der Anspruch nach Art. 75 CISG auf die (abstrakte) Marktpreisdifferenz zu beschränken.402 Im Ergebnis müssen sich also die Kosten des konkreten Deckungsgeschäfts und der anhand der abstrakten Marktpreisdifferenz zu ermittelnde Betrag weitestgehend decken; ist dem nicht so, so ist die ersatzfähige Summe durch den nach der abstrakten Marktpreisdifferenz zu ermittelnden Betrag begrenzt. Wenn dem so ist, woran keine Zweifel bestehen kann, so ist die Subsidiaritätsanordnung in Art. 76 Abs. 1 CISG „bad law“, die nur zu Folgeproblemen führt.403 Der Marktpreis bildet auch den Maßstab, wenn der Gläubiger ein sog. vorzeitiges Deckungsgeschäft vollzieht, also ein Deckungsgeschäft eingeht, obwohl noch die Naturalerfüllungsansprüche bestehen und er Gefahr läuft, die Ware doppelt abnehmen zu müssen. In einem solchen Fall kann der Gläubiger seinen Anspruch nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB umfangmäßig nicht auf die Kosten des 397  In der englischen Literatur ist in diesem Zusammenhang anschaulich von „available market“ die Rede, vgl. Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 14.50. 398 Vgl. dazu auch Ewan McKendrick, Goode on Commercial Law5, Rn. 14.50 und 14.62. 399  Vgl. dazu nur Reinhard Zimmermann, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:507 Rn. 4 f. 400 So auch Reinhard Zimmermann, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:507 Rn. 5; Hein Kötz, Europäisches Vertragsrecht2, S. 392. 401  Peter Mankowski, in: MünchKomm-HGB4, Art. 75 Rn. 9. 402 Vgl. Ingeborg Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer-UN Kaufrecht6, Art. 75 Rn. 10 und Art. 76 Rn. 2; Peter Mankowski, in: MünchKomm-HGB4, Art. 75 Rn. 9. 403  Dazu Reinhard Zimmermann, in: Commentaries on European Contract Laws, Art. 9:507 Rn. 5 und „Synthesis“ Rn. 10.

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vorzeitigen Deckungskaufs stützen, sondern nur auf den Marktpreis im Zeitpunkt des Zugangs der Umwandlungserklärung nach § 281 Abs. 4 BGB. Schließlich ist der Anspruch des Gläubigers auf die Differenz zum Marktpreis zu beschränken, sollte der Gläubiger einen relativ zum Marktpreis zu billigen Deckungsverkauf durchgeführt beziehungsweise einen zu teuren Deckungskauf vorgenommen haben. Die Beschränkung der Wahl des Schadensersatzgläubigers könnte man wohl auf eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB und die Verletzung einer Schadensminderungsobliegenheit stützen, der gerade im Leistungsstörungsrecht als eine Generalwaffe eingesetzt wird.404 Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Hierarchieverhältnis direkt in der in § 281 BGB verankerten Differenztheorie (vgl. oben § 8 II. 2.) anzusiedeln. Der Maßstab, der bei der Differenztheorie zur Anwendung kommt, ist durch die vertragliche Einbettung eines jeden Kaufvertrages in ein spezielles Marktumfeld vordeterminiert und eine Bemessung des Pekuniarinteresses ist danach nur nach dem allgemeinen Preisniveau des jeweiligen Marktes zulässig, nicht hingegen jedoch die Bemessung nach Mondpreisen konkret durchgeführter Deckungsgeschäfte. Eine kurze Bemerkung ist schließlich auch noch in Bezug auf Güter, die nicht ersatzweise am Markt zu erhalten sind, angebracht. Bei nichtvertretbaren Gütern (Grundstücke, Kunstwerke etc.) bleibt die abstrakte Schadensbemessung nach Schätzpreisen der einzig gangbare Weg, da es ja keine konkreten Deckungsgeschäfte geben kann.405 Es kann nur das wirtschaftliche Äquivalent in Geld im Vermögen abgebildet werden. Daneben wird gegebenenfalls auch der entgangene Gewinn des Käufers zu ersetzen sein (dazu sogleich unter § 8 III.1. b.). Vorrangig wird der Leistungsgläubiger, wenn es ihm darum geht, der Sache habhaft zu werden und Aussicht auf Erfolg besteht, den Naturalerfüllungsanspruch zwangsweise durchsetzen und nicht sein Pekuniarinteresse verfolgen.406

III. Schadensersatz statt der Leistung und entgangener Gewinn Niemand würde auf den Gedanken kommen, den entgangenen Gewinn einzufordern, wenn der reelle Leistungsaustausch Geld gegen Kaufsache vollzogen wurde. Dies geschieht jedoch im Ergebnis, wenn, wie es dem Standpunkt der h.M.407 entspricht, dem schadensersatzberechtigten Käufer sein entgangener Ge‑  Vgl. dazu etwa Beate Gsell, FS Canaris zum 80. Geburtstag, S. 451, 471 und öfters. aber nicht haltbar BGH, NJW 1995, 587 („Eigentumswohnung“); Christian Knü‑ tel, AcP 202 (2002), 555, 564 f.; anders zum ABGB OGH, SZ 52/188, 902, 905 f. („Eigentumswohnung“); Rudolf Reischauer, in: Rummel, ABGB3, § 921 Rn. 3; vgl. auch hierzu bereits Fn. II 307. 406  Vgl. dazu auch schon oben § 7 IV. 407  Vgl. für den entgangenen Gewinn des Käufers die Nachw. in Fn. II 339 sowie für den Verkäufer die Nachw. in Fn. II 336. 404

405 A. A.,

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winn  – berechnet nach der Differenz zwischen Weiterveräußerungspreis und Kaufpreis  – sowie dem schadensersatzberechtigten Verkäufer seine Gewinn‑ spanne  – berechnet nach der Differenz zwischen Einkaufs‑ beziehungsweise Herstellungspreis – ohne weiteres gewährt wird. Wie bereits einleitend unter § 8 I. 3. skizziert wurde, führt die h.M. in der Regel zu einer systematischen Überkompensation. Denn der Schadensersatzgläubiger erhält mehr, als er im Fall des naturalen Leistungsaustausches erhalten hätte. Der Käufer muss sich nicht um die Erfüllung etwaiger Drittgeschäfte kümmern, da er bereits vom säumigen Verkäufer seinen Weiterveräußerungsgewinn erhält. Und der Verkäufer erhält eine Kündigungsprämie in Höhe seiner Gewinnspanne, ohne den Kaufgegenstand abgeben zu müssen. Von der h.M. wird dabei übersehen, dass bereits durch die Bemessung des Nichterfüllungsschadens nach der Marktpreisdifferenz derselbe vermögensmäßige Zustand hergestellt wird, der sich infolge des naturalen Leistungsaustausches eingestellt hätte. Eine Überkompensation kann vermieden werden, indem der Nichterfüllungsschaden einerseits und der entgangene Gewinn anderseits umfangmäßig getrennt ermittelt werden. Der Ersatz des entgangenen Gewinns des Käufers kann dabei nur akzeptiert werden, wenn ein Drittgeschäft nicht durchgeführt werden kann, da der Kaufgegenstand ersatzweise am Markt nicht erhältlich ist (dazu unter 1.). Der Verkäufer hat demgegenüber nach dem hier vertretenen Ansatz nie einen Anspruch auf seine Gewinnspanne (dazu unter 2.).

1. Der entgangene Gewinn des Käufers Ob dem Käufer sein entgangener Gewinn zu ersetzen ist, ergibt sich aus dem Umstand, ob der Kaufgegenstand am Markt ersatzweise erhältlich ist oder nicht. Ein Ersatz des entgangenen Gewinns muss mit der h.L ausscheiden, wenn ein markt‑ gängiger, vertretbarer Gegenstand verkauft wurde, da sich der Käufer in diesen Konstellationen zum ursprünglichen Preis am Markt ersatzweise eindecken und somit auch etwaige Drittgeschäfte erfüllen kann.408 Ist hingegen eine Ersatzbeschaffung am Markt ausgeschlossen, so ist der entgangene Gewinn zu ersetzen. a. Marktgängige, vertretbare Gegenstände Der Käufer kann, wenn die Möglichkeit besteht, sich ersatzweise am Markt einzudecken, nicht passiv bleiben und den entgangenen Weiterveräußerungsgewinn eines bereits abgeschlossenen Drittgeschäftes oder eines hypothetischen Weiterveräußerungsgeschäftes einfordern. Unterschiede bestehen nur in der methodischen Begründung dieses Ansatzes. Ein bekannter Ansatz, den auch das Reichs408

 Vgl. die Nachw. in Fn. II 342.

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gericht409 in einigen Fällen gewählt hat, ist es, eine Obliegenheit des Käufers nach § 254 BGB anzunehmen, bei marktgängigen Waren einen Deckungskauf vorzunehmen. In dieselbe Richtung geht auch der Ansatz von Hartmut Oetker410, der generell eine Pflicht zum Deckungskauf annimmt. Die Aufstellung einer Obliegenheit oder die Annahme einer Pflicht ist insoweit problematisch und leicht missverständlich, da damit sicherlich kein Zwang zum tatsächlichen Deckungskauf – wie er im ADHGB für den Verkäufer nach Art. 354 ADHGB bestand (dazu sogleich § 8 III. 2.)  – gemeint ist. Wäre der Deckungskauf auch wirklich durchgeführt worden, würde der Käufer vom Verkäufer nicht seinen entgangenen Gewinn einfordern oder dieses Ansinnen wäre schnell als dubioses Manöver zu enttarnen. Was ist aber, wenn der Käufer keinen Deckungskauf abschließt? Wie bereits im Rahmen der Methoden der Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung ausgeführt wurde (oben § 8 II. 4. c.), besteht in jedem Fall ein Anspruch auf der Grundlage der abstrakt zu ermittelnden Marktpreisdifferenz. Wenn aber dieser Anspruch ohnehin besteht und der Käufer also automatisch so gestellt wird, als wenn erfüllt worden wäre, so blockiert dies den Anspruch auf den entgangenen Gewinn.411 Würde man gleichwohl den entgangenen Gewinn bei marktgängigen Waren gewähren, obwohl bereits der Anspruch auf die Marktpreisdifferenz besteht, so wäre das so, als wenn der Verkäufer geliefert hätte und der Käufer trotz seiner Passivität seinen entgangenen Gewinn einfordern könnte. b. Unvertretbare Gegenstände Nur wenn die Kaufsache nicht ersatzweise am Markt erhältlich ist, es sich also um unvertretbare Gegenstände handelt, ist der entgangene Gewinn zuzuerkennen.412 Denn in einem solchen Fall kann mit Hilfe des Schadensersatzes statt der Leistung das Ergebnis der naturalen Erfüllung nicht vollständig reproduziert werden, da der Käufer am Markt kein Deckungsgeschäft abschließen kann, um etwaige Drittgläubiger zu befriedigen. Praktisch wird freilich der Käufer, wenn es ihm auf den konkreten Gegenstand ankommt, nicht den schadensersatzrechtlichen Weg beschreiten, sondern seinen Naturalerfüllungsanspruch gerichtlich geltend machen.413

 Vgl. die Nachw. in Fn. II 341.  In: MünchKomm-BGB8, § 252 Rn. 48. 411 So auch Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 184 f. 412 Vgl. RGZ 68, 163 („Kartoffelschneidemaschine“); OGH, Adler/Clemens Nr. 2586 („Saisonware“); Brigitte Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 186 f., 190; Dennis Spalli‑ no, Anm. zu BGH v. 19. 10. ​2005 – VIII ZR 392/03, JR 2007, 27, 29. 413  Vgl. dazu auch schon unter § 7 IV. 409 410

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2. Der entgangene Gewinn des Verkäufers Auch der Ersatz des entgangenen Gewinns des Verkäufers wird nach der h.M. entlang der Trennung zwischen marktgängigen, vertretbaren Gegenständen einerseits und unvertretbaren Gegenständen anderseits bestimmt. Nur wird im Fall des Verkäufers die Ersatzfähigkeit des entgangenen Gewinns im Vergleich zum Käufer umgekehrt gehandhabt: Bei unvertretbaren Gegenständen soll gegen die Ersatzfähigkeit sprechen, dass der Verkäufer aufgrund der Unvertretbarkeit der Sache nur einmal Gewinn machen kann und einer Doppelkompensation entgegengewirkt werden müsse.414 Die nicht am Markt ersatzweise erhältliche Ware, das Unikat, verbleibt im Vermögen des Verkäufers und er kann nicht den Gewinn einmal vom Käufer in Form des Nichterfüllungsschadens erhalten und sodann die Ware ein zweites Mal veräußern. Bei den sogenannten marktgängigen Waren kann der Verkäufer hingegen nach der h.M.415 in jedem Fall seine Gewinnmarge voll ansetzen, um seinen Schaden zu beziffern. Wie die Gewinnspanne dabei zu ermitteln ist, kann große methodische Probleme aufwerfen. Der Gewinn und dem vorausgehend die Preiskalkulation eines unternehmerisch tätigen Verkäufers ist ein interner Vorgang, da er grob gesprochen sich an der Differenz zum Einkaufspreis (oder Einstandspreis) abzüglich etwaiger innerbetrieblicher Kosten (= Selbstkostenpreis) zurückführen lässt, der zeitpunktgenau, aber oft nur approximativ zu ermitteln sein wird.416 Nichts anders steckt in der bekannten, für die praktische Anwendung allzu groben, alten Formel, dass der Kaufmann billig kaufen muss, um teuer verkaufen zu können.417 Wenig bedacht wird auch, dass der Verkäufer, um seine Gewinnspanne zu quantifizieren, seine interne Kostenrechnung offenlegen und z. B. im Herstellungsbereich die Profitabilität der Produktion einer zusätzlichen Einheit darlegen muss, was oft ein gut gehütetes Geschäftsgeheimnis ist.418 So müsste also, was nie wirklich praktisch erfolgen wird, Apple beispielsweise die Gewinnmarge des iPhones darlegen, wenn ein Kunde das iPhone nicht abnehmen möchte. Das wird nicht geschehen und ein Unternehmen wird im Zweifel eher auf die Geltendmachung des entgangenen Gewinns verzichten, als die Kostenbasis ihres Produkts in die Öffentlichkeit zu tragen. 414  In diesem Sinne die obiter dicta OLG Hamburg, OLGE 23 (1911) 9, 10 („Fischmehl“), RG, JW 1919, 445, 446 („Zement“) und BGHZ 126, 305, 309 („Gebrauchtwagen“); S. ferner Günter Hager, Rechtsbehelfe des Verkäufers, S. 165 f.; Herbert Wiedemann, FS H. Hübner, S. 719, 723. 415  Vgl. hierzu die Nachw. in Fn. II 336. 416 Dazu allgemein Thomas Hutzschenreuter, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre6, S.  317 f.; Jörg Freiling & Martin Reckenfelderbäumer, Markt und Unternehmung3, S. 420 ff. 417  Dazu etwa Wilhelm Lexis, in: Hdb. der politischen Ökonomie, Kapitel „Handel“, § 20 „Der Handelsbetrieb“ (= S. 249): „Die erste praktische Regel für jeden Handelsunternehmer ist die, daß er möglichst billig einzukaufen und möglichst teuer zu verkaufen sucht.“. 418  Zu den Problemen im Zusammenhang mit der Offenlegung: Omir Ben-Shahar & Lisa Bernstein, The Secrecy Interest in Contract Law, Yale L. J. 109 (2000), 1885 ff.; zur Profitabilität einer „additional unit“: Charles J. Goetz & Robert Scott, Stan. L. Rev. 31 (1979), 323, 346 f.

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Nach dem hier vertretenen Ansatz müssen die soeben skizzierten Zweifelsfragen um die Bemessungsgrundlage des entgangenen Gewinns nicht geklärt werden, da der Ersatz prinzipiell abzulehnen ist. Es ist bemerkenswert, dass die systematische Ungleichbehandlung des schadensersatzberechtigten Käufers gegenüber dem Verkäufer bislang in der Literatur nicht thematisiert wurde. Wie kann es etwa sein, dass man vom Käufer verlangt, er möge sich ersatzweise eindecken, dies aber nicht gleichermaßen vom Verkäufer verlangt, also fordert, er möge einen Deckungsverkauf vornehmen? Historisch war dies noch der im ADHGB festgesetzte Ansatzpunkt. Es bestand nach Art. 354 ADHGB ein Zwang zum Selbsthilfeverkauf, wollte der Verkäufer seinen Nichterfüllungsschaden geltend machen.419 Indem der Verkäufer den Selbsthilfeverkauf nach Art. 343 ADHGB durchführt und einen Mindererlös relativ zum Kaufpreis als Nichterfüllungsschaden vom Käufer erhielt, aber auch gegebenenfalls einen etwaigen Mehrerlös420 an den Käufer auskehren musste, wurde er so gestellt, wie er gestanden hätte, wäre real erfüllt worden. Da der Verkaufsakt, wenn auch über die Bande des Selbsthilfeverkaufs, vollzogen wurde und der Verkäufer die Kaufsache auch abgeben konnte, war damit kein Raum für den Ersatz des entgangenen Gewinns. Mit der Abschaffung des Zwangs zum Selbsthilfeverkauf im BGB war der Weg frei, nun auch den entgangenen Gewinn nach dem Erwerbs‑ bzw. ­Herstellungspreis zu bemessen, den die Gerichte auch bereitwillig einschlugen.421 Mit der Zuerkennung der Gewinnspanne sollte einer scheinbar bestehenden Unterkompensation entgegengewirkt werden, da der Verkäufer mit einem vermeintlichen Paradox konfrontiert ist: Wenn die Kaufsache zum Marktpreis ver419 Art. 354 ADHGB: „Wenn der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises im Verzuge und die Waare noch nicht übergeben ist, so hat der Verkäufer die Wahl, ob […] er statt der Erfüllung die Waare unter Beobachtung der Bestimmungen des Artikels 343 für Rechnung des Käufers verkaufen und Schadensersatz fordern, oder ob er von dem Vertrage abgehen will […].“. Zur Unterscheidung zwischen dem Selbsthilfekauf des Käufers (= Deckungskauf) und dem Selbsthilfeverkauf des Verkäufers (= Deckungsverkauf): Karl Gareis, in: Endemann’s Hdb. d. HR II., § 268 B. (=  S. 619). Die Feststellung von Ulrich Huber (Die Rechtsbehelfe der Parteien, in: Einheitliches Kaufrecht und Obligationenrecht, S. 199, 209), dass der Verkäufer nach dem ADHGB „nur das Rücktrittsrecht“, jedoch „keinen Schadensersatzanspruch“ geltend machen konnte, ist unzutreffend. 420  Dazu ROHG 20, 223 („Türkenlose“); RGZ 5, 58, 65 („Kohle“). 421  Vgl. hierzu die  – soweit ersichtlich  – erste Entscheidung des Reichsgerichts zum entgangenen Gewinn des Verkäufers nach dem BGB: RGZ 60, 346, 347 („Schmelzkoks“): „Unter der Herschaft des § 326 B. G. B. ist die Beschränkung der Art. 354. 343 A. D. H. G. B. weggefallen, wonach der Verkäufer gegenüber dem säumigen Käufer den Schadensanspruch nur in den Formen des Selbsthilfeverkaufs des Art. 343 geltend machen konnte. […] [D]as neue Recht [gestattet] dem vertragstreuen Teil jede Art der Schadensberechnung. Insbesondere weist schon die Denkschrift S. 218/19 darauf hin, daß der Verkäufer als abstrakten Schaden den Unterschied zwischen dem Selbstkostenpreis und dem Vertragspreis von seinem säumigen Gegner als Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen könne.“ Die letztgenannte Aussage ist in der Denkschrift nicht zu finden, vgl. Denkschrift HGB, S. 201 = Werner Schubert, Burkhard Schmiedel & Christoph Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch Band II., S. 201. Zur nachfolgenden Rechtsprechung vgl. die Nachw. in Fn. II 336.

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äußert wird, was gerade bei Markenprodukten und Produkten, die über verschiedene Marktstufen hinweg gehandelt werden, oft der Fall sein wird, beträgt der Nichterfüllungsschaden des Verkäufers nach der Marktpreisdifferenz null. Die Differenz aus dem Marktpreis und dem Kaufpreis generiert in diesem Fall keinen Anspruch. Da nun unternehmerische Verkäufer nur handeln, um Gewinn zu machen, scheint die Zuerkennung der Gewinnspanne als der passende Lösungsweg. Dies führt jedoch zu einer nicht zu rechtfertigenden Privilegierung des schadensersatzberechtigten Verkäufers gegenüber dem schadensersatzberechtigten Käufer. Anders als der Käufer, von dem man verlangt, dass er sich ersatzweise am Markt eindeckt, wird der Verkäufer privilegiert, indem er vorbehaltslos seinen entgangenen Gewinn einfordern kann. Während also bei marktgängigen Gegenständen das Kaufversprechen nach der h.M. zu Gunsten des Käufers nur eine Haftung des Verkäufers in Höhe der Marktpreisdifferenz begründet, kann der Verkäufer stets eine Kündigungsprämie einfordern. Dies ist eine nicht zu rechtfertigende Überkompensation. Denn der Verkäufer wird bessergestellt, als er im Fall der naturalen Erfüllung stehen würde: Er muss die Kaufsache nicht abgeben, kann aber dennoch seinen Gewinn einstreichen. Zu denken wäre nur daran, dem Verkäufer seinen entgangenen Gewinn zuzuerkennen, wenn es sich bei der Kaufsache um eine unverkäufliche Sache, um einen Ladenhüter handelt. Diese Konstellationen lassen sich aber über die Marktpreisdifferenz auffangen.422 Wird etwa ein Unternehmen für 10 Millionen veräußert, dessen Wert nach dem Signing, aber vor dem Closing beispielsweise durch einen Durchbruch in der Forschung drastisch entwertet wird, so kann der Verkäufer, sollte der Käufer sich weigern, das Unternehmen zu übernehmen, als seinen Nichterfüllungsschaden die Wertminderung nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB geltend machen, sollte diese Rechtsfolge nicht ausgeschlossen sein. Auch der Verkauf von Unikaten zu Liebhaberpreisen lässt sich über die Marktpreisdifferenz einer Lösung zuführen, wenn der Käufer die Abnahme verweigert und der Verkäufer die Abnahme nicht zwangsweise durchsetzen möchte. Wird ein Kunstwerk eines unbekannten Künstlers ohne besonderen Anspruch an den Liebhaber für 1000, Schätzwert ca. 100, veräußert, so beträgt der Nichterfüllungsschaden des Verkäufers 900.423

IV. Schadensersatz statt der Leistung und Verzögerungsschaden Die Idee der Nachfrist wurde ursprünglich in den Beratungen der Nürnberger Kommission zur Ausarbeitung des ADHGB entwickelt.424 Es sollte durch die 422 Die nachfolgenden Beispiele sind entnommen aus dem Aufsatz des Verf., AcP 215 (2015), 282, 338. 423  Zur Ermittlung des Schätzwertes vgl. oben § 3 III. 3. a. 424 Vgl. dazu die Nachw. in Fn. II 223; zum „neuen“ Schuldrecht vgl. Barbara Dauner-Lieb

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Nachfrist ein Kompromiss zwischen einerseits dem Interesse des Schuldners, trotz der Verspätung noch die naturale Leistung zu erbringen, und anderseits dem Interesse des Gläubigers, die Leistung rechtzeitig zu erhalten, hergestellt werden, indem dem Leistungsgläubiger erst mit Ablauf der Nachfrist ermöglicht wird, auf den Nichterfüllungsschaden überzugehen und sich ersatzweise am Markt einzudecken. Mit dem Modell der Nachfrist, so wie es sich heute in gewandelter Form in § 281 BGB wiederfindet, wird der Vorrang der Naturalerfüllung in zeitlicher Hinsicht geordnet. Aus dieser Grundsatzentscheidung ergibt sich, dass das Pekuniarinteresse grundsätzlich bezogen auf den Zeitpunkt der Ausübung des Schadensersatzverlangens eingefordert werden kann und auch kein Wahlrecht zwischen dem Zeitpunkt der Fälligkeit, des Verzugseintritts und dem des § 281 Abs. 4 BGB besteht (dazu oben unter § 8 II. 4. b.). Hieraus folgert die h.M. auch zu Recht, dass die Kosten eines vorzeitigen Deckungsgeschäftes grundsätzlich nicht als Verzugsschäden ersatzfähig sind.425 Mit der dogmatischen Lösung der Nachfrist ist zugleich gesagt, dass ein Zeitraum bestehen kann, in dem der Gläubiger auf die Leistung warten muss und der in zeitlicher Hinsicht durch den Verzugseintritt und durch das den Verzug beendende Schadensersatzbegehren des Gläubigers nach § 281 Abs. 4 BGB abgesteckt ist.426 In diesem Zeitraum wird der Gläubiger über die §§ 280 Abs. 2, 286 BGB vor etwaigen Schäden abgesichert, die sich infolge der nicht pünktlichen Leistung ergeben können. Die Verzögerungsschäden können dabei in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich einschneidendere Folgen für den Schuldner haben, als der potenziell zu zahlende und gesondert427 zu ermittelnde Schadensersatz statt der Leistung. So ist nach der h.M. zu denken an Mehraufwendungen aufgrund von Mietkosten, dem entgangenen Gewinn428 aus einem Verkaufsgeschäft des Käufers, das nur im Verzugszeitraum zu vollziehen gewesen wäre, und etwaigen Integritätsschäden, die der Gläubiger aufgrund der verspäteten Leistung erleidet.429

& Jan Thiessen, Das neue Leistungsstörungsrecht – Leistungshemmend und störanfällig?, DStR 2002, 809, 811 f. 425  BGHZ 197, 357 = NJW 2013, 2959 Rn. 27 („Biodiesel“); Tim Dornis, in: BeckOGK01.09.2018, § 286 Rn. 24 ff.; Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 286 Rn. 127; zum alten Schuldrecht Ulrich Huber, Leistungsstörungen II., § 30 I. 3. (= S. 7 f.). 426  Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 281 Rn. 76. 427  So die h.L. Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 281 Rn. 76; Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 281 Rn. 114 ff.; a.A. Ulrich Huber, AcP 210 (2010), 319, 430 ff., 353. 428  Dazu Christian Knütel, AcP 202 (2002), 555, 585; Richard Giesen, FS  Ulrich Huber, S. 265, 286; zum alten Schuldrecht Ulrich Huber, Leistungsstörungen II., § 32 I. 1. (= S. 80); siehe auch noch zum ADHGB: ROHG 24, 153, 155 f. („Eisen“); daran anknüpfend RGZ 4, 1, 6 („Handschuhnähmaschinen“) (veraltete Maschinen); 14, 111, 112 f. („Roggen“). 429  Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 281 Rn. 56; Hans Christoph Grigoleit & Thomas Riehm, AcP 203 (2003), 727, 747; Arnd Arnold, Die Abgrenzung der Schadensarten nach § 280 BGB, ZJS 2009, 22 f.

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Abweichend vom Grundsatz, dass der vorzeitige Deckungsverkauf nur nach Maßgabe der §§ 280 Abs. 3, 281 BGB ersatzfähig sein soll, sollen ausnahmsweise die Kosten eines Deckungsgeschäftes nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB ersatzfähig sein, wenn damit Verzögerungsschäden verhindert werden, welche die Kosten des Deckungsverkaufs übersteigen würden.430 Die Konsequenzen dieses Standpunktes lassen sich in Abwandlung des Biodiesel-Falls illustrieren: Benötigt der Käufer für den Betrieb seines Fuhrparks Diesel, ohne den es zum Stillstand und damit auch zu entgangenem Gewinn kommen würde, so könnte er sich, folgt man der genannten Ansicht, am Markt teileindecken, also nicht die Gesamtlieferungsmenge am Markt erwerben, sondern nur gerade so viel einkaufen, wie für eine bestimmte Betriebszeit erforderlich ist. Über den Verzugsschaden bekommt der Käufer aber keinen „Freidiesel“, sondern nur die etwaigen Mehrkosten, die ihm im Vergleich zum vereinbarten Kaufpreis ergibt. Also auch im Rahmen des Verzugsschadens landen wir bei einem Differenzbetrag, der sich aus den Kosten der Ersatzeindeckung und dem Kaufpreis ergibt. Damit wird – wenn auch im Gewand des Verzugsschadens – der Schadensbemessungszeitpunkt des Nichterfüllungsschadens vorverlagert.431 Zweifel an dieser Lösung ergeben sich daraus, dass über diese Lösung in entsprechenden Konstellationen die Trennung zwischen Verzögerungsschaden und Schadensersatz statt der Leistung vollständig aufgehoben werden kann, indem der Gläubiger argumentiert, die gesamte Lieferungsmenge sei bereits bei Fälligkeit erforderlich, um einen Betriebsausfall zu vermeiden. Zudem ist nicht klar, wie das Verhältnis zwischen den beiden Schadensposten herzustellen ist, damit es nicht zu einer Überkompensation auf Seiten des Gläubigers kommt.432 Muss der Schuldner im Zeitpunkt des § 281 Abs. 4 BGB nochmals die Marktpreisdifferenz für die gesamte Lieferungsmenge begleichen oder kommt es zu einer Anrechnung? Die Probleme lassen sich meiner Ansicht nach über § 281 Abs. 2 2. Hs. BGB lösen. Wenn der Gläubiger auf die zeitige Erfüllung angewiesen ist, da es sich beispielsweise um ein Just-in-Time-Geschäft433 oder eine Lieferung von Saisonware434 handelt, so kann er unmittelbar nach dem Fälligkeitstermin ohne weitere Fristsetzung auf den Schadensersatz statt der Leistung über-

430 Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB8, § 286 Rn. 127; Tim Dornis, in: BeckOGK01.09.2018, § 286 Rn. 359; Manfred Löwisch & Cornelia Feldmann, in: Staudinger2014, § 286 Rn. 184; Florian Faust, FS Ulrich Huber, S. 239, 256; zum alten Schuldrecht Frank Peters, Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Verzug beim gegenseitigen Vertrag, NJW 1979, 687, 691; ablehnend Ulrich Huber, Leistungsstörungen II., § 30 I. 3. (= S. 8 f.). 431  Für eine grundsätzliche Vorverlagerung plädierend wohl Sebastian Lohsse, in: HKK, §§ 286–292 Rn. 65. 432  Dazu auch Christoph Benicke & Jan F. Hellwig, in: Soergel13, § 280 Rn. 311 f. 433  BT-Drucks. 14/6040, S. 140 r. Sp. (zu § 281 BGB); allgemein zu diesen Geschäften Karsten Schmidt, UR I.6, § 29 Rn. 30 ff. 434  BT-Drucks. 14/6040, S. 186 l. Sp. (zu § 323 BGB).

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gehen.435 Bei Sukzessivlieferung ist daran zu denken, dass nur die gerade aktuell ausstehende Lieferungscharge in einen Anspruch nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB umgewandelt wird. Praktisch muss sich der Gläubiger an den Schuldner wenden und von ihm nach § 281 Abs. 4 BGB den Schadensersatz statt der Leistung einfordern. Das kann auch ein probates Mittel sein, den Schuldner kurzfristig zur Erfüllung zu animieren. Wenn er dem aber nicht nachkommt, kann sich der Gläubiger ersatzweise eindecken und seine Mehrkosten nach §§ 281 Abs. 3, 281 BGB geltend machen. Über die Lösung in Anknüpfung an § 281 Abs. 2 2. Hs. BGB lassen sich auch die Fälle des entgangenen Gewinns einfangen, die von der Lehre in §§ 280 Abs. 2, 286 BGB verortet werden.436 Wenn für den Gläubiger im Zeitpunkt der Fälligkeit absehbar ist, dass ihm ein Gewinngeschäft entgehen wird und es ihm auf den Leistungserhalt ankommt, so kann er nicht passiv bleiben, sondern muss über § 281 Abs. 2 2. Hs. BGB vorgehen, einen Deckungskauf vornehmen und das Drittgeschäft erfüllen. Wirtschaftlich entspricht dieser Ansatz dem Lösungsansatz über das Verzugsrecht, nämlich eine Deckungspflicht nach § 254 BGB anzunehmen und wenn dieser nicht entsprochen wird, den Verzugsanspruch nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB nach der Marktpreisdifferenz zu beziffern. Handelt es sich um eine nicht marktgängige Ware, so kann der Schadensersatzgläubiger auch den entgangenen Gewinn geltend machen (vgl. oben § 8 III. 1. b.). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Verzögerungsschaden auf solche Schadensposten zu beschränken ist, die das „Rechtszeitigkeitsinteresse“437 betreffen, wie zum Beispiel kurzfristig erforderliche Mietkosten, Kosten die dazu dienen, den Gläubiger vor Schädigungen seines Integritätsinteresses zu bewahren, oder auch Rechtsverfolgungskosten, nicht hingegen aber das „Leistungsinteresse“, das nur unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 3, 281 BGB in Form des Pekuniarersatzes zu erstatten ist.

V. Schadensersatz statt der Leistung und Rücktritt Die hier vertretene Auffassung, dass der Schadensersatz statt der Leistung nur als Folgerung der Differenztheorie verstanden werden kann, muss sich auch zu der Frage verhalten, wie es um das Verhältnis zum Rücktritt bestellt ist. Klar ist im Ausgangspunkt, dass sich die Normsituation ganz wesentlich durch die Schuldrechtsreform im Verhältnis zum BGB von 1900, aber auch zu den dazu in Beziehung stehenden Regelungen des ADHGB von 1861 gewandelt hat. Mit § 325 BGB hat der Gesetzgeber die auf das ADHGB zurückzuführende über435 Zur Anwendung des § 281 Abs. 2 2. HS. BGB Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 281 Rn.  40 ff.; Christoph Benicke & Jan F. Hellwig, in: Soergel13, § 280 Rn. 169 ff. 436  Vgl. die Nachw. in Fn. II 428. 437 Richard Giesen, FS Ulrich Huber, S. 265, 289.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

aus unglückliche Regelung rückgängig gemacht, dass Rücktritt und Schadensersatz nur alternativ zur Verfügung stehen (so Art. 355 ADHGB, § 326 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.) und nun fortan kumulativ geltend gemacht werden können.438 Streitig ist dabei gleichwohl geblieben, ob die Schadensbezifferung alternativ zur Differenztheorie auch wahlweise439 nach der sog. Surrogationstheorie erfolgen kann und ob nicht  – wie dies die Vertreter440 der sog. strengen Surrogationstheorie annehmen – der Nichterfüllungsschaden in jedem Fall erst infolge einer Kombination von Rücktritt und Schadensersatz zu denken ist. So wird argumentiert, dass § 281 Abs. 4 BGB nur den Ausschluss des Erfüllungsanspruchs des Gläubigers anordnet, hingegen nichts über das Schicksal der Gegenleistungspflicht regelt. Die Vertreter441 der strengen Surrogationslösung finden den anscheinend fehlenden Baustein in Form des Rücktritts, da sich infolge der Ausübung des Rücktrittrechts das gesamte Schuldverhältnis bekanntlich in ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis umwandelt und damit auch dem auf den Schadensersatz gerichteten und bislang fortbestehenden Primärleistungsanspruch der Boden entzogen wird. Die strenge Surrogationstheorie überzeugt nicht, da sich aus ihr die Rechtsfolge eines Schadensersatzanspruchs, der summenmäßig dem der Differenztheorie entsprechen soll, nicht begründen kann. Dies lässt sich am Fall des Schadensersatzes statt der Leistung des Verkäufers zeigen. Verweigert der Käufer grundlos die Abnahme und Zahlung, so kann der Verkäufer nach Nachfristsetzung nach § 281 Abs. 4 BGB seinen Schadensersatz verlangen und muss – folgt man der Logik der strengen Surrogationstheorie – zwingend auch zurücktreten. Dies führt dazu, dass nur der Anspruch auf den Kaufpreis nach § 433 Abs. 2 BGB nach § 281 Abs. 4 BGB entfällt. Bestehen bleibt hingegen der vom Verkäufer zu erfüllende Anspruch nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB. Dieses Anspruchs kann sich der Verkäufer durch Ausübung des Rücktritts entledigen (§§ 323 Abs. 1, 346 ff. BGB). Der Rücktritt bewirkt jedoch nicht die Surrogation des kaufrechtlichen Lieferungsanspruchs in einen Geldanspruch. Die Kaufsache wurde nicht übereignet und es ist auch nichts rückabzuwickeln. Es existieren also keine zwei entgegengesetzten Geldansprüche, die im Wege der Aufrechnung miteinander verrechnet werden könnten. Der vorgegebene Automatismus der strengen Surrogationstheorie funktioniert praktisch nicht.  Dazu bereits oben § 7. II.  So Barbara Dauner-Lieb, in: NK-BGB3, § 281 Rn. 62; Christoph Benicke & Jan F. Hell‑ wig, in: Soergel13, § 281 Rn. 247; Carsten Herresthal, in: BeckOGK01.08.2018, § 325 Rn. 45; Harm Peter Westermann, in: Erman15, § 325 Rn. 1; Arnd Arnold, Rücktritt und Schadensersatz, ZGS 2003, 427, 431 jeweils m. w. N. 440 Wolfgang Ernst, in: MünchKomm-BGB7, § 325 Rn. 5 ff., insb. 8; Beate Gsell, in: Soergel13, § 325 Rn. 17 f.; Florian Faust, in: Huber/Faust, Rn. 3/189; Hubert Schmidt, in: BeckOK45Ed., § 325 Rn. 5 f. 441 Vgl. die Nachw. in Fn. II 440. 438 439

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses

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1. Von der ursprünglichen Idee der Surrogationstheorie: der Zwang zum Selbsthilfeverkauf Die soeben beschriebene Problematik war den ursprünglichen „Erfindern“ der Surrogationstheorie um 1900, namentlich Karl Adler442 und Andreas von Tuhr443, durchaus bewusst. Es sollte nach ihnen nur ein Weg bestehen, wie der Verkäufer seinen Nichterfüllungsschaden geltend machen können sollte: durch die überaus schwergängige Form der Versteigerung bzw. des freihändigen Verkaufs (§§ 383 ff. BGB, § 373 HGB). Der Verkäufer sollte danach die Kaufsache gegebenenfalls erst anschaffen, sie sodann in einer den Annahmeverzug begründenden Weise nach den §§ 293 ff. BGB dem Käufer anbieten, um dann zur Versteigerung beziehungsweise zum freihändigen Verkauf überzugehen.444 Beim ordnungsgemäß vollzogenen bür­ ger­lich-rechtlichen Selbsthilfeverkauf wandelt sich der Lieferungsanspruch des Käufers nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB analog § 1247 BGB in einen Anspruch des Käufers auf Auszahlung des Verkaufserlöses um.445 In handelsrechtlichen Konstellationen führt der Selbsthilfeverkauf nach § 373 Abs. 2 HGB als Erfüllungssurrogat zum Erlöschen der Leistungspflicht und der Käufer erlangt einen Anspruch auf Herausgabe des Erlöses (§§ 373 Abs. 3, 667 BGB).446 Gegen diese Ansprüche kann der Verkäufer sodann seinen Kaufpreisanspruch aus § 433 Abs. 2 BGB aufrechnen.447 Erst infolge des vorstehend beschriebenen Verfahrens kann sich der Verkäufer des gegen ihn gerichteten Erfüllungsanspruchs nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB entledigen und im Wege der Aufrechnung dann auch eventuell entstandene Mehrkosten des Deckungsverkaufs geltend machen. Mit Hilfe der Surrogationstheorie wollten ihre Vertreter im BGB von 1900 ein Stück ADHGB in das BGB hinüberretten: den Zwang zum Selbsthilfeverkauf des Verkäufers nach Art. 354 442  Die Umgestaltung des deutschen Handelsrechts, Holdheim 6 (1897), 106 ff.; ders., Die Umgestaltung des deutschen Handelsgesetzbuches und deren Bedeutung für Oesterreich, GZ 1898, 265, 266 ff.; ders., Zum Rechte des Termingeschäftes, Archiv f. bürgl. Recht 17 (1900), 132, 136 ff.; ders., ZHR 86 (1923), 1, 26 ff. 443 Worin besteht der Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines gegenseitigen Vertrages?, DJZ 9 (1904), 759, 761 f. 444  Karl Adler, ZHR 86 (1923), 1, 41; Andreas v. Tuhr, DJZ 9 (1904), 759, 762. 445 So die h.M., vgl. nur Bernhard Ulrici, in: BeckOGK01.07.2018, § 383 Rn. 46 m.w.N (Ulrici selbst plädiert für Lösung über § 275 Abs. 1 BGB (a. a. O., Rn. 51). Diese Lösung ist aus der Perspektive des § 275 Abs. 1 BGB zweifelhaft, da ja der Rückkauf nicht in jedem Fall ausgeschlossen ist und die Möglichkeit des Rückkaufs nach § 275 Abs. 2 BGB zu bewerten ist). 446  RGZ, 110, 127, 129 f.; Barbara Grunewald, in: MünchKomm-HGB4, §§ 373, 374 Rn. 29; Ingo Koller, in: Staub5, §§ 373, 374 Rn. 55; abweichend Claus-Wilhelm Canaris, HR24, § 29 Rn. 11 (§ 362 BGB analog); als Erfüllungssurrogat kann er nur bis zum Erlöschen des Primärleistungsanspruchs durchgeführt werden RG, JW 1925, 1278 m. zust. Anm. Andreas v. Tuhr. 447  Es bedarf keiner Hinterlegung des Erlöses, so die h.M. seit RGZ 64, 366, 373 f. (obiter dictum); a.A. früher etwa für das BGB Martin Sohm, Der Selbsthilfeverkauf nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche und dem Handelsgesetzbuche, ZHR 53 (1903), 79, 112 f., 118.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

ADHGB.448 Dahinter steckt die Vorstellung, dass der Verkäufer nicht berechtigt sein sollte, seinen Nichterfüllungsschaden einzufordern, obwohl er nicht (physisch) über die Ware verfügt. Es sollte verhindert werden, dass der Verkäufer einen „doppelten Verdienst“ einsteckt, indem er seinen Nichterfüllungsschaden geltend macht und die Ware sodann „nochmals“ an einen Dritten weiterveräußert.449 Karl Adler brandmarkt sogar den Nichterfüllungsschaden des Verkäufers auf der Grundlage einer „Preisdifferenz ohne zugrunde gelegten Selbsthilfeverkauf (abstracte Schadensberechnung)“ als unlauteres Handeln eines „gewinnenden Spieler[s]“, so wie sie auch bei den Termingeschäften an der Börse vonstattengehen sollen.450

2. Wirtschaftliche Effekte der Surrogationstheorie Im umgekehrten Fall, wenn der Käufer seinen Anspruch gem. §§ 280 Abs. 3, 281 BGB geltend macht, scheinen die Dinge zunächst einfacher zu liegen, da der Anspruch nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt und an seine Stelle der Anspruch nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB tritt. Als rein ästhetisches Problem mag man es abtun, dass es gekünstelt wirken muss, dass für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches stets noch der weitere Schritt der Aufrechnung hinzutreten muss. Wesentlich relevanter und bedeutender ist es jedoch, dass die Differenztheorie einerseits und die Surrogationstheorie anderseits zu wirtschaftlich wesentlich unterschiedlichen Ergebnissen führen können, indem das Schadensersatzbegehren des Gläubigers nach der Surrogationstheorie im Ergebnis in einem Zahlungsanspruch zu seinen Lasten münden kann.451 Ist im Fall des Schadensersatzanspruchs des Käufers die Kaufsache weniger wert als der Kaufpreis, wird also der Lieferungsanspruch nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB in einen Anspruch „surrogiert“, der kleiner als der Kaufpreis ist, so muss der Käufer infolge der Aufrechnung eine Summe an den „vertragsbrüchigen“ 448  Vgl. dazu Andreas v. Tuhr, DJZ 9 (1904), 759, 761 f. und OLG Hamburg, ROLG 4 (1902), 16 ff.; Ulrich Huber, Die Rechtsbehelfe der Parteien, in: Einheitliches Kaufrecht und Obligationenrecht, S. 199, 211; zu Art. 354 ADHGB vgl. bereits oben Fn. II 419. 449  Paul Oertmann, Das Kaufrecht, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR IV/II., § 64 1. (= S. 443). 450  Karl Adler, GZ 1898, 265, 267: „Es ist ein Euphemismus, wenn man die Klage des Verkäufers auf die Preisdifferenz als abstracte Schadenberechnung des Verkäufers bezeichnet, sie ist in Wahrheit die nur allzu konkrete Gewinnberechnung des gewinnenden Spielers. Abstract ist sie in dem Sinne, daß sie von dem abstrahiert, was die Grundlage jedes soliden Waarengeschäftes ausmacht, daß sie die Waare aus dem Handel hinausweist und die Differenz zur Herrscherin macht.“; vgl. ausführlich zur Konstruktion sog. Differenzgeschäfte unten § 11. 451  Grundlegend hierzu sind die bereits oben § 8 III. 1. im Rahmen der Funktionsweise der Differenztheorie angeführten Beiträge von Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB3, Art. 355 Anm. § 36; ders., Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 52 3. a) (= S. 187 f.); ders., in: Klang1, § 920 Anm. B. 1. a) (= S. 497 f.) und § 921 Anm. I. (= S. 921); für die heutige österreichische Literatur vgl. Christian Rabl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung, S. 22 f.

§ 8 Die Bemessung des Pekuniarinteresses

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Verkäufer zahlen. Beispiel: V und K einigen sich auf einen Kaufpreis i.H.v. 100. Im Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens (§ 281 Abs. 4 BGB), stellt sich heraus, dass der Kaufgegenstand nur 90 wert ist. V hat dann nach vollzogener Aufrechnung einen Anspruch i.H.v. 10 gegenüber K. Nach der Differenztheorie würde hingegen kein Anspruch bestehen, da sich aus einem negativen Differenzwert (90 - 100 = −10) kein Nichterfüllungsanspruch ergibt.452 Im Fall des schadensersatzsuchenden Verkäufers sind die Dinge spiegelverkehrt. Stellt sich infolge des Selbsthilfeverkaufs heraus, dass die Kaufsache mehr wert ist als der Kaufpreis, wurde also ein Erlös erzielt, der über dem Kaufpreis liegt, so muss der Verkäufer an den „vertragsbrüchigen“ Käufer die entsprechende Summe auszahlen. Dieses wirtschaftliche Ergebnis ist wiederum bei der Differenztheorie ausgeschlossen. Nun könnte man einwenden, dass die Rechtsfolgen der Surrogationstheorie gerecht seien, da ja im Endeffekt nur der Zustand hergestellt wird, der auch infolge des naturalen Leistungsaustausches eingetreten wäre. Das stimmt. Der Schadensersatzgläubiger war aber einfach schlecht beraten, da er ja auch „nur“ hätte zurücktreten können. Die Differenztheorie vermeidet diese Probleme automatisch, da – wie bereits aufgezeigt wurde (§ 8 II. 3.) – ein Nichterfüllungsanspruch stets nur zu Gunsten des Anspruchsinhabers entstehen kann.

3. Der Ausschließlichkeitsanspruch der Differenztheorie Die strenge Surrogationstheorie ist aufzugeben, da sich die von ihren Vertretern vorgegebenen Rechtsfolgen nicht begründen lassen und keiner der heutigen Autoren wohl im Sinn hat, den Verkäufer zu einem Selbsthilfeverkauf zu zwingen, so wie es noch Karl Adler und Andreas von Tuhr vorschwebte. Zudem wird der Schadensersatzgläubiger durch die Differenztheorie vor den wirtschaftlichen Gefahren bewahrt, die sich infolge der Anwendung der Surrogationstheorie daraus ergeben, dass aus dem Schadensersatzbegehren ein Anspruch zu seinen Lasten entstehen kann, da er nicht nur zurückgetreten ist. Aber auch einem Wahlrecht zwischen Differenz‑ und Surrogationstheorie ist eine Absage zu erteilen.453 Es ist nicht ersichtlich, woraus sich dieses Wahlrecht ergeben soll. Hat eine Partei bereits vorgeleistet und besteht sie auch auf der Gegenleistung, so muss sie ihren Primärleistungsanspruch notfalls mit gerichtlichem Zwang verfolgen und etwaige Verzögerungsschäden ergänzend geltend machen. Der § 281 BGB ist dafür nicht erforderlich. Überzeugen kann nur die (strenge) Differenztheorie, so wie sie auch bereits vor dem ADHGB praktiziert wurde, um den Nichterfüllungsschaden zu 452

 Dazu bereits oben unter § 8 II. 3. dazu die Nachw. in Fn. II 439.

453 Vgl.

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Zweiter Teil: Einfache Austauschverträge

bestimmen.454 Die (strenge) Differenztheorie führt auch zu wesentlichen Erleichterungen bei der Beantwortung der Fragen, in welchen Fällen der Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden und wann der Rücktritt als Rechtsbehelf zur Anwendung kommt. Wenn der Schadensersatzgläubiger nicht vorgeleistet hat, so muss er nur seinen Nichterfüllungsschaden verlangen (§ 281 Abs. 4 BGB) und er kann, anknüpfend an diesen Zeitpunkt, gegebenenfalls auch ein Deckungsgeschäft durchführen. Des Rücktritts bedarf es nicht, da die gegenseitigen Leistungspflichten erlöschen. Hat der Schuldner vorgeleistet, so kann dieser das Vorgeleistete nach Rücktrittsfolgenrecht zurückfordern (§§ 281 Abs. 5, 346 ff.).455 Nur wenn der Gläubiger auch bereits vorgeleistet hat, muss er auch an die Ausübung des Rücktritts denken. Praktische Abgrenzungsprobleme können sich dabei ergeben, wenn nicht klar ist, ob nur der Rücktritt oder aber auch Schadensersatz verlangt wird. An diesen Abgrenzungsschwierigkeiten ist nicht vorbeizukommen. Sie sind systematisch im BGB angelegt, da gerade der Dualismus von Schadensersatz und Rücktritt durch die Regelung der separaten Regelungsstränge des § 281 BGB einerseits und des § 323 BGB anderseits bedingt ist und nicht wie etwa im ABGB (vgl. §§ 918, 921 ABGB) einheitlich an die Rücktrittserklärung sowohl für den Schadensersatz als auch für die Rücktrittsfolgen oder wie im UN-Kaufrecht an die Vertragsaufhebung (avoidance) oder in den PECL an die termination angeknüpft wird.456 Im BGB müssen die Abgrenzungsprobleme im Wege der Auslegung bewältigt werden. Unproblematisch sind die Fälle, in denen der Gläubiger nach der Nachfristsetzung ganz offensichtlich Schadensersatz und etwaige Vorleistungen erstattet haben möchte. Dann fordert er kumulativ Schadensersatz und Rücktritt. Problematisch sind aber diejenigen Konstellationen, in denen der Gläubiger unzweideutig nur den Rücktritt erklärt und erst wesentlich später auch seinen Schadensersatzanspruch verlangt. Durch den Rücktritt bestehen die gegenseitigen Naturalerfüllungsansprüche nicht mehr und es ist nicht angängig, den Schadensersatzanspruch nach dem späteren Zeitpunkt zu bemessen, da für diesen keine Rechtsbasis mehr besteht. Die Lösung sollte darin bestehen, dass der Gläubiger in einer solchen Konstellation seinen Nichterfüllungsschaden abstrakt nach dem Marktpreis des Zeitpunkts der Rücktrittserklärung beziffern kann.  Vgl. oben bei Fn. II 368.  Die Rechtsfolgen der §§ 346 ff. sind außerhalb des Fokus dieser Arbeit; vgl. dazu jedoch Thomas Lobinger, Grundfragen des Rücktritts‑ und des Rücktrittsfolgenrechts aus deutscher Perspektive, FS Katsutoshi Kezuka, S. 161, 188 ff.; Reinhard Zimmermann, Restitution after Termination for Breach of Contract: German Law after the Reform of 2002, in: Essays in memory of Peter Birks, S. 323 ff. Zur problematischen Regelung des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB, vgl. Susanne Zwirlein, „Mortuus redhibetur“ permansit, ZEuP 2018, 564, 584 ff. 456  Vgl. dazu bereits oben unter § 7 II. 1. Ich danke Stefan Huber für ein mein Verständnis schärfendes Gespräch in Bezug auf diese systematische Frage. 454 455

Dritter Teil

Börsentermingeschäfte – Futures Die Börse war seit ihren Anfängen im 16. Jahrhundert ein Ort des bunten, lebhaften Handels.1 An ihr verbreiteten sich Nachrichten von Missernten, Kriegen und Epidemien in Windeseile.2 Seit ihrem Bestehen werden sie mit Spekulationsfieber, Blasenbildung (bubbles) und den unterschiedlichsten Legenden in Verbindung gebracht.3 Preisnotierungen kursierten in unterschiedlichen Sprachen zwischen den Händlern und Maklern. Zu festgelegten Handelszeiten wusste man, dass an bestimmten Säulen oder farbigen Markierungen im Innenhof bestimmte Waren und Papiere gehandelt wurden.4 Ab dem späten 18. Jahrhundert drängten sich die Händler, Makler und Bankiers in die überdachten Innenräume der Börsen, die nun durch die corbeille, pits oder Schranken räumlich unterteilt waren.5 Mitte des 19. Jahrhunderts wurde schließlich, um den an Umfang gewinnenden Terminhandel abzuwickeln, beispielsweise an der Wiener Börse, ein an den Börsensaal anschließendes Arrangementsbüro vorgesehen oder an der Berliner Börse ein Kündigungssaal eingerichtet.6 In der Jetztzeit des vollelektronischen Börsenhandels besteht der Parketthandel nicht mehr und die Finanznachrichten, makroökonomischen Kerndaten, Marktpreise usw. sind auf den Terminals wiederzufinden, über die auch der Handel vollzogen wird.7 Nur andeutungsweise wird in der Beschreibung der Börsenarchitektur und des Handelsgeschehens sichtbar, in welchem Umfang an der Börse Rechtsprodukte entwickelt wurden, wie der technisch-rechtliche Rechtsrahmen der 1 Zur

historischen und räumlich-architektonischen Verortung der Börsen vgl. § 1 III.  Lesenswert hierzu für das Amsterdam des späten 16. und 17. Jahrhunderts Clé Lesger, The Rise of the Amsterdam Market and Information Exchange, Ch. 6: Amsterdam as a centre of information supply, S. 214 ff. 3  Vgl. nur etwa Charles P. Kindleberger, Manias, Panics, and Crashes: A History of Financial Crises5, 2005; William N. Goetzmann, Money Changes Everything, 2016; Stuart Banner, Speculation, A History of the Fine Line Between Gambling and Investing, 2017; John Kenneth Gal‑ braith, A Short History of Financial Euphoria, 1990; Richard Ehrenberg, Die Fondsspekulation und die Gesetzgebung, 1883. 4 Vgl. dazu oben § 1 III. 2. und Fn. I 126 f. 5  Dazu oben § 1 III. 4. 6  Zur Umsatzentwicklung anhand der Börsensteuer als Indikator Alexander Engel, Die Regulierung des Börsenterminhandels im Kaiserreich, in: Bankhistorisches Archiv Beiheft 48, S. 27, 35 ff.; vgl. ferner das reichhaltige Material in: Börsen-Enquete-Kommission, Statistische Anlage, 1893. 7 Dazu Andrew W. Lo & Jasmina Hasanhodzic, The Evolution of Technical Analysis, S.  105 ff. 2

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

Börsengeschäfte immer weiter verfeinert und auf welcher Grundlage die Börsen die wirtschaftliche Bedeutung annehmen konnten, die ihnen heute zukommt. Wie kommt es, dass so viele Parteien gewillt sind zu handeln und dabei gigantische Volumen umgesetzt werden? Wie kommt es, dass man Hedger, Spekulanten und Arbitrageure an den Börsen antrifft? Was unterscheidet einen Großhandelsmarkt von einer Börse? Was macht die Börse vertragsrechtlich zu einem solch bedeutenden Ort? Der Kern der Antwort liegt in der Entwicklung der sog. Terminmärkte, auf denen in der heutigen Sprache der Finanzmärkte Derivate gehandelt werden. Diese organisierten Terminmärkte führten zur ultimativen Fortentwicklung des Kaufrechts, indem die Börsentermingeschäfte, marché à terme oder Futures entwickelt wurden.8 Was unter Börsentermingeschäften oder Futures und allgemein den Derivaten zu verstehen ist, wie sie rechtlich konstruiert sind, welcher Unterschied zwischen ihnen und einem „einfachen“ Kaufvertrag besteht, wie und wo sie rechtshistorisch zu verorten sind und schlussendlich wie sie grundlegend die Konzeption des Marktaustausches verändert haben, ist im nachfolgenden, letzten Teil dieses Buches aufzuzeigen.

8  Der Begriff der Futures hat sich als globaler Terminus technicus der Waren‑ und Finanzmärkte erst im Laufe des 20. Jahrhunderts durchgesetzt. Im 19. Jahrhundert wurden die Börsentermingeschäfte oder Futures im deutschen Sprachraum oft auch als „Differenzgeschäfte“ bezeichnet (dazu § 11 III. 1. und Fn. III 119). Als eine der ersten englischsprachigen Schriften, die den Begriff der Futures verwendet, gilt Julius Aroni, Futures, New Orleans 1882; vgl. auch Henry Crosby Emery, Speculation, 1896, S. 39 f.

§ 9 Vom Forward zum Futures-Kontrakt – vom bilateralen Kaufvertrag zum börsengehandelten Kaufvertrag Eine erste Annäherung, was ein Futures-Kontrakt ist und wie er seinem Grundgedanken nach funktioniert, lässt sich am besten durch einen Vergleich zu einem Forward erläutern.9 Forwards sind  – das haben wir bereits ausführlich unter § 6 II. gesehen – nichts weiter als Kaufverträge, bei denen die Fälligkeit auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aufgeschoben wird. So können sich beispielsweise der Bauer und Verkäufer A mit dem Käufer und Großbäcker B im Januar auf den Verkauf von Sommerweizen im Juli einigen.10 Durch den Abschluss dieses Vertrages können A und B das allgemeine Preisrisiko in ein Basisrisiko umwandeln – oder kurz: sie können ihr Preisrisiko hedgen. Die Parteien sind nicht mehr dem allgemeinen Marktpreisrisiko ausgesetzt, sondern nur noch dem Basisrisiko, dass der Marktpreis im Zeitpunkt der Erfüllung nicht dem Kaufpreis entspricht.11 Durch einen Forward wird zudem gerade bei großen Warenquantitäten die Planbarkeit von Verkaufs‑ und Erwerbsvorgängen hergestellt. Der Verkäufer einer Ware kann sich darauf einrichten, dass er über einen Abnehmer verfügt und mit welchem Preis er rechnen kann. Der Käufer wiederum kann sich entsprechend seiner Bedarfsplanung auf den Erhalt der Ware beispielsweise für seinen Produktionsprozess oder etwaige Weiterveräußerungsvorgänge einstellen und seine Preiskalkulation darauf ausrichten. Im Erfüllungszeitpunkt kommt es

 9  So auch die geläufige Darstellungsweise in der ökonomischen Literatur, siehe John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S.  6 ff.; Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 336 ff. 10  Der Verkauf von Weizen gilt als das archetypische Beispiel für das Hedging, vgl. Ro‑ bert J. Shiller, Macro Markets, S. 100 ff. (der die Berechtigung dieser Annahme aber in Frage stellt); instruktiv bereits Wilhelm Lexis, in: Hdb. der politischen Ökonomie, Kapitel „Handel“, § 48 (= S. 289 ff.), Carl Johannes Fuchs, Der englische Getreidehandel und seine Organisation, SchmollersJb. 15 (1891), 1, 31 ff. und allgemein Eduard Leonard Jacobson, Terminhandel in Waaren, S. 5 ff.; siehe ferner instruktiv zum Terminhandel in Baumwolle Carl Johannes Fuchs, Die Organisation des Liverpooler Baumwollhandels in Vergangenheit und Gegenwart, SchmollersJb. 14 (1890), 107 ff.; A. W. B.  Simpson, The Origins of Futures Trading in the Liverpool Cotton Market, in: Essays for Patrick Atiyah, S. 179 ff. 11  Vgl. oben § 6 II. 2. b.; zu den abweichenden Risikostrategien durch Abschluss von Spotgeschäften vgl. oben § 6 II. 2. a.

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

dann idealerweise zum naturalen Leistungsaustausch oder es wird alternativ das Pekuniarinteresse ersetzt. Die vorangegangene Skizze der Funktionsweise des Forwards ist vom „fertigen“ Vertrag aus gedacht und wurde entsprechend gedanklich fortentwickelt. Ausgeblendet bleiben dabei eine Vielzahl von praktisch relevanten Fragestellungen, die sich beim Vertragsschluss wie auch dessen Vollzug ergeben können. Bezogen auf die Phase des Vertragsschlusses wird sich immer dieselbe Fragestellung ergeben: Wie finden sich überhaupt die Vertragspartner? An welchem Preisniveau können sich die Parteien orientieren, zumal ein Preis für einen in der Zukunft liegenden Termin festgelegt werden soll? Ferner können sich Probleme daraus ergeben, wie die Eigenschaften möglicherweise noch zu produzierender oder zu erwirtschaftender Güter definiert werden sollen.12 Während der Laufzeit des Vertrages – also im Zeitraum zwischen dem Vertragsschluss und dem in der Zukunft liegenden vereinbarten Erfüllungszeitpunkt – sind die Parteien dem gegenseitigen Ausfallrisiko, in der Sprache der Finanzmärkte auch als Kontrahentenausfallrisiko, counterparty risk oder credit risk bezeichnet13, ausgesetzt, dass eine Partei ihrer Verpflichtung nicht nachkommen wird. Das Ausfallrisiko kann sich in zwei Varianten realisieren: Es kann zunächst nicht zum reellen Leistungsaustausch kommen, da der Verkäufer die Lieferung oder der Käufer die Zahlung des Kaufpreises verweigert und möglicherweise auch  – was praktisch nur selten bis zum Ende auch durchexerziert werden wird – die Zwangsvollstreckung erfolglos bleibt. Oder aber das Pekuniar­interesse sowie etwaige Folgeansprüche können sich als nicht einbringlich erweisen, da der Schuldner insolvent ist. Das Ausfallrisiko besteht also in der ersten Variante in der – auch nicht zwangsweisen – Durchsetzbarkeit des naturalen Leistungsaustausches, während sich in der zweiten Variante das wirtschaftliche Ausfallrisiko verwirklicht. Durch den Abschluss eines Futures-Kontrakts an der Börse besteht ein praktischer Lösungsansatz, wie all die soeben skizzierten Probleme durch die Einbindung des Kaufvertrages in einen organisierten Markt aufgelöst werden können, der so auf dem allgemeinen Austauschmarkt nicht zu realisieren wäre.14 Durch 12  Grundlegend zur subjektiven, also vertraglichen Festlegung der Eigenschaften beim Kauf Werner Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, 1948. Gerade im unternehmerischen Verkehr werden die Parteien auf branchenübliche Standardisierungen und Qualitätssicherungsvereinbarungen zurückgreifen, die die Güteanforderungen von Waren präziseren und den Erwartungshorizont festlegen, dazu in aller Kürze Karsten Schmidt, UR I.6, § 29 Rn. 31; ferner Detlef Schmidt, Qualitätssicherungsvereinbarungen und ihr rechtlicher Rahmen, NJW 1991, 144; vgl. auch den lesenswerten historischen Abriss zur Durchsetzung von Qualitätsstandards in der Baumwollindustrie Sven Beckert, King Cotton2, S. 197 ff. 13 Martin Bösch, Derivate3, S. 13 f., 160; Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S.  11 f. 14  Zu der Unterscheidung zwischen dem allgemeinen Austauschmarkt und dem organisierten Markt vgl. bereits oben § 4.

§ 9 Vom Forward zum Futures-Kontrakt

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den Futures-Markt wird optimalerweise ein liquider Markt etabliert, in dem über eine gewisse Zeitspanne standardisierte Kaufverträge über Waren [= Warentermingeschäfte (commodity futures)] oder Finanzinstrumente [= Finanztermingeschäfte (financial futures)] abgeschlossen werden können und zudem auch weitestgehend das Ausfallrisiko ausgeschlossen ist.15 Liquidität bedeutet dabei bezogen auf die Funktionsweise eines Marktes, dass die Marktteilnehmer schnell und damit auch zu niedrigeren Transaktionskosten einen Vertragspartner finden und das von ihnen avisierte Geschäft abschließen können.16 Die Standardisierung der gehandelten Güter bewirkt, dass die Qualitätseigenschaften, die gehandelten Quantitäten, wie auch der Ort, an dem eine Ware gegebenenfalls abzuliefern oder abzunehmen ist, von der Börse vorgegeben sind und die Marktteilnehmer sich auf die Aushandlung des Preises konzentrieren können.17 Dem Ausfallrisiko wird schließlich durch verschiedene technische Vorkehrungen begegnet, zum einen über sog. margin accounts18 – parallel zu den einzelnen Handelsvorgängen müssen prozentuale Einschüsse geleistet (sog. initial margin) und bei Kursverlusten während der Laufzeit muss nachgeschossen werden (sog. variation margin) – wie auch zum anderen über die Abwicklung sämtlicher Vertragsschlüsse über eine sog. zentrale Gegenpartei19 (central clearing party (CCP)). Neben den speziellen institutionellen Gegebenheiten des Futures-Marktes, die durch die unterschiedlichen rechtstechnischen Vorkehrungen gewährleistet werden, besteht die Besonderheit in Bezug auf die einzelnen Futures-Kontrakte darin, dass anders als im allgemeinen Zivilrecht, wo wir an den Gedanken des zweipoligen Schuldverhältnisses20 zwischen Verkäufer und Käufer gewöhnt sind, an den Terminbörsen sämtliche Futures-Kontrakte auf der Erfüllungsebene miteinander verknüpft sind. Sämtliche während der Laufzeit eines Futures aus den Einzelabschlüssen entstandenen Primärleistungsansprüche werden einer Gesamtsaldierung zugeführt. Der uns bekannte Kaufvertrag und die damit zusammenhängenden Parteirollen des Verkäufers und Käufers werden an den Börsen als positions konzeptualisiert. Die Verkäuferstellung wird zur short position und die Käuferstellung zur long position bestimmt. Die positions werden zu den Rechnungsposten des Börsenhandels. Dies hat eine ganz markante Folge, die wiederum im Gegensatz zu dem allgemeinen Grundsatz des Zivilrechts steht, 15 Hierzu bereits prägnant Rudolf Müller-Erzbach, Das Unpersönliche des Welthandels, ZHR 86 (1923), 121, 126 f. 16  Dazu Larry Harris, Trading & Exchanges, S. 394 ff. und Bernd Rudolph & Heiner Röhrl, Grundfragen der Börsenorganisation aus ökonomischer Sicht, in: Börsenreform, S. 143, 177 ff. 17  Dazu Knut Borchardt, MWG I/5, S. 1, 8 ff., 12 f.; im Überblick Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 341; siehe ferner Alvin E. Roth, Who Gets What – and Why, S. 16. 18 John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S.  29 ff.; Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 341 f.; John-Peter Castagnino, Derivatives3, Rn.  3.05 ff.; Martin Bösch, Derivate3, S. 165 f. 19  Vgl. dazu bereits die Nachw. in Fn. I 366. 20 Siehe nur Josef Esser & Eike Schmidt, Schuldrecht I/18, § 5 V. (= S. 98).

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

dass sich nämlich ein jeder Börsenteilnehmer seiner Naturalerfüllungspflicht entledigen kann, indem er ein sog. Gegengeschäft abschließt, seine Position „glattstellt“ oder, was gleichbedeutend ist, einen sog. close-out durchführen kann. Die Funktionsweise des Glattstellens lässt sich in Abwandlung des bereits zu Anfang eingeführten Beispiels demonstrieren, wenn nämlich unser Bauer A nicht einen (außerbörslichen) Forward, sondern einen Futures-Kontrakt an der Warenbörse eingeht.21 Hat A im Januar ein Börsentermingeschäft auf Lieferung von Weizen im Juli abgeschlossen, also eine short position erworben, so kann er sich seiner naturalen, kaufrechtlichen Lieferungspflicht entledigen, indem er bis zum Ende der Laufzeit des Futures-Kontrakts eine long position erwirbt, also eine entsprechende Menge Weizen an der Terminbörse kauft. Infolge des Abschlusses des zweiten Vertrages erhält er einen Differenzbetrag oder er muss einen Differenzbetrag entrichten, je nachdem, zu welchem Preis er den Verkaufs‑ und nachfolgenden Kaufvorgang vollzogen hat. Wurde beispielsweise das Verkaufsgeschäft im Januar für 100 abgeschlossen und das nachfolgende Kaufgeschäft für 105, so erhält er zu seinen Gunsten einen Differenzbetrag von 5 von der Börse ausgezahlt. Hat er das zweite Geschäft, aus seiner Sicht zu schlechteren Bedingungen, da er sich möglicherweise unbedingt von seiner Lieferungsverpflichtung befreien wollte, für 95 abgeschlossen, so muss er 5 einzahlen. Wenn A kein Gegengeschäft abschließt, wenn er also auf dem Terminmarkt keinen Weizen verkauft und sodann kauft, ist er am Ende der Laufzeit des Futures auch zur naturalen Erfüllung, d. h. Lieferung des Weizens, verpflichtet. Der Futures-Kontrakt ist, um den international gängigen Terminus technicus zu verwenden, auf physical delivery gerichtet. In dieser Form existierten FuturesMärkte, wie noch zu zeigen sein wird, seit spätestens dem 17. Jahrhundert. Die Masse der an einer solchen Terminbörse abgeschlossenen Verträge wird durch die Berechnung einer Differenz bereinigt, die sich durch das Glattstellen ergibt, während nur ein geringer Anteil der Verträge durch die effektive Lieferung bzw. Abnahme erfüllt wird. Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts haben sich zudem auch Futures-Märkte etabliert, die auf sog. cash settlement ausgerichtet sind. Dies bedeutet, dass sämtliche auf diesem Markt abgeschlossenen Verträge durch die Berechnung einer Differenz erfüllt werden, also auch solche Verträge, die nicht glattgestellt wurden. Wie sogleich unter § 10 ausführlich darzulegen sein wird, ist die Möglichkeit des Glattstellens der zentrale Baustein, um die Funktionsweise des Futures-Marktes zu erfassen, da erst durch sie verständlich wird, warum die unterschiedlichsten Akteure an der Terminbörse mit Futures-Kontrakten handeln möchten, oder warum auf einer Terminbörse von vornherein die effektive Erfüllung zu Gunsten des cash settlement ausgeschlossen ist.

21 Vgl. dazu bereits die Nachw. in Fn. III 10; siehe aber auch zum Verbot von Weizen-Futures nach dem BörsG von 1896 Fn. III 140.

§ 10 Der privatrechtlich-historische Zellkern der Terminmärkte: die Skontration Der Börsenterminmarkt beruht auf der soeben beschriebenen  – untechnisch gesprochen  – systematischen Verknüpfung sämtlicher in einem Terminmarkt eingegangener Kaufverträge. Auf eine kurze Formel gebracht, führt die Verknüpfung zu einer „Vergrößerung“22, „gewaltigen Verbreitung des Marktes“23. Börsenterminmärkte sind „Massenerscheinung[en]“24. Was hierunter zu verstehen ist, wird deutlich in einer eindrucksvollen und prägnanten Schilderung der Funktionsweise des Warentermingeschäftes in Kaffee durch den Göttinger Ökonomen Wilhelm Lexis (1837–1914) in den Beratungen der Börsenenquetekommission: „Die Einführung des Terminhandels in Kaffee in [Le] Havre hatte notorisch den Zweck, den dortigen Markt zu vergrößern. Wodurch zu vergrößern? Allerdings dadurch, daß nunmehr auch Leute, die mit dem eigentlichen effektiven Kaffeehandel vorher nichts zu thun hatten, sich dabei betheiligten. So ist also eine Vergrößerung des Marktes eingetreten dadurch, daß anderweitiges Kapital sich nun auch für diese Geschäfte interessirt hat. Sobald der Terminhandel in diesen bestimmten bequemen Formen geschaffen war, war es auch dem sonst dieser Branche fernstehenden Kapital möglich, sich daran zu betheiligen, und es hat sich dann auch betheiligt. Es sind auch Leute, die sonst mit Kaffee nichts zu thun haben, gekommen und haben sich mit Kaffeespekulation beschäftigt. Das brauchen aber übrigens keineswegs Leute zu sein, die absolut keine Geschäftsleute sind; das können Kapitalisten sein, die die Absicht haben, ihr Geld auf diese Art zu verwerthen, anstatt es in anderer Weise anzulegen. Es ist ja immer auch diese eigenthümliche Unternehmungsart zu finden, daß Leute, die Geld haben, dennoch nicht in gewöhnlichem Sinn Kaufleute bestimmter Art sind, aber ihr Geld auf eine besondere Weise gewinnbringend umsetzen, anstatt es festzulegen. Also es sind auf diese Weise Leute zur Betheiligung an derartigen Geschäften zugezogen worden, die sich sonst nicht betheiligt haben würden. Das ist nun freilich immer weiter gegangen. Kleine Leute und Leute, die eigentlich gar nichts bei den Sachen zu suchen hatten, sind leider durch die Spielsucht verleitet worden, sich nun ebenfalls mit zu betheiligen. Der Zweck der Erweiterung des Marktes ist dadurch wieder erreicht worden, und es unterliegt keinem Zweifel, daß der Umstand, daß ein großer Terminhandel dieser Art besteht, mit Betheiligung von so vielen Leuten, die an und für  Wilhelm Lexis, Börsen-Enquete-Kommission, S. 3518.  Max Weber, Die Börse II., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 2 (1896), 49, 72 = MWG I/5, S. 645; vgl. auch dens., Die technische Funktion des Terminhandels, DJZ 1 (1896), 248, 249 = MWG I/5, S. 607. 24  Heinrich Koeninge, Staub’s Kommentar zum HGB11, Band II/2, Anhang zu § 376 Anm. 11. 22 23

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

sich ursprünglich nichts mit der Sache zu thun hatten, doch auch wieder auf die spezielle Bedeutung dieses Marktes für den betreffenden Gegenstand wirkt. Also die volkswirthschaftliche Wirkung besteht meines Erachtens gerade vorzugsweise in dieser Ausdehnung des Handels und der Umsätze mittelst Kapitalien, die sich sonst mit der Sache nicht beschäftigt haben würden. Das kann volkswirthschaftlich entschieden nützlich sein. Es hat allerdings den großen Nachtheil, daß damit die Spielsucht auch in weitere Kreise hineingetragen wird. Darin liegt die Schwierigkeit.“25

Durch die Verknüpfung sämtlicher Kaufverträge, die in einem Futures-Markt insgesamt abgeschlossen wurden, und die Möglichkeit des Glattstellens wird rechtlich erst die Grundlage geschaffen, dass eine Vielzahl von Personen sich am Handel beteiligen, die an der effektiven Lieferung der Ware oder des Finanztitels nicht interessiert sind, sondern deren vorrangiges Interesse in der Spekulation liegt. Es können die unterschiedlichsten Typen von Händlern am Futures-Markt teilnehmen: Hedger, denen es darum geht, Preisrisiken abzusichern, Spekulan‑ ten, denen es darauf ankommt, Profit an der Börse zu machen und schließlich Ar‑ bitrageure, die Gewinne risikolos durch die Ausnutzung von Preisunterschieden auf unterschiedlichen Märkten erzielen wollen.26 Alle Marktteilnehmer erzeugen in ihrer Gesamtheit die Liquidität des Marktes.27 Der ganz überwiegende Teil der während der Laufzeit eines Futures abgeschlossenen Verträge wird durch die Berechnung einer Differenz infolge des Glattstellens abgewickelt.28 So weiß man beispielsweise aufgrund der Ermittlungen der Börsenenquetekommission, dass an der Hamburger-Kaffeeterminbörse zwischen den Jahren 1887 und 1891 nur ca. 1,79 bis 3,79 % sämtlicher Kaffeetermingeschäfte auch effektiv erfüllt worden sind.29 Worauf beruht aber rechtlich die „Verbreitung des Marktes“? Die besondere Herausforderung der rechtlichen Charakterisierung des Futures-Kontrakts besteht darin, einen Vertragstypus zu erfassen, dessen Wirkungen nicht alleine aus dem Vertragsinhalt abgeleitet werden können, sondern sich erst aus der soeben skizzierten Einbettung in einen Terminmarkt – nämlich dem Terminmarkt der 25  Wilhelm Lexis, 55. Verhandlungstag, Montag, den 13. Februar 1893, Börsen-Enquete-Kommission, S. 3518 f.; zum Terminhandel in Kaffee siehe Julia Laura Rischbieter, Mikro-Ökonomie der Globalisierung, S. 132 ff.; Johann Christian Meier, Die Entstehung des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896, S. 57 ff.; und zuvor A. Bayersdörffer, Der Kaffee-Terminhandel, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 56 (1891), 641 ff. 26 John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S.  11 ff.; Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 19–21; siehe auch davor Max Weber, Die Börse II., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 2 (1896), 49, 54 f.= MWG I/5, S. 625 f. 27 Vgl. dazu bereits die Nachw. in Fn. III 16; siehe hierzu auch die Ausführungen OGH, ÖBA 1998, 219, 222. 28  Siehe nur z. B. John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 25: „The vast majority of futures contracts do not lead to delivery.“; siehe auch davor bereits Carl Samuel Grün‑ hut, Die Börsengeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 279 (= S. 14): „Regel ist, dass die Verkäufe durch die Käufe und umgekehrt die Käufe durch die Verkäufe paralysiert werden; die Lieferung des Kaufobjektes und die Bezahlung des Kaufpreises bilden nur eine Ausnahme.“. 29  Börsen-Enquete-Kommission, Statistische Anlage, S. 376.

§ 10 Die Skontration

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jeweiligen Börse – erklären lassen. Rechtstechnisch ist dies eine Frage der Wirkung der Börsenliquidation, oder wie man heute international formuliert, des Clearings. Man ist allzu schnell versucht, die immer komplexer gewordenen Mechanismen des Clearings als Technikalität ohne weiteren Erkenntnisgewinn abzutun. Dies wäre jedoch ein folgenschweres Missverständnis, denn erst über die Wirkungsweise des Clearings lassen sich die Vorgänge auf den Terminmärkten zivilrechtsdogmatisch einordnen: Den zivilrechtlichen Zellkern des Terminhandels bildet die sogenannte Skontration.30 Bei der Skontration oder dem Rescontre-Verfahren handelt es sich um eine Verrechnungstechnik des Wechselverkehrs, die im 12. und 13. Jahrhundert auf den Messen der Champagne entwickelt wurde.31 Mit ihr wird bezweckt, eine Vielzahl von Verträgen zu verrechnen, indem der Bruttobestand sämtlicher bestehender Forderungen und Schulden auf einen Nettobestand reduziert wird. James Breit beschreibt die Skontration folgendermaßen: „[D]ie Skontration [ist] die rechnerische Reduktion einer Mehrheit von gleichgearteten Schuldverhältnissen zwischen verschiedenen Personen auf die Saldi der zu bewirkenden Leistungen. Mit der Begleichung der Leistungen werden sämtliche Schuldverhältnisse getilgt. Dieser Modus der Erfüllung bedingt die Konzentration der Erfüllung einer Mehrzahl von Schuldverhältnissen auf einen bestimmten Zeitpunkt.“32

Dass die Skontration als Rechtsrahmen nicht nur im Zahlungsverkehr und später insbesondere im Interbankenverkehr33, sondern auch für die Konstruktion 30  Grundlegend für die deutschsprachige Literatur Carl Samuel Grünhut, Die Börsengeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 279 (= S. 12 ff.); und davor ders., Das Börsen‑ und Mäklerrecht und seine Neugestaltung in Österreich, GrünhutZ 2 (1875), 535, 590 ff.; Kon‑ rad Cosack, Lehrbuch des Handelsrecht3, § 63 10. (= S. 402 ff.); Gustav Neuhaus, Die Skontration, S.  22 f.; James Breit, LZ 1911, 899, 901 f.; Oscar Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 63 II. (= S. 242); Willi Prion, Die Effektenbörse, S. 49 ff.; zuvor Conrad Malß, Ueber Kompensationscourse, Klagbarkeit der s. g. Differenzgeschäfte und rechtliche Natur der Börsenabrechnungen, ZHR 4 (1861), 1 ff.; Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 439 f. 31 Klaus Peter Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S. 354 ff.; Lars Börner & John William Hatfield, Journal of Political Economy 125 (2017), 1991 ff., davor Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 439 f.; Georg Cohn, Die Zahlungsgeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 448 (= S.  1056 ff.); Gustav Neuhaus, Die Skontration, S. 5 ff. Vgl. aufschlussreich auch bereits Georg Nicolaus Schurtz, Nutzbare Richtschnur Der Löblichen Kauffmannschafft (1695): „Was ist ein Kauffmanns-Recontre? Antwort: Eine Rescontre unter den Kauffleuten ist nichts anders / denn eine sonderbare Art und Weise der Bezahlung / gebräuchlich in denen Städten / da Kauffmanns Börsen / oder da jährlich eine oder mehr vornehme Jahr-Märckte und Messen gehalten werden / und da viel fremde Kauffleute von vielen unterschiedlichen Orten zusammen kommen / Waaren allda einzukauffen und zu verkauffen / auch Wechsel-Gelder einzunehmen / welche dann nach geendigter Meß / wenn die Zahl-Woche eingetretten / sich pflegen auf der Börse oder dem Rescontre-Platz zu versammeln / und diemeisten derselben einander ohne Geld per Rescontre zu bezahlen.“; siehe dazu auch bereits kurz oben unter § 1 II. a.E. m. Nachw. in Fn. I 54 ff. 32 James Breit, LZ 1911, 899, 904. 33  Klaus Peter Berger, Der Aufrechnungsvertrag, passim; davor Robert Koch, Abrechnungsstellen (Clearing-Häuser) in Deutschland und deren Vorgänger, ZHR 29 (1884), 59 ff.; Emil Teschemacher, Ein Beitrag zur rechtlichen Betrachtung des Abrechnungsverkehrs bei den Ab-

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

von Terminmärkten an der Börse von Amsterdam seit (spätestens) dem 17. Jahrhundert zur Anwendung kam, lässt sich anhand der Schilderungen im Buch von Joseph de la Vega Confusion des confusions (1688)34, den sehr detaillierten Ausführungen von Jean-Pierre Ricard in Le Negoce d’Amsterdam (1722)35 und Isaac de Pinto’s Traité de la Circulation et du Crédit (1771)36 belegen.37 Die Wirkungsweise der Skontration in Form der unterschiedlichen (nunmehr historischen) Liquidationsverfahren nachzuzeichnen, ist auch für das heutige Verständnis der Terminmärkte von Interesse, da hierdurch das Grundmodell des Börsenterminhandels freigelegt werden kann, wie nämlich aus dem bilateralen Kaufvertrag in Form der Lieferungsverträge oder Forwards, die Börsentermingeschäfte oder Futures entwickelt wurden.

I. Der Terminmarkt an der Amsterdamer Börse In einem Börsenterminmarkt werden Kaufverträge auf einen bestimmten in der Zukunft liegenden Termin abgeschlossen, die an einem Abrechnungstag miteinander verrechnet werden.38 Eine glasklare und bewundernswerte Erläuterung der Funktionsweise eines solchen Marktes, der in der bisherigen Forschung viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde, hat Jean-Pierre Ricard zu Anfang des 18. Jahrhunderts über den Amsterdamer Markt verfasst. Ganz allgemein charakterisiert er den Börsenterminhandel zunächst wie folgt: „Diese Arten von Handelsgeschäften beruhen öfters auf vagen und chimärenhaften Erscheinungsformen als auf Realitäten, sie sind im allgemeinen sehr gefährlich und haben immer wieder viele Leute ruiniert und herabgezogen: dieser Handel hat so etwas Spezielles, dass es den Geist von denen, die sich ihm verschreiben, derart verhext und in seinen Bann zieht, dass sie davon nicht loskommen bevor sie sich vollständig ruinieren. Das ergibt sich fast immer, wenn sich ein Krieg mit irgendeinem Land ankündigt, oder wenn die bevorstehende Ernte irgendeines Gutes in irgendeinem Land ausgefallen ist; oder auch rechnungsstellen der Reichsbank, ZHR 67 (1910), 401 ff.; F. Hoffmann, Die Rechtsnatur der Abrechnungsstelle im Skontrationsverfahren, ZHR 65 (1909), 337 ff. 34 Siehe hierzu die deutsche Übersetzung von Otto Pringsheim, Don Joseph de la Vega, Die Verwirrung der Verwirrrungen, 1919 sowie die (auszugsweise) englische Übersetzung von Hermann Kellenbenz aus dem Jahr 1957; ferner Richard Ehrenberg, Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik 58 (1892), 809 ff.; Jonathan I. Israel, Tijdschrift voor Geschiedenis 103 (1990), 412, 419. 35  „Chapitre VI., des Ventes à terme & à option, qui se sont font à Amsterdam“, S. 52 ff. 36 „Traité Des Fonds De Commerce, ou Jeu D’Actions en Holland“, S. 261 ff. 37  Vgl. aus der Sekundärliteratur Oscar Gelderblom & Joost Jonker, Amsterdam as the Cradle of modern Futures and Options Trading, in: The Origins of Value, S. 189 ff.; davor insbesondere Eduard Leonard Jacobson, Terminhandel in Waaren, S. 56 ff.; zur Amsterdamer Börse siehe auch bereits oben § 1 III. 3. a. 38  In der Börsenliteratur des 19. Jahrhunderts wird dieser Termin als Liquidationstermin, settling day, account day oder fin bezeichnet, vgl. Carl Samuel Grünhut, Die Börsengeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 279 (= S. 12).

§ 10 Die Skontration

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wenn es ein Hindernis gibt, das hindert den Handelstreibenden, die Waren aus dem Land ausführen zu können, von wo sie kommen; und schließlich auch, wenn sich gewisse Leute in den Kopf setzen, dass sich eine bestimmte Ware bis zu einem gewissen Termin beachtlich teurer werde und dass sie davon große Mengen kaufen mit dem Plan, nur mit großem Gewinn wiederzuverkaufen.“39

Auf Termin (à terme) sollen insbesondere Aktien der niederländischen Ostindien‑ und Westindien-Kompanie  – die der britischen Ostindien-Kompanie sollen aber vom Handel ausgeschlossen gewesen sein – sowie Pfeffer, Salpeter, Kaffee, Kakao, Kochenillen, Branntwein, Getreide, Walfischbarten und Walfischöl gehandelt worden sein.40 Der Vertragsschluss vollzog sich, indem zwei vorgedruckte Vertragsformulare – oder wie man später formulieren würde Schlussscheinformulare41 – von einem Makler (makelaar) ausgefüllt, von den Parteien unterschrieben und die Formulare untereinander ausgetauscht wurden.42 „Nachdem der Handel abgeschlossen ist, füllt der Makler zwei Verträge aus, von denen er einen den Verkäufer unterschreiben lässt und den anderen den Käufer; die er austauscht, indem er den vom Verkäufer unterzeichneten Vertrag dem Käufer gibt und den vom Käufer unterzeichneten dem Verkäufer; diese Verträge gibt es im Vordruck bei den Buchhändlern und die Makler haben nur einzutragen die Namen des Käufers und des Verkäufers und den Namen, die Menge und den Preis der Ware und den Termin der Lieferung.“43 39 Jean-Pierre

Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 54 (Übersetzung vom Verf.): „Ces sortes de marchez sont plus souvent sur des apparences vagues & chimeriques que sur des realitez, ils sont en géneral très-dangereux & ont de tems ruiné & fait manquer beaucoup de monde: ce Commerce a cela de particulier, qu’il enchante & enforcele presque tellement l’Esprit de ceux qui s’y adonnent, qu’ils n’en reviennent que lors qu’ils s’y sont entierement ruinez. Il se fait presque toujours lors qu’il y a des apparences d’une guerre prochaine avec quelque Pays; ou lors que la recolte de quelque marchandise a manqué dans quelque Pays; ou bien lors qu’il y a quelque obstacle qui empêche de pouvoir tirer à droiteure des marchandises du Pays d’où elles viennent; ou bien enfin lors que quelques uns se mettent en tête, que quelque marchandise augmentera considerablement dans certain tems, & qu’ils en achetent de grosses parties, dans le dessein de ne les revendre qu’à un gros profit.“. 40  Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 62; vgl. auch zum Börsenhandel in Amsterdam die Nachw. in Fn. I 148; ferner insbesondere Johannes Gerard van Dillen, Termijn­ handel te Amsterdam in de 16de en 17de eeuw, De Economist 1927, 503 ff. 41  Vgl. Richard Ehrenberg, Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik 58 (1892), 809, 819. Nach Ehrenberg (S. 825) soll für die Geschäfte mit Aktien der Ost‑ bzw. Westindischen-­ Kompanie ein Schlussnotenzwang bestanden haben. Für Schlussscheinformulare im 19. bzw. 20. Jahrundert vgl. etwa Rudolf Sonndorfer, Die Technik des Welthandels, S. 18 ff.; Josef Hel‑ lauer, Welthandelslehre, S. 301 f. 42 Für den Wortlaut solcher Formulare siehe Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S.  55 f. 43  Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 55 (Übersetzung vom Verf.): „Le Marché etant conclu, le Courtier en écrit deux Contracts dont il fait signer l’un au Vendeur & l’autre à l’Acheteur, qu’il échange ensuite en donnant celui que le Vendeur a signé, à l’Acheteur, & celui que l’Acheteur a signé, au Vendeur; ces Contracts se trouvent imprimez chez les Libraires, & les Courtiers n’ont qu’à remplir les vuides du nom de l’Acheteur ou du Vendeur, & du nom,

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

Im Abrechnungszeitpunkt oder rescontredag wurde die Liquidation von den Maklern vollzogen.44 Üblich sollen, so berichtet Ricard, als Abrechnungstermine für den Handel mit Kaffee jeweils der erste Januar, Mai, Juli und Oktober gewesen sein.45 Für diese Abrechnung führte jeder Makler ein Rescontre-Buch, in dem er aufzeichnete, wieviel und von wem sein Auftraggeber verkauft und gekauft hatte.46 Daraus konnten Lieferungs‑ und Abnahmeverpflichtungen resultieren.47 Die überwiegende Menge dieser Geschäfte wurde jedoch durch die Begleichung einer Differenz beglichen. „Es gibt eine unglaubliche Anzahl von Parteien, die sich ausgleichen nach Geschäftsablauf, indem die einen den anderen einen Überschuss auszahlen: man nennt das rescontrer ou rencontrer les parties.“48 Die Koordinierung, wer an wen und was (Lieferung, Abnahme oder Differenzbetrag) zu leisten hatte, wurde von den Maklern untereinander ausgemacht. Im knapp fünfzig Jahre später erschienenen Buch von Isaac de Pinto wird dieses Verfahren so umschrieben: „An einem Tage des Abrechnungsmonats versammeln sich die an·der Abrechnung Beteiligten in einem Saal um einen großen Tisch. Jeder der abrechnenden Makler kann die Liquidation für 10–12 Personen übernehmen und alles (Skontrobogen?) ist liniert wie Notenpapier.  – Das Verfahren ist folgendes: Der mit der Abrechnung betraute erklärt, dass jemand 1000 Pfund an einen andern verkauft hat, der dafür aufkommen soll. Der mit der Regelung der Geschäfte des Käufers beauftragte gibt eine Bestätigung. Wenn der Käufer die·Wertpapiere selbst abnimmt, so ist alles erledigt … aber da der erste Käufer seinen Posten an einen anderen weiterverkauft haben kann und der neue Käufer wiederum an einen anderen und so kaskadenartig weiter, bis der Käufer oder Verkäufer eine Schlussoperation findet, d h. eine effektive oder künstlich herbeigeführte Abnahme. Diese Überweisung nennt man bei der Abrechnung, den Verkäufer in letzter Instanz mit dem Käufer verheiraten. Die Abrechnung geht also hin und her, wie ein Weberschiffchen oder ist ein wahrer Kreislauf.“49

de la quantité & du prix de la marchandise & du tems de la livraison, voici la marchandise dont ils se font.“. 44  Marius Franciscus Johannes Smith, Tyd-affaires in Effecten aan de Amsterdamsche Beurs, S. 6; siehe auch die kurzen Hinweise bei Oscar Gelderblom & Joost Jonker, Amsterdam as the Cradle of modern Futures and Options Trading, in: The Origins of Value, S. 189, 202. 45 Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 56; dazu auch Isaac de Pinto, Traité de la Circulation et du Crédit, S. 261 f.; ferner Charles Wilson, Anglo-Dutch Commerce & Finance in the Eighteenth Century, S. 14. 46  Nach Richard Ehrenberg, Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik 58 (1892), 809, 819 soll es Makler gegeben haben, „welche ‚rescontrantes‘ hießen, weil sie es übernahmen, die Parteien nach Möglichkeit gegeneinander auszugleichen, die Differenzen (surpluses) einzukassieren und auszuzahlen.“. 47  Für eine exemplarische Rechnung Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 58 f.; dazu auch noch sogleich unter § 10 II. 2. b. 48 Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 57 (Übersetzung vom Verf.; Hervorh. wie im Original): „il se fait und nombre incroyable de parties, qui s’amortissenr au bout du terme en se payant le surplus les uns aux autres: on appelle cella rescontrer ou rencontrer les parties“. 49 Isaac de Pinto, Traité de la Circulation et du Crédit, S. 305 f.; Übersetzung nach Otto

§ 10 Die Skontration

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Neben dem hochentwickelten Rescontre-Verfahren soll beim Handel mit Branntwein die Abwicklung zwischen den Vertragsparteien vollzogen worden sein, indem ein Schein, auf Holländisch „Owerwysin“ genannt, von Partei zu Partei gereicht wurde.50 All die soeben beschriebenen Details des Terminhandels dienen dazu, wie Ricard zum Abschluss seiner Ausführungen klarstellt, eine der Grundideen des börsenmäßigen Terminhandels verständlich zu machen: „Ich war etwas ausführlicher bei dieser Art von Märkten, denn viele Leute, die oft davon gehört haben, scheinen mir nicht verstehen zu können, wie ein Mann es wagt, sich zu verpflichten, 10-mal mehr zu kaufen oder zu verkaufen, als worüber er verfügt, obwohl er sehr wohl weiß, dass er nicht in der Lage ist, abzunehmen oder zu liefern; […].“51

II. Anatomie des Terminmarktes: Einzelgeschäfte, Ketten und Ringe Der Börsenterminmarkt, so wie er vom 17. Jahrhundert bis weit in das 20. Jahrhundert bestand, beruht auf bilateralen Vertragsschlüssen zwischen den Parteien im Innenhof beziehungsweise auf dem Parkett der Börse. Die Börsentermingeschäfte, marché à terme oder Futures waren ihrem Inhalt nach nicht von „einfachen“ Kaufverträgen in Form von Lieferungsverträgen oder Forwards zu unterscheiden. Beide Varianten des Kaufvertrages waren auf die Lieferung von Waren oder Finanztitel zu einem Zeitpunkt in der Zukunft gerichtet. Wesentliche Unterschiede ergaben sich jedoch in der Art und Weise, wie die Erfüllung vollzogen wurde. Um zu verstehen, wie unterschiedlich die Erfüllung beim „einfachen“ Kaufvertrag oder Forward und den Börsentermingeschäften oder Futures bewältigt wurde, müssen wir einen Blick auf die Anatomie des börslichen und des außerbörslichen Terminmarktes werfen. Auf dem außerbörslichen wie auch dem börslichen Terminmarkt werden eine große Zahl von Kaufverträgen auf einen gemeinsamen Zeitpunkt X abgeschlossen. Aus der Vielzahl der während dieses Zeitraums abgeschlossenen Verträge können sich im Erfüllungszeitpunkt X aufgrund ihrer zeitlichen Abfolge wie auch der Identität der Vertragspartner

Pringsheim, Don Joseph de la Vega, Die Verwirrung der Verwirrungen, S. XVII; siehe dazu auch Charles Wilson, Anglo-Dutch Commerce & Finance in the Eighteenth Century, S. 83. 50 Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 59; siehe dazu auch Eduard Leonard Ja‑ cobson, Terminhandel in Waaren, S. 23, 7 f. 51  Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 59 (Übersetzung vom Verf.): „Je me suis un peu étendu sur ces sortes de marchez, parce que beaucoup de gens, qui en ont souvent entendu parler, m’ont paru ne pas pouvoir comprendre comment un homme ose s’engager d’acheter ou de vendre pour 10 fois plus qu’il n’a vaillant, […], qu’il sait bien qu’il n’est pas en état de recevoir ni de livrer;“.

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

drei Grundmuster ergeben, in denen die Erfüllung vollzogen wird: bilateral als Einzelgeschäfte, in Ketten und in Ringen.52 Bei einem Einzelgeschäft schließen zwei Parteien nur einen einzigen Vertrag ab. Sie tätigen keine weiteren Geschäfte und stehen damit in keiner Verbindung zu anderen Geschäften auf dem Terminmarkt. A—B

Aus Verträgen, die zeitlich nacheinander und in Abfolge von einander nachfolgenden Personen abgeschlossen werden, entstehen Ketten‑ oder Reihen‑ abschlüsse. A—B—C—D

Schließlich sind auch Ringabschlüsse denkbar, wenn ein Händler aus einer bestehenden Kette mit einem der (nicht unmittelbar) vorangegangenen Händler in der Kette einen Vertrag abschließt, wenn also z. B. D wieder mit A einen Kaufvertrag eingeht. A D   B C

Die genannten drei Grundmuster können unabhängig davon, ob die Kaufverträge außerhalb oder innerhalb der Börse abgeschlossen wurden, entstehen. Werden die Kaufverträge außerhalb der Börse abgeschlossen, so vollzieht sich die Erfüllung ganz „normal“ zwischen den Vertragspartnern. Regelmäßig wird sich die Erfüllung in einer Kette vollziehen, wenn eine Partei zur Erfüllung des nachfolgenden Vertrages auf die Erfüllung des vorgelagerten Vertrages angewiesen ist. Bei den Futures werden hingegen die Erfüllungswege sämtlicher in einem spezifischen Futures-Markt während einer Handelsphase abgeschlossener Verträge abgekürzt. Generell lassen sich historisch zwei Verfahren unterscheiden: So kann zunächst die Erfüllung oder, was gleichbedeutend ist, die sog. Liquidation der Börsengeschäfte durch die Vertragspartner selbst vollzogen werden. Diesem Muster entsprach der von Ricard erwähnte Branntwein-Handel an der Amsterdamer Börse.53 Nach diesem simplen Verfahren war aber auch das Liquidationswesen vieler Börsen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts organisiert. Oder aber 52 Siehe hierzu auch die Erläuterungen in der Börsenliteratur zu Beginn des 20. Jahrhunderts Fritz Schmidt, Liquidation und Prolongation im Effektenhandel, S. 3–6; Konrad Cosack, Lehrbuch des Handelsrechts7, § 98 III. 1 (= S. 369 f.); Karl Meithner, Abschluss und Abwicklung der Effektengeschäfte im Wiener Börsenverkehr, S. 69 ff. (jeweils mit graphischer Darstellung). Allzu oft werden nur die Ringe und Ketten betrachtet. Der Clou besteht jedoch darin, dass bei bilateralen Vertragsabschlüssen auf einem Terminmarkt alle drei Grundmuster parallel in Erscheinung treten können. 53 Vgl. oben bei Fn. III 50.

§ 10 Die Skontration

211

die Liquidation wird durch eine zentrale Stelle koordiniert und durchgeführt. Dem entsprach das von den Maklern orchestrierte, wesentlich komplexere Re‑ scontre-Verfahren an der Amsterdamer Börse54 seit dem 17. Jahrhundert oder aber etwa die durch sog. Liquidationsvereine im 19. Jahrhundert an der Berliner und der Wiener Börse bestehenden Systeme. Was mit der Abkürzung der Erfüllung gemeint ist und wie die unterschiedlichen Verfahren an den Börsen funktionieren, soll anhand eines zu Anschauungszwecken ganz bewusst einfachen Beispielsfalls illustriert werden, in dem vier Händler (A, B, C und D) mit Weizen handeln und eine Lieferungskette entsteht. Alle Kaufverträge werden auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt X abgeschlossen. A verkauft Weizen für 100 an B (Vertrag Nr. 1). B gelingt es später, Weizen für 105 an C zu veräußern (Vertrag Nr. 2). Nachfolgend fällt der Weizenpreis  – etwa aufgrund der Nachricht guter Ernteerträge  – und C entschließt sich, damit seine Verluste nicht noch weiter ansteigen, Weizen an D für 98 zu veräußern (Vertrag Nr. 3). D schließt keine weiteren Geschäfte ab. Also: A—B zu 100 (Vertrag Nr. 1) B—C zu 105 (Vertrag Nr. 2) C—D zu 98 (Vertrag Nr. 3)

Zunächst soll angenommen werden, dass die Verträge Nr. 1 bis 3 als Forwards abgeschlossen wurden und dargelegt werden, welche Konsequenzen sich hieraus auf der erfüllungsrechtlichen Ebene ergeben (unter 1). Sodann ist zu erläutern, welche Unterschiede sich ergeben, wenn die Weizenhändler alternativ Futures abgeschlossen hätten (unter 2.).

1. Auf dem Forward-Markt Im Zeitpunkt der Erfüllung wird – blendet man einmal die Möglichkeit aus, dass auch der Ersatz des Pekuniarinteresses denkbar ist – die effektive Lieferung entlang der Kette (A→B→C→D) erfolgen. Die Kette ergibt sich dadurch, dass jeder Händler zur Bewirkung des nachgelagerten Vertrages auf die Erfüllung des vorgelagerten Vertrages angewiesen ist. A muss also Weizen liefern und erhält 100 von B, B liefert Weizen für 105 an C und D erhält von C Weizen für 98. Als Ergebnis der Durchführung der Kette lässt sich festhalten, dass A effektiv Weizen für 100 abgibt, B einen Gewinn von +5 erzielt, indem er Weizen für 100 gekauft und für 105 verkauft hat, C einen Verlust von −7 verbuchen muss, da er Weizen für 105 gekauft und für 98 verkauft hat und D Weizen für 98 erwirbt. A →B 100

+5 Gewinn → C−7 Verlust → DWeizen 105 98

 Dazu oben § 10 I. m. Fn. III 44.

54

212

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

Wie gut A und D dabei ihre Geschäfte abgeschlossen haben  – wie relativ gut oder schlecht A den Weizen verkauft und D den Weizen gekauft hat –, lässt sich nicht sagen, da wir dazu den Marktpreis im Zeitpunkt der Abwicklung wissen müssten.55

2. Auf dem (bilateral konstruierten) Futures-Markt An den Terminbörsen haben sich nun spätestens seit dem 17. Jahrhundert unterschiedliche technische Verfahren entwickelt, wie man den Ausgleich unter den Händlern rechtstechnisch umsetzen kann. Als Grundverfahren haben sich dabei ein Liquidationsverfahren aufgrund eines Andienungs‑ oder Ticketverfahrens, das durch die Börsenteilnehmer selbst durchgeführt wird (unter a.) sowie die wesentlich ausgeklügeltere kontenmäßige Verrechnung unter der Vermittlung eines Maklers (dazu unter b.) etabliert.56 a. Andienungs‑ oder Ticketverfahren Durch das Andienungs‑ oder Ticketverfahren wird die direkte Lieferung des Weizens vom ersten Kettenglied (A) zum letzten Kettenglied (D) bewirkt.57 Das in unterschiedlichen Varianten bekannte System beruht auf der Grundidee, dass ein Andienungsschein (auch Kündigungszettel, filière, declaration of tender oder owerwysin) am Kettenanfang, also bei demjenigen Händler, der liefern möchte (A), ausgestellt wird und solange von einem zum anderen Händler weitergereicht wird (von B an C und von C an D), bis er zu derjenigen Person (D) gelangt, die die Ware abnehmen möchte.58 D fordert dann A zur Lieferung auf und die effektive Lieferung und Abnahme erfolgt im Ergebnis zwischen A und D. Schwieriger zu bewältigen ist die technische Umsetzung der Zahlung des Kaufpreises und der Differenzbeträge. Denkbar ist zunächst, dass die Kaufpreise rücklaufend in voller Höhe zwischen den einzelnen Kettengliedern gezahlt werden (D 98 → C; C 105 → B; B 100 → A).59 Dies hat den Nachteil, dass hier der 55  Zur Bewertung von Kaufversprechen in Relation zum Marktpreis vgl. bereits oben unter § 6 II. 56  Für eine kurze Gegenüberstellung vgl. Josef Hellauer, Welthandelslehre, S. 303 ff. 57  Vgl. hierzu die detaillierten Ausführungen etwa bei Eduard Leonard Jacobson, Terminhandel in Waaren, S. 22 ff.; Carl Johannes Fuchs, Der Waren-Terminhandel, seine Technik und volkswirtschaftliche Bedeutung, SchmollersJb. 15 (1891), 49, 61 ff.; Hans Trumpler, Börsenwesen, in: Enzyklopädie der Rechtswissenschaften, Band III., S. 215 f.; Paul Gramse, Warentermingeschäft, S.  104 ff.; Karl Seidel, Zwei Typen des börsenmäßigen Warentermingeschäftes, S. 19 ff. (zum Budapester Getreideterminmarkt). 58  Das Verfahren kann auch umgekehrt vom letzten Käufer ausgehen, vgl. dazu Hans Trum‑ pler, Börsenwesen, in: Enzyklopädie der Rechtswissenschaften, Band III., S. 215. 59  Dazu Carl Johannes Fuchs, SchmollersJb. 15 (1891), 49, 62.

213

§ 10 Die Skontration

volle Kaufpreis von jedem Käufer in der Kette aufgebracht werden muss, obwohl es den Zwischengliedern wirtschaftlich nur auf die Abrechnung von Gewinn und Verlust ankommen kann. Möglich ist aber auch, dass die Verpflichtung begründet wird, dass bei jeder Indossierung des Andienungsscheins der jeweils weiterreichende Käufer (B und C) seinen Gewinn oder Verlust mit dem ersten Käufer in der Kette (A) abrechnet.60 Der Vorgang ist in Abbildung 18 dargestellt: A −5

100

B

105

C

98

7

−7

98 = 100

D

5 −98 = +5

= −7

Weizen

Abbildung 18: Andienungs‑ oder Ticketverfahren (ohne Liquidationskurs)

Der erste in der Kette (A) muss also mit allen Kettenmitgliedern (B und C), die nicht abnehmen möchten, die Differenzabrechnung vornehmen. A muss also an B 5 zahlen und erhält von C 7. Der letzte in der Kette, der abnehmen möchte (D), zahlt dann den von ihm versprochenen (vollen) Kaufpreis (98) an den Lieferanten und ersten Käufer in der Kette (A). Dieses Verfahren ist kompliziert, fehleranfällig und insgesamt problematisch, da alle Marktteilnehmer die Kontraktpreise der anderen Abschlüsse erfahren und der erste in der Kette zudem mit der Differenzabrechnung mit jedem Vertragspartner in der Kette belastet ist.61 Um diesen Problemen zu begegnen, hat man an den Börsen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis spät in das 20. Jahrhundert hinein die Abwicklung über einen sog. Liquidationskurs oder ‑preis (auch Kündigungskurs oder ‑preis) vollzogen.62 Jedes Vertragsverhältnis wird danach auf der Grundlage eines zentral vorgegebenen sog. Liquidationskurses durch die Berechnung eines Differenzbetrags bereinigt. Der 60 So das Verfahren für Branntwein-Handel bei Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 59. 61  Dazu Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 59 (Übersetzung durch Verf.): „Denn ich habe schon tausendmal die Branntweinhänder fluchen hören, nicht zu wissen, wann oder an wen sie den Schnaps liefern sollten, den sie auf diese Art verkauft haben, und ich habe bis zu 36 Indossamente für eine Partie von 25 Einheiten Schnaps erlebt.“ („car j’ay vu pester mille fois des Marchands d’Eau de Vie, pour ne pas savoir quand, ni à qui ils livroient l’Eau e Vie, qu’ils avoient ainsi venduë, & j’ai vu jusques à 36 endossemens pour une même partie de 25 Pieces d’Eau de Vie.“); speziell zum Geheimhaltungsinteresse Carl Johannes Fuchs, SchmollersJb. 15 (1891), 49, 63 f. 62 Dazu etwa Heinrich Göppert, Über das Börsentermingeschäft in Wertpapieren, S. 43 f.; Oscar Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 63 II. (= S. 242 f.); Carl Johannes Fuchs, SchmollersJb. 15 (1891), 49, 64; A. Bayersdörffer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 56 (1891), 641, 646 f.

214

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

Wert des Liquidationskurses wird so gewählt, dass insgesamt möglichst kleine Ausgleichsbeträge zu zahlen sind. Dieses Verfahren ergibt in unserem Fall, bei einem Kündigungspreis von z. B. 101, dann das folgende Bild: A

100

B

101–100 −1

105

C

101–105

98

1 4

−4 −3

101 = 100

D

101–98

3 −101

= +5

= −7

Weizen

Abbildung 19: Andienungs‑ oder Ticketverfahren (mit Liquidationskurs)

Die einzelnen Vertragsverhältnisse werden jeweils zwischen den Vertragsparteien bereinigt, indem der Differenzbetrag aus dem Kaufpreis und dem Liquidationskurs berechnet wird. Das Geheimhaltungsinteresse bleibt gewahrt. A zahlt an B 1, C an B 4, D an C 4. Der letzte in der Kette, der die Ware abnehmen möchte (also D), zahlt an den ersten in der Kette (also A) den Kündigungspreis. Im Ergebnis werden die Parteien so gestellt, als wenn entlang der Kette erfüllt worden wäre: A veräußert Weizen für 100, B macht einen Gewinn von 5, C einen Verlust von 7 und D erwirbt Weizen für 98. Dies entspricht exakt dem Ergebnis, das auf dem Forward-Markt (oben unter § 10 II. 1.) zu erzielen wäre. b. Kontenmäßige Abrechnung durch eine zentrale Stelle Die kontenmäßige Abrechnung ist die effektivste Form der Börsenliquidation, da der Bruttobestand sämtlicher im Terminmarkt entstandenen Forderungen und Schulden (Lieferungs‑ und Zahlungsansprüche sowie Lieferungs‑ und Zahlungsverpflichtungen) auf den im Vergleich zu den anderen Verfahren kleinsten denkbaren Nettobestand reduziert wird. Am Abrechnungstag werden, etwa mit Hilfe der nachfolgend dargestellten modellhaften kontenmäßigen Aufstellung63, alle vertraglichen Rechte und Pflichten erfasst und saldiert:

63  Vgl. für eine Beispielrechnung Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 58 f.; ferner erhellend Fritz Schmidt, Liquidation und Prolongation im Effektenhandel, S. 20 f.

215

§ 10 Die Skontration A Vertrag Nr. 1

Lieferung

Abnahme

−1

Empfang

−1

Saldo: B

Lieferung

+100 Abnahme

Vertrag Nr. 1 Vertrag Nr. 2

Empfang

−1

−100 +105

0 Lieferung

+5 Abnahme

Vertrag Nr. 2 Vertrag Nr. 3

Empfang

−105 +98

0 Lieferung

−7 Abnahme

Vertrag Nr. 3 Saldo Gesamtsaldo

Zahlung

+1 −1

Saldo D

Zahlung

+1

Saldo C

Zahlung

+100

Empfang

Zahlung

+1

−98

+1

−98

3–3=0

303 – 303 = 0

Abbildung 20: Einfaches Grundmodell einer kontenmäßigen Börsenliquidation

Die Gesamtsumme sämtlicher Lieferungs‑ und Abnahmeverpflichtungen (die jeweils mit einem Wert von −1 beziehungsweise +1 vermerkt sind) wie auch der Zahlungsverpflichtungen und Zahlungszugänge muss Null ergeben: In unserem kleinen Beispielterminmarkt beträgt die „Gesamtliquidität“ des Marktes aufgrund der drei Weizentermingeschäfte 303 (100 + 105 + 98), bei drei Lieferungs‑ und drei Abnahmeverpflichtungen – dies ist der vorhin erwähnte Bruttobestand. Die Börsenliquidation bezweckt die „Ersparung von Effectivlieferungen durch Ausgleichung mittelst Hereinziehung aller für einen bestimmten Zeitpunkt […] fälligen Engagements in ein Abrechnungsverfahren, in welchem durch Substitution anderer Schuldner resp. Gläubiger, soweit als möglich, die einzelnen Tilgungsgebiete durch Compensation erledigt, die danach aber verbleibenden Gesammtforderungs‑ resp. Empfangsrechts-Reste auf die verbleibenden Gesammtschuld‑ resp. Lieferungspflicht-Reste angewiesen werden.“64

Effektiv ist daher in unserem Beispielterminmarkt insgesamt nur eine Quantität Weizen zu liefern sowie ein Gesamtbetrag von 105 (98 durch D und 7 durch C) von zwei Parteien einzuzahlen, und es müssen nicht insgesamt 303 in der Kette aufgewendet werden – dies ist der Nettobestand. Die Verteilung des eingezahlten Geldes (100 an A sowie 5 an B) sowie die Zuweisung des Leistungspaars (A an D) erfolgt dann über die Vermittlung einer zentralen Stelle.

 ROHG 20, 25, 28 („Türkenlose“).

64

216

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

Zentrale Stellen, die die technische Umsetzung der skizzierten kontenmäßigen Abwicklung an den Terminbörsen übernahmen, waren etwa die Makler an der Amsterdamer Börse, die unter Zuhilfenahme ihrer Rescontre-Bücher untereinander die Personenverhältnisse bestimmten, zwischen denen Lieferungen und Abnahmen zu vollziehen oder aber Differenzbeträge zu begleichen waren.65 Im 19. Jahrhundert wurde diese Aufgabe etwa vom Liquidationsverein für Zeitgeschäfte an der Berliner Börse66 oder dem Wiener Giro‑ und Kassenverein67 übernommen. An dieses zentrale Verteilungsverfahren knüpft auch die  – hier nur kurz der Vollständigkeit halber zu erwähnende – sog. Zwangsregulierung an, welche leistungsstörungsrechtlichen Konsequenzen eintreten, wenn ein Börsenteilnehmer den ihm nach dem Ergebnis der Börsenliquidation zukommenden Verpflichtungen nicht nachkommt; also das spezifische Leistungsstörungsrecht der Börsengeschäfte.68

3. Technische Verfeinerungen: Sterne Der letzte wesentliche Schritt der Fortentwicklung der Börsenliquidation oder des Clearings, der in die Gegenwart führt, ist die Abwicklung der Börsengeschäfte in Sternform. Die Verträge werden nicht mehr bilateral zwischen den Parteien geschlossen, sondern für jedes Börsengeschäft werden zwei spiegelverkehrte Verträge mit einer Liquidationskasse als Selbst‑ oder Gegenkontrahentin abgeschlossen – eine Marktkonstruktion, die heute unter dem bereits kurz erwähnten Begriff der zentralen Gegenpartei oder central clearing party (CCP) bekannt ist.69 Rudolf Müller-Erzbach hat die vertragsrechtliche Wirkung der Einführung von Liquidationskassen dahingehend charakterisiert, dass durch sie „der ganze Handel etwas Automatenhaftes [bekommt], und es […] geglückt  Dazu bereits oben § 10 I. m. Fn. III 44 ff. Statut des Liquidationsvereins für Zeitgeschäfte an der Berliner Fondsbörse zu Berlin, ZHR 14 (1870) 468 ff.; ZHR 17 (1872), 174; ZHR 18 (1873), 511 ff.; Reglement für das Liquidationsbureau des Liquidationsvereins für Zeitgeschäfte an der Berliner Fondbörse, ZHR 18 (1873), 513 ff.; Bedingungen für die Geschäfte an der Berliner Fonds-Börse, ZHR 18 (1873), 502 ff. (dort § 4); für die Warentermingeschäfte: Kündigungsreglement für die Berliner Produkten-Börse, ZHR 18 (1873), 526 ff.; siehe danach die Zusammenstellung der Vorschriften in: Richard Passow, Effektenbörsen, Band II., 1912, Warenbörsen, Band III., 1912; siehe auch die Übersicht in: Centralverband des Deutschen Bank‑ und Bankiergewerbes, Kommentar zum Börsengesetz, § 1 Anm. 34 ff.; vgl. insgesamt zur Entwicklung des Börsenrechts, insbesondere in Preußen, Heinrich Göppert, Das Recht der Börsen, S. 9 ff. 67  Vgl. Bedingungen für den Handel in Effecten […] an der Wiener Börse, Beilagenheft zu ZHR 23 (1878), 294 ff.; Arrangements-Ordnung, ZHR 21 (1876), 262 ff.; Beilagenheft zu ZHR 23 (1878), 307 ff.; ZHR 28 (1882), 230 ff.; danach Walter Baß & Erich Saxl, Die österreichische Bank‑ und Börsengesetzgebung, S. 199 ff. 68  Dazu Arthur Nußbaum, Die sogenannte Zwangsregulierung bei Börsengeschäften, ZHR 74 (1913), 266 ff., insb. 277 ff. 69  Vgl. dazu bereits kurz unter § 4 m. Fn. I 366. 65

66 Vgl.

§ 10 Die Skontration

217

[sei], den Menschen selbst auf der einen Vertragsseite auszuschalten.“70 Sie wurden eingeführt, um die Erfüllung der Einzelgeschäfte zu garantieren und ein effektives, zentralisiertes Verfahren der Börsenliquidation zu etablieren.71 Unser Beispielterminmarkt erhält damit die folgende Gestalt: A B D

C C B Abbildung 21: Vertragsschluss über eine Liquidationskasse oder zentrale Gegenpartei

In einem solchen System werden nicht bilateral drei Verträge, sondern sechs Verträge mit der Liquidationskasse beziehungsweise der zentralen Gegenpartei abgeschlossen. Mit dieser Form der Abwicklung werden Börsentermingeschäfte nicht mehr in der bereits beschriebenen Art und Weise infolge der Börsenliquidation zu Einzelgeschäften, Ketten und Ringen verknüpft, sondern die Bündelung erfolgt bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Was freilich bleibt, ist die kontenmäßige Verrechnung der einzelnen Engagements. a. Liquidationskassen Die erste Liquidationskasse wurde 1882 in Le Havre für den Terminhandel mit Kaffee konzipiert und in Betrieb genommen.72 In Deutschland kam dieses System erstmals 1887 im Kaffeeterminhandel sowie 1888 im Zuckerterminhandel an 70 Rudolf

Müller-Erzbach, ZHR 86 (1923), 121, 127 (Hervorh. wie im Original).  Dazu aus der zeitgenössischen Literatur Ernst Brenner, Die Liquidationskassen, S. 7 ff.; Heinrich Göppert, in: HdWbStW3, Stichwort „Börsenrecht“, Band II., S. 999, 1020; aus heutiger Sicht Robert S. Steigerwald, Central Counterparty Clearing and Systematic Risk Regulation, in: The World Scientific Handbook of Futures Markets, S. 181, 200 ff.; Peter Norman, The Risk Controllers, S. 9 ff.; Mathias Habersack & Max Ehrl, ZfPW 2015, 312, 314 ff. 72 Eduard Leonard Jacobson, Terminhandel in Waaren, S. 95; Carl Johannes Fuchs, SchmollersJb. 15 (1891), 49, 66 ff.; Ernst Brenner, Die Liquidationskassen, S. 19 f.; Peter Norman, The Risk Controllers, S. 67 ff. Die These von Mark D. West (Mich. L. Rev. 98 (2000), 2574, 2587), dass am japanischen Dojima Reis-Futures-Markt des 18. Jahrhunderts bereits ein Clearinghouse mit einer zentralen Gegenpartei existierte, erscheint aufgrund der gegebenen Informationen und fehlender Quellennachweise sehr fragwürdig (auch nicht weiterführend in diesem Punkt ­Ulrike Schaede, Journal of Banking & Finance 13 (1989), 487, 502 f.). Dem kann hier nicht weiter nachgegangen werden. 71

218

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

der Hamburger Börse und 1889 für den Zuckerterminhandel an der Magdeburger Börse zur Anwendung.73 Der technische Ablauf des Börsenhandels unter Verwendung solcher Warenliquidationskassen unterscheidet sich im Ausgangspunkt nicht bedeutend von dem von Maklern mit Hilfe von vorgedruckten Schlussscheinen orchestrierten System, das an der Amsterdamer Börse durchgeführt wurde.74 Denn auch die Börsentermingeschäfte, die mit Hilfe von Warenliquidationskassen abgewickelt wurden, wurden auf dem Parkett von den Maklern vermittelt.75 Eine wesentliche Neuerung ergibt sich daraus, dass der Vertragsschluss sowie der Fortbestand des Engagements von der Leistung von Ein‑ und Nachschüssen abhängig sind. Mit der Unterschrift der Schlussnoten durch die Kontrahenten ist nämlich der Vertragsschluss mit der Kasse noch nicht vollzogen.76 Die Schlussnoten werden vielmehr mit dem Antrag zur Eintragung in das sog. Eingangsbuch durch die Makler an die Kasse übergeben.77 Die Eintragung und damit auch der Vertragsschluss

73  Richard Passow, Warenbörsen, Band III., S. 9 f.; Ernst Brenner, Die Liquidationskassen, S. 20 ff.; siehe auch ausführlich zum Kaffeeterminhandel über eine Liquidationskasse an der Börse in Triest Karl Seidel, Zwei Typen des börsenmäßigen Warentermingeschäftes, S. 4 ff. und 36 ff. (Handelsdokumente). An der Berliner Börse wurde 1913 eine Liquidationskasse für den Kupferterminhandel (vgl. dazu Fn. I 182 und „Abteilung Metallbörse“ an der Berliner Börse, ZHR 75 (1914), 352 ff.) sowie 1925 für den Effektenhandel eingerichtet (die einschlägigen Bestimmungen sind abgedruckt in: Arthur Nußbaum, Bank‑ Börsenrecht, S. 521 ff.); sie fungierten jedoch nicht als zentrale Gegenpartei, sondern garantierten nur die Vertragserfüllung. Vgl. zu den Liquidationskassen ferner A. Endemann, Statistik der deutschen Liquidationskassen, in: Börsen-Enquete-Kommission, Statistische Anlage, 1893, S. 367 ff. 74 Im Folgenden wird exemplarisch auf die Regulative für die Verbuchung von Termingeschäften in Kaffee (vom 4. Juli 1925; abgekürzt: Regulativ-Kaffee) und Zucker (vom 8. April 1925; abgekürzt: Regulativ-Zucker) durch die Liquidations-Casse in Hamburg AG (abgedruckt in: Gottfried Leuckfeld & Otto Mathies, Hamburgisches Börsen-Handbuch10, S.  429 ff., 580 ff.) verwiesen; sie entspricht im Kern dem Wortlaut der Ursprungsfassung, vgl. A. C.  Jürgens, Hamburgisches Börsen-Handbuch4, S. 157 ff., 179 ff.; siehe auch Richard Passow, Warenbörsen, Band III., S. 67 ff., 104 ff. (Stand 1912); vgl. ferner die gute und übersichtliche Schilderung der Funktionsweise des Warentermingeschäftes mit Hilfe von Liquidationskassen bei Rudolf Sonn‑ dorfer & Klemens Ottel, Die Technik des Welthandels I.4, S. 64–66. 75  Vgl. dazu § 7 Kaffee-Regulativ; § 8 Zucker-Regulativ. 76 Vgl. § 1 Zucker-Regulativ: „Die Gesellschaft garantiert beiden Kontrahenten die ordnungsgemäße Erfüllung derjenigen Geschäfte, welche die bei ihr als Makler zugelassenen Personen ihr aufgegeben haben, und welche sie in ihr Eingangsbuch eingetragen hat; sie übernimmt diese Garantie dadurch, daß sie sich jedem Kontrahent gegenüber als Gegenkontrahentin bezeichnet.“; rechtstechnisch weniger passend § 1 Kaffee-Regulativ: „Die Gesellschaft verbürgt beiden Vertragsparteien die ordnungsmäßige Erfüllung derjenigen Geschäfte, welche bei ihr als Makler zugelassene Firmen auf Grund des […] Regulativs für die Verbuchung von Termingeschäften in Kaffee […] abgeschlossen und ihr aufgegeben haben und welche sie in ihr Eingangsbuch eingetragen hat; sie übernimmt diese Bürgschaft dadurch, daß sie sich jeder Vertragspartei gegenüber als Gegenpartei bezeichnet.“. 77  Vgl. § 7 Abs. 8 Kaffee-Regulativ: „Die Übergabe des Schlußscheins an die Gesellschaft gilt als ein von der Maklerfirma an dieselbe gerichteter Antrag, die bezüglichen Verträge in ihr Eingangsbuch einzutragen“; § 8 Abs. 5 Zucker-Regulativ.

§ 10 Die Skontration

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mit der Kasse erfolgt jedoch nur, wenn ein Einschuss geleistet wird.78 Nach Leistung des Einschusses sowie der Eintragung im Eingangsbuch wird von der Kasse an jeden Kontrahenten ein Liquidationsschein übersendet, auf dem der Preis, die Kampagne sowie die Lieferungszeit vermerkt sind.79 Kommt es während der Laufzeit zu Preisschwankungen, so müssen gegebenenfalls Nachschüsse geleistet werden.80 Kommt ein Kontrahent dieser Verpflichtung nicht nach, so kann die Kasse die entsprechenden Kontrakte durch Kauf oder Verkauf liquidieren und sich an den gestellten Sicherheiten befriedigen.81 Die Abrechnung erfolgt schließlich durch die Einreichung der Liquidationsscheine an die Kasse.82 Sie kann einen Differenzbetrag zu Gunsten oder zu Lasten des jeweiligen Kontrahenten ergeben oder zur Lieferungs‑ beziehungsweise Abnahmeverpflichtung führen.83 b. Die zentrale Gegenpartei Mit der Liquidationskasse ist das Grundmodell der Abwicklung der Börsengeschäfte etabliert, das den gegenwärtigen Standard für rechtliche Konstruktion des Börsenverkehrs bildet und heute unter der bereits mehrfach kurz erwähnten Bezeichnung der zentralen Gegenpartei (central clearing party (CCP)) bekannt ist.84 Der europäische Gesetzgeber – das liegt außerhalb des Fokus dieses Buches und kann hier nur kurz erwähnt werden – hat sogar zur Reduzierung sog.

78 Vgl. § 8 Abs. 1 Kaffee-Regulativ: „Die Eintragung der Verträge erfolgt, nachdem der in Gemäßheit der Geschäftsbedingungen festgesetzte Einschuß geleistet ist; […]“ und § 11 Geschäftsbedingungen für den Hamburger Börsenterminhandel in Kaffee (abgedruckt in: Gott‑ fried Leuckfeld & Otto Mathies, Hamburgisches Börsen-Handbuch10, S. 425 f.); § 10 Abs. 1 Zucker-Regulativ. 79  § 10 Kaffee-Regulativ; § 11 Abs. 1 Zucker-Regulativ. 80 Vgl. hierzu die nicht näher zu erläuternde ausdifferenzierte Regelung des § 13 der Geschäftsbedingungen für den Hamburger Börsenterminhandel in Kaffee (abgedruckt in: Gott‑ fried Leuckfeld & Otto Mathies, Hamburgisches Börsen-Handbuch10, S. 426 f.); § 10 Kaffee-Regulativ; § 14 Zucker-Regulativ. 81 § 13 Geschäftsbedingungen für den Hamburger Börsenterminhandel in Kaffee (abgedruckt in: Gottfried Leuckfeld & Otto Mathies, Hamburgisches Börsen-Handbuch10, S. 427); § 16 Zucker-Regulativ. 82  § 16 Kaffee-Regulativ; § 17 Zucker-Regulativ. 83  Zu Andienung und Lieferung: § 17 Kaffee-Regulativ; § 18 f. Zucker-Regulativ; vgl. zur Andienung beim Kupfertermingeschäft ausführlich James Breit, LZ 1911, 899, 909 ff. 84 Vgl. die Legaldefinition in Art. 2 Nr. 1 VO (EU) Nr. 648/2012, dazu: Stefan Grundmann, in: Staub5, Investment Banking II, 6. Teil, Rn. 680; vgl. für die Schweiz Art. 48 FinfraG, dazu: Martin Hess & Marco Strimer, Zentrale Gegenpartei, in: St. Galler Handbuch zum Schweizer Finanzmarktrecht, § 22 Rn. 316 ff. Vgl. insgesamt zum Themenkomplex Peter Norman, The Risk Controllers, 2011; ferner Paolo Saguato, The Ownership of Clearinghouses: When “Skin in the Game” Is Not Enough, the Remutualization of Clearinghouses, Yale J. on Reg. 34 (2017), 601 ff.; vgl. auch die Nachw. oben in Fn. I 366.

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

systemischer Risiken eine Clearingpflicht über eine zentrale Gegenpartei für besondere außerbörslich gehandelte Derivate (sog. OTC-Derivate) angeordnet.85 Privatrechtlich bildet die zentrale Gegenpartei den Anknüpfungspunkt, um den sich der Lebenszyklus des Börsenhandels von Trading – Matching – Clea‑ ring – Settling vollzieht.86 Das technische Verfahren ist gerade aufgrund der vollständigen Umstellung auf den elektronischen Handel (dazu bereits § 1 III. 4) technisch wesentlich komplexer und schwerer zu erfassen, während die rechtlichen Rahmenbedingungen im Kern erstaunlich unverändert sind. So ergibt sich beispielsweise der gegenwärtige rechtliche Rahmen für den Terminhandel an der European Exchange (Eurex) aus der Börsenordnung der Eurex und den Clearing-Bedingungen der Eurex Clearing AG.87 Die uns interessierenden Futures werden sternförmig über die Eurex Clearing AG abgeschlossen – jeder Handelsabschluss zwischen zwei Handelspartnern, in der Sprache der Clearing Bedingungen die „vertragsschließenden Clearing-Mitglieder“, führt im Ergebnis zum Abschluss von zwei spiegelverkehrten Verträgen über die zentrale Gegenpartei.88 Der Vertragsschluss beruht dabei auf keiner Novationskonstruktion, sondern wird bei der Eurex vertragsrechtlich durch das Hintereinanderschalten der erwähnten zwei spiegelverkehrten Verträge erzielt (sog. open offer-Verfahren).89 Ein ganz entscheidender Unterschied zu den Terminbörsen der Vergangenheit besteht darin, dass das sog. Netting, die Verrechnung sämtlicher Verbindlichkeiten und Forderungen, und damit die Reduzierung des Bruttobestands auf den 85 Dazu Stefan Grundmann, in: Staub5, Investment Banking II, 6. Teil, Rn. 654 ff.; Holger Hartenfels, Die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister („EMIR“), ZHR 173 (2014), 173 ff.; Daniel Zimmer & Florian Fuchs, ZGR 2010, 597, 646 ff. 86 Vgl. hierzu auch Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 42. 87  Nachfolgend werden zitiert: Börsenordnung für die Eurex Deutschland und die Eurex Zürich (Stand: 03. 01. ​2018, abgekürzt: BörsO Eurex) sowie die Clearing-Bedingungen der Eurex Clearing AG (Stand: 11. 01. ​2016, abgekürzt: Eurex Clearing-Bedingungen); jeweils abrufbar unter www.eurexchange.com/exchange-de/ressourcen/regelwerke/ (zuletzt besucht am 23. 01. ​2018); zur Entstehung der Deutschen Terminbörse sowie der Eurex: Günter Franke, Bankhistorisches Archiv, Beiheft 48, S. 41, 48 ff.; zum Regelwerk: Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 42 ff. und Matthias Casper, Der Optionsvertrag, S. 265 ff.; vgl. auch zuvor Börsenordnung für die Deutsche Terminbörse, WM Sonderbeilage Nr. 1/1990 und dazu Elmar Kindermann, Rechtliche Strukturen der Deutschen Terminbörse, WM Sonderbeilage Nr. 2/1990. 88  § 19 Abs. 2 S. 2 BörsO Eurex: „Termingeschäfte, die über das System der Eurex-Börsen abgeschlossen werden, kommen immer mit der Eurex Clearing AG als zentraler Vertragspartei und einem Clearing-Mitglied der Eurex Clearing AG zustande.“; Kapitel I. Abschnitt 1 Nr. 1.2.2 Eurex Clearing-Bedingungen; zu den hier nicht weiter interessierenden Detailfragen der Funktionsweise des Vertragsschlusses ausführlich Mathias Habersack & Max Ehrl, ZfPW 2015, 312, 317 ff. m. w. N. 89  Mathias Habersack & Max Ehrl, ZfPW 2015, 312, 319; Dermot Turing, Clearing and Settlement2, S. 41; allg. Martin Hess & Marco Strimer, Zentrale Gegenpartei, in: St. Galler Handbuch zum Schweizer Finanzmarktrecht, § 22 Rn. 329 ff.

§ 10 Die Skontration

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Nettobestand (dazu bereits § 10 II. 2. b.), am Ende jedes Handelstags erfolgt, und nicht wie früher am Liquidationstag (dazu oben § 10 I. m. Fn. III 38).90 Nach den täglichen Salden richtet sich auch die Höhe der in dem margin account bereitzuhaltenden und über die Handelstage hinweg gegebenenfalls anzupassenden Höhe der Sicherheiten.91 Wichtig zu erkennen und nochmals hervorzuheben bleibt, dass das Netting rechtlich ein Skontrationsverfahren ist und funktionell in eine Reihe zu stellen ist mit den unterschiedlichen Börsenliquidationsmethoden, denen wir bereits begegnet sind. Vom täglichen Netting ist schließlich das Settlement am Ende der Laufzeit des Futures zu unterscheiden. Settlement ist ein durchaus passender Begriff für die Bezeichnung des definitiven und letzten Verfahrensabschnitts, mit dem der auf einen bestimmten Termin ausgerichtete Terminmarkt geschlossen und sämtliche in ihm gehandelten Verträge bereinigt werden. Wie bereits erklärt wurde, ist es ein besonderes Charakteristikum des Futures-Marktes, dass die meisten Verträge über die Berechnung von Differenzbeträgen beglichen werden, die sich infolge des Glattstellens ergeben und bereits täglich beim Netting berechnet werden.92 Wird ein Futures-Kontrakt jedoch nicht glattgestellt, und werden über die Laufzeit die Sicherheiten im margin account entsprechend dem Kursverlauf vorgehalten, so mündet dieser – wenn er auf sog. physical delivery gerichtet ist – in einer Lieferungsverpflichtung (entsprechend der Anzahl der „offenen“ short positions) oder einer Abnahme‑ und Zahlungsverpflichtung (entsprechend der Anzahl der „offenen“ long positions).93 Hieran schließen sich dann die in den technischen Einzelheiten komplexen Detailfragen der sachenrechtlichen beziehungsweise verfügungsrechtlichen Durchführung der Erfüllung an, wie also der Weizen, die Schweinebäuche oder die Aktien übereignet werden können.94 90 § 20 Abs. 2 BörsO Eurex: „Die Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten (Abwicklung) von den an der Eurex-Börsen abgeschlossenen Geschäften erfolgt durch die Eurex Clearing AG“; Kapitel I. Abschnitt 1 Nr. 1.3 Eurex Clearing-Bedingungen; zum Zeitpunkt: 1.3. (2) (c); Mathias Habersack & Max Ehrl, ZfPW 2015, 312, 315, 340; Stefan Jobst, Börslicher und außerbörslicher Derivathandel mittels zentraler Gegenpartei, ZBB 2010, 384, 394 f. Überwiegend wird das Clearing als der Oberbegriff für das System der Verrechnung und Besicherung des Handelsgeschäfte bezeichnet, während das Netting bezogen ist auf den Vorgang der Verrechnung, dazu Klaus Peter Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S. 36. 91  Kapitel I. Abschnitt 1 Nr. 3.1.1 und Kapt. 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2 Abs. 2 Eurex Clearing-Bedingungen; in der letztgenannten Regel heißt es auszugsweise: „Basis für die Ermittlung der Margin-Verpflichtungen sind die Netto-Positionen je Konto in allen Options‑ und Futures-Kontrakten.“; dazu auch Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 44; Peter Jung, in: Fuchs, WpHG2, Vor §§ 37e, 37g Rn. 88 ff.; siehe auch instruktiv Elmar Kinder‑ mann, Rechtliche Strukturen der Deutschen Terminbörse, WM Sonderbeilage Nr. 2/1990, 25 f.; siehe auch die Nachw. oben Fn. III 18. 92 Dazu bereits oben § 10 m. Fn. III 28. 93 Siehe hierzu anekdotisch John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 25. 94  Vgl. zur hier nicht weiter zu behandelnden verfügungsrechtlichen Erfüllung von Wertpapiergeschäften Norbert Horn, Die Erfüllung von Wertpapiergeschäften unter Einbeziehung eines Zentralen Kontrahenten an der Börse, WM Sonderbeilage 2/2002; Mathias Habersack &

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

Die vorgenannten Fragen auf der verfügungsrechtlichen Ebene stellen sich auf den Futures-Märkten jedoch aus zwei Gründen nur äußerst selten: Tatsächlich wurden beispielsweise nach Angaben der Eurex im ersten Quartal des Jahres 2008 nur 2 % aller Derivat-Verträge durch physical delivery bereinigt.95 Ferner ist zu berücksichtigen, dass seit den frühen 1980er Jahren neben Futures, die auf physical delivery lauten, Futures mit sog. cash settlement an den Börsen gehandelt werden.96 Bei dem letztgenannten Typ von Futures-Kontrakt, wie z. B. die jüngst eingeführten Futures auf Bitcoins an der Chicagoer Börse, wird jeder Futures-Kontrakt am Ende der Laufzeit durch Geld (= cash) bereinigt, indem die Differenz zum Spotpreis des jeweils gehandelten Gegenstands oder Finanztitels berechnet wird.97 Die „klassischen“ verfügungsrechtlichen Fragen der Übereignung des Kaufgegenstands entfallen damit, da restlos jeder Futures-Kontrakt in der kontenmäßigen Verbuchung einer Differenzsumme mündet.

III. Zusammenfassung: Vom bilateralen Vertragsschluss zur kontenmäßigen Verbuchung durch eine zentrale Gegenpartei In den vergangenen vierhundert Jahren des Bestehens der Terminbörsen lassen sich die folgenden rechtstechnischen Entwicklungsstufen identifizieren: Vom 17. Jahrhundert bis in das 20. Jahrhundert wurden Futures bilateral zwischen den Börsenteilnehmern abgeschlossen. Sämtliche Futures waren auf einen Liquidations‑ oder Abrechnungstag ausgerichtet. An diesem Tag vollzog sich ein Liquidationsverfahren, das unter den Börsenteilnehmern (dazu § 10 II. 2. a.) oder durch eine zentrale Stelle (dazu § 10 II. 2. b.) durch eine kontenmäßige Verrechnung durchgeführt wurde und die Erfüllung sämtlicher Verträge bezweckte. Als Ergebnis der Abrechnung konnten sich für den einzelnen Börsenteilnehmer zu zahlende oder zu leistende Differenzbeträge oder aber Lieferungs‑ und Abnahmeverpflichtungen ergeben. Da auf den Börsenterminmärkten der Großteil der Geschäfte über solche „Differenzbeträge“ bereinigt wurde, hat sich im 19. Jahrhundert der untechnische, und wie wir noch sehen werden überaus unglückliche, Begriff des Differenzhandels etabliert, um damit den Börsenterminhandel insgesamt zu bezeichnen.98 Max Ehrl, ZfPW 2015, 312, 340 ff.; André Alfes, Central Counterparty, S. 175 ff.; Dorothee Ein‑ sele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, 1995; Christoph A. Kern, Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts, 2013; Simon Schwarz, Globaler Effektenhandel, 2016. 95  Vgl. Deutsche Börse Group, The Global Derivatives Market, S. 15 (notional amount). 96  Vgl. Peter Norman, The Risk Controllers, S. 13, 121; Richard L. Sandor, Good Derivatives, S. 162 f.; aus ökonomischer Sicht: Donald Lien & Yiu Kuen Tse, A survey on physical delivery versus cash settlement in futures contracts, IREF 15 (2006), 15 ff. 97  John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 39; Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 346. 98  Vgl. dazu noch unter § 11 III. und die Nachw. in Fn. III 119.

§ 10 Die Skontration

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Mit der Gründung von Warenliquidationskassen zum Ende des 19. Jahrhunderts wird der bilaterale Vertragsschluss zwischen den Vertragspartnern auf dem Parkett durch den Vertragsschluss über eine Selbst‑ oder Gegenkontrahentin, oder wie wir heute sagen würden über eine zentrale Gegenpartei, ersetzt (§ 10 II. 3.). Zudem werden weitere Absicherungsmechanismen installiert, die das Ausfallrisiko reduzieren sollen, indem die Börsenteilnehmer Ein‑ und Nachschüsse zu leisten haben. Heute werden Börsentermingeschäfte über die zentrale Gegenpartei abgeschlossen und ein tägliches Netting vollzogen. Anders als in vergangenen Zeiten werden also nicht nur einmal am Liquidationstag, sondern täglich die Differenzen berechnet. Ob ein Futures-Kontrakt am Ende der Laufzeit in eine Lieferungs‑ und Abnahmeverpflichtung mündet, hängt davon ab, ob dieser auf physical settlement oder cash settlement gerichtet ist. Beim physical settlement bestehen Lieferungs‑ und Abnahmeverpflichtungen für sämtliche positions die am letzten Handelstag des jeweiligen Futures nicht glattgestellt sind. Beim cash settlement werden auch nicht glattgestellte positions durch Differenzzahlungen beglichen.

IV. Zur Charakterisierung von Futures-Märkten: „[E]in Markt von Kontrakten“ 99 Nachdem die Funktionsweisen der Skontration in den unterschiedlichen technischen Modifikationen hinreichend klar sein sollten, wollen wir nochmals einen Blick auf unseren Beispielterminmarkt werfen, um zu einer allgemeineren Charakterisierung der Futures-Märkte zu gelangen.

1. Bilateraler Börsenterminhandel Auszugehen ist zunächst vom historischen Grundmodell des bilateralen Börsenterminhandels. Erinnern wir uns (siehe oben § 10 II. a.E.): Vier Händler (A, B, C und D) hatten nacheinander drei Futures über Weizen abgeschlossen.

99

 Knut Borchardt, MWG I/5, S. 16.

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

100 A B 105   B C 98    C D Fälligkeit/ Liquidationstermin Abbildung 22: Der wirtschaftliche Effekt der Verknüpfung der Futures-Kontrakte im Wege der Skontration

Indem B den zweiten Futures-Kontrakt mit C zu 105 abgeschlossen hat, übernimmt dieser wirtschaftlich die Stellung des B als Käufer im Vertrag mit A. B wird wirtschaftlich vorzeitig aus dem Vertrag mit A entlassen. C übernimmt die Stellung von B zum Preis von 105. Für A bleibt es beim Verkaufspreis von 100. B wird so gestellt, als wenn der Vertrag mit A vorzeitig durch Begleichung des Pekuniarinteresses zum Marktpreis von 105 erfüllt worden wäre. Schließlich übernimmt D zum Preis von 98 von C wirtschaftlich die Stellung, die vorher B und C eingenommen hatten. Für C hat dies zur Konsequenz, dass er sein Engagement am Futures-Markt mit einem Verlust von 7 beenden kann. Dies entspricht dem Ergebnis, als wenn der Vertrag über Weizen zu 105 vorzeitig zum Marktpreis von 98 durch die Begleichung des Pekuniarinteresses erfüllt worden wäre. Die Betonung lag auf wirtschaftlich, da die beschriebenen Effekte dadurch erzielt werden, dass die drei – bis zum Fälligkeitszeitpunkt fortbestehenden – Futures miteinander im gemeinsamen Fälligkeits‑ oder Liquidationszeitpunkt im Wege der Börsenliquidation verrechnet werden. Die gleiche wirtschaftliche Wirkung wäre zu erzielen gewesen, wenn die vier Händler drei Forwards außerhalb der Börse abgeschlossen hätten. Das wirtschaftliche Ergebnis der dann in der Kette zu erfolgenden Erfüllung – das hatten wir ja gerade unter § 10 II. 1. f. gesehen – ist dasselbe, als wenn die Börsenliquidation durchgeführt wird. Die Börsenliquidation oder Skontration führt zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis, indem es zwar nicht zur realen oder effektiven Erfüllung entlang der Lieferungskette kommt, sondern virtuelle Lieferungsketten entstehen. Durch das an der Börse installierte Liquidationswesen wird bewerkstelligt, dass entweder zwischen den Parteien (§ 10 II. 2. a.) oder durch eine kontenmäßige Abrechnung (§ 10 II. 2. b.) Lieferungs-, Abnahme‑ und Zahlungsverpflichtungen sowie Differenzbeträge auf die Börsenteilnehmer insgesamt verteilt werden. Neben den als Ergebnis der Verrechnung entstehenden virtuellen Lieferungsketten, können sich jedoch auch virtuelle Ringe, die nur durch die Begleichung von Differenzbeträgen erfüllt werden, oder auch Einzelgeschäfte ergeben, die zwischen den Parteien direkt erfüllt werden. Anders aber als beim Abschluss eines Forwards auf dem allgemeinen Austauschmarkt werden durch die Etablierung eines Börsenterminmarktes die insti-

§ 10 Die Skontration

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tutionellen Grundlagen geschaffen, dass Verträge massenhaft abgeschlossen werden können und „auf Weizen“ spekuliert werden kann. Die unterschiedlichen Akteure sind erst gewillt am Futures-Markt teilzunehmen und damit Liquidität bereitzustellen, da sie auf ihm genügend Handelspartner finden, mit denen sie Geschäfte und Gegengeschäfte abschließen können, um nicht effektiv die Ware liefern oder abnehmen zu müssen. Der Futures-Kontrakt selbst wird damit zum Handelsgut, oder wie es Knut Borchardt zusammengefasst hat: „Der Terminmarkt ist […] ein Markt von Kontrakten“100.

2. Rechtsnatur und Wirkung der Skontration Grundvoraussetzung für das Funktionieren eines Börsenterminmarktes ist, dass sämtliche auf einem solchen Markt über die Laufzeit eines bestimmten Futures entstandenen Ansprüche und Forderungen nicht mehr individuell ausgeübt werden können, sondern nur noch als Rechenziffer in der Börsenliquidation Bedeutung haben. Es kann nicht etwa ein Händler an der Terminbörse, obwohl er sein Engagement durch ein Gegengeschäft glattgestellt hat, gleichwohl die effektive Durchführung der beiden Futures, also seines Kaufs‑ und Verkaufsgeschäftes im Fälligkeits‑ oder Liquidationszeitpunkt durchsetzen. Dies würde das gesamte System des Börsenterminhandels in Frage stellen. Man hat bereits früh erkannt, und dies ist soweit ersichtlich auch nie in Frage gestellt worden, dass eine ganz wesentliche rechtliche Wirkung der Skontration darin liegt, dass die einzelnen Forderungen  – wie dies auch aus dem Kontokorrentrecht bekannt ist101 – „gelähmt“ sind.102 Dogmatisch lassen sich die Wir-

 Knut Borchardt, MWG I/5, S. 16.  Vgl. nur Karsten Schmidt, UR I.6, § 21 Rn. 16; Norbert Horn, in: Heymann-HGB2, § 355 Rn. 18. 102  Dazu bereits in aller Klarheit speziell für die Börsenliquidation ROHG 20, 25, 28 („Türkenlose“): „Durch den Beitritt zu dem Liquidationsprogramm haben sich also die Betheiligten verpflichtet, von jeder directen Erledigung ihrer Engagements mit ihren ursprünglichen Contrahenten, soweit es sich um Lieferung oder Abnahme der Stücke handelt, abzusehen, und alle Ansprüche und Verpflichtungen aus diesen Engagements allen ebenfalls dem Programm Beigetretenen gegenüber in ein Ausgleichungsverfahren einzuwerfen, welches ein Dritter durch Substituirung von Vormännern der Lieferungpflichtigen resp. von Nachmännern der Empfangspflichtigen, und zwar von solchen Vor‑ resp. Nachmännern, welche selbst wieder zu den entsprechenden Empfangs‑ resp. Lieferungsberechtigten in einem umgekehrten Vertragsverhältnisse stehen, also mit ihnen compensieren können, und durch Ueberweisung der hiernach noch verbleibenden Gesammtabnahmereste auf die Gesammtlieferungsreste bewirken soll. Daß durch eine solche Scontration die ursprünglichen Schuldverhältnisse, soweit sie in das Scontrationsverfahren hineingezogen, ihre Erledigung finden und die in demselben begründeten Schuld‑ resp. Gläubigerverhältnisse neue, ihrem Rechtsgrund in der Scontration findende sind, ist nach Wissenschaft und Praxis nicht zweifelhaft.“; vgl. auch Carl Samuel Grün‑ hut, Die Börsengeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 279 (= S. 13). 100 101

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

kungen der Skontration auf eine schuldrechtliche Abrede zurückführen, am Skontrationsverfahren teilzunehmen, etwaige Forderungen einzustellen sowie die verfügungsrechtliche Vereinbarung, sämtliche Engagements in die Skontration einzustellen, die dann im Wege einer multilateralen Aufrechnung insgesamt verrechnet werden.103 Wie die Skontration im Börsenhandel des 19. Jahrhunderts geregelt war, lässt sich  – es bestanden von Börse zu Börse ganz unterschiedliche Regulierungsarchitekturen  – exemplarisch sehr gut am Handel an der Wiener Börse und dem Zusammenspiel der „Bedingungen für den Handel in Effecten … an der Wiener Börse“ und der „Arrangements-Ordnung“ veranschaulichen.104 Die Bedingungen an der Wiener Börse bestimmen zunächst als lex contractus für den Börsenverkehr Folgendes: „Alle an der Wiener Börse abgeschlossenen Geschäfte in Effecten […] gelten als auf Grund nachstehender Bedingungen abgeschlossen. Beide Contrahenten sind denselben unterworfen, wenn sie nicht bei Abschluß des Geschäftes etwas anderes ausdrücklich vereinbart haben. […] 1. Die Geschäfte in Effecten […] theilen sich bezüglich der Art der Abwickelung in: a) directe Geschäfte, b) per Arrangement, geschlossene Geschäfte.“105

Bei den „directen Geschäften“ handelte es sich um Verträge, die zwischen den Parteien auf dem Parkett abgeschlossen und auch zwischen diesen abzuwickeln waren (Ziff. 2 Abs. 1 Bedingungen-Wiener Börse). Demgegenüber waren die Börsenbesucher bei den per Arrangement geschlossenen Geschäften verpflichtet, diese über das Arrangementsbüro abzuwickeln:106 „Die Abwicklung sämmtlicher per Arrangement gemachten Geschäfte ist dem von der Wiener Giro‑ und Kassenverein errichteten Arrangements-Bureau übertragen und sind alle Börsenbesucher, welche solche Geschäfte machen, verpflichtet, dieselben nach den

103 Klaus Peter Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S. 363 ff. m. w. N.; zur Qualifizierung als multilateralen Aufrechnungsvertrag Claus-Wilhelm Canaris, Grundprobleme des bankgeschäftlichen Abrechnungsverkehrs, WM 1976, 994, 997; siehe auch dens., Staub2, Bankvertragsrecht, Rn. 884 ff.; Martin Schlüter, in: MünchKomm-BGB7, § 387 Rn. 52. 104  Vgl. Bedingungen für den Handel in Effecten [….] an der Wiener Börse [gültig ab dem 1. Juli 1876], Beilagenheft zu ZHR 23 (1878), 294 ff. (abgekürzt: Bedingungen-Wiener Börse) und Arrangements-Ordnung [gültig ab dem 1. Juli 1876], ZHR 21 (1876), 262 ff.; Beilagenheft zu ZHR 23 (1878), 307 (abgekürzt: AO-Wien); knappe Übersicht bei Albert Weishut, Der Effectenumsatz2, S. 99 ff. und Oscar Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 63 II. (= S. 243); vgl. auch für die Arrangement der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts Susanne Kalss & Birgit Puck, Ausgewählte zivilrechtliche Fragen bei Börsengeschäften, in: Grundfragen des neuen Börsenrechts, S. 361 ff.; ferner Christian Knauder, in: Temmel, BörseG, § 26 Rn. 7 ff. 105 Bedingungen-Wiener Börse Einleitung und Ziff. 1; vgl. ferner die Zusammenstellung zur Frage der Einbeziehung der Börsenbedingungen bei Andreas M. Fleckner, ZHR 180 (2016), 458, 471 ff. 106 Zum Arrangementsbüro bereits kurz oben unter § 1 III. 4. bei Fn. I 201 ff.

§ 10 Die Skontration

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jeweilig bestehenden Vorschriften der publicierten Arrangement-Ordnung dem Arrangement-Bureau aufzugeben und abzuwickeln.“107

In der Arrangement-Ordnung ist sodann in § 1 geregelt: „§ 1. Alle Geschäfte in Börsenwerthen, welche laut Coursblatt in das Arrangement einbezogen sind, gelten als per Arrangement gemacht, wenn sie nicht als directe Geschäfte zwischen beiden Contrahenten unmittelbar abzuwickeln sind. […] Ein Arrangement in anderer Weise ist untersagt und wird mit Geldbußen und im Wiederholungsfalle mit dem Ausschlusse vom Börsenbesuche beahndet.“

Dem schließen sich zahlreiche Vorschriften technischen Inhalts an, wie sich das Arrangement infolge der Einreichung eines sog. Arrangementbogens vollzieht (§ 2 ff. AO-Wien).108 Durch die Unterscheidung zwischen „directen Geschäften“ und den Geschäften „per Arrangement“ ist eine klare Trennlinie etabliert, ob Börsengeschäfte rechtstechnisch im Wege der Skontration bereinigt werden oder nicht.109 Mit dieser Trennziehung ergab sich aber auch, ob die Parteien auf dem Parkett ein „einfaches“ Kassa‑ oder Lieferungsgeschäft abgeschlossen haben oder aber einen Futures-Kontrakt mit der Möglichkeit des Glattstellens und der Abwicklung über das Arrangementsbüro.

3. Börsenterminhandel über eine zentrale Gegenpartei mit täglichem Netting Um schließlich die Wirkung eines „modernen“ Börsenterminmarktes zu charakterisieren, sind die Auswirkungen von zwei bereits eingeführten finanztechnischen Innovationen zu berücksichtigen: die zentrale Gegenpartei sowie das tägliche Netting (vgl. § 10 II. 3. b.). Die Zahl der in unserem Beispielterminmarkt abgeschlossenen Verträge verdoppelt sich aufgrund des Abschlusses der Verträge über die zentrale Gegenpartei von drei auf sechs. Das wirtschaftliche Ergebnis der Durchführung der sechs Verträge bleibt – vorausgesetzt die Futures sind auf sog. physical delivery ausgelegt – unverändert:

107 Ziff. 2 Abs. 2 Bedingungen-Wiener Börse; vgl. auch ganz ähnlich § 4 Bedingungen für die Geschäfte an der Berliner Fonds-Börse, ZHR 18 (1873), 502, 504: „Sind die Contrahenten Mitglieder des Liquidationsvereins für Zeitgeschäfte an der Berliner Fondsbörse und gehört das Verkaufs-Object zu denjenigen Effecten, die am Erfüllungstag durch das Bureau des Vereins scontriert werden, so hat, falls nicht das Gegentheil vereinbart ist, die Regulierung des Geschäfts durch Scontrierung, und zwar gemäß der einschlägigen statutarischen Bestimmungen des Liquidations-Vereins zu erfolgen.“ (vgl. dazu auch die Nachw. in Fn. III 66). 108 Ein solcher Bogen ist abgebildet in Albert Weishut, Der Effectenumsatz2, S. 100 f. 109  Siehe dazu auch Adolf Sandheim, Börsen A-B-C2, Stichwort „Wien/Arrangement“, S. 227: „Arrangement bedeutet soviel wie Kompensation. Die meisten Geschäfte werden ‚per Arrangement‘ abgeschlossen, d. h. es findet eine Kompensation auf dem Wege der Skontrierung statt.“.

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

100 CCP 100 CCP B 98   B CCP 98 CCP C 105   C CCP 105 CCP D   A

Fälligkeit/ Liquidationstermin Abbildung 23: Der wirtschaftliche Effekt der Verknüpfung der Futures-Kontrakte über eine zentrale Gegenpartei (central clearing party (CCP)) mit täglichem Netting

A liefert Weizen für 100, B macht Gewinn in Höhe von +5, C erleidet einen Verlust in Höhe von −7 und D nimmt Weizen zu 98 ab. Was sich verändert, ist jedoch der Zeitpunkt der Differenzbegleichung infolge des täglichen Nettings. Zudem führt das Glattstellen einer position zum vorzeitigen Ausscheiden des jeweiligen Handelspartners aus dem Futures Markt. Indem B sein Geschäft mit A durch das Geschäft mit C, jeweils zwischengeschaltet über die zentrale Gegenpartei, glattstellt, scheidet er vorzeitig aus.110 Entsprechend verhält es sich für C im Verhältnis zu D. Im Erfüllungszeitpunkt (= maturity) befinden sich also nur noch A und D auf unserem Beispielterminmarkt. Dass die glattstellende Partei aus dem Futures-Markt ausscheidet, ist auch von hoher praktischer Bedeutung, da die jeweilige Partei keine Sicherheiten mehr im margin account bereithalten muss. Zugleich wird durch das Netting der Gesamtbestand der positions insgesamt täglich reduziert, was auch zur Stabilität der zentralen Gegenpartei beim Ausfall von Handelsparteien beitragen soll.111 Sind die Futures schließlich auf cash settlement ausgerichtet, so muss A keinen Weizen liefern und D keinen Weizen abgeben. Vielmehr werden auch ihre positions durch die Bildung einer Differenz zum Spotpreis des Weizens am Ende der Laufzeit des Futures aufgelöst.112 Beträgt der Spotpreis für Weizen beispielsweise 107, so muss A (bei einem Verkaufspreis von 100) 7 einzahlen und B (bei einem Kaufpreis von 105) erhält einen Betrag von 2. A wird damit so gestellt, als wenn er Weizen, der einen Marktpreis von 107 Wert hat, für 100 verkauft hätte. D wird so gestellt, als wenn er Weizen für 105 gekauft hätte, der 107 wert ist.

 Dies wird in der Abbildung 23 durch die vertikal unterbrochenen Linien verdeutlicht. zum sog. Kontrahentenausfallrisiko Klaus Peter Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S. 25 und speziell für die Börsengeschäfte Mathias Habersack & Max Ehrl, ZfPW 2015, 312, 315 m. w. N. 112 Vgl. hierzu auch bereits die Anmerkung bei § 10 II. 3. b. m. Fn. III 97. 110

111 Allgemein

§ 10 Die Skontration

229

Im Vergleich zur Börsenliquidation vergangener Zeiten, in der die Verrechnung erst am Liquidationstag erfolgte, wird durch das tägliche Netting erreicht, dass die ansonsten entstehenden virtuellen Lieferungsketten und Ringe bereits an jedem Tagesende aufgelöst werden.

V. Der erste Futures-Markt der Welt? Ab wann existierten die ersten Futures-Märkte auf der Welt? Gerade in der neueren amerikanischen Literatur113 wird der Dojima Reis-Futures-Markt in Osaka im Japan des 18. Jahrhunderts genannt, während andere Autoren114 auf die Amsterdamer Börse zu Beginn des 17. Jahrhunderts verweisen. Werner Sombart stellt schließlich die These auf, dass erst ab dem 19. Jahrhundert von Warenterminbörsen gesprochen werden könne.115 Die historische Identifizierung der Entstehung und Fortentwicklung der Futures-Märkte lässt sich aber nur sinnvoll beantworten, wenn sich rechtlich determinieren lässt, wie sich der „einfache“ Austauschhandel mit Hilfe eines Kaufvertrages vom (organisierten) Futures-Handel abgrenzen lässt. Wirtschaftsrechtshistorisch ist die Frage nicht ganz einfach zu beantworten, da sämtliche Zeitgeschäfte (Forwards und Futures) bilateral im Börseninnenhof oder Börsensaal abgeschlossen wurden und inhaltlich kaum voneinander zu unterscheiden waren. Der markante Unterschied besteht jedoch nach den vorausgegangenen Ausführungen darin, ob die Kaufverträge in die Skontration einbezogen waren und am Liquidationstag, rescontredag oder settling day verrechnet wurden oder nicht. Erst durch die zwingende Verknüpfung sämtlicher in einem speziellen Futures-Markt abgeschlossenen Verträge ist der Futures-Handel denkbar. Klar unterscheidbar werden beide Vertragstypen etwa an der Wiener Börse, indem die einfachen Geschäfte und die per Arrangement abgeschlossenen Geschäfte unterschiedlichen Regelungsregimen unterworfen sind (§ 10 IV. 2). Aber auch die Händler im Amsterdam des 17. und 18. Jahrhunderts waren sich, wie man klar den Ausführungen Ricards entnehmen kann, durchaus der Unterschiede bewusst, da sich kein Händler anderenfalls darauf eingelassen hätte „10-mal mehr zu kaufen oder zu verkaufen, als worüber er verfügt, obwohl er sehr wohl weiß, dass er nicht in der Lage ist, abzunehmen oder zu liefern.“116 Denn sie konnten 113  Vgl. etwa Mark D. West, Mich. L. Rev. 98 (2000), 2574, 2584 (siehe auch schon die Anm. Fn. III 72). 114 Vgl. nur Oscar Gelderblom & Joost Jonker, Amsterdam as the Cradle of modern Futures and Options Trading, in: The Origins of Value, S. 189, 190; siehe auch Geoffrey Poitras, From Antwerp to Chicago: the History of Exchange Traded Derivative Security Contracts, Revue d’Histoire des Sciences Humaines 2009, 11 ff. 115  Werner Sombart, Der moderne Kapitalismus, Band II/1, S. 205, 497 ff. 116  Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 59 (die Originalpassage ist abgedruckt oben in Fn. III 51).

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

dies nur tun, da sie darauf vertrauen konnten, dass sämtliche Verträge am rescon‑ tredag verrechnet würden. Die Skontration bildet – anders als es aufgrund der beiläufigen Anmerkungen zur Bedeutung des rescontre in der Literatur117 den Anschein hat – den rechtlichen Zellkern der Futures-Märkte und damit unserer heutigen modernen Derivatmärkte, ohne den diese Märkte nicht denkbar sind. Da sich nachweisen lässt, dass spätestens in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Kaufverträge abgeschlossen wurden, die im Wege der Skontration abgerechnet wurden, bestand ab dieser Zeit somit auch Futures-Märkte.118 Die anderslautende These Sombarts ist nicht haltbar, da sie auf einem kapitalen Fehlverständnis des Terminmarktes aufbaut. Nach Sombart sollen, wie sich angeblich aus dem Werk von Ricard ergäbe, an der Amsterdamer Börse nur à la Hausse-Spekulationen möglich gewesen sein. Das ist schlichtweg falsch. Aufgrund der Entwicklung der Futures und der ständigen Verfeinerung der Handelsverfahren waren die Börsen auch als Rechtsinnovatorinnen tätig. Die Futures-Märkte beruhen von Anfang an auf der Idee, dass eine Vielzahl der in ihnen abgeschlossenen Kaufverträge quasi automatisiert im Wege des Ausgleichs des Pekuniarinteresses erfüllt werden. Die Differenzzahlungen, die sich aufgrund des Glattstellens von Futures-Kontrakten ergeben, sind nichts anderes als die Ermittlung des Pekuniarinteresses der aus dem Markt „aussteigenden“ Partei im Zeitpunkt des Abschlusses des Gegengeschäftes sowie der Übernahme des Preisrisikos durch den neu „einsteigenden“ Handelsteilnehmer. An den heutigen Futures-Märkten ist die Entwicklung noch eine Stufe weiter vorangetrieben, indem Futures mit cash settlement gehandelt werden und damit sämtliche Verträge durch die Berechnung und kontenmäßige Verbuchung des Pekuniarinteresses erfüllt werden.

117  Vgl. etwa Oscar Gelderblom & Joost Jonker, Amsterdam as the Cradle of modern Futures and Options Trading, in: The Origins of Value, S. 189, 191; Geoffrey Poitras, Revue d’Histoire des Sciences Humaines 2009, 11, 27. 118 Vgl. Marius Franciscus Johannes Smith, Tyd-affaires in Effecten aan de Amsterdamsche Beurs, S. 6 m. Fn. 1; Johannes Gerard van Dillen, Termijnhandel te Amsterdam in de 16de en 17de eeuw, De Economist 1927, 503, 519; ferner Charles Wilson, Anglo-Dutch Commerce & Finance in the Eighteenth Century, S. 14.

§ 11 Forward, Futures und Differenzgeschäfte? Wie wir gesehen haben, spielt für die Erfassung der Funktionsweise der Futures-Märkte die Berechnung von Differenzbeträgen infolge des Glattstellens eine zentrale Rolle. Wenn nicht schon – wie es heutzutage weit verbreitet ist – der jeweilige Futures-Markt auf cash settlement ausgerichtet ist, so werden Börsentermingeschäfte ganz überwiegend durch Barausgleich infolge der Skontration bereinigt und nur ein sehr geringer Teil wird durch effektive Lieferung erfüllt. Die massenhafte Spekulation an der Börse, das Verfahren, die technischen Begriffe, wie auch schließlich die Möglichkeit des Glattstellens müssen für Außenstehende als überaus verwunderliche, ja geradezu suspekte Vorgänge erscheinen. Auch nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen sind die Futures nicht auf Anhieb leicht einzuordnen: Wie erfasst man einen Vertrag, dessen Wirkung erst durch die Einbettung in ein besonderes Marktsystem – nämlich das der Terminbörse – erklärt werden kann? Stellt man für die rechtliche Qualifizierung auf den Inhalt des einzelnen Vertrages ab, also auf den einzelnen Futures-Kontrakt, oder auf die infolge der Einbettung des Vertrages in den Terminmarkt sich ergebenden möglichen Rechtsfolgen? Orientiert man sich am einzelnen Futures-Kontrakt, so konnte früher kein Zweifel bestehen, dass auf den Börsenterminmärkten Kaufverträge gehandelt wurden. Jeder Futures-Kontrakt war  – soweit sich historisch solche Aussagen generell überhaupt tätigen lassen  – bis in das 20. Jahrhundert auf die effektive Lieferung gerichtet, da das cash settlement wie auch das tägliche Netting noch unbekannt waren. Wie bereits in § 10 gezeigt wurde, waren Börsentermingeschäfte bilateral abgeschlossene Kaufverträge, die bis zum Zeitpunkt der Liquidation fortbestanden und erst dann im Wege der Skontration verrechnet wurden. Stellt man hingegen auf eine wirtschaftliche Betrachtung des Terminmarktes ab, in dem nicht die effektiven Lieferungen, sondern die Differenzzahlungen im Vordergrund stehen, also die Verrechnung zweier Geschäfte in Folge des Glattstellens, so hat man immer wieder versucht, den rechtlichen Charakter der Börsentermingeschäfte darin zu erkennen, dass es sich um Differenzgeschäfte handeln soll. Dieser Anschauung entspricht es auch, dass sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Begriff vom Differenzhandel etabliert hatte, um den Börsenterminhandel zu bezeichnen.119 119 Vgl.

Conrad Malß, ZHR 4 (1861), 1, 2: „Es ist einleuchtend, daß es sich bei solchen Ge-

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

Diese „Differenzgeschäfte“ waren auch ein Hauptanknüpfungspunkt für die in den deutschsprachigen Ländern zum Ende des 19. Jahrhunderts in der breiten Öffentlichkeit heftig geführte moralisch-politische Auseinandersetzung über die Funktion und Berechtigung der Spekulation an den Börsen; eine Auseinandersetzung, die sich für fast alle Länder der westlichen Hemisphäre entweder zeitgleich oder sogar bedeutend früher nachweisen lässt.120 Verbreitet war die Vorstellung, dass sich an den Terminmärkten nur „Differenz‑ und Börsenspiele“ vollziehen, die als Spiel oder Wette keine Verbindlichkeiten begründen und von dem auch das allgemeine „Publikum“ fernzuhalten sei.121 Nicht weniger kontrovers war die Auseinandersetzung in der juristischen Fachöffentlichkeit, und es ist einfacher, diejenigen Autoren zu benennen, die sich zum Thema der Differenzgeschäfte nicht geäußert haben, als solche, die Stellung bezogen haben.122 Man hatte gemeint, in Form der „Differenzgeschäfte“ die passchäften [sc. Zeitkäufe an den Fondsbörsen] zumeist nicht um den Erwerb der Papiere oder, börsenmäßig gesprochen, der effectiven Stücke handelt, sondern lediglich um den Gewinn oder Verlust der Differenz, welche der Course am Tage des Abschlusses zum Cours des Lieferungstages ergibt.“ In der Fn. ** heißt es dann ergänzend: „Daher der Name Differenzgeschäft“; siehe auch Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 438 f.; Karl Gareis, Die Klagbarkeit der Differenzgeschäfte, S. 2; Carl Johannes Fuchs, SchmollersJb. 15 (1891), 49, 57 f. 120  Aus der kaum zu überblickenden Literatur vgl. für Deutschland: Knut Borchardt, MWG I/5, S. 1, 28 ff.; Udo Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, S. 21 ff.; Alexander Engel, Pathologien der Börse im späten 19. Jahrhundert, Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 57 (2016), 333 ff.; für Frankreich: Alessandro Stanziani, Rules of Exchange, S. 247 ff.; für die USA: Roy Kreitner, Calculating Promises, S. 105 ff.; Jonathan Levy, Freaks of Fortune, S. 231 ff.; allgemein formuliert Udo Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, S. 5: „Es gibt kaum einen Rechtsstoff, der zur Zeit der Entstehung des BGB die gesamte(!) Öffentlichkeit mehr beschäftigt hat, als die Themen: Börse, Börsentermingeschäfte und Differenzgeschäfte;“. 121 Siehe nur Knut Borchardt, MWG I/5, S. 1, 25 f. m. w. N. 122 Vgl. aus den unzähligen Stellungnahmen, für das deutsche Recht (chronologisch): Karl Gareis, Die Klagbarkeit der Differenzgeschäfte, 1882; Paul Laband, Das Verbot der Differenzgeschäfte, Politische Wochenschrift 1882, 41 ff.; Levin Goldschmidt, Börsen und Banken, Preußische Jahrbücher 68 (1891), 876 ff.; Heinrich Wiener, Das Differenzgeschäft vom Standpunkt der jetzigen Rechtsprechung, 1893; Herman Veit Simon, Zur Frage der Klagbarkeit der sogenannten Differenzgeschäfte, ZHR 41 (1893), 455 ff.; Otto Bähr, Das Börsenspiel und die Gerichtspraxis, Grenzboten 52 (1894), 57 ff. = Gesammelte Aufsätze I., S. 468 ff.; Gerhard Alexander Leist, Die Differenzansprüche aus Börsengeschäften, AcP 83 (1894), 153 ff.; Josef Kohler, Über das Börsenspiel, Holdheim 3 (1894), 41 ff.; Hermann Staub, Der Begriff der Börsentermingeschäfte im § 66 des Börsengesetzes, 1899; Jakob Riesser, Die handelsrechtlichen Lieferungsgeschäfte, Eine Kritik der Rechtsprechung des Reichsgerichts, 1900; Karl Adler, Zum Rechte des Termingeschäftes, Archiv f. bürgl. Recht 17 (1900), 132 ff.; Hans Trumpler, Die Differenzgeschäfte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und nach dem Börsengesetz, ZHR 50 (1901), 388 ff.; Rudolf Alexander, Der Differenzeinwand im Warenterminhandel, ZHR 97 (1932), 398 ff.; ders., Der Spieleinwand im Wertpapierhandel, ZHR 98 (1933), 321 ff.; Hein‑ rich Göppert, Nochmals Warenterminhandel und Differenzeinwand, ZHR 99 (1934), 257 ff.; aus der Kommentarliteratur vgl. nur James Breit, in: Düringer/Hachenburg3, Handelskauf, Anhang I: Das Differenzgeschäf Anm. 1 ff.; insgesamt hierzu Udo Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, S. 24 ff., Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 527 ff. und Heinrich Honsell, Der Differenzeinwand im Börsenterminhandel, FS Ostheim, S. 263 ff.

§ 11 Forward, Futures und Differenzgeschäfte?

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sende rechtliche Kategorie gefunden zu haben, um der Spekulation, als der drängenden Frage der Zeit, Herr zu werden.

I. Reine und verdeckte Differenzgeschäfte Ausgangspunkt für die hitzigen Debatten um die Abgrenzung zwischen Spiel und Wette einerseits und legitimen Austauschverträgen anderseits war die Rechtsprechung zu den Differenzgeschäften. So gingen das Reichsoberhandelsgericht123 ohne gesetzlichen Anknüpfungspunkt, der OGH unter Abstellung auf die allgemeine Vorschrift zu Spiel und Wette in § 1271 ABGB124 sowie das Schweizer Bundesgericht unter Anwendung von § 512 OR 1881125 davon aus, dass sog. reine Differenzgeschäfte als Wett‑ oder Spielgeschäfte einzustufen waren.126 Als reine Differenzgeschäfte wurden Verträge angesehen, in denen (rechtsvergleichend zum deutschen, Schweizerischen und österreichischen Recht); siehe auch zu den unterschiedlichen Facetten der Spekulation: Dirk A. Zetzsche, Prinzipien der kollektiven Vermögensanlage, S. 185 ff. Für das österreichische Recht: Carl Samuel Grünhut, GrünhutZ 2 (1875), 535, 584 ff.; Leopold Spitzer, Die Differenzgeschäfte und die neue Gerichtspraxis, GrünhutZ 23 (1896), 81 ff.; Bruno Mayer, Die Effectenbörsen und ihre Geschäfte, S. 140 ff.; Albert Weishut, Der Effectenumsatz2, S.  62 ff.; Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB2, Art. 357, I. Exkurs. § 1 ff.; ders., Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 63 (= S. 239 ff.); Rudolf Löbl, in: Staub/Pisko, AHGB3, Band II., Exkurse zum 2. Titel des vierten Buchs, II. Differenzgeschäfte § 1 ff.; Martin Oppitz, Der Differenzeinwand bei Swapverträgen, ÖBA 1991, 782, 785 ff.; Hansjörg Gruber, Der Differenzeinwand – Neues vom OGH und vom Gesetzgeber, ÖBA 1999, 851 ff.; Eva Grassl-Palten, Zum Anwendungsbereich des § 1271 ABGB, FS Franz Bydlinski, S. 153, 168 ff.; Heinz Krejci, in: Rummel, ABGB3, § 1274 Rn. 39; Martin Stefula, in: Klang3, §§ 1270–1272 Rn. 108 ff. Für das Schweizer Recht: Georg Cohn, Das Differenzgeschäft im Schweizerischen Recht, Bank-Archiv 1 (1902), 55 ff., 76 ff.; Hildegard Salomonis, Das Differenzgeschäft im Wertpapier-Terminhandel nach Schweizerischen und deutschem Recht, 1935; Dieter C. Hauser, Spekulative Warentermingeschäfte, S. 122 ff.; Arnold F. Rusch, Aleatorische Verträge, AJP/PJA 2013, 1625 ff.; Thomas Bauer, in: Basler Kommentar-OR6, vor Art. 513–515a Rn. 4 und Art. 513 Rn.  3 ff. 123  ROHG 6, 223, 224 und öfters; dazu auch Heinrich Wiener, Das Differenzgeschäft, S. 20 ff. und Udo Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, S. 44 f.; Motive II. S. 647 = Mugdan II., S. 361 f. 124  „Redliche und sonst erlaubte Wetten sind in so weit verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloß versprochen; sondern wirklich entrichtet, oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden.“; vgl. aus der österreichischen Judikatur, OGH, Entsch. v. 23. April 1872 Adler/Clemens Nr. 367 und öfters; ausführliche Wiedergabe der Rechtsprechung bei Albert Weishut, Der Effectenumsatz2, S. 66 ff. 125 „Aus Spiel und Wette entsteht keine Forderung. Dasselbe gilt […] von solchen Lieferungs‑ und Differenzgeschäften über Waaren oder Börsenpapiere, welche den Charakter eines Spieles oder einer Wette haben.“; zu den Entscheidungen des Bundesgerichts vgl. Eugen Curti, Sämtliche Entscheidungen, Band II., Nr. 2896 ff.; ferner Georg Cohn, Bank-Archiv 1 (1902), 55, 56 f. 126  Die Rechtsfolgen waren je nach Partikularrechtsordnung verschieden, vgl. Hermann Staub, Kommentar zum ADHGB2, Art. 357 Zusatz 3. Die Differenzgeschäfte, § 22a; für Öster-

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

die Parteien von vornherein die effektive Lieferung ausgeschlossen hatten und übereinkamen, dass der Vertrag über die Berechnung einer Differenz zu einem bestimmten in der Zukunft liegenden Zeitpunkt erfolgen sollte, indem bei Kurs‑ steigerungen relativ zum Kaufpreis, der „verlierende“ Verkäufer an den „gewinnenden“ Käufer einen entsprechenden Differenzbetrag zahlt, und umgekehrt bei Kursverlusten relativ zum Kaufpreis, der „verlierende“ Käufer an den „gewinnenden“ Verkäufer eine entsprechende Differenzsumme auszahlt.127 Ob diese Geschäftsformen in der Praxis auch vorkamen, ist mehr als zweifelhaft. So ist etwa in den Motiven zum BGB formuliert: „Verträge gerade dieses Inhaltes [sc. reine Differenzgeschäfte] sind aber im Verkehre, und namentlich im kaufmännischen selten.“128 Oder aber beim Reichsgerichtsrat Heinrich Wiener kann man lesen: „Das sogenannte reine Differenzgeschäft existiert viel mehr in der Juristenphantasie, als in der Wirklichkeit.“129 Einen entscheidenden Schritt weiter ging die deutsche und österreichische Judikatur in den frühen 1890er Jahren sowie, erheblich später, auch das Schweizer Bundesgericht seit dem Jahr 1939, indem bereits die Absicht einer Partei, einen Vertrag nicht effektiv erfüllen zu wollen, als ausreichend für die Qualifizierung als sog. verdecktes Differenzgeschäft angesehen wurde.130 Mit diesem Rechtsprechungsansatz war die Grundlage für die sog. Indizienlehre gelegt, nach der reich: Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB2, Art. 357, I. Exkurs. § 15 ff.; für die Schweiz: Georg Cohn, Das Differenzgeschäft im schweizerischen Recht, Bank-Archiv 1 (1902), S. 55, 59. 127  Als rechtsvergleichende Randnotiz kann nur darauf hingewiesen werden, ohne dies hier vertiefen zu können, dass, in verblüffender Übereinstimmung zur deutschsprachigen Praxis, nach demselben Ansatz auch teils im englischsprachigen Raum die Abgrenzung von sales con‑ tract und wager vollzogen wurde, vgl. Julius Aroni, Futures, S. 15: „To make such a contract [sc. an executory contract for the sale of a commodity] a mere wager on the price of the commodity in the market, it must be the mutual intent and understanding of both the seller and buyer, at the time of entering into the contract of sale, that the commodity is not to be delivered by the one or received by the other, but that there is to be a settlement of the contract between them by the payment to the one or the other, as the market price of the commodity may have advanced or declined during the time the contract has to run, of the difference between the contract and the market price of the commodity on the day the contracts matures. […] Speculation in a commodity on the market, however wild and extravagant, is not wagering on the price of the commodity in the market, unless it comes within the terms of the foregoing propositions.“ (Hervorh. wie im Original). 128  Motive II. S. 647 = Mugdan II., S. 361 f. 129 Heinrich Wiener, Verhandlungen des 16. DJT (1883), Band II., S. 217. 130  Die einschlägige Rechtsprechung beginnend mit RG, Urt. v. 26. März 1892, I C. S. 331/91 ist referiert bei Heinrich Wiener, Das Differenzgeschäft, S. 27 ff. und Udo Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, S. 49 ff.; siehe ferner Arthur Nußbaum, Die Börsengeschäfte, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR. IV/2., § 89 (= S. 627 ff.); für die österreichische Judikatur vgl. OGH Entsch. v. 20 Dezember 1893, Z. 14757, abgedruckt in: Entscheidungen des Obersten Gerichts‑ und Cassationshofes in Civil‑ und Strafsachen (in der Beilage zum Verordnungsblatt des Justizministeriums), X (1894), Nr. 1079 (= S. 189 ff); vgl. ferner Karl Wolff, in: Klang2, § 1271 VI. (= S. 997); für die Schweiz vgl. BGE 65 II 29 ff.; dazu Dieter C. Hauser, Spekulative Warentermingeschäfte, S. 128.

§ 11 Forward, Futures und Differenzgeschäfte?

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jedwedem suspekten Vertrag der Stempel des Spieleinwands aufgedrückt werden konnte und rechtstechnisch der entsprechende Vertrag als Spielvertrag qualifiziert wurde.131

II. Legistische Regelungsschichten Parallel zu der Entwicklung in der Judikatur sind aber auch in den verschiedenen Ländern Regelungen eingeführt worden, die darauf abzielten, Rechtssicherheit für den Terminhandel an den Börsen wie auch unterschiedliche Rechtsregime für Börseninnengeschäfte und Spekulationsgeschäfte außerhalb der Börsen zu schaffen.132 Zu nennen ist zunächst § 13 des österreichischen Gesetzes, betreffend die Organisation der Börsen aus dem Jahr 1875 nach dem „[b]ei der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus Börsengeschäften […] die Einwendung, daß dem Anspruche ein als Wette oder Spiel zu beurtheilendes Differenzgeschäft zu Grund liegt, unstatthaft“ sei.133 An diesem Regelungskonzept hat der österreichische Gesetzgeber festgehalten, indem nach § 51 BörseG 2018 für Börsengeschäfte sowie § 1 Abs. 5 BWG für Bankgeschäfte, der Einwand ausgeschlossen ist, dass diesen ein als Spiel oder Wette zu beurteilendes Differenzgeschäft zugrundeliegt.134 Den gleichen Weg beschritt auch das französische Gesetz vom 28. März 1885 über Zeitgeschäfte („Loi sur les marchés à terme“), in dem Zeitgeschäfte für rechtwirksam erklärt wurden und eine Berufung auf die allgemeine Norm des Art. 1965 Cc über Spiel und Wette ausgeschlossen wurde.135 Damit sollte für Termingeschäfte an der Börse wieder Rechtssicherheit hergestellt werden. Denn ihre Wirksamkeit war im französischen Recht infolge verschiedener rigider Verbotsvorschriften, die als Konsequenz auf die Spekulationsblase um die von 131  Zur Rechtswirkung: Werner Flume, Die steuerliche Behandlung privater Differenzgeschäfte, DB 1978, 1097, 1098; Heinz Krejci, in: Rummel, ABGB3, § 1274 Rn. 39; a.A. Martin Stefula, in: Klang3, §§ 1270–1272 Rn. 113 (Scheingeschäft). 132  Für eine rechtsvergleichende Übersicht Heinrich Wiener, Das Differenzgeschäft, S. 7 ff. 133  Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB2, Art. 357, I. Exkurs. § 2 ff.; zu den Entwicklungsstufen des österreichischen Börsenrechts, siehe Martin Oppitz, Die Börse im System des öffentlichen Rechts, S. 14 ff. und Arno Weigand, Die österreichische Handelsgesetzgebung vor den großen Kodifikationen, S. 81 ff. 134 Zu § 28 öBörseG 1989 a. F. [= § 51 öBörseG 2018 (mit minimaler Änderung)]: siehe Chris‑ tian Knauder, in: Temmel, BörseG, § 28 Rn. 1 ff.; zu BWG und BörseG: Susanne Kalss, Martin Oppitz & Johannes Zollner, Kapitalmarktrecht2, § 35 Rn. 49 f. 135 Art. 1. Tous marchés à termes sur effets publics et autres; tous marchés à livrer sur denrées et marchandises sont reconnus legaux. Nul ne peut, pour se soustraire aux obligations qui en résultent, se prévaloir de l’art. 1965 Code civil, lors même qu’ils se résoudraient par le payment d’une simple difference (abgedruckt in: ZHR 32 (1886), 515).

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

John Law gegründete Compagnie des Indes seit 1724 eingeführt worden waren, wie auch der teils sehr restriktiven französischen Judikatur streitig.136 Im deutschen Recht wurde die Trennung zwischen rechtswirksamen Börseninnengeschäften und möglicherweise mit dem Differenzeinwand belasteten „Spekulationsgeschäften“, die außerhalb der Börse abgeschlossen wurden, im Börsengesetz von 1896 einerseits sowie in § 764 BGB a.F. von 1900 andererseits verankert. In Deutschland lag die Motivation der Kodifizierung des Börsenrechts keineswegs darin, einen für den Handel förderlichen Rechtszustand herzustellen, sondern es war den Gegnern des Börsenhandels gelungen, um eine Umschreibung von Knut Borchardt aufzugreifen, „die Börsenreform zu einer Art Schicksalsfrage der Nation zu machen“137. Das Ergebnis war der Erlass des Börsengesetzes im Jahr 1896, das die Autonomie und Geschäftsfelder der Börse erheblich einschränkte und gerade das Börsentermingeschäft in Deutschland erstmals einem strikten Rechtsregime unterwarf.138 So war die Wirksamkeit von Börsentermingeschäften zunächst an die Eintragung in ein Börsenregister geknüpft (§ 66 Abs. 1 BörsG 1896). Infolge der Börsennovelle des Jahres 1908 wurde dieser Ansatz wieder verworfen und ein kompliziertes System implementiert, nach dem zwischen erlaubten, verbotenen und erlaubten inoffiziellen Börsengeschäften zu differenzieren war.139 Aufgrund der politischen Einflussnahme agrarischer Interessenskreise war zudem seit 1896 ein Verbot des Terminhandels in „Getreide und Erzeugnisse der Getreidemüllereien“ festgelegt, welches notabene bis in das Jahr 1994 (!) bestehen sollte.140 136 Dazu lesenswert der Abriss von Carl Joseph Anton Mittermaier, ZHR 32 (1886), 515 ff.; vgl. ferner die Nachw. in Fn. I 197. 137  Knut Borchardt, MWG I/5, S. 1, 25. 138 Arthur Nußbaum, Die Börsengeschäfte, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR. IV/2., § 89 II. (= S. 629): „Das Gesetz richtete seine Spitze nicht gegen das Differenz‑ (Spiel‑) Geschäft, sondern gegen das Termingeschäft als solches.“; ferner Heinrich Göppert, Börse und Publikum, S. 5: „Nur in einer Hinsicht war das Gesetz von 1896 böse entgleist. Das war bei der Regelung des Börsentermingeschäfts, wo es plump eingriff, ohne zwischen wirtschaftlich Berechtigtem oder wenigstens Zweckmäßigem und Schädlichem oder Bedenklichem zu unterscheiden.“; vgl. allg. Knut Borchardt, MWG I/5, S. 1, 25 ff.; Johann Christian Meier, Die Entstehung des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896, 1990; Hanno Merkt, Zur Entwicklung des Deutschen Börsenrechts, in: Börsenreform, S. 63 ff.; Martin Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 633 ff. (zum Terminhandel), 526 ff. (zu § 764 BGB); Eberhard Schwark, Börsenrecht, FG 50 Jahre BGH, Band II., S. 455, 457 ff.; Gregor Roth, in: KK-WpHG2, §§ 37d, f a. F. Rn. 2 ff.; Jens-Hin‑ rich Binder, Daytrading als Finanztermingeschäft i. S. d. § 2 Abs. 2a WpHG?, ZHR 169 (2005), 329, 332 ff.; vgl. schließlich aus einer historischen und komparativen Perspektive Andreas M. Fleckner & Klaus J. Hopt, Stock Exchange Law: Concept, History, Challenges, Virgina Law & Business Review 7 (2013). 513 ff. 139  Dazu Martin Henssler, Anlegerschutz durch Information, ZHR 153 (1989), 611, 614 f. und Otto Bernstein, Das Börsenprivatrecht nach der Novelle von 1908, ZHR 62 (1908), 137 ff. 140  Vgl. § 50 Abs. 3 BörsG 1896; § 65 BörsG 1908 (dazu Arthur Nußbaum, Der börsenmäßige Getreidezeithandel in der Praxis des neuen Börsengesetzes, ZHR 69 (1911), 427 ff.); § 65 BörsG wurde durch das 2. FMFG vom 24. 07. ​1994 (BGBl. I 1990, 1749) aufgehoben; für Österreich vgl. § 10, Gesetz vom 4. Jänner 1903, RGBl. Nr. 10, abgedruckt in: Walter Baß & Erich Saxl, Die

§ 11 Forward, Futures und Differenzgeschäfte?

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Parallel zum Börsengesetz wurde im BGB – quasi in letzter Sekunde durch die Reichstagskommission – die Regelung über das Differenzgeschäft in § 764 BGB a. F. aufgenommen.141 In § 764 S. 1 BGB a. F. war dabei die soeben unter § 11 I. beschriebene Rechtsprechung zum reinen Differenzgeschäft geregelt sowie in § 764 S. 2 BGB a. F. diejenige zum verdeckten Differenzgeschäft. Damit war ein „Verteidigungsmittel des aus Spekulationsgeschäften in Anspruch genommenen Schuldners“142 in Form des sog. Differenzeinwands gesetzlich festgeschrieben. Parallel zum bürgerlich-rechtlichen Differenzeinwand bestand im Börsenrecht der Termineinwand, der im Zusammenhang mit der sog. Termingeschäftsfähigkeit stand.143 Die statusorientierte, an die Kaufmannseigenschaft anknüpfende Termingeschäftsfähigkeit, die seit 1908 galt, wurde 1989 durch ein sog. Informationsmodell ersetzt.144 2002 wurden schließlich sowohl § 764 BGB als auch die §§ 50 ff. BörsG restlos gestrichen und in das WpHG überführt.145 Damit ist ein Schlussstrich unter ein äußerst düsteres Kapitel der deutschen Wirtschaftsrechtsgesetzgebung gezogen.146 Geblieben ist freilich als Merkposten der hitzigen Diskussionen um die Spiel‑ oder Wettnatur der Börsengeschäfte die Klarstellung in § 99 WpHG, dass Finanztermingeschäfte, die dem WpHG unterfallen, nicht dem Spieleinwand ausgesetzt sind. Was es nun mit den „Differenzgeschäften“ auf sich hat, lässt sich entschlüsseln, indem man einen Blick auf die Handelsrechtswissenschaft und Handelspraxis Mitte des 19. Jahrhunderts wirft und sieht, wie dort erstmals die unterschiedlichen kaufvertraglichen Marktaustauschvorgänge dogmatisch konstruiert wurden. Die vorkodifikatorische Praxis gibt auch entscheidende Hinweise, wie die Differenzgeschäfte Eingang in Rechtsprechung und Gesetzeswelt finden konnten. Nicht zuletzt gilt es die erbittert umkämpfte Rechtsfrage zu beantworten, ob die Differenzgeschäfte an den Börsen oder außerhalb der Börse vorkamen. österreichische Bank‑ und Börsengesetzgebung, S. 34 f.; dazu Gustav von Weiss-Wellenstein, Das österreichische Getreideterminhandelsverbot, Bank-Archiv 2 (1902), 56 ff.; zur deutschen Reform des Jahres 1994: Martin Dannhoff, Von einer Renaissance des deutschen Warenterminrechts?, WM 1994, 485 ff. 141 Dazu Udo Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, S. 98 f. 142 Mathias Habersack, in: MünchKomm-BGB3, § 764 Rn. 3. 143  Zu Inkongruenzen beider Anwendungsbereiche Martin Henssler, ZHR 153 (1989), 611, 615 ff. 144  Ausführlich dazu Martin Henssler, ZHR 153 (1989), 611, 620 ff.; Heinz-Dieter Assmann, Börsentermingeschäftsfähigkeit, FS Heinsius, S. 1 ff.; Daniel Zimmer, Das Informationsmodell und seine Folgen, ZHR 162 (1998), 685 ff.; Eberhard Schwark, Börsenrecht, FG 50 Jahre BGH, Band II., S. 455, 474 ff. 145  Vgl. nun §§ 99 f. WpHG (zuvor §§ 37e f.WpHG a. F.); dazu kurz und prägnant Jens-Hin‑ rich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 39; davor ders., ZHR 169 (2005), 329, 334 f. 146  Vgl. nur James Breit, in: Düringer/Hachenburg3, Anhang II: Das Börsentermingeschäft, Anm. 3 „Wenige Gesetze haben den mangelnden Beruf unserer Zeit zur Gesetzgebung so deutlich vor Augen geführt, wie das alte Börsengesetz.“.

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Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

III. Vorkodifikatorische Handelsrechtspraxis Der Begriff der Differenz wurde, als er in der Handelsrechtswissenschaft Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals breite Verwendung fand, in ganz unterschiedlichen Kontexten benutzt. Man kann sagen, dass er eine Art schwarzes Loch der Grundprobleme des damaligen handelsrechtlichen Vertragsrechts darstellte. Im Zentrum standen die Fragen, wann Austauschverträge auf die effektive oder reelle Erfüllung (Ware gegen Geld), und wann sie hingegen auf eine Differenzzahlung gerichtet sind, und ob in der Auflösung eines Vertragsverhältnisses in eine Geldsumme – eine Differenzsumme – Anstoß zu nehmen sei. Wie wir bereits oben unter § 8 II. 1. gesehen haben, war es damals in der Handelsrechtswissenschaft üblich, die Bemessung des Nichterfüllungsschadens nach der Marktpreisdifferenz als „Klage auf die Preisdifferenz“ oder „Differenzklage“ zu bezeichnen, was funktional betrachtet nichts anderes war als die heute in § 281 BGB zu verankernde (leistungsstörungsrechtliche) Differenztheorie.147 Als „Differenzgeschäft“ wurde aber auch eine besondere Form der Zeitgeschäfte bezeichnet.148 So war es üblich, Tagkäufe und Zeitgeschäfte zu unterscheiden.149 Bei den Zeitgeschäften wurde wiederum zwischen den Lieferungsgeschäften einerseits und den Differenzgeschäften anderseits differenziert. An dieser Stelle beginnen die Probleme.

1. Eine missverständliche Bezeichnung und eine dogmatische Fehlkonstruktion Mit den Differenzgeschäften wurden solche Zeitgeschäfte in Verbindung gebracht, bei denen infolge der Skontration Differenzbeträge zu beziehen oder zu  Dazu § 8 II. 1 und 2.; vgl. ferner die Nachw. in Fn. II 353.  Eine prägnante wie auch anschauliche Einführung in den Themenkreis geben die bereits mehrfach angeführten Schilderungen (vgl. Fn. II 315 und II 368) des Obertribunalrats W. Gelpcke: „Kauf und Lieferung sind in heutiger Handelssprache die allgemeinen umfassenden Bezeichnungen für eine große Zahl von zweiseitigen Handelsgeschäften sehr verschiedener Art, die eine Gewährung von Sachen gegen Zahlung eines bestimmten Preises zum Gegenstand haben, ohne daß sie in der Erfüllung sich gerade durch Lieferung gegen Zahlung auflösen. Reelle Waarengeschäfte und Zeitgeschäfte mannigfacher Art fallen in diesen Verkehr. Die Ausgleichung findet nach der ursprünglichen Absicht der Parteien häufig durch eine Differenzzahlung statt. Bestimmte Grenzen und Unterschiede lassen sich zwischen den einzelnen Arten solcher Geschäfte nicht ziehen. Diese zu finden, und die einzelnen Rechtsgeschäfte in bestimmte Klassen zu bringen, sowie ein System aus ihnen zu ordnen, hat auch der Doktrin bisher nicht gelingen wollen. […] Man pflegt von einem Tageskauf und Lieferungskauf, desgleichen von Tages‑ und Zeitgeschäften, von einem Handel auf wirkliche Lieferung, und von einem Differenzgeschäft zu sprechen.“ (Zeitschrift für Handelsrecht 1 (1852), 3, 31 f.). 149 Vgl. Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 70 (=  S. 218 ff.); Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 437 f.; Felix Dahn, Deutsches Privatrecht von Bluntschli3, § 153 (= S. 467 ff.); Wil‑ helm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 119 (= S. 601 f.); vgl. hierzu auch bereits oben § 6 II. sowie noch sogleich unter § 12. 147 148

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begleichen waren.150 Die Differenzgeschäfte waren danach also nichts weiter als eine unglückliche Bezeichnung für das, was wir heute Börsentermingeschäfte oder Futures nennen, indem der Vertrag nach dem Abrechnungsvorgang und nicht nach dem Vertragsinhalt benannt wurde. Eine missverständliche Bezeichnung ist kein Problem, solange alle Beteiligten wissen, was gemeint ist. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch, sobald aus der Anschauung der Differenz Rückschlüsse auf die Rechtskonstruktion gezogen werden. So wurden die „Differenzgeschäfte“ bei Heinrich Thöl und Wilhelm Endemann, also zwei führenden Köpfen ihrer Zeit, als bilaterale Verträge konstruiert, die angeblich im Handel als Variante zum Lieferungskauf vollzogen würden.151 Bei Heinrich Thöl wird die Rechtsnatur der Differenzgeschäfte folgendermaßen umschrieben: „Das Differenzgeschäft ist ein Vertrag, bei welchem eine Quantität Waaren, deren Preis, und ein Termin festgesetzt werden, und beide Contrahenten versprechen, daß je nachdem die Veränderung des Preises (Courses) an diesem Termin die eine oder andere Richtung (Sinken oder Steigen) genommen haben sollte, der Eine oder der Andere die Differenz der Preise von dem Mitcontrahenten ausgezahlt erhalten solle. Es wird oft in die Form eines Lieferungskaufes eingekleidet, dessenungeachtet ist aber nicht jeder Lieferungskauf für ein verstecktes Differenzgeschäft zu halten.“152

Die Klagbarkeit und Rechtsnatur solcher „Differenzgeschäfte“ (emtio spei [Hoffnungskauf], Spiel oder Wette) war umstritten, sie wurde aber im Ergebnis von Thöl bejaht.153 Die Details um die Einordnung sowie die Möglichkeit der Klagbarkeit interessieren hier nicht weiter.154 Von Interesse ist hingegen vielmehr, welche Handelspraxis Thöl und seine Zeitgenossen überhaupt mit den Differenzgeschäften auffangen wollten. Thöl und Endemann wollten ganz offensichtlich die an den Börsen stattfindenden  – wie wir heute sagen würden – Börsentermingeschäfte oder Futures erfassen. Dies ergibt sich neben eindeutigen Passagen im Lehrbuch von Endemann155 bei Thöl156 unter anderem  Vgl. hierzu bereits die Nachw. in Fn. III 119.  Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 102 (= S. 313 f.); siehe auch zuvor ausführlich dens., Der Verkehr mit Staatspapieren, S. 235 ff.; Wilhelm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 120 (= S. 605 ff.); siehe ferner Johann Heinrich Bender, Der Verkehr mit Staatspapieren, § 87 (= S.  416 ff.). 152 Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 102 (= S. 313 f.); siehe auch zuvor ausführlich dens., Der Verkehr mit Staatspapieren, S. 235 ff.; siehe ferner aus der zeitgenössischen Literatur Johann Heinrich Bender, Der Verkehr mit Staatspapieren, § 87 (= S. 416 ff.); Wilhelm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 120 (= S. 605 ff.). 153 Heinrich Thöl, Handelsrecht I.1, § 102 (= S. 315). 154  Dazu Udo Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, S. 34 ff. 155  Wilhelm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 120 I. a.E. (= S. 606.) und § 121 I. (= S. 610). 156  Heinrich Thöl, Handelsrecht I.6, § 307 m. Fn. 14 (= S. 1025): „Das ROHG hat sich über die Frage [sc. die Klagbarkeit der Differenzgeschäfte, also der Futures] (bis Bd 18 incl. der Entsch.) nicht ausgesprochen. Band 6. S. 223–225 ist weiter nichts gesagt, als daß das reine 150 151

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aus dem Umstand, dass er in der letzten, 1879 erschienenen Auflage seines Lehrbuches die „Differenzgeschäfte“ als klagbar ansieht und sie von den „reinen Differenzgeschäften“ abgrenzt, die nach der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts157 als Spiel‑ oder Glückverträge nicht klagbar waren. Dies nahm Thöl an, obwohl die von ihm beschriebenen „Differenzgeschäfte“ und die „reinen Differenzgeschäfte“ des Reichsoberhandelsgerichts inhaltlich nicht voneinander zu trennen sind. Was Thöl und Endemann als Differenzgeschäfte präsentieren, war bestenfalls eine äußerst grobe und überaus missverständliche Schilderung der Praxis an den Börsen.158 Es ist erstaunlich, dass Thöl, als Autor nicht nur eines der wichtigsten Handelsrechtslehrbücher des 19. Jahrhunderts, in dem er in kaum zu übertreffender Genauigkeit die Bemessung des Nichterfüllungsschadens nach der Marktpreisregel erklärt hat159, wie auch einer Monographie zum „Verkehr mit Staatspapieren aus dem Gesichtspunct der kaufmännischen Speculation“160, die Börsentermingeschäfte ohne die Berücksichtigung der Skontration erklärt und rechtlich eingeordnet hat.161 An zeitgenössischen Abhandlungen, die die Lieferungsgeschäfte (= Forwards) und die Börsentermingeschäfte (=  Futures) in ihrer Einbindung in die Börsenliquidation beschrieben, mangelte es nicht.162 Hätte Thöl dies nicht übersehen, hätte er das Differenzgeschäft, also das Börsentermingeschäft, nicht als bilaterales, von vornherein auf die Auszahlung einer Differenz gerichtetes Vertragsversprechen konstruieren können, das von vornherein auf die Auszahlung einer Differenz gerichtet war, sondern er hätte erkennen müssen, dass es sich beim damaligen Futures-Kontrakt um einen Kaufvertrag handelt, dessen Erfüllung im Wege der Börsenliquidation herbeigeführt wurde.163 Schließlich trifft die Feststellung Thöls nicht zu, dass das Reichsoberhandelsgericht zur Durchsetzbarkeit von Zeitgeschäften noch nicht Stellung beDifferenzgeschäft zu den Glücksverträgen gehört und nicht nach den für Lieferungsgeschäfte im Art. 357 des HGB aufgestellten Grundsätzen zu beurtheilen ist.“ (Hervorh. durch Verf. hinzugefügt). 157  Vgl. oben Fn. III 123. 158  Vor dem Hintergrund dieser Festellung bekommen die einleitenden Worte zur Funktionsweise der Börsenabrechnung bei Conrad Malß (ZHR 4 (1861), 1, 2) besonderes Gewicht: „Schon lange habe ich die Beobachtung gemacht, daß es im Handelsrechte meist weniger auf große Gelehrsamkeit ankomme, als vielmehr auf Kenntniß und richtiges Verständniß der handelsrechtlichen Thatsachen. Das Recht läßt sich auf dem Studierzimmer leicht erlernen. Dagegen ist dasjenige, was ich handelsrechtliche Tatsachen nenne, oft ungemein schwer zugänglich.“. 159 Dazu Johannes W. Flume, AcP 215 (2015), 282, 300 ff. 160  Vgl. zu dieser Schrift Victor Ehrenberg, Heinrich Thöl, Seine Bedeutung für die Rechtswissenschaften, ZHR 31 (1885), 564, 571 f. 161 Auf die irrtümliche Anschauung Thöls hat auch Arthur Nußbaum (Die Börsengeschäfte, in: Ehrenberg’s Hdb. d. HR. IV/2., § 90 Fn. 2 (= S. 633)) hingewiesen. 162  Vgl. nur Conrad Malß, ZHR 4 (1861), 1 ff.; Leopold Ladenburg, ZHR 3 (1860), 416, 438 f.; Christian Moritz Adolph Gad, Hdb. des ADHGB, § 127 (= S. 257 ff.). 163  Vgl. zu den zeitgenössischen Börsenliquidationsverfahren oben unter § 10. 2.

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zogen hatte, da mit der Entscheidung in ROHG 17, 41 ff. der Terminhandel mit Aktien an der Berliner Fondsbörse gebilligt worden war.164

2. Klarstellungen Zusammenfassend lässt sich also für die vorkodifikatorische Handelsrechtspraxis sagen, dass die Irrungen und Wirrungen, was ein Differenzgeschäft war und wo es rechtlich vorkam, gewaltig waren. So war zunächst der Begriff der Differenzgeschäfte in der Praxis nur ein unglücklicher Name für diejenigen Börsengeschäfte, die wir heute als Börsentermingeschäfte oder Futures bezeichnen. Bei der „Fahndung“ nach den Differenzgeschäften wurden vielfach zwei grundverschiedene Fragestellungen in äußerst unglücklicher Weise miteinander verquickt: (i) Finden an den Börsen reine Differenzgeschäfte statt? Oder anders formuliert: Sind Börsentermingeschäfte als Differenzgeschäfte anzusehen und daher als Spiel oder Wette einzuordnen? (ii) Finden reine Differenzgeschäfte bilateral außerhalb der Börse statt? Die erste Frage kann man mit einem klaren Nein beantworten. Es ist vollkommen unzweifelhaft, dass der Börsenterminmarkt im 19. Jahrhundert, so wie er in den immer detaillierter formulierten Handelsbedingungen sowie den Bestimmungen über die Liquidation geregelt war, auf Kaufverträgen, die auf die effektive Lieferung gerichtet waren, aufbaute (dazu § 10).165 Vollkommen unzweifelhaft ist zudem, dass die an den Terminbörsen ermittelten Differenzen nicht auf einer bilateralen Vereinbarung zwischen den Börsenteilnehmern be164 Vgl. Fn. III 156; danach ausführlich ROHG 20, 25 ff. („Türkenlose“); dazu bereits § 10 IV. 2. m Fn. III 102. 165  Pointiert aus der zeitgenössischen Literatur Hermann Staub, Kommentar zum ADHGB2, Art. 357 Zusatz 3. Die Differenzgeschäfte, § 33 m. Fn. 1: „Daran, daß an der Börse nur Effektivgeschäfte abgeschlossen werden, kann füglich ein Zweifel nicht bestehen. Dort wird effektiv geliefert, und wer dies bestreitet, befindet sich in falscher Anschauung über die Ausgleichung, die durch die Centralausgleichungsstellen der Börse, in Berlin durch den Liquidationsverein [vgl. dazu Fn. III 66] vorgenommen wird. Das Wesen dieser Ausgleichung besteht in einer wirklichen Skontration (R. O. H. G. 20 S. 25 [vgl. dazu Fn. III 102]); es soll nur das Hin‑ und Herschicken und Hin‑ und Herzahlen vermieden werden, und zu diesem Zwecke werden so viele Ausgleichungen und Kompensationen vorgenommen, als nur irgend möglich ist. Aber soweit eine Ausgleichung nicht möglich ist, soweit unausgeglichene Lieferungspflichten überschüssig sind, da besteht wirkliche Lieferungspflicht und wird wirklich geliefert. In dieser Weise bleiben als unaufgerechnet übrig die Geschäfte derjenigen Personen, die mehr gekauft, als verkauft, oder mehr verkauft, als gekauft haben, und diese, einander als Gläubiger und Schuldner überwiesen, haben einander zu erfüllen und erfüllen einander.“; vgl. ferner Karl Gareis, Die Klagbarkeit der Differenzgeschäfte, S. 3 ff.; Max Weber, ZHR 45 (1896), 69, 100 ff. = MWG I/5, S. 494 ff.; Oskar Pisko, in: Staub/Pisko, AHGB2, Art. 357, I. Exkurs. § 7 Fn. 8; ders., Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, § 63 II. (= S. 245); siehe auch Hans Trumpler, ZHR 50 (1901), 388, 405 mit zahlreichen Nachweisen in Fn. 29.

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ruhten, sondern auf die Einbeziehung sämtlicher Kaufverträge in die Börsenliquidation zurückzuführen sind (dazu § 10 IV. 2.). In Bezug auf die zweite Frage kann man sagen, dass reine (bilaterale) Differenzgeschäfte zwar denkbar sind, mit dem gesamten börsentechnischen Ablauf und der rechtlichen Konstruktion der Futures haben sie jedoch nichts zu tun. In bemerkenswerter Klarheit hat Max Weber in einer Aufsatzreihe zu den Ergebnissen der Börsenenquete-Kommission im Jahr 1896, veröffentlicht in der ZHR, die Zusammenhänge auf den Punkt gebracht: „Es ist bedauerlich, daß auf dem Gebiet des Terminhandels die Notwendigkeit noch immer besteht, Vorstellungen der allerprimitivsten Art über seine Natur entgegenzutreten. Die Kreise sind noch heute breit genug, welche das Termingeschäft sich vorstellen als eine zwischen zwei Personen entrirte Wette über die Kursentwicklung eines bestimmten Papiers an einem bestimmten zukünftigen Tage. Die auf Steigen über einen bestimmten Kurs (à la hausse) wettende Partei erscheint als Käufer, die auf Sinken unter diesen Kurs (à la baisse) wettende als Verkäufer eines bestimmten Quantums zu jenem Kurse auf den betreffenden Termin. Je nach Ausfall der Kursentwicklung zahlt der falsch Wettende, also entweder – bei Sinken – der ‚Käufer‘ oder – bei Steigen – der ‚Verkäufer‘ die Differenz zwischen dem der Wette zu Grunde gelegten Kontraktspreis und dem faktischen am Stichtag sich ergebenden Kurse. – Nun wäre es durchaus voreilig, zu behaupten, daß derartige [Differenz]wetten überhaupt reine Phantasieprodukte seien und gar nicht vorkämen. Sie haben vielmehr von jeher existiert: wie man auf das Leben des Papstes etc. wettete, so hat man auch mit Beginn der börsenmäßigen Preisbildung auf die Kursentwicklung gewettet. Und sie existieren auch heute noch. Aber – und darauf kommt es an – soweit sie existieren, so existieren sie nicht an der Börse. Das börsenmäßige Termingeschäft – es ist nicht zu billigen, daß die juristische Literatur sich vielfach noch immer des absolut nicht technischen Ausdrucks: ‚Differenzgeschäft‘ bedient – hat eine Struktur, die von der primitiven Form einer solchen Differenzwette weit abweicht.“166

Für die kaufvertraglichen Marktaustauschvorgänge der vorkodifikatorischen Handelsrechtspraxis muss man also folgende Unterscheidung vornehmen: Von den Tagkäufen wurden die Zeitkäufe unterschieden, die sich wiederum in Lieferungsverträge (= Forwards) und die börsenmäßig gehandelten Differenzgeschäfte (= Futures) unterteilten. Von den beiden kaufvertraglichen Varianten der Zeitgeschäfte waren wiederum nach der Rechtsprechung die reinen Differenzgeschäfte zu unterscheiden, die praktisch jedoch keine Rolle spielten, und mehr Produkte der „Juristenphantasie, als […] der Wirklichkeit“167 waren.

166 Max Weber, ZHR 45 (1896), 69, 100–102 = MWG I/5, S. 494–496 (Hervorh. wie im Original); vgl. auch dens., Die Börse II., in: Göttinger Arbeiterbibliothek, 2 (1896), 49, 67, 70 = MWG I/5, S. 639, 643. 167 Heinrich Wiener, Verhandlungen des 16. DJT (1883), Band II., S. 217.

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IV. Zur verbleibenden Relevanz der „Differenzgeschäfte“ Rechtspraktisch kommt heute dem Differenz‑ oder Spieleinwand auf den geregelten Futures-Märkten keine Bedeutung mehr zu, da die Annahme des Spielcharakters von Börsengeschäften positivrechtlich im deutschen168 (§ 99 WpHG) und österreichischen Recht (§ 51 BörseG 2018; § 1 Abs. 5 BWG) ausgeschlossen ist und auch das Schweizer Bundesgericht169, trotz des grundsätzlich auf alle Börsengeschäfte anzuwendenden Art. 513 OR, eine restriktive Rechtsprechungslinie verfolgt. Die Klarstellung in § 99 S. 1 WpHG, dass Finanzprodukte, die dem WpHG unterfallen, nicht dem Einwand von Spiel und Wette nach § 762 BGB ausgesetzt sind, kann man entweder als Erinnerung an die Debatten vergangener Zeiten auffassen, oder aber auch als einen mehr oder weniger dezenten Hinweis ansehen, dass über jedem Finanzgeschäft, das nicht dem WpHG unterfällt, das Damoklesschwert hängt, durch die Gerichte zu Spiel und Wette erklärt bzw. umqualifiziert zu werden.170 Diese Gefahr ist in der Schweiz noch weitaus konkreter, da nach Art. 513 S. 2 OR angeordnet ist, dass aus Differenzgeschäften über Waren oder Börsenpapiere, die den Charakter eines Spiels oder einer Wette haben, keine Forderungen entstehen. Und so kann man bei Thomas Bauer in seiner Kommentierung zu dieser Norm nachlesen, dass auch wenn das Bundesgericht die „Differenzgeschäfte“ eng auslegt, dies „nicht darüber hinwegtäuschen [darf], dass Art. 513 für den Finanzplatz Schweiz einen rechtlichen Unsicherheitsfaktor von nicht unerheblicher Tragweite darstellt, dessen Berechtigung unter dem Gesichtspunkt des Normzwecks aus heutiger Sicht mehr denn je anzuzweifeln ist.“171

Und auch in der gegenwärtigen österreichischen Literatur findet sich, gestützt auf die allgemeine Norm des § 1271 ABGB, dass – außerhalb der spezialgesetzlichen Anwendungsbereiche von § 51 BörseG 2018 und § 1 Abs. 5 BWG – reine und verdeckte Differenzgeschäfte als Spiel oder Wette einzuordnen seien.172 Auch wenn rein praktisch, wie soeben skizziert wurde, die Differenzgeschäfte und der Spiel‑ oder Wetteinwand keine allzu große Bedeutung mehr haben, bleiben sie für unser privatrechtstheoretisches Verständnis von der Konstruktion 168 Vgl. dazu Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn. 39; Stefan Grundmann, in: Staub5, Investment Banking II, 8. Teil, Rn. 281; zur Evaluierung der praktischen Bedeutung der Kategorie der Differenzgeschäfte sowie etwaigen Reformbestrebungen vor der Streichung des § 764 BGB a. F. Jürgen Samtleben, Börsentermingeschäfte, in: Börsenreform, S. 469, 485 ff. m. w. N. 169  BGE 120 II 44; dazu Thomas Bauer, in: Basler Kommentar-OR6, Art. 513 Rn. 9 ff. 170 Vgl. hierzu auch die Überlegungen bei Matthias Lehmann, Finanzinstrumente, S. 104 ff. 171  Thomas Bauer, in: Basler Kommentar-OR6, Vor Art. 513–515a Rn. 4. 172  Vgl. Martin Stefula, in: Klang3, §§ 1270–272 Rn. 108 ff.; Andreas Bayer & Georg Nowot‑ ny, in: Kletečka/Schauer, ABGB-ON01.10.2017, § 1271 Rn. 18; Christian Zib, in: Grenzen des Kapitalmarkts – Dialog im Parlament, Band 2, S. 12 ff.

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und Erfüllung von Austauschverträgen von zentraler Bedeutung. Bei der mittlerweile freilich längst abgeklungenen Debatte um die „Differenzgeschäfte“ handelt es sich um eine der größten und grundlegendsten Auseinandersetzungen der jüngeren Privatrechtsgeschichte, in der es um die Kardinalfrage des zivilrechtlichen Austauschverkehrs geht, in welchem Verhältnis der effektive oder reelle Leistungsaustausch zum Ausdruck eines solchen Vertrages durch das Pekuniarinteresse steht. Folgt man denjenigen, die davon ausgehen, dass es „Differenzgeschäfte“ gibt und sie zu bekämpfen seien, so geht damit regelmäßig die Vorstellung eines Primats des physischen Austausches einher. Austauschverträge sind danach reell oder effektiv durch den Austausch von Ware gegen Geld zu erfüllen und die Erfüllung durch die Berechnung einer Geldsumme ist suspekt und im Zweifel als Spiel und Wette zu werten. Für andere sind die im Vertragsrecht zu zahlenden Differenzen nichts anderes als der praktische Vorgang der Umrechnung eines Austauschversprechens in eine Geldsumme  – das Pekuniarinteresse. Die Vorstellung, dass es die „Differenzgeschäfte“ zu bekämpfen gilt, beruht vielfach auf einer tiefsitzenden Abneigung mancher Juristen, Verträge im Wege des Pekuniarinteresses zu begleichen und nur den naturalen Leistungsaustausch als die rechtmäßige Form des Güteraustausches anzuerkennen.173 Dies war jedoch eine Ansicht, die zu der Zeit, in der sie als Argument in Stellung gebracht wurde, bereits antiquiert und nicht haltbar war. Als Konsequenz hat sich jedoch die bis heute nachwirkende Vorstellung etabliert, dass es illegitim sei, sollte ein Austauschvertrag nicht auf den reellen oder physischen Austausch, sondern von vornherein auf die Entrichtung des Pekuniarinteresses gerichtet sein. Die reinen Differenzgeschäfte sind jedoch nichts weiter als Kaufverträge, bei denen von vornherein der Austausch ersetzt wird durch die Bemessung des Pekuniarinteresses nach der Marktpreisdifferenz. Dazu ein einfaches Beispiel: V und K vereinbaren, dass V an K Weizen für 100 zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt X liefert. Wie bereits unter § 6 I. 1. ausgeführt wurde, wäre es nun naiv zu glauben, dass der Leistungsaustausch, der sich dann zwischen V und K in der Zukunft vollzieht, notwendigerweise zum Leistungsaustausch „für“ 100 führt. Welche vermögensmäßigen Effekte der Leistungsaustausch hat, lässt sich nur relativ zum einschlägigen Weizenmarktpreis im Zeitpunkt der Lieferung bestimmen. Dies kann zu Gunsten des Verkäufers (bei Preisrückgängen unter 100) oder zu Gunsten des Käufers (bei Preissteigerungen über 100) ausgehen. Der Vermögenstransfer relativ zum Marktpreis vollzieht sich jedoch gleichermaßen, ob nun Ware gegen Geld ausgetauscht oder ob eine Differenz berechnet und zwischen den Parteien beglichen wird. Indem also die reinen Differenzgeschäfte bekämpft wurden und zum Teil heute noch, wie in der österreichischen Lite173 Siehe hierzu exemplarisch Otto Bähr, Das Börsenspiel und die Gerichtspraxis, Grenzboten 52 (1894), 57 ff. = Gesammelte Aufsätze I., S. 468 ff.

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ratur, als Spiel oder Wette angesehen werden, negiert man die Möglichkeit der Parteien, über die Form der Erfüllung – ob diese im Wege des reellen Leistungsaustausches oder durch die Begleichung des Pekuniarinteresses erfolgen soll – zu bestimmen.174 Eine ganz andere Bewandtnis hat es mit der Etablierung der Indizienlehre über die sog. verdeckten Differenzgeschäfte. Über die Rekonstruktion wurden nicht Spiel‑ oder Wettverträge aufgespürt, sondern es wurde ein sehr fragwürdiges richterliches Kontrollrecht etabliert.175 Die Indizienlehre ist abzulehnen, da sich die Gerichte angemaßt haben zu entscheiden, was ein „wirtschaftlich berechtigtes Geschäft“176 ist und was nicht. Eine solche Trennlinie ist willkürfrei nicht zu ziehen. Denn die angeblich herangezogenen Indizien (Zusammenhang zwischen Spekulationsgeschäft und Beruf, fehlende Kenntnis, Wahl‑ und Planlosigkeit bei Investmententscheidungen etc.) lassen keine eindeutige Entscheidung zu. Wenn nun die Indizienlehre wegen ihrer Konturenlosigkeit fallen gelassen wird, so bedeutet dies freilich nicht, dass der Anleger schutzlos wäre, da er, als eine mögliche Antwort des Anlegerschutzes, im Verhältnis zu seiner Bank oder seinem Broker durch Aufklärungspflichten geschützt wird.177

174 Grundlegend Paul Laband, Das Verbot der Differenzgeschäfte, Politische Wochenschrift 1882, 41. 175  Auch ablehnend Heinrich Honsell, Der Differenzeinwand im Börsenterminhandel, FS Ostheim, S. 263, 270; siehe auch Martin Oppitz, ÖBA 1991, 786, 788 f.; zuvor schon Paul Laband, Politische Wochenschrift 1882, 41, 42: „Sobald man sich bei der Beurtheilung einer auf Zahlung der Kursdifferenz gerichteten Klage auf die Untersuchung der Frage einläßt, ob das einzelne Geschäft nach seinem Zusammenhange mit dem Gewerbebetriebe und den Vermögensumständen der Contrahenten ein gerechtfertigtes und zulässiges Spekulationsgeschäft oder ein leichtsinniges Hazardiren sei, geräth man auf eine haltlose und abschüssige Bahn.“. 176  RGZ 117, 267, 269 (zu § 764 BGB a. F.); siehe auch BGHZ 105, 263; 267; aus der österreichischen Judikatur OGH, ÖBA 1998, 219, 221 (i. E. jedoch den Anwendungsbereich der §§ 1270 ff. einschränkend); vgl. auch Martin Stefula, in: Klang3, §§ 1270–1272 Rn. 117, der von den „Bedürfnissen eines gesunden Geschäftsverkehrs“ spricht; für die Schweiz BGE 120 II 42 (i. E. jedoch den Anwendungsbereich des Art. 513 Abs. 2 OR einschränkend). 177  Die Einzelheiten liegen außerhalb des Fokus dieser Arbeit, vgl. dazu Martin Oppitz, Aktuelle Fragen des Derivatgeschäfts, ÖBA 2013, 321 ff., Thomas Bauer, in: Basler Kommentar-OR6, Vor Art. 513–515a Rn. 4 und Art. 513 Rn. 12 und allgemein Peter O. Mülbert, Anlegerschutz und Finanzmarktregulierung, ZHR 177 (2013), 160, 194 ff.; zum Informationspflichtenregime nach §§ 63 ff. WpHG (vormals § 31 WpHG a. F.) ausführlich Stefan Grundmann, in: Staub5, Investment Banking II, 8. Teil, Rn. 123 ff.

§ 12 Kaufverträge als Derivate Bei aller Komplexität der heutigen Finanz‑ und Warenmärkte und der auf ihnen gehandelten Rechtsprodukte hat sich über die Jahrhunderte ein Grundraster etabliert, wie die unterschiedlichen Austauschverträge und die mit ihnen zusammenhängenden Märkte unterschieden werden können. So wird das Kassa‑ geschäft (früher: Taggeschäft oder Baarkauf; auch Lokogeschäft im Warenverkehr; marché au comptant; spot contract) von dem Termin‑ oder Zeitgeschäft (marché à terme; time contract) gesondert. Kassageschäfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf den „sofortigen“ Leistungsvollzug gerichtet sind.178 Bei den Termin‑ oder Zeitgeschäften ist hingegen der Fälligkeitstermin auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt verschoben. Entsprechend der Kategorisierung der Produkte wird auch zwischen dem Kassa‑ und dem Terminmarkt unterschieden, die ganz unterschiedlichen Rechtsregimes unterfallen.179 So kann etwa ein Forward bilateral auf dem allgemeinen Vertragsabschlussmarkt abgeschlossen oder es kann eine long oder short position auf einem organisierten Futures-Markt erworben werden. Innerhalb der Gruppe der Termin‑ oder Zeitgeschäfte wird wiederum zwischen den festen oder unbedingten (symmetrischen) Termingeschäften (Forwards und Futures) und den bedingten (asymmetrischen) Termingeschäften (Optionen) differenziert.180 Zusammen bilden sie die Grundformen der Termingeschäfte, die alle als Derivate bezeichnet werden.181 In der gesellschaftspolitischen Debatte um die globale Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 wurde der Begriff der Derivate als Blankettbegriff verwendet, um über die Legitimität von Finanzprodukten 178  Nach europäischem Kapitalmarktrecht werden als Kassageschäfte Verkaufsgeschäfte angesehen, die nach ihren Bedingungen innerhalb von zwei Tagen zu vollziehen sind (vgl. Art. 38 Abs. 2 S. 1 VO (EG) Nr. 1287/2006; dazu Jens-Hinrich Binder, Finanztermingeschäfte, in: BankR2, Rn. 37/12); für die Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Arthur Nußbaum, BörsG, S. 233 Abs. 51; für das 19. Jahrhundert: Carl Samuel Grünhut, Die Börsengeschäfte, in: Endemann’s Hdb. d. HR III., § 278 (= S. 5); Karl Gareis, Das Kaufgeschäft, in: Endemann’s Hdb. d. HR II., § 264 (= S. 585). 179  Dazu bereits § 4; vgl. ferner Klaus Spremann & Pascal Gantenbein, Finanzmärkte3, S.  211 f.; Alexander Brauneis, Erwin Dornauer & Roland Mestel, Finanzwissen  – allgemein verständlich: Zinsinstrumente, ÖBA 2014, 8. 180  Bernd Rudolph & Klaus Schäfer, Derivative Finanzmarktinstrumente, Abschnitt 2.1. (= S.  16 f.); Susanne Kalss, Martin Oppitz & Johannes Zollner, Kapitalmarktrecht2, § 35 Rn. 8; Theodor Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 53 Rn. 25 ff. 181  Dazu prägnant: Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 4 f.

§ 12 Kaufverträge als Derivate

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und die Praktiken der Finanzindustrie insgesamt lautstark nachzudenken.182 In der Finanzmathematik und im Kapitalmarktrecht hingegen bezeichnet er zunächst nichts weiter als eine Relation, die sämtliche Finanzprodukte aufweisen, die unter diesen Oberbegriff gefasst werden: Ein Derivat ist ein Vertrag, dessen Wert sich aus einem Basiswert (underlying) ableiten lässt.183 Der für das jeweilige Derivat maßgebliche Basiswert kann grundsätzlich beliebig definiert werden184; oft wird er aber im Verhältnis zum Marktpreis des gehandelten Gegenstands ausgedrückt.185 Der Begriff der Derivate ist zudem ein Anknüpfungspunkt für den Kapitalmarktgesetzgeber, um die unterschiedlichen Finanzinstrumente unter ein einheitliches Regulierungsregime zu stellen. Die damit einhergehenden Klassifizierungs‑ und Abgrenzungsschwierigkeiten, welche Finanzmarktprodukte unter die Regelungsmaterie des WpHG oder unter andere Kapitalmarktgesetze fallen, interessieren im vorliegenden Kontext nicht weiter.186 Hier interessiert uns, was es mit dem derivare auf sich hat, welche Bedeutung also der allgemeinen ökonomischen Beschreibung zukommt, dass ein Finanzinstrument seinen Wert von einem Basiswert (= underlying) ableitet. Zunächst ist der Frage nachzugehen, welche Bedeutung der Unterscheidung zukommt, dass die Derivate in unbedingte Termingeschäfte und bedingte Termingeschäfte unterteilt werden (unter I.). Danach ist zu fragen, ob nicht jeder Kaufvertrag ein Derivat ist und inwieweit diese Fragestellung uns hilft, die Funktionsweise und Bewertung von Austauschverträgen in der Marktwirtschaft besser zu erfassen (unter II.).

182 Dazu

statt vieler Robert J. Shiller, Finance and the Good Society, S. 75 ff.  Vgl. die Definition in § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG: „Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind […] Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) […]“; dazu Jens-Hinrich Bin‑ der, Finanztermingeschäfte, in: BankRK2, Rn.  3 f.; Peter Jung, in: Fuchs, WpHG2, § 2 Rn. 39 ff.; Mathias Casper, Das neue Recht der Termingeschäfte, WM 2003, 161 f.; Matthias Lehmann, Finanzinstrumente, S. 337 ff.; vgl. ferner Timothy E. Lynch, Derivatives: A Twenty-First Century Understanding, Loy. U. Chi. L. J. 43 (2011), 1 ff.; Philipp Fuchs & Armin J. Kammel, Derivate im österreichischen Recht – Ausgewählte vertrags‑ und aufsichtsrechtliche Aspekte, ÖBA 2010, 598; aus der ökonomischen Literatur John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 1: „A derivative can be defined as a financial instrument whose value depends on (or derives from) the values of other, more basic, underlying variables.“ (Hervorh. wie im Original); Roy E. Bailey, The Economics of Financial Markets, S. 4 f. 184  Dazu Günter Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, S. 23 ff. 185 John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 1: „Very often the variables underlying derivatives are the prices of traded assets“. 186  Siehe hierzu nur Günter Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, S. 10 ff.; Mathias Casper, WM 2003, 161, 162 ff.; Jürgen Samtleben, Das Börsentermingeschäft ist tot – es lebe das Finanztermingeschäft?, ZBB 2003, 69 ff.; Jens-Hinrich Binder, ZHR 169 (2005), 329, 336 ff.; aus kollisionsrechtlicher Perspektive Rüdiger Wilhelmi, Derivate und Internationales Privatrecht, RIW 2016, 253 ff.; ferner jüngst monographisch: Andreas Kerkemeyer, Möglichkeiten und Grenzen bei der Regulierung von Derivaten, 2018. 183

248

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

I. Unbedingte, symmetrische und bedingte, asymmetrische Termingeschäfte Die Unterscheidung zwischen unbedingten, symmetrischen und bedingten, asymmetrischen Termingeschäften ist alt. Sie findet sich bereits bei Jean-Pierre Ricard – also jenem Autor, der die Funktionsweise der Amsterdamer Terminbörse zu Anfang des 17. Jahrhunderts ausführlich geschildert hat (§ 10 I.) –, der den „marché ferme“ (Terminkauf) vom „marché à option“ (Optionskauf) unterscheidet.187 Die Unterscheidung ist auch der Ausgangspunkt für die Pionierwerke der Finanzmathematik von Louis Bachelier und Vinzenz Bronzin zu Anfang des 20. Jahrhunderts, welche die opération fermée oder das „feste Geschäft“ von der opération à prime oder dem „Prämiengeschäft“ unterscheiden.188 In der heute üblichen Terminologie ausgedrückt, zählen zu den „festen“ Termingeschäften der außerbörslich abgeschlossene Forward und die börslich gehandelten Börsentermingeschäfte oder der Futures-Kontrakt. Sie sind fest oder unbedingt, da die beiderseitigen vertraglichen Leistungspflichten bindend festgelegt und nicht von der Ausübung eines Wahlrechts abhängig sind. Als bedingtes Termingeschäft werden hingegen die Optionen eingeordnet.189 Bei den Optionen, von denen bislang noch nicht die Rede war, handelt es sich um bedingte Termingeschäfte, da die Durchführung des Termingeschäftes von der Wahl des Inhabers der Option abhängt. Durch das Optionsgeschäft erwirbt der Optionsinhaber aufgrund der Zahlung einer Prämie das Recht, ein Gut zu einem in der Gegenwart festgelegten Preis (sog. exercise oder strike price) zu einem in der Zukunft liegenden Termin (Verfallsdatum oder Verfallstag, ex‑ piration date oder maturity) an den Stillhalter zu verkaufen (put option) oder von diesem zu kaufen (call option). Die Höhe der Prämie wird – anders als bei 187  Jean-Pierre Ricard, Le Negoce d’Amsterdam, S. 52; siehe auch Isaac de Pinto, Traité de la Circulation et du Crédit, S. 268 f. 188 Louis Bachelier, Annales scientifiques de l’École Normale Supérieure, 3e série, 17 (1900), S. 22 = Mark Davis & Alison Etheridge, Louis Bachelier’s Theory of Speculation, S. 118: „Il y a deux sortes d’opérations à terme: Les opérations fermes; Les operations à prime.“; Vinzenz Bronzin, Theorie der Prämiengeschäfte, S. 1: „Die Börsengeschäfte teilen wir in Kassa‑ und in Zeitgeschäfte ein, je nachdem bei denselben die Lieferung der gehandelten Objekte sofort nach Abschluß des Kontrakts oder erst an einem späteren bestimmten Termin zu erfolgen hat. Die Zeitgeschäfte sind ihrerseits entweder fest oder, wie man zu sagen pflegt, Prämiengeschäfte: Bei ersteren müssen die gehandelten Stücke am Lieferungstermin unbedingt abgenommen resp. geliefert werden, bei letzteren hingegen erlangt einer der Kontrahenten, durch eine beim Abschlusse des Geschäftes geleistete Zahlung, das Recht am Lieferungstermin entweder auf Erfüllung des Kontrakts zu bestehen oder von demselben gänzlich resp. teilweise zurückzutreten.“. 189  Einführend: John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 8 ff., 209 ff. und Alexander Brauneis & Roland Mestel, Finanzwissen – allgemein verständlich: Bedingte Termingeschäfte, ÖBA 2014, 894 ff.; Theodor Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 53 Rn. 25 f.; ferner ausführlich Mathias Casper, Der Optionsvertrag, S. 244 ff.; zu den historischen Entwicklungen Emanuel Leser, Zur Geschichte der Prämiengeschäfte, FG Knies, S. 209 ff.

§ 12 Kaufverträge als Derivate

249

den unbedingten Termingeschäften190 – auf der Grundlage unterschiedlicher approximativer Optionsbewertungsmodelle berechnet (am bekanntesten sind das Black-Scholes-Modell und das Binomialmodell), die insbesondere Methoden der Wahrscheinlichkeitsberechnung einbeziehen.191 Die Unterscheidung zwischen den festen und den bedingten Termingeschäften steht in Beziehung zu den bei ihnen festzustellenden unterschiedlichen Risiko‑ profilen. Während man beim Forward und Futures-Kontrakt davon spricht, dass sie ein symmetrisches Risikoprofil haben, sind die Optionen mit einem asym‑ metrischen Risikoprofil ausgestattet.192 Die Bedeutung der Ausgestaltung des Risikoprofils für die rechtliche Erfassung von Vertragsversprechen sollte dem Leser dieses Buches nicht vollkommen fremd sein. Denn bereits im Rahmen der „ökonomischen Vermessung des Kaufversprechens“ (oben unter § 6 II.) wurde ausgeführt, dass Kaufverträge lineare Produkte sind. Durch die Festlegung des Kaufpreises wird erreicht, dass das Basisrisiko von Marktpreisschwankungen im Erfüllungszeitpunkt zwischen den Parteien verteilt wird. Die lineare Struktur eines jeden Kaufvertrages lässt sich anhand der payoff-Diagramme bildlich darlegen und quantifizieren.193 Der Verkäufer trägt das Risiko von Preissteigerungen über den Kaufpreis, das theoretisch unbegrenzt ist, während der Käufer das Risiko eines Preisverfalls – der Wert kann theoretisch bis Null herabsinken – zu tragen hat. Zwischen dem Forward und dem Futures-Kontrakt besteht in Bezug auf die Risikostruktur des Austauschversprechens kein Unterschied. Sie ist identisch. Demgegenüber ist die Risikostruktur der Option asymmetrisch, da dem Stillhalter bei Ausübung der Option ein (theoretisch unbegrenztes, wenn auch stochastisch im Wesentlichen ausgeschlossenes) Verlustrisiko droht, und sich seine Gewinnmöglichkeit auf die Höhe der Prämie beschränkt. Die Unterschiede zwischen einer symmetrischen und asymmetrischen Risikostruktur lassen sich am besten anhand eines Beispielsfalls illustrieren: Der Kauf eines Gegenstands über einen Forward wird verglichen mit dem Erwerb mit Hilfe einer europäischen call option, bei der nur am Verfallstag die Option ausgeübt werden kann. Nehmen wir dafür an, dass B von A einen Gegenstand zu einem Kaufpreis von 50 für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt X kauft (a) oder aber er von A eine call option für eine Prämie von 10 (b) erwirbt.194 Beide Instrumente sind in Abbildung 24 mit ihren spezifischen payoff-Profilen dargestellt. 190 Dazu

oben § 6 II. 2 a.  John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S.  272 ff., 319 ff.; Martin Bösch, Derivate3, S. 74 ff. 192 Vgl. etwa Günter Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, S. 3; Thorsten Becker, in: Grunewald/Schlitt, KapitalmarktR3, § 7 II. 1 f. (= S. 138 ff.). 193  Vgl. hierzu die Abbildungen 9 und 10 (oben § 6 II. 1.). 194 Für die Anschauungszwecke und um das Beispiel einfach zu halten, interessiert hier nicht weiter, wie die Höhe der Prämie zu berechnen wäre, vgl. dazu die Nachw. in Fn. III 191. 191

250

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures 30 Kaufpreis/ strike price

payoff

20

(a) (b)

10 0

Prämie

−10 −20 −30 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Marktpreis Abbildung 24: long position (a) vers. call option (b)

Beide Instrumente dienen dazu, B vor etwaigen Marktpreisrisiken abzusichern. Diese Aufgabe erfüllen beide Instrumente jedoch auf eine sehr unterschiedliche Art und Weise. Sollte der Marktpreis im Erfüllungszeitpunkt über dem Kaufpreis liegen, ist es für B günstiger, einen Forward abgeschlossen zu haben, da er hierbei die Kosten für die Prämie einspart und er die Kaufsache für den Kaufpreis von 50 erlangt. Hätte B hingegen in diesem Szenario eine call option abgeschlossen, so sollte er diese in jedem Fall auch ausüben, da er zumindest seinen Verlust in Höhe der Prämie durch den Erwerb zum strike price vermindern kann.195 Das Ausmaß der mit dem Forward oder der Option erzielten Preisabsicherung lässt sich relativ zum Marktpreis am Erfüllungszeitpunkt beziehungsweise Verfallsdatum an der vertikalen Achse ablesen. Der Wert, um den der Erwerb des jeweiligen Gegenstands oder Finanztitels mit Hilfe einer Option teurer ist als der Erwerb über einen Forward, nämlich der Preis der Prämie, ergibt sich aus der (seitlichen) parallelen Verschiebung des payoff-Graphen der Option im Verhältnis zu dem Graphen des Forwards. Liegt der Marktpreis der Kaufsache unterhalb des Kaufpreises, so wird B die Option nicht ausüben und den Gegenstand für den günstigeren Preis auf dem Spotmarkt einkaufen. Unser B kann hier die asymmetrische Risikostruktur der call option nutzen. Er zahlt seine Prämie an A für den „Dienst“ aussteigen zu können, jedoch zugleich auch vor etwaigen Preissteigerungen über den strike price abgesichert zu sein. Diese Möglichkeit besteht im Fall des Forwards, also des Kaufvertrages, nicht. B hat hier als Käufer aufgrund der symmetrischen 195

 Dazu John C. Hull, Options, futures and other derivatives10, S. 210.

§ 12 Kaufverträge als Derivate

251

Risikostruktur des Kaufvertrages die Risiken infolge eines Preisverfalls unter die Marke des Kaufpreises zu tragen. B muss an A den Kaufpreis zahlen, auch wenn er die Kaufsache billiger am Markt einkaufen kann.

II. Die Bedeutung der Bemessung des wirtschaftlichen Wertes von Marktaustauschvorgängen In der vorangegangenen Gegenüberstellung der Durchführung eines Erwerbvorgangs mit Hilfe eines Forwards oder einer call option wurde exemplarisch dargestellt, welches der beiden Instrumente für den Erwerber in Abhängigkeit zur Marktpreisentwicklung (Steigen oder Fallen des Marktpreises im Erfüllungszeitpunkt relativ zum Kaufpreis bzw. strike price) günstiger ist. Dabei wurde jeweils der theoretisch denkbare Wert bestimmt, den der Forward beziehungsweise die call option für B jeweils im Erfüllungszeitpunkt haben kann, ob sich also ein positiver oder negativer payoff für B einstellt. Oder anders gesagt, es wurde der Wert zweier unterschiedlicher Derivate in Relation zum Marktpreis, dem Basiswert oder underlying, ermittelt. Nun sind Forwards nichts weiter als „einfache“ Kaufverträge, bei denen die Fälligkeit der gegenseitigen Leistungspflichten auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt verschoben ist. Bedeutet dies somit, dass jeder Kaufvertrag ein Derivat ist? Auf den „einfachen“ Kaufvertrag angewendet kann man formulieren: Der Kaufvertrag ist ein Instrument, der seinen Wert von einem Basiswert  – dem Marktpreis der Kaufsache – ableitet. Sobald also Vertragsversprechen in Bezug auf einen allgemeinen Wertmaßstab und einen feststellbaren allgemeinen Marktpreis bewertet werden, existieren Derivate. Hinter dieser Feststellung verbirgt sich eine wesentlich grundlegendere Aussage: Auf der Bewertung von Austauschvorgängen, die auf der „Geldrechnung“ beruht, baut die von Max Weber umschriebene formale Rationalität der Marktwirtschaft auf.196 Basiswerte können auf organisierten Märkten beliebig definiert werden.197 Im allgemeinen Marktverkehr ist dieser Basiswert der Marktpreis eines bestimmten Gegenstands in einem geographischen Markt und einer bestimmten Marktstufe.198 Erst durch die Marktpreise können wir den economic calculus im Sinne von Hayek vollziehen und wissen, was etwas wert ist.199 In unserem Wirtschaftssystem sind wir auf die Marktpreise angewiesen, da wir ohne sie wertblind sind. Eine Aussage über den Wert lässt sich nur schwer treffen – die vielen ökonomischen Er196  Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologie, MWG I/23, S. 285; siehe hierzu schon § 2. 197  Vgl. dazu Fn. III 184 f. 198  Dazu § 8 III. 2. 199 Dazu § 3 II.

252

Dritter Teil: Börsentermingeschäfte – Futures

klärungsmodelle sind Zeuge davon200 –, sodass wir das empirische Ergebnis der Marktvorgänge in Form der Marktpreise als den maßgeblichen Wertmaßstab anerkennen. Vor dem Hintergrund der Bedeutung rationaler Bewertung von Austauschvorgängen in unserer Rechts‑ und Wirtschaftsordnung lässt sich auch erklären, warum die Ermittlung der unterschiedlichen „Differenzen“ eine so große Bedeutung in allen Teilen dieses Buches eingenommen hat, sei es bei der wirtschaftlichen Bewertung des naturalen kaufvertraglichen Leistungsaustausches (§ 6), der Berechnung des Nichterfüllungsschadens auf der Grundlage der Marktpreisdifferenz (§ 8), dem Glattstellen am Futures-Markt oder zu guter Letzt beim sog. cash settlement bei der Beendigung des Futures-Handels (§§ 9, 10). Die Differenzbildung im Zeitpunkt der Erfüllung ergibt das wirtschaftliche Endergebnis des Austausches. Der jeweils zu Gunsten einer Partei ausfallende Differenzbetrag ist der monetär quantifizierbare Ausdruck des Umstands, dass Austauschverträge im Umfeld variabler Marktpreise abgeschlossen werden. Rechtlich repräsentieren die Differenzbeträge das Pekuniarinteresse. Durch ihre Errechnung lässt sich der monetäre Wert eines jeden Marktaustauschvertrages beziffern und neben dem naturalen Leistungsaustausch eine weitere Form der Erfüllung etablieren.

200

 Dazu § 3 I.

Schluss „Ja man kann sagen, daß von Rechts wegen alle Kaufverträge Differenzgeschäfte sind;“ Paul Laband, Politische Wochenschrift 1882, 41

I. Marktaustauschvorgänge können entweder durch den effektiven Austausch oder durch die Leistung des Pekuniarinteresses vollzogen werden. Der gesamte Austauschverkehr unserer Marktwirtschaft baut auf diesen beiden Varianten der Erfüllung auf und wird durch diese abgewickelt. Die überragende praktische wie auch historische Bedeutung, die dabei dem Pekuniarinteresse zukommt, hat Paul Laband im Zusammenhang mit der Diskussion um die Rechtsnatur der Börsentermingeschäfte und der Plausibilität ihres Verbots messerscharf formuliert: „Bei keinerlei Verträgen des Privatrechts übt der Staat (die Rechtsordnung) irgend welchen Zwang aus, daß sie wider den übereinstimmenden Willen der Betheiligten in einer bestimmten Weise erfüllt werden müssen; den Contrahenten ist es stets gestattet, von der effectiven Leistung Abstand zu nehmen und eine andere Erfüllungsart zu vereinbaren. Ja man kann sagen, daß von Rechts wegen alle Kaufverträge Differenzgeschäfte sind; denn das Römische Recht kennt überhaupt keine andere Klage des Käufers oder Verkäufers als auf Zahlung des id quod interest; das Recht versagt jeden Zwang gegen den Mitcontrahenten auf effective Lieferung oder Abnahme; es verlangt von ihm nur, daß er entweder erfülle oder den Mitcontrahenten für Nichterfüllung schadlos halte. Bei den auf eine fixe Erfüllungszeit geschlossenen Kaufverträgen in Betreff von Waaren, die einen Börsen‑ oder Marktpreis haben, besteht nur die Besonderheit, daß sich das id quod interest in einfacher und meist zweifelloser Weise durch die Differenz zwischen dem vereinbarten Kurse und dem thatsächlichen zur Zeit und am Ort der Erfüllung bestehenden Kurs berechnet, daß also das quidquid ex bona fide dare facere praestare portet sich auf die Zahlung dieser Differenz reduziert.“1 1  Paul Laband, Politische Wochenschrift 1882, 41 (Hervorh. durch den Verf.). Labands Ausführungen sind geradezu prophetisch, zu einer Zeit, in der die Börsengeschäfte als Börsenspiele, als Spiel und Wette stigmatisiert wurden und man glaubte mit den (reinen) Differenzgeschäften eine passende juristische Kategorie zur Behandlung der Spekulation gefunden zu haben (dazu § 11). Anders als Laband hatten viele seiner Zeitgenossen nicht erkannt, dass man damit die

254

Schluss

Zeitgleich hat Oliver Wendel Holmes in seinem berühmten, auf der anderen Seite des Atlantiks 1882 erschienenen Werk „The Common Law“ denselben Gedanken für das anglo-amerikanische Recht artikuliert: „The only universal consequence of a legally binding promise is, that the law makes the promisor pay damages if the promised event does not come to pass.“2 Im klassichen römischen Recht, wie es in der Maxime omnis condemnatio est pecuniaria zum Ausdruck kommt, wie auch im common law war der Standardrechtsbehelf für die gerichtliche Erzwingung eines Vertragsversprechens die Bestimmung einer Geldsumme, die Zahlung des id quod interest beziehungsweise die Zahlung von pecuniary damages.3 Wenn nun Laband in diesem Kontext davon spricht, dass sämtliche Kaufverträge Differenzgeschäfte sind, so gibt er uns damit den entscheidenden Hinweis, welches juristisch-ökonomische Grundprinzip sich sämtliche Austauschverträge vom „einfachen“ Kaufvertrag bis hin zum Futures-Kontrakt zu Nutze machen: In all diesen Austauschverträgen kommt auf ganz unterschiedliche Art und Weise die Rechtstechnik zur Anwendung, dass ein zweiseitiges Austauschversprechen durch die Berechnung einer Differenz zwischen einem Kaufpreis und einem Marktpreis in einen auf einen Geldbetrag lautenden Anspruch umgewandelt werden kann. Durch die Bestimmung des Differenzbetrags oder, was gleichbedeutend ist, durch die Errechnung des Pekuniarinteresses nach der Differenztheorie, wird neben der Naturalerfüllung (Geld gegen Ware) eine alternative Form der Erfüllung etabliert. Infolge dieses Rechenvorgangs wird das wirtschaftliche Ergebnis des reellen Leistungsaustausches monetär repliziert und ein Zusammenhang zwischen dem individuellen Vertragsschluss und dem Preisniveau desjenigen Marktes hergestellt, in dem der Vertrag abgeschlossen wurde. Es kommt zu einer Abgleichung des vertraglich vereinbarten Preises und der Marktrealität. Der Kaufvertrag als Marktaustauschvorgang leitet seinen Wert dabei vom Marktpreis ab – wirtschaftlich betrachtet ist er ein Derivat. Mit Hilfe dieses Ansatzes lässt sich erklären, welche Bedeutung und Funktion dem Kaufvertrag als dem paradigmatischen Fall eines Austauschvertrages in unserer Marktwirtschaft zukommt. Der Pionier der Finanzmathematik Louis Bachelier hat vor dem Hintergrund der Feststellung, dass die Entwicklung von Marktpreisen nicht prognostizierbar ist und sie ein Produkt des Zufalls sind, den (einfachen) Kaufvertrag als ein faires Spiel oder  – wie man heute sagen würde  – ein martingale charakterisiert: „L’espérance d’une opération ne peut Möglichkeit, einen jeden Austauschvertrag durch das Pekuniarinteresse auszudrücken, in Frage gestellt hatte. 2  Oliver Wendel Holmes, The Common Law, S. 301; zur Einordnung der Aussage von Holmes vgl. § 7 I. 2. b. 3  Vgl. hierzu auch Horst Heinrich Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 174. Vgl. zur Gegenüberstellung des materiellrechtlich gedachten Naturalerfüllungsanspruchs deutscher Prägung und des Rechtsbehelfsmodells englischer Prägung oben § 7 I.

Schluss

255

être positive ou négative que s’il se produit un mouvement des cours, a priori elle est nulle.“4 Keine der Parteien kann ein Bias haben, ob die Preise zukünftig steigen oder fallen werden. Sie können jedoch das Basisrisiko von Marktpreisschwankungen – die Ungewissheit über die Wertentwicklung – vertraglich verteilen, indem sie sich über den Kaufpreis einigen (dazu § 6 II. 2. b.). Der Verkäufer ist vor einem Preisverfall unter den Kaufpreis und der Käufer vor einer Preissteigerung über den Kaufpreis geschützt. Oder man kann auch sagen: Der Verkäufer kann die Kaufsache zum Kaufpreis veräußern und der Käufer diese zu diesem Preis erwerben, selbst wenn der wirkliche Marktpreis ein anderer sein wird. Mit der Vereinbarung des Kaufpreises ist jedoch zugleich gesagt, dass die Parteien in jedem Fall mit dem jeweiligen wirtschaftlichen (End‑)Ergebnis leben müssen, unabhängig davon, ob sich das Geschäft als für sie „gut“ oder „schlecht“ herausstellt. Im Nichterfüllungsszenario wird die Beziehung zwischen dem Preis und dem wirklichen Wert der Kaufsache aufgelöst. Um die Funktionsweise und Logik der Bemessungsgrundlage des Schadensersatzes statt der Leistung zu erfassen, ist es wichtig, die Ebene des naturalen Leistungsaustausches (Geld gegen Ware), so wie er in § 433 BGB festgelegt ist, einerseits und den Vorgang der Reproduktion des kaufvertraglichen Austauschvorgangs in einer Geldsumme anderseits klar zu unterscheiden. Wird etwa ein Kaufvertrag zum Marktpreis abgeschlossen, so hat dieser Vertrag – so verwunderlich dies auch zunächst klingen mag – bei einem gleichbleibenden Marktpreis im Erfüllungszeitpunkt einen Wert von null. Die entsprechenden Waren sind am Markt zum vereinbarten Preis zu erwerben. Es vollzieht sich ein Aktiventausch. Im Fall der Nichterfüllung besteht in einem solchen Fall kein Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung. Nur das „Rechtzeitigkeitsinteresse“ wird durch den Verzugsschaden abgesichert (dazu § 8 IV.). Ein Nichterfüllungsanspruch hätte nur bestanden, wenn sich eine Preisbewegung zugunsten des Anspruchsinhabers eingestellt hätte. Mit der Marktpreisdifferenz ist die zivilistische Grundmethode benannt, nach der das Pekuniarinteresse bei sämtlichen kaufvertraglichen Austauschverträgen vom einfachen, bilateralen Kaufvertrag bis hin zum börsenmäßig gehandelten Futures-Kontrakt bestimmt wird. Bei Letzterem besteht der Clou darin, dass die Quantifizierung des Pekuniarinteresses eines jeden einzelnen Vertrages, ja jeder einzelnen position, in tagtäglich durchgeführten, millionenfachen Rechenvorgängen automatisiert bestimmt und ein positiver oder negativer Wert auf dem Konto der jeweiligen Handelspartner verbucht wird.

4 Louis Bachelier, Annales scientifiques de l’École Normale Supérieure, 3e série, 17 (1900), S. 34 = Mark Davis & Alison Etheridge, Louis Bachelier’s Theory of Speculation, S. 130 (Hervorh. wie im Original) [= Die Erwartung in ein Geschäft kann nicht positiv oder negativ sein, es sei denn, sie ist durch eine Preisbewegung herbeigeführt, a priori ist sie null.] (Übersetzung durch Verf.); dazu bereits unter § 6 III.

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Schluss

II. 1. Vom quantitativen Tauschverhältnis zum Preis. Im Ausgangspunkt besteht ein qualitativer Unterschied zwischen dem naturalen Leistungsaustausch und dem Pekuniarinteresse. Der effektive Austausch führt zum Eigentumserwerb an dem begehrten Gut, wohingegen bei der Berechnung des Pekuniarinteresses die vermögensmäßige, wirtschaftliche Wirkung des Austauschvorgangs abgebildet wird. Aber auch beim effektiven Austausch werden die Parteien den jeweiligen Vertrag meist mit Blick auf das Preisniveau eines bestimmten Marktes aushandeln und abschließen. Nicht zwingend ist dies jedoch zunächst beim Tausch, beim sog. „naiven“ Tausch (§ 5 I.). Hier werden zwei Gegenstände um des Erwerbs willen ausgetauscht, ohne dass der Wert beider Tauschobjekte anhand eines dritten Maßstabs taxiert wird. Die Briefmarke oder Baseballkarte wird beispielsweise ausgetauscht, um die eigene Sammlung zu komplettieren, dem Freund entgegenzukommen usw. Aber auch hier kann es zur Quantifizierung des Wertes, zur Bewertung der Karten kommen, indem etwa eine Karte als besonders wertvoll angesehen wird, und ihr ein höherer Tauschwert zugeschrieben wird als anderen Spielkarten. Was sich hier einstellt, ist die Rationalisierung der Bewertung des Tauschwertes von Gütern. Beim Tausch existiert aber kein Preis für das einzelne Tauschgut, der zum Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung gemacht wird, sondern die Parteien müssen sich auf ein quantitatives Tausch‑ verhältnis einigen; z. B. drei rote Karten gegen eine blaue Karte. Das ändert sich beim Kauf durch die Möglichkeit der Festlegung einer Ziffer: den Preis. 2. Das nominalistische Fundament des Kaufs. Dass es Preise geben kann, beruht auf dem nominalistischen Fundament des Kaufs (§ 5 II. 2.). Erst durch die von einer Währung vorgegebenen Rechnungseinheiten und der zwingenden gedanklichen Ausblendung von Geldentwertungseffekten, lassen sich Preise vertraglich fixieren. Hierdurch ändert sich auch grundlegend die Art und Weise der Konzipierung und Durchführung von Austauschvorgängen. So lassen sich Preislisten erstellen, ohne dass die Marktteilnehmer wie auf einem Tauschmarkt mit einer mit jedem zusätzlichen Gut schwindelerregend steigenden Anzahl von Tauschkombinationen konfrontiert sind. Mit der Festlegung eines Preises ist jedoch längst nicht gesagt, dass die Kaufsache wertmäßig dem Kaufpreis entspricht. Denn dies würde voraussetzen, dass sich der Kaufpreis und der Marktpreis der Kaufsache decken. Die teils vorgetragene Vorstellung einer „subjektiven Äquivalenz“, nach der angeblich davon auszugehen sei, dass Parteien regelmäßig von einem solchen Gleichlauf ausgehen, ist nicht haltbar, willensmäßig nicht nachweisbar und letztendlich in einer Marktwirtschaft naiv (§ 6 I. 1.). Sie läuft darauf hinaus zu sagen, dass die Kaufsache X Euro wert ist, da sie für X Euro verkauft wurde. Die Dinge sind komplexer, da die Parteien eines jeden Kaufvertrages mit einem beim Vertragsschluss oft unbekannten und auch potenziell schwankenden

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Marktpreis der Kaufsache im Erfüllungszeitpunkt konfrontiert sind. Der Zeitraum zwischen dem Vertragsschluss und der Erfüllung kann, wie beim Handkauf, denkbar kurz und vernachlässigbar sein, aber auch, wie beim Forward, beliebig lang sein. In jedem Fall wird zunächst durch den Kaufpreis nur ein interpersonaler Austauschwert festgelegt. Mit der Vereinbarung des Kaufpreises ist aber noch nicht gesagt, wie sich der Kauf wertmäßig relativ zum Marktpreis der Sache auch tatsächlich vollzieht. Aufgrund des Grundsatzes des Nominalismus ergibt sich, dass bei der Bewertung des Austausches nur noch mit einem variablen Wert zu rechnen ist: dem Wert der Kaufsache, ausgedrückt im Marktpreis desjenigen Marktes, in dem sich die Parteien treffen und den Vertrag abgeschlossen haben (§ 3 III. 3. c. a.E., § 5 II. 2. d. und § 6 II. 2. b. a.E.). Anders als beim Tausch, bei dem potenziell zwei Werte, nämlich die Marktwerte beider Tauschobjekte ungewiss sind und über die Zeit schwanken können, ist beim Kauf nur mit dem schwankenden Wert der Kaufsache zu rechnen. Ja, eine der Hauptaufgaben des Kaufvertrages ist es, das Risiko potenzieller Preisschwankungen der Kaufsache zwischen den Parteien aufzuteilen. 3. Die monetäre Quantifizierung von Kaufversprechen. Als Marktaustauschvorgang bewirkt jeder effektive kaufvertragliche Leistungsaustausch nicht nur den Eigentumserwerb Ware gegen Geld, sondern er lässt sich auch zugleich relativ zum Marktpreis des veräußerten Gegenstands bewerten. Um das in einem jeden Kaufvertrag angelegte Risikoprofil zu erfassen, muss man erkennen, dass jeder Vertragsschluss in Bezug auf einen besonderen Markt abgeschlossen und vollzogen wird. Die einzelnen Verträge in ihrer Gesamtheit sind konstitutiv für den Markt (§ 2) und die in ihm zu messenden Marktpreise (§ 3 III.). Und relativ zum Marktpreis des Marktes, in dem der einzelne Vertrag abgeschlossen wurde, kann die wirtschaftliche Güte des Austauschvorgangs quantifiziert und bewertet werden. Kaufverträge sind, wie erstmals in der Finanzmathematik Ende des 19. Jahrhunderts festgestellt wurde, lineare Produkte mit einer symmetrischen Risikostruktur, deren praktische Auswirkung über den sog. payoff-Wert quantifiziert werden kann (§ 6 II.). Der Käufer ist durch den Abschluss des Kaufvertrages vor Preissteigerungen über den Kaufpreis, der Verkäufer vor einem Preisver‑ fall unterhalb des Kaufpreises geschützt. Der payoff des Käufers ist bei Preissteigerung positiv (Differenz aus dem Marktpreis und dem Kaufpreis), während er zugleich beim Verkäufer negativ ausfällt. Beim Preisverfall liegen die Dinge entsprechend umgekehrt. Durch die Berechnung der Differenz zwischen dem Kauf‑ und Marktpreis, gemessen in Form des payoff-Wertes, lässt sich auch der wirtschaftliche Effekt quantifizieren, der sich gleichzeitig mit dem realen Leistungsaustausch einstellen kann. In Abhängigkeit des Verhältnisses des vereinbarten Preises und dem tatsächlichen Marktpreis des Kaufgegenstands im Erfüllungszeitpunkt kann es zu einem Werttransfer zwischen den Parteien kommen. Es kann sich ein Werttrans-

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fer zu Gunsten des Verkäufers – sollte der Kaufpreis über dem Marktpreis liegen – oder ein Werttransfer zu Gunsten des Käufers – sollte der Marktpreis über dem Kaufpreis liegen – ergeben. Decken sich Marktpreis und Kaufpreis, fällt ein solcher Effekt aus. Es vollzieht sich ein Aktiventausch. Nichts anderes ist gesagt, wenn man formuliert, dass der Verkäufer beziehungsweise der Käufer ein gutes beziehungsweise schlechtes Geschäft gemacht hat. 4. Vom Naturalerfüllungsanspruch zum Schadensersatz statt der Leistung. a. Der Umwandlungsmechanismus. Im deutschen Recht wird beim Kaufvertrag das Verhältnis zwischen den aufgrund des Vertragsschlusses bestehenden Naturalerfüllungsansprüchen und dem Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung durch ein Nachfristmodell geregelt.5 Die naturale Leistungserbringung kann gerichtlich im Wege der Zwangsvollstreckung erzwungen werden und sie wird auch regelmäßig erzwungen werden, wenn es dem Leistungsgläubiger gerade auf den Erhalt eines bestimmten (unvertretbaren) Gegenstands ankommt (§ 7 IV.). Der Leistungsgläubiger kann aber auch mit Nachfristablauf durch die Ausübung eines Gestaltungsrechts nach § 281 Abs. 4 BGB die bei‑ den im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Primärleistungsansprüche  – den Lieferungsanspruch des Käufers (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB) sowie den Kaufpreisanspruch des Verkäufers (§ 433 Abs. 2 BGB) – in einen Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 3, 281 BGB) umwandeln. Infolge der Gestaltungserklärung des Leistungsgläubigers nach § 281 Abs. 4 BGB wird auf der Grundlage der sog. Differenztheorie der Nichterfüllungsschaden errechnet und die materiell-rechtliche Umgestaltung der Rechtslage des ursprünglichen Kaufvertrages in einen Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung herbeiführt. Die Umwandlung ergibt sich als Rechtsfolge des § 281 BGB und ist nicht auf die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB zu stützen (§ 8 II. 2.). Bei der Differenztheorie handelt es sich um nichts anderes als um einen Namen für eine Berechnungsmethode des Nichterfüllungsschadens nach der Marktpreisdifferenz, so wie sie sich zu Mitte des 19. Jahrhunderts in der Handelsrechtspraxis der meisten Rechtsordnungen der westlichen Hemisphäre als die maßgebliche Berechnungsmethode etablierte (§ 8 II. 1.). b. Die Bemessungsgrundlage. Die Bemessung des Schadenersatzes statt der Leistung steht in direkter Beziehung zu der durch den Kaufvertrag festgelegten Risikoverteilung (§ 8 II. 3.). Da es das Ziel der Bemessung des Nichterfüllungsschadens ist, das wirtschaftliche Ergebnis des Leistungsaustausches monetär zu replizieren, kann keine Rede davon sein, dass in jeden Fall ein Anspruch besteht – so etwas wie einen Mindestschaden gibt es nicht –, sondern die Anspruchshöhe kann nur in Abhängigkeit des Verhältnisses von Kaufpreis und Marktpreis sowie der Vertragspartnerstellung (Verkäufer beziehungsweise Käu5 Zur historischen Entstehung im Rahmen der Ausarbeitung des ADHGB sowie zur Verbreitung im Schweizer, österreichischen und (jüngst) auch franzöischen Recht vgl. § 7 II.

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fer) des Schadensersatzgläubigers bestimmt werden. Der Käufer hat nur einen Nichterfüllungsschaden, sollte die Kaufsache auf dem Markt mehr wert sein als der vereinbarte Kaufpreis (abstrakte Schadensberechnung) oder nur zu höheren Kosten ersatzweise zu erwerben sein (konkrete Schadensberechnung). Der Verkäufer kann umgekehrt einen Nichterfüllungsschaden nur geltend machen, sollte die Kaufsache im Verhältnis zum Kaufpreis am Markt weniger wert (abstrakte Schadensberechnung) oder sollte die Kaufsache zu einem geringeren Preis tatsächlich verkauft worden sein (konkrete Schadensberechnung). Ergibt sich eine Preisbewegung zu Lasten des jeweiligen Schadensersatzgläubigers (Preissteigerungen über den Kaufpreis im Fall des Verkäufers oder ein Preisverfall unter den Kaufpreis im Fall des Käufers), so können sich hieraus nach § 281 BGB für den Anspruchsinhaber keine negativen Konsequenzen ergeben, da sich nach der Differenztheorie keine Zahlungsverpflichtungen zu Lasten des den Nichterfüllungsschaden Einfordernden ergeben können (§ 8 II. 3. u. § 8 V. 2). Bei einer erheblichen Abweichung zwischen der konkreten Anspruchsub­ stantiierung nach einem Deckungsgeschäft (Deckungsverkauf beziehungsweise Deckungskauf) und dem abstrakten Marktpreisansatz kann der Nichterfüllungsschaden nur nach dem (objektiven) Marktpreis bemessen werden (§ 8 II. 4. c.). α. Referenzmarkt. Der relevante Markt für die Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung bestimmt sich – falls nichts anderes vereinbart wurde – nach den unterschiedlichen denkbaren Leistungsorten des Schuldners sowie nach der Marktstufe, in der sich die Parteien treffen (§ 8 II. 4. a.). β. Referenzzeitpunkt. Maßgeblicher Zeitpunkt ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Zugangs der Gestaltungserklärung nach § 281 Abs. 4 BGB (§ 8 II. 2. b.). In vielen Fällen wird man die (meist konkludente) Vereinbarung eines Lieferungstermins annehmen können und damit die Möglichkeit der Durchsetzung eines umgehenden, also ohne die Setzung einer Nachfrist (§ 281 Abs. 2 BGB), Schadensersatzbegehrens begründen können (§ 7 II. 4. b.). De lege ferenda sollte § 376 HGB gestrichen und in § 281 Abs. 2 BGB integriert werden. Die absoluten Fixgeschäfte sind als eigenständige, unmöglichkeitsrechtlich begründete Kategorie aufzugeben (§ 7 II. 5. a.E.). c. Entgangener Gewinn. Indem durch die Begleichung des Nichterfüllungsschadens der Leistungsgläubiger wirtschaftlich in dieselbe Stellung gesetzt wird, als wenn naturaliter erfüllt worden wäre, ist zugleich gesagt, dass der Ersatz des entgangenen Gewinns regelmäßig ausscheiden muss (§ 8 I. 3 f. und § 8 III.). Es ist Sache des den Schadensersatz einfordernden Käufers, sich ersatzweise am Markt einzudecken und etwaige Drittgeschäfte zu erfüllen. Nur für den Fall, dass es sich um unvertretbare, am Markt also nicht ersatzweise erhältliche Gegenstände handelt, ist ein entgangener Gewinn zu ersetzen (§ 8 III. 1. b.). Der Verkäufer kann hingegen niemals seinen entgangenen Gewinn unter dem Deckmantel des Nichterfüllungsschadens einfordern (§ 8 III. 2.). Die gegenläufige h.M. beruht auf einem grundlegenden Fehlschluss, indem durch die Zu-

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erkennung der Gewinnspanne als ersatzfähiger entgangener Gewinn – die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Einkaufs‑ oder Herstellungspreis – im Ergebnis eine Kündigungsprämie zu Gunsten des Verkäufers gewährt wird. Nach der h.M. übernimmt der Käufer nicht nur das Preisrisiko des Verkäufers, sondern mit dem Vertragsschluss garantiert er dem Verkäufer seine Gewinnspanne. Das ist eine nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung des Käufers und eine Überkompensation des Verkäufers. d. Verzugsschaden. Aufgrund der dogmatischen Konstruktion der Nachfrist kann es zwischen dem Zeitpunkt der Fälligkeit und dem Zeitpunkt des Einforderns des Schadensersatzes nach § 281 Abs. 4 BGB zu ersatzfähigen Verzugsschäden kommen (§ 8 IV.). Ersatzfähig sind danach insbesondere Schadensposten, die das „Rechtzeitigkeitsinteresse“ betreffen oder zur unmittelbaren Schadensabwehr erforderlich sind. Ist mit erheblichen Verzugsschäden zu rechnen, die die Kosten der Ersatzbeschaffung weit übertreffen, denen jedoch durch die sofortige Ersatzbeschaffung begegnet werden könnte, so ist der Schadensersatzgläubiger aufgrund der ihn treffenden Schadensminderungspflicht angehalten, nach § 281 Abs. 2 2. Hs. BGB vorzugehen, den Schadensersatz ohne Nachfrist einzufordern und eine Ersatzbeschaffung durchzuführen. Kommt er dem nicht nach, so muss er einen Teil der Schäden selbst tragen, da er diese durch eine sofortige Ersatzbeschaffung hätte vermeiden können. e. Rücktritt. Der Nichterfüllungsschaden kann unabhängig vom Rücktritt geltend gemacht werden (§ 8 V.). Der Anspruch nach §§ 280 Abs. 3, 281 BGB ist dogmatisch unabhängig vom Rücktritt konstruiert, so wie es klarstellend auch in § 325 BGB festgehalten ist. Der Rücktritt hat nur die Funktion, Vorleistungen nach dem Sonderregime der §§ 346 ff. BGB zurückzugewähren, nicht hingegen erst den Anspruch auf den Schadensersatz statt der Leistung zu ermöglichen, wie dies von den Vertretern der (strengen) Surrogationstheorie vertreten wird. Wäre es anders, so wäre der Verkäufer stets gezwungen, einen Selbsthilfeverkauf durchzuführen (§ 8 V. 1.). Mit anderen Worten ist es nach der Surrogationstheorie ausgeschlossen, dass der Verkäufer seinen Nichterfüllungsschaden abstrakt geltend macht. Dem entspricht jedoch nicht der systematische Ansatz des BGB. Zudem wird der Schadensersatzgläubiger durch die Differenztheorie vor negativen wirtschaftlichen Konsequenzen geschützt. Denn nach der Surrogationstheorie kann sich aus einem Schadensersatzbegehren ein Anspruch gegen den Schadensersatzgläubiger ergeben (§ 8 V. 2.). Dieser Effekt ist bei der Differenztheorie ausgeschlossen. Schließlich ist auch ein Wahlrecht zwischen Surrogationstheorie und Differenztheorie abzulehnen, da sich hierfür kein Anhaltspunkt in § 281 BGB findet (§ 8 V. 3.). Für das BGB kann nur die Geltung einer (strengen) Differenztheorie überzeugend begründet werden. 5. Futures. An den Futures-Märkten ist die Berechnung des Pekuniarinteresses automatisiert in den Handelsablauf integriert. Futures-Märkte, so wie sie sich seit dem 17. Jahrhundert in den Börsen etabliert haben, basieren auf dem

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Grundgedanken, dass inhaltlich gleichlautende Kaufverträge über vertretbare Gegenstände, die alle auf denselben Fälligkeitszeitpunkt ausgerichtet sind und massenhaft abgeschlossen werden, gemeinsam am Ende der Laufzeit verrechnet werden. Als Ergebnis dieser Verrechnung wird der Bruttobestand der Pflichten und Rechte, die sich aus der Gesamtheit der abgeschlossenen Futures ergeben, auf einen Nettobestand reduziert. Es bleiben Lieferungs‑ und Abnahmeverpflichtungen bestehen, der ganz überwiegende Teil der Engagements wird jedoch durch die Begleichung oder den Erhalt von Differenzbeträgen abgewickelt – die Bezifferung des Pekuniarinteresses. Funktional besteht kein Unterschied, ob bei einem einfachen Kaufvertrag der Schadensersatz statt der Leistung beziffert oder ob an der Börse das Pekuniarinteresse errechnet wird. a. Die Wirkung der Skontration. Die Reduzierung vom Brutto‑ auf den Nettobestand beruht auf der Verrechnungstechnik der sog. Skontration (§ 10). Sämtliche an einem Börsenterminmarkt vom ersten bis zum letzten Handelstag abgeschlossenen Kaufverträge lassen sich zu virtuellen Ketten, Ringen und Einzelgeschäften gruppieren (§ 10 II.). Würde die Skontration oder Börsenliquidation nicht existieren, so müsste jeder Händler, um seine Verträge erfüllen zu können, die effektive Erfüllung entlang der sich aus der zeitlichen Abfolge der Verträge ergebenden Ketten oder Ringe vollziehen. An den Terminbörsen bleiben es auf erfüllungsrechtlicher Ebene jedoch virtuelle Ketten und Ringe, da die realen Erfüllungswege infolge der Wirkung der Skontration abgekürzt werden und die Mittelglieder durch die Berechnung von Geldbeträgen ausgeglichen werden. Vollzogen wurde die Skontration historisch entweder durch ein (fehleranfälliges) Andienungs‑ oder Ticketverfahren zwischen den Börsenteilnehmern oder durch ein kontenmäßiges Verfahren, das durch eine zentrale Institution durchgeführt wurde (§ 10 II. 2.). b. Der Handel mit Verträgen. Die zwingende Einbindung sämtlicher Futures in die Skontration am Ende der Laufzeit ermöglicht das sog. Glattstellen oder den close-out von Engagements an der Terminbörse. Ein Händler, der beispielsweise einen Weizen-Futures-Kontrakt kauft, also eine sog. long position erwirbt, und sodann Weizen verkauft, also eine sog. short position erwirbt, kann damit sein Engagement am Futures-Markt für Weizen glattstellen. Der Händler muss nicht eine Quantität Weizen abnehmen sowie eine Quantität liefern, sondern es wird nur der Gewinn oder Verlust zwischen beiden Geschäften verbucht. Durch diese zwingende Verknüpfung und Verrechnung sämtlicher Futures-Kontrakte wird die Grundlage für eine ganz entscheidende Funktion der Börsentermingeschäfte gelegt: Der Vertrag selbst wird zum Handelsgegenstand – es kann mit Futures gehandelt werden (§ 10 IV.). Aufgrund der Möglichkeit des Glattstellens kann ein Börsenteilnehmer seinen Handel an der Börse durch den Abschluss eines Gegengeschäftes wirtschaftlich mit einem Gewinn oder Verlust beenden und das Preisrisiko an den nächsten in den Markt eintretenden Händler übertragen. Der Händler bleibt in einem solchen Fall, so wie der Börsenhandel bis

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Anfang des 20. Jahrhunderts konstruiert war, Vertragspartner von zwei Futures-Kontrakten, die erst am Liquidationstag im Wege der Skontration zur Abrechnung kommen. Sein wirtschaftliches Engagement ist aber abgeschlossen und bezifferbar. Aufgrund der Möglichkeit des Glattstellens lässt sich auch erklären, warum ganz unterschiedliche Akteure gewillt sind, am Markt teilzunehmen: Hedger, denen es darum geht, Preisrisiken abzusichern und Waren zu liefern oder zu beziehen; Spekulanten, denen es darauf ankommt, Profit durch Gegengeschäfte zu erzielen, und schließlich Arbitrageure, die Gewinne risikolos durch die Ausnutzung von Preisunterschieden auf unterschiedlichen Märkten erzielen wollen. c. Futures in der Jetztzeit. Der Futures-Handel wie er heute an den Computer-Börsen vollzogen wird, hat nicht mehr viel mit dem Börsenhandel zu tun, wie er bilateral in den Börseninnenhöfen und Sälen vollzogen wurde (§ 1 III. 4.). Er ist Ergebnis eines vierhundertjährigen verfahrensmäßigen und rechtstechnischen Verfeinerungsprozesses, der vom raffinierten System der kontenmäßigen Erfassung von Handelsoperationen in den Skontrobüchern der Makler auf der Amsterdamer Börse des 17. und 18. Jahrhunderts (§ 10 I.) hin zur digitalen Abwicklung des Clearingwesens der Gegenwart führt. Der gegenwärtige Futures-Handel ist durch die Implementierung verschiedener Sicherungsmechanismen sowie durch die enorme Beschleunigung des Handelsablaufs gekennzeichnet. So werden Futures über eine zentrale Gegenpartei (central clea‑ ring party (CCP)) abgewickelt und jeder Handelsteilnehmer muss während des Handels Sicherheiten im sog. margin account bereithalten (§ 9 und § 10 II. 3. b.). Anders als in vergangenen Jahrhunderten, in denen die Skontration monatlich oder vierteljährlich am Liquidationstag, rescontredag oder settling day verrechnet wurde, wird heutzutage das sog. Netting täglich vollzogen. Schließlich existieren heute Futures-Märkte, die auf sog. cash settlement ausgerichtet sind. In einem solchen Futures-Markt ist die Naturalerfüllung von vornherein ausgeschlossen und sämtliche, auch solche Engagements, die nicht infolge des Glattstellens beglichen werden, werden durch die Berechnung des Pekuniarinteresses ausgeglichen. Viele juristische Autoren im 19. und 20. Jahrhundert hätten diese Art der Futures, die erst seit den 1980er Jahren Einzug auf den internationalen Börsen hielten, als Spiel und Wette, als Differenzgeschäfte (§ 11) gebrandmarkt. Heute stellen Futures mit cash settlement jedoch einen normalen Marktstandard dar. Zivilrechtlich wird mit ihnen der Gedanke umgesetzt, dass Austauschverträge auch von vornherein auf das relativ zu einem Marktpreis bestehende Pekuniarinteresse ausgerichtet sein können und nicht auf die naturale Erfüllung ausgerichtet sein müssen.

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III. Levin Goldschmidt und Wilhelm Endemann haben sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbittert darüber gestritten, welche Rechtsnatur ein Kaufvertrag hat. Nach Endemann hatte sich der Kauf zu einem Werttausch weiterentwickelt: „Der Kauf wird nothwendig in Folge der heutigen Geld‑ und Werthbegriffe zu einem Tausch von Werthen, d. h. zum Tausch einer Werthmenge in Gestalt der Waare gegen eine andere, welche in Geld ausgedrückt wird […]“.6 Da es dem „modernen Verkehr“ nur auf die Werte ankomme, sei es die Folge „dieses Grundgedankens“, dass „die Werthberechnung an die Stelle der reellen Erfüllung tritt. Bei konsequenter Durchführung desselben [sc. Grundgedankens] gibt es einen Kauf oder Verkauf, bei welchem, da die Absicht nur auf den Werth gerichtet ist, der sinnliche Körper der Sachen oder des Geldes gar nicht reell übertragen werden, sondern nur zur Bezeichnung einer Quantität von Werth dienen soll“.7 Für Goldschmidt hingegen stellt „eine solche Auflösung aller Güter in einen bloßen Werthbrei eine nahezu unbegreifliche Verirrung“8 dar. Der Streit geht um nichts anderes als um das Schlüsselproblem des Vertragsrechts, welche Rückschlüsse daraus gezogen werden können, dass jeder Kaufvertrag ein Marktaustausch ist und durch die Berechnung eines Differenzbetrags relativ zum Marktpreis der Kaufsache ausgedrückt werden kann. Anders als Endemann dies annimmt, darf man hieraus aber keine Rückschlüsse für die Charakterisierung der Rechtsnatur des Kaufvertrages ziehen. Ein Kaufvertrag ist im Ausgangspunkt ein Vertrag, der auf den naturalen Austausch der Kaufsache gegen den Kaufpreis gerichtet ist; ein Austausch, der nach dem kontinentaleuropäischen Konzept der Naturalerfüllung gerichtlich erzwungen werden kann. Die „rechnerische Rationalität“9 im Sinne Max Webers stellt sich bei der Durchführung eines Kaufvertrages in dem Moment ein, in dem die wirtschaftlichen Effekte des Vertragsabschlusses wie auch die Durchführung des Austausches relativ zum Marktpreis der Kaufsache abgeschätzt werden. Zum rechtlich bestimmenden Faktor wird das Verhältnis von Kaufpreis und Marktpreis im Rahmen der Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung, wenn es gilt, den monetären Wert des Vertragsversprechens – als Erfüllungssurrogat zur Naturalerfüllung  – zu quantifizieren und das wirtschaftliche Ergebnis des reellen Austausches zu replizieren. Die von Endemann angedachte Idee eines Werttausches findet sich in seiner Reinform heutzutage an den modernen Futures-Märkten, wenn der Handel von vornherein auf cash settlement ausgerichtet ist und das Pekuniarinteresse der einzelnen Handelsteilnehmer am Ende der Laufzeit automatisiert erfasst und ersetzt wird. 6 Wilhelm

Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 103 I. (= S. 511).  Wilhelm Endemann, Das Deutsche Handelsrecht2, § 120 II. (= S. 607). 8  Levin Goldschmidt, Hdb. d. HR1, § 64 Fn. 5 a.E. (= S. 578). 9 Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, S. 5 = MWG III/6, S. 85. 7

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Personen- und Sachregister Äquivalenz ​108  ff. – objektive ​110  ff. – subjektive ​109  f. Arrangementsbüro (Wiener Börse) ​44 f., 226 f. Ausfallrisiko (counterparty risk) ​79, 200  f., 223 Austauschgerechtigkeit, Idee der ​91 avoidance (CISG) 136, 196 Bachelier, Louis ​118, 123 ff., 248, 254 f. Basis (basis) ​119  f. Basisrisiko (basis risk) ​123, 125, 199, 249, 255 Basiswert (underlying) ​247 Börse – als Bezeichnung eines Platzes ​21 ff. – als Gebäude ​29  ff. – als Marktort ​19  ff. – Etymologie ​28 Börsenarchitektur – Amsterdam ​34  ff. – Antwerpen ​29  ff. – Basilika-Börsengebäude ​38  ff. – Berlin ​41, 46 – Börseninnenleben ​43  ff. – de Keyser, Henrik ​35 – Frankfurt ​40 – Hofhallenbörse (oder Galerijbeurs) ​29, 34 ff. – London ​36  ff. – Paris ​38, 44 – van Waghemakere, Dominicus ​29 – von Hansen, Theophil ​41 – Wien ​41 f., 44 f. Börsenliquidation ​205, 212 ff., 214 ff., 216 ff., 224, 241 f., 261 – Andienungs‑ oder Ticketverfahren ​212 ff. – kontenmäßige Abrechnung ​214  ff. – siehe auch Clearing Börsenregister ​236 Börsentermingeschäft siehe FuturesKontrakt

Bronzin, Vinzenz ​118, 123, 248 Brügge ​21  ff. – Börsenplatz ​23 – Familie van der Beurze ​23, 25 – Hostellers (oder ostelliers) ​25  f. – Makler (makelaer oder makelaer) ​26 bursa ​28 Clearing  204 f., 220 f. Code Civil ​6, 134 f., 145 f. – Gnadenfrist (délai de grâce) ​135, 139  ff. coffeehouses ​37  f., 48 common law – expectation interest ​127, 167 – judical remedies ​130 – Rechtsbehelfsmodell ​129  ff. – self-help remedies ​130  ff. – termination ​131 f., 134, 158 – theory of efficent breach of contract ​133  f. – time is of the essence-Klauseln ​143 compensation principle ​157 Computerbörse ​46  f. coulisse ​44 Deckungsgeschäft ​74, 137 f., 147, 150, 160 ff., 175 f., 179 ff., 196, 259 – abstraktes ​137, 161, 175 f. – Grundlagen ​161 – konkretes ​137, 147, 161, 175 f. – Nichtdurchführbarkeit bei unvertretbaren Gegenständen ​185 – Verhältnis von abstrakten und konkretem ​ 181 ff. – vorzeitiges ​189  f. Derivate ​8, 246  ff. Differenzeinwand ​236  f. Differenzgeschäfte ​230  ff. – legistische Regelungsschichten ​235  ff. – reine ​233  f. – richterlicherliches Kontrollrecht ​245 – verdeckte ​234  f. – Verwendung in der Handelsrechtspraxis Fn. III 119, 238 ff.

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Personen- und Sachregister

Differenzhypothese (schadensersatzrechtliche) ​170  f. Differenztheorie (leistungsstörungsrechtliche) ​4, 7, 139, 166, 169 ff., 172 ff., 183, 191 f., 194 f., 195 f., 238, 254, 258 f., 260 – Ausschließlichkeitsanspruch ​195  f. – systematischer Standort ​169  ff. Effekten‑ oder Fondsbörsen (stock exchange, bourse des valeurs) ​39 Ehrenberg, Richard ​22 f., 27, 31 exchange (Namensgebung) ​10 f., 36 f. Fixgeschäfte – absolute ​142 f., 149 f., 152, 259 – bürgerlich-rechtliche Fixgeschäfte ​146  f. – bürgerlich-rechtliche Fixgeschäfte nach ABGB, OR und Code Civil ​145 f. – Dogmengeschichte der Fixgeschäfte ​148 ff. – Fixhandelskauf ​143  f. – relative ​143  ff. – rücktrittsrechtliche Fixgeschäfte nach BGB 144 f. Forward ​2, 4, 71, 80, 84 f., 114 ff., 123, 199 f., 209 ff., 240, 242, 246, 248 ff. – Beispielsfall ​4, 199 – Unterscheidung zu Futures-Kontrakten ​ 199 ff., 229, 242 Forward-Preis ​119  ff. Futures-Kontrakt (Börsentermingeschäft, marché a terme) ​199  ff. – Abgrenzung zu Spiel und Wette ​231 ff. – Beispielsfall ​3, 199  ff. – Bezeichnung (Ursprung) Fn. III 8 – cash settlement ​3, 202, 222 f., 228, 230 f., 252, 262 f. – physical delivery ​3, 202, 221 f., 227 – Unterscheidung zu den Forwards ​199 ff., 229, 242 – Verbot des Terminhandels in Getreide ​236 m. Fn. 140 Futures-Markt – Anatomie des Futures-Marktes ​209 ff. – bilateral konstruierte Futures-Märkte ​ 212 ff. – in Amsterdam ​206  ff. – ökonomische Grundfunktionen ​200  f. – siehe auch zentrale Gegenpartei – Ursprung ​229  f. Gegenstände, unvertretbare (unique items, specific goods) ​6, 69 ff., 72 f., 154, 159, 185 f., 259

Gegenstände, vertretbare oder marktgängige (fungible goods) ​6, 39, 68 ff., 71 ff., 154, 159, 181, 184 f., 186, 258, 261 Geld ​93  ff. – als „Solutionsmittel“ 157 – als Schuldmaßstab (standard of deferred payments) ​101  ff. – Annahmezwang ​96, 105 – Fiatgeld (oder Befehlsgeld) ​96 – Grundfunktionen des Geldes ​89 – Nennwert (face value) ​95 ff., 100, 102 – Nominalismus ​62, 86, Fn. II 15, 98 ff., 103 ff., 123, 257 – Rechnungseinheit (money of account) ​ 101 ff. – Valorismus ​98  ff. – Verkehrswert (intrinsic oder real value) ​ 95 ff. – Warengeld (commodity money) Fn. II 15, 123 Gewinn, entgangener ​183  ff. – des Käufers ​184  ff. – des Verkäufers ​186  ff. Guicciardini, Lodovico ​21 f., 30, Fn. I 123, 36 f. Handkauf (oder ‑geschäft) ​2, 16 f., Fn. I 41, 29, 78, 114, 118, 257 Hayek, Friedrich August ​61  f. – economic calculus ​62, 112, 251 – price system ​61  f. Hedge-Effekt ​123  f., 173 Hedge-Geschäft (Preisabsicherungsgeschäft) ​ 3 f. Hedging (Preisabsicherung) ​3, 86, 121 ff., 250 Hyperinflation ​95 f., 98, 102, 104 Kaufpreis ​83 ff., 106 ff., 124 f. – als Bewertungsziffer ​106 f., 114 ff., 248 ff. – als Wert des Habenwollens ​106, 114 – in der Planwirtschaft ​60 – nominalistische (geldrechtliche) Basis von Preisen ​93  ff. – Preiskampf ​110 Kaufvertrag ​92  ff. – als Derivate ​246  ff. – als lineares Produkte ​118 – nominalistisches Fundament des Kaufs ​ 104 ff. – ökonomische Vermessung des Kauf­ versprechens ​114  ff.

Personen- und Sachregister

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– Preisabsicherung durch Kaufverträge S.  121 ff. – Risikoprofil ​121  ff. – Risikostrategie im Umgang mit Preisrisiken ​119  ff. Knapp, Georg Friedrich ​53, 100, 102 Kündigungsprämie ​164 f., 184, 188, 260

– Risikostrategien ​119  ff. Marktstufen ​68, 74 ff., 187 Marktwirtschaft ​1, 9, 59 ff., 110, 181, 251 ff., 253 ff. Mataja, Victor ​67  ff. Messen ​18  f. money damages ​85, 126, 131 ff., 153, 158 f.

leasio enormis ​110  ff. Leistungszeit ​114, 150  f. Lieferungsvertrag siehe Forward Liquidationskassen ​217  ff. Liquidationstag ​221, 223, 229, 262 lost volume ​162, 165

Nachfrist ​134 ff., 139 ff. – „Fortspekulieren“ 141, 147, 159 – und Gestaltungserklärung (§ 281 Abs. 4 BGB) 137 f., 140 f. – Ursprung ​135 m. Fn. 223 Naturalerfüllung ​6, 86, 126 ff., 128 f., 154 f., 158 f. – Abgrenzung zur Naturalrestitution ​170 f. – Verhältnis zum Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden ​137  f. Netting ​220 f., 223, 231, 262 Nichterfüllungsschaden siehe Schadensersatz statt der Leistung

margin account ​201, 221, 228, 262 Markt ​9  ff. – allgemeiner Austauschmarkt ​2, 78 f., 200, 224 – als Anknüpfungspunkt für die Ökonomie ​ 9 ff. – als Anknüpfungspunkt für die Zivilrechtswissenschaft ​11  f. – als Anknüpfungspunkt im Wirtschaftsrecht ​13  f. – als Rechtsprodukt ​2, 49 ff. – als Referenz‑ und Bewertungssystem ​55 ff. – market design ​11, 49 – nicht organisierte Märkte ​78 ff. – organisierte Märkte ​2, 8, 53, 78 ff., 198, 200, 251 – pricemaking mechanism ​10, 55 – Rechtsarchitektur von Märkten ​78 ff. Marktorte ​16  ff. Marktplätze ​16  f. Marktpreis ​1, 59 ff., 71 ff., 159, 165, 173, 176 ff., 181 f., 251 f., 254, 257 – „relative“ und „absolute“ Preise (in der Ökonomie) ​92  f. – als (objektive) Jedermannwerte ​65 ff. – geldrechtliche Fundierung von Preisen ​ 93 ff. – geographische Marktabgrenzung ​73  f. – Marktstufen ​68, 74 ff., 187 – und Schätzpreise ​72  f. – Wertansatz im Privatrecht ​64 ff. Marktpreisregel ​167  ff. – juristisch-ökonomische Wirkungsweise ​ 172 ff. – Ursprung ​167  f. Marktpreisrisiko (auch Marktpreis(än­de­ rungs)risiko, price risk oder market risk) ​ 118, 125, 198

omnis condemnatio est pecuniaria ​157, 254 Optionen ​248  f. Parketthandel (open outcry) ​46 parquet ​44 payoff ​115 ff., 121 ff., 172 ff., 249 f. Pekuniarerfüllung ​85, 126 ff., 152 ff. – siehe auch Schadensersatz statt der Leistung – Verhältnis zum Naturalerfüllungsanspruch ​ 137 f. Per Arrangement ​45 f., 226 f., 229 Pisko, Oskar ​6 f., Fn. II 368, 172, 175 Planwirtschaft ​1, 60 f., 63, 103, 112, 181 position ​201  f., 255 Preisabsicherung siehe Hedging Preisabsicherungsgeschäft siehe Hedge-­ Geschäft Preise siehe Marktpreise Preiskontrolle ​109, 110  ff. rescontre ​28, 205, 208, 230 rescontredag ​208, 229 f., 262 Rescontre-Verfahren siehe Skontration Ricard, Jean-Pierre ​8, 36, 206 ff. Rücktritt ​191  ff. – dogmatische Verknüpfung mit dem Nichterfüllungsschaden ​136  f., 196 – siehe auch Differenztheorie – siehe auch Surrogationstheorie – und Rücktrittserklärung ​196

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Schadensersatz statt der Leistung ​4, 6 f., 53, 86 f., 126 ff.,160 ff., 167 ff. – Abgrenzung zum Verzögerungsschaden ​ 188 ff. – als Erfüllungssurrogat ​156  f. – Anspruchsbezifferung nach Deckungsgeschäften ​161  f. – maßgeblicher Bewertungszeitpunkt ​179  ff. – maßgeblicher Referenzmarkt ​176  ff. – und entgangener Gewinn ​162 f. – und Marktpreisregel ​167  ff. – Verhältnis zum Naturalerfüllungsanspruch ​ 137 f. – Verhältnis zum Rücktritt ​136 f., 144, 190 f., 260 schilderspand ​29 Selbsthilfeverkauf ​187, 193 f., 195, 260 – nach ADHGB 187 m. Fn. II 419 – und Surrogationstheorie ​193 Settlement ​221 settling day ​229, 262 Skontration ​8, 18 f., 202 ff. – Anwendungsfälle ​205  f. – Rechtsnatur ​225  ff. – Ursprung ​205 – wirtschaftlicher Effekt ​223  ff. specific performance ​85, 126 ff., 129, 132, 153 f., 158 Spotgeschäft siehe Handgeschäft Surrogationstheorie ​192  ff. – strenge ​192 – Ursprung ​193 – wirtschaftlicher Effekt ​175, 194 f. Tausch ​90  ff. – Naturaltausch (Max Weber) ​50  f. – naiver ​90, 97, 256 – nach Marktwerten ​90  f. – Tauschverhältnis ​5, 51, 90 ff., 98, 104, 126, 256 Tauschwirtschaft ​50, 88 f., Fn. II 15 Termineinwand ​237

Termingeschäfte – bedingte, asymmetrische ​246  ff. – feste, unbedingte oder symmetrische ​ 246 ff. – Risikoprofil ​249  f. Umwandlungsmechanismen (von der Primär‑ zur Sekundärebene) ​134 ff., 139 ff. – nach BGB 137 ff. – nach CISG 136 – nach Code Civil ​134 f., 139 f. – nach österreichischem Recht ​136 – siehe auch Nachfrist – englisches Recht ​131  f. Vertragsgerechtigkeit, prozedurale ​113 Verzögerungsschaden ​188  ff. Waren‑ oder Produktenbörsen (produce exchange, bourse de marchandises) ​39 Weber, Max ​1 f., 49 ff., 78, 101, 114, 251, 263 – Differenzgeschäfte ​242 – Geldtausch ​50  f. – Konzept des Marktes ​49 ff. – Naturaltausch ​50  f. – Preiskampf ​1, 50  ff. – Rationalisierungsprozess ​1, 49 ff., 251, 263 Wert ​55 ff., 64 ff. – Gebrauchswert (value in use, valeur usuelle) ​57  f. – ökonomische Werttheorien ​57  ff. – Tauschwert (value in exchange, valeur venale) ​57  f. – Victor Mataja ​67  ff. – Wertansatz im Privatrecht ​64 ff. Zeitgeschäft ​2, 114, 238, 242, 247 – Verwendung des Begriffs im ​19. Jhr. 238, 242 Zentrale Gegenpartei (central clearing party (CCP)) 79, 201, 216 f., 219 ff., 227 ff., 262